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Full text of "Musikalisches Conversations-Lexikon : Ergänzungsband"

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a  Life  tneinber  of  the 

National  Women's  Committee 

Brandeis  University 


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lusltallsclies 

CONVEPiSATIONS-LEXIKON. 

Eine  Encyklopiidie 

äor 

gesammten  musikalischen  Wissenschaften 

für  Gebildete  aller  Stände. 

Unter  INIitwirkung 

der    ITerren    Musikdir.    C.    Billort,     Prof.    Franz    M.    Böhme,    Contertmeister 
F.  David,   Custos   A.   Dörllel,    Kapellmeister   Prof.   H.    Doru,    Prof.   G.   Elidel, 

K.  S.  Kammermusiker  M.  FViFstenau,  Director  Gevaert,  Prof.  Flod.  Geyer, 
Dir.  Th.  Hauptuer,  Dr.  F.  Hütfer,  Prof.  F.  W.  Jähus,  Dr.  W.  Langhaus,  Prof. 
E.  Mach,  Prof.  Dr.  Emil  Naumaiiu,  Universituts-Musikdir.  Dr.  Ernst  Naumann, 
Prof.  Dr.  Oscar  Paul,  Prof.  E.  F.  Richter,  Prof.  W.  H.  Rieh),  IMusikdir. 
Th.  Rode,  Prof.  H.  Ruff,  INIusikdir.  Dr.  W.  Rust,  Geh.  Kath  Schlecht,  0.  Tiersch, 
Dir.  L.  Wandelt,  0.  Wangemann,  Prof.  Dr.  H.  Zoptf  u.  s.  w.,  u.  s.  w. 

begründet 


von 


Hermann  M^endel. 

Vollendet 

von 

Dr.  August  Reissmann. 


Ergänzungsband. 


1869. 


BERLIN, 

Verhii^  von  Robert  üppenhoini. 
1883. 


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Druck  von  Metzger  &  Wittip  in  Leipzig, 


Vorwort. 


In  dem  Zeitraum  vou  10  Jiiliren,  der  seit  dem  Erscheinen  des 
ersten  Heftes  des  Hauptwerkes  verflossen  ist,  sind  namentlich  eine  Reihe 
von  bedeutenden  Ei-findungen  und  Verbesserungen  auf  den  Gebieten 
des  Instrumentenbau's  und  der  Hülfsraittel  für  den  Musikunterricht 
gemacht  worden,  über  welche  ein  Lexikon  die  nöthigen  Nachrichten 
geben  muss;  grosse  Veränderungen  sind  inzwischen  auch  in  dem 
Personal  bestände  der  Künstler  vorgegangen:  eine  ganze  Reihe  der- 
selben, welche  im  Hauptwerke  als  noch  rüstig  wirkend  bezeichnet 
werden  konnten,  ist  zur  ewigen  Ruhe  eingegangen  und  andere,  jüngere, 
von  denen  dort  noch  keine  Notiz  genommen  werden  konnte,  haben 
sich  seitdem  Anerkennung  und  Ruf  erworben,  so  dass  sie  nunmehr 
einen  Platz  in  dem  W^erk  beanspruchen  dürfen.  Neben  zahlreichen 
Berichtigungen  von  Irrthümern  und  Ungenauigkeiten  und  vervoll- 
ständigenden Zusätzen  bringt  der  Ergänzungsband  eine  ganze  Reihe 
neuer  Artikel  biographischen  Inhalts,  auch  ausserdeutsche  und  ausser- 
europäische  Künstler  betreffend.  Als  eine  besondere  Gunst  erscheint 
es,  dass  die  neuesten  Erfindungen  durch  Abl)ildungen  erlilutert  werden 
konnten,  wie:  Accordion,  Aliquotflügel,  Bogenfülirer,  Doppel- 
flügel, Flütophoii,  Klavierfingerbildner,  Orchestercarillon, 
Photophon  u.  v.  A.  Besondere  Beachtung  beanspruchen  auch  die 
Nachträge,   welche  der  Artikel   »Literatur«  gefunden  hat  und  unter 


lY  Vorwort. 

den  neuen  wissenschaftlichen  Artikeln  dürften  besonders  die  Abhand- 
lungen: »Tortugiesische  Musik«  von  Dr.  Piaton  von  Waxel 
und  »Skandinavische  Musik«  von  Dr.  v.  Ravn  das  allgemeinste 
Interesse  erregen.  So  dürfen  Avir  lioflen,  durch  diesen  Ergilnzungs- 
band  den  zahlreichen  alten  Freunden  des  Hauptwerks  eine  willkounnene 
Clabe  zu  bieten,  und  diesem  damit  zugleich  neue  zu  erwerben. 

Dr.  August  ReissiTiaun. 


A. 

Aaron,  einer  der  zuerst  erwähnten  Orgelbauer  des  12.  Jahrhunderts.  Er 
war  Mönch  und  Priester  aus  Chamberg  und  baute  auf  Veranlassung  des  Abts 
von  Petershausen  1164  hier  eine  Kirchenorgel,  nachdem  er  bereits  im  Dome 
zu  Constanz  eine  solche  aufgestellt  hatte.  Die  Chronik  von  Petershausen  be- 
richtet darüber:  y>conduxit  monachum^  quonclam  nomine  Äaron,  presbi/ferum  de 
Chamberch,  musicae  artis  peritissmum ,  qui  fecit  ei  Organa  elegantissimae  modula- 
tionis.   Ij)se  jam  antea  ejusdem  generis  instrumentum  Constantiendi  ecclesiae  fecerat.». 

Aaron,  auch  Aren,  Pietro  (1,2.)*),  starb  erst  nach  1545,  in  welchem  Jahre 
er  noch  das  Werk:  »Lucidario  in  Musiea  di  alcune  opinioni  antiche  et  modernev, 
Venedig,  1545  in  4^  herausgab;  auch  erschien  die  letzte  Ausgabe  seines  "Werkes: 
»Toscanello  in  Musica<.i  mit  von  ihm  selbst  versehenen  Zusätzen  erst  1562. 
Dies  letztere  ist  unter  seinen  zahlreichen  Schriften  die  bemerkenswertheste, 
und  bis  zu  Zarlino  wol  überhaupt  das  beste  Buch  über  die  Regeln  des  Contra- 
punkts. Es  erschienen  von  diesem  vier  Ausgaben,  in  den  Jahren  1523,  1529, 
1539  und  1562,  sämmtlich  in  Venedig.  Ein  anderes  seiner  Bücher:  »I  tre  libri 
delV  Istitutione  annonicav,  Bologna,  1516,  in  4*^,  wurde  von  Gion.  Ant.  Flamiuio 
in's  Lateinische  übersetzt  und  erschien  unter  dem  Titel:  y>Libri  tres  de  insti- 
tutione  harmonica^a,  A.  Gr.  Flaminio,  Boloniae,  1516,  kl.  4.  Dieses  Buch  gab, 
von   Gaffor  angefochten,  Veranlassung  zu  mehreren  Streitschriften. 

Aarts,  Franciscus,  ein  holländischer  Musiker;  war  1697  Singmeister  zu 
Rotterdam  und  ging  später  nach  Amsterdam  wo  er  nachstehend  genanntes 
"Werk  veröffentlichte:  »Italiaansch  JMusiekbook  over  de  Liederen  van  Dirk  Ra- 
phaelsz  Kamphuysen ;  Gecomponeerd  door  Fr.  Aarts  Musiek-Meester  tot  Amster- 
dam. Cantus  of  Tenor.  Tot  Amsterdam  gedruckt  tcoor  den  Autheur ;  en  zyn  te 
bekamen  hy  Jan  Mieuioertsz  Boekverkooper  en  Staatsdrucker  etc.  llOö.v. 

Abaco,  Evaristo  F.  dall'  (1,3),  ist  1662  in  Verona  geboren  und  starb 
am  26.  Februar  1726  im  Dienste  des  Kurfürsten  Maximilian  von  Bayern.  Seine 
Compositionen  sind:  12  Sonaten  für  Violine  und  Bass  in  4"  obl. ;  10  Concerte 
für*  vier  Violinen  für  die  Kirche:  12  Sonaten  für  zwei  Violinen,  A'^ioloucell 
und  Bass;  1  Sonate  für  Violine  und  Bass,  auch  für  Sackpfeife  gesetzt;  6  Con- 
certe für  vier  Violinen,  Alto,  Fagott,  Violoncell  und  Bass. 

Abälardj  Pierre  (1,3).  In  der  Sammlung  benannt  nSpicilegium  Vaficaiiuma 
(Frauenfeld,  1838,  in  8"),  herausgegeben  von  Carl  Greith,  Pfarrer  in  Moersch- 
wyl  bei  St.  Gallen,  sind  (S.  121 — 131)  6  Gesänge  in  lateinischer  Sprache 
von  Abälard,  mit  Melodien  in  Neumen  aufgezeichnet,  veröffentlicht  worden.  Der 
Pfarrer  Greith  fand  sie  in  Rom  in  der  Bibliothek  des  Vatikau  im  !Manuscript 
LXXXV,  B.  des  XIII.  Jahrhunderts,  Velin,  in  8*^,  aus  dem  Besitze  der 
Königin    Christine    von    Schweden    herrührend.      Diese    ernsten,    in    ziemlicher 


*)  Die,   einzelnen  Artikeln   iu   Klammern  beigefügton  Ziflern  beziehen  sich  auf  daa 
Hauptwerk.     Die  nicht  in  dieser  Weise  bezeichneten  Artikel  sind  neu  hinzugokommen. 

Musikal.  ConTers.-LexikoD.   Ergänzungsband.  1 


2  Abbatini  —  Abicht. 

Breite  gehaltenen  Gesänge,  können  indessen  kaum  die  populär  gewordenen 
Liebesgesänge  sein,  von  denen  Heloise  {»Leftres  cC Heloise  et  Abülai'd»,  S.  131, 
neue  Uebersetzung  von  Jacob,  »Bibliotheque  d'elitea)  sagt:  dass  wegen  der  Süsse 
ihrer  Melodien  alle  Welt  sie  singen  wolle,  und  dass  durch  sie  auf  allen  Plätzen 
ihr  Name  wiederhalle.  Die  Titel  der  Klagen  sind  folgende:  1)  nPlanctus  Dinae 
filiae  Jacoh<i;  2)  y>Planctus  Jacob  super  ßlios  suosa;  3)  »Planctus  virginum  Israelis 
super  filiam  Jephtae  Galaditaea;  4)  »Planctus  Israel  super  Samson«;  5)  >^Plancius 
David  super  Ahnera;  6)   nPlanctus  David  super  Saul  et  Jonathans. 

Abbatini,  Antonio  Maria  (I,  3),  dieser  Kirchencomponist  ist  1595 
(nicht  1605),  nach  einigen  in  Tiferno,  nach  Baini  (»Memorie  storico-critiche 
della  vita  e  delle  opere  di  Giov.  Pierluigi  etc.a  II,  477)  in  Castello  geboren.  An 
der  Kapelle  Sancta  Maria  Maggiore  war  er  in  drei  verschiedenen  Zeiträumen 
thätig.  Das  letzte  Mal  versah  er  an  dieser  Kirche  die  Functionen  des  Kapell- 
meisters von  1672 — 1677,  in  welchem  Jahre  er  sich  nach  Castello  zurückzog 
und  dort  auch  starb.  Die  gedruckten  Werke  dieses  Componisten  sind:  »Psalmen 
für  vier,  acht,  zwölf  und  sechzehn  Stimmen«,  ßom,  Mascardi  1630 — 1635;  »Fünf 
Bücher,  zwei-,  drei-,  viel*-  und  fünfstimmige  Motetten«,  Bom,  Grignani  1636  bis 
1638;  »drei  Bücher  vier-,  acht-,  zwölf-  und  sechzehnstimmiger  Messen«,  Rom, 
Mascardi  1638 — 1650.  Den  Druck  seiner  vierundzwanzigstimmigen  Sprüche 
(zwölf  Tenöre  und  zwölf  Bässe)  veranlasste  nach  seinem  Tode  sein  Schüler 
Dominicus  del  Pane,  Bom,  Mascardi  Nachfolger  1677.  Die  ungedruckten  mehr- 
und  vielstimmigen  (bis  achtundvierzigstimmigen)  Messen,  Psalmen,  Motetten  und 
Responsorien  befinden  sich  in  den  Archiven  des  Lateran,  der  Jesuitenväter  zu 
St.  Lorenzo  in  Damascus  und  Maria  Maggiore  in  Rom.  A.  war  auch  Mit- 
arbeiter des  grossen  Kircher'schen  Werkes:  r>Musurgia<i.  In  der  Dramaturgia 
von  Alacci  ist  er  auch  als  Componist  einer  Oper:  y>Del  Male  in  Pane»,  aufge- 
führt  1654,  genannt. 

Abbe  l'aine,  Ph.  de  St.  Sevin  (1,3),  und  sein  Bruder  Pierre  waren 
Musikmeister  an  der  Pfarrkirche  der  Stadt  Agen  in  Frankreich,  nicht  in  Aachen. 

Abbe  flis,  Joseph  Barnabe  (I,  3),  wurde  in  der  Stadt  Agen  in  Frank- 
reich, nicht  in  Aachen,  geboren.  Er  starb  1787  in  seinem  Landhause  in 
»Maisons«  nahe  bei  Charenton. 

Abbey,  John,  trefflicher  Orgelbauer,  geboren  zu  Wilton  in  der  Grafschaft 
Northampton  am  22.  December  1785.  Von  Jugend  auf  in  grossen  Orgelbau- 
werkstätten, wie  die  von  Davis  und  Russec,  angeleitet,  kam  A.  1826  nach  Paris, 
um  mit  der  Ausführung  einer  Orgel,  für  welche  Sebastian  Erard  den  Plan  ge- 
fasst  und  welche  in  der  Industrie- Ausstellung  von  1827  Aufstellung  fand,  be- 
traut zu  werden.  Nächst  der  Orgel  für  die  Kapelle  der  Tuillerien  (bei  der 
Revolution  1830  zerstört)  baute  er  in  einer  nun  eigens  errichteten  Fabrik 
für  Paris  allein,  ferner  für  Versailles,  Rheims,  Nantes,  Neuilly  und  für  viele 
andere  Städte  Frankreichs  eine  grosse  Anzahl  von  Orgeln.  Auch  nach  Chili 
und  auf  den  Südsee-Inseln  sind  Orgeln,  die  aus  dieser  Fabrik  hervorgingen,  ver- 
schickt worden. 

Abdnicadir,  Ben-Gaibi,  Persischer  Schriftsteller,   von  dem  eine  musika- 
lische Abhandlung  im  Manuscript  auf  der  Bibliothek  zu  Leyden  vorhanden  ist. 
Der  Catalog    daselbst   (Gatal.  libr.   tarn   impressor   quam,   manuscript.    Pibl.  publ. 
Universt.  Lugduno-Batavae  führt  es  pag.  453   Nr.   1061   an. 

Abel,  Clamer  Heinrich  (1,5),  ist  aus  Westfalen  und  nicht  aus  Hessen  gebürtig. 

Abgesang  (I,  8)  heisst  das  dritte,  das  Schlussglied  der  lyrischen  Strophe 
des  Minne-  und  Meistersanges.  Die  beiden  ersten,  gleichgebildeten  Glieder 
(Stollen)  ergeben  den  Aufgesang;  das  dritte,  abweichend  gebildete,  ist  der  Ab- 
gesang.  In  der  Regel  gehen  die  beiden,  den  Aufgesang  bildenden  Stollen 
voran;  nur  selten  wird  der  Abgesang  in  die  Mitte  der  beiden  Stollen  gestellt. 
(S.  den  Artikel:  »Strophe«   im  Hauptwerk.) 

Abicht,  Job.,  Georg  (I,  8),  ist  1672  zu  Königsee  im  Schwarzburgischen 
geboren.     Es  gehören  zu  seinen  auf  die  Musik  bezüglichen  Schriften:  nDissertatio 


Abou  Aloufa  —  Abub.  8 

de  Hebraeonim  accentuum  genuino  Officio^,  1710,  in  4*^.  nVindiciae  Uhus  accen- 
tuum  musici  et  oratorii.  Joh.  Frankio  oj/podtaev ;  Lipsiae,  1713.  in  4".  »Accentus 
Hebraeonim  ex  anfiquisshno  usu  lectorio  vel  musico  explicafi,  et  ad  usum  hermeneu- 
ticum  applicati,  cum  duahus  tabulis  aeneis  et  specimine  locorum  ex  accentibus 
explicatorum,  in  quo  de  Poesie  Hebraeorum  rhythmica  disxeretur.  Accedit  Anon. 
Judaei  porta  accentuum  in  latinum  sermonem  versaa,  Lipsiae;  Joh.  Christ.  König, 
1715.  gr.  8^'.  »4  Excerpta  de  lapsu  murorum  kierichuntinorum«.  (Das  Letztere 
ist  von   Ugoliuü   in  sein   Werk    »Thesaurus«  aufgenommen.) 

Abou  Aloufa,  Sohn  des  Sahid,  Persischer  Autor,  einer  ganz  frühen  Periode 
angehörend.  Von  ihm  ist  das  Manuscript  einer  musikalischen  Abhandlung: 
»lieber  den  Gesang  und  die  Instrumente,  welche  man  mit  dem  Munde  oder  mit 
den  Fingern  spielt«,  durch  »Chardiu«,  der  Persien  in  der  zweiten  Hälfte  des 
siebzehnten  Jahrhunderts  bereiste,  mit  nach  Europa  gebracht  worden.  Es  be- 
findet sich  dasselbe  in  der  Bibliothek  des  brittischen  Museums  in  London. 
Chardin  giebt  in  seiner  Reisebeschreibung  (Amsterdam  1711)  auch  einige  Er- 
klärungen über  den  Inhalt  dieses  Manuscriptes.  Z.  B.  zeigt  es  die  Figur  des 
Stieles  von  dem  »Eoudo«,  einem  lautenähnlichen  Instrument,  mit  seiner  Ein- 
theilung  der  Saiten  und  deren  Namen.  Unter  den  beschriebenen  Instrumenten 
ist  auch  die  indische  »Vina«  nebst  der  Zeichnung  derselben  und  dem  i^ersischeu 
Namen  ,,Kenkeri«.  Jedoch  zur  Zeit  der  Anwesenheit  des  betreft'enden  Reisenden 
in  Persien  war  dies  Instrument  bereits  ganz  unbekannt.  Das  System  des  Abon 
Aloufa  besteht  darin,  die  Octaven  in  vierundzwanzig  Theile  oder  Viertelstöne 
einzutheilen.  Er  vergleicht  die  Musik  mit  einer  Stadt,  die  aus  zweiundvierzig 
Vierteln  besteht,  von  denen  jedes  wieder  zweiunddreissig  Strassen  (Tonleiter) 
enthält;  woraus  dann  folgen  würde  dass  die  Persische  Musik  nicht  weniger  als 
1344  Grundtonarten  hätte 

Abos  (auch  Avos  und  Avosa),  Girolamo  ein  Tonsetzer  spanischer  Ab- 
kunft, dessen  Eltern  sich  in  Neapel  niedergelassen  hatten,  ist  in  Malta,  um  die 
Mitte  des  18.  Jahrhunderts,  geboren.  Er  war  ein  Schüler  von  Leo  und  Fran- 
cesco Durante  und  wurde  Vorsteher  und  Capellmeister  des  Conservatorio  della 
Pietä.  Er  ist  durch  eine  Reihe  kirchlicher  und  weltlicher  Werke  bekannt  ge- 
worden. Von  seinen  Opern  wird  namentlich  nTito  Manlioa,  die  1756  in  Lon- 
don zur  Aufführung  gelangte,  als  hervorragend  bezeichnet.  Die  Oper  »Ar- 
taserseci  schrieb  er  1746  für  Venedig;  »Adrianoa  1750  und  »Oresoa  1758  für 
London.  Die  Wiener  Hofbibliothek  besitzt  von  ihm:  ein  Magnificat;  die  Par- 
titur der  Oper:  »TiVo  Manlioa,  Sopran -Arie  mit  Begleitung  von  2  Violinen, 
Alt  und  Bass  und  die  erste  Scene  einer  von  verschiedenen  Meistern  (Wagen- 
seil, Hasse,  Jomelli,  Händel  und  Avos)  componirteu  Oper  »Andromeda.ii  Abos 
starb  in  Neapel  in  hohem  Alter. 

Abraham-Ben-David-Arie,  jüdischer  Rabbiner,  von  Geburt  Italiener  lebte 
gegen  Ende  des  16.  und  Anfang  des  17.  Jahrhundei'ts  in  Modena  als  Arzt. 
Ein  von  ihm  verfasstes  (jetzt  sehr  selten  gewordenes)  Buch:  >->Scilte  Ilagghihborim<i 
erschien  1612  zu  Mantua.  Es  handelt  von  den  Gefässen  und  den  übrigen 
Gegenständen,  die  im  Tempel  zu  Jerusalem  im  Gebrauch  waren.  Der  zweite 
Theil  behandelt  den  Dienst  der  Priester  und  Sänger.  Die  Abtheilung  des  Buches, 
welche  sich  auf  musikalische  Instrumente,  den  Gesang  oder  sonst  auf  Musik 
bezieht,  hat  Ugolini  übersetzt  und  in  seinem  »Thesaurus  antiquitatum  aacrarum 
etc.a  aufgenommen,  sie  besteht  aus  zehn  Capiteln  und  steht  daselbst  im  XXXII. 
Band,  Sammlung   1 — 96.  „ 

Abrahamson,  Werner  Hans  Friedr.,  Schriftsteller  und  Componist  ein- 
facher Lieder,  geboren  in  Schleswig  am  10.  Ajiril  1744.  gab  in  Gemeinschaft 
mit  Nyerup  und  Rabbeck  eine  Sammlung  »Dänischer  Volks-  und  Kirchenlieder« 
heraus.     (Kopenhagen,   1812 — 14,  5  Bände.)     A.  starb  dem  22.  Sept.  1812. 

Abschlagren  nannte  man  früher  das  Präludiren  auf  der  Orgel  als  Einleitung 
zu  den  Versikeln   u.   dergl.  -- 

Abab  (I,  12),  das  Wort  kommt  nicht  im  Codex  des  alten  Testaments  vor, 

1* 


4 


Acaen  —  Adamberger. 


nennt    der    Erfinder, 
Königgrätz    V.  F. 


in 


der   Begründer 
Cerveny    ein, 


sondern  nur  in  den  chaldiiischen  Uebersetzungen  alttestamentlicher  Bücher  als 
Uebersetzung  für  das  hebräische  ügabh,  mit  welchem  ein  dudelsackartiges  In- 
strument, nach  Andern  eine  Panflöte  bezeichnet  wird. 

Acaeu  oder  Agaeu,  spanischer  Contrapunctist,  der  lange  in  Italien  lebte, 
dessen  Aaron  (s.  d.)  erwähnt  und  von  welchem  zwei  vierstimmige  Motetten: 
•oNoinine  qui  Domini  jyrodita  und  nJudica  me  Dens  et  discerne<i,  im  zweiten  Buche 
der  yyMotetti  de  la  Corona<i  1519  von  Ott.  Petrucci  de  Possombrone  heraus- 
gegeben, enthalten   sind. 

Accelli,  Cesar,  italienischer  Contrapunktist,  welcher  in  der  zweiten  Hiilfte 
des  16.  Jahrhunderts  lebte  und  zu  Venedig  1557  veröffentlichte  y>Libro  primo 
de'  Madriffali  a  cinque  voci«.  Noch  einige  Madrigale  desselben  Componisten  sind 
in  der  Sammlung  enthalten:  »Z)e'  floridi  Virtuosie  d'Italia  il  terzo  libro  d^ 
madrigali  a  cinque  voci,  nuovamente  comjjosti  e  dati  in  lucea.  Venedig,  Giacomo 
Vincenti  etc.  1586. 

Accordion.  Glocken-Accordion 
der  berühmten  Musikinstrumentenfabrik 
von  ihm  construirtes  Instrument,  das  beim 
Grottesdienste  in  der  katholischen  Kirche 
an  Stelle  der  Sakristei-  und  Altar- Glocken 
treten  soll.  Mit  Eecht  erinnert  der  Er- 
finder daran,  dass  diese,  nachdem  sie  in 
Fabriken,  Hotels  und  Bahnhöfen  ihren 
Platz  gefunden  haben,  die  Andacht  der 
Gläubigen  in  der  Kirche  eher  stören  als 
fördern.  Das,  von  ihm  construirte  Glocken- 
Accordion  für  Sakristei  (neben- 
stehend) besteht  aus  5,  7  oder  8  über- 
einander pyramidenförmig  zusammenge- 
stellten,versilberten,abgestimmtenGlocken, 
die  an  einem  gusseisernen,  im  gothischen 
Stil  geschmackvoll  ausgeführten,  schwarz 
lackirten  und  vergoldeten  Console  befestigt 
sind.  Neben  dieser  Glockenpyramide  ist 
die  Hammermechanik  angebracht.  Wird 
die  herabhängende  Zugstange  stark  ange- 
zogen, so  ertönen  die  Glocken  in  einem 
milden,  lang  anhaltenden  Accorde.  Für 
die  Ministranten  construirte  der  Sohn  des 
oben  genannten  Gründer  der  Fabrik: 
Jaroslav  Cerveny  das  Glocken-Accor- 
dion  für  Altar  (nebenstehend).  An 
einem  Holzgriff  sind  3  ebenfalls  harmo- 
nisch abgestimmte  Glocken  ähnlich  be- 
festigt, die  wie  die  gewöhnlichen  Glocjten 
zum  Erklingen   gebracht  werden. 

Accordsignal,  s,  Signal. 

Acevo,  italienischer  Geigenbauer  des 
17.  Jahrhunderts,  war  bis  1640  in  Cre- 
mona  thätig,  seitdem  in  Saluzzio.  Er  ver- 
fertigte treffliche  Instrumente  nach  dem 
Modell  des  Hier.  Amati,  er  selber  war 
ein  Schüler  des  Guiseppe  Cappa  aus  der 
Schule  des  Amati. 

Adam  (I,  .32),  Adolph  Carl  ist  am  24.  Juli  1803  geboren,  (nicht  8.  Jan.). 

Adamberger,    J.,    vorzüglicher  Tenorist   seiner   Zeit,    geboren  zu  München 
1743.     Er  sang  seit  dem  Jahre  1762  auf  verschiedenen  Theatern  Italiens  unter 


Glocken- Accordion. 


Adamontl  —  Adriansen.  5 

dem  Namen  Adamonti.  1770  kehrte  er  nach  München  zurück,  liess  eich  1781 
für  die  deutsche  Oper  in  "Wien  engagiren  und  verheirathete  sich  mit  der  vor- 
trefflichen Schauspielerin  Marianne  Jaquet.  Mozart,  schrieb  für  Adamberger 
den  Belmonte  (1783),  wie  verschiedene  grössere  Concertarien. 

Adainouti  s.  Adamberger. 

AdaiuS)  Abraham,  gegen  1810  Organist  an  der  Marienkirche  in  London, 
ist  Verfasser  des  "Werkes:  y>Fsalnmt's  new  companion<i  u.  s.  w.,  London,  in  4",  ohne 
Datum.  Es  enthält  eine  Anleitung  zum  Ciavierspielen  und  eine  Einführung 
in  die  Grundprinzipien  der  Musik,  nebst  41  Psalmengesängen  und  25  Anthems 
und  einer  hinzugefügten  Trauerhymne  für  drei  und  vier  Stimmen. 

AdaniS)  Thomas  (I,  37),  war  bis  1824  Organist  an  St.  Paul  in  Deptford 
und  lebte  dann  in  London.  Es  sind  von  ihm  Fantasien  und  Variationen  für 
Ciavier  und  für  die  Orgel:  »Sechs  Fugen«  (Clemeuti);  »drei  Fantasien«  (Hodsoll)  : 
»sechs  grosse  Orgelstücke«  (London,  Clementi)  erschienen.  Das  ihm  zuge- 
schriebene "Werk:  nFsalmisfs  new  comiyanionvi  u.  s.  w.  ist  von  Abraham  Adams. 

Adau,  Don  Vincent,  lebte  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts 
in  Madrid,  als  Gesang-  und  Compositionslehrer,  auch  gehörte  er  als  ausführen- 
der Musiker  zur  Kapelle  des  Königs  von  Spanien.  Er  gab  eine  kurzgefasste 
Musiklehre  heraus:  nDocmnentos  para  instruccion  de  Musicos«  u.  s.  w.  Madrid, 
J.   Otero,   1786,  in  fol.   16   Seiten  Text  und   75   Seiten  Xotenbeispiele. 

AduD  de  Jouveucj",  französischer  Minnesänger  des  13.   Jahrhunderts^. 

Adelburg,  August  Ritter  von  (I,  41j.  starb  am  20.  Oktober  1873. 

Adlgasser)  Ant.  Caj.  (I,  42),  ist  zu  Luzern  in  der  Schweiz  den  3.  April 
1728  geboren  und  stai'b  am  23.  December  1777  als  Organist  der  Hof-  und 
Domkirche  in  Salzburg. 

Adluug:    (I,  43),  ist  am  14.  Januar  (nicht  Juni)   1699  geboren. 

Adolfati,  Andrea  (1,43),  war  nach  beendeten  Studien  Kirchencapellmeister 
in  seiner  Vaterstadt  Venedig,  in  späterer  Zeit  in  Genua.  Ausser  den  Opern 
hat  er  auch  Kirchenmusik  geschrieben.  In  der  Bibliothek  zu  Paris  befinden 
sich  im  Manusci'ipt:  »Nisi  Do?ninusn  für  eine  Stimme;  »Laudate  pueri(.<.  für  vier 
Stimmen.  In  der  Sammlung  des  Abbe  Santini  in  Rom  der  Psalm:  y>Do7nine 
ne  in  furorea,  in  italienischer  Uebersetzung  und  für  vier  Stimmen,  Violinen 
und  Hörn.  r>Sei  sonate  a  tre,  cinque  e  sei,  opera  1*^«  erschienen  in  Amsterdam. 
In  seiner  Oper:  »Ariadne«,  aufgeführt  in  Genua  1750,  befindet  sich  eine  Arie 
im  füuftheiligen   Takt. 

Adorno,  Joh.  Nepomuk,  in  Mexiko  gegen  1815  geboren,  trat  1855  zur 
Zeit  der  "Weltausstellung  in  Paris  mit  einigen  geistreichen  Erfindungen  auf, 
die  aber  weitere  Verbreitung  noch  nicht  gefunden  haben.  Zu  diesen  Erfindungen 
gehört:  Eine  Vorrichtung  um  auf  mechanischem  Wege  Musikstücke  trans- 
poniren  zu  können.  Ferner  ein  melographisches  Piano,  dessen  Mechanismus 
80  eingerichtet  ist,  dass  die  Musik,  welche  man  auf  dem  Piano  spielt,  gleich- 
zeitig in  der  gebräuchlichen  Notenschrift  zu  Papier  gebracht  wird.  Ein  Modell 
für  diesen  Mechanismus  befand  sich  in  der  gedachten  Ausstellung.  Sein  System 
dieser  »Melographie«  erläutert  A.  in  einer  Schrift:  y>Melographie  ou  Novelle 
Notation  musicalev.     Paris,  Firmin  Didot  freres,  1855,  in  4°,  39  S.  und  1  Tafel. 

Adriausen,  Emanuel  (I,  44),  nicht  Adrian  heisst  der  berühmte  Lautenist: 
er  ist  auf  einigen  seiner  "Werke  seltsam  latinisirt  auch  Hadrianius  genannt. 
Er  war  in  Antweri^en  geboren.  Das  I,  44  erwähnte  "Werk:  r>Fratum  7nuKsicum« 
enthält  für  vier  und  fünf  Stimmen  und  für  eine,  zwei,  drei  und  vier  Lauten 
eingerichtete  Compositionen  von  Cyprian  de  Rore,  Roland  de  Lassus,  Jachet 
de  Berchem,  Jacques  de  Waet,  Philipp  de  Mons,  Noe  Faignient  und  Hubert 
"Waelrant.  A.  zeigt  sich  in  den  Stücken  für  vier  Lauten  als  unterrichteten 
in  harmonischen  Combiuationen  äusserst  fantasievollen  Musiker;  besonders  be- 
merkenswerth  hierauf  hin  ist  die  Bearbeitung  des  flamäudischen  Liedes  von 
"Waelrant.  Die  Sammlung  erschien  in  drei  Auflagen.  1584.  in  fol,  1592,  1600. 
Antwerpen  bei  A.  P.  Phalesius. 


Q  Adrieu  —  Ahlström. 

Adrieu  Paine  (I,  44),  ist  zu  Liege  1767  geboren.    Sein  Bruder: 

Adrien,  Martin  Joseph,  auch  daselbst  im  Jahre  1766  geboren,  wurde 
in  Paris  auf  dem  königlichen  Conservatorium  ausgebildet  und  trat  im  Juni  1785 
als  Bassist  bei  der  grossen  Oper  ein.  Später  war  er  bei  der  Oper  und  am 
königlichen  Conservatorium  als  Gesanglehrer  angestellt,  starb  aber  bereits  den 
19.  Nov.  1822.  Er  componirte  für  Paris  die  »Siegeshymne«  {III  Vendemiaire) 
und  die  »Hymne  für  Märtyrer  der  Freiheit«. 

Aemingra,  Siegfried  Caso  von,  (I,  54)  gab  heraus:  yiFrogrammata  IV 
de  choreis  festivis,  de  musiea  instrumentali  festiva,  de  hymnis  festivis  antiquitate 
claris,  de  conviviis  festivis  aevi  antiqui«,  Greifswald,   1749,  in  4^. 

Agricola,  Georg  Ludwig  (1,72),  geb.  zu  Gross-Purra  bei  Sondershausen, 
starb  am   22.  Februar  1676  in   Gotha. 

Agricola,  "Wolfgang  Christoph,  deutscher  Componist,  der  um  die  Mitte 
des  17.  Jahrhunderts  lebte.  Von  ihm  erschien  zu  Würzburg  und  zu  Cöln  eine 
Sammlung  von  acht  Messen  unter  dem  Titel:  »Fasciculus  musicalisa,  1651,  in  4^. 
Eine  Sammlung  zwei-  bis  achtstimmiger  Motetten  von  ihm  erschien  unter  dem 
Titel:  y>JFasciculits  variarum  eantionwn. 

Ihlström  (1,76)  [nicht  Ahlström],  Olof,  schwedischer  Tonsetzer,  geboren 
1756,  gestorben  1835,  ist  besonders  dadurch  bekannt  geworden,  dass  er  die 
Melodien  Bellmanns  (s.  d.)  niederschrieb  und  für  Klavier  arrangirte.  Sein 
Arrangement  befindet  sich  in  der  Originalausgabe  der  Lieder  und  Epistel  des 
grossen  schwedischen  Dichters. 

Ahlström,  Johann  Niclas,  —  also  nicht  Namensvetter  des  vorigen,  noch 
weniger  sein  Sohn,  —  ist  am  5.  Juni  1805  zu  Wisby  (Insel  Gottland,  Schwe- 
den) geboren.  Sein  Vater  war  Drechsler  und  hatte  den  Sohn  zu  demselben 
Handwerk  bestimmt,  weshalb  dieser  schon  als  Kind  in  der  Werkstelle  mit  ar- 
beiten musste.  1813  wurde  A.  in  die  Elementarschule  "Wisbys  eingeschrieben 
und  besuchte  diese  bis  1819.  Ein  Magister  Eneqvist  ertheilte  ihm  und  einigen 
seiner  Mitschüler  gratis  Unterricht  im  Singen  und  in  der  Musik.  A.,  welcher 
mit  ungewöhnlichen  Anlagen  ausgerüstet  war,  machte  so  schnelle  Fortschritte, 
dass  er  binnen  kurzer  Zeit  den  Organistendienst  am  Dom  verrichten  konnte, 
da  der  damalige  Organist  ein  gebrechlicher  Greis  war.  Es  ist  begreiflich,  dass 
seine  schnelle  musikalische  Ausbildung  zum  Theil  auf  Kosten  seiner  Schul- 
kenntnisse geschah;  doch  wurde  er  1824  Student  in  TJpsala,  dort  trieb  er  seine 
Musikübungen  fleissiger,  als  seine  theologischen  Studien,  für  die  er  sich  hatte 
einschreiben  lassen,  und  bald  war  er  ein  gewandter  Pianofortespieler.  Inzwischen 
erhielt  er  eine  Hauslehrerstelle  in  Wermland,  die  er  1828  verliess.  Er 
ging,  nach  Upsala  zurück,  um  endlich  ernstlich  zu  studieren.  Gewissenhaft 
besuchte  er  die  Vorlesungen  und  absolvirte  auch  ein  Examen;  doch  als  er 
nach  Ende  des  Semesters  nach  seiner  Geburtsstadt  kam,  wurde  er  dort  Or- 
c  hesterdirigent  bei  einer  Theatergesellschaft,  zog  mit  dieser  einige  Zeit  umher 
und  liess  sich  endlich  als  Musiklehrer  in  Carlskrona  nieder.  Hier  bestand 
er  das  Director-  und  Organistexamen  an  der  musikalischen  Akademie,  erhielt 
dann  die  Stelle  als  Organist  in  Westeräs  und  Musikdirektor  am  dortigen  Gym- 
nasium. 1842  wurde  er  zum  Dirigenten  an  das  neu  errichtete  y>Nya  Theatern«,  in 
Stockholm  berufen.  Danach  bekleidete  er  folgende  Posten:  1845 — 47  war  er 
Lehrer  für  die  Schüler  des  kgl.  Theaters,  1847 — 49  Musikdirektor  der  kgl.  zweiten 
Leibgarde,  1847 — 48  Orchesterdirigent  an  der  französischen  Theatergesellschaft, 
1849  Chormeister  an  der  italienischen  Oper,  1854  Organist  an  der  Hedwig- 
Eleonora  Kirche,  1854' — 56  Dirigent  am  Ladugärdstheater.  Er  starb  am  14. 
Mai  1857  in  dürftigen  Umständen;  auf  seinem  Sterbebett  erhielt  er  die  Nach- 
richt, dass  er  zum  Mitglied  der  musikalischen  Akademie  gewählt  sei.  —  Ein 
Hauptverdienst  A.'s  ist,  dass  er  eine  grosse  Menge  von  Volksmelodien  aufsuchte 
und  arrangirte,  doch  ist  die  Unruhe  und  die  Eile,  womit  die  Verhältnisse  ihn 
zu  arbeiten  nöthigten,  in  diesen  so  wie  in  seinen  anderen  talentbezeugenden 
Arbeiten  bemerkbar.     Von  seinen  zahlreichen  Compositionen   sollen  nur  genannt 


Aiblinger  —  Albinus.  7 

werden:  Die  Opern:  »Alfred  der  Grosse«  und  »Abu  Hassan«,  die  Musik  zum 
Trauerspiel  »Agne«,  verschiedene  Gelegenheitscantaten,  sechs  Streichquartette, 
eine  Sonate  für  Pianoforte,  Violine,  Viola  und  Violoncell;  ein  Quintett  für  Flöte, 
zwei  Violinen.  Viola  und  Violoncell;  eine  Trio  und  ein  Pianoconcert  mit  Orchester. 

Aiblinger,  Joh.  Caspar  (1,78),  ist  ara  23.  Februar  1779  in  Wasserburg 
in  Baiern  geboren  und  starb  am  6.  Mai  1867  in  München.  Seine  Oper: 
»Rodrigo  und  Xiniene«  wurde  am   7.  Mai   1821   in  München  zuerst  aufgeführt. 

Aicb,  Godfried,  in  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  Kanonikus  der  Prämon- 
stratenser,  gab  heraus:  »Fructus  ecclesiafticus  triiim,  quatuor  et  quinque  vocum, 
duorum  vel  trium  inntrumentum  cum  secundo  choro. 

Aimou,  Pamphile  Leop.  Franz  (1,79),  starb  zu  Paris  am  2.  Febr.  1866. 

A'Kenipis,  Florent,  Organist  an  St.  Gudule  in  Brüssel,  in  der  Mitte  des 
17.  Jahrhunderts  veröffentlichte:  1)  y>Si/mpJi07iiae,  unius,  duorum  et  trium  violi- 
norum<i.  Antwerpen,  1644,  in  fol.  2)  nSympkoniae  unius,  duorum,  trium,  quatuor 
et  quinque  instruynentorum,  adjunctae  quatuor  inst,  et  duarum  voc.t  op.  2,  ibid.  1649. 
3)  liSymplioiiiae  etc.a  ibid.  1649.  4)  yiMissae  et  Motetta  octo  vocum  cum  hasso 
continuo  ad  Organums,  ibid.   1650.     5)   »Missa  pro  Defunctis  octo  vocuma. 

Akeroyd,  Samuel,  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  in  der  Grafschaft 
York  geboren,  componirte  Gesänge,  deren  einige  in  die  Sammlung :  »Theatre  of 
musica,  London,   1685,  1686  u.  1687,  aufgenommen  sind. 

Alarm  (I,  138),  richtiger  Allarm;  ist  aus  dem  italienischen:  nalVarme« 
»zu  den  Waffen«  entstanden. 

Alart,  Simon,  auchAlard,  Contrapunktist  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts, war  in  Peronne  in  Frankreich  geboren  und  an  der  Kirche  in  St.  Quen- 
tin  Kanonikus  und  Sänger  im  Jahre  1530.  Eine  Motette  seiner  Composition 
befindet  sich  in  der  in  Venedig  1549  herausgegebenen  Sammlung:  »Fructus 
vagantur  per  orbejn,  exellentissim.  auctorum  diversae  modul.a  lib.  I.  Das  für  vier 
Stimmen  gesetzte  Evangelium:  »Dum  transisset  sabbatuma,  in  der  bereits  sehr 
seltenen  Sammlung:  y>Evangelia  Dominicorum  et  festorum  dierum,  musicis  numeris 
pulcherrime  comprehensa  et  ornata  quatuor,  quinque,  sex  et  plurium  vocum  Toiui.  sex 
etc.vi  Noribergae.  loannis  Montani  et  TJlrici  Neuberi,  1554 — 1557,  in  4  obl.  (im 
ersten  Bande  Nr.  27.) 

Albanesi,  Sebastianus,  tüchtiger  Geigenbauer  in  Cremona  1720 — 44. 
Seine  Instrumente  waren  nach  guter  Zeichnung,  sauber  ausgeführt,  mit  meist 
flacher  Wölbung  und  gleichen  mehr  den  Mailander  Arbeiten  des  18.  Jahrhunderts. 

Albano,  Matthias  (I,  140),  war  Schüler  von  Jacob  Stainer.  Der  in  Palermo 
ansässig  gewesene  Albano  hiess  Paolo  (1650 — 80). 

Albano,  Marc,  neapolitanischer  Componist,  geboren  in  der  zweiten  Hälfte 
des  16.  Jahrhunderts.  Fünfstimmige  Madrigale  von  ihm  wurden  in  zwei 
Heften,  das  erste  1616  und  das  zweite  1619  bei  Vitali  in  Neapel  veröfi'entlicht. 

Alberti,  Gasp.,  neapolitaner  Mönch  des  Augustiner  Ordens,  lebte  in  der 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts.  Man  kennt  von  ihm:  -n II  prima  libro  delle  messe, 
dal  proprio  autore  novamente  poste  iti  luce.a  Venetia  app.  Hieronimo  Scoto.  1549, 
4^.  Es  sind  darin  eine  vierstimmige  Messe:  »Queramus  cum pastoribusa;  und  zwei 
fünfstimmige  Messen:  nltalia  mea<n  und  r>Dorman  d^un  giorno  a  Baiaa  enthalten. 

Albini,  Felix,  römischer  Componist,  lebte  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts. Bekannt  von  ihm  sind  nur:  »7Z  primo  libro  di  musicali  concerti«. 
Roma  app.  Robletti   1625.     »11  secondo  libro  etc.,«  ibid.   1626. 

Albinos.  Ein  werthvolles  Manuscript  der  Genter  Universitäts- Bibliothek 
(Nr.  171,  in  fol.),  enthält  unter  verschiedenen  Abhandlungen  über  Musik, 
auch  eine  über  die  im  14.  Jahrhundert  gebräuchlichen  Saiteninstrumente.  Ausser 
den  Beschreibungen  sind  auch  die  Abbildungen  der  Instrumente  vorhanden  und 
unter  diesen  eine  Viola  mit  vier  Saiten,  als  deren  Erfinder  »Albinus«  genannt 
wird.  Diese  Viola,  mit  dem  Bogen  zu  streichen,  hat  die  Form  der  Guitarre  und 
ihre  vier  Saiten  haben  den  Umfang  einer  Octave,  die  so  gestimmt  sind:  c,d,g,c. 
Der  Verfasser  dieser  Abhandlung  ist  nicht  genannt. 


S  AlbuzLo  —  Aliquot-Piano. 

Albnzio  oder  Albuzzi  (lat.  Albutius),  Giov.  Giac,  Lautenist  und  Com- 
ponist  für  die  Laute,  wurde  geboren  und  lebte  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts in  Mailand.  Von  seineu  ComiDOsitionen  für  die  Laute  finden  wir  in 
den  Sammlungen:  -alntaholatura  de  lAitto  de  diversi  autori  etc.a  Milano  p. 
J.  Ant.  Castiano,  1536,  kl.  in  4^  obl.  und  r>Hortus  Musarum,  in  quo  tanquam 
ßosculi  quidam  seleetissitnarum  Carminum  collecti  Stent  ex  optimis  quibusque 
auctoribiis  etc.a  Lovanii,  ap.  Phalesium  bibliopolam  juratum  1552.  Die  letztere 
Sammlung  enthält  Fantasien ,  Motetten ,  Gesänge  und  Tänze ,  eingerichtet 
für  die  Laute. 

Alearotti,  Giov.  Francesco,  Componist  und  Organist  an  der  Kirche  zu 
Como,  wurde  zu  Novarre  im  Piemontesischen  gegen  1536  geboren.  Er  gab 
heraus:  »IZ  primo  libro  de  Iladrigali  a  cinque  e  sei  voci(i,  Venedig,  Ant.  Gar- 
dano,  1567,  in  4*^  obl.  y>Madrigali  a  cinque  et  sei  voci  eon  doi  dialoghi  a  ottoa, 
ibid.  1569,  in  4»  obl. 

Alembert,  (Jean  le  Eond  d')  (1,153),  starb  am  29.  Oktober  1783. 

Alessandri,  G.,  Stiftsherr  der  Kathedrale  zu  Ferrara  in  der  ersten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts,  schrieb  die  Musik  zu  dem  Oratorium:  nSancfa 
Francesca  Romanaa  (für  fünf  Stimmen).  Das  Manuscript  dieser  Partitur  be- 
findet sich  auf  der  kgl.  Bibliothek  zu  Berlin. 

Aletzie,  Paolo,  trefflicher  Geigenbauer,  lebte  in  München.  Seine  Brat- 
schen und  Violoncelli  aus  den  Jahren  1720 — 1736  waren  sehr  beliebt. 

Alexander,  mit  dem  Zunamen  der  Wilde,  deutscher  Minnesänger  des 
13.  Jahrhunderts.  Er  zog,  wie  aus  dem  einen  seiner  Gesänge  hervorgeht, 
als  fahrender  Sänger  von  Ort  zu  Ort,  von  Schloss  zu  Schloss,  dies  muss 
zwischen  1234—1282  geschehen  sein  (s.  von  Hagen,  »Minnesänger«  IV,  S.  665). 
Sechs  von  den  Gesängen  mit  Melodien  von  A.  sind  von  v.  Hagen  nach  den  in 
Wien  und  Jena  befindlichen  Manuscripten  in  seine  Sammlung  mit  aufgenommen. 

Alfred,  mit  dem  Beinamen  der  Philosoph,  englischer  Gelehrter,  dessen 
Buf  im  13.  Jahrhundert  auch  in  Frankreich  und  Italien  verbreitet  war,  lebte 
längere  Zeit  in  Rom  und  kehrte  1268  nach  England  zurück.  Unter  seinen 
Manuscripten  befindet  sich  eins  »De  Musica«  betitelt. 

Aliquot-Piano  (Aliquot-Flügel)  nennt  der  ausgezeichnete  Pianofortefabrikant 
Julius  Blüthner  in  Leipzig  das,  von  ihm  nach  dem  System  der  mitschwingenden 
Saiten  (Aliquot-System)  construirte  Instrument.  Die  wissenschaftlich  begrün- 
dete Wahrnehmung,  dass  der  Klang  der  Saiten  aus  einer  Reihe  von  Theiltönen 
(Partialtönen,  Aliquottönen)  besteht,  nämlich  aus  dem  Grundton  und  seinen 
harmonischen  Obertönen,  und  dass  der  Gesammtklang  sich  nach  der  Tonhöhe 
des  Grundtones  bestimmt,  veranlasste  den  strebsamen  Meister  des  Pianoforte- 
bau's,  den  Grundton  durch  mitklingende  Saiten  zu  verstärken. 

Folgende  Zeichnung  vergegenwärtigt    das  Arrangement   der  mitschwingen- 


den Saiten  im  Aliquot-Piano,  Die  Befestigung  und  die  abgrenzenden  Spannungs- 
punkte der  angeschlagenen  Saiten  sehen  wir,  genau  wie  in  bisheriger  Weise, 
in    den    Stimmwirbeln   bei  A  1,  2,  3,   in   der  Agraflfe  2,    in    den    Stegstifteu    auf 


AliqHot-Piano. 


9 


dem  Resonanzbodensteg  C  und  in  den  Anhängestiften  auf  dem  Eisenrahmen 
bei  D  1.  Die  Vorrichtung  für  die  mitschwingenden  —  von  einem  Hammer- 
anschlage   nicht    berührten    —    Saiten    führt   dieselben    über   die  angeschlagenen 

hinweg.   Bei  A  4  finden  wir  einen, 

_^        ^^«^  beziehentlich    zwei    Stimmwirbel; 

•     ^rt^^'-  ^-  ^^^-  B  2  ist  die  abgrenzende  Agraffe, 

welcher  auf  einem  eigenen  Stege 
G  eine  zweite  Agraffe  entspricht; 
D  2  sind  die  Anhllngestif'te.  Da 
diese  neuen  Saiten  ihre  specielle 
Einrichtung  haben,  so  sind  irgend 
welche  Abänderungen  bestehender 
Vorkehrungen  nicht  nöthig.  Ihre 
Arrangements  an  sich  aber  sind 
nach  erprobter  Methode  angelegt. 
Der  für  die  Agraffen  der  Ober- 
tonsaiten neu  angelegte  G-Steg 
liegt  in  der  höchsten  Discautlage, 
wo  die  mitschwingenden  Saiten 
im  Einklang  zum  Grundton  stehen 
—  (wie  auch  die  zweite  Zeich- 
nung zeiert)  —  an  dem  Resonanz- 
bodenstege  und  zweigt  sich  nach 
der  Mitte  zu  (siehe  erste  Abbil- 
dung) entsprechend  ab.  Diesem 
dürfen  wir  wol  auch  Ein- 
fluss  auf  die  erzielte  bestimmte 
und    gesättigte    volle    Klangfarbe 

zuschreiben. 
"Wie      schon 
augedeutet, 
sind  im  höch- 
sten Discant 
die      mit- 
schwinffeu- 
den      Saiten 
im  Einklang 
zu    den    an- 
geschlagenen 
mensurirt 
und    wird 
durch  solche 
Verstärkung 
des     Grund- 
klanges hier 
das      Spitze, 

Gellende, 
welches  sich 
meistens  im 
hohen  Dis- 
cant zeigte, 
vermieden 
und  dafür 

eine  selbst  bei  starkem  Anschlag  angenehme  volle  Tonfiirbung  erreicht.  Hier 
also  ganz  besonders  wie  auch  in  den  anderen  Lagen  wirken  neben  Verstärkung 
des  Tones  die  mitschwingenden  Saiten  veredelnd  auf  den  Klang,  indem  sie  uu- 


10 


Alkman  —  Alphons  del  Castillo. 


liebsame  Obertöne  gewissermaassen  ersticken.  Die  Reinheit  der  Stimmung  kann 
durch  die  mitschwingenden  Saiten  aber  gar  nicht  getrübt  werden,  da  diese 
ja  nur  bei  entsprechenden  reinen  Intervallen   überhaupt  in  Thätigkeit  treten. 

Die  Dämpferzeichnung  zeigt  was,  dass  auch  dieser  Punkt,  der  manch  anderen 
Versuch  hatte  scheitern  lassen,  in  zufriedenstellender  Weise  erledigt  wurde.    Eine 


präcise  Wirkung  ist  augenscheinlich,  da  zu  gleicher  Zeit  in  einfachster  Weise 
Grund-  und  Oberton-Saite  abgedämpft  werden.  Die  unteren  Dämpferpolster 
dämpfen  die  angeschlagenen,  der  Filzkeil  an  der  Seite  die  mitschwingenden 
Saiten.  In  der  Dämpferzeichnung  bei  F  geben  die  angedeuteten  fünf  Punkte 
die  Saitenlage  des  Dämpfers  an.  Abweichend  von  der  augenblicklich  herrschen- 
den kreuzsaitigen  Bauart  sind  die  übersponnenen  Basssaiten  in  freier  Lage  auf- 
gezogen, und  die  hieranschliessenden  glatten  Saiten  liegen  in  geringer  Kreuzung 
zu  den  Discantsaiten.  Blüthners  Aliquot-Piano  ist  im  gesammten  deutschen 
Reich,  in  Oestereich  und  Ungarn,  in  den  Vereinigten  Staaten  von  Nord- Amerika, 
Norwegen,  Schweden,  Dänemark  und  in  Russland  patentirt  und  wurde  auf 
der  Centennial-Ausstellung  in  Philadelphia  1876  prämiirt. 

Alkman,  lyrischer  Dichter  der  Grriechen  (um  Ol.  30.  669  v.  Chr.),  lydischer 
Abkunft,  wahrscheinlich  ist  er  aber  in  Sparta,  wo  er  Freiheit  und  Bürgerrecht 
gewann,  geboren.  Da  er  Volksgesang  und  Chorlied  in  bestimmte  Formen 
brachte,  so  gilt  er  als  der  Begründer  der  griechischen  Lyrik.  Er  dichtete  be- 
sonders Parthenien  (Chorlieder  für  Jungfrauen),  Hymnen,  Päane,  Liebeslieder 
in   grosser  Mannichfaltigkeit  des  Tons  und  der  Versmaasse. 

Allaire,  Sänger  der  Kirche  Notre-Dame  zu  Paris,  starb  den  13.  April  1547. 
Zwei  einstimmige  Messen  seiner  Composition  sind  in  der  Sammlung:  y>Missarum 
dominicalium  quatuor  vocuma,  Lib.  I,  II,  III,  Paris,  apud  Petr.  Attaingnant,  1534, 
in  4*^  obl.,  aufgenommen. 

Allargando  =  ausbreitend,  den  Ton  oder  die  Stimme. 

Almerighi  di  Bimiui)  Gruiseppe,  Kammermusiker  des  Landgrafen  von 
Hessen-Darmstadt,  geboren  zu  Rimini  in  der  Romagna,  gab  zu  Nürnberg  1761 
heraus:  y>Sei  sonate  da  camera«,  für  zwei  Violinen  und  Bass.     Op.   1. 

Almeyda,  Carlos  Franceso,  Violinist  und  Componist,  geboren  in  Burgos, 
stand  in  Diensten  des  Königs  von  Spanien.  Zwei  Streichquartette  von  ihm 
erschienen  bei  Pleyel  in  Paris  1795. 

Almond,  Emma,  Frau  (als  Miss  Romer  (VIII,  406)  bekannte  Sängerin), 
starb  in  Margate  am  15.  April  1868. 

Alphons  X.,  König  von  Kastilien,  der  Weise  genannt,  wegen  seiner  aus- 
gebreiteten Kenntnisse  in  Wissenschaft  und  Kunst,  bestieg  den  Thron  1252 
und  starb  1284.  Er  gründete  den  ersten  Lehrstuhl  für  Musik  in  Europa  an 
der  Universität  Salamanka.  Eine  grosse  Anzahl  von  Kirchengesängen  seiner 
Composition   sind  im  Escurial  und  in  der  Kirche  zu  Toledo  aufbewahrt. 

Alphons  del  Castillo,  Dr.  der  Universität  Salamanka  im  15.  Jahrhundert, 
schrieb  eine  Abhandlung:  »Die  Kirnst  des  gregorianischen  Gesanges«.  Sala- 
manka, 1504.  in  4^. 


Alstedt  —  Ammon.  1 1 

Alstedt,  Johann,  Heinrich,  gelehrter  Mathematiker  und  Akustiker, 
geboren  zu  Herborn  im  Nassauischen  1588,  verfasste  zwei  interessante  Arbei- 
ten: 1)  y>A(/mirandorum  mathcmaticorum  lihri  /A'«  (Herborn.  1613),  von  welchem 
das  siebente  Buch  die  IMusik  behandelt;  es  enthält:  a)  nde  Cantus  natura  in 
generefi,  b)  y>de  cantus  natura  in  npecieK,  c)  j>de  contrajtuncto«,  d)  t>de  Musica 
instrumentali» ;  2)  nÜHementale  mathematicumu  (Frankfurt,  1611)  enthält:  a)  nde 
Musica  simpliciu,  b)   i>de  Musica  harmonica«. 

Altenbnrg',  Michael  (1,185),  ist  nicht  zu  Tröchtelborn,  sondern  zu  Alach 
bei  Erfurt,  wo  sein  Vater  Michael  A. ^Schmied  war,  am  Trinitatisfeste  1584  geb. 

Althorn-Oblignt,  ein  1859  von  Cerveny  erfundenes  Musikinstrument  von 
schönem,  weichem  Ton;  es  steht  in  F  oder  Hs  und  hat  den  Umfang  von. 


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Alvera,  Andrea,  italienischer  Schriftsteller,  gab  heraus:  nCanti  popolari 
iradizionali  Vicentini,  coJla  lora  musica  originaria  a pianoforte,  raccolti  e  annotali 
da  Andrea  Alvera.     Yincence  Longo,  1844. 

Auiati,  Andreas  Amati  (I,  191),  ist  1520  geboren  und  starb  1580.  Sein 
Sohn  Antonio  ist  1550  (nicht  1565)  geboren  und  starb  1638.  Der  Bruder 
Geronimo  zeichnete  stets  Hieron ymus  und  war  der  bedeutendste  des  Namens; 
er  ist  1551  geboren  und  starb  1635.  Nicolo  ist  der  Sohn  dieses  Geronimo, 
er  wurde  am  3.  Sept.  1596  geboren  und  starb  am  12.  August  1684.  Ein 
Sohn  desselben  Hieronymus  ist  am  26.  Febr.  1649  geboren  und  gegen  Ende 
des  Jahrhunderts  gestorben.  Er  arbeitete  verhältnissmässig  wenig  Instrumente, 
die  alle  grosses  Format  haben  und  ausgezeichnet  vollen   Ton   enthalten. 

Ambros,  August  Wilh.  (1,193),  starb  1876  am  28.  Juni  in  "Wien, 
wohin  er   1872  berufen  worden  war. 

Ameyden,  Christian  (I,  202),  auch  Hameyden  und  Ameiden,  ein 
trefflicher  Musiker  des  16.  Jahrhunderts,  geboren  zu  Oirschot  in  Brabant,  war 
zu  Palestrinas  Zeit  (seit  1763)  Sänger  in  der  päpstlichen  Kapelle  und  mit 
dem  Meister  eng  befreundet.  Auch  beim  Papst  Pius  lY.  und  dessen  Nach- 
folger stand  er  in  Ansehen.  Er  gehörte  zu  jener  Commission,  welche  im  Jahre 
1564  über  den  Charakter  der  Kirchenmusik  zu  berichten  hatte,  um  dem,  vom 
Tridentiner  Concil  erwählten  Cardinal- Collegium  die  nöthigen  Vorlagen  für  die 
weiteren  Beschlüsse  in  Bezug  auf  die  Kirchenmusik  zu  geben.  Ausser  den 
Cardinälen:  Vitellozzo  Vitellozzi  und  Carlo  Borromeo  werden  als  Mitglieder 
dieser  Commission  genannt  die  päpstlichen  Sänger:  Anton  Calasans  aus 
Spanien,  Fred,  de  Lazini  und  Giov.  Ant.  Merlo  aus  Rom,  Giov.  Luigi  Vescovi 
aus  Neapel,  Vinc.  Vicomercato  aus  Genua,  Franc,  de  Torres,  Franz  Soio  aus 
Spanien  und  Christ.  Hameyden  aus  Flandern.     Ameyden  starb  am  20.  Nov.  1605. 

AmiciS)  Anna  de  (nicht  Deamicis,  III,  86),  wurde  durch  die  berühmte 
Tesi  in  Wien  zur  Sängerin  gebildet.  1773  sang  sie  noch  in  der  Scala  zu 
Mailand,  darauf  in  Venedig.  In  der  für  Mailand  1772  componirten  Oper 
Mozarts:  »Lucio  Sella«  sang  sie  die  Hauptpartie  der  Giunia.  1774  verheirathete 
sie  sich  mit  dem  königl.  neapolitanischen  Beamten  Buonsolazzi,  trat  von  der 
Bühne  ab  und  sang  seitdem  nur  in  Privatkreisen.  Naumann,  der  sie  1766  in 
Neapel  kennen  lernte,  schreibt  in  seinem  Tagebuch,  dass  sie  wie  ein  Engel  singe. 
Auch  Burney  ist  voll  ihres  Lobes.  Nach  Jahns  Mozart  I,  232 — 3  bereitete 
sie  Mozart  in  Italien  viel  Schwierigkeiten,  trotzdem  sie  seine  Opern  vorzüglich 
sang.  Ihre  beiden  Töchter  sangen  ebenfalls  sehr  schön,  w^ie  Reichardt  bestätigt, 
der  sie   1790  hörte.     Doch  gehörten  sie  nicht  der  Bühne  an. 

AmmoD,  Blasius  (1,203),  ein  bedeutender  Contrapunktist  des  16.  Jahr- 
hunderts ist  am  2.  Februar  1517  zu  Inst  in  Tyrol  geboren;  fand  nach  seiner 
eigenen    Angabe    als    Knabe    schon    Aufnahme    in    der   Kapelle    des    Erzherzogs 


12  Amuiou  —  Aneurin. 

Ferdinand  von  Outrain,  und  war  si^äter  durch  dessen  Munificenz  in  den  Stand 
gesetzt,  nach  Venedig  zu  gehen,  um  sich  dort  in  der  Musik  weiter  auszubilden ; 
dann  nahm  er  am  Churhofe  zu  München  Dienste.  Von  seinen  Werken  werden 
genannt:  1)  nSaci'ae  Gantiones  quatuor,  qtänque  et  sex  voc«,  Monachii  1540.  In 
diesem  Werke  nennt  er  sich  Anton  Blasius  Ammon.  2)  Motetten  zu  4,  5  und 
6  Stimmen,  München  1554.  3)  «Missa  quatuor,  unica  pro  defunctis  quaternis 
vocibus  JöSSa.  4)  y^Sacrae  cantiones,  quos  vulgo  Motetta  vocans,  4,  5  el  0  vocum 
1590<i.  5)  »Kurze  Messen  von  4  Stimmen«,  München  1591.  6)  »Breves  et  se- 
lectae  quaedam  Motettae  4,  5  et  6  vocum  etc.«,  Monachii  1593.  Enthält  28  Gre- 
sänge.  7)  y>Quatuor  Missae  a  quatuor,  quinque  et  sex  vociu,  Monachii  1593.  Die 
Werke  5,  6,  7  sind  erst  nach  seinem  Tode  herausgegeben.  Die  y^Sacrae  cari' 
tionesii  (4.)  enthalten  die  Widmung  des  Componisten  an  den  Erzherzog  Ferdi- 
nand vom  1.  Jan.  1590,  zugleich  aber  auch  die  Vorrede  des  Druckers  und 
Herausgebers  Adam  Berg  vom  21.  Jan.  1590,  in  welcher  dieser  dem  verstor- 
benen Comjjonisten  eine  Lobrede  hält,  so  dass  man  annehmen  darf,  A.  ist  in 
der  Zwischenzeit  vom  1.  bis  21.  Jan.  1590  gestorben.  Auch  in  Donfrieds: 
y> Prompt uariuma  (1627),  wie  in  Bodenschatz  y>Florilegmm(i.  von  1603  und  dessen 
y^Florilegium  Portensea  (1618)   finden  sich   Gesänge  von  A. 

Ammou,  Wolfgang  (I,  203),  ist  geboren  am  26.  Januar  1540  zu  Elsa 
im  Coburg'schen;  war  zuerst  Pfarrer  in  Weidelbach  im  Anspach'schen  und  seit 
1579  Prediger  zu  Dinkelsbühl;  Grlaubensdifferenzen  veranlassten  ihn  hier  seine 
Entlassung  zu  nehmen*  er  wurde  Fürstlich-Schwarzenbergischer  Stadtpfarrer  zu 
Marktbraith  und  starb  hier   1589. 

Auders,  Henri,  ein  in  Deutschland  geborener  Tonkünstler,  der  sich  gegen 
1696  in  Amsterdam  niederliess  und  daselbst  (nach  Ed.  G.  J.  Gregoir  zwischen 
1720 — 1730)  verstarb.  Er  war  als  Organist  thätig.  Compositionen  sind  von 
ihm  folgende  bekannt:  -»Trios,  Allemandes,  Sarahandes,  Gighev^  u.  s.  w.  Amster- 
dam 1976;  y>Äpollo  en  Daphnei^  von  Charles  Zweets,  erschienen  bei  Corneille 
Zweets,  1697,  in  8";  Min  en  Wijntrijdt  herderspei  onet  de  muziek  van  heer 
Andersa,  1719,  8°;  y^Symphoniae  introductoriae  trium  et  quatuor  instrumentorum, 
op.   1   et  2.     Amsterdam,  Klaase  Knol;   enthaltend  24   Sonnaten. 

Audrez,  Benoit,  Notenstecher  in  Lüttich  im  18.  Jahrhundert,  war  einer 
der  ersten,  welcher  in  den  Niederlanden  eine  periodische  Sammlung  von  Ge- 
sängen herausgab.  Sein  Journal  »X'^cäo«  erschien  1758  zuerst  und  dann 
mehrere  Jahre  bis  1761.  Es  brachte  unter  Anderm:  ein  Lied,  eine  Menuett 
und  ein  Duett  und  Quartett  aus  »Tirsi  e  Niece«.  von  Gluck,  Van  der  Stretten 
giebt  (1, 110)  das  facsimilirte  Titelkupfer  des  Journals.  Benoit  A.  veröffentlichte 
auch  bereits  eine  Anweisung,  um  mit  zwei  Würfeln  verschiedene  Menuette  mit 
Bassbegleitung  componiren  zu  können.  Gegen  Ende  'des  Jahrhunderts  führte 
eine  Mlle.  Andrez  das  Geschäft. 

AndrieSj  Jean,  Violinist,  Violoncellist,  Componist  und  Musikschriftsteller, 
ist  zu  Gent  am  25.  April  1798  geboren  und  starb  am  21.  Januar  1872.  1835 
wurde  er  Professor  der  Violinclasse  am  Conservatoi'ium  zu  Gent,  und  1851 
Direktor  dieses  Instituts,  an  welchem  er  von  da  an  auch  den  Compositions- 
unterricht  übernahm.  Die  Stelle  als  Solo-Violonist  an  der  grossen  Oper,  welche 
er  gleichfalls  bekleidete,  gab  er  1855  auf,  ebenso  verblieb  er  vom  Jahre  1856 
an  nur  als  Ehrendirektor  am  Conservatorium.  Seine  Violin-  und  Violoncell- 
Compositionen  scheinen  nicht  gedruckt  worden  zu  sein.  Von  seinen  schrift- 
stellerischen Arbeiten  erschien:  1)  T>Apergu  historique  de  tous  les  Instruments  de 
musique  actuellement  en  usagev^  (Gand,  in  8**).  2)  y^Precis  de  Vhistoire  de  la 
musique  depuis  les  tempes  les  plus  recules,  suivi  de  notices  sur  un  grand  nombre 
d'ecrivains  didactiques  et  theoriciens  de  Vart  musicala  (Gand,  Buscher,  1862,  8*^). 

Aneurin,  Gwawdrydd,  britischer  Barde,  lebte  um  510,  wie  alle  Barden 
des  6.  Jahrhunderts ,  als  Krieger  und  Sänger.  Er  war  der  Anführer  des 
Bardenchores  im  Kampfe  gegen  die  Anglo-Sachsen  und  gehörte  zu  den  Dreien, 
die  allein  von  den  363  kämpfenden  Barden,  welche  in  der  Schlacht  von  Cattrath 


Angeleri  —  Antiphonie.  13 

(Yorkshire)  dem  Tode  entrannen  (s,  John,  ^Musical  and  Poetical  relichs  of  the 
Welsh  Banhft,  p.  14,  IG,  17).  lieber  dieses  Ereigniss  ist  noch  ein  von  A. 
verfasstes  Gediclit  vorhanden,  das  in  altnordischer  INIundart  geschrieben,  wol 
das  älteste  Denkmal  britischer  Poesie,  welche  auf  uns  gekommen  ist,  sein  dürfte. 
Er  beschreibt  darin  das  Grauenvolle  jener  Schlacht  und  schildert  den  Schmerz, 
den  er  empfindet.  Zeuge  von  dem  Falle  aller  seiner  Genossen  gewesen  zu  sein 
(s.  auch   Gray,  r>Dissertatio  de  Bardis-a). 

Angeleri,  Antonio,  Pianist  und  Lehrer  des  Ciavierspiels  von  ausgebreitetem 
Ruf,  wurde  in  Pieve  del  Cairo  (Piemont)  am  2G.  December  1801  geboren. 
Sein  Lehrer  war  der  berühmte  Pollini,  dessen  Stil  wie  den  von  Clementi  und 
Gramer  A.  pflegte.  1829  wurde  er  zum  Professor  am  Conservatorium  zu  Mai- 
land ernannt,  aus  welcher  Stellung  er  erst  1870  zurücktrat,  nachdem  eine  Reihe 
ausgezeichneter  Clavierspieler  aus  seiner  Schule  hervorgegangen  waren.  A.  be- 
schloss  seine  rühmliche  Laufbahn  als  Lehrer  mit  der  Herausgabe  einer  trefi"- 
lichen  Anleitung,  die  Handhaltung  und  die  Kunst  des  Anschlags  betreffend, 
unter  dem  Titel:  »II  piano-forte<i.  Mailand,  Riccordi,  1872.  Ein  Bruder  A.'s, 
Filippo  Angeleri,  ist  auch  Pianist. 

An^er,  Louis    (I,  227),  starb  zu  Lüneburg  am  18.  Januar  1870. 
Auschütz,  Alex.    R.   (I,  249),  starb  am   20.  Februar   1868  in  Wien. 
Auseimo,  Pietro,  vorzüglicher  Geigenbauer,  arbeitete  nach  dem  Vorbilde 
des  Ruggieri  von   1701  —  50,  zuerst  in   Cremona,  dann   in  Florenz.     Seine  Vio- 
loncellos  sind  ausgezeichnet  und  sehr  gesucht. 

Antiphonie  (I,  254),  Antiphona  —  von  am  =  contra  —  und  q)ovTi  =  vox 
—  ui'sprünglich    Gegenklang    oder   Gegensang,    hatte  wahrscheinlich    schon    bei 
den    Griechen   auch   die   Bedeutung   als   AVechselgesang.     Dieser   ist   in    der 
Organisation    des   Gesanges    ganz  nothwendig  begründet.     Umfang    und  Stimm- 
lage der  verschiedenen  Gesangsorgane  mussten  dazu  führen,  die  hohen  Stimmen 
wie    die    tiefen    zu    besonderen    Chören     zusammenzufassen     und     diese     ebenso 
nacheinander    wie    gleichzeitig   miteinander  wirken    zu    lassen.     "Wenn  es    keine 
Schwierigkeiten  bereitet,  die  hohen  Männer-   und  Frauenstimmen  ebenso  wie 
die  tiefen   Männer-   und  Frauenstimmen  in  Octaven  gleichzeitig  zu  führen,  so 
erwies    sich    die  Verbindung    der   hohen    und    tiefen   Stimmen    weniger  bequem; 
und  sie  scheint  auch  von  den  Völkern  der  vorchristlichen  Zeit  niemals  versucht 
worden  zu  sein.     Auch  die  christliche  Kirche  Hess  noch  Jahrhunderte  vergehen, 
ehe    sie    es    unternahm,    hohe    und    tiefe   Stimmen    in    verschiedenen   Intervallen 
zusammen   singen   zu  lassen.     So  war  in  der  vorchristlichen  Zeit  die  Ausführung 
der   Gesänge    in  Wechselchören    durch    die    Nothwendigkeit    geboten.     Bei    der 
griechischen    Poesie    dürfte    die    Einrichtung    der    Chorgesänge    in    Strophe  und 
Gegenstrophe    in    diesen   Wechselchören    ihren   Ursprung    haben,    und    auch  der 
Parallelismus    der    Glieder    der    Psalmenverse    der    hebräischen    Poesie    deutet 
entschieden     darauf    hin.       Saalschütz     führt     in     seiner    vortrefflichen    Schrift: 
»Gechichte   und   Würdigung   der  Musik  bei  den  Hebräern«    (1829,  p.  45) 
eine  Stelle    aus  Philo    an,    aus    welcher   hervorgeht,    dass    namentlich    bei    den 
Therapeuten    diese    Wechselchöre    in    Anwendung    kamen.      Dass    sie    aber 
auch    früh    in    den     christlichen    Gemeinden    eingeführt    waren ,    dafür    haben 
vir    mehrfach    Zeugnisse.      Ihre    Einführung    wird    dem    heil.    Ignatius,   Bischof 
von    Antiochien,    zugeschrieben,    der    unter    der    Regierung    Trajans    in    Rom 
den    Märtyrertod    erlitt.       Er    habe,     so    erzählt    die    Sage,    im    Zustande    der 
Entzückung   die  Engel   in  Wechselchören    singen  hören  und  dann   das  Gehörte 
in   seiner  Gemeinde  nachgeahmt.     Auch  der  jüngere  Plinius  berichtet  in  seinem 
oft  angeführten  Brief  an  Trajan   über  die  Christen:   dass  sie  vor  Sonnenaufgang, 
an  gewissen  Tagen   sich  versammeln,  um  Christo,  gleich  wie  einem  Gotte.  einen 
Wechselgesang   zu    singen.     Zur  Zeit  des  Ambrosius   scheint  dann    der  Begriff 
»Antiphona«    dahin    festgestellt  worden   zu  sein,    dass  man   darunter  einen,   von 
einer    Singstimme    gesungenen  Vers    bezeichnete,    dem   ein,    im  Wechselgesange 
ausgeführter    Psalm    folgte,    worauf   dann    wieder    die    »Antiphona«    aber    vom 


i4  Antonius  —  Arauda. 

Gesammtchor  gesungen  wurde.  Nach  Forkel's  wol  nicht  ungerechtfertigter 
Meinung*)  diente  das  einstimmige  Versett  hauptsächlich  dazu,  den,  den  Psalm 
ausführenden  Chören  den  rechten  Ton  anzugeben;  dieser  stand  deshalb  in  der- 
selben Tonart,  in  welcher  der  Psalm  abgesungen  wurde.  Diese  Praxis  führte 
später  zu  mancherlei  Unzuträglichkeiteu:  die  Vorsänger  Hessen  den  Text  ver- 
wildern und  beachteten  nur  Ton  und  Melodie;  schliesslich  aber  geriethen 
selbst  diese  in  Verfall;  man  änderte  die  Tonart  der  Antiphonen  mit  jeder 
Wiederholung.  —  Die  Antiphonae  directaneae  wurden  nicht  von  Wechsel- 
chören, sondern  nur  von  einem  Chor  ausgeführt.  Sonst  unterscheidet  man  im 
katholischen  Cultusgesange  die  Antiphona  ad  ititroitum,  die  als  Eingang  zur 
Messe  dient;  die  Antiphonae  majores^  die  grösseren,  sind  die  sieben,  sämmtlich 
mit  »0«  anfangenden,  welche  an  den  sieben,  Weihnachten  vorausgehenden  Tagen, 
in  folgender  Reihenfolge  gesungen  werden:  am  17.  December:  »O  sapientia! 
quae  ex  ore  Altissimi  prodiiste«.;  —  am  18.:  »O  Adonai!  et  dux  domus  Israeli! 
—  am  19.:  »0  Radix  Jessen!  —  am  20.:  »0  clavis  David  et  sceptrum  domus 
IsraeU!  . —  am  21.:  »0  Oriens!  spleiidor  lucis  aeternaea;  —  am  22.:  »O  Hex 
gentium  et  desideratus  earum«.;  —  und  am  23.:  »O  Emmanuel!  Sex  et  legifer 
nosterv-.  Die  Marianischen  Antiphonien  sind:  nAlma  redemptoris  matern 
(von  Hermannus  Contractus) ,  welche  vom  Advent  bis  Lichtmess ;  ferner : 
'»Ave  Regina  coelorum<s.  (aus  dem  11.  Jahrhundert),  die  in  der  Zeit  von  Licht- 
mess bis  zum  grünen  Donnerstage;  ferner:  y>Regina  coeli  laetare,  allelujaa,  die 
vom  heiligen  Osterabende  bis  zum  Dreifaltigkeitssonntage,  und:  nSalve  Regina, 
Mater  misericordiaea,  welche  in  der  Zeit  vom  Dreifaltigkeitssonnabend  bis  zum 
ersten  Adventsabend  gesungen  werden.  Die  Antiphone  y>Asperges  me«.  wird  bei 
der  Austheilung  des  Weihwassers  gesungen ,  die :  »  Vidi  aquam  egredientemv.  in 
der  österlichen  Zeit;  bei  der  Antiphona  Allelujatica  wechselt  statt  des  Psalms 
das  Alleluja  mit  der  Antiphona:  die  Antiphona  invitatoria,  das  Invitatorium 
ist  der  Wechsel  mit  dem  94.  Psalm:  y>Venite  exultemus  Dotninoa,  das  für  jeden 
der  acht  Kirchentöne  eine  eigene  Melodie  hat.  —  Nur  in  der  Liturgie  ist  eine 
Art  Wechselgesang  in  die  protestantische  Kirche  übergegangen;  in  jenen  kurzen 
Intonationen,  welche  der  Prediger  am  Altar  anstimmt  und  die  vom  Chor 
gleichfalls  in  kurzen  Sentenzen  beantwortet  werden   (Responsorien). 

Antonius,  Julius,  Orgelbauer  des  16.  Jahrb.,  erbaute  1585  für  die  Marien- 
kirche zu  Danzig  die  Orgel  von  55  Stimmen.     (Pi-ätorius,  Syntagm.  Mus.  II,  162.) 

Apel,  (1,257),  Stadtcantor  zu  Kiel,  heisst  nicht  Carl  Glottfried  —  sondern 
Georg  Christian.  Er  war  zu  Tröchtelborn  bei  Erfurt  am  21.  Nov.  1775 
geboren,  besuchte  1790  das  Gymnasium  zu  Erfurt,  ward  1796  Organist  an  der 
heil.  Geistkirche  und  1804  Organist  zu  St.  Nicolai  in  Kiel.  1810  wurde  er 
hier  zum  Stadtcantor,  1818  zum  Musikdirektor  und  1821  zum  Musiklehrer  am 
Schullehrer-Seminar  ernannt.  Er  starb  am  31.  August  1841.  Von  seinen 
Compositionen  zeichnen  sich  seine  Lieder  namentlich  durch  Einfachheit  und 
Sangbarkeit  aus.  Sein  Choral-Melodienbuch  erschien  1817;  es  enthält  auch 
einige  eigene  Melodien.  Sein  vierstimmiges  Choralbuch,  das  1832  erschien; 
ist  in  Schleswig-Holstein  allgemein  verbreitet. 

Aqnila,  Marco  de  1',  italienischer  Lautenist,  von  welchem  Compositionen 
für  die  Laute  zugleich  mit  denen  von  anderen  berühmten  italienischen  Laute-^ 
nisten  in  einer  Sammlung  von  Toccaten,  Fantasien,  Saltarello's,  Pavanen  u.  s.  w 
von  J.  A.  Castilliano  zu  Mailand,  1536,  kl.  4*^,  herausgegeben  worden  sind 
Dieselben  Stücke  von  A.  findet  man  auch:  »Hortus  mmarum  etc.a.  Löwen, 
1552,  in  4*^. 

Aranda,  Matheo  de,  spanischer  oder  portugiesischer  Musiker,  wurde  im 
Juli  1544  Professor  der  Musik  an  der  Universität  Coimbra  und  zur  selben 
Zeit  auch  Kapellmeister  an  der  dortigen  Kathedrale.  Er  gab  heraus:  »Tratado 
de  cantollano  y  contrapunto  por  Matheo  de  Aranda,  Maestro  de  Oapilla  de  la  Se 


*  Geschichte  der  Musik,  Bd.  II,  p.  188. 


Aranguren  —  Arnold.  15 

de  Lixboa.  Derigido  al  illustrissimo  senor  D.  Alonzo  cardenal  infante  de  Por- 
tugal, Äiyobispo  de  Lixboa  y  obispo  de  Ecora  Comendatario  de  Alcoba^a.  Com 
privilegio  real.a  Lissabon  1533.  Germau  (Irallarde ,  in  4",  IV,  145  8.  mit 
gothischeu  Buchstabou  gedruckt.  Der  Gregorianische  Gesang  ist  S.  14  —  71; 
der  Contrapunkt  IV,  S.  66,  behandelt. 

ArauK'ureu,  Jose,  Pianist,  in  Bilbao  in  Spanien  am  25.  Mai  1821  ge- 
boren, studirte  Gesang  und  Ciavier  zuerst  in  seiner  Vaterstadt  bei  N.  Ledesma, 
Kapellmeister  und  Organist.  1845  kam  er  nach  Madrid,  um  seine  musikalische 
Ausbildung  fortzusetzen,  und  erhielt  dort  von  1844  —  48  Unterricht  von 
H.  Eslava.  Hierauf  widmete  er  sich  dem  Lehrfach  und  erhielt  1827  am 
Conservatorium  in  Madrid  den  Platz  für  Compositionslehre.  Es  erschienen 
von  ihm:  y> Metkode  de pianoa  (1855,  in  fünf  Auflagen);  ferner:  nProatuario  para 
los  cantantes  e  instrumentistasa  (1861).  —   Eine  »Elementar-Harmonielehre«. 

Arban,  Joseph  Jean  Baptiste  Laurent,  Virtuose  auf  dem  Cornet  ü 
piston  und  Orchesterdirektor,  ist  zu  Lyon  am  21.  Febr.  1825  geboren.  Er 
wurde  auf  dem  Conservatorium  daselbst  ausgebildet  und  erhielt  für  Trompete 
die  ersten  Preise,  worauf  er  das  Cornet  ä  pistou,  welches  eben  zur  Geltung 
gelangte,  wählte,  um  in  Concerten  reichen  Beifall  zu  erwerben.  Nachdem  er 
dann  eine  Reihe  von  Jahren  als  Orchesterdirektor  besonders  von  Ballmusik,  und 
nachdem  Strauss  sich  zurückgezogen  hatte,  in  Paris  en  vogue  war,  erhielt  er 
1857  am  kgl.  Conservatorium  die  Professur  für  Sax-Horn,  welche  er  1869  mit 
der  für  Cornet  ä  piston  vertauschte.  Er  hat  seitdem  seinen  Abschied  ge- 
nommen. Die  von  ihm  veröffentlichte  nGrande  Methode  complete  de  cornet  ä 
piston  et  de  sax-hor}i<.i,  Paris,  Escudier,  ist  das  bedeutendste  Werk  seiner  Art. 
Auch  ein  Auszug  dieser  Schule  erschien  nebst  einer  grossen  Anzahl  von  Fan- 
tasien u.  s.  w.   über  Opernmelodien   für  Cornet  ä  piston  ebenfalls    bei  Escudier. 

Arblay,  Franc,  d',  geborene  Burney,  die  Tochter  des  englischen  Schrift- 
stellers Dr.  Burney,  Verfassers  der  »Allgemeinen  Musikgeschichte«,  ist  in 
London  1757  geboren  und  starb  daselbst  1842.  Sie  schrieb  und  veröffentlichte: 
y>Memoirs  of  Dr.  Burney(i,  3  Bde.  in  8*^,  London   1832. 

Argries,  Gauthier  d',  Poet  und  Musiker  des  13.  Jahrhunderts,  der  aus  der 
Picardie  stammte.  Auf  der  Pariser  Bibliothek  befindet  sich  ein  Mauuscript 
(7222),  welches  einundzwanzig  Gesänge  von  ihm  enthält. 

Arnand,  Jean  Etienne  Guill.  (I,  296),  starb  zu  Marseille  im  Januar  1863. 

Arnkiel,  Gottlieb,  Pastor  in  Schleswig,  starb  als  lutherischer  Super- 
intendent in  Holstein.  Ausser  anderen  Schriften  verfasste  er  auch:  »Vom 
Gebrauch  der  Hörner  insonderheit  beym  Gottesdienste«,  1683,  in  4*^.  Die  Vor- 
rede dieser  Schrift  enthält  historische  Angaben  über  den  Kirchengesang. 

Arnold,  August  (I,  299),  ist  1835  in  Würtemberg  geboren.  Er  war  als 
Pianist  wie  als  Componist  in  Amerika  und  England  beliebt.  Dort  wirkte  er 
lange  Zeit  in  New- York  als  Lehrer  und  dann  in  erfolgreicher  "Weise  als  Or- 
chesterdirigent in  Dundee.  Später  war  er  Professor  der  Musik  an  dem  von 
B,.  Cobden  geifründeten  internationalen  CoUege  zu  Isleworth.  Er  starb  im 
deutschen  Hospital  zu  London  am  21.  Juli  1874. 

Arnold,  Friedrich  Wilhelm  (1,299),  ist  am  10.  März  1810  auf  einem 
Gütchen  seiner  Eltern  zu  Sontheim  bei  Heilbronn  geboi'en.  Auf  dem  Kloster 
Blaubeuern  machte  er  den  Gymnasialkursus  durch  und  ging  dann  nach  Tübingen, 
um  sich  dem  Studium  der  Philosophie  zu  widmen.  Hier  wurde  er  mit  Uhland 
bekannt,  durch  den  seine  Liebe  zum  Volksgesange  neue  Nahrung  gewann.  Nach- 
dem er  in  Tübingen  Doctor  j)hilos.  geworden  war,  übernahm  er  eine  Lehrer- 
stelle an  dem  Hertelschen  Institut.  Daneben  hatte  er  auch  fleissig  Musik  ge- 
übt, und  als  er  1832  in  Cöln  als  Mitarbeiter  an  den  »Keinblüthen«  mit  dem 
Theater  in  nähere  Verbindung  kam,  entsehloss  er  sich  die  Musik  zum  Lebens- 
beruf zu  machen;  er  ging  als  Chordirektor  mit  der  deutschen  Oper  nach  Lon- 
don. Nach  Auflösung  der  Gesellschaft  übernahm  er  die  Stellung  als  Dramaturg 
und  Seci'etair  beim  Theater  in  Aachen,  in  welcher  er  namentlich  für  die  Hebung 


16  Arnold  —  Artomius. 

des  Orchesters  wirkte.  Hier  schrieb  er  auch  mehrere  Bände  Novellen ,  srab 
das  bekannte  Pfennig-Magazin  für  Piano  und  Gesang  und  die  Samnalung  von 
Transcriptionen  für  Guitarre  »Flora«  heraus,  und  arrangirte  für  Simrock  ver- 
schiedene Sinfonien  von  Beethoven.  1835  übertrugen  ihm  dann  die  Gebrüder 
Eck  in  Cöln  die  Leitung  ihres  neubegründeten  Musik-,  Verlags-  und  Sorti- 
mentsgeschäftes. 1848  gründete  er  in  Elberfeld  ein  eigenes  Musikgeschäft  das 
er  bald  zu  einem  bedeutenden  Flor  brachte;  daneben  war  er  unermüdlich  mit 
einer  Sammlung  der  Volkslieder  beschäftigt.  Als  ihn  der  Tod  am  12.  Febr.  1865 
überraschte  hatte  er  das  sogenannte  » Lochheime r  Liederbuch«  grössten 
Theils  für  den  Druck  vorbereitet. 

Aruold,  Karl    (I,  300),    starb  am  11.  November  1873. 

Arnolt  oder  Aruonld,  mit  dem  Beinamen  Vielleuse,  nach  dem  Instrument 
»vielle«  (s.  d.),  welches  er  spielte,  so  benannt,  war  ein  Trouvers  des  13.  Jahr- 
hunderts. Die  königl.  Bibliothek  in  Paris  besitzt  ein  Manuscript  (Nr.  7222) 
mit  zwei  Gesängen  von  Arnolt. 

Arriaga  (1,304),  heisst:  Arriaga  y  Balzola,  Juan-Chrisostomo-Jacobo- 
Antonio,  und  ist  zu  Bilbao  am  27.  Januar  1806  geboren.  (j>Balt.  Saldoni 
Efemerides  de  mnsicos   espanoleso^.') 

Arrieta,  D.  Juan  Emilio,  dramatischer  Compouist  der  Gegenwart,  in 
seinem  Vaterlande  Spanien  durch  zahlreiche  Opern  bekannt  und  geschätzt,  ist 
in  Puente  la  Reina  in  Navarra  am  21.  October  1823  geboren.  Seine  musi- 
kalische Ausbildung  suchte  er  in  Italien,  wohin  er  1838  sich  begab.  1842 
wurde  er  Schüler  des  Mailänder  Conservatoriums  und  gehörte  ihm  bis  1845  an. 
In  diesem  Jahre  wurde  sein  Erstlingswerk,  die  Oper  -filldegondais.,  an  einem 
Theater  zweiten  Banges  in  Mailand  aufgeführt,  und  nicht  ohne  für  den  Autor 
Voraussetzungen  zu  erwecken.  Derselbe  verliess  im  Jahre  der  Unruhen  1848 
Italien  und  kehrte  in  sein  Vaterland  zurück.  Er  widmete  sich  nun  fast  aus- 
schliesslich der  Operncomposition  und  hat  im  Ganzen  mehr  als  fünfunddreissig 
ein-,  zwei-  und  dreiaktige  Opern  geschrieben.  Die  erste:  y>Isahel  la  Catölica  d 
sea  la  Conquista  de  Granada^c,  grosse  spanische  Oper,  wurde  in  Madrid  1850 
aufgeführt.  Die  darauffolgende  »eZ  Domino  azuU  nebst  noch  einigen  anderen 
y>la  Estrella  de  Madridv^  (3  Akte),  -nMarinaa  (2  Akte),  »eZ  Grumete<s.  (1  Akt),  ge- 
hören dem  Genre  der  spanischen  komischen  Oper  {zarzueld)  an  und  haben 
sich  eines  nachhaltigen  Erfolges  zu  erfreuen  gehabt.  Im  December  1857  trat 
A.  als  Lehrer  der  Composition  am  Conservatorium  zu  Madrid  ein,  und  1875 
an  die  Stelle  des  Hil.  Eslava,  als  Rath  des  öffentlichen  Unterrichts.  Zur  Zeit 
ist  er  Director  des  Conservatoriums  in  Madrid. 

Artaria,  Philipp  (I,  305),  Mitbesitzer  des  früheren  Kunstverlags  y>Ärtaria 
und  Fontaine'.'^  in  Mannheim,  starb  daselbst  am  2.  Oct.  1878  im  78.  Lebensjahre. 

Arthophius,  Balthasar,  deutscher  Componist  aus  der  ersten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts.  Compositionen  von  ihm  linden  sich  in  drei  Sammlungen: 
1)  y)Seleetissimae  nee  non  fam.  Gantiones  ultra  centwm  eic.v.  Aug.  Vindeli- 
corum,  Melchior  Kriesstein  1540,  kl.  8°  obl.  2)  y>Novum  et  insigne  opus  musi- 
cum  etc.v^  Norimbergae,  Hier.  Graphaeus  1537,  kl.  4°  obl.  3)  y>Psalmortim 
selectoruin  tomus  tertius,  quinque  quidam  plurium  vocuma.  Norimbergae,  apud, 
Jo.  Petreium,  anno  salutis   1541   in  4^. 

Artmann,  Hieronymus,  einer  der  geschicktesten  Orgelbauer  Böhmens, 
geboren  zu  Prag,  erbaute  1654  im  Stift  der  Prämonstratenser  im  alten  Prag 
eine  treffliche  Orgel. 

Artomins,  Pierre,  protestantischer  Pfarrer  zu  Thorn,  ist  1552  in  Grod- 
zisko  in  Polen  geboren,  ursprünglich  hiess  er  Kresy  Chleb;  da  dieser  Name 
ihm  nicht  gefiel,  vertauschte  er  ihn  mit  dem  oben  erwähnten.  Er  studirte  in 
Wittenberg,  schloss  sich  der  Reformation  an  und  wirkte  auch  für  Einführung 
des  Kirchengesanges  in  Polen.  Ein  sehr  geschätztes  Gesangbuch  in  polnischer 
Sprache  veröffentlichte  er  unter  dem  Titel:  nKancyonal,  to  lest  Piesni  Ghrzes- 
nianskie«   (Cancional  oder  christliche  Gesänge),  das  viele  neue  Auflagen  erlebte: 


Artöt  —  Attrup.  17 

zu  Thorn  1595,  1600,  1620;  Dauzig  1640,  1646.  Diese  Sammlung  von  Ge- 
sängen, zu  denen  Adam  Freytag,  M.  E.  Czerwonka  v.  Cekalowitz,  Thomas 
Chodowski,  Öaspard  Frisius,  Andr.  Triccsius,  (Trzycieski),  Melodien  lieferten 
und  deren  Text  er  thoÜH  selbst  dichtete,  theils  aus  dem  Lateinischen  oder 
Deutschen  übersetzte,  war  die  erste  derartige  Galje  aus  der  zweiten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts,  und  fand  in  Polen  lebhafte  Anerkennung.  Sie  gab  die  un- 
mittelbare Veranlassung,  dass  eine  grosse  Zahl  von  religiösen  Werken  und  Ge- 
sängen ins  Polnische  übersetzt  wurden.  A.  starb  als  Senior  des  Districts  Beiz 
und  Prediger  an  der  Marienkirche,  in  welcher  Stellung  er  ungefähr  2;:{  Jahre 
segensreich  gewirkt  hatte,  am  2.  August  1609   zu   Thorn. 

Artut,  Maurice,  genannt  Montagney,  ist  zu  Gray  (Haüte-Saone)  am 
3.  Februar  1772  geboren,  war  erst  Musikdirektor  bei  einem  Regiment  der 
Republik,  später  in  Brüssel  Solo-Hornist  und  Lehrer  des  Violinspiels.  1811 
bei  einem  Concert  in  Laeken  hörte  ihn  Napoleon  I.,  der  ihn  zu  seinem  ersten 
Hornisten  ernannte.  Er  war  mit  einer  Tochter  des  Kapellmeisters  Adam  Ries 
verheiratet.     Sein  Sohn: 

Artöt,  Jean  Desire,  Montagney,  geboren  zu  Paris  den  23.  Sept. 
1803,  wurde  durch  den  Vater  früh  in  der  Musik  unterrichtet  und  ebenfalls 
zum  Hornbläser  gebildet.  Er  war  bei  verschiedenen  Regimentern  als  solcher 
thätig,  später  Lehrer  am  Conservatorium  zu  Brüssel  und  Solo-Hornist  des 
Königs  Leopold.  Eine  Anzahl  Compositionen,  Concertfantasien  u.  s.  w.  für 
Hörn,  auch  Trios  und  Quartette  für  Hörn  oder  Cornet  ä  piston  erschienen 
bei  Schott  in  Brüssel.     Seine  Tochter  ist  die  beliebte  Sängerin  (I,  307). 

Arwidsson,  Adolf  Iwar,  Conservator  der  königl.  Bibliothek  zu  Stock- 
holm, ist  1791  in  Padajoki  in  Finnland  geboren.  Er  veröffentlichte  meistens 
nach  den  Manuscripten  eine  Sammlung  alter  schwedischer  Volkslieder  und 
Tänze  unter  folgendem  Titel:  nSvenska  Fornsänger.  En  samling  af  Kämpavinor, 
Folk-visor,  Lekar  och  Dansar,  samt  Baruoch  Yallsänger^.  3  Thle.,  in  8**.  Der 
erste  Theil  erschien  1834,  II,  1837  und  III,  1842.  Die  Stücke  im  zweiten 
Theil  sind  harmonisirt  von  Eggert,  dagegen  enthält  der  III.  Theil  nur  solche, 
die  in  ihrer  ursprünglichen  Notirung  gegeben  sind. 

Asantschewäky,  Michael  d'  (I,  309),  wurde  nach  dem  Rücktritt  A.  Rubin- 
steins Direktor  des  Petersburger  Conservatoriums. 

Asola,  Giammatteo,  auch  Asula  (1,313),  ist  um  das  Jahr  1524  zu 
Verona  geboren.  Er  war  Anfangs  Mitglied  der  Congregation  der  Canonici 
secolari  des  heil.  Georgs  in  Alga.  Da  er  indess  keine  Neigung  fühlte,  die, 
vom  Papst  Pius  IV.  dieser  Verbindung  auferlegten  Gelübde  abzulegen,  so  schied 
er  1569  aus  und  blieb  in  der  Kirche  des  heil.  Severin  Pfarr-Caplan  bis  zu 
seinem  Tode,  der  am  1.  October  1609  in  Venedig  erfolgt  sein  soll.  Auf  einem 
Marmorstein  des  Fussbodens  der  Kirche  St.  Lorenz  in  Venedig,  ziar  Rechten 
des  grossen  Eingangsthors  in  der  Nähe  des  Weihwassersteins  liest  man  folgende 
Inschrift:  »S.  D.  \  Jo.  Mattet  Asola  \  Div.  Sever.  Cap.  \  Mus.  emin.  \  hie  |  ossa 
quiese.  |  in  extr.  \  usq.  diem  \  Obit.  Cal.   Oct.  (MDOIX). 

Attrap,  Carl,  geboren  zu  Kopenhagen  am  4.  März  1848,  erhielt  in  seinem 
14.  Jahre  schon  Unterricht  im  Ciavier-  und  Violoncellspiel  und  trat  später  als 
Schüler  im  dortigen  Musikkonservatorium,  bei  der  Gründung  desselben  1867, 
ein.  Professor  N.  W.  Gade  wurde  hier  sein  Lehrer  im  Orgelspiel  und  A. 
machte  unter  ihm  so  grosse  Fortschritte,  dass  er  schon  zwei  Jahre  danach  den 
Platz  Gade's  als  Orgellehrer  am  Institute  einnehmen  konnte.  1871  wurde  er 
zum  Organisten  der  Friedrichskirche  gewählt;  erhielt  darauf  1874  feste  An- 
stellung in  derselben  Eigenschaft  an  der  »Kirche  unseres  Erlösers«  und  wurde  in 
demselben  Jahr  zugleich  Ui'gellehrer  am  königlichen  Blindeninstitute.  A.,  welcher 
ein  hervorragender  Orgelspieler  und  vortrefflicher  Lehrer  ist,  hat  zahlreiche 
Orgelconcerte  in  den  meisten  Städten  Dänemarks,  auch  in  Schleswig  und 
Schweden  gegeben.  Er  hat  auch  einige  Lieder  mit  Ciavierbegleitung  und  mehrere 
Präludien    für    Orgel    geschrieben.      Seine    »Studien    für    Orgel«  sind  ein  ausge- 

Musikat.  Cunrer8.-I<exikon.    Ergänzungsband.  2 


18  Ättwood  —  Audran, 

zeichnetes  TJnterrichtswerk,    im  KopenTia<?ener   MusikconKPrvatoriura    eingeführt 
und  von  dem  Cultusministerium  zum  Gebrauch    in  den   Seminarien  autorisirt. 

Attwood,  Thomas,  (I,  339),  war  wiihrend  seiner  Anwesenheit  in  Wien 
(seit  1785)  auch  Schüler  von  Mozart.  Als  dieser  im  Frühjahr  1787  nach  Eng- 
land gehen  wollte,  sollte  ihm  A.  eine  Subscription  für  Concerte  oder  den  Auf- 
trag zu  einer  Oper  verschaffen. 

Auber,  D  a n.  F r.  E  s p.  (1, 339),  wurde  (nach  Paloschi)  1782,  nicht  1784, geboren. 

Aubery  duBoulley,  Prudent-Louis (1,344),  starb  zu  Verneuil  im  Febr.  1870. 

Audefroi,  de  Batard,  Trouvers  des  13.  Jahrhunderts.  In  der  Pariser 
kaiscrl.  Bibliothek  sind  von  ihm  1.  das  Manuscri})t  eines  Gesanges  (Nr.  66 
fonds  de  Lange),  und  2.  ein  Manuscript,  sechzehn  Romanzen  enthaltend, 
(c.  7222)   aufbewahrt. 

Audichon,  Henri  de,  Erzpriester  von  Lambegere,  gab  folgende  Sammlung 
heraus:  r>Recueils  de  Noels  choisis  sur  les  airs  les  plus  agreables,  les  plus  connus 
et  les  plus  en  vogue  dans  la  province  de  Bearn.«.     Bagneres,  Dossun. 

Audiphon,  ein  von  Greydon  in  Nordamerika  erfundenes  Instniment,  welches, 
unter  Anwendung  eines  kleinen  Elektromikrophons  ,  es  den  Taubstummen 
ermöglicht,  mit  den  Zähnen  zu  hören.  Einen  ähnlichen,  aber  viel  einfachem 
Apparat  Hess  sich  ein  anderer  Nordamerikaner,  Rhodes  von  Chicago,  patentiren, 
und  der  Genfer  Physiker  Colladon  hat  diesen  in  jüngster  Zeit  so  vereinfacht, 
dass  er  leicht  zu  construiren  ist.  Das  Audi p hon  von  Rhodes  hat  die  Gestalt 
eines  Lichtschirms.  Es  besteht  aus  einer,  an  einem  Handstiel  befestigten  Platte 
von  gehärtetem  Kautschuk;  diese  ist  etwa  einen  Fuss  hoch  und  9  Zoll  breit; 
nach  der  Seite  des  Handgriffs  geht  sie  rechtwinklig  zu;  nach  der  entgegen- 
gesetzten Seite  ist  sie  abgerundet.  In  der  Mitte  des  convexen  Schirmrandes 
sind  Schnüre  befestigt,  die  am  Stiel  zusammenlaufen.  Durch  eine  Holzschraube 
zieht  man  die  Schnüre  an,  bis  der  Schirm  sich  nach  innen  krümmt  wie  ein 
gespannter  Bogen.  Fasst  man  den  Apparat  am  Handgriff  und  bringt  den 
convexen  Rand  der  Kautschuk  platte  an  die  Zähne  des  Oberkiefers,  so  kann 
man  vermittelst  der  Zähne  hören.  Die  seitwärts  vom  Audiphon  erzeugten 
Töne  setzen  die  Platte  in  Vibration  und  diese  wird  durch  die  Zähne  weiter 
geleitet.  Der  Physiker  Colladon  hat  dies  Audiphon  dadurch  vereinfacht,  dass 
er  die  kostspielige  Kautschukplatte  durch  eine  Platte  aus  Glanzcarton  (Satinir- 
pappe)  ersetzte.  Er  schnitt  aus  solchem  Glanzdeckel  von  0,8  bis  1  Millim.  Dicke 
einen  auf  einer  Seite  abgerundeten  Schirm  aus,  der  etwa  35  —  38  Centimeter 
hoch  und  28  —  30  Centimeter  breit  ist.  Nimmt  man  diesen  Schirm  bei  der 
rechtwinkeligen  Seite  —  ohne  Stiel  —  in  die  Hand  und  setzt  die  abgerundete 
Seite  gegen  die  Oberzähne,  so  dass  er  in  einiger  Spannung  leicht  gekrümmt 
ist,  so  wird  derselbe  Erfolg  erreicht,  wie  mit  jenem  Audiphon  von  Rhodes. 
Am  14.  Januar  1880  machte  Colladon  mit  seinem  Audiphon  die  erfolgreichsten 
Versuche  vor  einem  zahlreichen  Publicum.  Der  Dii-ektor  einer  Taubstummen- 
anstalt, Louis  Sager,  führte  ihm  acht  seiner  Zöglinge  vor,  welche  Worte  nach 
der  Bewegung  der  Lippen  des  Sprechenden  verstanden  und  articulirte  Töne 
mehr  oder  weniger  deutlich  nachahmten.  Durch  verschiedene  Experimente 
wurde  nachgewiesen,  dass  ihnen  das  Audiphon  das  Hören  ermöglichte  und 
ausserordentlich  erleichterte. 

Andran,  Marius,  ausgezeichneter  Tenorist,  geboren  zu  Aix  am  26.  Sep- 
tember 1816,  kam  zwei  Jahre  alt  mit  seinen  Eltern  nach  Marseille.  Er 
besuchte,  um  sich  zum  Sänger  auszubilden,  einige  Zeit  das  Couservatorium  zu 
Paris,  musste  es  jedoch  verlassen,  weil  ihm  die  Mittel  zu  seinem  Unterhalt 
fehlten  und  er  genügende  Verwendung,  eine  Freistelle  zu  erhalten  nicht 
fand.  Er  kehrte  nach  Marseille  zurück  und  erhielt  dort  von  Etienne  Arnaud 
die  nöthige  Unterweisung,  um  in  kurzer  Zeit  sich  schon  öffentlich  vortheilhaft 
zeigen  zu  können.  1837  betrat  er  zum  erstenmal  die  Bühne  der  grossen  Oper 
in  seiner  Vaterstadt  und  wurde  günstig  aufgenommen.  Nachdem  er  dann  ferner 
in  Brüssel,  Bordeaiix  und  Lyon   aufgetreten  war,  erhielt  er   1842   ein  Engage- 


Aiidran  —  Auffassung.  19 

meut  an  der  komischen  Oper  in  Paris.  In  diesem  blieb  er  zehn  Jahre,  und 
hatte  besonders  nach  dem  Abganj^o  Roger's  ein  höchst  nrafangreiches  Repertoir, 
das  er  fortdauernd  erweiterte.  Die  hübscho  Tcmorpartic  in  T>Le  roi  d'l'veioU 
ist  von  Adam  für  diesen  Sänger  gesclirieben  worden.  Audran  war  auch  Solist 
der  Concertgesellscliaft  des  Conservatoriums  und  gehörte  zur  Jury  desselben. 
1852  verliess  er  Paris  und  begab  sich,  nachdem  er  in  Marseille  und  Bordeaux 
gesungen,  auf  lilngere  Gastspielreisen.  1861  Hess  er  sich  in  Marseille  dauernd 
nieder,  wo  er  1863  Professor  des  Gesanges  am  dortigen  Conservatorium  wurde. 
Zu  der  Reihe  trefflicher  Schüler,  die  er  dort  bildete,  gehört  auch  Drsire  Artot. 
A.  ist  Componist  einer  Anzahl  von  ansprechenden  Romanzen,  die  in  Paris, 
Brüssel,  Lyon  und  Marseille  erschienen.     Sein   Sohn: 

Andrnn,  Edraond,  geboren  zu  Lyon  den  11.  April  1842,  ist  ein  Zögling 
der  Niedermeyer'schen  Schule  in  Paris,  in  welcher  er  mehrere  Preise  erhielt. 
Er  lebt  in  Marseille  als  Kapellmeister  der  Kirche  St.  Joseph,  und  hat  drei 
kleinere  Opern  componirt,  die  in  Marseille  zur  beifälligen  Aufführung  gelangten. 
Eine  Messe  von  ihm  wurde  in  Marseille  und  in  Paris  aufgeführt.  Mehrere 
kleinere  Compositioneu  und  einzelne  Nummern  aus  den  Opern  sind  in  Marseille 
bei  Carbonel  und  Pepin  freres  erschienen. 

Andnbert)  Jules,  Professor  des  Gesanges  zu  Paris,  veröffentlichte:  nl'Ärt 
du  cTiant,  siiivi  d^un  traife  de  maintien  thedtral,  avec  figures  explicativesv^.  Paris, 
Brandus,  1876,  in  8". 

Auffnssnng*.  Eine  der  wesentlichsten  Hauptbedingungen  für  die  entsprechende 
Ausführung  eines  Toustücks  ist  die  Auffassung  desselben  seitens  des  oder 
der  ausfahrenden  Künstler.  Schon  die  meisten  der  Schriftzeichen,  durch  welche 
ein  Tonstück  aufgezeichnet  wird,  lassen  oft  eine  mehrfache  Deutung  zu;  die 
wenigsten  sind  so  sicher  und  bestimmt,  dass  sie  nicht  verschiedenen  Auffassungen 
unterliegen.  Die  Noten  bestimmen  wol  mit  ziemlicher  Sicherheit  die  absolute 
Höhe  des  Klanges,  aber  schon  nicht  den  besondern  Charakter  desselben;  ob 
dieser  weicher  oder  härter,  heller  oder  dunkler,  zart  oder  rauh  sein  soll,  das 
bleibt  meist  der  besondern  Auffassung  des  ausführenden  Künstlers  überlassen. 
Durch  die  rhythmische  Construction  wird  auch  eine  Verschiedenheit  der 
Stärke  der  einzelnen  Klänge  bedingt;  wir  unterscheiden  accentuirte  und 
accentlose  Klänge,  und  gruppiren  und  nüanciren  diese  wieder  eigenartig,  um 
besondere  rhythmische  Gebäude  zu  gewinnen  und  so  erhalten  wir  eine  Reihe 
von  Accenten  der  verschiedensten  Stärkegrade,  die  zu  unterscheiden  wiederum 
zumeist  der  besondern  Auffassung  des  Künstlers  überlassen  bleibt.  Selbst  dort, 
wo  sie  durch  die  vorhandenen  Zeichen,  wie  f\  oder  >  oder  \_\  oAdV fz  u.  s.  w. 
bezeichnet  werden,  ist  damit  nur  ihre  Stellung  im  Kunstwei'k,  nicht  aber  ihre 
besondere  Klangweise  bestimmt.  Auch  Porte  und  Piano  und  dergl.  sind 
nur  Bezeichnungen  für  Anwendung  der  erhöhten  oder  verminderten  Schallkraft, 
aber  nicht  für  das  INfaass  derselben;  auch  das  bleibt  in  den  meisten  Fällen 
der  besondern  Auffassung  des  Ausführenden  zu  bestimmen  überlassen.  Das  gilt 
selbstverständlich  auch  vom  Crescendo  wie  vom  Decrescendo,  dessen  Einführungs- 
stellen nur  bestimmt  werden  können;  mit  welchem  Stärkegrade  jedes  beginnen 
und  mit  welchem  es  seinen  Höhepunkt  erreichen  soll,  das  bestimmt  wiederum 
das  ausführende  Organ  nach  der  besonderen  Weise  wie  es  das  Tonstück  erfasst. 
Auch  für  die  Tempo-Bestimmungen,  für  die  besondere  Weise  des  Zeitmaasses, 
in  welchem  ein  Tonstück  auszuführen  ist,  haben  wir  eine  Reihe  von  erläuternden 
Beiworten  und  in  Mälzeis  Metronomen  sogar  ein  Instrument  nach  Secunden 
die  Zeit  zu  bestimmen;  allein  selbst  hierbei  wird  die  Auffassung  des  Kunst- 
werkes das  Beste  zur  rechten  Wahl  des  Tempos  thun  müssen.  Ebenso  wenig 
wie  der  Pulsschlag  des  Herzens  sich  genau  mit  Metronomschlägou  bezeich- 
nen lässt,  ebenso  wenig  ist  der  Rhythmus  eines  Tonstücks  ganz  genau  mit 
dieser  festzustellen;  die  Hauptsache  wird  auch  hierbei  die  Empfindung  thun 
müssen,  mit  welcher  der  ausführende  Künstler  das  Werk  des  schaflVudon  in 
seinem  Geiste  nachschafl't.     Damit   ist  zugleich  angedeutet,  worin  die  AuH'assung 

2* 


20  Aufgeaang  —  Automatischer  Ciavierhandleiter. 

des  Kunstwerkes  seitens  des  Ausführenden  besteht.  Dieser  muss  zunächst  das 
fremde  Kunstwerk  in  seinem  eignen  Geiste  entstehen  lassen;  er  muss  es 
mit  seinen  innern  Organen  uachschaffen,  vollständig  innerlich  zu  erfassen 
suchen,  um  es  dann  mit  den  äussern  Mitteln  nachbilden  zu  können.  Jene 
oben  erwähnten  Bezeichnungen  sind  dankenswerthe  Hülfsmittel,  den  poe- 
tischen Inhalt  eines  Tonstücks  erfassen  zu  können,  sie  erleichtern  es  den 
Ausführenden  die  Intentionen  des  Componisten  zu  erkennen,  aber  sie  sind  durch- 
aus nicht  ausreichend  diese  vollständig  darzulegen,  den  poetischen  Inhalt  ganz 
offenbar  zu  machen.  Wer  nur  unter  treuer  Beobachtung  diese  Zeichen  die 
Töne  correct  zu  geben  vermag,  der  hat  das  Kunstwerk  und  seinen  Inhalt  — 
vorausgesetzt,  dass  ein  solcher  vorhanden  ist  —  noch  lange  nicht  ei-Jasst,  der 
hat  noch  keine  Auffassung  desselben.  Mit  Hülfe  jener  Zeichen  muss  das  Kunst- 
werk in  der  eigenen  Phantasie  und  Seele  des  nachschaflfeuden  Künstlers  wieder 
geboren  werden,  wie  es  der  Phantasie  seines  Schöpfers  vorschwebt,  als  er  es 
schuf;  an  seiner  Hand  muss  ,er  suchen  alles  durchzuleben,  was  jener  fühlte  und 
in  seinem  Kunstwerk  verkörperte.  Einen  Theil  dieses  Schafl'eusprocesses,  dem 
es  seine  Entstehung  verdankt,  wenigstens  muss  er  im  eignen  Geiste  durch- 
machen, wenn  er  die  rechte  Auffassung  des  Kunstwerks  gewinnen  will,  aus 
der  heraus  er  es  einzig  und  allein  nachzuschaffeu  im  Stande  sein  dürfte,  selbst 
ohne  die  äussern,  oben  erwähnten  Hülfsmittel.  Es  gab  eine  Zeit,  in  welcher 
diese  die  Meister  ganz  entbehren  konnten,  oder  sie  doch  nur  in  sehr  beschränktem 
Maase  in  Anwendung  brachten,  wie  jene  unvergleichlichen  Vertreter  des 
Vocalstils  der  vorreformatorischen  Zeit  und  des  Reformationszeitalters.  Die 
Ausdrucksmittel  waren  noch  nicht  zu  solchem  Reichthum  angewachsen  und  der 
Text  bot  ihnen  noch  die  besten  Hülfsmittel  zur  richtigen  Auffassung  der  Gesänge 
dar.  Aber  auch  die  Instrumentalwerke  der  nächstfolgenden  Periode  eines  Bach, 
und  selbst  die  von  Haydn,  Mozart  und  die  früheren  von  Beethoven  unter- 
liegen noch  nicht  ihres  immer  noch  mehr  allgemeinern  Inhalts,  so  verschieden- 
artiger Auffassung  und  entbehren  der  speciellern  Yortragsbezeichnungen.  Je 
subtiler  und  eigenartiger  der  Inhalt  wird,  wie  in  den  letzten  Werken  von 
Beethoven  und  den  Werken  der  sogenannten  Romantiker,  um  so  nothwendiger 
werden  dann  die  Vortragszeichen,  desto  schwieriger  wird  die  entsprechende  Auf- 
fassung, und  um  so  mehr  verschiedene  Deutungen  lassen  die  betreffenden  Zeichen 
zu.  Da,  wo  dann  immer  weniger  die  Formen  an  sich  darstellende  Bedeutung 
behalten  und  dafür  die  einzelnen  Phrasen  einen  besondern  Inhalt  darlegen 
sollen,  ist  eine  peinlich  genaue  Bezeichnung  Hauptbedingung,  so,  dass  all- 
mählich auf  ihre  Beobachtung  sich  die  ganze  Auflassung  beschränkt,  dass  ein 
Erfassen  im  frühern  Sinne  nicht  mehr  nothwendig,  im  Grunde  nicht  mehr 
möglich  erscheint.  Wenn  die  Wirkung  des  Kunstwerks  nur  noch  auf  der  Weise 
der  äussern  Ausführung  beruht,  ist  eine  Auffassung  desselben  eigentlich  schon 
nicht  mehr  nöthig,  im  Grunde  auch  nicht  mehr  möglich.  (Weiteres  bringt  der 
Artikel:  >5 Vortrag«  im  Hauptwerk.) 

Aufgesang  heissen  in  der  altdeutschen  Poesie  die  beiden  ganz  gleich 
gebildeten  ersten  Stollen  (s.  d.  im  Hauptwerk)  der  lyrischen  Strophe.  Diese 
bestand  in  der  Pegel  aus  drei  Gliedern:  die  ersten  beiden,  ganz  gleich  gebil- 
deten, nannte  man  den  Aufgesang,  das  dritte  etwas  abweichend  gebildete 
Glied  ist  der  Ab ge sang.      (S.  den  Art.  Strophe  im  Hauptwerk.) 

Auspitz-Kolar,  Auguste,  (I,  372),  starb  am  23.  August  1878. 

Antomatischer  Clavierhaadleiter,  ein  von  Bohrer  construirter  Apparat, 
der  dem  Schüler  es  erleichtern  soll,  beim  Ciavierspiel  eine  gute  und  zugleich 
schöne  Hand-  und  Armhaltung  zu  gewinnen.  Bohrer' s  Haudleiter  besteht 
aus  zwei  Eisenschrauben,  welche  zu  beiden  Seiten  der  Claviatur  in  das  Holz 
einzudrehen  sind  und  die  zwei,  horizontal  übereinander  liegende  Holzstangeu 
tragen,  von  denen  die  obere  rund,  die  untere  viereckig  gezahnt  ist.  Die  obere 
Stange  ruht  auf  zwei  Spiralfedern ,  deren  Widerstandsfähigkeit  durch  zwei 
Holzschrauben   regulirt   werden    kann.     An  der  obern  Stange  laufen    zwei  hin- 


Automatischer  Notonblattnrawender  —  Bache.  21 

und  horbcwegliche  Handpfolcnkstützen,  deren  mit  Lcdor  gepolstort(i  liiogsamo 
Bügel  sich  um  die  eigene  Achse  drehen ;  mittelst  zweier  Stellschrauljon  am 
Halse  der  Gabel  kann  der  Handleiter  höher  oder  tiefer  gestellt  werden.  Der 
Erfinder,  Wilhelm  Bohrer,  lebt  als  gesuchter  Musiklehrer  in  Amerika. 

Antoinntischer  NotenldnttiimiTender  ist  ein  von  Trobach  und  Rosenzweig 
in  Berlin  construirter  Apparat,  der  an  Stelle  des  Spielers  das  Umwenden  der 
Notenblatt  IT  ausführt.  Je  nach  seiner  Verbindung  mit  Notenmappe  oder 
Rahmen  erleidet  er  kleine  Veränderungen.  An  dem  Rahmen  oder  an  der  Mappe, 
beide  für  Ciavier-  oder  Geigenpult  verwendbar,  sind  zwei  Console  angebracht, 
auf  welche  die  Notenhefte  zu  stehen  kommen,  hinter  aufrechtstehende,  an  ihrem 
obern  Ende  umgebogene  Metallliebel;  dabei  werden  alle  Blätter,  welche  um- 
gewendet werden  sollen,  nach  links  gelegt;  darauf  schiebt  man  den  rechts 
befindlichen  Ueberlaghebel  herunter,  wodurch  sämmtliche  Hebel,  die  rechts 
liegen,  sich  nach  links  niederlegen,  dann  rückt  man  die  Sperrvorrichtung  aus 
und  legt  den  untersten  Hebel  wieder  nach  rechts,  schiebt  den  Ueberlagsh''bel 
wieder  darüber,  legt  ein  Notenl)latt  auf  den  aufrecht  stehenden  Hebel  und 
schiebt  dasselbe  in  die  Gabelung;  dann  legt  man  wieder  einen  Hebel  nach 
rechts,  wieder  ein  Notenblatt  auf  denselben  u.  s.  f.,  bis  sämmtliche  Notenblätter, 
die  umgewendet  werden  sollen,  von  Hebeln  festgehalten  werden,  worauf  wieder 
die  Sperrvorrichtung  eingerückt  wird.  Eine  Handabzugvorrichtung  oder  ein 
Fuss-  oder  Kniepedal  setzen  den  Apparat  in  Bewegung.  Ein  leichter  Druck 
auf  die  Handabzugvorrichtung  oder  das  Pedal  veranlasst  eine  Hebelbewegung, 
durch  welche  das  Blatt  umgewendet  und  nach  links  niedergelegt  wird.  Ver- 
mittelt wird  diese  Bewegung  durch  kleine  Federn,  die  sich  an  jedem  Hebel 
befinden  und  die  Tendenz  haben,  dieselbe  nach  links  zu  bringen.  Dies  erfolgt, 
sobald  durch  Abwärtsziehen  des  Hebels  dem  betrefiTenden  freies  Spiel  gelassen 
wird.  Sind  bei  einzelnen  Tonstücken  Wiederholungen  nothwendig,  so  müssen 
soviel  Hebel,  als  Wiederholungen  stattfinden  sollen,  hinter  das  bctrefi"ende 
Notenblatt  gelegt  werden. 

AventinDS  (L  379),  ist  nicht  der  Verfasser,  sondern  nur  Herausgeber  der 
•aRudimenta  muidcaea.  Verfasser  ist  Nico  laus  Faber.  (Monatsh.  für  Musik- 
forsch.  I,  19.) 

Avidins,  Gerhard,  geboren  Ende  des  15.  oder  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts in  Nimwegen,  war  Schüler  des  Josquin  des  Pres.  Er  schrieb  ein 
Klagelied  auf  den  Tod  seines  Meisters,  welches  unter  dem  Titel:  »/w  Josquinu?n 
a  Prato  musicorum  Principem  Monodiaa  in  der  von  Tilman  Susato  herausgege- 
benen Sammlung:  y>Qhansons  ä  quatre,  cinq,  six  et  huit  parties  de  divers  auteursa, 
Antwerpen  1543^1550,  in  4"  obl.  (im  siebenten  Buche)  enthalten  ist.  Einige 
andere  Compositionen  von  Avidius  sind  unter  seinem  Vornamen  Gerhard  in 
anderen  Sammlungen  abgedruckt. 


B. 

Habniiuri^,  Anton    (I.  387),  starb  in  Ungarn  am  28.  November  1872. 

Itacci,  Domin ic,  war  einer  der  grössten  Sänger  seiner  Zeit.  Er  starb 
in  Cremona,  wo  er  auch  geboren  ist,  am  27.  Januar  1549.  (s.  Arisi,  Cremon, 
Letter  II,  p.  45.) 

Bnche,  Walter,  englischer  Pianist,  wurde  am  19.  Juni  1842  in  Birming- 
ham geboren  und  widmete  sich  nach  absolvirten  Schulstudien  der  Musik,  zu 
welchem  Behufe  er  1858  in  das  Leipziger  Conservatorium  eintrat.  Dieser  An- 
stalt gehörte  er  bis  1861  an  und  bildete  sich  innerhalb  dieser  Zeit  unter 
Leitung  Plaidy's  und  Moscheies'  als  Pianist,  unter  Haiiptmann  und  Richter  in 
der  Composition  aus.  1862  wandte  sich  B.  nach  Rom,  woselbst  er  während 
dreier  Jahre  den  Unterricht  Liszt's  genoss,  dann  aber  kehrte  er  in  sein  Vater- 


22  Bachmeister  —  Balduin-Dahl. 

land  zurück  und  Hess  sich  in  London  nieder.  Hier  entwickelte  er  seit  1865 
eine  höchst  erfolgreiche  Thätigkeit  als  Ciaviervirtuose  und  Lehrer  dieses  In- 
strumentes; namentlich  hat  er  sich  um  die  Verbreitung  neuerer  Musik  in  seinem 
Vaterlande  grosses  Verdienst  erworben,  und  in  den  jährlich  von  ihm  veran- 
stalteten Orchesterconcerten  stets  mindestens  ein  grösseres  Werk  eines  lebenden 
Autoren  zur  Aufführung  gebracht,  u.  a.  1871  das  Clavierconcert  Nr.  1  (Es-dur) 
von  Liszt,  welches  bis  dahin  noch  Niemand  in  England  öffentlich  zu  spielen 
unternommen  hatte;  später  desselben  Componisten  Oratorium  »die  heilige  Eli- 
sabeth« dessen  13.  Psalm,  symphonische  Dichtungen  etc.  Selbstschaffend  ist 
B.  bisher  noch  nicht  in  die  Öffentlichkeit  getreten.  Der  Componist  dieses 
Namens  ist  sein  schon  vor  Jahren  jung  verstorbener  Bruder  J.  Edward  Bache. 

Bachmeister,  Lucas  (1,407),  richtiger  Bacmeister.  Die  nOratio  de  Luca 
Zossiov  ist  wahrscheinlich  im  Todesjahr  des  Lossius  1582  und  nicht  1562  ge- 
druckt; in  diesem   Jahre  kam  B.  nach  Rostock  als  Professor. 

Backers,  Americus,  auch  Baccers,  nach  Einigen  ein  Holländer,  nach 
Anderen  ein  Deutscher  (Becker),  hatte  bei  Silbermann  in  Preiburg  gearbeitet 
und  brachte  dann  dessen  Hammermechanik  nach  London.  Hier  arbeitete  er 
längere  Zeit  bei  Tschudi  (s.  Shudi)  und  etablirte  sich,  seine  Instrumente  als 
»Pianoforte«  bezeichnend.  1771  stellte  er  in  »Thalehed  Jiousev.  ein,  von  ihm  er- 
fundenes Original-Pianoforte  aus.  Seine  fortgesetzten  Versuche,  die  Mechanik 
zu  verbessern,  führten  ihn  endlich  zur  sogenannten  englischen  Hammermechanik, 
die  durch  Broadwood  und  Stodart  wesentlich  verbessert,  so  bedeutungsvoll  für 
den  Pianofortebau  werden   sollten.     B.  starb  um   1781. 

Bacoii,  Francis  von  Veralam  (I,  408),  wurde  1540  (nicht  1561)  geboren. 

Bacou,  Richard  Mackensie,  englischer  Schriftsteller  und  Musiker,  ge- 
boren 1788  in  Norwich,  gab  im  Januar  1818  in  London  die  ersten  Hefte  einer 
von  ihm  gegründeten  Zeitschrift:  y>T}ie  Qiiarterly  musical  Magazine  and  Seview« 
heraus,  von  welcher  die  vier  jährlichen  Lieferungen  einen  Band  von  550  S. 
bildeten ;  ganz  regelmässig  erschienen  sie  jedoch  nur  in  den  ersten  Jahren.  Der 
zehnte  Jahrgang  wurde  erst  1830  complett.  Der  Plan  eine  musikalische  Ency- 
clopädie  unter  Mitwirkung  von  Clementi,  Dr.  Bishop,  Dr.  Crotch,  M.  Adams 
u.  A.  in  London  herauszugeben,  zu  welcher  B.  bereits  den  Prospect  ausgege- 
ben hatte,  kam  nicht  zur  Ausführung. 

Bagner,  Carlos,  Componist  und  Organist,  von  seinen  Zeitgenossen  Car- 
lets  genannt,  ist  gegen  1768  geboren.  Er  war  Organist  an  der  Kathedrale 
in  Barcelona,  wo  er  am  29.  Februar  1808  starb.  Er  soll  ein  höchst  begabter 
Tonkünstler  gewesen  sein,  doch  ist  von  seinen  Werken  nur  eins  bekannt,  das 
Oratorium:  -nMuerte  de  ÄbeU,  welches  Fuertes  in  seiner  »Historia  de  la  Musica 
espaholav.    anführt. 

Baille,  Gabriel,  Componist,  Direktor  des  Conservatoriums  zu  Perpignan. 
Von  seinen  ungefähr  fünfzig  Compositionen  sind  zu  nennen:  liEcole  concertante 
de  violona,  Paris,  Brandus  (leichtere  Stücke  für  zwei  Violinen,  und  eine  in  jähr- 
lich zwei  Lieferungen  erscheinende  Sammlung  von  Orgelstücken,  von  denen 
sieben  Jahrgänge  vorhanden  sind). 

Baillot,  Pierre  Marie  Fran^ois  de  Sales  (I,  416).  Zu  den  Werken 
des  berühmten  Violinisten  gehört  noch  das  nachgelassene,  das  1872  erschien 
unter  dem  Titel:  y>Ohservatiotis  relatives  aux  concours  de  violon  die  Conservatoire 
de  musiqued..  Paris,  Didot,  in  8'^.  Am  4.  April  1872  wurde  in  Paris  im  kleinen 
Saal  des  Conservatoriums  die  Broncestatuette  Baillots  aufgestellt,  bei  welcher 
Gelegenheit  eine  musikalische  Soiree  stattfand  und  M.  D.  Tajan-Boge  eine  Rede 
hielt,  welche  gedruckt  erschien :  y^Hommage  ä  la  memoire  de  BailloU<i.  Paris,  le 
Chevalier,   1872,  in   12'\ 

Balduin-Dahl,  Christian  Florus,  geboren  am  6.  Oct.  1834  zu  Kopen- 
hagen, wurde  von  seinem  Vater  und  Bruder  zu  einem  vorzüglichen  Concert- 
und  Orchesterdirigeuten  ausgebildet.  Nachdem  er  1864 — 72  ein  Harmonieorchester 
im  Kopenhagener  »Tivoli«  dirigirt  hatte,  wurde  er,  da  der  alte  H.  C.  Lumbye 


Balestrieri  —  Banka.  23 

als  Dirigent,  im  Coiieertsanle  des  EtablisHements  abtrat,  von  den  ProfcBSoren 
Gade,  Hartmauu  und  PauUi  gewählt,  au  Stelle  desselben  eingesetzt.  Nicht 
nur  dass  B.-D.  beim  Publicum  sehr  beliebt  ist  —  was  als  Nachfolger  des  po- 
pulären Lumbyo  gewiss  nicht  leicht  war  —  er  hat  auch  gewuest,  so  tüchtige 
Orchesterkriifto  zu  sammeln  und  sie  so  zu  vcrwerthen,  dass  sein  Orchester  — 
die  königl.  Kapeile  abgerechnet  — ,  sowohl  populäre  Musik  als  Siut'onieu  aus- 
führend, unbestreitbar  das  beste  in  der  Stadt  ist  und  auch  von  den  grössten 
musikaufführeuden  Vereinen  Kopenhagens  immer  benutzt  wird.  B.-D.  ist  mit 
der  dänischen  Verdienstmedaille  in  Gold  und  der  schwedischen  Medaille:  itjyro 
literin  et  arfibusa  decorirt. 

Itulestrieri,  Thomas,  trefiiicher  Geigenbauer,  ein  Schüler  des  Stradivarius, 
lebte  in  den  Jahren  1720 — 50  in  Mautua. 

Balestrieri,  Pietro,  lebte  um  1735  in  Crcmona;  er  lieferte  gleichfalls  aus- 
gezeichnete Instrumente,  die  aber  etwas  schwach   im  Ton  sind. 

Balfe,  Michel  Guillaumo  (1,424),  starb  am  21.  October  1870  auf  seinem 
Landhause  Rowny-Asbey  bei  London. 

Balhorn,  L.  W.  (I,  431),  war  Superintendent  zu  Neustadt  (nicht  Ncdstadt) 
am   Rübenberge  (Provinz  Hannover). 

liallabile,  ein  charakteristischer  Gesammttanz,  der  aus  einzelnen,  verschieden 
rhythmisirten  Tänzen  zusammengesetzt  ist.  Er  ist  italienischen  Ursprungs,  in 
Frankreich  und  Deutschland  wurde  er  national  weiter  gebildet. 

Balthasar -Florenoe,  Henri  Mathias  belgischer  Componist,  geboren 
am  21.  October  1844  zu  Arlon,  trat  ins  Conservatorium  zu  Brüssel  im 
Jahre  1857,  nachdem  er  schon  in  der  zartesten  Jugend  in  der  Musik  unter- 
wiesen worden  war,  so  dass  er  neun  Jahr  alt  bereits  in  seiner  Vaterstadt  als 
Pianist  öfientlich  auftreten  konnte.  Im  Conservatorium  erhielt  er  die  ersten 
Preise.  Später  Hess  er  sich  in  Namur  nieder  und  machte  sich  mit  Erfolg  als 
Claviervirtuos  und  Componist  geltend.  In  Brüssel  wurde  in  den  Concerts  popu- 
laires  1868  eine  dramatische  Ouvertüre  von  ihm  aufgeführt,  ebenda  auch  zwei 
einaktige  komische  Opern:  »  Une  croyance  hretonne<i  und  »Ze  Docteur  QuinqicinaK. 
Diesen  folgten  ein  symphonisches  Concert  für  Ciavier  mit  Orchester,  eine  Messe 
für  Chor  und  Orchester,  zwei  Benedictus,  zwei  Laudate  Domini  und  eine  Cantate, 
welche  in  Lille  bei  einer  Concurrenz  den  Preis  erhielt  und  dort  mit  vielem 
Beifall  aufgeführt  wurde.  Nach  seiner  Verheiratung  fügte  er  den  Namen  seiner 
Gattin :  Florence  dem  seinigen  l)ei. 

Ban  Jan  Albert,  lat.  Bannus  oder  Bannius,  ein  holländischer  Geistlicher, 
ist  zu  Harlem  1597  oder  98  geboren  und  starb  daselbst  am  27.  Juli  1644. 
Für  den  geistlichen  Stand  bestimmt,  studirte  er  zu  Löwen,  wurde  Dr.  beider 
Rechte  und  kehrte  nach  seinem  Geburtsort  zurück.  Das  Harlemer  Capitel 
machte  ihn  1627  zu  seinem  Capellan  und  1628  zum  Canonicus.  Seine  Amts- 
pflichten Hessen  ihm  noch  Zeit  ausser  zu  einem  ausgebreiteten  Briefwechsel 
mit  hervorragenden  und  angesehenen  Leuten  seiner  Zeit,  auch  zur  Pflege  der 
Musik.  Hooft  übersandte  ihm  manche  seiner  Lieder  zur  Composition.  Die 
meisten  seiner  Compositionen  schrieb  er  in  den  Jahren  1636 — 43.  Bouwsteenen 
Jahrg.  II.  p.  86  giebt  ein  vollständiges  Verzeichniss  derselben.  Sein  bestes 
derartiges  Werk  soll  sein:  y>Deliciae  municae  veterist.  Seine  »Disfiertafio  de 
muxicae  natura  origiiic  progressu  et  denique  ntudio  heue  instituendo  Harlem  li'>'A6<i 
wurde  mehrfach  neu  aufgelegt  und  von  Grotius  (1645)  und  Gerh.  Joh.  Vossius 
(1658)   neu   herausgegeben. 

Banks,  Benjamin,  Chef  einer  englischen  Instrumentenmacher- Familie, 
ist  geboren  1727  und  starb  1795.  Er  hatte  sich  in  Salisbury  etablirt  und 
verfertigte  Violinen  und  Violoncellis,  von  welchen  besonders  die  letzteren  ge- 
schätzt waren.  Seine  Instrumente  sind  mit  den  Anfangsbuchstaben  B.  B.  oder 
mit  dem  ganzen  Namen  und  dem  Datum  gezeichnet.  Er  gilt  als  einer  der 
ersten  Instrumentenmacher  in  England.  Sein  Sohn  Benjamin,  geboren  1754, 
verstorben   1820,  arbeitete  lange  Zeit  mit  seinem  Vater  in  Salisbury  und  siedelte 


24  Barbarini  —  Barbieri. 

diiuii    nacli    London    über.      Die   beiden   jüngeren    Brüder    James   und  Henry 
Hessen  sich  in  Livei-pool  nieder. 

Barbarini,  Manfrede  Luigi  (1,446),  schreibt  sich  auch:  Manfredos 
Barbar  in  OS  Lupus;  sein  Pseudonym  »Lusti«  dürfte  daher  wohl  Lupi  heissen. 

Barbereau,  Mathurin  Auguste  Balthasar  (I,  447),  starb  am  18.  Juli 
1879  als  Professor  der  Composition  am  Conservatorium  in  Paris. 

Barbieri,  Americo,  Theoretiker,  Professor  der  Musik,  ist  in  der  ersten 
Hälfte  dieses  Jahrhunderts  in  Italien  geboren  und  in  Mailand  im  Juli  1869 
gestorben.  Er  ist  der  Autor  eines  AVerkes  über  Akustik:  y>Scienza  nuova  delV  ar- 
monia  de  \suoni«.  Ferner  hatte  er  die  Herausgabe  einer  musikalischen  Ency- 
klopiidie  unternommen,  starb  jedoch  nachdem  die  ersten  Lieferungen  erschienen 
waren.  Der  Titel  lautete:  nDizionario  artistico  scientifico-storico-tecnologico 
musicale,  eon  nozioni  di  estetica,  di  poesia  epica,  Urica  e  dramatica,  e  dt  quanto 
collegasi  colla  musican.    Mailand,   Giac.  Pirola,  in  8". 

Barbieri,  Carlo  Eman.  (eigentlich  Luigi)  de  (I,  448),  starb  1867  (nicht 
1868)  am  29.  September. 

Barbieri,  Francisco  Asenjo  (I,  448),   ist  zu   Madrid   am   3.  Ang.  1823 
geboren;  er  zählt  daselbst  zu  den  geschätztesten   und  populärsten  Tonkünstlern 
der  Gegenwart.     B.  war  anfangs  für  die  Medicin  bestimmt  und  hatte  sich  be- 
reits eine  tüchtige  wissenschaftliche  Bildung  angeeignet,  wendete  sich  aber  dann 
aus   Liebe  zur  Musik  dieser  Kunst  zu.     Er   besuchte,   nachdem  er  einige  Vor- 
studien gemacht  hatte,    das  Conservatorium  Maria  Christina  und  unterzog  sich 
nach   Absolvirung   desselben,    und   da    er   ganz    allein  auf  sich  angewiesen   war, 
allen  möglichen  Beschäftigungen   um    sich  durchzuschlagen.     Zuerst  trat  er  als 
Clarinettist   in    ein   Bataillon    der   National-Miliz   und   gleichzeitig  ins  Theater- 
orchester,   ferner   copirte   er  Noten,   spielte  zum  Tanz  und  gab  Ciavierstunden. 
Hierauf  wurde  er  Chorist  am  Theater  »Circus«  wo  er  zuweilen  den  Chordirektor 
vertrat.     In  dieser  Zeit  veröffentlichte  er  auch  seine  ersten  Gesänge  und  Roman- 
zen   und    schrieb    für    die    Benefiz-Aufführung    des    Chors    den    Text    und   die 
Musik  zu  einer  kleinen  komischen  Oper:    »Felipa«,  die  jedoch  nicht  rechtzeitig 
fertig  wurde  und  demnach  nicht  zur  Aufführung  kam.     Nach  mehreren  Wander- 
zügen   durch   den    Norden    Spaniens    als    Chordirektor   und    Souffleur   einer  ita- 
lienischen  Opern-Truppe  kehrte  B.   1847   nach  Madrid  zurück.     Hier  wurde  er 
als  Secretair  das  thätigste  Mitglied  der  Gesellschaft  zur  Gründung  eines  spani- 
schen Theaters    zur  Aufführung   von   Singspielen.     Er   schrieb   auch  eine  zwei- 
aktige  italienische  Oper:    r>Buon   Tempov,   welche   zwar  im  »Circusw-Theater  an- 
genommen wurde  aber  nicht  zur  Aufführung  gelangte.     Jetzt   trat  er  auch  als 
Kritiker  auf,  als  welcher  er  auch  noch   später  öfter  thätig  war.     Mit  dem  Jahre 
1850  beginnen  dann  seine  Erfolge  als  Componist  komischer  Opern.  Die  erste  der- 
selben: »Gloria  y  Pelueafn  wurde  im  Variete -Theater  mit  vielem  Erfolge  gegeben 
und  nachdem  dann  noch  einige  andere  einaktige  derartige  Opern  mit  gleichem 
Beifall  aufgeführt  worden  waren,    folgte    1851    eine   dreiaktige   komische   Oper: 
y)Jugar  con  fuego<i,  welche  so  enthusiastisch  aufgenommen  wurde,  dass  das  Schick- 
sal des  Componisten  auf  diesem  Gebiet  entschieden  war,  und  er  von  da  an  den 
Theaterdirektoren  stets  willkommen  war.  B.  hat  innerhalb  fünfundzwanzig  Jahren 
gegen   60  Werke  dieses  Genres  geschrieben,  die  ihn  in  Spanien  populär  machten. 
Die  ungemeine  Rührigkeit   auf   dem    dramatischen   Gebiet   verhinderte   indessen 
B.  nicht,  zur  Förderung  und  Pflege  der  Tonkunst  noch  anderweitig  einzugreifen. 
Er  wurde  thätiges  Mitglied  verschiedener  Gesellschaften,  welche  diesem  Zwecke 
dienten.     Auch  gehört  er  zur  Jury  des  Conservatoriums  und  ist  unter  den  Be- 
gründern der  artistisch-musikalischen  Gesellschaft  zu  gegenseitiger  Unterstützung. 
Er  richtete  im  Theater  Zarzuela  Concerte  ein,    in    denen  er  Aufführungen  mit 
200  Mitwirkenden  dirigirte,  und  gründete   1866   Concerte  für  klassische  Musik 
(Concert-Gesellschaft),  deren   im  ersten  Jahre  26,   im  zweiten  50  Concerte  statt- 
fanden, in  welchen  B.  die  Instrumental-  und  Vocal-Werke  der  grossen  deutschen 
Meister  zu  Gehör  brachte.     Die  Stelle  eines  Professors  für  Musikgeschichte  und 


Barca  —  Basevi.  25 

Composition  am  königl.  Oonservatorium,  die  ihm  nngctragnn  wurtlo,  Ichnto  er 
ab.  1H60  übornahm  er  die  Loitung  des  Orchesters  des  königl.  Theaters;  1873 
wurde  er  Mitglied  der  schönen  Künste.  Ausser  den  erwälinten  Werken  schrieb 
er  Ouvertüren,  Märsche,  Hymnen,   Motetten,  Gesänge  u.   s.   w. 

Itnrca,  Francisco  (I,  450),  über  diesen  Kirchencomponist  ist  zu  berich- 
tigen, dass  er  1G()3  gel)oren  ist  und  seine  letzte  Stcdhing  die  eines  Kapell- 
meisters am  königl.  Hospital  Todos  os  Sanctos  zu  Lissabon  war,  in  welcher  er 
starb.  Die  Miinuscripte  seiner  Kirchencomposition  befinden  sich  in  der  Musika- 
lischen  Bibliothek  des  Königs  Joan   IV.  von  Portugal. 

Baren,  Alessandro  (I,  450),  Nachrichten  über  diesen  Gelehrten  sind  in 
den  hinterlassenen  Schriften  von  Mayr  von  Bergamo  enthalten.  Herausgegeben 
sind  diese  von  dem  Abbe  Antonio  Alessandri  unter  dem  Titel:  riBiograße  di 
scrittori  e  arfisti  musicali  Bergnmaschi  nativi  od  oriundi«.  Bergamo,  Pagnon- 
celli   1875.  in  4". 

Bnrgheer,  Carl  Louis,  ist  zu  Bückeburg  am  31.  December  1831  geboren; 
war  in  den  Jahren  1849  und  1850  Schüler  von  Spohr.  Im  letzti,'enannten 
Jahr  wurde  er  Mitglied  der  fürstlichen  Hofkapelle  in  Detmold  und  l)enutzte 
mehrere  Jahre  hindurch  seine  Urlaubszeit,  um  noch  bei  David  und  Joachim 
zu  studiren.  Später  machte  er  dann  erfolgreiche  Concertreisen  in  Deutschland, 
Holland,  Russland  u.  s.  w.,  durch  die  er  den  Ruf  eines  der  bedeutendsten  Geiger 
der  Gegenwart  erwarb.  1863  wurde  er  zum  Kapellmeister  und  Dirigenten  der 
Hofkapelle  in  Detmold  ernannt.  Nach  der,  durch  den  1875  erfolgten  Tod  des 
Fürsten  veranlassten  Auflösung  der  Kapelle  ging  B.  im  März  1875  nach  Ham- 
bui'g,  wo  er  als  erster  Concertmeister  der  Philharmonischen  Concerte  und  als 
Lehrer  am   Oonservatorium  erfolgreich  wirkt. 

Barnbeck,  Friedrich  (I,  457),  Königlich  Würtembergischer  Kammer- 
musiker; ist  am  17.  November  1807  zu  Westfälisch-Mindcn  geboren.  Sein 
Vater  Heinrich  B.  war  dort  Stadtmusikdirektor  und  kam  1808  als  Concert- 
meister in  die  Hofkapelle  nach  Kassel.  Sein  Sohn  Friedrich  wurde  durch  ihn 
und  später  durch  den  Concertmeister  Adolph  Wiele  zu  einem  tüchtigen  Violi- 
nisten herangebildet.  Von  1824 — 26  war  er  Mitglied  der  Kasseler  Hofkapelle, 
von  1826 — 28  der  Braunschweiger  und  seitdem  der  Stuttgarter  bis  zu  seiner 
Pensionirung.  1844  erschien  seine:  »Theoretisch -praktische  Anleitung  zum 
Violinspiel«,   1850  wurde  sie  neu  aufgelegt. 

Barre,  Charles  Henry  de  la,  Ciaviervirtuos  der  Königin  Gemahlin 
Ludwigs  XIV.  bis  zum  Jahre  1669.  Er  gab  folgende  Sammlung  heraus: 
y>Anciens  airs  a  chanter  ä  deux  parties,  avec  les  deuxiemes  couplets  en  dimi- 
nutionsv;  Paris,  Ballard,   1689,  in  4"  obl. 

Barret,  Apollon  Maria  Rose  (1,461)  starb  am  8.  März  1879. 

Barriiigton,  Daines  (I,  461),  verfasste  während  seines  Aufenthaltes  in 
Wales  auch  eine  Abhandlung  über  zwei  in  jenem  Lande  gebräuchliche  Instru- 
mente nSome  Account  of  tico  Musical  instruments  used  in  TVdlesv  (Cro^vth  and 
Pib-Corn),  abgedruckt  in  »Archaeologia  or  miscellaneons  Tracts  relating  to  anti- 
quity.  Pvhlished  hy  the  society  of  AntiquaHes  of  Londonv.  T.  III,  p.  30 — 33, 
London   1775,  in  4". 

Barsotti,  Tommaso  Gasp.  Fort.  (I,  462),  gab  1852  die  Direktion  des 
von  ihm  in  Marseille  gegründeten  Conservatoriums  auf,  und  übertrug  dieselbe 
auf  A.  Morel.     B.  starb  in  Marseille  im  April  1868. 

Bartholdy,  Jacob  Salomon  (I,  465),  war  der  Onkel  (Bruder  der  Mutter) 
von  Felix  Mendelssohn-Bartholdy,  von  dem  die  Familie  den  Namen  »Bartholdy« 
zu  den  ihrigem  annahm. 

ßarzellini,  Aegidius,  aus  der  Schule  des  Hieronymus  Amati,  lebte  nm 
1684  in"  Cremona.  Seine  Instrumente  sind  sauber  gearbeitet,  nach  Amati's 
Modell;  die  i''-Löcher  sind  weit  geöffnet  und  schräg  geschnitten,  der  Lack  ist 
schön   braun   und  'durchsichtig,  der  Ton   der  Instrumente  edel  und  gleichmässig. 

Basevi,  Antonio  Dr.  (I,  468),  ist  zu  Livorno  1818  geboren.     1859. orga- 


26  Bassetto  —  Bauldewin. 

nisirte  er  zu  Florenz  »Beethoven-Matineen«,  aus  denen  sich  die  »Societä  del 
Quartetto«  entwickelte,  in  welcher  die  Quartette  gespielt  wurden,  die  mit  dem 
Preise  gekrönt  waren.  Es  ist  dies  ein,  von  Dr.  Basevi  aus  seinen  Mitteln  errich- 
tetes Institut.  Veröffentlicht  hat  derselbe  folgende  Werke:  ^Studio  sulle  opere  di 
G.  Verdi«.  r> Introduzione  ad  un  nuovo  dstema  d^armoniaa  (Florenz,  Tofani  1862, 
in  8").  »Sfiidj  sulV  Armonia«,  »Comjjendio  della  Storia  della  Muaica«.  (1866,  in 
12",  II  Theile.) 

Bassetto,  ein  vierfüssiges  Rohrwerk,  meist  im  Pedal  stehend,  das  sich  noch 
in   altern  Orgeln  findet,  wie  in  Erlangen,  Ansbach  u.  s.  w. 

Bastiaaiis,  Joh.  Grzn,  berühmter  niederländischer  Orgelspieler;  ist  1812 
in  Twello  geboren.  Er  war  ein  Schüler  von  Johann  Schneider  in  Dresden,, 
Als  Organist  zu  Haarlem  erwarb  er  sich  bald  einen  ausgebreiteten  Kuf,  so  dass. 
Fremde  selten  versäumten,  Gelegenheit  zu  suchen  ihn  auf  seiner  berühmten 
Orgel  spielen  zu  hören.  Ganz  besonders  sjDielte  er  die  Werke  unseres  grossen 
Orgelmeisters  Joh.  Seb.  Bach  vortrefflich  und  mit  Vorliebe.  Auch  einige 
eigene  Compositionen  von  ihm  sind  bekannt  geworden.  Er  starb  am  16.  Febr. 
1875.  Von  seinen  Kindern  hat  die  älteste  Tochter  Marie  als  Orgelvirtuosin 
Ruf  gewonnen.     Sein  Sohn  Johann  hat  jetzt  die  Stelle  des  Vaters  inne. 

Bates   (I.  479)   heisst  nicht  John  sondern  William. 

Batesou,    Thomas    (I,  482),    nicht  Battison,    wurde    1600   Organist  der 

Kathedrale    zu  Chester   und    1618   Organist  und  Lehrer  des   Singechors  an  der 

Trinitatis-Kirche  zu  Dublin  und  zugleich  Baccalaureus  der  dasigen  Universität. 

Er   veröffentlichte    1614    eine    Sammlung    seiner  Madrigale:    y>EngUsh   madrigals 

for  thrce,  four,  five  and  six  voices«. 

Batiste,  Anton  Eduard,  Organist  und  Professor  am  Conservatorium  in 
Paris,  ist  daselbst  am  28.  März  1820  geboren,  als  Sohn  des  Sängers  und 
Schauspielers  an  der  grossen  Oper  zu  Paris  desselben  Namens.  B.  wurde  be- 
bereits  1828  als  Chorknabe  der  königl.  Kapelle  ins  Conservatorium  aufgenommen 
und  gehörte  derselben  bis  zum  Jahre  1840  als  Schüler  an,  während  welcher 
Zeit  er  für  die  verschiedenen  musikalischen  Curse  nach  einander  acht  Preise 
erwarb,  zu  welchen  als  letzter  der  zweite  grosse  Römer-Preis  gehörte.  Noch 
Schüler,  übernahm  er  bereits  1838  am  Conservatorium  Lehrer  pflichten,  und 
blieb  in  dieser  Eigenschaft  dem  Institute  während  seines  Lebens  treu.  Gleich- 
zeitig war  er  von  1842 — 1854  Organist  an  St.  Nicolas  des  Champs  und  von  da 
an  bei  der  Kirche  St.  Eustache.  Er  veröffentlichte  eine  grosse  Anzahl  Orgel- 
compositionen und  ein  am  Conservatorium  eingeführtes  Studien  werk:  y>  Petit 
Solfe/je  harmonique«  (Paris,  Heugel).  Ausserdem  redigirte  er  eine  neue  Aus- 
gabe der  y>Solfeges  du  Gonservatoirev.  in  zwölf  Heften,  welche  er  mit  Begleitung 
für  Piano   oder  Orgel  versah  (Paris,  Heugel). 

Btitta,   Jean  Laurent  (I,  481),  starb  im  December   1879  zu  Nancy. 

Battista,  Vincenzo  (I,  482),  geboren  1807,  starb  im  Nov.  1873  in  Neapel. 

Battn,   Pantaleon   (I,  483)   starb  zu  Paris  den   17.   Januar   1870. 

Bauer,  Michael,  geboren  1842  in  dem  Marktflecken  Reisbach  in  Bayern; 
besuchte  das  Gymnasium  in  Regensburg,  wo  Proske  und  Mettenleiter  für  Wie- 
derbelebung der  alten  Italiener  in  jener  Zeit  energisch  thätig  waren.  B.  ging 
später  nach  Wien,  um  sich  ganz  der  Musik  zu  widmen.  Er  studirte  bei  G.  P. 
Grädener  Theorie,  übernahm  1869  die  Chorregentenstelle  an  der  Franziskaner- 
kirche und  gründete  den  Kirchenmusikverein  »Palästrina«.  Später  wurde  er 
Chorregent  der  Pfarre  Gumpendorf  und  übernahm  die  Gesauglehrerstelle  an 
der  Realschule  und  dem  Gymnasium  Mariahilf.  Von  seinen  Compositionen  sind 
gedruckt:  5  Messen,  10  Graduale  und  Ofi'ertorien;  an  Werken  für  Schule  und 
Unterricht  veröffentlichte  er:  »Der  Elementargesangsunterricht  in  Schule  und 
Haus«  und  »Prima  vista«,  gleichfalls  eine  Gesauglehre;  ferner  »Der  taktfeste 
Geiger«.  Eine  Sammlung  von  kleinen,  streng  progressiv  geordneten  Uebungen 
für  drei  Violinen. 

Bauldewin,  Noel  (1,487),  auch  Baulduin  (wie  bei  Fetis),  Balduin,  Bau- 


Baumgart  —  Becker.  27 

douin,  latisinirt  Balduinus,  ist  ein  l)elgischer  Musiker  aus  der  zweiten  Hälfte 
dos  15.  Jahrhnnderts  und  war  Musikdirektor  an  der  Kirche  Nötre-Danie  zu 
Antwerpen  vom  Jahre  1513 — 1518.  Seinen  Wohnsitz  l)t;hielt  er  auch  B])äter 
in  Antwerpen,  wenigstens  starb  er  dort  1529.  In  den  Rechnungen  und  Schrif- 
ten der  Kirche  wird  er  fast  ausschliesslich  maitre  oder  Maestro  Noel,  Nouel 
auch  Noc-  genannt.  Kircheiicompositionen  B.'s  finden  sich  in  nachstehend  ver- 
zeichneten Sammlungen:  Band  Nr.  22,  1565,  15G8  des  Archivs  der  päpstlichen 
Kapelle  in  Rom,  sechs  Messen  von  Baudouyn,  Robledo  und  Robso.  Zwei  vier- 
stimmige Motetten  (von  Balduin):  »O  pulcherrima  mulierunm  und  nExallaho  te 
DeuK  meus«,  im  vierten  Buch  der  Sammlung  von  Octav.  Petrucci,  »Motetti  de 
la  Coronaa.  Die  Motette  yiExaltaho  te  Deus  meum  auch  in  der  von  Joannis 
Montani  und  Ulrici  Neuberi  in  Nürnberg  1553 — 54  herausgegebenen  Samm- 
lung: nPsalmorum  nelcctoruma  etc.,  4*^  obl.  Mehrere  Stücke  enthält  auch:  Salb- 
linger:  nSelcctit<si7nae  nee  non  familiarissimae  cantiones  ultra  centumv.  Augsburg 
1540,  ferner:  Tylman  Susato,  sechstes  Buch:  y>Chansonii  nouvelles  a  cinii  et  aix 
parties  etc.<s.  Antwerpen  1545,  4*^  obl.  ySelectissimae  symphoniae  etc.«,  Nürnberg, 
Joan.  Montanus  und  Ulrici  Neuber,  1546,  in  4^  obl.,  eine  vierstimmige  IMotette 
(Natalis  Baudouyn)  y>Quam  pulchera  es»  (Nr.  11),  »Musis  dicatum,  Libro  Hamado 
Silva  de  Sirenasa,  von  Env.  Ualderavano,  Fernandez  de  Cordovä,  1547,  mehr- 
stimmige Arien   von  B. 

Bnuiiigart,  Expedit  (nicht  Ernst)  Friedrich  (I,  488),  ist  am  13.  Jan. 
1817   in   Glogau  geboren  und  starb  am  15.  September  1871  in  Bad  Warmbrunn. 

Banseh,  Ludwig  Christian  August  (I,  489),  ist  geboren  1805  und 
starb  am  26.  Mai  1871.     Sein  Sohn: 

Bausch,  Ludwig,  geboren  1829,  starb  als  Compagnon  des  Vaters  am 
7.  April   1871.     Nach  des  Vaters   Tode  übernahm 

Bausch,  Otto,  das  Geschäft,  der  aber  bereits  am  30.  Decemb.  1874  starb, 
worauf  es  an  Ad.  Paulus  in  Markneukirchen  überging. 

Bawr,  Alexandra  Sofia  (I,  490),  starb  zu  Paris  den  31.  December  1860. 
Von  Elise  Gagne  erschien:  y>Madame  de  Bawr  etude  biof/raphique  sur  sa  vie  et 
ses  ouvrafjfes«,  Paris,  Didier,   1861. 

Baylon,  Aniset,  in  Spanien  El  Baylon  genannt,  war  einer  der  vorzüg- 
lichsten Componisten  des  17.  Jahrhunderts  in  Spanien.  Es  sind  von  seinen 
zahlreichen  Com2:)ositionen  mehrere  seiner  grösseren  dreichörigen  Kirchenstücke 
in  den  Archiven  der  Kirche   in  Valencia  und  dem  Escurial   aun)ewahrt. 

Baziu,   Francjois   (I,  491),  starb  am  2.  Sept.   1878   in  Paris. 

Beaulieu,  Marie  Desire  Martin  (I,  496),  starb  im  December  1863. 
Von  seinen  Schriften  sind  noch  nachzutragen:  y>Memoire  sur  quelques  airs 
nationaux  qui  .sont  dann  la  tonalite  grerjorienne«  (Niort,  imp.  Favre  1858). 
^Memoire  sur  Vorigitie  de  la  musique«,  Paris  1859.  Ferner  erschien  zu  Niort 
1865:  nNotices  sur  Des.  Mart.  Beaulieu«.  Nach  seinem  Tode  wurden  die  von 
ihm  testamentarisch  ausgesetzten  100,000  Frs.  den  zwei  von  ihm  gegründeten 
Stiftungen  »Association  des  artistes  musiciens«  und  »Societe  de  chant 
classiqucM   ausgezahlt. 

Becker,  Albert  Ernst  Anton,  Componist,  ist  am  13.  Juni  1834  in 
Quedlinburg  geboren  und  zeigte  schon  im  zarten  Knabenalter  ungewöhnliche 
Empfänglichkeit  für  ernste  Musik,  z.  B.  für  die  Choräle,  welche  er  in  der 
Kirche  und  im  häuslichen  Kreise  von  seiner  Mutter  vortragen  hörte,  während 
er  andererseits  gegen  eine  Musik  von  scharf  ausgeprägtem  Rhythmus,  nament- 
lich gegen  die  Tanzmusik  einen,  für  sein  Alter  auffallenden  Widerwillen  empfand. 
Bei  dieser  exclusiven  Richtung  seines  Musiksinnes  vermochte  er  dem,  ihm  in 
seiner  Vaterstadt  zu  Gebote  stehenden  Ciavierunterricht  keinen  Geschmack  ab- 
zugewinnen und  wurde  aus  der  Wackerraann'schen  Ciavierschule,  nachdem  er 
sie  ein  Jahr  lang  besucht  hatte,  als  unfähig  entlassen.  Bis  zu  seinem  fünf- 
zehnten Jahre  blieb  er  ohne  weiteren  Musikunterricht,    verwendete   aber  dabei 


28  Becker. 

seine  Zeit  auf  ein  gründliclies  Gymnasialstudiuni  und  entwickelte  gleichzeitig 
seinen  Tonsinn  mittelbar  im  Umgang  mit  der  Natur  und  den  Dichtungen  der 
modernen  Lyriker.  Die  erste  Aeusserung  seines  musikalischen  Schaffensdranges 
fällt  in  das  Jahr  1850,  wo  er  mit  einer  heimlich  gedichteten  und  componirten 
C  antäte  für  Chor  und  Solostimmen  hervortrat,  welche  bei  einer  Aufführung  im 
elterlichen  Hause  durch  die  Originalität  der  Anlage  die  anwesenden  Fachmänner 
so  sehr  überraschte ,  dass  nunmehr  die  künstlerische  Ausbildung  des  Knaben 
ernstlich  ins  Auge  gefasst  und  er  dem  Organisten  Bönicke  als  Ciavier-  und 
Compositions- Schüler  übergeben  wui'de.  Unter  seiner  Leitung  absolvirte  B.  den 
Contrapuukt  bis  zur  Doppelfuge,  was  ihn  jedoch  nicht  abhielt,  1853  nach  Berlin 
zu  gehen  und  hier  in  Dehn's  Schule  einen  nochmaligen  Cursus  der  Composi- 
tionslehre  durchzumachen.  Als  Frucht  eines  dreijährigen  angestrengten  Studiums 
unter  den  Augen  dieses  Meisters  erschien  1857  B.'s  Erstlingswerk,  ein  Heft 
einstimmiger  Lieder  bei  Siegel  in  Leipzig,  welchem  bald  darauf  ein  zweites 
Heft  »Lieder  im   Volkston  für  Haus  und  Herz«   (Berlin,  Simrock)  folgte. 

Eine  erste  öffentliche  Ermuthigung  seines  Strebens  wurde  B.  zu  theil,  als 
er  1860  von  der  Wiener  Gesellschaft  der  Musikfreunde  den  zweiten  Preis 
für  eine  1858  componirte  Sinfonie  erhielt  (der  erste  Preis  wurde  bei  dieser 
Gelegenheit  Joachim  Raff  zuerkannt).  Doch  sollten  die  Hoffnungen,  welche 
der  Künstler  an  diesen  Erfolg  mit  Recht  knüpfen  durfte,  sich  nicht  verwirk- 
lichen, denn  abgesehen  von  einer  früheren  Aufführung  in  Potsdam  (1859)  ist 
dies  Werk  (selbst  in  Berlin)  dem  Publicum  unbekannt  geblieben.  Die  Muth- 
losigkeit,  welche  sich  in  Folge  dieses  Missgeschickes  bei  B.  geltend  machte, 
hinderte  ihn  zwar  nicht,  rastlos  weiter  zu  schaffen,  veranlasste  ihn  jedoch  1867 
Berlin  zu  verlassen  und  seinen  Wohnsitz  in  Ohlau  zu  nehmen,  um  wenn  mög- 
lich von  hier  aus  zu  einer  Dirigenten  -  Wirksamkeit  in  einer  der  schlesischen 
Mittelstädte  zu  gelangen  —  ein  Plan,  welchen  er  indessen  aufgeben  musste, 
nachdem  er  eingesehen  hatte,  dass  bei  der  Beschränktheit  der  dortigen  Kunst- 
mittel sein  eigenes  Streben  nur  ungenügende  Förderung  zu  erwarten  habe.  Im 
Jahre  1869  wieder  nach  Berlin  zurückgekehrt  widmete  er  sich  dem  Ciavier- 
unterricht, anfänglich  im  Wandelt'schen  Institut,  später  privatim ;  von  den  in- 
zwischen entstandenen  zahlreichen  Gompositionen,  in  denen  sich  eine  immer 
gesteigertere  künstlerische  Reife  kundgab  —  dies  besonders  nachdem  B.  während 
seines  Aufenthaltes  in  Ohlau  durch  das  Studium  Bach's  zu  erneuerten  theoreti- 
schen Studien  angeregt  war  —  gelangten  nur  zwei  Hefte  Lieder  aus  Julius 
Wolff's  »Rattenfänger  von  Hameln«  sowie  aus  dessen  »Wilden  Jäger«  (Leipzig, 
Breitkopf  &  Härtel)  und  eine  Sammlung  von  Nationaltänzen  für  Ciavier  »Magy- 
arenklänge« (Berlin,  Simon)  in  die  Oeffentlichkeit.  Einen  Wendepunkt  in 
B.'s  verhältnissmässig  ereignissloser  Künstlerlaufbahn  bezeichnet  das  Jahr  1878, 
wo  er  die  Anwesenheit  Franz  Liszt's  in  Weimar  benutzte,  um  diesem  eine, 
vor  kurzem  vollendete  Messe  vorzulegen,  und  der  Altmeister  ein  so  lebhaftes 
Interesse  an  dem  Werke  nahm,  dass  er  es  dem  gleichfalls  vorübergehend  in 
Weimar  anwesenden  Carl  Riedel  zur  Aufführung  empfahl.  Durch  die  Ver- 
mittelung  des  letzteren  gelangte  denn  auch  die  B.'sche  Messe  schon  im  fol- 
genden Jahre  in  die  Oeffentlichkeit  und  zwar  unter  so  günstigen  Umstän- 
den —  bei  Gelegenheit  des  von  zahlreichen  Kunstnotabilitäten  aus  allen 
Theilen  Deutschland's  mitgefeierten  Jubiläum  des  Riedel'schen  Chorvereins  zu 
Leipzig  ■ —  und  in  so  sorgfältiger  Ausführung,  dass  die  Bedeutung  dieses 
Werkes  allgemein  anerkannt  wurde  und  die  ungewöhnliche  Fähigkeit  des  Com- 
ponisten  nunmehr  nicht  länger  verborgen  bleiben  konnte;  auch  ist  zu  bemerken, 
dass  die  Firma  Breitkopf  &  Härtel  unmittelbar  nach  der  Aufführung  das  Ver- 
lagsrecht der  Messe  erwarb. 

Mit  Ausnahme  der  früher  erwähnten  Werke  sind  nur  noch  zwei  Arbeiten 
B.'s  im  Druck  erschienen :  Ein  Trauergesang  auf  die  Gefallenen  des  Jahres 
1866  »Weine  nicht!«  (im  Selbstvei-lag)  und  1879  »Sonntagsschul-Harfe«,  Lieder- 
buch für  Sonntagsschulen,   welches    ausser   einer   Anzahl   von    Chorälen    in    der 


Becker  —  Bekker.  29 

Urform   (in    rhythmischer    Weise)    geistliche    Volkslieder,    darunter    einij^e    von 
der  Composition  des    Herausgebers    enthält. 

Becker,  Karl  Ferdinand  (I,  5U4),  starb  1877  im  October. 

Becker,  Georg,  Mitglied  des  Genfer  National -Instituts,  Musikgelehrter 
und  Besitzer  einer  reichen  Bibliothek;  ist  am  24.  Juni  1H34  in  Frankenthal 
geboren.  Er  veröflentlichte  eine  Reihe  werth voller  Schriiten  über  Musik:  nLa 
munique  en  Suisse«^,  »Aperfu  sur  la  chanmu  francaistn,  {du  XI"  ou  XVII'  siecle) 
y>Les  projets  de  notation  musicale  du  XIX*^  siecle  efc^t.  Er  ist  zugleich  Heraus- 
geber des:    nQuentioiinaire  de  Vassociation  internationale  des   musicicns-ecrivainsn. 

B^conrt,  Violinist  am  Theater  Beaujolais  gegen  1785,  schrieb  für  dieses 
Theater  einige  Arien  und  Tänze,  von  denen  einige  allgemein  wurden.  Es  ge- 
hört dazu  auch  ein  Coutre-danse,  welche  unter  dem  Namen  Carillon  national 
ebenfalls  populair  wurde,  und  den  die  Königin  Maria  Antoinette  öfter  auf  dem 
Ciavier  spielte.  Dieser  Melodie  legte  1789  ein  Strassensänger  Namens  Landre 
die  Worte  unter  zu  dem  bekannten  Kevolutionsliede:  »Ah!  fa  iraa. 

Beehgaard,  Julius,  einer  der  talentvollsten  jüngeren  dänischen  Compo- 
nisten,  ist  zu  Kopenhagen  am  19.  December  1843  geboren.  Seine  eigentliche 
musikalische  Ausbildung  kann  erst  von  1859  datirt  werden,  in  welchem  Jahre 
er  nach  Leipzig  ging,  um  am  dortigen  Conservatorium  zu  studiren.  Nach  einem 
zweijährigen  Aufenthalt  daselbst  setzte  er  seine  Studien  in  Kopenhagen  fort, 
und  unter  seineu  Lehrern  dort  sieht  er  selbst  Professor  N.  W.  Gade  als  den- 
jenigen an,  dem  er  seine  reifere  Ausbildung  schuldig  ist.  1872 — 73  erhielt  B. 
das  Ancker'sche  Stipendium,  das  ihn  in  den  Stand  setzte,  eine  Reise  nach 
Deutschland  und  Italien  zu  unternehmen.  Später  lebte  er  einige  Zeit  in  Paris, 
gegenwärtig  ist  er  in  seiner  Geburtsstadt  wohnhaft.  —  Die  Arbeiten  B.'s  be- 
stehen hauptsächlich  in  Liedern  und  Ciaviersachen.  Einige  grössere  Lieder- 
compositionen,  die  Cyklen:  »Seemannsleben«  und  »Am  Schlachtfelde«,  beide  für 
Baritonsolo  mit  Piano,  sind  im  Kopenhagener  Musikverein  1872  und  1880  auf- 
geführt. Der  erste  von  diesen  und  seine  ausserordentlich  hübschen  vierstimmigen 
Lieder:  »Ruhen«  und  »Laubspring«  sind  gewiss  seine  populärsten  Arbeiten. 
Von  Orchesterarbeiten  soll  nur  genannt  werden  eine  gut  componirte  Concert- 
ouvertüre  in  E-moll,  die  mehrmals  aufgeführt  wurde. 

Begiu,  (Pierre),  Ende  des  18.  Jahrhunderts  Organist  und  Carilloneur 
zu  Nimwegen;  gab  heraus:  »Körte  verhandeling  over  hef  zingen  en  speien  in 
de  hervormde  Kerh  van  Nederland  etc.<i  Nymwegen,  H.  Brouwer  1790.  f>JDe  kleine 
muzijkschool  ter  uitoefening  van  hat  psahngesangn.    Veere.    C.  Van  der  Graaf.  1790. 

Begrez,  Pierre  Ignace   (I,  524),   starb  in  London  am   13.  Dec.   18G3. 

Begoiu-SalomoD,  Louise  Frederique  Cohen,  genannt  Salomon.  Pianistin 
in  Paris,  wurde  zu  Marseille  den  9.  August  1831  geboren  und  ist  im  Pariser 
Conservatorium  gebildet,  welches  sie  von  1843 — 1851  besuchte.  In  Paris  er- 
warb sie  sich  sehr  bald  feststehenden  Ruf  als  ausgezeichnete  Pianistin  und  ver- 
pflichtete sich  zugleich  den  jüngeren  Componisten,  indem  sie  deren  Werke  neben 
den  classischen  Meisterwerken  bekannt  zu  machen  sich  stets  bereit  zeigte.  Sie 
ist  als  Lehrerin  in  Paris  ebenso  geschätzt  wie  als  Pianistin. 

Behr,  Heinrich  (I,  525),  führte  in  den  Jahren  1870 — 76  die  Direction 
des  Stadttheaters  in  Cöln  und  lebt  gegenwärtig  als   Privatmann  in  Leipzig. 

Bekker,  C.  A.,  geboren  1831,  ist  Älusikdirektor  in  der  Stadt  Helder. 

Bekker,  Johann  Heinrich,  gehört  zu  einer,  in  den  Niederlanden  höchst 
ehrenvoll  bekannten  Künstlerfamilie.  Er  ist  am  5.  Januar  1826  zu  Windschoten 
in  der  Provinz  Groningen  geboren;  besuchte  die  königliche  Musikschule  in 
Haag,  wo  er  bei  dem  Hoforganisten  M.  F.  Smit  Orgel  studirte.  1847  erhielt 
er  in  Meppel  in  der  Provinz  Drenthe  eine  Anstellung  als  Organist,  und  wurde 
1851  Musikdirektor  in  Gouda.  Im  Druck  erschien  von  ihm  ausser  Ciavier- 
stücken: »Zangers  feesfkoon<,  dreistimmige  Cantatc;  »Quatorze  chants  d'enfantm. 
Vier  seiner  Brüder  sind  gleichfalls   Musiker,  der  älteste   von  ihnen: 


30  Becker  —  Bellere. 

Bekker,  0,  J.,  geboren  zu  Windschoten  1820,  lebt  als  Musikdirektor  in 
Vlissingeu,     Ferner: 

Itekker,  0.  J.,  1837  zu  Windschoten  geboren,  studirte  auf  der  Musik- 
schule in  Haag;  ging  nach  Ost- Indien  und  lebt  als  Organist  und  Musiklehrer  in 
Padang  (Sumatra).      Der  jüngste  dieser  Brüder: 

Bekker,  P.  R.,  ausgezeichneter  Violoncellist,  wurde  am  23.  Mai  1839 
ebenfalls  in  Windschoten  geboren,  besuchte  1852  das  Conservatorium  zu 
Brüssel,  wo  er  als  Schüler  von  Servais  den  Preis  erhielt.  Seit  1855  lebt  er 
in  Utrecht  als  Musiklehrer  und  erhielt  1861,  nachdem  er  in  Antwerpen  con- 
certirt  hatte,  den  Titel  eines  Solo- Violinisten  des  Königs  der  Niederlande.  Er 
starb  in  Utrecht  vor  einigen    Jahren. 

Bekuhr,  Grottlob  Fried r.  Wilh.,  Prediger  zu  Vogelsdorf  in  Sachsen, 
gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  veröffentlichte  ein  sehr  vortreffliches  Buch: 
»Ueber  die  Kirchen-Melodien«,  Halle  1796,  in  8",  154  S. 

Belcke,  Christian  Grottlieb  (I,  527),  starb  am  8.  Juli  1875. 

Belcke,  Friedr.  August  (I,  527)  starb  am  10.  December  1874. 

Beliczay,  Julius  von,  wurde  am  10.  August  1835  in  Coraorn  geboren. 
Sein  Vater,  ein  angesehener,  wohlhabender  Holzhändler,  bestimmte  den  Sohn 
für  den  Beruf  eines  Ingenieurs.  Dieser  besuchte  zunächst  die  Elementarschule 
seiner  Vaterstadt,  kam  dann  nach  Pressburg  1847  und  endlich  1851  zum  Be- 
such des  k.  k.  polytechnischen  Instituts  nach  Wien.  Daneben  hatte  er  auch 
früh  gründlichen  Unterricht  in  der  Musik  erhalten ;  und  auch  in  Wien  war  er 
eifrig  bemüht,  seine  Studien  nach  dieser  Seite  fortzusetzen.  Er  suchte  den 
Unterricht  bedeutender  Lehrer,  übte  fleissig  Ciavier  und  versuchte  sich  in  den 
verschiedensten  Formen  der  Composition.  Nachdem  er  seinen  Cursus  im  poly- 
technischen Institut  beendet  hatte,  ging  er  nach  Pressburg  und  verweilte  hier 
ein  ganzes  Jahr.  1858  trat  er  dann  als  Ingenieur  in  das  Bureau  der  Theiss- 
bahn-Gesellschaft.  Daneben  betrieb  er  aber  auch  die  Musik  immer  so  ernst 
und  eifrig  wie  einen  Beruf.  Er  studirte  noch  Ciavierspiel  bei  Anton  Halm 
und  später  auch  Theorie  bei  Nottebohm.  In  mehreren  Coucerten,  die  er  in 
Wien  veranstaltete,  gab  er  Proben  der  bedeutenden  Fortschritte,  die  er  bei  so 
ernstem  Streben  machte.  Seine  theoretischen  Studien  befähigten  ihn  auch  als 
Lehrer  der  Theorie  mit  Erfolg  zu  wirken.  Im  Mai  1871  ging  er  als  Ober- 
Ingenieur  der  königl.  ungarischen  Staatsbahn  nach  Pest.  Von  seinen  Compo- 
sitionen  sind  zu  erwähnen:  eine  Messe  (in  Fdur),  ein  Ave  Maria,  ein  Streich- 
quartett (als  Op.  21  bei  Breitkopf  &  Härtel  erschienen),  Ciavierstücke  und  Lieder. 

Belikoff,  M.,  Inspector  der  kaiserl.  Kapelle  in  Petersburg,  in  den  fünf- 
ziger Jahren  dieses  Jahrhunderts,  hat  mehrere  Werke  von  F.  J.  Fetis:  y>Curio- 
sites  historiques  de  la  musiquev^  etc.,  Petersburg  1833,  1  Bd.  in  8"  und  y>La 
musique  mise  ä  la  portee  de  tout  le  mondea^,  Petersburg  1835,  1  Bd.  in  8°  ins 
Bussische  übertragen. 

Bellazzi,  Francesco,  venetianischer  Componist,  Schüler  von  J.  Gabrieli, 
lebte  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.  Seine  Compositionen  im  Style 
des  Monteverde  erschienen  1618 — 28  in  Venedig  bei  Bart.  Magni  im  Druck. 
Es  sind  vier  fünf-  und  achtstimmige  y>Sahni  di  vesperia,  »Salmi  intieri»,  nSalmi  con- 
certatia  etc.  Das  letzte  Werk  ist  y>Missa  Magnißcat  et  motetti  concertati  e 
correnti,  fahi  hordoni  con  Gloria  Patri  e  canzone  francese  a  S  voci  con  par- 
tituraci,  op.  VIII,   1628,  in  4^. 

Bellere,  Jean,  mit  seinem  flandrischen  Namen  Beclaei-ts,  Buchhändler  in 
Antwerpen  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts,  beschäftigte  sich  haupt- 
sächlich mit  der  Herausgabe  von  musikalischen  AVerken  seiner  Epoche.  1579 
assossirte  er  sich  mit  Pierre  Phalese,  dem  Sohn  eines  Buchdruckers  in  Löwen, 
der  durch  zahlreiche  und  werthvolle  Ausgaben  von  Musikwerken  bereits  Ruf 
erworben  hatte.  Nach  dem  Tode  von  B.  in  den  letzten  Jahren  des  16.  Jahr- 
hunderts verlegte  sein  Sohn  Balthasai-,  der  jetzt  das  Geschäft  fortführt,  dasselbe 


Bellermann         Benekon.  31 

uach  Douai,  woselbst  er  auch  einen  Cutulog  herausgab:  nTliesaurus  hibliutlicca- 
riux  sive  cornu  copiae  Uhrairiar  hrllerianaf,  cum  dnohua  supplcmentisu.  ]>uaci 
1603 — 1605,  den   Cousseiuaker  auf  der  Bibliothi^k  in   Douai   herausfand. 

Bellermnnn,  Constantln  (1,531),  starb  iun  1.  April  1758  zu  Münden 
(nicht   1763). 

Bellermann,  Friedr.  (I,  531),  starb  am  5.  Februar  1874. 

Bcllmanu,  Karl  Michael,  der  grosse  Dichter  und  Sänger  Schwedens, 
geboren  zu  Stockholm  am  4.  Februiir  1740,  ist  eben  so  berechtigt  zu  einem 
Platze  in  der  Geschichte  der  schwedischen  Musik,  als  in  der,  der  schwedischen 
Literatur,  denn  Worte  und  Musik  sind  kaum  anderswo  so  innig  vereint,  als  in 
seineu,  namentlich  in  den  Jahren  1765 — 80  gedichteten  und  componirten  Lie- 
dern: »Die  Episteln  Fredmanns«,  »Die  Lieder  Fredmanns«  und  »Die  Handlungen 
des  bacchanalischen  Ordenscapitelso,  worin  er  seine  genialen,  theils  idyllischen, 
thcils  ])urlesken  Schilderungen  des  Volkslebens  niedergelegt  hat.  Diese  Lieder 
sind  zum  Theil  improvisirt  und  waren  von  Anfang  gar  nicht  dazu  bestimmt, 
in  weiteren  Kreisen  bekannt  zu  werden;  seine  Laute  in  der  Hand,  dichtete 
und  componirte,  spielte  und  saug^sie  B.  Seine  Melodien  in  Noten  aufzuzeich- 
nen vermochte  er  nicht.  —  Olof  Ahlström  (s.  d.)  war  es,  der  dafür  sorgte,  dass 
die  Melodien  B.'s  niedergeschrieben   und  so  für  die  Nachwelt  erhalten  wurden, 

—  ohne  sie  würde  seine  Poesie  kaum  so  verstanden  und  geschätzt  worden  sein. 

—  B.  starb  am  11.  Februar  1795.  Als  er  kurz  vor  seinem  Tode  zum  letzten 
Male  mit  seinen  Freunden  zusammen  war,  spielend  und  singend  bis  spät  in 
die  Nacht,  und  man  ihn  bat  sich  zu  schonen,  da  er  todeskrank  war,  antwortete 
er:  »Lasst  uns  sterben  wie  wir  gelebt  haben:  in  Musik!« 

Benciai,  Pietro  Paolo,  ausgezeichneter  Kirchencomponist,  war  Kapell- 
meister an  der  Sixtinischen  Kapelle  von  1743  — 1755.  Seine  Compositionen 
befinden  sich  in  dem  Archiv  der  Sixtina  und  anderen  Kirchen  Roms,  auch 
gehört  ein  bedeutender  Theil  zur  Bibliothek  des  Abbe  Santini. 

Bendel,  Franz  (I,  540)  starb  am  3.  Juli  1874  in  Berlin. 

Bender,  Valentin  (I,  541),  starb  am  14.  April  1873  in  Brüssel. 

Bendix,  Victor  Emanuel,  zu  Kopenhagen  am  17.  Mai  1851  geboren 
und  Schüler  des  Kopenhageuer  Musikconservatoriums ,  hat  sich  als  guter  Com- 
ponist  und  vorzüglicher  Clavierspieler,  besonders  als  ausgezeichneter  Accompag- 
neur,  gezeigt.  Ausser  verschiedenen  Liedern  und  Claviercompositionen  hat  er 
ein  Trio  in  Adur,  eine  Suite  für  Orchester  und  eine  Sinfonie  u.  m.  geliefert. 
Erwähnt  muss  noch  werden,  dass  er  1872  mit  Axel  Liebiuann  (s.  d.)  zu- 
.sammen  den  »Chorverein«  stiftete,  welcher  jedoch  schon  mit  dem  Tode  des 
letzteren  sich  auflöste.  —  Zwei  Brüder  von  B.,  Fritz  und  Otto  Bendix, 
welche  der  königl.  Kapelle  zu  Kopenhagen  als  Violoncellist  und  Oboist  ange- 
hören, sind  tüchtige  Künstler  auf  ihren  Instrumenten;  der  letztere  ist  zugleich 
ein  anerkannter  Pianist. 

Beneken,  Friedrich  Burchard,  als  Dilettant  beachtenswerther  Lie- 
dercomponist;  ist  geboren  am  13.  August  1760  zu  Kloster  Wennigsen,  einem 
Dorfe  bei  Hannover.  Bekannt  wurde  er  als  Verfasser  des  vielsfesunsfenen  und 
allgemein  beliebten  C-irrabgesanges :  »Wie  sie  so  sanft  ruhn«,  ursprünglich  com- 
l)onirt  für  eine  Stimme  mit  Ciavierbegleitung  in  Fis-dur  und  enthalten  in  des 
Componisten  erstem  Liederhefte:  »Lieder  und  Gesänge  für  fühlende  Seelen, 
nebst  sechs  Menuetten«,  Hannover,  Schmidt,  1787.  Das  auf  der  Stadtbiblio- 
thek zu  Leipzig  auf})ewahrte  Exemplar  dieser  Lieder  —  mit  der  Portrait- 
Silhouette  von  Beneken's  Schwester  geziert  und  drei  Baronessen  von  Knigge 
gewidmet  —  trägt  die  handschriftliche  Bemerkung  des  früheren  Besitzers 
C,  F.  Becker,  dass  es  jene  »Meister-Composition«  enthalte.  Uebrigens  tragen 
auch  die  Menuetten  darin  den  Stempel  nicht  gewöhnlicher  Mache.  B.  war 
nach  der  Zuschrift  in  diesem  AVerke  Hauslehrer  der  jungen  Heri'on  von  Knigge 
zu  Leveste  bei  Hannover    gewesen,    wurde  dann  Diaconus    zu  Ronnenberg  bei 


32  Benes  —  Beretta. 

Hannover  1790  bis  1802  und  starb  als  Pastor  zu  Kloster  Wülfinghausen,  einem 
Dorfe  bei  Hannover,  am  22.  September  1818  (nicht  1822).  Seine  Lieder  fallen 
in  die  naive,  etwas  emplindsame  Periode  der  Haydn'schen  Lieder,  mit  denen 
sie  sogar  die  einfache,  keusche  Sprache  des  gefühlvollen  Herzens  gemein  haben, 
ohne  indess  an  die  grössere  Mannichfaltigkeit  und  Bedeutung  derselben  hinan- 
zureichen. Sie  bestehen  in  folgenden  weiteren  Heften:  »Lieder  und  kleine 
Ciavierstücke  für  gute  Menschen  in  den  Stunden  des  Frohsinns  und  der  Schwer- 
muth«  (Hannover,  Ritschei*,  1794);  »Lieder  der  Unschuld  und  Liebe«  (Hannover, 
Hahn)  und  »Lieder  der  Religion,  der  Freundschaft  und  Liebe«  (Hannover, 
Hahn,  —  zwei  Aufl.).  Ferner  ist  B.'s  Name  eng  verknüpft  mit  Hoppen- 
stedt's  (s.  d.)  »Liedern  für  Volksschulen«,  zu  deren  zweiten  Ausgabe  v.  J. 
1800  er  bereits  die  von  Erk  aufgenommene  Weise  zu  Salis'  »Traute  Heimath 
meiner  Lieben«  beitrug,  und  zu  deren  dritten  von  ihm  »ganz  umgearbeiteten 
und  sehr  vermehrten«  Ausgabe,  und  zwar  1.  Theil,  er  die  »Melodien«  heraus- 
gab (Hannover,  Hahn,  1809).  Im  lesenswerthen  Vorbericht  hierzu  sagt  er, 
dass  die,  mit  einem  B,  bezeichneten  Melodien  (77  unter  149)  von  ihm  eigens 
componirt  seien;  als  schön  ist  besonders  zu  nennen  das  Duett:  »Rosen  welken 
und  verschwinden«.  Der  2,  Theil  dieser  »Melodien«  erschien  bei  demselben 
Verleger  1819,  gänzlich  componirt  vom  Hof- Organisten  Heinrich  Wegen  er. 
—  Diese  Hefte  sind  in  den  Bibliotheken  zu  Hannover  und  Göttingen  fast 
sämmtlich  vorhanden. 

Beues,  Joseph  (Benesch,  1,545)  starb  am  11.  Februar  1873. 

Benuett,  William  Sterndale    (I,  547),  starb  am  1.  Februar  1875, 

Bennot,  John,  seine  Madrigalen-Sammlung  erschien  1599  in  London  in 
4°  unter  dem  Titel:   itMadrigalls  io  4  voycesa. 

Beute,  Math.,  italienischer  Instrumentenmacher  aus  dem  16.  Jahrhundert, 
dessen  Hauptarbeitszeit  gegen  1570  fällt.  Eine  sehr  reich  verzierte  Laute  seiner 
Arbeit  befindet  sich  im  Pariser  Museum  unter  den  Antiquitäten. 

Benucci,  ausgezeichneter  Bass-Buffo  der  italienischen  Oper,  sang  1779 — 82 
und  1795  in  Mailand,  1783 — 86  als  Primo-BuflFo  in  Wien.  Mozart  schrieb 
für  ihn  seinen  »Figaro«,  ebenso  den  Guglielmo  in  »Cosi  fan  tutte«.  B.  »besass 
eine  äusserst  würdevolle  Bassstimme  und  war  ein  ebenso  vollkommener  Sänger 
als  trefflicher  Schauspieler,  der  die  seltene  und  so  löbliche  Gewohnheit  hatte, 
nicht  zu  übertreiben«. 

Berard,  Jean  Baptiste  (I,  550),  sein  Werk:  »VÄrt  du  cliantv.  erschien 
1755  in  8"  zu  Paris. 

Berat,  Eustache,  französischer  Romanzendichter,  der  zwar  durch  seinen 
jüngeren  Bruder  Frederic  (I,  551)  als  Liederdichter  übertrotfen  wurde,  aber 
mit  dem  beiden  eigenthümlichen  Talent  zuerst  hervortrat.  Er  ist  zu  Ronen 
am  4.  Dec.  1791  geboren  und  erfand  bei  seinen  Gesängen  wie  sein  Bruder  Gedicht 
und  Musik.  Einige  von  vollendeter  Komik  werden  mit  Unrecht  seinem  Bruder 
zugeschrieben,  z.  B.  r>J'ai  perdu  mon  coutieau«,  welches  höchst  populär  war.  Es 
gehören  zu  den  von  ihm  verfassten  Chansons,  die  er  auch  zuweilen  selber  sang: 
i>La  lanterne  maffique»,  y>Tac-tac<f,  y>le  Itieur<i,  la  Musette<i,  yiVamour  menetrierii, 
y>Les  Souvenir  d'enfancefi,  nSabet«,  y>Ma  Oolette<i,  yiVAmour  marchand  de  meubles<i 
etc.  B.  spielte  in  seiner  Jugend  Violine,  später  Guitarre,  für  welches  Instru- 
ment er  ein  erstaunliches  Talent  entwickelte  und  für  das  er  auch  einige  höchst 
eigenartige  Stücke  schrieb  und  herausgab.  B.  lebte  in  seinen  letzten  Jahren 
in  stiller  Beschaulichkeit  in  Neuilly  bei  Paris,  wo  er  in  den  siebziger  Jahren 
starb.  Biographische  Notizen  über  ihn  sind  veröffentlicht  in:  y>Eustache  Berat 
par  G.  Boissierea  (Durnetal  impr.  Fruchart)  und  y>Eust.  Berat,  ou  le  Moderne 
Trouverea  (Prosper  Viro,  Paris,  Thunot,  1861,  in  8"  avec  portrait).  Sein  Bild 
ist  auch  gestochen  von  Gelee  nach  Melotte. 

Beretta,  Giovanni-Battista,  Theoretiker,  Professor  der  Musik,  früherer 
Direktor    des    musikalischen   Lyceums    zu    Bologna,    wurde  in  Verona   geboren. 


Berggreen  —  Bergmann.  33 

Er  lebte  in  Mailand  und  üljernahm  die  Fortführung  der  musikalischen  Ency- 
klopädie,  welche  Americo  Barberi  (s.  d.)  begründete.  Er  hatte  dieses  Werk 
bis  zum  Buchstal)en  (t  geführt,  als  ihn  der  Tod  am  28.  April  1870  abrief. 
Der  4^itel  der  Encyklopädie  ist:  »Dizionario  artisticü-scicntißco-storico-tecnologico 
musicale  efc.a.     Milano,  Gioc.  Pirola,  in  8". 

Berggreen,  Andreas  Peter  (I,  555),  wurde  1838  Organist  an  der  Tri- 
nitatiskirche  und  1843  Lehrer  im  Gesang  an  der  Metropolitanschule  in  Kopen- 
hagen (nicht:  »Chordirektor  an  der  Hauptkirche«).  Dasselbe  Jahr  stiftete  er 
den  »Handwerkergesangvereina,  der  erste  Volks-Sängerbund  in  seiner  Vater- 
stadt; 1859  wurde  er  zum  Gesanginspektor  für  die  gelehrten  Schulen,  Schul- 
lehrcrseminarien  und  übrigen  unter  dem  Cultusrainisterium  stehenden  Unter- 
richtsanstalten ernannt;  später  ist  er  zum  Professor  und  von  der  Universität 
zum  Ehrendoktor  creirt  worden.  —  Die  grosse  Bedeutung  B.'s  für  die  dänische 
Musik  beruht  namentlich  auf  seiner  unverdrossenen  Arbeit  im  Dienste  des 
\'olks-,  Kirchen-  und  Schulgesanges;  als  Resultat  dieser  Arbeit  liegt  sein  grosses, 
11  Bände  starkes  Werk:  »Volks-Lieder  und  Melodien,  vaterländische  und  fremde, 
gesammelt  und  mit  Begleitung  des  Pianoforte  gesetzt«,  vor,  ein  Werk,  welches 
durch  seine  kritische  Sorgfalt,  seine  genauen  Erläuterungen,  kurz,  durch  die 
grosse  Geduld  und  Gewissenhaftigkeit,  womit  es  ausgearbeitet  ist,  uns  absolute 
Bewunderung  abnöthigen  muss.  Ferner  sind  zu  erwähnen:  Vier-,  drei-  und 
zweistimmige  Ausgaben  von  Melodien  zu  dänischen  Psalmen  (Gesänge),  und 
mehrere  Bände  vorzüglicher  Schullieder.  —  Dass  ihm  bei  einer  solchen  Thätig- 
keit  nicht  viel  Zeit  zu  selbständigem  Componiren  übrig  blieb,  ist  leicht  zu 
begreifen,  doch  hat  er,  ausser  der  erwähnten  Oper  und  verschiedenen  Liedern 
und  Gesängen,  die  Musik  zu  den  Oehlenschlägerschen  Tragödien:  »Tordenskjold«, 
»Die  Königin  Margrethe«,  »Sokrates«  u.  s.  w.  geschrieben.  Auch  als  Lehrer 
kann  B.  auf  eine  lange  und  erfolgreiche  Thätigkeit  zurückschauen;  unter  seinen 
Schülern  müssen  N.  W.  Gade  und  P.  Heise  hervorgehoben  werden. 

Berghuis,  Johann,  ausgezeichneter  Organist  und  Carillonneur,  geboren 
1725  zu  Zutphen,  starb  1802  in  Delft,  wo  er  an  einer  der  dortigen  Kirchen 
angestellt  war. 

Berghnis,  Friedrich  Johann,  war  der  einzige  Sohn  des  Vorigen  und 
zu  Delft  1762  geboren.  Vom  Vater  gebildet,  folgte  er  diesem  1802  im  Amte. 
Das  Glockenspiel  noch  mehr  bevorzugend  als  die  Orgel,  erlangte  er  in  der 
Kunst,  dasselbe  zu  spielen,  eine  bedeutende  Fertigkeit.  Er  starb  den 
11.  April  1835. 

Bergmann,  Gustav,  geboren  zu  Pfarrkirchen,  Königreich  Baiern,  den 
29.  April  1837.  Seinen  ersten  musikalischen  Unterricht  erhielt  er  von  seinem 
Vater,  der  in  obengenanntem  Ort  Organist  war.  In  seinem  zehnten  Jahre  kam 
er  als  Kapellsänger-Knabe  nach  Altöttingen,  wo  er  Schüler  des  damaligen  schon 
hochbetagten  Kapellorganist  Max  Keller  und  des  Kapellmeisters  Georg  Valentin 
Röder  wurde.  Doch  schon  nach  l'/^  Jahren  musste  er  in  Folge  eingetretenen 
Stimmbruches  nach  Hause  zurückkehren,  wo  ihn  ein  heftiges  Nervenfieber  überfiel. 
Im  Jahre  1852  fand  er  Aufnahme  im  königl.  baierischen  Conservatoriuni  für 
Musik  in  München,  wo  er  bis  zum  Jahr  1855  verweilte.  Seiner  erfreulichen 
Fortschritte,  sowie  seines  übrigen  guten  Verhaltens  halber,  wurde  er  der  er- 
klärte Liebling  des  damaligen  Direktors  Franz  Hauser.  Im  Jahre  1857  trat 
B.  in  die  erete  öfl'entliche  Stellung,  und  zwar  als  Musiklehrer  am  ersten  Seminar 
im  Kloster  Metten  ein,  in  welcher  Stelle  er  jedoch  nur  ein  Jahr  verblieb,  um 
wieder  nach  INIünchen  zurückzukehren,  wo  er  seine  contrapunktischen  Studien 
fortsetzte  und  vollendete.  Seine  Lehrer  waren  (1858)  SchetVer  und  Bernhard 
Scholz.  Im  Februar  1859  siedelte  er  nach  Kloster  Scheyeru  über,  um  wieder- 
holt als  Serainar-Musiklehrer  zu  wirken.  1863  finden  wir  ihn  wieder  in  Mün- 
chen als  Organist  am  deutschen  Congregationssaal-  und  königl.  Wilhelms- 
gymnasium .  wo  er  zugleich  für  seine  Compositionsversuche  die  Unterweisung 
Franz  Lachners  genoss.      Im   Jahre   1864   erhielt  er  eiuen   Ruf  als   Musiklehrer 

Musikal.  Couvers.-L  xikou.    Ergäuzuut^sbaud.  3 


34  liergmann   —  Bertha. 

in  die  Schweiz  (Muri  Canton  Aargau),  in  welcher  Stelle  er  sechs  Jahre  verblieb. 
1870  wurde  er  als  Direktor  des  Cäcilenvereins  und  der  Liedertafel  nach  Solo- 
thurn  berufen.  1873  wurde  er  als  Musikdirektor  und  Organist  nach  Laufenburg 
gewählt.  1875  wählte  ihn  die  Regierung  des  Cantons  Aargau  als  Musiklehrer 
an  das  Lehrerseminar  Wettingen,  welche  Stelle  er  noch  bekleidet.  Von  seinen 
Compositionen  sind  bis  jetzt  mit  Opuszahl  22  erschienen,  die  alle  sein  Wissen 
und  Können  aufs  Beste  bekunden,  und  die  zu  der  sichern  Hoffnung  berechtigen, 
dass  noch  vieles  Gute  von  ihm  zu  erwarten  ist. 

Itergnianu,  Karl   (I,  588),  starb  am   10.  August  1876. 

Bergonzi,  Carlo  (I,  556).  Seine  besten  Arbeiten  fallen  schon  in  die 
Jahre  1712—55. 

Bergouzi,  Francisco,  in  Cremona,  Vater  des  Carlo  B.,  war  ebenfalls  treff- 
licher Geigenmacher  in  der  Zeit  von   1680 — 1700. 

Bergonzi,  Zosimo,  in  Cremona,  gestorben  1760,  wahrscheinlich  ein  Enkel 
des  Carlo  B.,  nicht  so  bedeutend  wie  dieser. 

Beruard,  Moritz  (I,  563),  componirte  auch  eine  russische  Oper,  welche 
beifällig  aufgenommen  wux-de.     Er  starb  am  9.  Mai   1871   in  St.  Petersburg. 

Beruardel,  Auguste  Sebastien  Philippe,  französischer  Listrumenten- 
macher,  ist  am  12.  Januar  1802  zu  Mirecourt  geboren.  Er  kam  nach  Paris 
und  arbeitete  in  den  Ateliers  von  Nie.  Luipot  und  E.  Gand,  etablirte  sich  dann 
selbst  und  erwarb  durch  die  von  ihm  verfertigten  Violinen,  Violoncellos  und  Con- 
trabässe bald  Ruf  und  die  ersten  Auszeichnungen  auf  den  Weltausstellungen  (London 
1851  den  ersten  Preis).  1859  associrte  er  sich  mit  seinen  Söhnen  Ernst  August 
und  Gustav  Adolph,  und  diese  nach  dem  Tode  des  Vaters,  welcher  am  6.  August 
1870  in  Bougival  erfolgte,  mit  Eugene  Gand.  Die  Firma  heisst  jetzt:  Eugene 
Gand  et  Bernardel  Freres,  Paris. 

Berneville,  Gillebert  de,  Troubadour  des  13.  Jahrhunderts,  zu  Courtrai, 
wahrscheinlicher  in  dem  kleinen  Dorfe  Berneville  bei  Arras  geboren,  befand  sich 
im  Dienste  Heinrichs  III.  Herzogs  von  Brabant,  der  1260  starb  und  von  dem 
ein  Gesang:  »Biau  Gillebert  sHl  vos  agree  etc.v^  vorhanden  ist.  Von  B.,  dessen 
Liebeslieder,  obgleich  er  verheirathet  war,  an  Beatrix  d'Audenarde  gerichtet 
sind,  besitzt  die  Pariser  Bibliothek  (im  Manuscript  Nr.  7222)  fünfzehn  mit 
Notation  versehene  Lieder,  und  in  zwei  anderen  Mauuscripten  (65  und  66  fonds 
de  Cange)  noch  sechs  Gesänge. 

Bernhard,  B.,  wurde  gegen  1812  in  Strassburg  geboren,  und  erhielt  seine 
Ausbildung  in  Paris.  Er  verfasste  mehrere  interessante  Schriften,  die  Insti- 
tutionen der  Spielleute  im  Mittelalter,  betreffend,  die  auf  gründliche  Forschungen 
in  den  Archiven  von  Strassburg,  Colmar  und  Paris  gegründet  sind.  Aus  seiner 
Abhandlung,  über  die  Zunft  der  Spielleute  in  Paris  {y>Bihliotheque  de  Vecole 
des  chartesii,  t.  III,  IV,  V),  sind  Auszüge  veröffentlicht.  Eine  andere  Schrift 
behandelt  die  Zunft  der  Spielleute  im  Elsass,  sie  hat  den  Titel:  »Notice  sur  la 
confrerie  des  joueurs  d'instruments  d'Alsace  relevant  de  la  juridiction  des  anciens 
seiqneurs  de  Ribaupierre,  et  plus  tard  de  celle  des  Palatins  de  Biricenfeld,  aujourdliui 
inaison  royal  de  Saxe.fi  {»Bevue  historique  de  la  noblessea,  t.  III,  15  livraison  Paris 
1844,  p.  169—190.) 

Bert.'ili,  Antonio  (I,  568),  ist  im  März  1605  zu  Verona  geboren,  trat 
spätestens  1637  als  Instrumentist  in  die  Wiener  Hof  kapeile,  wurde  am 
1.  October  1649  kaisei'l.  Kapellmeister  und  starb  als  solcher  am  1.  y^pril  1669. 
Vom  Kaiser  erhielt  er  1651  als  Gnadengabe  3000  11.  und  1662  1500  fl.;  1641 
aber  eine  goldene  Medaille. 

Bertelmaun,  Johann  Georg,  nicht  Johann  Gottfried  (I,  568).  Gebo- 
ren wurde  derselbe  am  21.  Januar  1782  (nicht  1785)  und  starb  am  25.  Januar 
1854   (nicht  1849). 

Bertelsmann,  Carl  August  (1,568),  starb  zu  Amsterdam  am  20.  Nov.  1861. 

Bertha,  Alexander,  vau,  Componist,  zu  Pest  in  Ungarn  geboren,  ver- 
liess  aus  Liebe  zur  Musik  die  bereits  betretene  Laufbahn  als  Jurist  und  ging 


Bertin  —  Biupi.  35 

seiner  musikalischen  Studien  halber  nach  Leipzig  zu  Hauptmann  und  Moscheles  und 
nach  Berlin,  wo  er  Unterricht  von  H.  v.  Bülow  erhielt.  Hierauf  besuchte  er  F*aris. 
Zu  seinen  Corapositionon  ifchöron  ausser  einer  Sinfonie,  (Quartetten  und  Sonaten, 
vornehmlich  ungarisch-nationale  Stücke,  »Palotas«  u.  s.  w.,  auch  eine  National- 
Hymne,  für  welche  B.  vom   Kaiser  von  Oestreich  eine  goldne  Medaille  erhielt. 

Bortin,  Louise  Angelique  (I,  569),  starb  am  26.  April  1877  in  Paris 
als  Besitzerin   des  von  ihrem  Vater  gegründeten   »Journal  des  Debats«. 

Bertiiii,  Domenico,  Componist  und  Lehrer,  ist  zu  Lucca  den  26.  .luni 
1829  geboren.  Nach  einigen  Zwischenfällen  vollendete  er  seine  musikalische 
Bildung,  so  dass  er  1850  mit  einer  Messe  und  einer  Cantate  seiner  Compo- 
sition  hervortrat.  Diesen  folgten  noch  andere  Kirchencompositionen  und  zwei 
Opern.  1853  wurde  B.  Lehrer  der  Composition  am  Cäcilien-Verein  iind  ('on- 
eertmeister  am  Theater  in  Lucca.  1857  Direktor  und  Kapellmeister  des  Musik- 
Instituts  Massa-Carrara.  1862  Hess  er  sich  in  Florenz  nieder  und  widmete 
sich  ausschliesslich  dem  Gesang-Unterricht,  auch  wurde  er  Direktor  der  Gesell- 
schaft Cherubini.  1866  veröffentlichte  B.  ein  Handbuch  der  Musik,  nach  einem 
eigenen  System  verfasst,  welches  mit  Erfolg  von  ihm  benutzt  wird  und  die 
Zustimmung  der  Direktoren  der  Conservatorien  von  Neapel,  Mailand,  Palermo 
lind  anderen  erhielt.  Der  Titel  ist:  r>Oompendio  dt  principii  di  musica  secondo 
tili  nuovo  sistema.v 

Bertrand,  Jean  Gustave,  Musikschriftsteller,  geboren  zu  Vaugirard  (Paris) 
den  24.  December  1834,  machte  gründliche  Studien  am  Lyceum  »Louis  le 
Grand«  und  »l'ecole  des  Chartescf.  Seine  vorzugsweise  Beschäftigung  mit  der 
Archäologie  der  Helenen  ergab  den  Aufsatz:  y>V Histoire  de  Vorgue  dann  Vantiquite 
et  au  moyen  ägeif,  aus  welchem  Abschnitte  im  Journal  »la  Maitrise«  veröffentlicht 
wurden.  Als  Mitglied  des  Comites  für  archäologische  Forschung  war  B.  mehrere 
Jahre  hindurch  für  Zwecke  dieser  Gesellschaft  auf  Reisen  in  Russland,  wo  er 
sich  auch  eingehend  mit  der  Musik  des  Landes  beschäftigte,  und  seine  Beobach- 
tungen zusammen  mit  denen  die  er  in  Deutschland  und  Italien  gemacht,  in 
folgendem  Werke  veröffentlichte:  f>Les  Nationalites  musicales  etudiees  dans  le 
drame  lyriquea.  Seine  weiteren  auf  Musik  bezüglichen  Schriften  sind:  y> Histoire 
ecelesiastique  de  VOrguea,  Paris,  Ch.  de  Mourgues  1859,  in  8*'.  ^Essai  sur  la 
musique  dans  Vantiquitev,  Paris,  Didot.  (Ein  wichtiger  Artikel  hieraus  in: 
•s>V Encyclopedie  modernem.')  »Les  origines  de  Vharmonie<i  (Separat-Abdruck  in:  »Za 
Revue  moderne<f  du  1®,  Sept.  1866).  »De  la  reforme  des  etudes  du  chant  au  Con- 
servatoire«,  Paris,  Heugel   1871. 

Besanzoni,  Ferdinande   (I,  591),  starb  in   Venedig  am  5.  Dec.   1868. 

Besozzi,  Louis  Dcsire  (I,  600),  starb  am  11.  Nov.   1879  in  Paris. 

Bessems,  Antoine    (I,  601),  starb  in  Paris  am   19.   Oct.   1868. 

Benrhnsins  (1,606).  Die  nJErotemata«  sind  zu  Tremonia  (Dortmund)  erschienen. 

Bingi,  Alamanno  (I,  623),  ist  am  20.  December  1806  zu  Florenz  geboren 
und  starb  ebenda  am  26.  Juni  1861.  Er  besuchte  in  seiner  Vaterstadt  die 
Klassen  der  Akademie  der  Künste  und  war  ein  ebenso  vorzüglicher  Violonist 
wie  Orchesterdirigent.  Längere  Zeit  gehörte  er  in  dieser  Eigenschaft  zur 
Kammermusik  und  der  Kapelle  des  Grossherzogs  von  Toscana  und  wurde  dann 
Orchesterdirigent  am  Theater.  Seine  sehr  zahlreichen  Compositionen  entbehren 
keineswegs  des  AVerthes,  blieben  jedoch  fast  sämmtlich  ungedruckt.  Es  sind 
Kirchenmusik-  und  Instrumentalstücke.  Von  den  letzteren  erhielt  ein  schönes 
Quartett  (zwei  Violinen,  Violoncell,  Alt)  unmittelbar  vor  seinem  Tode,  den  Preis 
der  Florentiner  Quartett-Gesellschaft.  Vom  Goxivernement  dazu  berufen,  redi- 
girte  er  in  Gemeinschaft  mit  Dr.  Basevi  und  L.  T.  Casamorata  die  Statuten 
für  die  zu  errichtende  königl.  Musikschule,  deren  Eröffnung,  welche  Ende  des 
Jahres   1861   stattfand,  er  indessen  nicht  erlebte. 

Bia?i,  Alessandro,  Componist,  Organist  und  Lehrer,  lebt  als  solcher  ge- 
schätzt in  Florenz,  wo  er  am  20.  Januar  1819  geboren  wurde.  Schüler  der 
dortigen  Akademie,  wurde  er  1857  au  Stelle  Palafutis  Lehrer  des  Ciavierspiels 

3* 


36  Biaggi        Bitter. 

an  diesem  Institut.  Ausser  den  Ciavier-  und  Gesangscompositioneu,  die  sich 
Freunde  erworben,  versuchte  er  sich  auch  mit  zwei  Opern,  die  in  Florenz  günstig 
aufgenommen  wurden.  Zu  erwähnen  ist  noch:  »Canfico  di  Zaccariaa  1858,  für 
vier  Stimmen.  Chor  und  Orchester,  für  welche  er  von  der  Akademie  die  goldene 
Medaille  erhielt,  und  ein  Pater  noster  über  Verse  von  Dante,  welche  bei  einer 
Festlichkeit  zu  Ehren  dieses  Dichters  aufgefülirt  wurden. 

Biag^ri»  GirolamoAllessandro,  italienischer  Musikhistoriker  und  Kritiker, 
wurde  in  Mailand  gegen  1815  geboren  und  besuchte  das  dortige  Conservatoriura 
von  1829 — 1839.  Mit  einer  soliden  und  gründlichen  musikalischen  Bildung 
ausgestattet,  bewegte  er  sich  jedoch  ganz  ausschliesslich  nur  auf  dem  Gebiete 
der  Musikliteratur,  Historie  und  Ki-itik.  Er  redigirte  in  Mailand  das  Jour- 
nal »ritalia  musicale«  und  veröffentlichte  das  Buch:  yiDella  Musica  religiosa  e 
delle  questioni  inerenti  discorsoif,  Mailand,  Lucca  1857,  in  8",  200  p.  Nach 
Florenz  übersiedelt,  wurde  er  daselbst  nach  der  Errichtung  der  Königl.  Musik- 
schule an  derselben  als  Professor  der  Aesthetik  und  Musikgeschichte  angestellt. 
Gleichzeitig  war  er  als  Kritiker  an  den  Zeitungen:  »Gazzetta  d'Italia«  (unter 
dem  Pseudonym  Ipolito  Albano),  »la  Nazione«  und  »Nuova  Antologia«  thätig. 

Bial,  Rudolph  (I,  623),  übernahm  1877  die  Direction  des  Kroll'schen 
Theaters  und  ging  1879  nach  Amerika. 

Big-UOD,  Louis,  Organist,  geboren  zu  Paris  den  12.  Juli  1827,  starb  in 
Marseille  1874  als  Oi'ganist  der  Kirche  Notre  Dame-du-Mont  und  Lehrer  der 
Composition  am  dortigen  Conservatorium.  Er  gab  heraus:  ^-»Methode  pratique 
d' accompagnement  du  plain-chanta,  Blanchet,  Paris. 

Billert,  Karl  Friedr.  Aug.   (II,  5),  starb  am  22.  December  1875. 

Bimboui,  Giovacchino,  Lehrer  für  Trompete  und  Posaune  an  der  königl. 
Musikschule  in  Florenz,  seiner  Vaterstadt,  in  der  er  am  19.  August  1810  ge- 
boren wurde.  Er  bevorzugte  erst  die  Flöte,  auf  welchem  Instrument  er  sich 
als  Virtuose  hören  Hess.  Später  erlangte  er  auch  auf  der  Posaune  viel  Ge- 
schicklichkeit. Dieses  Instrument  verbesserte  er  nach  dem  System  des  Cornet 
ä  piston  und  nannte  es  »Bimbonifono«.  Er  stellte  es  auf  der  Wiener  Weltaus- 
stellung aus  und  erwarb   sich  mehrere  Auszeichnungen. 

Birnbach,  Joseph  Benjamin  Heinrich  (II,  16),  starb  am  24.  August 
1879  in  Berlin. 

Bishop)  Anna,  Miss,  berühmte  englische  Sängerin,  geboren  gegen  1814. 
Da  ihx'e  musikalische  Begabung  sehr  früh  hervortrat,  wurde  sie  anfangs  zur 
Pianistin  ex'zogen  und  war  Schülerin  von  Moscheies ;  als  ihre  Stimme  sich  jedoch 
in  wunderbarer  Weise  entwickelte,  fand  sie  Aufnahme  in  die  »Royal  Academy 
of  Music«,  wo  ihre  Sopranstimme  zur  herrlichsten  Entfaltung  kam.  1837  trat 
sie  als  Concertsängerin  in  die  Oeflfentlichkeit  und  errang  ungetheilten  Beifall, 
bei  den  Musikfesten  und  in  den  Concerten  der  Philharmonie  Society,  wo  sie 
hauptsächlich  Händel,  Mozart  und  Haydn  sang.  1831  hatte  sie,  17  Jahr  alt, 
den  Musikdirektor  Bishop  geheiratet,  den  sie  1839  aber  verlies,  um  ihrem  Ge- 
liebten dem  Harfenvirtuosen  Bochsa  (s.  d.  A.)  zu  folgen.  Beide  durchreisten 
sodann  ganz  Europa,  überall  Enthusiasmus  erregend.  1843  durchzogen  sie  Italien, 
wo  Anna  B.,  die  inzwischen  sich  mit  der  italienischen  Opernmusik  bekannt  ge- 
macht hatte,  auch  auf  diesem  Gebiete  seltene  Triumpfe  feierte.  In  Neapel,  wo 
sie  zuerst  nur  als  Gast  auftrat,  sang  sie  327  mal  in  etwas  mehr  als  zwei  Jahren 
in  den  beiden  königl.  Theatern  San  Carlo  und  Fondo.  Bochsa  dirigirte  alle 
Opern,  in  denen  sie  sang.  Hierauf  gingen  beide  Künstler,  nach  einem  kurzen 
Aufenthalt  in  England,  nach  Amerika  und  dann  nach  Australien,  Nachdem 
Bochsa  in  Sidney  daselbst  gestorben  war,  kehrte  A.  B.  nach  England  zui'ück, 
entsagte  jedoch  der  OefFentlichkeit. 

Bitter,  C.  H.,  ist  geboren  am  27.  Februar  1813  zu  Schwedt  a.  0.  In 
Berlin,  wohin  sein  Vater  als  Geheimer  Ober-Finanzrath  berufen  wurde,  erhielt 
er  seine  wissenschaftliche  Ausbildung.  Hier  besuchte  er  auch  (seit  1830)  die 
Universität  und  dann  noch  die  in  Bonn.     1833  wxirde  er  in  Berlin  Auscultator, 


Bizet  —  Blaeis.  87 

1835  Regierungsreforendur  in  Potsdam;  1845  crfolgto  in  Frankfurt  h.  O. 
seine  Ernennung  zum  Regierungsnilh ;  1850  ging  er  in  dieser  Eigenschaft  nach 
Minden.  Als  solcher  war  er  auch  Mitglied  der  .Fury  der  Pariser  Weltaus- 
stellung 1855.  Seit  185()  gehörte  er  als  Künigl.  Prcuss.  Bevollmächtigter  der 
europäischen  Donau-Comraission,  die  ihren  Sitz  in  (lalatz  hatte,  an.  Nachdem 
er  1858  zum  Geh.  Regierungsrath  ernannt  worden  war,  erfolgte  1860  auf  seinen 
Wunsch  seine  Abberufung.  Er  ging  als  General-Inspektor  der  Rhein-Scliilffahrt 
nach  Mannheim,  siedelte  18G8  nach  Berlin  über,  und  wurde  dort  1809  Obcr- 
Regierungbrath  der  Finanz- Abtheilung  in  Posen.  1870  erhielt  er  die  Präfectur 
des  Vogesen-Departements,  ging  im  Juli  1871  als  Regierungs-Präsident  nach 
Posen,  1872  nach  Schleswig  und  1876  nach  Düsseldorf.  Von  hier  aus  wurde 
er  nach  Berlin  als  Unterstaatssecretair  in  das  Ministerium  des  Innern  berufen, 
und  1879  übernahm  er  das  Portefeuille  des  prcussischen  Finanzministers.  Neben 
seiner  amtlichen  Thätigkeit  gewann  er  noch  hinreichend  Zeit  sich  eingehend 
mit  Musik  zu  beschäftigen.  Er  veröffentlichte:  »Job,  Seb.  Bach«,  Berlin, 
Schneider,  2  Bände,  1865;  die  erste  Lieferung  der  neuen  Aullage  ist  bei 
Wilh.  Baeusch  in  Dresden  1880  erschienen.  Ferner:  Mozarts  »Don  Juan«  und 
Glucks  »Iphigenia«  (1866) ;  »Carl  Phil.  Em.  und  Wilh.  Friedemann  Bach  und 
seine  Brüder«  (1868);  »lieber  Gervinus  Händel  und  Shakespeare«  (1869); 
»Dr.  C.  Lowe's  Selbstbiographie«  (1870)  und  »Beiträge  zur  Geschichte  des 
Oratoriums«  (1872).  Endlich  gab  er  auch  eine  verbesserte  Uebersetzung  des 
»Don  Juan«   1872  heraus. 

Bizet,  George,  ist  am  25.  November  1838  in  Paris  geboren;  bereits  als 
13 jähriger  Knabe  erhielt  er  am  Pariser  Conservatorium  den  ersten  Ciavier- 
preis, fünf  Jahre  darauf  den  «PrLr  de  Roma.  Auch  sein  erstes  Debüt  auf 
dem  Theater  war  vom  Glück  gekrönt.  Offenbach  —  damals  Direktor  der 
^Bouff'esfi  —  hatte  1857  einen  Preis  für  die  Composition  der  Operette:  »Xe 
Docteur  Miraclea.  ausgesetzt,  und  B.  und  Lecocq  trugen  den  Preis  davon.  Beide 
Opern  wurden  aufgeführt,  und  während  Lecocq  von  da  an  hauptsächlich  diesem 
Genre  seine  Thätigkeit  widmete,  schlug  B.  eine  ernstere  Richtung  ein;  er 
btudirte  mehr  die  deutschen  Meister,  doch  hatten  die  beiden  Opern,  die  er 
demnächst  auf  die  Bühne  brachte:  »Zes  Pecheurs  des  Perlesu  (1863)  und  j>La 
jolie  fille  de  Periha.  (1867)  nicht  den  erwarteten  Erfolg.  Seine  eigenthümlichen 
Harmoniefolgen  und  Melodiebildungen  fanden  wenig  Anklang  beim  Publicum, 
und  so  wandte  B.  sich  vom  Theater  ab  und  suchte  auf  dem  instrumentalen 
Gebiet  ein  fruchtreicheres  Feld  für  seine  Thätigkeit.  Er  schrieb  in  kurzer 
Zeit  eine  Reihe  von  Ouvertüren,  Balletpiecen  und  Orchesterstücken  aller  Art, 
die  sehr  freundliche  Aufnahme  fanden.  Es  wurde  daher  dem  Direktor  des 
Theätre-Lyrique-Cavalho  nicht  leicht,  ihn  zu  bewegen,  die  Musik  zu  einem 
Stück  von  Alph.  Daudet:  «L^Arlesienne«  zu  schreiben.  Der  bedeutende  Erfolg, 
den  B.  damit  erreichte,  versöhnte  ihn  wieder  mit  dem  Theater,  wo  ihm  nun- 
mehr der  Beifall  nicht  ausblieb.  Seine  nachfolgenden  Opern :  »iVi^mo«  (1871), 
»Djamileha  (1872),  vor  Allem:  y)Carmen<i  (1875)  wurden  mit  Beifall  aufgenom- 
men. Die  letztere  ist  auch  in  Deutschland  gegeben  worden  (in  Wien  und 
Berlin)  mit  getheiltem  Erfolge.  1869  hatte  sich  B.  mit  der  Tochter  seines 
Lehrers  Halcvy  verheiratet;  er  starb  bereits   1875  am   3.  September. 

HIagruve,   Henry   (II,   23),  starlj   in  London  am   15.   December   1872. 

Blasis,  Francesco  Antonio  (11,43),  ist  als  Sohn  des  Viceadmirals  der 
spanischen  Flotte,  in  Neapel  1765  geboren.  Ausser  der  Oper  »Arminio«  sind 
von  ihm  in  Italien  ungefähr  zwölf  Opern  und  Ballette,  eben  so  viele  in  Frank- 
reich, während  er  seinen  Wohnsitz  in  Marseille  hatte,  aufgeführt  worden.  Ausser- 
dem componirte  er  Arien,  Messen  und  dergleichen,  und  schrieb  Schulen  für 
Ciavier,  Violine  und  Gesang,  Lehre  der  Harmonie  und  des  Contrapunkts,  mehrere 
Biographien,  einige  Operntexto.  Auch  soll  er  eine  Musikgeschichte  geschrieben 
haben.  Er  starb  am  22.  August  1851  in  Florenz,  wo  ihm  im  Kloster  zum 
heiligen  Kreuz  ein  Denkmal  gesetzt  ist. 


38  Blazon  —  Böckeier. 

Blazoii,  Thibaut  de,  Troubadour  des  13.  Jahrhunderts,  gehörte  zur  Be- 
gleitung des  Thibaut,  Königs  von  Navarra  und  Graf  von  Champagne.  Acht 
Manuscripic  seiner,  mit  Musik  versehenen  (iesänge  befinden  sich  auf  der 
Pariser  Bibliothek. 

Itlithcinaun,  William,  ein  ausgQzeichneter  englischer  Musiker,  war  Mit- 
glied der  Kapelle  der  Königin  Elisabeth  und  als  Orgelspieler  berühmt.  Er 
wurde  1586  Baccalaureus  der  Musik  zu  Cambridge ,  einige  Jahre  darauf 
Doktor  der  Musik  und  starb  am  Pfingstsonntag  1591.  Besonderes  Verdienst 
erwarb  er  sich  als  Lehrer  des  ausgezeichneten  englischen  Musikers  John  Bull 
(s.  d.  Bd.  II,  224). 

Blodek,  Wilhelm   (II,   51),   starb  am   1.  Mai   1874  in  Prag. 

Boccherini  (II,  60)  ist  geboren  am  14.  Januar  1743  zu  Lucca  und  starb 
am  28.  Mai  1806  zu  Madrid.  Das  Haus  in  Lucca,  in  welchem  die  Familie 
15  Jahre  wohnte,  ist  durch  die  Stadtbehörden  mit  einer  Tafel  versehen  worden, 
welche   1743   als   Geburts-   und   1806  als  Todesjahr  angiebt. 

Boch,  Franz  Paula  de,  geboren  zu  Pottenstein  im  Königgrätzer  Kreis 
in  Böhmen  und  zu  Kosteletz  am  Adlerfluss  erzogen,  wurde  im  Prager  Conser- 
vatorium  zu  einem  bedeutenden  Cello- Virtuosen  gebildet;  war  als  solcher  bis 
1835  im  Prager  landstädtischen  Theater-Orchester  thätig,  und  gehört  seitdem 
als  Cellist  der  Stuttgarter  Kapelle  an.  Einen  Ruf  als  Professor  an  das  Prager 
Conservatorium  lehnte  er  ab.  B.  ist  häufig  mit  Erfolg  als  Solist  öffentlich 
aufgetreten  und  darf  namentlich  als  Mitbegründer  der  ersten  öffentlichen  Quar- 
tett-Aufführungen genannt  werden.  Von  seinen  Compositionen  sind  mehrere 
Werke  für  Gresang  und  Violoncello  veröffentlicht. 

Bockholz,  Falconi  x\nna  (II,  62),   starb  zu  Paris  am   24.  Dec.   1879. 

Böckeier,  Heinrich,  geb.  den  11.  Juli  1836  in  Köln,  vollendete  seine 
Gymnasialstudien  daselbst  am  31.  Juli  1856.  An  der  Bonner  Universität, 
welche  er  darauf  als  kath.  Theologe  besuchte,  wurde  er  durch  den  damaligen 
Repetenten  H.  Konen  für  kirchenmusikalische  Studien  gewonnen  und  mit  der 
Leitung  des  academischen  Kirchenchores  betraut.  Bei  seinem  Eintritte  in's 
Priesterseminar  nahm  der  damalige  Gesanglehrer  desselben,  Pfarrer  A.  G.  Stein, 
seine  weitere  Ausbildung  in  die  Hand  und  veranlasste  ihn,  nachdem  er  am 
3.  September  1860  zum  Priester  geweiht  worden  war,  das  Kölner  Conservatorium 
zu  besuchen ,  um  seine  musikalischen  Studien  fortzusetzen  und  speciell  unter 
Leitung  des  städtischen  Kapellmeisters  Dr.  F.  Hiller  den  Contrapunkt  zu  stu- 
diren,  zugleich  aber  beim  Unterrichten  der  Seminaristen  Aushülfe  zu  leisten. 
Am  10.  Mai  1862  zum  Stiftsvicar  in  Aachen  ernannt  und  am  12.  Februar 
1864  mit  der  Inspektorstelle  des  dortigen  Choralenhauses  betraut,  fand  er  viel- 
seitige Gelegenheit,  auf  das  kirchenmusikalische  Leben  der  Stadt  Aachen  einen 
grossen  Einfluss  auszuüben,  zumal  nachdem  er  am  19.  Mai  1869  zum  Vice- 
jiräses  des  Kölner  Diöcesan-Cäcilienvereines,  am  12.  September  1870  zum  Präses 
des  Aachener  Bezirksvereines  und  am  12.  Januar  1871  zum  Chordirigenten 
der  Stiftskirche  in  Aachen  ernannt  worden  war.  Die  in  dieser  Zeit  von  ihm 
herausgegebenen  Werke  sind  folgende :  -»Mangon,  Missa  in  suminis  festis«,  y>Pro- 
cessionalea,  fasc.  1 — 3 ,  »Lieder  für  die  verschiedenen  Zeiten  des  Kirchenjahres 
für  Männerstimmen«,  »Gesangbuch  für  höhere  Schulen«,  »Sammlung  zweistim- 
miger Gesänge  zum  Gebrauche  beim  Schulgottesdienste«,  »Gesangbuch  für 
Marianische  Congregationen« ,  »Lateinische  Gesänge  für  Männerchor  und  ge- 
mischten Chor«,  »Volkslieder  für  Schule  und  Haus«  etc.  Am  1.  August  1875 
begann  er  alljährlich  mehrere  Lehrcursen  zur  Ausbildung  von  Organisten  und 
Chordirigenten  abzuhalten,  welche  bis  Mitte  1879  von  ca.  130  Theilnehmern 
besucht  wurden.  Am  1.  Juli  1877  gründete  er  das  »Gregoriusblatt,  Organ  für 
katholische  Kirchenmusik  in  der  Rheinprovinz  und  Westfalen«,  als  dessen  Re- 
dakteur er  mit  Energie  für  feste  Grundsätze  im  Betriebe  der  Kirchenmusik 
und  für  Förderung  des  Studiums  der  altklassischen,  speciell  der  palestrinen- 
sischen  Kirchenmusik  eintrat. 


Bocquillon  —  Bogenfiihrer. 


89 


Bocquillon-Wilhelm   (II,  63)  siehe  Wilhem  —  nicht  Wilhelm  (XT,  354). 

Bodiu,  Fran\;ois  Etienne  (II,  GG),  starb  zu  Paris  am  13.  Aug.  18G2. 
Er  vcrfasstc:  1)  »Tratte  complet  et  ratiunncl  den  principrtt  tlemcntaircs  de  la 
musique,  ou  intruduction  a  foutcs  les  mcthud<'s  vocales^  instrumentales ^  et  ä  tous 
les  traites  d' harmonier;  Paris,  Duverger  lH5ü,  1  vol.,  iu  4".  2)  nRecueil  de 
yammeti  pour  le  piano  avec  la  rej'urme  du  doiytea.  Seine;  Tochter  Soj)hie,  später 
Mm.  Pierson- Bodiu,  war  durch  ihn,  Boch«u  und  l\)ncliard  zur  Sängerin  ge- 
bildet und  lebte  uach  dem  Verlust  ihrer  Stimme  als  Lehrerin.  Sie  starb  in 
Paris  ira  Juni  1874  und  hat  veröffentlicht:  »OLservations  sur  Vetude  de  la 
musiqu^a.     Paris  1865. 

Boerä,  Joseph  Carl,  einer  der  bedeutendsten  Musiker  der  Niederlande, 
ist  l.srj  in  Ni.jmwegen  geboren  und  erhielt  auch  dort  seine  musikalische  Aus- 
bildung. 1837  ging  er  nach  Paris,  wo  er  am  Theater  Valentins  einen  Platz 
als  erster  Geiger  erhielt.  Nachdem  er  von  1839  an  noch  zwei  Jahre  in  der- 
selben Eigenschaft  in  Metz  gewesen  war,  ging  er  nach  seiner  Heimath  zurück. 
Von  1H41  — 1853  war  er  in  Nijmwegen  und  dann  in  Delft  als  Musikdirektor 
thätig,  und  hier  wirkt  er  noch.  Sein  Name  ist  im  ganzen  Lande  bekannt  ge- 
worden, sowol  durch  seine  bedeutenden  Orchestercompositionen  und  Vocal- 
werke,  als  durch  seine  musikwissenschaftlichen  Arbeiten.  Er  wandte  sich 
namentlich  der  Geschichte  der  niederländischen  Musik  zu  und  veröffentlichte 
iu  der  einzigen  iu  den  Niederlanden  erscheinenden  Musikzeitung:  »Caeciliaa 
eine  sehr  gründliche  Studie :  »Bouivstojf'en  tot  een  nederlandsche  mwzikale  littera- 
turv.  (1846).  In  der  letzteren  Zeit  beschäftigte  er  sich  mit  einer  »Bibliograße 
von  alle  Nederlandsche  muzieJcstuIckena  und  einer  »Geschiedenis  der  muziekinntru- 
menten  in  de  midden  lemvena.  B.  besitzt  eine  sehr  werthvolle  Bibliothek  mit 
seltenen  und  kostbaren  Büchern   über  Musik  und  Musikinstrumente. 

Bogen führer,  ein  von  Carl  Gley  in  Berlin  erfundener  Apparat,  um  den 
Schüler  früh  an  eine  entsprechende  Bogenführuug  beim  Violin-  oder  Violoncello- 
spielen zu  gewöhnen.  Er  ist  so  construirt,  dass  bei  Anwendung  desselben  die 
Hand  von  der    rechtwinkeligen  Bewegung  zu  den   Saiten  nicht  abweichen  darf, 


Fig.  1. 


undjden  Spieler  sofort  aufmerksam  macht,  daas  er  von  der  richtigen  Bahn  ab- 
gewichen ist.  Die  Anwendung  des  Bogenführers  erfolgt  in  folgender  Weise: 
ohne  daas  die  Eührungsstange   sich  zwischen  die  gabelförmige  Führung  klemmt 


40  Böhm  —  Böhme. 

Der  gabelförmige  Holztheil  des  Aufsatzes  (Fig.  3)  wird  auf  das  Ende  des 
Grrifin)retts  der  Geige  so  aufgestellt,  dass  der  untere  Theil  der  Schraube  (a) 
zwischen  die    D-  und  A  -  Saite  zu  liegen  kommt. 

Der  metallene  Schieber  h  wird  unter  dem  Griflfbrett  in  die  Seiteneinschnitte 
des  Aufsatzes  geschoben  und  dieser  dann  festgeschraubt.  Darauf  wird  der  Vio- 
linbogen mit  der  runden  Führungsstange  verbunden,  indem  die  Haare  am  Frosch 
in  die  grosse  Klammer  c  in  Fig.  2  eingeführt  werden ;  darauf  wird  die  Klammer 
c  über  den  Frosch  gezogen,  dass  sie  so  liegt  wie  in  Fig.  1  bei  aa  und  dann 
wird  der  obere  Theil  des  Bogens  durch  die  kleinere  Klammer  hh  gesteckt.  Die 
auf  diese  Weise  am  Bogen  befestigte  Führungsstange  steckt  man  dann  zwischen 
die  gabelförmige  Führung.  Dadurch  ist  der,  sonst  in  seiner  Bewegung  unbe- 
hinderte Bogen  gezwungen  parallel  mit  der  Führungsstauge  zu  streichen.  Bei 
Anwendung  der  Flachleisten  muss  der  Aufsatz  Fig.  3  so  dicht  als  möglich 
nach  dem  Stege  zu  festgeschraubt  werden,  während  bei  Anwendung  der  mit  dem 
Bogen  verbundenen  Führungsstange  der  Aufsatz  soweit  zurückgeschoben  wird, 
dass  die  Haare  des  Bogens  die  richtige  Stelle  der  Saiten  streichen.  Die  runde 
Führungsstange  wie  die  Flachleiste  müssen  ab  und  zu  mit  trockener  Seife  oder 
mit  Talkum  bestrichen  werden,  um  die  durch  Colophoniumstaub  verursachte 
Reibung  zu  verhüten.  Der  Erfinder  hält  es  für  zweckmässig  beim  Beginn  des 
Unterrichts  zunächst  auf  der  Flachleiste  eine  Zeit  lang  stumme  Streichübungen 
machen  zu  lassen,  da  der  Schüler  mit  ihr  ungezwungen  auf  und  nieder  streichen 
kann,  so  dass  durch  diese  stets  richtige  Bewegung  das  Handgelenk  sich  ohne 
Zweifel  schneller  lösen  muss  als  ohne  Bogenführer.  Nach  der  Uebung  mit  den 
Flachleisten  wendet  man  wieder  eine  Zeit  lang  die,  mit  dem  Bogen  zu  verbin- 
dende runde  Führungsstange  an, 

Böhm,  Joseph  (II,  67),  ist  am  4.  März  1795  (nicht  1798)  in  Pest  ge- 
boren. Zu  seinen  Schülern  gehören  ausser  Joachim:  L.  Minkus  in  Peters- 
burg, Ludwig  Strauss  in  London,  Miska  Hauser,  J.  Hellmesberger ,  M.  Grün, 
J.  Dont,  Carl  Heissler,  Anton  Thalmann,  Dobyhal  u.  A.  in  Wien.  B.  starb 
am  28.  März  1876. 

Böhme,  Franz  Magnus,  wurde  am  11.  März  1827  in  dem  thüringischen 
Dorfe  Willerstedt  (unfern  Weimar),  wo  seine  Eltern,  nicht  unbemittelte  Land- 
leute, lebten,  geboren.  Hier  besuchte  er  die  Dorfschule  von  seinem  sechsten 
bis  zehnten  Lebensjahre  und  erhielt  seit  seinem  neunten  Jahre  auch  Unter- 
weisung im  Gesänge,  Ciavier-  und  Orgelspiel  durch  den  gut  musikalischen  Orts- 
Cantor  Thieme,  der  ihn  so  weit  förderte,  dass  er  schon  im  zehnten  Jahre  in 
der  Kirche  den  Gemeindegesang  beim  Gottesdienste  an  der  Orgel  leiten  und 
zur  Kirchenmusik  den  Generalbass  spielen  konnte.  Mit  seinem  zehnten  Jahre 
begann  auch  der  Unterricht  im  Lateinischen,  Griechischen,  in  Geschichte,  Geo- 
graphie und  Mathematik,  den  ihm  der  Orts-Pfarrer  G.  T holden  in  dem,  von 
ihm  unterhaltenen  Pensionat  ertheilte.  Seine  Lehrer  riethen  ihm  nunmehr  das 
Gymnasium  in  Weimar  zu  besuchen,  allein  dem  Wunsch  der  Eltern  entsprechend 
trat  er  in  das  Grossherzogl.  Schullehrer- Seminar  in  Weimar  und  machte  hier 
einen  vierjährigen  Cursus  von  1842  bis  1846  durch.  Nach  gut  bestandenem 
Examen  wurde  er  auf  kurze  Zeit  Hülfslehrer  an  der  Bürgerschule  daselbst  und 
dann  1847  von  der  Dorfgemeinde  Berlstedt  (am  Ettersberge  bei  Weimar)  zum 
Lehrer  gewählt;  dabei  hatte  er  auch  den  Dienst  als  Organist,  Cantor  und  Ge- 
raeindeschreiber  zu  besorgen.  Später  wurde  B.  nach  Wahlsborn  und  1854  nach 
Riethnordhausen  an  der  Gera  als  Cantor  versetzt.  Seine  Liebe  zur  Musik  ver- 
anlasste ihn  endlich  1857  den  Lehrerberuf  aufzugeben  und  sich  ganz  der  Musik 
zu  widmen.  Er  ging  nach  Leipzig  und  machte  dort  unter  Moritz  Haupt- 
mann und  Julius  Rietz  gründliche  Musikstudien;  besonders  aber  zog  ihn 
die  Musikhistorie  an.  Am  1.  A2)ril  1859  siedelte  er  nach  Dresden  über,  wo 
er  seinen  Unterhalt  als  Musiklehrer  suchen  musste.  1861  gründete  er  den 
Chorgesangverein:  Siona  zur  Pflege  älterer  Kirchenmusik,  den  er  indess  1864 
wieder  auflöste;    1867   übernahm  er  die  Leitung  des    Turnergesaugvereins 


lioilly  -  liolck.  41 

und  errichtete  einen  neuen  Cliorvercin:  Bölnne's  Singakademie,  die  aber 
im  Krie'>:sj;ihr  lö7()  wieder  eingin«,'.  Mit  grossem  Fleisse  sammelte  er  seit  18(JU: 
»Niitionaliiiusik  aller  ^'ülker«  /.u  einem  Werk,  das  diese  in  Proben  und 
Ablnlduiigcn  erscliüpi'eud  bclumdeln  sollte.  J)a  er  aber  für  ein  so  umfassendes 
"Werk  keinen  Verleger  finden  konnte,  so  wandte  er  sich  später  dem  Volkslied 
zu  und  stellte  jene  Sammlung  zusammen,  die  unter  dem  Titel:  »Altdeutsches 
Liederbuch«,  Volkslieder  der  Deutschen  nach  Wort  und  AVeise  vom  115.  bis 
17.  .lahrhuudcrt,  Leipzig  1877  erschien,  und  ihm  keinen  pecuniüren  Erfolg 
brachte,  aljer  ihn  ehrenvoll  bekannt  machte.  Der  König  von  Sachsen  verlieh 
ihm  in  Folge  dessen  den  Professor  -  Titel,  der  Kaiser  von  Deutschland  den 
Kronenordeu  IV.  Klasse,  und  der  Herzog  Ernst  von  Coburg-Grotha  die  Medaille 
für  Kunst  und  Wissenschaft.  1878  ward  B.  an  dem  neu  gestifteten  Dr.  Hoch- 
schen  Conservatorium  in  Frankfurt  a.  M.  als  Lehrer  für  Harmonie,  Contrapunkt 
und  Musikgeschichte  angestellt.  Von  seinen  veröffentlichten  Werken  sind  noch 
zu  erwähnen:  »Eine  historische  Studie  über  das  Oratorium«  (18G1).  Ein  Auf- 
gabenbuch zum  Studium  der  Harmonie«  (Mainz  1880),  dem  bald  ein  kurz  ge- 
fasstes  Lelirbuch  folgen  soll.  Ausserdem  arbeitete  er  an  unserm  Lexikon  eine 
Reihe  werthvoller  Artikel  über  Musikinstrumente  und  Tanzformen  und  schrieb 
für  wissenschaftliche  Blätter  Kritiken  und  Aufsätze.  So  veröffentlichte  die 
Zeitschrift  »Germania«  die  von  ihm  gefundene  Melodie  eines  Liedes  aus  der 
Zeit  der  Flagellanten  (1356).  Die  Noten  zu  einem  Osterspiel  nach  B.'s  Nieder- 
schrift werden  vom  Lit.  Verein  in  Stuttgart  zum  Druck  gebracht.  Als  Com- 
ponist  ist  er  vielfach  schon  während  seines  Cantorats  auf  kirchlichem  Grebiet 
thätig  gewesen.  Nach  seiner  Studienzeit  bei  Hauptmann  und  Rietz  wandte  er 
sich  auch  der  Instrumentalmusik  zu  und  als  Dirigent  der  Gresangvereiue  com- 
ponirte  er  auch  zahlreiche  Chorlieder.  Gedruckt  sind  von  diesen  Arbeiten  nur 
ein  Psalm  für  Solo  und  Chor  und  zehn  Hefte  für  Ciavier  bearbeitete  Volkslieder. 

ßoilly,  Eduard  (II,  123),  ist  seit  langer  Zeit  in  Paris  gestoi-ben,  wo  er, 
nachdem  seine  Opern  den  erwünschten  Erfolg  nicht  hatten,  als  Musiklehrer 
Iclitc.     Er  war  nie  Kupferstecher,  wohl  aber  sein  Bruder  Alphonse. 

ßoisselot,  Jean  Louis,  geboren  zu  Montpellier  1785,  verfertigte  anfangs 
Saiteninstrumente  und  begründete  später  eine  Pianoforte-Fabrik  in  Marseille, 
in  welcher  er  deutsche  und  englische  Arbeiter  beschäftigte  und  welche  zu  Ruf 
und  grosser  Ausdehnung  gelangte.  Die  »jjianos  ä  queuea,  welche  er  nach  da- 
maligen englischen  Vorbildern  verfertigte,  galten  lange  Zeit  für  die  besten  in 
Frankreich.  Sie  erhielten  auf  der  Weltausstellung  in  Paris  1844  den  ersten  Preis. 
Sein  Sohn  Louis  Constantin,  geboren  in  Montpellier  im  März  1809,  welcher 
1838  Associe  des  Vaters  wurde,  Hess  sich  die  Verbesserung  des  Pianoforte- 
baues ausserordentlich  angelegen  sein  und  erwarb  hierfür  die  zahlreichsten  Pa- 
tente. Eine  zweite  Fabrik  wurde  in  den  vierziger  Jahren  von  ihm  in  Barce- 
lona errichtet  und  lieferte  in  ihrer  Blüthezeit  vierhundert,  die  in  Marseille  fünf- 
hundert Instrumente  im  Jahre.  Nach  dem  Tode  der  beiden  eigentlichen  Be- 
gründer üljernahm  der  jüngere  Bruder,  der  Tonkünstler  Xavier  B.  (s.  d.  A. 
II,  124)  die  Fabrik,  die  zwar  zeitweise  Erschütterungen  erlitt,  wozu  das  gänz- 
liche Niederbrennen  der  Fabrik  in  Barcelona  gehört,  aber  zur  Zeit  von  dem 
Enkel  des  Jeän  Louis,  Franz  B.,  noch  mit  Frfolg  fortgefühi't  wird.  Die  Fabrik 
lieferte  bis  jetzt   18,600  Instrumente. 

IJokemeier,  Heinrich  (II,  124),  geboren  zu  Immensen,  gest.  am  7.  Nov. 
(nicht  Decembei')   1751. 

Holck,  Oscar,  ist  am  4.  März  1839  in  Hohenstein  in  Ostpreussen  geboren. 
Sein  Vater,  Kaufmann  daselbst,  hatte  ihn  für  denselben  Le1)ensberuf  bestimmt 
und  brachte  ihn  auch  zu  einem  Kaufmann  in  (Tiimbinnen  in  die  Lehre;  allein 
die  Liebe  zur  Musik  war  so  gross  bei  ihm,  dass  er  nach  vier  Wochen  ins 
Elternhaus  zurückkehrte,  und  weil  man  dort  mit  seinem  Plane,  sich  der  Musik 
zu  widmen,  nicht  einverstanden  war,  ernstlich  erkrankte.  Erst  dadurch  liess 
sich  der  Vater  bewegren,    den   Sohn   18;');'»   durch   II.    l'aefzobl   in   Königsberg   in 


42  l^oillus  —  Bonawitz. 

der  Musik  unterweisen  zu  lassen,  und  da  sich  rascli  Erfolge  geltend  machten, 
so  gahen  schliesslich  die  Eltern  ihre  Einwilligung  dazu,  dass  B.  die  Musik 
als  Beruf  crwilhlte.  Er  ging  1857  nach  Leipzig  und  genoss  hier  im  Conser- 
vatoriura  namentlich  den  Unterricht  von  Moscheies,  Hauptmann,  Richter  und 
Eiotz.  1861  ging  B.  nach  Wihorg  in  Finnland,  wo  er  an  einem  Institut 
als  Lehrer  wirkte;  hier  fand  er  auch  Gelegenheit  Sinfonien  und  Concerte  zu 
dirigiren  und  schrieb  u.  A.  eine  »Lustspiel  -  Ouvertüre«.  1862  kehrte  er 
nach  Leipzig  zurück  und  verweilte  hier  mehrere  Jahre,  während  welchei-  er 
zwei  Opern  componirte:  »Pierre  Rohin«  (1864)  und  »Gudrun«  (1865).  1866 
ging  er  als  Lehrer  an  ein  Musikiustitut  nach  Liverj^ool,  und  1867  in  eine 
ähnliche  Stellung  nach  London;  hier  veröffentlichte  er  auch  mehrere  Compo- 
sitionen.  Im  Sommer  1867  kehrte  er  wieder  nach  Leipzig  zurück;  1868  war 
er  dann  Kapellmeister  am  Theater  in  Würzburg  und  1869  in  Aachen.  Der 
Krieg  1870  verscheuchte  ihn  von  hier;  er  ging  nach  seinem  Geburtsort  und 
erst  1872  von  dort  wieder  nach  Leijjzig.  1875  im  April  übernahm  er  eine  Lehrer- 
stelle an  der  Musikschule  in  Riga,  und  hier  hatte  er  endlich  die  Freude,  eine 
seiner  Opern:  »Robin  Pierre«  in  Scene  gehen  zu  sehen.  Hierauf  kehrte 
er  wieder  nach  Leipzig  zurück  und  übernahm  auf  einige  Zeit  die  Correpe- 
titorstelle  am  Stadttheater;  1879  am  15.  August  ging  auch  hier  seine  Oper: 
»Pierre  Robin«  in  Scene,  die  indess  nur  einige  Aufführungen  erlebte  und  dann 
vom  Repertoir  für  immer  verschwand. 

Bollins,  Daniel,  Verfasser  eines  der  ältesten  Versuche  in  der  Form  der 
Oratoriums.  Das  Werk  befindet  sich  in  der  eigenen  Handschrift  des  Verfassers 
unter  den  Musikstücken  der  Rhedigerschen  Bibliothek  zu  Breslau  (Nr.  47)  und 
führt  den  (verdeutschten)  Titel:  »Harmonische  Darstellung  der  Empfängniss 
und  Geburt  S.  Johannis  des  Täufers,  des  grossesten  unter  den  vom  AVeibe 
Geborenen,  dem  heiligen  Evaugelio  Jesu  Christi  nach  dem  Lucas  zufolge  auf 
pathetische  und  recitativische  Weise  gesetzt,  in  2  Akte  und  6  Scenen  abge- 
theilt,  mit  Beifügung  von  5  Symphonieen  als  Zwischenspielen.  Auetore  Daniele 
Bollio«.  Das  Werk  ist  dem  Johann  Schweighard,  Erzbischof  und  Churfürsten 
von  Mainz  zu  seinem  Geburtsfeste  gewidmet,  als  dessen  Sängermeister  und 
Organisten  der  Verfasser  sich  bezeichnet.  Es  muss  in  den  Jahren  1615—1628 
entstanden  sein.  Auf  der  gedachten  Bibliothek  finden  sich  noch  andere  Com- 
positionen  von  ihm,  eben  so  in:  yy Donfried:  Promptuarium  musicum,  IIa  (Strass- 
bürg  1623). 

Bona,  Pastjuale  (II,  128),  heisst  Pasq.  nicht  Pietro,  und  war  Gesanglehrer 
am  Conservatorium  in  Mailand.  Er  gab  heraus:  Sieben  G-esangschulen  für 
verschiedene  Stimmen  (Mailand,  Ricordi) ,  Vier  Sammlungen  Vocalisen,  Hun- 
dert tägliche  Uebungen  (Mailand,  Canti),  Hundei't  Solfegien  (Turin,  Giudici 
und  Strada),  Hundert  Cadenzen  für  alle  Stimmen,  und  fünfzig  Duette  ohne 
Worte  (Mailand,  Ricordi),  Metodo  di  divisione  (Carti)  und  auch  mehrere 
Compostionen. 

Bouawitz,  Joh.  Heinrich  (auch  Bonewitz,  Bd.  II,  131).  1871  ging  er 
nach  New-York  und  dirigirte  hier  die,  nach  dem  Muster  der  Pariser  Pasdeloup- 
schen  eingerichteten  »Populären  Sinfonie-Concerte«,  die  indess,  da  ihnen  die 
grössere  Theilnahme  des  Publicums  fehlte,  bald  aufgegeben  wurden.  In  der 
ersten  Hälfte  1873  machte  B.  eine  erfolgreiche  Concertreise  dui-ch  die  Ver- 
einigten nordamerikanischen  Freistaaten  und  lebte  dann  in  Philadelphia,  wo  er 
seine  Opern:  »Die  Braut  von  Messina«  und  »Ostrowenka«  zur  Aufführung 
brachte,  die  beide  ungemeines  Aufsehen  machten.  In  Folge  dessen  wurde 
B.  zum  Dirigenten  der  Concerte  der  Centennial-Weltausstellung  gewählt,  als 
welcher  er  jedoch  nach  3  Monaten  seine  Entlassung  nahm.  Er  ging  wieder 
nach  Europa  zurück  und  nahm  seinen  Wohnsitz  in  Wien,  von  wo  aus  er 
erfolgreiche  Concertreisen  unternimmt.  Von  seinen  Compositionen  sind  noch" 
zu  erwähnen:  Sinfonien,  Ouvertüren,  Quartette,  Trios,  Sonaten,  Ciavier- 
stücke,  Lieder. 


lionicki'  Horchi^rcviiuk.  43 

Itüiiickc,    llcriniinii    (11,    lül),   starlt   im    .Jjiiiiiar    1871)   zu  Hcrrmiinn.stadt. 

Itouii,  Herinniin  (11,  133),  ist  1504  zu  (^uackcnliriick  au  der  Hase  im 
Fürstcuthuiii  Osiial)rück  y('l)oren.  Sein  Vater  Arnold  Gudo  (daher  Boiiiius), 
ein  wohlhabender  Ivathsherr  daselbst,  bcstiinnite  den  Sohn  zum  Studium  der 
Theologie,  das  dieser  seit  1521  in  Wittenberg  unter  Melanehthon  und  Luther 
und  1525  unter  Bugenhagen  in  Bclbeck  in  Pommern  mit  grossem  Eifer  be- 
trieb. Er  wurde  1525  Religionslelirer  in  Greifswalde  und  1527  in  Stralsund. 
1528  ging  er  als  Erzieher  des  jungen  Herzogs  Johann  von  Holstein,  eines 
Sohnes  Friedrichs  1.  von  Dänemark,  nach  Kopenhagen  und  wurde  1530  Rektor 
der  neu  gegründeten  Marienschule  zu  Lübeck,  Am  9.  Februar  1531  bereits 
erwählte  ihn  die,  der  Reformation  ergebene  Bürgerschaft  zum  Superintendenten, 
als  welcher  er  am  12.  Februar  1548  starb.  1543  war  er  nach  Osnabrück  be- 
rufen worden,  die  Reformation  einzuführen.  Ganz  besondere  Verdienste  hat 
sich  B.  um  den  evangelischeu  Kirchengesang  erworben.  Was  Johann  Spaiigen- 
berg  im  Hochdeutschen,  das  hat  B.  im  Niederdeutschen  gethan,  so  dass  er  mit 
Recht  als  Gründer  des  niederdeutschen  Kirchengesanges  zu  bezeichnen  ist. 
Er  sammelte  die  Schätze  des  lateinischen  Kixxhengesanges  und  bearbeitete  sie 
für  den  Gebrauch  in  der  protestantischen  Kirche.  Nach  seinem  Tode  erschie- 
nen: »I£y?nni  et  Sequentiae  tarn  de  tempore  quam  de  Sanctis  eum  duis  Melodiis, 
liicut  olim  sunt  cantata  in  ecelenia  Dei  et  jam  passim  correcta  per  sanctae  memoria 
reiK  vir  um.  M.  H.  B.  etc.»,  Lübeck  1559.  Die  von  ihm  corrigirten  oder  gedich- 
teten Gesänge  und  Lieder  befinden  sich  im  Magdeburger  Gesangbuch  von  1543 
und  im  Lübecker  Euchiridion  von   1545. 

Boutempi,  Antonio,  ein  italienischer  Musikus  »auf  allerlei  Instrumenten« 
kam  15t)4  nach  Berlin,  hielt  sich  1^/^  Jahr  dort  auf,  spielte  in  dieser  Zeit 
auf  der  Laute,  Theorbe  und  dem  Zinken  mehrmals  am  Hofe  des  Churfürsten 
Joachim  IL,  wofür  er  unterm  1.  Januar  1565  ein  für  alle  Mal  100  Thaler 
erhielt.  Zugleich  gab  man  ihm  eine  Art  Bestallung,  welche  ihm  gestattete, 
mit  allerlei  Instrumenten  bei  Hofe  aufzuwarten,  aber  ohne  ihm  irgend  welchen 
Gehalt  festzusetzen.  B.  gerieth  deshalb  in  Schulden,  so  dass  er  fast  alle  In- 
strumente und  selbst  seine  Kleider  versetzen  und  »zum  Juden  tragen  musste«. 
Er  scheint  deshalb  Berlin  nicht  lange  nach  dem  verlassen  zu  haben;  1566  war 
er  in  Prag  beim  Erzherzog  Ferdinand. 

Boom,  Herr  mann  M.  van,  der  bedeutendste  Flötenvirtuose  der  Nieder- 
lande nächst  Drouet,  ist  am  9.  Februar  1809  in  Utrecht  als  Sohn  des  ge- 
schickten Flötisten  Jean  E.  G.  Boom  geboren.  Im  Flötenspiel  war  er  der 
Zögling  seines  Vaters,  der  ihn  siebzehn  Jahr  alt  nach  Paris  schickte  um  die 
Bekanntschaft  und  die  Rathschläge  von  Toulou  (s.  d.  Art.)  zu  suchen,  der 
ihm  vollste  Anerkennung  zollte  und  ihm  seine  sämmtlichen  Compositioneu  zum 
Geschenk  machte.  1830  Hess  sich  B.  in  Amsterdam  nieder,  wo  er  in  den  Con- 
certen  von  Felix  Meritis  als  Solo -Flötist  mitwirkte.  1863  wurde  er  zum  Solo- 
Flötisten  des  Königs  der  Niederlande  ernannt  und  mit  dem  Wappen  und  dem 
Orden  der  eisernen  Krone  decorirt.  Dem  ausgezeichneten  Künstler  genügt  die 
Anerkennung  seiner  Landsleute,  ohne  dieselbe  auch  wie  sonst  Virtuosen  seiner 
Bedeutung  in  der  Fremde  zu  suchen. 

Boom,  Jean  van  (II,  136),  nach  Ed.  G.  J.  Gregoir,  (Les  artistes-Musi- 
ciens  Neerlandais)  nicht  Jan,  ist  geboren  am   15.  Oktober   1807. 

Boom,  Jean  E.  G.  van  (II,  136),  nach  derselben  (Quelle  nicht  Johann, 
ist    geboren  zu  Utrecht  am  17.  April  1783. 

ßorani,  Giuseppe,  Pianist,  Componist  und  geschätzter  Lehrer  in  Italien, 
gab  ausser  einer  Gesangschule  in  drei  Theilen  folgende  zwei  anei'kannte  Ar- 
beiten heraus:  »Grammatica  tnutiicalefi  und  nMetodo  per  iL  pianoforte,  facile  e 
progressiva«^^  beides  bei  Lucca  in   Mailand. 

Borchgrevinck ,  Melchior  (II,  137),  war  zugleich  köuigl.  Kapellmeister 
Christians  IV.  und  hat  auch  »9  Psalmen  Davids  vierstimmig  gesetzt«  compo- 
nirt.     Kopenhagen   1607. 


44  Bosselet  —  Brachthuijzer. 

Bosselet,   Charles  (II,   146),  starb  am  27.  Juli   1873   in  Brüssel. 

IJost,  Eduard  (II,  147),   starb  am   1.   Juni   1879   iu  Berlin. 

Bote  ii  Bock  (II,  147).  Emil  Bock  starl)  am  31.  März  1871  und  seitdem 
führt  Hugo  Bock,  der  Sohn  von  Gustav  Bock,  das   Geschäft  weiter. 

Botgrorschek,  Caroline  (II,  148),  verehelichte  Feuchere,  starb  als  gesuchte 
Gesang-  und  Clavicrlehrerin  in  Nismes  am   7.  October  1875. 

Böttcher,  Georg  AVilhelm,  (II,  103),  starb  am  25.  Mai  1877.  Sein  Sohn 

Böttcher,  "Wilhelm  Dr.,  geboren  am  22.  Juni  1833  in  Potsdam,  studirte 
von  1853  —  56  auf  der  Berliner  Universität  Theologie  und  Philologie  und 
machte  dann  unter  Grell,  Marx,  Stern  und  Löschhorn  noch  gründliche  Studien 
in  der  Musik,  in  welcher  ihn  der  Vater  schon  mit  bestem  Erfolge  unterrichtet 
hatte.  18u8  ging  B.  nach  Posen  als  Lehx'er,  wo  er  1868  die  Musikreferate  der 
Ostdeutschen  Zeitung  und  1872  das  Amt  eines  Organisten  an  der  israelitischen 
Brüdergemeinde  übernahm. 

Böttcher,  Theodor,  geboren  1829,  war  ein  fleissiger  Musikhistoriograph, 
der  für  dieses  Werk  eine  Reihe  schätzenswerther  biographischer  Beiträge  lieferte. 
Mit  bewundernswerthem  Fleiss  hatte  er  auch  eine  Sammlung  von  6000  Musiker- 
Portraits  zusammengebracht.     Er  starb  am  4.  April  1877   in  Cannstatt. 

Bottiui,  Marianne  Andreozzi  Marquise,  Comijonistin,  geboren  zu  Lucca 
am  7.  November  1802,  begann  schon  im  jugendlichen  Alter  sich  ernsthaft  mit 
der  Musik  zu  beschäftigen.  Sie  war  eine  treuliche  Harfenspielerin  und  wurde 
von  Domenico  Quilici  mit  Sorgfalt  in  der  Composition  unterwiesen.  Ihre  zahl- 
reichen AVerke  gehören  den  verschiedensten  Gattungen  an.  Ausser  einer  zwei- 
aktigen  Operette  und  Stücke  für  Gesang,  Ciavier  oder  Harfe,  Ouvertüren  und 
Coucei'ten  für  Orchester  sind  es  Kirchencompositionen,  Messen,  Vespern,  ein 
vierstimmiges  Magnificat  u.  s.  w.  Ein  Eequiem  und  ein  Stabat  mater,  welches 
sie  der  Akademie  vorlegte,  veranlasste  diese,  sie  zu  ihrem  Mitglied  zu  ernennen, 
»wegen  der  Würde  des  Stils  und  der  genauen  Beobachtung  der  Regeln  des 
Contrapunktes«.     Sie  starb  in  Lucca  am  24.   Januar   1858. 

Bourdean,  Emile,  Kapellmeister  der  Kirche  St.  Philippe  du  Roule  und 
Professor  der  Musik  am  College  Chaptal,  verfasste:  y)Harmo7iie  et  compositionv., 
Paris,  Lambert,  1867  in  8*^.  »Hegles  invariables  sur  la  transposition  musicalen, 
Paris,  1861  in  8^ 

Bourgault ■  Ducoudray ,  Louis  Albert,  Tonkünstlei*,  geb.  den  2.  Februar 
1840  zu  Nantes  als  Sohn  einer  begüterten  Familie,  die  ihm  eine  solide  Bildung 
angedeihen  liess  und  zum  Eechtsgelehrten  bestimmte.  Nachdem  er  jedoch  die 
Advocatur  gewonnen,  begann  B.  so  ernstliche  Studien  in  der  Musik  zu  machen, 
dass  er  am  Pariser  Conservatorium  den  ersten  Preis  der  Fuge  und  den  ersten 
Preis  für  Composition  erhielt.  Nach  seiner  Rückkehr  von  Rom  wurde  1868 
das  inzwischen  von  ihm  componirte  »Stabat  Mater v.  in  der  Kii'che  St.  Eustache 
mit  Beifall  aufgeführt.  Seine  späteren  Compositionen  bestehen  nur  in  kleine- 
ren Gesangswerken.  Hier  sind  noch  zwei  interessante  Arbeiten  desselben 
Autors,  Ergebnisse  einer  zweiten  Reise  nach  Griechenland,  anzuführen :  -oTrente 
melodies  populaires  de  Grece  et  d'Orient<i,  gesammelt  und  harmouisirt  von  L.  A. 
B.-D.  mit  griechischem  Text,  einer  italienischen  Ilebersetzuuq-  iu  Versen  der 
Musik  angepasst  und  einer  französischen  Uebersetzung  in  Prosa;  und  »Souvenir 
d'ime  miasion  musicale  en  Chrece  et  en   Orient^.     Paris,  Baur   1876. 

Bonrnonville,  Auguste  de,  (II,  156),  starb  1799  zu  Kopenhagen. 

Bovery,  Antoine  Nicolas  Joseph  Bovy  (II,  159),  starb  in  Paris 
den  17.  Juli  1868. 

Brachthuijzer.  Dieses  Namens  sind  verschiedene  in  den  Niederlanden 
bekannte  Musiker.  Der  älteste,  Daniel,  geboren  am  28.  September  1779  zu 
Amsterdam,  war  blindgeboren,  wurde  aber  doch  ein  bedeutender  Organist  und 
Carillonueur,  weshalb  er  schon  im  22.  Lebensjahre  das  Amt  eines  Organisten 
an  der  Neuen  Kirche  zu  Amsterdam  erhielt.  Hier  starb  er  auch  am  10.  Juli 
1832.     Er  war  zugleich    ausgezeichneter  Improvisator.     Sein    Sohn   Joan  Da- 


IJruli  Mülkr  —  Brandus.  45 

niel  wie  eein  Bruder  W.  H.  Braclithuijzer  sind  j,Hoiclifullö  ehrenvoll  bekannt 
als  tüchtige  Musiker. 

Hrah-Müller  (H,  KIT))  <rc\vaiin  mit  einem  (Quartett  1875  den,  von  der  Sucietä 
dell  C^uiirtettu  in  Mailand  austre.set/.tcii  Preis.  Er  stiirh  um  1.  Novemher 
1878    in    Berlin. 

Itranilnlla,  Marietta  (11,  167),  ist  1807  zu  Cassano  au  der  Adda  geboren. 
Sie  Ijesass  einen  herrlichen  Cuntr'alt  luid  sang  mit  grossem  Ausdruek.  Mit 
21  Jahren  betrat  sie  zu  Novara  zuerst  die  Bühne,  ersetzte  im  folgenden  .Jahre 
schon  die  Giuditta  Pasta  am  Theater  Careano  zu  Mailand  und  glänzte  dann 
auf  den  bedeutendsten  Bühnen  Italiens,  in  Wien,  Paris  und  London.  1850 
trat  sie  von  der  Bühne  zurück,  und  liess  sich  in  Mailand  als  Gesanglchrcrin 
nieder,  als  welche  sie  nicht  minder  gepriesen  wurde,  wie  als  Sängerin.  Sie 
verölleutlichte  auch  (resangübungen:  nExereises  et  Vocaliaes  pouv  Soprano  et 
Pianofortea,  ferner:  Romanzen  und  Canzonctten  und  auch  italienische  Melodien: 
»Souvenirs  des  Alpesa.  Sie  starl)  im  November  1875  in  Mailand.  Die  gleich- 
falls  nicht  unbekannte  Säugerin 

Branibilla,  Tcresina,  verheiratet  mit  Ponchielli,  dem  Componisten  der 
Oi)ern:  n[  Lituani<x  und  »I promessi  iposi«,  ist  eine  Nichte  der  oben  erwähnten. 

Hraudes,  Wilhelm,  war  einer  der  ausgezeichnetsten  Oratorien-,  Opern- 
und  Liedersänger  der  Gegenwart;  er  ist  zu  Osnabrück  am  23.  April  1824:  ge- 
boren, als  Sohn  eines  Musikers,  der  diesem  früh  eine  sorgfältige  musikalische 
Erziehung  gab.  Zur  weiteren  Ausbildung  ging  er  dann  1842  zu  Franz  Häuser 
nach  AVien.  Nachdem  er  darauf  zwei  Jahre  als  Klavierlehrer  in  Ungarn  gewirkt 
hatte,  ging  er  wieder  nach  Wien,  um  hier  als  Musiklehrer  und  Kirchensänger 
thätig  zu  sein.  Seiner  schönen  Tenorstimme  halljer  wurde  er  indess  beim 
Kärnlhner  Thor-Theater  engagirt,  und  hier  genoss  er  noch  die  Unterweisung 
Staudigl's.  1848  engagirte  ihn  Franz  Lachner  für  das  Münchener  Hof- 
Theater  und  hier  gefiel  er  so,  dass  man  seinen  urspi'ünglich  auf  drei  Jahre 
abgeschlossenen  Contract  in  einen  lebenslänglichen  verwandelte.  Leider  zwang 
ihn  ein  Halsübel  1855  seine  Bühnenthätigkeit  mehrere  Jahre  einzustellen, 
während  welcher  Zeit  er  am  Münchener  Conservatorium  Gesangunterricht  er- 
theiltc.  1861  zog  ihn  indess  Ed.  Devrient  nach  Carlsruhe  und  hier  betrat  er 
auch  wieder  mit  dem  besten  Erfolg  die  Bühne.  1870  verfiel  er  einem  Hirn- 
leiden, dem  er  am  21.  Februar  1871  in  der  Heilanstalt  zu  Klingenniünster 
erlag.  B.  war  der  Liebling  des  Publicums;  die  Wii'kung  seiner  sympathischen, 
volltönenden  Stimme  wurde  durch  bedeutende  Kunstfertigkeit  und  durch  seelen- 
vollen Vortrag  bedeutend  erhöht.  Auch  in  Stuttgart,  Darmstadt  und  Frank- 
furt war  er  ein  gern  gesehener  Gast.  B.  versuchte  sich  auch  in  der  Compo- 
sition;  mehrere  seiner  Lieder  und  Ciavierstücke  sind  gedruckt. 

Itraudts-ltuys.  Eine  in  den  Niederlanden  sehr  ehrenvoll  bekannte  Musiker- 
Familie.  Der  Vater  CA.  Brandts-Buys,  geb.  3.  April  1812  in  Zalt- 
Bommel,  erhielt  1840  die  Stelle  als  Organist  und  1852  als  Carillonneur  in 
Deveuter,  dirigirte  später  die  Concerte  und  lebt  und  wirkt  noch  jetzt  dort  in 
geistiger  Frische.  Drei  Söhne  haben  als  Componisten,  Dirigenten,  Orgelspieler, 
Clavierspieler  u.  s.  w.  in  den  letzten  zehn  Jahren  Ruhm  erworben.  Mar  ins 
A.  Brandts-Buys  lebt  in  Zutfen  und  machte  sich  als  Componist  und  Schrift- 
steller einen  Namen;  Ludwig  Felix  Brandts-Buys  ist  Direktor  des  Männer- 
Gesangvereins  »üotfe^s  Mannenkoor«  in  Rotterdam  und  hat  hübsche  Lieder  und 
Chorsachen  geschrieben  (insbesondere  muss  die  Uhland'sche  Ballade:  »Das 
Singenthai«  für  Baritonsolo,  Chor  und  Orchester  hier  genannt  werden);  Henri 
F.  Robert  Brandts-Buys  ist  jetzt  Direktor  d(\s  Männer-Gesangvereins 
nAmsfeVs  Mamtenkouru  in  Amsterdam  und  bekundet  ebenfalls  vortreffliche  Au- 
lagen für  die  Composition,  Noch  werden  einige  Söhne  genannt,  die  vielver- 
sprechendes  Talent  für  die  Musik  verrathen. 

liraudnS;  Gemmy  (II,  171),  Musikalienverleger  und  Direktor  der  vMevue 
et  Gazette  muaivaleis,  geb.   1823,  starb  am   12.   Februar   1873  in  Paris. 


46  Brassin  —   Krell. 

Brassiii,  Louis  (II,  172),  ist  nicht  zu  Brüssel  1846,  sondern  zu  Aachen 
iH'M)  geboren.  Sein  Vater  war  auch  nicht  Belgier,  sondern  ein  Deutscher  und 
wirkte  als  Baritonist  an  den  Theatern  zu  Mannheim,  Hamhurg  und  Leipzig. 
1809  wurde  Louis  Brassin  Professor  des  Ciavierspiels  am  königl.  Conserva- 
torium  in  Brüssel.  1878  nahm  er  seine  Entlassung,  um  einem  B,uie  in  gleicher 
Eigenschaft  an  das  kaiserl.  Consorvatorium  in  Petersburg  zu  folgen.  Seinen 
sechsmonatlichen  Urlaub  verlebt  er  theils  in  Brüssel,  theils  in  Brühl  bei  Köln. 
Sein  Bruder 

Brassin,  Leopold,  geboren  am  28.  Mai  1843  in  Strassburg,  ist  Lehrer 
am   Conservatorium  in  Bern;  der  andere  Bruder 

Brassin,  Gerhard,  geboren  am  10.  Juni  1844  in  Aachen,  lebt  als  Violin- 
virtuose in  Breslau. 

Bratfisch,  Albert  (II,  172),  starb  am  28.  Januar  1874  in  Stralsund. 

Braun,  Augustus,  Cantor  an  der  St.  Michaelisschule  zu  Lüneburg  von 
1695 — 1713,  war  während  einiger  Jahre  der  Lehrer  Joh.  Seb.  Bach 's,  der  im 
Convict  Aufnahme  gefunden  hatte.  B.  war  gleichfalls  Chorschüler  der  Anstalt 
gewesen  und  genoss  auf  der  Universität  das  Klosterstipendium.  Er  spielte  als 
Studiosus  bei  Kirchenmusiken  das  Positiv.  Bei  seiner  Bewerbung  um  das  Can- 
torat  an  der  St.  Michaelisschule  konnte  er  zu  seiner  Empfehlung  anführen: 
»dass  er  von  Jugend  auf  dieser  Profession  obgelegen  habe«.  Er  hat  auch  eine 
bedeutende  Anzahl  von  Motetten  und  anderen  Kirchenstücken  compouirt.  Ein 
voi'handener  Catalog  zählt  nach  Junghans:  »Bach  als  Particularschüler«  (1S70) 
deren  24  zu  4 — 21  Stimmen  auf.  Die  Bibliothek  des  Johanneum  in  Lüuebug 
besitzt  noch  eine  AYeilinachtscantilene  von   ihm  aus  dem   Jahre   1703. 

Bredal,  Ivor  Friedrich  (II,  176),  geboren  am  17.  Juni  1800  zu  Kopen- 
hagen, war  noch  sehr  jung  schon  ein  ausgezeichneter  Bratschist  und  wurde  in 
der  königlichen  Kapelle  angestellt.  Zu  seinen  früheren  Compositionen  gehören 
ein  Concert  für  Bratsche,  ein  Concertante  für  Bratsche  und  Violoncell  und  eine 
Ouvertüre  für  Orchester.  1832  schrieb  er  seine  erste  Arbeit  für  die  Bühne, 
das  Singspiel:  nLucia  di  Lammermoor v^,  (Text  von  H.  C.  Andersen)  und  später, 
1834  (nicht  35)  erschien  die  Oper:  »Die  Guerillosvi.  Damit  schloss  er  seine 
Compositionsthätigkeit  am  Theater  ab;  er  componirte  danach  nur  noch  einige 
Lieder  zu  Schauspieleu  und  einige  kirchliche  Stücke,  eine  Scene  für  Tenor 
und  Orchester:  »Judas  Ischariot«  und  eine  Osterhymne:  »Das  Auferstehen«.  B. 
wurde  1834  beim  Abgange  Schall's  zum  Concertmeister,  1850  zum  Singmeister 
ernannt,  verliess  den  Dienst  am  Theater   1863  und  starl)  am   25.  März  1864. 

Br«3hy,  Hercules  Peter,  Musikdirektor  an  der  Collegialkirche  St.  Michael 
und  St.  Gudula  in  Brüssel,  war  seinerzeit  ein  angesehener  Kirchencomponist; 
er  starb  1734.  Von  seinen  Compositionen  werden  erwähnt:  ein  Orgelpräludium 
für  volles  Werk  im  dritten  Kirchenton  (1734)  und  ein  zweites  im  vierten, 
eine  Litanei  vierstimmig.  nFariition  de  rep.  de  le  Semaine  sohlte  des  Dames 
Benedictincs  Anglaises  ä  3  voix«,  »Venite  jjastoresa  für  eine  Stimme,  »A  solis 
ortusa  für  eine  Stimme,  eine  Messe  vierstimmig  mit  Instrumenten,  ein  y>Te  Deumv. 
für  vier  Siugstimmen  und  Instrument.  Ferner:  f>I*lusieures  messes  ä  deux  chan- 
feurs  avec  des  cors  de  cTiasse  sur  toutes  sortes  de  tons,  beaiccoup  de  motets  ä  plein 
choeur  et  ä  voix  seule  e/c«,  welche  seine   Wittwe  zum  Kauf  ausbot. 

Breideustein ,  Heinr.   Carl   (II,  177),  starb  am   13.   Juli   1876   in  Bonn. 

Breitendich,  Christian  Friedrich  (II,  178),  ist  am  28.  Dec.  1702  ge- 
boren; wurde  1741  Hoforganist  und  später  zugleich  Organist  an  der  Nikolai- 
Kirche.      Starb   1775. 

Breitkopf  &  HärteL  Dr.  jur.  Hermann  Härtel  starb  am  4.  August  1875 
und  Raymund  Härtel,  schied  Anfangs  des  Jahres  1880  aus  dem  Geschäft  aus,  so 
dass  jetzt  ein  Enkelpaar  Gottfr.  Härteis:  AVilhclm  Volkmann  und  Dr.  Georg 
Oscar  Imanuel  Hase  allein   an   der  Spitze  der  weltberühmten  Firma  stehen. 

Brell,  Pater  Benito,  Mönch,  Organist  und  Componist,  geboren  zu  Bar- 
celona wahrscheinlich  gegen  das  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  wurde  von  P.  Boada 


Bremer  —  Uridgetower.  47 

im  Kloster  Montserrtit  inusikiiliach  geljildct  und  erreichte  als  Orgelspieler  liaupt- 
siichlich  in  der  AiisriihruniT  von  Fugen,  die  or  iiiich  nach  gegehenen  'riiciiicn 
improvisirte,  nach  dem  Zeugnisse  des  Baltasar  Saldoni  in  seinem  historischen 
Resume    des  rausik.   College  zu  Montserrat,  die  höchste  Vollendung. 

Hrenior,  Jan  Bernard,  gehören  in  Rotterdam  183U,  wo  er  den  ersten 
Unterricht  genoss  und  sich  später  nied(u-liess,  nachdem  er  das  Leipziger  Con- 
servatorium  ahsolvirt  und  hei  Johann  Schneider  in  J)resden  tüchtij'e  Ortrel- 
studieii  gemacht  hatte.  Er  war  Lehrer  an  der  Musikschule  der  Maatschajipy 
und  entwickelte  als  solcher  eine  ausgezeichnete  Thiltigkeit;  auch  erwies  er  sich 
als  talentvoller  Ciavierspieler  und  Componist.  Nachdem  er  dann  vom  Jahre 
1863 — 1870  mit  seiner  Frau,  einer  guten  Sängerin,  die  Welt  durchi-eist  hatte, 
(sogar  in  Afrika  soll  er  gewesen  sein),  Hess  er  sich  in  Brüssel  nieder,  wo  er 
als  Lehrer  für  Ciavier  und  Gresang  sehr  gesucht  wird.  Von  seinen  Comj^o- 
sitionen  verdient  namentlich  eine  Ouvertüre  (op.  16)  für  Ciavier  und  Streich- 
instrumente Beachtung. 

Brendel,  Franz  (II,  181),  starb  am  25.  November  1868  in  Leipzig. 
Breslauer,  Emil  (II,  183).  Am  1.  Oct.  1879  verliess  er  seine  Stellung 
an  der  »Neuen  Akademie  für  Tonkunst«  und  gründete  am  1.  Nov.  desselben 
Jahres  das  »Berliner  Seminar  zur  Ausbildung  von  Ciavier-Lehrern  und  Lehrer- 
innen«, das  bald  einen  ungewöhnlichen  Aufschwung  nahm.  1875  erhielt  erden 
Professor-Titel  als  Anerkennung  für  sein  Werk  »Technische  Gi-undlagen  des  Cla- 
vierspiels«  (1877  in  zweiter  Auflage  erschienen).  Im  Januar  1878  gründete  er 
dann  die  musikpädagogische  Zeitschrift:  »Der  Clavier-Lehrer«,  die  jetzt,  nach 
zwei  und  ein  halbjährigem  Bestehen  bereits  1400  Abonnenten  zählt.  Im 
nächsten  Jahre  rief  er  den  »Verein  der  Musiklehrer  und  Lehrerinnen«  ins  Leben, 
der  seit  dem  Tage  seiner  ersten  Versammlung,  am  19.  Februar  1879,  im  steten 
Wachsthum  begriffen  ist  und  bereits  200  Mitglieder  zählt.  Er  verfolgt  als 
Hauptziel:  die  Hebung  und  Förderung  des  Standes  der  Musiklehrer,  und  die 
Errichtung  von  Kranken-  und  Pensionskassen.  Eine,  von  B.  im  April  1880 
in  den  Räumen  seines  Seminars  eröffnete  Ausstellung  von  musikpädagogischen  Lehr- 
mitteln erfreute  sich  einer  grossen  Theilnahme.  Ausser  dem  bereits  erwähnten 
Werk  veröfFentlicbte  B.  noch  Werke  für  Chorgesang,  für  eine  Singstimme  und 
für  Ciavier;  ferner  eine  Notenschreibschule  und  »Musikpädalogische  Flugschriften«. 
Bretzuer,  Christoph  Friedrich  (11,184).  Das  von  diesem,  für  Andree 
geschriebene  Textbuch:  »Belmonte  und  Constanze,  oder:  Die  Entführung  aus  dem 
Serail«  ist  nach  Mozart's  Angabe  von  Stephanie  dem  Jüngeren  so  wesentlich 
verändert  worden,  dass  B.  dagegen  Protest  erhob  in  einer  in  die  Berliner 
»Litteratur-  und  Theater-Zeitung«  (1783,  IL  S.  398  ff.)  eingerückten  »Nachricht«. 
Breuer,  Bernhard  (II,  184),  starb  am  16.  October  1877  in  Aachen. 
Brennungr,  Fcrd.  (II,  185),  geboren  am  2.  März  1830  in  Brotterode  in 
Thüringen ;  machte  seine  höheren  Musikstudien  am  Leipziger  Conservatoriura 
unter  Mendelssohn  und  Hauptmann  und  trat  hier  als  Ciavier-  und  Orgel- 
spieler mit  Erfolg  in  die  Oeffentlichkeit.  1855  wurde  er  an  Reinecke's  Stelle 
Lehrer  am  Conservatorium  in  Köln  und  ging  1865  als  städtischer  Musikdirektor 
nach  Aachen,  als  welcher  er  noch  erfolgreich  wirkt. 

Briard,  Jean  Bapt.  (II,  186),  starb  zu  Alen^on  am  25.  April  1876. 
Bridgetower,  Greorg  Aug.  Polgreen,  ein  3Iulatte,  ist  1779  zu  Biala 
geboren,  kam  gegen  1790  nach  London  und  machte  bei  seinem  wiederholten 
öffentlichen  Auftreten  im  Drury-Lane-Theater  und  in  anderen  Concerten  be- 
deutendes Aufsehen,  so  dass  ihn  der  Prinz  von  Wales,  nachmals  Creorg  TV., 
in  seinen  Dienst  nahm.  Sein  Vater,  ein  unter  dem  Namen  der  »abessynische 
Prinz«  in  den  höchsten  Gesellschaftskreisen  wolbekannter  Afrikaner,  war  im 
Irrenhause  gestorben.  1802  erhielt  der  Sohn  Georg  Urlaub  nach  Deutschland 
zu  gehen,  um  seine  in  Dresden  lebemlo  Mutter  zu  besuchen  und  die  Bäder  in 
Teplitz  und  Carlsbad  zu  brauchen.  Auf  dieser  Urlaubsreisc  kam  er  auch  nach 
Wien,  wo  er  durch   seine  Empfehlungsbriefe   bald   in  die   höchsten   musikalischen 


48  Brissou  -    Brückner. 

Kreiso  eingeführt  wurde;  und  hier  lernte  er  auch  Beethoven  kennen,  der  leb- 
hiil'tes  Interesse  im  ihm  nahm,  und  ihm  als  Solo-  und  Quartettspieler  grosses 
Lob  zollte.  Die  Sonate  Op.  47  sijielte  Beethoven  zuerst  mit  Bridgetower,  und 
der  Meister  soll  sogar  AVillens  gewesen  sein,  sie  ihm  zu  widmen.  Wie  Thayer 
(Bd.  II  der  Biographie  Beethovens)  annimmt,  entzweiten  sich  beide  Weiber- 
angelegcnheitcn  halber,  und  so  widmete  Beethoven  die  Sonate  Rud.  Kreutzer. 
B.  war  ein  Schüler  von  Giornovichi  und  Barthelemon,  in  der  Composition  von 
Attwood;  er  gab  iu  Wien  am  17.  und  24.  Mai  1803  zwei  besuchte  Concerte, 
in  denen  er  auch  mehrere  eigene  Compositionen  zu  Grehör  brachte.  Seitdem 
ist  er  spurlos  verschwunden.  Eine  Tochter  von  ihm  soll  noch  in  Italien  ver- 
heiratet leben.  Nach  seinem  Pass  für  Deutschland  war  er  mittlerer  Statur, 
hatte  braune  Augen,  glattes  braunes  Gresicht,  schwarz})raunes  Haar  und  gerade, 
etwas  dicke  Nase. 

IJrisson,  Frederic,  trefflicher  Pianist  und  Componist,  geboren  zu  An- 
goult'inc  (Charente)  den  25.  December  1821;  Hess  sich  1846  in  Paris  nieder, 
wo  er  als  Componist  von  Ciaviersachen,  einigen  Trios  und  Compositionen  für 
Harmonium  und  als  Professor  des  Ciavierspiels  wol  berufen  ist.  Sein  wich- 
tigstes Werk  ist:  y^Ecole  cVorgue  traitant  specialeinent  de  la  soufflerie,  et  contenant 
3S  exercises,  50  exemples  et  20  etiodesv,  Paris,  Brandus.  Er  soll  auch  der  erste 
gewesen  sein,  welcher  zwei  verschiedene  Grrössen  der  Noten  in  einem  Stück  an- 
gewendet und  zwar  in:  »iö  rose  et  le  pa'pillonvi,  Paris,  Escudier  1848,  in  welchen 
die  Rose  mit  grossen  und  der  Schmetterling  mit  kleinen  Noten  gedruckt  ist.  / 

IJroadwood,  John  (II,  190),  geb.  1731  in  Schottland,  kam  als  Zim- 
mermann nach  England,  trat  1751  in  Arbeit  bei  Shudi  (s.  d.)  (eigentlich 
Tschudi)  und  heiratete  1769  dessen  älteste  Tochter.  Nach  Shudi's  Tode  (1773 
oder  1775)  übernahm  er  das  Geschäft,  und  seitdem  gewann  dies  bald  einen 
ausgebreiteten  Ruf. 

ßi'Ochi,  Carlo,  um  das  Jahr  1744  in  Parma  lebend;  baute  nach  dem 
Modell  des  Nicolo  Amati  treffliche  Instrumente  von  edlem  Ton,  die  noch  heute 
sehr  geschätzt  und  gesucht  sind. 

Brody,  Alexandre,  Musiklehrer  undDirektor  des  Gesangvereins  »le  Choral 
du  l'^emple«,  gab  heraus:  ^^Solfege  j)ratique  oio  nouvelle  methode  de  leeftire  tnusi- 
eale,  hasee  sur  Vetude  des  intervalles,  dans  tous  les  tons  et  sur  la  dietee  vocale  et 
eerite  renfermant  100  exercices  et  J 10  morceaux  ä  1,  2,  3  et  4  parties,  dans  tous 
les  tons  majeurs  et  mineurs  a  Vusacje  des  orplieons  et  des  ecoles«,  Paris,  l'auteur. 

liroekhnijzen,  Georges  Henri,  und  sein  Neffe  G.  H.  sind  in  den  Nieder- 
landen bekannt  als  reiche  Dilettanten,  die  sich  ganz  der  Kunst  widmeten.  Der 
Aelteste  besass  eine  der  schönsten  Samminngen  von  Büchern  über  Musik  und 
der  Jüngere  componirte  verschiedene  kleinere  und  grössere  Werke.  Beide 
trugen  zu  der  Entwickelung  der  Tonkunst  in  Amsterdam  viel  bei. 

Broustet,  Eduard,  Pianist  und  Componist,  geboren  zu  Toulouse  am 
29.  April  1836  als  Sohn  eines  wohlhabenden  Kaufmanns,  erwählte  aus  Neigung 
die  Musik  zum  Beruf.  1853  kam  er  nach  Paris,  wo  Maledon  und  nachein- 
ander die  Pianisten  Stamaty,  Ravina  und  H.  Litolf  seine  Lehrer  waren.  Mit 
dem  letzteren  unternahm  er  eine  längere  Reise  durch  Deutschland,  Ungarn  und 
Russland  und  kehrte  1869  nach  Paris  zurück,  wo  er  sich  als  Componist  und 
Clavierspieler  zur  Geltung  brachte;  ebenso  wie  in  Spanien  und  Portugal,  welche 
Länder  er  1871  bereiste.  Eine  langwierige  Krankheit  veranlasste  ihn  nach 
Toulouse  zurückzukehren.  Ausser  Concert-  und  Salonstücken  für  Ciavier,  com- 
ponirte er  eine  Concertsymphonie  für  Ciavier  und  Orchester,  Op.  38;  »trois 
frios  pour  piano,  violon  et  violoncelle«,  Op.  42,  43;  »Müdes  inelodieusesu,  Op.  10; 
»Efiides  de  ati/lc  et  de  perfcctionnementi<.,  Op.  36;  letztere  sind  vom  Comite  des 
Conservatoriums  als  Studienwerk  angenommen. 

lUMickner,  Anton,  ist  geboren  1824  zu  Ansfelden  in  Ober-Oesterreich. 
Seine  theoretischen  Studien  machte  er  in  Wien  bei  Sechter  und  in  Linz  bei 
O.  Kitzler.     Nachdem    er    mehrere    Jahre    nls  Organist    zu    St.  Florian    amtirt 


I 


Tlriill  —  Ruchwäldor.  40 

hatte,  wurde  er  Doinüri,'!iiiist  in  Linz.  1868  nach  Sccliters  Tode  ging  er  an 
dessen  Stelle  als  k.  k.  Ifot'organist  nach  Wien  und  übernahm  zugleich  eine  Professur 
am  Conservatorium  der  IMusik.  1869  folgte  er  der  Aufforderung  zu  einem 
Wettkampf  im  Orgelspiel  nach  Nancy,  in  welchem  er  mit  Ehren  bestand,  so  dass 
er  auch  nach  Paris  eingeladen  wurde,  wo  er  gleichfalls  bedeutende  Erfolge 
errang,  ebenso  wie  in  London,  wohin  er  1871  zu  Urgelconcerten  eingeladen 
wurde,  deren  er  in  Alberthall  sechs  gab.  Von  seinen  Compositionen  sind  zu 
erwähnen:   Grosse  Messen,  fünf  Sinfonien  und  viele  kleinere  Werke. 

Hriill)  Ignaz,  ist  am  7.  November  1847  zu  Prossnitz  in  IMühren  geboren. 
1849  nahmen  seine  Eltern  in  Wien  ihren  Aufenthalt,  was  für  die  Entwickeluug 
des,  namentlich  für  Musik  begabten  Sohnes  sehr  wichtig  war.  Julius  Epstein 
unterrichtete  ihn  im  Clavierspiel,  Rufinatscha  und  später  Otto  Dessofif  in  der 
Compösition.  1861  Ijereits  spielte  Epstein  ein  Clavierconcert  seines  jungen 
Schülers  öffentlich,  das  von  Publicum  und  Kritik  freundlich  aufgenommen  wurde. 
1862  schrieb  B.  eine  Serenade  für  Orchester,  welche  1864  in  Stuttgart  auf- 
geführt wurde.  Seitdem  ist  er  ein  trefilicher  Pianist  und  Componist  geworden, 
der  in  dieser  doppelten  Eigenschaft  schon  bedeutende  Erfolge  erzielte.  Er  con- 
certirte  als  Clavierspieler  in  den  grössten  Städten  Deutschlands  unter  wachsen- 
der Theilnahme  des  Publicums,  besonders  in  London,  wo  er  1878  in  20  Con- 
certen  spielte.  Ebenso  beifällig  wurden  seine  beiden  Concerte  für  Ciavier  mit 
Orchester,  seine  Sonaten  und  Werke  für  Kammermusik,  Lieder  und  Ciavierstücke 
aufgenommen.  Bereits  1864  hatte  er  auch  eine  Oper:  »Die  Bettler  von  Samar- 
kand«  geschrieben.  Seine  zweite  erst:  »Das  goldene  Kreuz«,  welche  am  22. 
December  1875  auf  der  königl.  Hofbühne  in  Berlin  zuerst  gegeben  wurde, 
hatte  einen  bedeutenden  Erfolg  und  ging  fast  über  alle  deutschen  Bühnen. 
Die  dritte  Oper:  »Der  Landfriede«  entsprach  nicht  den  Erwartungen,  die  man 
ihr  entgegenbringen  durfte,  ebenso  wie  die  vierte  komische  Oper  Bianca, 
welche  in  Dresden  1879  zuerst  in  Scene  ging. 

Brunetti  (II,  202),  wurde  1777  vom  Erzbischof  Hieronymus  engagirt  und 
blieb  bis  1782  in  der  Kapelle  desselben.  Seine  Reise  nach  Paris  unternahm  er 
erst  in  diesem  Jahre. 

ßrnui,  Oreste,  italienischer  Schriftsteller,  verfasste  die  kleine  Schrift: 
»Nicola  Faganini  celebre  violinista  genovese  racconta  storicov^,  Florenz,  Gralletti 
1873.    8°.    147  S. 

Brnni,  Scverino,  italienischer  Professor  und  Theoretiker,  gab  heraus: 
ySuccinto  di  teorica  fonJ amentale  -per  to  schiavimento  delV  intonatio7ie  e  j;er  Vaccor- 
datura  instrumentalem,  Genua  1861. 

Brunnmüller,  auch  Bronnemüller,  Elias  (II,  203),  wurde  in  Deutschland 
1666  geboren,  lebte  aber  vom  Anfange  des  18.  Jahrhunderts  an  in  den  Nieder- 
landen; zuerst  in  Haag,  später  in  Amsterdam,  wo  er  auch,  96  Jahr  alt,  am 
17.  September  1762  starb.  Er  war  Schüler  von  Scarlatti,  C.  Lunati  und 
Corelli,  und  hatte  sich  als  Clavierspieler  und  hauptsächlich  als  Violini.st  grosse 
Fertigkeiten  erworben,  so  dass  er  sich  in  London,  Paris  und  an  verschiedenen 
Höfen  Europas  mit  vielem  Beifall  hören  Hess.  Auf  der  Bibliothek  zu  Leyden 
sind  folgende  seiner  Compositionen  aufbewahrt:  y^Sonate  a  duc  violoni  e  Violon- 
cello con  organofi.  1709.  Op.  1.  dediee  a  Paulo  Friedeborn.  —  »Simon  van  JBeau- 
monta.  Op.  2.  —  Toccata,  Fugen,  Ciaconen,  Suiten  neben  vielen  Galanterien 
für  Ciavier  und  Orgel.  Op.  3.  —  Sechs  Solo's  für  die  Violine  und  sechs  für 
die  Hoboe;  —  »Fasciculus  Musicus«,  enthaltend  Toccaten,  Solls  für  Hoboe,  Vio- 
line, und  Flöte  und  italienische  und  deutsche  Arien,  der  Königin  von  England 
gewidmet;  —  »Rechter  Grund  der  Compösition«  (30.  April  1710  dem  Buchhändler 
F.  Halma  als  Eigenthum   überlassen). 

Bronucr,  Christian  Traugott  (II,  203),starl)am  14.  April  lS74in Chemnitz. 

Bachwälder,  Christoph  (II,  208),  ist  zu  Bunzlau  1566  geljorcn,  war  Con- 
rektor  und  darauf  Senator  daselbt.  Sein  Werk:  n  Volumen  Sacrarum  Gantionnm« 
erschien  in  Görlitz  und  Breslau  in  mehreren  Auflagen.    Er  stai'l)  am  5.  Mai  1641. 

Muäikal.  CoDTers.-Lexikon.    Ergäu7.uiigNl)aud.  4 


50  Budiani  —  Bunte. 

Biuliniii,  .Tavietta,  in  Brescia  Ende  des  16.  Jahrhuudorts ;  baute  vor- 
zügliche Geigen  nach  dem  Modell  des  Maggini,  die  dem  Original  täuschend 
ähnlich  sind,  so  dass  sie   oft  mit  diesen  verwechselt  werden. 

Butrardin,  Pierre  Gabriel  (11,221),  ist  1G90  in  der  Provence  geboren, 
in  Marseille  aber  erzogen.  Durch  Kescr.  vom  26.  November  171.5  wurde  er 
mit  500  Thlr.  jährlichem  Gehalt  in  der  Dresdener  Hofkapelle  angestellt.  Er 
war  einer  der  ersten,  welche  in  Deutschland  die  Flöte  durch  eine  entsprechen- 
dere Behandlung  auf  eine  höhere  Stufe  der  Ausbildung  brachten.  1718  hatte 
Quantz  bei  ihm  vier  Monate  lang  Unterricht;  er  sagt  über  ihn:  »dass  seine 
grösste  Stärke,  wie  damals  bei  allen  französischen  Instrumentalvirtuosen,  haupt- 
sächlich in  geschwinden  Passagen  bestanden  habe<i.  Franz  Jos.  Götzel  (f  1823), 
seit  1741  ebenfalls  Mitglied  der  Dresdener  Hofkapelle  und  Pietro  Grassiflorio 
(t  1795)  waren  ebenfalls  seine  Schüler.  Als  im  Jahre  1725  der  Kurfürst 
Berlin  besuchte,  gehöi'ten  Pisendel,  Quantz,  Weiss  und  Buffai'din  zu  seinem 
Gefolge,  und  jeder  erhielt  für  seine  Kunstproductionen  von  Friedrich  "Wilhelm  I. 
ein  Geschenk  von  100  Ducaten.  Bis  1741  war  Buffardin's  Gehalt  auf  1000  Thlr. 
gestiegen;  1749  wurde  er  mit  eineim  Gnadengehalt  von  700  Thlrn,  in  Ruhe- 
stand versetzt.  Beim  Ausbruch  des  siebenjährigen  Krieges  floh  der  Hof  nach 
"Warschau  und  die  Künstler  erlitten,  wie  alle  Staatsbeamten,  empfindlichen  mate- 
riellen Schaden.  Im  Hoftheateretat  von  1764  ist  B.  nur  mit  200  Thlrn.  be- 
dacht. Sein  Todesjahr  war  noch  nicht  zu  ermitteln;  aus  dem  Vorhergehenden 
ist  nur  erwiesen,  dass  er  nicht,  wie  Gerber  vermuthet,  schon   1739   starb. 

Bull,  Ole  (II,  225),  starb  am  17.  August  1880. 

Bnngert,  August,  geboren  den  14.  März  1846  in  Mülheim  an  der  Ruhr 
(Rheinprovinz).  Sein  erster  Lehrer  für  Ciavier  war  H.  Kuffrath,  der  die  ausser- 
ordentliche Begabung  des  Knaben  erkannte  und  ihn  bald  nichts  mehr  zu  lehren 
wusste.  Gegen  den  "Willen  des  Vaters  besuchte  B.  nach  Absolvirung  seiner 
Schulstudien  3  Jahre  lang  das  Conservatorium  zu  Köln.  Dort  erregte  er  als 
hervorragendes  Ciaviertalent  Aufsehen.  Später  ging  er  nach  Paris,  besuchte 
mit  Unterbrechungen  4  Jahre  lang  das  dortige  Conservatorium,  und  genoss 
noch  besonderen  Unterricht  bei  Prof.  Mathias,  der  ihn  bald  als  seinen  jungen 
Freund  ansah  und  ihn  zeitweise  im  Hause  aufnahm,  als  der  Vater,  der  immer 
noch  hoffte,  dass  der  Sohn  sich  eines  Bessern  besinnen  würde,  ihm  die  ferneren 
Mittel  entzog.  Mit  grossem  Beifall  trat  B.  zu  jener  Zeit  in  Concerten  als 
Clavierspieler  auf.  Er  nahm  nach  einem  kurzen  Aufenthalt  in  Köln  und  Düs- 
seldorf dann  eine  Stellung  in  Kreuznach  als  Musikdirektor  an  und  blieb  dort 
4  Jahre,  ab  und  zu  in  Concerten  auftretend  und  stets  ernstlich  mit  Compositionen 
beschäftigt.  Von  dort  aus  ging  er  nach  Berlin  und  machte  bei  Kiel  noch 
einen  Cursus  im  Contrapunkt  und  der  Fuge  durch.  Schon  in  seinen  frühesten 
Jahren  des  Ciavierstudiums  schrieb  B.  Lieder  und  Ciavierstücke,  die  sich  nach 
und  nach  zu  Hunderten  anhäuften.  Es  erschienen  frühzeitig  bei  Breitkopf  und 
Härtel  etwa  50  »Junge  Liedera,  op.  1 — 7,  die  von  der  Kritik  als  ursprünglich, 
poetisch  und  formvollendet  anerkannt  wurden.  Darauf  folgten  bei  Luckhardt 
in  Berlin:  Oden  für  1  Singst,  u.  Pft.,  op.  8;  Albumblätter  für  Pianoforte, 
3  Hefte,  op.  9  (theilweise  jetzt  von  Gottschalg  für  Orgel  bearbeitet) ;  Junge 
Leiden,  op.  11;  Meerlieder,  op.  12;  Variationen  und  Fuge,  op.  13;  Lieder 
eines  Einsamen,  op.  17;  Lieder  aus  schöner  Zeit,  op.  19  und  Kinderlieder, 
bei  "Wolff  in  Kreuznach.  —  Indessen  war  B.  mit  einem  Ciavierquartett, 
op.  18,  in  dem  vom  Florentiner  Streichquartett  (Jean  Becker)  veranlass- 
ten Preisausschreiben ,  bei  welchem  Brahms  und  Volkmann  Preisrichter 
waren,  als  Sieger  hervorgegangen.  Das  Quartett  erschien  bei  Peters;  eben- 
daselbst zugleich  op.  16,  Deutsche  Reigen,  vierhändig.  —  B.  lebt  jetzt  anhal- 
tend in  Berlin.  Den  Winter  1878  brachte  er  in  Italien  zu.  Die  gesammte 
Fachkritik  hat  sich  übereinstimmend  über  ihn  als  einen  der  liegabteren  jüngren 
Componisteu   ausgesprochen. 

Bnute,   J.  F.,  geboi'en  zu  Lippstadt  am   28.  September  1800;  ein  tüchtiger 


Hunklnia  —  Oalido.  51 

Musiker,  wirkte  in  Amsterdam  als  Orchester- Dirigent  und  iils  Lehrer  der  \'io- 
line.  Zu  seinen  Schülern  zählen:  Cahuer  in  Batavia;  Asciier  in  London;  Naret 
Koning  in  Mannlioim  u.  A.  11  hatte  mit  Franz  Coenen  einen  Quartett-Yerein 
gegründet,  der  Ihul^i!   Zeit  in  Blüte  stand. 

Hiirokhns,  Friedrich   (II,  237),  ist  identisch  mit  Beurhusius   (s.  d.). 

Bureiiue,  Henriette  (II,  237),  starb  (als  Frau  Heuser)  in  Prag  am 
21.  November   1878. 

Busse,  Joh.  Heinrich  (II,  245),  geboi'cn  am  G.  December  1794,  war 
nicht  Cantor  zu  Hannover,  sondern  zu  Patteusen,  einem  Städtchen  bei  Hannover. 
Er  schrieb  ausser  dem,  im  Lexikon  angeführten  Choralbuch  in  Ziffern,  auch  eine 
Anweisung  zum  Gebrauch  desselben,  unter  dem  Titel:  »Kurze  Anweisung  zum 
Gebrauche  des  Böttner'schen  Chorulbuches  in  Ziffern  für  Volksschulen«,  Han- 
nover 1825.  Er  war  seit  1817  in  der  oben  angegebenen  Stellung  und  starb 
am  15.  Februar  1830. 

Bnssmeyer,  Hugo,  geb.  am  26.  Februar  1842  in  Braunschweig,  nament- 
lich bekannt  durch  seine  weiten  Reisen  in  Amerika,  wohin  er  1860  ging,  nach- 
dem er  sich  unter  der  Leitung  Carl  Richters,  Litolffs  und  Methfessels  einen 
bedeutenden  Grad  von  Kunstfertigkeit  als  Clavierspieler  angeeignet  hatte.  Er 
concertirte  in  Rio  di  Janeiro,  und  dort  erschienen  auch  seine  ersten  Compo- 
sitionen.  Dann  ging  er  nach  Montevideo,  Buenos  Ayres  und  über  die  Cor- 
dilleren  nach  Chili  und  Peru.  1867  concertirte  er  in  New- York  und  darauf 
in  Paris,  und  überall  machte  er  als  Clavierspieler  bedeutendes  Aufsehen. 
1868  reiste  er  nach  Süd-Mexico  zurück,  und  liess  sich  darauf,  nachdem  er  auch 
noch  den  Chimborasso  bestiegen  hatte,  in  New- York  nieder.  Mehrere  seiner 
Claviercompositioneu  erschienen  bei  Schott  in  Mainz. 

Buzzola,  Antonio,  (II,  250),  starb  am  20.  März  1871. 


C. 

Caballero,  Manuel  Fernandez,  dramatischer  Componist  der  Gegenwart, 
zu  Murcia  in  Spanien  am  14.  März  1835  geboren,  besuchte  das  Conservatorium 
in  Madrid  und  gewann  bereits  in  seinem  achtzehnten  Jahre  in  einem  Concurse 
um  eine  Kapellraeisterstelle  den  Preis,  die  Stelle  erhielt  er  jedoch,  seiner 
Jugend  halber,  nicht.  In  Madrid,  wurden  in  den  sechziger  und  siebziger 
Jahren  mehr  als  fünfzehn  seiner  komischen  Opern  (Zarzuelu)  mit  vielem  Bei- 
fall aufgeführt. 

Cabo,  Francisco  Javier,  Organist  und  Componist,  geboren  zu  Naguera 
in  der  Provinz  Valencia  um  1768;  studirte  in  seiner  Vaterstadt  INIusik  und 
versah  dort  an  mehreren  Kirchen  nach  einander  den  Organistendienst.  1810 
wurde  er  an  der  Kathedrale  Sänger,  1816  Organist  und  1830  Kapellmeister.  Er 
starb   1832,  zahlreiche  Compositionen  von  echt  kirchlicher  Weihe  hinterlassend. 

Cabisins,  Julius,  geboren  15.  October  1841  in  Halle  a/S.,  erhielt  den  ersten 
Unterricht  von  seinem  Vater.  Vom  Jahre  1855 — 61  studirte  er  bei  Julius 
Goltermann  am  Prager  Conservatorium.  Nach  Beendigung  seiner  Studienzeit 
war  er  in  den  Hofkapellen  zu  Löwenberg  und  Meiningen,  von  wo  aus  er  nach 
Stuttgart  ging  und  daselbst   1877   erster  Cellist  an   der  kgl.  Hofkapelle  wurde. 

Cadanx,  Justin  (II,  253),  starb  in  Paris  im  maison  de  sante  de  Picpus, 
in  welchem  ihm  die  Künstler  der  grossen  Oper  und  der  Opera  comi(jue  Auf- 
nahme verschafft  hatten,  am   8.  November  1874. 

Cafll,  Francesco   (II,  273),  starb  im  Februar   1874  in   Padua. 

Calido,  zwei  geschickte  Orgelbauer  zu  Venedig,  von  welclien  der  Aeltere 
1761  die  grosse  Orgel  in  der  Basilika  zu  St.  Älarcus  erbaute,  und  der  Jüngere 
noch  geschicktere,  die  Orgeln  fast  aller  TTaupfkircheu  in  Venedig  errichtete.  Zu 
den  vorzüglichsten  werden  die  zum  »Engel  Raphael«  und  »St.  Faustiu«  gerechnet. 

4* 


52  Callault  —  Campos. 

Callnult,  Salvator  (II,  279),  starb  nicht  1839,  sondern  erst  1873  am 
10.  April  in  Paris. 

Calvin,  Johann,  der  Nachfolger  Zwingli's  als  Reformator  der  Schweiz, 
ist  am  16.  Juli  1509  zu  Noyon  in  der  Picardie  geboren.  Bereits  während 
seines  ersten  Aufenthaltes  zu  Genf  1536 — 38  hatte  Calvin  erkannt,  dass  mit 
der,  durch  Zwingli  angeordneten  Ausschliessung  der  Musik  aus  dem  Gottes- 
dienste, dieser  eines  der  trefflichsten  Mittel  zur  Erweckung  der  Andacht  ein- 
gebüsst  habe.  Daher  übergab  er  dem  Genfer  Magistrat  eine  Denkschrift,  in 
welcher  er  den  hohen  Werth  eines  gemeinschaftlichen  Gesanges  auseinander 
setzte,  und  zur  besseren  Ausstattung  des  Gottesdienstes  den  Gesang  von  Psal- 
men in  Anregung  brachte.  Er  machte  dabei  den  Vorschlag,  mit  einem  Kinder- 
chor zu  beginnen,  in  der  Voraussetzung,  dass  sehr  bald  auch  die  Erwachsenen 
einstimmen  würden.  Trotz  mancherlei  Hindernissen,  die  sich  ihm  entgegen- 
stellten, und  obwohl  er  von  Genf  abwesend  war,  setzte  er  seinen  Willen  den- 
noch durch,  seine  t>Ordonnances  ecclesiastiquesv.  wurden  unterm  2.  Januar  1542 
vom  Magistrat  angenommen.  Im  Jahre  1555  besorgte  C.  dann  auf  Grund  der 
Psalmenübersetzungen  von  Marot  und  Beza  unter  Beihülfe  der  Cantoren 
Guillaume  Franc  in  Lausanne  und  Louis  Bourgeois  in  Genf  ein,  für  den  gottes- 
dienstlichen  Gebrauch  eingerichtetes  und  mit  Melodien  versehenes  Gesangbuch, 
womit  er  in  seiner  Mustergemeinde  einen  solchen  Erfolg  erzielte,  dass  »alle 
Welt  bezeugte,  Trost  und  Erbauung  dort  gefunden  zu  haben«.  C.  blieb  aber 
dabei  nicht  stehen;  im  Gegensatz  zu  Zwingli,  der  jeden  Gesang  und  auch  die 
Orgel  aus  der  Kirche  verbannt  hatte,  führte  er  selbst  den  Kunstgesang,  in  den 
unter  seiner  Leitung  stehenden  Gemeinden  wieder  ein.  So  wurden  IG  von 
Gl.  Goudimel  (1562)  vierstimmig  gesetzte  Psalmen  in  der  Gemeinde  eingeführt, 
und  als  C.  am  27.  Mai  1564  starb,  legte  ihm  Gl.  Goudimel  gleichsam  als 
frischen  Blüthenkranz  das,  sämmtliche  Psalmenmelodien  in  dieser  Bearbeitung 
enthaltende  Werk:  yiLes  Psaumes  mis  en  rimes  frangaises  imr  Gl.  Marot  et  Th. 
de  Beza.     Mis  en  musiques  ä  4  parties«  auf  sein  Grab. 

Cambiasi,  Pompeo,  Provinzialrath  zu  Como,  veröffentlichte  die  chrono- 
logisch geordnete  Liste  von  sämmtlichen,  in  beiden  Theatern  della  Scala  und 
Canobiana  zu  Mailand  in  den  Jahren  1778 — 1872  aufgeführten  Opern  i>nd 
Ballette,  mit  Anführung  der  Componisten,  Librettisten ,  der  Hauptdarsteller, 
des  Datums  u.  s..  w. 

Campeuhout,  Franz  von  (II,  287),  ist  am  5.  Februar  1779  geboren  und 
starb  am  24.  April  1848. 

Camphuysen,  Dirck  Baphaelz,  Verfasser  des  bekannten  holländischen 
Werkes:  -a Stielitelyhe  rymenfs.  mit  Melodien,  die  öfter  vier-  und  fünfstimmig  ge- 
setzt sind,  ist  1586  zu  Gorcum  geboren.  Er  sollte  ursprünglich  Maler  werden, 
und  wurde  zu  diesem  Behufe  dem  Maler  D.  Govertze  zum  Unterricht  über- 
geben, und  bald  machte  er  auch  so  bedeutende  Fortschritte,  dass  er  bessere  Land- 
schaften malte,  wie  sein  Meister.  Später  wandte  er  sich  den  Wissenschaften 
.zu,  studirte  Theologie  und  wurde  Prediger  in  einem  Dorfe  Vlenten.  Als  Armi- 
nianer wurde  er  indess  hier  vertrieben  und  musste  lange  Zeit  in  Armuth  und 
Noth  als  Flüchtling  von  Ort  zu  Ort  wandern,  bis  er  zu  Dokkum  in  Friesland 
ein  Asyl  fand,  wo  er  am  9.  Juli  1627  starb.  Zu  seinen  geistlichen  Liedern 
hat  er  höchst  wahrscheinlich  auch  die  Melodien  selber  erfunden.  Die  oben  er- 
wähnte Sammlung  seiner  Lieder  erschien  in  den  Jahren  von  1624 — 1705  in 
19  Ausgaben;  sie  wurde  auch  in  Deutschland  bekannt;  ß.  Roberthin  hat 
mehrere  seiner  Gedichte,  \V^ie  z.  B.:  «Maimorgen«  übersetzt.  C.  muss  als  einer 
der  ersten  und  verdienstlichsten  Begründer  der  niederländischen  Dichtkunst 
betrachtet  werden.  Auch  die  Psalmen  Davids  gab  C.  nach  Marot  und  Beza 
heraus ;  und  diese  wurden  nach  seinem  Tode  noch  mehrmals  aufgelegt. 

Oainpos,  Joäo  Ribeiro  de  Almeida  c,  geboren  zu  Vizeu  in  Portugal 
gegen  1770,  machte  theologische  und  juridische  Studien  an  der  Universität 
Coimbra    und    studii-te    gleichzeitig    Musik.      In    einer   Abhandlung   über   diese 


Caiuprii  —  Canogia.  58 

Kunst  voröfTcntlicht  ITHO,  nennt  er  sich  Lehrer  dos  ChoralgcsaugcH  um  hiHchöf- 
lichen  Seminar  zu  Coinibrii.  Später  kam  er  als  KaiiellnieiHter  nach  Luinegu, 
wo  er  auch  als  Exaniinatur  des  Churalgcsaugcs  riiiiglrtc.  C.  gab  heraus: 
1)  r>Eicmcntois'  de  Alusicuu,  Coimbra  178G,  kl.  in  H",  'J2  S.  und  eine  Tafel.  Nur 
die  Vorrede  dieser  Arbeit  enthält  den  vollständigen  Namen,  wogegen  auf  dem 
Titelblatt  der  Name  C.  fehlt.  2)  nElcmentos  Je  Cantochäu,  Lissabon  18UU,  kl. 
in  4",  71  S.,  dieses  Buch  erlebte  zahlreiche  Auflagen.  Die  letzte  erschien 
1859   in  Porto   in  Portugal. 

Cainpra,  Andre  (II,  290),  Jal  im:  -oDictionnairc  critique  de  biographie  et 
dliistoircti,  giebt  nach  Einsicht  des  betreffenden  Taufregisters  den  Aufschluss, 
dass  der  seiner  Zeit  gefeierte  Oi)crncomponist  nicht  italienischer  Abstammung, 
sondern  dass  sein  Vater  aus  dem  Piemontesischcn  stammte.  Genaueres  iUier 
diesen  Compouisten  bietet  Arthur  Pougin  in  seiner  Schrift:  »Andre  Cufnjjra«. 
Paris,  imp.  Chaix  1861,  in  8^*,  23  p. 

Camps  y  Soler,  Oscar,  spanischer  Pianist,  Componist  und  musikalischer 
Schriftsteller,  wurde  am  21.  November  1837  zu  Alexandrien  in  pjgypten,  wo 
sein  Vater  als  Generalconsul  von  Spanien  lebte,  geboren.  Später  kam  er  mit 
seinen  Eltern  nach  Oesterreich  und  begann  in  diesem  Lande  seine  wissenschaft- 
lichen Studien,  die  er  in  Florenz  beendete.  Hier  wendete  er  sich  gleichzeitig 
mit  Energie  auch  den  musikalischen  Studien  zu.  Im  Clavierspiel,  das  er  zu- 
nächst speciell  betrieb,  war  Doehler  sein  Lehrer,  und  C.  konnte  sich  bereits 
1850  in  einem  Concerte  mit  vielem  Beifall  hören  lassen.  Hierauf  studirte  er 
in  Neapel  unter  Mercadante  Contrapuukt  und  Composition  und  unternahm  darauf 
eine  längere  Concerttour  durch  Italien,  Frankreich,  Schottland  und  Spanien,  um 
sich  nach  Beendigung  derselben  in  seinem  Vaterlande  niederzulassen.  Er  war 
als  Lehrer,  Componist  (Ciavier  und  Gresangstücke,  eine  dreistimmige  Cantate) 
und  Schriftsteller  thätig.  Es  sind  von  ihm  zu  nennen :  »Teoria  musical  ilmtradav, 
»Metodo  de  Solfeof^,  »Estudios  ßlosojicos  sobre  la  musica«,  eine  Schrift,  die  C.  auch 
ins  Italienische  übersetzte.  Ferner  verdanken  ihm  seine  Landsleute  eine  Ucber- 
setzung  der  lustrumentationslehre  von  Berlioz:  »Grand  traite  d'inatrumentation 
et  d' orchcstrationfi  ins  Spanische. 

Cauis,  Cornelius  (II,  293)  d'Hondt  (de  Hondt)  genannt,  war  1548  Sänger, 
darauf  Kapellmeister  Carls  V.,  und  seit  dem  28.  September  1549  auch  Sang- 
meister der  regierenden  Königin,  der  Gemahlin  Philipp  IL  Am  19.  Juni  1551 
wurde  er  vom  Profos  Luc.  Munich  zum  Canonicus  der  Kirche  St.  Bavon  in  Gent 
ernannt.  Er  starb  am  15.  Februar  1561  als  Kaplan  des  Kaisers  Ferdinand  in 
Prag.  Von  seinen  Compositionen  befinden  sich  einige  unter  den  Tonstücken 
in  den  päpstlichen  Archiven,  deren  Abschrift  nicht  gestattet  ist.  Einzelne 
Compositionen  von  ihm  sind  veröffentlicht  in  der  von  J.  Berg  und  Ulr.  Neuber 
(Nürnberg  1554 — 56)  veranstalteten  Sammlupg:  »Evangellca  Dominicorum»,  und 
zwar  im  dritten  und  im  sechsten  Bande;  ferner  in:  »Siiaato  T.  Cantiones  sacraevi 
(1546);  in:  »Cantionum  sacrarum  culcjo  Motetta  vocanlv.  (Löwen  1554 — 57); 
in:  »Selcctiasi/nariim  sacrarum  Cantionum<t  (Löwen  1569);  in:  »Modulatlones^ 
quatuor  vocum  musicacn  (Antwerpen  1542);  in  »Concentus  oclo,  sex,  quinqiie  et 
quatuor  oocunm.  Augustae  Vindelicorum  (1545);  in:  »Psalmorum  Selectorum 
quatuor  et  plur.  voc.a  Tomus  secundus  (Nürnberg  1553);  in  Salbliugers: 
»Cantica  Ganticorumt  (1548)  und  endlich  in:  »Cliansons  a  quatre  partiesv^.  Ant- 
werpen, Tylnian  Susato  Livr.  I,  Antwerpen  1543;  Livr.  II,  III,  IV,  V,  1544; 
Livr.  VIII,  1545;  Livr.  XII,  XIII,  1558. 

Canogria,  Jose  Avelino,  Clarinettenvirtuose  und  Componist  für  dies  In- 
strument, geboren  zu  Geiras  in  Spanien  den  10,  Nov.  1784,  besass  sehr  be- 
deutende Fertigkeit  als  Clarinettist,  so  dass  er  in  der  Heimath  und  ebenso  in 
Paris  und  London  in  Concerten  auftreten  konnte.  1838  wurde  er  Lehrer  am 
Conservatorium  zu  Lissabon.  Seine  Compositionen  bestehen  in  Concerten  mit 
Begleitung  des  Orchesters,  Fantasien,  ^  ariationen  u.  s.  w.,  die  in  Paris  und 
London    gestochen   wurden.      C,   der  mehrere  treffliche   Schüler  gebildet,    starb 


54  Capecelatro  —  Carl  Theodor. 

zu  Lissabon  1842.  Sein  Vater  Ignacio  war  erster  Clariucttist  am  Carle- 
Theater  in  Lissabon. 

Capecelatro,  Vinceuzo  (II,  309),  wurde  1815  zu  Neapel  geboren,  studirte 
hier  und  in  Rom  und  starb  als  Ehrendirektor  der  königl.  Hofmusik  zu  Floi-enz 
am  7.  October  1874.  Ausser  den  Opern,  von  welchen  zu  zwei  derselben  »Z« 
Saffita  degli  Artistik  und  y>Gastone  di  Chanlei/»,  seine  Gattin  Irene  Ricciardi  die 
Texte  schrieb,  veröfi'entliclite  C.  mehrere  Gcsangssammlungen:  tdEcJws  de  Sorrente«, 
•f>Les  murmures  de  VOrethea  und  y>QuisisanaK  in  Paris.  »Zes  Veillees  de  Baden« 
in  AVien  und  noch  andere  Liedersammlungen  und  viele  einzelne  Gesangsstücke, 
die  theilweis  in  Italien  populär  geworden  sind. 

Capotorti,  Luigi  (II,  312),  starb  in  San-Severo  1842. 

Capoiil,  Joseph  Amadee  Victor,  ausgezeichneter  Tenorist,  geboren  am 
27.  Februar  1839,  wurde  1859  ins  Pariser  Conservatorium,  und  zwar  in  die  Ge- 
sangsklasse von  Revial  aufgenommen.  Nachdem  er  mehrere  Gesangspi-eise  erhalten 
hatte,  debütirte  er  in  der  Opera  comique,  wo  er  durch  seinen  zwar  nicht  grossen 
aber  einschmeichelnden  Tenor  bald  in  den  Vordergrund  trat,  besonders  nach- 
dem er  die  Rolle  des  »Vert-Vert«  in  der  gleichnamigen  Oper  und  den  Gaston 
de  Maillepre  in  y>le  Premier  jour  de  honkeur«  von  Auber  auch  schauspielerisch 
überraschend  zur  Darstellung  brachte.  C.  verliess  indessen  bald  die  Opera 
comique  und  ging,  um  sein  Talent  möglichst  zu  verwerthen,  auf  Reisen,  er 
sang  in  Amerika  und  in  London  am  Drurylane-Theater,  und  begab  sich  nach 
einem  kurzen  Besuch  in  Paris  abermals  auf  Reisen. 

Cappa,  Giofredo  (11,312),  lebte  in  der  Zeit  von  1590—1640,  er  nennt 
sich  selber  einen  Schüler  des  Antonius  und  Hieronymus  Amati. 

Cappa,  Giachimo  Saluzzio,  ist  1540  geboren. 

Cappa,  Giuseppe  Saluzzio,  gegen  1640. 

Capnana,  Mario  (II,  314),  er  veröffentlichte  noch  5  Bücher:  y>Sacre  armo- 
nie  a  3  voei».     Venedig. 

Capnano,  Giuseppe,  Kirchencomponist  und  Theoretiker,  geboren  zu  Neapel 
am  3.  März  1830,  studirte  unter  Giuseppe  Corregio.  Ausser  einer  grossen 
Anzahl  von  geistlichen  Musikstücken  verfasste  C.  eine  grosse  allgemeine  Musik- 
lehre, in  vier  Abtheilungen  unter  dem  Titel:  »ein  neues  Buch«. 

Carafa,  Michele  (II,  315),  (auch  Caraffa)  geboren  am  17.  November  1787, 
starb  am   26.  Juli  1872  in  Paris. 

Carbonchi,  Antonio  (II,  317),  ist  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  zu  Flo- 
renz geboren.  Nach  Fetis  erörtert  Carbonchi  in  der  erwähnten  Guitarrenschule 
12  verschiedene  Arten  die  Guitarre  zu  stimmen,  von  denen  jede  ihren  beson- 
deren Effect  habe.  Das  Werk  erschien  1643  in  neuer  Auflage.  C.  war  wegen 
seiner,  im  Kriege  gegen  die  Türken  bewiesenen  Tapferkeit  Ritter  des  tosca- 
nischen  Tapferkeits-Ordens  geworden. 

Carey,  H.  (II,  320),  sein  Werk:  y>The  musical  centtirt/«,  trägt  die  Jahres- 
zahl 1737,  nicht  1740. 

Carl  Theodor,  Kui-fürst  zu  Pfalzbaiern,  geboren  am  11.  December  1724 
zu  Sulzbach  als  Sohn  des  Herzogs  von  Sulzbach:  Job.  Christian  und  der  Maria 
Anna,  Markgräfin  von  Bergen-op-Zoom,  folgte  seinem  Vater  1733  in  der  Re- 
gierung, und  ward  beim  Tode  des  Kurfürsten  Carl  Philipp  am  31.  December 
1742  Kurfürst  von  der  Pfalz,  und  nach  dem  Tode  Maximilian  Joseph's  am 
30.  December  1777  auch  Kurfürst  von  Baiern.  Er  hat  als  Kenner  und  Be- 
schützer der  Kunst  sich  berühmt  gemacht.  Ihm  verdankt  die  ehemalige  Rheiu- 
pfalz  die  Akademie  der  Künste  und  Wissenschaften,  das  treffliche  Hoforchester 
(s.  die  Mannheimer  Kapelle,  Bd.  VII,  39),  die  prächtige  Oper  und  das  gute 
deutsche  Theater,  das  er  im  Jahre  1778  nach  München  verpflanzte.  Auch  für 
Vermehrung  der  Kunstgallerien ,  Bi1)liotheken ,  Museen  und  Denkmäler  war  er 
eifrig  besorgt.  Es  ist  bekannt,  dass  auch  Mozart,  als  er  mit  seiner  Mutter  im 
Winter  von  1777  zu  78  in  Mannheim  verweilte,  am  Hofe  des  Kurfürsten 
die  herzlichste  Aufnahme  fand.     Man    interessirte    sich  für  den  genialen  Jüng- 


ö 


Carlcz  —  Cusamorata.  55 

liijg,  dieser  compoiiirte,  durch  den  Kiirlürsten  veranlasst,  die  Oper:  »Idomciieoa, 
ullciii  seine  HoH'minjfcn,  liior  eine  Austeilung  zu  gewinnen,  blieben  trotzdem 
uiicri'üllt.  Scluiliurtli  spricht  in  seiner  »Aestlictik«  ([lug.  123)  über  den  Kur- 
fürsten Carl  Theodor:  »Der  Kurfürst  war  ein  trefflicher  Tonkünstler,  -er  6pi(dte 
diu  Viola  di  Gamba  als  Meister  und  strich  in  seinen  Concerten  unter  Kröner's 
Direction  immer  die  \'ioline  mit«.  In  späteren  Jahren  ward  der  Kurfürst 
sehr  raisstrauisch  und  despotisch;  er  starb  während  einer  L'hoiubre-Partie  am 
16.  Februar  1799. 

C'arlez,  Jules  Alexis,  geboren  zu  Caen  den  10.  Februar  1836,  wurde 
von  seinem  Vater,  einem  früheren  Militärmusikdirektor,  in  der  Tonkunst  unter- 
richtet und  besuchte  dann  die  Musikschule  seiner  Vaterstadt,  in  welcher  er  als 
Lehrer,  Organist  und  Musikschriftsteller  thätig  ist.  Seine  veröffentlichten  Com- 
positionen,  hauptsächlich  Kirchenstücke  für  Solo,  Chor  und  Orchelbegleitung 
erreichen  Op.  45.  Ausser  Aufsätzen  in  verschiedenen  Zeitungen,  gab  er  kleinere 
historische  Schriften  heraus,  wie  i>Les  Musiciens  2)aysa(jiste.s  Oaenu,  le  Blaue.  Härdel 
1870,  in  8'\  ytOrimm  et  la  mudque  de  son  te7npH<i,  ebenda  1872.  riNotices  bio- 
grapldques  sur  Angele  Cordier  et  Yvonne  MoreU,  1873,  in  8*^  ebenda,  »ie  chant 
de  Guillaume  de  Fecamp  et  les  maisons  de  Glastonsv,  1877  ebenda.  i>Auber,  aperru 
hioijraphique  et  critiqueu,  1875,  ebenda.  »La  Musique  ä  Caen  de  J066 — JSlSa, 
ebenda  1876  und  andere.  C.  ist  Mitglied  der  Akademie  der  Künste  und  Wissen- 
schaften in  Caen. 

Caroso,  Marco  Fabricio  (II,  325)  da  Sermoneta,  ist  1535  oder  36  ge- 
boren. Das  Titelblatt  seines  "Werkes:  y>Il  hallerino«  enthält  sein  Bildniss  von 
(yiachomo  Franco  gestochen,  als  er  46  Jahre  alt  war.  Eine  si)ätere  Ausgabe 
des  Werkes  (von  1605)  bringt  unter  den  Lobgedichten  auf  den  Verfasser  auch 
ein   Sonett  von  Torquato   Tasso. 

Carntti,  Gustav  (II,  330,  siehe  Ferd.  C),  geboren  am  20.  Juni  1801 
zu  Livoruo,  verliess  1845  Frankreich  und  begab  sich  erst  nach  London,  dann 
nach  Boulogne,  wo  er  sich  als  Gesauglehrer  niederliess,  und  im  October  oder 
November  1876  starb.  Er  gab  heraus:  y>Solfege  ä  1  et  2  voixa  (fünf  Auflagen) ; 
y>Mct}iode  de  chant»;  nüecucil  de  vocalises  pour  les  quatres  principauoe  genres  de 
voixa;  y>vocalices  ä  deux  voixa.     Ein-  und  mehrstimmige  Compositiouen. 

Carralho,  Caroline,  Felix  Bliolan-  eine  der  bedeutendsten  Sängerinnen  der 
Gegenwart  in  Frankreich,  wurde  zu  Marseille  am  31.  December  1827,  als  die 
Tochter  des  berühmten  Hornisten  Felix  Miolan  geboren.  Da  der  Vater  früh 
starb,  entschloss  sich  die  Mutter  mit  ihren  Kindern  nach  Paris  überzusiedeln, 
um  hier  die  Tochter,  deren  Anlagen  schon  hervortraten,  ausbilden  zu  lassen. 
Nach  einjährigen  Vorstudien  trat  dieselbe  ins  Conservatorium  in  die  Gesangs- 
classe  von  Duprez  und  machte  so  schnelle  und  glänzende  Fortschrite  unter  dessen 
Leitung,  dass  derselbe  sie  bei  seiner  Abschiedsvorstellung  in  der  grossen  Oper 
gleichzeitig  die  erste  Probe  bestehen  Hess.  Sie  sang  den  ersten  Akt  der  Lucia, 
und  das  Terzett  aus  dem  zweiten  Akt  der  Jüdin.  1849  debütirte  sie  au  der 
Opera  comique,  verheiratete  sich  bald  darauf  mit  ihrem  CoUegen  dem  Sänger 
Carvalho,  späteren  Direktor  des  Theätre  lyrique,  an  das  sie  1859  ihrem  Gatten 
folgte.  Nach  dessen  Rücktritt  1869  erschien  sie  an  der  grossen  Opor.  Vermöge 
ihrer  wunderschönen  Sopranstimme,  die  vom  reizvollsten  Klange,  voll,  biegsam 
und  von  seltener  Ebenmässigkeit  war,  entzückte  sie  das  Pariser  Publikum,  so 
lange  sie  diesen  Theatern  angehörte.  Jedes  Jahr  pflegte  sie  drei  Monate  in 
London  an  der  italienischen  Oper  zu  singen  und  feierte  auch  hier  die  grüssten 
Triumpfe.  Ihre  Haupti)artien  waren  und  sind  Cherubin,  Pamina,  Zerliue,  Mar- 
garethe  im  Faust,  Oj^helia  im  Hamlet,  die  Gesandtin,  Königin  in  den  Huge- 
notten u.  s.  w.  Nachdom  sie  1872  an  der  Opera  comiqiie  wieder  aufgetreten 
war,  kehrte  sie   1875  noch  i-Inmal  an  die  grosse  Oper  zurück. 

Casaniorata,  Louis  Ferdinand,  Vorsitzender  der  Akademie  und  Direktor 
der  königl.  Musikschule  zu  Florenz,  ist  zu  Würzburg  in  der  Pfalz  am  15.  Mai 
1807  von  italienischen  Eltern  geboren,  die  sich,  als  er  sechs  Jahr  alt,  war  nach 


56  Casanovas  —  Gase. 

Florenz  begaben.  Die  schon  in  seinem  l'ünften  Jahr  in  Würzburg  begonnenen 
Musikstudien  wurden  systematisch  fortgesetzt  und  erst  1825,  als  er  den  Com- 
positionspreis  errang,  für  beendet  betrachtet.  C.  schrieb  anfangs  viele  Ballet- 
inusik,  dann  eine  Oper  »Iginia  d'Asti«,  welche  in  Pisa  und  Bologna  aufgeführt 
wurde  uud  bcfasste  sich  dann  auf  Wunsch  seines  Vaters  mit  dem  Studiurngder 
Rechtswissenschaft,  blieb  aber  mit  der  Musik  durch  die  Direction  und  Mit- 
arbeiterschaft  der  Journale  »Gazetta  musicale«  von  Florenz  und  »Grazetta  musi- 
cale«  von  Mailand  in  Verbindung.  Nachdem  er  den  Grad  als  Doktor  der  Rechte 
erlangt  hatte,  nahm  er  seine  Compositiousthütigkeit  wieder  auf,  bewegte  sich 
aber  von  jetzt  an  nur  auf  den  Gebieten  der  Kirchen-  und  Instrumentalmusik, 
auf  welchen  er  an  Zahl  und  Werth  Bedeutendes  leistete.  Es  sind  grössten- 
theils  Messen  für  Solostimmen,  Chor  und  Orchester,  dann  Psalme,  Hymnen, 
Intraden,  Motetten  ein-  bis  achtstimmig,  vier  Sinfonien,  Trios  lu  s.  w.  1850 
wurde  C.  nebst  Basevi  und  Biagi  mit  der  Organisation  der  zu  errichtenden 
königl.  Musikschule  betraut  und  demnächst  zum  Direktor  derselben  ernannt. 
Von  seinen  Werken  ist  noch  das  Lehrbuch  zu  nennen:  y>Manuel  di  armonia, 
compilato  per  uso  di  coloro  che  attendono  alla  pratica  del  suono  e  del  cantov^ 
(Florenz  1876,  in  8")  und  das  Schi-iftchen :  y>Origini,  storia  e  ordinamento  del 
R.  Istituto  musicale  fiorentinoa. 

Casanovas,  P.  Antonio  Francisc.  Narciso,  Mönch,  Organist  und  Com- 
ponist  in  Spanien,  geboren  zu  Sabadell  im  Juli  1737,  wurde  in  dem  berühmten 
Musik-College  des  Klosters  Montserrat  gebildet,  uud  galt,  obwol  seine  unglaub- 
lich langen  Finger  fast  als  Gebrechen  angesehen  wurden,  für  einen  der  grössten 
Orgelspieler  seiner  Zeit.  Unter  seinen  im  Kloster  aufbewahrten  Compositionen 
sollen:  ein  Benedictus,  Responsorien  für  die  Charwoche,  und  ein  vierstimmiger 
Gruss  von  der  grössten  Schönheit  sein. 

Casati,  Hieronimo  (11,331),  dicto  Falaglio,  dessen  »Sacrae  Cantiones«  er- 
schienen 1625   in  Venedig. 

Case,  Caspar  (Casenius).  Schneiders:  »Geschichte  der  kurfürstlich  bran- 
denburgischen Kapelle«  erwähnt  mehrfach  eines,  der  Kapelle  des  Kurfürsten 
Georg  Wilhelm  angehörigen  Musikers,  unter  den  verschiedensten  Schreibweisen: 
Rose,  Kose,  Hase,  Case  etc.,  der  Vorname  Caspar  ist  immer  derselbe  und  des- 
halb darf  man  wol  annehmen,  dass  diese  verschiedenen  Namen  nur  eine  Per- 
son, den  Caspar  Case  bezeichnen.  Dieser  war  aus  Riesenburg  in  Preussen 
gebürtig,  und  wird  1629  zuerst  als  Musikus  am  Hofe  des  Kurfürsten  Georg 
Wilhelm  erwähnt.  Unter  den  unglücklichen  Folgen  des  dreissigjährigen  Krieges 
hatte  auch  das  Kurfürstenthum  Brandenburg  viel  zu  leiden,  und  der  grosse 
Kurfürst  Friedrich  Wilhelm  sah  sich  1640  zu  Ersparnissen  genöthigt.  Er 
löste  seine  Kapelle  auf,  aber  er  war  zugleich  bemüht,  seine  besseren  Musiker 
andei'weitig  unterzubringen.  Unterm  31.  December  1640  empfiehlt  er  Caspar 
Case  dringend  für  die  Stelle  eines  Cantors  der  Altstadt  Königsberg,  aber  ohne 
Erfolg;  Case  erhielt  die  Stelle  nicht,  wurde  aber  dennoch  vom  Kurfürsten  mit 
anderen  Musikern  entlassen.  Erst  gegen  Ende  des  folgenden  Jahres,  am  14. 
December  1641,  ergeht  ein  Befehl  an  die  Kammer-Musici  ChVistophel  Hassel- 
berg, Caspar  Kose  (Case)  und  Walter  Rowe  (f  April  1671)  den  jüngeren, 
sich  wieder  bei  Hofe  einzufinden  und  mit  ihrer  Musik  aufzuwarten.  Des 
Weiteren  heisst  es  unterm  14.  Mai  desselben  Jahres,  dass  Christophel  Hassel- 
berg, der  Posaunist,  und  Caspar  Kose,  der  Cytharist,  erneute  Bestallungen  er- 
halten als  Kammer-Musiker,  da  die  früheren  Bestallungen  in  denen  Zeit-  uud 
Kriegsläuften  abhanden  gekommen  sind.  Am  22.  September  1646  sollte  dann 
Caspar  Cuse  (Case)  zum  Kapellmeister  an  der  Schlosskirche  in  Königsberg 
i.  Pr.  bestallt  werden,  allein  die  Angelegenheit  kam  noch  nicht  so  weit.  1647 
tritt  er  abermals  in  die  Kapelle  ein,  aber  noch  in  demselben  Jahre  wurde  er 
Nachfolger  des  1646  verstorbenen  kurfürstl.  preussischen  Kapellmeisters  Joh. 
Stobaeus.  Er  wirkte  in  dieser  Stellung  bis  1661  und  erreichte  sogar,  was 
Stobaeus  nicht  gelang,  eine  Erhöhung  seines   Gehaltes. 


Casini  —  Caussin  do  Perceval.  f)? 

('asiiii,  Giovauui  IMiiriu  (II,  3i52),  zu  bciiicn  Werken  gehöron  noch: 
TiCanzont  tlc  ttpirituali»,  Florenz   17U.'?. 

Castell«',  J3.  van  de,  Vcrliisser  der  Scliril't:  »l'n  Iudex  kistori^uc-s  mir  GliUile 
des  Mcnextrcls  de  Briii/csu,  Brügge   1H(»H   in   8". 

Castello,  l'aolo,  lobte  in  Genua  gegen  175U  als  tüchtiger  Instrunientcn- 
macher;  namentlich  sind  seine  Violoncellos  nach  dem  Modell  des  K.  Amati  ge- 
baut, sehr  geschützt. 

Castro,  D.  Agostinho  de,  Geistlicher,  wahrscheinlich  ;iui  berühmten  Au- 
gustinerldoster  Santa-Cruze  von  Machudo  (Bibl.  lusit.)  als  Autor  einer  musi- 
kalischen Abhandlung  des   16.   Jahrhunderts,  angeführt. 

Castro,  Gabriel  Pereira  de,  hervorragender  Gelehrter,  geboren  zu  Braga 
1571,  starb  zu  Lissabon  IG 32,  lehrte  in  Leipzig  Geschichte,  Philosophie  und 
Medicin.  Einige  seiner  Arbeiten  sind  klassisch.  Er  pflegte  auch  mit  Erfolg 
die  Musik.     S.   Jöcher,  Allgemeines   Gelehrten-Lexikon.     Leipzig   1750. 

Castro,  Manuel  Antonio  Lobato  de,  geboren  zu  Barcellos,  im  Bezirk 
Braga,  Musiker  und  Schriftsteller,  hinterliess  schätzenswerthe  Arbeiten,  darunter: 
» Vilhancuos  que  se  cantavam  na  Se  Cathedral  do  Porto  ein  as  Matinas  ctca 
Coimbra  1712,  in  12". 

Castro,  Musiklehrer  der  Gegenwart  in  Spanien,  verfasste  und  veröffentlichte: 
»Eine  Al)handlung  über  Transpostition  und  eine  neue  Schule  für  Contra- Bass, 
anwendbar  auf  Instrumente  von  drei  und  vier  Saiten«.  Madrid,  Ivomero  y  Andia. 

Castroue-Marchesi,  Salvator  de(VII,54),  Mitglied  der  italienischen  Jury  der 
Gruppe  XV  der  AViener  Weltausstellung  1873,  verfasste:  »lielazione  sujli  Instrit- 
menfi  miisicali  quali  erano  rappresentati  alV  E-sposlzionc  unioersale  di  Yicnna 
ncl  Giiigno  /S73v.  In  der  Sammlung  der  officiellen  Berichte  der  italienischen 
Jury  enthalten  und  auch  in  einem  Separat- Abdruck  veröffentlicht. 

Castrucci,  Pietro  (II,  341),  studirte  die  Technik  des  Violinspiels  nicht 
bei  Viotti,  sondern  bei  Corclli. 

Cataueo,  Francesco,  gab  heraus:  ytSaggio  sopra  Vantica  e  moderna  ?nu.sica. 
Stanfonc  intornu  al  lirico  Stile  d&  salmi.  Dissertazionc  intorno  alla  greca  ,  latina 
e  toscana  poesiaa.     Neapel  1778.     12*^. 

Catelani,  Angelo  (II,  345),  veröffentlichte  ausser  den  bereits  genannten 
Arbeiten  186G:  y^ Delle  apere  di  Älessandro  Stradella  esistenti  nell  archivio /nitsi- 
cale  della  H.  Bihliuteca  pqlatina  di  Modena,  elenco  con  prefazione  e  7iote<i.  Modena, 
Vincenzi  1866,  in  8'\  42  S.  Der  Catalog  der  Werke  d.  Strad.  ist  in  dieser 
trefflichen  Arbeit  mit  eingehenden  Anmerkungen  versehen.  Der  Autor  starb 
am  5.  September  1866  in  Modena.  Die  angeführte  Arbeit  erschien  auch  im 
dritten  Bande  des  »Atti  e  Memorie  delle  R.  li.  Depittaziuni  di  Storia  patria  per 
le  prooincie  modenesi  e  parmensi.a 

Catcua,  tüchtiger  lustrumentenbauer,  der  mit  Erfolg  Stradivarius  nachahmte; 
er  baute  in   Turin    in  den   Jahren   1740  —  60  seine  besten  Instrumente. 

Catenhiiseu,  geb.  1845  in  E,atzc])urg,  Dirigent  und  Cttiuponist.  War 
Kapellmeister  in  Köln,  und  ging  dann  in  gleicher  Eigenschaft  an  das  Thalia- 
Theater  in  Hamburg.  Von  seinen  Compositionen  sind  zu  erwähnen,  ausser 
Liedern  zwei  Opern:  »Aennchen  von  Tliarau«,  welche  mehrere  Aufführungen 
erlebte,  und:  »Leichtes  Blut«. 

Cattiguo,  Francesco,  (II,  346),  nicht  Catugno,  ist  nach  Franc.  Florimo, 
(Genno  storico  sulla  Scuola  musicale  di  Napoli)  1782  nicht  1780  geboren.  Er 
starb  zu  Neapel  am  28.  März  1847. 

Caassiu  de  Perceval,  Armand  Pierre,  französischer  Orientalist,  Mitglied 
der  Akademie  der  Inschriften  und  schönen  Wissenschaften,  1849  Professor  der 
arabischen  Sprache  und  Literatur  am  College  de  France  und  Dolmetscher  am 
Kriegsdepot,  war  der  Sohn  eines  ebenfalls  ausgezeichneten  Orientalisten,  wurde 
zu  Paris  am  13.  Januar  1795  geboren  und  für  die  Wissenschaften  erzogen, 
1814  kam  er  als  Dolmetscher  nach  Constuntinopel,  durchreiste  die  Türkei  und 
hielt  sich  ein   Jahr  am  Libanon  auf.     Er  kehrte   1821   nach  Paris  zurück.     Zu 


58  Caussinus  —  Cavailld-CoH. 

den  Arbeiten  des  Gelehrten  über  Gosehicbte  und  Literatur  Anibieiisge- 
hört  aucli  eine,  die  für  allgemeiue  Musikgeschichte  interessant,  sich  speciell 
mit  der  Musik  der  Araber  beschäftigt.  Es  ist:  y^Notices  anccdotiques  sur  les 
princiimux  musieiens  ardbes  des  trois  premiers  siecles  de  l'Islamismea,  und  erschien 
zuerst  im  Journal  asiatique  im  November  und  Dccember  1873.  Ein  Separat- 
abzug, ungefähr  200  Seiten  umfassend,  erschien  Paris,  imprimcrie  national  in  8". 
C.  starb  einige  Monate  vor  dem  Erscheinen  dieser  Abhandlung  zu  Paris   1873. 

CanssiunS)  Joseph,  Virtuose  auf  der  Ophicleide,  geboren  zu  Montölimart 
(Dröme)  den  6.  Dccember  1806  als  Sohn  eines  Militärmusikmeisters,  der  ihn 
auch  zuerst  unterrichtete.  C.  war  einer  der  ersten,  welcher  sich  nach  der  Er- 
findung der  Ophicleide  dem  Studium  dieses  Instrumentes  widmete.  Als  er  zum 
5.  Linien-Regiment  herangezogen,  mit  diesem  nach  Paris  kam,  Hess  er  sich  da- 
selbst mit  dem  grössten  Beifall  in  Concerten  hören,  und  gehörte  dann  zu  den 
geschätzten  Solisten  der  Musard'schen  Kapelle,  bis  er  später  als  Lehrer  der 
Ophicleide  an  die  Militärmusikschule  berufen  wurde.  Hier  bildete  er  eine 
grosse  Reihe  Schüler  und  veröffentlichte  ausser  einer  Schule  für  Ophicleide  auch 
gegen  vierzig  Compositionen  für  dies  Instrument.  Auch  Anleitungen  für 
Trompete,  Cornet  ä  pistou  und  Piano  gab  er  heraus.  C.  lebt  zurückgezogen 
in   St.  Mande  bei  Paris. 

Cavaille-Coll ,  Dominique  Hyacinthe,  Orgelbauer  in  Toulouse,  Lehrer 
seines  Sohnes  Aristide  in  dieser  Kunst;  (s.  d.  folg.  Art.)  starb  zu  Paris  im  Juni  1862. 

Cavaille-Coll,  Aristide,  genialer  Orgelbauer  der  Jetztzeit,  gegen  1820 
in  Toulouse  geboren,  Sohn  des  Vorigen,  der,  in  der  Werkstatt  seines  tüchtigen 
Vaters  aufgewachsen,  sich  schon  als  Jüngling  erfindungsreich  in  seinem  Berufe 
zeigte.  Eben  zwanzig  Jahre  alt,  construirte  er  ein  Instrument,  welches  er 
»Poikilorgue«  nannte,  ein,  der  Physharmonika  ähnliches  Instrument  von  mäch- 
tigem Ton,  der  verstärkt  l^nd  vermindert  werden  konnte.  Kurze  Zeit  nachher 
erbaute  er  nach  seinem  eignen  Plan  die  ausgezeichnete  Orgel  der  Basilika  von 
St.  Denis.  Die  sehr  zahlreichen  zum  Theil  durchgreifenden  Verbesserungen, 
welche  C.  bei  seinen  Orgeln  ins  Auge  fasste  und  erzielte,  gehen  vornehmlich  darauf 
hinaus,  Gleichmässigkeit  der  Töne  herzustellen,  durch  welche  seine  Instru- 
mente sich  denn  auch  ausnahmslos  auszeichnen.  Die  grosse  Orgel  zu  St.  Denis, 
durch  welche  sein  Ruf  schon  fest  begründet  war,  wurde  durch  die  von  ihm 
zunächst  erbauten  Orgeln  der  Kirchen  Madelaine  und  Saint  Vincent  de  Paul 
zu  Paris  noch  übertroffen.  Bemerkenswerthe,  von  ihm  erbaute  Orgeln  in  Paris 
sind  ferner  noch  die,  in:  Notre  Dame  de  Lorette,  Trinite,  Notre  Dame,  Sainte 
Clotilde.  Ferner  die  Orgel  in  der  Schlosskapelle  zu  Versaille,  in  Notre  Dame, 
Saint  Omer;  in  Saint  Paul  zu  Nimes;  in  den  Kathedralen  zu  Perpignon,  zu 
Nancy,  zu  Carcassonne,  zu  St.  Brieuc;  die  Orgel  Saint  Nicolas  zu  Gent;  vieler 
Werke  in  Kirchen  und  Concertsälen  Englands,  Amerika's  selbst  Australiens 
nicht  zu  gedenken.  lieber  die  bedeutendsten  dieser  Orgeln  sind  folgende  Schrif- 
ten herausgegeben  worden:  1)  nOrgue  de  Veglise  royale  de  Saint-Denis,  construit 
par  M.  M.  Cavaille-Coll  pere  et  ßls,  facteurs  d'orgues,  du  roia.  (Rapport  fait  ä 
la  Societe  libre  des  Beaux-Arts,  par  J.  Adrien  de  la  Fage,  Paris,  Imprenieurs 
unis,  1845,  in  8",  avec  gravure.)  2)  vEtude  sur  Vorgue  monumental  de  Saint- 
Suljdce  et  la  facture  d^orgue  moderne,  par  M.  Vabhe  Lamazou<i.  (Paris,  Repos. 
in  8*^,  avec  gravure.)  3)  »Ze  Grand  Orgue  de  la  nouvelle  salle  de  concert  de 
Sheffield  en  Ängleterre,  construit  par  Aristide  Cavaille-Coll  ä  Paris«.  (Paris,  typ. 
Pion  1874,  in  8  avec  gravures.)  Von  C.  selbst  sind  folgende  den  Orgelbau  be- 
treffende Schriften  verfasst:  1)  y>Etudes  experimentales  sur  les  tuyaux  d^orguesv.. 
(Gelesen  in  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Paris  am   24.  Februar  1849.) 

2)  J>Z)e  Vorgue  et  de  son  arcTiitecture«.  (1856,  im  14.  Bande  der  y^Bevue  gene- 
rale de  V arehitectitre  des  travaux  jmblics«,  und  in  einem  Separat- Abdruck  ver- 
öffentlicht.)    Eine  zweite   vermehrte  Ausgabe    erschien    1872.     (Paris,  Dacher.) 

3)  r> Projet  d' orgue  monumental  pour  la  hasilique  de  Saint-Pierre  de  Home«,  (Brüssel, 
imp.  1875,  in  8".) 


1 1 


Cavalli  —  Cecchcrini.  59 

Cnvalli,  Francesco  (11,348).  Sein  cigciilliclicr  Name  ist:  Pictro  Fran- 
cesco Calctto  Briini;  er  wurde  1599  zu  Crema  geboren.  Der  Patrizier  Federigo 
Cavalli  aus  Crema  nahm  sich  des  talentvollen  Knaben  an,  sorgte  für  .si'ino 
Erziehung  und  brachte  ihn  1G16  nach  Venedig;  aus  Dankbai'keit  nahm  dieser 
den  Namen  seines  Wohlthiltcrs  an.  KU  7  laud  Francesco  Aufnahme  als  Sänger 
in  die,  unter  Monteverdes  Leitung  stehende  Kapelle.  1638  wurde  er  dann 
Organist  an  der  zweiten  Orgel  und  16GH  zweiter  Amtsnachfolger  des  Monte- 
vcrde.  Als  in  Venedig  1637  die  öffentlichen  Theater  eingerichtet  wurden, 
wandte  sich  auch  Cavalli  der  Bühne  zu.  1639  ging  seine  erste  Oper  in  Scene 
und  bis  zum  Jahre  1669  schrieb  er  noch  38  Opern.  Er  erfand  zuerst  aus- 
drucksvolle und  dramatische  Melodien,  und  gewann  damit  epochemachenden 
Eiulluss  auf  die  Entwickeluug  der  italienischen  Oper.  1653  erhielt  er  einen 
Ruf  nach  Mailand,  wo  er  zur  Feier  eines  öffentlichen  Festes  die  Oper  »Orione« 
schrieb.  Um  das  Geburtsfest  des  Prinzen  Odoardo  würdig  zu  feiern,  rief  man 
ihn  1669  nach  Piacenza;  dort  ging  sein  »Coriolano«  in  Scene.  1661  zog  ihn 
Mazarin  zur  Vermiihlungsfcier  Ludwig  XIV.  an  den  fi'anzösischen  Hof,  und  er 
verherrlichte  die  Feier  mit  seiner  Oper:  »Ercole  amanie«.  Hier  kam  auch  seine 
berühmteste  Oper:  nSerse«.  zur  Aufführung.  Nach  einem  dreijährigen  Aufent- 
halt in  Paris  kehrte  er  reich  mit  Schätzen  und  Ehren  beladen  in  seine  Heimath 
zurück  und  lebte  von  da  in  den  behaglichsten  Verhältnissen  bis  an  seinen,  am 
14.  Januar  1676  (1675  nach  Venezianer  Rechnung)  erfolgten  Tod.  Seine 
Oattin  Maria  Sozomena  war  bereits  1652  kinderlos  gestorben,  und  so  hintcr- 
liess  er  sein  bedeutendes  Vermögen  der  Familie  seines  Wohlthäters  und  wol- 
thätigen  Stiftungen.  Zwei  seiner  Opern:  y>L^U(/istoa  und  »Giasonev.  befinden 
sich  auf  der  Wiener  Hofl)ibliothek.  Von  s(dnen  Kirchencompositionen  befinden 
sich:  nMessa  et  Sahnh,  2— 12 stimmig  (Venedig  1656)  und  y>  Vesper  a  S  voci<i 
(1675)  in  der  Academie  filarmonicac  zu  Bologna. 

CaTallini,  Ernesto  (II,  348),  wurde  1852  als  Professor  des  Couserva- 
toriuras  und  als  Solo-Clarinettist  des  Theaters  und  der  Hofkapelle  nach  Peiers- 
bui'g  berufen.   1870  kehrte  er  nach  Mailand  zurück,  wo  er  am  7.  Januar  1874  starb. 

l'azot)  Fran^ois  Felicien  (11,350),  gründete  nach  seiner  Rückkehr  von 
Brüssel  in  Paris  mit  seiner  Gattin  der  Sängei'in  Josephine  Armand  eine  Clavier- 
schule,  aus  der  eine  grosse  Anzahl  vortrefflicher  Clavierspieler  hervorgingen. 
Er  starb  in  Paris  1858. 

Ceballos,  Francisco,  Componist  Spaniens  im  16.  Jahrhundert,  war 
1535  Kapellmeister  in  Burgos  und  starb  daselbst  1571.  Er  stammt  wahr- 
scheinlich aus  Alt-Castilicu.  Seine  zahlreichen  Compositionen  sind  in  den  Ar- 
chiven einiger  Kirchen  in  Spanien,  des  Escurial,  der  Kathedrale  von  Toledo  u.  a. 
verstreut.  Die  Kirche  Notre-Dame  del  Pilar  zu  Saragossa  besitzt  eine  sehr 
schöne  Messe  von  ihm,  auch  ist  eine  Motette  y>Inter  vesfibulumv ,  von  Hilarion 
Eslava  in  seine  i>Lira  sacra-hispanav  aufgenommen. 

Cecere,  Carlo,  Violinist  und  Componist,  im  Neopolitanischcn  gebürtig, 
lebte  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  In  Neai^el  wurde  von  ilim 
aufgeführt:  »io  Secrefinta«,  musikalischer  Schwank,  (jopazzia  per  musicaa),  th. 
Nuovo   1738,  und  »Zo  Tavernöla  abentorosaa. 

Ceccherini,  Ferdinand,  Sänger,  Gesangsprofessor  und  Componist,  geboren 
zu  Florenz  1792;  mit  einer  ausgezeichneten  Tenorstimnie  begabt,  erwarb  er  sieh 
als  Sänger  sowol  wie  als  Musiker  überhaupt  solide  Kenntnisse.  Obwol  völlig 
dazu  begabt,  entschloss  er  sich  jedoch  nicht  die  Bühne  zu  betreten,  sondern 
widmete  seine  Kunst  aussehlieslich  dem  Kirchen-  und  Oratorien-Gesänge.  Die 
IMusik  der  alt-italienischen  Schule  war  seine  eigentliehe  Doniaine,  doch  führte 
er  auch  anderes,  z.  B.  die  Tenorpartie  in  llaydn's  Schö])fung  ebenfalls  meister- 
haft aus.  C.  coniponirte  viele  grössere  Kircheustücke;  eine  zweichörige  Messe, 
ein  Requiem  und  vier  etwas  opernmässig  gehaltene  Oratorien:  »Saul;  David; 
San  Bcnedetto  und  Debora  e  Giaele«  in  gutem  Style  gehören  hierzu.  Als  Ge- 
sangsprofessor war  C.  an  der  königl.  Musikschule  zu  Florenz,  deren  Direction 


60  Celaui  —  Ceru. 

ihm  auch  züilwcise  üljcrtragcn  war,  thiltig.  Fünicr  fungirte  er  als  erster  Tenor 
der  Hüfkaijelle  zu  Toscaua  und  Kapellmeister  der  Metropolitaukirchc.  Er  starb 
zu  Florenz  den    12.   Januar  1858. 

Celani,  Giuseppo  Corso,  italienischer  Componist  aus  der  zweiten  Hälfte 
des  18.  Jahrhunderts,  lebte  abwechselnd  in  Rom,  Parma  und  Ancona.  Man 
kennt  von  ihm:  Ein  neunstimmiges  Oratorium  mit  lateinischem  Text;  ein  an- 
deres: »Ismaele  cd  Agare-,  aufgeführt  in  Kom,  und  ein  drittes  »Satita  Teudura<i  1688 
für  den  Prinzen  Pei'dinand  von  Medicis  von  Toscana,  geschrieben;  ferner  27 
Responsorien  und  ein  Miserere  für  die  Charwoclie. 

Cellarier,  Hilarion  (II,  354),  nicht  Cellerier,  ist  zu  Plorensac  (Hcrault) 
in  Pranki'eich,  nicht  in  Italien,  am  12.  März  1818  geboren.  Er  studirte  je- 
doch in  Italien  unter  Pacini  Musik  und  lebte  längere  Zeit  in  Neapel.  Hier 
schrieb  er  drei  Opern,  mehrere  grosse  Messen,  Quartette,  eine  Sinfonie  u.  a. 
Nach  Frankreich  zurückgekehrt,  lioss  er  sich  dauernd  in  Montpellier  nieder 
und  widmete  sich  dem  Unterrichtsfach. 

Celler,  Ludovic,  Schriftstellername  des  Louis  Leclercq,  geboren  zu  Paris 
am  8.  Februar  1828.  Er  veröffentlichte  mit  Benutzung  zuverlässiger,  zum  Theil 
noch  nicht  benutzter  Documente,  folgende  Arbeiten:  1)  »La  Semaine  sainte  au 
Vatican  etiide  vmsicale  et  jntforesquea ,  Paris,  Hachette  1867,  in  12.  2)  »Zes 
Ori(jines  de  VOjjera(i  et  y>le  Ballet  de  la  Reinea.  Mtude  sur  les  danses,  la  tnusique, 
les  orchestres  et  la  mise  en  scene  au  XVI.  siede,  avec  un  apergu  des  progres  du 
drame  depuis  le  XIII.  siecle  jusqiCa  Lidly«.,  Paris,  Didier  1868,  in  12*^. 
3)  y>Moliere  -  Lully.  Le  mariage  force,  comedie  -  ballet  en  3  actes  ou  le  Ballet  du 
Boi,  danse  par  Louis  XIV.  le  29  jour  de  janvier  1604,  nouoelle  edition  puhliee 
d'apres  le  manuscrit  de  Philidor  Vaine,  avec  des  fragments  inedites  de  Moliere  et 
la  musique  de  Lully  reduite  pour  pianoa,  Paris,  Hachette  1867,  in  12".  Zu 
diesen  Publicationen  sind  die  Manuscripte  Philidor's,  welche  die  Bibliothek  des 
Pariser  Conservatoriums  besitzt,  benutzt  worden.  Das  Theater  specieller  angehend 
hat  C.  noch  folgende  zwei  Bände  veröffentlicht:  1)  »ies  decors,  les  costumes  et  la 
mise  en  scene  au  XVII.  siecle,  1615  — 1680«,  Paris,  Liejjmannsohn  et  Dufour, 
1868  in   12".      2)  y^Les  Typen  populaires  au  Theätrem  id.  ib. 

Cello-Kesouanzboden  mit  Tubenstegverbindung  nennen  die  Herren  Gebrüder 
A,  H.  Frauke  in  Leipzig,  einen  neu  construirten  Resonanzboden.  Derselbe 
bildet  nicht,  wie  gewöhnlich  bei  dem  Pianoforte,  eine  gerade  Fläche,  sondei-n 
ist  nach  den  Principien  der  alten  Cremoneser  Geigen  und  Celli  gewölbt.  Er 
wird  nicht  gebogen,  sondern  aus  massivem  bömischen  Fichtenholze  ausgestochen. 
Der  Cello-Resonanzboden  giebt  dem  Pianino  einen  schönen,  grossen,  klaren  und 
gesunden  Ton.  Der,  die  Saitenschwingungen  auf  den  Boden  übertragende  Steg, 
ist  der  präcisern  Vermittelung  wegen  hohl. 

Cereols,  P.  Juan,  Mönch  der  Abtei  Montserrat  in  Spanien  und  Componist 
in  der  letzten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts,  von  dem  in  den  Archiven  der 
berühmten  Musikschule  dieses  Klosters  folgende  Werke  aufbewahrt  sind: 
Eine  zwölfstimmige  dreichörige  Messe;  die  Psalmen  Dixit  Dominus,  Confitehor, 
Beat  US  vir,  Laudate  pueri  Dominum,  Letatus  sum,  Nisi  Dominus,  Gredidi,  Hymne 
Ave  Maris  Stella  und  Magnificat,  fast  sämmtlich  zehnstimmig. 

Certaiu,  Marie  Franyoise,  Ciavierspielerin  des  17.  Jahrhunderts,  ge- 
boren gegen  1662;  in  der  Musik  Schülerin  Lully's,  galt  als  Wunderkind  und 
wurde  eine  bemerkenswerthe  Künstlerin  auf  dem  Ciavier.  Auch  für  die  Malerei 
und  Wissenschaften  voll  Talent,  war  ihr  Haus  berühmt  als  Sammelplatz  der 
Künstler.  Als  sie  fünfzehn  Jahr  alt  war,  schrieb  Lafontaine  ein  Lobgedicht 
auf  sie,  in  dem  folgende  Verse  vorkommen: 

Certin,  par  mille  eudroits  egalement  charmante. 
Et  dans  mille  beaux  arts  egalement  savante, 
Doüt  le  rare  genie  et  los  brillantes  mains 
Surpassent  Chambonniere,  Hardel,  les  Couperains. 

Ceru,    Domenico  Agostino,    geboren    zu  Lucca    im    Toscanischen    am 


i 


Chaino  —  Cliarton-Pomonr.  Ol 

28.  Auj^ust  1817,  gul»  nel)cn  anderen  Schriften  auch  heraus:  nOentii  tttorici  delV 
insegnamento  della  muslca  in  Lucca  e  dei  piu  notahili  maestri  compositori  che  ri 
hanno  J/orifo«,   Lucca,  Giusti   in  8",   1871. 

Cliaiue,  EugT-uc  (TT,  'MM)),  ist  seit  186(J  mit  einer  Reihe  Compositioncn 
hervorgetreten.  Eine  vierstimmige  Messe  mit  Orchester;  zwei  Sinfonieen,  Iteide 
1864  und  1866  in  Holland  durch  Preise  gekrönt;  eine  Ouvertüre  für  grosses 
Orchester,  Welche  bei  der  Concurrenz  in  Florenz  die  erste  Belohnung  erwarb; 
ein  Stahat  mater,  das  in  Bordeaux  den  zweiten  Preis  erhielt.  1875  ist  C.  als 
Professor  des  Violinspiels  für  die  beiden  Vorbildungsclassen  des  Conservatoriuras 
in  Paris  berufen. 

Chanips,  Ettore  de,  Pianist  und  Componist  zu  Florenz,  am  8.  August  1835 
geboren,  widmete  sich  nach  beendeten  Studien  anfangs  dem  Unterricht  und 
schrieb  eine  Anzahl  eleganter  Clavicrstücke,  bis  er  sich  1869  und  1870  mit 
Glück  des  Theaters  bemächtigte  mit  zwei  komischen  Opern:  »/  Tutori  e  le  Pupillea 
und  »i7  Galiffon,  denen  dann  noch  einige  ähnliche  folgten.  Zwei  Ballette  1854 
bis  1859  aufgeführt,  und  zwei  vierstimmige  Messen  a  capella  und  zwei  dergl. 
mit  Orchester  sind  noch  zu  erwähnen. 

Cbanipeiu,  Marie  Frangois  Stanislaus    (II,  362),  starb   8.  März  1871. 

ChappcII,  AVilliam  (II,  365),  ist  mit  einer  Musikgeschichte  beschäftigt, 
die  auf  vier  Bände  berechnet  ist  und  von  welcher  der  erste  Band  bereits  er- 
schienen ist. 

Chapelle,  Jacques  Alexandre  de  la  (II,  365),  von  diesem  Tonküustler 
ist  noch  die  Musik  zu  einer  dreiaktigen  Oper,  »Isac«,  nebst  Prolog  bekannt, 
welche  von  den  Schülern  des  College  Louis  le  Grand  .am  27.  März  1734  auf- 
geführt wurde,  und  zwar  als  Zwischenspiel  der  lateinischen  Tragödie  »jP^yrawe«. 

Charbonuier,  L'abbe  Etienne  Paul,  geboren  zu  IMarseille  am  19.  De- 
cember  1793,  wurde  als  Chorknabe  an  der  Metropole  zu  Aix  in  der  Provence 
aufgenommen  und  daselbst  unterrichtet.  1821  wurde  er  Priester  und  1822 
Organist  an  dieser  Kirche  und  trat  im  Juni  1867  als  Stiftsherr  in  den  Ruhe- 
stand. Seinem  speciellen  Studium  der  altprovencalischen  Musik  verdankt  man 
die  Herausgabe  eines  Bandes:  »iVoe7s,  Magnificats  Marches  des  Rois,  arranges 
pour  Vorgue  et  Vharmoniiuna,  in  4^,  Remondet-Aubin  ä  Aix.  Seine  sehr  zahl- 
reichen Compositionen  sind:  ausser  einer  provencalischen  Pastorale,  vierzig 
lateinische  Motetten,  fünfzig  französische  Lieder  und  Gesänge,  eine  Sammlung 
Orgelstücke,  zwei  Passionen  u.  a.;  die  Bücher:  y>Frincipes  de  Musiquev.,  1835, 
und  riPetit  traite  d'har7nonie<x.  sind  ferner  zu  nennen. 

Charles,  August,  Flötenvirtuos  von  französischer  Abkunft,  in  Amsterdam 
am  10.  Januar  1833  geboren;  wurde  am  ConservatoriuTn  zu  Brüssel  gebil- 
det, und  erhielt  den  ersten  Preis  der  Classe  E.  Er  bereiste  als  Virtuos 
die  Vereinigten  Staaten,  Grossbritannien  und  Russland,  Holland,  Frankreich  und 
Belgien,  wo  er  zu  den  Gründern  der  Symphonischen  Gesellschaft  »Phalenge 
artistique  beige«  gehörte,  die  eine  Tournee  durch  dies  Land  unternahm.  Nach 
deren  Auflösung  ging  er  nach  Petersburg  und  wurde  vom  Kaiser  zum  Solo- 
virtuosen ernannt.      1861   liess  er  sich  dauernd  in  Brüssel  niedei*. 

Chartier,  Charles  Jean,  Musikliebhaber,  wohnhaft  in  Breteil  im  Depar- 
tement nie  et  Vilain,  verkaufte  der  Pariser  Bibliothek  für  ungefähr  4000  Frcs. 
eine  Sammlung  handsehriftlicher  Briefe  von  Poussin  und  da  er  auf  die  Förderung 
der  Tonkunst  lebhaft  bedacht  war,  überwies  er  testamentarisch  der  Akademie 
der  schönen  Künste  von  Frankreich  eine  jährliche  Rente  von  700  Frcs.  auf 
hundert  Jahre,  für  das  jedesmalige  beste  Werk  auf  dem  Gebiete  der  Kammer- 
musik, welches  sich  den  anerkannten  Meisterwerken  dieser  (iattung  am  meisten 
nähere.  1861  trat  die  Akademie  in  den  Besitz  dieses  Legates  (prix  Chartier) 
den   zuert  Charles  Dancia  und  Mme.  Farrence  erhielten. 

Chartou-Demcur,  ]Mme.  Anne  Arscne  Charton,  ausgezeichnete  Sängerin, 
im  Besitze  einer  vollen  umfangreichen  Sopranstirame,  die  sie  mit  völliger  Meister- 
schaft und  mit  Geschmack  zu   behandeln  verstand,  war  zu  Saujon  (Chareute)  am 


62  Chassant  -    Chazal. 

f).  Mürz  1827  geboren,  erhielt  in  Bordeaux  von  einem  Lehrer  Namens  Bizot 
ihre  gesangliclie  Ausbildung  und  zwar  so  erfolgreich,  dass  sie  kaum  sechszehu 
Jahr  alt  am  gi-ossen  Theater  derselben  Stadt  in  der  Partie  der  »Lucia  di 
Lammermoor«  auftreten  konnte,  und  dieser  folgten,  von  Erfolgen  getragen,  bald 
die  bedeutenden  Partien  der  Isaljclla  (Robert),  Eudoxia  (Jüdin)  und  ähnliche. 
Das  nächste  Jahr  war  Mme.  C.  in  Toulouse  und  1846  in  Brüssel  engagirt. 
Hier  verheiratete  sie  sich  im  September  1847  mit  dem  ])elgischeii  Flötisten 
Demeur  und  nannte  sich  von  da  an  Ch.-Demeur.  Nach  einer  kurzen  Thätigkeit 
an  der  Opera  comique  in  Paris,  begab  sich  die  Sängerin,  nachdem  sie  sich  in 
italienischen  Opernpartieen  heimisch  gemacht  hatte ,  auf  Reisen  nach  Spanien, 
Russland  und  Amerika,  die  sie  nach  kurzem  Aufenthalt  in  Paris  wiederholte  und 
bis  in  die  Havanna  hinein  ausdehnte.  1862  trat  sie  in  Paris  als  Desdemona 
im  Othello  auf,  und  bald  darauf  schuf  sie  in  Baden,  in  der  Oper  von  Berlioz, 
»Beatrice  et  Benedict«  die  Beatrice.  Der  Componist  war  so  entzückt  von  ihrer 
Schöpfung,  dass  er  sie  bewog  in  Paris  im  Theätre  lyrique  die  Sopranpartie  in 
seiner  demnächst  in  Scene  gehenden  Oper  »Les  Troyens«  zu  übernehmen.  Sie 
kam  dem  Wunsch  des  Künstlers  nach  und  führte  auch  diese  Partie  mit  allen 
ihr  glänzend  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  und  dem  Beifall  des  Publikums  aus. 
Es  zog  sie  jedoch  bald  darauf  wieder  in  die  Ferne,  aus  der  sie  nach  Frankreich 
noch  nicht  wieder  zurückgekehrt  ist. 

Chassant,  Archivist,  Mitglied  der  Commission  der  historischen  Archive,  ist 
in  Gemeinschaft  mit  M.  Bonin  der  Herausgeber  des  folgenden  interessanten 
Schriftstückes:  »P«y  de  musique  erige  ä  JEvreux  en  Vhonneur  de  madame  sainte 
Gecile,  publie  d'apres  un  manuscrit  du  XVI  sieclea.  Evreux,  imp.  Ancelle 
1837,  in  8".    88  p. 

Cliastaiu,  Verfasser  einer  historischen  und  praktischen  Arbeit  über  den 
Choralgesang  seit  Gregor:  »JEssai  sur  la  tradition  du  chant  ecclesiastique  depuis 
Saint  Gregoire,  suivi  dhm  ional  inedit  de  Berton  de  MeicJienaua,  Toulouse  1867, 
vol.  in   12  ''j  avec  planches. 

Cliastillon  de  la  Tour,  Guillaume  de,  französischer  Musiker,  der  zu 
Caen  zu  Ende  des  16.  Jahrhunderts  lebte,  und  von  dem  eine  uns  wichtige 
Sammlung  seiner  Lieder  und  Gesänge,  die  er  1593  herausgab,  voi'handen  ist: 
y>Airs  de  Vinvention  de  G.  d.  C.  Sr.  de  la  Tottr  de  Caen,  sur  plusiers  poiimes  saints 
et  chreiiens  rccueillis  de  divers  miteurs  et  divises  en  trois  livres :  I.  De  la  gran- 
deur  de  Dieu  et  de  se  rejouir  en  lui;  II.  De  Vaviour  divin  et  dtc  mariage; 
III.  Du  Mepris  du  monde  et  de  VEsperance  en  Dieua,  Caen,  Jacqiies  Mangeant, 
in  8*^  oblong.     Diese  Arien  sind  für  vier  Stimmen  geschrieben. 

Chaussier,  l'abbe,  Verfasser  des  in  drei  Auflagen  erschienenen  Leitfadens: 
y>Le  plain-chant  enseigne  d'' apres  la  methode  du  Meloplaste<i,  Paris,  Perisse  in  12*^. 

€hauvet,  Charles  Alexis,  talentvoller  Organist,  ist  geboren  zu  Marnies 
(Seine  et  Oise)  den  7.  Juni  1837,  und  starb  frühzeitig  an  einer  Brustkrauk- 
heit  zu  Argentan  (Orne)  am  28.  Januar  1871.  Er  trat  siebzehn  Jahr  alt  ins 
Pariser  Conservatorium  mit  der  ausgesprochenen  Absicht,  Organist  zu  werden, 
und  erwies  sich  denn  auch  hierfür  als  aussergewöhnlich  begabt.  Er  bekleidete 
nacheinander  die  Organistenposten  der  Kirchen  St.  Thomas  d'Aquin,  St.  Bernard, 
St.  Merry  und  la  Trinite,  als  er  erkrankte,  und,  wegen  der  Belagerung  von 
seinen  Angehörigen  von  Paris  weggeführt,  in  Argentan  seinen  Leiden  erlag. 
Als  Lehrer  war  er  sehr  befähigt  und  wurde  von  seinen  Schülern  tief  betrauert. 
Seine  letzten  Compositionen,  sechs  schöne  Fugen,  im  Manuscrijot  sind  unter 
seinen  Papieren  nicht  aufgefunden.  Gedruckt  sind:  »Vingt  Morceaux  pour 
orgue  en  4  suitesa,  Paris,  Graff;  »Quatre  Oß'ertoires  de  VÄvent  ä  Noel  pour 
orgue  Sans  pedales  ou  harmoniiima,  id.  Piogel;  nQuinze  Ktudes  preparatoires  ans 
Oeuvres  de  Bacha,  id.  id.  »Cinq  Oß'ertoires  de  Noel  ä  VJSjnphaniea,  org.  ou  bar. 
id.  Piegel.    Ferner  bei  F.  Mackar,  Paris,  Ciavierstücke. 

Chazal,  Mrs.,  wirkte  zu  London  als  Virtuosin,  Componistin,  Sängerin  und 
Orchester-Dirigentin.     Sie  gab  am   14.  Mai   1764  im  Saale  Spring-Gai'dens  ein 


Chev^'  —  Ohristianns.  .  63 

grosses  Couceit  in  drei  Abthciluugen.  Nur  JiiirthOlemon,  der  an  der  ersteu 
Geige  stand,  spielte  ausser  ihr  ein  Solu.  Schon  als  Miss  Gambarini  hatte  sie 
in  ihrem  Benilice-Concerl  1759  gesuugtn  niitl  (Jrgcil  gespielt.  Diesmal  dirigirte 
sie  zuerst  ihre  »Ouvertüre  mit  WaldhöruiTU«  und  darauf  eine  »Friedensode« ; 
danu  spielte  sie  ein  Orgelconeert;  dann  l'olgten  ein  Viuliu-Solo,  eine  Arie  und 
Ciavierstücke  ihrer  Composition;  darauf  eine  Ude,  die  sie  bei  Gelegenheit  der 
letzten  Thronbesteigung  compouirt  hatte;  dann  folgte  wieder  ein  Orgelconeert, 
und  den   Schluss  machte  ein   Tonstück  mit  »Waldhörnern   und  Pauken«. 

Chev6,  Emil,  Joseph  Maurice  (II,  392),  der  unermüdliche  Verfechter 
seines  Systems,  starb  am  26.  August  1864.  Seine  Gattin  und  .Mitkämpferin 
Nanine  Paris,  die  selber  mehrere  auf  die  Methode  ihres  Mannes  bezügliche 
Schriften  veröffentlichte,  gab  nach  dem  Tode  desselben  heraus:  »Xes  onze  der- 
nieres  lettres  d' Emile  Chevea,  Paris,  veuve  Cheve,  in  8",  1866.  Sie  starb  im 
Juni  1868.  Beider  Sohn,  Amand,  ist  Direktor  eines  nach  ihm  benannten  Ge- 
sangvereins und  ertheilt  IMusikunterricht,  bei  welchem  er  die  Methode  seines 
Vaters  nur  sehr  beschränkt  mit  heranzieht.  Er  ist  Gründer  und  Kedakteur 
des  Journals:    »l'Avenir  musical«. 

Chevest,  Aime,  Verfasser  der  kleinen,  in  zwei  Auflagen  erschienenen  Schrift: 
»Notice  sur  les  musiciens  du  departement  de  V  Yofinea,  Auxerre,  impr.  Gallot,  in  8". 

Cheyillard,  Pierre  Alexandre  Frangois  (II,  392).  Es  erschien  von 
ihm:  Methode  complete  de  violoncelle,  co7itenant  la  theorie  de  rinstrumenf,  des 
(jammeSy  legons  progressives,  etudes,  airs  varies  et  legons  pour  chacune  des  positionsa, 
Paris,  Gerard.     Er  starb  im  December  1877. 

Chiaromonte,  Francesco  (II,  393),  nicht  Chiai'amonte,  ist  zu  Castrogio- 
vanni in  Sicilien  geboren.  Seit  1871  ist  er  Professor  des  Gesanges  am  königl. 
Conservatorium  zu  Brüssel,  auch  veröfi'entlichte  er  seitdem  eine  Gesaugschule 
in  drei  Theilen. 

Chimai'haeuS)  Jacob,  ein  Niederländer,  aus  Ruremond  gebürtig;  war  Pro- 
tonotarius  der  heiligen  römischen  Kirche  —  comes  Palatinos  —  aureatae  militiae 
eques  —  Almosenier  und  Oberfeldprediger  Kaiser  Rudolph  II.,  Probst  zu 
Leitmeritz-ßatibor  und  bei  St.  Severin  und  St.  Gereon  zu  Köln.  Seiner  musi- 
kalischen Kenntnisse  wegen  —  er  war  ein  ausgezeichneter  Sänger  und  Violin- 
spieler —  übertrug  ihm  Kaiser  Rudolph  die  Direction  der  königl.  Hofkapelle 
in  Prag.  Seiner  Verdienste  wegen  allgemein  hochgeachtet,  vom  Kaiser  geadelt, 
starl)  er  am  24.  August  1614  zu  Leitmeritz.  Das  Geburtsjahr  wird  verschie- 
den angegeben;  auf  einem  von  Aeg.  Sadeler  gestochenen  Bilde  heisst  es  16U1 
ad  vivum  sc.  aet.  59;  hiernach  wäre  er  im  Jahre  1542  geboren. 

Obiocchetti,  Pietro  Vincergo    (II,  415),  starb  den  2.  Februar  1753. 

Chorley,  Henry  (II,  443),  ist  am  15.  Dec.  18U8  zu  Ashton-le- Willows 
geboren  und  starb  am   16.  Februar  1872  in  London. 

Cliouquet,  Adolph  Gustav,  französischer  Musikschriftsteller,  geboren  zu 
Havre  den  16.  April  1819,  besuchte,  um  Musik  zu  studiren,  das  Institut  Massan 
in  Paris.  1840  ging  er  nach  New- York  und  widmete  sich  dem  Unterrichtsfach. 
186U  kehrte  er  nach  Frankreich  zurück  und  lebte  von  da  an  in  Paris,  wo  er 
thätiger  Mitarbeiter  der  Journale  »La  France  musicale«  und  »l'Art  musical« 
wurde.  Seine  anerkennenswertheste  Arbeit  ist:  »Histoire  de  la  musiqne  drama- 
matique  en  France,  depuis  ses  origines  jusqu'ä  non  joursa,  Paris,  Didot  1873, 
in  8".  Ferner  der  Catalog:  »Xe  Musce  du  Conservatoire  de  Musü^ue,  cataloijue 
raisonne  des  instruments  de  cette  collectiona,  Paris,  Didot  1875,  in  8",  welchen 
Ch.  mit  Sorgfalt  angefertigt,  nachdem  er  1871  zum  Conservator  des  Museums 
der  Instrumente  des  Conservatoriums  ernannt  worden  war.  Auch  Compositionen 
und  Dichtungen  flössen  aus  seiner  Feder. 

Christiaaus,  Arnold,  Organist,  geboren  zu  AÜerden,  ProVinz  Geltern,  am 
17.  April  1811,  übernahm  1830  in  Haag  die  Organistenstelle  bei  der  königl. 
Kapelle,  später  an  der  Katharinenkirche  in  Bois-le-Duc.  Er  hat  .sich  hier  um 
die  Verbesserung  des  Chorgesanges   bemüht  und    ist  Gründer   und  Direktor  eines 


Q4  *  Chroma  —  Clav(?. 

der  besten  Chorvereine  in  den  Niederlanden:  nOrfening  en  TJitspanningvi.  Bei  den 
Silngerfesteu  in  Amsterdam  1852  und  1853  ei'hielt  dieser  Vorein  die  ersten  Preise. 

Chroma  (s.  Neuclaviatur) 

Cliwaliboj?,  ein  polnischer  Kirchencomponist,  der  sich  durch  seine  "Werke 
seit  1844  besonders  in  Warschau  hervorgethan  liat.  Viele  derselben  sind  dort 
aufgefühx't  und  zum  Theil  auch  dort  erschienen.  Ausser  verschiedenen  Offor- 
lorien,  Hymnen,  Ci'cdo's  u.  dergl.  schrieb  er  12  Messen  und  ein  Oratorium: 
»Das  Opfer  Abrahams«  in  zwei  Al)theilungen,  Text  von  Rostkowski,  das  1848 
zuerst  aufgeführt  wurde. 

Clnvatal,  Franz  Xaver  (11,458),  starb  am  24.  Juni  1879  im  Soolbade  Elmen. 

Ciardi,  Carlo  (II,  461),  starb  am  24.  Juni  1877  zu  Strclna  bei  Petersburg. 

Cibot,  auch  Cybot,  Musiker  des  16.  Jahrhunderts,  von  welchem  in  der 
berühmten  Sammlung  französischer  Gesänge,  herausgegeben  von  Pierre  Attaig- 
nant  gegen  1530,  zwei  derselben  enthalten  sind:  y>Äyer  ne  puis  cellea  und  y>Amye 
tu  as  SIC7'  moi  tropv-, 

Cicero,  Marciis  Tullius,  der  berühmte  römische  Redner,  geboren  106 
V.  Chr.  zu  Arpinum  in  Latium,  ermordet  am  7.  December  44  v.  Chr.,  hat 
viele  gelegentliche  Aeusserungen  über  Musik  und  verwandte  Gregenstände  ge- 
than,  welche  bezeugen,  dass  er  auch  mit  dem  Wesen  der  Musik  sehr  vertraut 
gewesen  sein  muss.  Busby  in  seiner:  y>IIistory  of  Musika  giebt  die  hauptsäch- 
lichsten im  Anhang  I  des  ersten  Theiles  nach  bestimmten  Gesichtspunkten  ge- 
ordnet wieder. 

Cico,  Marie,  französische  Sängerin,  geboren  1843,  war  eine  Reihe  von 
Jahren  eins  der  beliebtesten  Mitglieder  der  Komischen  Oper  in  Paris,  wo  sie 
sich  nicht  nur  im  alten  Repertoir  bewährte,  sondern  auch  mehrere  neue  Rollen, 
wie  die  »Lalla  Rookh«  von  Felicien  David  schuf.  Sie  wurde  dann  erste  Sängerin 
im  Graite-Theätre,  starb  aber  bereits  im  September  1875  an  einer  Brustkrankheit. 

Cimoso,  Guido  (II,  466),  ist  nicht  Schriftsteller,  sondern  Musiker,  ge- 
boren zu  Vicenza  am  10.  Februar  1804  als  Sohn  eines  geschickten  Organisten, 
Er  lebt  in  Triest  als  angesehener  Musiker  und  Componist  von  gegen  hundert 
Compositionen  kirchlichen  und  weltlichen  Genres. 

Clair,  Jean  Marie  le  (II,  472).  Der  berühmte  Violinist,  der  sein  Lehrer 
wurde,  heisst  Somis,  nicht  Sanis.  Mit  seinen  Compositionen  und  durch  seine 
zahlreichen  Schüler  wurde  er  der  Gründer  einer  neuen  französischen  Violin- 
schule, die  noch  bis  in  unsere  Zeit  hineinreicht.  Seine  Compositionen  werden 
zum  Theil  heute  noch  mit  Erfolg  gespielt.  Gerber  erwähnt:  4  Bücher  Violin- 
Solis,  jedes  mit  12  Sonaten;  2  Bände  Violin-Duette,  jeder  mit  6  Sonaten;  der 
erstere  (1732)  mit,  der  letztere  (1730)  ohne  bezifferten  Bass;  ferner  3  Bände 
Trios;  2  Bände  Viola-Concerte.  Seine  Oper:  y>Scylla  e  Glaucusa  wurde  am 
4.  October  1747  zu  Paris  aufgeführt.  1748  wahrscheinlich  war  er  nach  Brüssel 
berufen  worden,  um  den  flüchtig  gewordenen  Impresario  Favart  als  Direktor 
zu  ersetzen.  Er  schrieb  in  dieser  Stellung  die  Musik  zu  dem  Divertissement: 
•f)Le  retour  de  la  paix  dans  les  Pays-Bas ;  ballet  heroiquea.  1750  aber  leitete 
er  in   Gent  mit  Langlois  gemeinschaftlich  das  Theater. 

Claribel,  Autorname  der  Componistin  Mm.  Carl  Barnard,  welche  sich  durch 
eine  grosse  Zahl  von  Romanzen  und  Balladen,  die  zum  Theil  populär  wurden, 
in  England  bekannt  machte.     Sie  starb  den  30.  Januar  1869. 

ClaT6,  Jose  Anselmo,  Componist  und  Dirigent  in  Spanien,  wurde  zu 
Barcelona  am  21.  April  1824  geboren.  Einige  komische  Ojoern  von  ihm  wur- 
den in  Madrid  mit  Beifall  aufgenommmen ;  Ruf  jedoch  verschafften  ihm  haupt- 
sächlich seine  volksthümlich  gehaltenen  Lieder  und  Chorgesänge,  die  sich  über 
ganz  Spanien  verbreiteten.  Nachdem  C.  in  Barcelona  den  ersten  Gesangverein 
in  Spanien  gegründet  hatte,  organisirte  er  auch  das  erste  volksthümliche  Ge- 
sangsfest, welches  am  17.  September  1860  stattfand  und  fünf  Gesangvereine 
mit  zweihundert  Sängern  vereinigte.  Die  Zahl  der  Vereine  stieg  in  mehreren 
Jahren   bis    auf    siebenundachtzig.     C.    starb    zu   Barcelona    im    Februar    1874, 


Ciavier  mit  Orgelpedal  —  Ooclicus.  65 

Sein  Landsmann  Apeles  Mestres  hat  187G  einisrc  interessante  biogra])l)i8che 
Notizon   über   ihn   voriinfiitlicht. 

('lavier  mit  Or^clpcdal.  Zum  hc(|Uoinern  Studium  des  Pedalspiela  bauen 
die  Gebrüder  A.  H.  Franke  in  Leipzig,  Claviere  mit  vollständigem  Orgelpedal. 
Der  Umfang  desselben  reicht  von  C  bis  e;  die  Pedalmcchanik  ist  bis  zu  den 
Hiimmorn  der  Maiiualmeclumik  fortgeführl  und  greift  hierdircct,  ohne  die  Manual- 
taste nieder  zu  ziehen,  ein.  Die  Technik  des  Claviers  wird  demnach  in  keiner 
Weise  durch  die  des  Pedals  gehindert.  Dies  klingt  im  IG  Fuss  Ton.  Selbstver- 
ständlich lassen  sich  die  Instrumente  auch  ohne  Pedal,  nur  als  Pianino  verwenden. 

Cinvel,  Joseph  (II,  488),  ist  am  2U.  December  1800  geboren  und  starb 
zu  Sillt'"  le   Guillaurae  den  31.  August   1852. 

Clajtou,  englischer  Schriftsteller,  veröffentlichte  in  zwei  Bänden  die  Bio- 
graphieen  berühmter  Sängerinneen  unter  dein   Titel:    riThe  Queens  of  the  song<i. 

Clodoniir,  Pierre  Fraugois,  Instrumentalist  in  Paris,  gehörte  daselbst 
verschiedenen  Kapellen  als  Cornet  ä  piston- Bläser  an,  bis  er  zu  Antony  bei 
Paris  einen  Trompeterchor  einrichtete  und  leitete.  Er  gab  Unterrichtswerke, 
(Paris,  Leduc)  für  Cornet  ä  piston;  Saxhorn  soprano,  alto,  und  basse,  Trombone 
ä  coulisse,  et  Trombone  a  piston;  Ophicleide,  Cor  de  chasse.  Cor  a  piston.  Cor 
d'harmonie,  Clairon,  und  Trompette  ;i  piston  heraus.  Ferner:  nTraiic  thtoriqtts 
et  pratique  de  Vorganii^atioR  des  societes  mmicales,  hannonies  et  fanfaresa.  (Paris, 
Leduc,  in  8*^)  und  für  Cornet  :i  piston  mehr  als  hundert  Compositionen,  Uebungen, 
Fantasieen,  Transcriptionen  u.  s.  w. 

Coccia,  Carlo  (II,  506),  starb  am  13.  April  1873  zu  Novara. 

Coccia,  Maria  Eosa,  ausgezeichnete  Musikerin,  die  zu  Rom  1759  ge- 
boren und  bereits  am  28.  November  1774,  also  fünfzehn  Jahr  alt,  nach  einem 
sehr  rigorosen  Examen  unter  die  Zahl  der  bestrenommirten  Kapellmeister  zu 
Rom  aufgenommen  wurde.  1780  erschien  über  sie  zu  Rom  ein  Buch :  »Elotjio 
storico  della  sigjiora  Maria  Rosa  Coccia,  Romana,  maestra  publica  di  capella,  Acca- 
demica  Filarmonica  di  J5olot/na  etc.«,  in  welchem  Briefe  von  P.  Martini,  Meta- 
stasio  und  Carlo  Broschi  abgedruckt  sind. 

Coelicus,  Adrianus  Petit  (nicht  Coclius,  II,  507),  war  im  Hennegau 
geboren,  widmete  sich  dem  geistlichen  Staude  und  wurde  in  der  Musik  ein 
Schüler  Josquin's.  Nachdem  er  die  Priesterweihe  empfangen  hatte,  leitete  er 
die  Musik  und  den  Unterricht  in  der  Klosterkirche  zu  Conde.  Der  Drang 
nach  einem  grösseren  Wirkungskreise  trieb  ihn  ins  Weite,  so  kam  er  nach 
Rom.  Hier  trat  er  als  Sänger  in  die  Kapelle  des  Papstes  Paul  III.  und  er- 
langte bald  die  Gunst  desselben,  so  dass  dieser  ihn  zu  seinem  Beichtvater 
und  zum  Bischof  ernannte.  Allein  sein  unruhiges  Temperament  verleitete  ihn 
zu  solchen  Ausschreitungen,  dass  er  zu  lebenslänglicher  Haft  und  zum  Verlust 
seiner  Würden  und  seiner  Habe  verurtheilt  wurde.  Er  selbst  führt  als  Grund 
einer  so  harten  Bestrafung  sein  Interesse  für  reformatorische  Ideen  an;  allein 
sein  weiterer  Lebenslauf  lässt  die  Annahme  gerechtfertigt  erscheinen ,  dass  er 
wirklich  unehrenhafter  Handlungen  sich  schuldig  gemacht  hatte.  Durch  Ver- 
wendung seines  früheren  Gönners,  des  Bischofs  Octavianus  von  Lodi,  erlangte 
er  seine  Freiheit  wieder,  doch  wui-de  er  für  ewige  Zeiten  aus  dem  Kirchen- 
staate verbannt.  Nach  mancherlei  Irrfahrten  kam  er  nunmehr  nach  Wittenberg, 
fand  hier  sehr  freundliche  Aufnahme  und  trat  mit  Melanchthon  in  freund- 
schaftliche Verbindung.  Nachdem  er  zur  evangelischen  Kirche  übergetreten 
war,  heiratete  er  eine  junge  Wittenbergerin,  und  da  er  die  akademische  Jugend 
mit  Erfolg  in  der  Musik  unterwies,  so  unterstützten  Rektor  und  Professoren 
der  Universität  sein,  154G  au  den  Kurfürsten  gerichtetes  Gesuch,  ihm  einen 
festen  Gehalt  dafür  auszusetzen,  also  gewissermassen  einen  Lehrstuhl  für  Musik 
einzurichten.  Das  Gesuch  wurde  ihm  indess  nicht  bewilligt,  und  so  verliess 
er  Wittenberg.  Er  ging  nach  Frankfurt  a.  0.  und  wirkte  hier  als  Professor 
der  Musik  an  der  Akademie.  Später  trat  er  in  die  Dienste  des  Herzogs 
Albrecht  von  Preussen,    die  er    indess  wieder    verlassen    musste,    weil   er  sich, 

Musikal.  Conven.-Lexikon.    Ergäiizuiig'shaud.  5 


6(5  Coenen  —  Collin. 

ohne  von  seiner  ersten  Frau,  die  ihm  davongelaufen  wai*,  geschieden  zu  sein, 
aufa  Neue  und  zwar  mit  einer  Wittwe  von  sehr  zweifelhaftem  Rufe  verheiratete. 
C.  ging  nunmehr  nach  Nürnherg,  und  hier  scheint  er  auch  gestorben  zu  sein. 
Jedenfalls  gehörte  er  zu  den  bedeutendsten  und  unterrichtetsten  Musikern 
seiner  Zeit;  namentlich  hat  er  die  Entwickelung  resp.  Auflösung  der  Mensural- 
theorie erfolgreich  gefördert. 

CoeneD,  Jean  M.,  Virtuose  auf  dem  Fagott  und  Componist,  geboren  zu 
Amsterdam.  Nachdem  er  auf  der  königl.  Musikschule  zu  Haag  seine  Studien 
gemacht,  Hess  er  sich  in  Concerten  hören  und  nahm  dann  in  seiner  Vaterstadt 
Wohnsitz.  Nach  dem  Tode  des  J.  B.  Van  Bree  erhielt  er  1857  in  der  be- 
rühmten Gesellschaft  »Felix  Meritis«  dessen  Stelle.  Auch  wurde  er  Orchester- 
dirigent am  holländischen  Theater.  C.  hat  eine  grosse  Anzahl  von  Composi- 
tionen  geliefert,  von  denen  zwei  von  der  Niederländischen  Musikgesellschaft 
gekrönt  wurden:  eine  Ouvertüre  mit  Introduction  und  »Ada  van  Hollandop 
Tessel«,  Worte  von  J.  P.  Heije,  für  Chor,  Solo  und  Orchester.  Im  übrigen 
gehören  zu  seinen  Compositionen:  Eine  Sinfonie,  ein  Quintett,  Ouvertüren, 
Concertstücke  und  Fantasien  für  einzelne  Instrumente  und  für  Orchester. 

Coenen,  Louis,  Organist  und  Musiklehrer  in  Rotterdam,  wurde  in  Breda 
1793  geboren,  fünf  seiner  Söhne  widmeten  sich  der  Musik.     Der  älteste: 

Coenen,  Franz  (II,  509),  ist  am  26.  December  1826  in  Rotterdam  geboren. 
Er  bereiste  1851  in  Gremeinschaft  mit  dem  Pianisten  Lübeck  ganz  Nord-  und 
Süd- Amerika  und  Hess  sich  1854  in  Rottei'dam  als  Lehrer  nieder.  Der  König 
der  Niederlande  ernannte  ihn  zu  seinem  Kammervirtuosen,  auch  fehlt  es  dem 
trefflichen  Künstler  an  anderen  äusseren  Anerkennungen  nicht.  —  Zu  den  von 
ihm  veröffentlichten  Compositionen  gehören:  Psalm  XXII,  für  Solo,  Chor  und 
Orchester;  Lieder  in  Choralform;  »Albrecht  Beijling«,  dramatisches  Fragment 
für  Chor,  Baritonsolo  und  Orchester;  »Elia  op  Horeb«,  für  Chor  und  Orchester; 
»Na  de  Storm«,  dramatische  Composition;  Messe  für  vier  Stimmen  und  Orgel; 
Sechs  kleine  Salonstücke  für  Violine,  op.  16,  De  Vletter;  »L'Echo  de  Salon«, 
op.  17,  Schott;  Sonate  für  Ciavier  und  Violine,  Op.  19.  Ferner  Fantasien  und 
Salonstücke  für  Violine  und  Ciavier. 

Coenen,  Wilhelm,  der  Bruder  des  Vorigen,  ist  tüchtiger  Pianist,  eben- 
falls in  Rotterdam  1833  geboren  und  Schüler  seines  Vaters.  Im  Jahre  1854 
ging  er  nach  Indien  und  Hess  sich  in  Paramaribo  als  Organist  nieder.  Später 
unternahm  er  eine  Kunstreise  nach  den  Vereinigten  Staaten.  Nachdem  er 
in  sein  Vaterland  zurückgekehrt  war  und  dort  concertirt  hatte,  Hess  er  sich 
1862  in  London  nieder.  Die  beiden  jüngsten  Brüder  sind  Henri  1841  und 
Anton  1848  in  Rotterdam  geboren.  Der  fünfte  der  Brüder,  Louis,  geboren 
1828,  sollte  ursprünglich  dem  Handelstande  angehören.  Er  widmete  sich  jedoch 
ebenfalls  der  Musik  und  lebt  in  Boston  als  Organist  und  Musiklehrer. 

Cokken,  Jean  Frangois  Barthelemy  (11,510),  starb  am  13.  Febr.  1875 
in  Paris. 

Colas,  auch  Cola,  Domenico  (II,  510),  zwei  Brüder,  die  als  Virtuosen 
auf  dem,  in  Italien  sehr  gebräuchlichen  Instrument  Colascione  (s.  unten)  1753 
und  1766  in  London,  und  im  April  1765  vor  Friedrich  dem  Grossen  in  Sans- 
souci concertirten. 

Colasauti,  Vincenzo,  Ophicleiden-Virtuos,  concertirte  in  Berlin  1858  mit 
Stahlknecht  und  zeigte  eine  bedeutende  Fertigkeit  auf  diesem  Instrument. 

Colascione,  auch  Caloscione,  Calissonani  (mit  sehr  langem  Halse),  franzö- 
sisch Calichon ,  ist  eine  Art  Cither ,  mit  nur  zwei  schwachen  Darmsaiten  be- 
spannt, die  in  Quinten  gestimmt  sind,  mit  einem  Stück  Fischbein  oder  einem 
Stück  Baumrinde  oder  einem  Stäbchen  (plectron)  geschlagen,  oder  noch  seltener 
mit  den  Fingern  gerissen  werden.  Das  Instrument  ist  auch  in  der  Türkei  bekannt. 

Collin,  Charles,  Organist  der  Kathedrale  zu  St.  Brieuc,  war  auch  Compo- 
nist zahlreicher  mehrstimmiger  Kirchencompositionen  und  Orgelstücke,  die 
bei    Schott,    in    Paris,    bei    Heugel,     Graff,    Lemoine,    Flaxland    erschienen. 


Colombe  —  Cordier.  67 

Ferner  »Oantiques  bretons,  hymnes  et  legendes  pieusesu  (Kiintikou  brezonek),  l)eim 
Autor  iu  Saint  Brieuc. 

Colomhe  de  Sainte  (II,  510),  wohl  richtiger  Colombe,  de  Sainte. 

Colouue,  Jules,  Violinist  und  Orchesterdirigent  zu  Bordeaux,  am  23.  Juli 
1838  geboren,  war  Zögling  des  Pariser  Conservatoriums.  Seine  Stellung  als 
erster  Violinist  der  Oper  in  Paris  gab  C.  auf,  um  1871  als  Dirigent  das  »Concert 
national«  zu  übernehmen.  Später  rief  er  die  »TAssociation  artistiqueo  ins 
Loben.  Diese  Concerte  fanden  während  des  AVinters  jeden  Sonntag  im  Saale 
des  Theaters  »Odeono  oder  »Chätelleta  statt,  und  C.  bringt  in  ihnen  auch  wieder- 
holt Compositionen  jüngerer  französischer  Künstler  zur  Aufführung. 

C'oltellini,  Celeste  (II,  525),  trat  schon  1779  iu  Neapel  als  Sängerin  im 
Teatro  uuovo  auf.  Anfangs  April  1785  sang  sie  zuerst  in  Wien.  Dort  war 
sie  1790  nicht  mehr,  sondern  sie  saug  bereits  1789  in  Neapel  im  Teatro  de' 
Fiorentini  und  zwar  in  Paisiello's  »Grotta  di  Trofonio«.  1790  feierte  sie  hier 
in  Paisiello's  »Nina«  grosse   Triumphe. 

Concei(^'So   (II,  535),   nicht  Concei(;,am. 

('ouceii;äo,  Antonio  da,  einer  der  berühmtesten  Kirchen-sänger,  welche 
Portugal  besass,  war  in  Lissabon  1579  geboren  und  daselbst  zur  Musik  erzogen. 
Sein  gesangliches  Talent  zeigte  sich  früh  so  hervorragend,  dass  er  alsbald 
in  die  königl.  Kapelle  aufgenommen  wurde  und  in  Lissabon  bereits  im  fünf- 
zehnten Lebensjahre  Berühmtheit  erlangt  hatte.  Um  diese  Zeit  trat  er  iu  das 
Kloster  des  Trinitatis- Ordens  zu  Lissabon,  und  hier  übte  er  eine  solche  An- 
ziehungskraft, dass,  um  seine  wunderbare  Stimme  zu  hören,  ganz  Lissabon  dieser 
Kirche  zuströmte.  Leider  erlosch  diese  unvergleichliche  Stimme  sehr  bald  und 
fast  gänzlich,  vielleicht  durch  zu  grosse  Anstrengung.  C.  starb  1655,  und  sein 
glanzvolles  Leichenbegängniss,  dem  der  ganze  Hof  beiwohnte,  gab  Zeugniss  da- 
von, welchen  Ruf  er  besessen. 

Concei(;äo,  Br.  Bernardo  da,  Theoretiker  Spaniens,  welcher  gegen  die 
Mitte  des  18.  Jahrhunderts  zu  Lissabon  lebte.  Mau  kennt  von  ihm:  »0  eccle- 
siastico  instruido  scientificamente  na  Arte  do  Ganto  chäo  e  Modo  facil  e  claro  para 
apren  er  Cantochdoa,  Lissabon  1788,  in  4". 

Coucei^äo,  Br.  Manoel  da,  Geistlicher  des  Franziskanei'klosters  zu  Xa- 
bregas  bei  Lissabon,  war  Kapellmeister  dieses  Klosters.  Er  verfasste:  ■oManuale 
serq/jcum  et  romanum  juxta  usiim  fratrum  Minorum  almae  provinciae  Algarhioriim 
ordinis  Sancti  Francisci  etc.«,  1732,  in  4",  in  zwei  Theilen,  zweite  Auflage. 
Dies  noch  in  dritter  Auflage  erschienene  Buch  enthält  eine  Zusammenstellung 
aller  religiösen  Gebräuche  und  Ceremonien,  die  Worte  und  Musik  eingeschlossen, 
des  Franziskaner-Ordens. 

Conrad  de  Mure,  Stiftsherr  und  erster  Sänger  der  Hauptkirche  zu  Zürich, 
ist  Autor  zweier  Schriften:  »De  Musicaa  und  y>Graecimi(,s<ij  in  welchem  letzteren 
eine  Beschreibung  verschiedener  Instrumente  gegeben  ist,  als :  Orgel,  Saitenspiel, 
Psalterion,   Cythara,  Lyra,  Pfeife  und  Tympanum. 

Conradi,  August  (II,   544),  starb  am  26.  Mai  1873  in  Berlin. 

Conti,  Carlo  (II,  603),  starb  im  August  1868  iu  Neapel. 

Conti,  Ignazio  (II,  604),  war  ein  Sohn  des  Francesco  (Bartolomeo)  Conti 
(II,  603),  und  gehöi'te  wie  dieser  der  kaiserl.  Kapelle  als  Theorbenspieler  an. 
Er,  und  nicht,  wie  meist  erzählt  wird,  der  Vater,  prügelte  bei  einem  Wort- 
wechsel mit  einem  Geistlichen  diesen  durch;  nur  da  er  Abbitte  leistete,  entging 
er  schweren  kirchlichen  Strafen.  Obwol  er  von  seinem  Vater  14,000  fl.  er- 
erbt hatte,  starb  er  ganz  mittellos. 

Conver<^*am,  Br.  Ray  mundo  da,  portugiesischer  Musiker,  bekannt  durch 
folgende  Schrift:  ^Manuel  de  tudo  o  que  se  cantafora  do  choro,  confonne  ao  uzo  dos 
religiosos  et  religiosas  da  sagrada  ordern  da  Penifenciaa,  Co'imbra  1675,  in  4^.  485  S. 

Coppola,  Pietro  Antonio  (II,  614),  starb  am  13.  November  1877. 

Cordier,  Jean,  berühmter  Tenorsänger  aus  Brügge,  Freund  Hobrech t's, 
war    von    1480 — 82    in    der    Kapelle    des    Erzherzogs    Maximilian,    nach    1488 


70  Coussemaker  —  Cras. 

Coussemaker,  Ch.  E.  Henri  de  (TU,  11),  ist  1805  und  nicht  1795  ge- 
boren.    Er  starb  am   12.  Januar   1876  auf  Schloss  Bourbourg,   Dep.  du  Nord. 

Coyssard,  Michel,  Mitglied  der  Gesellschaft  Jesu,  geboren  1547  zu  Besse 
in  Auvergne,  schrieb  ausser  vielen  anderen  "Werken  auch:  »Traicte  du  profit 
qu'on  tire  de  chanter  les  Hymnes  et  Chansons  spirituelles  en  vulgairea,  abgedruckt 
neben  seiner  Schrift:  y>sommaire  de  la  Doctrine  chrestienne,  mis  en  vers,  avec 
les  Hymnes  et  Ödes  spirituelles  qu'on  chanted  evant  et  apres  la  leqon  d'icelle  etc.a, 
Lyon  1708,  in  12.  Er.  Thoinan  hat  in  Bezug  auf  C.  folgendes  interessante, 
bereits  selten  gewordene  Schriftchen  veröffentlicht:  nCuriosites  musicales  et  autres^ 
trouvees  dans  les  Oeuvres  de  Michel  Coyssard  de  la  comgagnie  de  Jesus«,  Paris, 
Claudin,    1866,    in   12.     31    S.  in  50  Exempl.  abgezogen. 

Craeijyaiiger,  Gerhard,  geboren  zu  Utrecht  1775,  war  ursprünglich  für 
den  Handel  bestimmt,  folgte  jedoch  seiner  Neigung  zur  Musik  und  widmete 
sich  dieser  ausschliesslich.  Gesang  und  Violinspiel  pflegte  er  am  meisten.  Er 
dirigirte  die  1798  gegründeten  Concerte  der  Studenten  und  der  Gesellschaft 
»Tot  hooger  doel«,  ferner  machte  er  sich  während  länger  als  fünfzig  Jahren  um 
die  Ausführung  der  Kirchenmusik  in  Utrecht  verdient.     Er  starb  hier  1855. 

CraeiJTaiig-er,  K.  A.,  geboren  zu  Utrecht  1817,  war  als  Sänger  und  als 
Direktor  der  Gesellschaften  »Symphonia«,  »Aurora«,  »Duce  Apolline«  thätig,  und 
leitete  auch  die  grossen  Musikfeste  zu  Cleve  und  Utrecht  1852  und  1853. 
Als  Sänger  Hess  er  sich  in  fast  allen  Städten  Hollands  hören.  Von  seinen 
Compositionen  wurden  von  der  Niederländischen  Musikgesellschaft  sechs  Lieder 
gekrönt,  auch  war  C.  Ehrenmitglied  dieser  Gesellschaft. 

Crama,  Hubert,  Carillonneur  zu  Antwerpen,  geboren  zu  Montigny  gegen 
Ende  des  sechzehnten  Jahrhunderts,  gehörte  in  seinem  Fache  zu  den  vorzüg- 
lichsten Künstlern  Belgiens.  An  der  Kathedrale  zu  Antwerpen  ersetzte  er  1624 
Jacques  Reuslyn,  und  weihte  dreissig  Jahre  später  das  neue  Glockenspiel  dieser 
Kirche,  von  den  Brüdern  Hemong  verfertigt,  ein.  Er  starb  1686  nach  sechzig- 
jähriger Thätigkeit  an  derselben  Kirche,  in  der  er  auch  begraben  wurde. 

Cramer,  Heinrich  (III,  14),  starb  im  Juni  1877  in  Frankfurt  a.  M. 

Crainer,  Joseph  Hubert,  ausgezeichneter  Violinist,  geboren  in  War- 
lingen,  Provinz  Geldern,  am  29.  Februar  1844.  Seine  Lehrer  waren  Van  Bree, 
Leonard  und  David  in  Leipzig.  Er  liess  sich  in  Deutschland  und  in  Brüssel 
hören,  und  nahm  1862  in  Groningen  Wohnsitz,  wo  er  sehr  besuchte  Quartett- 
Abende  einrichtete.  Er  ist  jetzt  Concertmeister  im  »Paleis  voor  Volksolyt«  in 
Amsterdam. 

Cramolini,  Ludwig,  ist  im  März  1808  zu  Wien  geboren.  Sein  Vater 
Johann  Cramolini  —  Maler  und  trefflicher  Mandolinspieler,  als  welcher  er  oft 
mit  Vimercati  auf  der  Mandoline  Doppelconcerte  spielte  —  war  sein  erster 
Lehrmeister  in  der  Musik.  Der  Sohn  sollte  gleichfalls  Maler  werden,  allein 
Dupart  wurde  auf  seine  Stimme  aufmerksam  und  veranlasste,  dass  er  auf  Kosten 
der  Administration  der  Hofbühne  ausgebildet  und  dann  als  Tenor  engagirt 
wurde.  Er  errang  bald  glänzende  Erfolge.  Nachdem  er  noch  den  Unterricht 
Ciccimarra's  genossen  hatte,  unternahm  er  ausgedehnte  Gastspielreisen  und 
wurde  dann  1841  in  Darmstadt  lebenslänglich  engagirt.  Er  besass  ein  grosses 
und  vielseitiges  Repertoir,  namentlich  aber  war  er  in  der  Spieloper,  besonders 
als  »Postillon«,  »Fra  Diavolo«  und  »Maurer«  unübertrefflich.  Er  componirte 
auch  mehrere  Hefte  Lieder  und  schrieb  den  Text  zu  Mangold's:  »Das  Kohlen- 
mädchen« und  zu  dem  Singspiel:  »'s  erste  Busserl«.  Als  Präsident  der  Darm- 
stadter  Liedertafel  übte  C.  einen  nicht  geringen  Einfluss  auf  den  Geschmack 
in  diesem  Musikzweige  aus. 

Cras,  P.  J.,  belgischer  Organist  und  Componist,  geboren  13.  Sept.  1795, 
war  Schüler  des  Abbe  Andre  zu  Molines,  und  ebenso  trefflicher  Orgelspieler 
wie  Componist.  Er  versah  die  Kirche  St.  Jean  zu  Malines  von  1817  bis  1840 
und  dann  bis  zu  seinem  Tode  den  4.  Nov.  1871  die  Katharinenkirche.  Er  hinter- 
liess  elf  Messen,  Tantum  ergo,  drei  Ave  Maria  und  zwölf  Stücke  für  Orgel. 


Craywiukcl  —  Creasent.  71 

Craywiukel,  Ferd.  Manuel  Mart.  Louis  Barthelömy  do,  Componist 
von  Kirchenmusik,  wurde  zu  Madrid  den  21  August  1H20  geboren  und  in 
Bordeaux,  wohin  er  bereits  1825  kam,  erzogen.  In  der  Musik  unterrichtete 
ihn  Msr.  Bellen,  ein  Schüler  von  Reicha.  C.  schrieb  vier  dreistimmige  Messen 
für  Soli,  Chor  und  Orchester  die  er  in  der  Kirche  St.  Bruno,  an  welcher  er 
als  Kapellmeister  i'uugirt,  aufführte.  Die  dritte  dieser  Messeii  wurde  von  der 
Cäcilien-Gesellschaft  in  der  Kirche  Notre-Darae  zu  Bordeaux  aufgeführt.  Forner 
zwanzig  Motetten  und  Saluts  solenels  »Deux  recueils  de  cantiquesa,  dreistimmige 
Chöre ;  Stabat  mater,  mit  Chor,  Soli  und  Begleitung  von  zwei  Violoncells,  Contra- 
bass  und  Orgel;  die  5  Hauptmessen  des  Jahres  (im  römischen  Choralgesang) 
und  das  Magnificat,  harmonisirt  für  drei  Stimmen,  Contrabass  und  Orgel, 
ausserdem  mehrere  Hymnen  und  zwei  berühmte  Prosen  für  Ostern  und 
Pfingsten. 

Crcquillon,  Thomas  (III,  17),  zu  den  Arbeiten  dieses  Künsters  gehören, 
noch:  neunundvierzig  Gesänge,  welche  in  die  Sammlung  des  Pierre  Phalc'se 
herausgegegeben  zu  Löwen  1555,  aufgenommen  sind,  und  von  welcher  der  Titel 
des  ersten  Buches  lautet:  -aPremier  livre  des  chansons  ä  quatre  parties,  iiou- 
vellement  composez  et  mises  en  musique  convenables  tant  aux  instruments  comme 
ä  la  voixa,  Louvain  1555,  in  4", 

Crespel,  Jean  (III,  23).  Sieben  Gesänge  von  diesem  niederländischen 
Künstler  sind  in  die  Sammlung  des  Pierre  Phalese,  herausgegeben  in  sechs 
Büchern  zu  Loewen  1555,  aufgenommen.  Der  Titel  des  ersten  Buches  lautet: 
liPremier  livre  des  cliansons  ä  quatre  parties,  nouvellement  cotiiposez  et  mises  en 
musiques,  convenables  tant  aux  instruments  comme  ä  la  voixv,  Louvain  1555,  in  4^ 

Cressent,  Anatole,  Stifter  eines  Legats  für  Componisten,  geboren  zu 
Argenteuil  (Seine  et  Oise)  den  24.  April  1824;  er  starb  zu  Paris  den  28.  Mai 
1870  an  den  Folgen  eines  Sturzes  vom  Pferde,  Er  gehörte  als  Advocat  einem 
Bankgeschäft  an.  Seine  günstigen  Verhältnisse  erlaubten  ihm ,  sich  nach 
seiner  Neigung,  mit  der  Musik  zu  beschäftigen.  Bei  Lefebure  -  Wely  und  Paul 
Bernard  hatte  er  ernsthafte  Studien  gemacht  und  war  geschickter  Ciavierspieler, 
hatte  auch  eine  Anzahl  Chöre,  Gesangs-  und  Ciavierstücke  geschrieben,  die  zum 
Theil  veröffentlicht  sind.  Seine  Liebe  zur  Musik  bethätigte  er  auch  dadurch, 
dass  er  ein  Legat  zu  Gunsten  der  Componisten  gründete,  welches  in  seiner 
Fassung  von  ebensoviel  Eifer  zur  Musik  wie  Verständniss  für  die  Sache  zeigt. 
Dieses  Legat  besteht  in  der  Summe  von  120,000  Eres.,  welche  er  der  Akademie 
der  schönen  Künste  überwies,  mit  der  Verpflichtung,  dass  der  Staat  nach  den 
von  ihm  getroffenen  Bestimmungen,  einen  jährlichen  Concours  zur  Prämirung 
einer  ernsten  oder  komischen  Oper,  von  ein  oder  zwei  Akten  mit  Chören  zu 
eröffnen  habe.  Sein  Wille  war  dabei  der,  dass  die,  durch  den  Preis  ausge- 
zeichnete Oper  auch  öffentlich  und  zwar  mindestens  dreimal  aufgeführt  wci'de. 
An  der  thatsächlichen  Ausführung  dieses  Planes  verhinderte  ihn  sein  plötzlicher 
Tod;  in  seinem  Testamente  jedoch  waren  100,000  Eres,  der  Stiftung  gesichert 
und  20,000  Eres,  wurden  in  seinem  Sinne  von  der  Familie  hinzugefügt.  In 
dem  Testamente  sagt  C.  über  diesen  Gegenstand  ungefähr:  »Die  Verehrung  der 
schönen  Künste,  ins  Besondere  der  Musik,  war  immer  der  Gegenstand  meiner 
Vorliebe.  Das  Ungefähr  des  Lebens  hat  mich  verhindert,  ihr  meine  Fähigkeiten 
und  meine  Kraft  zu  weihen.  War  es  mir  nun  nicht  vei'gönnt  einen  Platz  unter 
den  Eingeweihten  der  Kunst  einzunehmen,  der  ich  die  reinsten  Freuden  meines 
Lebens  verdanke,  so  konnte  ich  wenigstens  ihre  Bestrebungen  und  ihre  Kämpfe 
begleiten.  Diese  stete  Berührung  mit  den  Künstlern  hat  mir  die  T^^bcrzeugung 
aufgedrängt,  dass  das  Geschick  der  Componisten  der  grössteu  Thoilnahrae  würdig 
ist,  und  mir  das  Verlangen  eingeflösst  hat,  nach  dem  Maasse  meines  Vermögens 
die  Mittel  zu  liefern,  zur  Schöpfung  und  einer  günstigen  Einweihung  ihrer 
Werke,  wie  sie  Malern,  Bildhauern  und  Architekten  in  so  ausgedehnter  Weise  zu 
Gebote  stehen.  Aus  dieser  tiefen  Ucberzeugung  und  dem  wohlüberlegten  Wunsche 
ist  der  Gedanke  dieser  Stiftung  in  mir  entstanden«.    Im  December  1875  wurde 


J2  Cressonnois  —  Curci. 

der  CoDCOiirs  zuiii  ei'stcn  Mal  ei'offnot.  Die  Theilnclimcr  müssen  Franzosen 
oder  in  Frankreich  naturalisirt  sein.  Der  gekrönte  Dichter  und  der  Componist 
erhalten  jeder  sofort  2500  Frcs.  Für  die  aufzuführende  Oper  erhält  das  be- 
trett'ende  Theater,  welches  die  Autoren  wählen  können,  nach  einer  fünfmaligen 
Aufführung   10,000  Frcs. 

Cressouuois,  Jules  Alfred,  Componist  und  Militärmusikdircktor,  geboren 
zu  Mortagne  (Orne)  den  17.  April  1823,  dcbütirte  1858  an  der  Opera  coraique 
mit  einer  vieraktigen  Oper.  Von  1862  —  65  erschienen  nacheinander  vier 
Hefte  ansprechender  Gesänge  unter  dem  Titel:  »Harmonie«.  Ausser  einzelnen 
Grosängen  und  Balladen  sind  von  C.  noch  »Trente-six  Ballade.s  joi/euses«,  Paris, 
Lemerre   1873,  in   12,  in  einer  Sammlung  von   Th.  de  Banville  enthalten. 

Christal,  Maurice,  genannt  (Jerma,  Musikschriftsteller,  geboren  zu  Nar- 
bonne  1827,  studirte  bei  dem  Orgunisten  Conche  und  den  Kapellmeistern  der 
Kathedrale  seiner  Vaterstadt  Musik,  die  er  jedoch  nach  dem  Misserfolg  mit 
einer  kleinen  Operette  aufgab  und  Rechtswissenschaft  studirte.  Später  jedoch 
beschäftigte  er  sich  ausschliesslich  mit  der  Literatur  und  Historie  der  Musik 
und  veröffentlichte:  »L'art  scandinave,  la  musique  dans  le  DanemarJc,  en  Irlande, 
en  Norwege  et  en  Suedeu,  Paris,  Didier  1874,  in  8".  Ferner  zahlreiche  Auf- 
sätze in  Journalen,  Zeitschriften  und  Musikzeitungen,  die  er  methodisch  zusam- 
mengestellt unter  dem  Titel:  »Tahleau  de  VMstoire  mtisicale  par  ecoles  et  par 
nationalites<i  in  Begriif  ist  herauszugeben. 

Crocker  (Croker),  Johann,  aus  Brieg  in  Schlesien  gebürtig,  war  1604 
Sr.  fürstl.  Durchl.  zu  Preussen  Musicus,  von  1608  bis  1611  Sr.  Durchl.  zu 
Brandenburg,  Herzogs  in  Preussen  Kapellmeister  und  seit  1624  Kurfürstl. 
Brandenburg-Preuss.  bestallter  Kapellmeister  in  Königsberg  i.  Pr.  Er  unter- 
richtete die  Kapellknaben  und  hatte  den  Kurfürsten  auf  Reisen  zu  begleiten. 

CroeSj  Henri  Jacques  de  (III,  26),  folgte  1755  am  13.  August  zu  Brüs- 
sel N.  de  Croes  (vermuthlich  sein  Vater)  im  Amte  eines  Kapellmeisters  des 
Prinzen  Carl  von  Lothringen,  und  in  dieser  Stellung  blieb  er  bis  zu  seinem 
am  16.  August  1786  erfolgten  Tode.  Schon  1734  wird  er  als  Musikmeister 
des  Fürsten  von  Thurn  und  Taxis  erwähnt;  in  diesem  Jahre  erschien  auch  sein 
erstes  Werk  in  Brüssel:  »6  Concerte  und  6  Sonaten«  enthaltend.  1737  ging 
er  dann  als  Kapellmeister  nach  Begensburg ;  in  diesem  Jahre  veröffentlichte 
er  sein  zweites  Werk  mit  ebenfalls  6  Concerten  und  6  Sonaten.  Nach 
einem  Briefe  seines  Sohnes  Heinrich  de  Croes  (im  Auszuge  mitgetheilt  von 
Dom.  Mettenleitner :  »Musikgeschichte  von  Begensburg«  p.  272)  verliess  Henri 
Jacques  Begensburg  nach  der  Krönung  Kaiser  Franz  I.  (1745)  und  ging  nach 
Brüssel  zurück.  Er  war  hier  Direktor  des  Singchores  der  königl.  Kapelle,  bis 
er,  wie  oben  erwähnt,  1755  Kapellmeister  des  Prinzen  Carl  von  Lothringen  wurde. 

Croze,  Ferdinand  de,  Pianist  und  Componist  von  leichten  Salonstücken, 
die  er  bereits  in  einer  Anzahl  von  über  Hundert  und  fünfzig  producirt  hat, 
und  die  durch  die  ersten  Pariser  Verleger  Verbreitung  fanden.  C.  ist  in  Mar- 
seille gegen   1828  geboren. 

Cruvel,  Marie  (III,  32),  starb  am  24.  Juli  1868. 

Cuellar  y  Altariba,  Ramon  Felix,  Componist  und  Organist  Spaniens, 
geboren  in  Santiago  daselbst  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  war  Chorknabe 
an  einer  Kirche  in  Saragossa  und  Schüler  Grarcia's.  Nachdem  er  au  mehreren 
Kirchen  als  Kapellmeister  fungirt,  auch  als  königl.  Kammermusiker  angestellt 
war,  übernahm  er  1828  die  Orgel  der  Metropolitan-Kirche  in  seiner  Vaterstadt, 
wo  er  am  7.  Januar  1833  starb.  Er  wird  zu  den  besten  Vertretern  der  Grarcia- 
schen  Schule  gerechnet.  Zu  seinen  sehr  zahlreichen  Compositiouen  gehören: 
sechzehn  Messen,  neun  Psalmen,  fünf  Magnificat,  Lamentationen,  Te  Deum, 
Cantaten,  Motetten  u.  a.,  die  in  den  Kirchen  Spaniens,  hauptsächlich  in  Sara- 
gossa verbreitet  sind. 

Curci,  Giuseppe,  ist  zu  Barletta  am  15.  Juni  1808  geboren,  besuchte 
von  1823  — 1835  das  Conservatorium   von  Neapel.     Während  dieser  Zeit   und 


CuaiuB  —   Dabadic.  73 

später  coinponirte  er  sechs  Opern,  Messen,  Ouvertüren  u.  m.  ii.,  von  welchen 
die  erstgenannten  am  Theater  dos  Conservatoriuiiis  in  Turin,  Venedig  und  Mai- 
land zur  AutTülirung  gelangten.  Nachdem  C  einige  .fahre  als  rcnommirfcr  Oe- 
sanglehrer  in  Wien  gelebt  hatte,  besuchte  er  I'aris,  Belgien  und  Deutscliland, 
um  dann  in  seine  Vaterstadt  zurückzukehren.  Ausser  sechs  drei-  und  vierstimmigen 
Messen  mit  Orgel,  (-Quartett-  oder  Orchesterbegleitung,  einer  Trauermesse,  schrieb 
er  noch  mehr  denn  sechzig  religiöse  (Jompositionen  von  kleinerem  Umfang; 
ferner  zwei  Sammlungen  Solfcggien,  die  eine  in  Ungarn  unter  dem  Titel: 
»Biccolo  Solfeggion,  die  andere  in  London:    »//  Bei  Gantou,  veröffentlicht. 

C'nsins,  W.  O.,  Pianist  und  Componist  der  Gegenwart  in  England,  schrieb 
mehrere  schätzbare  Werke,  darunter  das  Oratorium  »Gideon«  l)esonders  hervor- 
gehoben wird;  aufgeführt  beim  grossen  Musikfest  zu  Glocestcr  am  7.  September 
1871.  C.  ist  Kapellmeister  der  Königin  und  Orchesterdirektor  der  »Philhar- 
monie Society«  zu  London. 

Czartoryski,  Adam  Casimir,  Fürst,  Starosten  -  General  von  Podolien; 
Haupt  einer  der  bedeutendsten  polnischen  Familien,  grosser  Freund  und  Be- 
schützer der  Künste  und  Wissenschaften.  Er  schrieb  mehrere  dramatische 
Werke,  die  in  Warschau  aufgeführt  wurden.  Ausserdem  stellte  C,  ein  kleines 
Wörterbuch  der  Namen  alter,  in  Polen  gebräuchlicher  Instrumente  zusammen, 
welches  in  dem  .Journal  »Czasopismo«,  das  zu  Leopol  erschien,  abgedruckt 
worden  ist  (s.  Albert  Sowinski:  »ies  musiciens  polonais  et  slaves,  anciens  et 
modernesv,  Paris,  Adrien  Leclerc,  1857),  In  dieser  Schrift  sind  die  alten,  jetzt 
weniger  bekannten  Instrumente  nach  ihrem  Namen,  ihrer  Form,  ihrem  Klange, 
ihrer  Verwendung  im  Orchester  und  ihrer  Behandlungsweise,  von  der  Orgel 
bis  zur  Pfeife,  ausführlich  beschrieben.  Es  werden  im  ganzen  fünfuudvierzig 
Instrumente  genannt,  dreizehn  bei  denen  die  Saiten  gerissen,  sieben  bei  denen 
sie  gestrichen  und  fünfundzwanzig  Blasinstrumente,  das  älteste  derselben,  die 
»Kobza«,  mit  eingerechnet. 

Czerwinsky,  Wilh.,  geboren  1838  in  Wien;  wurde  unter  der  Leitung  von 
Fischhof,  Hellmesberger  (Vater),  v.  Mikuli  und  Nottebohm  zu  einem 
tüchtigen  Musiker  herangebildet,  der  als  Pianist  und  Componist  erfolgreich 
thätig  ist.  Gegenwärtig  lebt  er  in  Lemberg.  Dort  ging  1875  seine  Operette: 
y)Slowirehfs.  (Singvögelcbeu)  mit  gutem  Erfolg  in  Scene.  Ausserdem  componirte 
er  eine  Sinfonie,  Streichquartette  und  Lieder,  Chöre  und  Ciavierstücke,  von 
denen  mehrere  veröffentlicht  sind. 

Czibulku,  Alphons,  k.  k.  österreichischer  Militair-Kapellmeister,  ist  zu 
Szepes-Varallya  in  Ungarn  am  14.  Mai  1842  geboren.  Nachdem  er  seine 
Musikstudien  in  Pressburg  und  Wien  dui'chgemacht  hatte,  ging  er  als  Pianist 
nach  Russland,  1865  wurde  er  Kapellmeister  am  Carl-Theater  in  W^ieu.  Auf 
seinen  Wunsch  erhielt  er  im  Jahre  1866  die  Kapellmeisterstelle  im  k.  k  17,  In- 
fanterie-Regiment ,  mit  dem  er  im  selben  Jahre  den  Feldzug  in  Italien  mit- 
machte. Gegenwärtig  ist  er  Kapellmeister  im  25.  Infanterie-Regiment  zu  Prag, 
wo  seine  Tänze  namentlich  beliebt  sind;  »Waldesflüstern«,  Scene  de  ballet,  »Ein 
Traumbild«  und  -aChannon  sans  parolesv.  haben  auch  in  Deutschland  Eingang  ge- 
funden. Sein  »Erzherzog-Fricdrich-Marsch«  ist  in  der  ganzen  österreichischen 
Armee  gern   gespielt.     Auch    als  Ciavierspieler   geniesst  Cz.  Achtung    in  Prag, 


D. 

Daluidie,  Henri  Beruhard  (111,52),  wurde  in  Pan  am  11).  .Jauuar  1797 
geboren   und   starb  im  Mai   1853   zu  Paris,   seine   (iatiin: 

Dabadie,  Louise  Zulme  (111,52),  wurde  1835  pensionirt  und  starb  im 
November   1877  in  Paris. 


74  Dahl  —   Dahmea. 

Dalli,  Bai  du  in   Christian,  s.  Balduin-Dahl. 

Uahiiicii,  Wilhelm,  gehört  zu  einer,  in  den  Niederlanden  weitverzweigten 
Künstlcrfamilie.  W.  wurde  1731  zu  Doesburg  geboren  und  vom  Vater  zum 
Musiker  erzogen.  Er  lebte  als  Musiklehrer  erst  in  Sneek,  später  in  Harlingen. 
Seine  sechs   Söhne  wurden  ebenfalls  Musiker.     Der  älteste  derselben: 

Dahmou,  Herrmann,  Hornvirtixos,  geboren  1755  zu  Sneek,  erhielt  den 
musikalischen  Unterricht  vom  Vater.  Er  bildete  sich  zum  Violinisten  und  haupt- 
sächlich Hornvirtuosen,  und  lebte  als  Lehrer  dieser  Instrumente  in  Harlingen, 
dann  in  Amsterdam,  wo  er  auch  als  erster  Hornbläser  am  niederländischen 
Theater  angestellt  war  und  in  Concerten  auftrat.  1787  ging  er  nach  London 
und  Dublin  wo  er  drei  Jahre  blieb.  1790  kehrte  er  nach  Amsterdam  zurück. 
Von  1791  —  98  bekleidete  er  in  Steinfurt  in  der  fürstlichen  Kapelle  die  Stelle 
eines  Solo-Hornisten,  worauf  er  nach  Rotterdam  zog;  dort  starb  er  1830.  Zu 
seinen  Schülern  gehören:  B.  Tours  und  Hutschenreuijter.  Seine  fünf  Söhne 
sind  sämmtlich  treffliche  Tonkünstler.     Der  älteste  derselben: 

Dahinen,  Wilhelm  Heinrich,  Solo-Violinist  des  Königs  Wilhelm  I., 
trefflicher  Lehrer  und  Quartettist,  ist  zu  Amsterdam  am  27.  März  1797  geboren. 
Sein  Vater  gab  ihm  den  ersten  Musikunterricht  und  durch  Begabung  und 
Talent  erlangte  er  bereits  im  17.  Jahr  eine  Anstellung  als  Soloviolinist  am 
Theaterorchester.  Ein  Jahr  später  erhielt  er  einen  Platz  als  Musikdirektor  in 
Nimwegen,  den  er  bis  zu  seinem  Tode  ausfüllte.     Er  starb  am  15.  Dec.  1847. 

Dahmen,  Jacob,  der  zweite  Sohn  von  Herrmann  D.,  ebenfalls  Violinist 
und  vom  Vater  gebildet,  wurde  in  Amsterdam  den  4.  Mai  1798  geboren.  Er 
lebte  in  Harlingen,  Amsterdam,  Rotterdam  und  zuletzt  in  England,  wo  er  auch 
starb,  als  geschätzter  Lehrer. 

Dahmen,  Jean  Cornelius,  der  dritte  Sohn  von  Herrmann  D.,  geboren 
am  9.  Januar  1801  zu  Rotterdam,  gleich  den  Brüdern  musikalisch  begabt,  er- 
lernte durch  den  Vater  Violine,  Violoncello,  Elöte  und  Guitarre  spielen.  Als 
Flötenvirtuos  zeichnete  er  sich  aus  und  unterrichtete  auf  diesem  Instrument 
und  auf  der  Gruitarre.     Er  starb  am  28.  Februar  1843. 

Dahmen,  Jean  Arnold,  der  vierte  der  Söhne  des  Herrmann  D.,  geboren 
1807  in  Rotterdam,  Schüler  seines  Vaters,  war  Violinenvirtuos  und  ausgezeich- 
neter Hornist.  1827  wurde  er  an  der  königl.  Musikschule  zu  Haag  Lehrer 
für  Hörn,  später  Mitglied  und  dann  Concertmeister  der  königl.  Kapelle.  Er 
starb  in  Haag  den  5.  Mai  1853. 

Dahmeu,  Jean  Herrmann,  der  Zwillingsbruder  des  Vorigen,  geboren 
1807  in  Rotterdam,  lebt  zu  Utrecht  als  Concertmeister. 

Dahmen,  Peter,  Bruder  des  Herrmann  D.,  geboren  gegen  1757.  Solo- 
violinist, lebte  in  Leeuwarden,  dann  in  Utrecht.     Er   schrieb  Trios,  Quartette. 

Dahmeu,  Jean  Arnold  (bei  Fetis;  Jean  Andre),  zweiter  Bruder  des 
Vorigen,  geschickter  Violouist,  geboren  in  Haag  1760,  lebte  in  London.  Man 
kennt  von  ihm:  Duos  und  Sonaten  für  Violoncell,  gedruckt  in  London,  Paris 
und  Offenbach;  drei  Quartette  für  zwei  Violinen,  Alto  und  Bass,  Op.  3,  Offen- 
bach 1798;    drei  Trios  für  zwei  Violinen  und  Bass,  Paris  bei  Erard. 

Dalimeu,  Wilhelm,  Bruder  der  Vorhergehenden,  geboren  1769  zu  Har- 
lingen, Hornvirtuos,  lebte  in  Amsterdam,  Rotterdam  und  London.  Er  folgte 
Napoleon  I.  in  den  Krieg  gegen  Spanien,  von  dem  er  wahrscheinlich  nicht 
zurückkehrte. 

Dahmen,  Arnold,  Bruder  von  dem  Stammvater  der  bisher  aufgeführten 
Tonkünstler  dieses  Namens  W.,  ausgezeichneter  Flötist,  wurde  1765  zu  Bols- 
ward  geboren  und  vom  Vater,  später  in  Amsterdam  vom  Flötisten  Zorge  unter- 
richtet. Er  Hess  sich,  nachdem  er  auch  gründliche  theoretische  Studien  ge- 
macht hatte,  in  Amsterdam  nieder,  und  gehörte  hier  und  in  den  Niederlanden 
überhaupt  zu  den  beliebtesten  Flötisten.  Er  starb  am  17.  December  1829. 
Seine  drei  Söhne,  die  er  wiederum  selbst  ausbildete,  sind: 

Dalimen,  Jean  Arnold,  ausgezeichneter  Flötenvirtuos,  geboren  in  Amster- 


Dahmen  —  Dannreuther.  75 

dam  1806,  spielte  schon  als  neunjähriger  Knabe  mit  seinem  Vater  ein  C'on- 
cert  für  zwei  Flöten  in  Gegenwart  des  Kaisers  Alexander  T.  und  dessen  Familie. 
Sein  Spiel  wird  als  wunderbar  klar  und  schön  bezeichnet.  Er  starl)  jedoch  in 
Folge   von  gichtischen  Leiden   schon    l^3i,   29    Jahr  alt. 

Dalinieu,  Peter  Wilhelm,  der  zweite  Bruder  des  Vorigen,  1808  zu  Amster- 
dam  geboren,  war  auch  Flötist  und  am  grossen  Theater  dasel])st  angestellt. 

Dahmeu,  Hubert,  der  dritte  Bruder,  wurde  1813  in  Amsterdam  ge- 
boren; zunächst  vom  Vater  als  Flötist  ausgebildet,  erlernte  er  auch,  da 
ihm  die  Flöte  nicht  genügte,  Violine  und  Violoncell  spielen,  und  brachte 
es  bald  so  weit,  sich  auch  als  Cellist  öffentlich  hören  lassen  zu  können.  Ein 
Beweis  seines  Eifers  ist  wol,  dass  er  mehrere  Jahre  hindurch  am  holländischen 
Theater  als  Flötist  und  am  französischen  Theater  als  Cellist  gleichzeitig  thätig 
war.  Auch  als  Componist  war  er  sehr  fleissig;  er  hinterliess  eine  grosse  Anzahl 
von  Werken,  darunter  die  Oper:  »Azalais«,  eine  Sinfonie,  Concertstücke  für 
verschiedene  Instrumente,  Ge sangstücke.  D.  starb  an  einer  schmerzhaften  Krank- 
heit am  21.  December  1837. 

Dal  Coruetto,  Antonio,  italienischer  Componist  des  16.  Jahrhunderts, 
schrieb  die  Musik  zum  Pastorale  l'Egle  von  Giov.  Bat.  Giraldi-Cinthio,  welche 
zu  Ferrara  im  Hause  des  Autors  in  Gegenwart  des  Hofes  und  auf  Kosten 
der  Universität  am  24.  Februar  und  am  4.  März  1545  aufgeführt  wurde. 

Dali'  Argine,  Constantino,  italienischer  Componist  von  zahlreichen,  auf 
verschiedenen  Theatern  Italiens  gegebenen  Balletten  und  mehreren  Opern.  Zu 
den  letzteren  gehört  auch  der  Barbier  von  Sevilla  nach  demselben  Text,  welchen 
auch  Paisiello  und  später  Eossini  componirten.  Die  Partitur  dedicirte  D.  Arg. 
Rossini  und  der  liebenswürdige  Brief,  den  der  Meister  dem  kühnen  Componisten 
hierauf  schrieb,  wurde  damals  in  vielen  italienischen  Journalen  abgedruckt.  Die 
Oper  verschwand  sehr  schnell  vom  Repertoir.  D.  Arg.  war  als  Concertmeister 
am  Theater  in  Alexandrien,  in  Valencia  (Spanien)  und  zuletzt  in  Mantua  thätig. 
Hier  wurde  er  während  einer  Vorstellung  vom  Schlage  getroffen.  Er  starb 
am   1.  März  1877. 

Dahimare,  Martin  Piere  (III,  60),  starb  am  19.  Juni  1839. 

Dnmcke,  Berthold  (III,  61),  starb  am  15.  Februar  1875  in  Paris,  mit 
der  von  MUe.  Pelletan  veranstalteten  Herausgabe  der  Gluckschen  französischen 
Partituren  beschäftigt. 

Dandrien,  Jean  Fran^ois,  nicht  Dandrien  (III,  66). 

Danhanser,  Adolph  Leopold,  Lehrer  und  Componist,  geboren  zu  Paris 
dem  26.  Februar  1835,  ist  Lehrer  für  Gesang  am  Consex'vatorium  und  Inspektor 
für  Gesangunterricht  in  den  städtischen  Schulen  von  Paris.  Er  gab  heraus: 
y>Theone  de  la  musique<f,  Paris,  Lemoine;  ferner  unter  dem  Titel:  r>Soirees  or- 
pheoniquesa  eine  Sammlung  von  zwölf  dreistimmigen  Chören. 

Dänische  Musik  s.  skandinavische  Musik. 

Danjou,  Jean  Louis  Felicien  (III,  67),  starb  am  4.  März  1866  zu 
Montpellier,   wo   er  seit   Jahren  le])te. 

Dannreuther,  Edward,  englischer  Pianist  und  Musikschriftsteller,  ist  am 
4.  November  1844  zu  Strassburg  gestorben,  verlicss  jedoch  schon  in  früher 
Jugend  Europa  und  erhielt  in  Cincinnati  (Ohio),  wohin  seine  Familie  über- 
gesiedelt war,  seine  erste  Erziehung.  Dort  fand  er  auch  in  dem,  gegenwärtig 
am  Vassar-College  im  Staate  New.  York  als  Musikdirektor  wirkenden  H.  L.  Ritter 
einen  vortrefflichen  Musiklehrer  und  machte  unter  Leitung  desselben  so  gute 
Fortschritte,  dass  seine  Eltern  nicht  zögerten,  seinem  ^''erlangen  nach  berufs- 
mässiger Ausübung  der  INIusik  zu  entsprechen.  In  Folge  dessen  begab  sich  D. 
nach  Leipzig,  wo  er  bis  1863  am  Conservatorium  unter  Moschclcs  Leitung  das 
Ciavierspiel  und  unter  E.  F.  Richter  die  Composition  studirte.  Im  letzgenannten 
Jahre  fixirte  er  sich  in  London,  und  hier  gelang  es  ihm,  sich  in  kurzer  Zeit 
einen  umfassenden  Wirkungskreis  zu  bilden.  In  erster  Reihe  war  es  die  neuere 
Musik,  namentlich  die  Wagnersche,  deren  Verständniss  beim  englischen  Publicum 


76  Dannstroein  —  Dautresme. 

zu  vermitteln  er  als  Pianist,  Dirigent  und  Schriftsteller  unermüdlich  bestrebt 
gewesen  ist.  Bereits  1872  gründete  er  den  Londoner  Wagner-Verein  und  in 
den  beiden  Jahren  leitete  er  die,  von  demselben  veranstalteten  Orchestercon- 
certe.  Inzwischen  (1873)  war  es  ihm  auch  gelungen,  einen  eignen  Chorver- 
ein ins  Leben  zu  rufen,  dessen  Leistungen  bald  eine  solche  Höhe  erreichten, 
dass  er  sich  an  die  Lösung  der  schwierigsten  Aufgaben  der  modernen  Musik 
wagen  durfte.  D.'s  Tendenz,  die  Werke  zeitgenössischer  Componisten  zur  An- 
erkennung zu  bringen,  gelangte  auch  bei  seinem  wiederholten  erfolgreichen  Auf- 
treten als  Virtuose  in  den  Concerten  des  Crystalpalastes  zum  Ausdruck,  wo  er 
u.  a.  die  Clavierconcerte  von  Liszt,  Grieg,  Tschaikowski,  Scharwenka  zum  ersten 
Male  dem  englischen  Publicum  vorführte,  und  das  gleiche  Streben  zeigt  sich  in 
den  Programmen  der  Kammermusik-Soireen,  die  er  schon  seit  mehi^eren  Jahren 
alle  vierzehn  Tage  während  des  Winters  im  eigenen  Saale  veranstaltet. 

Die  Thütigkeit  D.'s  als  Musikschriftsteller  hat  sich  vorläufig  darauf  be- 
schränkt, die  Theilnahme  seiner  Landsleute  für  die  Kunstrichtung  Richard  Wag- 
ners zu  wecken  und  zu  nähren.  In  diesem  Sinne  veröffentlichte  er  1873  eine 
grössere  Schrift:  y>Richard  Wagner,  his  tendencies  and  iJieories«,  (London,  Auge- 
ner  &  Co.),  später  eine  Uebersetzung  von  Wagners  Aufsatz  »Zukunftsmusik« 
und  dessen  »Beethoven«  (Mainz,  Schott),  überdies  eine  Menge  kleinerer  Aufsätze 
Vorlesungen  über  musikalische  Gegenstände,  Analysen  der,  in  seine  Programme 
aufgenommenen  Musikwerke  u.  s.  w.,  welche  in  verschiedenen  englischen  Zeitun- 
gen erschienen  sind. 

Daunstroem,  Joh.,  schwedischer  Componist,  von  dem  in  Stockholm  mehrere 
komische  Opern  aufgeführt  wurden;  hat  auch  eine  grosse  Zahl,  zum  grössten 
Theil  populär  gewordener  Lieder  componirt. 

Danzi   (III,  68),  sein  Vorname  ist:  Franz. 

Da  Palermo,  Marc  Antonio,  italienischer  Componist,  der  Ende  des 
17.  und  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  thätig  war.  Er  lebte  abwechselnd  in 
Palermo,  so  dass  man  seinen  Namen  mit  in  Betracht  ziehend,  wol  diese  als 
seine  Vaterstadt  annehmen  darf.  Er  componirte  viel  für  den  Fürsten  von  Tos- 
cana,  Ferdinand  von  Medicis,  dessen  Günstling  er  war.  Die  von  ihm  bekann- 
ten Compositionen  sind:  ytArgenide«,  opera  1699.  r>San  Francesco  di  Paolaa, 
oratorio  1696,  »JZ  Convito  d'Assalonea,  oratorio  1703,  ein  drittes  Oratorium 
1704.  Zweiunddreissig  Cantaten,  davon  eine  betitelt:  ^^Oleopatraa;  ein  Psalm, 
ein  geistliches  Duett  zur  Weihnachtsfeier,  zwei  Serenaden,  eine  Arie,  ein 
-adialoghettod  und  zwei  Duos  r>per  camerav. 

Da  Prato,  Cesare,  italienischer  Schriftsteller,  verfasste  eine  chronologische 

Geschichte  des  ersten  lyrischen  Theaters  Carlo-Felice  zu  Genua,  welche  er  unter 

folgendem  Titel  herausgab:  -oTeatro  Carlo-Felice,  rclazione  storico  esplicativa  dalla 

fondazione  e  grande  apertura  (anno  1828)  fino  alla  invernale  stagiona,  1874  bis 

1875.     Genua,  Beretta  1875,  klein  8*^. 

Darondeao,  Henri  (III,  76),  liess  sich  1836  in  Bourges  nieder  und  kehrte 
1860  nach  Paris  zurück,  wo  er  am   30.  Juli  1865   starb. 

Dauprat,  Louis  FranQois  (III,  77),  wurde  1842  pensionirt,  starb  in  Paris 
am  16.  Juli  1868. 

Danssoigue-Mehul,  Louis  Joseph  (III,  78),  ist  am  10.  Juni  (nicht  24) 
1790  geboren  und  starb  zu  Lüttich  den   10.  März  1875. 

Dautresme,  Auguste  Lucien,  Componist,  geboren  am  21.  Mai  1826  zu 
Elbeuf  (Seine-Inferieur)  als  Sohn  eines  Fabrikbesitzers.  In  Bouen,  wo  er  die 
Schule  besuchte,  erhielt  er  auch,  da  er  musikalisches  Talent  zeigte,  Ciavierunter- 
richt von  A.  Neukomm,  dem  Bruder  des  Componisten  Sigism.  Neukomm.  Für 
die  Marine  bestimmt,  machte  er  die  verschiedenen  Curse  der  polytechnischen 
Schule  durch,  wandte  sich  aber  nach  abgelegtem  Examen  ganz  der  Musik  zu. 
Er  wurde  der  Schüler  Amedee  Mereaux,  unter  dessen  Leitung  er  in  der  Com- 
position  sehr  schnelle  Fortschritte  machte.  Mit  Meyerbeer  bekannt  gemacht, 
erhielt   er   auch   von   diesem   wichtige  Bathschläge  für  die  dramatische  Compo- 


D'Avesnca  —  Davide.  77 

sition.  Die  zwei  ersten  Compositioncn  D.'s  im  Madrigalenstylc  gehalten,  wurden 
1854  nach  der  Entscheidung  der  .Tury  im  Concerte  der  Cücilien-GesellHchaft 
aufgeführt  und  erschienen  bei  Kichault  in  J'aris.  Mit  Uchergehung  der  (Gesangs- 
stücke für  eine  Stimme  oder  Chor  sind  eine  komische  einaktige  Oper:  »»S'ows  les 
charmilles«  (18G2)  und  nie  hon  femjis«,  kleines  musikalisches  Drama,  anzuführen, 
welche  sämmtlich  von  dem  Talente  des  Autors  Zeugnlss  ahlegcii.  Für  18G5 
war  von  dem  Direktor  des  Tht'utre  lyrique,  Carvalho,  die  drciaktige  Oper: 
nCm'diUacfi  von  D.  zur  Auflühruug  angenommen.  Als  jedoch  andere  Opern 
derselben  vorgezogen  wurden,  fühlte  sich  D.  dadurch  an  seiner  künstlerischen 
Ehre  so  gekränkt,  dass  er  C.  eine  Herausforderung  sendete,  welche  dieser  zurück- 
wies. Die  Anmerkungen,  die  D.  nun  hierüber  machte,  zogen  ihm  sechs  IMonate 
Gefäugnissstrafe  zu,  die  er  am  Moi'gen  nach  der  nun  erfolgten  einmaligen  Auf- 
führung der  betreftenden  Oper  antreten  musste.  Vom  Publicum  wurde  diese 
Oper  sehr  beifällig  aufgenommen,  in  der  Presse  wurde  dies  Werk  als  das  beste, 
welches  unter  der  Direction  Carvalho  das  Licht  der  Lami)en  erblickte,  bezeich- 
net, und  das  Bedauern  daran  geknüpft,  dass  durch  so  persönliche  Vorgänge 
ein  Talent,  welches  für  die  französische  Oper  gerechte  Hoffnungen  erweckte,  in 
seiner  Entwickelung  gestört  worden.  Als  Componist  ist  D.  noch  nicht  wieder 
hervorgetreten.  Er  redigirt  seit  einiger  Zeit  das  musikalische  Feuilleton  des 
Journal  »Paris-Magazine«  und  wurde  1875  zum  Vorsitzenden  der  musikalischen 
Commission  des  Centenaire  de  Boieldien  gewählt.  Zu  derselben  Zeit  war  er 
auch  Mitglied  der  französischen  Deputirten-Kamraer. 

D'Avesnes,  Violinist  und  Componist,  lebte  zu  Paris,  wo  er  1750  zum  Or- 
chester der  grossen  Oper  gehörte.  Seine  Sinfonien  und  Motetten  für  grossen 
Chor  fanden,  aufgeführt  in  den  Concerts  spirituels,  ihrer  Zeit  vielen  Beifall. 
1766  verliess  D.  den  Dienst  der  Oper  mit  300  livres  Pension. 

David,  Ernest,  französischer  Musikschriftsteller,  geboren  gegen  1825, 
hat  ausser  vielen  biographischen  Aufsätzen  in  französischen  Zeitschriften,  be- 
sonders über  italienische  Tondichter,  sich  durch  folgende  Studien  bemerkbar 
gemacht:  -oLa  musique  chez  les  Juifsa.     Paris,  Pottier  1873,  in  8**,  62  p. 

Daviil,  Felicien  (III,  80),  ist  den  13.  April  (nicht  den  8.  März)  1810 
geboren.     Er  starb  zu  Saint-Germain-en-Laye,  den  29.  August  1876. 

David,  Ferdinand  (III,  82),  starb  am  19.  Juli  1873  zu  Klosters  in 
Graubündten. 

David,  Samuel,  Componist,  geboren  zu  Paris  den  12.  November  1836, 
trat  als  Schüler  ins  dortige  Consei'vatorium  und  erwarb  sich  während  seiner 
Studienzeit  fünf  der  ersten  Preise;  1858  als  er  gleichzeitig  bereits  Gesang- 
lehrer am  Theiiter  lyrique  war,  den  grossen  Römerpreis  mit  einer  Cantate 
r>Jephte<i.  In  demselben  Jahre  1859  erwarb  er  für  die  Cantate  i>Le  Genie  de 
la  terrea,  bestimmt  für  das  grosse  internationale  Gesangsfest,  als  Sieger  die 
goldene  Medaille.  Diese  Cantate  wurde  von  6000  Sängern  ausgeführt.  Nach 
seiner  Rückkehr  von  Rom  beschäftigte  sieb  D.  zunächst  mit  einer  theoretischen 
Arbeit:  nL'Art  Je  jouer  en  mesure<.(-,  welche  1862  im  Druck  erschien,  sodann 
wandte  er  sieb  wieder  der  Composition  zu  und  zwar  hauptsächlich  dem  Theater, 
und  mit  mehr  oder  weniger  Glück  wurden  verschiedene  seiner  kleinen  Opern 
gegeben.  Von  vier  seiner  Sinfonien  sind  die  Ciavierauszüge  erschienen  (Paris, 
Leduc).     Seit  1872  ist  S.  D,  Musikdirektor  der  jüdischen  Kirchen  in  Paris. 

Davide,  da  Bergamo,  Klostername  von  Felix  Moretti,  welcher  in  dem 
kleinen  Städtchen  Zunica  in  der  Provinz  Bergamo  am  21.  Januar  1791  ge- 
boren war  und  der  1818  in  das  Franciskanerklostcr  Santa  Maria  di  campagua 
zu  Piacenza  eintrat.  1804  kam  er  mit  seinen  Eltern  nach  Bergamo,  wo  er 
durch  den  Organisten  Bianchi,  später  im  dasigen  Conservatorium  seine  musi- 
kalische Ausbildung  erhielt.  Mayer,  der  Direktor  desselben,  nahm  den  talent- 
vollen Knaben  noch  speciell  in  seine  Obhut,  der  für  Ciavier-  und  Orgelspiel 
bedeutende  Anlagen  besass.  D.  wurde  Organist  in  Torre  Baldone.  dann  in 
Gandino   und  später  in   seinem   Kloster.      Sein   Ruf  als  Orgelspieler,    besonders 


78  Davidotr  —  D^chant. 

nachdem  die  alte  Orgel  des  Klosters  nach  seiner  Angabe  durch  Serassi  reparirt 
und  erweitert  worden  war,  verbreitete  sich  sehr  bald  in  Italien,  so  dass  er  zu 
kirchlichen  Testen  von  einiger  Bedeutung  auch  nach  anderen  Orten  hingerufen 
wurde,  dieselben  durch  seine  Kunst  zu  verherrlichen. 

Davidofl*,  Karl  (III,  83),  ist  seit  September  187G  Direktor  des  Conser- 
vatoriums  in  Petersburg. 

Davidor,  Stephan  Ivanowitsch,  russischer  Componist,  ausschliesslich 
religiöser  Musik,  geboren  gegen  1777,  starb  zu  Moskau  1823. 

Davidsgrewinner,  auch  Davidskrone  (III,  84),  war  von  Haus  Sachs  an 
Stelle  des,  aus  einer  langen  silberneu,  durch  grosse,  breite,  mit  dem  Namenszug 
der  Stifter  bezeichnete  Grlieder  und  angehängte  Silbermünzen  gebildeten  Kette 
bestehenden  »Kleinods«  der  Gesellschaft  geschenkt  worden.  Wagenseil  Hess 
dann  an  Stelle  der  abgenutzten  Schnur  eine  silberne  Kette  mit  einer  ver- 
goldeten Denkmünze  anfertigen.  Bekanntlich  gab  der  Davidsgewinner  seinem 
Inhaber  das  Recht,  bei  der  nächsten  Singschule  mit  berathender  Stimme  im 
Gewerke  zu  sitzen. 

Davisou,  J.  W.,  musikalischer  Schriftsteller  und  Kritiker,  geboren  zu  London 
gegen  1820.  Seine  Mutter  vor  ihi-er  Verheiratung  Miss  Duukan,  war  eine 
Schauspielerin  von  Ruf,  der  Sohn  wurde  eigentlich  für  die  Advocatur  be- 
stimmt, widmete  sich  jedoch  aus  Neigung  ganz  der  Musik.  Eine  Anzahl  seiner 
Compositionen  erschienen  im  Druck.  In  England  weit  verbreiteten  Ruf  erwarb 
er  sich  als  musikalischer  Kritiker  der  »Times«,  der  er  seine  Feder  seit  ungefähr 
fünfundzwanzig  Jahren  widmet.  Sein,  auf  Sachkenntniss  beruhendes  kritisches 
Talent,  kommt  auch  der  trefflichen  Musikzeitung  r>The  Musical  World<.^  zu  gute, 
deren  Redaction  er  seit  längerer  Zeit  übernommen  hat. 

Deamicis,  Anna  (III,  86),  siehe  Amicis,  Anna  de. 

Debegnis,  Giuseppe  (III,  87),  eigentlich  de  Begnis,  starb  in  New- York 
1849.  Seine  Gattin  (III,  87)  Josephine  Ronzi  Begnis,  eine  Mailänderin,  starb 
zu  Florenz  am  7.  Juni  1853.  Ihre  Tochter,  der  sie  ein  bedeutendes  Yermögen 
hinterliess,  heiratete  den  berühmten   Sänger  Fraschini. 

DeMUemont,  Jean  Jacques  (III,  87),  starb  am  14.  Februar  1879  in 
Paris,  wo  er  seit  dem  Anfang  der  sechziger  Jahre  lebte  und  seit  1876  Orchester- 
dirigent des  Theaters  Porte  St.  Martin  war. 

Debuire,  L.,  gab  heraus:  •t>Notice  historique  sur  les  SocieU  eJiorales  et  autres 
reunions  musicales  de  Lilien.    Lille  1858,  in  12. 

Debur  (III,  88),  wol  identisch  mit  Dubourg  Matthew  (III,  262). 

De  Champs,  s.  Champs. 

Dechaut  (Discantus)  hiess  in  Frankreich  die  Stimme,  welche  zum  Cantus 
(firmus),  dem  feststehenden  Gesänge,  in  abweichender  "Weise  gesungen  wurde. 
Namentlich  die  französischen  Kirchensänger  hatten  schon  in  den  frühern  Jahr- 
hunderten der  Einführung  des  christlichen  Kirchengesanges  neben  dem,  in 
gleichen  Intervallen  mit  dem  Cantus  firmus  sich  fortbewegenden  Organum  und 
den  Faux-bourdons  (falsi-bordoni)  eine  von  diesem  abweichende  Weise  der  Be- 
gleitung durch  eine  höhere  Stimme  geübt  und  zwar  derartig,  dass  diese  mit  dem, 
die  Melodie  führenden  Tenor  im  Einklänge  begann  und  schloss,  sonst  aber  in 
entgegengesetzter  Bewegung  geführt  wurde,  so  dass,  wenn  jener  um  eine  Stufe 
stieg,  die  begleitende  Stimme  eine  Stufe  fiel  und  umgekehrt,  und  diese  Weise 
bezeichnet  man  mit  Discant  oder  Dechant.  Beim  verzierten  Dechant  (Fleurettes) 
wurden  Melismen  und  melodische  Figuren  mit  eingeführt.  lieber  die  Anwendung 
des  Dechant  wurden  bis  ins  15.  Jahrhundert  in  Frankreich  mancherlei  Verord- 
nungen erlassen.  Nach  den  Verordnungen  Carl's  VI.  vom  Jahre  1405  gehörten 
die  Unterweisung  im  Dechantiren  zur  Schuldisciplin.  Die  Kapellknaben  wurden 
vom  Cantor  »in  lectura,  cantu,  discantu,  accentu  et  aliis«  unterx-ichtet  und  im 
Journal  de  Paris  vom  Jahre  1446  wird  von  der  Geschicklichkeit  eines  jungen 
Mannes  gerühmt,  »et  si  scavoit  de  tons  les  instrumens  chanter  e  dechanter  mieux 
que  nul  autrea.    Weil  indess  dieser  aus  dem  Stegreif  geübte  Dechant  wol  häufig 


Decher  —  De  Giovanal.  79 

die  Andacht  störend  wirken  musste,  so  wurde  er  in  einigen  Kirchen  geradezu 
verboten.  Jedenfalls  ist  aber  in  ihm  der  eigentliche  Anfang  der  Mehrstimmig- 
keit zu  suchen,  denn  diese  konnte  sich  nur  aus  dem  Gesetz  der  Gegenbewegung 
entwickeln,  und  dies  war  auch   Grund  und  Ursache  des  Di'chant. 

Decher,  Georg  Michael,  geboren  am  11.  November  1813  in  Mainz,  er- 
hielt auf  dem  Lyceum  zu  Speier  seine  Vorbereitung  zur  TTniversifill,  die  er 
dann  in  München  absolvirtc.  1845  wurde  er  Professor  der  Physik,  der  Ver- 
messungskunde und  Mechanik  an  der  königl.  polytechnischen  Schule  in  Augs- 
burg und  ging,  nach  Autliebung  der  Anstalt  wieder  nach  München,  wo  er  am 
28.  August  1875  starb.  Er  ist  auch  Verfasser  eines  theoretischen  Werks  über 
Musik:  »Rationelles  Lehrgebäude  der  Tonkunst«,  von  dem  aber  nur  die  erste 
Hälfte  des  ersten   Theils  erschien.     IMünchen   1870.     Sein   Sohn: 

Decher,  Adolf,  geboren  in  Speier  am  15.  Juni  1841,  ist  als  Ingenieur 
bei  der  Generaldirection  der  königl.  Verkehrsanstalten  in  München  thätig.  Auch 
er  nahm  an  den  Bestrebungen  seines  Vaters  in  Bezug  auf  die  Theorie  der 
Musik  Antheil  und  veröflfentlichte  chromographische  Darstellungen  der  Tondich- 
tungen. München  1875.  Er  ist  zugleich  ein  eifriger  Verfechter  der  Neu- 
claviatur  (s.  d.) 

De  Comble,  Ambroise,  berühmter  belgischer  Lautenmacher,  geboren  in 
Tournai,  wahrscheinlich  Ende  des  17.  Jahrhunderts.  Man  kennt  Instrumente 
von  ihm  mit  der  Jahreszahl   1735   und   1750. 

De  Ferrari,  Serafino,  dramatischer  Componist  der  Gegenwart,  geboren 
zu  Genua  1824,  begann  seine  musikalischen  Studien  in  seiner  Vaterstadt  bei 
Bevilacqua  und  beendete  dieselben  in  Mailand  bei  Mandanici,  Hierauf  begab 
er  sich  nach  Amsterdam,  wo  er  als  Concertmeister  engagirt  war.  Nach  Italien 
zurückgekehrt,  war  er  Chordirektor  nacheinander  an  mehreren  Theatern  und 
trat  1853  mit  einer  dreiaktigen  Üper  Don  Carlos  hervor,  welche  am  Theater 
Carlo-Eelice  in  Genua  zuerst  aufgeführt,  sich  einer  guten  Aufnahme  zu  erfreuen 
hatte.  Unter  dem  Titel  Filoppo  IL  wurde  sie  später  wieder  aufgenommen. 
Nachhaltigere  Erfolge  erzielte  F.  noch  mit  seinen  komischen  Opern  leichteren 
Genres,  die  erste,  y>Pipeltv,  blieb  auf  dem  Repertoir  aller  italienischen  Theater. 
Ebenso  »II  Menestrello«,  welche  Oper  im  Juli  1861  in  Genua  zuerst  gegeben 
sich  noch  bis  jetzt  in  der  Gunst  des  Publicums  erhalten  hat.  Die  dritte  ist 
»11  Matrimonio  per  concorsoa,  über  einen  abscheulichen  Text  componirt  und  eine 
vierte  »11  Gadetto  di  Guascognav,  welche  im  November  1864  in  Genua  aufgeführt 
wieder  die  günstigste  Aufnahme  fand.  F.,  der  guter  Ciavier-  und  Orgelspieler 
ist,    schrieb    auch    mehrere  Messen  und  Gesangscompositionen  für  eine  Stimme. 

Degele,  Eugen,  ist  am  4.  Juli  1834  in  München  geboren.  Sein  Vater 
war  dort  Musiker,  seine  Mutter,  Hofkapellsängerin,  war  die  Tochter  des  einst 
gefeierten  Sängers  Valesi.  Anfangs  widmete  sich  D.  dem  Studium  der  Medicin, 
allein  er  musste  es  bald  Familienverhältnisse  halber  aufgeben,  um  die  Musik 
als  Erwerbsquelle  zu  wählen.  Er  trat  als  Violinist  in  die  königl.  Kapelle  in 
München.  Daneben  übte  er  fleissig  auch  Gesang  und  seine  Stimme  entwickelte 
sich  so  bedeutend,  dass  er  sich  entschloss,  Opernsänger  zu  werden.  Mit  Unter- 
stützung des  Königs  Ludwig  I.  vollendete  er  seine  Studien  bei  Rauscher  in 
der  Stuttgarter  Theaterschule.  Marschner  engagirte  ihn  dann  nach  Hannover, 
wo  er  bis  1861  blieb,  in  welchem  Jahre  er  beim  Dresdener  Hoftheater  engagirt 
wurde,  dem  er  noch  angehört.  Er  weiss  seine  schöne  Baritonstimme  ebenso 
im  Concertsaal  wie  auf  der  Bühne  mit  gutem  Erfolge  zu  verwenden.  Auch 
als  Componist  ist  er  thätig  gewesen,  mehrere  Liederhefte  von  ihm  erschienen 
in  Leipzig  und  Dresden 

De  Giovanni,  Nicola,  Violinist,  Componist  für  sein  Instrument  und  be- 
merkcnswerther  Orchesterdirigent,  wurde  zu  Genua  1804  geboren.  Nachdem 
er  als  Soloviolinist  Proben  seines  Talentes  abgelegt  hatte,  bekundete  er  als 
Dirigent  ein  noch  bedeutenderes.  Das  Orchester  des  Theaters  zu  Parma,  welchem 
er  durch  den  Herzog  von  Parma  an  die  Spitze  gestellt  wurde,   gelangte  unter 


80  De  Graan  —  Delattro. 

seiner  Direction  sehr  bald  zu  einer  so  bedeutenden  Leistungsfähigkeit,  dass  es 
zu  den  besten  Orchestern  Europas  gezählt  wurde.    De  ö,  starb  zu  Parma  1865. 

De  Graaii,  Jan,  niederländischer  Violinist,  geboren  zu  Amsterdam  den 
9.  September  1852,  erhielt  bereits  als  Kind  von  vier  Jahren  Unterricht  im 
Violinspiel  und  concertirte  mit  sechs  Jahren.  1862  und  1863,  als  er  in  vielen 
Coucorten  auftrat,  erregte  er  namentlich  Enthusiasmus  durch  den  Vortrag  de 
Beriot'scher  und  Vieuxtempsscher  Compositionen,  Seine  Lehrer  waren  C.  Fischer, 
Fr.  Coeneu  und  später  Joachim,  die  ihn  zu  den  schönsten  Hoflnungen  berech- 
tigt glaubten.  Am  Anfang  einer  vielverheissenden  Zukunft  starb  G.  in  Haag 
am  8.  Januar  1874.  Sein  Landsmann  J.  Kreppelhout  widmete  seinem  Anden- 
ken das  Schriftchen:    y>Een  beroemd  knaap.  ter  kerinhering  van    Jan  de  Oraan.« 

Dehec   (III,  100),  sein  Vorname  ist  Nazario  und  nicht  Nassovius. 

Delaborde.  In  Paris  erschien  1761  unter  diesem  Namen  ein  Schriftchen: 
i)Le  clavecin   clectriquea. 

Delaire,   Jacques  Auguste  (III,  108),  starl)  in  Paris   im   Sept.   1864. 

Delaug'e,  E,  F.  (III,  103),  jedenfalls  identisch  mit  H.  Fraii^ois  de  Lange, 
belgischer  Violinist  und  Componist,  zu  Lüttich  1717  geboren.  Nach  längerem 
Aufenthalt  in  Italien  kehrte  L.  in  seine  Vaterstadt  zurück,  in  welcher  er  am 
27.  October  1781  starb.  Seine  gedruckten  Compositionen  bestehen  (ausser  den 
Ouvertüren  y>Sei  overture  camerali  a  quatro  stromenti  etc.«,  Liege,  Beuoit  Andrez, 
Op.  2,  und  Op.  6  ibid.)  in  »Sia;  grandes  symphonies  ä  S  parties<.<.,  Op.  9,  1766, 
ibid.  0]).  10,  1767.  Ferner  »ie  Sossignoh,  eine  Sammlung  Gesänge,  1765. 
Messen,  Motetten  u.  s.  w.  Eine  Oper  »Nicette  ä  Vecole  de  la  vertu<^  wurde 
1766  zu  Lüttich  aufgeführt. 

De  Lange,  Samuel,  niederländischer  Pianist  und  Organist,  wurde  am 
9.  Juni  1811  zu  Rotterdam  geboren,  wo  er  an  der  Südkirche  daselbst  als 
Organist  angestellt  wurde  und  1830  auch  das  Amt  des  Carillonueurs  übernahm. 
Er  war  Lehrer  an  der  Schule  der  niederländischen  Musikgesellschaft  und  deren 
Ehrenmitglied.  Er  veröffentlichte  mehrere  Compositionen  für  die  Orgel  und 
einige  für  Ciavier.     Sein  Sohn: 

De  Lange,  Samuel  (III,  243),  wurde  gegen  1835  geboren  und  unternahm 
nach  vollendeten  Studien  in  Gemeinschaft  seines  Bruders  Daniel  grössere  Kunst- 
reisen durch  Oestreich  und  Galizien,  lebte  dann  drei  Jahre  in  Lemberg  als 
Lehrer  der  dortigen  Musikschule.  1864  übernahm  L.  die  Organistenstelle  in 
Rotterdam  und  die  Stelle  eines  Lehrers  des  Pianofortespiels  an  der  dortigen 
Musikschule.  Beides  gab  er  1875  auf,  um  nach  Paris  zu  gehen.  Da  er  hier 
eine,  seinen  Wünschen  entsprechende  Stellung  nicht  sobald  fand,  ging  er  Ende 
1876  nach  Cöln,  wo  er  als  Lehrer  des  Oi'gel-  und  Ciavierspiels  am  dortigen 
Conservatorium  Stellung  gewann.  Seine  Compositionen  sind  schon  im  Haupt- 
werk erwähnt. 

De  Lange,  Daniel,  der  jüngere  Bruder  des  Vorigen,  ist  ein  Schüler  von 
L.  Ganz  und  Servais,  in  der  Composition  von  Verhulst.  Nachdem  er  von  den 
Reisen,  die  er  mit  seinem  Bruder  machte  und  von  Lemberg,  wo  er  ebenfalls 
an  der  dortigen  Musikschule  drei  Jahre  als  Lehrer  thätig  war,  zurückgekehrt 
war,  wurde  er  1863  in  Rotterdam  an  Stelle  seines  ehemaligen  Lehrers  Ganz 
zum  Professor  des  Violoncellspiels  an  der  dortigen  Musikschule  ernannt. 

Delfitre,  Claude  Petit  Jan,  lieferte  für  die  schon  mehi'mals  erwähnte 
Sammlung  von  Gesängen  in  sechs  Büchern,  1554 — 55  zu  Loeven  von  Pierre 
Phalese  herausgegeben,  sechs  Gesänge  für  die  ersten  Bücher.  Im  sechsten  Buche 
dieser  Sammlung  sind  ausschliesslich  Gesänge  von  D.  enthalten.  Der  Titel 
dieses  Buches  lautet:  nSixiesme  Uwe  des  chansons  ä  quatre  i^arties,  nouvellement 
composez  et  mises  en  masique  jpar  maistre  Jehan  de  Latre,  mattre  de  cliapelle  du 
reverendiss.  evesque  de  Liege,  etc.  convenables  tant  aux  Instruments  comme  ä  la 
voixK.     Louvain  1555,  in  4*'. 

DeLattre,  Jos.  Marie,  geboren  zu  Marseille  1751,  war  Orchesterdirektor 
der  Oper  zu  Lyon,  dann  zu  Marseille,  wo  er  als  Lehrer  des  Gesanges  und  der  Com- 


Deldevez  —  Delibes.  81 

Position  Kuf  erlangte.  Zu  seinen  Schülern  gehören  Mad.  St.  Aubin,  Mad.  Nathan 
Freillet,  Benedik,  Reymoneuq  u.  a.  Er  gründete  in  Marseille  die  Concerte 
Thubaneau,  welche  er  unterbrochen  von  18U5 — 1831  dirigirte.  D.  wurde  zum 
Mitglied  der  Akademie  ernannt.      Er  starb   in   Marseille  im   November   1831. 

Ueldovez,  Eduard  Marie  Ernest  (III,  1U4),  ist  zur  Zeit  erster  Orchester- 
direktor der  Oper  und  der  Concertgeaellschaft  des  Conservatoriums,  ferner  Pro- 
fessor der  Orchesterciasse.  Ausser  mehreren  Curapositionen,  die  zum  Theil  im 
Hauptwerk  schon  Erwähnung  fanden,  gab  D.  einige  Schriften  heraus,  von 
welchen  die  erst  genannte  besonders  hervorzuheben  ist:  »Curiosites  musicales, 
notes,  analyses  interpretation  de  certaines  particularites  contenues  dans  les  Oeuvres 
des  grands  maUresu,  Paris,  Didot  1873,  in  8*^.  Ferner:  y>La  notation  de  la  musi- 
que  classique  comparde  ä  la  notation  de  la  musique  moderne,  et  de  Vexecution 
des  petites  notes  en  gtneraU  —  Trilogie:  1)  nPrincipes  des  intervalles  et  des 
accordsi;  2)  nßealisation  des  partimenti  de  FenarolU ;  3*)  «Oeuvres  des  violinistes 
celebres«;  3**)   »Transcriptions  et  realisations  d'oeuvres  anciennes(.<. 

Delibes,  Leo,  einer  der  talentvollsten  und  üeissigsten  französischen  Opern- 
componisten  der  Gegenwart,  hauptsächlich  auf  dem  Grebiete  der  komischen  Oper 
und  graziösen  Balletmusik  thätig,  ist  zu  Saint-Germuin  du  Val  (Sarthe)  1836 
geboren.  Er  kam  1848  nach  Paris  ,  wurde  im  dortigen  Conservatorium 
zunächst  in  die  untere  Gesangsciasse  und  dann  auch  bald  an  verschie- 
deneu Kirchen  als  Chorknabe  aufgenommen.  Nachdem  er  1849  den  zwei- 
ten und  im  folgenden  Jahre  den  ersten  Preis  erhalten  hatte,  trat  er  in  die 
Clavierclasse  von  B.  Couppey.  Als  er  1854  auch  für  Harmonie  und  Accom- 
pagnement  einen  zweiten  Preis  erworben  hatte,  wurde  er  Schüler  von  Benoist 
im  Orgelspiel  und  von  Adam  in  der  Composition.  Auf  die  Empfehlung 
des  Letzteren  erhielt  er  1853  die  Stelle  eines  Accompagneurs  am  Theutre- 
lyrique,  auch  übernahm  er  zur  selben  Zeit  die  Verwaltung  des  Organisten- 
amtes der  Kirchen  St.  Jean  und  St.  Erangois.  Neben  dieser  Thätigkeit  be- 
gann er  sich  als  Operettencomponist  zu  versuchen.  Der  ersten  seiner  Operetten 
»Deux  sous  le  charbona,  1855  in  einem  der  kleinen  Theater  von  Paris  (Folies- 
Nouvelles)  aufgeführt,  folgten  im  nächsten  Jahre  im  Theätre  Bouffes  Parisiens 
zwei  Operetten  r>Deux  vielles  gardesa  (8.  August  1856)  und  «Six  demoiselles  ä 
marievi  (12.  November  1856).  Jedoch  erst  die  vierte  Arbeit  dieses  Genres, 
die  einaktige  komische  Oper  nMattre  Grijl'ard(.i ,  w'elche  im  October  1857  im 
Theätre  lyrique  in  Scene  ging,  hatte  bedeutenderen  Erfolg.  Diesem  leicht  und 
pikant  gearbeiteten  Opus  folgten  in  den  nächsten  acht  Jahren  mit  bald  mehr, 
bald  minder  glücklichem  Erfolge  nacheinander:  »L^ Omelette  ä  la  Fullein  buche«, 
1  Akt,  1859.  »Monsieur  de  Bonne-Etoilev.,  1  Akt,  1860.  r>Les  musiciens  de 
Vorchestrev.,  2  Akte  (in  Gemeinschaft  mit  Erlanger  und  Higuard,  1861)  »Z<? 
jardinier  et  son  Seigneur<i,  1  Akt,  1863.  i>Le  serpent  ä  plumesa,  1  Akt,  1864. 
y>Boeuf  Apisd,  2  Akte,  1865.  »ia  traditiona,  ein  Prolog  zur  Wiedererötlnung 
der  Bouffes-Parisiens  und  zwei  Operetten  »Man  ami  Fierrot's-  und  y>Les  eaux 
d'Fms«,  für  den  Kursaal  in  Ems  geschrieben.  Eine  Cantate  Alger  nach  Ver- 
sen von  Miry,  seiner  Composition  wurde  in  der  grossen  Oper  am  15.  August 
1865  aufgeführt.  In  demselben  Jahre  gab  D.  seine  Stelle  als  Accompag- 
neur  am  Theätre  lyrique  auf  und  übernahm  die  eines  zweiten  Chordirektors  an 
der  grossen  Oper.  Hier  errang  D.  einen  völlig  durchschlagenden  Erfolg  mit 
seiner  Musik  zu  dem  Ballet  »La  sourcea,  zuerst  aufgeführt  am  12.  Nov.  1866. 
Die  Musik  zum  zweiten  und  dritten  Bilde  war  von  Delibes,  die  des  ersten  und 
vierten  von  einem  russischen  Componisten  Minkous.  Für  die  Pariser  galt  nun 
D.  als  der  unbedingte  Nachfolger  der,  in  diesem  Genre  so  beliebten  Componisten 
Herold  und  Adam.  Er  rechtfertigte  auch  insofern  die  Voraussetzungen  des 
Publicums,  durch  das  am  25.  Mai  1870  zur  ersten  Darstellung  gelangte  Ballet 
in  zwei  Akten  »Coppelia  ou  la  ßlle  aux  yeux  dU'mail«,  zu  welchem  er  die  Musik 
geschrieben.  Von  der  französischen  Kritik  wurde  diese  !Musik  als  höchst  reizend, 
melodisch    und   von    glänzender  Instrumentation    bezeichnet.     Inzwischen  waren 

Musikal.  Conrer8,-Lexikuu.   Ergüuzuuggbaad.  6 


82  Delia  —  Delle  Sedie. 

aber  noch  »VEcossais  de  Ghatou<s.  (1  Akt,  6.  Januar  1869)  und  »Za  cour 
du  roi  P^faiuh  opera  louffev.^  (3  Akte,  24.  April  1869),  über  die  Bretter 
der  Boufl'es  Parisiens  und  des  Theatre  Varietes  gegangen ;  einer  im  Theatre 
de  l'Athenee  im  December  1867  aufgeführten  vieraktigen  Operette  r>Mal- 
horouqh  .s'ßrt  va-t-en  guerrev,  in  Gemeinschaft  mit  George  Bizct,  Emile  Jonas 
und  Legouix,  bei  welcher  D.  sich  mit  dem  vierten  Akte  betheiligte,  nicht  zu 
gedenken.  1873  wurde  D.  Gelegenheit  gel)oteu,  auf  das  Gebiet  der  komischen 
Oper,  auf  dem  er  sich  am  Anfang  seiner  Carriere  bewährt  hatte,  zurückzu- 
kehren. Für  die  Opera  comique  war  er  mit  der  Composition  der  dreiaktigen 
komischen  Oper  »i<?  roi  Ta  dit<i  betraut  worden.  Dieselbe  wurde  nach  been- 
deter Partitur  sofort  einstudirt,  die  erste  Vorstellung  fand  am  24.  Mai  1873 
statt.  Auch  dies  "Werk  wurde  vom  Publicum  mit  der,  dem  Componisten  ein- 
mal zugewendeten  Gunst  aufgenommen.  Die  Oper  hat  unter  dem  Titel  -oDer 
König  hat's  gesagt«,  auch  auf  deutscheu  Bühnen,  Wien,  Berlin  u.  a.  Eingang 
gefunden,  jedoch  ohne  auf  denselben  Fuss  gefasst  zu  haben,  hauptsächlich  des 
schlüpfrigen  und  nicht  selten  das  aesthetische  Gefühl  verletzenden  Textbuchs 
wegen.  Vorläufig  kehrte  D.  abermals  zur  Balletmusik  zurück,  wo  er  dann  mit 
TiSylvia  ou  la  Nymphe  de  Dianen.,  Ballet  in  drei  Akten  und  fünf  Bildern,  auf 
geführt  den   14.  Juni   1876,  wolverdienten  Beifall  erntete. 

Ausser  dieser  anscheinend  ganz  dem  Theater  zugewendeten  Thätigkeit, 
finden  wir  D.  auch  auf  anderen  Gebieten  der  Composition  thätig.  Als  Mit- 
glied der  Commission  für  den  Gesangunterricht  der  Schulen  von  St.  Denis  und 
Sceaux,  schrieb  er  für  die  letzteren  mehrere  Chöre  und  eine  Messe;  ferner 
vierstimmige  Männerchöre  ohne  Begleitung:  Les  Lansquenets,  les  Piß'erari,  (Jest 
Dieu!  Avril,  Marches  des  soldats,  Pastorale,  Trianon  u.  s.  w. ;  Frauenchöre  mit 
Orchesterbegleitung;  eine  Sammlung  von  Gesängen  mit  Clavierbegleitung  ^Quinze 
melodiesK  betitelt,  r>La  mort  d'Orpheevi  eine  lyrische  Scene,  mit  vielem  Beifall  in 
einem  Concerte  in  Paris  im  Februar  1877  aufgeführt.  L.  D.  ist  mit  der  Tochter 
der  früheren  Schauspielerin  der  Comedie  frangaise  Mme.  Denain  verheiratet  und 
hat    seit  einigen   Jahren    seine  Stellung  als   Chordirektor  der  Oper  aufgegeben. 

Deliu,  Albert,  Ciavierbauer  Belgiens,  lebte  daselbst  zu  Tournai  in  der 
zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  Der  Notar  Cesar  Snoek  zu  Renaix  be- 
sitzt in  seiner  interessanten  Sammlung  musikalischer  Instrumente  mehrere 
Claviere  des  Erbauers  in  Rede  aus  den   Jahren   1750 — 70. 

Delioux  de  Savigrnac,  Charles,  Pianist  und  Componist,  geboren  zu  Lorient 
in  Frankreich  im  Ajjril  1830,  erhielt  die  ersten  Unterweisungen  von  seinem 
Vater,  welcher  als  Beamter  bei  der  Marine  angestellt  war  und  bildete  sich  dann 
selber  ohne  weitere  Hülfe  eines  Lehrers  so  weit  im  Clavierspiel  aus,  dass  er  sich, 
neun  Jahr  alt,  in  den  Tuillerien  vor  der  königl.  Familie  hören  lassen  konnte. 
1845  trat  er  ins  Pariser  Conservatorium  und  in  die  Compositionsclasse  von 
Halevy  ein  und  verliess  dasselbe  nach  vier  Jahren,  um  sich  dem  Unterricht 
zu  widmen.  Er  trat  auch  gleichzeitig  mit  einer  kleinen  komischen  Oper  <i.Yvonne 
et  Loia,  als  Componist  hervor,  welche  aufgeführt  im  Theatre  du  Gymnase  gut 
aufgenommen  wurde,  aber  dennoch  die  einzige  Arbeit  dieses  Genres  blieb. 
Claviercompositionen,  die  sich  durch  guten  Stil  und  Geschmack  auszeichnen, 
schrieb  und  veröffentlichte  D.  gegen  hundert.  Auch  verfasste  er  ein  treffliches 
Studienwerk  nConrs  complet  dV.rercises«  (Paris  Flaxland),  welches  für  die  Classen 
des   Conservatoriums  acceptirt  ist,  und  componirte  einige  Gesangstücke. 

Delle  Sedie,  Enrico,  ausgezeichneter  italienischer  Barytonsänger,  geboren 
gegen  1828  in  Livorno,  als  Sohn  eines  dortigen  Kaufmanns.  Ursprünglich  für 
denselben  Stand  bestimmt,  folgte  er  doch  seiner  Neigung  und  studirte  Musik 
bei  Galeffi  und  Declamation  mit  Persanola  und  dem  berühmten  Tragöden 
Domeniconi.  Diese  Studien  wurden  durch  die  Bewegungen  von  1848,  die  ihn 
als  Volontair  in  die  Reihen  der  Kämpfenden  trieb,  unterbrochen.  Eine  Zeit- 
lang Kriegsgefangener,  nahm  er  nach  wiedererlangter  Freiheit  seine  musika- 
lischen  Studien  wieder  auf,  in  der  Absicht,  zur  Bühne  zu  gehen.     Er  debütirte 


\ 


Deloffre  —  Demersseman.  83 

1851  in  »Nabucco«  von  Verdi,  auf  dem  kleinen  Theater  San  Casciano  bei 
Florenz,  wo  er  sofort  für  Pistqja  und  dann  für  Florenz  engagirt  wurde.  Mit 
der  Partie  des  Rigoletto  begründeto  er  hier  seinen  Ruf.  Wien,  London,  Peters- 
burg, Paris  waren  die  Orte  seiner  Erfolge.  In  Paris  trat  er  am  17.  October 
1861  in  der  Rolle  des  Renalo  in  mm  hallo  in  maschera<i  auf.  Zu  seinen  besten 
Rollen  gehörten  Don  Juan,  Don  Pasquale,  Traviata,  Barbiere  di  Siviglia  und 
Rigoletto.  Seine  vorzügliche  Art  zu  singen  verdeckte  den  Mangel  einer  etwas 
schwachen  Stimme.  Nachdem  D.  zum  Professor  der  Gesangsciasse  des  Conservato- 
riums  ernannt  worden,  verzichtete  er  auf  das  Theater,  um  sich  ganz  dem  Unterricht 
zu  widmen.  Mit  welchen  vorzüglichen  Mitteln  er  hierfür  ausgerüstet  war,  bewies  er 
durch  die,  von  ihm  veröffentlichte  Gesangschule  y>L^art  lyriquea  (Paris,  Escudier). 

Deloffre,  Louis  Michel  Adolphe,  Violinist,  Orchesterdirektor  und  Com- 
ponist,  geboren  zu  Paris  den  28.  Juli  1817,  ist  der  Sohn  eines  Musikers,  der 
ihn  auch  bis  zu  einer  gewissen  Stufe  selber  unterrichtete.  Für  das  Violinspiel 
besonders  disponirt,  erhielt  er  erst  bei  Bellon  dann  bei  de  LafFont  und  Baillot 
Unterricht,  und  nahm,  nachdem  er  sich  als  tüchtiger  Violinist  ausgewiesen,  die 
Stelle  eines  Soloviolinisten  bei  Musard  pere  an.  Später  siedelte  er  nach  London 
über,  wo  er  in  gleicher  Eigenschaft,  am  Theater  der  Königin,  in  der  Philar- 
monic  society,  Sacred  harmonic  Society  und  Musical  Union  thätig  war.  Jedes 
Jahr  jedoch  besuchte  er  Paris,  wo  er  mit  seiner  Frau,  einer  geschickten  Pia- 
nistin und  dem  Violoncellisten  Pilet  Triosoireen  veranstaltete.  1851  kehrte 
er  gänzlich  nach  Paris  zurück  und  übernahm  die  Orchesterdirection  am  Theätre 
lyrique,  wo  er  neben  anderen  die  Opern  von  Gluck,  Mozart  und  "Weber  zu 
Gehör  brachte.  D.'s  Compositionen  bestehen  in  zwei  Sinfonien  und  Kammer- 
musik. Zwei  seiner  Streichquartette  wurden  durch  Preise  gekrönt.  Er  starb 
in  Paris  den   6.  Januar   1876. 

DelsartS)  Frangois  Alex.  Nicol.  Cheri,  ausgezeichneter  Gesanglehrer 
utfd  Sänger,  kam  jung  nach  Paris  und  betrat  zeitig  die  von  ihm  mit  grösster 
Energie  verfolgte  Laufbahn  eines  Sängers,  Die  erste  Bedingung  hierzu,  die 
Stimme  fehlte  ihm  freilich  fast  gänzlich,  dennoch  gelangte  er  auf  dem  Wege  unaus- 
gesetzter Studien  zu  einem  Ruf,  der  an  Berühmtheit  grenzte.  Auf  dem  Conser- 
vatorium  erwarb  er  unter  Choron  den  zweiten  Preis;  für  den  im  nächsten  Jahre 
nicht  erhaltenen  ersten  tröstete  ihn  Nourrit  mit  den  Worten:  »Man  hat  Sie  nicht 
verstanden,  meine  Stimme  hatten  Sie  und  niemand  anders  als  Sie  soll  meine 
Kinder  unterrichten.«  Ein  kurzer  Versuch  auf  dem  Theater  Opera  comique 
und  Theätre  Ambigu  ergab  nur  mittelmässigen  Erfolg.  Dagegen  gelangte  D., 
nachdem  er  die  Direction  des  Kirchenchores  der  Kirche  des  Abbe  Chätel  über- 
nommen hatte,  bald  zu  Ansehen  und  Ruf.  Nachdem  er  einen  grossen  Schülerkreis 
um  sich  versammelt  hatte,  richtete  er  historische  Concerte  ein,  in  denen  er  die 
Werke  älterer  französischer  Meister  und  Glucksche  Opern  zu  Gehör  brachte, 
und  zwar  in  einer  Noblesse  der  Ausführung  und  mit  einer  dramatischen  Bele- 
bung, die  ganz  Paris  in  diese  Concerte  zog.  Unter  anderem  gab  er  Armide 
von  Lully  und  von  Gluck;  Castor  und  Pollux  von  Rameau;  die  beiden  Iphigenien 
von  Gluck.  Zu  seinen  Schülern  gehörten  bald  auch  Künstler.  Um  diese  Zeit 
sagt  man,  habe  Mlle.  Rachel  an  der  Comedie-fran^aise  ihn  zu  ihrem  Partner 
gewünscht,  während  man  am  Theätre  italien  daran  dachte,  durch  ihn  Bordogui 
zu  ersetzen.  D.  bliel)  an  seiner  Stelle,  aber  strebend  sein  ganzes  Leben.  Ausser 
einigen  Gesäugen  seiner  eignen  Composition,  gab  er  unter  dem  Titel:  -aÄrchives 
du  chantK,  eine  Sammlung  älterer  Gesangstücke  heraus,  und  zwar  aus  einer 
seltsamen  Anschauung,  mit  so  genauer  Reproduction  der  alten  Drucke,  dass  er 
selbst  die  Druckfehler  beibehielt.  Er  starb  zu  Paris  am  20.  Juli  1871,  ein 
Anhänger  des  Simonismus.  Mlle.  Angelique  Armand  gab  heraus:  vDelsarte, 
ses  cours,  sa  7nethode«,  Paris,  Dentu   1859,  in  8,  57  p. 

Demersseman,  Jules  Auguste  Ed.,  Flötenvirtuoso  und  talentvoller  Com- 
ponist,  zu  Hondshoote  (Niederland)  am  9.  Januar  1839  geboren,  kam  bereits 
1844  ins  Pariser  Conservatorium,  wo  er  für  die  Composition  und  für  das  Flöten- 

6* 


84  Demunck  —  Desvignes. 

spiel  gleichviel  Talent  entwickelte.  Nach  dem  Austritt  aus  dem  Conservatorium 
trat  er  als  Soloflötist  in  den  Concerten  von  Musard  auf.  Als  Componist,  als 
welcher  er  Hoffnungen  erweckte,  trat  er  mit  Fantasien,  einem  Concert  für  die 
Flöte  mit  Orchesterbegleitung  und  einer  Serie  von  Stücken  für  die  Saxhörner 
in  die  Oeffentlichkeit.     D.  stax'b  schon  am   1.  Deceraber   1866  in  Paris. 

Deinnnck   (III,  109),  eigentlich  de  Munck. 

Deprosse,  Anton  (III,  112),  starb  am  23.  Januar  1878  in  Berlin,  wo  er 
in  den  letzten   Jahren  seineu  A\'^ohn8itz  genommen  hatte. 

Derckum,  Franz  (III,  113),  starb  am   11.  Mai   1872. 

Derx,  G.  W.,  geboren  in  Nymwegen  in  den  Niederlanden  1801,  machte 
sich  daselbst  einen  Namen  als  tüchtiger  Orgelspieler  und  Componist.  Er  war  ein 
Schüler  W.  Gr.  und  F.  Hauffs  im  Ciavierspiel  und  der  Composition.  Eine  Or- 
ganistenstelle bekleidete  er  zuerst  1819  in  Nymwegen  und  übernahm  eine  solche 
1830  an  der  Mennonitenkirche  in  Harlem.  1850  wurde  er  Mitglied  der  Commi- 
sion  zu  einer  Reform  der  Choralgesangbücher,  zu  welcher  er  zwei  neue  Melodien 
setzte.  D.  gab  heraus:  Eine  Sammlung  von  fünfzig  Präludien  für  Orgel,  Psal- 
men mit  Präludien,  Choralmelodien  harmonisirt  und  mit  Begleitung  von  Orgel 
und  Ciavier  versehen,  instructive  Ciaviersonaten  und  andere  Claviercompositionen. 

Deslandres,  Adolph  Edouard  Marie,  Organist  und  Componist,  geboren 
zu  Batignolles  Monceaux  (Paris)  den  22.  Januar  1840.  Auf  dem  Pariser  Con- 
servatorium gebildet,  erhielt  er  1860  die  Organistenstelle  an  der  Kirche  Sainte- 
Marie  des  Batignolles,  an  welcher  sein  Vater  Kapellmeister  war.  Er  hat  sich 
seitdem  durch  eine  Anzahl  anaprechender  Compositionen  bemerkbar  gemacht. 
Es  gehören  zu  diesen  die  Vocalcompositiouen  y>Ode  ä  rharmoniea  und  »Feuilles 
d'albuma  (sechs  Gesänge).  Ferner  y>Meditations(.i,  Concertstücke  für  verschiedene 
Instrumente,  von  welchen  das  dritte  für  Hörn,  Violine,  Violoncello,  Harfe,  Con- 
trabass  und  Orgel  hervorgehoben  wird.  Das  Oratorium  y>Les  septe  Paroles  du 
GhrisU,  für  Barytonsolo  und  Choi-,  mit  Violinsolo,  Violoncello,  Harfen  und  Orgel- 
begleitung. Drei  Operetten,  die  1872,  75,  76  an  kleinen  Theatern  in  Paris 
zur  Aufführung  gelangten. 

DesmasHi'es  (111,119),  die  Orthographie  seines  Namens  ist  Desmazures 
und  sein  Vorname  Laurent,  sein  Geburtsort  Marseille.  Organist  der  Kii'che 
zu  E.ouen  wurde  er   1758, 

Desiioiresterres,  Gustav  Lebrisoys,  französischer  Schriftsteller,  geboren 
am  20.  Juni  1817  zu  Bayeux.  Ausser  seinen  andei'en  Schi'iften,  welche  vor- 
nehmlich die  Geschichte  der  französischen  Gesellschaft  im  18.  Jahrhundert  zum 
Gegenstand  haben,  gab  er  heraus:  Gluck  und  Piccini  1774 — 1780  (Paris,  Didier 
1872,  in  8*^).  Eine  beträchtliche  Anzahl  Documente,  den  Aufenthalt  der  beiden 
Tonkünstler  in  Paris  betreffend,  die  dem  Autor  zu  Gebote  standen,  geben  die 
Grundlage  dieses  Buches  ab  und  machen  es  für  seinen   Gegenstand  wichtig. 

Desquesnes,  Jean  (III,  121),  war  Säuger  im  Dienste  der  Herzogin  von 
Parma,  Margarethe,  Statthalterin  der  Niederlande  und  erhielt  durch  deren 
Vermittelung  die  Einkünfte  der  beiden  Präbenden  Tournai  und  Aire,  welche 
durch  den  Tod  des  Gerard  de  Turnhout  frei  geworden  waren.  (Siehe  Vau  der 
Straeten,   y>La  musique  aux  JPays-JBas<i.) 

Dessauer,   Joseph   (III,  121),  starb  am  6.  Juli  1876  in  Mödling  bei  Wien. 

Desvigues,  Victor  Fran^ois,  geboren  am  5.  Juni  1805  zu  Treves,  war 
der  Sohn  eines  Schauspielers.  Er  lernte  früh  die  Violine  spielen,  und  begann 
bald  kleine  Orchester  zu  dirigiren  in  Amiens,  Rochelle,  Chai'tres,  Metz,  Cler- 
mont  und  Moulin.  In  Metz  Hess  er  sich  endlich  fest  nieder,  da  man  ihm  die 
Direction  des  Theaterorchesters  übertrug.  Seinen  Lieblingsplan,  in  dieser  Stadt 
ein  Conservatorium  zu  gründen,  brachte  er  durch  seine  enei-gischen  Bestrebungen 
für  diese  Sache  zur  Ausführung.  Er  widmete  dieser  Schule  seine  stete  Für- 
ßoi'ge.  Seine  Compositionen  sind  zahlreich:  kleine  Opern,  eine  Sinfonie,  neun 
Ouvertüren,  ein  Stabat  mater,  Trios,  Duos  u.  s.  w.  D.  starb  am  30.  Dec.  1853. 
Einen   Auszug  aus  den  Memoiren   der  Akademie  von  Metz,    deren  Mitglied  D. 


1 


Dethou  —  Diel.  85 

war,    veröffentlichte    Eugene    Gaudar    (Metz,    Lamort,   in  8",  32  p.)    unter    dem 
Titel:   nV.  F.  Deviffnes,  fondafeiir  de  l'Ecole  de  musique  de  ]\Ietz<t. 

Dethou,  Amedre.  gelehrter  Privatmann,  goborcn  am  22.  April  1811  zu 
St.  Amand  (Nievre),  lebte  in  Paris,  Cosuc  und  dann  in  Marseille.  Mau  hat 
von  ihm  gute  Uebersetzungen  in  französischen  Versen  des  Horaz,  Theocrit, 
Virgil  u.  a.  Auf  dem  Gebiete  der  Musik  lieferte  er  folgende  Arbeiten.  »C/ta/t- 
son  de  VAne,  Frone  de  la  fete  des  fousa  (12.  Jahrh.),  mit  Ciavierbegleitung, 
lateinischem  Text  und  Uebersetzung  in  französischen  Versen  (Lavine,  I'aris).  »Chan- 
son ä  4  voix  du  rot  Louis  XII I<i,  mit  Anmerkungen,  »Qua/re  pieces  de  clavecin 
de  O.  Frescohaldiv,  mit  Anmerkungen  und  Uebertragung  in  moderne  Schlüssel, 
r)25  pieces  de  clavecin  de  divers  auteurs  le  XVII  et  XVIII  sieclei,  mit  Anmer- 
kungen und  Uebertragung  in  moderne  Schlüssel,  nAdieu  de  Maria  Sfuart«.  Melo- 
die mit  Ciavierbegleitung;  eine  Abhandlung  über  den  Gregorianischen  Gesang,  nAve 
Maria«,  »Pater  noster«,  »0  salutarisa,  »Douze  melodies  sur  des  poesies  anciennesa, 
12.  Jahrb.,  mit  Ciavierbegleitung.  Sämmtlich  bei  Lavine  in  Paris  erschienen. 
S^  Devos  (III,  140)  richtiger  De  Vos. 

Devrient,   Eduard  Philipp   (III,  141),  starb  am  4.  October   1877. 

De  Vries  van  Os,  Rosa,  ausgezeichnete  Sängerin  der  Gegenwart,  geboren 
am  25.  Febr.  1828  in  Deventer  in  den  Niederlanden.  Sie  sang  erst  im  Chor  und 
wurde  dann  auf  Kosten  des  Königs  Wilhelm  II.  zu  ihrer  Ausbildung  nach  Paris 
geschickt.  Ihre  schöne  Sopranstimme  entfaltete  sich  den  Erwartungen  gemäss, 
so  dass  sie  viele  Jahre  hindurch  in  allen  Ländern  Triumjihe  feierte.  Sie  sang 
zuerst  1846  im  Haag,  dann  in  Toulouse.  In  Paris  1848  wurde  ihr  Auftreten 
durch  die  Unruhen  verhindert;  sie  ging  nun  von  da  nach  Amerika,  welches  sie 
bis  1856  bereiste,  sang  dann  in  London,  in  verschiedenen  Städten  Italiens,  in 
Barcelona  und  kehrte  noch  einmal  nach  Italien  zurück.  Ihre  Tochter  Jeanne 
de  Vries  (Mm.  Dereims),  ist  beliebte  Sängerin  am  Theätre  de  la  Monnaie  in 
Brüssel,  die  Jüngere  Fides  de  Vries,  auch  Sängerin,  hat  aus  Grund  ihrer  Ver- 
heiratung die  Oper  bereits  verlassen. 

Dias,  Gabriel,  portugiesischer  Componist  des  17.  Jahrhunderts,  der  nach 
Fuertes  (Geschichte  der  spanischen  Musik)  erst  Sänger  an  der  Kapelle  Philips  IV. 
und  dann  Kapellmeister  des  Klosters  las  Franciscanas  descalzas  zu  Madrid  war. 
Nach  dem  Catalog  der  musikalischen  Bibliothek  des  Königs  D.  Joaü  IV.  war 
D.  einer  der  fruchtbarsten  portugiesischen  Componisten.  Man  findet  in  dem 
Catalog  ausser  der  Menge  von  Messen,  Motetten  und  andern  Kirchenstücken, 
allein  497   Vilhancicos   von  ihm  verzeichnet. 

Dibdin,  Charles  (III,  150).  Erwähnenswerth  sind  noch  seine  komischen 
Opern:  »The  paellok«,  »The  quakera,  »The  watennan«,  »The  wedding  ringo.  und 
»The  English  fleet  in  1342<.i.  Das  didaktische  Gedicht:  »The  harmonious  pre- 
ceptor«  erschien  schon  1804. 

Diehl  (III,  153).  Die  Familie  schrieb  sich  zuerst  ohne  »h«.  Der  erste  Diel 
als  Geigenmacher  in  Mainz  war  Martin  D.  Sein  erster  Lehrer  wurde  der 
damalige  Kurmainz'sche  Hof-Lauten-  und  Geigenmacher  Nicolaus  Döpfer  in 
Mainz.  Als  der  junge  D.  in  seinem  18.  Jahre  ausgelernt  hatte,  ging  er  in 
die  Fremde  und  arbeitete  hei  verschiedenen  berühmten  Meistern,  wie  bei  Helraer 
in  Prag,  bei  dem  er  vier  Jahre  in  Arbeit  war.  So  blieb  er  vierzehn  Jahre  aus, 
dann  kehrte  er  wieder  in  seine  Vaterstadt  Mainz  zurück,  setzte  sich  daselbst 
nieder,  heiratete  die  jüngere  Tochter  des  Hof- Geigenmachers  Nie.  Döpfer  und 
trieb  dann  seine  Kunst  mit  grossem  Fleiss  und  sehr  gutem  Erfolg.  Sein  Ruf 
breitete  sich  aus  und  seine  Instrumente  waren  sehr  geschätzt.  Zur  Zeit  der 
französischen  Revolution  wurde  die  Festung  von  den  Franzosen  belagert,  worauf 
ihre  Uebergabe  erfolgte.  Der  damals  in  der  Stadt  entstandenen  Krankheit  fiel 
auch  D.  zum  Opfer.     Sein  ältester  Sohn 

Diel,   Johann,  trieb  das   Geschilft  weiter. 

Diel,  Nicolaus,  geboren  1779,  kam  später  zu  seinem  Onkel  Jacob  Stei- 
ninger   in  Frankfurt  a/M.    in   die  Lehre.     Wie  er  soweit   war,    dass  er  selbst- 


86  Diel  —  Dijkhuizen. 

ständig  arbeiten  konnte,  ging  er  wieder  nach  Mainz,  übernahm  das  Geschäft 
des  Vaters,  da  sein  Bruder  Johann  sich  verheiratete  und  ein  eigenes  Geschäft 
etablirte.  Nicolaus  D.  arbeitete  fleissig  und  mit  vieler  Begabung,  erwarb  sich 
dadurch  viele  Freunde  unter  Musikern  und  Dilettanten  und  machte  sich  so  einen 
bedeutenden  Ruf.  Im  Jahre  1811  wurde  er  durch  die  Vermittelung  des  Gross- 
herz, hessischen  Musikdirektors  Mangold  vom  Grossherzog  von  Hessen-Darm- 
stadt, Ludwig  I.,  nach  Darmstadt  berufen  als  Hof-Instrumentenmacher  mit  einem 
Jahresgehalt  von  300  Gulden.  Von  Darmstadt  aus  erweiterte  sich  sein  Ruf 
immer  mehr.     Sein  Sohn: 

Diel,  Jacob,  lernte  bei  ihm,  war  ebenfalls  talentvoll  und  fleissig,  ging 
im  Jahre  1834  nach  Bremen  und  erwarb  sich  dort  Ruf  als  Geigenmacher. 
Später  ging  er,  veranlasst  durch  seinen  Sohn 

Diel,  Nicolaus  Louis,  nach  Hamburg  und  arbeitete  dort  mit  Geschick 
und  gutem  Erfolg  weiter.  Jacob  starb  1873,  sein  Sohn  schon  1876.  Dieser 
verfasste  auch  ein  Schriftchen  »Die  Geigenmacher  der  altitalienischen  Schule«, 
dass  1877  bereits  in  dritter  Auflage  erschien.  Der  jüngere  Sohn  des  Nicol.  D., 
der  dem  Namen  ein  h  einfügte: 

Diebl,  Friedrich,  in  Darmstadt  geboren  1814,  arbeitete  bei  dem  Vater 
bis  zu  dessen  Tod  1851.  Darauf  ernannte  ihn  der  Grossherzog  Ludwig  III. 
zum  Hof-Instrumentenmacher.  Im  Jahre  1867  auf  der  Weltausstellung  in  Paris 
wurden   seine  Instrumente  mit  der  Bronce-Medaille  ausgezeichnet. 

Diehl,  Johann,  blieb  in  Mainz.  Als  er  später  erkrankte  und  arbeits- 
unfähig wurde,  ging  sein  Sohn  Heinrich  nach  Frankfurt  a/M.,  wo  er  als  Gei- 
genmacher sehr  beliebt  war,  besonders  aber  als  Geigenreparateur.  Er  starb 
aber  schon  in  seinem  48.  Lebensjahr.  Jacob  Steininger  war  der  Schwager  des 
erstgenannten  Martin  D.,  da  Steininger  auch  eine  Tochter  von  Nie.  Dopfer  zur 
Frau  hatte.  Später  wurde  er  auch  kurfürstlich  Mainz'scher  Hof-Geigenmacher. 
Er  hatte  aber  auch  noch  einen  andern  Dienst  beim  Kurfürst  von  Mainz,  in  Folge 
dessen  er  immer  beim  Fürst  sein  musste,  daher  kommt  es,  dass  seine  Instrumente 
die  Bezeichnung  Mainz,  Frankfurt  und  Aschafi"enbui'g  tragen.  Sein  Sohn  Franz 
lebte  in  St.  Petersburg  und  erwarb  sich  gleichfalls  ausgebreiteten  Ruf. 

Diemer,  Louis,  Pianist,  geboren  zu  Paris  den  14.  Februar  1845,  Schüler 
des  Pariser  Conservatoriums,  hat  sich  durch  eine  Menge  ansprechender  Clavier- 
und  Gesangscompositionen  bekannt  gemacht.  Er  gab  in  Gemeinschaft  mit  Alard 
und  Franchomme  eine,  mit  Vortragsbezeichnungen  und  Fingersatz  versehene  Aus- 
gabe der  Ciavierwerke  von  Haydn,  Mozart  und  Beethoven  heraus.  (Paris,  Heugel.) 

Diener,  Ernst  (III,  154),  starb  am  19.  Mai  1879  in  Dessau. 

Dieppo,  Anton  Wilh.  (nicht  Diepvo  111,154),  starb  1878  im  März  inDijon. 

Dietrich,  Sixtus  (III,  158),  ist  zwischen  1490 — 1495  in  Augsburg  ge- 
boren, studirte  in  Freiburg  im  Breisgau  und  lebte  als  Chronist  und  Musikus 
in  Constanz.  Um  der  Belagerung  der  Stadt  (1548)  zu  entgehen,  Hess  er  sich, 
schon  krank  nach  St.   Gallen  bringen  und  hier  stai'b  er  am  21.  October. 

Dietsch,  Pierre  Louis  Philippe  (III,  270),  starb  zu  Paris  am  20.  Febr. 
1865.  Folgende  didaktische  Werke  von  ihm  sind  noch  zu  verzeichnen:  y>Iteper- 
toire  de  Vorganistem;  r>Manuel  du  mäitre  de  chapellen]  r>Äccompagnement  pour 
Vorgue  du  plain-chant  roniain  de  la  commission  de  Reims  et  de  Gamhraiti;  r>Äccom- 
pagnement  d'orgue  du  gradual  et  de  V antiphonaire  romaifi«;  nüepertoire  des 
mattrises  et  chapellesa. 

Dijkhaizeu,  D.  H.,  einer  der  geschicktesten  Organisten  Hollands  und  der 
Jetztzeit,  geboren  zu  Twello  (Geldern)  am  28.  April  1821.  Er  war  Schüler 
von  Friedrich  Schneider  in  Dessau  und  wurde  dann  Organist  in  Elburg  in 
Holland.  1845  gewann  er  im  Concours  die  Organistenstelle  an  der  grossen 
Orgel  zu  Nimwegen,  eine  der  schönsten  in  Holland,  mit  67  Stimmen,  welche 
1775  von  König  in  Cöln  gebaut  worden  ist.  D,  veröffentlichte  eine  Anzahl 
von  Compositionen,  darunter  eine  Sinfonie  —  eine  Ouvertüre  —  Psalm  23.  für 
Chor  und  Orchester  u.  s.  w. 


Dikrau  Tcliihadjian  —  Dilhcr.  87 

Dikrnn  Tcliihndj'inii,  Armenier  von  Geburt,  scliricb  die  Musik  der  drei- 
aktigen  komischen  Oper  in  türkischer  Sprache:  riShcrif  Ai/Jia«,  welche  in  Con- 
stantinopel  am  Theiltre  Üsmanie  im  Deceraber  1872  und  Januar  1873  zur 
Aulführung   kam. 

Dilher,  Joh.  INIichael  (III,  161),  Professor  der  Theologie,  zu  Jena,  seit 
1642  in  Nürnberg  an  der  St.  Sebalduskirche  beliebter  Prediger,  Schulinspektor 
und  Bibliothekar  an  letzterem  Orte,  ist  am  14  October  1GÜ4  zu  Thcmar  im 
Henncborgischon  geboren,  und  starb  berühmt  und  hochgeehrt  am  8.  April  1G69. 
Ein  Verzeichniss  seiner  zahlreichen  theologischen  Schriften,  sowie  die  Beschrei- 
bung seines  Lebens  findet  man  in  Will's  Nürnb.  (Icl.  Lex.,  in  Hirsch  und 
Würfel's  Lebensbeschr.  I.  Bd.,  in  der  Leichenpredigt  von  Ad.  Saubert,  Nürn- 
berg 1669  u.  s.  w.  D.  liebte  die  Musik,  war  ein  echter  Kenner  derselben,  und 
machte  sich  um  den  Kirchengesang  zu  Nürnberg  sehr  verdient,  indem  er  mehrere 
geschätzte  Gesangbücher  herausgab,  welche  einzelne  Dichtungen  von  ihm  ent- 
hielten; selbst  einige  Melodien  zu  seinen  Liedern,  darunter  zu  »Hör,  liebe  Seel, 
dir  ruft  der  Herr«,  von  Staden  1644  in  seiner  Seelenmusik  in  Druck  gegeben, 
werden  seiner  Erfindung  zugeschrieben.  Von  musikgeschichtlichem  Interesse 
ist  eine,  in  Verbindung  mit  dem  Organisten  Sigism.  Theoph.  Staden  am  21. 
(nach  einigen  am  30.)  Mai  1643  gegebene  öffentliche  Vorstellung  über  einen 
»Entwurf  des  Anfangs,  Fortgangs,  der  Veränderung,  des  Brauchs  und  Misslirauchs 
der  edlen  Musika«.  Das  Programm  lautete  folgendermassen :  Nach  einer  Intrade 
von  Trompeten  und  Pauken  bestieg  D.  das  Katheder  und  hielt  über  Zweck 
und  Plan  des  grossen  musikalischen  Unternehmens  eine  lateinische  Bede  (de 
ortu  et  progressu,  usu  et  abusu  musicae),  darauf  folgte  der  Actus  selbst,  und 
zwar  aus  dem  alten  Testament:  1)  Wie  vor  Erschaffung  der  Welt  die  heiligen 
Engel  Gott  gelobt.  Drei  Discantstimmen  sangen,  die  eine  hebräisch,  die  andre 
lateinisch,  die  di-itte  deutsch,  aus  Jesaia  6,  3  und  Hiob  38,  4 — 7.  2)  Wie  Gott 
nach  Erschaffung  der  Welt  den  Adam  und  die  Eva  selbst  copuliret.  Gesang 
aus  1.  Buch  Mose  mit  lauter  hohen  Stimmen,  als  2  Cantus,  1  Alt,  2  Viol  di 
Garaba,  1  Altviol  sanirat  einer  Mandora.  3)  Nach  dem  Sündenfall  wurde  aus 
1.  Buch  Mose  4  eine  rauhe  Musika  ohne  Stimme  mit  Pfeifen  und  Geigen  auf- 
geführt, wie  solche  Jubal  erfunden.  4)  Die  Reise  der  Kinder  Israel,  mit  2  Trom- 
peten, wie  Gott  selbst  befohlen,  ein  en  principal,  die  andre  Fulgor.  3.  Buch 
Mose  10.  5)  Die  jüdische  Musik  bei  dem  Gottesdienst  und  Opfer,  mit  Theorben, 
statt  des  Psalters  Harpfen,  Cymbeln  und  Posaunen;  dazu  sangen  6  Tenoristen 
und  2  Bassisten  den  3.  Psalm.  6)  David  stillt  des  Königs  Saul  bösen  Geist. 
1  Sam.  16.  Sang  ein  einziger  Knabe  zu  einer  Harfe  den  Text:  2.  Mose  15,  2. 
7)  Wie  zu  König  Davids  Zeit  nach  hebräischem  Accent  gesungen  wurde, 
hebräisch  der  117.  Psalm.  8)  Musik  zur  Zeit  des  Königs  Salomo,  aus  dem 
Hohenlied  Sal.  2,  drei  Stimmen  mit  Harpfen  und  Posaunen.  9)  Der  Juden 
Trauermusik  von  allerhand  alten  ungewöhnlichen,  düsterlichen  Instrumenten. 
10)  Der  Griechen  Musica,  durch  welche  Alexander  Magnus  seine  Soldaten  be- 
feuert. Der  griechische  Text:  Bringt  sie  um  mit  dem  Schwert.  Dazu  kamen 
alle  kriegerischen  Instrumente  und  der  Pagott  Stimmen:  2  Tenore  und  1  Bass. 
Zuletzt  wurde  ein  Victoria  angestimmt.  Darauf  folgte  der  offenbar  nicht  minder 
originelle  Ohrenschmaus  aus  dem  neuen  Testament.  11)  Der  Gesang  der  heil. 
Engel  bei  Christi  Geburt:  Gloria  in  excelsis  Deo,  durch  Discantisten.  12)  Aus 
der  Zeit  der  Kirchenväter,  der  Choral  mit  dem  118.  Psalm:  Laudate  pueri  etc. 
13)  Bei  welchem  Choral  es  lange  geblieben,  bis  die  Figuralmusik  durch  Orlando 
di  Lasso  auf  die  Bahn  gekommen  ist.  Eine  Motette  mit  5  samtbUisenden  In- 
strumenten. Text:  Heu  qualenus  etc.  14)  Als  Repräsentation  des  deutschen 
Kirchengesangs  der  von  Luther  bearbeitete  45.  Psalm:  Eine  feste  Burg  etc. 
nach  der  Orgel.  15)  Musica  jetziger  Zeit.  Gesungen  a)  ecce  quam  bonum 
etc.,  b)  Dilherrs  Lied:  Höre  liebe  Seele  etc.,  c)  eine  Instrumentalmusik,  dabei 
das  neu  erfundene  Geigenwerk  Joh.  Herdeng's  ge1)raucht  wurde.  16)  Mi.ssbrauch 
der  Musik  durch  Laiern,  Maultrommelu,  Sackpfeifen,  Hackbrett  u.  s.  w.    17)  Der 


88  üionysifin  —  Djdmild. 

Christen  jetzige  Trauermusik,  mit  D.'s  Text:  Erbarme  dich  mein,  Herr  Jesu 
Christ.  18)  Posauueuruf  zum  jüngsten  Gericht.  Matth.  24.  1.  Text:  Stehet 
auf  ihr  Todten  u.  s.  w.  19)  Die  himmlische  Musik  der  Engel,  soviel  den 
Musicis  in  dieser  Sterblichkeit  möglich,  mit  dem  Text:  Offenb.  Joh.  4,  8.  Dann 
der  Gesang  der  24  Aeltesten:  Herr  du  bist  würdig  u.  s.  w.  20)  Das  Zeter- 
geschrei der  Verdammten,  durch  Vocalmusik  und  Contrapunkt.  21)  Der  150.  Psalm 
allen  seinen  einverleibten  Instrumenten  nach,  cum  Ripieno  a  4.  22)  Eine  Gra- 
tiarum  actio  metrica,  mit  allen  Instrumenten  musicirt.  Text:  Musica  nostra, 
vale  coelestis  Musica,  salve.  Endlich  die  Trompeten  dreimal  aufgeblasen  und 
die  Heerjjauken  darein  geschlagen. 

Dieser  Actus  ging  vor  in  einem  Garten  am  Lauferthor,  innerhalb  der 
Stadt,  in  Gegenwart  des  Raths,  vieler  vom  Adel,  männlichen  und  weiblichen 
Geschlechts  und  mehrerer  anderer  Personen,  wol  etliche  tausend  Menschen.  Und 
ist  diese  Musica  schön,  herrlich  und  lustig  zu  hören  gewesen,  und  wol  ausge- 
führt worden.  Der  ehrsame  Hath  hat  hernach  noch  diesen  Abend  den  Musi- 
kanten anderthalb  Eimer  Wein  zu  vertrinken  gegeben  und  dem  Maestro  D. 
einen  feinen  Pokal  verehrt.     (Vergl.  Winterfeld  ev  Kg.  IL  450  u.  ff.) 

Dionysien  (III,  163).  Die  kleinen  oder  ländlichen  Dionysien  wurden  im 
Monat  Poseideon  (December-Januar)  zur  Zeit  der  Weinlese  auf  dem  Lande 
gefeiert.  Den  Haupttheil  der  Feier  bildete  die  feierliche  Procession  der  Fami- 
lienmitglieder zum  Opfer.  Das  Fest  wurde  ausserdem  mit  allerlei  Lustbarkeiten, 
mit  burlesken  Tänzen  und  neckischen  Scherzen  begangen,  die  als  die  Keime  der 
griechischen  dramatischen  Poesie  zu  betrachten  sind.  Wandernde  Schauspieler 
führten  ihre  Stücke  auf,  die  sie  meist  vorher  schon  in  den  Städten  gespielt 
hatten.  Die  grossen  oder  städtischen  Dionysien  wurden  im  Monat  Elaphebolion 
(März-April)  durch  mehrere  Tage  gefeiert  und  zwar  mit  allem  nur  möglichen 
Pomp.  In  glänzender  Procession  brachte  man  das  alte,  von  Eleutherai  nach 
Athen  gekommene  Holzbild  des  Gottes  nach  einem  kleinen  Tempel  auf  dem 
Wege  nach  der  Akademie,  wobei  dem  Gott  zu  Ehren  jubelnde  Chöre  gesungen 
wurden,  Dithyramben,  welche  von  den  berühmtesten  Dichtern  eigens  zur  Feier 
gedichtet  waren.  An  zwei  Tagen  wurden  dann  Komödien  und  Tragödien  mit 
dem  grellsten  Aufwand  aufgeführt  vor  einer  ungeheuren  Zuschauermenge.  Nicht 
selten  wurden  dann  auch  besondere  ertheilte  Auszeichnungen  dabei  bekannt  gemacht. 

Djemil^,  berühmte  arabische  Sängerin  (siehe;  Caussin  de  Ferceval,  Notiees 
aiiecdotiques  sur  les  principaux  musiciens  arahes,  des  trois  premiers  siecles  de 
VIslamisme),  lebte  in  Medina  im  siebenten  Jahrhundert  der  christlichen  Zeit- 
rechnung. Sie  war  ursprünglich  Sclavin  und  machte,  nachdem  ihr  Talent  ent- 
deckt war,  erst  ihre  Herrschaft,  welche  sie  nachdem  freiliess,  und  dann  sich 
selbst  reich.  Sie  verheiratete  sich  mit  einem  Freigelassenen  und  führte  in 
Medina,  wo  sie  in  der  Vorstadt  Sounh  wohnte,  ein  grosses  Haus,  in  welchem 
die  Musiker  von  Mekka  und  Medina  heimisch  waren.  Ihr  Ruf  als  Sängerin 
war  sehr  gross,  ihm  eigentlich  gleich  kam  der  als  Gesanglehrerin,  Die  Schüler 
strömten  ihr  in  Schaaren  zu.  Als  sie  einst  eine  Pilgerreise  nach  Mekka  unter- 
nahm, begleiteten  sie,  um  ihr  eine  Ovation  zu  bringen,  alle  berühmten  Sänger 
und  Musiker  ihrer  Vaterstadt,  ebenso  viele  Personen  von  Rang.  Die  Damen 
der  höheren  Stände  hatten  fünfzig  musikalische  Sclavinnen  zu  ihrer  Begleitung 
auf  diesem  Zuge  gesendet.  Der  Reichthum  der  Gewänder  dieser  Pilger  machte 
den  Zug  zu  einem  der  glänzendsten  und  seltsamsten.  Nachdem  in  Mekka  die 
religiösen  Ceremonien  der  Pilger  beendet  waren,  wurde  D.  gebeten,  vor  ihrem 
Scheiden  ihre  Gesangskunst  zu  zeigen,  was  sie  jedoch  ablehnte,  da  sie  den 
Zweck  ihrer  Pilgerschaft  nicht  durch  profane  Kunst  entheiligen  wollte.  Da 
man  sie  aber  hören  wollte,  entschloss  sich  ein  grosser  Theil  des  Auditoriums, 
sie  nach  Medina  zu  begleiten,  wo  sie  in  einiger  Entfernung  von  der  Stadt 
von  einer  grossen  Zahl  der  Einwohner  empfangen  wurde  und  mit  diesem  unge- 
heuren Gefolge  ihren  Einzug  hielt.  Das  Gesangsfest,  welches  sie  den  Gästen 
in    ihrem    Hause    veranstaltete    und    welches    sie    grösstentheils   selbst  bestritt, 


Dlugosz  —  Doppol  fliigi'l.  89 

dauerte  drei  Tage.  Am  dritten  Tage  liess  sie  hinter  einem  Vorhänge  fünf- 
zig Sängerinnen,  jede  mit  einer  Laute  aufstellen,  welche  mit  diesen  Laulen 
in  die  Begleitung  von  D.'s  Gesang,  den  diese  ebenfalls  auf  einer  Laute  aus- 
führte, einstimmten.  Dies  unsichtbare  Orchester  begleitete  auch  andere  Gesänge 
des   Tages. 

Dlusrosz,  Tnstrnmentenmacher  zu  "Warschau,  welcher  1825  ein  besonders 
construirtes  Piano  erfand  und  herstellte,  das  er  Oelopantalnn  nannte.  Es 
machte  damals  einiges  Aufsehen  und  wurde  von  mehreren  Künstlern  gespielt, 
auch  in  Warschau  in  einem  Concerte  zur  Beirleitunfj  der  Chöre  des  Faust  von 
Radziwill   und  einer  Cantato  von  Elsler  benutzt. 

Doinbrowsky,  Heinrich,  Pianist  und  Componist,  geboren  1838  zu  Zwi- 
niacz  in  Yolhynien  in  Eussland,  Schüler  F.  Liszt's,  machte  grössere  Kunst- 
reisen und  veröffentlichte  eine  Anzahl  Saloncompositionen  besseren  Stil's. 

Donizetti,  Gaetano.  lieber  diesen  Coraponisten  ist  eine  in  Bezug  auf 
Daten  reichhaltige  biographische  Brochüre  von  Filippo  Ciccontini,  Rom  1864 
erschienen,  welche  auch  eine  Liste  aller  von  D.  componirten  AVerke  enthält. 
Der  Geburtstag  ist  hier  als  der  29.  November  1797  festgestellt. 

Donzelli,  Domenico   (III,  207),  starb  am   31.   März   1873  in  Florenz. 

Door,  Anton,  einer  der  bedeutendsten  Pianisten  der  Gegenwart,  ist  am 
20.  Juni  1833  in  AVien  geboren.  Sein  Yater,  ein  hochgeachteter  und  gesuch- 
ter Arzt,  hätte  ihn  gern  für  seinen  Beruf  erzogen,  allein  die  aussergewöhnliche 
Befähigung  des  Knaben  für  Musik  trat  so  früh  zu  Tage,  dass  durch  sie  sein 
weiterer  Lebensgang  bestimmt  wurde.  Schon  in  seinem  9.  Lebensjahre  trat  er 
als  AVunderkind  in  die  OefTentlichkeit  und  veranstaltete  in  seinem  14.  Jahre 
eigene  Concerte.  Nachdem  er  den  wissenschaftlichen  Studiengang  beendet  hatte, 
machte  er  bei  Simon  Sechter  einen  dreijährigen  Cursus  im  Generalbass  durch 
und  trat  dann,  19  Jahr  alt,  seine  erste  Kunstreise  an,  auf  der  er  in  Baden- 
Baden  mit  Pixis  zusammenkam,  der  sich  seiner  fortan  annahm.  Später  ging 
er  dann  mit  Ludwig  Strauss  (jetzt  Concertmeister  in  London)  nach  Italien 
und  ein  Jahr  darauf  nach  dem  Norden.  In  Königsberg  blieb  D.  ein  halbes 
Jahr  und  folgte  im  Sommer  einer  Einladung  des  dänischen  Kammervirtuosen 
Kellermann  nach  Kopenhagen.  Er  bereiste  ganz  Dänemark  und  Norwegen; 
in  Christiania  konnte  er  fünf  stark  besuchte  Concerte  geben,  die  mit  steigendem 
Erfolge  gekrönt  waren.  Hier  lernte  er  auch  den  Componisten  Halfdan  Kjerulf 
kennen,  den  er  bewog,  seine  Compositionen  zu  veröffentlichen.  Kjerulf s  Op.  1, 
D.  gewidmet,  erschien  auf  dessen  A^'eranlassung  bei  Hirsch  in  Stockholm.  D.  blieb 
ein  volles  Jahr  in  Stockholm  und  wurde  h^er  sehr  ausgezeichnet.  Die  königl. 
Akademie  ernannte  ihn  zu  ihrem  IMitglied  und  man  hätte  ihn  gern  dauernd 
dort  gefesselt.  Allein  die  Reiselust  trieb  den  Künstler  schliesslich  doch  weiter; 
er  ging  über  Helsingfors  nach  Finnland,  wo  er  acht  Concerte  gab,  und  dann 
nach  Petersburg.  Hier  fand  er  im  Verkehr  mit  Rubinstein,  Henselt,  Drey- 
schock  u.  a.  viel  Anregung,  An  dem  kunstsinnigen  Grafen  Mathieu  AVielhorsky 
gewann  er  einen  einflussreichen  Gönner  und  als  der  Bruder  von  Anton  Rubin- 
stein, Nicolaus,  seine  Professur  am  kaiserlichen  Institut  in  Moskau  niederlegte, 
wurde  D.  zu  seinem  Nachfolger  ernannt.  Ein  Jahr  blieb  er  in  dieser  Stelle 
und  vertauschte  sie  dann  mit  der,  an  dem  neuerrichteten  Conservatorium,  au 
welchem  auch  Ferd.  Laub  angestellt  wurde,  mit  welchem  D.  wiederholt  Kunst- 
reisen nach  Skandinavien,  Deutschland  und  Oesterreich  unternahm.  Als  im 
Jahre  1869  das  neue  Haus  der  Gesellschaft  der  Musikfreunde  in  AVien  fertig 
war  und  das  Conservatorium  nach  diesem  verlegt  wurde,  erging  an  D.  die  Ein- 
ladung, eine  Clavierbildungsclasse  zu  übernehmen,  und  die  Liebe  zur  Heimath 
veranlasste  ihn,  dem  Rufe  zu  folgen.  Seitdejn  concertirt  er  seltener,  aber  immer 
mit  demselben  aussergewöhnlichen  Erfolge. 

Doppelflfigel.  Unter  der  Bezeichnung:  »Le  piano  h  claviers  renverses«,  hat 
die  Firma  Mangeot  freres  &  C.  in  Paris-Nancy  einen  Doppelflügel  construirt. 
nach  einer,  von  Joseph  AVieniawsky  angeregten  Idee.      Ueber  und  zum  Theil 


90 


Doppelflügel. 


in  einem,  nach  bisherigem  System  gebauten  Flügel,  ist  noch  ein  zweiter,  voll- 
ständiger Kasten,  mit  Boden,  Maschinen,  Dämpfung  und  den  Pedalen  ange- 
bracht, aber  so,  dass  die  Tasten  in  entgegengesetzter  Ordnung  liegen;  bei  dem 
oberen  Flügel  beginnt  der  Discant  links  unten  und  geht  nach  rechts  hinauf, 


o 
•n 

a<? 


während  bei  dem  untern  die  alte  Ordnung  festgehalten  ist.  Die  Tastenlage 
ist  aus  nachstehender  Gegenüberstellung  der  chromatischen  Tonleitei'n  beider 
Flügel  zu  ersehen: 


I 


Dorati  —  Drath. 


91 


8va        -           •          - 

1 1--     ^-      t:--r      i— -1 T-.t: ?     fe— fe— 1= 

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^^^^^=^^-  3=p-J:3zii-^ 

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-g-„^j__l^ti: 


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u.  s.  w. 


u.  s.  w. 


Es  ist  einleuchtend,  dass  damit  dem  Spieler  die  Mittel  zweier  Flügel  zu  Gebote 
gestellt  sind,  und  zugleich  so,  dass  beide  Hände  gleichmässig  beschäftigt  werden 
können.  Der  linken  Hand  wird  die  Ausführung  schwieriger  Passagen  dadurch 
leichter  gemacht,  dass  ihr  Bau  jetzt  so  berücksichtigt  ist,  wie  der  der  rechten. 
Der  Pingersatz  für  die  linke  Hand  ist  jetzt  genau  derselbe,  wie  für  die  rechte. 
Mit  demselben  Fingersatz,  mit  dem  die  eine  Hand  eine  aufwärtsgehende  Ton- 
leiter oder  Passage  aufwärts  spielt,  spielt  die  andere  sie  der  Lage  des  an  deren 
Claviatur  ents2)rechend  abwärts,  damit  aber  ist  eine  gleichmässigere  Ausführung 
beider  Hände  gewonnen.  Näheres  hierüber  bringt  eine  Brochüre  von  Jules 
Zarebski:  »Ze  piano  ä  claviers  renverses  de  MM.  Mangeot  freres  et  G.  Les 
ressources  au  point  de  vue  de  la  composition  et  de  la  virtuosite  avec  des  exem- 
2)les  ä  VappuU.  Mangeot  Freres  &  C.  Paris.  37  avenue  de  l'Opera,  64  rue 
Neuve-des-Petits-Charaps. 

Dorati,  Nicolo  (III,  215),  ist  nach  Cerü  (»Cenni  storici  delV  insegnamento 
della  musica  in  Luccaa)  in  Granaiola  im  Gebiet  von  Lueca  gegen  1513  geboren 
und  starb  1593.  Ausser  den  bereits  angeführten  zwei  Madrigalensamnilungen 
sind  noch  bekannt:  Eine  Sammlung  fünfstimmiger  Madrigale  1579  und  eine  Samm- 
lung achtslimmiger  Psalmen  1609  (nach  seinem  Tode)  in  A^enedig  herausgegeben. 

Dotzauer,  Justus  Joh.  Friedr.  (111,222),  starb  zu  Dresden  6.  März  1860. 

Dotzauer,   Justus  Bernhard  Friedrich,  starb   am   30.  November   1874 


zu  Hamburg. 


Drath,  Theodor,  königl.  Musikdirektor  und  Lehrer  der  Musik  am  königl. 
Waisenhaus  und  Seminar  zu  Bunzlau  in  Schlesien,  wurde  geboren  den  13.  Juni 
1828  zu  Winzig  in  Mittelschlesien  als  jüngster  Söhn  des  dortigen  Rektors  und 
Predigers.  Nach  verschiedenen  Anstellungen  in  Schul-  und  Kirchenämtern 
Schlesiens,  wurde  er  am  6.  September  1861  als  Musiklehrer  an  das  von  Stettin 
nach  Poelitz  verlegte  Schullehrerseminar  designirt  und  am  7.  Juni  1864  in 
gleicher  Eigenschaft  an  das  königl.  Waisenhaus  und  Lehrerseminar  nach  Bunz- 
lau in  Schlesien  versetzt,  wo  er  als  Amtsnachfolger  C.  Karow's  noch  jetzt  wirkt. 
Am  25.  Juni  1879  wurde  er  zum  königl.  Musikdirektor  ernannt.  Sein  »Gesaug- 
lehrer und  seine  Methode«  (Berlin,  Ad.  Stubenrauch)  ist  in  2.,  seine  »Gesang- 
übungen«  (ebendaselbst)  in  3.,  sein  »Schulliederbuch«  (ebendaselbst)  in  4.  Auflage 
erschienen.  Seine  »Musiktheorie«  (ebendaselbst)  hat  Anerkennung  gefunden, 
ebenso  wie  seine  Compositionen  für  Gesang  (Soli,  Duette,  Quartette,  für  ge- 
mischten und  für  Männerchor,  mit  und  ohne  Begleitung,  geistlichen  und  weit- 


92  Drechsler  —  Dumont- 

liehen  Inhalts,  darunter  mehrere  Kirchenmusikstücke,  Preussenlieder,  ein  Gele- 
genheitssüngcr,  eine  Choralmotette,  eine  Siei^^eshymno  für  Männerchor  und  Blas- 
instrumente op.  43  und  der  grössere  Liedercyclus  »die  Monate«  op  53,  für 
Orgel  (Choralbuch  mit  Strophenzwischenspielen,  die  Kunst  des  Choralvorspiels, 
Bearbeitung  Mendelssohnscher  Lioder,  eine  vierhändige  Bachphantasie,  Variationen 
mit  Introd.  und  Finale  in  G-  und  F-dur  u.  s.  w.),  für  Pianoforte   (Jubelraärsche). 

Di-echsler,   Karl   (III,  243),  starb  am   1.  Deccmber   1873  in  Dresden. 

Drouet,  Louis  Franz  Philipp  (111,257),  starb  am  30.  April  1872  in  Bern. 

Druellacus, Christianus (111,260),  lebte  in Kellinghusen nicht Kellinghausen. 

Dubois,  Amedee   (III,  261),  starb   zu   Tourney  am   1.   October   1865. 

Dabois,  Charles  Victor  (III,  261),  starb  zu  Ixellis-les  Bruxelles  am 
11.  Febr.   1869. 

Dubois,  Clement  Frangois  Theod. ,  einer  der  talentvollsten  jüngeren 
Componisten  in  Frankreich,  ist  zu  Eossnay  (Marne)  am  24.  August  1834  ge- 
boren. Er  kam  früh  nach  Paris,  wo  er  in  glanzvoller  Weise  das  Conservatorium 
durchmachte.  Er  gewann  hier  den  ersten  Römerpreis,  in  Folge  dessen  er  nach 
Italien  ging,  von  wo  er  1866  nach  Paris  zurückkehrte.  Hier  übernahm  er  die 
Kapellmeisterstelle  der  Kirche  Sainte-Clotilde,  später  die  der  Kirche  Madeleine; 
1871  erhielt  er  die  Classe  für  Harmonie  am  Conservatorium.  Seine  Compo- 
sitionen  gehören  den  verschiedensten  Genres  an.  Erwähnenswerth  sind:  Das 
Oratorium  y>Les  sept  Paroles  du  Ohrista,  y>Deus  Abrahame,  Chor  mit  Solo.  »Ze 
Paradis  perdutn,  grosses  Oratorium,  Motetten,  Ouvertüren,  Orchesterstücke, 
Ciavierstücke  u.  a. 

Dugraet,  Dieudonne,- Organist  und  Kirchencomponist,  geboren  zu  Lüttich 
1794,  war  zuerst  an  der  Kirche  St.  Denis,  später  an  der  Kathedrale  daselbst 
Organist.  Er  erwarb  als  solcher,  mehr  noch  als  Componist  in  seiner  Heimath 
Ruf  und  Ansehen.  Er  schrieb  eine  Messe,  ein  Te  Deum  (Manuscripte  in  seiner 
Kirche  aufbewahrt).  Ferner  ein  Serie,  Präludien  und  Versette  für  Orgellita- 
neien, ein  Orgelbuch,  enthaltend  die  Begleitung  des  Gregorianisches  Gesanges 
für  die  Hauptfeste  des  Jahres.  Gegen  dreissig  Motetten.  Die  Musikschule, 
welche  D.  in  Lüttich  gründete,  wurde  bei  der  Errichtung  des  Conservatoriums 
daselbst  mit  demselben  verschmolzen.  D.  starb,  nachdem  er  vorher  erblindet 
war,  zu  Lüttich   1849. 

Duiflfoprngcar,  Gaspard  (III,  268),  auch  Duiffopruggar,  hiess  eigentlich 
wie  man  mit  Sicherheit  annehmen  kann,  Caspar  Tieffenbr ucker  und  war  1467 
zu  Wälschtyrol  geboren.  In  Bologna  erst,  wo  er  bald  den  Ruf  eines  der  ersten 
Meister  des  Baues  der  Lauten-  und  der  Streichinstrumente  erlangte,  änderte 
er  seinen  Namen  in  der  oben  angegebenen  Weise.  Nachdem  Franz  L,  König 
von  Frankreich,  nach  der  siegreichen  Schlacht  bei  Bologna  (1510),  seinen  Geg- 
ner Papst  Leo  X.  zum  Frieden  gezwungen  hatte,  berief  er  drei  der  bedeutend- 
sten Künstler  Italiens:  Leonardo  da  Vinci,  Andrea  del  Sarto  und  Gaspard 
Duiffopruggar  an  seinen  Hof.  Der  letztere  zog  später,  weil  ihm  die  klima- 
tischen Verhältnisse  von  Paris  nicht  zusagten,  nach  Lyon  und  hier  starb  er 
1530.  Die  älteste  seiner  Geigen  ist  vom  Jahre  1510.  Sein  Bild  ist  in  neuerer 
Zeit  veröffentlicht  in:  »Illustirte  Geschichte  der  deutschen  Musik  von  Aug.  Reiss- 
mann, Leipzig,  Fues's  Verlag,  R.  Reislaud   1880.« 

Dnke,  Richard,  ein  in  England  höchst  berühmter  Lautenmacher,  der  sich 
1768  in  London  etablirte.  Mit  Vorliebe  kopirte  er  in  seinen  Violinen  die 
des  Amati  oder  Stainer,  von  welchen  beiden  die  ersteren  zu  seinen  gelungen- 
sten Instrumenten  gerechnet  wurden. 

Dnmont,  Felix,  Pianist  und  Componist,  Sohn  der  Schriftstellerin  Mm.  Me- 
lanie Dumont,  ist  zu  Paris  am  14.  August  1832  geboren.  Er  war  Schüler  des 
Conservatoriums  und  erwax'b  sich  in  der  Folge  bedeutenden  Ruf  als  Lehrer. 
Seine  von  ihm  herausgegebene  Ciavierschule  (j^Jicole  de  j^mwo«)  erschien  bis 
jetzt  in  sieben  Auflagen.  Ausser  einigen  Orchestercompositionen  veröffentlichte 
er  hauptsächlich  für  Schüler  geeignete  Ciavierstücke. 


Dunkler  —  Duvernoy.  93 

Diiukler,  Franz,  talentvoller  Militairiuusiker,  ist  am  14.  Februar  1816 
zu  Numen  in  Belgien  geboren.  Sein  Vater,  Kapellmeister  bei  einer  Militair- 
musikkapelle,  unterrichtete  ihn  früh  in  der  Musik  und  bei  seiner  ausgesprochenen 
Begabung  gewann  der  Sohn,  namentlich  als  Arrangeur,  ausserordentlich  grosse 
und  seltene  Bedeutung.  Er  übertrug  fast  alle  bekannteren  Sinfonien  und  Ouver- 
türen von  Haydn,  Mozart,  Beethoven,  Spohr,  Mendelssohn,  Schumann,  Gade, 
Berlioz  und  Wagner,  mit  solcher  Feinheit  für  Militairmusik,  dass  er  fast  die 
Wirkung  des  Originals  erreichte.  Auszeichnungen  aller  Art  wurden  ihm  dafür 
zu  Theil  und  namentlich  bewiesen  ihm  die  Künstler  der  Niederlande  bei  seinem 
fünfzigjährigen  Jubiläum,  am  '23.  September  1877,  grosse  Verehrung  und  An- 
hänglichkeit. Der  verdienstvolle  Mann  starb  schon  im  folgenden  Jahre  1878. 
Er  hatte  das  von  ihm  geleitete  Stabmusikcorps  der  Grenadiere  und  Jäger  auf 
eine  hohe  Stufe  der  Leistungsfähigkeit  gebracht.  Seine,  2000  Partituren  um- 
fassende Bibliothek  wurde  von  dem   Musikcorps  erworben. 

Dupoiit,  F.  A.  (III,  277),  heisst  (Gregoir,  les  artistes  ueerlandais)  mit  Vor- 
namen  Jean   Fran^ois.     Er  starb  am   23.   März   1875   zu   Nürnberg. 

Dupout,  Pierre  Auguste,  genannt  Alexis,  ausgezeichneter  Tenorsänger, 
geboren  1796,  gebildet  auf  der  königl.  Musikschule  in  Paris,  betrat  1818  das 
Theater.  Er  war  zuerst  au  der  grossen  Oper,  darauf  eine  kurze  Zeit  an  der 
Opera  comique,  und  dann  wiederum  an  der  grossen  Oper  bis  1840  thätig.  Von 
dieser  Zeit  an  wirkte  er  nur  als  Concert-  und  Kirchensänger,  wofür  seine  nicht 
grosse,  aber  reiche  und  biegsame  Stimme,  die  er  in  der  vorzüglichsten  Weise 
zu  behandeln  wusste,  am  meisten  geeignet  war.  Auf  diesem  Gebiete  war  er  allge- 
mein geschätzt.  Ein  Scandalprocess,  der  mit  seiner  Verurtheilung  endete,  machte 
seiner  AVirksamkeit  plötzlich   ein  Ende.     Er  starb  in  Paris  im  Juni   1874. 

Duprez,  Caroline,  verehelichte  Vandenheuvel  (III,  279),  starb  am 
17.  April   1875. 

Duprez,  Marie,  geb.  Duperron  (III, 278),  starb  am  29. Feh.  1872  in  Brüssel. 

Duran^-y,  Celeste,  eine  der  ausgezeichnetsten  dramatischen  Sängerinnen 
Frankreichs  im  18.  Jahrhundert,  geboren  1746,  betrat  bei  einem  ausgesprochenen 
schauspielerischen  Talent,  erst  dreizehn  Jahr  alt,  als  Doriude  in  Tartuffe  zum 
ersten  Mal  die  Bühne.  1762  erschien  sie  in  der  grossen  Oper,  die  sie  nur 
auf  kurze  Zeit  mit  der  Opera  comique  vertauschte.  Diese  Sängerin  war  häss- 
lich  und  besass  eine,  nur  eben  zureichende  Stimme,  riss  jedoch  in  ihren  Dar- 
stellungen das  Publicum,  durch  die  Begeisterung  und  Leidenschaft,  womit  sie 
ihre  Partien  durchführte,  förmlich  hin.  Ihr  letztes  Auftreten  war  die  »Medusa« 
in  »Persee«  von  Philidor,  die  sie  zum  ersten  Mal  sang.  Eben  von  einer  Krank- 
heit erstanden,  zog  sie  sich  durch  die  Anstrengungen  dieser  Partie,  welche  sie 
mit  der  grössten  Leidenschaftlichkeit  durchführte,  einen  Rückfall  zu  und  starb 
am  28.  December   1828. 

Durand,  Marie  Auguste,  Componist  und  Musikalienverleger  in  Paris, 
geboren  daselbst  den  18.  Juli  1830,  wurde  erst  durch  seinen  Vater,  der  Musik- 
lehrer am  College  Bollin  war,  sj^äter  im  Couservatorium,  in  der  Musik  unter- 
richtet. Er  erhielt  1849  die  Stelle  eines  Organisten  an  der  Kirche  St.  Ambroise, 
und  war  in  derselben  Weise  noch  an  anderen  Kirchen  thätig;  besonders  be- 
mühte er  sich  um  die  Verbreitung  des  Harmoniums,  für  welchen  Zweck  er 
sogar  Reisen  nach  Italien,  England  und  Russland  unternahm.  1870  übernahm 
er  in  Gemeinschaft  mit  Schoenewerk  den  musikalischen  Verlag  von  Flaxland, 
und  beendete  das  von  dem  letzteren  bereits  begonnene  Unternehmen,  die  Her- 
stellung einer  französischen  Ausgabe  der  Werke  Robert  Schumann's  und 
Richard  Wagners.  Diesen  folgten  bereits  in  derselben  Weise  die  Werke  anderer 
deutscher  Componisten  der   Gegenwart. 

Durst,   Matthias   (III,  295),  starb  am   2.   Mai   1875  in   Wien. 

Duvernoy,  Victor  Alphonse,  Pianist  und  Compouist,  geboren  zu  Paris, 
den  30.  August  1842,  besuchte  das  dortige  Couservatorium.  aus  welchem  er  als 
ein  trefflicher  Ciavierspieler  hervorging.     Nachdem  er  sich  in  London  und  Paris 


94  Duvois  —  Eigenthüinlichkeit. 

als  eleganter  Clavierspieler  Erfolge  erworben,  widmete  er  sich  dem  Unterricht 
und  der  Composition.  üegen  1869  gründete  er  in  Paris  Soireen  für  Kammer- 
musik, in  Geraeinschaft  mit  Leonhard  Stiehle,  Trombetta  und  Leon  Jacquard. 
Die  von  D.  zur  Aufführung  gebrachten  Compositionen  erwarben  sich  in  hohem 
Maasse  die  Grünst  des  Publicums.  Es  gehören  dazu:  zwei  sinfonische  Frag- 
mente, Romanzen  und  Scherzetto:  ein  Clavierconcert  mit  Orchester;  eine  Or- 
chestersuite; ein  Heft  Lieder  (nSix  melodies  avec  accompaffnementa) ;  Grenre- 
stücke  für  Ciavier. 

Duvois,  Charles,  Organist  und  Componist,  geboren  zu  Strassburg  1830, 
übernahm  sechzehn  Jahr  alt  das  Organistenamt  an  der  Kirche  St.  Louis  in 
seiner  Vaterstadt.  1851  wurde  er  Kapellmeister  der  Kathedrale  zu  Autun, 
später  in  der  Stadt  Moulins  (Allier)  Kapellmeister  und  Organist,  wo  er  eine 
Singschule  errichtete,  die  zu  den  besten  in  Frankreich  gerechnet  wird.  Folgende 
Lehrwerke  wurden  von  ihm  verfasst  und  herausgegeben:  1)  y>Le  mecanisme  du 
jnano  applique  ä  Vetude  de  Vharmonievi  (Paris,  Heugel).  2)  y>Principes  de  musique 
vocale«.  (Strassburg,  1845).  3)  y>Nouvelle  Methode  d' acco7npagnement  du  jüain-chanH 
(Paris,  Leduc).     Ferner  mehrere  kirchliche  mehrstimmige   Vocalcompositionen. 

Dwigüt,  John  Sullivan,  Schriftsteller,  geboren  am  13.  Mai  1813  in 
Boston  in  Amerika,  war  kurze  Zeit  Prediger,  widmete  sich  dann  ausschliesslich 
der  Literatur  und  Musikschriftstellerei.  Er  lieferte  für  verschiedene  Journale 
Aufsätze  über  die  deutschen  Tonheroen.  1872  gründete  er  in  Boston  das,  unter 
seiner  Redaction  noch  fortbestehende  y>Dwiffhfs  Journal  of  musicv-. 


E. 

Eckert,  Carl  (III,  321),  starb  am  14.  October  1879  in  Berlin. 

Edolo,  drei  Brüder,  Henrique,  Joäo  Francisco  und  Jose  Fran- 
cisco, waren  1820 — 1840  in  Porto  als  Musiker  thätig.  Jose  war  als  Violinist, 
Henrique  zugleich  als  Direktor  an  der  italienischen  Oper  daselbst  angestellt; 
Jose  Francisco  ebenfalls  Orchesterdirektor,  veröfientlichte  Ciavierstücke  und 
romanzenähnliche   Gesänge  (Modinhas),  welche  beliebt  waren. 

Eedeu,  Johann  ran  der,  geboren  21.  December  1844  zu  Gent  in  Bel- 
gien, machte  seine  Studien  auf  dem  Genter  Conservatorium  und  errang  dort 
mehrere  erste  Preise.  1863  ging  er  nach  Brüssel  um  bei  Fetis  Contrapunkt 
und  Fuge  zu  studii-en.  Mit  seiner  Cantate  für  Solo,  Chor  und  Orchester:  »ie 
Ventv.  erhielt  er  beim  Concours  national  1865  den  ersten  Preis  zweiter  Cate- 
gorie  und  1869  mit  der  Cantate  »ia  derniere  nuit  de  Fausta  wiederum  den 
ersten.  Er  unternahm  dann  Reisen,  die  ihn  durch  Frankreich,  Italien  und 
Deutschland  führten  und  Hess  sich  darauf  in  Assisi  nieder. 

Ehemauu,  Joh. ,  aus  Dinkelsbühl,  kam  1638  als  Orgelbauer  nach  Ulm  und 
starb  1670.  Im  Jahre  1641  baute  er  die  Orgel  in  der  Dreifaltigkeitskirche, 
die  ohne  Portal  und  Kasten  503  fl.  kostete,  und  von  welcher  der  Riss  in  Zei- 
ler's  Topographie  sich  befindet.  Sie  ist  grösstentheils  auf  Kosten  der  Brüder 
Jos.  und  Abraham  Furtenbach  erbaut,  wurde  1690  von  Phil.  Vingelii  aus 
Eisenach  und  später  1711 — 18  mit  einem  Aufwände  von  fast  2000  fl.  repai'irt; 
sie  hatte  15  Register,  2  Cjnnbeln  und  1  Vogelsang,  und  war  in  zwei  Haupt- 
werke abgetheilt.  Die  übrigen  Werke  E.'s  waren  meist  Hausorgeln,  die  jener 
Zeit  sehr  beliebt  waren  und  den  häuslichen   Gesang  sehr  beförderten. 

Eigenthümlichkeit  ist  die  besondere  Aeussei-ungsweise,  welche  das  eine 
Individuum  vor  dem  andern  auszeichnet,  die  nur  ihm,  nicht  auch  dem  andern 
eigen  ist.  Diese  Eigenthümlichkeit  des  Individuums  wird  zur  Stammeseigen- 
thümlichkeit,  wenn  sie  sich  vorwiegend  bei  allen  Gliedern  des  einen  Stammes 
zeigt,    so    dass   dieser   sich   dadurch    von    andern    Stämmen   unterscheidet.      Die 


Eifjjenthiimlirhkcit.  95 

Völker  des  Nordens  unterscheiden  sich  in  wesentlichen  Punkten  von  denen  des 
Südens  und  die  Völker  des  Continents  haben  andere  Eixtnthümlichkeiten  wie 
die  Inselvölker;  die  Bergvölker  wieder  andere  wie  die  Bewohner  des  Üachen 
Landes.  Diese  Eigenthümlichkeiten  des  Individuums,  wie  ganzer  Stämme  und 
Völker,  finden  ihren  Ausdruck  auch  in  ihren  künstlerischen  Erzeugnissen.  Das 
Kunstwerk,  das  sich  nicht  als  eigenthümlich  erweist,  das  nicht  zeigt,  dass  in 
seinem  Schöpfer  ein,  nur  ihm  eigenthümlicher  Zug  sich  geltend  macht,  kann 
im  besten  Falle  nur  Kopie  eines  vorhandenen  sein,  und  ist  von  untergeordnetem 
Werth,  wenn  nicht  ganz  werthlos.  Damit  soll  nicht  gesagt  sein,  dass  das  Kunst- 
werk in  allen  seinen  Theilen  vollständig  neu  sein  rauss,  das  kann  es  nur  in 
den  seltensten  Fällen.  Jede  Aeusserungsweise  ist  auf  gewisse,  übereinstimmende 
Formen  angewiesen,  und  dem  entsprechend  auch  die  künstlerische;  aber  in  der 
besondern  Anwendung  derselben  für  den  künstlerischen  Ausdruck  macht  sich 
dann  die  Eigenthümlichkeit  der  schöpferischen  Hand  geltend.  Diese  zeigt  sich 
schon  in  der  Anwendung  und  Anschauung  des,  zu  verwendenden  Materials. 
Die  verschiedenen  Völker  und  Jahrhunderte  haben  auch  das  Tonraaterial  in 
verschiedener  "Weise  gruppirt  und  unter  verschiedenen  Gesichtspunkten  betrachtet. 
Den  vorchristlichen  Völkern  imponirte  das  reine  Klangmaterial,  der  einzelne 
Ton  und  das  Intervall  und  je  nach  dem  Gebrauch,  den  sie  davon  zu  machen 
veranlasst  wurden,  bilden  sich  die  eigenthümlichen  Musiksysteme  der  Chine- 
sen und  Griechen ,  richtet  sich  die  unterschiedliche  Anwendung  des  Inter- 
valls bei  diesen  Völkern  oder  den  Juden.  Das  Christenthum  giebt  dann  dem 
Ton  insofern  eine  neue  Geschichte,  als  es  ihn  zum  Baustein  für  künstliche 
Formen  macht.  Dadurch  wird  es  veranlasst,  das  ganze  Material  in  Tonleitern 
mit  fest  bestimmten  Intervallenverhältnissen  zu  ordnen,  nach  dem  sogenannten 
System  der  Kirchentonarten;  als  dieses  nicht  mehr  ausreichend  war,  für 
die  weitere  Kunstentwickelung,  namentlich  der  Instrumentalmusik,  gab  es  die 
Musikpraxia  auf  und  adoptirte  unser  modernes  Tonsystem.  Innerhalb  dieser, 
durch  die  Verschiedenheit  und  Eigenthümlichkeit  der  Anschauung  bedingten 
Systeme  macht  sich  dann  die  Besonderheit  des  schaffenden  Geistes  geltend. 
Wirkt  seine  Eigenthümlichkeit  in  gewissem  Sinne  hervorragend  und  neu  schaffend, 
dann  wird  sie  zum  Genie.  Der  neue  Inhalt,  welcher  der  Kunstform  zugeführt 
wird,  erneut  und  verändert  auch  diese,  und  zwar  in  demselben  Maasse,  in  dem 
er  sich  eigenthümlich  erweist.  So  wird  durch  die  mehr  oder  weniger  hervor- 
tretende Eigenthümlichkeit  der  schaffenden  Künstler  die  Entwickelung  der  Kunst 
beherrscht  und  bedingt.  Von  der  Einführung  des  Christenthums  bis  zur  Refor- 
mation ist  es  der  Geist  der  Kirche,  der  die  Entwickelung  der  Tonkunst  be- 
herrscht; aber  daneben  gewinnen  doch  auch  die  besondern  Eigenthümlichkeiten 
einzelner  Völker  hierbei  entscheidenden  Einfluss.  Im  gesangreichen  und  sanges- 
lustigen Italien  trieben  die  frommen  und  gewaltigen  Melodien  des  Gregoria- 
nischen Gesanges  empor;  der  speculative  Sinn  der  Niederländer  entwickelte 
dann  aus  ihnen ,  nachdem  der  immer  rege  Unternehmungsgeist  der  Franzosen 
die  Entwickelung  der  Mehrstimmigkeit  energisch  gefördert  hatte,  jene  künst- 
lichen Formen ,  die  dem  christlichen  Geiste  am  meisten  entsprechend  sind. 
Während  dann  wieder  die  Eigenthümlichkeiten  der  Italiener  —  namentlich  der 
Venetianer  und  Römer  —  für  den  weitern  Ausbau  der  Musikforraen  haupt- 
sächlich eiuflussreich  werden,  bereiten  sich  die  Deutschen  auf  ihre  grosse  Mission, 
alle  diese  verschiedenen  Richtungen  einheitlich  zu  verbinden,  um  dann  jede  dieser 
Formen  in  höchster  Vollendung  hinzustellen,  vor.  Sie  lernten  bei  den  Ita- 
lienern, den  Franzosen  und  Niederländern,  um  dann  das  so  Erworbene  aus  der 
Tiefe  ihres  reichen  (Jemüths  heraus  zu  befruchten  und  zu  neuen,  alle  vorher- 
gehenden überstrahlenden  Kunstwerken  zu  verarbeiten.  Mit  einem  tief  gemüth- 
vollen  Inhalt  erfüllt,  wurden  erst  die  Formen  des  künstlichen  Contrapunkts  zu 
höchsten  Ausdrucksformen;  aber  dieser  neue  Inhalt  schuf  sich  im  Liede  zugleich 
eine  eigene  Form  des  Ausdrucks.  Diese  dann  auf  den  Boden  protestantischer 
Lebensanschauung    verpflanzt,  ergab  den  Choral   und  beide  Formen  wurden  von 


96  El-Gharidh  —  Elisabeth. 

wesentlichster  Bedeutung  für  die  weitere  Entwickelung  der  Tonkunst.  Nach 
Anleitung  dieser  Vocalformen  wurde  auch  der  Tana  zur  Kunstform  erhoben 
und  beide  gemeinsam  bildeten  die  wesentlichste  Grundlage  für  die  neuen  In- 
strumeutalformen,  die  nun  in  reichster  Fülle  emportrieben.  Jetzt  werden  auch 
weniger  die  Stammes-  oder  Völkereigenthümlichkeiten,  als  vielmehr  die  Eigen- 
thümlichkeit  des  einzelnen  Individuums  entscheidend  für  die  Kunstentwickelung. 
Der  Process  aber  bleibt  im  Allgemeinen  derselbe.  Auch  das  Einzelindividuum 
schafft  nicht,  isolirt  und  ohne  Kücksicht  auf  seine  Vorgänger.  Es  lernt  von 
ihnen  was  nur  zu  erlernen  ist,  aber  es  verwendet  dann  das  Erlernte  nach  seiner 
Eigenthümlichkeit;  nach  der  Besonderheit  seiner  Anschauung  von  der  Kunst 
und  dem  durch  sie  dargestellten  Inhalt,  So  nahmen  Bach,  Gluck  und  Händel 
alle  die  verschiedeneu  liichtungen,  nach  welchen  sich  die  Tonkunst  ausgebreitet 
hatte,  in  sich  auf,  um  sie  dann  nach  ihrer  Eigenart  zu  vereinigen  und  zu  ver- 
wenden. Sie  machten  sich  alle  Formen  und  Mittel  ihrer  Zeit  zu  eigen,  um  sie 
dann  ihrer  Individualität  entsprechend  zu  gebrauchen.  Haydns  Eigenart  fühi'te 
ihn  auf  das  niedere  Gebiet  der  Volksmusik;  aber  er  war  zugleich  unab- 
lässig bemüht,  diese  auf  die  höchste  Stufe  der  Kunst  zu  erheben.  So  schuf 
er  jene  unvergänglichen  Instrumentalwerke,  die  den  poetischen  Inhalt  des  Lebens 
an  sich  in  höchster  Gestaltung  darstellen.  Diesen  erfasste  er  vorwiegend  mit 
seiner  Phantasie;  Mozart  dagegen,  mit  seinem  unendlich  tief  und  warm  empfin- 
denden Herzen,  strömte  ihn  aus  mit  einer  alles  überfluthenden,  mächtig 
mit  fortreissenden  Allgewalt;  das  war  seine  Eigenthümlichkeit,  während  Beetho- 
ven die  gewaltigen  Ereignisse  in  Leben  und  Natur  auf  sich  wirken  Hess,  an 
den  Wundern  der  Schöpfung  und  an  den  Weltbegebeuheiten  Herz  und  Phan- 
tasie entzündete,  um  so  zu  Tonbildern  zu  gelangen,  die  einen  überwältigenden 
Eindruck  macheu.  Dann  kamen  jene  Meister,  die  wie  Schubert,  Mendels- 
sohn und  Schumann,  das  sich  selbst  empfindende  Subject  zum  Gegenstände 
ihrer  künstlerischen  Darstellung  machten,  jeder  wieder  nach  seiner  besondern 
Eigenthümlichkeit.  In  ihr  ruht  dementsprechend  die  Hauptbedingung  der 
Portentwickeluug  der  Kunst.  Leicht  wird  die  Eigenthümlichkeit  auch  zur 
Manier,  wenn  sie  einzelne  Darstellungsweisen  einseitig  und  mit  besonderer  Vor- 
liebe verwendet.  In  solchem  Falle  wird  die  Eigenthümlichkeit  hemmend  und 
nicht  fördernd.  Der  Künstler  muss  sämmtliche  Mittel  der  Darstellung  gleich- 
massig  beherrschen  und  nur  in  der  besondern  Art  der  Anwendung  derselben 
darf  sich  seine  Eigenthümlichkeit  zeigen,  nicht  aber  darin,  dass  er  die,  seinem 
Naturall  meist  entsprechenden  Ausdrucksmittel  einseitig  bevorzugt. 

El-Gharidh,  Abd-El-Melek,  arabischer  Sänger,  ein  Freigelassener,  lebte 
im  ersten  Jahrhundert  der  Hegira  und  war  Schüler  des  berühmten  Sängers 
und  Componisten  Ibn  Souvaydi,  als  dessen  Rival  er  später  wiederholt  auftrat; 
aber  obgleich  jung  und  schön,  was  sein  Lehrmeister  durchaus  nicht  war,  ver- 
mochte er  nicht  diesen  zu  besiegen.  Durch  seinen  ungeregelten  Lebenswandel 
wurde  er  genöthigt,  Mekka  zu  verlassen.  Er  zog  sich  nach  Yaman  zurück, 
wo  er  hoch  betagt  im  Jahre  98  der  Hegira  (716 — 717,  der  christlichen  Zeit- 
rechnung)  starb. 

Elisabeth,  Königin  von  England,  Tochter  Heinrich  VIII.  und  der  Anna 
Boleyn,  geboren  1533,  gestorben  1603,  gehörte  zu  den  Fürstinnen,  welche  die 
Musik  liebten  und  beschützten.  Sie  spielte  selbst  mit  Fertigkeit  das  Virginal, 
und  das  Virginal  Book,  welches  sie  benutzte  und  das  erhalten  ist,  enthält 
Stücke  von  ziemlicher  Schwierigkeit.  Zu  ihrer  Verherrlichung  wurde  eine  Samm- 
lung von  Gesängen  herausgegeben,  welche  von  den  ersten  Dichtern  und  Musi- 
kern gedichtet  und  componirt  sind,  und  in  welchen  unter  dem  Namen  »Oriana« 
die  Königin  glorificirt  wurde.  Thomas  Morley  veranstaltete,  auf  Veranlassung 
des  Lord  Nottingham,  diese  Sammlung,  welche  1601  unter  folgendem  Titel 
erschien:  y>The  triwmphs  of  Oriana,  to  ßve  and  six  vayces,  composed  by  several 
authorsa.  Es  waren  im  Ganzen  neunundzwanzig  Gesänge,  von  welchen  jeder  mit 
den  Worten  schloss:   r)Lony  lim  fair  Oriana<s.. 


I 


Ellerton  —  Eschstruth.  97 

Ellertoii,  John  Lodge  (III,  303),  starb  um  3.  Januar  1873  zu  London. 
Elssuer,  Jacob.  Illuininist  zu  Nürnberg.  »Dieser  Elssucr  war  ein  sehr 
angenehmer  Mann  bey  den  Erbarn  Bürgern  und  des  Lautensclilagcns  verstän- 
dig, dero  halben  ihn  auch  die  gro.ssen  Künstler  im  Orgelschlagen,  welche  waren: 
Sebastian  Imhof.  Wilhelm  Haller  und  Lorenz  Hauber  sehr  lieb  hatten,  waren 
mit  andern  ihren  (lesellen  täglich  um  und  bey  ihm.  Er  Conterfeyet  sie  auch 
und  illuminiret  ihnen  schöne  Becher  und  macht  ihnen  ihre  Wappen  und  Cleinot 
damit  sie  von  Kayser  und  Königen  begabt  waren  in  ihre  Wappenbrief;  dieser 
Zeit  war  keiner,  der  das  Gold  so  rein  machet,  als  er.  Starb  a.  1547.a  Job. 
Neudorffers  Nachrichten  von  den  vornehmsten  Künstlern  und  Werkleuten  so 
etc.  (1446 — 1660).  Nürnberg  lJ^'28,  nach  dem  Manuscript  herausgegeben  von 
Dr.  Friedr.  Campe. 

Elirart,  Antoine  Elie  (III,  356),  starb  am  15.  October  1877. 

Emde,  Christian  (III,  357),  starb  am  30.  December  1874. 

Emmerich,  Robert,  ist  am  23.  Juli  1836  in  Hanau  geboren,  genoss  den 
Unterricht  von  Th.  Stauffer  und  Alb.  Dietrich  und  lebt  gegenwärtig  als  Musik- 
dii'ektor  in  Darmstadt.  Von  seinen  Compositionen  bestehend  in  zwei  Opern : 
»Der  Schwedensee«  und  »Van  Dyck«,  Sinfonien,  Ciavierstücken  und  Liedern 
haben  die  letzteren  weitere  Verbreitving  gefunden. 

Empedoklcs  (III,  359),  ist  um  490  v.  Chr.  geboren,  stürzte  die  Aristo- 
kratie in  seiner  Vaterstadt  um  444,  worauf  ihm  die  Königswürde  angeboten 
wurde,  die  er  indess  ablehnte,  um  eine  reine  Demokratie  einzuführen.  Als  eine 
ihm  feindliche  Partei  in  Agrigent  an  die  Spitze  der  Regierung  kam,  ging  er 
nach  dem  Peloponnes  und  starb  hier  in  freiwilliger  Verbannung  um  430. 

Engel,  Carl,  Musikhistoriker  in  England;  von  ihm  erschienen:  1)  »TÄe 
Music  qf  the  most  ancient,  nations  particularly  of  tJie  Ässyrian,  Egyptian  and 
HJebreivs,  with  special  reference  to  recent  discoceries  in  Western  Äsia  and  in 
Egypt,  many  illustrationsa,  2)  »Iniroduction  to  the  study  of  national  music«; 
3)  nSeßections  on  church  music«,  1.  Bd.  in  8*^.  4)  y>A  descriptive  Catalogue  of 
the  musical  instruments  in  the  South  Kensington  Museuyn,  precede  hy  an  Essay 
on  the  history  of  musical  instruments«.  1  B.  in  8*^. 

Engel,  David  Herrmann  (111,371),  starb  am  3.  Mai  1877  in  Merseburg. 

Englisches  Hörn  (III,  378).  Das  Instrument  ist  eigentlich  nie  ganz  ausser 
Gebrauch  gekommen.  Haydn  schrieb  beispielsweise  mehrere  Divertimenti  für 
»zwei  englische  Hörner,  Waldhörner  und  Streichinstrumente«.  Beethoven  com- 
ponirte  ein  Trio  für  zwei  Oboen  und  englisches  Hörn  (Oj).  87  in  C).  Mit 
grossem  Effect  verwendeten  das  Instrument  unter  anderen  auch  Rossini  und 
Bellini  in  einzelnen  ihrer  Opern. 

Erasmns  Koterdamns,  Desiderius,  ausgezeichneter  Theologe  und  Schrift- 
steller der  Reformationszeit,  namentlich  als  Meister  der  lateinischen  und  grie- 
chischen Sprache  weltberühmt,  ist  am  28.  October  1467  zu  Rotterdam  geboren. 
Er  war  als  Chorknabe  am  Dom  zu  Utrecht  Schüler  des  Jacob  Hobrecht  und 
scheint  in  der  Musik  eine  bedeutende  Fertigkeit  gewonnen  zu  haben;  wurde 
er  doch  der  Lehrer  Glarean's  und  H.  Delmotte  in  seiner  Schrift  über  Roland 
de  Lattre  (deutsch  von  S.  W.  Dehn  1837)  nennt  unter  den  nAuctores  muisci 
praecipui  et  excellentissimi«  auch  Erasmus  Roterdamus.  Hawkins  in  seiner '»//is- 
toty  of  music«  (III,  60),  führt  einige  Urtheile  des  Erasmus  über  Sänger  und 
Gesangmanieren  seiner  Zeit  an  und  Bouwsteenen  (Jahrg.  II,  p.  16)  erwähnt 
»Lofzangen  von  Erasmus,  te  Venetie  uitgegeven«. 

Erk,  Friedrich  Albrecht  (III,  410),  starb  am  7.  November  1878  in 
Düsseldorf. 

Erl,  Joseph  (III,  414),  starb  am  2.  Januar  1874  in  Hütteldorf  bei  Wien. 

Erlanger,  Max   (III,  414),  starb  am   24.  Mär/   1873. 
"Eschstruth,    Hans    Adolph    Freiherr    von    (111,421).      Sein    hierher   ge- 
höriges Hauptwerk  ist:    »Musikalische   Bibliothek    für    Künstler  und  Liebhaber, 
Erstes  Stück.«     Marburg  und   Giessen   1784.      Zweites   Stück,   1785. 

Musikal.  Conrers.-Leiikon.    RrKänznn^sband,  > 


98  Eslava  —  Exaudet. 

Eslava,   Miguel  Hilario   (TIT,  424),  starb  im  August  1878. 

Ea-uioll  (in,  424).  Die  EsmoU-Tonart  ist  nicht  so  ungebräuchlich,  wie 
in  dem  Artikel  des  Hauptwerks  behauptet  wii'd.  Beethoven  wendete  sie  in  der 
Einleitung  zu  seinem  Oratorium:  »Christus  am  Oelbergea,  8pohr  in  der  Ein- 
leitung der  Ouvertüre  zur  »Jessonda«,  Bach  in  seinem  »Wohltempcrirten 
Ciavier«   an   u.   s.  w. 

Espadero,  N.  Ruiz,  talentvoller  Pianist  und  Componist,  Creole,  geboren 
1835  in  der  Havanna,  war  Schüler  von  Arizti,  und  lebt  dort  seit  Jahren  in 
geachteter  Stellung.  Er  schrieb  eine  Reihe  von  Ciaviersachen,  charakteristische 
und  Saloustücke,  die  sich  durch  Eleganz  und  Ursprünglichkeit  auszeichnen. 
Sie  reichen  bis  Opus  61  (»C/iant  du  Guargiro,  gründe  sehne  earacteristique  cubaine«) 
und  sind  sämmtlich  bei  Escudier  in  Paris  erschienen. 

Espagne,  Franz  (III,  424),  starb  im   Mai   1878   in  Berlin. 

Espent,  Pierre,  Organist  und  Componist,  zu  Marseille  am  28.  Aug.  1832 
blind  geboren,  war  Schüler  des  Blindeninstituts  daselbst,  und  erhielt  1851  von 
Adam  den  grossen  Instrumental-Compositionspreis  zugesprochen.  1858  wurde 
er  Lehrer  des  neu  errichteten  Blindeninstituts  zu  Nancy  und  1865  ebenfalls 
am  Blindeninstitut  zu  Marseille  Musiklehrer  für  die  höheren  Classen.  Gleich- 
zeitig übernahm  er  daselbst  den  Organistenposten  an  der  Kirche  Notre  Dame 
de  la  Garde.  Seine  Compositionen,  die  sich  durch  gute  Faktur  auszeichnen, 
bestehen  in  einer  Sinfonie,  zwei  Ouvertüren,  zwei  Fantasien  für  grosses  Or- 
chester, einer  grossen   Cantate  und  mehreren   Messen, 

Espin  y  Gnilleu,  Joaquin,  Pianist,  Organist  und  Componist,  geboren  zu 
Velilla  im  Bisthum  Siguenza  am  4.  Mai  1812 ,  machte  sich  zuerst  durch 
mehrere  kleine  komische  Opern,  die  in  Malrid  aufgeführt  wurden,  bekannt. 
1842  untei'nahm  er  die  Herausgabe  der  Musikzeitung  »i«  Iheria  musicala,  der 
ersten  dieser  Art  in  Spanien.  Er  schrieb  für  diese  Zeitung  viele  musikge- 
schichtliche, aesthetische  und  biographische  Artikel.  1845  trat  er  wieder  mit 
einer  spanischen  Oper  hervor,  y)Padilla,  6  el  Äsedio  de  Medinaa.  1845  wurde 
er  zum  zweiten  Organisten  der  königl.  Kapelle  und  zum  Oesanglehrer  am  Con- 
servatorium  ernannt,  auch  übernahm  er  die  Chordirection  der  Oper.  Er  bil- 
dete viel  treffliche  Sänger.     Sein  Sohn: 

EspiU)  Joaquin  y  Perez,  der  bereits  mehrere  Compositionen  für  Or- 
chester veröffentlichte,  ist  zur  Zeit  Musikdirektor  in  Bukarest;    seine  Tochter: 

Espin,  Julia  y  Perez,  welche  zuerst  als  Prima  Donna  am  Theater  della  Scala 
in  Mailand  engagirt  war,  ist  seitdem  an  verschiedenen  Theatern  in  Russland  thätig. 

Esser,  Heinrich   (111,425),  starb  am  3.   Juni   1872  zu  Salzburg. 

Essipoff,  Frau  Annette  von,  treffliche  Pianistin,  geboren  in  Russland, 
jetzt  verheiratet  mit  dem  Pianisten  Theodor  Leschetitzky,  erhielt  in  Petersburg 
und  vornehmlich  von  ihrem  jetzigen  Gatten ,  ihre  musikalische  Ausbildung. 
Nachdem  sie  in  ihrem  Vaterlande  die  ersten  Proben  ihrer  Virtuosität  abgelegt 
hatte,  unternahm  sie  1875  eine  grosse  Kunstreise.  Sie  ging  zunächst  nach 
Paris,  wo  sie  in  Kammermusik-Soireen  in  Gemeinschaft  mit  Henri  Wieniawsky 
und  Davidoff  und  auch  in  anderen  Concerten  nennenswerthe  Erfolge  errang. 
Hierauf  concertirte  sie  in  London  und  in  vielen  Städten  Deutschlands.  Ihre 
grösst«n  und  andauerndsten  Erfolge  erwarb  sie  in  Amerika  1876 — 77,  wo  sie  viele 
und  besuchte  Concerte  gab.  Ihre  ganze  Spielweise  erweist  sich  namentlich  für  die 
Ausführung  der  Musik  von  Schubert,  Schumann  und  Chopin  vortrefflich  geeignet. 

Enklides  (III,  436).  Eine  der  Abhandlungen  über  Musik,  welche  diesem 
Schriftsteller  zugeschrieben  worden,  erschien  1566  in  einer  französischen  Ueber- 
setzung  unter  dem  Titel:  »ie  livre  de  la  musique  d.Euclide,  traduit  par  P.  For- 
cadel, lecteur  du  JRoy ,  des  mathematiquesvi.  A.  Paris,  chez  Charles  Perier  au 
Bellerophon,  rue  St.-Jehan  de  Bauvais.   1566,  in  12  de  24  feuillets  non  pagines. 

Evers,  Karl  (111,442),  starb  am   31.  December  1875   in  Wien. 

Exandet,  Joseph  (III,  443),  ausser  der  erwähnten  Menuett  sind  von  ihm 
noch   bekannt:   y>Siic  sonates  pour  violon  et  basse.a     Paris,  Boivin. 


Fuber  —  Fainiuzin.  99 


F. 

Faber,  Dani(>l  T  oh  ins  (TTT,  448),  war  Organist  zu  Craylshoim ,  nicht 
Craylsdoif. 

Faber,  Peter  (111.  449),  sein  Werk  führt  den  '^ritcl:  »Agonisticon«  und 
nicht  »Agnusticono. 

Fabrizio,  richtiger  Fabrizi,  Paolo  (III,  451),  wurde  1809  (nicht  1H12) 
zu  Onibrio  in  Spoledo  gehören  (siehe  »Francesco  Florimo:  Ccnno  fitorico  sulla 
scuola  musicale  ili  NapolU);  leLle  in  Neapel  in  gliiuzender  Stellung,  trotz 
seiner  Mittelnlässigkeit  und  zum  Nachtheil  besserer  Künstler  mit  Aeratern  über- 
häuft.    Er  starb   daselbst  am  3.  März   1869. 

Faccio,  Franco,  Componist,  Orchesterdirektor  und  Concertmeister  am 
Theater  della  Scala.  wurde  am  8.  ^lärz  1841  als  der  Sohn  eines  Kellners  ge- 
boren. Die  Eltern  ermöglichten  es,  den  musikalisch  begabten  Knaben  das 
Conservatorium  in  Mailand  besuchen  zu  lassen,  welches  er  als  sehr  geschickte)' 
Pianist  und  als  einer  der  besten  Compositiousschüler  verliess.  Eine  Concert- 
ouverture  und  die  1863  aufgeführte  O^^er  »Profughi  Fiamminghi«  wurden  als 
beachtenswerth  bezeichnet;  die  zweite  Oper  »Amleto«,  erlitt  wegen  des  Textes 
(von  Arrigo  Boito)  eine  Niederlage.  Zwei  Hefte  Lieder  erschienen  bei  ßicordi 
in  Mailand  im  Druck:  »Albummelodico«  und  »Cinque  canzonette  veneziane«,  F. 
ist  Lehrer  des  Coutrapunktes  und  der  Fuge  am  Conservatorium  in  Mailand 
und  bekundet  als  Orchesterdirektor  hervorragende  Eigenschaften.  Der  »Frei- 
schütz« von  Weber  wurde  durch  ihn  zuerst  den  Italienern  bekannt  gemacht. 

Fago,  Nicolö  (III,  453),  dessen  Geburtsjahr  Franscesco  Florimo  mit  1674 
angiebt,  starb  in  Neapel.  Bekannt  sind  von  seinen  Werken  noch:  1)  »Credidi« 
ein  neunstimmiger  Psalm  mit  Violinen,  Alt,  Bass  und  Orgel.  2)  Amen  und 
Sicut  erat  für  vier  Stimmen  mit  Bass.  3)  Toccate  für  Ciavier.  4)  Zwölf  Can- 
taten  für  eine  Stimme  mit  Bass.  Zur  musikalischen  Bibliothek  des  Dr.  Basevi 
in  Florenz  gehört  »Faraone  sommerso«,  Oratorium  für  vier  Stimmen  mit  In- 
strumenten. Ein  lyrisches  Drama  »Astario«  von  Fago  wurde  1709  in  Neapel 
im  Theater  San-Bartolomeo  aufgeführt. 

Fahrbacb,  Philipp,  jüngerer  Sohn  des  Flötisten  Joseph  Fahrbach  (III, 450), 
erwarb  sich  als  Componist  von  Tanzmusik  und  Dirigent  eines  entsprechenden 
Orchesters  in  Oestreich  und  Ungarn  weit  verbreiteten  Ruf.  Er  ist  zu  Wien 
1843  geboren  und  erhielt  von  verschiedenen  Lehrern  Unterricht  im  Ciavier-, 
Yiolin-  und  Flötenspiel,  bis  er  in  das  Orchester  seines  Vaters  als  erster  Geiger, 
dann  als  erster  Flötist  eintrat.  Seine  ersten  Tanzconipositionen  lieferte  er 
bereits  im  siebzehnten  Jahre.  Nachdem  er  1865  eine  Zeitlang  die  Direction 
mit  seinem  Vater  getheilt  hatte,  übernahm  er  in  Wien  selbständig  ein  Or- 
chester, und  erlangte  durch  seine  Geschicklichkeit  als  Dirigent  und  durch  seine 
sehr  ansprechenden  Tanzcompositionen  bald  ausgebreiteten  Ruf.  1870  wurde 
er  Kapellmeister  des  23.  Infanterie-Regiments  Baron  Ajroli  und  seit  1872  leitet 
er  in  Pest  in  Ungarn  vielbesuchte  Conci.rte,  in  denen  er  seine  Tauzcomi^ositionen, 
die  zur  Zeit  ebenso  beliebt  sind  wie  die  von  Strauss,  ausführt.  Bei  Heugel 
in  Paris  erschienen  in  Auswahl  dreissig  Stück  dieser  Tänze,  Walzer,  Polka's, 
Mazurka's   und   Galoppe  unter  dem   Titel:   y>Les  soirees  Je   PesfJiv. 

Faisst,  Immanuel  Gottlob  Friedrich  (III,  457),  war  nicht  Schüler  von 
Dehn,  Thiele  und  Haupt,  sondern  ist  nach  seiner  eignen  Angabe  in  musika- 
lischen Dingen  Autodidakt. 

Fallouard,  Pierre  Jean  Mich.  (111,460),  starb  den  6.  April   1865. 

Famiuziu,  Alexander  Sergiewitsch,  geboren  l.s41  zu  Kaluga  in  Russ- 
land, widmete  sich  anfangs  den  Naturwissenschaften,  erwählte  aber  dann  die 
Musik  als  Beruf.  Nachdem  er  bei  dem  damals  in  Petersburg  lebenden  vortrefl'- 
lichen    deutschen   Tonkünstler   Jean   Vogt    ernsfe    theoretischo    Studien    gem.icht 


JOO  Fanucchi  —  Farrobo, 

hatte,  ging  er  (1862)  nach  Leipzig,  wo  er  bis  18G5  blieb  und  hier  den  Unter- 
richt von  Hauptmann  und  Richter  genoss.  1866  wurde  er  Professor  der  Musik- 
geschichte und  Aesthetik  am  Conservatoriuui  der  Musikgesellschaft  in  Peters- 
burg, 1870  aber  Secretair  der  Hauptdirection  dieser  Gesellschaft.  Im  December 
1875  wurde  in  Petersburg  seine  Oper  »Sardanapal«  mit  Beifall  aufgeführt.  Ausser- 
dem schrieb  er  Ciavierstücke,  Lieder,  mehrere  Streichquartette,  ein  Clavierquin- 
tett,  eine  russische  Rhapsodie  für  Violine  und  Orchestei",  eine  sinfonische  Dich- 
tung: »Der  Zug  des  Dionysos«  u.  a.  Auch  als  Schriftsteller  ist  F.  thätig.  Seit 
1869  giebt  er  die  russische  Zeitschrift  »Musikalische  Saison«  heraus,  und  ist 
an  der  »St.  Petersburger  Zeitung«  und  dem  i'ussischen  »Musikblatt«  thätig. 
Ferner  übersetzte  er  das  »Lehrbuch  des  Contrapunkts«  von  E.  F.  Richter,  die 
»Allgemeine  Musiklehre«  von  A.  B.  Marx  und  die  »Modulationslehre«  von 
F.  Draeseke. 

Fauucclii,  Domenico,  geboren  zu  Lucca  gegen  1795,  Schüler  von  Dome- 
nico Quilici  in  der  Coraposition  und  des  Domenico  Puccini  für  die  Orgel,  war 
einer  der  vorzüglichsten  Orgelspieler  seiner  Zeit.  Er  war  lange  Jahre  Musik- 
lehrer am  Seminar  San-Martino,  und  unterhielt  eine  Privatmusikschule,  aus  der 
zahlreiche  Sänger  hervorgingen.  Seine  Compositionen,  grösstentheils  im  ä  capella 
Styl,  sind  leicht  und  melodisch  und  bestehen  in  Kirchenstücken  des  verschie- 
densten Grenres.  Es  sind  darunter  Messen,  Motetten,  Hymnen,  Graduale  u.  s.  w. 
F.  starb  zu  Lucca  am  24.  Juni  1862. 

Fargas  y  Soler,  Antonio,  Musikschriftsteller  in  Spanien,  hat  es  unter- 
nommen ein  biographisches  Lexikon  herauszugeben.  Dasselbe  erscheint  seit 
1866  in  dem  Journal  »la  Espana  musical«  allwöchentlich  in  Fragmenten.  Der 
Titel  des  für  acht  kleine  Bände  berechneten  Werkes  ist  -uBiografias  de  los  Mu- 
sicos  mas  distinguido  des  todos  los  paisesa.  Es  soll  indessen  an  Zuverlässigkeit 
sehr  viel  zu  wünschen  übrig  lassen.  Derselbe  Autor  veröffentlichte  auch  -aDiccio- 
nario  de  Musicaa. 

Faria,  Luiz  da  Costa,  geboren  zu  Gruarda  (Portugal)  1679,  wo  er  auch 
Theologie  studirte.  Er  wurde  1704  Priester  und  bekleidete  mehrere  wichtige 
Aemter  in  der  Provinz  Miuho.  Barbosa  Machado  führt  mehrere  Werke  von 
•ihm  an,  z.  B.  •»Zarzuelas  Vilhancicosa,  ohne  jedoch  anzugeben,  ob  nur  die  Worte 
oder  auch  die  Musik  von  F.  herrühren.  Er  nennt:  y)Fabula  de  Älfeo  e  Aretusa 
ßesta  Tiarmonica  etc.a^  Lissabon  1712,  in  4".  riEl  poder  de  la  Harmonia  ßesta 
de  Zarzuelaa,  Lissabon  1713,  in  4'^.  y>  Vilhancicosa,  für  das  Fest  des  heiligen 
Vincent.  Lissabon  1719 — 1721,  22,  23.  Vier  Sammlungen,  In  dem  Werke: 
■stMusicos  portuguezesi)  von  Joaquim  de  Vasconcellos,  Th.  I,  S.  98  sind  die  Titel 
noch  specieller  angegeben. 

Farinel,  französischer  Componist,  der  Ende  des  17.  und  Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts lebte  und  von  dessen  Compositionen  noch  bekannt  sind:  1)  Concert 
in  zwei  Abtheilungen  und  Prolog;  2)  »Zes  chants  de  la  paixv,  Concert,  aufge- 
führt in  Lyon  1704;  3)  r>VTInion  de  la  France  et  de  VEspagne«^,  ebenfalls  1704 
in  Lyon  aufgeführt. 

Farrenc,  Jacques  Hippolyte  Aristide  (III,  470),  starb  zu  Paris  am 
31.  Jan.  1865.  Seine  ausnehmend  reiche  musikalische  Bibliothek,  von  welcher 
der  Catalog  1866  in  Paris  bei  Delion  erschien,  wurde  verkauft.  Ein  kleines 
Schriftchen  aus  der  Feder  von  F.  ist:  »Zes  Goncerts  Jiistoriques  de  M.  Fetis  ä 
Pans<i,  in  8°,  23  p. 

Farrenc,  Mme.  Jeanne  Louise  (III,  471),  die  Gattin  des  Vorigen,  starb 
zu  Paris  am  15.  September  1875,  72  Jahre  alt.  Bis  zum  Jahre  1873  wirkte 
sie  als  Lehrerin  am  Conservatorium.  Einige  ihrer  vortrefflichen  Compositionen, 
das  Andante  ihrer  G-moll  Sinfonie  und  das  Trio  für  Ciavier,  Flöte  und  Vio- 
loncell  kamen  im  letzten  Jahre  ihres  Lebens  in  Paris  zur  Aufführung.  Sie 
beendete  das  von  ihrem  Gatten  begonnene,  aus  23  Bänden  bestehende  Sammel- 
werk »ie  tresor  des  Fianistesv. 

Farrobo,    Gi'af    von,     portugiesischer    Edelmann,     ausgezeichneter    Musik- 


Fasamann  —  Faure.  101 

dilettant,  der  sich  in  den  Jiihren  1830 — 60  in  Li8.sal)on  um  die  Föi'derung  der 
Kunst  und  der  Künstler  in  hervorragender  AVeisc  verdient  goraacht  hat.  F. 
leitete  auch  einige  Zeit  sehr  zum  Vorthcile  desselhen  das-  Theater  Sau-Carlos 
in  Lissa])on.     Er  starb   vor  wenigen   Jahren. 

FasHinaun,  Auguste  von  (III,  473),  starb  im  Februar  1H74. 

Fastre,  Joseph,  niederländischer  Musikex",  geb.  zu  Fiessingen  am  22.  Juni 
1783,  1803  trat  er  in  den  Dienst  eines  französischen  Regiments,  später  liess 
er  sich  in  Haag  nieder,  wo  er  1830  Mitglied  der  königl.  Kapelle  und  Professor 
am  Conservatorium  wurde.  Ungefähr  dreissig  seiner  Compositionen  für  Flöte, 
Clarinctte  und  Ciavier  wurden  gedruckt.  Ausserdem  erschienen:  eine  von  ihm 
verfasstc  Gesangschule  (bei  Donij  in  Haag)  und  y>J2  tweestemmüje  zanrjsUikjes 
ijeschikt  om  te  dienen  bij  hef  onderwijs  der  jeugd»,  ferner  »72  driestemyyiige  zang- 
nfiikjesv;  »6*  driesfeynmige  gezangen«;  2  Soprane  und  Contr'alt.  Für  den  Volks- 
gcsang  und  die  gute  Ausführung  der  Musik  in  Haag  hat  sich  F.  anerkannte 
Verdienste  erworben.  Er  starb  am  13.  April  1842.  Von  seinen  vier  Söhnen 
starb  der  eine  als  Flötist  und  Gruitarrist  gegen   1835  in  Indien. 

Fau,  Julien  Dr.,  Musikliebhaber  in  Paris,  brachte  eine  Sammlung  von 
unerefähr  hundert  Stücken  der  seltensten  und  schönsten  alter  Instrumente  zu- 
samraen,  die  in  den  Besitz  des  Pariser  Conservatoriums  übergegangen,  eine  Zierde 
des  Museums  der  Instrumente  desselben  bilden.  Fünfzehn  höchst  seltene  Stücke 
erwarb  Dr.  F.  in  Venedig  vom  Grafen  Pietro  Correr,  in  dessen  Palais  er  die 
mit  hundertjährigem  Staube  bedeckten  Instrumente,  von  dessen  Vorfahren  her- 
rührend, musterte.  Einer  dieser  Ahnen,  Simon  Contarini,  war  Gesandter  an  ver- 
schiedenen Höfen  gewesen  und  führte  stets  eine  erlesene  Kapelle  mit  sich;  so 
darf  man  annehmen,  dass  die  Instrumente  von  den  Virtuosen  derselben  benutzt 
wurden.  Die  von  F.  ausgewählten  Instrumente  sind:  Ein  prächtiges  Barbiton, 
kleine  Bassgeige  mit  sechs  Saiten,  des  berühmten  Lautenmachers  Gaspard  de 
Salo;  fünf  italienische  Lauten  und  Basslauten,  Meisterstücke  der  venetianischen 
Lautenmacherkunst,  gezeichnet  Matteo  Seilas  und  Cristofero  Cocho.  Ferner 
Instrumente  von  Holz  oder  schwarzem  Leder  von  der  höchsten  Seltenheit, 
darunter  ein  Serpent  mit  Schlüsseln  versehen  von  seltsam  schöner  Form,  aus 
dem  16.  Jahrhundert;  ein  Krummhorn,  ganz  seltenes  Exemplar  aus  demselben 
Jahrhundert,  und  mehrere  Arten  Hörner  und  Cornets,  darunter  eines  mit 
Arabesken  in  Gold  herrlich  verziert.  Ein  Signalhorn  von  1^2  Meter  Länge, 
dessen  eines  Ende  eine  vierkantige  Spitze  bildet,  so  dass  das  Instrument  auch 
als  Jagdspiess  benutzt  werden  konnte.  Die  ausserdem  noch  erwähnenswerthesten 
Instrumente  der  genannten  Sammlung  sind:  zwei  Lauten,  Heerpauken  der 
Cavallerie  aus  der  Zeit  Ludwigs  XIII.  Ein  Kehmangeh  (s.  Band  VI,  S.  26), 
mit  Elfenbein-Fassung;  ein  Balalaika  (1,420);  ein  Che  (chinesisches  Saiten- 
instrument mit  beweglichem  Steg)  mit  dreizehn  Saiten.  Eine  Leieroi'gel,  eine 
reizende  kleine  Leier  aus  dem  16.  Jahrhundert,  eine  schöne  Bassgeige  von 
Zanetto,  eine  grosse  Bassgeige  mit  sieben  Saiten.  Ein  französisches  Spinett, 
geschmückt  mit  Gouache-Malereien,  gezeichnet  Philippe  Denis   1672. 

Fauconier  nicht  Faaconnier,  Benoit  Constantin  (111,475).  Zu  seinen 
Compositionen  gehören  noch  fünf  Messen  für  grosses  Orchester,  von  denen 
drei  gedruckt  sind  (Schott);  eine  grosse  Messe,  dem  Erzbischof  von  Paris 
zugeeignet;  mehrei'e  Cantaten,  in  Brüssel  im  Theater  aufgeführt;  zwölf  Stücke 
für  Harmoniemusik;  kurz  gefasste  Schulen  für  die  verschiedenen  Instrumente: 
Posaunen,  Hörner,  Bügelhorn,  Bassgeige  u.  s.  w.  F.  ist  zum  Mitglied  der 
Akademie  der  h.   Cäcilie  in  Rom  ernannt. 

Faure  (III,  475),  der  berühmte  Baritonist  der  französischen  Oper  heisst 
mit  Vornamen  Jean  Baptiste  und  ist  am  15.  Januar  1830  in  Moulins  (AUicr) 
als  der  Sohn  eines  einfachen  Kirchensängers  geboren.  Seine  Gattin  Constance 
Caroline  geb.  Lefebvre  ist  zu  Paris  am  21.  December  1828  geboren.  Sie  ver- 
liess  bald  nach  ihrer  Verheiratung  mit  Faure,  die  gegen  1862  stattfand,  zum 
grössten  Bedauern    des   Publicums  die  Bühne. 


]Q2  Faurc  —  Ferrari. 

Faurc,  Gabriel,  französisclu-r  Pianist,  Organist  und  Componist,  erhielt 
in  der  Kii-chcnrausikscliule  seine  Ausbildung  und  errang  1860  und  61  die  ersten 
Preise  für  Clavicrspiel  und  Composition.  Es  erschien  von  ihm  eine  Sammlung 
»Quatre  Melodiesa  (Paris,  Hartmann)  und  eine  Anzahl  Einzelgesänge.  Aufgeführt 
wurde  in  Paris  von  ihm  eine  Sinfonie,  ein  Duo  für  Ciavier  und  Violine,  ein 
Chor  »Cajitü/ue  de  Hacine«. 

Fayolle,  Franz  Jos.  (111,478),  zu  seinen  Schriften  gehört  auch:  y>Sur  Ics 
drames  lyriq^ues  et  leur  eocecution<i.     Paris   1813. 

F^my,  FranQois  (III,  488),  besass  noch  zwei  Q-eschwister,  die  Musiker 
waren:  Joseph,  ein  ausgezeichneter  Flötist,  von  dem  biographische  Nachrichten 
fehlen,  und  eine  Schwester  Adele,  die  als  Sängerin  und  Violinistin  in  Frank- 
reich, England  und  hauptsächlich  in   den  Vereinigten   Staaten  Erfolge  errang. 

Fendt,  Bernard,  Lautenmacher,  geboren  1756  zu  Insbruck  in  Tyrol, 
wahrscheinlich  Sohn  eines  Lautenmachers,  arbeitete  einige  Zeit  in  Paris,  später 
in  London,  unter  der  Direction  von  Dodd  und  dann  des  berühmten  John  Betts, 
für  den  er  die  Copien  der  Amati  anfertigte,  die  in  England  noch  heute  gesucht 
sind.     Sein  Sohn: 

Feudt,  Bernard  Simon,  geboren  zu  London  1800,  copirte  hauptsächlich 
Guarneri  und  ist  mehr  durch  die  Massenhaftigkeit  seiner  Fabrikation  von  Vio- 
linen, Viola's,  Violoncello's  und  Contrabässe  bemerkbar.  Auf  der  Weltaus- 
stellung von  1851  wurde  ein  von  ihm  ausgestelltes  Quartett  ausgezeichnet. 
Seine  vier  Söhne,  William,  Martin,  Jacob  und  Francis  sind  ebenfalls  In- 
strumentenmacher. 

Feo,  Francesco  (III,  489).  Nach  Francesco  Florimo's  »Geschichte  der 
Neapolitanischen  Schule«,  ist  das  Geburts-  und  Todesjahr  von  F.  durch  nichts 
festgestellt.  Seine  erste  Oper  y>l'Amor  tirannico  ossia  Zenobia«  wurde  im  Theater 
San  Bartolomeo  1713  aufgeführt.  Die  zweite  y>Siface  re  di  Numidia<i  auf  dem- 
selben Theater  1723.  Auch  sind  noch  drei  Intermezzi  zu  nennen:  y>Don  Ghis- 
ciotte  della  Ma7icia(.(,  »Ooriarulolo  Spezialea  und  -oll  vedovoa. 

Ferling",  Franz  Wilhelm,  geboren  am  20.  September  1796  zu  Halber- 
stadt,  wurde  1816  Solo-Oboer  in  Braunschweig;  trat  1859  in  Pension  und  starb 
1875.     Sein  Sohn: 

Ferling',  Gustav,  geboren  am  8.  Juli  1835  zu  Braunschweig,  erster  Solo- 
Oboer,  gehört  wie  sein  Vater  zu  den  ausgezeichnetsten  Künstlern  auf  ihrem 
Instrumente.  Ein  jüngerer  Bruder  von  Gustav  ist  in  der  Petersburger  Kapelle 
gleichfalls  Oboebläser. 

Fernandes,  Antonio  (III,  494),  drei  seiner  ungedruckten  Werke  sind  noch 
vorhanden,  es  sind:  1)  y>Explicado  de  Segredos  da  Musica  em  a  quäl  brevemente 
se  expende  as  causas  das  principaes,  cousas  que  se  contem  na  mesma  arte«,  Manu- 
script  in  fol.  2)  y>Ärte  de  Musica  de  Ganto  de  Orgdo  composta  por  um  modo 
muito  differenie  do  costumado,  por  um  velho  de  S5  annos  dese  joso  de  evitar  o 
osciov.  Manuscript  in  fol.  3)  y>Theoria  do  Manicordio  e  sua  expUcagäov..  4)  y>Mappa 
universal  de  qualquer  causa  assim  natural  como  accidental  que  se  contem  na  Arte 
da  Musica  com  os  seus  generös  e  demonstrapäes  matJiematicas.    Blanuscript  in  fol. 

Feruandez,  Pater  Diogo,  geboren  zu  Paro,  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
war  Sänger  der  Kapelle  Philipps  IL  und  Philipps  III.  von  Spanien.  Er  starb 
zu  Lissabon   1599. 

Fernande/,  Pater  Manoel,  lebte  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  in 
Fanchal  auf  der  Insel  Madeira  als  Stiftsherr  einer  Kirche.  Er  war  Lehrer 
des  ausgezeichneten   Componisten  Valhadolid. 

Ferrandeiro,  Fernando,  ausgezeichneter  Guitarrist  in  Spanien  in  der 
zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  P]r  gab  eine  Guitarrenschule  heraus: 
»Arte  de  tocar  la  guitarra  por  musicaa.     (Madrid  1799,  in  4".) 

Ferrari,  Carlotta  (III,  496  nicht  Carolina),  ist  zu  Lodi  am  27.  Jan. 
1837  geboren  und  auf  dem  Mailänder  Conservatorium  im  Clavierspiel  und  Ge- 
sang,   in    der  Composition    von  Mazzucato    gebildet.  .  Da  ihre  Stimme  sich  für 


Ferraris  —  F^tis.  103 

die  Bühne  als  nicht  ausreichend  erwies,  beschäftigte  sie  sich  als  ftesanglehrerin. 
Ausser  ihrer  schon  freiiaiinten  ( )per  » Uijon  »Msnhieu  die  zweite  Oper  nSqßa», 
zu  welcher  sie  ebenfalls,  wie  auch  zur  dritten,  den  Text  selber  gemacht  hatte, 
18GG  auf  der  Bühne  zu  Mailand,  später  in  Turin.  Die  dritte  ihrer  Opern 
»Eleonora  (PÄboreart,  1871  in  Mailand  aufgeführt,  errang  gleich  der  zweiten 
lebhaften  Beifall.  Nachdem  1868  eine  Messe  ihrer  Coniposition  in  der  Kathe- 
drale von  Lodi  aui'geführt  worden  war,  componirte  sie  im  Auftrage  des  Ministers 
des  Innern  ein  Requiem  zum  Jahrestage  des  Königs  Carl  Albert,  welches 
am  22.  Juli  1868  in  der  Metropolitankirche  zu  Turin  aufgeführt  wurde.  Eben- 
falls im  Auftrage  schrieb  sie  die  Musik  zu  einer  Hymne,  zum  Empfange  römi- 
scher Deputirten,  welche  im  Theater  zu  Turin  aufgeführt  und  sehr  beifällig 
aufgenommen  und  unter  ebenso  günstigen  Umständen  in  Rom  wiederholt 
wurde.  Diese  Künstlerin  hat  auch  eine  Anzahl  Lieder  veröffentlicht  und  sich 
auch  als  Dichterin  in  Italien  bekannt  gemacht. 

Ferraris,  Francesco,  Pianist  und  Coraponist,  Professor  des  Clavierspiels, 
geboren  zu  Valenzia,  studirte  in  Mailand  Musik,  wo  er  auch  längere  Zeit  als 
Lehrer  wirkte.  Gegenwärtig  ist  der  Ort  seiner  Wirksamkeit  Paris.  Er  ver- 
öffentlichte ein  Unterrichtswerk:  nSfudii  dt  stile  classico.  Metodo  per  pianoforte, 
armonia  e  mecariisme  riunitiv.  (Turin,  Giudici  &  Strada.)  Ferner  Compositionen 
für   Ciavier,  Variationen,  Balladen,  Fantasien,   Transcriptionen  u.  s.  w. 

Ferrer,  Mateo,  Orchesterdirektor,  Componist  und  Organist,  unter  dem 
Autornamen  Matenet  in  Spanien  bekannt,  ist  zu  Barcelona  am  25.  Febr.  1788 
geboren.  Seine  Vaterstadt  wurde  auch  der  Ort  seiner  AVirksamkeit,  in  welcher 
er  als  Organist  und  Lehrer  in  hohem  Maasse  geschätzt  war.  Er  bildete  eine 
grosse  Zahl  von  Schülern,  um  die  er  sich  oftmals  in  väterlicher  "Weise  verdient 
machte.  Er  starb  allgemein  betrauert  am  4.  Januar  1864  und  wurde  unter 
der  grössten   Theilnahme  seiner  Collegen  bestattet. 

Ferretti,  Vincenzio  Cesare,  neapolitanischer  Musiker  und  Kapellmeister 
der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts,  gab  heraus:  »ßaccolta  di  notturni  ossia 
terzetti  vocalia,  op.   1.     Florenz,   Stecchi   1772. 

Ferro,  Antonio,  berühmter  portugiesischer  Componist  des  16.  Jahrhun- 
derts, geboren  zu  Portalegre,  wo  er  später  die  Functionen  des  Kapellmeisters  der 
Kathedrale  übernahm.  Zu  den  vielen  tüchtigen  portugiesischen  Musikern,  die 
er  gebildet,  gehören:    Joäo  Gomes,   Manoel  Leitam  de  Avilez,  Manoel  Favares. 

Fertiault,  Fran^ois,  französischer  Schriftsteller,  geboren  zu  Verdun  (Saone- 
et-Loire)  den  25.  Juni  1814,  gab  die  beiden  nachstehend  verzeichneten  AVerke 
heraus:  1)  «Les  Noels  hourguigno7i  de  Bernard  de  La  Monnaye  (Qui-Barozai)  de 
V Äcademie  franoaise  publies  pour  la  j)reTniere  fois  avec  une  traduction  litterale  en 
regard  du  texte  patois,  et  precedes  cfune  Notice  sur  la  Monnaye  et  de  Tlnstoire 
des  Noels  en  Bourgogne,  par  F.  Fertiault<i,  (Paris,  Lavigne,  1842,  in  12).  Diesem 
Bändchen  ist  der  musikalische  Text  von  sechsunddreissig  burgundischen  Woih- 
nachtsgesängen  (Noels)  beigefügt.  2)  »Sistoire  anecdotiques  et  pittoresque  de 
la  danse  chez  les  peuples  anciens  et  modernes^   (Paris,  Aubry,  1854,   in   8.) 

Felis,  Fran^ois  Joseph,  der  berühmte  französische  Musikschriftsteller 
(III,  505),  starb  zu  Brüssel  am  26.  März  1871,  87  Jahre  alt.  Sein  wichtigstes 
Werk  «Biographie  universelle  des  Musiciensu  erschien  in  zweiter  Auflage  1860  bis 
1865,  8  Bände  (Paris,  F.  Didot).  Die  Supplementbände  zu  diesem  bedeutenden 
Werke  erscheinen  unter  der  gewissenhaften  Redaction  von  Arthur  Pougin. 
Von  F.  erschien  noch  das  Schriftchen:  nExposition  universelle  de  Paris  cn  ISO'; 
Rapport  sur  les  instrwments  de  musiqueii  (Paris  et  Bruxelles,  1  vol.  in  8^'); 
Ferner  fünf  Bände  seiner  auf  acht  Bände  berechneten  grossen  allgemeinen  Musik- 
geschichte unter  dem  Titel:  »Hisfoire  generale  de  la  Musique  depuis  les  fevips 
les  plus  anciens  j'usqu'a  nos  jourm.  (Paris,  F.  Didot  1869 — 1876,  5  vol.  in  8".) 
Der  erste  Theil  enthält  ausser  einer  allgemeinen  Betrachtung  der  Musikge- 
schichte die  Geschichte  der  Egyptier,   Chaldäer,  Babylonier,  Assyrer,  Phönizier 


104  F6t{s  —  Fighera. 

und  der  Hebräer;  der  zweite  behandelt  die  Musik  der  Araber,  der  Mauren, 
Kabylen,  Indier,  Perser  und  Türken;  der  dritte  die  Völker  Nieder- Asiens, 
Griechenlands,  Italiens,  der  Etrusker,  Römei-,  Hicilianer;  im  vierten  Bande  ist 
der  Kii-chcugesang  des  Morgen-  und  Abendlandes  behandelt  und  die  Musik  in 
Europa  vom  5 — 11.  Jahrhundert.  Der  fünfte  Band  endlich  behandelt  die  Musik 
des  12.,  13.,  14.  und  15.  Jahrhunderts.  Das  von  F.  in  Aussicht  gestellte 
AVerkchen  y>Souvenir  d'un  vieux  musiciena  (seine  Memoiren),  ebenso  ein  anderes 
von  der  Buchhandlung  Michel  Levy  seit  lange  annoncirtes  »Causeries  musicalesa, 
sind  der  OefiFentlichkeit  nicht  übergeben  worden.  Dagegen  ist  von  Louis  Alvin, 
Älitglied  der  königl.  belgischen  Akademie,  verfasst:  i> Notice  sur  Franqois  Joseph 
Fctisa.  (Bruxelles,  Hayen  1874,  in  8'^,  46  p.  avec  portrait);  vorher  in  y>rAnnuaire 
de  VAcademie<i  eingerückt.  In  dem  Artikel  des  Hauptwerkes  ist  irrthümlich  ge- 
sagt, dass  nur  ein  Miserere  von  F.'s  Compositionen  gedruckt  ist.  Die  eben 
genannte  Schrift  giebt  folgende  an :  »Te  Deum  en  plain-chant  mesure  et  rhythmea. 
(Paris  1856.)  y^Gantique  pour  voix  d^hommesa.  (Bruxelles,  in  4^.)  itDomine 
salvumfac  recjem<i.  Ausserdem  können  von  seinen  Compositionen  noch  genannt 
werden:  TaQuintette  pov/r  2  violons,  2  altos  et  Violoncellos.  (Mainz,  Schott)  r>8ym- 
phonie  pour  grand  orchestre  en  C-molh.  (Bruxelles,  Schott.)  TnSymiyJionie  en  grand 
orchestre  en  sol  mineurv.  (Bruxelles,  Schott.)  i>Fantasie  symphonique  pour  orgue 
et  orchestrea.    (Bruxelles,  Schott,  in  8^.) 

F6tis,  Adolphe  Louis  Eugene,  zweiter  Sohn  des  Vorigen  (III,  508), 
starb  in  Paris  am   20.   März   1873. 

FetiSj  Adolphe,  ein  Bruder  des  berühmten  Autors,  der  auch  einige  Com- 
positionen veröffentlichte,  starb   78   Jahr  alt  am   23.  August   1871   zu  Lüttich. 

Fevrier  (III,  509).  In  einer  1876  in  Abbeville  veröffentlichten  Schrift: 
y>La  musique  ä  Abbeville  J785  —  J856«,  ist  der  dort  geborene  Organist  Fevrier, 
Jacques,  nicht  Henri  Louis  genannt.  Es  ist  auch  bemerkt,  dass  derselbe  auf 
einem  Tableau  von  Choquet  unter  den  berühmten  Männer  von  Abbeville  unter 
Nr.  65  mit  figurirt. 

Fiby,  Heinrich,  geboren  am  15.  Mai  1834  in  "Wien  als  Sohn  armer 
Eltern,  allwo  er  das  dortige  Conservatorium  besuchte  und  im  Gresange,  Clavier- 
und  Violinspiel,  wie  auch  in  der  Compositionslehre  absolvirte.  Im  Jahre  1853 
kam  F.  als  Solospieler  und  Orchesterdirektor  an  das  Theater  und  zugleich  als 
Lehrer  an  die  philharmonische  Gesellschaft  nach  Laibach,  wo  er  bis  1857  blieb, 
in  welchem  Jahre  er  einem  Rufe  als  städtischer  Musikdirektor  nach  Znaim 
(Mähren)  folgte,  wo  er  noch  bisher  lebt  und  wirkt.  F.  fiel  in  Znaim  die  Auf- 
gabe zu,  die  dortigen  musikalischen  Verhältnisse,  welche  auf  einer  sehr  nie- 
drigen Stufe  standen,  vollständig  zu  regeneriren.  Zu  diesem  Zwecke  organisirte 
er  die  städtische  Musikschule  und  Musikkapelle,  gründete  1861  den  Musik- 
verein, welchem  er  fortan  als  artistischer  Leiter  angehört  und  führt  auch  eine 
Reorganisation  der  Kirchenmusik  an  den  dortigen  Pfarrkirchen  duixh.  F.  ge- 
niesst  als  Dirigent,  Lehrer  und  Componist  einen  ehrenvollen,  weit  verbreiteten 
Ruf  und  hat  in  letzterer  Eigenschaft  in  verschiedenen  Fächern  eine  Reihe  von 
grösseren  und  kleineren,  theilweise  veröffentlichten  Compositionen  geschaffen,- 
von  denen  einige  mit  Preisen  gekrönt  wurden  und,  wie  z,  B.  sein  Chor  »Oester- 
reich  mein  Vaterland«,  sich  grosser  Popularität  erfreuen. 

Fiennes,  Henr.  du  Bois  (III,  515),  starb  zu  Anderlecht  am  15.  Febr.  1863. 

Fighera,  Salvatore,  italienischer  Componist,  geboren  zu  Gravina  1771, 
besuchte  das  Conservatorium  Santa  Maria  de  Loretto  zu  Neapel,  wo  er  ein  Schüler 
von  Insanguine  und  Fenerola  wurde.  Nach  beendeten  Studien  hielt  er  sich 
einige  Zeit  in  Mailand  auf,  wo  er  seine  erste  opera  bouffa  y>la  Sorpresaa  zur 
Aufführung  brachte  und  zwei  Cantaten  schrieb:  y>la  Finta  istoria«  und  nla  Sdegno 
e  la  Pace<i.  Nach  Neapel  zurückgekehrt,  leitete  er  die  Kapellen  mehrerer  Klöster, 
für  die  er  auch  eine  grosse  Anzahl  Compositionen  schrieb,  die  nicht  mehr  vor- 
handen sind.  Bekannt  von  seinen  übrigen  Werken  sind  noch:  Zwei  Messen 
für   Doppelchor   mit    Orchester;    mehrere  Messen  a  la  Palestrina;    Miserere  für 


i 


Figuciredo  —  Finoke.  105 

vier  Stimmen  mit  Orclu-stor;  ein  Oratorium  mit  Clior;  Credo  für  acht  Stimmen 
im  Madrigalenstyl;  ein  Monolog  für  Sopranstiramo;  eine  Abhandlung  nSludio 
di  canlo»  (nach  den  Principien  des  Porpora).  F.  starb  in  Neapel  1836.  Sein 
Sohn,  ebenfalls  Kapollmeister  in   Neapel,  stai-b   daselbst   1810. 

Figueiredo,  Jose  Antonio  de,  Portugiese,  geschickter  Organist,  im  An- 
fang dieses   Jahrhunderts  in  Lissabon  thätig. 

Figueiredo,  Liiiz  Botelho  Froesde,  Philosoph  und  ausgezeichneter 
Kcchtsgclohrter,  geboren  zu  Lissabon  1675,  zog  sich,  als  er  berechtigt  geglaubte 
Ansprüche  nicht  erfüllt  sah,  in  das  Kloster  Varatoja  zurück,  bis  er  1715  nach 
Spanien  ging,  wo  er  zu  einer  hervorragenden  Stellung  gelangte.  Er  veröffent- 
lichte ein  Gedicht  über  das  Leben  und  den  Tod  von  Santa  Rita,  unter  dem 
Titel:  »Coro  celesie :  Vida Musico  em  sol  a  metrica  efc.<i  Lissabon  1714,  in  4",  116  S. 

Filippi,  Filippo,  musikalischer  Schriftsteller  und  Kritiker,  geboren  den 
13.  Januar  1833  zu  Vicenza  in  Italien,  als  der  Sohn  eines  Kaufmanns,  studirte 
Rechtswissenschaft,  erwarb  1853  den  Doctorgrad  und  ging  dann  nach  Venedig, 
um  in  das  Bureau  eines  Advocaten  zu  treten.  Er  verliess  Jedoch  bald  diese 
Laufbahn,  studirte  in  Wien  und  Venedig  noch  eine  Zeitlang  Musik  und  über- 
nahm sodann  erst  die  Correspondenz,  1858  die  Redaction  der  Mailänder  Zeitung 
»Gazetta  musicale«.  Ausserdem  redigirt  er  für  die  1859  neu  gegründete  poli- 
tische Zeitung  »Perseveranza«  das  musikalische  und  dramatische  Feuilleton. 
Eine  Anzahl  kleiner,  nach  und  nach  hier  veröffentlichter  Aufsätze,  gab  er  unter 
dem  Titel:  -nMusica  e  Musicistia  (Mailand,  Brigola)  heraus. 

Filippi,  Giuseppe  de,  ist  am  12.  Mai  1825  in  Mailand  geboren.  Sein  Vater 
war  renommirtcr  Arzt,  der  sich  zugleich  als  Dilettant  vielfach  in  der  Musik  be- 
thätigte.  Er  gab  in  Mailand  das  Schriftchen  -uSaggio  sulV  estetica  musicale<i 
heraus  (Mailand  1847,  in  8").  F.  sammelte  in  Paris  eine  auf  das  Theater  be- 
zügliche Bibliothek  von  10,000  Bänden  und  10,000  Kupfern,  von  denen  er 
schon  2000  Duplicate  an  die  Oper  und  Opera  comique  abgegeben  hatte.  Diese 
Bibliothek  verkaufte  er  1863,  und  zur  selben  Zeit  an  die  kaiserliche  Bibliothek 
den  Anfang  einer  Bibliographie  und  Biographie  der  italienischen  Oper,  bestehend 
aus  ungefähr  4000  Karten.  Ausserdem  gab  er  zwei  wichtige  auch  zur  Musik 
in  Beziehung  stehende  Werke  heraus:  1)  y>Guide  dans  les  Thedfres«  (in  Gemein- 
schaft mit  dem  Architekten  Claudet),  Paris  1857,  in  4"  obl.  2)  y> Parallele  des 
thedtres  inodernes  de  VEuropea,  Paris  1860,  in  folio,  2,  Aufl.  Paris  1861,  gr. 
in  4".  Dies  Werk  enthält  134  Tafeln,  grösstentheils  von  Contant,  früheren 
Maschinisten  der  Oper,  gezeichnet.  F.  F.,  der  in  der  Geschichte  des  italienischen 
Theaters  bewandert  ist,  ist  Mitarbfeiter  des  Nachtrags  zu  dem  grossen  bio- 
graphischen Lexikon  von  Fetis,  herausgegeben  von  Arthur  Pougin;  Redak- 
teur des  Journal  »l'Extracte«  und  Mitarbeiter  der  »Chronique  musicale«. 

Filippiui,  Stefano  (III,  517).  Als  zu  seinen  Werken  gehörig  ist  noch 
zu  nennen:  »Salmi  brevi  ä  S  voci«,  op.   12.     Bologna,  Giacomo  Monti,  1686. 

Finck,  Heinrich  (III,  520),  starb  am  28.  December  1558  zu  Wittenberg. 

Fincke,  Fritz,  Grossherzoglich  Mecklenburgischer  Musikdirektor  in  Wis- 
mar, ist  am  1.  Mai  1836  zu  Wismar  geboren  und  erhielt  seine  Ausbildung 
am  Conservatorium  zu  Leipzig,  dem  er  von  Ostern  1851  bis  Herbst  4853  als 
Schüler  angehörte.  Schon  hier  zeigte  sich  die  Vielseitigkeit  seiner  musika- 
lischen Beanlagung,  indem  er  nicht  nur  als  Geiger  bei  der  öffentlichen  Schüler- 
prüfung des  genannten  Jahres  mit  einem  Concertstück  seines  Lehrers  David 
einen  ungewöhnlichen  Erfolg  hatte,  sondern  auch,  nach  der  Absicht  INIoscheles 
und  Plaidy's,  bald  darauf  als  Clavierspieler  öffentlich  debütiren  sollte.  Dieser 
Plan  wurde  vereitelt,  da  F.,  durch  die  Beschränktheit  seiner  Existenzmittel 
veranlasst,  alsbald  nach  seiner  ehrenvollen  Entlassung  aus  der  Anstalt  eine 
Stellung  an  der  ersten  Violine  im  Theaterorchester  zu  Frankfurt  a.  M.  annehmen 
musste.  Der  einseitige  Charakter  seiner  dortigen  Wirksamkeit  war  der  Ent- 
wickelung  seiner  künstlerischen  Persönlichkeit  keinesweges  günstig  und  es  konnte 
seiner  Ausbildung  nur  zum  Vortheil  gereichen,  dass  er  bereits  nach  einem  Jahre 


106  Fink  —  Fiocco. 

Frankfurt  verliess  und,  vei'anlasst  durch  den  Tod  seines  Vaters,  in  seiner  Hei- 
raatli  Wismar  seinen  dauernden  Aufenthalt  nahm.  Hier,  in  dem  geräuschlosen 
Leben  einer  an  künstlerischen  Mitteln  armen  Provinzialstadt,  gingen  mit  seinem 
musikalischen  Naturell  die  bedeutsamsten  AVandlungen  vor  sich;  zunächst  trat 
bei  ihm  wieder  der  Clavierspieler  in  den  Vordergrund,  und  als  solcher  erwarb 
er  sich,  namentlich  durch  die  von  ihm  im  Verein  mit  den  besten  Kräften  der 
Schweriner  Hofkapelle  veranstalteten  Soireen  für  Kammermusik,  die  allgemeine 
Achtung  seiner  Landsleute.  Nicht  geringere  Tüchtigkeit  bewährte  F.  als  Diri- 
gent eines  1860  von  ihm  begründeten  Vereines,  welchem  nach  und  nach  alle 
kunstsinnigen  Dilettanten  der  Stadt  beitraten,  um  sich  an  musikalischen  Vor- 
trägen jeder  Art,  sowie  an  musikwissenschaftlichen  Vorlesungen  in  gediegenster 
Weise  zu  bilden ;  und  einen  ähnlich  veredelten  Einfluss  übte  er  auf  den,  einige 
Jahre  zuvor  aufgelösten,  durch  ihn  wieder  ins  Leben  gerufenen  AVismarer 
Männergesangverein.  Mit  diesen  Functionen  musste  F.  in  der  Folge  die  des 
Organisten,  als  welcher  er  seit  1866  an  der  (xeorgkirche  wirkt,  und  des  Com- 
ponisten  zu  vereinigen.  In  letzterer  Eigenschaft  hat  er  Proben  von  einer  nicht 
gewöhnlichen  schöpferischen  Kraft  abgelegt,  sowol  durch  seine  bei  Schott  in 
Mainz  und  bei  Schlesinger  in  Berlin  erschienenen  Ciavierstücke,  wie  auch  in 
einer  Arbeit  instructiven  Charakters,  betitelt  »Anschlagselemente«  zur  Ausbil- 
dung eines  kunstgerechten  Clavieranschlags.  Um  F.'s  Begabung  in  ihrem  ganzen 
Umfange  zu  kennzeichnen,  darf  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  er  als  vortreff- 
licher Tenorist  eine  Reihe  von  Jahren  hindurch  die  Stütze  aller  grösseren  Musik- 
auffübrungen  in  verschiedenen  Städten  Mecklenburgs  bildete,  und  dass  er  in 
neuerer  Zeit,  nach  erreichten  Mannesjahren,  auch  als  Kritiker  begonnen  hat, 
einen  weit  über  seinen  Wohnort  hiuausreichenden  Einfluss  zu  üben. 

Im  Jahre  1879  wurde  F.,  nachdem  ein  von  ihm  gedichtetes  und  compo- 
nirtes  Vocalwerk  am  Schweriner  Hofe  mit  grossem  Beifall  aufgenommen  war, 
zum  Grossherzoglichen  Musikdirektor  ernannt,  und  bald  darauf  erweiterte  er 
seinen  Wirkungskreis  durch  Begründung  eines  Gesangvereins  in  Schwerin,  ohne 
jedoch  seinen  Wohnsitz  und  seine  Thätigkeit  in  Wismar  aufzugeben.  Die  Be- 
deutung dessen,  was  er  für  seine  Vaterstadt  geschaffen,  hat  dort  eine  so  allge- 
meine Anerkennung  gefunden  —  namentlich  bei  Gelegenheit  der  Feier  seiner 
fünfundzwanzigjährigen  musikalischen  Wirksamkeit  in  Wismar  —  dass  er  vor- 
aussichtlich auch  fernerhin  dieser  Stadt  erhalten  bleiben  wird. 

Fink,  Charlotte  (III,  531),  eine  bedeutende  reichbegabte  Künstlerin,  geb. 
1820,  ist  die  zweite  Tochter  (nicht  Gattin)  des  bekannten  Musikschriftstellers 
G.  W.  Fink.  Ihre  Mutter  (nicht  Schwester)  Henriette,  geborene  Nicolai,  eine 
Schülerin  von  Field,  war  ihre  einzige  Lehrerin  und  bildete  sie  zu  einem  solchen 
Grade  von  Virtuosität  aus,  dass  sie  Werke  der  alten  Meister  ebenso  vortreff- 
lich spielte ,  wie  die  der  neuern,  eines  Chopin,  Thalberg  oder  Liszt.  Sie  ist 
vielfach  öffentlich  aufgetreten;  Concertreisen  zu  unternehmen  war  gegen  den 
Wunsch  ihrer  Eltern.  Die  französische  und  englische  Sprache  waren  ihr  eben 
so  geläufig  wie  ihre  Muttersprache,  und  auch  russisch  verstand  sie;  dabei  war 
sie  auch  für  das  Landschaftszeichnen  veranlagt.  Leider  starb  sie  schon  in 
ihrem   23.  Lebensjahre,  am   1.   October  1843. 

Fiocchi,  Vincenzo  (III,  532).  In  der  Bibliothek  des  Dr.  Basevi  befinden 
sich  die  Manuscripte  der  nachstehend  verzeichneten  Werke  dieses  Componisten: 
VAddio  d'JEttore«,  Cantate,  1797;  y)Piramo  e  Tisbe^,  Cantate,  2  Stimmen;  y>Fran- 
cesca  d'' Ariminoa,  Cantate;  4  vAciv.  Cantatille. 

Fiocco,  Pierre  Ant.  (III,  533),  der  Alte  genannt,  ist  in  Venedig  geboren, 
und  bis  jetzt  nur  nach  seiner  Thätigkeit  in  Holland  bekannt  geworden.  Wal- 
ther nennt  ihn  Kapellmeister  an  der  Kirche  Madonna  del  Sablone  in  Brüssel; 
Van  der  Straeten  Vice -Kapellmeister,  oder  wie  es  damals  hiess,  Lieutenant 
de  la  musique  de  la  cour  (gegen  1696).  Von  1705 — 6  dirigirte  er  das 
Theater  zu  Brüssel,  war  von  1706 — 12  wirklicher  Kapellmeister  am  Brüsseler 
Hof,  und  starb  am  3.  November  1714.     Für  die  königl.  Kapelle  componirte  er 


Fiofco  —    Fioruvanti.  107 

eine  Anzahl  gt-istlichor  Nachen,  welche  in  f^rossartijrer  Weise  zur  Aufführung 
gelangten  und  seinen  Namen  berühmt  machten.  Noch  grösseren  Ruhm  erntete 
er  durch  seine  weltliehen  Com])ositionen,  durch  seine  Opern-Prologe,  oder  musi- 
kalische Einleitungen  zu  den  damit  nicht  weiter  im  Zusammenhang  stehendt'n 
Hauptstücken,  eine  Art  Präludien,  in  denen  das  Publicum  um  Nachsicht  für 
die  folgende  scenische  Darstellung  gebeten,  oder  der  Monarch  mit  Lobhudeleien 
bedacht,  oder  auch  politische  Tagesereignisse  glossirt  wurden.  lieber  die  Ver- 
einigung von  AVort  und  Ton  in  diesen  Prologen  lässt  sich  leider  etwas  näheres 
nicht  berichten,  da  sie  sämmtlich  verschollen  sind.  Van  der  Stmeten  nennt 
besonders  die  Prologe  zu  Amadis,  Acis  und  Galathea,  Bellerophon,  Theseus  aus 
den  Jahren  1695 — 97.  Gemeinschaftlich  mit  William  Croft,  Pepusch  und  Pez 
componirte  P.  A.  F.  eine  Sammlung  von  zehn  Sonaten  für  Flöten,  und  hat  das 
Verdienst,  die  königl.  Akademie  der  Musik  zu  Brüssel  mit  gegründet  zu  haben. 
Becker,  Tonwerke  p.  94  erwähnt  noch  nSacri  concerti  a  una  e  piü,  con  instro- 
menta  e  setiza«.  In  Anversa  1691.  In  Quart.  Seine  beiden  Söhne  verdienen 
nicht  minder  Erwähnung;  der  ältere: 

Fiocco,  Jean  Joseph,  Amtsnachfolger  seines  Vaters  als  Hofkapellmeister, 
brachte  das  Oratorium  zu  grosser  Beliebtheit  und  lieferte  eine  Reihe  einschlä- 
giger Werke,  von  denen  zu  nennen  sind:  nTempesta  de  Dolori«,  1728;  nla  Morte 
vinta  Stil  Calvario«,  1730;  nGiesu  flagellatoa,  17.34,  35  wiederholt;  y>Il  transito 
di  S.  Giuseppevi,  1737,  38,  39  u.  40  wiederholt;  »Ze  Profezie  evangeliche  di  Isaiaa, 
1738,  40  wiederholt;  F.  befand  sich  noch  1749  auf  seinem  Kapellmeister-Posten. 
Von  seinen  Compositionen  citirt  van  der  Straeten  noch  aus  Sammlungen: 
r>Laevavi  oculos  meos«,  vierstimmig  mit  zwei  Violinen,  Bratsche  und  Orgelbe- 
gleitung;   eine  Partition  de  0  repons   de   mort  (I,  90):     ferner    aSacri  concentus 

4  vocihus  ac  trihus  instrumentis  modidandi<i.  Opus  primum.  Amsterdam,  aux 
depens  d'Esiienne  Roger,  8",  Bassus  cont.;  acht  Psalmen  oder  Motetten  zu  zwei 
Stimmen;    1   Messe    und    Motetten  ä  1,  2,  3,  4  und  5   Stimmen    mit    3,   4  und 

5  Instrumenten  (I,  210).  Der  jüngere  Sohn  von  P.  Ant.  und  Bruder  des 
vorhergehenden : 

Fiocco,  Jos.  Hector,  zu  Brüssel  geboren,  war  neben  seinem  Bruder  Vice- 
Kapellraeister  am  Hofe  zu  Brüssel,  und  ging  um  1730  nach  Antwerpen  als 
Singemeister  oder  Musikmeister  an  die  Kathedrale.  Diese  Anstellung  gab  er 
jedoch  wieder  auf  und  ward  am  16.  März  1737  Musikmeister  und  Amtsnach- 
folger P.  Brehy's,  an  der  St.  Gudulakirche  zu  Brüssel.  Weitere  Nachrichten 
besagen,  dass  er  als  fertiger  Clavierspieler  gerühmt  war  und  im  Jahre  1752 
noch  lebte.  Von  seinen  Werken  sind  zu  nennen:  nPieces  de  clavecin,  dedieets 
ä  Son  Altesse  Monseigneur  le  duc  d' Arenberg  etc.  etc.,  composees  par  Jos.  Hector 
Fiocco  maitre  de  musique  de  Veglise  cathedrale  d^Anvers,  etc.  cy-devant  vice-maitre 
de  la  clmpelle  royale  de  Brusselles^i.  Oeuvre  prämier.  Brüssel,  Jos.  Laur.  Krafft, 
qu.  fol.,  33  S.  nMofetti  a  4  voci,  con  3  Sfrom.a  (1730);  y) Adagio  et  Allegro  piour 
le  Clavecin«.  Augsburg,  Lotter;  nLitania  de  venerahili  sacramentou,  vierstimmig' 
(1727),  vierstimmige  Missa  solennis  mit  zwei  Violinen,  Alto- Viola  und  Orgel- 
begleitung; Te  Deum  laudamus;  zwei  vierstimmige  Ave  Regina,  wie  überhaupt 
eine  ziemliche  Anzahl  Messen  und  Motetten.  Von  den  Pieces  de  clavecin  repro- 
ducirt  van  der  Straeten  das  sauber  gestochene  Titelkupfer  in  Photolithographic 
(p.  99),  sowie  den  Index,  resp.  die  Ueberschriften  der  Stücke.  Seine  sämmt- 
lichen   Compositionen  lassen   das   Gepräge  hoher  Meisterschaft  nicht  verkennen. 

Fiodo,  Vincenzo  (III,  533),  lebte  seit  1820  in  Neapel,  wo  er  1846  In- 
spektor und  1858  Gesanglehrer  am  Conservatorium  wurde.  Er  stai-b  in  Neapel 
1863.  Um  etwas  Aussergewöhnliches  zu  ])ringen,  schrieb  er  eine  Trauermessc 
für  zwei  Chöre  und  zwei  Orchester,  eine  andere  für  drei  Chöre  und  zwei  Or- 
chester, und  eine  dritte  für  drei   Chöre  und  drei   Orchester. 

Fioravauti,  Vincenzo  (III,  534),  ist  zu  Rom  am  5.  April  1799  geboren 
(nicht  1810  zu  Neapel),  seine  erste  Oper  war  nFidcineUa  molinarov,  in  welcher 
auch  der   später  berühmte  Säuger  Lablache  zum  erstenmale  auftrat  und   welche 


108  Fiscer  —  Flaxlaud. 

1819  in  Neapel  in  Scene  ging.  Er  hat  gegen  dreissig  meistens  komische  Opern 
geschrieben  und  starb  zu  Neapel  am  28.  März  1878. 

Fiscer,  Giuseppe  und  Carlo,  zwei  Brüder,  beide  Lautenraacher,  welche 
in  Mailand  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  arbeiteten  (s.  A.  Vidal, 
Les  instruraents  a  archets). 

Fischer,  Adoli^he,  belgischer  Violoncellist,  wurde  am  22.  November  1850 
zu  Brüssel  geboren,  woselbst  sein  Vater  eine  geachtete  Stellung  als  Kapell- 
meister einnahm,  sich  auch  durch  die  Begründung  der  ersten  Societe  chorale 
nach  Art  der  deutschen  Liedertafeln  dauerndes  Verdienst  erworben  hat.  Unter 
seiner  Leitung  begann  F.  seine  musikalischen  Studien  schon  in  frühester  Jugend, 
wurde  später  Schüler  des  älteren  Servais  und  errang  sich  bereits  im  Alter  von 
sechzehn  Jahren,  als  Zögling  des  Brüsseler  Conservatoriums,  den  ersten  Preis. 
Im  Jahre  1868  siedelte  er  nach  Paris  über,  wo  sein  Talent  sich  in  so  reicher 
"Weise  entfaltete,  dass  er  bald  zu  den  besten  Violoncellisten  Frankreichs  zählte. 
Sein  erstes  Auftreten  in  Deutschland  fällt  in  die  Mitte  des  November  1875, 
wo  er  in  Dresden  in  einem  Concert  der  Sängerin  Natalie  Hänisch  mitwirkte  und 
hier  sowie  in  einem  bald  darauf  mit  dem  belgischen  Geiger  Colyns  veranstal- 
teten eigenen  Concert  von  seiten  des  Publicums  und  der  Presse  reichen  Beifall 
erntete.  Einige  Zeit  danach  Hess  sich  F.  in  einem  Leipziger  Gewandhauscon- 
cert  hören  und  erzielte  auch  hier  einen  so  durchschlagenden  Erfolg,  dass  er 
sofort  für  die  nächste  Saison  (1876/77)  engagirt  wurde.  Seitdem  hat  er  seinen 
E,uf  als  Violoncellist  ersten  Ranges  durch  wiederholtes  Auftreten  in  allen 
grösseren  Städten  Deutschlands  befestigt,  und  sowol  im  Solo-  wie  im  Ensemble- 
spiel eine  Reihe  von  trefflichen  Eigenschaften  bewährt,  unter  denen  er  vor  allem 
die  harmonische  Abgeklärtheit  seiner  ganzen  künstlerischen  Individualität  und 
die  Gediegenheit  seines  musikalischen   Geschmackes  hervorzuheben  ist. 

Fischer,  Johann,  war  erst  in  seiner  Vaterstadt  Mohrungen  und  dann  um 
1595  in  Angerburg  Organist.  Auf  der  Rathsbibliothek  in  Thorn  befindet  sich 
ein  von  ihm  verfasstes  Manuscript:  »Künstlich  Tabulaturbuch  auff  die  Orgel 
und  Instrument  abgesetzt  und  sowol  den  Organisten  als  der  Jugend  dienstlich«. 
Es  besteht  aus  einer,  nicht  mehr  vollständigen  Sammlung  von  Fugen,  Chorälen, 
Cantionen,  Canzonetten,  Madrigalen  und  weltlichen  Liedern. 

Fischer,  J.  P.  A.,  Organist  und  Carillonneur,  eigentlich  Mediciner,  ist  gegen 
Ende  des  17.  Jahrhunderts  geboren,  und  nachdem  er  in  Utrecht  erst  an  der 
lutherischen  Kirche  Organist  gewesen  war,  wurde  er  1737  Organist  und  Ca- 
rillonneur an  der  Kathedrale  daselbst.  Hauptsächlich  in  der  Eigenschaft  des 
Letzteren  that  er  sich  hervor,  kultivirte  aber  nebenher  die  Wissenschaften  eben- 
falls mit  Erfolg.  Er  gab  heraus:  1)  »  Verhandeling  van  de  MoJcken  en  fiet  hlohken- 
spel,  benevens  een  Tcort  hericht  van  de  outheit  gehruijk,  missbruijk  en  doopen  der 
klokken,  als  ooh  van  zogenaamde  wonderMoJcJcena.  (G.  Krön,  1738.)  Eine  neue 
Auflage  erschien  1779  ohne  Namen  des  Autors.  2)  siKort  en  grondig  onder- 
*  wijs  van  de  transpositie ,  leneffens  eenige  körte  aanmerkingen ,  over  de  musik  der 
ouden,  de  onnoodigheid  van  eenige  modes,  en  het  ut  re  mi;  Körte  en  gemakkelijke 
methode,  om  een  klavier  gelijk  te  sternmena,  Utrecht,  G.  Stouw,  1728.  3)  »Korfe 
und  noodigste  grondregelen  van  de  bassus  continuus,  benevens  verscheidene  aanmer- 
kingen over  desselfs  beJiandelingen ,  voorgesteld  en  met  eenige  exempels  verklaartv^. 
Utrecht,  1733. 

Fischer,  Karl  Ludwig  (III,  541),  starb  am  15.  August  1877. 

Fischetti,  Matteo  Luigi,  Pianist  und  Componist,  ist  zu  Martina  Franca 
in  der  Provinz  Lecco  am  28.  Febr.  1830  geboren.  Er  bildete  sich  zu  einem 
geschickten  Pianisten  und  Comjionisten,  und  widmete  sich  dem  Unterriclitsfache. 
Ciavierstücke  schrieb  er  gegen  zweihundert,  auch  einige  Vocalwerke  und  drei 
Opern,  von  welchen  die  erste  yyÄida  di  Scafali«  in  Neapel,  1873  zuerst  aufge- 
führt, über  hundert  Vorstellungen  erlebte.  Die  beiden  andern  sind:  »ia  Sorren- 
tina«  (1873)   und  y>Altra  ßglia  di  Madama  Angot  (1874). 

Flaxlaud,  Gustav  Alexandre,  Musikalienverleger  in  Paris,   geboren  zu 


Fldf^icr  —  Flütoi)hon. 


109 


Strussburg  1821,  erhielt  .schon  fiüli  Unterricht  ira  Chivierspiel  von  Laybuch. 
Mit  sechzehn  Jahren  kam  er  nacli  Paris,  wo  er  noch  einen  Cursus  in  der 
Harmonie  am  Conservatorium  durchmaclitc  und  sich  dann  dem  Unterrichte 
widmete.  1847  gründete  er  mit  bescheidenen  Mitteln  einen  Musikalieuverlag, 
der  in  der  Folge  zu  den  ersten  in  Paris  zählte.  F.  unternahm  es  auch,  eine 
französische  Ausgabe  der  Werke  von  R.  Schumann  und  R.  "Wagner  zu  veranstal- 
ten.     1870  ging    dieses   Verlagsgeschäft    an   A.  Durand  und   Schoeneweck  über. 

Fk'gier,  Ange,  Componist,  geboren  zu  Marseille  am  22.  Februar  1846, 
besuchte  das  Conservatorium  dieser  Stadt  und  von  1866 — 70  das  Pariser. 
Darauf  kehrte  er  nach  Marseille  zurück.  Es  erschienen  seitdem  von  ihm: 
Cantrtte  »Francisca  von  Rimini«,  zwei  Üuvei'tureu,  Chorcompositionen,  Ciavier- 
stücke, Gesangstücke  (Escudier,  Carbouel,  Colombier).  1875  errang  seine  ein- 
aktige Oper:  »Fatma«,  im  grossen  Theater  zu  Madiüd  aufgeführt,  Erfolg.  (Der 
Ciavierauszug  bei  Carbonel,  Marseille.) 

Fleury,  Jean,  französischer  Toukünstler,  welcher  in  der  zweiten  Hälfte 
des  15.  Jahrhunderts  lebte,  war  der  erste  Organist,  welcher  damit  betraut 
wurde,  die  grosse  Orgel,  die  der  Erzbischof  Robert  de  Croixmare  in  der  Kathe- 
drale von  Ronen  aufstellen  liess,  zu  spielen.  F.  war  Organist  dieser  Kirche 
von  1467—1483. 

Flor,  Christian  (III,  572).  Nach  einer  handschriftlichen  Mittheilung 
des  Lüneburger  Stadtsecretair  und  Bibliothekar  Büttner  (CoUectanea  etc.  153U  bis 
1731),  starb  F.  1697  bei  seinem  Schwiegersohn  zu  Neuenkirchen  in  Holstein, 
im  Alter  von  71  Jahren,  demnach  muss  er  1626  geboren  sein.  Er  hatte  von 
1660 — 1676  die  Cantor-  und  Organistenstelle  an  St.  Lamberti  und  dann  als 
Nachfolger  von  Franz  Schaumkelle  auch  die  Organistenstelle  an  der  St.  Jo- 
hanneskirche bis  1697  inne.  Er  gehört  zu  den  gefeiertsten  Meistern  seiner 
Zeit.     Seine  Söhne: 

Flor,  Joh.  Oeorg,  nach  des  Vaters  Tode  Organist  an  der  St.  Lamberti- 
kirche,  starb  1728,  und 

Flor,  Grottfried  Philipp,  von  1708 — 1723,  in  welchem  Jahre  er  starb, 
Organist  zu  St.  Michaelis,  waren  beide  ebenfalls  tüchtige  Musiker. 

Florimo,  Francesco  (III,  572),  veröffentlichte  seitdem  ein  umfangreiches 
Werk:  nCenno  storico  sulla  Scuola  musicale  di  NapolU.  (Neapel  1869  — 1871. 
2  Thl.  in  8*^).  F.  ist  am  12.  October  1800  (nicht  1806)  geboren,  (s.  Paloschi, 
»Annuario  musicalea. 

FlUtophon,  ein  durch  Maurice  Baduel  in  Paris  erfundenes,  aus  mehreren 
metallenen  Pfeifen,  die  den  kleinem  Pfeifen  einer  Orgel  ähnlich  sehen,  zusammen- 
gesetztes Instrument,  das  auf 
dreifache  Weise  zu  verwenden 
ist:  als  Solo-Instrument,  oder 
in  Verbindung  mit  dem  Ciavier, 
oder  endlich  so,  dass  man  es 
mit  einem,  besonders  hierzu 
verfertigten  Gebläse  nebst  Tret- 
vorrichtung verbindet.  Im  erste- 
ren  Falle  wird  es  durch  den,  als 
Blasebalg  dienenden  Schlauch 
zum  Erklingen  gebracht.  Durch 
eine  einfache  Vorrichtung  kann 
es  ferner  auch  mit  dem  Ciavier 
in  Verbindung  gesetzt  werden; 
dann  bläst  man  in  die  verlän- 
gerte Röhre  und  spielt  mit  der 
rechten  Hand  das  Instruinent  und  mit  der  linken  auf  dem  Ciavier  die  Be- 
gleitung. Diese  Behandlung  erfoidert  schon  einige  physische  Kraft  und  erheb- 
lichere   Fertigkeit   der   technischen  Ausführung.      Um   diese  Behandlung  zu  er- 


IIÜ 


Foleggiati  —  Fontana. 


leichtern,  ist  es  ferner  mit  einem  besondern  Gebläse  und  einer  Tretvorrichtung 
versehen,  welche  auch  ara  Clavior  befestigt  werden  kann,  sodass  auch  in  diesem 
Falle  beide  Instrumente  von  einer  Person  gespielt  werden  können.  Wie  der 
Name  andeutet,  ist  der  Ton  des  Instruments  dem  der  Flöte  sehr  verwandt.  Er 
erfordert  ein  wol  abgewogenes  Anblasen;  erfolgt  dies  zu  stark,  so  wird  der 
Ton  um  eine  Octave  zu  hoch,  ist  es  zu  schwach,  so  wird  der  Ton  nicht  voll 
genug  und  verliert  an  Wolklang.  Um  die  Stimmung  zu  reguliren,  ist  jede 
Pfeife  mit  einem  Metallstöpsel  (Kern)  versehen,  der  ein-  und  ausgeschoben 
werden  kann.  Ist  die  Pfeife  zu  hoch,  so  wird  er  ausgezogen;  ist  sie  zu  tief, 
wird  er  eingedrückt.  Der  Ton  des  Instruments  kann  übrigens  beliebig  lang 
ausgehalten  werden ,  und  erscheint  bei  entsprechender  Erzeugung  runder  und 
voller  als  der  der  Flöte.     Das  Instrument  hat  folgenden   Umfang: 


von: 


chromatisch  bis: 


also  im   Ganzen   30  Töne.     Der  Fingersatz  ist  bei  der  natürlichen   Tonleiter: 

„345 


P 


-■A- 


::■£ 


--^- 


:-E=EE§ 


-\r- 


rs. 


f 


2  I 


=t=f=f=i 


I  4 


^^^m 


I 


4=1= 


bei  der  Moll-Tonleiter: 


^ 


:;     :?     -r     -      *     H 


tfcEfe^^^M 


k^^=E±^^^^E 


=t= 


11=!:, 


2 


:3^: 


:S: 


I 


Foleggiati,  Ercole,  ist  Verfasser  der  Schrift:  »iZ  Violino  esposto  geo- 
metricamente  nella  sua  costruzione«  zwei  Theile,  Bologna  1873 — 74. 

Folz,  Michel,  Flötist,  geboren  zu  Neapel  am  16.  Juli  1820,  Sohn  eines 
Flötisten  i;nd  dessen  Schüler,  hatte  als  Knabe  von  acht  Jahren  bereits  über 
zweihundert  Concerte  gegeben.  Zehn  Jahr  alt,  wurde  er  Mitglied  des  Theatei'- 
orchesters  in  Neapel,  und  mit  siebzehn  Jahren  kam  er  nach  Paris,  wo  er  die 
Protection  Rossinis  erwarb.  Er  machte  noch  grössere  Kunstreisen,  hauptsäch- 
lich durch  England  mit  grossem  Erfolge.  Seine  Compositionen  für  Flöte  be- 
stehen in  Vortragspiecen  und  Fantasien,  Variationen  über  Opernmelodien. 

Fontaua,  Giov.  Battista  (111,590),  war  einer  der  ausgezeichnetsten  Gei- 
genvirtuosen seiner  Zeit,  in  Brescia  geboren,  von  wo  aus  er  seinen  Ruf  begrün- 
dete. Er  lebte  dann  in  Venedig,  später  in  Rom  und  zuletzt  in  Padua,  wo  ihn 
1630  die  grosse  Pest  mit  hinwegraffte.  1641  erschienen:  y>Sonate  a  J,  2,  3  peril 
Violino,  0  Cornetto,  Fagotto,  GMtarone,  Violoncino  o  simile  altro  istromento ,  del 
giä  molto  illustre  Signor  Giov.  Battista  Fontana  nell  eccellenza  diguesta  professione 
fra  i  megliori  ottimo,  Dedicate  alV  IIV^°  e  R^^^  Monsignor  Abhte  Gio.  Maria 
Eosioli,  coj^piero  di  N.  S.  papa  Urhano  VIIIv.  In  Venezia  1641,  appresso 
Bartholomeo    Magui.      Das    Werk    enthält    achtzehn    Sonaten,     die    ersten    für 


Fontana  —  Förster.  1 1 X 

Violine,  Solo  und  Bass,  die  folgenden   l'iii-  eine  und  zwei  Violinen,  mit  und  ohne 
Pagott,   eine   Sonate   ist  für  drei   Violinen. 

Fontnua,  Jules,  Componist  und  Piimist,  ist  IHK)  zu  Warschau  gehören, 
war  Schüler  des  dortigen  Conservatoriums  und  hatte  hei  .Joseph  Eisner  Chopin 
zu  seinem  Mitschüler.  Anfangs  widmete  er  sich  dem  Studium  der  Kechtswissen- 
schaften,  allein  die  Ereignisse  des  Jahres  1830  veranlassten  ihn,  Militairdienst 
zu  nehmen.  Zur  Flucht  genöthigt,  ging  er  nach  London,  um  hier  als  Ciavier- 
lehrer sein  Lehen  zu  fristen.  Später  ging  er  nach  Paris,  und  trat  dort  mit  Er- 
folg als  Clavierspieler  in  die  Oeffentlichkeit.  1841  reiste  er  nach  Havannah  und 
dann  nach  New- York,  wo  er  his  1850  blieb.  Hier  veranstaltete  er  berühmte 
Concerte  mit  Sivori.  Nach  Chopins  Tode  gab  er  dessen  nachgelassene  Cora- 
positioneu  bei  Schlesinger  heraus.  Am  Sylvesterabend  18G9  machte  er  in  Paris 
seinem  Leben  freiwillig  ein  Ende.  Eine  Anzahl  seiner  Saloncompositioneii  sind 
in  London  und  Paris  und  auch  in  Deutschland  und  Amerika  erschienen. 

Fontaine,  Antoine  Nicol.  INIarie  (III,  588),  starb  zu  St.  Cloud  im 
Monat  April  1846. 

Fontanelli,  Glam- Josefo,  italienischer  Lautenraachex',  der  zu  Bologna  in 
der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahi'hunderts  lebte.  Im  Museum  der  Instrumente 
des  Pariser  Conservatoriums  befinden  sich  (Nr.  160 — 161)  zwei  Mandolinen  von 
der  Arbeit  des  F.,  vom  Jahre  1771  und  1772. 

Fonteuelle,  Grangcs  de  (111,591),  seine  ÖTper  i^Medee  et  Jason«,  gelangte 
am  10.  August  1813  an  der  grossen  Oper  zur  Aufführung,  auch  wurde  an  dem- 
selben Theater  am  25.  October  1793  als  sein  erstes  Werk  aufgeführt:  »La 
Montagne  ou  la  Fondation  du  tenijüe  de  la  libertea  (1   Akt). 

Forestier,  Joseph  (III,  592),.  gab  noch  folgendes  Werk  heraus:  nlfono- 
grapMe  des  Instruments  ä  six  pisfons  et  tubes  independants,  etudes  pratique  et 
ilieoriques  pour  le  nouveau  Systeme  de  M.  Adolphe  Sax«.  (Paris,  Sax,  in  8".) 
Ein  Bruder  J.  M.  Forestier,  Flötist,  Schüler  von  Tulon,  starb  zu  Paris  am 
18.  December   1867. 

Formes,  Theodor  (111,596),  starb  am  15.  October  1874  in  der  Heil- 
anstalt Endenich  bei  Bonn. 

Forqueray,  Nicolas  Grille s,  Organist,  jedenfalls  Verwandter  des  berühm- 
ten Gambenspieler  dieses  Namens  (s.  III,  597),  geboren  1702  im  Dorfe  Chaumes, 
wo  sein  Vater  Gasthofsbesitzer  war,  erhielt  erst  eine  bescheidene  Stelle  unter 
den  Musikern  der  königl.  Kapelle,  später  1757,  ersetzte  er  Couperin  als  Orga- 
nist an  der  Kirche  St.  Severin.  Auch  übernahm  er  dasselbe  Amt  an  St.  Mery, 
St.  Inuoceuts  und  St.  Laurent.  AVegen  seiner  geschwächten  Gesundheit  jedoch 
zog  er  sich  in  sein  Heimathsdorf  zurück,  wo  er  am  22.   October   1764   starb. 

Forster,  William  (III,  599).  Diese  Lauteumacherfamilie  ist  durch  vier 
Generationen  bekannt.  Der  erste  derselben,  AVilliam,  1713  zu  Brampton  in 
Cumberland  geboren,  war  eigentlich  Eadmacher  und  begann  mit  Ausbessern 
von  Violinen  sich  der  Lautenmacherkunst  zu  nidiern.  Sein  Sohn  William, 
geboren  1739,  Hess  sich  1759  in  London  nieder  und  erwarb  dort  Ruf.  Erst 
kopirte  er  die  »Stainer«,  später  »Amati«.  Er  arbeitete  nur  vier  Contrabässe, 
von  denen  drei  für  die  Musik  des  Königs  Georg  III.  auf  Bestellung  ange- 
fertigt wurden.  Sein  Sohn,  auch  William,  geboren  1764,  gestorben  1824, 
lieferte  auch  gute  Instrumente.  Zwei  Söhne  von  diesem,  William  und  Simon 
Andre,  sind  wieder  Lautenmacher,  besonders  scheint  der  letztere  geschickt 
zu  arbeiten.  A.  Pougin ,  Biogr.  univ.  des  musiciens,  nennt  den  einen  dieser 
Brüder,  in  Gemeinschaft  mit  dem  Lautenmacher  Sandys,  als  den  Verfasser 
des  Buches:  r>The  history  of  the    Violina  (Londres  1864,  in  8). 

Förster,  Alb  an,  ist  am  23.  October  1849  in  Reichenbach  im  Voigtlande 
geboren :  dort  wurde  er  vom  INIusikdirektor  R.  Blume  in  der  iMusik  unterrichtet. 
Von  1866 — 69  besuchte  er  das  Dresdener  Conservatorium  und  genoss  hier  den 
Unterricht  von  Rietz  (Composition),  Lauterbach  (Violine)  und  Döring  (Ciavier). 
Nachdem    hatte    er    Stellungen    in    Carlsbad,    Breslau    und    Stettin    iune.      1871 


112  Forsterus  —  Fournel. 

ging  er  als  Hofmusiker  nach  Neu-Strelitz.  Plier  wurde  im  December  1875  eine 
Operette  »Das  Flüstern«  aufgeführt.  Ausserdem  schrieb  er  Ciavierstücke,  Lieder 
und  Stücke  füi-  Cello,  ferner  zwei  Streichquartette,  zwei  Trios,  Violin-  und 
Orchesterwerke. 

Forsterns  (111,599),  Georg  Forster,  Arzt  zu  Nürnberg,  erfahren  in  der 
Philosophie,  in  Sprachen,  in  der  Musik  und  Mediciu,  legte  den  ersten  Grund 
zu  seinen  Kenntnissen  zu  Ingolstadt,  ward  dann  am  Hofe  des  Kurfürsten  am 
Rhein,  Pfalzgrafen  Ludwig,  in  Heidelberg  erzogen,  wo  er  auch  die  Universität 
besuchte  und  vom  dortigen  Kapellmeister  und  Componisten  Laurentins  Lemlin 
in  Gemeinschaft  mit  seinem  »Tisch-  und  Bethgesellen«  Stephan  Zierler  und 
Gaspar  Othmayr  in  der  Musik  unterrichtet  wurde.  Er  erwarb  hier  die  Gunst 
nicht  nur  der  Professoren,  sondern  auch  des  Fürsten,  der  ihn  studiren  Hess, 
1534  ging  er  nach  Wittenberg,  wo  er  mit  Melanchthon  und  Luther  Freund- 
schaft schloss.  Luther  vergnügte  sich  hauptsächlich  an  seiner  Musik  und  liess 
sich  verschiedene  Gesänge  von  ihm  componiren.  Später  practicirte  F.  als  Arzt 
in  Amberg  und  VVürzburg,  ward  dann  vom  Pfalzgrafen  am  Rhein  und  Herzog 
von  Baiern  Wolfgang  als  Arzt  nach  Heidelberg  berufen  und  machte  als  Leib- 
arzt des  Herzogs  die  Feldzüge  wider  den  Herzog  von  Jülich  und  den  König 
von  Frankreich  mit.  Später  ging  er  wieder  nach  Nürnberg,  wurde  Leibarzt 
des  Abts  Friedrich  zu  Heilsbrunn  und  starb  in  Nünberg  am  12.  Nov.  1568. 
Seine  Compositionen  sind  fliessend  und  stimmgerecht  und  verrathen  contrapunk- 
tische  Fertigkeit.  Besonders  aber  hat  er  sich  durch  seine  Sammlung  deutscher 
Volkslieder  (»Ausbund  schöner  Liedlein«),  die  in  den  Jahren  von  1539 — 56  in 
fünf  Theilen  erschienen,  mit  Beiträgen  von  L.  Senfl,  Steph.  Mahu,  Thomas 
Stolzer,  Sixt.  Dietrich,  Wolf  Grefinger,  Jobst  von  Brandt,  Arnold  von  Brück, 
Gasp.  Othmayer  u.  a.,  unsterbliche  Verdienste  erworben  (Vergl.  Eitner:  Monats- 
hefte für  Musikforschung  1849,  Nr.  1,  2).  Ausserdem  veröffentlichte  er  noch 
mehrere  Sammlungen  geistlicher  Gesänge  in  deutscher,  hauptsächlich  in  latei- 
nischer Sprache.     Ein  zweiter: 

Forster,  Georg,  war  seit  1556  Cantor  in  Zwickau,  wurde  1564  in  gleicher 
Eigenschaft  nach  Annaberg  berufen  und  1568  als  kurfürstlicher  Sänger  nach 
Dresden.  Als  solcher  empfing  er  einen  Gehalt  von  124  fl.  Nach  dem  Tode 
von  Ant.  Scandelli  wurde  er  am  31.  Januar  1580  Vorsteher  der  Cantorei  und 
Kapelle  interimistisch  bis  1581,  in  welchem  Jahre  Pinelli  de  Girardis  Kapell- 
meister und  Forster  Vicekapellmeister  wurde.  Nach  dem  Abgange  Pinellis  wurde 
F.  erster  Kapellmeister  1586,  er  starb  aber  schon  im  folgenden  Jahre  1587  am 
16.  October  (Monatshefte  für  Musikforschung  1869,  I). 

Fouque,  Pierre  Octave,  Componist,  geboren  zu  Pau  (Basses-Pyrenees) 
am  12.  November  1844,  kam  frühzeitig  nach  Paris,  wo  er  Schüler  des  ausge- 
zeichneten Organisten  Chauvet  wurde;  1869  erfolgte  seine  Aufnahme  in  die 
Compositionsclasse  des  Conservatoriums.  Er  veröffentlichte  seitdem  eine  An- 
zahl Ciavier-  und  auch  Gesangscompositionen,  auch  gelangten  zwei  oder  drei 
Operetten  von  ihm  zur  Aufführung.  Ferner  hat  sich  F.  als  Schriftsteller  mehr- 
fach bethätigt.  Er  war  1873  Redacteur  der  Musikzeitung  »l'Avenir  national«, 
lind  thätiger  Mitarbeiter  der  »Revue«  und  »Gazette  musicale  de  Paris«,  wie  des 
Feuilletons  vom  »l'Echo  universel«  u.  a.  d. 

Fouquet,  Jean,  Mandolinist  und  Componist,  lebte  in  der  zweiten  Hälfte 
des  18.  Jahrhunderts  zu  Paris  und  gab  heraus:  »Sia:  Duos  pour  deux  violons, 
ou  deux  mandoli7ies,  composes  dans  le  goüt  italiena. 

Fourneaux,  Napoleon  (IV,  9),  gab  noch  heraus:  ylnstrumentologie.  Traut 
theorique  et  pratique  de  Vaecord  des  Instruments  ä  sons fixes,  Vharmonium,  Vorcjue 
ä  tuyaux  et  le  piano,  contenant  iine  theorie  complete  d%i  temperament  musical  et 
des  hattements  par  Vingenieur  N.  Fourneaux  fils,  facteur  d'orguesv,.  (Paris,  Repos.) 

Fournel,  Fran^ois  Victor,  unterrichteter  französischer  Schriftsteller, 
geboren'  zu  Chappy  bei  Varennes  am  8.  Februar  1829.  Unter  seinen  zahl- 
reichen   Schriften    befinden    sich    auch    einige,    welche   die  Musik    berühren  und 


Fouruier  —  Freier.  113 

zum  Tlicil  sehr  interessante  und  neue,  den  (Jegonstund  belrcHende  Details  ent- 
halten. Es  sind:  nLcs  Cuntcmporains  de  Molicreu  (Paris,  Didot,  3  Bände  in  8^), 
ini  zweiten  Theile  eine  Geschichte  des  Jlorhallets  enthaltend:  »Xe«  Sjjeclacles 
poptdaires  et  les  Artistes  des  rwe*«' (Paris,  Dentu,  18G;},  in  12).  nCuriositts 
thedtralen  anciennes  et  modernes,  franmises  et  etramjeresa  (Paris,  Deluhays,  1850, 
in  IG).  »Ce  (luon  voit  dans  les  rues  de  Parisv.  (Paris,  Deluhays,  1858,  in  16). 
Fouruier,  Edouard,  Dr.  med.,  gab  ein  Buch  heraus:  nPhysiuloyie  de  la 
voicc  et  de  la  parola.     (Paris,  Delahays,   18GG,  in  8".) 

Fraac,  Guillaume  (IV,  12).  Die  Nachrichten  über  seine  Lebensumstände 
sind  sehr  spärlich,  von  1541  — 1545  war  er  Cantor  in  Genf,  dann  bis  zu  seinem 
1570  erfolgten  Tode  Cantor  zu  Lausanne.  Im  Jahre  1565  veröffentlichte  er 
y>Les  Psaumes,  mis  en  Bime  frangalse  par  Cl.  Marot  ^  Th,  de  Peze-Geneve«  und 
zwar  auf  Veranlassung  seiner  Vorgesetzten.  Vierzig  dieser  Melodien  sind  von 
F.,  viele  hat  er  verändert,  doch  hatte  seine  Arbeit  keinen  dauernden  Erfolg, 
denn  nicht  nur,  dass  seine  Melodien  in  kein  anderes  Psalmenbuch  üljerffinjiren, 
auch  in  Lausanne  scheint  man  bald  wieder  anstatt  seiner,  die  ursprünglichen, 
meist  weltlichen  Liedern  entlehnten  Melodien  des  Marot-Bezaschcn  Psalters  ge- 
sungen zu  haben. 

Frau(^'a,  P.  Luiz  Gonzaga  e,  Sänger,  gegen  1830  zur  Kapelle  der  Pa- 
triarchal-Kirche  in  Lissabon  gehörend,  zog  sich  nach  der  Abdankung  des  Don 
Miguel  I.,  der  ihn  sehr  ausgezeichnet  hatte  und  dem  er  ei-geben  war,  zurück. 
Er  leitete  auch  die  Chorschule  der  Kathedrale,  und  ist  als  Autor  des  folgenden 
Buches  zu  nennen:  nCompendio  oic  explicagäo  methodica  das  reijras  geraes  mais 
importantes  e  necessarias  .para  a  intelliyencia  do  Canto-chao  ianto  theorico  como 
pratico,  e  para  suber  escrever  e  compor  etc.     Lissabon,  1831,  in  4*^,  132   S. 

Frauclsconi,  Giovanni  (IV,  14),  nennt  sich  selbst  »Le  philosoph  de 
Lusarda«,  war  Kammervirtuos  des  Grafen  von  Hessenstein,  lebte  nach  1770. 
Von  ihm  erschienen:  nSix  sonates  pour  le  Violon  et  basse«.  Bieter  Mol.  sculpt. 
Amsterdam  1750.     Zu  Padua  erschienen  (1770)   6  Violinquartetten. 

'  FranQOis,    Componist,   nur   bekannt  durch  die  Gesänge:    »Puisque  donc  via 
))iaitresse<i.     »Possible  ti'est  d^avoir  plus.    y>Pis  nepeut  me  venir  Philomenaa  (motette), 
welche    in    dem    1530   herausgegebeneu   Werke,    »Pierre  Atteignanfs:    Chansons 
franQaises  ä  qiiatre  parties  etc.a,  enthalten  sind. 

Frank,  Ernst,  ist  am  7.  Febr.  1847  in  München  geboren  und  im  Kloster 
Metten  (an  der  Donau  bei  Deppendorf)  erzogen.  Die  letzten  Gymnasialclassen 
absolvirte  er  in  München  und  hier  genoss  er  zugleich  den  Unterricht  von 
Franz  Lachner  in  der  Musik.  "Während  er  dann  die  Universität  in  München 
besuchte,  war  er  zugleich  als  Hoforganist  und  als  Chordirektor  am  Münchener 
Hoftheater  thätig.  1868  wurde  er  Kapellmeister  in  Würzburg,  1869  Chor- 
direktor an  der  Hofoper  in  Wien  und  ging  dann  1872  als  Nachfolger  von 
Vincenz  Lachner  an  das  Hoftheater  nach  Mannheim.  Nach  fünfjähriger  Thätig- 
keit  in  dieser  Stellung  wurde  er  als  erster  Kapellmeister  nach  Frankfurt  a/M. 
berufen;  aber  die  Zerwürfnisse,  welche  zwischen  dem  Intendanten  Otto  De- 
vrient  und  den  Gründern  des  Theaters  entstanden,  veranlassten  auch  ihn,  diese 
Stellung  aufzugeben.  1879  wurde  er  an  das  königl.  Theater  zu  Hannover  be- 
rufen. An  Compositionen  veröffentlichte  er  bisher  nur  einige  Lieder.  Eine 
zweiaktige  Oper  »Adam  de  la  IIale<i,  wurde  im  Frühjahr  1880  in  Carlsruhe  mit 
Erfolg  gegeben. 

Frasi,  Feiice,  wurde   1803  geboren  und  starb  am   8.  September   1879. 

Freier  oder  Freyer,  August  (IV,  52),  ist  1803  zu  Mukla  bei  Dresden 
geboren,  lernte  frühzeitig  Gesang,  Ciavier  und  Orgel  und  konnte,  10  Jahr  alt, 
schon  seinen  Lehrer  auf  der  Orgel  vertreten.  Er  kam  als  Jüngling  nach  War- 
schau, wo  er  Unterricht  ertheilte  und  bei  Eisner  contrapunktische  Studien 
machte.  In  der  Folgezeit  legte  er  sich  besonders  auf  das  Orgelspicl,  erlangte 
hierin  hervorstechende  Fertigkeit  und  machte  als  Orgelvirtuos  1834  eine  Kunst- 
reisc  durch  Deutschland  mit  viel  Erfolg.     Hesse,  Mendelssohn   und  Spohr  zoll- 

Musikal.  Couvers.-Loxikoii.    Ergän7ung<;l)and.  8 


114  Frescobaldi  —  Friedrich  HI. 

ten  ihm  ihre  Anerkennung.  Darauf  kehrte  er  wieder  nach  Warschau  zurück; 
hier  wurde  er  1836  nach  Eincrts  Tode  Organist  an  der  evangelischen  Kirche. 
Er  gründete  in  Warschau  einen  Oratorienverein,  mit  dem  er  grössere  Auf- 
führungen veranstaltete.  Auch  selhstschöpfcrisch  war  er  thätig,  er  componirte 
namentlich  Orgelstücke  und  verfasste  auch  ein  Choralbuch. 
Frescobaldi,  Oirolanio  (IV,  54)  ist  1580  geboren. 

Freubel,  Joh.  Lud.  Paul  (IV,  55),   wurde    zu  Namur  1763  (nicht  1770 
in  Berlin)  geboren.     Er  starb  am  21.  Mai   1828  in  Amsterdam. 

Frey,  Hans  (IV,  56).  »Und  zwar  eine  solche  Zahl  Erliarer  Künstler 
kan  ich  nit  ausslassen  diesen  kunstreichen  alten  Freycr,  der  in  allen  Dingen 
erfahren  war,  der  Musik  hat  er  Verstand,  für  einen  gutten  Harpffenschläger 
wurde  er  berühmt,  hat  einen  gutten  Verstand  das  Wasser  mit  Luö't  in  die  Höhe 
zu  bringen,  er  machte  aus  Kupffer  allerley  Bilder  Manns-  und  Weibs-Persohnen, 
die  waren  inwendig  hohl  und  also  durchs  Gebläs  zugerichtet,  dass  das  einge- 
gossene Wasser  ihnen  zum  Kopf  heraus  sprang  und  an  andern  Orten  mehr  in 
die  Höhe,  und  mögt  ein  jeder  solchen  Brunnen  tragen  und  mitten  in  einen 
Saal  setzen  und  zu  zierlicher  Ehren  gebrauchen,  wo  dann  beim  Herren  Hanns 
Ebner  noch  einer  zu  sehen  ist.  Dieser  Frey  verheirathet  seine  Tochter  mit 
Namen  Agnes  a.  1494  an  den  berümbten  Mahler  und  Künstler  Albrecht  Dürer, 
ward  Grenander  des  grossem  ßaths  a.  1496  und  starb  a.  1523  den  21.  Novem- 
ber (Joh.  Neudörffers  Nachrichten  von  den  vornehmsten  Künstlern  und  Werk- 
leuten Nürnbergs,  1446 — 1660),  nach  einer  alten  Handschrift  herausgegeben 
von  Dr.  Friedr.  Campe  (Nürnberg  1828).«  Neudörffer  war  Zeitgenosse  von  Frey 
und  deshalb  dürfen  seine  Nachrichten  als  authentisch  angenommen  werden. 
Dass  F.  1415  bereits  zu  Bologna  glänzte,  ist  wol  ein  Irrthum  Barons,  oder 
ein  Druckfehler  in  seinem  Werk:  »Untersuchung  der  Lauten«.  Möglicherweise 
soll  es  1475  heissen.  Darnach  liegt  auch  kein  Grrund  vor,  ihm  einen  Sohn  zu 
geben,  dessen  Existenz  durch  nichts  weiter  bewiesen  wird. 

Fricci,  Antonietta,  Frietsche,  bekannt  unter  dem  Namen  Fricci,  talent- 
volle Sängerin,  im  Besitze  einer  prächtigen  Sopranstimme,  geboren  gegen  1840 
in  Wien,  erhielt  am  dortigen  Conservatorium  durch  Frau  Marchesi  ihre  gesang- 
liche Ausbildung.  Nicht  ihr  Debüt,  aber  ihre  ersten  Triumphe  feierte  sie  in 
Lissabon.  Bei  ihrem  Benefiz  daselbst  fuhr  sie  in  einer  Hofequipage,  begleitet 
von  zwei  Musikchören,  nach  Hause.  Später  ging  sie  nach  Moskau  und  dann 
nach  London,  wo  sie  gleichen  Erfolg  errang.  Nachdem  sie  sich  mit  dem  Teno- 
risten Neri-Baraldi  verheiratet  hatte  und  bis  1866  in  Moskau  und  London  ab- 
wechselnd die  Saison  hindurch  gesungen,  ging  sie  nach  Italien,  wo  sie  in  Mailand 
wieder  besonders  viel  Glück  machte.  Die  Journale  erzählen  von  dreihundert 
Bouquets  an  einem  Abend  und  ähnlichen  Ovationen.  Mad.  Fricci  saug  noch 
in  anderen  Städten  Italiens  und  besuchte  Cairo  und  noch  wiederholt  Lissabon 
und  London.     In  grossen  pathetischen  Partien  excellirte  sie  am  meisten. 

Friedlowsky  (IV,  61),  starb  am  27.  December  1875  in  Wien. 

Friedrich  III.,  Herzog  und  Kurfürst  zu  Sachsen,  mit  dem  Beinamen  der 
»Weise«,  geboren  am  17.  Januar  1463  zu  Torgau,  war  auch  ein  eifriger  Ver- 
ehrer und  Förderer  der  Musik  und  vortrefflich  in  dieser  Kunst  ausgebildet.  Die 
Gründung  der  Universität  Wittenberg  1502,  wie  die  Berufung  Luthers  sind  sein 
Werk.  Die  deutsche  Kaiserkrone  schlug  er  aus  und  in  seinem  Leben  führte^ 
er  keinen  Krieg.  In  seiner  Eigenschaft  als  Beförderer  der  Kunst  wurde  er 
für  seine  Zeit  von  musikhistorischcr  Bedeutung,  er  übte  die  Musik  selbst  vor- 
züglich aus  und  bereitete  ihr  an  seinem  Hofe  zu  Torgau  eine  der  ersten  Pflege- 
stätten Deutschlands.  Als  er  1493  seine  Heise  ins  gelobte  Land  antrat,  sorgte 
er  in  seinem  Testament  für  alle  Fälle  für  seine  Cantorey  ebenso,  wie  für  die 
Universität.  Die  erstere  war  von  seinen  Vorfahren  bereits  gestiftet  worden, 
aber  er  erweiterte  und  verbesserte  sie  ganz  liedeutend.  An  der,  unter  Leitung 
des  berühratüu  Marcus  Krodel  blühenden  Schule,  Hess  er  durch  einen  festan- 
gestellten Symphoniacus,  so  wie  durch  den  Organisten  Gesangunterricht  erthei- 


Fritz  -  Gabrielli.  115 

len,  aus  den  liesten  Süngern  der  Scliule  wurde  die  kurfürstliclie  Kapelle  zu- 
sammengesetzt. An  die  Spitze  derselben  stellte  er  (.'onrad  Rupff  (s.  d.).  AVenn 
der  Kurfürst  zum  Reichstag  ging,  nahm  (tr  seine  Cantorey  mit  und  errang  mit 
ihr  grosse  Triumphe.  Der  Kurfürst  starb  am  5.  Mai  152r)  und  sein  Nach- 
folger löste  die  Cantorey  auf. 

Fritz,  Kaspar  (IV,  67),  von  ihm  erschienen  1742  in  London:  nSei  Sonate 
a    I  Stromcnfl  a    Viulino   /""*    Viola  2''"    Viola  Cembalo  e    Violoncellovi. 

Frizzi,  Benedetto  (IV,  67).  Sein  bedeutendstes  Werk  ist:  «Uisser- 
tatione  sidla  portata  dei  musicali  istromenti  con  mateniatiche  analoghe  rißissioni 
(Triest  1802). 

Frobergrer,  Joh.  Jacob  (IV,  69),  war  von  1637 — 1657  Hoforganist  in 
Wien.  1637  ging  er  mit  Unterstützung  von  Seiten  des  Hofes  nach  Kom  zu 
Frescobaldi.  Er  starb  am  7.  Mai  1667  zu  Schloss  Hericourt  unweit  Mout- 
beliard,  wo  er  bei  der  verwittweten  Herzogin  Sibylla  von  Würtemberg  ein  Asyl 
und  eine  Stelle  als  Musiklehrer  gefunden  hatte.  Seine  Dresdener  Reise  fiel 
ins  Jahr  1656  oder  gegen  dieses  Jahr,  als  Joh.  Georg  II.  noch  Kurprinz  war. 
Sein  "Werk:  -»Diversi  ingegnossisime,  rarissime  e  non  piii  viste  curiose  etc.»  er- 
schien nicht  1714,  sondern  bereits  1693  in  Mainz. 

Trojo,  Giovanni,  Musicograph,  geboren  zu  Catanzaro  am  1.  Juni  1847, 
welche  Stadt  auch  der  Ort  seiner  Wirksamkeit  wurde,  nachdem  er  in  Neapel 
seine  musikalischen  Studien  vollendet  hatte.  F.  veröffentlichte  mehrere  Com- 
positiouen,  darunter  eine  dreistimmige  Messe,  mit  Orchester.  Ferner  eine  Ciavier- 
schule »Ecole  du  »lecanisme  (Mailand,  Vismara)  und  die  zwei  Schriften:  y>Sa(jgio 
storico-critico  intorno  alla  Musicaa  (Catanzaro,  1873).    y>Osservazioni  sulla  Musicav. 

Fromental,  Louis  Nicolas,  Componist,  geboren  in  der  ersten  Hälfte  des 
18.  Jahrhunderts,  wurde  an  der  Kathedrale  zu  Rouen,  in  welcher  er  als  Chor- 
knabe seine  musikalische  Laufbahn  begonnen,  1728  erster  Kapellmeister.  Eine 
Sinfonie  und  fünf  oder  sechs  Motetten  seiner  Composition,  die  durch  ihre 
Schönheit  niberraschten,  verhalfen  ihm  früh  zu  dieser  Stellung.  Er  brachte 
nachdem  noch  einige  Messen  zu  Gehör,  starb  aber  schon   1737. 

Fitmai^alli.  Ausser  Adolph  F.  (IV,  85),  sind  noch  einige  Tonkünstler 
dieses  Namens,   wahrscheinlich  Anverwandte  desselben  zu  nennen: 

Fnmagalli,  Disma,  Pianist,  geboren  zu  Inzago  am  8.  September  1826. 
Schüler  des  Mailänder  Conservatoriums,  zur  Zeit  Lehrer  an  demselben,  ver- 
öffentlichte gegen  250  Clavier-Salonstücke. 

Fnmagalli,  Polibio,  ausgezeichneter  Pianist  und  Orgelspielei-,  zu  Inzago 
am  26.  October  1830  geboren,  gab  gleichfalls  eine  grosse  Anzahl  von  Com- 
positionen  desselben  Genres  heraus,  darunter:  »Ascetica  tnusicalea,  Op.  235, 
(Mailand,  Lucca),  eine  Sammlung  von  fünfzehn  Oi'gelstücken. 

Fumagalli)  Luca,  ebenfalls  sehr  tüchtiger  Pianist,  zu  Inzago  am  29.  Mai 
1837  geboren,  Hess  sich  1860  in  Paris  mit  vielem  Beifall  hören,  und  lieferte 
eine  grosse  Zahl  von  zum  Theil  sehr  ansprechenden  Claviercompositionen.  1875 
wurde  in  Florenz  »Louis  XL«,  ein  lyrisches  Drama  in  vier  Akten,  von  ihm 
aufgeführt.  Am  Conservatorium  zu  Mailand  befanden  sich  ausser  diesen  noch 
drei   Zöglinge  desselben   Namens  Carlo,  Giulio  und  Amalia  F. 


G. 

«abrielli,  Nicolo  (IV,  99),  geboren  am  21.  Februar  1814. 

(ilabrielli,  Giov.  Baptista  de,  wirkte  in  Florenz  um  1715:  war  ein  sehr 
fleissiger  und  geschickter  Geigenbauer,  der  sehr  sorgfältig  arbeitete  und  stets 
ausgezeichnetes  Holz  und  einen  hellen  durchsichtigen,  gelben  Lack  zu  seinen 
Instrumenten  verwendete.  Seine  Bratschen  und  Cello  sind  vortrefflich,  nament- 
lich die   letztern   haben   hohen   Werth. 

8* 


ll(j  Gabrielski  —  Gambogi. 

Oabrielski,  Julius  (IV,  99),  starb  um  26.  Mai  187B  in  Berlin. 

Gurte,  N.  W.   (IV,  lOü),  ist  am  22.  Febr.  (nicht  October)   1817  geboren. 

Gail,  Edm6  Sophie  Garre  (IV,  108),  ist  zu  Paris  am  28.  Aug.  1775 
geboren  (nicht  zu  Melun  1776).  (s.  Th.  Lhuillei',  »Note  sur  quelques  musiciens 
dans  la  Briei.) 

Gallay,  Jules,  Violoncellist,  Mitglied  der  Jury  bei  den  Weltausstellungen 
in  Paris  1867  und  Wien  1873,  geboren  1822  zu  St.  Quentiu  (Aisne),  gab 
mehrere,  hauptsächlich  den  Instrumentenbau  betreffende  Schi-iften  heraus:  1)  y>Les 
Instrmnents  ä  archet  ä  VExposition  universelle  de  JS67<i  (Paris,  imp.  Jouaust 
1867  in  12",  67  p.);  2)  »ies  Luthiers  Ualiens  aux  XVII  et  XVIII  siecles, 
nouvelle  edition  du  Parfait  Luthier  {la  Chelo)iomie)  de  Vahhe  Sibire,  suivie  de 
notes   sur   les   maitres   des  diverses   ecoles».     (Paris,    Academie   des   Bibliophiles, 

1869,  in  12.)  3)  y>Le  mariatje  de  la  musique  avec  la  danse  (Wiederabdruck 
desselben  Werkes  von  Guillaume  du  Manoir)  precede  d'une  introduction  histo- 
rique  et  accompagnc  de  notes  et  eclaircissementsa  (Paris,  Academie  des  Bibliophiles, 

1870,  in  12").  4)  -»Les  instruments  des  ecoles  italiennes,  catalogue  precede  d'une 
introdtiction  et  suivi  de  notes  lur  les  principaux  maitresu.  (Paris,  Gand  et  Ber- 
nadel, 1872,  in  12".)  5)  r>Bapport  sur  les  instruments  de  musique  (a  archet)^ 
public   1875.    (Paris,  Imprim.  nat.) 

Gallegos,  J.,  spanischer  Mechaniker,  ist  der  Erfinder  eines  Instruments, 
welches  er  »Philharmonische  Harfe«  nennt.  Das  Instrument  enthielt  die  tiefen 
Saiten  des  Violoncell,  eine  vollständige  Guitarre,  und  die  Saiten  der  hohen 
Töne  der  Harfe. 

Galetti-Gianoli,  Isabelli,  bemerkenswerthe  Sängerin  der  Gegenwart,  die 
sich  in  Italien  berechtigten  Ruf  ei'warb,  ist  gegen  1835  geboren.  1860  begann 
sie  ihre  Bühnenlaufbahn  in  Brescia,  sang  dann  in  Neapel,  London,  Madrid  und 
in  Mailand,  worauf  sie  für  eine,  in  Italien  aussergewöhnliche  Gage  in  Eom 
engagirt  wurde.  Später  besuchte  sie  wieder  die  Orte  ihrer  Triumphe.  Ihre 
Gesundheit  wurde  jedoch  in  der  letzten  Zeit  schwankend.  • 

Galli,  Amintore,  Componist  und  Musikschriftsteller,  geboren  zu  ßimini 
in  Italien  am  12.  Oct.  1845,  Schüler  des  Conservatoriums  in  Mailand,  schrieb 
mehrere,  mit  Erfolg  aufgeführte  Opern:  y)Cesare  al  Hubiconea;  »il  Risorgimento, 
il  corno  d'oro«^]  ferner  das  Oratorium  y>Ohristo  al  Golgotaii;  ein  Stabat  mater  und 
mehrere  Messen.  Für  die  Chorgesangschule  in  Mailand  speciell  schrieb  er  das 
Buch:  »X«  Musica  ed  i  Musicisti  dal  seeolo  X  sino  ai  nostri  giorni,  ovvero 
Biografie  cronologiche  d'illustri  onaestriv^.  (Mailand,  Canti,  1871,  in  8".)  Seine 
erste  schriftstellerische  Arbeit  war  y>VArte  foneticav- ,  in  Vorbereitung  sind  die 
folgenden:  y>V Ortofoniav.  und  »Zö  Musica  militare  in  Europa«.. 

Gallo,  Ignazio  (IV,  115),  ist  (nach  Franz  Florimo)  1789  zu  Neapel  ge- 
boren und  besuchte  als  Schüler  Scarlattis  das  Conservatorium  dei  Poveri  di 
Gesü    Cristo. 

Gallns  auch  Galli,  Anton,  Componist  der  Niederlande  des  16.  Jahi-hun- 
derts,  lieferte  Gesänge  für  die  oft  genannte  Sammlung  des  Pierre  Phalese, 
1555 — 1556 :    »H'emier  livre  des  chansons  etcs. 

Gainll)iui,  P.  Andrea,  Componist  von  Kirchenmusik,  geboi-en  1665  zu  San 
Lorenzo  a  Vaccoli  bei  Lucca,  starb  in  Lucca  1725.  Von  seinen  Compositionen 
sind  keine  erhalten,  jedoch  berichten  die  Register  der  Congregation  der  heiligen 
Cäcilie  dieser  Stadt,  dass  von  1700 — 1713  sieben  Seelenmessen  für  vier  Stimmen 
und  grosses  Orchester  von  Gambini,  bei  Gelegenheit  der  Feste,  welche  diese 
Vereinigung  zu  Ehren  ihrer  Schutzpatronin  jährlich  feierte,  aufgeführt  wurden. 
Gambini,  Carlo  Andrea  (III,  121),  nicht  Alberto,  ist  am  22.  Oct.  1819 
geboren  und  starb  in  Genua  am  14.  Februar  1865. 

Gainboa,  Pedro  de,  Componist  und  Musiklehrer  in  Portugal,  wo  er  um 
1640  dem  Orden  der  Benedictiner  angehörte.  Seine  Compositionen,  die  rühm- 
lich erwähnt  werden,  blieben  ungedruckt. 

Gauibog-i,  P.  Francesco,  Kirchencoiuponist,  zu  Camaiore  im  Herzogthum 


(Jamueci  —  G<aiHlolti.  117 

Luccii  gel)oren  {^t'ji'fii  171.">  und  gestorben  1781,  war  Musiklelirer  am  Seminur 
St.  Michel,  und  nachdem  Kapellmeister  an  einer  der  Kirchen  in  Camaiore.  Sein 
bestes  AVerk  ist  ein  Oratorium  r>Giufteppe  riconoaciutoa,  von  welchem  die  Partitur 
in  den  Archiven  der  geistlichen  Brüderschaft  der  Schutzengel  zu  Lucca  auf- 
bewahrt ist.  Zwischen  1743 — 1778  schrieb  G.  gegen  zwanzig  Seelenmessen, 
vierstimmig  mit  Instrumentalbegleitung,  welche  am  Cilcilienfeste  in  Lucca  auf- 
geführt wurden. 

Gamucci,  Baldassare,  Componist  und  Musikschriftsteller,  zu  Florenz  am 
14.  December  1822  geboren,  widmete  sich  nach  beendeten  Musikstudien  dem 
Unterricht,  und  gründete  im  Jahre  1849  den  Gresangvercin  »del  Carmine«.  Er 
erhielt  später  die  Direction  der  Chorgesangschule  am  Conservatorium  in  Florenz. 
Zu  seinen  Comi^ositionen  gehören:  Sechs  Messen  drei-  und  vierstimmig; 
ein  Requiem  für  vier  Männerstimmen  und  Orchester;  mehrere  Messen  ;V  capclla; 
»Beatrice  gli  JEsuli  in  Bahiloniafi ;  eine  italienische  Paraphrase  des  14.  Psalm; 
Psalme,  Motetten,  Litaneien,  Hymnen  u.  a.  a  capella  und  mit  Orchester;  die 
Oper  nGhistnonda  di  Salernoa  (nicht  aufgeführt).  Als  Schriftsteller  bethätigto 
sich  G.  durch  ein  Elementar-Lehrbuch  der  Musik:  r)Rudimenti  di  lettura  musi- 
cale  per  uso  di  tutti  gV  Istituti  si  puhlici  che  privati  d'Italia«.  Zwei  Auflagen ; 
und  durch  das  Schriftchen:  »Intorno  alla  vita  ed  alle  opere  di  Luigi  Cherubini, 
Fiorentino,  ed  al  monumento  ad  esso  innalzato  in  Santa  Oroce«.  (Florenz,  Bar- 
bero  18fi0.  in  8^,  60  p.  mit  Portrait.)  Ausserdem  schrieb  er  für  die  Memoiren 
der  Akademie,  deren   Mitglied  er  ist,  zahlreiche  Aufsätze. 

Oand,  Charles  Frangois,  Lautenmacher  zu  Paris,  Schüler  des  berühm- 
ten Lautenmachers  Nicolas  Lupot,  übernahm  1824  dessen  Atelier,  aus  welchem 
bis  1845,  dem  Jahre  seines  Todes,  nur  anerkannte  Instrumente  hervorgingen. 
Er  verfertigte  auch  diejenigen  Instrumente  für  die  königl.  Kapelle  der  Tuille- 
i'ien,  welche  zur  Vervollständigung  derselben  noch  fehlten.  Nachdem  die  Her- 
stellung derselben  von  Lupot  begonnen  und  ziemlich  zu  Ende  geführt  worden 
war,  ging  diese  ganze  Sammlung  selten  schöner  Instrumente  bei  dem  Brande 
der  Tuillerien  1871  verloren.  G.  war  auch  der  Instrumentenmacher  für  das 
Conservatorium,  und  lieferte  viele  Jahre  die  Violinen  und  Cellos  für  die  preis- 
gekrönten  Schüler  desselben.     Seine  beiden  Söhne: 

Gand,   Charles  Adolph,  gestorben  24.  Januar  1866  und: 

Gaud,  Eugene,  jetzt  Associe  von  Bernadel,  waren  seine  Mitarbeiter 
und  Nachfolger. 

Gandini,  Antonio  (IV,  123),  ist  zu  Modena  am  20.  August  1786  ge- 
boren, er  starb  auf  seiner  Villa  Formigione  am   10.  Sept.   1842.     Sein   Sohn: 

Gandini,  Alessandro,  geboren  1807  zu  Modena,  war  Schüler  seines  Vaters 
und  Nachfolger  desselben  im  Amt  als  Hofkapellmeister  zu  Modena.  1827  wurde 
seine  erste  Oper  Demetrio  aufgeführt;  in  der  Zeit  von  1829 — 1833  aber  die 
vier,  irrthümlich  seinem  Vater  zugeschriebenen  Opern :  y>Zdira<i;  » Isahella  di  Lara»  ; 
«Maria  di  Brahante<i  und  ■aÄdelaide  di  Borgognav-,  Ausserdem  schrieb  er  noch 
mehrere  Gelegenheitscantaten:  t>La  FedelfrU;  r>la  Fatav^  und  »?"Z  Genio  di  Modene«, 
Kirchen-  und  Kammermusikcompositionen.  Er  starb  am  17.  December  1871. 
Nach  seinem  Tode  wurde  das  durch  zwei  Freunde  vervollständigte,  von  ihm 
rcdigirte  Buch  herausgegeben:  y>Cronisieria  dei  Teatri  di  Modena  dal  15^9  al 
JS7J  del  maestro  Alessandro  Gandini,  arrichita  dHnteressanti  notizie  e  continuata 
sino  al  j)resente  da  Ltiigi  Francesco  Valdrighi  e  Giorgio  Ferrari  Moreni«.  (Modena, 
1873,  3.  B.) 

Gandolfl,  Riccardo,  Componist,  geboren  zu  Voghera  im  Piemontesischen 
gegen  1839,  kam  nach  Neapel  um  unter  Carlo  Conti  Musik  zu  studircn,  kehrte 
aber  mit  seinen  Eltern  nach  einiger  Zeit  nach  Florenz  zurück,  wo  er  unter 
Mabellini  seine  Studien  fortsetzte.  1863  erschien  in  Mailand  seine  erste  ernste 
Oper:  nAldina«  und  1865  zu  Turin  seine  Oper:  nll  Paggio«,  welcher  1872  zu 
Genua  y>il  Confe  di  Monreah  folgte.  G.  machte  sich  auf  dem  Gebiete  der  Kir- 
chen-  und  sinfonischen  Musik  ebenfalls  bekannt.     Es  sind  zu  nennen:  ein   Re- 


1 1  (j  Gabrielski  —  Gambogi. 

(ilabriclski,  Julius  (IV,  99),  starb  am  26.  Mai  1878  in  Berlin. 

Gade,  N.  W.   (lY,  lOü),  ist  am  22.  Febr.   (nicht  October)    1817   geboren. 

«all,  Edme  Sophie  Garre  (IV,  108),  ist  zu  Paris  am  28.  Aug.  1775 
geboren  (nicht  zu  Melun  1776).  (s.  Th.  Lhuiller,  »Note  sur  quelques  musiciens 
dans  la  Briet.) 

Gallay,  J  u  1  e  s ,  Violoncellist,  Mitglied  der  Jury  bei  den  Weltausstellungen 
in  Paris  1867  und«  Wien  1873,  geboren  1822  zu  St.  Quentiu  (Aisne),  gab 
mehrere,  hauptsächlich  den  Instrumentenbau  betreffende  Schriften  heraus:  1)  »ies 
Instruments  ä  archet  ä  V Exposition  universelle  de  JS67<.<.  (Paris,  imp.  Jouaust 
1867  in  12",  67  p.);  2)  »Les  Luthiers  Italiens  aux  XVII  et  XVIII  siecles, 
nouvelle  edition  du  Parfait  Luthier  {la  Ohelo?iomie)  de  Vahhe  Sihire,  suivie  de 
notes   sur  les   mattres   des   diverses   ecoles«.     (Paris,   Academie   des   Bibliophiles, 

1869,  in  12.)  3)  »Le  mariage  de  la  musique  avec  la  danse  (Wiederabdruck 
desselben  Werkes  von  Guillaume  du  Manoir)  precede  d^une  introduction  histo- 
rique  et  accompagne  de  notes  et  eclaircissementsa  (Paris,  Academie  des  Bibliophiles, 

1870,  in  12").  4)  »Les  instruments  des  ecoles  italiennes,  catalogue  precede  d'une 
introduction  et  suivi  de  notes  lur  les  principaux  maitresa.  (Paris,  Gand  et  Ber- 
nadel, 1872,  in  12°.)  5)  »Happort  sur  les  instruments  de  musique  (a  archet^a 
publie   1875.    (Paris,  Imprim.  nat.) 

Gallegos,  J.,  spanischer  Mechaniker,  ist  der  Erfinder  eines  Instruments, 
welches  er  »Philharmonische  Harfe«  nennt.  Das  Instrument  enthielt  die  tiefen 
Saiten  des  Violoncell,  eine  vollständige  Gruitarre,  und  die  Saiten  der  hohen 
Töne  der  Harfe. 

Galetti-Gianoli,  Isabelli,  bemerkenswerthe  Sängerin  der  Gegenwart,  die 
sich  in  Italien  berechtigten  Euf  erwarb,  ist  gegen  1835  geboren.  1860  begann 
sie  ihre  Bühnenlaufbahn  in  Brescia,  sang  dann  in  NeaiDel,  London,  Madrid  und 
in  Mailand,  worauf  sie  für  eine,  in  Italien  aussergewöhnliche  Gage  in  Rom 
engagirt  wurde.  Später  besuchte  sie  wieder  die  Orte  ihrer  Triumphe.  Ihre 
Gesundheit  wurde  jedoch  in  der  letzten  Zeit  schwankend.  « 

Galli,  Amintore,  Componist  und  Musikschriftsteller,  geboren  zu  Rimini 
in  Italien  am  12.  Oct.  1845,  Schüler  des  Conservatoriums  in  Mailand,  schrieb 
mehrere,  mit  Erfolg  aufgeführte  Opern:  y>Cesare  al  Hubiconea;  y>il  Risorgimento, 
il  corno  d^orov.'^  ferner  das  Oratorium  y>Christo  al  Golgotav.\  ein  Stabat  mater  und 
mehrere  Messen.  Für  die  Chorgesangschule  in  Mailand  speciell  schrieb  er  das 
Buch:  »iö  Musica  ed  i  Musicisti  dal  secolo  X  sino  ai  nostri  giorni,  ovvero 
Biograße  cronologiche  d'illustri  maestri«.  (Mailand,  Cauti,  1871,  in  8".)  Seine 
erste  schriftstellerische  Arbeit  war  y>VArte  fonetica<i ,  in  Vorbereitung  sind  die 
folgenden:  r>V Ortofoniafs.  und  »Z«  Musica  militare  in  Europav.. 

Gallo,  Ignazio  (IV,  115),  ist  (nach  Franz  Florimo)  1789  zu  Neapel  ge- 
boren und  besuchte  als  Schüler  Scarlattis  das  Conservatorium  dei  Poveri  di 
Gesü   Cristo. 

Gallns  auch  Galli,  Anton,  ComjDonist  der  Niederlande  des  16.  Jahrhun- 
derts, liefex'te  Gesänge  für  die  oft  genannte  Sammlung  des  Pierre  Phalese, 
1555 — 1556:    »^emier  livre  des  chansons  etc.a 

Gambini,  P.  Andrea,  Componist  von  Kirchenmusik,  geboren  1665  zu  San 
Lorenzo  a  Vaccoli  bei  Lucca,  starb  in  Lucca  1725.  Von  seinen  Compositionen 
sind  keine  erhalten,  jedoch  berichten  die  Register  der  Congregation  der  heiligen 
Cäcilie  dieser  Stadt,  dass  von  1700 — 1713  sieben  Seelenmessen  für  vier  Stimmen 
und  grosses  Orchester  von  Gambini,  bei  Gelegenheit  der  Feste,  welche  diese 
Vereinigung  zu  Ehren  ihrer  Schutzpatronin  jährlich  feierte,  aufgeführt  wurden. 
Gambini,  Carlo  Andrea  (III,  121),  nicht  Alberto,  ist  am  22.  Oct.  1819 
geboren  und  starb  in   Genua  am   14.  Februar   1865. 

Gaiuboa,  Pedro  de,  Componist  und  Musiklehrer  in  Portugal,  wo  er  um 
1640  dem  Orden  der  Benedictiner  angehörte.  Seine  Compositionen,  die  rühm- 
lich erwähnt  werden,  blieben  ungedruckt. 

Gauibogi,  P.  Francesco,  Kirchencoraponist,  zu  Camaiore  im  Herzogthum 


(iamuL-ci  —  Gandnlti.  117 

LuccH  goluti-cii  l;(l;<  11  171.">  uiul  j^ostiM'bcii  17H1,  w,ti-  ■Musikh'lirtr  um  Seminar 
St.  Michel,  und  naclnlcin  Kapellmeister  an  einer  der  Kirchen  in  (Juinaiürc.  Sein 
bestes  AVerk  ist  ein  Oratorium  nOiuscppe  riconosciutoa,  von  welchem  die  Partitur 
in  den  Archiven  der  geistlichen  Brüderschaft  der  Schutzengel  zu  Lucca  auf- 
bewahrt ist.  Zwischen  1743 — 1778  schrieb  G.  gegen  zwanzig  Seelenmessen, 
vierstimmig  mit  Instrumentalbegleitung,  welche  am  Cäcilienfestc  in  Lucca  auf- 
geführt wurden. 

Gamucci,  Baldassare,  Componist  und  Musikschriftsteller,  zu  Florenz  am 
14.  Deccmber  1822  geboren,  widmete  sich  nach  beendeten  Musikstudien  dem 
Unterricht,  und  gründete  im  Jahre  1849  den  (resangverein  »del  Carmine«.  Er 
erhielt  später  die  Direction  der  Chorgesangschule  am  Conservatoriura  in  Florenz. 
Zu  seinen  Compositionen  gehören:  Sechs  Messen  drei-  und  vierstimmig; 
ein  Requiem  für  vier  ^Männerstimmen  und  Orchester;  mehrere  Messen  ä  capella; 
nBenfrice  gli  EsuU  in  JBabilonia« ;  eine  italienische  Paraphrase  des  14.  Psalm; 
Psalmc,  Motetten,  Litaneien,  Hymnen  u.  a.  a  capella  und  mit  Orchester;  die 
Oper  »G/iismonda  di  Saleriioa  (nicht  aufgeführt).  Als  Schriftsteller  bethätigtc 
sich  G.  durch  ein  Elementar-Lehrbuch  der  Musik:  y>Ru(Jimenti  di  lettura  muai- 
cale  per  uso  di  tutti  gV  Istituti  si  publici  che  privati  d'Italiau.  Zwei  Auflagen; 
und  durch  das  Schriftchen:  rtlntorno  alla  vita  ed  alle  opere  di  Luigi  Cherubini, 
Fiorentino,  ed  al  monumento  ad  esso  innalzato  in  Santa  Crocea.  (Florenz,  Bar- 
bero  1869,  in  8*',  60  p.  mit  Portrait.)  Ausserdem  schrieb  er  für  die  Memoiren 
der  Akademie,  deren   Mitglied  er  ist,  zahlreiche  Aufsätze. 

Gand,  Charles  Fraugois,  Lautenmacher  zu  Paris,  Schüler  des  berühm- 
ten Lautenmachers  Nicolas  Lupot,  übernahm  1824  dessen  Atelier,  aus  welchem 
bis  1845,  dem  Jahre  seines  Todes,  nur  anerkannte  Instrumente  hervorgingen. 
Er  verfertigte  auch  diejenigen  Instrumente  für  die  königl.  Kapelle  der  Tuille- 
rien,  welche  zur  Vervollständigung  derselben  noch  fehlten.  Nachdem  die  Her- 
stellung derselben  von  Lupot  begonnen  und  ziemlich  zu  Ende  geführt  worden 
war,  ging  diese  ganze  Sammlung  selten  schöner  Instrumente  bei  dem  Brande 
der  Tuillerien  1871  verloren.  G.  war  auch  der  Instrumentenmacher  für  das 
Conservatorium,  und  lieferte  viele  Jahre  die  Violinen  und  Cellos  für  die  preis- 
gekrönten  Schüler  desselben.     Seine  beiden  Söhne: 

Gand,  Charles  Adolph,  gestorben  24.  Januar  1866  und: 

Gaud,  Eugene,  jetzt  Associe  von  Bernadel,  waren  seine  Mitarbeiter 
und  Nachfolger, 

Gaudini,  Antonio  (IV,  123),  ist  zu  Modena  am  20.  August  1786  ge- 
boren, er  starb  auf  seiner  Villa  Formigione  am  10.  Sept.  1842.     Sein  Sohn: 

Gnndini,  Alessandro,  geboren  1807  zu  Modena,  war  Schüler  seines  Vaters 
und  Nachfolger  desselben  im  Amt  als  Hofkapellmeister  zu  Modena.  1827  wurde 
seine  erste  Oper  Demetrio  aufgeführt;  in  der  Zeit  von  1829 — 1833  aber  die 
vier,  irrthümlich  seinem  Vater  zugeschriebenen  Opern :  itZdiraa;  »Isabella  di  Laraa  ; 
»Maria  di  Brabanfe«  und  ■oAdelaide  di  Borgognaa.  Ausserdem  schrieb  er  noch 
mehrere  Gelcgenheitscantaten :  »La  Fedeltn«.;  »la  Fataa  und  »il  Genio  di  Modhie«, 
Kirchen-  und  Kammermusikcompositionen.  Er  starb  am  17.  December  1871. 
Nach  seinem  Tode  wurde  das  durch  zwei  Freunde  vervollständigte,  von  ihm 
redigirte  Buch  herausgegeben:  »Cronisteria  dei  Teatri  di  Modena  dal  J5'S0  al 
JSIJ  del  maestro  Alessandro  Gandini,  arrichita  d'interessanti  notizie  e  contiunata 
sino  al  presente  da  Luigi  Francesco  Valdrighi  e  Giorgio  Ferrari  More/ii«.  (Modena, 
1873,  3.  B.) 

Gaudolfl,  Riccardo,  Componist,  geboren  zu  Voghera  im  Piemontcsischen 
gegen  1839,  kam  nach  Neapel  um  unter  Carlo  Conti  Musik  zu  studiren,  kehrte 
aber  mit  seinen  Eltern  nach  einiger  Zeit  nach  Florenz  zurück,  wo  er  unter 
Mabellini  seine  Studien  fortsetzte.  1863  erschien  in  INIaihind  seine  erste  ernste 
Oper:  »Aldinaa  und  1865  zu  Turin  seine  Oper:  »II  Paggio«,  welcher  1872  zu 
Genua  »il  Conte  di  MonreaU  folgte.  G.  machte  sich  auf  dem  Gebiete  der  Kir- 
chen-  und  sinfonischen   Musik  ebenfalls   bekannt.      Es  sind  zu   nennen:   ein    Rc- 


H3  Garani  —  Gassier. 

quiem,  eine  Messe,  eine  Sinfonie  für  grosses  Orchester,  ein  Psalm,  eine  Cantate, 
eine  Elegie  für  Yioloncell  mit  Begleitung  von  Qujirteti,  Harfe  und  Harmonium; 
die  meisten  dieser  Compositionen  wurden  mehrfach  mit  Beifall  aufgeführt.  Bei 
Lucca  in  Mailand  erschien  ein  Album  Gesangatücke  »Pennieri  ed  aß'cUiv..  G. 
ist  Mitglied  mehrerer  Akademien  und  Kitter  mehrerer  Orden. 

Oaraui,  Michel  Angelo,  lebte  in  Bologna  (1685 — 1720),  war  ein  fleissigcr, 
geschickter  Gi igenmacher,  der  Straduari  mit  Erfolg  nacheiferte;  besonders  sind 
seine  Bratschen  geschätzt.     Ein 

Garnni,  Nicolo,  lebte  um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  in  Neapel; 
er  arbeitete  nach  den  Modellen  des  Nicolo  Gaghiano  und  zeichnete  sich  be- 
sonders durch  saubere  Arbeit  aus.  Seine  Instrumente  haben  einen  vollen  und 
weichen  Ton. 

Garcia,  Jose  Mauricio  Nunes,  Componist,  wurde  vom  König  Joäo  VI. 
von  Portugal,  während  dessen  Aufenthalt  in  Rio  de  Janeiro  in  Brasilien,  zu 
seinem  Kapellmeister  ernannt.  1807  während  Portugal  von  der  französischen 
Armee  besetzt  wurde,  verliess  fast  der  gesammte  Hof  Lissabon,  und  der  König, 
der  seine  Kapelle  mit  sich  führte,  nahm  Wohnsitz  in  Rio  de  Janeiro.  Garcia, 
1767  in  Rio  geboren,  befand  sich  zu  jener  Zeit  dort,  und  starb  auch  da- 
selbst 1830.  Seine  musikalische  Bildung  hatte  er  in  einer  Musikschule  er- 
halten, welche  in  einem  dortigen  Jesuitenstift  unterhalten  wurde  und  in  welcher 
Neger  beiderlei  Geschlechts  Unterricht  erhielten.  Die  Etablissements  des  Or- 
dens befanden  sich  in  Santa-Cruz,  in  der  Nähe  von  Rio  de  Janeiro,  auf  den 
ausgedehnten  Besitzungen  desselben.  Die  Methode,  nach  welcher  unterrichtet 
wurde,  war  schon  durch  frühere  Leiter  der  Anstalt  eingeführt  woi'den,  und  hatte 
zu  bedeutenden  Resultaten  geführt.  Die  Neger  führten  Vokal-  und  Instrumen- 
talmusik mit  ziemlicher  Vollkommenheit  aus.  Es  waren  sehr  geschickte  Spieler 
verschiedener  Instrumente  und  Sänger  unter  ihnen.  Bei  den  religiösen  Cere- 
monien  wurde  die  Musik  ausschliesslich  von  diesen  Negern,  ja  sogar  ganze 
Opern  wurden  von  ihnen  ausgeführt.  Die  letzteren  waren  von  den  Brüdern 
Marcos  und  Simao  Portugal  componirt.  G.  war  einer  der  hervorragendsten 
Schüler  dieses  eigenthümlichen  Conservatoriums  und  wurde  vom  König  neben 
Marcos  Portugal  zu  seinem  Kapellmeister,  gleichzeitig  zum  Abbe  und  Ritter 
des  Christusordens  ernannt.  G.  war  in  der  Musik  sehr  untei-richtet,  von  seinen 
Compositionen  ist  leider  nichts  erhalten,  man  nennt  jedoch  ein  Te  Deum,  welches 
1791  in  Rio  de  Janeiro  aufgeführt  wurde.  Er  besass  die  grösste  Bibliothek 
von  Musikalien  in  Brasilien.  Ob  überhaupt,  und  in  welchem  Grade  der  Ver- 
wandtschaft G.  zu  der  in  Europa  berühmten  Familie  gleichen  Namens  steht, 
ist  nirgends  gesagt. 

Gariboldi,  Giuseppe,  Flötist  und  Componist,  von  Geburt  Italiener,  ver- 
öffentlichte in  Frankreich  eine  grosse  Anzahl  Compositionen,  hauptsächlich  für 
die  Flöte.  Es  gehören  dazu:  y>Vingt  etudes  chantantes«,  Op.  88  (Paris,  Leduc). 
yiPetite  ecole  de  la  mtisique  d^enseffible  et  d^ aecompagnement  pour  piano  avec  flute 
ou  violon,  ad  libitum«.  (Bruxelles,  Schott.)  f>Le  Repos  de  l'etude,  dix  fantaisies«, 
Op.  49  (id.  ib.).  Eine  grosse  Anzahl  von  Fantasien  über  Opernmelodieu  für 
Flöte;  zwei  einaktige  komische  Oj)ern,  aufgeführt  zu  Versailles  am  5.  Sept.  1872; 
eine  Operette:  »ie  Reve  dhm  ecolierv.;  Romanzen  und  Gesänge. 

Gasperini,  A.  de  (IV,  135),  ist  gegen  1825  geboren  und  starb  am  20.  April 
1868  in  Paris.  Es  erschienen  noch  von  ihm:  -dLü  Nouvelle  Allemagne  musical. 
Richard  Wagner«  (Paris,  Heugel  1866)  und  y>Almanach  des  Musieiens  de  Vavenir 
pour  1867«.  (Paris,  libr.  du  petit  Journal.) 

Gassicr,  Edouard,  ausgezeichneter  Barytonsänger,  geboren  1822  in  Frank- 
reich, trat  früh  ins  Pariser  Conservatorium  als  Gesangschüler  ein,  und  errang 
daselbst  als  solcher  nacheinander  sechs  Preise.  Nachdem  er  an  der  Opera 
comique  kurze  Zeit  gesungen  hatte,  begab  er  sich  nach  Italien  und  Hess  sich 
in  Palermo,  Mailand,  Venedig  und  dann  in  "Wien  mit  vielem  Beifall  hören. 
In  Spanien,  wohin  er  dann   ging,  verheiratete  er  sich  mit  der  Sängerin  Josefa 


Gaaaier  —  GHUssnin.  1 19 

Feriiuiulcz.  (s.  d.)  BtiiU'  uuteinaliinuu  uun  gi;inc'inscliH('tHch  Oiistspielrcison,  sie  Han- 
gen iu  Madrid,  Barcelona  und  Sevilla  und  wmdcu  besonders  in  den  Jahren  1810  bis 
18Ö2  in  Spanien  sehr  pfel'eiert.  Dann  besuchten  sie  Paris,  London  und  Moskau 
und  kehrten  nach  Spanien  zurück,  hier  starb  Mad.  (klassier  nicht  lange  darauf. 
Ihr  Gatte  überlebte  sie  nur  einige  Jahre,  er  starb  in  der  Havanna  am 
18.  December   1871. 

Gassicr,  Josefa  Ferunndez  ^lad.,  war  zu  Bilbao  in  Spanien  1821  geboren 
und  starb  in  Madrid  an  einer  Nervenkrankheit  am  8.  October  18()G.  Sie  hatte 
eine  schöne  klare  und  äusserst  bewegliche  Stimme,  die  Rosine  im  Barbier  war 
eine  ihrer  Glanzrollen;  sie  sang  dieselbe  in  Mailand  während  weniger  Monate 
sechsunddi'eissigmal.  Der  vielgesungene  Walzer  von  Venzano  wurde  für  sie 
als  Einlage  zu   dieser  Oper  geschrieben. 

Gatayes,  Guillaume,  Pierre  Antoine  (IV,  14U),  ist  zu  Paris  im  Uctober 
1846  gestorben. 

Gntayes,  Joseph  Leon,  starb  in  Paris  am   1.  Februar  1877. 

Gaultier,  dramatischer  Componist  aus  den  letzten  Jahren  des  18.  Jahrhun- 
derts, schrieb  für  das  Theater  der  jungen  Künstler  in  Paris  die  Musik  zu  folgen- 
den Opern,  Feerien  und  Pantomimen:  »Phenix  ou  Vlle  des  Vieillesu,  feei'ies  4  actes, 
1796.  y>Zephir  et  Flore  ou  Rose  (Tamourn  f.  2  actes,  1797.  »Ze  Dcdit  opera 
comiquev,  1  Akt,  1798.  »ie  nid  d'amour«,  opera  comique,  1  Akt,  1798.  »Vert- 
Vert  QU  le  Perroquet  de  Nevers«,  opera  comique,  1  Akt,  1800.  y>Frosine  ou  la 
Negressea,  opera  comique,  1  Akt,  1801.  »ie  Petit  Poncet,  ou  VOrphelin  de  la 
F6ret<i,  feerie  5  Actes.     y^Josepht,  drame  pantomime  5  Actes. 

Ganntlett,  Henri  John  Dr.,  Organist,  Componist  und  musikalischer  Schrift- 
steller, wurde  zu  Wellington  in  der  Grafschaft  Salop  1806  geboren.  Für  den 
geistlichen  Stand  bestimmt,  besuchte  er  zunächst  die  Schule  seines  Vaters, 
welcher  Vicar  zu  Olney  (Grafschaft  Bucks)  war.  Nachdem  er  dann  das  Studium 
der  Theologie  mit  dem  der  Rechtswissenschaft  vertauscht  hatte,  gab  er  auch 
dies  auf,  um  nach  seiner  schon  früh  gehegten  Neigung  die  Musik  zum  Beruf 
zu  erwählen.  1827  erhielt  er  eine  Oi'ganistenstelle  an  der  Kirche  St.  Olaf 
in  Southwark  (London).  Die  Unvollkommenheit  dieser  Orgel  gab  G.  die  Ver- 
anlassung, für  Verbesserung  dieser  und  anderer  Orgeln  in  London  energisch 
einzutreten  und  so  erhielten  die  Kirchen  Olaf  und  mehrere  andere  in  London, 
Manchester,  Birmingham,  Ashton  und  Liverpool  neue  Orgeln.  Mit  demselben 
Eifer  trat  G.  für  eine  Verbesserung  des  Kirchengesanges  ein,  besonders  in 
Betreff  der  Begleitung  der  Hymnen  und  der  Wiederherstellung  des  Gregoriani- 
schen Gesanges.  Eine  Reihe  von  Schriften  über  diesen  Punkt,  die  er  verfasste 
und  der  Oeffentlichkeit  übergab,  lassen  wir  hier  folgen:  1)  '»the  Psalmist«, 
1836 — 1841;  2)  »Church  Hymn  and  tune  Book^,  1843 — 1851  (in  Gemeinschaft 
mit  W.  S.  Blew);  3)  y>The  Hymnal  for  Matins  and  Fvensongv,  1844  (in  Ge- 
meinschaft mit  C.  C.  Spencer);  4)  »The  comprehensivc  tune  Book<i,  1846 — 47 
(mit  Kearns);  5)  ^Psalter  arranged  to  ihe  ancient  Tones,  witli  harmonies  for  the 
Organ,  1847;  6)  y^Hallelnjahn,  1848;  7)  »The  0/iurch  Musieian<i,  1850;  8)  ^^Con- 
gregational  Psalmist«,  1851;  9)  »Manual  of  psalmodg«,  1860;  10)  »Specimens 
of  a  cathedral  Psalter«;  11)  nThe  Fnci/clopaedia  of  the  chant«..  Noch  ist  G.  als 
Mitarbeiter  der  folgenden  AVerke:  y>OJ'/tce  of  Praise«;  y>Tunes,  New  and  Ohh ; 
y>Church  Psalter  and  Hymnah,  (Harland);  nParish  Church  IL/mnah  zu  nennen; 
auch  ist  er  Herausgeber  mehrerer  Sammlungen  von  Weihnachtsgesängen  (Christ- 
mas Carols);  Anthems;  Te  Deums  und  Glorias,  ein  Band  Hymnen  und  Glorias; 
das  St.  Mark's  Tune  Book;  eine  Sammlung  Hymnen  für  kleine  Kinder  (Hymns, 
for  Little  Children)  u.  a.  ^842  verlieh  ihm  der  Erzbiischof  von  Canterbury 
den  Titel  Doktor  der  Musik,  ein  Recht,  von  welchem  seit  dem  16.  Jahrhundert 
keiner  der  Prälaten  Gebrauch  gemacht  hatte.  G.  war  Organist  des  Hospital 
St.  Barthelemy  und  stai'b  zu  London  am   21.  Februar   1S76. 

Gaussoin,  Auguste  Louis,  Componist  und  Musikschriftsteller,  ist  am 
4.  Juli  1814  zu  Brüssel  geboren  und  starb  daselbst  am    11.  Januar  1846.     Sein 


120  (iaiiütT  —  Gelin. 

Viitcr,  von  GIcljurt  Franzose,  Neffe  des  l)crülimtcn  Mailieinatikcrs  Bczonl,  war 
Professor  am  Lycenm  zu  Lüttich  iwid  später  zu  Brüssel,  wo  er  sich  1814  als 
Belgier  naturalisiren  Hess.  Gr.  erhielt  eine  sorgfältige  wissenschaftliche  Er- 
ziehung, bei  welcher  auch  seiner  Vorliebe  für  musikalische  Studien  Rechnung 
getragen  wurde.  Er  widmete  sich  ziinächst  eifrig  Gesangsstudien,  die  er  jedoch 
iius  Gesundheitsrücksichten  wieder  aufgeben  musste,  worauf  er  sich  ausschliess- 
lich der  Composition  zuwandte.  Eine  eben  begonnene  Lehrerthätigkeit  am 
Conservatorium  war  er  genöthigt,  ebenfalls  wieder  aufzugeben,  und  beschäftigte 
sich  seitdem  nur  als  Componist  und  litterarisch,  indem  er  für  mehrere  belgische 
Journale  zahlreiche  Artikel  schrieb.  1843  war  er  Eigenthümer  des  Journal 
»la  Belgique  musicale«  geworden,  und  er  unternahm  die  beträchtliche  Arbeit 
einer  Geschichte  der  belgischen  Musik,  die  er  in  dem  Journal  veröffentlichte. 
Sie  wurde  ins  Französische,  Holländische  und  Deutsche  übertragen.  Zu  seinen 
Comjjositionen  gehören:  eine  Anzahl  Romanzen  und  viele  Musikstücke  leich- 
teren Genres,  ferner  »Serenade  für  Orchester«,  von  den  Schülern  des  Conser- 
vatoriums  zu  Brüssel,  zur  Feier  der  Ernennung  von  Fetis  zum  Direktor  desselben, 
ausgeführt.  »Album  lyriquea,  veröffentlich,  in  Bois  le  Duc;  »ia  Chute  des  feuilles<t, 
Elegie,  in  der  Gesellschaft  der  heiligen  Cäcilie  aufgeführt;  »Ze  poete  mourantv, 
Cantate;  »Za  mort  du  Contrebaiidiera,  Cantate;  nAlhum  de  chanta  (Brüssel  1842). 
Ouvertüre  für  grosses  Orchester  (aufgeführt  1842  in  Brüssel)  u.  a. 

Gaiitier,  Jean  Frangois  Eugene  (IV,  145),  starb  am  3.  April  1878. 
Gavadia,  Joanne,  Gattin  von  Marcus  Houtermann,  war  eine  sehr  unter- 
richtete Musikerin,  starb  aber  schon,  kaum  26  Jahr  alt,  am  25.  Juli  1577  in  Rom. 
Oaztambide,  Joaquin,  ein  in  Spanien  durch  seine  komischen  Opern  sehr 
populär  gewordener  Componist,  geboren  1822  zu  Tudela  in  Navarra,  erhielt 
früh  Unterricht  in  der  Musik,  zuerst  in  seiner  Vaterstadt  von  einem  dortigen 
Kapellmeister  und  dann  in  Pampelona,  wohin  er  12  Jahr  alt  kam,  von  einem 
Organisten  Jose  Guelbenzu.  Zwei  Jahre  später  übernahm  er  die  Stelle  eines 
Contrabassisteu  am  dortigen  Theater  und  1842  machte  er  es  möglich  nach 
Madrid  zu  kommen  und  im  dortigen  Conservatorium  im  Ciavierspiel  und  der 
Composition  seine  Kenntnisse  zu  vervollständigen.  Bald  darauf  unternahm  er 
mit  dem  Flötisten  Sarmiento  und  dem  Hoboisten  Soler  eine  ei'folgreiche  Kunst- 
reise. Nach  der  Rückkehr  übernahm  er  zunächst  die  Direction  eines  unter- 
geordneten Chores  und  erhielt  dann  die  Musikdirektorstelle  am  Theater  »del 
Princijie«.  Jetzt  begann  er  zu  componiren  und  trat  mit  einer  kleinen  komischen 
Oper  (Zarzuela)  hervor,  die  ihm  so  glückte,  dass  er  dies  Gebiet  weiter  pflegte 
welches  sein  erfolgreichstes  wurde.  Er  componirte  in  ungefähr  fünfund- 
zwanzig Jahren  gegen  vierzig  derartige  ein-,  zwei-  und  dreiaktige  Opern,  von 
denen  mehrere  weit  über  hundert  Vorstellungen  erlebten  und  ihn  in  Spanien 
dui'chaus  populär  machten.  Zu  denen,  die  den  meisten  Erfolg  erzielten  gehören: 
y>Gatalina<i,  »una  Viejaa,  »los  Maggaresv,  r>El  Valle  de  Andorra^,  »El  Juramento«, 
y>Eti  las  Astas  del  Toro»..  G.  leitete  in  Madrid  zwei  der  besuchtesten  Opernbühnen 
und  die  Concerte  mehrerer  Concertgesellschaften.  Gleichzeitig  war  er  Professor 
am  Conservatorium  und  wurde  mehrfach  mit  äussern  Ehrenzeichen  bedacht.  Er 
starb  am  18.  März  1870  in  Madrid.  Die  vollständige  Liste  seiner  Opern  giebt 
Pougin  im  ersten  Nachtragsbande  S.  370  der  »Biogr.  univ.  des  musiciens«  von  Fetis. 
Oaztambide,  Xaver,  lebt  in  Madrid  als  Theaterkapellmeister  und  brachte 
daselbst  die  dreiaktige  Oper  »Estrella  de  Beleni  und  »iVb«  mas  ciegosv  Zarzuela 
zur  Aufführung. 

Gazzanig-a,  Marietta,  italienische  Sängerin  der  Gegenwart,  geboren  1824 
zu  Voghera,  war  mit  einer  ausgezeichnet  schönen  Sopranstimnie,  die  auch  treff- 
lich geschult  war,  ausgestattet;  sie  Hess  sich  in  den  grossen  Städten  Italiens 
und  Amerikas  höi-en,  und  errang  überall  wo  sie  auftrat  den  grössten  Beifall. 
Für  sie  schrieb  Verdi  die  Partie  der  Louise  Miller  in  der  gleichnamigen  Oper. 
1849  feierte  sie  in  der  Havanna  die  grössten   Triumphe. 

Gelin,  Nicolas,  ein  seiner  Zeit  gerühmter  französischer  Sänger,  debütirte 


(ioatili  —  Gerold.  121 

1710  in  Paris  im  nOarnacnl  i/u  Farnassea  von  Mondonvillc.  Er  sclmf  später 
den  Hidraot  in  der  Annida  von  Gluck  als  eine  seiner  besten  Partien.  G.  starb 
am   22.   oder   2.'{.  Doccmbcr   1810  im   vorgerückten  Alter. 

(jcntili,  Raffaeli',  talentvoller  dramatischer  C'omponist,  dcHscn  Kntwick- 
luni,'  durch  einen  IVülicu  Tod  uuterliroclicn  wurde,  war  in  Rom  181)7  geboren 
und  starb  daselbst  am  7.  August  1867  an  der  Cholera.  Aufgeführt  wurden  in 
Rom  drei  seiner  Opern:  »Stefania«  1860,  darauf  »Werther«  und  im  März 
1867   »Rosamonda«. 

Geraldy,  Jean  Auton  Just,  ausgezeichneter  französichcr  Sänger  und 
Gesanglehrer,  geboren  am  ö.  October  1808  in  Frankfurt  a'jM.,  wo  sein  Vater 
als  Kriegscommissar  der  französischen  Armee  verweilte.  Er  erhielt  ausser  seiner 
guten  wissenschaftlichen  Erziehung,  auch  schon  früh  in  Gemeinschaft  mit  seinen 
Geschwistern  Gesangunterricht,  machte,  nachdem  er  die  Schulen  in  Nancy  und 
(.'Olmar  und  die  Bergakademie  zu  St.  Etienne  besucht  hatte,  1827  die  Examinas 
als  Ingenieur  und  gelangte  1830,  zur  Zeit  der  Revolution,  nach  Paris.  Nach- 
dem die  Ruhe  daselbst  wieder  hergestellt  war,  entschloss  er  sich,  ausschliesslich 
sich  mit  Musik  zu  beschäftigen.  Sein  Vater,  dessen  Zustimmung  er  erhielt, 
siedelte  darauf  von  Colmar  nach  Paris  über  und  führte  ihn  zu  Garcia,  der  ihn 
gegen  ein  Honorar  von  6000  Francs  zum  Sänger  auszubilden  übernahm.  Da 
Garcia  1832  bereits  starb,  sorgte  dessen  Sohn  Manuel  für  die  weitere  Ausbil- 
dung. G.,  der  auch  einen  Cursus  der  Harmonielehre  auf  dem  Conservatorium 
durchmachte ,  trat  nun  in  die  Oeffentlichkeit,  und  zwar  als  Concertsänger.  Er 
debütirte  mit  der  Arie  des  Grafen  aus  Figaros  Hochzeit  von  Mozart,  und  ge- 
wann gleich  bei  seinem  ersten  Auftreten  die  Gunst  Meyerbeers.  G.  war  einer 
der  bestgeschultesten  und  stilvollsten  Sänger  von  Intelligenz  und  gutem  Ge- 
schmack, ebenso  ausgezeichnet  im  Voi'trag  grosser  dramatischer  wie  heiterer 
Oompositionen.  1837  als  er  in  Brüssel  in  Gemeinschaft  mit  de  Beriot  in  einem 
Concert  auftrat,  nahm  Fetis  Gelegenheit,  ihn  als  Lehrer  für  das  Conservatorium 
zu  gewinnen,  eine  Thätigkeit,  welche  er  zwischen  Paris  und  Brüssel  theilte,  da 
er  an  jedem  der  Orte  sechs  Monate  des  Jahres  verweilte.  Er  bildete  an  beiden 
Orten  eine  grosse  Reihe  trefflicher  Schüler.  In  Venedig  hatte  er  am  Anfang 
spiner  Laufbahn  auch  auf  kurze  Zeit  das  Theater  betreten,  war  jedoch  sehr 
schnell  auf  sein  eigentliches  Gebiet  zurückgekehrt.  G.  veröffentlichte:  nTrente 
etudes  melodiques  pour  toutes  les  voixa  (en  2  suites,  Paris,  Brandus)  und  eine 
Anzahl  von  Romanzen  und  Gesängen,  von  denen  einige  sehr  beliebt  wai'en. 

Gerard  oder  Geraert,  Jean,  niederländischer  Componist  des  16.  Jahr- 
hunderts, von  dem  drei  Gesänge  in  der  Sammlung  von  sechs  Büchern  des 
Pierre   Phalese,  zu  Löwen   1555 — 1556  herausgegeben,  enthalten  sind. 

Gerl,  Franz  (IV,  195),  Mozart  schrieb  für  ihn  den  Sarastro  und  1771  auch 
die  Bassarie   y>Per  questo  hello  mono«. 

Gerle,  Hans  (IV,  195),  1532  erschien  in  Nürnberg  bei  Formschneider  sein 
bedeutendes  Werk:  »Musica  Teutsch,  auf  die  Instrument  der  grossen  und  kleinen 
Geigen,  auch  Lautten,  welcher  massen  mit  grund  und  art  jrer  Composizion  aus 
dem  Gesang  in  die  Tabulator  zu  ordnen  vnd  zu  setzen  ist.« 

Gennaiu,  JosejDh  Louis,  war,  nach  Vidal  y>Les  Instruments  ä  archeta,  ein 
vorzüglich  geschickter  Instrumentcnmachei-,  zu  Mirecourt  am  23.  Juli  1822  ge- 
boren, kam  1840  nach  Paris,  wo  er  in  den  Werkstätten  von  Grand  perc  und 
Vuillaurae  arbeitete,  und  sich  dann  1862  selber  etablirte.  1870  kehrte  er  nach 
Mirecourt  zurück  und  hier  starb  er  "noch  in  demselben  Jahre  am  5.  Juli. 

Gerold,  Julius  Victor,  königl.  hannoverscher  Armee-Musikdirektor,  ist 
zu  AVakknburg  in  Sachsen  als  Sohn  eines  Stadtmusikus  geboren.  1830  trat 
er  als  Stabshoi'nist  in  das  Hornistencorps  des  Garde- Jäger- Regiments  zu  Han- 
nover ein  und  wurde  1833  zum  Direktor  desselben  trnannt.  Er  war  Virtuos 
auf  dem  Klappenhorn  und  organisirte  die  Horumusik  nach  der  neueren  Be- 
setzung. 1846  wurde  er  Armee-Musikdirektor;  als  solcher  erwarb  er  sich  grosse 
Verdienste    um  Verbesserung    und   Veredelung  der  Militairmusik.     Er  war    der 


122  Gerono  —  Gianettiui. 

Erste,  der  grössere  klassische  lustrumentalwerke,  wie  die  .Siiifunien  von  Beethoven 
für  Militairmusik,  arrangirtc.  Von  seinen  Compositionen  fanden  Lieder  und 
Tänze  weitere  Verbi'citung ;  ausserdem  schrielj  er  zahlreiche  Märsche  (260)  und 
Fackcltänze.     Er  starb  am  9.  August  1876  zu  Rethen  bei  Hannover. 

Oerono,   Christoph  (IV,  207),  starb  zu  Paris  im  September  1868. 

Gerster,  Etelka,  die  schnell  berühmt  gewordene  Sängerin  ist  zu  Kaschau 
in  Ungarn  im  Juni  1857  geboren  und  erhielt  durch  Frau  Professor  Marchesi 
ihre  Ausbildung.  Am  8,  Januar  1876  trat  sie  zum  ersten  Male  im  Theater 
»Fenice«  in  Venedig  auf  und  machte  bereits  solches  Aufsehen,  dass  der  Impres- 
sario  Carlo  G-ardini  sie  sofort  zu  einer  grösseren  Gastspieltour  engagirte.  Diese 
führte  sie  auch  nach  Berlin  1877,  wo  sie  in  Kroll's  Theater  unerhörte  Triumphe 
ex-rang.  Am  16.  April  1877  verheiratete  sie  sich  in  Pest  mit  Gardini.  Ihre 
ältere  Schwester: 

Gerster,  Kauser,  ist  gleichfalls  eine  treffliche  Sängerin. 

Gesualdo,   Carlo  (IV,  228),  ist  geboren  um  1550  nicht  1650. 

Ghebart,  Guiseppe,  trefflicher  italienischer  Violinist,  geboren  zu  Piemont 
am  20.  November  1796,  Schüler  von  Radicati,  trat  1814  in  die  königl.  Kapelle 
zu  Turin  und  wurde  1824  zum  Soloviolinisten  ernannt.  1846  erhielt  er  die 
Oberleitung  der  Instrumental-  und  Kammermusik,  und  1832  wurde  er  Chef  des 
Theaterorchesters.  Er  dirigii-te  auch  seit  1817  die  Concerte  der  Philharmo- 
nischen Akademie.  Man  sagt,  dass  seine  zahlreichen  Schüler  von  ihm  auch  mit 
deutscher  Kammermusik  bekannt  gemacht  worden  wären.  Er  starb  zu  Mailand 
am  22.  Januar  1870,  mehrere  Violinconcerte,  Duos,  Etüden,  Ouvertüren,  Quartette 
und  Quintette,  zwei  Messen,  ein  Miserere  und  andere  Compositionen  hinterlassend. 

Gherardeschi,  Joseph  (IV,  235),  starb  zu  Pistoja  1815. 

Gherardeschi ,  Luigi,  Sohn  von  Joseph  G.,  zu  Pistoja  am  5.  Juli  1791 
geboren^  war  Schüler  seines  Vaters  bis  zu  dessen  Tode;  kam  dann  nach  Floi-enz 
zu  Disma  Ugolini,  wo  er  noch  achtzehn  Monate  studirte.  In  seine  Vaterstadt 
zurückgekehrt,  erhielt  er  die  durch  den  Tod  seines  Vaters  fi'ei  gewordene  Stelle 
als  Kapellmeister  der  Kathedrale,  welche  er  bis  1866  inne  hatte.  G.  schrieb 
zahlreiche  Kirchencompositionen,  und  auch  eine  weltliche  Cantate  Cristoforo 
Colombo,  aufgeführt  in  der  Akademie  zu  Pistoja.  Er  starb  am  21.  März 
1871.     Sein  Sohn: 

Gherardeschi,  Gherardo,  ein  Schüler  von  Mabellini,  folgte  wiederum  ihm 
im  Amte  1866. 

Ghersem,  Gaugeric  de  (IV,  236),  (Gaugerici  Gery)  ist  gegen  1570  in 
Tournai  (Darnick)  geboren  und  sang  daselbst  wahrscheinlich  auch  als  Chorknabe 
an  der  Kathedrale.  1585  ging  er  nach  Madrid  in  die  Hofkapelle  Philipps  II. 
und  studirte  hier  bei  dem  aus  seiner  Vaterstadt  stammenden  Kapellmeister 
George  de  la  Hele,  einem  der  besten  Meister  seiner  Zeit,  und  dann  unter  dessen 
Nachfolger  im  Amte,  Phil.  Rogier  gründlich  Musik.  Nach  Rogier's  Tode  wurde 
Gaugeric  dessen  Nachfolger  und  gab  auf  den  testamentarisch  ausgesprochenen 
Wunsch  R.'s  dessen  Comj)ositionen  heraus  (1598),  denen  er  noch  eine  7stimmige 
Messe  eigener  Composition  zufügte.  Sehnsucht  nach  seinem  Vaterlande  ver- 
anlasste ihn  1604  seine  Stelle  niederzulegen  und  nach  seiner  Heimath  zurück- 
zukehren. Er  wurde  in  Brüssel  Kapellmeister  der  Hofmusik,  später  des  Ora- 
toriums des  Erzherzogs  Albert  und  der  Isabella  und  1608  auch  Canonicus 
an  St.  Gudula  zu  Brüssel.  Am  24.  December  1614  promovirte  er  zum  Canonicus 
von  Tournai;  1622  vertauschte  er  eine  Pfründe,  die  er  an  der  Kirche  Saint- 
Wandru  zu  Mons  besass,  mit  einer  andern  der  Kirche  St.  Gobert  zu  Brüssel 
gehörigen,  und  seitdem  lebte  er  als  Lehrer  ausgezeichneter  Schüler,  wie  Phil. 
Bernard  (f  1656),  bis  an  seinen  am  25.  Mai  1630  in  seiner  Vaterstadt  erfolgten 
Tod.  Er  hinterliess:  Messen,  Motetten  und  in  Spanien  gedruckte  Villancicos 
(Gesänge  für  Weihnachten  und  das  Drei-Königsfest). 

Gianettiui,  Antonio  (IV,  239),  auch  Zanettini  genannt,  wurde  in  Venedig 


GiftDiietti  —  Gigout.  123 

am  1.  Mai  1686  geboren.  Zu  seinen  Werken  f^'ehören  noch  die  Oratorien: 
nJeftcvL   und   nil  Marlirio  di  Santa  Oiiisfina». 

(jiauuotti,  Kufiiiclc,  (icsunglchrer  und  Cumi)ünist,  geljoren  zu  Spoledo 
am  16.  April  1817,  trat,  nachdem  er  bereits  Vorstudien  gemacht,  1837  ins 
Conservatorium  zu  Neapel  ein,  welches  er  erst  1844  verliess,  und  sich  dem 
(lesang-Untcrricht  und  der  Composition  widmete.  Von  seinen  Opern  wurden 
drei  zu  Neapel  aufgeführt:  nGille/tav,  2  Akte  185U:  r>La  ßglia  dd  Filo/av, 
2  Akte  1852;  r>La  Colomba  di  Barcelonas,  3  Akte  1855.  Ausser  diesen  Werken 
veröffentlichte  er  noch  eine  grosse  Anzahl  Gesänge  und  grössere  Kirchencompo- 
sitionen,  darunter  drei  Messen  für  vier  Stimmen,  zwei  mit  Orchester,  eine  drei- 
stimmige Messe  mit  Orchester;  ein  Stabat  mater;  zwei  Ouvertüren  für  grosses 
Orchester  u.  A.     6.  starb  in  Neapel  im  August  1872. 

Giuuuiui,  Giovacchino,  Organist,  Pianist  und  Componist,  geboren  zu 
Lucca  am  20.  März  1817,  schrieb  mehrstimmige  Kirchenstücke  im  a  capella 
Styl,  auch  mit  Instrumentalbegleitung,  die  in  Lucca  mehrfach  aufgeführt  wurden. 
Auch  eine  Messe  für  die  heilige  AVoche,  zwei  mehrstimmige  Cantaten  mit  In- 
strumentalbegleitung; die  Cantate  von  Manzoni  »der  fünfte  Mai«  für  Gesang 
mit  Clavierbegleitung.     G.  ging  gegen   1844  nach  Brasilien,  wo  er  1861   starb. 

Grianniui,  Salvatore,  Pianist,  Lehrer  und  Componist,  geboren  zu  Neapel 
am  24.  December  1830,  verötfentlichte  bei  den  Hauptverlegern  Italiens  nach 
und  nach  270  Claviercorapositionen  und  einige  religiöse  zweistimmige  Stücke. 
Ausserdem  einige  AVerke  für  den  Elementar-Musik-TJnterricht.    Sein  Sohn: 

Gianniui,  Giacomo,  geboren  zu  Neapel  am  27.  Februar  1856,  ist  Vio- 
loncellist, ein  zweiter 

tiianuini,  Alberto,  geboren  am  18.  April  1857,  Pianist. 

Giauotti,  Antonio,  italienischer  Tonkünstler  des  siebzehnten  Jahrhunderts, 
Hess  im  Jahre  1685  in  einem  Kloster  zu  Modcna  ein  Oratorium  -nMaddalena 
pentitati  aufführen. 

Gibert  oder  Gisbert  auch  Gispert,  Priester  und  Componist,  in  der  zweiten 
Hälfte  des  achtzehnten  Jahrhunderts  zu  Grauadella  (Provinz  Lerida)  geboren, 
studirte  bei  dem  Kapellmeister  der  dortigen  Kathedrale  Antonio  Sala.  Er  selbst 
wurde  später  Kirchenkapellmeister,  und  zwar  von  1800 — 1804  in  Taracena  und 
darauf  in  einem  Kloster  zu  Madrid,  wo  er  am  27.  Februar  1818  starb.  Er 
soll  in  seinen  Compositionen  im  ä  capella  Styl  das  Trefflichste  geleistet  haben, 
sowol  was  die  Form  als  den  Inhalt  und  AVolklang  derselben  betrifft.  AVeniger 
AVerth  haben  seine  Messen,  Te  Deum,  A^espei'n  u.  dergl.  mit  Instrumentalbe- 
gleitung (s.  Balthasar  Saldoni,  -oEfemerides  de  musicos  esjpanolesa). 

Gide,  Casimir  (IV,  243),  starb  zu  Paris  im  Februar  1868.  Seinen 
AVerken  sind  noch  hinzuzufügen:  y>Les  trois  Catherinen,  komische  Oper  in  3  Akten, 
November  1830  (in  Gemeinschaft  mit  Adam);  y>Les  Jumeaux  de  la  Ueole«,  musi- 
kalisches Drama  in  sieben  Bildern,  22.  Februar  1831  und  die  Musik  zu  vier 
Ballet-Pantomimen,  zum   Theil  in  Gemeinschaft  mit  Carlini. 

Giely,  Abbe,  Almosenier  der  Triuitatiskirche  von  Paris,  veröffentlichte 
zahlreiche  religiöse  Compositionen,  darunter:  nAmour  au  Sacre-Coeura  für  Solo, 
Chor  und  Orgel,  ein  Heft  (Paris,  ßepos);  »Echos  de  Väme  jjieuse,  chants  solenneis 
ä  la  Sainte- Viergea ,  mit  Orgelbegleitung,  ein  Heft,  ebenda;  »ZTne  Couronne  u 
notre  mere,  chants  solennels,  solos  et  choeursv,  mit  Oi'gelbegleitung,  ibid.;  nGuirlando 
ä  Marie,  chants  ä  la  Sainte-  Vierffe<i,  ibid.  und  viele  andere  ähnliche  Sammlungen. 

Gigout,  Eugene,  Professor,  Componist  und  Organist,  geboren  zu  Nancy 
am  23.  März  1844,  zeigte  als  Kind  so  viel  Anlage  zur  INIusik,  dass  man  ihn 
im  jachsten  Jahre  bereits  im  Gesang  und  den  Anfangsgründen  der  Harmonie 
unterrichtete.  Auf  A^erwendung  des  Erzbischofs  Men.jaud  von  Nancy  wurde  (i. 
1857  nach  Paris  in  die  Niedermeyersche  Schule  für  Kirchenmusik  daselbst  ge- 
schickt. Hier  erhielt  er  nacheinander  die  Preise  für  die  sämmtlichen  Discipli- 
nen,  und  übernahm  endlich,  obgleich  er  auch  andere  Anerbietungen  erhielt,  an 
derselben   Schule    den  Unterricht,    erst    für    Chorgesang,    dann    für    Harmonie, 


124  Gil  —  Giorza. 

Contrapunkt  und  Fuge.  1H63  erhielt  er  die  Organistenstelle  an  St.  Augustin, 
wo  er  nach  dem  Vorgange  seines  Lehrers  Niedermeyer  in  anderen  Kirchen,  für 
eine  Reform  der  Harmonisirung  und  besseren  Ausführung  des  Choralgesanges 
wirkte.  Auch  für  die  Chorgesangschule  zu  Nancy  harmonisirte  er  einige  Messen, 
welche  daselbst  veröffentlicht  wurden.  Von  eigenen  Compositionen  hat  er  heraus- 
gegeben ein  Heft  »Trois  pieces  j)our  orguea,  Paris,  Richault  und  das  wichtigere 
ÄVerk:  nChants  du  graduel  et  du  vesperal  romains  harmonises  ä  quatre  voix  avec 
redtiction  d'orgue  ad  libitum,  d'apres  le  traite  d'accompagnement  du  plain-cliant  de 
L.  Niedermeyer  et  J.  d^ Ortigue«,  Paris,  Heugel,  3  vol.  in  8". 

Gil,  Joaquin,  spanischer  Musiker,  am  26.  Januar  1767  zu  Valencia  ge- 
boren, war  Lehrer  des  Chorgesangs  am  Seminar  St.  Thomas  zu  Villanuova  und 
veröft'entlichte   1820  zu  Madrid:  »Breve  instruccion  del  canto  llanov.. 

Gil  y  Llagostera,  Cajetan,  genannt  G-ilet,  Flötist  und  Componist,  geboren 
zu  Barcelona  den  6.  Januar  1807,  war  erster  Flötist  der  Oper  und  der  Kathe- 
drale zu  Barcelona  während  einer  langen  Reihe  von  Jahren.  Er  veröffentlichte; 
zwei  Sinfonien  für  grosses  Orchester,  zwei  Messen  mit  Orchester,  ein  Requiem 
mit  Blasinstrumenten,  vier  Fantasien  für  Flöte  mit  Clavierbegleitung,  ein  Trio 
für  drei  Flöten.  Neue  Uebungen  für  eine  Flöte.  Eine  Unzahl  von  Tänzen 
für  grosses  und  kleines  Orchester. 

Gildemyn,  Charles  Ferdinand,  Organist  und  Componist,  geboren  zu 
Brügge  am  18.  August  1794,  starb  daselbst  am  22.  März  1854.  Er  war  Organist 
der  Kirche  Notre  Dame  zu  Brügge  von  1807  bis  zu  seinem  Tode.  Eine 
komische  Oper  von  ihm:  y>Edmond  et  Henriette  ou  la  Iieconciliatio7i«,  wurde  im 
September  1819  in  Brügge  aufgeführt.  Veröffentlicht  sind  nur:  »O  Salutarisa 
für  Tenor  und  der  Ciavierauszug  einer  Sinfonie.  Seine  zahlreichen  übrigen 
Compositionen  blieben  Manuscript. 

Gilkes,  Samuel,  englischer  Lautenmacher,  geboren  1787,  gestorben  1827, 
dessen  Instrumente  noch  in  England  geschätzt  sind,  war  Schüler  seines  Ver- 
wandten Charles  Harris.  Sein  Sohn  William,  ebenfalls  Instrumentenmacher, 
arbeitet  hauptsächlich  Contrabässe. 

Gilles,  Jean  (IV,  246),  starb  am  5.  Februar  1705. 

Gllliers,  Jean  Claude,  einer  der  fruchtbarsten  französischen  Operncom- 
ponisten,  der  seiner  Zeit  viel  Erfolge  erzielte  und  von  Ch.  Poisot  in  seiner 
Geschichte  der  Musik  in  Frankreich  sogar  zu  den  Begründern  der  französischen 
komischen  National-Oper  gerechnet  wii'd.  Von  1699  bis  1734  schrieb  er  sech- 
zehn komische  Opern ,  ausserdem  viele  Arien  und  Divertissements  für  Stücke, 
die  in  der  Comedie  fran^aise  aufgeführt  wurden.  Die  Titel  dieser  Stücke  und 
seiner  Opern  giebt  Pougin,  y>£iog.  univ.  des  musiciensa.     Nachtrag  I,  S.   379. 

Gimenez  Hugalde,  Ciriaque,  Kirchencomponist  und  Organist  in  Spanien, 
in  Pamplone  am  25.  Februar  1828  geboren,  erhielt  den  ersten  Unterricht  vom 
Vater  und  besuchte  später  das  Conservatorium  in  Madrid,  wo  er  unter  Eslava 
Composition  studirte.  1865  erhielt  er  eine  Kapellmeisterstelle  in  Toledo.  Unter 
seinen  Landsleuten  ist  Gr.  als  einer  der  ausgezeichnetesten  Componisten  reli- 
giöser Musik  der  Gegenwart  angesehen.  Aus  seinen  zahlreichen  Compositionen, 
die  in  Psalmen,  Motetten,  Litaneien  und  Messen  bestehen,  werden  ein  Miserere 
und  eine  Messe  in  Es-dur  hervorgehoben, 

Giorgetti,  Ferdinando  (IV,  248),  geboren  am  25.  Juni  1795,  starb  daselbst 
am  23.  März  1867.  Er  veröffentlichte:  »Metodo  per  esercitarsi  a  hen  suonare 
Valtoviolaa.     Milano  Ricordi. 

Giorza,  Paolo,  Componist,  Sohn  eines  Opernsängers,  der  ihm  auch  den 
ersten  Musikunterricht  ertheilte;  geboren  1832  zu  Mailand;  erwarb  sich  in 
Italien  Popularität  durch  Balletmusik,  die  er  in  überraschender  Menge  schrieb. 
Neununddreissig  Ballete  mit  seiner  Musik  wurden  in  Italien  aufgeführt,  ausser- 
dem veröffentlichte  er  noch  eine  grosse  Anzahl  von  Tänzen,  leichte  Ciavier- 
stücke   und    auch    einige    religiöse    Musik.      Auf   die   Aufforderung    Garibaldis 


I 


Giosa  —  Glockon-Accordion.  125 

schrieb   CJ.    1HG6   die   Musik   zu   einer  Kriegshymne,  zu  der  der  Secretair  (juri- 
buldis,  PlanluUi,  die   Verse  geachriebou   liatte. 

Giosa,  Nico  hl  de,  dramatischer  Compouist  und  Kaiiellmeister,  geboren  zu 
Bari  am  5.  Mai  1820,  studirtc  zuerst  Flöte  bei  seinem  älteren  IJruder  Giuseppe, 
dann  bei  Enrico  Daniele  und  nachdem  er  1831  ins  Conservatorium  zu  Neapel 
eingetreten  war,  bei  Pasq.  Bougiorno.  Compositionsuntcrricht  erhielt  er  von 
Roggi,  Zingarelli  und  Douizetti.  Während  er  noch  Zögling  dieser  Anstalt  war, 
schrieb  er  mehrere  Stücke  für  Flöte,  Fagott,  Violoncello,  mehrere  Ouvertüren 
für  grosses  Orchester,  Kirchenmusik,  Gebet  für  eine  Sopranstimmc,  Chor  und 
Orchester,  eine  Trauerhymue,  zwei  Operetten.  Nicht  ohne  INIühe  brachte  er 
seine  erste  komische  Oper  »/«  Cana  degli  Arfistia  am  Theater  Nuovo  in  Neapel 
auf  die  Bühne,  die  sehr  gut  aufgenommen  wurde.  Es  folgten  1845  «Elvinaa, 
in  3  Akten  und  1850  die  komische  Oper  »iJon  C/iecco«,  welche  einen  1)«- 
deutenden  Erfolg  erzielte,  so  dass  sie  über  alle  italienischen  Bühnen  ging  und 
sich  bis  jetzt  auf  dem  ßepertoir  erhalten  hat.  Mit  keiner  seiner  später  ge- 
schriebenen Opern,  zehn  bis  zwölf  an  der  Zahl,  erzielte  G.  ähnlichen  Eindruck, 
einige  derselben  fanden  wenig  und  noch  einige  gar  keinen  Anklang.  Er  ver- 
suchte es  auch  mit  einer  ernsten  Oper  »Folco  (TArlenfi,  die  ebenfalls  keinen 
nachhaltigen  Erfolg  erzielte,  nebst  der  Oper  »Guido  Colmarn,  1851  und  52  am 
San-Carlo-Theater  zu  Neapel  aufgeführt.  Sehr  geschätzt  und  beliebt  ist  G. 
in  Italien,  als  Componist  von  Romanzen  und  Canzoneu.  Dieselben  erschienen 
je  drei  bis  sechs  zu  einem  Album  vereint,  von  denen  die  gelungensten  die 
Titel  führen  y>Aure  JBartenopeev^  (Mailand,  Bicordi);  »La  Cetra  capricciosau; 
ytOmaggio  a  Bari«;  »Stör  nelli  d'ainore«;  »Gioja  e  dolore«;  »ie  Ganzoni  d^Italiaa; 
»Omaggio  alla  Principessa  Marglierita« ;  »Moncensio«;  »Ore  d^estasi«;  nOmaggio 
a  Donizetti«;  »Montecatini« ;  y>A  Stella  mia«;  »Serenate  di  Mergellina«  u.  s.  w. 
G.  übte  die  Functionen  eines  Kapellmeisters  an  verschiedenen  Theatern  Neapels, 
in  Venedig  und   am  italienischen   Theater  in  Cuiro. 

Giraud,  Frederic,  französischer  Theoretiker,  Organist  der  Kirche  St.  Joseph 
zu  Grenoble,  veröffentlichte  ein  umfangreiches  A\'erk:  »ie  Polycorde,  ou  Nouveau 
Traite  theorique  et  jjvatique  de  musique  vocale  et  instrumentale«  (Grenoble, 
Tauteur.  2  vol.) 

Girelli,  Giovanna  Barbara,  vorzügliche  Sängerin,  mit  feiner  biegsamer 
Stimme  und  grosser  Kehlfertigkeit;  sang  1762  in  Bologna  in  Glucks:  »iZ  trionfo 
di  Glelia«;  1766  gehörte  sie  der  italienischen  Oper  zu  Berlin  an;  1768  und 
1769  concertirte  sie  in  Deutschland.  1772  war  sie  Prima  Donna  der  Wiener 
Hofoper  und  Mozart  schrieb  für  sie  die  Silvia  in  dem  gleichnamigen  Festspiel. 

Girod,  P.  Louis,  Mitglied  der  Gesellschaft  Jesu,  verfasste  und  gab  das 
folgende  Handbuch  heraus:  »Gonnaissance  pratique  de  la  facture  des  grandes 
orgttes,  ouvrage  indispensable  ä  ceux  qui  sont  charge  de  acquisition  d'un  orgue  ou 
de  son  entretien«.     Namur,  Wesmael  Charlier,  1875  in  8*'. 

Giaglini,  Antonio  (IV,  256),  starb  in  Folge  plötzlich  eingetretener  Geistes- 
störung in  seiner  Vaterstadt  Fano   (nicht  Fermo)  am   12.  October  1865. 

Giuliani,  Giovanni  Domenico,  Kirchencomponist,  geboren  zu  Lucca 
gegen  1670,  war  Kapellmeister  der  Kirche  San  Michele  in  foro  daselbst.  Zahl- 
reiche Compositionen  von  ihm  sind  dort  noch  aufbewahrt  und  werden  zuweilen 
noch  aufgeführt.  Es  sind  drei  und  vierstimmige  Messen,  vierstimmige  Psalmen 
a  capella,  Motetten  u.  a.  Von  1700 — 1708  schrieb  G.  vier  Seelenmessen  zur 
Feier  des  Cäcilientages  in  Lucca.     G.  starb  1830. 

Gladstoue,  Francjis  Edward,  Organist  und  Componist  einiger  religiöser 
Stücke,  gab  heraus:  »Tlie  organ  Student' s«,   London,  Augener,   in  drei  Auflagen. 

Gläser,  Franz  Joseph  (IV,  256),  gel)oren  am  29.  April  1799  und  starb 
am  30.  August  1861.  Die  angeführte  Oper  heisst:  »Brgllupct  red  Gomosofn«. 
(Die  Hochzeit  am  Comersee.) 

Glareau,  Heinrich  (IV,  257),  starl)  am   2S.  März  1563  (nicht  Mai). 

Glocken-Accordiou  s.  Accordion. 


12G  Glover. 

(Jlover,  Howard,  ausgezeichneter  uud  vielseitiger  englischer  Tonkünstler, 
geboren  um  G.  Juni  1819  zu  Kilburn,  war  der  zweite  Sohn  einer  Ijerülimten 
Schauspielerin  Mistrcss  Glover  und  erhielt  zunächst  Unterricht  im  Violinspiel 
von  dem  Violinisten  Wagstaff,  Kapellmeister  der  englischen  Oper  am  Theater 
Lyceum  in  London.  Mit  fünfzehn  Jahren  trat  G.  als  erster  Violinist  in  das 
Orchester  seines  Lehrers,  damals  das  beste  in  London,  ein.  Nachdem  er  sich 
ein  Jahr  später  als  Componist  versucht  hatte,  mit  einer  dramatischen  Scene 
mit  Orchester  »O  fatal  houra,  aufgeführt  in  der  Gesellschaft  »British  Musicians«, 
unternahm  er  mehrjährige  Reisen  nach  Italien,  Deutschland  und  Frankreich, 
wo  er  Studien  im  Gesang,  Ciavier-  und  Violinspiel  und  der  Oomposition  machte 
und  die  Meisterwerke  der  vornehmsten  Componisten  jener  Länder  näher  kennen 
lernte.  Sehr  bereichert  an  Kenntnissen  kehrte  er  nach  England  zurück,  wo  er 
sich  dann  bald  vortheilhaft  bekannt  machte,  sowol  als  Violinspieler  wie  als 
Accompagneur  und  Componist  entsprechender  Lieder,  die  er  meistens  nach 
Worten  von  Shelley  componirte.  Er  unternahm  nun  eine  Concertreise  mit  dem 
Sänger  Braham  und  begleitete  später  Jenny  Lind  als  Accompagneur  auf  ihrer 
Reise  durch  Schottland.  Nach  London  zurückgekehrt,  gründete  er  dort  mit 
seiner  Gattin  eine  musikalisch  dramatische  Akademie,  die  erste  der  Art  in  Lon- 
don, und  führte  die  Schüler  dieses  Instituts  nach  Vollendung  des  ersten  Cursus, 
in  einer  Reihe  sehr  bemerkenswerther  Concerte  vor.  Unter  andei'en  führte  er 
mit  ihnen  die  Iphigenie  in  Tauris  von  Gluck  auf.  Er  ging  mit  diesen  Schülern 
auch  nach  Manchester,  wo  er  mit  Hinzuziehung  einiger  Sänger  und  Sängerinnen 
eine  Reihe  von  Vorstellungen  grosser  lyrischer  Werke  gab.  Nach  dem  glän- 
zenden Erfolg  derselben  unternahm  es  G.  in  Gemeinschaft  mit  seinem  Bruder 
Edmund,  in  den  Provinzen  Englands  regelmässige  Opernaufführungen  zu  ver- 
anstalten, die  er  dirigirte  und  in  denen  hauptsächlich  Schüler  seiner  Akademie 
mitwirkten.  Bei  einer  solchen  Aufführung  war  es  auch,  dass  G.,  um  eine  Vor- 
stellung möglich  zu  machen,  den  Dirigentenstab  niederlegte  und  in  der  Partie 
des  »Edgar  in  Lucia  di  Lammermoor«  auftrat.  In  Liverpool  sang  er  diese 
Partie  noch  öfter,  ebenso  eine  Partie  in  seiner  eigenen  oft  aufgeführten  Oper 
»T//e  Coqiiette'i.  Als  er  von  diesen  Zügen  wiederum  nach  London  zurückgekehrt 
war,  wurde  ihm  die  Redaction  des  musikalischen  Theiles  der  »Morning  Post« 
angetragen,  die  er  übernahm  und  länger  als  fünfzehn  Jahre  höchst  erfolgreich 
durchführte.  Während  dieser  Zeit  machte  er  sich  auch  als  Componist  einen 
Namen.  Es  erschienen  eine  grössere  Anzahl  von  Romanzen,  ferner  Hero  und 
Leander,  eine  dramatische  Scene,  die  viel  Beifall  fand,  ferner  Ouvertüre  zu 
Manfred;  die  komische  Oper  riAmintati  am  Hay-Market  aufgeführt;  y>Tam  OShun- 
terv-;  Cantate,  nach  einem  Text  von  Robert  Burns,  aufgeführt  beim  Musikfest 
in  Birmingham;  Comala,  dramatische  Cantate;  eine  Fest- Cantate  zur  Feier  der 
Vermählung  der  Princess  Royal ;  y>Ruy  Blas«,  grosse  Oper,  aufgefühi't  im  Covent- 
Garden  Theater  1861;  eine  reizende  Operette  nOnce  too  oftenv.,  aufgeführt  im 
Drurylane- Theater;  die  Texte  zu  den  beiden  letztgenannten  Werken  sind  von 
ihm  selber  verfasst.  Mehrere  dieser  Compositionen  errangen  bedeutende  Er- 
folge. Seine  Verdienste  um  die  Förderung  der  guten  Musik  in  England  wurden 
genügend  anerkannt  und  sein  Biograph  erklärt  ihn  einer  hohen  musikalischen 
Stellung  wohl  für  würdig.  (The  Musical  World,  26  aoüt  1865.)  Nichtsdesto- 
weniger verliess  G.  1868  England  und  seinen  immerhin  ehrenvollen  Platz  und 
ging  nach  Amerika,  wo  er  sich  in  New- York  niederliess.  Er  lieferte  noch 
einige  bedeutendere  Compositionen;  zahlreiche  Romanzen  und  Balladen  erschie- 
nen bei  Peters,  Diston,  Pond,  Hall.  Aber  trotz  Aufbietung  von  Talent  und 
Arbeitskraft,  verlor  er  den  Boden  unter  den  Füssen  immer  mehr.  Der  Kummer 
über  das  unverdiente,  wenig  günstige  Loos  seiner  zahlreichen  Familie  rüttelte 
an  seiner  Gesundheit  und  warf  ihn  zuletzt  noch  auf  ein  langes  und  schmerz- 
haftes Krankenlager,  von  dem  er  am  28.  October  1875  durch  den  Tod  erlöst 
wurde.  Eine  seiner  Töchter  uud  seine  Schülerin  Miss  Nellie  Glover  soll  ein 
bemerkeuswerthes  musikalisches  Talent  besitzen. 


Glnck  —  Götz,  127 

Oluck,  Christoph  Willibald  Kitt.-r  von  (IV,  270).  Die  für  ^[ail;.Mj 
geschriebenen  Opern:  »Arfasersea  (1711),  »Demofontru  (1742)  und  »Sofonishra 
(1744)  gingen  nicht  verloren,  sondern  erschienen  seiner  Zeit  in  mehrfachen 
Ausgaben;  wie  beispielsweise  »Dcrnofonfeu  in  zweiter  Auflage,  1747  in  Mailand. 
Die  1763  aufgeführte  Oper  »Eziou  war  jed(!nfalls  eine  Umarbeitung  einer  frühe- 
ren gleichnamigen.  Nach  dem,  in  der  königl.  Bibliothek  in  Dresden  befind- 
lichen Textbuch  wurde  »Ezio«  bereits  17r)0  in  Prag  aufgeführt.  Bei  der  Wiener 
Auffuhrung  im  Jahre  17G3  wird  die  Oper  ausdrücklich  als  »von  Neuem  in 
Musik  gesetzt«  bezeichnet. 

Gobelli,  Francesco,  einer  der  bedeutendsten  Schüler  des  Straduarius  und 
als  solcher  die  andern  Meister  des  Geigenbaues  venetianischer  Schule  über- 
strahlend, arbeitete  in  Venedig  in  den  Jahren  von  1690 — 1720.  Seine  Instru- 
mente gleichen  denen  seines  Lehrmeisters,  so  dass  viele  als  von  ihm  gebaut 
gelten.      Nur   Saraphin  und   Montagnana  dürfen   ihm  ebenbürtig  gelten. 

GotMnrd,  Arabella,  Mm.  Davison  (IV,  283),  ist  nicht  1840  in  London, 
sondern  als  die  Tochter  englischer  Eltern,  in  St.  Servan  in  der  Bretagne  im 
Januar  1836  geboren. 

Goebel,  Karl  (IV,  285),  starb  am  20.  Octoher  1879. 

Goi'S,  Damiäo  de  (IV,  287).  Nach  Bouwsteenen  II.  Jahrb.,  p.  89  berichtet 
Ed.  Gregoir:  Callidus  Batavus  rechnete  den  G.  zu  den  belgischen  Schriftstellern, 
er  war  ein  Bastardsohn  von  Emanuel  von  Portugal  und  zu  Goes  in  Holland 
geboi-en  und  genoss  den  Unterricht  von  Corn.  Grapheus,  Geheimschreiber  zu 
Antwerpen  und  von  Joach.  Politan  Goesa  aus  Zeeland.  1534  ging  er  Studien 
halber  nach  Italien  und  kehrte  1542  nach  Leven  zurück.  Seine  auf  der  Bi- 
bliothek in  Lissabon  befindlichen  Compositionen  bezeugen,  dass  G.  auch  als 
Musiker  Ausgezeichnetes  leistete.  Auf  seinem  Bilde  in:  »Treher,  theatr.  viro 
heisst  es,  Damian  a  Goes,  Musicus,  Poeta,  Orator  et  Historicus. 

Götz  (IV,  288),  ist  am  17.  December  1840  in  Königsberg  geboren.  Seine 
Neigung  war  schon  frühzeitig  auf  Musik  gerichtet,  doch  kam  ihr  kein  eigent- 
lich methodischer  Unterricht  zu  Hilfe,  und  G.  war  siebzehn  volle  Jahr  alt,  als 
er  nach  vieler  Ueberlegung  aus  eigenem  Entschlüsse  sich  den  Unterricht  eines 
tüchtigen  Lehrers,  Louis  Köhlers,  verschaffte.  Dieser  übernahm  des  Jünglings 
Ausbildung  in  Ciavierspiel  und  Harmonielehre,  und  sobald  man  in  den  sehr 
lebhaft  musiktreibenden  Kreisen  Königsberg  von  G.'s  musikalischen  Anlagen  und 
Leistungen  wusste,  wurde  er  sofort  zum  Dirigenten  verschiedener  Dilettanten- 
zirkel gemacht.  In  diese  Zeit  fallen  auch  schon  verschiedene  Compositionsver- 
suche,  sogar  an  Orchesterpartituren  wagte  sich  der  Novize;  Berlioz  berühmtes 
Werk  üher  Instrumentation  wurde  mit  Heisshunger  verschlungen  und  G.'s  erste 
Partitur  war  eine  Uebertragung  der  Beethoven'schen  Ciaviersonate  Op.  10,  Nr.  3, 
in  D-dur  für  Orchester.  Auch  einige  Nummern  einer  komischen  Oper  in  voller 
Partitur  existiren  aus  jener  Zeit.  Im  Herbst  1858  bezog  G.  auf  den  Wunsch 
seiner  Eltern  nach  absolvirtem  Gymnasium  die  Universität  seiner  Vaterstadt, 
um  Mathematik  zu  studiren.  Freilich  wurde  die  nun  erlangte  akademische 
Freiheit  mehr  zu  musikalischen,  als  mathematischen  Studien  benutzt.  Der 
Drang,  sich  der  musikalischen  Kunst  ganz  zu  ergeben,  machte  sich  immer  mehr 
geltend,  und  als  G.  endlich  die  Zustimmung  der  Eltern  zm-  definitiven  Wahl 
des  musikalischen  Berufs  erlangt  hatte,  zog  er  1860  nach  Berlin,  wo  er  nun 
Unterricht  in  Direction  und  Partiturspiel  bei  Stern,  Clavierspiel  bei  Bülow  und 
Contrapunkt  und  Composition  bei  Hugo  Ulrich  genoss;  des  Letzteren  gedachte 
G.  stets  besonders  dankbar.  Im  Jahre  1863  erhielt  er  als  Nachfolger  Theodor 
Kirchner's  die  Organistenstelle  in  Winterthur  im  Canton  Zürich.  G.  gründete 
hier  einen  Gesangverein  und  veranstaltete  eine  Reihe  von  Aufführungen  im 
Concertsaal  wie  in  der  Kirche,  trat  selbst  hilufig  als  Ciavier-  und  Orgelspieler 
auf  (auf  beiden  Instrumenten  leistete  er  Hervoi-ragendes)  und  dirigirte  ein 
Dilettantenorchester.  Als  eine  herumziehende  Schauspiclertruppe  Opern  auf- 
führen wollte,   dirigirte  G.  auch   diese.     Dennoch  konnte  G.  es  in  Winterthur  zu 


128  '  öötze. 

keiner  Stclluuy  briiigeu,  in  der  er  seine  Familie  hätte  ernähren  können.  G.  fing 
nun  an,  in  Zürich  Chxvierstunden  zu  geben,  wo  sie  besser  bezahlt  wui'den. 
]Jennoch  behielt  er  den  Oi'ganistenposten,  eine  Anzahl  Clavierstunden  und  auch 
die  AVohuuug  in  Winterthur  bei  und  reiste  wöchentlich  einige  Tage  nach  Zürich. 
Kiu  Jahr  später  siedelte  er  mit  seiner,  in  AViuterthur  gegründeten  Familie  nach 
Zürich  über,  behielt  aber  immer  noch  die  Organistenstelle  und  einige  Stunden 
in  Winterthur  bei,  sodass  er  Samstag  und  Sonntag  dort,  die  übrige  Zeit  in 
Zürich  war.  Diese  Lebensweise  führte  er  2^/^  Jahre  hindurch;  als  er  sie  auf- 
gab, war  auch  seine  Gesundheit  zerrüttet.  Seit  1870  lebte  G.  privatisirend, 
d.  h.  stundengebend  in  Hottingen,  einer  Nachbargemeinde  Zürichs,  unter  müh- 
seligem Leiden  unverdrossen  schaffend.  In  weitern  Kreisen  wurde  G.  erst 
durch  die  Aufführung  seiner  Oper:  »Der  Widerspenstigen  Zähmung«  bekannt, 
welche  zu  Mannheim  am  11.  October  1874  mit  grossem  Glück  gegeben  wurde, 
G.  wohnte  der  Aufführung  bei.  Das  Werk  gelangte  dann  schon  im  Februar 
1875  in  Wien  mit  bedeutendem  Erfolg  zur  Aufführung,  wenn  sich  auch  die 
colossalen  Räume  der  Hofoper  als  der  intimen  Natur  des  Werkes  nicht  gerade 
allzugünstig  erwiesen.  Das  Werk  kam  dann  in  rascher  Folge  in  Weimai', 
Leipzig,  Hannover,  Coburg,  Schwerin,  Dessau,  Salzburg,  Darmstadt,  Carlsruhe, 
Berlin,  Bremen,  Strassburg,  Frankfurt,  Cassel  und  mehrmals  in  London  zur 
Aufführung.  G.  erlag  am  3.  December  1876  seinem  langjährigen  Lungenübel. 
Seine  im  Druck  erschienenen  Werke  sind,  der  chronologischen  Reihenfolge  nach: 
Trio  in  Gmoll  für  Pianofox"te,  Violine  und  Cello,  op.  1;  3  leichte  Stücke  für 
Pianoforte  und  Violine,  op.  2;  3  Lieder,  op.  3;  Rispetti  aus  dem  Italienischen 
von  Heyse,  op.  4;  3  Kinderlieder  in  Schweizer  Mundart  von  J.  M.  Usteri,  op.  5; 
Quartett  in  E  dur  für  Pianoforte,  Violine,  Viola  und  Cello,  op.  6 ;  Lose  Blätter, 
2  Hefte  Ciavierstücke,  op.  7;  2  Claviersonatinen,  op.  8;  Der  Widerspänstigeu 
Zähmung,  komische  Oper  in  3  Akten  von  J.  V.  Widmann;  Sinfonie  in  Fdur, 
op.  9 ;  Nenie  von  Schiller  für  Chor  und  Orchester,  op.  10 ;  Cantate  für  Mäuner- 
chor  und  Orchester  (Es  liegt  so  abendstill  der  See),  op.  11;  6  Lieder,  op.  12; 
Genrebilder.  6  Ciavierstücke,  op.  13.  Aus  seinem  Nachlass  erschien:  Francesca 
de  Rimini,  grosse  Oper  in  3  Akten  (von  Götz  unvollendet  hinterlassen,  der 
3.  Akt  nach  den  vorhandenen  Skizzen  instrumentirt  von  E.  Frank),  Frühlings- 
ouverture  für  Orchester;  der  137.  Psalm  für  Soli,  Chor  und  Oi'chester;  Quintett 
für  Ciavier,  Violine,  Viola,  Cello  und  Contrabass ;  Clavier-Sonate  zu  4  Händen ; 
Clavierconcert;  Violinconcert ;  Lieder  für  eine  Singstimme;  für  gemischtes  Quar- 
tett und  Männerstimmen,  je  ein  Heft.  Eine  führwahr  stattliche  Anzahl  von 
AA^ei'ken  aller  Art,  die  der,  von  Mühsal  und  Krankheit  stets  schwer  geplagte 
Mann  geschaffen  hat.  Ausser  der  Oper:  Der  Widerspänstigeu  Zähmung,  welche 
G.'s  Ruf  zuerst  in  Deutschland  und  England  begründet  hat,  sind  noch  die  Oper 
Francesca,  die  Sinfonie,  Nenie,  Psalm  und  Ciavierquintett,  als  die  bedeutend- 
sten seiner  Arbeiten  hervorzuheben.  G.  schliesst  sich  im  Wesentlichen  der 
Schumann'schen  Richtung  an,  ist  aber  doch  eine  durchaus  originale  Erscheinung. 
Die  Vornehmheit  seines  künstlerischen  Wesens  entspi'ach  vollständig  seinem 
edlen  und  vortrefflichen  Charakter  —  als  Mensch,  wie  als  Künstler  war  er 
stets  dem  Höchsten  zugewandt.  Seine  Werke  brechen  sich  langsam,  aber  hoffent- 
lich stetig  Bahn. 

Grötze,  Auguste,  Grossherzoglich  Sächsische  Kammersängerin,  Tochter 
des  ehemaligen  trefflichen  Sängers,  jetzt  Gesangsprofessor  Franz  Götze  in 
Leipzig  (IV,  288),  ist  in  Weimar  1840  geboren.  Vom  Vater  im  Gesänge  aus- 
gebildet, glänzte  sie  eine  Reihe  von  Jahren  als  Concertsängerin  in  Deutschland 
und  im  Auslande.  Namentlich  war  sie  im  Liedervortrage  unübertrefflich. 
1870  nahm  sie  in  Dresden  ihren  Wohnsitz  und  war  hier  am  Conservatorium 
als  Gesanglehrerin  thätig,  bis  sie  1875  die  »Gesangs-  und  Opernschule«  errich- 
tete, welche  seitdem  zu  bedeutendem  Ruf  gelangte.  Trotz  der  kurzen  Zeit  ihr(;s 
Bestehens  sind  eine  Reihe  von  bedeutenden  Sängerinnen  aus  ihr  hervorge- 
gangen,   wie    Frl.  von   Kotz  ebne    (als    vortreffliche   Lehrerin    an    der   Anstalt 


Goetze  -  Qoffrillor.  129 

thiitig);  Frl.  Oldeii  (in  Frankfurt  a/M.  ongn^irt);  Frl.  Heuther  (am  Dres- 
dener Hoftheater);  Frl.  Ruiloljih  (Concert.siii)<,'crin):  Frl.  Vetter  (am  Hof- 
tlieater  in  A\'elni:ir);  Frl.  Mandern  (am  lloftlicatcr  zu  Altf-nlturg)  u.  m.  A. 
Dass  Frl.  Götze  mit  den  Anforderungen  der  Bühne  vollständig  vertraut  ist, 
hat  sie  auch  durch  ihre  dramafischen  Werke,  die  sie  unter  dem  Namen: 
»A.  AVeimar«  in  die  OcnVntlichlvcit  hrachte,  wie  »Susanna  Monntfort«,  nA'ittoria 
Accoramboni«,  »Magdalena«  und  »Eine  Heimfuhrt«,  die  auch  an  verschiedenen 
Bühnen  erfolgreich  zur  Aufführung  gelangten,  glänzend  bewiesen. 

Goet/e,  Heinrich,  wurde  den  7.  April  1836  zu  AVartha,  Kr.  Frankenstein 
in  preuss.  Schlesien  gehören.  Seinen  ersten  Musikunterricht  erhielt  er  von 
seinem  A'ater,  dem  Lehrer  und  Chorrektor  Joseph  (1.  daselbst.  Schon  früh- 
zeitig nahm  er  an  den  musikalischen  Hebungen  und  Aufführungen  im  Hause 
und  in  der  Kirche  besonders  als  Sänger,  Ciavier-,  Violin-  und  Orgelspieler  theil. 
Seine  musikalischen  Anlagen  drängten  ihn  zum  Lehrfache,  und  besuchte  der- 
selbe zu  diesem  Behufe  das  künigl.  Lehrerseminar  zu  Breslau  in  den  .Tahren 
1854 — 50.  Die  Gelegenheit,  hier  öfters  grösseren  Musikauö'ührungen  beiwoh- 
nen zu  können,  sowie  noch  besonders  der  Gesang-  und  Orgelunterricht  durch 
Mosewius  und  Baumgart,  gaben  seinem  musikalischen  Streben  neue  Nahrung. 
Nach  Ablauf  seiner  SeminarziMt  amtirtc  derselbe  drei  Jahre  als  Lehrer  und  be- 
suchte dann  zu  seiner  musikalischen  Ausbildung  das  Conservatoiium  zu  Leipzig 
von  1859 — 61.  Hier  widmete  er  seine  Hauptthätigkeit  dem  Gesangunterrichte 
beim  Prof.  Goetze  und  dem  Unterrichte  in  der  Theorie  und  Composition  bei 
den  Musikdirektoren  prauptraann  und  Richter;  ausserdem  wandte  derselbe  auch 
seine  Sorgfalt  dem  Ciavier-  und  Orgelspicle  zu.  Eine  am  Ende  seiner  zwei- 
jährigen Studien  eintretende  und  andauernde  Schwäche  seines  Stiramorganes 
veranlasste  denselben,  die  in  Aussicht  genommene  Gesangscarriere  ganz  aufzu- 
geben. Nach  dem  Abgange  von  Leipzig  nahm  er  eine  Musiklehrerstelle  in 
Russland  an,  kehrte  aber  nach  einjährigem  Aufenthalte  daselbst  wieder  nach 
Deutschland  zurück  und  liess  sich  in  Breslau  als  Privat-Musiklehrer  nieder. 
Seine  musikalische  Weiterbildung  wurde  hier  noch  besonders  in  der  Compo- 
sition durch  die  Unterweisungen  und  Anregungen  des  Domkapellmeisters  Brosig 
gefördert.  Im  Jahre  1871  wurde  demselben  die  Seminar-  und  Musiklehrerstelle 
am  königl.  Lehrerseminar  zu  Liebenthal  in  pr.  Schlesien  übertragen.  Neben 
seiner  amtlichen  Thätigkeit  am  Seminar  liegt  demselben  auch  noch  die  musi- 
kalische Leitung  der  V^ersammlungen  und  Aufführungen  des  niederschlesischen 
Bezirks-Cäcilien-Vereins  für  kirchliche  Musik  ob.  Von  ihm  erschienen  ausser 
mehreren  in  verschiedenen  Sammlungen  enthaltenen  Compositionen  seit  dem 
Jahre  1875  folgende  Compositionen:  1)  Op.  1.  15  Orgelstücke  (Kothe  in  Leob- 
schütz).  2)  Op.  2.  2  Ciavierstücke  (Litolff  in  Braunschweig).  3)  Op.  3.  2  instruk- 
tive Sonaten  für  Piano  (Kothe  in  Leobschütz).  4)  Op.  4.  8  kleine  Ciavierstücke 
(ebenda).  5)  Op.  5.  2  Ciavierstücke  (ebenda).  6)  Op.  6.  3  Scherzi  für  Piano 
(ebenda).    7)  Op.  7.  Ave  Maria  für  vierstimmigen  Männerchor  und  Orgel  (ebenda). 

8)  Op.  8.    3  vierstimmige   Lieder   für    gemischten    Chor    (Luckhard    in    Berlin). 

9)  Op.  9.  2  Abendlieder  für  Streichorchester  (ebenda).  Von  grösseren  noch 
ungedruckten  aber  schon  aufgeführten  Werken  sind  zu  nennen:  Eine  Messe 
für  gemischten  Chor  mit  Instrumentalbegleitung  und  eine  Serenade  für  Streich- 
orchester. Auch  erschienen  von  demselben  unlängst:  a)  Populäre  pädagogisch- 
musikalische Abhandlungen  über  Ciavierspiel,  und  als  Anhang  hierzu:  b)  Die 
wichtigsten  technischen   Hebungen   für  das   Pianoforte   (Leipzig). 

Goffln,  Dieudonne,  belgischer  Tonkünstler,  Musikdirektor  der  Choral- 
gesellschaft zu  Verviers,  der  ältesten  derartigen  in  Belgien.  Componlrte  mehrere 
Cantaten,  eine  komische  Oper  »Le  pic  du  diabiet  (Vervier  1861)  und  eine  Reihe 
Wallonischer  Gesänfre. 

O 

GofTrillor,  INFatteo,  ein  Tnstrumentenmacher  der  um  die  Wende  dps  17.  und 
18.  Jahrhunderts  in  Venedig  thätig  war.  Er  ist  wahrscheinlich  ein  Deutscher;  seine 
Instrumente  sind  sorgsam  gebaut  und  haben  vollen,  doch  nicht  ausgiebigen  Ton. 

MuBikal.  Cuurera.-Lexikoa    Rrgänzangsbaiid.  " 


130  Goldstlimidt  —  Goovaerts, 

Goldschniidt,  Sigismund  (IV,  294),  starb  im  October  1877   in  Wien. 

Goleiiibiowski,  Lucas,  Sohn  des  fürstl.  Drucki-Lubeckischen  Kapellmeisters 
Josef  Golembiowski,  zeichnete  sich  als  polnischer  Schriftsteller  aus,  wurde,  noch 
jung,  Secretär  von  Thaddäus  Czacki  und  später  Bi])liothekar  von  Adam  Czar- 
toryski.  Er  war  in  der  Musik  wol  erfahren,  spielte  mehrere  Instrumente  und 
beschäftigte  sich  viel  mit  Forschungen  in  der  Musikgeschichte  Polens.  Sein 
Werk:  y>JBeuple  polonais«.  ist  mit  Bezug  hierauf  nicht  ohne  Wichtigkeit;  im 
dritten  Bande  desselben  findet  man  einen  TJeberblick  der  allgemeinen  Musik- 
geschichte Polens,  ein  kleines  erklärendes  Verzeichniss  von  polnischer  Musik- 
instrumente, die  Namen  der  wichtigsten  polnischen  alten  und  neuern  Compo- 
nisten,  und  einen  Abriss  der  religiösen,  der  dramatischen,  der  Volks-  und 
Militännusik.  Gr.  trug  auch  eine  reiche  Sammlung  polnischer  Nationalgesänge 
zusammen,  wie  er  sie  in  den  Dörfern  hatte  singen  hören.  Seine  interessante 
»Beschreibung  von  Warschau«  enthielt  auch  y>Ohants  2)olonaisc(  aus  dem  15.  und 
16,   Jahrhundert.     Gr.  starb   1849  zu  Pulawy. 

Golinelli,  Stefano,  vorzüglicher  Pianist  und  Lehrer  amLyceum  zu  Bologna, 
ist  in  dieser  Stadt  am  26.  October  1818  geboren.  In  Italien  geniesst  er  als 
Virtuose  wie  als  Componist  für  sein  Instrument  gleich  grossen  Ruf.  Seine  bis 
jetzt  gedruckten  Claviercompositionen,  ungefähr  zweihundert  an  der  Zahl,  be- 
stehen in  Sonaten,  Präludien,  Etüden,  Fantasien  und  Salonstücken.  Die  elegante 
und  graziöse   Schreibweise   Gr.'s  wird  gerühmt. 

Goltermann,  Louis  (IV,  296),  starb  als  königl.  Würtembergischer  Kammer- 
virtuos und  Concertmeister  zu  Würtemberg  am  5.  April  1876. 

Gomez,  Eugenio,  Organist  und  Componist,  in  Spanien  gegen  1802  ge- 
boren, begann  seine  musikalische  Carriere  als  Chorknabe  an  der  Kathedrale 
von  Zamora,  wo  er  zugleich  Orgel  und  Composition  studirte.  Er  machte  hier 
so  aussergewöhnlich  schnelle  Fortschritte,  dass  er  im  Alter  von  12  Jahren  den 
Platz  eines  zweiten  Organisten  einnehmen  konnte.  Später  wurde  er  Organist 
der  Kathedrale  von  Sevilla  und  liess  sich  hier  mit  vielem  Beifall  auch  als  Pianist 
in  Concerten  hören.  Die  von  ihm  veröffentlichten  Compositionen  sind  zahl- 
reich, es  gehören  dazu  ein  grosses  Offertorium  für  zwei  Orgeln,  welches  in 
Sevilla  bei  grossen  Feierlichkeiten  oft  aufgeführt  wurde;  Sonaten  für  die  Orgel; 
Versetten  für  Chor  in  allen  Tonarten ;  Gesänge;  sechs  Salonwalzer  und  ver- 
schiedene Genrestücke  für  Ciavier.  Ferner  gab  er  eine  Sammlung  Orgelstücke: 
•oRepertorio  de  organistasa  heraus. 

Gomis,  Joseph  Melchior  (IV,  297),  ist  geboren  zu  Onteniente  am 
6.  Januar   1791. 

Gonzales  y  Rodriguez,  Jose  Maria,  Organist  und  Componist,  am  5.  Febr. 
1822  geboren,  wurde  mit  18  Jahren  Organist  und  1844  Professor  an  einem 
College  bei  San  Fernando.  Er  schrieb  zahlreiche  Kirchencorapositionen,  darunter 
4  Messen,  4  Motetten,  24  Litaneien,  einen  Gruss,  mehrere  Offertorien,  mehrere 
Stabat  Mater,  zwei  Orgelfugen,  eine  Hymne  u.  a. 

Goormachtigh,  L.,  Geistlicher,  Professor  der  Musik  am  College  zu  Courtrai 
in  Belgien,  veröffentlichte:  y>Principes  elementaires  du plain-chant,  suivis  des  regles 
de  la  psalmodie  et  des  formules  du  cantus  accentus«,  Brügge   1860. 

Goovaerts,  Alphon se,  Bibliothekar  in  der  Stadt  Antwerpen,  wo  er  am 
25.  Mai  1847  geboren  wurde,  hat  auf  dem  Gebiete  der  Musik  folgende  Werke  her- 
ausgegeben: 1)  y>Notice  hiograpldque  et  hibliograpMq^ue  sur  Pierre  Fhalese,  imprimeur 
de  Musique  ä  Anvers  au  XVI  siede.,  suivie  du  catalogue  chronologique  de  ses 
impressionsv.  (Bruxelles  imp.  Toint-Scobier  1869  in  8").  2)  Ein  neues  Werk 
von  Pierre  Benoit,  analysirt  von  Pierre  Phalese  (Pseudonym),  Antwerpen, 
Sermon  1871,  in  8",  in  flämischer  Sprache.  3)  yiLevensschets  van  ridder  Leo 
de  Burbure«  (Anvers  Fontaine  1871,  in  8*^').  »Die  Kirchenmusik«,  Betrachtungen 
über  ihren  gegenwärtigen  Zustand,  und  historischer  Abriss  aller  Schulen  Europas 
(Antwei-pen  1876,  in  8",  in  flämischer  Sprache).  Ferner  hat  G.  die  Lamen- 
tationen für  die  heilige  Woche  von  Palästrina,  nebst  den  Responsorien,  welche 


Gordiginui       (Joiillev.  131 

« 

meist  zwischen  diesen  Lamt'utationen  gesungen  werden,  von  Asola,  Croce,  Via- 
daua,  Ortiz  und  andern  Componisten  des  IG.  -luhrhunderts,  für  die  Orgel 
übertragen.  Er  Imt  auch  (üiüre,  eine  Anzahl  Motetten  und  Lieder  auf  flätniHche 
Texte  componirt. 

(iordiiriani,  Antonio  (IV,  303),  der  Vater  von  (xiov.  Battista  und  Luigi  G., 
war  Tenorsänger  und  gehörte  unter  dem  ersten  frunzösisclien  Kaiserreich  zur 
Kapelle  Napoleons.  In  «einen  späteren  Jahren  war  er  in  Florenz  Theater- 
direktor und  brachte  daselbst  als  der  erste  im  Jahre  1820  Mozart's  Opern 
»Don   Juan«,  »Kigaro's  Hochzeit«  und  »die  Zauberflöte«  zur  Aufführung. 

Goss,  John,  Organist  der  Paulskirclie  in  London,  geboren  gegen  1800 
zu  Fareham  (Hauts),  wo  sein  Vater  als  Organist  fungirte,  trat  1811  in  die 
königl,  Kapelle  St.-James,  unter  Direction  von  John  Staffort  Smith  und  wurde 
Schüler  von  Thomas  Attwood.  Einige  Jahre  später  übernahm  er  das  Orga- 
nistenamt der  Kirche  St.  Luc  (Chelsea)  und  1838  vertrat  er  in  derselben  Eigen- 
schaft seinen  Lehrer  Th.  Attwood  an  der  Paulskirche.  Nach  dem  Tode  von 
William  Knyvett  wurde  er  zum  Hofcomponisteu  der  königl.  Kapelle  ernannt.  • 
Seine  Compositionen  bestehen  in  zwei  Ouvertüren  für  Orchester,  mehreren 
Trauercantaten ,  darunter  eine  für  die  Beerdigungsfeierlichkeiten  Wellington's 
(1852),  zwei  Anthems  y^Praise  the  Lord  O  my  souh!  und  Hhe  Lord  is  my 
sfre)igt}u<  und  einem  Te  Deura,  aufgeführt  1872,  in  welchem  Jahre  er  von  der 
Königin  \'ictoria  in  den  Adelstand  erhoben  wurde.  Er  gab  auch  einige  theore- 
tische "Werke  heraus. 

Gossec,  Fran^ois,  Joseph  (IV,  305),  heisst  nach  neueren  Forschungen 
in  seiner  Heimath,  Gosse  (vgl  Becker:  »Questionnaireu,  1878,  Nr.  35/6). 

Gottwald,  Heinrich  (IV,  310),  starb  in  Breslau  am  17.  Februar  1876. 

Gottwald,  Susanna,  geb.  Klingenberg,  Tochter  des  königl,  Musikdirektors 
Klingenberg,  geboren  am  20.  December  1846  zu  Görlitz  (Pr,  Oberlausitz),  war 
vom  7.  bis  16.  Lebensjahre  ihres  Vaters  hoffnungsreiche,  kunstanstrebende  Schülerin, 
wurde  vom  4.  October  1861  bis  Ende  1864  dem  Leipziger  Conservatorium  und 
der  speciell  privaten  Gesangsausbildung  Professor  Götze's  mit  grösstem  und 
dankenswerthestem  Erfolge  für  die  spätere  Bühnencarriere  anvertraut.  Ihrer 
glänzenden  Mitwirkung  in  den  Merseburger  Domconcerten ,  wie  an  anderen 
kunstgeweihten  Stätten,  so  auch  vielfach  bei  grossen,  von  ihrem  Vater  in  Görlitz 
gegebenen  Concert-  und  Oratorienaufführungen  wurde  ihr  zur  Seite  einer  Mar- 
tini, eines  Schild  und  Degele,  ebenso  in  den  fürstl,  Hohenzollernschen-Hofcon- 
certen  zu  Löwenberg,  die  strengste  Kunstkritik  in  begeistertem  Lobe  gerecht. 
Die  Vorsehung  verlieh  ihr  jedoch  durch  die  Vermählung  mit  Heinrich  Gottwald 
vom  16.  Januar  1865  bis  17.  Februar  1876,  dem  Todestage  des  Gatten,  das 
glücklichste  Erden-  und  Künstlerwallen,  davon  Stadt  Breslau  das  sprechendste 
Zeugniss  zu  geben  vermag.  Dem  theuren  Grabe  dort  getreu  bleibend,  lebt 
sie  dort  als  Sängerin  und  Gesanglehrerin  hoch  geachtet. 

Gouffä,  Achille  Henri  Victor,  Contrabassist,  zu  Pontoise  am  4.  Sept. 
1804  geboren,  starb  am  4.  August  1874,  nachdem  er  35  Jahre  als  Mitglied 
der  Oper  und  der  Concerte  des  Conservatoriums  als  trefflicher  Künstler  seines 
Instruments  thätig  gewesen  war.  Durch  ihn  kam  in  F^rankreich  der,  mit  vier 
Saiten  bespannte  Contrabass  in  Gebrauch,  ferner  erfand  er  mit  dem  Instru- 
raentenmacher  Bernadel  das  System  der  übersponnenen  Saiten,  ebenfalls  jetzt 
allgemein  im  Gebrauch.  Auch  unterhielt  er  wol  vierzig  Jahre  hindurch  in 
seinem  Hause  Kammermusikaufführungen,  in  denen  er  auch  jüngere  Künstler 
protegirte.  Er  schrieb  für  Contrabass  einen  guten  Lehrgang  i>Methode  de 
contrehasseii  und  auch  eine  Anzahl  Compositionen. 

Gougelet,  Pierre  Marie  (IV,  312).  Die  angeführte:  nJilt'fhode  ou  ahrege 
des  regles  d' accompagnement  de  clavecina  ist  nicht  von  ihm  verfasst,  sondern  von 
Madame  Gougelet,  wie  wol  anzunehmen,  seine  Frau. 

Goulley  auch  Goiile.  Jacob  Nicolas,  Gesangsprofessor  und  Componist, 
geboren  gegen   1774   zu  St.   Jean  du   Cardonnay,    starb    zu    Ronen  am   30.  Mai 

9* 


132  Goüy  —  Graff. 

1818.  Er  war  mit  einer  herrliche}i  Stimme  und  musikalischen  Fähigkeiten 
ausgestattet,  und  trat  unter  der  Protection  des  Grafen  d'Hcrbonvillc  als  Chor- 
knabe in  die  Gcsangschule  der  Kathedrale  zu  Ronen,  wo  er  ein  Mitschüler  Boiel- 
dieu's  war.  Mit  fünfzehn  Jahren  wurde  eine  Messe  von  ihm  aufgeführt,  dieser 
folgten  ein  Te  Deum,  die  Motette  »Incipite  Domine«,  eine  Cantate  und  unge- 
fähr dreissig  E-omanzen  im  grossen  Stil,  von  denen  die  eine  »O  ma  patrie,  o 
inon  hoiiheurv.  populär  geworden  ist. 

Goüy  (IV,  317),  heisst  Jacques  (nicht  Jean),  s.  Ed.  Vanderstraeten, 
y>Jacques  de  Goüy,  chanoine  cT £mbrun(s.  Hechefches  sur  la  vie  et  les  oeuvres  de  ce 
musicien  du  XVII  siecle.  (Auvers,  Buschmann  1865).  In  dieser  Schrift  führt 
der  Verfasser  ein  Werk  von  G.  au,  das  er  auf  der  königl.  Bibliothek  zu  Brüssel 
entdeckte.  Es  sind  zwei  Bände  Psalmen,  von  G.  in  Musik  gesetzt.  Der  Titel 
des  Werkes  ist:  ^Airs  ä  quatre  parties  sur  la  paraphrase  des  I*saumes  de  Messire 
Antoine  Godeau,  evesque  de  Grosse.  Composez  par  Jacques  de  Goüy,  chanoine 
cn  Veglise  cathedrale  d' Ambrun  et  divisez  en  trois  parties<.<..  A.  Paris  par  Robert 
,  Ballard  u.  s.  w. 

Gonter^  Jacques,  auch  Oonterus,  war  ein  belgischer  Lautenvirtuos,  über 
den  aber  nur  spärliche  Nachrichten  auf  uns  gekommen  sind.  Als  er  auf 
dem  Gipfel  seines  Ruhmes  stand,  um  1632,  war  er  am  Hofe  Karl's  I.  von 
England;  hier  porträtirte  ihn  der  berühmte  holländische  Maler  Jean  Livens, 
der  sich  um  1630 — 1633  dort  aufhielt.  Unter  dem  Bilde  liest  man:  yJacobo 
GouterOf  inter  regios  magnae  Britatuiiae  Orpheos  et  AmpTiionis  Lydiae,  Doriae, 
TJirygiae,  festudinis  ßdicini  et  modulatorum  efc.a  Nach  dem  Bilde  zu  schliessen, 
ist  G.  um  die  Wende  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  geboren.  Seine  Geschick- 
lichkeit auf  der  Laute  machte  auf  den  Dichter  Const.  Huyghens,  der  gleichfalls 
1632  am  englischen  Hofe  war,  selbst  sehr  fertig  die  Laute  spielte  und  sich  als 
Sänger  und  Lautenspieler  vor  dem  König  hören  Hess,  einen  solchen  Eindruck, 
dass  nach  seinem  Ausspruch  es  ihm  schien ,  als  ob  ein  Gott  die  Saiten  er- 
klingen Hesse. 

Gräfenthal,  Christian  (IV,  323),  starb  1628,  nicht  1634. 
Graever,  Madelaine,  später  Frau  Johnson,  ausgezeichnete  Pianistin,  ge- 
boren zu  Amsterdam  gegen  1830,  war  Schülerin  von  Bertelsman,  Koning, 
Moscheies  und  später  noch  von  Litolf.  Sie  Hess  sich  1852  in  Amsterdam  mit 
grossem  Erfolge  hören,  besuchte  dann  Paris,  England  und  Amerika,  wo  sie  in 
New-York  als  Pianistin  und  Ciavierlehrerin  dauernd  Aufenthalt  nahm.  In 
Folge  der  Kriegsunruhen  kehrte  sie  später,  nachdem  sie  sich  abermals  in  Paris, 
Belgien  und  einem  Theile  Deutschlands  hatte  hören  lassen,  nach  den  Nieder- 
landen zurück,  und  erhielt  daselbst  den  Titel  einer  Hof-Pianistin  der  Königin. 
Sie  veröffentlichte  auch  einige  Claviercompositionen. 

Graff,  Carl,  Violinist  und  Componist,  zu  Also  Eor  in  Ungarn  am  20.  Mai 
1833  geboren,  erhielt  zu  Pünfkirchen  seine  wissenschaftliche  Ausbildung  und 
ging  dann  auf  den  Rath  Liszt's,  zum  Besuche  des  Conservatoriums  nach  Wien. 
Mit  dem  Diplom  eines  »freien  Künstlers«  versehen,  verliess  er  dasselbe  nach 
dreijährigem  Besuch,  und  wurde  bald  darauf  am  Theater  an  der  Wien  als  Solo- 
violinist angestellt.  Zu  dieser  Zeit  erhielt  er  noch  Unterricht  von  Böhm  im 
Violinspiel  und  in  der  Composition  von  Sechter.  Dann  unternahm  er  eine 
längere  Kunstreise  durch  Oestreich,  Ungarn  und  einen  Theil  der  Türkei,  theil- 
weise  in  Gemeinschaft  mit  Servais,  mit  dem  er  in  Jassy  ziisammentraf.  Um 
sich  immer  mehr  zu  vervollkommnen,  besuchte  er  in  Paris  noch  den  Unterricht 
Vieuxtemps  und  begleitete  dann  diesen  als  zweiter  Violinist,  während  einer 
zweijährigen  Tour.  In  London  trat  G.  als  Solist  auf,  ebenfalls  in  Paris,  und 
berührte  auf  seiner  Reise  Kassel,  wo  er  1858  von  Spohr  als  erster  Soloviolinist 
engagirt  wurde.  Nach  fünf  Jahren  verliess  er  aus  Gesundheitsrücksichten  und 
zum  Theil  aus  anderen  Gründen  diesen  Platz  und  ging  nach  Marseille,  wo  er 
als  erster  Violinist  des  Theaterorchesters,  später  als  Lehrer  thätig  war.  Er 
gründete    hier    1864    Kammerniusiksoireen    mit    Thurner    und    Aug.    Talbecque. 


Cirain  —  (iraphaciiu.  J33 

1870  siedelte  er  nach  I\Ioiitono  über.  Seine  Oompnsilionen,  die  im  Stile  und 
(»eistf  der  deutschen  Schule  geBchrieheii  sind,  heKteheu  in  Clftvier.stücken; 
«Tanhem  cri/oa  (Diahelli  in  Wien);  drainiitische  Fantasie  für  \''ioline  und  Piano, 
(bei  Wagner,  Pest);  Concertstück  für  Violine  und  Orchester;  Fantasien  für  die 
Violine;  Ouvertüre  zu  Don  Carlos;  fllerculri,  Operette;  Stcichtiuartettc;  eine 
zweistimmige  Messe  mit  Orgelbcgleitung;  vierstimmige  Motette  mit  Org<'l- 
begleitung;  zwei  grosse  Fugen  für  Orgel;  Romanzen  und  Lieder;  mehr- 
stimmige   (lesänge. 

Grain,  Johann  da  (IV,  327).  Bio  Passionsmusik  unter  dem  Titel: 
■oPartifura  Pa.s.s-ioni.-!  Dom.  Nosfri  J.  Cl/rü/i  srcundum  Matth.  Evang.  Compo- 
Sita  a  Dot?i.  Du  Grain  Musico  femjiore  nostro  Celcherrimo.  Ex  cujua  Amicitia 
eam  ohtinuit  Cant.  Lau  Anno  J737u,  befindet  sich  auf  der  Elbinger  Bibliothek. 
Der  Chor  ist  nur  zweistimmig  behandelt;  das  "Werk  fand  solchen  Beifall,  dass 
es  sich  dauernd  einbürgerte  und  in  zwei  Abtheilungen,  am  Palmsonntage  und 
Gründonnerstage,  noch  in  den  ersten  Dccennien  unseres  Jahrhunderts  alljährlich 
aufgeführt  wurde.  Der  Text,  untermischt  mit  Liederversen,  fand  als  Anhang 
Aufnahme  im  Elbinger  Gesangbuch.  Zur  500jährigen  Jubelfeier  der  Gründung 
Elbings  1737,  dichtete  Hermann  Balk  eine  Festcautate,  zu  welchen  G,  F.  Hän- 
del die  Arien  und  Chöre  componirte  und  Du  Grain  die  Soliloquia. 

OrammanU)  Carl,  ist  1844  zu  Lübeck  geboren  und  widmete  sich  dem 
Wunsch  des  Vaters  entsprechend  dem  landwirthschaftlichen  Studium.  Erst  später 
durfte  er  seiner  Neigung  folgen  und  Musik  zum  Lebensberuf  erwählen.  Er 
besuchte  das  Leipziger  Conservatorium  von  1867 — 71  und  nahm  dann  in  Wien 
seinen  Wohnsitz.  Seine  Compositionen:  eine  Sinfonie,  Streichquartette,  Trios, 
Sonaten,  eine  Trauercantatc ,  Ciavierstücke  und  Lieder,  wie  eine  romantische 
Oper  •>-> Melusinen,  die  im  September  1875  in  Wiesbaden  zur  Aufführung  kam, 
gehören  der  neuen  Richtung  au. 

Grancino,  Paolo,  lebte  in  Mailand  1665 — 90,  von  ihm  sind  nur  Geigen 
mit  schönem,  vollem  Ton  bekannt.     Sein  Sohn: 

Grauciuo,  Giovanni  Baptista,  früher  in  Mailand,  dann  in  Ferrara,  war 
gleichfalls  ein  sehr  geschätzter  Geigenbauer. 

Grandis,  Vincent  de  (IV,  331),  hat  nach  der  Chronik  des  Theaters  von 
Modena,  folgende  drei  Opern  geschrieben:  1)  »//  Nascimento  di  Mose«,  in 
Modena  1682  aufgeführt;  2)  »Za  Caduta  di  Adamoa.;  3)  II  Matrimonio  di  Mosea. 
G.  war  vom  1.  Januar  1682  bis  21.  April  1683  Kapellmeister  des  Herzogs 
von  Modena  Franz  IL 

Grandval,  Marie  Pclice  Clcmence  de  Reiset,  Vicomtesse  de,  talent- 
volle Componistin  der  gegenwärtigen  französischen  Schule,  geboren  auf  dem 
Schlosse  Cour  du  Bois  (Sarthe),  der  Familieubesitzung  Reiset,  am  21.  Januar 
1830,  erhielt  vom  sechsten  Jahre  an  ^Musikunterricht  und  unternahm  Compo- 
sitionsversuche  unter  Leitung  von  Floto,  eines  Freundes  der  Familie,  bereits 
in  ihrem  zwölften  Jahre.  Nachdem  sie  inzwischen  Gräfin  örandval  geworden  und 
schon  zahlreiche  Instrumental-  und  Vocalcompositionen  geschrieben  hatte,  aber 
die  Unzulänglichkeit  ihres  Wissens  im  Tonsatz  gewahr  wurde,  unternahm  sie 
aufs  neue  ernstliche  Studien  unter  Leitung  von  Camillo  Saint-Saens,  die  sie 
zwei  Jahre  hindurch  ununterbrochen  fortsetzte.  Die  Resultate  derselben,  ver- 
bunden mit  natürlichem  Talent,  ergaben  eine  Reihe  Compositionen  der  ver- 
schiedensten Gattungen:  Vier  einaktige  Operetten;  eine  Oper  in  drei  Akten; 
^^La  foret,  poeme  lyrique<n,  drei  Theile;  zwei  Messen  und  ein  Stabat  mnter,  für 
Soli,  Chor  und  Orchester;  Sainte  Agnes,  Oratorium;  Pater  noster  Tiir  Sopran, 
(Klavier  und  Orgel;  0  salutaris;  Esquissis  syraplioni(iues;  Suite  für  Flöte  und 
Ciavier;  Trio  für  Ciavier,  Violine  und  Violoncell;  Sonaten  und  Gesänge.  Die 
Opern  und  alle  grösseren  Compositionen  kamen  in  Paris  zur  Aufführung. 

Grauu,  August  Friedrich  (IV,  335),  starb  nicht  in  Marburg,  sondern 
in  Merseburg. 

Graphaeus,    Cornelius  (IV,  332),   Freund    des    Erasmus   und  Lehrer  des 


J34  Graasi  —  Gregoir. 

DiimiHiiuR  a  Cioes,  war  Stadtschreiber  zu  Antwerpen,  woher  er  auch  den  Namen 
Scrlbonius  führt.  V.  d.  Straeten  (1,  127)  meint,  Graphaeua  und  Scribonius  seien 
nur  Uraschreibungen  seines  ursprünglichen  Namens:  De  Schryver,  Er  folgte 
Luthers  Lehre  mit  jugendlichem  Eifer  und  vertrat  dieselbe  in  seinen  Schriften; 
dafür  traf  ihn  die,  durch  das  AVormser  Edict  legalisirte  Verfolgung;  nachdem 
er  drei  Jahre  (1521 — 24)  zu  Brüssel  im  Kerker  geschmachtet  hatte  und  aller 
seiner  Aemter  verlustig  erklärt  worden  war,  wodurch  seine  Familie  in  Noth 
und  Elend  gerieth,  sah  er  sich  zum  Widerruf  genöthigt. 

Grassi,  Bernardino  Pasquino  (IV,  333),  gehörte  auch  der  Kapelle  der 
Infantin  Isabella  zu  Brüssel,  Gemahlin  des  Generalgouverneurs  an;  er  ging  auf 
AVunsch  des  Erzherzogs  Leopold  1631  nach  "Wien,  um  dort  die  Divertissements 
für  die  musikalischen  Feierlichkeiten  zur  Hochzeit  Ferdinand  III.  mit  Maria 
Anna  von  Oesterreich,  Tochter  des  spanischen  Königs  Philipp  III.,  zu  com- 
poniren  und  einzurichten.  G.  führte  seine  Aufgabe  zur  allgemeinen  Zufrieden- 
heit durch  und  kehrte  dann  wieder  nach  Brüssel  zurück.  1637  finden  wir 
ihn  wieder  in  Wien;  der  Kaiser  Ferdinand  III.  selbst  in  Musik  erfahren, 
schenkte  ihm  700  Gulden  und  nahm  ihn  als  Tenoristen  in  seine  Kapelle  auf, 
als  welcher  er  vom   1.  April   1637  bis  zum   Jahre   1657   verzeichnet  ist. 

Orassi)  Giuseppe,  Pianist  und  Componist,  geboren  zu  Palmi  in  Calabrien 
am  24.  Februar  1825,  erhielt  den  ersten  Unterricht  von  Bosa  Savoia  und  den 
späteren  von  einem  deutschen  Meister  in  Neapel.  Er  veröffentlichte  gegen 
zweihundert  Ciavier-  und  Gesangstücke,  und  brachte  1845 — -49  drei  Opern,  ein 
Melodrama  und  zwei  Cantaten  zur  Aufführung.  Die  letzteren  1850  und  1857. 
GrraTerand  oder  Gravrand,  Jacques  Fran^ois  Urban  (IV,  340),  starb 
am  16.  Juli  1854  zu  Caen. 

Graziani)  Lodovico,  ausgezeichneter  Tenorsängei',  geboren  zu  Fermo  im 
Kirchenstaat  im  August  1823,  erlangte  bei  seinem  Auftreten  in  den  grössten 
Städten  Italiens,  in  Rom,  Mailand,  Neapel,  Florenz,  Venedig,  Palermo,  Turin 
und  1858  in  Paris  die  vollste  Zustimmung  des  Publicums.  In  London,  aber 
besonders  in  Barcelona,  in  welchen  Städten  er  nachdem  sang,  machte  er  sich 
ganz  zum  Liebling  desselben.  Die  gleichen  Erfolge  errang  er  1^0  in  Wien. 
Sein  Bruder: 

Graziani,  Francesco,  geboren  am  26.  April  1829  zu  Fermo,  im  Besitze 
einer  klangvollen  kräftigen  Baritonstimme,  erwarb  sich  ebenfalls  Ruhm  nicht  allein 
in  seinem  Vaterlande,    sondern    auch    in  New- York  und  in  Paris  und  London, 
wo   er   vom    Jahre    1861    an   die  Wintersaison   in    Paris,    die   Sommersaison  in 
London  an  den  italienischen  Opern  dieser  Städte  zu  den  besten  Sängern  zählte. 
Greef,  Wilhelm  (IV,  342),  starb  am  12.  September  1875. 
Gregoir,  EdouardGeorgesJacques,  Pianist,  Componist  und  Musikschrift- 
steller,  geboren  zu  Turnhout  am  7.  November  1822,    ging,   nachdem  er  schon 
in  seinem  Vatei'lande  Musikstudien  getrieben,   zur  Fortsetzung   derselben  nach 
Deutschland.     1837   kam   er  mit  seinem  Bruder  (s.  unten)  nach  Biberich,   wo 
beide   unter  Leitung   des   Pianisten   Rummel,   Kapellmeister  des   Herzogs   von 
Nassau,  ernste  Studien  in  der  Musik  machten.     G.  Hess  sich  dann  zunächst  in 
London  als  Clavierspieler  hören  und  concertirte   1847,  in  Gemeinschaft  mit  den 
Geschwistern    Milanollo.      Nachdem    er    dann    in   Amsterdam    und    Paris    auch 
einige  seiner  Compositionen  bekannt  gemacht  hatte,  liess  er  sich  in  Antwerpen 
nieder.     G.  wirkte   hier    für  die  Verbesserung  der  Unterrichtsmethode  des  Ge- 
sanges in  den  Volksschulen,   und  wurde  in  Folge  seiner  Vorschläge  auch  vom 
Gouvernement   beauftragt,   den    Gesangunterricht   in  der  belgischen  Armee   zu 
organisiren.     Er   lieferte   als   Componist   sowol   wie  als  Schriftsteller  zahlreiche 
Werke.     Von   seinen   Compositionen   sind  zu  nennen:    1)  »Zes  Croisades,   Sym- 
phonie historifiuev;  2)  »ia  vie«,  lyrisches  Drama;  3)  »Le  Deluje«,  symphonisches 
Oratorium;    y>IIo'mage  ä  Henri  Conscience«,   Ouvertüre;   »De  Belgena,   National- 
Drama  mit  Ouvertüre;   »ia  dernier  nuit  du  comte  d^EgmonU  (Bruxelles  1851); 
y>Ouverture  in  ut  majeur<i  (Nienport  1852);    nLeicester,   drame  mele  de  musiqtie« 


Gr^poir        Grenier.  135 

(Brüsselles,  13.  Februiir  1854);  »Wiltiin  /ycuielsu ,  komische  HiiiiuHchc  Oper 
(1846,  Brüssel);  ungefähr  hundert  Milnnercljörc,  Lieder,  Coinpositiont-n  für 
Cliivier,  A'ioline,  Orgel,  für  Hurraonium  und  Orgel.  Ferner  sind  zu  nennen: 
nMt'fJtoiIi:  t/ii'orique  de  Vortjue<i\  zwei  »Methode  de  Mus-iquea\  »Essai  historique 
sur  la  Musiqiie  et  les  Musicicns  dans  les  Fai/s-Jitis  (Bruxclles,  Sclndt,  1861, 
in  4");  »ies  Artistes  musicicns  urerlaiufaisa,  ideni,  1801  (vermehrte  Auflage  des 
N'orhergehenden);  »Galerie  hiographique  des  artistes  musicicns  hehjes  du  XV III 
et  du  XIX  sieclcix,  idoni,  1862,  in  8";  »Documenfs  historiques  relatifs  ä  Vart  musical 
et  aux  artistes  tniisiciensa,  idcm  1872—76,  4  Yuls,  in  8";  »Les  Artistes  musiriens 
behjes,  reponsc  ä  un  critique  de  Faris«,  idem,  1874,  in  8";  nNoficc  sur  l'ori^itie 
du  celebre  compositeur  Louis  van  Beethovenj  suivie  du  testament  de  Villustre  mattrea 
(Antwerpen,  Jorscn  1863,  in  8");  »HccJwrcJics  historique  conccrnant  les  journaux 
de  mustque,  depuis  les  temps  les  plus  recules,  ju.squ'a  nos  joiirsa  (Antwerpen,  Legros, 
1872,  in  8^);  »Histoire  de  VOrgue  suivie  de  la  hiofjraphie  des  facteurs  d'orr/ue  et 
orjanistes  neerlandais  et  belgesu  (Brüssellcs,  Schott  1865,  in  S**);  »Du  chant  choral 
et  des  Festivals  en  Belgique:  Federation  chorale  anversoisea  (Antwerpen,  Dolaraon- 
tagne  1865,  in  8*^);  »Pantheon  musicaU  (Brüsselles,  Schott  1876,  6  vols,  in  8"  etc. 

Gre^oir,  Jacques  Mathieu  Joseph,  Bruder  des  Vorigen,  Pianist,  Com- 
ponist  und  vortrefflicher  Lehrer,  geboren  zu  Antwerpen  am  18.  Januar  1817, 
spielte  bereits  kaum  acht  Jahr  alt,  das  Dussek'schc  Glavierconcert  öffentlich 
mit  Erfolg,  und  wurde  wegen  seiner  vorzüglichen  Anlagen  nach  der  Revolution 
von  1830  nach  Paris  gebracht,  um  unter  Henri  Herz  weiter  gebildet  zu  werden. 
Eine  langwierige  Krankheit  führte  ihn  ins  Haus  seiner  Eltern  zurück,  von  wo 
aus  er  nach  seiner  Genesung,  in  Gemeinschaft  mit  seinem  Bruder,  nach  Bibe- 
rich ging,  um  dort  den  Unterricht  des  Pianisten  Rummel  zu  geniessen.  1837 
kehrte  er  nach  Antwerpen  zurück.  Hier  brachte  er  in  den  nächsten  Jahren 
ein  Lauda  Sion  für  Chor  und  Orchester  und  eine  Cantate  »Faust«  zur  Auf- 
führung. 1847  ging  die  dreiaktige  Oper  »Le  Gotidolier  de  Venise«,  am  Theater 
royal  zu  Amsterdam  in  Scene.  1848  lebte  G.  in  Brüssel,  1849  in  Brügge  und 
kehrte  1850  nach  Brüssel  zurück.  Während  dieser  Zeit  hatte  er  auch  grössere 
Conccrtreisen  unternommen  und  namentlich  in  Deutschland  und  der  Schweiz 
Erfolge  errungen.  Die  Anzahl  seiner  Compositionen,  sämmtlich  für  Ciavier, 
beläuft  sich  auf  weit  über  hundert,  meistens  Salonstücke;  bedeutend  sind  die 
Etudenwerke:  »24  JEtudes  de  style  et  d'expression,  en  quatre  livresi<,  op.  101; 
»Etudes  de  style  et  de  mecanisyne  en  quafres  livresa,  op.  99;  »JEtudes  de  moyenne 
force^f  und  die  Duos  für  Ciavier  und  Violine  in  Gemeinschaft  mit  Vieux  temps 
und  Leonard,  und  Duos  für  Ciavier  und  Violoncello  in  Gemeinschaft  mit 
Joseph  Servals  componirt.     G.  starb  zu  Brüssel  am  29.  October  1876. 

Greive,  Guillaume  Frederic,  Violinist  und  Componist,  geboren  zu 
Amsterdam  1816,  war  Schüler  von  Kleine  und  Robberechts,  nahm  1850  seinen 
Wohnsitz  in  Paris  und  brachte  daselbst  bis  zum  Jahre  1860  mehrere  Instrumen- 
talstücke zur  Aufführung.  In  Baden  wurde  1863  eine  komische  Oper:  »La 
Neuvaine  de  la  Chandeleur«  gegeben  und  sehr  gut  aufgenommen.  Zu  derselben 
Zeit  übernahm  er  die  Orchesterdirection  der  von  Felicien  David  errichteten 
grossen  Concerte.  G.  starb  am  19.  September  1865  nach  zweijähriger  Krank- 
heit. Gedruckt  erschienen:  1)  L'accord  du  violon,  avec  aceompagnement  du pianou; 
2)   »La  premiere  gammev^;    3)   »La  premiere  syncope«-   (sämmtlich  Paris,   Gerard). 

Greuier,  Felix,  unterrichteter  Musikliebhaber,  geboren  am  27.  September 
1844  zu  Marseille,  verlebte  seine  Jugend  in  Burgund  und  Paris,  und  erhielt 
schon  sehr  früh  Musikunterricht,  den  er  später  auf  Claviei*,  Orgel,  Violoncell 
und  Contrapunkt  ausdehnte.  Mit  neunzehn  Jahren  war  er  Advokat.  Nachdem 
er  Amerika  und  Deutschland  bereist  hatte,  kam  er  1867  nach  Paris  zurück,  nahm 
jedoch  später  seinen  Aufenthalt  in  Nizza.  Er  schrieb  und  veröffentlichte  ziem- 
lich viel  Kammermusikwerke  und  mehrstimmige  Gesänge.  Die  französische 
Musikliteratur  hat  er  durch  die  Uebersetzung  zweier  deutscher  AVerkc  be- 
reichert,  1)  »Tie  talents  et  travaux  de  Jean  Sebastien  Bach,  traduit  de  Vallemand 


\'^Q  GroHuicIl         (irizy. 

de  N.  J-  Forkcly  aunotr  et  preccdc  d'un  apercu  de  Vetat  de  la  musique  en  Alle- 
maijne  aux  XVI  et  XVII  declesa  (Paris,  Baur,  1876,  in  16");  2)  »Felix  Meti- 
deUohn-  liartholdt/,  lettres  et  Souvenirs,  traduit  de  Vallernaiid  de  Ferdinand  Jtillcr 
et  precede  d'un  aperfiu  de  divers  travaux  critiques  concernant  ce  mattre  (Paris 
Baur,  1877). 

Gresuich,  Antoin  Frtderic  (IV,  355),  nicht  Gresnick,  ist  zu  Lüttich 
am  2.  März  1755  geLoren  (nicht  1752).  Ehe  er  sich  in  Paris  und  als  Opern- 
componist  l)ekannt  machte,  veröffentlichte  er:  »  Z7?i  concerto  pour  clavecin  avec 
accompagnement  de  violon,  alto,  hasse,  hautbois,  ßiites  et  cors,  ad  libitum,  oeuvre  h 
und  «Recueil  d^airn,  romances  et  duos  avec  accompagnement  de  clavecin  ou  fortc- 
piano,  oeuvre  IIa.  Nähere  Nachrichten  über  diesen  Künstler  giebt  eine  kleine 
^chriit:  .y>Gresnich  par  Arthur  Poupna,  Paris,  irapr.  Chaix.  1862,  in  8",  23  p. 

Gretry,  Andre  Ernst  Modeste  (IV,  356),  zu  seinen  dramatischen  Wer- 
ken gehören  noch:  t>Les  fausses  apparences  ou  VAmant  jaloiixa,  3  actes,  Comi'dic- 
Italienne,  23.  December  1778;  »Za  Nouvelle  amitie  ä  rcpreuvea,  3  actes,  Octobcr 
1786;  »io  JRosiere  republieaine«,  1  acte,  September  1794.  Auch  gehörte  G.  zu 
den  Mitcomponisten  des  j>Congres  des  Roisa.  Der  Geburtstag  G.'s  ist  nach  dem 
Taufregister  der  8.  Februar  1741. 

Griepenkerl,  Friedrich  Conrad  (IV,  381),  geboren  zu  Peine  im  Hanno- 
verschen, nicht  Braunschweigischen. 

Grimm,  Heinrich  (IV,  386),  war  ein  Schüler  von  Mich.  Praetorius.  Von 
seinen  Compositionen  sind  noch  zu  erwähnen:  1)  42  vierstimmige  Gesänge  in: 
» Valentin  Cremcovi:  Cithara  Davidica  Lutliero  Becceriana  in  Gymnasio  Magde- 
burgensi  quondam  fensa;  noviter  jam  quarta  (prima  1609)  editione  quihusdam 
ßdihits  in  Christo  Jesu  laudem  ex  Musis  Cremcovianis  errantihus  instructa:  nee 
non  cum  Melodiis  Musicis  expressa«.  Magdeburg,  typis  et  sumptibus  Andreae 
Bezelii  1624,  12**.  Ferner:  y>Vestibulum  Sortuli  Harmonici  sacri,  hoc  est:  Fas- 
ciculus  Trisiniorum  Sacrorum,  partim  pro  lubitu  sine  Basso  continuo,  partim  ad 
eundem  en  Concerto  apte  consinendorum,  Autore  Senrico  Grimmio.  Adjecta  sunt 
et  alia  nonnulla  incertorum  autorum«^.  Brunsvigae ,  Typis  Andreae  Dunckeri, 
sumtibus  Conradi  Gustheti  Schol.  Mart.  Cantoris  Anno  1643.  AAs  der  Vor- 
rede dieses  "Werkes,  datirt  Braunschweig  April  1643,  geht  hervor,  dass  der  Ver- 
fasser am  10.  Juli  1637  gestorben  ist,  und  dass  sein  Sohn  die  Ausgabe  besorgte. 
Praetorius  giebt  im  fünften  Theil  seiner  y>Musae  Sioniaev  von  1607  einige  Ge- 
sänge seines  vierzehnjährigen  Schülers  Grimm,  darnach  wäre  dieser  gegen  1593 
geboren.  Bei  seiner  Verheiratung  (1619)  mit  Mai'tha  Brandesia  machte 
Fr.  Weissensee  das  Hochzeitsgedicht.  Nach  Matthesons  Ehrenpforte  (90)  »kam 
der  weitberühmte  Cantor  Grimm  aus  dem  1631  zerstörten  Magdeburg  zu.  Braun- 
schweig an,  zu  derselben  Zeit  wie  sein  Schüler  Otto  Griebel,  den  die  Pest  aus 
seiner  Heimath  dahin  vertrieben«.  Dieser  sei  dann  von  Grimm  »auf  der  Catha- 
rinenschule  in  den  Lehrsätzen  der  technischen  und  praktischen  Musik  bester- 
massen  angefürot  worden«.  Israel:  Die  musikalischen  Schätze  der  Gymnasial- 
bibliothek u.  s.  w.,  Frankfurt  1872,  nennt  von  Grimm  noch  zwei-  und  drei- 
stimmige  Gesänge  in  Sammlung  P  1637  No.  24  und  50  enthalten. 

Grivel,  Victor,  Violinist,  geboren  in  den  ersten  Jahren  des  19.  Jahr- 
hunderts, gehörte  lange  Zeit  als  erster  Violinist  zum  Theaterorchester  zu  Grenoble. 
Er  gab  die  Schrift  heraus:  -aVernis  des  anciens  luthiers  d' Italic,  perdu  depuis  le 
milieu  du  XVIII  siecle  retrouvv  par  V.  Grivel  (Grenoble  impr.  Allier  1867,  in 
8",  21  p.),  über  welche  von  der  statistischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
und  Künste  ein  sehr  lobender  Bericht  erstattet  wurde:  -»Bapport  sur  le  vernis, 
invenfe  par  M.    Victor  GriveU  (Grenoble,  Allier  1867). 

Grizy,  Raphael  August,  auch  Grisy,  ist  zu  Paris  am  24.  Sept.  1833 
geboren,  und  wurde  Contrabassist  nachdem  er,  durch  mehrere  Preise  ausgezeich- 
net, das  Pariser  Conservatorium,  verlassen  hatte.  Er  betrat  dasselbe  jedoch  von 
neuem,  als  er  die  Entdeckung  machte,  dass  er  sich  im  Besitze  einer  angenehmen 
Tenorstimme  befinde.     Seit  1861   ist  er  als  zweiter  Tenorsünger  an  der  grossen 


(rrnnovius  —  Guercia.  1M7 

Oper  ihiltlg.  Aus.scrdfiii  iilx'irmliin  er  djis  Amt  lincs  ( hj^Miiistcii ,  spätor  das 
eines  Kapellmeisters  an  der  Triiiitiiti.skirflic.  Seine  Operette  nAmourcux  de 
Zephymneo-  und  die  Operd  houlfa  i>V Elcpha7it  hlanc<i  in  vier  Akten,  wurde  im 
Theater  Menus-jilaisirs  in   Paris  aufgeführt. 

Gronovius,  Jacob  (ftronov),  ist  am  20.  October  1645  zu  Deventcr  ge- 
I»oren,  studirte  thcils  liier  theils  zu  Leyden  und  hhto  auch  längere  Zeit  zu 
Oxford  und  Cambridge.  Später  wurde  ihm  eine  Lehrerstello  in  Pisa  übertragen, 
die  er  1669  mit  der  Professur  der  schönen  AVissinschaften  zu  Leyden  ver- 
tauschte: dann  wurde  er  Geograph  der  Universität;  er  starb  am  21.  October 
1716.  Kr  war  ein  ebenso  gelehrter  wie  flcissigcr  Archäolog,  veranstaltete  Aus- 
gaben des  Polybius,  Herodot,  Cicero,  Ammianus  Marcellinus.  Durch  seinen 
^Thesaurus  anfiquit.  yraec«,  13  Bände  fol.,  Leyden  1697 — 1702,  wurde  er  auch 
für  die  IVIusikwissenschaft  bedeutungsvoll. 

Grosj^an,  Ernest,  NelTe  dos  Organisten  ßomary  Crosiean  und  Schüler 
desselben,  ist  zu  Vagney  (Bezirk  Reniiremont)  am  18.  December  1841  geboren. 
Im  Clavierspiel  erhielt  er  den  Unterricht  von  Camille  Stamaty.  Zwanzig  Jahr 
alt  wurde  er  als  Organist  der  Kathedrale  zu  Uzes  (Gard)  angestellt  und  erhielt 
1868  in  einem  glänzenden  Concurse  denselben  Platz  an  der  Kathedrale  in  Ver- 
duu  sur  Meuse.  G.  veröffentlichte:  »300  Versets  composes  pour  Vorgue  danx  les 
tons  les  plus  usites,  precedc  d^un  cTiapitre  concernant  la  rejistrationv,  Vordun, 
l'auteur  in  4"  oblong.;  »Theorie  et  pratique  de  V accompagnement  du  plain-chant, 
metTiode  tres  simple  et  tres  facile  en  2  gammes  et  3  exceptionsv,  Yerdun,  l'aut(;ur; 
•oPieces  Je  cTiant  (cJioeurs  et  solos  ä  trois  voix  egales)«. 

Grossi,  A.  (lY,  415).  Sein  Opus  3  (12  Sonaten)  erschien  schon  1682 
in  Bologna. 

GrothC)  Carl  Wilhelm  Eduard,  blinder  Orgelvirtuose,  ist  am  7.  Decem- 
ber 1855  zu  Naumburg  a.  S.  geboren;  wurde  Schüler  von  Sering  in  der  Blin- 
denanstalt zu  Barby  und  besuchte  dann  noch  ein  halbes  Jahr  das  königl. 
Institut  für  Kirchenmusik  in  Berlin,  wo  er  den  Unterricht  des  Professor  Haupt 
genoss.     Er  gehört   bereits   zu  den  bedeutenden  Orgel  virtuosen  der  Gegenwart. 

Griinbanm,  Therese,  geb.  Müller  (IV,  420),  starb  in  Berlin  am  30.  Jan. 
1876,  im  85.  Lebensjahre. 

Gruud,  Friedrich  AVilhclm  (IV,  423),  starb  in  seiner  Vaterstadt  Ham- 
burg am  24.  November  1874. 

Grutsch,  Franz  Seraph  (IV,  426),  starb  in  seiner  Vaterstadt  AVicn  am 
5.  April  1867. 

Guanii,  Giuseppe  (IV,  428).  Sein  Geburtsjahr  ist  wahrscheinlich  1540 
und  sein  Todesjahr  1626.     Sein  Bruder: 

Gnami)  Francesco,  (ebenda),  soll  gegen  1544  geboren  und  ihm  1596  in 
Lucca  als  Kapellmeister  der  Republik  gefolgt  sein.  Ein  dritter  Tonkünstler 
dieses  Namens; 

Gnami,  Giovanni  Domenico,  ist  1560  zu  Lucca  geboren  und  starb 
daselbst  am  2.  Juni  1631.  In  Venedig  erschienen  1585  Motetten  mit  Bass- 
begleitung seiner  Composition. 

Gnami,  Valerie,  Sohn  des  Giuseppe,  wurde  zu  Lucca  gegen  1587  ge- 
boren, und  besass  den  Ruf  eines  bedeutenden  Componisten.  Er  war  Kapell- 
meister der  Republik  zu  Lucca  und  schrieb  als  solcher  mehrere  Oratorien. 
Er  war  der  erste  welcher  daselbst  eine  dramatische  Composition  zur  Aufführung 
brachte,  die  er  zur  Gelegenheit  einer  öffentlichen  Feierlichkeit  componirt  hatte. 

Guido  von  Arozzo  (IV,  438),  sein  »Micrologus«  ist  in  deutscher  Ueber- 
setzung  von  R.  Schlecht  veröffentlicht  in  den  Monatsheften  für  M.  G.  1873. 

Gaercia,  Alfonso,  Gesangsprofessor  und  Componist,' gebor«  n  am  13.  Nov. 
1831  zu  Neapel,  wo  er  seit  einigen  Jahren  am  dortigen  Conservatorium  als 
Gesanglehrer  thätig  ist,  gab  eine  Gesangschub'  heraus:  »TJArte  dcl  caiito  ita- 
liano  mcfoJo  per  voce  di  soprano  o  mezzo  soprano^  adottato  neue  sciiole  del  regio 
Conservalorio  di  musica  di  Nai/olia.      Ferner   eine   grosse  Anzahl  ansprechender 


138  Guerrero  —  Guislain. 

Gesangscompositionen,  grösstcntheils  für  eine  Stimme.     Eine  Oper  »Rita«  wurde 
1878  in  Noajiel  aul'gelührt. 

Gnorrero,  Francesco,  auch  Guerreiro  (IV,  45J2),  ist  nicht  in  Spanien 
sondein  in   Portugal  in  Beja  geboren;  er  stai'b  in  Sevilla  im  Jahre   1600. 

Gnilleuiin,  Arne  dt' e,  französischer  gelehrter  Schriftsteller,  gab  heraus: 
nLr  soll,  notions  d'acoustique  physique  et  vmsicalev^  (Paris,  Hachette  1875),  mit 
zahlreichen  Figuren. 

Gnilmant)   Felix   Alexandre,   gegenwärtig   einer    der   ersten   Organisten 
Frankreichs,   ist   in  Boulogne-sur-Mer  am   12.  März  1837  geboren,   und  wurde 
zunächst  von  seinem  Vater,   welcher  in  derselben  Stadt  fünfzig  Jahre  Organist 
der  Kirche  St.  Nicolas  war,    in  der  Musik,  speciell  im   Orgelspiel  unterrichtet. 
Harmonielehre  ertheilte  ihm   Gustave  Carulli,  Sohn  des  berühmten  Guitarristen 
dieses  Namens,  auch  genoss  er  später  noch  den  Orgeluuterricht  des  berühmten 
Organisten  Lemmens.    Mit  sechzehn  Jahren  wurde  er  als  Organist  an  St.  Joseph 
angestellt  und  zwei   Jahre  später  führte  er  in  der  Kirche  St.  Nicolas  in  seiner 
Vaterstadt,  seine  erste  Messe  auf.     1857  erhielt  er  die  Organistenstelle  an  dieser 
Kirche,    gründete    einen    Gesangverein   und   machte    sich   nach   und  nach  durch 
sein   treffliches  Orgelspiel   immer   bemerkbai-er.      Schon  1862  erzielte   er   einen 
nachhaltigeren  Erfolg,  als  er  vor  einer  Reihe  von  Kennern  auf  der  neuen,  von 
Cavaille-Col    in    der   Kirche    St.  Sulpice   zu  Paris  erbauten  Orgel,    spielte.     Er 
führte  ein  Concert   von   Händel,   eine  Toccata   und   eine   Fuge  von  Seb.  Bach 
und  einen  Marsch  im  grossen  Stil  über  ein  Thema  von  Händel  seiner  eigenen 
Composition  aus.    Erst  1871   erhielt  der  sehr  strebsame  Künstler  einen,  seinen 
Fähigkeiten  angemessenen  Platz,  als  er  an  Stelle  des  verstorbenen  Chauvet  als 
Organist  der  Trinitatiskirche  in  Paris  berufen  wurde.     Nicht  allein  hier,  sondern 
auch  im  Auslande,   in  England   und   in  Amsterdam,    wo    er  Orgelconcerte  ver- 
anstaltete, wuchs  sein  Ruf.    Sein  Compositionstalent  ist  ebenfalls  bemerkenswerth. 
Er  schrieb:  4  vierstimmige  Messen  mit  Orchester-  oder  Orgelbegleitung ;  vierstimmige 
Motetten  mit  Orchester  oder  Orgel;  zwölf  Motetten  für  eine,  zwei,  drei  und  vier 
Stimmen  mit  Begleitung  von  Orgel  oder  Harmonium;  »Quam  dilectaa  (Psalm  83) 
für  vier  Stimmen,    Solo    und  Chor    mit  Orgel;    Sonate  für  grosse  Orgel;    viele 
Gesangs-,  Ciavier-  und  Orgelstücke,  und  die  nennenswerthen  Sammlungen  »Pieces 
de  differents  styles  pour  orgue».  (zwölf  Lieferungen,    Paris,  Schott);    »L'organiste 
pratique,    recueil   de  pieces   de  moyenne   difficidte  pour  Vorguevi   (zwei   Lieferun- 
gen erschienen). 

GuimaräeS;  Jose  Ribeiro,  Dr.,  jiortugiesi scher  Schriftsteller,  geboren  zu 
Lissabon  am  2.  October  1818,  hatte  sich  der  Rechtswissenschaft  gewidmet  und 
auf  der  Universität  Coimbra  seine  Studien  beendet.  Seiner  politischen  An- 
schauungen wegen  verzögerte  sich  seine  Anstellung  als  Richter,  und  als  sie 
schliesslich  erfolgen  sollte,  fand  er  sich  veranlasst,  sie  abzuweisen.  1854  erhielt 
er  die  erste  Stelle  an  der  Nationalbibliothek  zu  Lissabon  und  seitdem  veröffent- 
lichte er  in  dem  Journal  do  Commercio,  dessen  musikalischer  Berichterstatter 
er  war,  eine  Reihe  Abhandlungen  auf  dem  Gebiete  der  Musikwissenschaft,  die 
dann  zum  Theil  gesammelt  erschienen  unter  dem  Titel  »Summario  de  varia 
hisforiaa  (vier  Bände).  Ausserdem  veröffentlichte  er:  eine  Biographie  von  Mar- 
cos Antonio  Portugal,  genannt  nPortugallo.  Sistoria  do  Theatro  do  Bairro  Altoa 
(mit  viel  interessanten  Notizen  die  Geschichte  der  Oper,  wie  der  Musiker  in 
Portugal  während  des  18.  und  19.  Jahrhunderts  betreffend).  Zum  Besten  der 
in  Lissabon  lebenden  Nachkommen  der  berühmten  Sängerin  Todi,  veröffentlichte 
er  endlich  auch  noch  deren  Biographie. 

Guislaiu,  Pierre  Joseph,  Violinist  und  Orchesterdirektoi',  geboren  1757 
zu  Berg  op  Zoom,  iiess  sich  in  Antwerpen  nieder,  wo  er  Soloviolinist  des 
Theaters  war  und  sich  auch  als  solcher  durch  den  Vortrag  Viotti'scher,  Kreutzer'- 
scher  und  Rode'scher  Concerte  vortheilhaft  bemerkbar  machte.  Als  Dirigent 
der  Concerte  der  Philharmonischen  und  noch  einiger  anderer  Gesellschaften, 
gewann  er  vortheilhaften  Einfluss  auf  die  derzeitigen  musikalischen  Verhältnisse 


Guitarre    -  Guyot.  139 

Antwoiixus,  indem  vv  dtii  rJoschmack  für  kliiKsischo  i\Iiisik  /,u  crwf^cken  suchte. 
Er  f'iihilf  dort  zucrisl  die   (^uartotte  Haydn's   und   Mozart's  auf. 

Guitarre  (IV,  450).  In  den  letzten  Jahren  sind  von  Freunden  des  In- 
struments wieder  energische  Versuche  gemacht  worden,  ihm  wieder  einen  Platz 
in  dem  Mu8ikle])en  zu  verschallen.  Man  hat,  um  iliren  Ton  etwas  zu  verljesseru, 
die  Darmsaiten  durcli  IMetallsaiten  ersetzt.  Die  aus  Därmen  gt-drehten  Discant- 
saitcn  der  Guitarre  haben  den  üborsponuenen  Basssaiten  gegenüber  einen  zu 
schwachen  Ton  und  es  erscheint  demnach  sehr  praktisch,  sie  durch  stärker  klin- 
gende ^Metallsuiten  zu  ersetzen.  Mit  besonderem  Eifer  nimmt  sich  der,  von 
Dr.  Wilh.  Schöne  in  Leipzig  gegründete  und  seit  dessen  Abgang  von  Herrn 
0.  Schlick  geleitete  Guitarrenclub  des  Instruments  an.  Er  war  zunächst  auf 
weitere  Verbesserungen  des  Instruments  bedacht.  Durch  ihn  wurde  der  Ton- 
umfang desselben,  der  sich  bisher  auf  S^/g  Octaven  beschränkte  (von  H  bis  ä^), 
um  eine  Quinte  in  der  Höhe  und  um  eine  Sext  in  der  Tiefe  erweitert,  so 
dass  er  jetzt  von  G  bis  y/V  reicht.  Dadurch  sind  sechs  verschiedene  Stimmun- 
gen ermöglicht  (in  G  G  A  c  d  e)  die  eine  grössere  Mannichfaltigkeit  im  En- 
semble gewähren.  Es  wurde  nothwendig,  verschiedene  Instrumente  mit  mehr 
als  6,  mit  9,  12  und  13  Saiten  zu  bauen  u.  s.  w.  So  wurde  es  möglich  2 — 5 
selbständig  geführte  Guitarren  zu  einem  vollklingenden  Ensemble  zu  vereinigen 
und,  in  dieser  Weise  verwendet,  vei'half  der  Leipziger  Guitarreclub  dem  In- 
strument selbst  in  öffentlichen  Concerten  wieder  zur  Anerkennung. 

Gumpeltzhaimer,  Adam  (IV, 457),  ist  zuTrosberg,  nicht  Trostberg,  geboren. 

Gnsetto,  Nicolo,  um  1730  in  Cremona  lebend,  war  ein  trefflicher  und 
orginell  arbeitender  Geigeubauex-.  Seine  Instrumente  haben  die  Eigenthümlich- 
keit,  dass  sie  in  den  Umrissen  sowol,  als  auch  der  Schnecke  wellenförmig  ge- 
baut sind.  Die  Wölbung  ist  massig,  der  Lack  gelb,  bisweilen  braun;  der 
Ton  kräftig  und  edel. 

Gnsto,  J.  Z.,  Componist,  welcher  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  zu  Zürich  lebte; 
er  gab  dort  eine  Sammlung  von  170  Liedern  für  eine,  zwei,  drei  und  vier 
Stimmen  heraus,  unter  dem  Titel:  Auserlesene  geistliche  Lieder  aus  den  besten 
Dichtern.  Mit  ganz  neuen  leichten  Melodien  versehen  von  J.  Z.  Gusto  (Zürich, 
Ziegler  1769,  in  8'') 

Gatiuann,  Adolph  (IV,  462),  ist  1819  zu  Paris  geboren  und  war  bereits 
in  seinem  15.  Jahre  ein  fertiger  Ciavierspieler  und  geschickter  Improvisator. 
Darauf  übernahm,  auf  Wunsch  des  Vaters,  Chopin  seine  weitere  Ausbildung 
und  zwischen  beiden  bildete  sich  bald  ein  inniges  Verhältniss.  Bald  auch  genoss 
G.  in  den  literarischen  Zirkeln  der  Freundin  Chopins,  der  bekannten  Schrift- 
stellerin George  Sand,  grosse  Aufmerksamkeit.  Als  Chopin,  nach  einer  sechs- 
monatlichen Reise  mit  seiner  Freundin  schwer  erkrankt  aus  Spanien  nach  Paris 
zurückkehrte,  war  Moscheies  eingetroffen  und  da  er  Chopins  neueste  Compositionen 
kennen  lernen  wollte,  diesen  aber  körperliche  Schwäche  hinderte  zu  spielen, 
so  musste  G.  die  Ausführung  übernehmen.  Aus  Dankbarkeit  dafür,  dass  G. 
das  Scherzo  Op.  39  in  einem  Tage  fertig  studirt  und  es  Moscheies  auswendig 
vorspielte,  dedicirte  es  ihm  Chopin.  1846  unternahm  G.  grosse  Reisen  durch 
Deutschland  und  Schottland  und  ging  dann  wieder  nach  Paris  zurück,  um  seinen 
schwer  erkrankten  Meister  noch  zu  bestimmen,  sich  durch  Franz  Winterhalter 
malen  zu  lassen.  In  des  Schülers  Armen  starb  Chopin  am  17.  October  1849. 
Erst  im  Sommer  1866  unternahm  G.  wieder  eine  grössere  Reise  und  zwar  nach 
dem  Orient,  den  Nil  herauf  bis  Nubien.  I\Iit  einem  reichen  Ertrag  an  Ruhm 
und  Gold,  kehrte  er  1867  wieder  nach  Paris  zurück  und  siedelte  sich  dann 
1871  in  Florenz  an.  1874  war  er  zur  Kur  in  Ems  und  spielte  hier  vor  dem 
deutschen  Kaiser.  Im  August  1874  ging  er  wieder  nach  Florenz  und  seitdem 
lebt  er  in  stiller  Zurückgezogenheit  fast  ausschliesslich  mit  der  Malerei  beschäftigt. 
Nach  langen  ernsten  Versuchen  soll  er  die  Erfindung  gemacht  haben,  mit  Oel 
auf  Atlasstoff  unter  brillanter  Farbengewinnung  zu  malen. 

Guyot,  Jean  (IV, 462),  hat  in  Ch'ment  Lyon  in  Charleroi  ueuerdiugs  einen 


j,]()  Haenel  de  Croneathal  —  Hässlich. 

Biogniplu-n  gofuiKloii,  und  wenn  wir  uns  auf  die  ErgcbnisBC  von  dessen  Nach- 
forsiliungcn  verlassiu,  so  ist  G.,  der  sich,  wie  schon  angegeben,  auch  nach  seinem 
Geburtsorte  »Castileti«  nannte,  mit  dem  bereits  angeführten  Joannes  (luidonius 
(Bd.  IV,  448),  ein  und  dieselbe  Person,  da  er  sich  auch  lateinisirt:  J.  Guido- 
nius  Castilctanus  nannte.  Das  Werk  y> Miner valiav.  kommt  ihm  demnach  eben- 
falls zu.  Nach  derselben  Quelle  wäre  G.  erst  1512  geboren,  bezog  22  Jahr 
alt,  die  Akademie  der  Künste  in  Löwen  und  wurde  am  22.  März  1537  Licen- 
ciat  der  Künste.  1546  ist  er  in  Lütticli  Kaplan  der  Stiftskirche  St.  Paul  und 
gleichzeitig  Singmeister  der  Sänger  derselben.  Bald  darauf  wird  er  Kapell- 
meister an  der  Kathedrale  Saint-Lambert  zu  Lüttich.  Siebzehn  Jahre  später, 
1563,  trat  er  zu  "Wien  in  die  Dienste  des  deutschen  Kaisers  Ferdinand  I.,  der 
jedoch  schon  1564  starb.  Im  December  1563  hatte  G.  in  "Wien  eine  Musik- 
schule eröffnet.  1564  kam  er  nach  Lüttich  zurück,  wo  er  sein  Amt  an  der 
Kathedrale  wieder  übernahm,  und  daselbst  am  11.  März  1588  mit  dem  Rufe 
eines  bedeutenden  Künstlers  starb.     . 


H. 

Haenel  de  Cronenthal,  Louise  Auguste  Marie  Julia,  Marquise  d'Heri- 
court  de  Yalincourt,  stammt  aus  einer  G  ratzer  Patrizierfamilie  und  ist  1839  in 
Sachsen  ge"boren.  Ihre  musikalische  Ausbildung  erhielt  sie  vom  17.  Jahre  an 
in  Franki'eich,  das  seitdem  ihre  zweite  Heimath  wurde.  Ihre  Lehrer  waren 
Tariot,  Pranchomme,  Camille  Stamaty,  Eug.  Prevost  und  Demerssemann.  Ein 
Theil  ihrer  Compositionen,  die  sich  auf  gegen  hundert  belaufen,  ist  gedruckt; 
es  gehören  dazu :  Vier  Sinfonien,  einige  zwanzig  Sonaten  mit  besonderen  Bezeich- 
nungen, wie  y>Graziosa<i,  »la  bonne  journee«,  »Yieux  Stylen.)  »la  Pathetiqueu,  »(/aiete 
classiquea  u.  s.  w.;  ferner  ein  Streichquartett  und  Stücke  für  Ciavier:  Nocturnos, 
Bomanzen,  Improptus,  Rondos  u.  s.  w.  1867,  bei  Gelegenheit  der  "Weltaus- 
stellung, übertrug  die  Componistin  für  das  Orchester  des  »Jardin  chinois«  einige 
der  populärsten  chinesischen  Weisen,  wofür  sie  die  grosse  Ehrenmedaille  erhielt. 
Für  Ciavier  erschienen  die  folgenden  dieser  Stücke  im  Druck:  -»La  Descente 
de  Vhirondelle<-i  (aus  der  Sammlung  der  Volksgesänge  des  Confucius) ;  »ia  (jrande 
Tourmentea  (chinesischer  Tanz);  »Xa  chanson  du  the«  (im  18.  Jahrhundert  vom 
Kaiser  Khien-Long  componirt);  »ie  Chalumeau  de  Nioti-Vaa  (Pastorale  zu  Ehren 
der  Prinzessin  Niou-Va,  componirt  von  Ta- Joun,  Musiker  des  Kaisers  Hoang-Ti); 
»La  Banse  des  plumes«.  (Ballet  um  die  Geister  der  vier  Welttheile  einzuladen, 
dem  Feste  der  Laternen  des  Yang-Cheu  beizuwohnen) ;  y>La  Tasse  d'or«  (Trink- 
lied des  Kaisers  Ouan-Ti);  vLa  Joueuse  de  flute  de  Sou-Tchou-Tou<s.  (Couplet 
mit  Refrain). 

Härtel,  Gebrüder  (IV,  485),  Dr  Hermann  Härtel  starb  am  4.  Aug.  1875 
und  Raymund  Härtel  schied  1880  aus  dem  Geschäft  aus,  an  dessen  Spitze  jetzt 
die  Enkel  von  Gottfried  Härtel:  Wilhelm  Volkmann  und  Dr.  Georg  Oscar 
Immanuel  Hase  stehen. 

Haeser,  Charlotte  Henriette  (IV,  484),  starb  zu  Rom  im  Mai   1871. 

Haeser,  Christian  Wilhelm  (IV,  486),  starb  in  Stuttgart  am  27.  Mai 
1867,  85  Jahr  alt. 

Hässlich  (IV,  487).  Man  muss  hierbei  sehr  genau  das  Hässliche  der  Dar- 
stellung und  das  dargestellte  Hässliche  unterscheiden.  Die  hässliclio  Darstellung 
hört  auf  Kunst  zu  sein,  während  die  Darstellung  des  Hässlicheu  durchaus  zu 
den  künstlerischen  Vorwürfen  gehört.  Jene  bezieht  sich  meistens  auf  die  Form, 
diese  dagegen  auf  den  Inhalt.  Der  ästhetische  Sinn  erfasst  zunächst  die  dar- 
gebotene Form,  jede  Verletzung  derselben  wirkt  hässlich,  und  um  so  mehr,  je 
mehr  der  Inhalt  eine  schöne,  formell  vollkommene  Darstellung  erfordert.    Man- 


lliisfllich.  141 

gelndos   Ebenmaass  der  einzflnon   Thcllc,   wie   iliro   [)lanlo80  Anwendung  wirken 
auch  in  der  IMusik  unangcncliin,   wie  in  allen  ül>rigen  Küu.sten;  clicnso  selbBtver- 
stündlich    auch    Ui-borladung   oder    ihr   (legcnlheil:   zu   grosse  Monotonie.      Wer 
die  einfachen  Formen  des  Tanzes  und  d(!S  Liedes  mit  demselben   umfangreichen 
Apparat   ausstatte!,  wie  die  grossen  und  weiten,  die  zusainmejigesetzten  Formen, 
der  wird  und   muss   nothweudiger  Weise   damit   nur  Widerwillen  und  Abneigung 
erzeugen,    wie    mit    dem  Hässlichen,    wären   aucli   die  Formen   sonst  ebeumüssig 
gebildet  und  gegliedert.     Das  gilt  aber  auch   von  den  wolgeformten  Tonsätzen, 
welche    nicht    mit    den    erforderlichen    reichern    und    mannichfaltigeren    Mitteln 
ausgestattet  .sind.     Hiisslich    wirkt  ganz   besonders  weiterhin    in   der  Musik    auch 
die   Stilvermischung.     Es  ist  nicht  nur  widerwärtig,  die  religiösen   Stimmungen 
wie  profane  behandelt  zu    sehen;    das  Kirchenlied    wie    ein    weltliches  Lied    ge- 
sungen,   die  Kirchenmusik  wie   Üpernmusik  ausführen  zu  hören ;    sondern   auch 
joner    ITebereifcr    unserer  Zeit,    selbst   die    subtilsten    lyrischen   Stimmungen  zu 
dramatisiren  muss  als  hässlich  bezeichnet  werden.     Die  Wahrung  der  Stilgesetze 
ist  die  erste  und  hauptsächlichste  Anforderung  für  die  Reinheit   und  Acchtheit 
der  Wirkung  des  Kunstwerks.     Diese  aber  wird   noch   durch  die   besondere  Art 
des   Klanges    bedingt,    der   daher   ganz    sorgfältig   berücksichtigt    werden    muss. 
Wir   wissen,    dass    das    Tonstück    von    vei'schiedenen    Organen     ausgefülirt  wird, 
denen  in  der  Regel  mehr  oder  weniger  schöne  und  auch  absolut  hässliche  Klänge 
zur  Verfügung  stehen.     Wir  wissen,    dass  ein   Tonstück  von   Singstimmen  aus- 
geführt, ganz  anders  klingt,  als  wenn  Blas-  oder  Streichinstrumente  oder  Tasten- 
instrumente u.  s.  w.    die   Ausführung    übernehmen.      Ein    an    und    für  sich   wol 
geformter,  künstlerisch   gestalteter  Tonsatz  kann  daher  trotzdem  hässlich  wirken, 
wenn   er  nicht  den  rechten  Instrumenten  zur  Ausführung   übergeben,    wenn    er 
nicht  in  der  entsprechenden  Weise  in  Klang  umgesetzt  wird.    Die  Klänge  wirken 
störend,    wenn   sie  nicht    ihrer  besonderen  Natur  entsprechend    angebracht   sind, 
wenn   sie  reizend  wirken,  wo  sie  erschüttern,  und  abstossen,  wo  sie  reizen  sollen. 
Damit    ist   auch    bereits    angedeutet,    in    welcher  Weise    sich   die  Musik  an  der 
Darstellung   des    Hässlichen    betheiligen    kann.      Nur   bei    der  Tonmalerei    wird 
man  den  Begriff  noch   einigermassen   in   seiner  ursprünglichen  Fassung  nehmen 
können,  bei  dem  Ausdruck  seelischer  Stimmungen   i.st  er  schon  nicht  mehr  ganz 
zutreffend;    hässlich  kann   man   im   Grunde  die  Empfindung  des  Zornes,   bideji- 
schaftlichen  Schmerzes,  der  Verzweiflung,  der  Wuth,  des  Hasses  u.  dergl.  nicht 
mehr  nennen,  da  sie  zunächst  ebenso  menschlich  berechtigt  sind,  als  die  sanftem 
nnd  edlern  Empfindungen  der  Liebe,  der  Freude,  des  Dankes  u.  s.  w..  sie  sind 
eben    nur    hässlich    als    künstlerische    Vorwürfe,    weil   ihnen    der   Ausdruck   der 
absoluten    Schönheit    nicht   entspricht.      Hierauf  aber  beruht  wiederum  die  be- 
sondere Art  ihrer  Ausdrucksformen;  diese  müssen  durchaus  die  Gesetze  künst- 
lerisch schöner  Darstellung  wahren,    so    weit  das  der  veränderte  Ausdruck  nur 
irgend  zulässt.     AVird  dagegen  gesündigt,  dann  erreicht  der  Künstler  nicht  die 
Darstellung  des  Hässlichen,  sondern    seine  Darstellung  wird  hässlich  und  damit 
uiikünstlerisch.  Tonmalereien  werden  leicht  durch  zu  grosse  Treue  der  materiellen 
Wirkung    hässlich;    das    Schlachtgemälde    verliert    allen    höhern    künstlerischen 
Werth,  wenn  es  in  Kanonenschlägen,  Gewehifcuer,  Mitrailleusengeknatter  u.  dergl. 
aufgeht;  wer,  wie  das  wirklich  geschehen   ist,  die  Schrecken  eines  Seestui-ms  so 
deutlich  malt,    dass  er  uns  durch  die,    von  zwei  Piccoloflöten  in   Secunden  aus- 
geführte Tonleiter  ganz  entschieden   wehthut,    und  durch  die  unangenehm  wir- 
kenden  Dissonanzen  ganz  direkt  persönlich  bedrängt,  schildert  nicht  das  Häs.}' 
liehe,    sondern    seine  Schilderung    ist    hässlich,    im   wahrsten   Sinne  des   Woi'lcß. 
Auch    wenn    es   sich  darum  handelt  naturtreu  zu  bleiben,    dürfen  solche   Schil- 
derungen nicht  jenen  Grad  von  handgreiflicher  Deutlichkeit  gewinnen,  die  nicht, 
mehr  poetisch,  nicht  ästhetisch   zulässig,  also   nicht  mehr  künstlerisch  ist.     Weit 
weniger  noch  darf  die  Darstellung  des  Beängstigenden   und  Bedrückenden   wirk- 
lich persönlich   beängstigend  und  bedrückend  werden;  die  Darstellung  muss  sich 
damit  begnügen,  den   Zustand   für  die  Fantasie  angedeutet  zu  haben.     Das  gilt 


142  Hagemanii  —  Halin. 

aber  selbstverstündlich  noch  viel  mehr  für  die  Darstellung  und  deu  Ausdruck 
der  Seelenzustäude  durch  Musik.  Diese  wird  nur  zu  häufig  durch  Uebertreibuug 
hiisslich  und  widerwärtig  wirkend.  Wie  Schmerz,  Wuth,  Verzweiflung  u.  dergl. 
heftige  Emplindungen  sich  auch  in  Bewegungen,  im  Miuenspiel  u.  dergl.  unschön 
äussern,  wenn  die»  übertrieben  heftig  geschieht,  so  wird  auch  die  Aeussei'ung 
durch  Gresaug  und  Musik  hässlich  durch  die  übertriebene  und  forcirte  Anwen- 
dung der  mächtig  wirkendsten  Mittel.  Das  Material  für  diesen  Ausdruck  ist 
auch  für  die  Musik  in  grossem  ßeichthum  vorhanden ;  für  jede  dieser  stürmischen 
Bewegungen  des  erregten  Innern  bietet  sie  die  entsprechenden  Mittel,  und  bei  dem 
eigenthümlichen  Reiz  den  auch  sie  noch  entwickeln,  ist  eine  unmittelbar  treffende 
Wirkung  zu  erzielen,  wie  kaum  noch  auf  andere  Weise,  aber  deshalb  müssen  sie  auch 
mit  um  so  grösserer  Vorsicht  angewendet  werden;  der  Missbrauch  führt  ganz 
entschieden  zur  gegentheiligen  Wirkung ;  er  erzeugt  Widerwillen  und  Missmuth 
in  uns,  anstatt  uns  den  betrefi'enden  Seelenzustand  als  Inhalt  zu  vermitteln.  Je 
entscheidender  die  aufgebotenen  Mittel  in  ihrer  Wirkung  sind,  desto  mehr  müssen 
sie  gegen  einander  abgewogen,  mit  desto  grösserer  künstlerischer  Besonnenheit 
eingeführt  und  verbunden  werden,  wenn  sie  sich  nicht  gegenseitig  aufheben  oder 
die  Empfindung  chaotischer  Wüstheit  und  Wildheit  erzeugen  sollen.  Auch  der 
Tiefsinn  versucht  manchmal  in  dieser  Weise  sich  zu  äussern;  viel  häufiger 
freilich  der  nur  vermeintliche,  der  uns  glauben  machen  möchte,  zusammenhangs- 
lose Phrasen  und  Sätze  möglichst  bunt  und  widersinnig  zusammen  geleimt, 
seien  abgrundtief  inhaltsvoll,  während  doch  natürliches  Empfinden  und  Denken 
bald  die  hässliche,  hohle  Gleissnerei  erkennt.  Weil  tief  innerliche  Erschütterungen 
der  Seele  sich  gern  in  schneidenden  Dissonanzen  offenbaren,  ist  bei  manchen 
Componisten  der  Gegenwart  die  Consonanz  in  Misskredit  gerathen,  und  um  immer 
tiefinnerlich  erschüttert  zu  erscheinen,  wird  die  Dissonanz  bei  ihnen  in  Permanenz 
erklärt.  Aber  diese  Dissonanzen  sind  billiger  als  die  tief  innern"  Erschütterungen. 

Hagemanu,  Moritz,  ein  tüchtiger  niederländischer  Musiker,  geboren  am 
25.  September  1829  in  Zutfen,  jetzt  Musikdirektor  in  Leeuwarden.  Seine 
Studien  machte  er  hauptsächlich  am  Conservatorium  in  Brüssel.  Später  wurde 
er  Direktor  der  »Maatschappy  vor  Tonkunst«  in  Batavia,  nachdem  er  mehrere 
Jahre  an  der  Spitze  der  musikalischen  Bewegung  in  Gronungen  gestanden  hatte. 
Er  hat  viele  hübsche  Sachen  für  Ciavier  und  Gesang  componirt  und  sich  auch 
als  geistvoller  Schriftsteller  in  der  musikalischen  Zeitschrift  »Cäcilia«  (redigirt 
von  Nicolai)  durch  verschiedene  Aufsätze  documentirt.  Seit  einigen  Jahren  ist 
er  mit  der  talentvollen  Sängerin  Franziska  Stoetz  verheiratet.     Sein  Vater: 

Uagemann,  Franz,  ist  1802  zu  Nymwegen  geboren  und  war  Organist  in 
Zutfen.     Sein  Bruder: 

Hagemann,  Franz,  ist  in  Zutfen  den  10.  September  1827  geboren  und 
wurde  Musikdirektor  in  Leyden. 

Hahn,  Albert  (IV,  491),  geboren  am  29.  September  1828  in  Thorn,  wo 
sein  Vater  Steuerrath  war,  ei-hielt  seine  Gymnasialbildung  dort  und  von  1842 
bis  1846  in  Posen.  Schon  auf  der  Schule  wirkte  er  als  Sänger  und  Spieler 
in  Concerten  mit;  durfte  jedoch  trotz  seines  lebhaften  Wunsches  nicht  Musik 
Studiren,  weil  Rellstab  in  Berlin,  im  Hinblick  auf  die  unsichere  Laufbahn  davon 
abrieth.  Da  er  seiner  Dienstpflicht  als  einjährig  Freiwilliger  genügte,  wollte 
es  der  Zufall,  dass  ihm  der  Eintritt  in  die  preussische  Artillerie  nahegelegt 
wurde.  Schnell  absolvirte  er  die  Examina  mit  Auszeichnungen  und  benutzte 
ausserdem  seine  freie  Zeit,  während  des  Besuches  der  königl.  Artillerie-  und 
Ingenieur-Schule  zu  Berlin,  um  unter  Stern,  Fl.  Geyer  und  Killidschki  Gesang, 
Composition  und  Ciavier  zu  studiren.  Ein  Sturz  vom  Pferde  veranlasste  ihn 
aber  1853  den  Abschied  zu  nehmen,  um  nun  endlich  der  durchbrechenden  Lust 
zur  Musik  nachfolgen  zu  können.  Nun  studirte  er  erst  in  Köln,  wo  er  gleich- 
zeitig die  Polyhymnia  dirigirte,  unter  Hillei-,  Frank,  Hartmann,  Derkum,  Koch 
und  Ergmann,  dann  in  Berlin  unter  Marx,  Stern  und  v.  Bülow  und  hospitirte 
ausserdem  auf  Jahre  langen  Reisen  in  London,  Paris,  Florenz,  Wien,  Dresden 


Hakem  ol  VVAdi         ilall.-r.  143 

und  AVeimar  bei  Garcia,  der  Ungar-Sabatier,  Romaui,  Gentilhuomo,  Sechter, 
Wieck,  Liszt  u.  a.  lH5r>  siedelte  er  für  ein  Jabr  ganz  nach  Itotterdam  über, 
wo  melircres  von  ihm  (Orchestcr-FantaHic  und  grosses  Trio)  zur  AulViihruug 
kam;  im  Jahr  1858  nahm  er  seinen  Wohnsitz  in  Berlin,  wo  er  das  Referat 
der  Spener'schen  Zeitung  übernahm  und  den  Concertvereiii  zu  wulilthütigen 
Zwecken  gründete,  welchen  er  l.^lU,  bei  seinem  Abgangti  iiiieli  liielet'eld,  an 
A.  Holländer  übergab.  ])ort  und  in  der  Nachbarstadt  Herford  leitete  er  die 
gemischten  Chorvereine,  die  Liedertafel  und  den  Orchesterverein,  brachte  die 
westfälischen  Sängerfeste  w'ieder  in  Gang  und  gründete  die  Ravensberger  Musik- 
feste, von  denen  er  vier  leitete,  ])is  der  Krieg  mit  Frankreich,  an  dem  er  sich 
wieder  aktiv  betheiligte,  das  Verhältniss  dort  trübte  und  er  die  Wahl  zum 
Dirigenten  des  Sängervereius  in  Königsberg  annahm.  Hier  verblieb  er  von 
1872 — 1875,  wo  Erbschaftsangelegenheiten  ihn  zwangen,  den  Ort  zu  verlassen  und 
ihm  dabei  die  Mittel  wurden,  seine  Ijieblingsidee,  durch  eine  Zeitung  an  der  Knt- 
wickelung  der  Kunst  mitzuwirken,  realisiren  zu  können.  Er  ging  nach  Berlin  und 
gründete  dort  die  »Tonkunst«,  Wochenschrift  für  den  Fortschritt  in  der  Musik. 
Diesen  sieht  er  darin,  die  Musik  als  Kulturkraft  bei  der  Erziehung  des  Volks,  staat- 
lich organisirt  mitwirken  zulassen,  auf  allen  Gebieten  einen  gründlicheren,  freieren, 
parteiloseren  Standpunkt  zur  Geltung  zu  bringen  und  endlich  die  Chromatik  in 
die  Theorie  einzuführen.  Nachdem  die  Zeitung  allgemeiner  sich  verbreitet  hatte 
und  ihre  Stellung  eine  gesicherte  geworden  war,  zog  es  ihn  wieder  von  Berlin  nach 
Königsberg,  der  Heimath  seiner  dritten  Frau  (die  zweite,  Bertha  H.,  hatte 
sich  als  Ciavierspielerin  vortheilhaft  bekannt  gemacht),  zurück.  Dort  fungirte 
er  als  Dirigent,  Referent  der  Ostpreussischen  Zeitung,  Instituts-Inhaber  und 
Pianist,  und  trat  auch  mehrfach  als  Componist  in  die  Oeffentlichkeit.  1880 
siedelte  er  nach  Leipzig  über,  starb  aber  hier  schon  kurze  Zeit  darauf  am 
14.   Juli  desselben   Jahres. 

Hakcm  el  Wädi,  Abou  Yahya,  arabischer  Sänger  von  grosser  Berühmt- 
heit, dessen  Heimath  AVadi-el-Cora,  im  Hidjaz  und  dessen  Geburtsjahr  717  der 
christlichen  Zeitrechnung  war.  Sein  Vater  war  Barbier,  ein  durch  den  Kalifen 
Walid  L,  Sohn  Abd-el-Moliks,  freigelassener  Sclave.  Der  Lehrer  des  Hakem 
war  sein  Landsmann  Omar-el-Wadi.  H.  war  als  Sänger  und  als  Componist  be- 
rühmt. Er  erreichte  ein  hohes  Alter  und  der  letzte  der  Kalifen,  dessen  Gunst 
er  noch  erwarb,  war  Harun-al-Raschid.  In  Bagdad  hatte  er  Reichthümer  er- 
worben, mit  denen  er  sich  im  Alter  nach  seiner  Vaterstadt  Wadi-el-Cora  zurück- 
zog und  dort  gegen  182  der  Hegira,  798  nach  der  christlichen  Zeitrechniing 
starb.  Vorstehendes  ist  dem  AVerk  y^Caussin  de  PercevaVs  Notices  anecdotiques 
sur  les  principaux  mimciens  arahes  des  trois  premier  aiecles  d^Islamismeu  ent- 
nommen. Es  sind  in  demselben  noch  mehrere  Anekdoten  mitgetheilt,  welche 
als  Beweis  für  die  aussergewöhnliche  Berühmtheit  dienen,  deren  H.  seiner 
Zeit  sich  erfreute. 

Haller,  Michael,  geboren  den  13.  Januar  1840  zu  Neusaat,  bei  dem 
Städtchen  Naabburg  in  der  Oberpfalz,  erhielt  seine  humanistische  Bildung  im 
bischöflichen  Seminar  des  Benediktinerklosters  Metten.  Hier  wurde  Gesang  und 
Instrumentalmusik  mit  allem  Eifer  gepflegt.  H.  lernte  schnell  die  einzelnen 
Blas-  und  Streichinstrumente  handhaben,  studirte  Harmonielehre  und  benutzte 
die  festlichen  Gelegenheiten  im  Kloster,  seine  Anlagen  in  der  Composition  zu 
verwerthen,  die  auch  bald  allgemein  anerkannt  und  bewundert  wurden.  Nach 
Absolvirung  des  Gymnasiums  besuchte  er  das  Lyceum  und  trat  darauf  in  das 
Priesterseminar  zu  Regensburg  ein.  Neben  seinen  philosophischen  und  tiieolo- 
gischen  Studien  trieb  er  ileissig  Contrapuukt  und  bildete  sich  gründlich  darin 
aus.  Nach  Empfang  der  Priesterweihe,  den  26.  Juni  1864,  erhielt  er  in  Regens- 
burg eine  Anstellung  als  Präfekt  der  Dompräbende,  wo  er  unter  Leitung  des 
berühmten  Domkapellmeisters  Schrems  sich  vollständig  der  Kirchenmusik  widmen 
konnte.  Im  Jahre  1866  wurde  H.  Inspektor  des  Knalieninstitutes  zur  alten 
Kapelle   und   zugleich  Kapellmeister   an  dieser  Stiftskirche,   in    welcher   Eigen- 


144  Hallstroem  —  Hansen. 

scliaft  er  noch  jetzt  thiitig  ist.  Als  Lehrer  an  der  kirchlichen  Musikschule  zu 
Regensburg  crtheilt  IT.  Unterricht  im  Contrapunkt  und  in  der  Coniposition. 
Von  ihm  sind  bis  jetzt  im  Buchhandel  erschienen:  «Vackmcciwi«,  eine  praktisijhe 
Anleitung  zum  Gesang,  ferner  acht  Messen,  ein  Requiem  und  ein  Te  Deum 
mit  Posaunenbegleitung,  drei  Serien  von  3,  4,  5,  G  und  Sstimmigen  Motetten, 
mehrere  Litaneien  und  zwei  Sammlungen  lateinischer  Motetten  und  deutscher 
Lieder  zur  JMuttei'gottes.  Seine  Compositionen  bekunden  den  Meister  in  der 
contrapunkti^schen  Technik  und  sind  durchweht  von  einem  wahrhaft  religiösen 
und  kirchlichen  Geist. 

Hallstroem,  Tvar,  tüncr  der  gegenwärtig  beliebtesten  Tonkünstler  Schwedens, 
ist  1826  in  Stockholm  geboren,  wo  er  auch  später  seinen  Wirkungskreis  fand. 
Seinen  Namen  als  Tonküustler  hat  er  sich  durch  mehrstimmige  Lieder  und 
mehrere  Opern  gemacht.  Die  erste  derselben  »Hertig  Magnus«,  gelangte  1867 
in  Stockholm  zur  Aufführung;  mehr  Erfolg  als  diese  erzielte  jedoch  die  zweite, 
der  »Bergkönig«,  1876  auch  in  München  aufgeführt.  Von  zwei  späteren  Oi^ern 
erwarb  ihm  die  dreiaktige  die  »AVickinger«,  aufgeführt  1877  in  Stockholm,  die 
meisten  Freunde.  »Idylle«,  Composition  für  Solo,  Chor  und  Orchester,  erhielt 
1860  den  vom  Musikverein  in  Stockholm  ausgesetzten  Preis.  1861  übernahm 
H.  in   Stockholm  die  Musikschule  von  A.  Lindblad. 

Hamm,  Valentin  (IV,507),  starb  in  Würzburg  in  Baiern  am  21.Dec.  1875- 

Hamma,  Pridolin  (IV,  508).  Die  Messe,  in  welcher  er  den  Ursprung  der 
Marseillaise  entdeckt  haben  wollte,  ist  nicht  von  Holtzbauer,  sondern  von 
Holtzmanu. 

Hausen,  Hans  Matthison,  Schifferssohn  aus  Flensburg,  geboren  den 
6.  Febr.  1807.  Seine  erste  Jugend  verlebte  er,  unter  Abwesenheit  des  Vaters 
als  Seemann,  in  Einsamkeit  mit  seiner  Mutter.  Sie  liebte  Musik  und  Gesang 
und  hatte  die  Freude,  vom  kleinen  Hans  ihre  Melodien  auf  dem  Ciavier,  sogar 
mit  Harmonie  anzuhören.  Später  besuchte  der  Knabe  die  Sonntagsschule  und 
erhielt  freien  Unterricht  im  Zeichnen,  von  dem  später  bekannten  Herrn  Peters 
in  Dresden.  Als  er  eines  Tages  in  dessen  Heimat,  Duette  mit  dem  jüngeren 
Peters  bliess,  fragte  der  alte  Porträtmaler  Peters:  »Wer  bläst  denn  die  2.  Flöte 
droben?«  »Der  junge  Hansen!«  war  die  Antwort;  »Er  wird  mein  Tag  nicht 
Maler;  er  ist  geborener  Musiker!«  Nun  erwachte  des  Knaben  mehrseitige  Kunst- 
anlage; er  zeichnete  Davids  Romulus  mit  schwarzer  Kreide,  nebst  Luthers  Büste 
nach  Gips,  welche  der  Vater  seinem  Freunde  Professor  Eckersberg  in  Kopen- 
hagen vorlegte.  Dieser  ermunterte  den  alten  Schiffer  Hansen,  dass  er  den 
Sohn  zur  Hauptstadt  kommen  Hess,  welchen  Rath  der  gute  alte  Vater  ge- 
nehmigte, trotz  seiner  spärlichen  Geldmittel.  Professor  Eckersberg  nahm  sich 
väterlich  des  jungen  Hansen  an,  welcher  sich  innerlich  froh  und  glücklich  in 
dem  Hause  seines  Gönners  fühlte,  wo  in  der  Regel  wöchentlich  verschiedene 
Streichquartetts  ausgeführt  wurden.  Ohne  Lehi'er  studirte  der  junge  Hansen 
nun  die  verschiedenen  Streichinstrumente,  dass  er,  wenn  der  eine  oder  der 
andere  ausblieb,  die  mangelnde  Stimme  übernehmen  konnte.  Auf  dem  Ge- 
biete der  Malerkunst  arbeitete  er  sich  zur  Modellschule  in  seinem  18.  .Tahre 
empor.  Wenn  er  dem  Professor  Eckersberg  seine  Zeichnungen,  in  dem 
Antikensaale  vorlegte  und  dieser  dann  die  Zeichnungen  umkehrte,  waren  sie 
stets  mit  Noten  bemalt,  welchen  Schmuck  Eckersberg  jedoch  nie  übel  aufnahm, 
sondern  seinen  Discipel  bat,  ihm  es  auf  dem  Ciavier  vorzuspielen,  denn  der 
liebevolle  alte  Meister  liebte  und  übte  die  Musik  leidenschaftlich.  In  selber 
Zeit  erhielt  Hansen  von  dem  berühmten  Componisten  Fr.  Kuhlau  Einladung, 
zu  ihm  zu  kommen.  Dieser  ermunterte  den  vielversprechenden  Kunstjünger, 
meinte  aber  doch,  dass  es  zu  spät  wäre,  um  Musiker  zu  werden  und  rieth  des- 
halb, diese  Bahn  nicht  zu  betreten.  Diesels  aber  ging  M.  Hansen  sehr  zu 
Herzen;  wol  fasste  er  mit  erneuertem  Eifer  seine  akademischen  Studien  ein 
ganzes  Jahr  wieder  an,  aber  dann  vermochte  er  nicht  länger  seinem  Drange 
zu  widerstehen.      Er   ging   zum  Professor  C.  F.  E.  Weyse,    damals  Dänemarks 


Hanaeu.  145 

bedeutendster  Kirchencomponist  und  Orgelvirtuos,  diesem  verschiedene  seiner 
Compositioneu  vorlegend,  worauf  er  dessen  Schüler  wurde.  Nun  kam  neues 
Leben  in  den  Knaben.  Er  studirte  mit  Euer  die  Orgel,  das  erhabenste 
Instrument,  von  ganzem  Herzen.  Nach  drei  Jahren  wurde  das  Organistenamt 
beim  Eoskilder  Dom  vacant,  der  ältesten  und  schönsten  Kirche  in  Dänemark, 
welche  seit  vielen  Jahrhunderten  die  Grabstiltte  der  Könige  ist.  Diesem  Um- 
stände zufolge  ist  dieses  Organistenamt  das  best  situirte  im  Lande.  Aus  der 
Reihe  der  zahlreichen  Bewerber  wurde  Matthison  Hansen,  nach  Professor 
Weyses  kräftiger  Empfehlung,  als  der  künstlerisch  Berechtigtste,  gewählt  am 
31.  Januar  1832.  Da  war  der  junge  Mann  recht  in  seinem  Elemente.  Er 
verschrieb  die  Meisterwerke  für  die  Orgel,  Präludien,  Fugen  und  Toccaten  vom 
unsterblichen  Joh.  Seb.  Bach,  welche  damals  unbekannt  in  Dänemark  waren 
und  wurde  somit  der  Erste,  der  Bach  in  Dänemark  einführte  und  stets  auf 
seinen   Concertprogramraen  in   optima  forma  präsentirte. 

Bei  König  Frederiks  VI.  Beisetzung  im  Roskilder  Dom  1839,  welches  die 
erste  königliche  Grabbestattung  unter  Matthison  Hansen  Orgelfunction  war, 
wurde  Professor  Weyse,  eben  wie  zuvor  gebeten  zu  amtiren,  worauf  er  ant- 
wortete, dass  nun  ein  Mann  eingesetzt  wäre,  der  selbst  seinen  Platz  rühmlichst 
behaupten  könne.  Diese  Feierlichkeit  sollte  auch  ein  Glanzpunkt  für  des  jungen 
Künstlers  zukünftige  Bahn  werden,  indem  er  in  seiner  freien  Fantasie  den  alt- 
bekannt nordischen  Volksang:  »Dronning  Dagmar«  einflocht,  welcher  die  über- 
grosse Versammlung  so  begeisterte,  dass  wegen  dieses  Extemporale  auch  in 
nachfolgenden  Zeiten  Massen  von  Zureisenden  ankamen,  um  ihn  zu  hören. 
Alle  wollten  die  Fantasie  von  der  Feierlichkeit  hören,  welches  sich  indess  nicht 
thun  Hess,  und  desshalb  componirte  H.  eine  Fantasie  über  Dronning  Dagmar 
im  selbigen  Stile,  welche  dann  seine  Lieblingscomposition  und  die  beste  Gabe 
für  das  Volk  wurde,  das  mit  gewisser  Festigkeit  und  Liebe  die  dermalige 
eigenthümliche  Stimmung  bewahrte.  Es  dürfte  hier  gesagt  werden,  dass  M.  H.'s, 
sowol  sanfte,  erhebende,  sowie  seine  kräftige,  brausende  und  stürmisch  freie 
Fantasie  seine  eigenthümliche  Stärke  sind.  Darum  ziehen  seine  so  zahlreichen 
Musikfreunde  und  Bewunderer  in  grossen  Schaaren,  jeden  August-Monat,  wenn 
er  sein  jährliches  Concert  giebt,  zum  Roskilder  Dom,  welcher  Tag  in  einer 
langen  Reihe  von  Jahren  und  verhofFentlich  noch  lange  ein  Festtag  für  Viele 
sein  wird,  die  von  Kopenhagen  und  fernen  Städten  sich  in  Roskilde  versammeln, 
um  den  alten  Meister  auf  seiner  lieben  Orgel  zu  hören.  Nach  dem  Tode  des 
berühmten  Professor  Weyse  im  Jahre  1842,  wurde  H.  vom  König  Christian  VIII. 
übertragen,  mehrere  Kirchencantaten  für  Orchester  zu  componiren,  welche  in 
der  Schlosskirche  in  Kopenhagen  aufgeführt  wurden.  Zu  seinem  25jährigen  Jubi- 
läum, dem  31.  Januar  1857,  wurde  ihm  eine  schöne  gute  Stubenorgel  mit  zwei 
Claviaturen  und  Pedal  geschenkt,  die  auf  einer  Silberplatte  die  Inschrift  trägt: 
»An  den  treuen  Pfleger  der  Kirchenmusik  Haus  Matthison  Hansen,  von  den 
Freunden  seiner  Kunst.«  Gleichzeitig  wurde  er  von  König  Frederik  VII. 
zum  Ritter  des  Dannebrogs  ernannt,  den  30.  November  1869  vom  König 
Christian  IX.  zum  Professor  und  1872,  zu  seinem  40jährigen  Jubiläum, 
zum  Dannebrogsmann.  Bei  derselben  Gelegenheit  wurde  ihm  sein  vortreff- 
liches Portrait  geschenkt,  vorstellend,  wie  er  auf  seiner  Orgel  im  Dome  spielt 
(vom  Historien-  und  Portraitmaler  Aug.  Jerndorfi^.  Als  Kirchencomponist  und 
Orgelspieler  hat  M.  H.  ein  so  hohes  Ansehen  gewonnen,  welches  nur  höchst 
wenige  nordische  Künstler  theilen.  Im  Jahre  1861  gab  er  Concei'te  in  Nor- 
wegen. Sein  hochbegabter  ältester  Sohn,  Gottfried  Matthison  Hansen,  Com- 
positeur.  Orgelvirtuos,  Organist  und  Conservatorienlehrer,  begleitete  ihn  auf 
dieser  Reise  und  assistirte  ihm  schon  damals  in  seinen  Concerten.  zur  grossen 
Freude  für  den  Vater.  1862  gab  er  Concerte  in  Schweden,  Stockhohn,  Upsala 
und  1864  in  London,  woselbst  er  im  Westmünster  für  die  Prinzessin  von  Wales 
und  deren  Hofstaat  sich  hören  Hess,  so  wie  auch  im  Krystallpalast,  vor  einem 
zahlreichen  Publicum   auf  der  grossen  Händelorgel. 

Musikal.  CoDTers.-Lesikon.    Ergänzungsband.  10 


■^46  Hausen. 

In  seinem  70.  Jahre  wünschte  er  um  sich  zu  schonen,  einen  Gehülfen  bei 
den  doppelten  Kirchendiensten,  weshalb  er  seinen  jüngeren,  auch  hochbegabten 
Sohn  als  Compositeur,  Organist  in  Nyjöbing  auf  Talster  Waage  Matthison  Hansen 
einlud,  diese  Stelle  zu  übernehmen,  welches  sehr  erfreulich  für  Beide  in  Er- 
füllung ging.  Von  seinen  Compositionen,  welche  alle  der  Kirche  gewidmet 
sind,  seien  besonders  erwähnt:  »Schwerere  und  leichtere  Präludien  und  Post- 
ludien«  bei  Lose  &  Co.  (Borchorst)  und  bei  Hornemann  (Hagen) ;  »zwei  Kyrie 
eleison«;  »Geistliche  Gresänge  und  Romanzen«;  »Cyclus  von  Kirchencompositionen 
für  "Weihnachten,  Ostern  und  Pfingsten«;  der  130.  Psalm  und  »Vater  Unser«; 
»Ewalds  Schwanengesang«.  In  Leipzig  erschienen  bei  J.  Schuberth:  Introduction 
und  Variation  über  »Vom  Himmel  hoch«;  in  demselben  Verlag  in  Grottschalgs  Re- 
pertorium  für  Orgel:  Introduction  und  Variation  über:  Haydns  »Gott  erhalte 
Franz,  den  Kaiser«  und  Fantasie  über:  »Lobe  den  Herrn,  den  mächtigen  König«. 
Im  Manuscript  sind  vorhanden:  »sechs  Sinfonien«,  »sechs  Fantasien«,  Fantasie 
über  »Dronning  Dagmar«,  Variationen  über  »Goc?  save  the  Kiiiga,  nordisches 
Tonbild  (alle  für  die  Orgel);  ausserdem  ein  Oratorium  »Johannes«,  121.  150. 
und  100.  Psalm,  welche  zu  Ostern  in  Kopenhagen  aufgeführt  werden  (alles 
für  Orchester,  arrangirt  für  Orgel  oder  für  Ciavier). 

Hansen,  Gottfried  Matthison,  jun.,  ist  geboren  am  1.  November  1832 
in  Roskilde.  Er  zeigte  gleichfalls  früh  musikalische  Anlage,  insofern  er,  lange 
bevor  er  überhaupt  sprechen  konnte,  allerlei  Melodien  sang.  Als  der  Knabe 
später  grosse  Lust  am  Lernen  zeigte,  wurde  er  zum  Studiren  bestimmt  und 
besuchte  im  Jahre  1850  als  Student  die  Kopenhagener  Universität;  bestand 
1851  das  philosophische  Examen  und  studirte  einige  Jahre  die  Rechtswissen- 
schaft. Das  Musikleben  der  Hauptstadt  Dänemarks  und  das  Zusammensein  mit 
den  jungen  Künstlern,  bewirkte  endlich,  dass  der  junge  Student  eines  schönen 
Tags  alle  die  juristischen  Bücher  verkaufte,  und  sich  ganz  der  Musik  widmete. 
Er  wählte  die  Orgel  als  sein  Hauptinstrument  und  obgleich  er  keinen  Unter- 
richt auf  dem  Instrument  bekommen  konnte,  weil  das  Geld  fehlte,  konnte  er 
sich  doch  sehr  bald  in  öflPentlichen  Concerten  zeigen.  Als  Curiosum  kann  erwähnt 
werden,  dass  der  junge  Gr.  M.  H.,  damals  ein  sehr  massiger  Ciavierspieler,  doch 
als  erstes  Studium  Seb.  Bachs  G-moll  Fuge  und  A-moll  Concert  ganz  ohne 
Vorstudien  (namentlich  ohne  Pedalübungen)  einstudirt  und  kurz  nachher  öflfent- 
lich  mit  gutem  Erfolge  gespielt  hat.  Erst  im  Jahre  1859  wurde  der  junge 
Künstler  als  Organist  der  »deutschen  Friedrichskirche«  in  Kopenhagen  ange- 
stellt; im  Winter  1862 — 63  machte  er  mit  Hülfe  des  Ancker'schen  Componisten- 
Reisestipendium  eine  Reise  nach  Deutschland;  er  ging  direkt  nach  Leipzig,  wo 
er  ein  halbes  Jahr  mit  Hören  und  Studien  zugebracht  hat.  Im  Jahre  1865 
richtete  er  mit  E.  Grieg,  E.  Hornemann  und  dem  früh  verstorbenen  Componisten 
R.  Nordraak  das  Concertinstitut  Euterpe  ein,  um  in  Kopenhagen  moderne 
Musikwerke  aufzuführen;  dieses  Concertinstitut  existirte  nur  drei  Jahre.  Im 
Juli  1867  wurde  G.  M.  H.  als  Orgellehrer  bei  dem  Musikconservatorium  in 
Kopenhagen  angestellt,  und  1871  vertauschte  er  seine  Organistenstelle  mit  der 
bedeutenderen  Anstellung  als  Organist  der  St.  Johaniskirche.  In  den  Jahren 
1874 — 77  hat  er  wiederholt  Concertreisen  in  Dänemark  gemacht  (ca.  100  Con- 
certe),  und  auf  eigene  Kosten  später  Deutschland  jedes  Jahr  mit  seiner  musi- 
kalischen Frau  Helge  (geb.  Müller)  besucht.  In  dem  Verlage  von  Breitkopf 
und  Härtel  in  Leipzig  sind  folgende  Compositionen  G.  M.  H.'s  erschienen: 
Trio  für  Ciavier,  Violine  und  Violoncell,  op.  5;  drei  Charakterstücke,  op.  1; 
drei  Mazurkas,  op.  2,  für  Piano.  »Vom  nordischen  Mythenkönig  Frode  Fredegod«, 
op.  14  (Ballade  für  Piano);  Sonate  für  Piano  und  Violoncell,  op.  16;  Sonate 
für  Piano  und  Violine,  op.  11.  Ferner  werden  in  Gottschalgs  Orgelrepertorium 
zwei  Compositionen  für  Orgel  erscheinen:  die  eine,  Fantasie  in  D-moll,  op.  15, 
dem  Professor  K.  Riedel  gewidmet,  hat  der  Componist  bei  dem  Musikfeste  des 
allgemeinen  deutschen  Musikvereins  in  Hannover  im  Mai  1877  gespielt  und 
sich,    wie    die   Leipziger    und  Berliner   Mnsikzeitungen  anerkannten,    bei  dieser 


Hardt  —  Harmouielehre.  147 

Gelegenheit  als  ein  Meister  der  Orgel  bewährt;  namentlich  wurde  seine  Rc- 
gistriruugskunst  ganz  besonders  hervorgehoben.  Die  zweite  Orgelcoinposition: 
Concert-Tonstücke  für  Orgel,  op.  19,  hat  der  Componist  dem  Grossmeister 
Fr.   Liszt  gewidmet. 

Unrdt,  Hermann  vou  der  (IV,  521),  ist  zu  Melle  im  Osnabrückischen 
und  nicht  zu   Molle  in   Westphalen  geboren. 

Hariuouiolehre  (IV,  546).  Es  ist  zu  verwundern,  wie  schwer  ülierkoramene, 
durch  ein  langes  Alter  gewissermaassen  geheiligte  und  durch  die  Gewohnheit 
eingebürgerte  Gebräuche  abzuschaffen  sind,  wenn  auch  längst  keine  ihrer  ur- 
sprünglichen Voraussetzungen  mehr  vorhanden  ist,  und  wenn  sie  selbst  nicht  nur 
als  überflüssig,  sondern  sogar  als  gefährlich  sich  herausstellen.  Als  ein  solcher 
Brauch  ist  die  ganz  selbstständig  betriebene,  oder  auch  mit  dem  Cluvierunter- 
richt  verbundene  sogenannte  Harmonielehre  zu  bezeichnen.  Noch  bis  ins  vorige 
Jahrhundert  hinein  war  sie  als  sogenannte  Genoralbusslehre  allerdings  eine 
absolute  Nothwendigkeit,  und  der  Clavierspieler  konnte  sie  eben  so  wenig  ent- 
behren wie  der  Orgelspieler.  Es  ist  bekannt,  dass  seit  dem  Ende  des  16.  und 
Anfang  des  17.  Jahrhunderts  für  die  Organisten  in  dem  sogenannten  beziffer- 
ten Bass,  dem  »Generalbass«,  eine  eigene  Art  der  Aufzeichnung  der  Orgel- 
stimmen ausgebildet  wurde.  Die  neue  Weise  der  Musikpraxis  im  Vocalen  wie 
im  Instrumentalen  forderte  eine  andere  Betheiligung  der  Orgel  als  die  ältere. 
Die  Miuderstimmigkeit,  vor  allem  die  einstimmigen  Gesänge,  welche  während 
des  17.  Jahrhunderts  auch  in  der  Kirche  Eingang  fanden,  verlangten  nunmehr 
eine  selbstständigere  Begleitung;  die  besondere  AVeise  derselben  wurde  durch 
die  Richtung  bedingt,  welche  die  Gesangspraxis  nahm,  veranlasst  durch  die 
Instrumentalpraxis.  Diese  war  unablässig  darauf  bedacht,  durch  die  Natur  der 
Instrumente  dazu  gedrängt,  die  schwerfälligen  harmonischeu  Massen,  in  denen 
sich  bisher  die  Vocalmusik  vorwiegend  bewegt  hatte,  in  belebteres  Figurenwerk 
aufzulösen,  wie  es  der  Technik  und  dem  Charakter  der  meisten  Instrumente 
entspricht,  und  diesem  Zuge  folgte  bald  auch  bis  zu  einem  gewissen  Grade  der 
Gesang.  Dadurch  verlor  allerdings  zunächst  der  Gesang  und  natürlich  auch 
die  Instrumentalmusik  viel  von  der  Gewalt,  welche  die  harmonischen  Massen 
der  voll-  und  vielstimmigen  Vocalchöre  entschieden  entwickelten;  es  wurde  den 
Jüngern  Meistern  mit  dieser  neuen  Führung  ihrer  Stimmen  nicht  immer  leicht 
und  möglich,  harmonisch  leere  Stellen  zu  vermeiden,  und  deshalb  meist  zogen 
sie  die  Orgelbegleitung  hinzu  und  beschränkten  ihren  Antheil  von  vornherein 
auf  Wiedergabe  des  harmonischen  Gerüstes  der  accordischen  Grundlage,  auf 
welcher  das  Werk  sonst  aufgebaut  war.  Sie  konnten  so  ihre  Stimmen  und 
Instrumente  führen  unbekümmert  um  die  harmonische  Gesammtwirkung,  welche 
unter  allen  Umständen  durch  die  Orgelstimme  ersetzt  wurde.  Für  diese  war 
deshalb  auch  nicht  mehr  nöthig,  als  den  Bass  aufzuzeichnen,  und  die  Accorde, 
welche  über  ihm  aufgebaut  werden  sollten,  und  dies  geschah  durch  die  bekannte 
Beziff'erung.  So  entstand  die  sogenannte  Generalbassschrift,  mit  welcher  zu- 
nächst jeder  Organist  vertraut  sein  musste,  und  die  allerdings  eine  möglichst 
eingehende  Kenntniss  der  Harmonik  voraussetzte.  Selbstverständlich  wurde  sie 
dann  auch  auf  das  Ciavier  übertragen,  das  an  Stelle  der  Orgel  die  Begleitung 
übernahm,  und  die  ersten  Lieder  und  Gesänge  für  eine  oder  zwei  Stimmen  mit 
Begleitung  des  Claviers  von  Heinrich  Albert,  Andreas  Hammerschmidt  im 
17.  und  die  Lieder  im  18.  Jahrhundert  sind  nur  mit  einem  bezifferten  Bass 
versehen  und  diese  Weise  erhielt  sich  noch  bis  zum  Ende  des  Jahrhunderts, 
so  dass  es  für  jeden  Clavierspieler  absolut  nothwendig  war,  mit  dem  »General- 
bass« vertraut  zu  sein.  So  kam  es,  dass  allmählich  die  Unterweisung  in  der 
Theorie  die  Harmonie-  oder  Generalbasslehre  zum  Mittelpunkt  machte  und  dass 
die  anderen  Disciplinen,  Contrapunkt  oder  gar  die  Formenlehre  in  den  Hinter- 
grund  gedrängt  wurden. 

Die  Harmonielehre  gewann  eine  Bedeutung,  die  sie  niemals  haben  kann, 
und  so  ist  es  gekommen,  dass  überhaupt  die  Harmonik  in  der  modernen  Musik 

10* 


148  Harmonielehre. 

über  die  beiden  andern,  docb  mindestens  gleich  berechtigten  Mächte  der  musi- 
kalischen Darstellung,  über  Melodik  und  Ehythmik,  die  Herrschaft  gewann,  dass 
diese  beiden  immer  stiefmütterlicher  behandelt  werden  und  in  der  Gregenwart 
fast  verkümmern.  Es  ist  nicht  möglich,  den  weiteren  Verlauf  dieser  Richtung 
hier  zu  verfolgen,  nur  angedeutet  soll  noch  werden,  wie  verfehlt  es  ist,  mit 
dem  Ciavierunterricht  die  Harmonielehre  zu  verbinden ,  nachdem  das  General- 
bassspielen nur  noch  in  sehr  seltenen  Fällen,  bei  der  Ausführung  älterer  Werke 
verlangt  werden  dürfte.  Um  den  Clavierspieler  in  das  Kunstwerk  einzuführen, 
dazu  genügt  doch  die  Harmonielehre  ganz  und  gar  nicht.  Damit,  dass  man 
den  gesammten  harmonischen  Apparat  eines  Kunstwerks  in  den  einzelnen 
Accorden  erkennen  lernt,  hat  man  doch  noch  recht  wenig  von  diesem  selbst 
begriffen,  ganz  gewiss  nicht  mehr,  als  etwa  von  einem  Bilde,  wenn  man  den 
ganzen  Eeichthum  von  Farben,  den  es  verbraucht,  auf  einer  Palette  aufgetragen 
sieht.  Die  andern  Mittel  musikalischer  Darstellung,  Melodie  und  Bhythmus, 
sind  nicht  minder  bedeutsame  Factoren  des  musikalischen  Kunstwerks  und  sie 
verlangen  natürlich  die  ganz  gleiche  Berücksichtigung,  will  man  ein  Kunstwerk 
verstehen  lernen.  Aber  auch  diese  dürfen  dabei  ebensowenig  isolirt  betrachtet 
werden,  wie  die  Harmonik,  und  so  bleibt  als  diejenige  Disciplin,  welche  mit 
dem  Ciavier-  und  selbstverständlich  auch  mit  dem  Gesangunterricht  stets  ver- 
bunden sein  müsste,  nur  die  Lehre  von  den  Musikformen  übrig,  die  einzig 
und  allein  das  Verständniss  des  Kunstwerks  zu  erzielen  im  Stande  ist.  Für 
den  Gesangunterricht  gewinnt  die  Harmonik  insofern  praktische  Bedeutung, 
als  die  eingehendere  Kenntniss  derselben  das  Treffen  und  die  reine  Intonation 
gleichmässig  befördert  und  unterstützt.  Diese  Einführung  in  die  formelle  Ge- 
staltung des  Kunstwerks,  welche  im  Grunde  doch  nur  allein  fähig  macht,  dasselbe 
in  dem  Sinne  und  Geiste,  in  welchem  es  geschaffen  ist,  auszuführen,  lässt  sich 
aber  sehr  leicht  mit  dem  frühesten  Unterricht  im  Clavierspiel  wie  im  Gesänge 
verbinden.  Die  ersten  Fingerübungen  schon  geben  Gelegenheit,  die  Aufmerk- 
samkeit des  Schülers  auf  Symmetrie  und  rhythmisches  Ebenmaass  hinzulenken, 
ebenso  wie  auf  die  grössere  oder  geringere  Beziehung  der  Intervalle  zu  ein- 
ander. Die  ersten  Fünffingerübungen  schon  lassen  sich  interessanter  gestalten, 
indem  man  den  Schüler  darauf  aufmerksam  macht,  dass  die  Ordnung  der  fünf 
Töne  in   Gruppen  von  zwei  oder  vier 

12l34  4  54|32|12  oder  1234|5432|1234 
befriedigender  wirkt  als  jede  andere: 

12l345|43|21  oder  12345|5432   1. 

Dass  diese  letzt  verzeichneten  sogar  sehr  beunruhigend  wirken,  ebenso  wie  dass 

untermischte  Terzen  schon  mehr  interessiren  als  die  blosse  Folge  von  Secunden: 

13|24|35|42]]13|54|35|42||13|54l24l54|J 

35|31|45|42||T 
Noch  praktischere  Bedeutung  gewinnt  dann  diese  Unterweisung  natürlich,  wenn 
die  Lehre  von  dem  Werth  der  Noten  und  dem  Accent  hinzutritt,  was  doch 
auf  dieser  Stufe  schon  geschehen  muss.  Ist  dann  die  ganze  Tonleiter  gewonnen, 
darf  der  Lehrer  nicht  verfehlen,  dem  Schüler  die  Gliederung  derselben  klar  zu 
machen,  weil  ja  auf  sie  zumeist  die  Gliederung  des  ganzen  Kunstwerks  zurück- 
zuführen ist.  Unsere  diatonische  Tonleiter  ist  schon  ein  durchaus  streng  ge- 
gliedertes organisches  Ganzes;  es  ist  aus  fünf  Ganz-  und  zwei  Halbstufen  zu- 
sammengesetzt, und  die  Lage  der  Halbstufen  gliedert  die  Tonleiter  in  zwei 
ganz  gleiche  Hälften: 

_^     1 

c — d — e — f      g — a — h- — c 

Wenn  der  Schüler  später  die  chromatische  Tonleiter  gewonnen  hat,  wird  er  es 
noch  klarer  erkennen,  dass  es  diese  Anordnung  ist,  welche  die  diatonische  Ton- 
leiter   fähig    macht ,     Grundlage   fein    gegliederter,    organisch    sich  entwickelnder 


Harmonielehre.  149 

Kunstwerke  zu  seiu,  und  dass  das  abschliessende  der  lliilhtün  ist,  wodurch  diese 
Gliederung  vollzogen  wird.  Bei  der  chromatischen  Tonleiter  wird  dieser  zwischen 
jede  Stufe  verlegt  und  die  ganze  Tunleiter  dadurch  iu  lauter  kleinere  Glie- 
der getrennt: 

c — eis — d;  d— dis — e;  e— f;  f — fis — g  u.  s.   w. 

Deshalb  logen  wir,  obwol  wir  alle  chromatischen  Tone  verwenden,  doch 
nicht  sie,  sondern  die  diatonische  Tonleiter  unserra  Schaffen  zu  Grunde.  Der 
Schüler  lernt  so  als  die  Angelpunkte  ausser  (jrundton  und  Octave  noch  die 
Quinte  und  Quarte  erkennen,  und  es  ist  nicht  schwer,  ihm  diese  auch  als 
Angelpunkte  der  Tonart,  als  Tonica,  Dominant  und  Unterdominant  klar  zu 
machen.  Mit  der  Uebung  der  Doppelgriffe  muss  der  Schüler  dann  bereits  den 
Accurd  kennen  lernen  und  dann  muss  er  sehen,  wie  die  sämmtlichen  Töne  der 
Tonleiter  sich  wiederum  in  die  drei  Hauptaccorde,  die  auf  jenen  Angelpunkten 
errichtet  sind,  einordnen: 

c — d — e — f — g — a — h — c — d 

und  er  erkennt  leicht,  wie  sich  darnach  auch  die  betreflfenden  Gruppen  melo- 
disch zu  einander  verhalten;  dass  der  Unterdominant-  und  der  Dominantdrei- 
klang am  Weitesten  von  einander  abliegen  und  der  tonische,  der  Dreiklang  der 
Tonica,  zwischen  beiden  vermittelnd  steht: 


f — a — c — e — g — h— d 

und  dies  natürliche  Verhältniss  auch  die  Melodie  beeinflusst.  Wie  dann  diese 
Accorde  zunächst  formbildend  wirken,  lässt  sich  am  Leichtesten  am  Liede  und 
dem  Tanze,  vielleicht  dem  Walzer,  nachweisen.  Beim  Tanz  wird  es  auch 
leicht,  das  rhythmische  Gefüge  zu  zeigen,  nachzuweisen,  wie  durch  den  Accent 
nicht  nur  der  Takt  abgegrenzt,  sondern  wie  dadurch  auch  grössere  rhythmische 
Einheiten  gewonnen  werden.  Der  Walzer  besteht  bekanntlich  aus  sechs  Tanz- 
schritten, die  sich  auf  einer  Umdrehung  vollziehen.  Dem  entsprechend  besteht 
der  Walzerrhythmus  aus  zwei  dreitheiligen  (^/^  Takten),  die  das  rhythmische 
Motiv  bilden ;  zwei  werden  dann  zu  einem  viertaktigen  Vordersatz  verbunden, 
dem  ein  gleichmässig  construirter  Nachsatz  folgt.  Dies  rhythmische  Motiv 
harmonisch  darzustellen,  wird  durch  das  eigenthüraliche  Verhältniss  von  Domi- 
nant, Tonica  und  Unterdominant  ermöglicht,  so  dass  sich  folgendes  einfachste 
Schema  ergiebt: 


3/     I   I   I  I      I   '  I    I   I   I  I      I    I  i    M   I  I  J  J   I  I    M   I  i      I 

Tonica.        Dom.  T.  D.  T.         Uuter-  D.  T. 

dominant. 

Beim  Liede  wird  dann  nachzuweisen  sein,  dass  es  zunächst  gilt,  das  rhyth- 
mische Versgefüge  nachzubilden,  und  dass  jenes  Dominantverhältniss  der  Accorde 
zueinander  dazu  benutzt  wird,  um  die  einzelnen  Verszeilen  so  untereinander 
zu  verbinden ,  wie  sie  im  Reime  verbunden  sind.  Diese  einfachste  Weise  der 
Construction  wird  sich  dem  Schüler  schon  auf  den  untersten  Stufen  des  Unter- 
richts klar  machen  lassen  und  er  wird  auch  die  kleinern  Tonstücke  ganz  anders 
spielen,  wenn  er  so  in  den  Bau  derselben  eingeführt  worden  ist.  Nachdem 
er  die  andern  Tonleitern  und  Tonarten  dann  hat  kennen  gelernt,  wird  er  all- 
mählich auch  begreifen  lernen,  wie  man  mit  Hülfe  derselben  neue  Mittel  gewinnt, 
jenen  natürlichsten  ursprünglichen  harmonischen  Apparat  reicher  auszustatten, 
zunächst  durch  Aufnahme  der  Paralleltonarten  und  dann  durch  gelegentliche 
Einführung  fremder  Tonarten  nur  vorüberziehend  oder  auch  in  wirklichen  Modu- 
lationen. Die  Harmonik  tritt  hier  niemals  ihrer  selbst  willen  auf,  sondern 
immer  nur  zu  dem  Zweck,  der  Form  eine  individuelle  Ausgestaltung  zu  geben. 
Von  dieser  Grundlage  aus  sind  dann  die  grösseren  Formen  auch  leicht  iu  ihrer 


150  Harnisch. 

gesammten  Construction  zu  erkennen;  wie  aus  dem  Liede  das  Rondo  entwickelt 
wird,  aus  dorn  Menuett  das  Scherzo;  wie  das  Lied  ferner  die  Formen  der 
Variation  erzeugt,  und  diese  wieder  im  Adagio  eigenthümliche  Anwendung  fin- 
det, wie  in  dem  eigentlichen  Sonaten-  (dem  Allegro-)  Satz  hauptsächlich  der 
Gegensatz  von  Tonica  und  Dominant  zur  Erscheinung  kommt  und  dabei  zu- 
gleich die  verschiedenen  Formen  der  thematischen  Arbeit  ihre  Anwendung  finden 
u.  s.  w.,  das  ist  alles  von  hier  aus  ohne  besondere  Schwierigkeiten  zu  begreifen. 
Es  genügt  zunächst  immer  die  Hauptzüge  dieser  Formen  aufzusuchen,  um  dann 
das,  was  zu  ihrer  besonderen  individuellen  Ausschmückung  gehört,  zu  erkennen. 
Dass  eine  solche,  auf  die  Formen  gerichtete  Unterweisung  wirklich  fruchtbrin- 
gend für  den  Clavierspieler  oder  den  Sänger  werden  muss,  ist  leicht  einzusehen. 
Er  wird  dadurch  noch  nicht  befähigt,  die  betrefienden  Formen  nachzuahmen; 
das  ist  auch  nicht  Zweck  dieser  Unterweisung ,  aber  er  wird  sie  in  ganz 
anderer  "Weise  ausführen  lernen  und  das  ist  das  Hauptziel  alles  Unterrichts. 
Die  blosse  Harmonielehre  erscheint  unter  allen  Umständen  mindestens  zwecklos, 
wenn  nicht  geradezu  gefährlich,  in  dem  sie  leicht  die  Vorliebe  für  harmonische 
Klangwirkungen  erzeugt,  unter  deren  einseitiger  Pflege  unsere  gegenwärtige 
Musik  ganz  entschieden  krankt  und  siecht.  Ein  ähnlicher  Gang  muss  aber 
auch  bei  dem  Schüler  verfolgt  werden,  welcher  wirklich  schöpferisch  sein  will. 
Auch  dem  Compositionsschüler  gewährt  die  reine  Harmonielehre  durchaus  wenig 
Gewinn  und  ist  nur  zu  leicht  geeignet,  ihn  auf  Abwege  zu  bringen.  Leicht 
wird  er  verführt,  die  Harmonik,  welche  doch  gleichfalls  nur  Mittel  sein  soll, 
zum  Zweck  zu  machen,  wie  das  in  neuerer  Zeit  nur  zu  häufig  geschieht.  Mancher 
unserer  jüngeren  Componisten  hat  nur  moduliren  und  instrumentiren  gelernt; 
das  mag  eine  Zeitlang  vorhalten,  namentlich  in  einer  Zeit  ästhetischer  Begrifi's- 
verwirrung,  wie  die  unsere,  aber  doch  wol  nicht  auf  die  Dauer.  Auch  der  Com- 
positionsschüler sollte  kein  harmonisches  Gebilde,  keinen  Accord,  keine  Accord- 
verbindung  oder  harmonische  Wendung  kennen  lernen,  ohne  zugleich  ihre  Be- 
deutung für  die  Formbildung,  ihr  Verhältniss  zu  Melodie  und  Rhythmus,  klar 
und  sicher  zu  erfassen.  Die  Harmonielehre  dürfte  heutigen  Tages  kein  selbst- 
ständiges Object  des  Unterrichts  sein,  sondern  nur  mit  den  gleichberechtigten 
andern  Factoren  —  mit  Melodik  und  Rhythmik  —  gelehrt,  d.  h.  also  mit  der 
Formenlehre  verbunden  werden. 

Harnisch,  Otto  Siegfried  (V,  67).  Von  seinen  erhaltenen  Werken  sind 
zu  nennen:  1)  yiArtis  musicae  Delineatio ,  ex  optimis  artificihus,  methodo  i)aulo 
accuratiore  conscripfa,  et  ex  ipsis  artis  fundamentis  exstructa:  doctrinam  modorum 
in  ipso  coneentu  practico  accurate  demonstrans ;  brevis  itemque  introductio  pro  in- 
eipientihus  accommodata<t ,  Frankfurt  a.  M.,  1607,  4°.  2)  »Newe  kurtzweilige 
Teutsche  Liedtlein,  zu  dreyen  Stimmen,  welche  gantz  lieblich  zu  singen,  vnd 
auff  Instrumenten  zu  gebrauchen,  Auff  ein  sondere  arth  vnd  Manier  gesetzt«. 
Helmstädt,  Jacob  Lucius,  1587,  4**  (12  Lieder,  königl.  Bibl.  zu  München  und 
Berlin).  3)  »Newe  lustige  teutsche  Liedlein  zu  3  Stimmen«  u.  s.  w.  1.  u.  2.  Theils. 
Helmstädt,  1588,  4".  —  Dieselben,  neu  übersehen  und  mit  dem  3.  Theil  ge- 
mehrt. Helmstädt,  1591,  4°  (königl.  Bibl.  Berlin,  auch  Nürnberg  1604?  Ham- 
burg 1651?).  4)  Neue  auserlesene  teutsche  Lieder  zu  5  und  4  Stimmen.  Helm- 
städt, 1588,  4*^  (königl.  Bibl.  Berlin,  Stadtbibl.  Hamburg).  5)  y>Fasciculns  novus 
selectissimarum  cantionum  V,  VI  et  plurium  vocum  singulari  industHa  composi- 
tarumti,  Helmstädt,  1592,  4*^  (17  geistl.  Gesänge,  Univ.-Bibl.  Breslau,  Bibl.  in 
Cassel).  6)  Hortvlvs  Lieblicher,  lustiger  vnd  höflicher  Teutscher  Lieder,  mit 
4,  5  und  6,  sampt  einem  neuen  Echo  mit  8  Stimmen,  Von  neuen  componiert, 
vnnd  inn  Truck  gegeben.  Nürnberg,  Paulus  Kauff'mann,  1604,  4*^  (23  Lieder, 
TJniv.-Bibl.  zu  Göttingen).  7)  Rosetum  musicum  etlicher  lateinischer  und  Teut- 
scher lieblicher  Art  Balletten,  Villanellen,  Madrigalen,  Saltarellen  u.  s.  w.  mit 
3,  4,  5  vnnd  6  Stimmen.  Rostock  (Hamburg),  1617  (1619?),  4VBibl.  Berlin, 
Hamburg,  Liegnitz).  8)  Psalmodia  Nova  Simplex  et  Harmonica,  Schlecht  vnd 
Recht,  Newe  vierstimmige  Composito    etzlicher  fürnehmer  Psalmen  vnd  Lieder 


Harris  —  Hartinanii.  151 

u.  s.  w.  Goslar,  Job.  Vogt,  1621.  1°  (10  Lieder,  Üniv.-Bibl.  Göttingen,  — 
das  Göttinger  Exemplar  trügt  die  Namen.s-Eiuzeichnuiigen  der  damaligen  bez. 
spätem    Pädagogiarchen    Georg  Andreas  Fabricius    und   Justus  von  Dransfeld). 

9)  Passio  Dominica.  Die  History  von  dem  bitter  Leiden  vnnd  Sterben 
vnsers  Heylandes  vnd  Seligmachers  JEsu  CHristi,  Aus  dem  Evangelisten  Sanct 
Johanne,  nach  dem  alten  Kirchen  Choral,  mit  Personen  abgetheilet,  vnd  mit 
fünff   Stimmen    componiret.      Goslar,    Job.    Vogt,    1621,    4*'    (Bibl.    Göttingen). 

10)  Resurrcctio  Dominica.  Die  fröhliche  vnd  Trostreiche  History,  von  der 
Sieghafften  vnd  Triumphierenden  Aufferstehung  vnsers  HERRN  und  Heylandes 
JEsu  Christi:  Aus  den  vier  Evangelisten,  mit  lieblichrr  Harmoney,  zu  1.  2. 
3.  4.  vnd  5.  Stimmen  u.  s.  w.  (Ursprünglich  von  Scandelli  componirt  und  hier 
neu  bearbeitet).  Goslar,  Job.  Vogt,  1621,  4^  (Bibl.  Göttingen).  11)  riCantiones 
Gregorianae,  festo  scholastico,  quo  Juventus  Tkeojwlitana  (=  Gottingensis)  ad  pie- 
tatis  et  humanitatis  qfficinum  puhlico  et  solemni  ritu,  ^najorum  instituto  vere  pio 
invitari  et  adduci  consiievif,  destinataea.  Goslar,  Vogt,  1624,  4"  (Bil)l.  Göttin- 
gen, das  "Werk,  sechs  theils  lateinische,  theils  deutsche  Schulgesänge  enthaltend, 
trägt  keinen  Verfassernamen,  ^vi^d  indess  Harnisch  zugeschrieben). 

Harris,  Carl,  englischer  Instrumentenmacher,  der  sich  1800  in  London 
niedei'liess,  verfertigte  zahlreiche  Geigeniustrumeute,  die  er  aber  selten  mit  seinem 
Namen  bezeichnete,  da  er  sie  meistens  nicht  direct  verkaufte,  sondern  an  die 
Instrumentenhändler  abgab,  die  sie  mit  ihrem  Fabrikzeichen  versahen.  H.  copirte 
hauptsächlich  Amati  und  Stradivari,  und  sind  die  von  ihm  bekannten  Instru- 
mente in  England  noch  heut  sehr  geschätzt.  H.  bekleidete  neben  dieser  Thätig- 
keit  gleichzeitig  ein  Amt  bei  der  Steuer  in  London,  wo  er  durch  vielfachen 
Verkehr  mit  Kaufleuten  Gelegenheit  fand,  den  Export  seiner  Instrumente  so 
auszudehnen,  dass  er  sich  später  mit  dem  ebenfalls  tüchtigen  Lautenmacher 
Samuel  Gilkes  vereinigte. 

Hart,  Georg,  Sohn  des  englischen  Lautenmachers  John  Thomas  Hart, 
welcher  am  17.  December  1805  in  London  geboren  wurde  und  dort  auch  an- 
sässig war.  Dann  hielt  er  sich  längere  Zeit  in  Italien  auf  und  brachte  es 
durch  eifriges  Studium  der  italienischen  Instrumente  zu  einer  umfassenden 
Kenntniss  derselben.  Nach  London  zurückgekehrt,  benutzte  er  diese,  indem 
er  wertbvolle  Instrumente  kaufte  und  verkaufte,  wobei  er  ein  Vermögen  erwarb. 
Sein  Sohn  Georg  veröffentlichte  ein  ebenfalls  von  der  Kenntniss  seines  Gegen- 
standes zeugendes  interessantes  Buch:  y>The  Violin,  its  famous  makers  and  their 
imitatoresa.  London,  Dulau  1875,  in  8*^.  Dasselbe  ist  glänzend  ausgestattet 
und  mit  vielen  Abbildungen  versehen. 

Hnrtmann,  Job.  Ernst  (V,  74),  ist  am  24.  December  1726  in  Gross- 
Glogau  in   Schlesien  geboren  und  starb  am   21.  October   1793. 

Hartmann,  Emil,  Sohn  des  Job.  Peter  Emil  Hartmann  (V,  74),  ist  am 
21.  Februar  1836  in  Kopenhagen  geboren.  Auch  seine  Mutter  war  sehr  musik- 
begabt; sie  componirte  und  veröifentlichte  eine  Reihe  von,  zum  Theil  beliebten 
Romanzen,  unter  dem  angenommenen  Namen  Fr.  Palmer.  So  wurde  auch  der 
Sohn  frühzeitig  zu  Musikübungen  herangezogen.  Gründlichen  Untei-richt  genoss 
er  namentlich  von  seinem  Vater  und  von  N.  "W.  Gade,  der  mit  seiner  Schwester 
verheiratet  ist.  Anfangs  sollte  er  sich  wissenschaftlichen  Studien  widmen  und 
bezog  zu  diesem  Behufe  die  Universität,  aber  nach  dem  ersten  Examen  wählte 
er  die  Musik  zu  seinem  ausschliesslichen  Beruf.  In  seinem  19.  Jahre  schrieb 
er  die  Musik  zu  einem  Ballet:  »Fjeldstuen«,  später  ein  Singspiel  »Die  Nixe«, 
eine  grosse  Oper  »Elverpigen«  (das  Erlen-  oder  Elfenmädchen)  und  eine  komische 
Oper:  »Der  Korsikaner«,  welche  sämmtlich  im  königl.  Theater  aufgeführt  wurden. 
1860  erhielt  er  ein  Stipendium  zu  einer  Reise,  welche  ihn  auch  nach  Leipzig 
führte,  wo  er  einen  längern  Aufenthalt  nahm.  1861  wurde  er  Organist  einer 
Vorstadt kirche  und  1871  au  der  Christianburger  Schlosskirche.  Aus  Gesund- 
heitsrücksichten gab  er  indess  schon  1873  diese  Stelle  auf  und  lebt  seitdem 
auf  einem  Landgut  bei  Kopenhagen   mit  Landwirthschaft  beschäftigt,  vor  allem 


152  Hartmann  —  Hauff. 

aber  fleissig  componirend.  Namentlich  haben  seine  Instrnraentalcompositionen 
auch  in  Deutschland  Anerkennung  und  Freunde  gefunden,  es  sind:  ein  Violin- 
Concert,  Op.  19;  fünf  nordische  Volkstänze,  Op.  18;  Serenade,  Op.  24;  eine 
nordische  Meerfahrt;  Ouvertüre,  Op.  25 ;  Vioconcell-Concert,  Op.  27;  Sinfonie 
in  Es-dur,  Op.  29;  Ciavierwerke;  ein  Trio,  Op.  10  und  ausserdem  ein  Chor- 
werk: AVinter  und  Lenz,  Op.  13,  die  in  verschiedeneu  Städten  Deutschlands 
mit  Beifall  aufgeführt  wurden. 

Uartniaiin,  ein  durch  seine  hohe  wissenschaftliche  Bildung  ausgezeichneter 
Mönch,  ward  im  Jahre  920,  nach  Salomons  Tode,  Abt  von  St  Gallen.  Er  dich- 
tete und  componirte  mehrere  Gesänge,  die  nicht  nur  im  Kloster  und  in  der 
Umgegend  gesungen,  sondern  auch  von  den  Päpsten  für  den  allgemeinen  kirch- 
lichen  Gebrauch  sanctionirt  wurden.     Eine  seiner  Litaneien  sang  man  noch  im 

17.  Jahrhundert.  Zu  seinen  Tonwerken  gehört  auch  ein  Begräbnisslied  für  die 
Könige.  Sein  Hauptbestreben  war  darauf  gerichtet,  dass  das  Gregorianische 
Antiphonar  rein  gelehrt  und  die  Melodien  darnach  fest  gehalten  würden. 
Er  starb   924. 

Hasert,  Johann  (V,  78),  geboren  zu  Bercka  vor'm  Haynich  in  Thüringen. 

Haslinger,  Karl,  quondam  Tobias  (V,  83).  Das  Geschäft  ging  durch 
Kauf,  im  December  1875,  an  ßob.  Lienau,  Besitzer  der  Musikalienhandlung, 
Schlesinger  in  Berlin,  über. 

HassHng'er-Hassiug'en,  Johann  von  (pseudonym:  Johannes  Hager),  ist  am 
24.  Februar  1822  geboren  und  widmete  sich  dem  Staatsdienste,  in  welchem  er 
die  Stellung  eines  Hofraths  im  k.  k.  österreichischen  Ministerium  des  Aeussern 
gewann.  Dabei  aber  machte  er  auch  gründliche  Studien  in  der  Musik  unter 
Dr.  A.  J.  Becker,  Prof.  Fischhof,  J.  Hauser,  Mor.  Hauptmann  und  F.  Men- 
delssohn und  componirte  eine  Peihe  zum  Theil  bedeutender  Werke,  wie;  Quar- 
tetten, Trios,  ein  Sextett  für  Streichinstrumente,  ein  Violoncelloconcert,  eine 
Messe,  eine  Oper:  »Jolanthe«,  ein  Oratorium  »Johannes  der  Täufer«,  eine  Sin- 
fonie, Lieder,  Balladen  u.  s.  w. 

Hatten,  J.  L.  (V,  91),  ist  zu  Liverpool  1815,  nicht  1814.  geboren.  Er 
hat  nicht  nur  eine  Oper;  »Bruno  Pascal«,  sondern  deren  mehrere  geschrieben, 
»Acis  und  Galathea«  (theilweise  componirt,  London  1843);  »Queen  of  the  Thamesa; 
y>Bose  or  Love^s  Ransojna;  fünf  noch  unaufgeführte  Opern,  Ouvertüren,  Zwischen- 
aktsmusik zu  dem  Drama  Faust  und  Margaretha;  eine  Cantate  »Robin  Hood«, 
beim  Musikfest  in  Bradford  aufgeführt  und  eine  sehr  grosse  Anzahl  von  Kir- 
chenmusik und  Gesangstücken,  die  beliebt  sind.  1864  wurde  H.  Musikdirektor 
am  Princess-Theater  in  London. 

Hanbault,    Madame,    Virtuosin    auf    der    Bassviola,    liess    sich    Mitte    des 

18.  Jahrhunderts  in  dem  »Concert  spirituel«  in  Paris  mit  Beifall  hören.  Daquin 
(Siede  litterai7'e  de  Louis  XV)  rühmt  die  Feinheit,  Leichtigkeit  und  Sicherheit 
ihrer  Bogenführung  und  den  einschmeichelnden   Ton  ihres  Spiels. 

Hauff,  Wilhelm  Gottlieb  (V,  94),  starb  am  14.  Mai  1817  in  Nimegen, 
wo  er  Organist  der  grossen  Kirche  daselbst  war.      Sein  Bruder; 

Hauff,  Ferdinand,  gestorben  1812,  reiste  als  Orgelvirtuos  viele  Jahre  in 
Holland  und  Deutschland. 

Hauff,  Wilhelm  G.  F.,  Sohn  von  Wilhelm  Gottlieb  H.  (V,  94),  zu 
Nimegen  1793  geboren,  war  so  musikalisch  veranlagt,  dass  er  schon  im  zwölften 
Jahre  seinen  Vater  als  Organist  vertreten  konnte.  Er  erwarb  später  Ruf  als 
Organist  und  erhielt  1818  einen  Platz  als  solcher  an  der  Kirche  St.  Martin 
zu  Groningen,  wo  er  am  31.  October  1850  starb.  Seine  Schulgesänge  und 
Orgelcompositionen  sind  schwach.  Die  Zeitschrift  Cäcilia  widmete  ihm  1860: 
y>IIerinneringen  aan  het  orgelspel  en  het  onderwijs  van    W.  G.  ITau^«. 

Hauff,  Wilhelm,  Sohn  des  Vorigen,  ist  1833  in  Groningen  geboren,  war 
Schüler  seines  Vaters  und  S.  Meijer's.  1850  wurde  er  Organist  der  Hospital- 
kirche und  erhielt  1858  im  Concurse  mit  neun  Bewerbern,  an  der  reformirten 
Kirche  zu  Kampen    eine    gleiche  Stelle   und   1859   nach  Vander  Dussen's  Tode 


Hayes  —  Heinrich.  153 

die  des  Carillonneurs.  Er  hiit  die  beiden  Werke:  ^Theorie  du  contrepoint  et  de 
lafuguci  von  Cherii])ini  und  »Kunst  des  reinen  Satzes«  von  Kinilu-rger  übersetzt. 

Uayes,  Katharina,  geb.  Buschneil,  talentvolle  Sopransängerin,  geboren 
in  Irland  1825,  erhielt  ihre  musikalische  Ausbildung  zunächst  in  Dublin  von 
einem  italienischen  Gesanglehrer,  und  errang,  im  Besitze  einer  wahren  Silber- 
stimme, gleich  bei  ihrem  Auftreten  als  Concertsängerin  allgemeine  Erfoge. 
Nachdem  sie  jedoch  in  Dublin  Gelegenheit  gehabt  hatte,  die  berühmte 
Grisi  zu  hören,  entschloss  sie  sich,  eine  höhere  Stufe  der  gesanglichen  Aus- 
bildung noch  anzustreben  und  begab  sich  nach  Paris,  um  bei  Garcia  und  dann 
nach  Mailand,  um  bei  Ranconi  Unterricht  zu  nehmen.  Nach  einem  Debüt  in 
Marseille,  das  sehr  günstig  ausliel,  betrat  sie  die  Bühne  in  Wien,  ging  dann 
nach  Mailand,  Venedig  und  anderen  Städten  Italiens  und  kam  1849  nach  Lon- 
don, überall  die  grösste  Bewunderung  erregend.  Nach  einer  Reise  nach  Indien, 
Amerika,  Australien,  sogar  den  Sandwichs -Inseln,  kehrte  sie  nach  Europa 
zurück  und  verheiratete  sich  1857  in  London  mit  Buschneil.  Sie  starb,  bald 
nach  ihrem  Gatten,  zu  Sydenham  bei  London  am  11.  Aug.  1861.  Mendelsohn 
rechnete  diese  Sängerin  zu  den  bedeutendsten  Englands.  Ihr  dramatisches  Yer- 
ständniss  war  ebenfalls  bedeutend;  ihre  Hauptpartien  waren:  Lucia  Lammer- 
moor, Amine  in  der  Nachtwandlerin   u.  dergl. 

Heermann,  Johann,  geboren  1585  zu  Räuden,  seit  1612  Pastor  zu  Koeben 
in  Schlesien,  starb  am  17.  Februar  1647,  nachdem  er  seine  Pfarre  niedergelegt 
hatte,  in  Lissa.  Er  ist  als  geistlicher  Liederdichter  bekannt  und  soll  auch  die 
Melodien  zu  seinen,  in  der  protestantischen  Kirche  noch  heut  gern  gesungenen 
Liedern:  »Herzliebster  Jesu,  was  hast  du  verbrochen«;  »0  Gott,  du  frommer 
Gott«  und  »Zion  klagt  mit  Angst  und  Schmerzen«,  erfunden  haben.  Allge- 
meiner wurden  auch  andere  seiner  Lieder  bekannt,  wie:  »So  wahr'  ich  lebe, 
sjjricht  dein  Gott«;  »Jesu  deine  tiefen  Wunden«;  »Treuer  AVächter  Israel«.  Die 
meisten  seiner  Lieder  befinden  sich  in  seinem  Werke:  »Z)e  voti  Miisica  Cordisa 
oder  »Haus-  und  Herzensmusik«,  1630.  Jacob  Hintze  componirte  in  seiner: 
»Praxis  piet.  mel.«,  1690,  zu  den  Evangelienliedern  Heermann's  die  Melodien 
und  Tonsätze. 

Heije,  Job.  Peter,  Dr.  der  Medicin  zu  Amsterdam,  wo  er  am  1.  März 
1809  geboren  wurde  und  am  24.  Februar  1876  verstarb,  hat  sich  in  der  Dicht- 
und  Tonkunst  in  den  Niederlanden  bekannt  und  auch  verdient  gemacht.  Er 
rief  die  weltberühmte  Gesellschaft  »Maatschaj^py,  tot  Bevordering  der  Toon- 
kunst«  in  den  Niederlanden  ins  Leben,  auch  verdankt  man  ihm  die  metrische 
Uebersetzung  fast  aller  bedeutenden  Oratorien,  die  in  den  Niederlanden  zur 
AuflFührung  gebracht  wurden  (und  man  weiss,  dass  nur  wenige  dort  unbekannt 
bleiben).  Als  Dichter  von  Kinderliedern  war  er  ursprünglich  und  mit  ent- 
schiedenem Glück  wirksam  und  hat  auch  andere  Gedichte  in  seiner  Mutter- 
sprache geliefert,  die  von  Verhulst  und  anderen  niederländischen  Tonsetzern 
gern   componirt  wurden. 

Heinefetter,  Kathinka  (V,  175),  starb  in  Freiburg  im  Breisgau  am 
20.  December   1858   an  einer  Hei'zkrankheit. 

Heinemann,  Joannes,  betrieb,  obgleich  blind,  in  Antwerpen  den  Cla vier- 
bau. Eines  seiner  Instrumente,  mit  seinem  Namen  und  der  Jahreszahl  1793 
gezeichnet,  ist  daselbst  noch   vorhanden. 

Heinrich,  Mönch  eines  süddeutschen  Klosters,  ist  der  Schöpfer  einer  Sequenz 
auf  die  Jungfrau  Maria,  welche  als  ein  Meisterstück  ihrer  (üittung  erscheint, 
die  über  500  Jahre  in  den  katholischen  Kirchen  gesungen  wurde  und  von  welcher 
ein  kunstverständiger  Mann  wie  Glarean  (Dodecachordon  1547  p.  176)  meint: 
sie  besitze  mehr  musikalischen  AVerth  als  600  Lasten  von  Compositionen  anderer 
Meister.  Nach  Schubiger  war  Godeschalk  ((jottschalk)  der  Componist  mehrerer 
Sequenzen,  ein  Schüler  von  H.  Godeschalk  gegen  1015  geboren,  ein  Sohn 
des  Wendenfürsten  Pribigueo  Udo,  lebte  als  .Jüngling  in  dem  Michaelerkloster 
zu   Lüneburg    und    wurde    dort    von    dem    Abt   A'ppo    erzogen,    der  am   7.  Juli 


154  Heins  —   Hcnfling. 

1066  zusammen  mit  Gottschalk  in  einem  heidnischen  Aufstande  ermordet  wurde. 
Darnach  könnte  man  annehmen,  auch  H.  habe  in  dem  Lüneburger  Kloster  gelebt. 

Heins,  Johann,  wird  von  Van  der  Straeten  als  Organist  und  Carillonneur 
der  Martinskirche  in  Ypern  erwähnt.  Es  erscheint  als  ein  Beweis  seiner  Tüch- 
tigkeit, dass  man  ihn  im  Jahre  1586  nach  Lille  und  Tournai  zur  Begutachtung 
und  Prüfung  neuer  Carillons  sandte.  16U5  folgte  ihm  in  Amt  Jean  Schoryn 
(oder  Schorie),  der  als  Componist  geistlicher  Musik  nicht  unbekannt  blieb. 

Heinze,  Gustav  (V,  181),  der  frühere  Musikalienverleger  starb,  nachdem 
er  den  Pianofortehandel  angefangen  hatte,  auf  einer  Reise  nach  Australien  1878. 

Heise,  Peter  Arnold,  ist  am  11.  Februar  1830  in  Kopenhagen  geboren, 
studirte  anfangs  auf  der  Universität  in  Kopenhagen,  unterzog  sich  aber  dann 
mit  allem  Ernst  dem  Studium  der  Musik;  seine  Lehrer  waren  Anfangs  A.P.  Berg- 
green  und  später  N.  W.  Gade  und  M,  Hauptmann.  Von  1857 — 65  war  er 
Musiklehrer  an  der  Akademie  in  Sorö  (auf  Seeland),  gab  dann  diese  Stelle  auf 
und  ging  nach  Kopenhagen  zurück.  Seine  charaktervollen  Lieder  namentlich  sind 
in  Dänemark  sehr  geschätzt.  In  Sorö  schrieb  er  eine  Sinfonie,  eine  Concert- 
Ouverture  und  eine  Oper:  y>Paschaens  Datier»,  (die  Tochter  des  Pascha),  ferner 
die  Cantaten:  y>EfteraaTsstormene<.<.  (die  Herbststürme),  für  Solo,  Chor  und 
Orchester  und  y^BerglloU,  für  Altsolo  und  Orchester.  In  Kopenhagen  com- 
ponirte  er  eine  Cantate  für  Männerstimmen:  »Die  Schlacht  bei  Wolmer«;  ferner 
die  Musik  zu  einigen  dänischen  Tragödien  und  die  Oper:  y>Drot  og  Marska 
(der  König  und  sein  Reichsfeldherr) ,  welche  während  der  Saison  mit  ausser- 
ordentlichem Erfolg  im  Hoftheater  znr  Aufführung  gelangte. 

Hellendaal,  Peter,  niederländischer  Violinvirtuos,  geboren  zu  Rotterdam; 
ging  gegen  1740  nach  Padua,  um  dort  die,  von  Tartini  gegründete  und  gelei- 
tete Violinschule  zu  besuchen.  Nach  seiner  Rückkehr  liess  er  sich  in  Amster- 
dam nieder.  Er  veröffentlichte  zwei  Hefte  Violinsonaten  y>A  violino  solo  e  hasso 
dedicataa  etc.,  Op.  1  (enthaltend  sechs  Sonaten  von  ziemlicher  Schwierigkeit); 
»  VI  Sonate  per  violino  solo<i. 

Hellmont,  Adrien  Joseph  van  (V,  192),  starb  am  14.  August,  nicht 
April  1747. 

Hellmont,  Carl  Joseph  ran,  Vater  von  Adrien  H.,  wurde  in  Brüssel 
am  19.  März  1715  geboren  und  starb  in  derselben  Stadt  am  8.  Juni  1790.  Er 
wurde  1737  Organist,  später  Kapellmeister  der  Kirche  St.  Gudula  zu  Brüssel. 
Man  kennt  von  ihm  ein  vierstimmiges  y>Lauda  Sion»,  —  eine  Friedenscantate 
y)Le  Betotir  desirev.  —  eine  Suite  von  Ciavierstücken  und  endlich  mehrere  Com- 
positionen  in  einer  Sammlung  verschiedener  Autoren:  y>Preludes  et  versets  dans 
tous  les  tonso.  (im  Manuscript).  Angeführt  von  Van  der  Straeten:  y>Musique 
aux  Fays-Basfi. 

Helm,  Theodor  Oscar,  geboren  am  9.  April  1843  in  "Wien  als  der  Sohn 
des  Professors  der  Universität  Dr.  med.  Julius  Helm,  studirte  die  Rechtswissen- 
schaft und  trat  als  Dr.  jur.  in  den  österreichischen  Staatsdienst.  Seine  Liebe 
zur  Musik  veranlasste  ihn  daneben  zu  energischen  Studien  auf  dem  Gebiet 
dieser  Kunst  und  liess  ihn  dann  seit  dem  Jahre  1867  eine  ausgebreitete  kritische 
Thätigkeit  entwickeln.  Seit  1874  ist  er  am  Horak'schen  Musikinstitut  als 
Professor  der  Aesthetik  thätig  und  seit  1876  giebt  er  den  Notizkalender  für 
die  musikalische  Welt  heraus. 

Hemelsoet,  Louis,  belgischer  Tonkünstler,  geboren  zu  Gent  am  20.  Juli 
1836,  war  anfangs  Schüler  seines  Vaters,  Gesanglehrer  an  der  Jacobskirche 
daselbst,  und  besuchte  dann  das  Conservatorium  zu  Gent.  Er  veröffentlichte 
Ciavierstücke,  Romanzen,  Lieder  und  die  Oper:  y>De  Boeren-Kermis«-,  in  flämi- 
scher Sprache,  welche   1861   in   Gent  aufgeführt  wurde. 

Heufliug,  Konrad  (V,  194).  Dessen  Schrift:  nSpecimen  de  novo  systemata 
musicoa  erschien  in  den  y>M.iscellanea  Berolinensibus  ad  in  crementum  scientiarum 
etc.o.  vom  Jahre  1710.  Berlin,  Haude  und  Spenef.  Sie  empfiehlt  zuerst  die 
chromatische  Claviatur. 


Henskcns  —  Hermann.  155 

Uenskens,  Johann  Emanuel,  Organist,  geboren  zu  Vertryck  in  Braliant 
gegen  1820,  übernahm  das  Organistenamt  an  der  Jacobskirebe  zu  Antwerpen. 
Im  Interesse  der  Organisten  besorgte  er  die  Herauegiibc  eines  n.Iotirnal  d'orgue 
ou  Manuel  de  VonjanUiea^  welches  Orgelstüoke  der  besten  Mtister  aller  Zeiten 
und  Länder  brachte.  Er  unterhielt  dies  Journal,  welches  manchen  Nutzen  stif- 
tete, sieben  Jahre  hindurch.  H.,  der  auch  zahlrtiche  religiöse  Compositionen 
veröfientlichte,  starb  am   25.  März   1859. 

Hepp,  Sixtus  (V,  202).  Von  175G  bis  Ende  1770  war  er  Organist  an 
der  St.  Thomaskirche  in  Strassburg  und  vom  22.  Deceraber  1772  al)  bis  zu 
seinem,  am  9.  April  1806  erfolgten  Tode,  an  der  Neuen  Kirche.  Er  verbesserte 
die  jetzt  noch  in  Strassburg  gangbaren  Choralmelodien ,  und  componirte  viele 
Ciavierstücke;  zwei  Sonaten  sind  in  Strassburg  im  Druck  erschienen.  Sein 
ältester  Sohn: 

Uepp,  Joh.  Heinrich,  geboren  am  10.  December  1776,  ebenfalls  ein 
tüchtiger  Orgelspieler,  war  seit  1804  Organist  an  der  Thomaskirche,  übernahm 
aber  den  13.  April  1806  nach  dem  Tode  seines  Vaters  dessen  Organistenstelle 
an  der  Neuen   Kirche.     Sein  jüngerer  Bruder: 

Hepp,  Sixtus  Carl,  war  gleichfalls  Organist  und  gegen  Ende  des  vorigen 
Jahrhunderts  an  der  Kirche  zum  jungen   St.  Peter  angestellt. 

Herbeck,  Johann  (V,  204),  starb  am  28.  October   1877. 

Hermann  (eigentlich  Hermann  Cohen),  ist  zu  Hamburg  am  10.  November 
1821  als  Sohn  jüdischer  Eltern  geboren.  Sein  Vater,  ein  reicher  Bankier,  liess  ihm 
eine  vortreffliche  Erziehung  geben,  und  sorgte  auch  dass  er  frühzeitig  im  Clavier- 
spiel,  für  welches  der  sechsjährige  Knabe  ebenso  viel  Lust  als  Talent  zeigte,  unter- 
richtet wurde.  Zwölf  Jahr  alt,  als  eben  die  Vermögensverhältnisse  des  Vaters 
erschüttert  wurden,  waren  die  Leistungen  des  Knaben  schon  bemerkenswerth 
und  er  konnte  es  wagen,  in  seiner  Vaterstadt  sein  erstes  Concert  zu  geben. 
Nachdem  er  sich  auch  in  einigen  anderen  Städten  öffentlich  versucht  hatte, 
reiste  seine  Mutter  mit  ihm,  ungefähr  im  Jahre  1834,  nach  Paris,  wo  er,  durch 
Empfehlungsbriefe  in  die  höheren  Gresellschaftskreise  eingeführt,  durch  sein 
Talent  Aufsehen  erregte,  und  von  Liszt,  der  sich  auf  der  Höhe  seiner  Er- 
folge befand,  alsbald  zum  Schüler  angenommen  wurde.  Derselbe  nahm  ihn  sogar 
mit  nach  Genf,  wo  er  eben  eine  Musikschule  organisirte  und  übergab  ihm  an 
derselben  eine  der  Clavierclassen.  Nach  einem  Jahre  der  Lehrthätigkeit  ver- 
liess  H.  Genf,  kehrte  zunächst  nach  Paris  zurück,  und  unternahm  dann 
eine  Kunstreise  durch  die  Schweiz,  England,  Deutschland  und  Italien,  auf  welcher 
er  sich  mit  Erfolg  als  Pianist  hören  liess.  In  Verona  brachte  er  eine  Oper 
zur  Aufführung,  worauf  er  abermals  Paris  besuchte,  und  sich  dort  auch  mit 
dem  früheren  Erfolge  hören  liess.  L^m  diese  Zeit  jedoch  vollzog  sich  eine 
innere  Wandlung  mit  ihm,  oder  trat  vielleicht  erst  jetzt  hervor,  er  fasste  eine 
leidenschaftliche  Hinneigung  zur  christlichen  Religion,  die  er  sehr  bald  be- 
thätigte.  Im  August  1847  wurde  er  zu  Paris  durch  die  Taufe  in  die  katho- 
lische Kirche  aufgenommen,  worauf  er  Theologie  studii'te  und  im  April  1851 
zu  Agen  zum  Priester  geweiht  wurde.  Nicht  lange  darauf  entschloss  er  sich 
auch  die  Gelübde  abzulegen  und  trat  unter  dem  Namen  Pere  August  in  Marie 
du  Tres-Saint-Sacrement  in  den  Orden  der  Barfüsser.  Die  nachdem  veröffent- 
lichten Compositionen  dieses  Tonkünstlers,  der  ein  eifriger  feuriger  Priester  ge- 
worden ist,  sind  selbstverständlich  der  Kirche  geweiht.  Es  gehören  hierzu 
einige  Sammlungen  Kirchengesänge:  nGloire  ä  Marieat ;  y>Amour  ä  Jesu  Christ^: 
y>Fleu7's  du  Carmeh;  r>Le  Com-onnement  de  la  Madonne^n.  Auf  einer  priesterlichen 
Wandertour  führte  er  in  Bordeaux  eine  grosse  Messe  auf.  In  Bezug  auf  seinen 
L^ebertritt  zum  Christcnthum  erschien  ein  Schriftchen:  i>Conversion  du  pianiste 
Hermann,  carme  decJiausse ,  par  J.  B.  GergeresK,  Paris,  A.  Bray,  3.  Edition, 
1856,   in    8. 

Herniano,  Matthias,  kam  als  Jüngling  um  1525  nach  Italien  und  war 
wol    bei    der  Schlacht   vor  Pavia,    wenn    auch    nicht  als  Theilnehmer,   doch  als 


15G  Herrmauu  —  Hernaudo. 

Zuschauer  zugegen.  Mindestens  seit  1538  ist  er  dann  in  Mailand  als  Kapell- 
meister thätig  und  blieb  in  dieser  Stellung  bis  1555.  Jedenfalls  ist  er  nicht 
mit  Mattheus  le  Maistie  identisch  und  nicht  dieser,  sondern  Hermann  Matthias 
componirte  das  Tonstück:  y>BaUaglia  Talianav,  das  1549  in  einer  Separataus- 
gabe eischien,  nachdem  es  bereits  1544  in  einer  Sammlung  deutscher  Gesänge 
unter  dem  Titel:  Schlacht  vor  Pavia  veröffentlicht  war.  Seine  kirchlichen 
"Werke  namentlich  zeigen,  dass  er  ein  Meister  ersten  Ranges  war.  (Vergl.  die 
bibliogr.  kritische  Studie  von  Fr.  X.  Haberl,  Monatshefte  für  Musikgesch.  1871, 
Nr.  2,  1872  Nr.  1,  1875  Nr.  7,  dort  ist  auch  ein  Tonsatz  von  ihm  aus:  »Tesauri 
Musieiv.  von   1564  mitgetheilt.) 

Herrmauu,  Grottfried  (V,  214).  Bei  Gelegenheit  seines  25jährigen  Jubi- 
läums, bei  welchem  er  noch  einmal  als  Componist  mit  zwei  grösseren  Werken 
auftrat,  der  Motette:  »Heilig«  und  der  »Kaiser  Wilhelm  Hymne«,  fand  die 
Dankbarkeit  des  Lübecker  Publicums  den  lebhaftesten  Ausdruck.  Nicht  minder 
aufrichtig  war  die   Trauer  über  seinen  am  6.  Juni   1878  erfolgten  Tod. 

Herrmauu,  Gottlieb,  tüchtiger  deutsch-amerikanischer  Componist,  geboren 
in  Württemberg  um  1840,  wirkt  seit  einer  Reihe  von  Jahren  als  Organist 
und  Dirigent  mehrerer  Gesangvereine  in  Detroit,  Michigan,  Vereinigte  Staaten 
von  Noi'damerika.  Eine  anspruchslose  Natur,  widmete  er  neben  getreuer  Er- 
füllung seiner  Berufspflichten  seine  Mussestunden  fast  ausschliesslich  der  musi- 
kalischen Composition.  Die  meisten  seiner  gediegenen  Arbeiten  sind  bis  jetzt 
leider  Manuscript.  H.  componirte  Orgelstücke,  Männerchöre,  gemischte  und 
Frauenchöre ,  sowie  Lieder  für  eine  Singstimme  mit  Pianofortebegleitung,  von 
denen  besonders  das  Lied  »Verlassen«,  eine  wahre  Perle  ist.  Ausserdem  sind 
in  engerem  Kreise  von  ihm  bekannt:  eine  Sonate  in  Cdur  und  eine  andere 
in  Cmoll,  welch  Letztere  durch  die  Macht  des  Ausdrucks  an  die  Pathetique 
von  Beethoven  erinnert.  Seine  gediegensten  Werke  sind  jedoch  Motetten  in 
polyphoner  Schreibart,  ein  Fi*auenchor  »Schifferlied«  mit  kleinem  Orchester, 
zwei  Ouvertüren  und  das  gewaltige  Tongemälde  »die  Zerstörung  Jerusalems  in 
fünf  Tonbildern  für  grosses  Orchester«,  welch'  letzteres  Werk  in  einem  Concert 
vom  28.  April  1879  einen  Erfolg  erzielte,  um  welchen  H.  von  manchen  berühm- 
ten Meister  beneidet  werden  dürfte. 

Heruaudez,  Pablo,  spanischer  Componist,  geboren  zu  Saragossa  am  25.  Jan. 
1834.  Als  Chorknabe  erhielt  er  den  Unterricht  des  Organisten  und  Kapell- 
meisters Valentin  Meton  und  des  Violinisten  J.  Rabanais;  im  Alter  von  14  Jah- 
ren übernahm  er  bereits  die  Orgauistenstelle  an  einer  Pfarrkirche  seiner  Vater- 
stadt. 1846  begab  er  sich  nach  Madrid,  um  das  dortige  Conservatorium  zu 
besuchen,  und  wurde  daselbst  ein  Schüler  des  Hilarion  Eslava.  Er  erhielt  1861 
den  ersten  Preis,  und  dann  als  Sieger  in  einem  Concurse,  die  Organistenstelle 
an  der  königlichen  Basilika.  Später  wurde  er  auch  Lehrer  am  Conservatorium. 
H.  veröffentlichte  eine  Orgelschule;  ferner  eine  Messe  für  drei  Stimmen  mit 
Orchester;  ein  Miserere  für  drei  Stimmen  mit  Orchester;  Te  Deum  mit  Orgel- 
begleitung; Messe  mit  Orgelbegleitung;  Stabat  mater;  Lamentationen;  0  salu- 
taris  hostia,  Motetten  u.  a.  Eine  Sinfonie  und  Ouvertüre  blieben  ungedruckt. 
In   Madrid  wurden   auch  einige  einaktige  Zarzuela's   von  ihm  aufgeführt. 

Heruaudo,  Rafael  Jose  Maria,  dramatischer  Componist  Spaniens,  geboren 
zu  Madrid  am  31.  Mai  1822,  betrat  nach  einer  guten  Vorbildung  1837  das 
Conservatorium  seiner  Vaterstadt,  um  in  den  verschiedenen  Zweigen  der  Musik 
Unterricht  zu  nehmen.  1843  ging  er  nach  Paris,  um  auch  auf  dem  berühm- 
ten Conservatorium  dieser  Stadt  seine  Kenntnisse  noch  zu  erweitern.  Er  lieferte 
hier  die  ersten  grösseren  Compositionen:  ein  Stabat  mater,  aufgeführt  in  einem 
Concert  der  »Societe  St.-Cecile«,  ferner  eine  vieraktige  italienische  Oper,  die 
zur  Aufführung  zu  bringen,  ihm  während  seines  mehrjährigen  Aufenthaltes  in 
Paris  aber  nicht  gelang.  H.  kehrte  nun  nach  Madrid  zurück,  wo  er  bald  den 
vollen  Antheil  seiner  Landsleute  an  seinen  Compositionen  zu  erwecken  wusste. 
Zuerst  durch  die   1849    aufgeführte    komische  Oper  nFalo  de  eie^oy>,   und   mehr 


Herpol  —  Herzberg.  157 

noch  durch  eine  zweite  derartif^e  Oper  (Zarzuela)  vColeyiales  y  Soldades«,  in 
der  man  Anfange  einer  nationalen  Musik  wahrzunehmen  meinte.  In  Folge 
dessen  bildete  sich  ein  Verein,  speciell  um  dies  Genre  der  komischen  spanischen 
Oper  zu  fördern,  indem  zu  seiner  Pflege  ein  bestimmtes  Theater  ausschliesslich  ge- 
wonnen werden  sollte.  H.  wurde  zum  Direktor  und  Compositeur  dieses  Theaters 
gewählt  mit  der  Verpflichtung,  vierzehn  Akte  jährlich  zu  schreiben.  Gleich 
das  erste  von  ihm  für  diesen  Zweck  componirte  Stück  »el  Duendea ,  erlebte 
120  Vorstellungen,  und  nicht  minder  günstig  wurde  die  nächste  »Zarzuela«  in 
zwei  Akten  -nBerioldo  y  Coynpar.taa  aufgenommen.  Im  Jahre  1851  wurde  H. 
auch  Vorsitzender  einer  Gesellschaft  zur  Pflege  der  lyrisch  spanischen  Oper, 
welchen  Platz  er  gleich  dem  anderen  mit  Intelligenz  und  Erfolg  ausfüllte.  Er 
schrieb  noch  folgende  Zarzuela's  »-E/  novio  Pasado  por  agnaa^  in  3  Akten;  nCosas 
de  Juan«,  in  3  Akten;  nEl  Tambor«,  1  Akt;  ferner  zwei  nicht  zur  Aufführung 
gekommene,  und  zwei  in  Gemeinschaft  componirte  komische  Opern.  Ausser  diesen 
dramatischen  Werken  schrieb  er  mehrere  Hymnen,  eine  symphonische  religiöse 
Fantasie,  einen  Triumph-Chor  und  Marsch  u.  a.,  eine  Votivmesse,  aufgeführt  1867 
am  Cäcilienfeste  in  der  Kirche  zu  Madrid.  1852  wurde  H.  zum  Secretär  des 
Conservatoriums  ernannt,  doch  gab  er  diesen  Posten  später  wieder  auf,  um  sich 
seinen  übrigen  künstlerischen  Pflichten  ganz  hingeben  zu  können.  Er  war  auch 
als  Professor  der  Comi^osition  am  Conservatorium  Ihätig,  als  welcher  er  sich 
um  eine  verbesserte  Organisation  dieses  Unterrichtszweiges,  nach  dem  Vorbilde 
der  Musikschule  von  Eslava,  verdient  machte.  Auf  vielfältige  Weise  im  Dienste 
der  Kunst  thätig,  begründete  H.  auch  einen  Verein  zur  gegenseitigen  Unter- 
stützung der  Musiker,  und  brachte  denselben  durch  eine  fürsorgliche  Leitung 
zur  gedeihlichen  Entfaltung. 

Herpol,  Homer  (V,  214),  identisch  mit  Hespel  Homer  (V,  222),  lebte  in 
Freiburg  in  der  Schweiz,  nicht  im  Breisgau. 

Herve  (V,  219),  der  unter  diesem  Namen  bekfinnte  Künstler  heisst  eigentlich 
Florimond  Eonger,  und  ist  geboren  am  30.  Juni  1825  zu  Houdain  bei  Arras.  Er 
wurde  in  der  Kirchengesangschule  musikalisch  erzogen  und  fungirte  nachdem  an 
mehreren  Kirchen  als  Organist.  1851,  nachdem  er  bereits  einige  Operetten  auf- 
geführt, wurde  er  Kapellmeister  des  Theaters  »Palais  Royal«.  Ungefähr  1855 
wandelte  er  das  »Cafe  concert«,  genannt  Folies-Mayer,  zu  einem  Theater  um, 
in  welchem  er  einen  Theil  seiner  zahllosen  Operetten  und  Operettchen,  zu  denen 
er  auch  die  Worte  schrieb,  aufführte.  Er  dirigirte  das  Orchester  oder  sang 
die  Tenorpartien,  in  seinen,  als  die  Vorläufer  der  Offenbachiade  zu  bezeich- 
nenden Operetten.  1858  ging  H.  nach  Marseille,  um  einen  Theil  seines  Re- 
pertoirs  dort  abzuspielen,  dann  nach  Montpellier,  wo  er  als  Sänger  auch  in 
Opern  auftrat.  1870  erhielt  er  ein  Engagement  nach  London,  wo  er  nach  einer 
mehrmonatlichen  Vorbereitung  die  Londoner  in  englischer  Sprache  mit  seinen 
Operetten  bekannt  machte,  und  zwar  wie  in  Paris,  mit  dem  grössten  Erfolge. 
Als  H.  im  Sommer  1874  zum  zweiten  mal  nach  London  kam,  errichtete  er  im 
Covent-Garden-Theater  die  sogenannten  »Promenaden- Concerte«,  in  denen  er 
das   Orchester  dirigirt  und  die  viel  besucht  sind. 

Hespel,  Homer  (V,  222),  ist  identisch  mit  Herpel  Homer  (V,  214). 

Hespel,  Pierre  Joseph,  belgischer  Componist,  geboren  zu  Tournay  am 
Anfang  des  19.  Jahrhunderts,  lebte  als  IMusiklehrer  in  seiner  Vaterstadt.  Er 
veröffentlichte  die  Unterrichtswerke:  y>Methode  de  piano«;  Ecole  de  V Intonation«; 
r>Solfeye  concertant«  (für  vier  Stimmen,  für  den  gemeinschaftlichen  Unterricht); 
•»Ecole  du  phrase  musical«;  und  an  Compositionen:  eine  Messe  ä  capella:  vier 
Messen  mit  Orchesterbegleitung;  ein  Stabat  mater  mit  Orchester;  27  Cantaten; 
55  religiöse  Musikstücke  mit  Orchester  oder  Orgel ;  20  Compositionen  für 
Violoncell;  Streichquartette;  gegen  100  Romanzen  und  Gesänge;  gegen  60  Ciavier- 
stücke u.  s.  w. 

Herzberg,  Anton  (V,  220),  lebt  in  Moskau  als  Clavierlehrer  und  machte 
von    hieraus  weite  Reisen    nach    der  Türkei,    Jerusalem.    Griechenland,    Italien, 


j^58  Heugel  —  Hintze. 

Frankreicli,  England,  Deutschland  und  Russland.  Von  seinen  Comi^ositionen 
sind  ca.  130  Pieceu  gedruckt  in  Leipzig,  Berlin,  Wien,  Mainz,  Hamburg,  Bremen, 
"Warschau,  Kieff,  Moskau  und  Petersburg.  Der  König  von  Portugal  ernannte 
ihn  zum  Kitter  des  portugiesischen  Christusordens;  der  Schah  von  Persien  ver- 
lieh ihm   den  Sonnen-  und  Löwenordeu   3.   Classe. 

Heugel  (Y,  227),  Sohn  von  Henri  H.,  Musikalienverleger  zu  Paris,  heisst 
nicht  Louis,  sondern   Jacques  Leopold. 

Heullinrd,  Louis  Octave  Arthur,  französischer  Musikschriftsteller,  unter 
anderem  Begründer  der  »Chronique  musicale«  (Juli  1873),  ein  Journal,  welches 
er  2^/2  Jahr  auf  das  Vortrefflichste  redigirte,  dann  musste  er  es  aufgeben.  H. 
redigirte  nachdem  den  musikalischen   Theil  des   Journal  »l'Evenement«. 

Heyne,  Christian  Gottlob,  ist  geboren  am  25.  September  1729  zu 
Chemnitz,  als  Sohn  eines  armen  Leinwebers.  lieber  seine  früheste  Jugend  er- 
zählt er  selber:  »Der  früheste  Grespiele  meiner  Kindheit  war  der  Mangel  und 
die  ersten  Eindrücke  machten  die  Thränen  meiner  Mutter,  die  für  ihre  Kinder 
kein  Brod  wusste«,  doch  gelang  es  ihm,  sich  emporzuarbeiten;  er  bezog  1741 
das  Lyceum  seiner  Vaterstadt,  besuchte  unter  den  kummervollsten  Verhältnissen 
seit  1748  die  Universität  Leipzig  und  wurde  so  einer  der  berühmtesten  Philo- 
logen, der  seine  Wissenschaft  nicht  nur  vom  sprachlichen  Standpunkt,  sondern 
vom  höhern  als  eine  der  Mächte  zur  Veredlung  des  Menschengeschlechts  er- 
fasste.  In  diesem  Sinne  wirkte  er  49  Jahr  als  Professor  der  Beredsamkeit 
und  Direktor  des  philologischen  Seminars  in  Göttiugen.  Aus  der  Menge  seiner 
Schriften  gehören  hierher  nur:  y>De  literarum  ariiumque  inter  antiquiores  graecos 
conditione,  quatenus  Uta  ex  Musarum  aliorumque  deorwin  nominihus  muniisque 
ini ellig itur'-'-,  1772  und  1787  und:  »lieber  die  Currende«.  In  letzterer  Schrift 
erklärt  er  sich  für  Abschaffung  derselben.  H.  starb  am  14.  Juli  1812  zu  Göttingen. 

Hignard,  Jean  Louis  Aristide,  Componist,  geboren  zu  Nantes  den 
20.  Mai  1822,  liess  sich  1845  ins  Pariser  Conservatorium  in  die  Classe  von 
Halevy  aufnehmen,  um  seine  musikalische  Ausbildung  zu  vollenden.  Die  fol- 
genden kleinen  Opern  aus  seiner  Feder  wurden  vom  Jahre  1851  an  in  Paris 
aufgeführt.  r>Le  Visionfiairea,  1  Akt;  »Le  Colin  Maillardv^,  1  Akt;  y>Les  Com- 
pagnons  de  la  Marjolaine« ;  y>Monsieur  de  Chimpanzea,  1  Akt;  r>liouffes  Parisiens<i ; 
•dLb  Nouveau  Fourcemignacv,  r^V Äuherge  des  Ardemiesa,  2  Akte;  »ies  Musiciens 
de  Vorchestrefi,  in  Gemeinschaft  mit  Leo  Delibes  und  Ei'langer;  eine  fünfaktige 
Oper:  »Hamlet«,  ist  im  Ciavierauszug  gedruckt  erschienen  (Heu,  Paris),  doch 
bis  jetzt  nur  in  Fragmenten  privatim  aufgeführt;  H.  lieferte  auch  zahlreiche 
Vocalcompositionen,  Chöre  mit  Ciavier  und  mit  Orchesterbegleitung,  auch  solche 
für  Männerstimmen,  zwei-  und  vierhändige  Ciavierstücke. 

Hilaire,  Madm.,  Sängerin  des  17.  Jahrhunderts,  die  ihrer  Zeit  den  Huf 
einer  bedeutenden  Künstlerin  besass.  Sie  war  die  Schwägerin  des  Michel  Lam- 
bert, Schwiegervater  LuUy's  und  wirkte  in  Paris  in  den  Hofconcerten  und  in 
den  Salons  der  grossen  Welt  neben  den  ersten  Sängerinnen.  La  Fontaine, 
der  schon  seiner  Zeit  den  Verfall  der  Oper  beklagt,  sagt  an  einer  Stelle:  »Ce 
n^est  plus  la  saisoti  de  Raymond,  ni  d'Silaire;  II  faut  vingt  claveein,  cent  violon 
pour  lüairesi 

Hildebraud,  Balthasar  (V,  235),  wurde  am  25.  Februar  1609  zu  Peter- 
witz bei  Jauer  geboren,  er  starb  am  24.  October  1656  als  Not.  publ.  caet.  u.nd 
Untergerichtsvogt  und  Mus.  Organ,  an   St.  Peter  und  Paul  zu  Liegnitz. 

Hiltz,  Paul,  deutscher  Lautenmacher,  der  zu  Nürnberg  im  Laufe  des 
17.  Jahrhunderts  lebte.  Im  Museum  dieser  Stadt  wird  eine  Viola  da  Gamba 
seiner  Ai'beit  vom  Jahre   1656  aufbewahrt. 

Hiutze,  Jacob  (V,  245),  ist  am  4.  September  1622  zu  Bernau  geboren, 
war  Stadtzinkenist  der  Stadt  Bei'lin,  wo  er  auch,  hochbetagt  als  Greis  von 
80  Jahren,  am  5.  Mai  1702  starb.  Als  einen  tüchtigen  Contrapunktisten  be- 
nutzte ihn  der  Buchdrucker  Runge,  nach  Crügers  Tode  (1662),  dessen  Nach- 
folger  er  wurde,    für  die  weiteren  Ausgaben  der   r>Praxis  pietaiis  melicaa.     Der 


IlöpÜuer  —  Holmes.  159 

zwölften  Ausgabe  vom  Jahre  16GG,  die  dem  KurrUrsten  Friedrich  AVillielra  ge- 
widmet ist,  fügte  H.  eine  namhafte  Zahl  eigener  Melodien  l)ei,  in  einem  be- 
sonderen Anhange  mit  der  Ueberschrift:  »Gf)  geistreiche  epiat.  Lieder,  auf 
alle  Sonn-  und  Füruehmsten  Festsago,  durchs  gan;;e  Jahra  (darunter  befinden 
sich  auch  5G  Epistellieder  von  Martin  Opitz).  Im  Jahre  16i»ö  erschien  dann: 
Martin  Opitzens  epist.  Lieder  mit  1,  2,  8  und  4  A  oculstimmen  oder  mehr  In- 
strumenten, nach  dem  Generalbass.  Auf  mancherley  Art  zu  gebrauchen.  Mit 
einer  Zugabe  von  drei  Concerten  componirt  und  Gott  zu  Ehren  ans  Licht  ge- 
geben, von  Jacob  Hintze,  musico  instr.  der  Stadt  Berlin.  Dresden  und  Leipzig 
1695.  Die  Fraxis  piet.  mel.  besorgte  H.  bis  zur  2ö.  Ausgabe  1G98;  schon  von 
der  24.  ab  erschienen  darin  die  Evangelienlieder  von  Job.  Heermann,  mit  Melo- 
dien und  Tonsatz  von  Hintze.  In  den  Jahren  1666  und  1GG7  gab  er:  Pauli 
Gerhardi  geistliche  Andachten  in  10  Heften  heraus,  deren  Melodien  meist  von 
ihm  erfunden  sind;    die  vierstimmige  Bearbeitung  ist  durchweg   sein  Werk. 

Ilöpffuer,  Johann  Caspar,  geboren  1656  im  Thüringischen,  kam  nach 
Esslingen,  wo  er  Präceptor  wurde,  und  dann  nach  Ulm;  hier  übernahm  er 
17U4  das  Cantorat  und  starb  am  8.  November  1729.  Er  war  ein  guter  Musiker 
und  wusste  mit  gutem  Erfolg  die  bisher  vernachlässigte  Vocalmusik  auf  dem 
Gymnasium  wieder  empor  zu  bringen.  Er  vei'öffentlichte;  Auserlesene  Leichen-, 
Klag-,  Trost-  und  Jesuslieder  mit  beigefügten  Melodeyen,  Ulm  1707.  Das 
"Werk  enthält  86  Lieder  nebst  einem  Anhange;  viele  der  Melodien  stehen  auch 
im  Ulmer  Gesangbuch  und  wurden  seiner  Zeit  von  den   Schülern  gesungen. 

Uoffmaun,  Joh.  Christoph  (V,  263),  ist  geboren  den  29.  Mai  1623  zu 
Suhl  und  starb  den  18.  November  1686  als  Musicus  und  Armaturhändler  daselbst. 

Hohlfeld,  Otto,  einer  der  bedeutendsten  unter  den  Jüngern  Geigern  der 
Gegenwart,  ist  am  10.  März  1854  in  dem  thüringischen  Städtchen  Zeulenroda 
als  der  Sohn  eines  schlichten  Webermeisters  geboi-en.  Von  diesem  zum  Lehrer- 
stande  bestimmt,  besuchte  er  seit  1868  in  Greiz  das  Seminar:  hier  aber  entwickelte 
sich  seine  grosse  Begabung  für  Musik,  ganz  besonders  seine  ungewöhnliche 
Befähigung  für  das  Violinspiel  derartig,  dass  einzelne  Kunstfreunde  darauf  auf- 
merksam wurden  und  1872  seine  Aufnahme  in  das  Conservatorium  zu  Dresden 
veranlassten,  ßietz  wurde  hier  sein  Lehrer  in  der  Composition  und  Concertmeister 
Lauterbach  im  Violinspiel,  und  H.  studirte  mit  solchem  Fleiss,  und  leistete  bald 
im  Violinspiel  so  Aussergewöhnliches,  dass  Bietz  ihn  nach  kurzer  Zeit  in  der 
königl.  Kapelle  anstellte.  Unter  den  hohen  Gönnern,  welche  der  junge  Geiger 
hier  erwarb,  ist  auch  König  Albert  zu  nennen.  1876  wurde  H.  als  Concert- 
meister an  das  Hoftheater  in  Darmstadt  berufen,  und  von  hier  aus  wusste  er 
sich  auch  bald  durch  seine  Concertreisen,  die  er  seitdem  unternahm,  in  ehren- 
vollster Weise  bekannt  zu  machen.  Wie  in  Leipzig,  wo  er  bereits  1878  in 
einem  Gewandhausconcert  mit  grossem  Beifall  auftrat,  erwarb  er  an  allen 
andern  Orten,  wo  er  spielte,  durch  seinen  prachtvollen  Ton,  wie  durch  seine 
aussergewöhnlich  entwickelte  Fertigkeit  und  die  künstlerische  AVeise  seines 
Vortrags,  ebenso  die  Gunst  des  Publicums  wie  der  Kritik.  Diese  Erfolge  aber 
machen  ihn  nicht  lässig,  sondern  sie  spornen  ihn  im  Gegentheil  zu  i'astlosem 
Weiterstreben  an,  so  dass  man  sicher  erwarten  darf,  dieser  jüngste  unter  den 
Concertmeistern  Deutschlands  werde  dereinst  zu  den  ersten  Meistern  seines  In- 
struments gezählt  werden.  Auch  auf  dem  Gebiete  der  Composition  ist  er  mit 
Erfolg  thätig;  er  schrieb  bis  jetzt  ein  Streichquartett,  Op.  1 :  Zigeunerklänge 
für  Ciavier,  Op..  2;  Elegie  für  Posaune  mit  Orgelbegleituug,  Op.  3;  Elegie  für 
Violine,  Op.  4,  auf  den  Tod. seines  Vaters  componirt  und  Lieder  für  eine  Sing- 
stimme mit  Ciavierbegleitung,  Op.   5. 

Hol,  Richard  (V,  270),  ist  am  23.  Juli  1825  in  Amsterdam  geboren. 
Von  ihm  sind  zahlreiche  Werke  veröffentlicht:  Sinfonien.  40  weitere  Kirchen- 
stücke, Lieder  u.  dei-gl. 

Holmes,  Alfred  (V,  273),  ist  zu  London  am  28.  October  1838  (nicht  1840) 
geboren;    lebte    seit    Ende    der    sechziger  Jahre    dauernd  in   Paris,    wo    er   nach 


IßQ  Holmes  —  Honayn. 

einer  kurzen  Krankheit  am  4.  März  1876  starb.  Er  war  Violinvirtuose  und 
errang  als  solcher  seine  ersten  Erfolge  in  Paris,  wo  er  sehr  gut  aufgenommen 
wurde,  und  begründete  dort  1866  Quartettsoireen.  Seine  letzte  Sinfonie  be- 
nannte er  »Paris«   (Belagerung  1870). 

Holmes,  Henri,  Bruder  des  Vorigen,  auch  Violinvirtuose,  errang  eben- 
falls bedeutende  Erfolge  und  zwar  hauptsächlich  in  der  Ausführung  von  Violin- 
Duo's  mit  seinem  Bruder  A.  Mit  diesem  besuchte  er  Russland,  Dänemark, 
Belgien,  Holland  und  Paris.  Er  kehrte  hierauf  nach  seiner  Vaterstadt  London 
zurück,  wo  er  als  Virtuose  wie  als  Componist  hervortrat.  Zu  seinen  Compo- 
sitionen  gehören:  die  geistliche  Cantate  y>Praise  ye  ihe  lorda,  und  ein  Violin- 
concert,  beides  mit  Erfolg  in  London  zur  Aufführung  gebracht. 

Holmes,  Auguste,  ausgezeichnete  Pianistin,  die  auch  als  Componistin 
in  die  Oeffentlichkeit  trat,  ist  in  Irland  gegen  1850  geboren  und  lebt  seit 
längerer  Zeit  in  Paris,  wo  sie  vielfach  in  Concerten  als  Pianistin  auftrat 
und  mehrere  ihrer  Compositionen  zur  Aufführung  brachte  wie  die  Oper: 
r>Sero  et  Leandrev^  (1874),  zu  welcher  sie  auch  die  Worte  geschrieben  und  die 
interessante  Partien  enthält;  den  Psalm  »/«  exiiwi  (1873);  Andante  pastorale  für 
Orchester;  Vocalcompositionen  sind  unter  dem  angenommenen  Namen:  Herr- 
mann Zenta  erschienen.  Die  Opern  y>Astarte<i.  und  nLancelot  du  Lac.a,  kamen 
noch  nicht  zur  Aufführung. 

Holstein,  Franz  von  (V,274),  starb  in  der  Nacht  vom  21.  zum  22.  Mai  1878. 

Holtei,   Carl  von   (V,  275),  starb  am   12.  Februar  1880. 

Holtzmanu  (V,  276).  Der  vermeintliche  Entdecker  des  Ursprungs  der  Mar- 
seillaise ist  nicht  J.  B.   sondern  Fridolin  Hamma. 

Holzbauer  (V,  278),  ging  1752  als  Kapellmeister  nach  Mannheim,  in  welcher 
Stellung  er  bis  an  seinen   Tod  blieb. 

Holzhäuser,  Heinrich  (V,  280),  war  der  Nachfolger  von  Joh.  Jos.  Pux, 
als  Leiter  der  Kapelle  der  verwittweten  Kaiserin  Amalia  und  zugleich  Mitglied 
der  Chormusik  bei  St.  Stephan.  Er,  wie  sein  Nachfolger  Heinr.  Ponheimer, 
hatten  nur  den   Titel  als  Hofmusikdirektor.     Seine  Tochter: 

Holzhauser,  Theresia,  geboren  am  22.  October  1708  in  Wien,  war  eine 
treffliche  Sängerin  und  heiratete  am  27.  November  1731  den  Hofcompositeur, 
spätem  Domkapellmeister  Georg  Carl  Eeutter  (Sohn)  und  starb  als  wohlhabende 
Frau  in  Wien  am   7.  April   1782.     Die  Söhne  von  Holzhauser: 

Holzhäuser,  Franz,  gestorben  am   5.   Juni   1743,  42   Jahr  alt,  und 

Holzhäuser,  Franz  Ignaz,  gestorben  am  25.  Mai  1750,  38  Jahr  alt, 
waren   Sänger  beim  Gnadenbilde  im  St.   Stephan-Dome;  ein  dritter  Sohn: 

Holzhauser,  Domenico,  gestorben  am  13.  Januar  1772,  54  Jahr  alt,  war 
als  Tenorist  in  der  Hofkapelle  angestellt. 

Homilius,  L.,  russischer  Tonkünstler,  Schüler  Anton  Eubinstein's,  ver- 
öffentlichte Lieder,  Ciavierstücke,  ferner:  »Gammes  dans  tous  les  tons  et  pour 
tous  les  degres,  reunis  d' apres  la  Methode  d'Anfoine  Ruhinstein<i  (Bessel,  Petersburg). 

Honayn,  Abou  Cab,  bekannt  unter  dem  Namen  Honayn  al  Hiry,  nach 
seiner  Geburtsstadt  Hira,  früheren  Hauptstadt  von  Irak  in  Arabien ;  war  Christ, 
geboren  gegen  das  Jahr  620  der  christlichen  Zeitrechnung,  und  ein  berühmter 
Sänger  seiner  Zeit,  zugleich  Dichter  und  Componist.  Bevor  man  seine  aus- 
gezeichnete Stimme  entdeckte,  war  er  Blumenhändler.  Während  der  Eegierung 
des  Kalifen  Abd-el-Melik  untersagte  dessen  Gouverneur  die  Ausübung  der 
Musik,  wegen  ihres,  wie  er  meinte,  verderblichen  Einflusses.  H-  allein  erhielt 
die  Erlaubniss,  öffentlich  zu  singen;  daher  erwarb  er  bedeutende  Reichthümer. 
Er  starb  hochbetagt  gegen  718  oder  719,  durch  einen  Unfall  in  Medina,  wohin 
er  sich,  auf  die  Einladung  der  dortigen  Sänger,  begeben  hatte.  In  dem  Hause 
seiner  daselbst  wohnenden  Tochter  Soucayna,  einer  Dame  von  hohem  Rang, 
war  das  Auditorium,  um  H.  zu  hören,  versammelt.  Der  überfüllte  Saal  war 
von  einer  Gallerie  umgeben,  die,  während  der  beinah  hundertjährige  Greis  sein 
Lied   noch    nicht  beendet  hatte,    einstürzte,   und   nur   er  von  allen  Anwesenden 


Ilopffer  —  Uorecki.  ICl 

allein   erlitt  dtiboi  den   Tod,     (T>Gaus.süi  de.   Pcrceval,  Notices  anecdotiques  sur  les 
principmix  musiciens  arabesa.) 

Hopffer,  Ludwig  Bernhard  (V,  286),  starb  an  der  Brustkrankheit  am 
21.  August  1877  zu  Niederwald  bei  Rüdesheim.  Sein  Bruder  Emil  Heinrich 
war  kurze  Zeit  vor  ihm  gestorben. 

Hopkins,  John  Larkin,  englischer  Tonkünstler,  Vetter  des  Edward 
John  H.,  ist  1820  geboren.  Er  trat  als  Chorknabe  in  die  Westrainster-Abtoi 
ein  und  erhielt  daselbst  seine  musikalische  AusbiMung.  Nach  Beendigung  der- 
selben wui'de  er  Organist  der  Kathedrale  zu  Rochester,  später  /u  Cambridge. 
Zahlreiche  Orgel-  und  Vocalcompositionen  wurden  von   ihm   veröilentlicht. 

Hoppeiistedt,  August  Ludwig  (V,  288),  ist  am  22.  März  1763  zu  Gross- 
Schwülper  im  Lüneburgischen  geboren,  wurde  1796  Superintendent  in  Stolzerau 
au  der  AVeser,  1805  General-Superintendent  zu  Harburg,  kam  als  solcher  1815 
nach  Celle  und  starb  am  25.  April  1830  daselbst.  Durch  seine,  in  mehreren 
Auflagen  erschienenen:  »Lieder  für  Volksschulen,  nebst  den  Melodien  dazu«, 
hat  er  sich  um  die  Hebung  des  Volksgesanges  in  seinen  Kreisen  verdient  ge- 
macht. Die  Sammlung,  zu  welcher  auch  der  Pastor  Fr.  Burchh.  Beneken  mehrere 
Melodien  lieferte,  war  um  die  Wende  des  18,  Jahrhunderts  in  allen  chur-hanno- 
verschen  Volksschulen   eingeführt  und  lange  beliebt. 

Horatius,  Flaccus  Qu  intus,  nächst  Virgil  und  Ovid  der  gefeiertste 
römische  Dichter  und  Sänger,  wurde  am  5,  oder  8.  December  65  v,  Chr,  zu 
Venusia  in  Apulien  geboren  und  starb  zu  Rom  am  27.  Nov,  im  Jahr  8  vor 
Chr.  Geb.  Als  Sohn  eines  Freigelassenen,  wahrscheinlich  aus  der  tribus  Horatia, 
hatte  er  Anspruch  auf  die  Stellung  eines  Freibürtigen  (ingenuus).  Um  dem 
Knaben  eine  bessere  Erziehung  geben  zu  können,  verkaufte  der  Vater  sein 
Grundstück  und  zog  nach  Rom.  Zur  Vollendung  seiner  Bildung  ging  der 
Sohn  im  Alter  von  19 — 20  Jahren  nach  Athen  und  widmete  sich  hier  dem 
Studium  der  Philosophie.  Als  nach  der  Ermordung  Cäsar's  Brutus  nach  Athen 
kam,  um  für  Flotte  und  Heer  zur  Erhaltung  der  Republik  zu  werben,  stellte 
sich  auch  H,  in  die  Reihen  der  Krieger  und  folgte  den  Fahnen  des  Brutus. 
Der  für  diesen  unglückliche  Ausgang  hatte  zur  Folge,  dass  sein  väterliches 
Vermögen  eingezogen  wurde.  Die  Dichter  Virgil  und  L.  Varius  empfahlen 
ihn  darauf  dem  Mäcenas,  der  ihn  dann  unter  die  Zahl  seiner  amici  oder 
literarischen  Gesellschafter  aufnahm  und  ihm  wahrscheinlich  Sabinum  schenkte, 
oder  das  Geld  zum  Ankauf  desselben,  welches  Horaz  als  Cautiou  verpfänden 
konnte,  als  er  die  Anstellung  als  scriba  (Juaestorius  erhielt.  Der  grösste  Theil 
der  Oden  Horaz's  sind  wirkliche  Lieder,  die  er  als  Sänger  wahrscheinlich  bei 
Tische  mit  seinen  Freunden  und  Freundinnen  sang;  sie  waren  ohne  Zweifel 
das  in  Rom,  was  Anacreons  Gedichte  in  Griechenland  gewesen  sind.  Wie 
Virgil,  hat  uns  auch  Horaz  mancherlei  Nachrichten  über  Musik  hinterlassen; 
er  erwähnt  verschiedene  seiner  Zeit  in  Gebrauch  gewesene  Instrumente,  die 
mit  den,  von  Homer  und  anderen  griechischen  Schriftstellern  beschriebenen, 
übereinstimmen,  woraus  man  auf  ziemliche  Aehnlichkeit  der  Musik  beider  Volker 
schliessen  darf.  Viele  Aeusserungen  in  seinen  Schriften  bezeugen  auch,  dass 
der  Dichter  mit  der  Musik  wol  vertraut  war,  und  ihre  Bedeutung  vollständig 
zu  würdigen  verstand. 

Horatiis,  Cesar  de,  italienischer  Theoretiker,  schrieb  folgendes  Werk: 
•aNuovi  Elementi  della  scienza  acus/ico-inusicale,  appUcahili  alla  scienza  della  arii«, 
Neapel  1865, 

Horecki,  Felix,  Virtuose  auf  der  Guitarre  und  Componist  für  dies  In- 
strument, wurde  Ende  des  18.  Jahrhunderts  in  Polen  geboren.  1815  siedelte 
er  von  Warschau  nach  Wien  über,  wo  er  als  Lehrer  sehr  in  Aufnahme  kam 
und  auch  die  Erzherzoginnen  zu  seinen  Schülerinnen  zählte.  Nach  einigen 
Jahren  verliess  er  Oesterreich  und  ging  nach  England,  In  Edinburg,  wo 
er    sich    niederliess,    veröfl'entlichte    er    gegen    hundert    Compositionen    für    die 

Mnsikal.  Convers. -Lexikon.    Erpänzungsbaml.  '■^ 


162  Hörn  —  Hromada. 

Guitftrre,  die  in  England  viel  Verbreitung  fanden.  H.  war  der  erste  Lehrer 
des  berühmten   Guitarristeu   Stanislaus  Szczepanowski. 

Hörn  (V,  300).  Der  erste  8atz  der  »Bemerkungen  des  Herrn  Hübler, 
ersten  AValdhornisten  an  der  königl.  Kapelle  in  Dresden,  im  Artikel  »Hörn« 
des  Hauptwerks  muss  heisseu :  »Jeder  gute  "Waldhornist  wird  bei  der  Benutzung 
des  Ventilhorns  auch  stets  Gebrauch  von  den  gestojiften  Tönen  und  zu  dem 
Zwecke  von  der  im  Schallbecher  liegenden  rechten  Hand  machen,  ja  sogar  die 
Stopftöne  bis  zur  höchsten  Vollendung  auszubilden  suchen«. 

Horneraaun.  Emil  Christian,  Sohn  von  E.  Hornemann  (V,  305),  ist 
am  17.  December  1841  zu  Kopenhagen  geboren,  und  lebt  dort  als  Musiklehrer. 
Von  seinen  Compositionen  sind  einzelne  auch  in  Deutschland  bekannt  geworden, 
am  weitesten  die   Ouvertüre  zu  »Aladin«. 

Horsley  Charles  Edward  (V,  307),  geboren  am  16.  December  1821  zu 
Kensington  bei  London,  siedelte  später  nach  New-York  über,  wo  er  am  28.  Febr. 
1876  verstarb.  Er  lieferte  für  die  Londoner  Zeitung  »Musical  Standard«  in- 
teressante Berichte  über  die  Musikzustände  in  den  Vereinigten   Staaten. 

Horta  y  Leopart,  Anastasio,  spanischer  Tonkünstler,  ausgezeichnet  als 
Organist,  war  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  geboren,  Schüler  von 
Jose  Muserat,  Audresi  und  Queralt.  Er  war  in  Barcelona  nacheinander  an 
mehreren  Kirchen  als  Organist  angestellt  und  zeichnete  sich  von  früher  Jugend 
an  als  solcher  aus.  Mit  sehr  seltenen  Ausnahmen,  auch  bei  den  grössten  Kir- 
chenfestlichkeiten, spielte  er  etwas  anderes  als  ImiDrovisationen ,  die  er  bewun- 
dernswürdig ausführte.  Er  bildete  viele  ausgezeichnete  Schüler  und  veröffent- 
lichte Orgel-  und  Vocalcompositionen.  H.  war  ungemein  verwachsen  und  nicht 
grösser  als  ein  zehnjähriges  Kind.  Ein  Biograph  sagt:  So  klein  von  "Wuchs, 
so  gross  von  Talent.     Er  starb  in  Barcelona  den   12.  Februar   1843. 

Hoyoul  (nicht  Hoyuos  wie  Gerber  schreibt),  Balduin,  war,  wie  man 
annimmt,  ein  Belgier  von  Geburt  und  gelangte  in  Deutschland  zu  grossem  Ruf. 
"Wie  aus  dem  Titelblatt  eines  seiner,  in  der  Bibliothek  zu  Grimma  (siehe: 
Dr.  Petersen:  Verzeichniss  von  Musikalien,  1861,  p.  43)  befindlichen  "Werken 
hervorgeht,  war  er  1587  bereits  in  herzogl.  würtembergischen  Diensten:  y>Viginti 
sacrae  cantiones,  5,  6,  7,  8,  9  et  10  vocum,  quae  cum  vivae  voci,  tum  omnis 
generis  instrumentis  ap^Mcari  possunt.  Auetore  JBalduino  Hoyoul,  Ordinario  chori 
musici  apud  illustriss«.  Wirtemberg,  Ducem  Componista,  Nürnberg,  Catharina 
Gerlachin  1587.  Das  vollständig  erhaltene  Werk  hat  den  Umfang  von  1281  Blät- 
tern. Später  war  der  Componist  würtembergischer  Kapellmeister  von  1589  bis 
1599,  als  Nachfolger  von  Ludwig  Daser  und  Vorgänger  von  Leonhard  Lechner, 
zweier  Meister  von  anerkannter  Bedeutung.  Gerber  erwähnt  von  H.'s  Werken: 
y)Ca)itiones  sacrae«,  Nünberg   1586  und  yyTriciniaa,  ebenda  1590. 

Hrimaly,  Gebrüder,  bildeten  einst  ein  berühmtes  Streichquartett;  sie  sind 
in  Pilsen  geboren,  als  Söhne  des  dasigen  Domorganisten  Hrimaly  und  erhielten 
ihre  Ausbildung  im  Prager  Conservatorium,     Der  älteste  Bruder: 

Hrimaly,  Adalbert,  geboren  1842,  ging  als  Concertmeister  nach  Göte- 
borg und  als  solcher  dann  zurück  nach  Prag;  später  wurde  er  Kapellmeister 
am  deutschen  Landestheater  daselbst  und  darauf  Direktor  des  Musikvereins  in 
Czernowitz.  Er  comj^onirte  die  Oper:  »Der  verwunschene  Prinz«,  Streichquar- 
tette und  Vocalsachen.     Der  zweite  Bruder: 

Hrimaly,  Johann,  geboren  1844,  wurde  Concertmeister  in  Amsterdam 
und  später  der  Nachfolger  Laubs  als  Professor  am  Conservatorium  in  Moskau. 
Der  dritte  Bruder: 

Hrimaly,  Jaromir,  geboren  1846,  ausgezeichneter  Cellist,  lebt  in  Helsing- 
fort,  woselbst  der  vierte: 

Hrimaly,  Bohuslaw,  geboren  1848,  die  finnische  Oper  leitet,  nachdem 
er  Kajiellmeister   am  Theater  in  Pilsen  gewesen  war. 

Hromada,  Anton,  geboren  am  26.  December  1842  zu  Kladno  in  Böhmen, 
erregte   schon  als   Chorknabe  in  der  Theinkirche,    später   im  Kreuzherrnkloster 


Huberti  -  HuUah.  163 

in  Prag,  durch  seine  schöne  So|irun8tiinme,  allfr<'nn'ine  Aufmorksamkeit.  Da 
er  sich  dem  Priesterstande  widmen  sullte,  so  machte  er  den  vollständigen  'iym- 
nasialkursus  durch;  dann  aber  folgte  er  seinem  angeborenen  Talent  und  wid- 
mete sich  ganz  dem  Gesauge.  Nachdem  er  bei  dein  Professor  Pivoda  in  Prag 
ernste  (resangstudieu  gemacht  liatle.  wurde  er  im  Mai  1800  in  Stuttgart  am 
Hoftheuter  engagirt,  und  hior  fand  er  au  dem  Musikdirektor  Fr.  Schmidt  eiuen 
erfahrenen  Rathgeber.  Als  Stockhausen  nach  Caustadt  bei  Stuttgart  übersie- 
delte, genoss  H.  noch  dessen  Unterricht,  und  bald  gehörte  er  auch  zu  den 
besten  Concertsiingeru  der  Gegenwart.  Als  solcher  errang  er  ausser  in  Stutt- 
gart, in  Basel,  Carlsruhe.  Frankfurt  a.  IM.,  Mannheim,  St.  Gallen,  Zürich  u.  a.  0. 
als  Oratorien-  wie  als  Liedersänger  bedeutende  Erfolge.  1873  ging  er  nach 
Mailand,  um  dort  noch  den  Unterricht  Lamperti's  zu  geniesen.  H.  besitzt 
eine  sehr  sympathisch  wirkende  Barytonstimme,  die  er  vortrefflich  zu  verwenden 
versteht.  Dabei  ist  er  zugleich  ein  ganz  ausgezeichneter  Darsteller,  der  auch 
nach  dieser  Seite  allen  Anforderungen  entspricht.  Auch  in  Leipzig,  wo  er 
der,  von  Julius  Hofmann  geleiteten  Monatsoper  angehörte,  im  Sommer  1880, 
wusste  er  sich  rasch  in  die  Gunst  des  Publicums  zu  setzen. 

Huberti,  Gustav  Leon,  belgischer  Oomponist,  geboren  zu  Brüssel  am 
14.  April  1843,  Schüler  des  dortigen  Conservatoriums,  erwarb  daselbst  die  ersten 
Preise,  und  brachte  1870  in  einem  Concert,  welches  er  in  Brüssel  veranstaltete, 
eine  Orchestersuite,  ein  Clavierconcert  mit  Orchester,  eine  Ballade  und  Gesang- 
stücke zur  Aufführung.  Ein  Oratorium  in  flämischer  Sprache  »Z>e  lautste 
Zonnestraah,  hatte  weniger  Erfolg.  H.  schliesst  sich  der  neuesten  deutschen 
Richtung  an. 

Hucbald.  Sein  "Werk:  »Musica  Enchiriadesu,  ist  übersetzt  und  mit  Anmer- 
kungen versehen  von   R.  Schlecht,  in  den  Monatsheften  für   M.   G.   1874—76. 

Hnerta  y  Caturla,  Trinite  Fran9ois,  berühmter  Guitarrist,  wurde  am 
8.  .Funi  1803  zu  Orihuela  bei  Cadix  geboren.  Ueber  seine  Abstammung  ist 
nichts  bekannt,  auch  nicht  durch  wen  er  in  der  Musik  unterrichtet  worden 
ist.  Man  weiss,  dass  er  mit  17  Jahren  als  Cadet  in  die  spanische  Armee  ein- 
trat und  1820  an  dem  Militäraufstande  theilnahm,  dessen  einer  Chef  der  General 
Riego  war.  Als  1823  Ferdinand  VII.  mit  Hülfe  der  französischen  Armee  die 
Insurrection  unterdrückt  hatte,  fand  H.  mit  vielen  anderen  Flüchtlingen  Schutz 
in  Frankreich.  Er  kam  nach  Paris  und  suchte  dort  seine  musikalischen  Fähig- 
keiten zu  verwerthen.  Unter  der  Protection  seines  Landsmannes  Garcia,  trat 
er  als  Guitarrenvirtuose  in  die  Oeffentlichkeit.  Alle  Urtheile  stimmen  darin 
überein,  dass  er  auf  diesem  Instrument  etwas  unbedingt  aussergewöhnlich 
Phänomänales  leistete.  Mit  andern  Kritikern  bedauert  auch  Fetis  (Revue 
musicale,  1832),  dass  es  nur  die  Guitarre,  ein  immerhin  unvollkommenes  In- 
strument, sei,  dem  eine  entschieden  geniale  Begabung  zu  entlocken  sich 
abmühe ,  was  es  nicht  zu  leisten  vermag.  H.  wurde  gefeiert ,  besungen 
in  Prosa  und  in  Versen.  Mme.  de  Girardin  besang  ihn  in  einem  über- 
schwenslichen  Gedicht.  1825  verliess  H.  Paris  um  der  Familie  Garcia  nach 
den  Vereinigten  Staaten  zu  folgen,  wo  er  wahrscheinlich  concertirte.  In  New- 
York  trat  er  in  der  Garciascheu  Oper  auch  als  Sänger  auf,  begleitete  dieselbe 
nach  der  Havanna  und  kehrte  dann  nach  Europa  zurück.  In  London,  Malta, 
Constantinopel  und  bei  seiner  zweiten  Anwesenheit  in  Paris,  wurde  er  in  der- 
selben enthusiastischen  Weise  aufgenommen.  1833  besuchte  er  Spanien,  1843 
Belgien,  später  Italien,  wo  er  sieh  längere  Zeit  aufhielt.  Von  Nizza  aus  ver- 
breitete sich  die  Nachricht  von  seinem  Tode,  er  war  jedoch  in  Belgien  noch 
1873  anzutrefi'en.  Es  wird  ihm  von  mancher  Seite  die  Composition  der  spani- 
schen Nationalhymne  r>H\jmne  de  Rieijov.  zugeschrieben,  die  er  1820  in  jener 
Revolutionsperiode  in  Madrid  abgefasst  haben  soll  und  zwar  in  Gemeinschaft 
mit  einem  seiner  damaligen  Chefs,  Kapitän  Evariste  Jan  Miqnel,  früheren 
Officier  der  Armee  zu  Cadix  und  ehemaligem  Redakteur  des  Journal  »Espectador«. 

Uallah,   John,    Theoretiker,    musikalischer    Schriftsteller  und   Lehrer,    ge- 
ll* 


164  Hundt  —  Hvigghons. 

boren  1812  zu  Worccster  in  Engand;  trat,  nachdem  er  den  Untei'richt  von 
Horsley  genossen  hatte,  1829  in  London  in  die  Akademie  der  Musik  als  Schüler 
ein  und  studirte  hier  den  Gesang  bei  Cruvelli.  1832  schrieb  er  die  einaktige 
Oper  »Dorfkoketten«  von  Charles  Dickens,  widmete  sich  aber  von  da  an  mit 
eben  so  viel  Eifer  als  Erfolg  dem  G-esanjrunterricht  und  sjDeciell  der  Förderung 
des  Yolksgesanges.  1847  unternahm  er  es,  für  die  betreuenden  Uebungen  einen 
Concertsaal  zu  erbauen,  St.  Martin's  Hall  genannt,  welcher  aber  1860  ein  Raub 
der  Flammen  wurde.  Dieser  Bau  hatte  H.  fast  gänzlich  ruinirt,  desto  mehr 
Sympathien  aber  hatten  ihm  seine  gemeinnützigen  Bemühungen  erworben.  Er 
wurde  Professor  der  Vocalmusik  und  der  Harmonielehre  am  College  des  Königs 
und  der  Königin  zu  Bedford;  Organist  und  Direktor  des  Orchesters  und  des 
Chorgesaugs  an  der  königl.  Akademie  der  Musik  in  London.  1872  übertrug 
man  ihm  die  musikalische  Inspection  für  das  vereinigte  Königreich,  worauf  er 
seine  Thätigkeit  am  College  aufgab.  Ausser  zahlreichen  Aufsätzen  über  musi- 
kalische Themen,  veröffentlichte  H.  mehrere  Sammlungen  Gresänge  für  Kinder; 
lieferte  eine  englische  Uebersetzung  der  Gesangschule  von  B.  Wilhem  und  ver- 
öffentlichte y>The  history  of  modern  music«  (eine  Serie  von  Vorträgen,  London, 
Longman  1862,  in  8'^,  2.  Aufl.  1875):  nThe  transition  i^eriod  of  musical  hisforya. 
(ebenfalls  Vorträge,  gehalten  vom  Autor,  London  u.  s.  w.) ;  musikalisches  Elemen- 
tarlehrbuch; Lehrbuch  der  musikalischen  Harmonie;  Lehrbuch  des  Contrapunkts; 
Stimmübungen  u.  a. 

Hnndt,  Aline,  Clavierspielerin  und  Componistin,  Schülerin  Liszt's.  Sie 
schrieb  Vocal-  und  Instrumentalcompositionen.  1871  kam  in  Berlin  ihre  Sin- 
fonie in  G-moll  und  ein  Marsch  für  Orchester,  unter  ihrer  eigenen  Direction, 
zur  Aufführung.     Sie  starb  einige  Jahre  später  in  jugendlichem  Alter  in  Berlin. 

Hurtado,  Pierre,  aus  spanischem  Geschlecht  stammend,  eigentlich  P.  Hu- 
tardo  y  de  Avalos,  Sohn  eines  Cavallerieofficiers  in  niederländischen  Diensten, 
war  als  Tonkünstler  im  17.  Jahrhundert  in  den  Niederlanden  ansässig  und 
vielleicht  auch  dort  geboren.  Er  war  zehn  Jahre  lang  Chorknabe  der  königl. 
Kapelle  in  Brüssel  und  fungirte  später  als  Gesanglehrer  an  der  Kirche  St.  Bavon 
zu  Gent.  Van  der  Straeten  hat  in  den  Archiven  der  Kirche  St.  Walburga  in 
Audenarde  ein  A^erzeichniss,  datirt  1734,  aufgefunden,  welches  von  P.  Hurtado 
die  folgenden  Compositionen  nennt:  1)  y>Motet  de  cTioeur  a  4  voix  et  trois  in- 
strumentsa ;  2)  rtMotet  de  choeur  a  trois  voix  et  trois  instrumentsa ;  3)  »Te  JDeum 
ä  6  voix  et  trois  instrumentsa ;  »5   Motet  ä  6  voix  et  trois  instrumentsa. 

HnsS;  Johann,  der  geniale  Vorkämpfer  Luthers,  ist  in  Hussinek  in  Böh- 
men am  6.  Juli  1369  als  der  Sohn  unbemittelter  Landleute  geboren.  Dass  er 
auch  für  Musik  begabt  und  mit  dieser  Kunst  vertraut  war,  wird  durch  seine 
Bestrebungen  für  den  Kirchengesang  hinlänglich  bestätigt.  Durch  ihn  wurde 
der  Gemeindegesang  in  der  böhmischen  Kirche  in  der  Muttersprache  begründet; 
er  erweist  sich  also  auch  hierin  als  der  Vorläufer  Luthers;  aber  erst  nach 
seinem  Tode  1420  wurde  von  den  Utraquisten  beim  ganzen  Gottesdienst  die 
Landessprache  eingeführt.  In  mehreren  Choralbüchern  wird  dem  böhmischen 
Eeformator  die  Melodie  des  Liedes:  »Jesus  Christus  unser  Heiland«  zugeschrieben. 
Da  der  Text  unzweifelhaft  von  Huss  herrührt,  die  Dichter  aber  in  jener  Zeit 
auch  meist  für  eine  entsprechende  Melodie  sorgten,  durch  welche  das  Gedicht 
erst  seine  praktische  Bedeutung  und  Verbreitung  gewann,  so  kann  man  wol 
annehmen,  dass  auch  Huss  ähnlich  verfuhr  und  seinem  Liede  die  erwähnte 
Melodie,  die  schon  bei  Walther  1524  aufgezeichnet  ist,  beigab,  Huss,  ein 
Mann  von  reinsten  Sitten,  tiefer  Gelehrsamkeit,  ernstem  "Willen  und  uner- 
schütterlichem Charakter,  fromm  und  wolwollend,  starb  bekanntlich  am  6.  Juli 
1415  zu  Constanz  den  Feuertod,  zu  welchem  er  als  Ketzer  verurteilt  worden  war. 

Hnygrhens,  Constantin  (V,  334).  Herr  von  Zuylichem,  Diplomat,  Präsi- 
dent des  Eaths  von  Holland;  war  Geheimschreiber  bei  drei  Statthaltern: 
Fred,  Henrik,  Willem  II.  und  Willem  III.  gewesen  und  Eath  und  Secretär 
des   Prinzen  von  Oranien.     Nach  Edm.  v.  d.  Straeten   (»Musique  aux  Pays-JBas«^ 


Hyaciuthia  —  llysel.  165 

II,  1872)  hat  H.  auch  Psuhuen  componirt  uud  es  wird  dies  durch  die  von 
Peerlkamp  veröffeutlichte  Summlung:  nSt-niiones  de  vila  proprio*  und  durch 
Koopinauu's  y^Notice  sur  Hui/ijhcnsvi  bestätigt.  In  Buuwstoenen:  nEerste  Jaarboek 
der  Vereenüjinij  voor  nederlanJachi'  Muziekijeschiedenisa ^  18G9  —72,  heisst  es 
über  das  seltene,  kürzlich  aufgefundene  Psalmenbuch  von  H.:  nvoor  de  cither  op 
muzifk  qehraijt  en  te  PaHjs  uit(fegeven<i.  Der  Titel  lautet:  nPathodia  nacra  et 
profana  occiipatia.  Parisiis  ex  officina  Roberti  Ballard  unici  Regiae  Musicae 
Typographi  lti47,  C.  P.  R.  -1",  44  Blatt,  88  Seiten.  Aus  dem  Inhalts ver- 
zeichniss  geht  hervor,  dass  H.  20  Psalmen  und  Psalmenverse,  12  nairs  italiensa 
und  7  y>airs  frangaisv.  in  Musik  setzte.  Ausserdem  sind  zu  erwähnen:  vGehruyck 
en  oiujhchruyck  van  7  Orgel  in  de  Kercken  des  vereenigie  Nirderl.a,  erschien  in 
mehreren  Ausgaben,  die  erste  nicht  unter  dem  Namen  Huyghens ;  ferner  »Koren- 
bloemenn,  gleichfalls  in  mehreren  Ausgaben.  Van  der  Ötraeteu  giebt  den  Plan 
zu  einem  Ballet  von  H.  aus  dem  Jahre  1624,  der  ihm  als  ein,  für  alle  Zweige 
der  Literatur  und  Musik  begabtes  Genie  erscheint.  Der  bekannte  Dichter 
Hooft,  der  mit  H.  regen  Verkehr  unterhielt,  besingt  in  einem  Sonett  sein  aus- 
gezeichnetes Lautenspiel.  H.  producirte  sich  zweimal  am  englischen  Hofe  als 
Sänger,  Improvisator  und  Lautenvirtuos;  1618  vor  Jacob  I.  (f  1625)  und 
danu  um  1632  unter  Karl  I. ;  er  selbst  besang  auch  in  einer  Reihe  von  Liedern 
seine  Vorliebe  für  die  Laute. 

Hjacinthia,  Hyakinthos  (V,  335),  Sohn  des  Amyklas  und  der  Diomede, 
war  wegen  seiner  Schönheit  von  Apollon,  aber  auch  von  Zephyros  geliebt  und 
als  einst  Apollon  sich  mit  dem  Geliebten  im  Diskoswerfen  ergötzte,  trieb  er 
aus  Eifersucht  die  Diskosscheibe  auf  das  Haupt  des  geliebten  Jünglings,  dass 
dieser  starb.  Aus  dem  Blut  des  Erschlagenen  Hess  der  Gott  die  dunklen,  mit 
dem  Klagelaut  'AI — 'AI  gezeichneten  Blumen  des  gleichen  Namens  entspriessen. 
Wie  die  Mythe  vom  Adonis,  so  deutet  auch  diese  auf  die  aufblühende  und 
schnell  hinsterbende  Natur,  ebenso  wie  das  ihm  zu  Amyklai  von  den  Spartanern 
gefeierte  Fest.  Die  Hiakinthien  fielen  in  den  spartanischen  Monat  Hekatom- 
baion  und  dauerten  drei  Tage;  der  erste  war  den  Heroen-  und  Todtenopfern, 
dem  Hyakinthos  in  stiller  Trauer  dai'gebracht,  geweiht;  die  beiden  folgenden 
Tage  aber  fröhlichen  Festzügon  und  Wettspieleu  zu  Ehren  des  Apollon  Kar- 
neios.  Das  Fest  war  uralt  und  wurde  noch  von  den  Spartanern  bis  in  die 
Kaiserzeit  gefeiert.  Nach  einer  anderen  Sage  war  H.  ein  Sohn  des  Pieros  und 
der  Muse  Kleio,  von  Thamyris  und  Apollon  geliebt. 

Hysel,  Franz,  Eduard,  ist  am  10.  September  1801  zu  Graz  in  Steyer- 
mark  geboren  und  war  seiner  Zeit  ein  beliebter  Tenorist.  Seine  Bühnenthätig- 
keit  begann  er  1820  in  seiner  Vaterstadt,  1823  war  er  in  Agram,  1824  in 
Linz  engagirt;  er  gastirte  darauf  in  Botzen,  Steyermark  und  Insbruck  und  fand 
dann  im  Mai  1826  in  Nürnberg  ein  Engagement,  in  welchem  er  bis  zum  Ende 
seiner  Künsterlaufbahn  blieb,  ein  vorübergehendes  Engagement  in  Prag  abge- 
rechnet. Er  war  ein  geachteter  und  beliebter  Spieltenor  von  tüchtiger  Bildung 
und  vielseitiger  Verwendbarkeit.  Ein  besonderes  Verdienst  hat  er  sich  durch 
ein  Werk:  »Das  Theater  in  Nürnberg  von  1612 — 1863«  erworben,  das  als  ein 
schätzbarer  Beitrag  zur  deutschen  Theatergeschichte  Beachtung  verdient.  Er 
starb  am   23.   September   1876.     Sein  Vater: 

Uysel,  Franz,  welcher  in  Graz  als  Theater-  und  Musikdirektor  1841 
starb,  stammt  aus  Heugsberg  in  Untersteyermark ;  war  ein  ausgezeichneter  Violin- 
virtuose, Pianist  und  Cellist  und  bedeutender  Gesanglehrer.  Er  hat  mehrere 
Werke  veröffentlicht  und  Ijeschäftigte  sich  auch  mit  dem  Geigenbau.  Die  Stadt 
Graz  hatte  ihn  zu  ihrem  Ehrenbürger  ernannt.     Seine  Gattin: 

Hysel,  geborene  Kaffka,  genoss  als  dramatische  Sängerin  und  Schauspie- 
lerin einen  bedeutenden  Ruf. 


166  Jacobi  —  Jacobsohu. 


I.  J. 

Jacobi,  Georg,  geboren  1739  zu  Mannheim,  war  Basssänger  am  Münster 
zu  Strassburg  und  so  gründlicher  Musikei',  dass  er  am  14.  November  1791  er- 
nannt wurde,  die  Stelle  des  beurlaubten  Capelimeist  er  Pfeffinger  zu  veröchen. 
Am  15.  October  1793  wurden  alle  Kirchen  Strassburgs  geschlossen  und  Jacobi 
privatisirte  nunmehr  in  Strassburg  bis  au  seinen  am  7.  Januar  1805  erfolgten 
Tod.  Er  hat  auch  eine  ganze  Eeihe  von  Compositionen  aller  Art  geschrieben, 
die  indess  Manuscript  blieben.  Wegen  seiner  ungewöhnlichen  Länge  wurde 
sein  Skelett  im   Strassburger  anatomischen  Museum  aufbewahrt. 

Jacobs,  A.,  geboren  in  Amsterdam  im  Anfang  des  18.  Jahrhunderts,  war 
ein  trefflicher  Geigenbauer,  der  besonders  durch  seinen  schönen,  durchsichtigen 
tiefrothen  Lack  sich  auszeichnete  und  nach  Nie.  Amati's  Modell  arbeitete,  aber 
doch  nicht  die  Schönheit  und  Fülle  des  Tons  der  Geigen  seines  Vorbilds  er- 
reichte.    Dieser: 

Jacobs,  Henry,  ein  Stiefbruder  des  Hieronimus  Amati,  erst  in  Cremona, 
dann  in  Amsterdam  von  1690 — ^1740  lebend  und  wirkend,  war  ein  trefflicher 
Geigenbauer  aus  der  italienischen  Schule.  Er  imitirte  den  Nicolaus  Amati  so 
ausgezeichnet,  dass  seine  Instrumente  von  denen  dieses  Meisters  kaum  unter- 
schieden werden  können.  Das  einzige  charakteristische  Merkmal  sind  die  stets 
bei  ihm  aus  Fischbein  gearbeiteten  ßeifchen;  auch  ist  die  Schnecke  bisweilen 
weniger  schön  geschnitten. 

Jacobs,  Peter,  flämischer  Lautenmacher,  der  in  den  letzten  Jahren  des 
17.  und  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  zahlreiche  werthvolle  Streichinstrumente 
baute,  hauptsächlich  nach  dem  Muster  des  Nicola  Amati.    Er  lebte  in  Amsterdam, 

Jaeobsohn,  Simon  E.,  Violinvirtuose,  wurde  am  24.  December  1839  in 
Milau  (Kurland)  geboren  und  zeigte  schon  im  frühen  Knabenalter  aufi'ällige 
Begabung  für  die  Musik,  insbesondere  für  das  Violinspiel,  doch  waren  seine 
Verhältnisse  zu  beschränkt,  als  dass  er  einen  künstlerisch  fördernden  Unterricht 
hätte  gemessen  können;  einzig  auf  die  Anleitung  seines  Grossvaters  und  Onkels 
angewiesen,  welche  sich  darauf  beschränken  musste,  ihm  die  zum  Tanzspielen 
nöthige  Fertigkeit  beizubringen,  sah  er  sich  auch  in  der  Folge  gezwungen,  mit 
dieser  Beschäftigung  seinen  kümmerlichen  Unterhalt  zu  verdienen,  bis  der  Zufall 
es  fügte,  dass  ein  hervorragender  Künstler  seiner  Vaterstadt,  der  Musikdirektor 
E..  Postel,  auf  sein  Talent  aufmerksam  wurde.  Dieser  bemühte  sich  alsbald, 
die  Kreise  der  begüterten  Kunstfreunde  der  Stadt  für  den  strebsamen  Jüngling 
zu  interessiren  und  mit  Hülfe  der,  von  denselben  ihm  zur  Verfügung  gestellten 
Mittel  war  J.  in  den  Stand  gesetzt,  für  einige  Zeit  nach  ßiga  zu  gehen  und 
unter  Leitung  des  dortigen  Concertmeister  Weller  die  ersten  gründlichen  Violin- 
studien zu  machen.  An  künstlerischen  Fähigkeiten  wesentlich  bereichert,  kehrte 
er  sodann  in  seine  Vaterstadt  zurück,  doch  auch  jetzt  waren  seine  materiellen 
Umstände  nichts  weniger  als  glänzend,  und  da  er  von  seinem  geringen  Erwerb 
noch  Grosseltern  und  Familie  unterstützen  musste,  so  gerieth  er  wiederholt  in 
solche  Verlegenheiten,  dass  er  nicht  einmal  das  nöthige  Geld  besass,  um  die 
abgenutzten  Saiten  seiner  Violine  durch  neue  zu  ersetzen.  Ein  von  der  Mitau- 
schen  Liedertafel  auf  Anregung  mehrerer  hochgestellter  Damen  der  Stadt  zu 
seinem  Vortheil  veranstaltetes  Concert  bezeichnet  den  Wendepunkt  in  J.'s 
mühevoller  Entwicklungszeit,  indem  ihm  bei  dieser  Gelegenheit  von  selten  eini- 
ger kunstsinniger  Familien  eine  feste  Unterstützung,  zum  Zwecke  seiner  wei- 
teren Ausbildung  gewährt  wurde.  So  konnte  er  1858  ins  Conservatorium  zu 
Leipzig  eintreten,  wo  er  sich  schon  nach  einjährigem  Studium  in  einem  der 
Gewandhausconcerte  als  Solist  hören  Hess.  Bald  darauf  unternahm  er  eine 
Kunstreise  in  seine  Heimath   und  concertirte  mit  Erfolg  in  Mitau,  Riga,  Dor- 


Jacquards  —  Jal.  1(J7 

pat  und  Petersburg  bis  18G0,  wo  er  einen  Ruf  nach  Bremen  als  Concertraeistor 
annahm.  Hier  wirkte  er  zwölf  Jahre  lang  in  echt  künstlerischem  Sinne  als 
Solist,  als  Orchestergeiger  wie  auch  als  Haupt  einer  von  ihm  begründeten 
Quartettgesellschaft  und  war  unermüdlich  bestrebt,  sowol  die  classische  Musik, 
wie  auch  die  neuere  eines  Raft',  Brahms,  Goldraark  u.  a.  beim  Bremer  Publicum 
einzubürgern;  auch  concertirte  er  während  dieser  Jahre  wiederholt  in  den 
grösseren  Städten  Deutschlands  und  wirkte  bei  den,  vom  allgemeinen  deutschen 
Musikverein  veranstalteten  Tonkünstlerversammlungen  zu  Altenburg  und  Cassel 
mit.  Im  Jahre  1872  begab  sich  J.  nach  Amerika,  um  als  Concertmeister  in 
das  Thomas'sche  Orchester  einzutreten,  eine  Stellung,  die  er  bis  zur  Gefi^enwart 
bekleidet  und  in  welcher  er  sich  in  allen  grösseren  Städten  der  Unicjn  durch 
seine  Solovorträge,  namentlich  durch  seine  meisterhafte  Wiedergabe  der  Concerte 
von  Beethoven  und  Mendelssohn  reichen  Beifall  und  einen  berühmten  Namen 
als   Geiger  erwerben   konnte. 

Jncqaard,  Leon  Jean,  trefflicher  Violoncellist,  geboren  zu  Paris  am 
3.  November  1826,  wurde  nach  gründlichen  Vorstudien  im  Conservatorium 
daselbst  aufgenommen;  hier  erhielt  er  in  der  Classe  Norbert  1842  und  44  den 
zweiten  und  ersten  Preis,  und  erwarb  in  Paris,  durch  Sololeistungen  und  durch 
von  ihm  in  Gemeinschaft  mit  Armingaud,  Mas  und  Sabatier  veranstaltete 
Quartettsoii'een  bald  einen  soliden  Ruf.  1877  wurde  er  Lehi'er  am  Conser- 
vatorium.    Er  veröffentlichte   Compositionen  für  Violoncell. 

Jacqnot,  Charles,  ausgezeichneter  Geigenbauer  der  Gegenwart  in  Paris, 
erhielt  viele  Auszeichnungen  auf  verschiedenen  Ausstellungen.  Er  ist  1808  in 
Mirecourt  (Vogesen)  geboren,  lebte  erst  in  Nantes  und  kam  1852  nach  Paris, 
wo  er  seinen  Ruf  als  Instrumentenbauer  und  Kenner  alter  Instrumente  begründete. 

Jüdin,  Louis  (V,  320),  starb  nicht  1840,  sondern  am  1.  April  1853 
zu  Paris. 

Jadin,  Hyacinthe  (V,  351),  starb  im  October  1800. 

Jahn,  Wilhelm,  geboren  am  24.  Nov.  1835  in  Hof  an  der  schlesisch- 
mährischen  Grenze,  besuchte  das  Gymnasium  in  Ollmütz  und  wählte  dann  die 
Beamtenlaufbahn.  1852  aber  ging  er  in  Temesvar  zum  Theater;  nahm  1854 
Engagement  in  Pest;  1855  in  Agram;  1856 — 57  in  Amsterdam,  dann  bis  1864 
in  Prag,  und  war  dann  als  Ca^Dellmeister  in  Wiesbaden  thätig,  bis  er  1881 
an  die  Wiener  Hofoper  berufen  wurde.  Er  gehört  zu  den  besten  Dirigenten 
der   Gegenwart. 

Jakubowski,  Samson,  Virtuose  auf  der  Strohharmonika,  geboren  gegen 
1801  zu  Kowno  in  Lithauen,  lebte  erst  in  Wladislawona,  studirte  dann  in  Königs- 
berg einige  Zeit  Jura,  und  widmete  sich  darauf  dem  Handelsstande.  Er  ging 
nach  Petersburg,  wo  er  drei  Jahre  verweilte.  Hier  construirte  er  nach  seiner 
Idee  eine  Strohharmonika,  ein  Instrument,  das  aus  Stäben  von  Tannenholz 
besteht,  die  auf  Strohwalzen  ruhen  und  mit  zwei  Klöppeln  geschlagen  werden. 
Bei  seinem  Instrument  befanden  sich  die  längeren  Stäbe,  welche  die  tiefen  Töne 
angaben,  rechts,  die  kürzeren,  für  die  hohen  Töne,  links.  Anfangs  hatte  es  einen 
Umfang  von  fünfzehn  Tönen;  später,  als  J.  sich  darauf  hören  liess,  von  vierund- 
zwanzig. Er  erlangte  eine  bedeutende  Fertigkeit  auf  demselben  und  unterrichtete 
in  Petersburg  auch  einige  Schüler.  Einer  derselben,  Gusikow,  erlangte  als  Spieler 
dieser  Harmonika  europäische  Berühmtheit.  J.  liess  sich  öffentlich  zuerst  1826 
in  Viborg  hören,  bereiste  Dänemark,  Schweden,  Norwegen,  England  und  Frank- 
reich, überall,  besonders  in  Paris,  mit  grossem  Erfolge.  Er  schrieb  auch  eine 
Anzahl  Compositionen  für  sein  Instrument,  die  insofern  zwecklos  wurden,  da 
es  doch  nur  Specialität  blieb.  Als  Erfinder,  als  welcher  auch  Gusikow  von 
einigen  genannt  worden  ist,  können  beide  insofern  nicht  bezeichnet  werden, 
als  das  Instrument  ein  sehr  altes  ist,  das  bei  den  meisten  Völkern  früher  schon 
im   Gebrauch  war  (s.  den  Artikel  Strohtidel). 

Jal,  Augustin,  französischer  Schriftsteller,  geboren  zu  Lyon  am  13.  April 
1795,    verwendete    einen    Theil    seines    Lebens    dazu,    die    Kirchenregister   und 


Ißg  Jan  —  Ibach 

andere  Documente  zu  durchsuchen,  um  die  Daten  der  Geburt,  des  Todes  be- 
rühmter Persönlichkeiten  festzustellen  oder  zu  rectificiren.  Er  veröffentlichte 
hierauf  das,  in  diesem  Punkte  für  Biographen  sehr  nutzbare  Buch:  y>Dic- 
tionnaire  critique  de  Biographie  et  dldstoire,  errata  et  Supplement  j)Our  totis  les 
Dictionnaires  historiques  d'apres  des  documents  authentiques  inedifsa  (Paris  1865, 
in  8",  2.  Bd.  1872). 

Jan,  Martin  (V,  359),  von  Merseburgk,  ist  ums  Jahr  1620  geboren.  Als 
seine  früheste  bekannte  Arbeit  findet  sich  auf  der  Königsberger  Bibliothek  eine 
vielstimmige  C antäte :  Musikalische  Jubelfreude  mit  7,  10,  15,  20,  22,  24  und 
mehr  Stimmen,  nebst  dem  Basso  continuo  auf  1,  2,  3,  4,  5  und  6  Chöre,  nach 
italienischer  Invention  gesetzet  und  übergeben  durch  M.  Jan  bei  Paschen  Mense 
(Königsberg).  Er  war  zuerst  als  Candidat  der  Theologie,  Cantor  und  Musik- 
direktor an  den  beiden  Kirchen  zu  Sorau,  um  1653  Rector  der  evangelischen 
Schule  in  der  fürstlich  Lobkowitz'scheu  Residenzstadt  Sagan,  wo  er  1654 
ein  Grablied  mit  vier  Stimmen  auf  eine  Frau  Heidenreich  drucken  Hess  und 
wo  er  auch  das  Cantorat  an  der  Kirche  vor  dem  Eckersdorfer  Thore  zu  be- 
sorgen hatte.  Nach  mühevollen  9  — 10  Jahren  erhielt  er  die  Eckersdorfer 
Pfarrstelle,  wurde  aber  1668  mit  den  andern  lutherischen  Predigern  aus  dem 
Fürstenthum  Sagan  vertrieben  und  erhielt  hierauf  in  Ohlau  das  Amt  eines 
Cantors,  in  welchem  er  1682  starb.  Am  21.  Februar  1652  erschien  sein: 
Cantional  mit  50  deutschen  Passionsliedern,  nach  Dichtungen  von  verschiedenen 
Dichtern  mit  neuer  vierstimmiger  Bearbeitung,  theils  eigener,  theils  fremder 
Melodien.  Eine  vermehrte  Auflage  erschien  unter  dem  Titel  y>  Passionale  meli- 
cumci,  1663  zu  Sagan.  Sein  Lied:  »Jesu  meiner  Seelen  Wonne«,  1668  gedichtet, 
das  bereits  1671  in  das  stettiner  Gesangbuch  aufgenommen  wurde,  ist  noch 
heute  im  Kirchengesange  gebräuchlich. 

Jasiuska,  geborene  Lasanska,  ausgezeichnete  Sängerin  und  Schauspielerin, 
Polin,  war  von  1785 — 1800  die  Zierde  der  Polnischen  Nationaloper  in  War- 
schau und  des  Theaters  zu  Krakau.  Der  Operndirektor  Boguslawsky  wurde 
zuerst  auf  sie  aufmerksam  und  bewirkte  auch  ihr  erstes  Auftreten,  welches  in 
Nieswicz  auf  dem  Theater  des  Fürsten  Carl  Radziwill  stattfand.  Die  Opern, 
in  denen  sie  zunächst  ihr  seltenes  Talent  entfaltete,  waren:  »Axur«  und  die 
»Schule  der  Eifersüchtigen«  von  Salieri;  »la  Cosa  rara«  von  Martini;  »il  Ee 
Teodoro«  von  Paisiello  u.  a. 

Janch,  geschickter  Lautenmacher,  der  zu  Dresden  im  18.  Jahrhundert  ar- 
beitete und  die  Cremoueser  Instrumente  zu  seinem  Modell  wählte.  Christoph 
Friedrich  Hunger,  tüchtiger  Lautenmacher  in  Dresden,  war  sein  Schüler. 

Jawureck,  Constanze,  bedeutende  dramatische  Sängerin,  geboren  in  Paris 
im  September  1803,  als  Tochter  eines  deutschen  Musikers,  und  erzogen  auf 
dem  Pariser  Conservatorium,  debütirte  1822  an  der  grossen  Oper  daselbst  in 
einer  kleinen  Partie.  Bald  jedoch  gehörte  sie  zu  den  vorzüglichsten  Vertre- 
terinnen der  Hauptpartieu  der  Pariser  Oper  fünfzehn  Jahre  hindurch.  1837 
ging  sie  nach  Brüssel,  wo  sie  ebenfalls  Triumphe  errang;  verliess  aber  1840 
die  Bühne,  noch  im  Vollbesitz  ihrer  Stimmmittel,  um  sich  ins  Privatleben  zurück- 
zuziehen.    Sie  starb  in  Brüssel  am  8.   Juni   1858. 

Jaye,  Henry,  vorzüglich  geschickter  Lautenmacher  Englands,  der  im 
17.  Jahrhundert  in  London  arbeitete.  Das  Instrumenten-Museum  des  Conser- 
vatoriums  in  Paris  besitzt  eine  seiner  Bassviolen  vom  Jahre  1624.  Er  ist 
wahrscheinlich  identisch  mit  dem  V,  371   erwähnten  Jay. 

Ibach,  Eud.,  Sohn,  Pianofortefabrikant  in  Barmen  (Bheinpreussen).  Die 
Fabrik  hat  in  den  letzten  Jahren  einen  gewaltigen  Aufschwung  genommen,  so 
dass  schon  jetzt  jährlich  über  600  Flügelpiano's  angefertigt  werden,  welche  Zahl 
sich  bei  der  stets  steigernden  Nachfrage  nach  Ibach'schen  Instrumenten  in  wenigen 
Jahren  noch  bedeutend  erhöhen  dürfte.  Die  Fabrik  ist  im  Jahre  1876  in 
einen  grossartig  ausgeführten,  sechs  Etagen  zählenden  Neubau,  am  Neuenweg 
40  in   Barmen    verlegt   worden,    in    welchem  jetzt   die    Fabrikation    durch    eine 


Ibn  Aiclia  —  Jeep.  169 

Dampfmaschiuc  und  zwölf  Eisen-  und  Holzbearboitungsmaschinen  unterstützt 
wird.  Eine  eigene  Wasserleitung',  ooinplete  Darapflieizung,  Dampftrockenapparatu. 
Fahrstuhl  u.  s.  w.,  gestalten  die  Fabrik  zu  einer  der  intclligenteston  Deutsch- 
lands, und  eine  bisher  nicht  gekannte,  Ins  in'a  kleinste  durchgeführte  Zer- 
gliederung der  Arbeit,  eine  rationelle  Beaufsichtigung  und  Controle  der  ein- 
zelnen Arbeiter  ergeben  Erzeugnisse,  die  in  Bezug  auf  Preiswürdigkeit  und 
Solidität  mit  den  besten  Instrumenten  der  ersten  Fabriken  der  Welt  con- 
curiren  können. 

Ibn  Aicha,  Mohammed,  einer  der  berühmtesten  Singer  des  Orients, 
Schüler  der  Djemilie  und  des  Mabed,  starb  743  nach  christlicher  Zeitrechnung 
(123  oder  126  der  Hegira).  auf  seiner  Rückreise  von  Damaskus  nach  Medina, 
im  Schlosse  Dhou-Khouchb,  welches  der  Bruder  des  Kalifen  bewohnte.  Es 
wird  erzählt,  dass  der  ungeraessene  Stolz  dieses  Säugers  hier  die  Veranlassung 
seines  plötzlichen  Todes  wurde.  Er  befand  sich  mit  dem  Prinzen  auf  der 
Terrasse,  d.  h.  dem  Dach  des  Hauses,  und  hatte  eben  ein  Lied  beend '4.  welches 
der  Prinz  wiederholt  haben  wollte;  Ibn  H.  verweigerte  es,  der  Prinz  aber  be- 
stand auf  seinem  W^illeu  und  Hess  schliesslich  den  stolzen  Widerspänstigen 
vom  Dache  hinunterwerfen,  welches  seinen  Tod  herbeiführte.  Nach  einem  andern 
Lesart  war  der  Sturz  ein  zufälliger.  (nCaussin  Percival,  Noüces  anecdotiques 
sur  les  j)rincij>aux  musiciens  arabesa.) 

Ibu  Moahriz,  berühmter  arabischer  Sänger  und  Musiker.  Als  ein  Beweis 
Beines  Ruhms  wird  erzählt,  dass  der  noch  berühmtere  Sänger  Honayn  el  Hiry, 
als  er  hörte,  dass  M.  auf  dem  Wege  nach  Irak  sei,  er  demselben  bis  an  das 
Ende  der  Provinz  entgegen  reiste,  und  ihn  bewog,  gegen  einen  Entgelt  von 
500  Goldstücken,    sich  in  Irak  nicht  als   Sänger  hören  zu  lassen. 

Ibn-Souraydj,  einer  der  berühmtesten  arabischen  Sänger  und  Componisten, 
wurde  gegen  das  Jahr  23  der  Hegira  (ungefähr  641  der  christlichen  Zeitrech- 
nung) zu  Mekka  geboren.  Sein  Gesanglehrer  daselbst  war  Ibn-Moucaddjih; 
in  Medina,  wo  er  sich  eine  Zeitlang  aufhielt,  lehrte  ihn  die  Sängerin  Azze-tel- 
Meyla  einige  ihrer  Gesänge.  Seine  Berühmtheit  erlangte  er  erst  ziemlich  spät, 
denn  er  war  in  seiner  Vaterstadt,  ausser  als  Sänger  bei  den  Leichenfeierlich- 
kelten,  wenig  bekannt.  Als  er  jedoch  erst  Gelegenheit  gefunden  hatte  hervor- 
zutreten, erlangte  er  bald  eine  ungeheure  Berühmtheit.  Der  Kalif  Walid,  Sohn 
Abd-el-Meliks,  rief  ihn  nach  seiner  Thronbesteigung  zu  sich  nach  Damaskus, 
und  schätzte  ihn  nach  Verdienst.  Als  Componist  war  er  ebenfalls  sehr  ge- 
schickt und  berühmt.  Im  Wettstreit  mit  seinem  Rivalen  El-Garidh,  comjjonirte 
er  nach  einander  in  den  verschiedensten  Maassen  »hazadj«,  »ramal«  u.  a.,  end- 
lich jedoch,  als  er  Verse  des  Poeten  Omar  in  Musik  gesetzt,  ein  Gesang,  der 
zu  den  Meisterstücken  der  arabischen  Musik  gezählt  wird,  bekannte  sich  El.  Garidh 
als  besiegt.  Ibn-S.  hatte  ein  unschönes  Gesicht  und  schielende  Augen,  weshalb 
er  beim  Singen  gewöhnlich  einen  runden  Hut  und  einen  leichten  Schleier  trug, 
um  die  Zuhörer  durch  seinen  Anblick  nicht  zu  stören.  Er  starb  in  Mekka 
84  Jahr  alt  (726  Chr.  Z.) 

Jean  de  Cleves,  Tonkünstler,  von  dem  nur  seine  Grabschrift  noch  Kunde 
giebt.  Van  der  Straeten  (»ia  musique  aux  Pa^s-Bas«,  Band  I)  giebt  dieselbe 
im  lateinischen  Text.  Die  Grabschrift  befindet  sich  in  der  grossen  Kirche 
Augsburgs;  sie  nennt  J.  de  Gl.  einen  ausgezeichneten  Künstler,  dessen  Munde 
süsse  Melodien  entströmten.  Derselbe  war  Musiker  des  Kaisers  Ferdinand  I., 
auch  Chordirektor  des  Erzherzogs  Carl  und   starb   1582  im  Alter  von  53  Jahren. 

Jeep,  Johann  (V,  373).  Das  Geburtsjahr  desselben  ist  nach  einem  schönen 
Kupferstichporträt  (Hüftliild)  von  Seb.  Fürck  vom  Jahre  1635,  welches  ihn 
nach  dem  Leben  darstellt,  als  das  Jahr  1582  anzunehmen.  In  den  »Monats- 
heften für  Musikgeschichte«  1876,  theilt  R.  Eitner  aus  V.  Haussmann's  Tricinia 
(Nürnberg  16u7)  ein  Spottgedicht  auf  J.  mit  und  knüpft  daran  weitere  An- 
deutungen über  dessen  künstlerische  Entwickelung.  \'ora  »Studentengärtlein« 
besitzt   die  Univ.-Bibliothek  Göttingen    sogar    eine   siebente  Auflage  des   ersten 


110  Jenicke  —  Inhalt. 

Theils  (Nürnberg  1626),  sowie  die  dritte  des  zweiten  Theils  (Nürnberg  1622). 
Winterfeld's  »evangelisclier  Kirchengesang«  und  ganz  besonders  Schöberlein's 
»Schatz  des  liturgischen  Chor-  und  Gemoindegesangs«  (Göttingen  1865 — 72) 
geben  aus  J.'s  »geistl.  Psalmen  und  Kirchengesängen«  (1629)  zahlreiche  Ton- 
sätze wieder.  Was  schliesslich  im  fünften  Bande  über  ein  Porträt  Jeep's  von 
H.  Ullrich  nach  Gerber  vermuthet  wird,  ist  dahin  zu  berichtigen,  dass  dieses 
Bildnibs  ins  Jahr  1613  zu  setzen  und  auch  im  Tenor  des  »Studentengärtleins« 
zu  finden  ist.  Der  Vollständigkeit  wegen  sei  noch  hinzugefügt,  dass  Drugulin's 
Verzeichniss  von  Poi'träts  (Leipzig  1864)  noch  ein  drittes  interessantes  Bild- 
niss  des,  seiner  Zeit  sicher  angesehenen  Tonkünstlers  verzeichnet,  in  ganzer 
Figur  von  S.  Fürck  gestochen,  am  Mainufer,  wo  Christus  als  vom  Johannes 
getauft  dargestellt  wird;  das   Ganze  von  einem   Canon  umgeben. 

Jeiiike,  Emil,  polnischer  Componist  und  Pianist,  veröll'entlichte  Gesangs- 
stücke: y>Dzieivine  Pies'nüi.,  welche  hübsche  Melodien  enthalten.  Auch  ein 
Trauermarsch,  zum  Gedächtuiss  Chopin's  compDuirt,  erschien  im  Druck  (War- 
schau, Klukowsky).     J.  starb  jung  bereits   1852. 

Jensen,  Adolf  (V,  375),  starb  am  23.  Januar  1879  in  Baden-Baden,  wo- 
hin er  wenige   Jahre  vorher  von   Graz  übergesiedelt  war. 

Jervolino,  Arcangelo,  Priester  und  Componist  in  Italien,  lebte  in  der 
ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  und  war  Professor  am  Conservatorium 
Santa  Maria  di  Loreto  zu  Neapel.  Ein  Intermezzo  seiner  Composition  »Za 
Finta  Remita  e  lo  Stroccioiia,  welches  1737  auf  dem  Theater  des  Conservatoriums 
aufgeführt  wurde,  ist  noch  bekannt. 

Jimenez,  eine,  von  der  Insel  Trinidad  stammende  Negerfamilie,  bestehend 
aus  dem  Vater  Julian  und  den  beiden  Söhnen  Manual  und  Nicasio,  welche 
als  Musiker  Ruf  erwarben.  Der  Vater  ist  als  Violinist  ausgezeichnet,  die 
Söhne  aber:  Manual  als  Pianist  und  Nicasio  als  Violoncellist.  Nachdem  sie 
längere  Zeit  in  Leipzig  gelebt  hatten,  machten  sie  Kunstreisen  durch  Deutsch- 
land und  gingen  dann  nach  Paris. 

Jimmerthal,  Hermann,  ist  am  14.  August  1809  in  Lübeck  geboren,  war 
Schüler  von  Mendelssohn  und  ist  seit  1845  Organist  an  der  St.  Marienkirche 
in  Lübeck.  Er  gehört  zu  den  vorzüglichsten  Orgelspielern  und  gilt  als  eine 
Autorität  auf  dem  Gebiet  des  Orgelbaues.  Nach  seiner  Disposition  wurde  die 
neue  Orgel  der  Marienkiixhe  mit  80  klingenden  Stimmen,  eine  der  schönsten 
in  Deutschland,  von  Schultze  &  Söhne  in  Paulinzelle  gebaut.  J.  hat  auch 
manches  werthvolle  Werk  für   Orgel  veröffentlicht. 

Inibanlt  (V,  380),  ist  am  9.  März  1753  geboren. 

Immenraet,  Michel,  Ciavierbauer  aus  Köln,  der  sich  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts in  Antwerpen  niederliess  und   1610  Bürger  dieser  Stadt  wurde. 

Ingraude,  Edmond  d',  Organist  und  Componist,  am  19.  März  1825  zu 
Paris  geboren,  war  Schüler  von  Wilhem,  Taskin,  später  von  Zimmermann  und 
Ad.  Adam.  Zur  Zeit  ist  er  Organist  an  der  Kirche  Notre  Dame  des  Planes 
^Nlanteaux  und  Kapellmeister  an  St.  Leu.  Unter  einer  grossen  Zahl  von  ihm 
veröffentlichter  Chorgesangscompositionen  sind  mehrere,  ebenso  wie  die  Cantate 
Jean  d'Arc  für  Soli  und  Chor  mit  Begleitung  von  Ciavier-  und  Saiteninstru- 
menten preisgekrönt  worden.  Er  schrieb  auch  zwei  Messen  für  dreistimmigen 
Mäunerchör  mit  Orgelbegleitung,  ebenfalls  gedruckt,  und  betheiligte  sich  an 
der  Pedaction  der  Joui'nale  »l'Orpheon«   und  »Union  chorale.« 

Inhalt  (V,  404).  Die  grosse  Unklarheit,  mit  welcher  viele  Künstler  und 
Kunstphilosophen  immer  noch  das  Verhältniss  von  Form  und  Inhalt  auffassen, 
ist  von  folgenschwerer  Bedeutung,  namentlich  für  die  Kunstentwicklung  unserer 
Tage  geworden.  Weil  sich  einzelne  gewöhnt  haben,  beide,  Form  und  Inhalt, 
getrennt  zu  denken,  die  Form  als  ein,  von  vornherein  fertiges  Gefäss  betrach- 
ten, in  das  man  den  Inhalt  füllt,  so  sind  sie  allmälig  zu  jener,  die  Form  gering- 
schätzenden Verachtung  derselben  gekommen ,  welche  das  Kunstwerk  gar  bald 
verwildern    lässt.      Andern  wieder  entzieht  sich  der  besondere  Inhalt,    der  jede 


Inhalt.  171 

einzelne  Form  entstehen  lüsst;  sie  sehen  nur  diese  und  die  Kunst:  in  Tönen 
zu  Formen  ist  ihnen  nur  unterhaltendes  Spiel  ohne  besondern  Inhiilt.  Schon 
die  oberflächlichste  Betrachtung^  des  franzen  Materials  und  der  durcli  dasselbe 
dargestellten  Formen  zeigt,  wie  falsch  beide  Anschauungen  sind.  Es  kann  doch 
unmöglich  Zufall  sein  oder  Laune,  dass  der  Choral  eine  andere  Form  erhält 
als  das  Lied  oder  der  Tanz  und  dass  diese  wieder  unter  sich  selbst  streng 
geschieden  sind;  dass  der  Hymnus,  die  Motette,  dass  Sonate,  Sinfonie  und  alle 
die  andern  Formen  wesentlich  unterschiedene  Gestalt  gewinnen,  wenn  sie  auch 
immer  denselben  Organismus  zeigen.  Nur  der  veränderte  Inhalt  giebt  ihnen 
die  veränderte  Gestalt;  wäre  dieser  nicht  das  Treibende,  so  würden  kaum  ver- 
schiedene, ganz  sicher  aber  nicht  in  bestimmter  Weise  typisch  gehaltene  For- 
men für  die  einzelnen  Fälle  gebildet  werden.  Damit  ist  aber  zugleich  auch 
augedeutet,  dass  es  keine  eigentlich  inhaltslosen  Formen  geben  kann,  dass  Inhalt 
und  Form  nicht  getrennt  sein  können,  sondern  dass  die  Form  der  Gestalt  ge- 
wordene Inhalt  ist,  und  dass  in  der  besonderu  Weise,  in  welcher  die  Form 
erscheint,  die  Besonderheit  des  Inhalts  sich  kund  thut.  Es  ist  schon  in  mehreren 
Artikeln  des  Hauptwerks  gezeigt  worden,  wie  die  Klänge,  so  lange  sie  nicht 
in  gewisse  Beziehungen  unter  einander  gesetzt  werden,  nur  auf  die  Tonempfin- 
dung einwirken,  nicht  eigentlich  einen  Inhalt  vermitteln.  Eingehend  ist  dort 
nachgewiesen  worden,  dass  die  einzelnen  Töne  der  Tonleiter  nicht  mehr  nerven- 
reizend wirken,  wenn  sie  ihren  Verhältnissen,  in  die  sie  zu  einander  treten, 
entsprechend  geordnet  werden;  es  wurde  ferner  nachgewiesen,  dass  unter  diesen 
Gesichtspunkten  betrachtet ,  die  diatonische  Tonleiter  schon  formell  künst- 
lerisch wirkt,  was  von  der  chromatischen  nicht  gilt.  Ausführlich  ist  dort  ge- 
zeigt, dass  die  diatonische  Tonleiter  ganz  streng  formell  gegliedert  ist,  dass 
sich  zu  diesem  Behufe  Tonica  und  Dominant  (und  ünterdominant)  als  Angel- 
punkte der  Tonleiter  abheben,  und  zugleich  Angelpunkte  der  Tonart  und  der 
ganzen  Formgestaltung  werden.  Hierin,  in  diesen  Experimenten,  zeigt  sich 
schon  der  künstlerische  SchafFenstrieb  thätig,  welcher  sich  die  Wirkung  auf 
die  Touempfindung  in  dieser  Weise  dienstbar  macht,  dass  er  das  Darstellungs- 
material in  jene  innern  Beziehungen  bringt,  welche  die  künstlerische  Form- 
gestaltung ermöglichen.  Aus  der  Unsumme  der  überhaupt  möglichen  Töne  und 
Klänge,  hebt  der  schöpferische  Geist  diejenigen  heraus,  die  nicht  nur  der 
Tonempfindung  angenehm  sind,  sondern  die  zugleich  als  Bausteine  für  die  Dar- 
stellung eines  bestimmten  Inhalts  in  künstlerischen  Formen  dienen  können. 
Zu  diesem  Zwecke  wird  dann  weiterhin  der  Ehythmus  hinzugezogen,  welcher 
in  seiner  ursprünglichen  Erscheinungsform  mehr  noch  nur  realistisch  wirkt  als 
Ton  und  Klang  und  diesen  ebenso  von  vornherein  fremd  ist  wie  der  Sprache. 
Seine  früheste  Entwickelung  gewann  er  am  Marsch  und  am  Tanz,  von  hier 
aus  erst  wurde  er  ebenso  der  Sprache  wie  der  Musik  vermittelt.  Es  ist  gleich- 
falls früher  schon  gezeigt  worden,  wie  er  zunächst  ganz  materialistisch  wirkt, 
indem  er  durch  das  stetig  festgehaltene  rhythmische  Motiv  die  Bewegung  der 
Massen  regelt  und  wie  dann  der  combinirende  Kunstverstand  das  Motiv  zu 
organisch  entwickelten  Kunstformen  verarbeitet.  Durch  seinen  Hinzutritt  ge- 
winnen dann  auch  jene  geordneten  Accordfolgen  wiederum  erhöhte  Bedeutung 
und  mehr  künstlerische  AVirkung: 


Tt- 

~c^ — ^ 

■ 

ih^ 

In  jeder  dieser  besondern  rhythmischen  Gestaltungen  macht  sich  bereits  das 
Vorhandensein  einer  besondern  Idee  bemerkbar.  Der  Ehythmus  ist  hier  nicht 
nur  seiner  sinnlich  aufreizenden  Wirkung  nach  herbeigezogen,  sondern  nach 
bestimmtem  Bedürfniss    des    schafl'enden  Kunstverstandes;    er  soll  deshalb  auch 


172 


Inhalt. 


nicht  nur  materiell  auf  die  Nerven  wirken,  sondern  im  Hörer  die  bestimmte 
Idee  erzeugen,  die  ihn  aufbot,  zur  Wirksamkeit  mit  herbeizog.  Er  erhöht 
demnach  ganz  gewiss  den  sinnlichen  Eindruck  der  Accoi'de,  zugleich  aber  auch 
ihre  ästhetische  Wirkung,  indem  er  uns  der  Idee  näher  führt,  welche  den  Künst- 
ler bei  seiner  Einführung  leitete.  Tritt  dann  die  Melodie,  wenn  auch  in  ihrer 
einfachsten  Fassung,  hinzu: 


1. 


i=l_ 


J- 


:iä=:i==Ä= 


P   I    V    ' 

so  wird  zwar  auch  dadurch  die  sinnliche  Wirkung  des  Ganzen  wiederum  erhöht, 
aber  zu  gleicher  Zeit  seine  Ausdrucksfähigkeit.  Indem  die  Accorde  in  der 
Oberstimme  wenigstens  aufgelöst  werden,  in  ihre  einzelnen  Bestandtheile,  wirken 
sie  nicht  mehr  so  massig,  sie  gerathen  in  Pluss;  und  dies  ist  noch  mehr  der 
Fall,  wenn  dann,  wie  im  vorletzten  Takt  des  zweiten  und  auch  des  dritten 
Beispiels,  ein  harmoniefremder  Ton  eingemischt  wird.  Die  Melodie  braucht 
noch  nicht  einen  besondern  Charakter  zu  haben,  sodass  sie  einem  ganz  beson- 
deren Inhalt  Ausdruck  giebt;  schon  in  dieser  einfachsten  Einführung  giebt  sie 
dem  ursprünglichen  harmonischen  Material  höhere  Bedeutung  und  veredelte, 
nicht  nur  sinnlich  reizvolle  Wirkung.  Selbstverständlich  wird  diese  dann 
wiederum  erhöht,  wenn  auch  die  anderen  Stimmen  an  dieser  Auflösung  theil- 
nehmen;  wenn  sie  sich  nicht  damit  begnügen,  nur  die  zugewiesenen  Töne  der 
Harmoniefolge  zu  bringen,  sondern  sie  zu  einer  selbständigen  Stimme  zu 
gestalten  suchen.  Dann  erscheint  diese  als  ein  Individuum,  das  nicht  mehr  mit 
den  andern  nur  zusammengekoppelt  ist,  zu  rein  materieller  Klangwirkung,  son- 
dern das  seine  Selbständigkeit  zu  wahren  versteht,  in  dieser  Gresammtheit 
der  Stimmen: 


So  werden  Melodie,  Harmonie  und  Rhythmus  verbunden,  nicht  nur  um  die 
Tonempfindung  anzuregen,  sondern  im  Dienst  bestimmter,  von  Verstand,  Phan- 
tasie und  dem  ästhetischen  Gefühl  erzeugter  Ideen.  Auf  diesem  Wege  vor- 
schreitend, gelangt  der  schafi'ende  Genius  dann  zu  wirklichen,  organisch  geglie- 
derten Tonformen,  in  denen  dem  entsprechend  ein  ganz  bestimmter  Inhalt 
Gestalt  geworden  ist.  Der  Ton  ist  nicht  mehr  nur  ein  Mittel,  die  Sinne  an- 
und  aufzuregen,  sondern  er  wird  zugleich  zum  Baustein  für  kunstvolle  Formen, 
in  denen  die  höchsten  und  heiligsten  Ideen  Gestalt  gewinnen.  Es  ist  daher 
zunächst  der  Geist  des  Künstlers,  der  uns  in  den  Formen  entgegen  tritt,  aber 
dieser  ist  entweder  von  aussen  augeregt,  wie  bei  den  grossen  Meistern  der 
klassischen  Musikrichtung  oder  durch  die  eigene  mehr  innerlich  waltende  Ge- 
staltungskraft des  Geistes  wie  bei  den  Romantikern.  Unter  dem  Eindruck  dieser 
Ideale  fügt  der  schaffende  Künstler  Ton  an   Ton  und  Accord  an  Accord  u.  s.  w. 


Iniguez  —  Jonciercs.  173 

und  gewinnt  so  den  Ausdruck  dessen,  was  er  gefühlt  und  innerlich  angeschaut, 
in  einer  kunstvoll  gegliederten  Form.  So  stellt  sich  das  Verhiiltniss  von  Inhalt 
und  Form;  beide  sind  zu  so  untrennbarer  Einheit  verschmolzen,  dass  Eins 
ohne  das  Andere  nicht  denkbar  ist. 

Iniguez.  Ein  zeitgenössischer  Organist  in  Spanien,  veröffentlichte:  1)  »Eine 
ausführliche  Abhandlung  über  den  Chorgesang«;  2)  »Theoretische  und  prak- 
tischer Lehrgang  für  die   Orgel«.      (Beides  bei  Komero  y  Andia  in   Madrid.) 

Inzeuga,  Jose,  spanischer  Tonkünstler  der  Jetztzeit,  trat  als  Pianist  auf 
und  veröHontlichte  »Einige  Bemerkungen  über  die  Kunst  auf  dem  Ciavier  zu 
begleiten«  (Madrid,  Komero  y  Andia).  Ferner  eine  interessante  Sammlung  von 
volksthümlichen  Liedern  und  Weisen,  Gresiinge  der  verschiedenen  Provinzen 
Spaniens,  Tanzweisen,  auch  Soldaten-  und  Kriegslieder  u.  s.  w.  enthaltend,  unter 
dem  Titel:  ■i>Ecos  de  Espaiiaa  (Barcelona,  Vidal  &  Bernareggi).  Ein  drittes 
Werk:  »Impresionas  de  en  artüta  en  Italiau,  enthült  Ansichten  des  Autors  über 
die  Gesangskunst  u.  s.  w.  in  Italien ,  die  derselbe  bei  seiner  Anwesenheit  in 
diesem  Lande  gewonnen.  In  Madrid  wurden  fünf  komische  Opern  (Zarzuela) 
von  ihm  aufgeführt.  Er  ist  seit  1860  Professor  des  Gesanges  am  Conser- 
vatorium  in   Madrid. 

Joachim,  Amalie  (V,  467),  ist  um  10.  Mai  1839  in  Marburg  (Sieben- 
bürgen) als  die  Tochter  des  dasigen  Magistratsbeamten  Schneeweiss  geboren. 
Bereits  im  Sejitember  1853  betrat  sie  in  Troppau  in  östr.  Schlesien  die  Bühne 
und  nahm  ein  halb  Jahr  später  ein  Engagement  in  Hermannstadt  und  nach 
wiederum  6  Monaten  am  Kärntnerthor-Theater  in  Wien  an.  Hier  änderte  sie 
ihren  Namen  in  den  geläufigeren  »Weiss«  um.  1862  ging  sie  nach  Hannover 
und  hier  verheiratete  sie  sich  mit  Joachim,  nachdem  sie  von  der  Bühne  am 
30.  Mai  1863  als  »Fidelio«  Abschied  genommen  hatte.  Seit  dem  wirkt  sie  als 
Concert-  und  Oratoriensängerin. 

Joncieres,  Felix-Ludger  genannt  Victorin  de,  Componist  und  musi- 
kalischer Kritiker,  Sohn  eines  politischen  Schriftstellers,  ist  zu  Paris  am  12.  April 
1839  geboren.  Den  ersten  Unterricht  in  der  Musik  erhielt  er  von  einer  seiner 
Tanten,  seine  wissenschaftliche  Ausbildung  auf  dem  Lyceum  Bonapavte,  das  er  mit 
sechzehn  Jahren  absolvirt  hatte.  Er  glaubte  sich  zunächst  für  die  Malerei  ver- 
anlagt und  trat  in  das  Atelier  von  Picot,  um  Maler  zu  werden,  nebenher  die 
Musik  als  Liebhaberei  pflegend.  Eine  kleine  komische  Oper  WAmour  peintrea 
nach  Moliere,  die  er  in  dieser  Zeit  schrieb  und  die  von  Schülern  des  Conser- 
vatoriums  1859  zur  Aufführung  kam,  gab  dem  anwesenden  Kritiker  Frank  Marie 
Veranlassung,  den  jungen  Autor  als  für  die  Musik  so  veranlagt  zu  bezeichnen, 
dass  derselbe  die  Palette  niederlegte  und  sich  nun  der  Musik  widmete,  zu  wel- 
chem Zwecke  er  in's  Conservutorium  eintrat.  Er  verliess  dasselbe,  als  er  sich 
bereits  zur  Concurrenz  um  den  grossen  Preis  vorbereitete,  in  Folge  einer  Dis- 
cussion  über  die  Theorien  Wagners,  der  eben  in  Paris  sein  erstes  Concert  gab 
und  über  welche  seine  Lehrer  seine  Meinung  nicht  theilten.  Von  seinen  Com- 
positionen  kamen  eine  Ouvertüre,  ein  Marsch  und  mehrere  andere  Instrumental- 
werke zur  Aufführung.  Die  Musik  zu  der  Tragödie  »Hamlet«,  nach  der  Über- 
setzung von  Alex.  Dumas  und  Meurice  (Ouvertüre,  Entreakte  und  Melodramen) 
führte  J.  ungefähr  1864  in  einem  eigenen  Concerte  dem  Publicum  vor.  Die 
Tragödie  wurde  mit  dieser.  Musik  und  mit  Mdm.  Judith  in  der  Titelrolle  in 
Nantes  und  auch  in  Paris  zur  Aufführung  gebracht.  Dus  Gebiet  der  grossen 
Oper  betrat  J.  mit  Sardanapal,  grosse  Oper  in  drei  Akten,  welche  1867  im 
Theatre  lyrique  mit  Mdm.  Nilson  in  der  Hauptpartie  in  Scene  ging,  jedoch 
nur  in  Bezug  auf  einzelne  Partien  Anklang  fand.  Auch  das  zweite  Werk 
desselben  Stiles  »ie  Dernier  jour  de  Pomjieiu,  grosse  Oper  in  4  Akten,  aut- 
geführt 1869,  erzielte  nur  mittelmässigen  Erfolg.  Es  gelang  dem  Componisten 
nur  erst  nach  längerer  Zeit  eine  dritte  grosse  Oper,  »Dimitri«,  aufgelührt  zu 
sehen;  erst  das  Theätre  Lyrique  bei  seiner  Wiedereröffnung  öffnete  dersel- 
ben   ihre   Pforten.      Dieses   Werk    fand,    vorzugsweise    bei    den   Künstlern   und 


174  Josephson  —  Ismael. 

der  Kritik  eine  sehr  günstige  Aufnahme.  Es  wird  zwar  nicht  als  ein  voll- 
kommenes Work,  wol  aber  als  eines  bezeichnet,  welches  die  Aufmerksamkeit 
auf  den  Autor  desselben  zu  lenken  wol  berechtigt  ist.  Hauptsächlich  wird  die 
geschickte  Instrumentation  anerkannt.  J.  veröffentlichte  Romanzen,  Ciavier- 
stücke, ein  Yiolinconcert,  eine  romantische  Sinfonie.  Er  ist  seit  1871  als  musi- 
kalischer Kritiker  am   Journal  »Liberte«  thätig. 

Josephson,  Jacob  Axel  (V,  478),  starb  am  29.  März   1880. 

Josse,  Jean  Marie,  Componist,  geboren  zu  Toulouse  am  23.  Februar  1815, 
erhielt  den  ersten  Musik-Unterricht  in  der  Singeschule  der  Kathedrale  zu  Tou- 
louse. Zwölf  Jahr  alt  kam  er  nach  Bordeaux,  da  sein  Vater  um  jene  Zeit  dort 
die  Stelle  eines  Kapellmeisters  am  Theater  annohm.  Sein  Lehrer  wurde  nun 
Massin,  genannt  Turina,  ein  Schüler  von  Reicha.  1832,  nach  ernstlichen  Stu- 
dien, schickte  ihn  sein  Lehrer  zu  seiner  weiteren  Vervollkommnung  mit  warmen 
Empfehlungen  nach  Paris,  und  versah  ihn  zu  diesem  Zwecke  auch  mit  Geld, 
und  zwar  mit  dem,  welches  er  von  ihm  selber  für  Lectionen  erhalten,  und 
welches  er  sorgfältig  aufgespai't  hatte.  In  Paris  trat  J.  in's  Conservatorium  und 
als  zweiter  Geiger  in  das  Orchester  des  Thefitre  Nautique,  später  in  das  der  Opera 
Comique,  erst  als  Bratschist,  dann  als  Orchesterdirektor.  In  diese  Periode  fallen 
die  Corapositionen  des  Oratoriums  r>La  Tentationa  in  drei  Abtheilungen  und  der 
einaktigen  komischen  Oper  »le  Talisman«,  beide  in  Paris  aufgeführt,  1850  nahm 
J.  ein  Engagement  als  Orchesterdirektor  im  Theatre  Michael  in  Petersburg  an, 
in  welchem  er  bis  1861  A^erblieb;  worauf  er  nach  Frankreich  zurückkehrte  und  in 
Marseille  Wohnsitz  nahm.  In  gesicherten  Verhältnissen  lebend  beschäftigte  er 
sich  von  nun  an  nur  nach  seiner  Neigung  mit  der  Comjaosition.  Zahlreiche  Or- 
chesterwerke und  eine  Oper  in  fünf  Akten  i> Henri  Ill.a,  die  unter  dem  Titel  »Za 
Lega«  auch  in  Mailand  zur  Aufführung  gelangte,  sind  die  Früchte  seiner  Muse. 

Joiiret,  Leon,  Componist,  seit  1874  Professor  am  Conservatorium  zu  Brüssel, 
und  betraut  mit  der  Leitung  des  Chorgesanges  an  demselben,  ist  zu  Ath  in  Bel- 
gien am  17.  October  1828  geboren,  und  erhielt  durch  die  Singeschule  und  im 
Kirchenchor  in  seiner  Vaterstadt  früh  Unterweisung  im  Gesang.  Dem  Wunsche, 
sich  ganz  der  Musik  zu  widmen,  setzten  seine  Eltern,  die  1839  nach  Brüssel 
übersiedelten,  keinen  Widerstand  entgegen,  und  so  bezog  er  1840  das  Conser- 
vatorium daselbst.  Seine  ersten  Compositionen  erschienen  1848.  Das  von  ihm 
fast  ausschliesslich  und  mit  Glück  gepflegte  Gebiet  ist  die  Vocalmusik.  Er 
veröffentlichte  nach  und  nach  Lieder,  Romanzen,  mehrstimmige  Gesänge  für 
Männei'stimmen  a  capella,  eine  Sammlung  Gesänge  für  Frauenstimmen,  zwei- 
und  dreistimmig  mit  Ciavier-  oder  Orgelbegleitung,  die  zu  seinen  gelungensten 
gehören;  ferner  Psalmen,  Motetten,  eine  Messe,  eine  fünf  stimmige  Pfingst- 
cantate  mit  Begleitung  von  Orgel,  Violoncell  und  Contrabass;  ein  Stabat  mater, 
Salvum  fac  regem  u.  a.  Auch  mit  zwei  kleinen  Opern  trat  J.  sehr  glücklich 
an  die  Oeffentlichkeit.  1865  wurde  die  erste  derselben,  -aQuentin  Matsysa,  im 
Saale  des  »Cercle  artistique«  aufgeführt  und  errang  einen  entschiedenen  Erfolg; 
eben  so  entsprach  die  zweite  »ie  Tricorne  enchante«  nach  einer  Comödie  von 
Th.  Gautier  bearbeitet,  den  Erwartungen  vollkommen.  Einem  grossen  Theater 
jedoch  hat  der  Componist  diese  beiden  ansprechenden  Opern  bis  jetzt  nicht 
anvertrauen  mögen.  Die  Compositionen  J.'s  sind  in  Paris,  in  Brüssel,  ein  Theil 
derselben  bei  Schott  erschienen.  Sein  älterer  Bruder  Theodor,  Professor  der 
Chemie  in  Brüssel,  verfasste  viele  Jahre  hindurch  musikalische  Referate  und 
Correspondenzen  für  belgische  Blätter  für  Paris  und  auch  für  Deutschland. 

Ismael,  Jean  Vital  Ismael,  eigentlich  Jammes,  dramatischer  Sänger, 
zur  Zeit  Lehrer  der  Opern-Classe  am  Pariser  Conservatorium,  ist  zu  Agen  in 
Frankreich  am  28.  April  1827  geboren.  Als  der  Sohn  eines  armen  Schneiders 
konnte  er  von  seinen  Eltern  nicht  die  geringste  Unterstützung  zur  Ausbildung 
seiner  musikalischen  Anlagen  erhalten.  Er  verliess  deshalb,  sechzehn  Jahr  alt, 
seine  Vaterstadt  und  wanderte  zu  Fuss  nach  Bordeaux  und  von  da  weiter;  in 
Nantes    erhielt   er   wegen    seiner    schönen    Barytonstimme   am    dortigen  Theater 


Itier  —  Justiniano.  175 

eine  Anstellung  als  Chorist.  Im  Conservatorium  zu  Paris  konnte  er  keine 
Aufnnlime  finden,  und  so  wurde  er,  wie  im  Lesen  und  Sclireiben,  so  auch  in 
der  Musik,  beinah  ausschliesslich  sein  i'ifjener  Lehrmeister.  Es  gelang  ihm 
aber  später,  nachdem  er  in  mancher  Stadt  gesungen,  als  Sänger  bis  Paris  vor- 
zudringen. Im  Jahre  1863  wurde  er  von  Carvalho  am  Thrfitrc  Lyrique  daselbst 
engagirt.  und  gewann  bald  den  ganzen  Antheil  des  Publicums.  Syrapathischer 
Stiramklang,  geiuhlvoller  Vortrag,  schönes  Darstellungstalent  im  Pathetischen 
sowol  wie  im  Komischeu,  gehörten  zu  seinen  Eigenschaften.  Er  schuf  mit 
vielem  Glück  an  dieser  Oper  mehrere  Partien,  ebenfalls  an  der  Opera  comique, 
zu  welcher  Bühne  er  1871  überging.  Wegen  stimmlicher  Indisjjosition  verliess 
er  jedoch  auch  diese  Bühne,  zu  der  Zeit  als  er  als  Professor  ans  Consei-vatorium 
berufen  wurde. 

Itier,  Leonard,  Lautenist  von  Ruf,  der  in  Paris  seit  Mitte  des  17. 
und  noch  im  18.  Jahrhundert  bei  der  Musik  des  Königs  thätig  war.  Schon 
1654  unter  Louis  XIV.  w^ar  er  Lehrer  der  Pagen,  eine  Function,  welche  er 
erweislich  am  königl.  Hofe  1721  noch  ausübte,  und  zwar  gegen  einen  Gehalt 
von  600  Livres.  Für  die  Kammermusik  war  er  ebenfalls  Lehrer  der  Pagen 
mit  730  Livres,  auch  war  er  als  Violaspieler  für  das  Juli-Semester  engagirt, 
wofür  er  einen   Gehalt  von  450  Livres  bezog. 

Jnlia,  P.  Benito,  spanischer  Mönch  und  Componist,  lebte  im  18.  Jahr- 
hundert und  war  in  der  berühmten  Musikschule  des  Klosters  Montserrat  in 
Katalonien  erzogen.  In  den  Archiven  daselbst  sind  mehrere  seiner  werthvollen 
'Compositionen  aufbewahrt;  die  Musik  zu  einem  Todtenamt  (vierstimmig)  und 
Responsorien  für  die  heilige   Messe. 

Julien,  Jean  Lucien  Adolph,  Schriftsteller  und  musikalischer  Kritiker. 
Sohn  des  gelehrten  Schriftstellers  Marcel  Bernard  (V,  509),  ist  zu  Paris  am 
1.  Juni  1845  geboren  und  erhielt  eine  vortreffliche  wissenschaftliche  Erziehung, 
der  frühzeitige  musikalische  Unterrichtsstunden  beigesellt  wurden.  Er  erhielt 
Ciavier-,  Violin-,  Gesang-  und  Compositionsunterricht.  J.  beschäftigt  sich  mit 
ästethischen  und  historischen  Arbeiten,  suchi  diese  aber  häufig  da,  wo  sie  die 
Musik  berühren;  die  bis  jetzt  veröfifentlichten  Werke  sind:  nLOpera  en  11SS, 
documents  inecUts  extraits  des  Archives  d'efata  (in  8'^,  Paris,  Pottier  de  Lalaine, 
1873);  »La  Musique  et  les  Philosophes  au  XVIII  siede»  (in  8*^,  Paris,  Baur, 
1873);  »Histoire  du  Theätre  de  Mdm.  Pompadour,  dit  Theätre  des  Petits  cahinets, 
avee  une  eau-forte  de  Martial  d^apres  Poucher  (grand  in  8^,  Paris,  Baur,  1874); 
»Xa  Comedie  ä  la  cour  de  Louis  XVI,  le  Theätre  de  la  reine  ä  Trianon,  d/ apres 
des  documents  inedits  (in  8*^,  Paris,  Baur,  1875);  »Les  Spectateurs  sur  le  theätre. 
Etahlissement  et  suppression  des  hanc  sur  les  scenes  de  la  Comedie  Frangaise  et 
de  VOpera,  avec  documents  inedits  extraits  des  archives  de  la  Comedie<s~  Frangaise 
ect.  avec  un  plan  du  theätre  frangais  avant  I75H  (Paris,  Detaille,  1875);  »Le 
Theätre  des  demoiselles  Verrieres,  la  Comedie  de  societe  dans  le  monde  galant  du 
siede  dernier«  (grand  8^,  Paris,  Detaille,  1875);  »Les  grandes  nuits  de  Sceaux: 
Le  theätre  de  la  duchesse  du  Maines  (Paris,  Baur,  1876);  »Un  potentat  musical 
Papillon  de  la  Ferte,  son  regne  ä  VOpera  de  11  SO  ä  JIDO«  (in  8°,  Paris,  Detaille, 
1876);  L'eglise  ä  Vopera  en  1735«;  Mademoiselle  Lemaure  et  L^eveque  de  Saint- 
Papoul«.  (in  8^,  Paris,  Detaille,  1877);  »Weber  ä  Paris,  son  voyage  de  Dresde 
ä  Londre  par  la  France«;  »la  musique  et  les  theätres,  le  Monde  et  la  Presse 
pendant  son  sejour  (in  8^.  Detaille,  1877);  »Airs  varies,  Histoire  critique,  hio- 
graphie  musicales  et  dramatiques«  (in  12,  Paris,  Charpentier,  1877);  »La  cour  et 
VOpera  sous  Louis  XVI«;  »Marie  Antoinette  et  Sacchini«;  »Favart  et  GlucJc« 
(in  12,  Paris,  Didier,  1878).  Seit  dem  Jahre  1869  lieferte  J.  auch  manchen 
werthvollen  Aufsatz  in  musikalischen  Hauptzeitungen  und  auch  in  politi- 
schen  Blättern. 

Jariewiez,  Conrad,  polnischer  Componist,  schrieb  ein  italienisches  lyrisches 
Drama  »Piero  Calabrese«,  aufgeführt  im  Februar   1867   im  Theater  zu  Odessa, 

Jnstiuiano,  Antonio  de  S.  Jeronymo,  portugiesischer  Tonkünstler,  ge- 


176  Justiniano  —  Kaiser. 

boren  1675  zu  Lissabon,  studirte  die  Musik  mit  Marques  und  Lesbio,  und  er- 
hielt noch  jung  die  Stelle  eines  Kapellmeisters  am  Benedictiner-Kloster  zu 
Enxa  bregas  bei  Lissabon,  in  das  er  1697  eintrat.  Sein  Todesjahr  ist 
nicht   bekannt. 

Justiniano,  Abbe,  lebte  gegen  1822  in  Eio  Janeiro,  dort  bekannt  als 
einer  der  besten  Pianisten.  Er  ertheilte  Musikunterricht  und  schrieb  eine  An- 
zahl Kirchenmusikstücke,  die  aber  nicht  gedruckt  wurden. 

lyanoff,  Nicolaus,  einer  der  wenigen  Sänger  Russlands,  die  sich  einen 
Namen  gemacht  haben,  ist  geboren  in  Klein-Russland  Anfang  dieses  Jahr- 
hunderts. Er  hat  eine  angenehme  Tenorstimme,  die  er  in  Italien  und  zwar  in 
Mailand  bei  Eliodoro  Bianchi  ausbildete;  dann  debütirte  er  1830  in  Neapel. 
Bald  darauf  wurde  er  an  der  italienischen  Oper  zu  Paris  engagirt,  wo  er  ohne 
Nachtheil  die  gefährliche  Nachbarschaft  Rubini's  bestand.  Nach  einem  mehr- 
jährigen Aufenthalt  in  Paris  ging  er  nach  London,  und  kehrte  dann  nach 
Italien  zurück,  wo  er  hauptsächlich  in  Florenz,  Palermo  und  Mailand  auftrat. 
Nach  einem  abermaligen  Besuch  in  Paris  1850,  Hess  er  sich  in  Bologna  nieder. 
Seine  wolgeschulte  Tenorstimme  zeichnete  sich  hauptsächlich  durch  süssen  Schmelz 
im  Adagio  aus. 

K, 

Eade,  Otto,  ist  1825  in  Dresden  geboren  und  widmete  sich  früh  dem' 
Studium  der  Musik.  Durch  ein  Stipendium  des  Königs  Friedrich  August, 
wurden  ihm  die  Mittel  gewährt,  den  Unterricht  des  Hoforganisten  Johann 
Schneider,  des  Cantor  und  Musikdirektor  Julius  Otto  in  Dresden  und  des 
Musikdirektor  an  der  Thomasschule  zu  Leipzig  Dr.  Moritz  Hauptmann  zu  ge- 
messen. Eine  zweijährige  Studienreise  in  Italien,  welche  ihm  durch  die  Unter- 
stützung seines  Oheims,  des  Münzgraveur  Krüger  in  Dresden,  ermöglicht  wurde, 
vervollständigte  seine  Bildung  und  gab  seiner  Neigung  für  Kirchenmusik,  wie 
für  historische  Forschungen,  erneute  Nahrung.  Nach  seiner  Rückkehr  gründete 
er  in  Dresden  den  Cäcilienverein  für  gemischten  Chor,  zur  Aufführung  älterer 
geistlicher  Tonsätze,  den  er  zehn  Jahre,  bis  zu  seiner  Berufung  nach  Schwerin, 
leitete.  Zugleich  übernahm  er  1850  den  Gesangunterricht  am  Vitzthum'schen 
Gymnasium  und  trat  in  städtische  Dienste  als  Organist.  1853  wurde  er  dann 
zum  Cantor  und  Musikdirektor  der  Kirche  in  Neustadt-Dresden  befördert.  1860 
berief  ihn  der  Orossherzog  von  Mecklenburg,  unter  Ernennung  zum  Grossher- 
zoglichen Musikdirektor,  zum  Dirigenten  des  Schlosschors  nach  Schwerin,  welche 
Stellung  er  am  1.  October  1860  antrat.  1866  übernahm  er  dann  auch  noch 
den  Gesangunterricht  am  Gymnasium.  Von  seinen  Werken  sind  zu  nennen, 
die  preisgekrönte  Schrift:  »Xe  Maistre«  (Mainz);  das  »Cantionale  für  die  Lan- 
deskirche des  Grossherzogthums  Mecklenburg-Schwerin«.  Der  erste  Theil^ 
welcher  die  einstimmigen  Choralmelodien  zum  Hauptgottesdienst  für  den  Liturgen 
wie  für  den  Chor  enthält,  erschien  1867  auf  Grossherzogliche  Kosten  in  der 
Sandmeyer'schen  Hofbuchdruckerei.  Der  zweite  Theil  mit  den  Melodien  für 
die  Nebendienste,  Mette  und  Vesper,  erschien  1875  und  der  dritte  Theil  mit 
den  von  Kade  ausgeführten  mehrstimmigen  Bearbeitung  der  Melodien  des  ersten 
Theils  1880;  der  vierte,  die  mehrstimmigen  Bearbeitungen  der  Melodien  des 
zweiten  Theils  enthaltend,  ist  noch  in  Arbeit.  Ausser  durch  die  neue  Aus- 
gabe des  »Waltherschen  Gesangbuchs  vom  Jahre  1524«,  in  den  Publicationen 
ältei-er  praktischer  und  theoretischer  Musik  (Bd.  YII,  1878),  betheiligte  sich 
K.  auch  noch  lebhaft  anderweitig  an  diesen  wie  an  den  Monatsh.  für  Musikgesch. 
Kahlert,  August,  Dr.,  nicht  Kahle,  wie  er  Bd.  V,  517  genannt  ist, 
Kaiser,  Martin,  deutscher  Lautenmacher,  der  in  Venedig  in  den  ersten 
Jahren  des  17.  Jahrhunderts  lebte.  Eine  italienische  Laute  seiner  Arbeit,  vom 
Jahre  1606,  befindet  sich  im  Instrumentenmuseum  des  Pariser  Conservatoriums. 


Kalkbrenner  —  Kerl.  177 

Kalkbrennor,  Friedrich  (V,  521),  zu  seinen  Werken  gehört:  ^Traite 
d'harmonie  du  pianiste,  princiiws  rationeis  de  la  modulation  etc.  dcdic  ä  ses  elevesa, 
(Paris,  l'autcur,   1849). 

Kastner,  Friedrich,  Sohn  des  Johann  Georg  K.  (VI,  2),  gab  1875  in 
Paris  die  Schrift  heraus:  i>Les  ßammes  ckantantesa,  in  welcher  er  Mittheilung 
über  seine  Experimente  mit  den  sogenannten  singenden  P'laramen  macht.  Diese 
werden  durch  Verbrennung  von  reinem  Wasserstoll'gas  in  einer  (-Jlas-  oder  andern 
Röhre  erzeugt;  die  Versuche  mit  denselben  haben  K.  auch  auf  die  Erfindung 
eines  musikalischen  Instrumentes  geführt,  welches  vermittelst  dieser  Flammen 
einen  neuen,  der  menschlichen  Stimme  sich  nähernden  Ton  giebt.  Er  hat  für 
dieses  Instrument,  das  er  Pyrophon  nennt,  für  Frankreich  und  andere  Länder 
ein  Patent  genommen. 

Kanfnumn,  Friedrich  (VI,  5),  ist  am  5.  Februar  1785  geboren. 

Kayser,  Heinrich  Ernst,  ist  am  16.  April  1815  in  Altona  geboren, 
war  von  1840 — 57  Mitglied  des  Hamburger  Theaterorchesters  und  lebt  seitdem 
als  Musiklehrer  in  Hamburg.  Er  veröffentlichte  zahlreiche  Unterrichtswerke 
für  die  Violine;  namentlich  sind  seine  Etüden  Op.  20,  sehr  geschätzt.  Auch 
seine  Violinschule  ist  ein  bedeutendes   Werk  und  weit  verbreitet. 

Kellog,  Klara  Louise,  berühmte  amerikanische  Sängerin,  geboren  1842 
in  Sunder  in  Süd-Carolina,  empfing  ihre  gesangliche  Ausbildung  auf  der  Aka- 
demie in  New- York.  Ihr  erstes  Debüt  daselbst  1860  fiel  nicht  so  aus,  dass 
man  ihre  späteren  Erfolge  hätte  voraussehen  können.  Sie  unterzog  sich  jedoch 
erneuten  energischen  Studien,  und  trat  erst  nach  vier  Jahren  wieder  an  die 
Oeffentlichkeit,  in  der  Rolle  der  Margareta  im  Faust.  Der  Erfolg  war  ein 
sehr  bedeutender  und  bald  galt  Miss  K.  in  Amerika  für  die  erste  Sängerin  der 
Gegenwart.  1867  besuchte  sie  London,  und  auch  hier  gehörte  sie  während 
eines  zweijährigen  Aufenthaltes  zu  den  begünstigten  Lieblingen  des  Publicums. 
1869  folgte  sie  unter  glänzenden  Bedingungen  dem  Impresario  Maretzek  nach 
Amerika,  und  dort,  in  New- York,  Philadelphia,  Boston  und  anderen  grossen 
Städten  der  Vereinigten  Staaten  erneuerten  sich  ihre  ersten  Triumphe.  Ihre 
Hauptpartien  waren:  Rosine,  Lucia,  Linda,  Tochter  des  Regiments,  Zerline 
und  ähnliche.      Später  sang  sie  auch  dramatische  Partien. 

Kennedy,  Alexander,  englischer  Lautenmacher,  der  in  Schottland  1700 
geboren,  den  Instrumentenbau  in  London  betrieb,  wo  er  gegen  1786  starb. 
Seine  Familie  war  in  mehreren  Generationen  im  Instrumentenbau  thätig. 
Ein   Neffe: 

Kennedy,   John,  geboren   1730,  gestorben  1816,  und  wieder  dessen  Sohn: 

Kennedy,  Thomas,  geboren  1784,  gestorben  1870,  entwickelten  eine  be- 
deutende Thätigkeit,  und  besonders  der  letztgenannte  lieferte,  ausser  G.  Crask, 
die  grösste  Anzahl  von  Instrumenten  in  England. 

Kerchove,  Joseph,  geboren  zu  Gent  am  26.  September  1804,  war  Schüler 
seines  Vaters,  später  des  Kapellmeisters  Jean  Gabriel  und  des  Pierre  Verheyen. 
Nachdem  er  erst  als  Tenor  an  mehreren  Kirchenkapellen  in  seiner  Vaterstadt 
thätig  gewesen  war,  übernahm  er  im  December  1839  die  Kapellmeisterstelle 
an  der  Kirche  des  Erlösers  in  Gent.  Von  Compositionen  sind  mehrere  Messen 
und  ein  Miserere  besonders  geschätzt.  Er  schrieb  ausser  diesen  viele  Motetten 
und  Compositionen  für  Männerchöre  u.  a. 

Kerl,  Job.  Caspar  (VI,  31),  (auch  Kerll,  Cerlle,  Kherl),  ist  nach  Rudhart 
(Geschichte  der  Oper  am  Hofe  zu  München  p.  33)  im  oberbairischen  Flecken 
Gaimersheim  bei  Ingolstadt  im  Jahre  1625  geboren  und  in  Wien  unter  Valen- 
tini  für  die  Musik  erzogen.  Um  das  Jahr  1G45  oder  gegen  1649  ging  er  nach 
Rom  um  unter  Carissimi  zu  studiren,  und  kehrte  als  ausgezeichneter  Orgel- 
spieler zurück.  In  München  war  seit  1635  der  italienische  Componist  Giov. 
Jacopo  Porro  am  churfürstlichen  Hofe  angestellt,  diesem  wurde  K.  als  Vice- 
kapellmeister  beigeordnet.  Das  AnstoUungspatenl  datirt  vom  22.  Febr.  1656. 
Nach  dem,    im    September  desselben    Jahres    erfolgten    Tode    Porro 's    wurde   K. 

Musikal.  Convers.-Lciikon.    Ergänzungsband.  1- 


178  Ketten  —  Kewitsch. 

unter  dem  20.  September  »für  einen  wirklichen  Kapellmeister  mit  jährlich 
1180  fl.  Sold  und  243  fl.  Weingeld  angeschafft«  und  er  verblieb  in  dieser  Stelle 
bis  zum  Jahre  1673.  Bei  der  Wahl  und  Krönung  Leopold's  I.  zum  deutschen 
Kaiser  1658  (am  8.  und  22.  Juli),  war  auch  K.  im  Gefolge  des  Kurfürsten 
nach  Fraulcfurt  gegangen.  Die  mehrfach  und  auch  im  Hauptwerk  erwähnte 
Adelsverleihung  darf  nach  Rudhart  bestritten  werden,  da  weder  in  den  zahl- 
reichen amtlichen  Ausfertigungen  jemal  ein  »von«  oder  »de«  erscheint,  noch  K. 
sich  dessen  jemals  bedient;  auch  das  Todtenbuch  der  Augustiner,  welches  die 
Titel  und  Chargen  des  Meisters  ausführlich  aufzählt,  erwähnt  nichts,  was  die 
Adelsverleihung  bestätigen  könnte.  Im  Jahre  1659  beantragte  K.  »Euer  Kurf. 
Durchlaucht  haben  vor  diesem  deren  wirklichen  Kapellmeister  jederzeit  auch 
den  Ehatstitel  gnädig  conferiren  pflegen,  also  bitte  ich  mich  meinen  anticesso- 
ribus  gleich  zu  halten  und  den  Rhatstitel  anschaffen  zu  lassen«.  Dem  ward 
Folge  gegeben  und  K.  noch  1659  zum  churfürstlichen  Rath  ernannt.  Auch 
sonst  erfreute  sich  K.,  wie  eine  Reihe  ihm  verliehener  Gratificationen  beweist, 
des  Wohlwollens  seines  churfürstlichen  Herrn.  Unterm  17.  Mai  1666  ward 
ihm  »in  Anbetracht  seiner  fleissig  und  mühesam  geleisteten  Dienste  die  besondere 
Gnade  gethan  und  verwilligt,  dass  demselben  beim  Lehnhof  von  den  künftig 
allda  eingehenden  Gefällen  ein  Brief  per  6000  fl.  erkauft  und  eingehändigt 
werde.«  K.  scheint  aber  ein  schlechter  Haushalter  gewesen  zu  sein,  denn  trotz 
namhafter,  zu  verschiedenen  Zeiten  erhaltener  Gratificationen ,  befand  er  sich 
stets  in  Geldverlegenheit;  sein  nachmals  berühmter  Schüler  Aug.  Steffani  sah 
sich  sogar  genöthigt,  ein  Darlehn  von  150  fl.  einzuklagen.  Diese  Umstände, 
wie  die  Zerwürfnisse,  in  welche  er  mit  den  italienischen  Sängern  gerieth,  moch- 
ten seine  Stellung  unhaltbar  gemacht  haben,  er  verliess  sie  Ende  1673  und 
ging  nach  Wien.  Vom  1.  Januar  1675  ab  bezog  er  vom  Kaiser  Leopold  I. 
eine  Pension  von  600  fl.  Am  16.  März  1677  wurde  er  als  alter  Diener  des 
Erzhauses  Oesterreich  zum  Hoforganisten  mit  50  Thalern  Monatsgehalt  ernannt; 
doch  ist  er  erst  in  den  Jahren  1680 — 1692  als  Hoforganist  aufgeführt.  Dass 
er  auch  hier  in  schlechten  Vermögensverhältnissen  lebte,  beweist  der  Brief,  den 
er  an  den  Kurfürsten  von  Baiern  richtete,  in  Folge  dessen  ihm  unterm  1.  Juli 
1684  ein  Gnadengeld  von  300  fl.  verwilligt  wurde.  1691  erhielt  er  »umb 
willen  er  den  Dominik  Deichel  im  Orgelschlagen  und  komponiren  zwei  Jahre 
lang  instruirt,  zum  Recompens  600  fl.«  Er  starb  am  13.  Februar  1693,  wie 
Rudhart  (a.  a.  0.  p.  36)  nach  einem  Mortuarium  von  1704  der  ehemaligen 
Augustiner  Klosterkirche  ermittelt  hat,  und  wurde  am  16.  Februar  1693  in 
der  Augustinergruft  beerdigt.  Der  Provinzial  des  Ordens:  Prosper  Cherle  (Kerl), 
ebenfalls  aus  Gaimershaim  gebürtig,  war  wol  ein  naher  Verwandter  von  ihm. 
Von  K.'s  Werken  führt  Fetis  13  auf,  denen  noch  ein  fünfstimmiges  Requiem 
aus  dem  Jahre  1668  zuzufügen  ist.  Ausserdem  schrieb  er  für  den  Münchener 
Hof  mehrere  Opern,  welche  bis  auf  einige  Textbücher  verloren  gegangen  sind. 
Rudhart  nennt:  »Oronte«,  1657;  »Erinto«,  1661;  und  die  Musik  zu:  y>Le  pre- 
tensioni  del  Sole«,  1661. 

Ketten,  Henri,  geboren  in  Ungarn  am  25.  März  1848,  war  als  Pianist 
und  Componist  Schüler  des  Pariser  Conservatoriums,  das  er  eine  Reihe  von 
Jahren  hindurch  besuchte.  Zunächst  Hess  er  sich  in  Paris  mit  Erfolg  als 
Pianist  hören,  und  untei'nahm  dann  einige  Kunstreisen.  Nach  Paris  zurück- 
gekehrt, machte  er  sich  auch  als  Componist  bekannt.  Er  veröfi'entlichte  Gesangs- 
compositionen, eine  Sonate  für  Ciavier  und  Clarinette,  einen  Marche  persane 
für   Orchester  u.  s.  w. 

Ketterer,  Eugene  (VI,  38),  ist  zu  Rouen  1831  geboren.  Seine  Familie 
stammt  aus  dem  Elsass. 

Kewitsch  (oder  Kiewicz),  Karl  Theodor,  geboren  am  3.  Februar  1834 
zu  Posilge,  Kreis  Stuhm  (Westpreussen),  wo  sein  am  6.  Juni  1879  zu  Stolpe 
in  Pommern  als  Orgel-  und  Pianofortestimmer  verstorbener  Vater,  Ferdinand 
Theodor  K.,  damals  Lehrer  und  Organist  war,  wurde  vom  Juli  1845  bis  Sep- 


Kewitach.  179 

tember   1848  in  der  Domschule  zu  Pelplin,  dem  Bischofssitze  der  Diöcese  Culni, 
erzogei),  woselbst  er  den,    im   elterlichen   Hause  liercits  erhaltenen   Violin-,   Cia- 
vier-,  Orgel-    und   (Tosangunterricht  bei   dem  dortigen,    als  Btrengen  Lehrer  be- 
kannten,   Domchordirektor  Wenzeslaus    Maslou    fortsetzte;    trat  im   October  des 
letzten   Jahres   in   die  Tertia  des  Gymnasiums  zu  Konitz,  besuchte  diese  Anstalt 
bis  Pfingsten  1853   und  widmete   sich   von   da  ab   ganz  der  Musik.     Nachdem  K. 
das   Gymnasium  verlassen  und   sich   nur    durch   Privatstudien,    sowie  drei   Jahre 
lang  als  Hoboist  (Geiger  und  Tenorposaunist)    im   Musikcorps  des   4.  pommer- 
schen    Infanterie-Regiments    Nr.   21,    endlich    durch    eingr-henderc     Musik-    und 
andere    wissenschaftliche,    besonders    Sprachstudien    in    Berlin    bis    1858    weiter 
vorbereitet  hatte,  legte  er  am   26.  October  desselben   Jahres  die  Lehrerprüfung 
am   Seminar  zu  Braunsberg  ab.     Am   15.  Februar   1859   trat  er  als  Lehrer  und 
Organist  in  "Wabcz  bei  Culm   zuerst   ins  öffentliche  Amt.     Vom   1.  Juli  desselben 
Jahres  bis  Neujahr   1864  war  er  Lehrer  an  der  Stadtschule,  zugleich  Organist 
und  Cantor  an   der   (evangelischen)  Kirche  der  Irrenanstalt  und  Dirigent  zweier 
Gesangvereine  zu  Schwetz  a.  d.  Weichsel,  von  da  ab  bis  November  1866  Lehrer 
und  Organist  an   den  königl.  Zwangsanstalten,  Dirigent  der  Liedertafel  und  eines 
gemischten    Kirchenchores    zu    Graudenz,    und    wurde    dann    als    Seminar-    und 
Musiklehrer  an  das   ueugegründete  königl.  kath.  Schullehrer-Seminar  zu  Bereut 
(Westpreussen)    berufen,    nachdem    er    inzwischen    am    10.  September   1865    die 
vorschriftsmässige    zweite    Lehrerprüfung    am    Seminar   zu    Graudenz    bestanden 
hatte  und  gleich  darauf  definitiv  im  Staatsdienste  angestellt  worden  war.     Dem 
akademischen    Musikexamen    unterzog    er    sich    im    Mai    1867    unter   Professor 
A.  W.  Bach  in  Berlin,  mit  gutem  Erfolge.     Im  November  1873  wurde  K.  zum 
ersten   Seminarlehrer  ernannt.     Er  war  einer  der  ersten,  der  bei  Gründung  des 
kirchlichen    allgemeinen     deutschen    Cäcilienvereins    (1868)    die    Idee    desselben 
nach  dem  Norden  Deutschlands  verpflanzte    und    für    die  Verbreitung  derselben 
wirkten,  infolge  dessen  er  zum  Diöcesanpräses  dieses  Vereins  für  das  Bisthum 
Culm    erwählt    wurde;    er   war   es,    der   über   die    zweckmässige  Vor-   und  Aus- 
bildung von  Musikern  und  Dirigenten   für  die  preussische  resp.  deutsche  Armee 
unterm    22.  März    1874    dem    königl.    preuss.    Kriegsminister    ein    Promemoria 
unterbreitete,  welches  nicht  ohne  Einfluss  darauf  gewesen  sein  dürfte,  dass  bald 
darauf  für    solche    Militärmusiker,    die    sich    zu    Dirigenten    heranbilden  wollen, 
ein  zweijähriger  Instructionscursus  an  der  königl.  akademischen  Hochschule  für 
Musik  in  Berlin  eingerichtet  wurde.     Ausser    seiner  Betheiligung    an   verschie- 
denen Fachzeitschriften,   die  er  von  Zeit  zu  Zeit  durch  Einsendung  von  Arbeiten 
didaktischen  Inhaltes  oder  durch   Compositionsbeiträge  zu  Musikbeilagen  unter- 
stützt,   gelten  seine  Werke  vorzüglich  der   Kirchenmusik    und  haben  als   solche 
zum  grössten   Theil  rühmliche  Aufnahme  in  den   Catalog  des  allgem.  deutschen 
Cäcilieuvereius  gefunden.     Es    gehören    dahin-    6   polnische   Choialraelodien,    im 
doppelten   Contrapunkt  für   die    Orgel   figurirt    (Op.  2,   J.  N.  Roman.    Pelplin); 
Missa  de  Beata  Maria  Virgine,  für  gemischten  Chor  (Op.  3,  in  demsell)eu  Ver- 
lage);   Missa  de  Apostolis,    für  gemischten   Chor    (Op.  5,    Breitkopf  &  Härtel, 
Leipzig);   Wybör  szczegölniejszych  piesni  Koscielnych,  für  vier  gleiche  Stimmen, 
(Op.  6,  H.  Handel,  Ober-Glogau) ;  Kancyonal  czyli  spiewnik  dla  miodziezy  szkolnej, 
einstimmige  Kirchenlieder  (Op.  9,  in  demselben  Verlage)  :  Missa  de  Spiritu  sancto, 
für  Männerchor   (Op.  15.   in  demselben   Verlage);    Vademecnm    für    Orgelspieler, 
2.  u.   3.   Theil    (in    demselben    Verlage);     Erstes    Uebungsbuch    für    Orgelspieler 
(Verlag  von  Ed.  Peter.   Leipzig);   Vademecum  für  Orgelspieler,    1.  Theil  (Verlag 
von  F.  G.  L.  Gressler,  Langensalza);   500  Kadenzen  für  die  Orgel   (in  demselben 
Verlage):    Quatuor  Antiphonae  de   Beata   M.   V.,    für    gemischten   Chor    (Op.   7, 
Friedr.  Pustet.  Regensburg) ;   30  kleine  Orgelstücke  in  den  alten  Tonarten,  Op.  33, 
0.  Dittrich,  Bereut  (Westpreussen);    64   kleine  Orgelstücke    in  den   alten   Ton- 
Tonarten   (Verlag  von   Sigismund  &  Volkening,    Leipzig);     36  grössere    Orgel- 
stücke, in  demselben  Verlage:  Kurzgefasste  Choralgesanglehre  (Verlag  von  Fr.Lintz, 
Trier):   Polnisches  (vierstimmiges)  Choralbuch  für  die  Diöcese  Culm,  zu  beziehen 

12* 


180  Khayll  —  Kienzl. 

durch  J.  N.  B-oman,  Pelplin;  Deutsches  (vierstimmiges)  Choralbuch  für  die 
Diöcese  Culm,  (Verlag  von  Julius  Hemmel,  Schlochau  AVestpreussen) :  Die  wich- 
tigsten Melodien  zum  deutschen  Diöcesengesangbuche,  in  demselben  Verlage; 
Auswahl  von  Kirchenliedern  für  Schulen  (Verlag  von  H.  F.  Bönig,  Danzig). 
Von  seinen  Compositionen  weltlichen  Charakters  sind  bis  jetzt  erschienen: 
Zbiör  piesni  dla  dzieci,  zweistimmige  Kinderlieder  (Verlag  von  Ernst  Lambeck^ 
Thorn);  12  vierstimmige  Lieder  und  Canons,  Op.  16,  A.  Kukutsch  (Ober-Glogau)  ; 
3  Lieder  für  gemischten  Chor  (Op.  17,  E,  Challier,  Berlin);  6  Wanderlieder  von 
Uhland,  für  Männerchor  (Op.  18,  J.  F.  Weber,  Cöln) ;  »Festina  lente«,  Walzer 
für  grosses  Orchester  oder  für  Pianoforte  zu  2  resp.  4  Hunden  (Op.  22,  Const. 
Ziemssen,  Danzig) ;  »Weihnachtsgruss«,  Galopp  ä  4  mains  für  kleine  Clavier- 
spieler  (Op.  24);  »der  kleine  Postillion«,  Polka,  und  »Champagnerwalzer« ,  für 
Pianoforte  zu  2  Händen  (Op.  28,  in  demselben  Verlage);  »Mein  Herzchen«,  Polka- 
Mazurka,  Op.  29;  »Slavisch«,  Scherzo  für  grosses  Orchester  oder  für  Pianoforte 
a  4  mains,  Op.  23,  und  »Der  Ahnen  Tänze«,  Walzer  für  grosses  Orchester  oder 
für  Violine  und  Pianoforte,  Op.  30,  Verlag  von  Sigismund  &  Volkening,  Leipzig; 
Elementar-Violinschule  für  Schulamts-Präparanden  und  Seminaristen,  Op.  35, 
(Verlag  von  P.  J.  Tonger,  Cöln).  Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  K.  im  Auftrage 
der  bischöflichen  Behörde  seit  mehreren  Jahren  als  Examinator  der  Organisten 
für  die  Diöcese  Culm  fuugirt,  und  dass  er  in  neuester  Zeit  an  der  Anfertigung 
und  Herausgabe  einer  deutschen  Uebersetzung  des  italienischen,  für  die  Lehre 
vom  sogenannten  sti'engen  Tonsatze  hochwichtigen  Quellenwerkes  »Le  Istituzione 
harmoniche«,  von  GioseflPo  Zarlino  da  Chioggia  (Venezia,  1561),  arbeitet, 
welche  eine  offenbare  Lücke  in  der,  diesen  Gegenstand  behandelnden  deutschen 
Musiklitteratur  ausfüllen  wird. 

Khayll,  Aloys  (VI,  39),  starb  zu  Ober-Döbling  am  28.  December  1868. 
Eienzl,  Carl,  geboren  zu  Graz  in  Steiermark,  verlebte  den  grössten  Theil 
seines  Lebens  in  Gebweiler  am  Oberrhein  und  starb  daselbst  1874.  Er  grün- 
dete in  dieser  Stadt  den  Philharmonischen  Verein  und  führte  in  demselben  die 
Oratorien  und  Sinfonien  der  Classiker  auf.  Von  seinen  Werken  sind  nur 
einige  Kirchenmusiken  und  eine  Harmonielehre  (kl.  in  8^,  180  S.)  veröffent- 
licht worden. 

EienzU  Wilhelm,  ist  am  17.  Januar  1857  als  der  Sohn  eines  Advocaten 
in  Waitzenkirchen,  einem  Marktflecken  in  Oberösterreich,  geboren;  in  Graz 
(Steiermark),  wo  später  die  Familie  ihren  Wohnsitz  nahm,  besuchte  der  talent- 
volle Knabe  die  Volksschule  und  das  Gymnasium  und  legte  1874  die  Matu- 
ritätsprüfung ab.  Daneben  geschah  auch  das  Nöthige  zur  Entwickelung  seiner 
bedeutenden  Anlagen  für  Musik.  Seit  dem  fünften  Jahr  erhielt  er  Ciavier- 
unterricht in  der  J.  Buwa'schen  Anstalt  durch  ein  Jahr;  dann  waren  bis  1870 
Ignaz  TJhl  und  bis  1873  Mortier  de  Fontaine  seine  Lehrer.  Auf  des  letzteren 
Anrathen  nahm  er  Compositionsunterricht  bei  W.  A.  Rey  (Dr.  Wilh.  Mayer) 
in  Graz.  Gleichzeitig  Hess  er  sich  bei  der  philosophischen  Facultät  immatri- 
culiren.  1875  ging  er  dann  nach  Prag  um  dort  ebenso  seinen  Compositions- 
studien  wie  seine  wissenschaftlichen  fortzusetzen.  Bei  dem  Direktor  des  Prager 
Conservatoriums  Josef  Krejci  contrapunktirte  er  fleissig  und  bei  den  IJniver- 
sitätsprofessoren  Woltmann  und  Mach  hörte  er  Kunstgeschichte  und  Akustik. 
In  Prag  trat  er  auch  öffentlich  als  Clavierspieler  wie  als  Compouist  mit  Erfolg 
auf.  Im  October  1876  ging  er  dann  nach  Leipzig,  wo  er  die  Vorlesungen  bei 
Springer,  Overbeck  und  Paul  hörte  und  fleissig  componirte.  Mehrere  seiner 
Compositionen  waren  bereits  bei  verschiedenen  Verlegern  Deutschlands  im  Druck 
erschienen.  In  Leipzig  begann  er  auch  sich  als  thätiger  Mitarbeiter  an  ver- 
schiedenen Zeitschriften  zu  betheiligen.  Auch  hier  führte  er  mehrere  seiner 
Werke  öffentlich  mit  Beifall  auf.  Ende  1877  kehrte  er  wieder  nach  Graz 
zurück,  um  hier  sein  Doktorat  zu  machen.  Wiederholt  spielte  er  hier  öffent- 
lich mit  Beifall,  hielt  öffentliche  Vorträge  und  veranstaltete  Aufführungen  eigener 
und    fremder  Werke.      Von    seinen    Compositionen    sind    mehrere   bei  Breitkopf 


Kjerulf  -  Klang.  181 

und  Härtel,  Kahnt,  Schubert  in  Hamburg,  Sinirock  in  Berlin  u.  a.  erschienen. 
Ein  wissenschaftliclies  Werk:  »Die  musikalische  Declamutiono,  wird  von  ihm 
zum  Druck  vorbereitet. 

Kjerulf  (VI,  44),  starb  im  September  1868.  Der  eine  Herausgeber  seiner 
Claviercompositioneu  in   Berlin   ist  Arno  Kletfel,  nicht  Klessel. 

KieseTTCtter,  Johann  Friedrich  (VI,  44),  ist  im  December  1732  zu 
Coburg  geboren. 

Kiudermaun,  Hedwig,  Reicher-  (VI,  47),  ist  am  15.  Juli  1853  in  Mün- 
chen geboren,  und  wurde  auf  dem  dortigen  Conservatorium  ausgebildet.  Von 
ihrem  16.  Jahre  ab  wirkte  sie  schon  auf  dem  Hoftheater  im  Chor  mit  und 
erhielt  bald  auch  kleine  Solopartien  zur  Ausführung  übertragen.  Mit  dem 
17.  Jahre  debütirte  sie  ehrenvoll  im  Gewandhause  in  Leipzig.  Nachdem  sie 
als  Contraaltistin  in  Karlsruhe,  namentlich  mit  (ilucks  Orpheus  Furore  gemacht 
hatte,  ging  sie  wieder  nach  München  zurück;  trat  nach  ihrer  Verheiratung 
mit  dem  Schauspieler  Reicher  aus  dem  Verbände  des  Hoftheaters  und  wirkte 
vorübergehend  im  königl.  Theater  am  Gärtnerplatz  als  Operettensüngerin,  Wagner 
hatte  sehr  bald  ihre  grosse  Begabung  erkannt  und  engagirte  sie  für  seine 
NibelungenauflPührungen  als  Stellvertreterin  von  Frl.  Jaide.  Von  dort  ging 
Frau  Reicher-Kiudermann  an  die  Haml)urger  Bühne  und  errang  hier  glänzende 
Triumphe  als  Fides,  Ortrud,  Amneris,  Klytemuestra.  Nach  Wien,  für  die  ersten 
Aufführungen  von  Rubinsteins  Makkabäer  berufen,  kehrte  sie  zu  den  Nibelungen- 
aufführungen zurück  und  ging  dann  nach  Paris,  wo  sie  unter  Faure  und  Jules 
Cohen  in  fünf  Wochen  drei  Partien  studirte  und  als  Favorite  in  Monte  Carlo 
und  als  Königin  in  Hamlet  mit  Erfolg  auftrat.  Nach  ihrer  Rückkehr  wurde 
sie  im  Sommer  1880  von  der  Direction  des  Leipziger  Stadttheaters  gewonnen 
und  hier  machte  sie  sich  bald  zum  erklärten  Liebling  des  Publicums.  Ihr 
»Fidelio«  und  »Orpheus«,  wie  ihre  »Armida«  oder  »Ortruda  sind  aussergewöhn- 
lich  bedeutende  Leistungen  ersten  Ranges. 

Kircher,  Michael  Joseph,  geboren  am  5.  October  1848  zu  Cöln  als 
Sohn  eines  wolhabenden  Fabrikbesitzers  daselbst,  zeigte  schon  frühzeitig  so 
entschiedene  Neigung  und  Anlage  zur  Musik,  dass  er  von  seinem  Vater  dem 
Organisten  Franz  Weber  zur  Ausbildung  im  Ciavier-  und  Orgelspiel,  sowie  in 
der  Composition  übergeben  wurde.  Nachdem  er  sich  später  auf  des  Vaters 
Wunsch  dem  Priesterstande  gewidmet  hatte  und  nach  Amerika  übergesiedelt 
war,  verwerthete  er  seine  musikalischen  Fähigkeiten  in  erfolgreicher  Weise  zu 
Gunsten  der  katholischen  Kirchenmusik,  namentlich  des  Gregorianischen  Chor- 
gesanges. Gegenwiirtig  bekleidet  K.  die  zweite  Präsidentenstelle  am  Seminar 
Our  Lady  of  angels  zu  Suspension  Bridge  in  der  Grafschaft  Niagara  (Staat 
New- York),  an  welcher  Anstalt  er  auch  als  Organist  und  Chordirektor  wirkt, 
und  zwar  mit  solchem  Erfolg,  dass  die  dortigen  kirchenmusikalischen  Leistungen 
für  Amerika  mustergültig  geworden  sind. 

Kirkmauu,  ein  englischer  Ciavierbauer,  aus  Deutschland  stammend,  und 
hier  wahrscheinlich  Kirchmann  genannt,  arbeitete  in  der  Fabrik  von  Tabel, 
dessen  Wittwe  er  kurz  nach  seines  Meisters  Tode  um  1732  heiratete.  Seine 
Doppelclaviere  »double  Harpsichords«  mit  zwei  Claviaturen  und  dreisaitigem 
Bezug  (zwei  Saiten  waren  im  Einklänge,  die  dritte  in  die  Octave  gestimmt) 
hatten  grossen  Ruf,  gingen  nach  Frankreich  und  Italien  und  wurden  mit  400 
bis  600  Thalern  bezahlt.  Er  starb  kinderlos  und  hinterliess  ein  Vermögen 
von  ca.   200,000  Pfund  Sterling.     Sein   Neffe: 

Kirkmann,  Abraham,  setzte  das  Geschäft  im  Sinne  des  Gründers  fort. 
Ihm  folgte: 

Kirkmann,  Joseph,  nach  welchem  die  noch  heut  bestehende  Fabrik: 
Joseph  Kirkmann  &  Sohn  firmirt.  Die  alten,  zu  ihrer  Zeit  ausserordentlich 
beliebten  Harpsichords  fabrizirte  Joseph  Kirkmann  noch  bis  nach  dem  Jahre  1800. 

Ki8t,  Florenz  Cornelius  (VI,  76),  starb  zu  Utrecht  am  23.  März  1863. 

Klang:    (VI,  82).     Die    verschiedenen  Klänge   der  einzelnen  Instrumenten- 


182  Klang. 

arten  uucl  lustruraente  sind  natürlich  auch  von  entscheidender  Bedeutung  für 
die  Besondersgestaltung  des  Kunstwerkes.  Zunächst  operirt  der  schaffende 
Tonkünstler  allerdings  mit  dem  gewissermassen  abstract  gefassten  Ton,  allein 
um  diesen  dann  lebendig  wirkend  werden  zu  lassen,  muss  er  ihn  durch  das 
entsprechende  Organ  in  vernehmbare  Klänge  übersetzen  und  die  Verschieden- 
heit derselben  erfordert  die  nöthige  Berücksichtigung,  wenn  die  beabsichtigte 
AVirkung  erzeugt  werden  soll.  Der  Gesangton  wirkt  wesentlich  anders  als  der 
Ton  eines  Saiteninstrumentes,  und  dieser  ist  wieder  in  seinem  Klange  wesent- 
lich von  den  Blasinstrumenten  geschieden ,  welche  wiederum  als  Holz-  oder 
als  Metallblasinstrumente  andere  Wirkung  erzielen.  Bei  den  Saiteninstrumen- 
ten ist  es  von  wesentlicher  Bedeutung  für  ihre  Klänge,  ob  sie  mit  Darm- 
oder mit  Stahl-  oder  Messingsaiten  bezogen  sind,  ob  sie  mit  dem  Bogen  oder 
mit  Hämmern  oder  mit  den  Fingern  zum  Erklingen  gebracht  werden.  Jede 
dieser  verschiedenen  Gattungen  zerfällt  wieder  in  einzelne,  im  Klange  geschie- 
dene Arten.  So  sind  die  Singstimmen  in  Sopran,  Alt,  Tenor,  Baryton  und 
Bass  geschieden,  die  Streichinstrumente  in  Violinen,  Bratschen,  Celli  und  Bass- 
geigen, die  Holzblasinstrumente  umfassen  Flöten,  Oboen,  Clarinetten,  Fagotten 
und  einige  Andere,  zu  den  Messingblasinstrumenten  gehören  Hörner,  Trompeten, 
Posaunen  u.  A.,  und  jede  dieser  Arten  erzielt  auch  eine  Modification  der  ur- 
sprünglichen Klangfarbe  der  Gattung.  Es  ist  klar,  dass  jetzt  das  Klangwesen, 
die  rein  sinnliche  Aeusserungsweise  der  verschiedenen  Instrumente  wiederum 
mehr  in  den  A'^ordergrund  tritt ,  als  bei  der  ursprünglichen  künstlerischen 
Schaff ensthätigkeit.  Bei  dieser  erscheint,  wie  erwähnt,  der  Ton  mehr  wie  ein 
abstracter  Begriff,  der  nur  zu  seiner  Existenz  des  Klanges  bedarf.  Jetzt  wird 
dieser  unterscheidendes  Merkmal  und  daher  von  entscheidender  Bedeutung.  Das 
tritt  noch  weniger  bei  den  Singstimmen  hervor,  namentlich  deshalb,  weil  hier  der 
absolute  Ton  nicht  so  isolirt  wirkt,  sondern  in  der  Regel  in  Verbindung  mit  dem 
Wort.  Da  wo  er,  wie  in  der  Coloraturarie  mehr  instrumental  selbständig  ver- 
wendet wird,  gewinnt  auch  der  Klang  das  Uebergewicht.  Im  Uebrigen  ent- 
spricht der  Gesangton  am  meisten  dem  abstracten  Klangwesen,  das  wir  bisher 
festhielten,  und  daher  stützt  sich  auch  der  Vocalsatz  auf  die  harmonische,  rhyth- 
mische und  melodische  Darstellung,  die  aus  der  ursprünglichen  Anordnung  des 
Tonmaterials  hervorgeht.  Er  hält  an  der  gedrängten  Accordbildung  fest,  löst 
sie  aber  viel  lieber  auf  in  selbständige  Stimmen,  weil  eben  Sopran,  Alt,  Tenor 
und  Bass  selbständige  Individuen  repräsentiren.  Wie  die  Klangfarben  der  ein- 
zelnen Stimmgattungen  auf  die  Sololeistung  sich  einwirkend  verhalten,  kann  hier 
nicht  näher  erläutert  werden.  Aber  auch  die  rein  accordische  Darstellung  durch 
Singstimmen  wirkt  nicht  so  rein  sinnlich  reizvoll,  wie  die  durch  Instrumente, 
weil  der  Vocalklang  von  Haus  aus,  als  von  lebendig  empfindenden  Wesen  direct 
ausgehend,  auch  geistig  belebter  sein  muss,  weniger  die  Nerven,  als  vielmehr 
die  Psyche  trifft.  Den  Singstimmen  nächst  verwandt  sind  die  der  Pfeife  nach- 
gebildeten Instrumente,  die  Orgel  und  die  Holzblasinstrumente  des  Orchesters. 
Auch  bei  diesen  Instrumenten  wird  der  Ton  durch  eine  klingende  Luftsäule 
erzeugt ;  ihre  Wirkung  ist  dem  entsprechend  eine  der  Singstimme  verwandte. 
Namentlich  vermag  die  Orgel  die  vocale  Mehrstimmigkeit  ziemlich  treu  nach- 
zubilden und  in  diesem  Sinne  erfolgte  auch  zunächst  ihre  Verwendung  und 
ihre  Entwickelung.  Der  Choral  in  einfachster  Weise  wie  in  der  complicirtesten 
Figuration,  Canon  und  Fuge  werden  die  Formen  in  denen  das  Orgelspiel  sich 
hauptsächlich  darstellte.  Allein  weil  der  Ton  der  Orgel  doch  mehr  massig  ist 
als  der  Gesangston  und  weil  er  nur  wenig  Modificationen  zulässt,  so  musste 
doch  auch  die  Entwickelung  des  Orgelstils  eine  andere  Richtung  nehmen,  als 
die  des  Vocalstils.  Die  Stimmen  lassen  sich  auf  der  Orgel  selbstverständlich 
nicht  so  individualisiren,  wie  beim  Vocalsatz,  die  ursjorüngliche  Stimmzahl  kann 
deshalb  weit  weniger  streng  festgehalten  werden  wie  bei  diesem.  Dabei  ermög- 
licht das  Instrument  eine  grössere  Spielfülle  und  mit  Rücksicht  hierauf  wird 
die  Thematik  schon  eine  andere;    diese  Spielfülle  zu  zeigen  und  die  machtvollere 


Klang. 


183 


Harmonik  zu  entfalten,  wird  dann  der  Contrapunkt  mehr  auf  Accorde  basirt 
und  in  den  Zwischensätzen  entwickelt  sich  jenes  reiche  und  freie  Spiel  mit 
Arpeggien,  das  nur  darauf  berechnet  ist,  die  Eigenthiiralichkeit  des  Urgelkianges 
in  seiner  mannigfachsten  Verwendung  zu  zeigen.  In  derselben  Weise  mit  Kiick- 
sicht  auf  die  besondere  Klangwirkung  der  Instrumente  erfolgt  auch  die  Ent- 
wickelung  des  Stils  der  anderen  Instrumente  und  des  Ürcheaters.  Auch  die 
Flöten,  Oboen  oder  Clarinetten  eignen  sich  untereinander  oder  mit  Fagotten 
verbunden  zur  Darstellung  einer  vocalen  Mehrstimmigkeit,  doch  auch  nur  in 
beschränkter  und  vielfach  veränderter  Weise.  Nur  Clarinetten  und  Fagotte 
sind  einigcrmassen  ähnlich  wie  die  vier  Singstimmen  chorisch  zu  vereinigen, 
aber  das  entspricht  weder  ihrer  Technik  noch  ihrem  Klangwesen.  Die  Sing- 
stimmen lassen  sich  wol  durch  sie  ersetzen,  aber  ihre  Eigenthümlichkeit  kommt 
damit  durchaus  nicht  zum  Ausdruck.  Die  Flöten  aber  und  zum  Theil  auch 
die  Oboen  haben  ihre  wirksameren  Töne  meist  in  anderen  Lagen  als  den  ent- 
sprechenden Singstimmeu;  vor  allem  aber  erfordert  ihre  besondere  Technik  wie 
ihr  verändertes  Klaugwesen  eine  andere  Behandlung.  Die  Flöte  namentlich  ist 
einer  grossen  Beweglichkeit  fähig,  und  ihr  luftiger  heller  Klang  kommt  hierbei 
mehr  zu  sinnlich  reizvollster  Geltung  uls  in  getragener  Melodie,  mit  der  sie 
indess  auch  recht  wol  dem  Ausdruck  herzlichster  Innigkeit  dient.  Das  gilt 
zum  Theil  auch  noch  von  der  Oboe,  die  indess  nicht  die  gleich  grosse  Beweg- 
lichkeit besitzt.  Noch  weniger  ist  sie  bei  der  Clarinette  vorhanden,  die  aber 
dafür  einen  grösseren  Grad  warm  innigen,  üppig  hervorquellenden  Ausdrucks 
besitzt.  Erhöhten  Reiz  der  Klangwirkung  entwickeln  weiterhin  die  Streich- 
instrumente. Sie  bieten  eine  so  grosse  Menge  von  Modificatiouen  des  Klanges, 
wie  kein  anderes  Orchesterinstrument.  Bei  allem  sinnlichen  Glanz  hat  ihr 
Klansr  ein  weit  entschiedeneres,  festeres  und  darum  mehr  charakteristisches 
Gepräge  als  der,  der  Rohrinstrumente.  Während  der  Ton  der  Blasinstrumente 
nur  Luftklang  ist,  gewinnt  der  der  Streichinstrumente  durch  das  Aufsetzen  des 
Bogens  festere  Begrenzung.  Die  Streichinstrumente  vermögen  jeden  Ton  im 
leisesten  Pianissimo  wie  im  stärksten  Fortissimo  anzugeben  und  auszuhalten. 
Die  Blasinsti-umente  sind  dagegen  nicht  im  Stande,  einen  ziemlich  bestimmt 
abgegrenzten  Grad  des  Piano  oder  Forte  zu  übersteigen,  ohne  dass  die  Into- 
nation unsicher  oder  unrein  wird.  Alle  diese  Modificationen  beziehen  sich  nur 
auf  das  Klangwesen,  werden  nur  um  die  sinnliche  Wirkung  zu  erhöhen  oder 
zu  verändern  unternommen.  Das  Kunstwerk  an  sich  wird  nicht  verändert 
durch  eine  andere  Vortragsweise,  sondern  nur  der  Eindruck  desselben;  seine 
Wirkung  auf  den  Geniessenden.  Die,  wie  oben  angegeben,  mehr  abstract  ge- 
dachten Ton  Sätze  werden,  von  Streichinstrumenten  ganz  in  derselben  Weise  aus- 
geführt wie  sie  ursprünglich  erfunden  sind,  schon  eine  andere  Wirkung  machen 
als  wenn  Blasinstrumente  oder  Singstimmen  ihre  Ausführung  übernehmen.  Die 
Streichinstrumente  aber  lassen  wiederum  eine  mehrfache  Ausführung  zu: 


Violine  I: 


"Violine  II: 


Bratsche; 


Violoncello ; 


/:ia 


m 


'■H-" TT- 


:s2i 


i-l= 


b. 


3s; 


1^ 


-^^^^ 


^ 


:-^-:z^ 


i 


x^  — 


-^t- 


MM[ 


Shee; 


351 


X^-zz^ 


mmm^ 


184 


Klang. 


d.  arco 


^'^^^ 


:»=4!:t=: 


:F^-^ 


pizz. 


PP'=^f 


m 


p 


r^ir:^ 


^?^^ 


uLz 


pizz. 


PV'^ff 


-ö- 


p 


-^ 1 


1-H- 


T-h- 


fc:sj^= 


:t=:4^: 


:^^^^ 


:f:==ifz=f 


S  — H ^- 


pizz. 


pp-^ff 


p 


^ 


Vh- 


*^ 


:^: 


pizz.  VP'^'^-ff  P 

Wie  unter  b.  mit  Tremolo  ausgeführt,  wird  der  höchat  einfache,  durchaus  harm- 
lose, ganz  inhaltsleere  Satz  einen  bis  zu  einem  gewissen  Grade  aufregenden 
Eindruck  machen;  pizzicato  ausgeführt,  wie  unter  c.  wird  seine  Wirkung 
eher  neckisch,  spannend  geheimnissvoll  klingen;  noch  mehr  Spannung  erregend 
aber  dürfte  eine  dynamisch  veränderte  Ausführung  wie  unter  d.  werden.  Der 
Satz  an  sich  ist  nicht  eigentlich  verändert;  die  bei  c,  und  d.  eingestreuten 
Pausen  sind  nicht  als  Veränderungen  anzusehen,  sie  werden  durch  die  andere 
Spielweise  nothwendig.  Der  ursprüngliche  Inhalt  ist  durch  keine  dieser  Spiel- 
weisen verändert  worden,  nur  mit  der  besonderen  Wirkung,  welche  die  verän- 
derte Ausführung  gewinnt,  wird  der  Eindruck  ein  anderer  und  damit  tritt  auch 
der  ursprüngliche  Inhalt  in  neue  Beleuchtung.  Selbst  wenn  der  ursprüngliche 
Satz  noch  mehr  der  G-eigentechnik  entsprechend  anders  geführt  wird,  wie  hier: 


^^SSee^S^ 


^-^-^-*      d- 


A- 


£j^jijz:|ijHEEJdrjj^ 


-m-  -•■ 


I i^ — H— r>f—  — L — fS- — P — K- 


< 


ti|= 


=t^:Ft=i^ 


^EE^ 


^ 


^^ 


Klauf,'.  185 

ist  sein  urHjirünglicher  Inhalt  nicht  einfentlich  verändert;  nur  der  Eindruck 
wird  ein  anderer  und  der  Inhalt  erscheint  wieder  von  anderer  Seite  beleuclitot. 
Selbstverständlich  wird  diese  Wirkung  wieder  verändert,  wenn  zu  dieser  Dar- 
stellung durch  Streichinstrumente  die  Rohrblusinstruinente  hinzutreten.  Schon 
wenn  sie  nichts  weiter  thun  als  den  unveränderten  (ieigenstiraraen  sich  treu 
anschliesseu,  wenn  sich  die  erste  Flöte,  erste  Oboe  und  erste  Clarinette  dt-r 
ersten  Violine,  die  zweite  Flöte,  Oboe  und  Clarinette  der  zweiten  Geige  zuge- 
gesellen  und  das  erste  Fagott  der  Bratsche,  das  zweite  dem  Violoncello,  so 
wird  die  "Wirkung  schon  wieder  verändert;  mehr  noch  selbstverständlich,  wenn 
auch  die  Blasinstrumente  in  eigener,  ihrem  Klangwesen  und  ihrer  Spielweise 
mohr  entsprechender  Führung  herbeigezogen  werden.  —  Die  Messinginstru- 
mente sind  ihrem  Klange  nach  wesentlich  von  den  Singstimmen  und  den 
Streich-  und  Holzblasinstrumenten  geschieden.  Die  Wände  der  letzteren  sind 
fest  und  hart,  so  dass  sie  nur  wenig  resonniren;  daher  wird  durch  sie  der 
Luftklang  auch  nur  wenig  verändert.  Die  Wände  der  Messinginstrumente  da- 
gegen sind  sehr  dünn,  sie  resonniren  bei  der  Erzeugung  des  Tones  sehr  stark 
und  ihr  Klang  wird  daher  rauh,  schmetternd  und  schallend.  Nur  das  Hörn 
hat  noch  einen  ziemlich  weichen  Ton,  namentlich  wol  deshalb,  weil  sein  Rohr 
mehrfach  kreisförmig  gewunden  ist,  während  es  bei  der  Trompete  in  ein  läng- 
liches Viereck  zusammengelegt  und  bei  der  Posaune  mehrfach  seitlich  zurück- 
gebogen ist.  Durch  diese  Besonderheit  des  Klanges  wird  die  Mischung  dieser 
Instrumente  mit  den  übrigen  sehr  erschwert;  man  beschränkte  sich  in  der 
frühei-eu  Zeit  der  Zusammensetzung  unseres  Orchesters  darauf,  sie  mehr  mit 
ihrem  Klang,  als  mit  ihrem  Tonvermögen  herbeizuziehen.  Im  vorigen  Jahr- 
hundert noch  waren  die  Trompeten  oft  sehr  brillant  melodieführend  behan- 
delt worden.  In  der  durch  Haydn  begründeten  Organisation  des  Orchesters, 
bei  welchem  die  Streichinstrumente  den  Mittelpunkt  bilden,  dem  der  Chor  der 
Eohrbläser  verstärkend  beigefügt  wird,  hatten  nur  die  Hörner  zunächst  Auf- 
nahme gefunden;  erst  später  wurden  die  Trompeten  hinzugefügt  und  noch  später 
die  Posaunen  und  so  wurden  die  Messinginstrumente  zu  einem  dritten  Chor  im 
moderneu  Orchester,  der  aber  auch  jetzt  noch  vorwiegend,  ebenso  wie  die  Pauken, 
zur  besonderen  Färbung  verwendet  wird. 

Andere  Klänge  bietet  wieder  das  Ciavier  und  da  auch  seine  Technik  von 
entscheidendem  Einfluss  auf  die  Ciavierformen  werden  muss,  so  entwickelt  sich 
auch  der  Ciavierstil  abweichend  vom  Vocalstil  und  dem  Orchesterstil,  nach  dem 
Bedürfniss  der  zu  erzielenden  Wirkung.  Alle  diese  Erwägungen  gehen  von  der 
Tonempfindung  aus  und  werden  in  ihrem  Interesse  unternommen;  allein  sie  ist 
aber  durchaus  nicht  allein  bestimmend.  Um  einen  Inhalt  zu  offenbaren,  genügt 
es  nicht,  wie  aus  den  angegebenen  Beispielen  klar  hervorgeht,  die  Tonempfin- 
duug  an-  und  aufzuregen;  mit  reizvollen  Klängen  die  Sinnlichkeit  zu  erregen, 
das  Blut  in  Wallung  zu  bringen  und  die  Nerven  in  erhöhte  Thätigkeit  zu  ver- 
setzen; diese  Wirkung  ist,  weil  sie  nur  durch  den  speciellen  Klang  erzeugt 
wird,  noch  keine  künstlerische,  sondern  eine  rein  materielle  vne  das  Rauschen 
des  Windes,  das  Rollen  des  Donners,  das  Säuseln  der  Blätter  u.  s.  w.  Eine 
derartige  Wirkung  kann  höchstens  die  Phantasie  anregen,  nicht  aber  ihr  auch 
einen  Inhalt  ermitteln.  Zum  Greist  spricht  nur  der  Geist,  und  dieser 
offenbart  sich  nicht  in  den  Klängen,  sondern  in  der  Art  ihrer 
Verwendung  zum  wolge formten  Kunstwerk.  Es  ist  hier  mehrfach 
gezeigt  worden,  wie  im  Tonmaterial  selber  dieser  Zug  nach  formeller  Abrun- 
dung  vorhanden  ist,  dass  sie  genau  n:ich  dem  in  diesem  Material  liegenden 
Gesetzen  erfolgt,  und  dass  es  erste  Aufgabe  war,  diese  Kunstgesetze  zu  er- 
kennen und  dass  nur,  indem  der  Künstler  sie  dann  seinen  Ideen  dienstbar 
macht,  diese  erkennbar  in  die  Erscheinung  treten,  sich  in  Formen  verkörpern, 
deren  Wirkung  auf  die  Beschauenden  und  Geniessenden  dann  eine  ganz  andere 
ist,  als  die  des  blossen  ungeformten  ^Materials.  Sie  steht  dieser  an  Eindring- 
lichkeit nach,  kann    nicht  so  aufreizend   und  aufregend   sein  als  die  des  blossen 


186  Klauser. 

Materials,  aber  sie  geht  selbstverständlich  tiefer,  indem  sie  sich  nicht  nur  an 
den  äussern  Sinn  wendet,  sondern  den  ganzen  Menschen  beansprucht,  der  nicht 
nur  hört  und  fühlt,  sondern  auch  denkt,  weiss  und  will.  Wie  bei  allen 
Künsten  darf  die  Wirkung  der  Musik  nicht  durch  das  Material, 
sondern  nur  durch  die  Form  erreicht  werden,  wenn  der  Psyche  ein 
Inhalt  vermittelt  werden  soll.  Nur  dadurch,  dass  die  als  Material 
verwendeten  Klänge  sich  zu  Formen  zusammenfügen,  werden  sie 
zu  Trägern  einer  bestimmten  Idee  und  nur  indem  die  Form  als 
solche  wirkt,  wird  dem  Hörer  der  Inhalt  vermittelt;  die  sinnliche 
Klangwirkung  ist  nur  das  Mittel,  die  Hörer  anzureizen,  dass  sie 
sich  ernstlich  mit  der  Form  und  dem  durch  sie  dargestellten  In- 
halt   beschäftigen. 

Klauser,  Karl(YI,89),  amerikanischer  Musik-Pädagoge,  geboren  am  24.  Aug. 
1823    in    St.  Petersburg    von    Schweizer    Eltern,    wurde    von  diesen  zum  Buch- 
händler bestimmt  und  kam  in  den  ersten  Jünglingsjahren  nach  Deutschland  um 
hier    seine   Lehrjahre    durchzumachen.     Wohin  ihn  aber  auch  sein  Weg  führte, 
in  Hamburg,  Leipzig,  Karlsruhe,  überall  wusste  er  neben  seinen  Berufspüichten 
noch  Zeit    zu    gewinnen,    zur    Pflege    der   von   ihm    über  alles  geliebten  Musik, 
überall  wurde  componirt  und  in  jeder  Stadt  gelang  es  K,,  die  ihm  erreichbaren 
musikalischen   Kräfte    vereinsmässig    zu    gestalten    und   zur    Ausführung   seiner 
musikalischen  Schöpfungen  zu  benutzen.     Das  Jahr  1848  mit  seinen  vielfachen 
Umwälzungen,  brachte  auch  bei  K.  den  Entschluss  zur  Reife,  dem  Buchhandel 
Valet   zu   sagen    und   sich    fortan    ausschliesslich    der  Musik  zu  widmen.     Nach 
zweijährigem  eifrigen  Studium  begab   er  sich   1850  nach  Amerika,  damals  noch 
eine  Art  musikalischer  Wildniss    und   noch  keineswegs    auf  der  nöthigen  Stufe 
des  Kunstverständnisses  angelangt,  um  einen  Musiker  von  den  gediegenen  Fähig- 
keiten  und    dem    geistigen   Grehalte  K.'s  zu  würdigen.     So   erklärt  es  sich,  dass 
derselbe  auch  in  der  verhältnismässig  musikalisch  gebildetsten  Stadt  der  Union, 
in  New- York,    eine  Reihe  von  schweren   Jahren  durchzumachen  hatte,    anfangs 
sogar  durch  Reparatur  von  Ciavieren    seinen  Lebensunterhalt  zu  gewinnen  sich 
genöthigt    sah.      Mit    der    Zeit    aber  kam  sein  pädagogisches  Talent  zur  Aner- 
kennung,   die  Zahl    seiner  Schüler    vergrösserte    sich    mehr  und  mehr,    und  als 
im    Jahre    1855    die    durch   die    ganzen  Vereinigten    Staaten    berühmte  Damen- 
Erziehungsanstalt  von  Farmington  im  Staate  Connecticut  die  Musik  unter  ihre 
Disciplinen  aufnahm,  erging  an  K.  der  ehrenvolle  Ruf,   an  die   Spitze  des  dor- 
tigen musikalischen  Departements  zu  treten.     Er  hätte  kaum  einen  seiner  musi- 
kalischen Tendenz  entsprechenderen  Wirkungskreis  finden  können,  als  an  dieser 
Anstalt,  welche  unter  der  Leitung  der  Miss  Sarah  Porter  (einer  Schwester  des 
Präsidenten  der  berühmten  Universität  Yale  bei  Newhaven    im  Staate  Connec- 
ticut), die  Gediegenheit  und  Vertiefung  des  Wissens  weit  energischer  anstrebt, 
als  es  in  den  meisten  fashionablen  Damen-Unterrichts-Etablissements  der  Union 
der  Fall  ist.     Demgemäss  beschränkte  auch  K.  seine  Thätigkeit  keineswegs  auf 
den   blossen    Musikunterricht,    es    lag    ihm  vielmehr  vor  allem  am  Herzen,    ein 
Unterrichtsmaterial  zusammenzustellen,  welches  ihm  die  Aufgabe,  seine  Schüler 
wahi-haft  musikalisch  zu   machen,  erleichtere.     Zu    diesem  Zwecke  unterwarf  er 
die   bis    dahin    in    Amerika   gangbaren    mangelhaften  Ausgaben   der    classischen 
Meister  einer  gründlichen  Revision,    verbesserte   die  corrumpirten   Texte,   löste 
die  bezüglich  der  Verzierungen  bestehenden  Zweifel,  indem  er  sich  hierbei  auf 
die    Liszt-Bülow'schen    Principien,    besonders    auf    des    letzteren    Ausgabe    der 
Cramer'schen    Etüden    stützte    und   versah    einzelne   der    älteren    Ausgaben   mit 
den  nothwendigen  instructiven  Bemerkungen.     Die  Vorzüge  dieser  Bearbeitungen 
konnten  der  musikalischen  Welt  nicht  lange  verborgen  bleiben  und  wurden  zum 
Theil  auch    in  Europa    bekannt,    nachdem   die  Firma  J.  Schuberth  &  Co.  ihre 
Veröffentlichung   unternommen    hatte.      Ihre    Anzahl   ist   eine    sehr   bedeutende 
und    umfasst   ausser   den,   für   Lehrzwecke    wichtigsten  Werken   von  Beethoven, 
Mozart,    Weber,   Field,  Chopin,   Mendelssohn  und  Schumann  auch  Musikstücke 


Klavier-Finj^orbildner  —  Kleine.  187 

leichterer  Gattung  vun  Kuhlau,  Moscheies,  Ascher,  Herz,  Stephen  Heller, 
Jaell  u.  a.,  insoweit  dieselben  ein  nützliches  Element  für  das  Studium  der 
Claviertechuik  enthalten:  endlich  eine  Sammlung  von  Studiou  in  progressiver 
Folge  von  Plaidy's  und  Schmitt's  Füaf-Fingerübuiigen  bis  zu  Cramers  Etüden. 
Ein  weiteres  Verdienst  hat  sich  K.  durch  seine  Arrangements  neuerer  Orchester- 
und  Kammercompositioneu  erworben  (meistens  bei  Breitkopf  &  Härtel  und 
Schuberth  &  Co.  in  Leipzig  publicirt),  unter  ihnen  Wagners  Faustouvorture 
und  Schumanns  Genovevaouverture  für  acht  Hände;  Schumanns  »Davidsbünd- 
1er«  und  »Symphonische  Etüden«  für  vier  Hände;  dessen  Streich(juartette,  erste 
und  vierte  Sinfonie,  sowie  Liszfs  »Präludes«  für  zwei  Hände.  Farraington  ins- 
besondere verdankt  ihm  noch  die  Einrichtung  regelmässiger  Concerte,  an  denen 
sich  die  bedeutendsten  amerikanischen  wie  auswärtigen  Künstler  mit  Eifer  be- 
theiligen, wiewol  das  Publicum  ausschliesslich  aus  dem  Schüler-  und  Lehr- 
personal der  Anstalt  besteht;  der  beste  Beweis  für  die  hohe  Stellung,  welche 
K.  in  der  Musikwelt  Amerikas  bekleidet  und  für  die  Anziehungskraft  seiner 
Künstlerpersönlichkeit. 

Klavier-Fingrerbilduer,  ein,  von  dem  Kammermusikus  Heinrich  Seeber  in 
Weimar  erfundener  Apparat,  welcher  dem  Schüler  während  seiner  Ciavierstudien 
zur  Selbstkontrole  dient  und  die  normale  Hand-  und  Fingerhaltung,  sowie  den 
correcten  Anschlag  bewirkt. 

Der    Apparat    besteht    aus         MS^  ,J^^~L     T  A  \vA^%v 

eleganten  Fingerringen,  an 
welchen  sich  kleine  Vor- 
richtungen  befinden  (einen 

zeigt  Fig.  1).    Diese  Ringe       -™    -    w^^ -^ 

lassen  sich  nach  Bequem-  |pi  ^  mmmmMmm 
lichkeit  erweitern  und  ver-  ^^'  ' 
engern.  An  jeden  der  dreigliedrigen  Finger  wird  ein  solcher  Ring  angesteckt, 
wie  es  Fig.  2  zeigt.  Bringt  man  den  Bildner  in  Anwendung,  so  nehmen  die 
Finger  ihre  sanft  gerundete  Stellung  und  die  Hand  die  regelrechte  Haltung  an; 
dann  ist  die  Führung  des  Fingers,  sobald  sich  derselbe  im  Handknöchelgelenk 
bewegt,  eine  schulgerechte  und  wird  bei  solchem  Anschlag  die  Taste  nur  von 
der  Fingerspitze  berührt  (siehe  Fig.  2).  Liegt  dagegen  in  der  Haltung  oder 
Bewegung  irgend  ein  Fehler,  z.  B.  zu  gestreckte  oder  zu  gekrümmte  Finger- 
haltung, schiefer  Anschlag,  Hervorstehen  der  Handknöchel,  schräge  Handstellung 
oder  Drehung  der  Hand,  gehobenes  oder  gesenktes  Handgelenk,  so  trift't  gleich- 
zeitig auch  die  Vorrichtung  mit  auf  die  Taste  und  verursacht  ein,  die  Aufmerk- 
samkeit erweckendes  Klopfen,  welches  sofort  zur  Correctur  auffordert.  In  Fällen, 
wo  es  sich  beim  Schüler  nur  um  »einzelne«  unfügsame,  umknickende  oder  ver- 
nachlässigte Finger  handelt,  bedarf  es  auch  nur  einzelner  Theile  des  Apparats, 
welche  der  Erfinder  des  Klavier-Fingerbildners,  Heinrich  Seeber  in  Weimar, 
unter  dem  Namen  »Klavier-Fingerringe«  versendet.  Die  Grösse  eines  Apparats 
wird  nach  der,  am  Nagelglied  abzumessenden  Fingerstärke  bestimmt.  Um  das 
Anstecken  der  Klavier-Fingerringe  zu  reguliren,  ist  dem  Apparat 
das  sogenannte  Richtplättchen  beigegeben  (Fig.  3).  Wenn  der  (■  ^ 
Ring  auf  den  Finger  geschoben  ist,   drückt  man   die  Fingerspitze  -'       / 

in  die  Vertiefung  des  Richtplättchens,  wodurch  der  Ring  so  weit         ü-'^T 
zurückgeschoben  wird,  dass  die  Fingerspitze  entsprechend  fern  bleibt.  °' 

Der  sinnreiche  Apparat  ist  angelegentlich  zu  empfehlen,  um  so  mehr,  als  er 
sich  bereits  sehr  bewährt  hat.  Die  Finger  werden  dadurch  gezwungen,  einen 
normalen  Anschlag  sich  anzueignen. 

Klein,  Joseph  (VI,  92),  starb  am   10.  Februar   1862. 

Klein,  Karl  August,  Freiherr  von  (VI,  93),  starb  am  13.  Febr.  1870 
auf  seiner  Villa  zu  Assmannshausen. 

Kleine,  Johann  Wilhelm,  Hautboist  eines  Regiments  des  Prinzen  Wil- 
helm V.  von  Oranien,  später  Kapellmeister  eines  Regiments  und  Hautboist  der 


Jg3  Kleine  —  Klcinknecht. 

Hofmusik  und  der  Kapelle  des  französischen  Theaters  in  Haag,  war  ein  Deutscher, 
in  Wien  geboren  und  nahm  "Wohnsitz  in  den  Niederlanden,  wo  seine  Söhne  und 
Enkel,  zahlreich  vertreten,  sich  als  Musiker  hervorthaten.  K.  lebte  zuletzt  in 
Amsterdam  als  Musiker  am  deutschen  Theater  und  starb  1797  in  Folge  eines 
Falles  auf  dem   Glatteis.     Sein  ältester  Sohn: 

Kleine,  Job.  Wilh.,  geboren  in  Haag  am  2.  Februar  1776,  war  tüchtiger 
Yiolinist,  der  sich  in  Paris  niederliess  und  dort  starb. 

Kleine,  Heinrich,  zweiter  Sohn  von  J.  W.,  geboren  in  Haag,  war  Clari- 
nettist  der  Kapelle  des  Prinzen  Wilhelm  Y.,  später  gehörte  er  in  Amsterdam 
zur  Opernkapelle  und  starb  daselbst  1798,  Seine  Söhne,  sämmtlich  Musiker, 
waren:  Dietrich,  Heinrich,  Christoph,  Wilhelm,  Anton  und  Samuel. 

Kleine,  Bernhard  Samuel,  dritter  Sohn  von  J.  W.,  geboren  in  Haag, 
war  Fagottist,  der  in  Amsterdam  wirkte  und  dort  1815  oder  16  starb. 

Kleine,  Dietrich,  geboren  in  Haag  1778,  erhielt  gute  musikalische  Bil- 
dung und  zeichnete  sich  als  Clarinettist  aus.  Er  ging  später  nach  Deutsch- 
land und  wurde  in  Carlsrahe  als  Soloclarinettist  bei  der  grossherzoglichen 
Kapelle  angestellt.  Er  starb  in  Carlsruhe  1837.  Seine  Compositionen  er- 
schienen bei  Simrock  in  Bonn. 

Kleine,  Heinrich  Christian,  genannt  Hein  Kleine,  ist  im  Haag  am 
28.  Juli  1765  geboren.  Er  erhielt  erst  vom  Vater,  später  von  den  besten 
Lehrern,  darunter  auch  Spohr,  Unterricht  im  Violinspiel,  und  zeichnete  sich 
so  aus,  dass  er  sich  schon  früh  in  Concerten,  in  Amsterdam  wo  er  aufwuchs, 
hören  lassen  konnte.  Er  nahm  eine  feste  Stellung  in  der  Gunst  des  Publicums 
ein,  und  seine  Mitwirkung  in  Concerten  war  sehr  gesucht.  Vielfach  war  er 
auch  als  Dirigent  thätig;  während  25  Jahren  gehörte  er  der  Felix  Meritis  als 
Ehrenmitglied  an.  In  den  spätem  Jahren  seines  Lebens  wurde  er  von  einem 
nervösen  Zittern  heimgesucht  und  musste  seine  Thätigkeit  auf  den  Unterricht 
vorgeschrittener  Schüler  beschränken.  Er  starb  am  23.  August  1839.  Seine 
drei  Brüder:  Wilhelm,  Anton  und  Samuel,  von  welchen  der  ältere  ein  guter 
Pianist  war,  traten  in  das  Musikchor  der  Garde  Napoleon  L,  dem  sie  1812 
nach  ßussland  folgten,  und  starben  alle  drei  als  Opfer  der  Kälte,  in  der 
Gegend  von  Wilna. 

Kleine,  Jacob  Christoph,  geboren  in  Haag  den  6.  März  1785,  war  einer 
der  vorzüglichsten  Clarinettisten  und  Schüler  von  Dreiklufts.  Er  trat  erst  spät, 
aber  mit  Erfolg  in  die  Oeffentlichkeit.  K.  starb  in  Amsterdam  am  24.  April 
1832.     Sein  Sohn: 

Kleine,  J.  G.,  geboren  zu  Amsterdam  1815,  zeichnete  sich  auf  demselben 
Instrument  als  feiner  Spieler  aus.  Nach  dem  Tode  seines  Vaters,  dessen  Schüler 
er  war,  wirkte  er  als  zweiter  Clarinettist  in  den  Concerten  der  Felix  Meritis, 
ging  aber  später  mit  der  Kapelle  de  Boer  nach  England,  wo  er  in  Concerten 
auftrat.  Trotzdem  er  vom  englischen  Publicum  sehr  freundlich  aufgenommen 
wurde,  kehrte  er  1847   doch  nach  seiner   Geburtsstadt  zurück. 

Kleinknecht  (VI,  94).  Der  Vater  der  im  Hauptwerk  angeführten  Brüder 
dieses  Namens:  Johann,  ist  zu  Ulm  um  das  Jahr  1676  geboren,  besuchte  dort 
das  Gymnasium  und  war  von  1697 — 1701  Studiosus.  1712  wurde  er  zweiter 
Organist  am  Münster  zu  Ulm,  hatte  auch  den  Titel  eines  Concertmeisters  und 
starb  am  2.  Juni  1751.  Er  unterrichtete  seine  drei  Söhne  in  der  Musik.  Ein 
Sohn  von  Jacob  Friedrich: 

Kleinknecht,  Christian  Ludwig,  zu  Baireuth  am  12.  August  1766  ge- 
boren, war  mit  seinem  Vater  bei  der  erfolgten  Regierungsvereinbarung  1697 
nach  Anspach  gekommen,  besuchte  hier  das  Gymnasium  und  erwarb  die  Gunst 
des  Markgrafen  Alexander,  der  ihn  1684  nach  Leipzig  sandte  zum  Studium 
der  Rechtswissenschaft.  Nach  seiner  Rückkehr  1688  nahm  ihn  der  Markgraf 
in  seine  Kapelle  auf,  er  starb  aber  schon  (als  Kammermusiker)  am  11.  März 
1794.     Er   war    ein   trefflicher    Geiger   und    auch    in  der  Composition  erfahi-en. 


Kleinmichel  —  Kliug.  189 

Einzelne    seiner    Compositionen    sind    bekannt,    darunter    ein    Gesang    auf   das 
Geburtstest  König  Friedrich   Wilhelm  II.   von  Preusst-n. 

Kleinmichel,  Richard,  ist  tun  31.  December  l)-!46  in  Posen  geboren.  Von 
seinem  Vater,  Militärmusikdirektor  daselbst  und  dann  in  Potsdam  und  Ham- 
burg, erhielt  er  früh  eine  gründliche  Unterweisung  in  der  Musik  und  früh- 
zeitig konnte  er  mit  Krfolg  in  die  Oeffentlichkeit  treten.  Wol  vorbereitet  ging 
er  dann  nach  Leipzig,  um  seine  Studien  auf  dem  diisigen  Couservatorium  fort- 
zusetzen. Er  genoss  hier  den  Unterricht  von  Hauptmann,  Richter,  Moscheies, 
Reinecke  und  Plaidy  während  dreier  Jahre  und  bildete  sich  so  zu  einem  aus- 
gezeichneten Clavierspieler  und  vielversprechenden  Cumponisten.  In  Hamburg, 
wo  er  dann  wieder  seinen  AVohnsitz  nahm,  erwarb  er  sich  bald  eine  unge- 
sehene Stellung  auch  als  Lehrer  und  unternahm  von  hier  aus  Concertreisen, 
die  ihn  auch  in  weiteren  Kreisen  ehrenvoll  bekannt  machten.  Daneben  com- 
ponirte  ir  fleissig,  es  entstanden  Ciavierstücke,  Lieder,  Chorwerke,  Orchester- 
und  Kammermusikwerke,  die  zum  grössten  Theil  auch  gedruckt  sind  und  weitere 
Verbreitung  fanden.  Im  Winter  1876  ging  er  wieder  nach  Leipzig,  wo  im 
Gewandhause  eine  Concertouverture  und  ein  Ciaviertrio  sehr  beifidiige  Auf- 
nahme fanden.  Am  4.  November  1879  verheiratete  er  sich  mit  der  vortreff- 
lichen Coloratursängerin  am  Leipziger  Stadtheater  Clara  Monhaupt.  Im  Februar 
1881  kam  seine  zweite  Sinfonie  mit  entschiedenem  Erfolge  im  Gewandhause 
zur  Aufiührung. 

Klemm,  Friedrich  (VI,  94),  starb  zu  Meiding  bei  Wien  am  13.  Sept.  1854. 

Klengel,  Julius  Wilhelm  (VI,  95),  geboren  am  4.  März  1818,  war 
Dr.  phil.  und  Privatgelehrter  in  Leipzig,  aber  in  der  Musik  sehr  wol  erfahren 
und  geübt,  was  durch  die  werthvollen  Werke  für  Kammermusik,  deren  mehrere 
bei  Breitkopf  &  Härtel  erschienen,  glänzend  dargelegt  wix'd.  Von  seinen 
Söhnen  ist  der  jüngere; 

Klengel,  Julius,  geboren  am  29.  September  1859  in  Leipzig,  bereits 
als  ausgezeichneter  Violoncellovirtuose  mit  ganz  aussergewöhnlichem  Erfolge 
in  die  Oeffentlichkeit  getreten  und  hat  zugleich  Proben  eines  beachtenswerthen 
Compositionstalentes  gegeben.     Der  ältere  Bruder: 

Klengel,  Paul,  Dr.  phil.,  geboren  den  13.  Mai  1854,  ist,  wie  Julius,  auf 
dem  Leipziger  Couservatorium  gebildet  und  vFurde  seiner  Zeit  als  einer  der 
hervorragendsten  Schüler  entlassen.  Er  ist  ein  trefflicher  Geiger  und  hat  auch 
mehrere  Compositionen,  Lieder  und  Ciavierstücke  veröffentlicht.  Gegenwärtig 
(1881)   ist  er  Musiklehrer  im  Hause  des  Landgrafen  von  Hessen. 

Kling,  Henri  Adrien  Louis,  Hornvirtuos  und  Componist,  in  Genf 
lebend;  geboren  den  17.  Februar  1842  in  Paris,  bildete  sich  früh  in  der  Musik 
aus,  besonders  wurde  das  Waldhorn  sein  Lieblingsinstrument,  auf  dem  er  sich 
auch  zu  einem  fertigen  Künstler  ausbildete.  Mau  rühmt  besonders  seinen  ge- 
fühlvollen Vortrag,  verbunden  mit  einem  schönen  Ton.  In  der  Composition 
hat  sich  K.  auch  besonders  ausgezeichnet.  Unter  seinen  Orchesterwerken  sind 
folgende  hervorzuheben:  •DL'Escalade  de  Geneve,  Foeme  si/fnphoniquev ;  y>Le  Salere, 
Symphonie  pittoresquea ;  >^Ädieuj'  de  Winlcelrieda ,  Elegie;  von  seinen  Opern 
kamen  bis  jetzt  folgende  zur  Auff'ührung  im  Genfer  Stadttheater:  »ie  dernier 
des  Paladins^,  opera  comique;  i>Les  devx  rivaua;«,  y>Le  Flutiste«,  i>J.  J.  Rous- 
seau«,  Cantate;  »ie  Bataille  de  Moratv.,  Fragmente  aus  »ia  Reine  Rerfhe«, 
op.  com.  en  3  actes  und  y>le  Castel  de  Rij)aille<.<,  op.  bouffe  3  actes  u.  s.  w.  \  on  seinen 
bis  jetzt  veröffentlichten  Werken  sind  zu  erwähnen:  »Horn-Schule«;  »J4  Trans' 
criptions  classiques  en  forme  de  Duos  coneertantsa ,  pr.  2  cors;  j)40  Etudes 
caracferistiquesu;  Bearbeitungen  der  Hornconcerte  von  Mozart  und  ^^  eher 
(Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel);  Sonate  in  A-moll  für  Hörn  und  Piano  (Paris, 
cbez  Meis);  Trio  in  D-dur  für  Piano,  Violon  et  "N'iolonc;  Quartett  in  D-dur 
für  Piano,  Violine,  Viola  et  \;iolonc.;  Horn-Concert  in  F-dur,  mit  Begleitung 
des  Orchesters  oder  Piano;  Symphonie  concertante  für  Flöte,  Oboe,  Clari- 
nette.    Hörn,    Fagott   und    Orchesterbegleitung   u.   s.  w.      Ferner   sind    noch    zu 


190  Klingeuberg  —  Kniese. 

nennen    zahlreiche    Tanzcompositionen ,    Fantasien ,     Ouvertüren     für    Orchester 
und    Militärmusik. 

Klingeuberg',  Emilie,  geboren  in  Sulau  (Schlesien)  am  8.  April  1811, 
von  ihrem  Vater  daselbst,  späteren  Organisten  in  Liegaitz,  nach  dessen  Tode 
1827  von  ihrem  Bruder  Wilhelm  und  von  den  Musikdirektoren  Siegert  und 
Mosewius  in  Bi'eslau  gebildet,  lebt  seit  1840  als  geachtete  Concertsängerin, 
Gesang-  und  Clavierlehrerin  in   Görlitz. 

Kliugenberg,  Johannes,  geboren  am  28.  August  1852  in  Görlitz  (Pr. Ober- 
lausitz). "Während  seiner  Gymnasialbilduug  zugleich  die  musikalische  Erziehung 
seines  Vaters,  königl.  Musikdirektor  daselbst,  geniessend,  war  er  von  1869  bis 
1872  Schüler  von  Fr.  Grützmacher  und  G.  Merkel  in  Dresden,  und  wurde 
dann  geachteter  Orchester-  und  Solovioloncellist  in  den  Kapellen  zu  Homburg 
v.  d.  H.  und  am  Hamburger  Stadttheater.  Eine  Lungenkrankheit  veranlasste 
ihn,  seine  Herstellung  in  Görbersdorf  zu  suchen,  worauf  er  in  die  Wiesbadener 
Kurkapelle  eintrat.  Von  hieraus  machte  er  verschiedene  erfolgreiche  Concert- 
reisen  in  die  Heimath  und  Nachbarstädte;  seit  1878  ist  er  in  der  herz.  Braun- 
schweig'schen  Hofkapelle  angestellt. 

Klose,  Hyacinthe  Eleonor  (VI,  102),  von  diesen  bedeutenden  Clari- 
nettisten  und  Lehrer  seines  Instruments  sind  noch  anzuführen:  drei  Schulen 
für  die  verschiedenen  Saxhörner,  und  eine  grosse  Clarinettenschule  y>Grande 
Methode  pour  la  clarinette  ä  anneaux  mobiles«. 

Knabe,  Wilhelm,  Begründer  einer  Ciavierfabrik  in  Baltimore,  wurde  am 
3.  Juni  1803  zu  Kreutzberg  im  Grossherzogthum  Sachsen- Weimar  geboren 
und  wanderte  1833  nach  Amerika  aus,  nachdem  er  sich  während  einer  drei- 
jährigen Lehrzeit  bei  Langenhahn  in  Gotha,  sowie  später  in  den  angesehensten 
Fabriken  Deutschlands  eine  gründliche  Kenntniss  seines  Berufes  angeeignet 
hatte.  In  Baltimore  angelangt,  trat  er  zunächst  als  Arbeiter  in  die  Fabrik  von 
Hartge  ein,  welcher  als  der  Erfinder  der  eisernen  Ciavierrahmen  gilt  und  dafür 
bereits  1832  patentirt  wurde;  vier  Jahre  später  jedoch  etablirte  K.  ein  Geschäft 
auf  eigne  Rechnung,  anfangs  nur  mit  Reparaturen  beschäftigt,  von  1839  an 
aber  mit  eignen  Arbeiten  hervortretend.  In  demselben  Jahre  associirte  er  sich 
mit  einem  Collegen  Namens  Gaehle  und  bis  zu  dessen  Tode  1855  gelang  es, 
das  Geschäft,  ungeachtet  des,  damals  beim  amerikanischen  Publicum  herrschen- 
den Vorurtheils  gegen  die  heimische  Ciavierfabrikation ,  auf  eine  ausserordent- 
liche Höhe  zu  bringen.  Fünf  Jahre  darauf  errichtete  er,  nunmehr  unter  der 
Firma  Wm.  Knabe  &  Co.,  einen  grossartigen  Gebäudecomplex,  welcher  noch 
gegenwärtig  die  Lager-,  Fabrikations-  und  Verkaufsräume  des  Geschäftes  um- 
fasst,  und  schon  damals  war  der  Betrieb  desselben  ein  so  grossartiger,  dass  selbst 
der  1861  ausgebrochene  Bürgerkrieg  ihn  nur  zeitweilig  unterbrechen  konnte, 
wiewol  die  Südstaaten  bis  dahin  das  haujjtsächlichste  Absatzgebiet  für  die  K.'schen 
Claviere  gewesen  waren.  Nach  kurzer  Zeit  war  es  den  Anstrengungen  K.'s 
gelungen,  im  Westen  und  im  Norden  der  Union  einen  neuen  Markt  für  seine 
Waare  zu  finden,  so  dass  er  bei  seinem  Tode  am  21.  Mai  1864  das  von  ihm 
begründete  Geschäft  in  höchster  Blüte'  hinterlassen  konnte;  dasselbe  beschäf- 
tigt gegenwärtig  250 — 300  Arbeiter,  welche  wöchentlich  30 — 36  Instrumente 
der  verschiedensten  Grössen  fertig  stellen.  Die  Zahl  der  bisher  aus  der  Fabrik 
hervorgegangenen  Claviere  übersteigt  zwanzig  Tausend.  Die  Leitung  des  Ge- 
schäftes übernahmen  nach  K.'s  Tode  seine  Söhne  Ernst  (geb.  16.  August  1837) 
und  Wilhelm  (geb.  7.  Juli  1842),  beide  praktische  Ciavierbauer  und  Schüler 
ihres  Vaters,  in  Gemeinschaft  mit  dessen  Schwiegersohn  Karl  Keidel  (geboren 
2.  Juni  1838). 

Kniese,  Julius,  ist  am  21.  December  1848  in  Roda  bei  Jena  geboren 
und  machte  seine  Musikstudien  hauptsächlich  in  Altenburg  unter  dem  Hof- 
kapellraeister  Dr.  Friedrich  Wilhelm  Stade.  1871  ging  er  als  Dirigent  der 
Singakademie  nach   Gross-Glogau  in  Schlesien  und  übernahm  am   1.  September 


Knyvett  —  Köneu.  191 

1876  die  Leitung  des  Rühl'schen  Gesangvereins  in  Frankfurt  a.  M.  Von  seinen 
Compositionen  sind  einige  Lieder  veröft'entlicht. 

Knyyett,  Deborah,  Travis,  GJattin  des  berüliniten  Uratoriensängers  Wil- 
liam K.  (VI,  108),  war  ihrerseits  auf  demselben  Gebiete  eine  anerkannte  Künst- 
lerin und  theilte  die  Erfolge  ihres  Gaflen  bei  den  Oratorienaulführungen  und 
Festivals  in  England.  Sie  starb  zu  Heyside  bei  Oldham  am  K).  Januar  1876 
im  Alter  von   79   Jahren. 

Koch,  Bernhard,  Sohn  eines  Juv?elenhilndlers  in  Amsterdam,  wurde  da- 
selbst 1791  geboren.  Unterricht  in  der  Musik  erhielt  er  von  Bertelmann, 
Stassens,  Binger.  Bereits  1806  mit  drei  Schwestern  verwaist,  kam  er  nach 
Haag,  wo  er  Schüler  Navoigille's  wurde.  Dieser  unterstützte  ihn  und  vermit- 
telte ihm  auch  ein  Auftreten  im  Hofconcert,  durch  welches  er  als  Ueberzühliger 
in  der  Kapelle  Louis  Bonaparte's  angestellt  wurde.  Bis  1810  war  er  hier 
thätig,  worauf  er  über  Utrecht  nach  Amsterdam  zurückkehrte.  Hier  erwarl> 
er  sich  als  Lehrer  eine  angesehene  Stellung,  übernahm  die  Direction  eines 
Musikvereines,  später  der  deutschen  und  italienischen  Oper  während  mehrerer 
Jahre.  Seine  Oper  »ia  mere  Ganz  et  VOeuf  cForti  wurde  mit  Erfolg  in  Haag, 
Rotterdam,  Amsterdam  und  Leyden  aufgeführt.  In  mehreren  Concursen  erhielten 
seine  Compositionen  den  Preis,  wie:  Prijs-Fantasie  und  Variationen  und  die 
Cantate  ri^oeder  lief  da.  Ausserdem  sind  noch  anzuführen:  »Der  hölzerne  Säbel«, 
Operette,  in  einem  Akt.  —  »Das  gestohlene  Lämrachen«,  Operette.  —  »Pumper- 
nickel« (nicht  aufgeführt).  —  tiJane  Gray  recit  historique.<i  —  T)Binjamin,  recit 
biblique.K  —  »De  Verlatene«,  Cantate.  —  »Elegie  auf  den  Tod  Mendelssohns.« 
—  Romanzen,  Streichquartette  u.  a. 

Kocher,  C  .  .  .,  veröffentlichte  gegen  1860:  »Harmonik.  Die  Kunst  des 
Tonsatzes  aus  den  Grundelementen  theoretisch  entwickelt  und  praktisch  dar- 
gestellt«.    Stuttgart  in  4^  210  S. 

Köllin,  Jacob  Jäcklin,  wahrscheinlich  ein  Sohn  des  Lautenschlägers 
Köllin  in  Ulm,  welcher  1434 — 42  vorkommt.  Im  Jahre  1470  war  er  Stadt- 
pfeiffer und  Lautenmacher  in  Ulm;  1476  gab  ihm  die  Stadt  Erlaubniss  bei 
König  Matthias  von  Ungarn,  der  ihn  erbeten  hatte,  in  Dienste  zu  treten,  »ob 
sie  ihn«,  wie  die  Väter  der  Stadt  dem  Könige  berichteten,  »gleich  ungern  ent- 
rathen,  da  er  ihre  Stadt  mit  seinem  Blasen  ziere.«  Ihm  selbst  stellten  sie  das 
Zeugniss  aus,  »dass  er  der  Stadt  mit  seiner  Kunst  des  Pfeiffens  meisterlich  er- 
baulich und  wohl  gedient  habe«. 

Kocipinski,  Anton,  polnischer  Pianist  und  Compouist  von  Ciavierstücken, 
hauptsächlich  Tänzen,  Polonaisen,  Mazurkeu  u.  dergl.,  lebte  in  diesem  Jahr- 
hundert und  etablirte  in  Kamiennie^-Podolski  einen   Musikalienverlag. 

Konen,  Friedrich,  Domchordirigent  in  Köln,  geboren  am  30.  April  1829 
in  Rheinbach  bei  Bonn ,  erhielt  seinen  ersten  Unterricht  in  der  Musik  für 
Ciavier-  und  Orgelspiel  bei  seinem  Vater  Jos.  Konen,  Lehrer  in  Rheinbach, 
für  Violoncell  bei  Biermann,  Sohn  des  ehemaligen  Domkapellineisters  in  Pader- 
born, jetzt  Pfarrer  in  Mülheim  an  der  Moene.  Den  4.  September  1854  zum 
Priester  geweiht,  fand  er  zu  Köln  im  Sängerchor  des  katholischen  Gesellen- 
vereins zuerst  Gelegenheit,  für  die  Kirchenmusik  thätig  zu  sein.  1862  ward 
er  vom  Kardinal  von  Geissei  nach  Regensburg  gesandt ,  um  dort  unter 
der  Anleitung  von  Domkapellmeister  Schrems  und  dem  damaligen  Seminar- 
professor Witt  sich  speciell  dem  Studium  der  Kirchenmusik  zu  widmen.  Von 
Regensburg  zurückgekehrt,  wurde  er  1863  als  Lehrer  des  Gesanges  im  erz- 
bischöfl.  Pi'iesterseminar  zu  Köln  und  bald  darauf  auch  als  Chordirigent  in  der 
Domkirche  angestellt.  Einen  gemischten  Chor  mit  Knabenstimmen  einrichtend, 
pflegte  er  in  den  ersten  Jahren  seines  Wirkens  als  Domchordirigent  fast  aus- 
schliesslich die  ältere  Kirchenmusik  Palestriua's  und  seiner  Zeitgenossen,  wandte 
sich  aber  nachher  neben  dieser  auch  der  neuesten,  durch  den  Einfluss  des  Cäci- 
lienvereins  sich  herausbildenden  Kirchenmusik  zu.  Im  Jahre  1869  schloss  er 
sich  dem   Allgemeinen  Deutschen   Cäcilienverein   an,  wurde  ins   Referenteucolle- 


192  Köneu  —  Koman. 

gium  aufgrnommen  und  gründete  am  19.  Mai  1869  einen  Diöcesanverein  für 
die  Erzdiöcese  Köln,  dessen  Präsident  er  seitdem  geblieben.  Derselbe  ist  auch 
als  Componist  thätig  und_  sind  bis  jetzt  von  ihm  folgende  Werke  erschienen: 
zwei  Messen  für  Männerchor;  fünf  Messen  für  gemischten  Chor,  theils  mit, 
theils  ohne  Orgelbegleitung;  Psalm  41;  Te  Deum,  für  gemischten  Chor  mit 
Orgelbegleitung;  lateinische  und  deutsche Kix'chengesänge  für  Frauenchor;  Samm- 
lung von  Motetten  für  gemischten  Chor  und  endlich  eine  Orgelbegloitung  zu 
dem  Kölnischen  Kyriale.  Yon  Compositionen  profaner  Musik  ist  zu  nennen: 
eine  Sammlung  von  25  Liedern  für  eine   Singstimme  mit  Clavierbegleitung. 

Konen,  Heinrich,  Bruder  des  vorgenannten  Fr.  K.,  geboren  am  6.  Juni 
1827  in  Rhcinbach,  erhielt  denselben  Unterricht  für  Ciavier-,  Orgel  und  Greige, 
wie  sein  Bruder.  Als  Theologe  wurde  er  zu  Bonn  durch  Prof.  Heimsoeth  und 
durch  Ferrenberg  (bekannt  als  Herausgeber  älterer  kirchenmusikalischer  Werke) 
für  die  Pflege  der  Werke  des  Palestrina  gewonnen.  Am  14.  September  1851 
zum  Priester  geweiht,  wirkte  er  zwei  Jahre  an  der  höheren  Lehranstalt  in 
Opladen,  dann  acht  Jahre  als  Repetent  im  katholischen  Convictorium,  von 
1861  an  als  Lehrer  an  der  Bitterakademie  in  Bidburg  und  von  1864  an  als 
Domvicar  in  Köln,  wo  er  am  16.  Juni  1865  starb.  In  genannten  verschie- 
denen Stellungen  blieb  er  stets  für  die  Kirchenmusik  thätig  und  sind  als  Früchte 
seines  Schattens  zu  verzeichnen:  1)  eine  Sammlung  von  älteren  Kirchenliedern, 
für  gemischten  Chor  bearbeitet  und  mit  kritischen  Notizen  versehen;  2)  eine 
Messe:  y^Tota  pulchra  es«,  für  gemischten  Chor,  eine  tüchtige  contrapunk- 
tische    Arbeit. 

Kohl,  Heinrich,  geboren  1816  in  Holstein,  gründete  in  Hamburg  1856 
unter  den  bescheidensten  Verhältnissen  eine  Ciavierfabrik,  welche  er  bald 
durch  unermüdlichen  Eifer  und  Fleiss,  wie  durch  ernstliches  Nachdenken  und 
Forschen  auf  dem  Gebiete  der  Ciaviertechnik  zu  den  bedeutendsten  ersten  Ban- 
ges erhob.  Was  edle  Schönheit,  Gleichmässigkeit  und  Kraft  des  Tones,  sowie 
ausgezeichnete  Spielart  und  solide  Arbeit  der  Instrumente  anbetrifft,  wird  er 
wol  von  keinem  arderen  Fabrikat  übertroffen  werden.  Im  Jahre  1870,  als  die 
Fabrik  in  ihrer  vollsten  Blüte  stand,  wurde  sie  noch  durch  Dampfkraft  er- 
weitert, so  dass  stets  60  Arbeiter  darin  thätig  sind  und  die  Fabrik  jährlich 
über  300  Instrumente  liefert.  Der  Absatz  der  K. 'sehen  Instrumente  erstreckt 
sich  in  bedeutendem  Maasse  nach  transatlantischen  Plätzen,  da  die  Dauerhaftig- 
keit derselben  selbst  an  den  klimatisch  ungünstigsten  Orten  bald  zu  günstigem 
Rufe  verhalf.  1874  als  K.  sich  ins  Privatleben  zurückzog  und  seinem  Sohne 
Emil  das  Geschäft  übergeben  hatte,  machte  leider  ein  Herzschlag  seinem  irdi- 
schen Dasein  ein  Ende.     Sein  Sohn: 

Kohl,  Emil  Heinrich  Adolph,  geboren  1847  zu  Hamburg,  welcher 
13  Jahre  in  dem  Geschäft  seines  Vaters  mitwirkte  und  um  seine  Kenntnisse 
noch  zu  erweitern,  während  dieser  Zeit  mehrere  Jahre  in  verschiedenen  der 
berühmtesten  Pariser  und  deutschen  Ciavierfabriken  thätig  gewesen  ist  und  ganz 
in  dem  Sinne  seines  verstorbenen  Vaters  das  Geschäft  fortführt,  dehnte  das- 
selbe noch  auf  den  Bau  von  Flügeln  aus,  welche  bald  überall,  wohin  sie  kamen, 
den  ungetheiltesten  Beifall  fanden  und  von  Künstlern  ersten  Ranges  als  zu 
den  vorzüglichsen  gezählt  werden.  In  dem  neuen,  im  Jahre  1878  zum  Ge- 
schäftszwecke speciell  eingerichteten  Hause  in  der  Büschstrasse  Nr.  3  befinden 
sich,  ausser  Magazinen  für  Flügel  und  für  Pianos.  Studirzimmer  für  Künstler, 
kurz  alles  was  zu  einem   Geschäft  ersten  Ranges  gehört. 

Koeuppers,  Jean,  einer  der  geschicktesten  flämischen  Lautenmacher  des 
18.  Jahrhunderts,  arbeitete  in  Haag  von   1755 — 1780. 

Kolbe,   Oscar  (VI,  121),  starb  in  Berlin  am   2.  Januar  1878. 

Koinau,  Heinrich,  Pianist  und  Componist,  geboren  1828  zu  Warschau,  wo 
sein  Vater  Musiker  eines  Chors  der  früheren  polnischen  Armee  war.  Nachdem  er 
von  diesem  die  nöthige  Vorbereitung  erhalten  hatte,  trat  er  ins  Conservatorium  zu 
Warschau,  an  welchem  er  zur  Zeit  selbst  Lehrer  des  Claviersjaiels  der  oberen  Classen 


Komorowski  —  Kothe.  193 

ist.  Er  hat  sich  in  seiner  Vaterstadt  durch  öffentliche  Vorträge  einen  guten 
Ruf  als  (ylavierspieler  erworben  und  vcröffentliclite  auch  eine  Reihe  von  (Jom- 
positiouen   für  Ciavier:   Sonaten,   Nocturnos,    Impromptus,   Concertwalzer  u.  s.  w. 

Komoro>vski,  Ignaz,  polnischer  Compt/liist,  geboren  in  der  ersten  Hälfte 
dieses  Jahrhunderts,  gab  eine  Jieihe  von  Vocalcompositionen  heraus,  die  thfil- 
wcise  ein  nationales  Gepräge  an  sich  tragen;  zu  den  letzteren  gehört  der  Ge- 
sang »Kalina«,  für  eine  Stimme  und  »Gesang  der  Maria«,  für  Solo  und  Chor. 
Sämmtliche  Compositionen  sind  in  Warschau  bei  Klukowski,  Spies  &  Co.  und 
Friedlein  erschienen.  K.  ist  zugleich  talentvoller  Sänger  der  seine  Lieder  selbst 
vorträgt  und  auch  selbst  begleitet. 

Kouin;?,   David  (VI,  125),  starb   in  Amsterdam  am   6.  November   187G. 

Kouradin,  Carl  Ferdinand,  ist  1833  in  Uesterreich  geboren.  Seit  dem 
Jahre  1861  war  er  an  verschiedenen  Theatern  in  München,  in  Breslau  und  in 
Wien  als  Kapellmeister  thätig.  Von  seinen  Compositionen  haben  seine  Operetten : 
»Flodoardo  AVuproholl« ;  »Der  Drachenstein«;  »Einquartirung«;  »Prinz  Eugen«; 
»Liebchen  am  Dache«;  »Der  Abbee«  u.  s.  w.  an  verschiedenen  Bühnen  aufgeführt, 
Beifall  errungen.      Gedruckt  sind  einige  Lieder  von   ihm. 

Koutski,  Carl  von  (VI,  126),  starb  in  Paris  am  27.  August  1867. 

Koutski,  Appolinari  von   (VI,  126),   starb  am   29.   Juni   1879. 

Korsoff,  einer  der  geschätztesten  russischen  Sänger  in  Petersburg,  wo  er 
am  Theater  »Marie«  engagirt  ist.  Er  ist  im  Besitze  einer  schönen  Baryton- 
stimme,  zu  deren  Ausbildung  er  Italien  aufsuchte.  Ausser  seiner  Thätigkeit  an 
der  Bühne,  pflegt  er  jedes  Jahr  eine  Reihe  von  Concerten  zu  veranstalten, 
in  denen  er  seine  Landsleute  mit  der  Concertrausik  ausländischer  Literatur, 
hauptsächlich  der  französischen,  bekannt  macht. 

Koscbat,  Thomas,  geboren  am  8.  August  1845  zu  Viktring  bei  Klagen- 
furt, besuchte  die  Wiener  Universität  um  Chemie  zu  studiren,  wurde  aber  durch 
Hofkapellmeister  Heinr.  Esser  veranlasst,  ein  Engagement  bei  der  k.  k.  Hof- 
oper als  Chorist  anzunehmen,  wo  er  noch  jetzt  für  kleine  tiefe  Basspartien 
und  als  Chorführer  sowie  als  Hofkapellsänger  angestellt  ist.  Im  Jahre  1873 
lenkte  er  durch  seine  naiven  Lieder  im  Kärntner  Volkston,  wozu  er  die  Texte 
selbst  dichtete,  die  Aufmerksamkeit  des  grösseren  Publicuras  auf  sich.  Sein 
»Verlassen  bin  i«  erlangte  eine  ausserordentliche  Popularität.  Mit  einigen  seiner 
CoUegen  bildete  er  1875  das  Kärntnerquintett,  mit  dem  er  in  Wien  sowol  auf 
der  Bühne  wie  in  Concerten  und  auch  später  auf  Concertreisen  Furore  machte. 
Besondere  Beliebtheit  erlangte  seine  1878  erschienene  Walzeridylle  »Am  Wör- 
thersee«, dem  1879  eine  ähnliche  Ccmposition  »Eine  Bauernhochzeit  in  Kärnten«. 
188U  »Kirchtagsbildcr  aus  Kärnten«  folgten.  Auf  Veranlassung  dei-  Direction 
der  k.  k.  Hofoper  vereinigte  er  seine  beliebtesten  Compositionen  zu  einem  Lieder- 
spiele »Am  Wörthersee«,  das  nach  dessen  beifällig  aufgenommener  Aufführung 
in   Wien,  auf  sehr  vielen  Proviuzialbühnen   zur  Darstellung  gelangte. 

Kosmowski,  geschickter  Orgelbauer  zu  Warschau  im  18.  Jahrhundert, 
wurde  als  Hoforgelbauer  des  Königs  1721  beauftragt,  die  Orgel  in  der  Kapelle 
der  St.  Maria  von  Czenstochowa  zu  erbauen,  für  welche  er  eine  Bezahlung 
von  4000  polnischen   Gulden  erhielt. 

Kossak,  Ernst  (VI,  130),  starb  am   3.  Januar   1880. 

Kothe,  Aloys,  ist  am  3.  October  1828  zu  Gröbnig  bei  Leobschütz  in 
Schlesien  geboren ;  wurde  auf  dem  Lehrerseminar  in  Oberglogau  zum  Lehrer  ge- 
bildet und  amtirte  als  solcher  mehrere  Jahre;  darauf  besuchte  er  noch  einige 
Jahre  das  königl.  Institut  für  Kirchenmusik  in  Berlin  und  erwarb  hier  drei 
Preise.  1860  wurde  er  in  Braunsberg  in  Dstpreussen  Organist  und  Musik- 
lehrer am  Gymnasium;  1863  aber  Musiklehrer  am  Lehrerseminar  in  Breslau: 
hier  starb  er  am  13.  November  1868.  Von  seineu  Compositionen  wurden  ver- 
öffentlicht: Lieder;  eine  Messe  für  Männerstimmen;  ein  Adoramus  te;  Ciavier- 
stücke  u.  s.  w.     Sein  älterer  Bruder: 

Kothe,    Bernhard,    ist   am    12.  Mai    1821    zu   Gröbnig    geboren,    widmete 

Musikal.  ConTers.-l.cxikon.    Ergün7:iii)i7äbau(l.  !•' 


294  Kothe  —  Krause. 

sich  ebeufalls  dem  Lehrfach;  besuchte  1843  und  1844  das  köuigl.  Institut  für 
Kircheumusik  in  Berlin,  und  wux'de  1851  zum  Gesanglehrer  an  das  Gymnasium 
in  Oppclu  berufen;  18G9  trat  er  an  die  Stelle  seines  Bruders  am  Breslauer 
Schullehrerseminar  und  wurde  zum  königl.  Musikdirektor  ernannt.  Er  ent- 
wickelte hier  eine  reiche  Thätigkeit,  namentlich  auch  als  Gründer  des  schlesi- 
scheu  Cäcilienvereins  für  katholische  Kirchenmusik.  Er  verößentlichte  ausser 
Liedersammlungen,  Orgelstücken  und  Kirchengesängeu  auch  mehrere  Schriften: 
»Abriss  der  Musikgeschichte«  (2  Auti.,  Leipzig,  Leuckart  1877);  »Die  Musik  in  der 
katholischen  Kirche«;  »Musica  sacra«;  »Eine  Gesanglehre«  u.  s.  w.  Ein  dritter  Bruder: 

Kothe,  Wilhelm,  ist  am  8.  Januar  1831  in  Gröbnig  geboren,  besuchte 
ebenfalls  das  Lehrerseminar  in  Oberglogau  und  das  königl.  Institut  für  Kirchen- 
musik in  Berlin;  wurde  1855  Seminarlehrer  in  Braunsberg;  1863  Musiklehrer 
an  dem  neubegrüudeten  Lehrerseminar  in  Liebenthal  in  Schlesien  und  ging 
1871  in  gleicher  Eigenschaft  an  das  neugegründete  Seminar  in  Habeischwert. 
Wie  seine  Brüder,  ist  auch  er  ein  gründlich  durchbildeter  Musiker  und  aus- 
gezeichneter Lehrer.  Ausser  mehreren  Uuterrichtswerken,  wie:  einer  praktischen 
Violinschule  und  einer  Gesanglehre,  veröflentlichte  er  auch  Liederhefte  und 
Olavierstücke  und  die  Schrift:  »Friedrich  der  Grosse  als   Musiker«. 

Kragen,   Carl  Phil.  Heinrich   (VI,  134),   starb  am   14.  Februar  1879. 

Krakamp,  Emanuel,  ausgezeichneter  Flötist  und  Componist  für  die  Flöte, 
ist  in  Palermo  am  3.  Februar  1813  geboren.  Sein  Vater  war  Militärmusik- 
direktor und  unterrichtete  den  Sohn  auf  der  Flöte,  die  dieser  sehr  bald  mit 
grosser  Virtuosität  zu  behandeln  verstand.  K.  unternahm  nun  ausgedehnte 
Coucertreisen,  besuchte  Messiua,  Catania,  Malta  und  durchreiste  die  Vereinigten 
Staaten,  Mexiko,  Canada,  die  Antillen.  1837  traf  er  wieder  in  Neapel  ein, 
wurde  Chef  des  Musikchors  vom  92.  Regiment  auf  Corfu,  und  kehrte  1841 
abermals  nach  Neapel  zurück.  Er  übex'uahm  jetzt  die  Untei'inspection  der 
Classen  des  Conservatoriums  San  Pietro  a  Majella  und  die  Soloüötistenstelle 
l)eim  Grafen  von  Syrakus.  1848  musste  er  in  Folge  der  politischen  Bewegung 
nach  Rom  flüchten,  wo  er  als  Militürmusikdirektor  der  ersten  römischen  Legion 
und  Unterlieutenant  alle  Kämpfe  mitmachte.  Nach  dem  Falle  der  Republik 
begab  er  sich  auf  neue  Coucertreisen  und  Hess  sich  fast  in  allen  grossen  Städten 
Europas  höi-en.  Nachdem  er  1860  nach  Neapel  zurückgekehrt  war,  erhielt  er 
eine  Anstellung  als  Professor  am  Conservatorium  Albergo  de  poverie.  K.  schrieb 
für  die  Flöte  255  Werke,  die  sämmtlich  veröffentlicht  sind.  Es  gehören  dazu: 
Eine  Flötenschule  und  verschiedene  Etudenwerke  für  Flöte;  ferner  Schulen  für 
Clarinette,  Hoboe  und  Fagott,  eingeführt  in  sämmtlichen  Conservatorien  Italiens^, 

Kraiuer,  H.,  deutscher  Lautenmacher,  der  zu  Wien  im  Anfang  des  17.  Jahr- 
hunderts arbeitete  und  von  welchem  sich  in  der  Sammlung  der  Gesellschaft  der 
Musikfreunde  zu  Wien,  eine  Viola  di  bordone,  mit  seinem  Namen  und  der  Jahres- 
zahl 1717   gezeichnet,  befindet. 

Krascropolsky,  polnischer  Componist  der  gegenwärtigen  Zeit,  schrieb  die 
Oper  »Lesta«,  welche  vor  einigen  Jahren  in  Russland  aufgeführt  wurde. 

Kraus,  Alessandro,  Pianist  und  Musikschriftsteller,  ist  zu  Florenz  am 
12.  October  1853  von  deutschen  Eltern,  die  sich  dort  niedergelassen  hatten, 
geboren.  Er  erhielt  eine  gute  musikalische  Erziehung  und  widmete  sich  nach 
Vollendung  derselben  dem  Unterricht  und  historischen  Arbeiten.  Bis  jetzt  ver- 
öffentlichte er:  »ie  Quattro  Scale  diatoniche  della  moderna  Tonalitm  (Florenz  1874) 
und  gleichzeitig  die  von  ihm  hergestellte  Uebersetzung  dieser  Abhandlung  ins 
Französische,  unter  dem  Titel:  ^>Les  quatres  (jammes  diatoniques  de  la  tonalite 
modernem.  Ferner:  nEsercizi  elementari  per  »^ciocjliere  le  dita  ai pianistia  (Florenz 
1873).  K.  ist  mit  einer  Geschichte  der  musikalischen  Instrumente  beschäftigt, 
deren  Erscheinen  bereits  angekündigt  ist. 

Krause,  Carl  Christian  Friedrich  (VI,  142).  Ausser  durch  die  ge- 
nannten musiktheoretischen  Werke,  besonders:  »Die  Anfangsgründe  der  allge- 
meinen Theorie  der  Musik  nach   Grundsätzen   der  Wesenlehre«,  bethätigie  sich 


Krauu»  —  Krauss.  195 

der  grosse  PhiluBoph  au  iler  Wcitereutwickluug  di;r  Theorie  durch  seiue  Auf- 
siitzi!  iu  dur  Leipziger  AUgem.  luus.  Zeituug,  wie  iu  Nr.  41  und  ü4  lÖlO: 
»Ueber  eine  chroiiuitisclie  (Jliiviatur  ohue  Obertuöteuo,  und  IHll  in  Nr.  liU: 
»Leber  eiue   neue   Xotousehriit«. 

Krauss,  Gottfried  Uebhard,  ciu  sehr  geschickter  und  von  Kennern  ge- 
schützter Waldhornist  und  Violoncellspieler  in  Ulm;  ist  am  6.  December  1751 
zu  Aalen  geboren,  dort  war  sein  A'^uter  Schreiner  und  Stadtmusikus.  Dieser 
ei'theilte  ihm  den  ersten  Unterricht  in  der  r\iu8ik;  dann  kam  er  zum 
Hol'musikus  Heinrich  Hetsch  (f  löOl)  nach  Stuttgart;  erlaugte  bedeutende 
Fertigkeiten  und  wui'de  in  Folge  dessen  hier  iu  die  Hot'kapelle  aufgenommen. 
Nach  einem  vierzehnjährigen  Aufenthalt  iu  Stuttgart  ging  er  1778  auf  Keiaen 
und  coucertirte  in  den  grösseren  Städten  Deutschlands  und  der  Schweiz  mit 
bedeutendem  Erfolge.  Als  17)S5  der  Stadtmusicus  Joh.  Fr.  Henne  in  Ulm 
starb,  übernahm  er  dessen  Stelle.  K.  war  zu  einer  Zelt  in  Ulm,  wo  jeuer 
Zeit  bedeutende  lustrumeutalisten  lebten,  wie  Eitel  Eberhard  von  Besserer 
(t  1-1.  October  18"J1),  Joh.  Jacob  von  Scheid  und  sein  Bruder  Christoph  Fried- 
rich von  Scheid,  Albr.  Ludwig  Hetsch,  Joseph  Hammer  von  Tichingen,  der 
Fagottist  Silberbaur,  Carl  Fx'iedrich  üechsleu,  Georg  Balth.  Kieder  u.  m.  A.,  an 
deren  Spitze  der  Musikdirektor  Johannes  Martin  stand,  welche  iu  den  Freitags- 
coucerteu  auf  dem  Schwörhaus  sich  versammelten  und  mit  Geschmack  und  Kunst 
die  Musik  vorzüglicher  Tonkünstler  hören  Hessen.  K.  gab  hier  öfter  Coucerte 
mit  allgemeinem  Beifall.      Er  starb  am   16.   October   lbU8. 

Krauss,  Marie  Gabriele,  eine  der  vortreiflichsteu  und  vielseitigsten  Sän- 
gerinnen der  (jegenwart,  geboren  zu  Wien  am  23.  März  1842  als  die  Tochter 
eines  Ministerialbeamten,  zeigte  bereits  früh  bedeutende  musikalische  Anlagen, 
und  wurde  iu  Folge  dessen  von  ihrer  älteren  Schwester  für  den  Besuch  des 
Couservatoriums,  in  das  sie,  dreizehn  Jahr  alt,  eintrat,  vorbereitet.  Im  Gesänge 
war  sie  die  Schülerin  der  Frau  Marchesi  und  gehöx'te  überhaupt  zu  den  bevor- 
zugtesten.Schüleriuueu  des  Instituts,  denn  sie  erwai*b  sämmtliche  Preise,  welche  die 
Schüler  dort  erwerben  können.  Nach  Vollendung  ihrer  Ausbildung  wurde  sie 
an  der  Hofoper  in  Wien  engagirt  und  debütirte  als  Mathilde  im  Teil,  welcher 
Partie  die  der  Berta  (Prophet),  Alice  (Robei't),  Pamina  (Zauberiiöte),  Agathe 
(Freischütz),  Elisabeth  (Tannhäuser),  Elsa  (Lohengrin),  Elvira  und  Donna  Anna 
(Don  .luau)  folgten.  In  Wien  waren  die  Erfolge  der  jugendliclien  Säugerin 
bedeutend  und  sie  befestigte  ihren  günstigen  Huf  noch  fortdauernd,  indem  sie 
immer  neue  Partien  ihrem  B-epertoir  einverleibte,  die  sie  alle  gleichmässig  künst- 
lerisch durchführte.  Sie  sang  noch  in:  Fidelio,  Figaros  Hochzeit,  Cosi  fau 
tutte,  Hugenotten,  Fliegender  Holländer,  Weisse  Dame,  Troubadour,  Belisar, 
Jjalla  Book,  Euryauthe,  Hernani,  Gustav  III.,  Lucrezia  Borgia,  Zampa,  Maria 
di  Bohan  u.  s.  w.  Nach  Ablauf  ihres  Coutrakts  nahm  sie  ein  neues  En- 
gagement an  der  italienischen  Oper  in  Paris  an;  wo  sie  ein  für  Adeline 
Patti  schwärmendes  Publicum  antraf,  und  aus  diesem  Grunde  vielleicht  völlig, 
nur  von  der  Kritik  gewürdigt  wurde.  Bei  ihrer  zweiten  Anwesenheit  in  der 
nächsten  Saison  jedoch,  wurde  sie  ihrer  Künstlerschaft  würdig  empfangen. 
Sie  sang  in  Lucia ,  Norma ,  Othello,  Semiramis ,  il  Templario,  Ballo  in 
Maschera,  Rigoletto,  Aida  und  Piccolo,  O^jer  von  Mm.  Grandval.  1870  ver- 
liess  sie  Frankreich.  1872  sang  sie  mit  sehr  grossem  Erfolg  iu  Neapel  am 
Sau  Carlo  Theater,  und  verhalf  hier  der  Oper  »Manfredo«  von  Petrella  zu  einem 
Erfolge.  Anfang  des  Jahres  1873  schuf  sie  bereits  eiue  andere  neue  Partie 
in  der  Oper  Fosca  von  Carlos  Gomes  am  Theater  la  Scala  in  Mailand  und 
sjnlter  in  »Bianca  Orsini«  von  Petrella  in  Neapel.  1874  kehrte  sie  nach  Paris 
zurück  uud  entschloss  sich  zur  französischen  Oper  überzugehen,  indem  sie  ein 
Engagement  an  der  grossen  Oper  annahm.  Sie  begann  diese  neue  LauiLahn 
mit  der  Kachel  iu  der  Jüdin,  und  erntete  auf  derselben  neben  Faure  verdiente 
Anei'kenuung.  Der  Haupt  Vorzug  der  ausgezeichneten  Sängerin  beruht  in  der 
vollendeten  Ausbildung  ihrer  Stimme.      Ihr   Gesangstil,  die    Phrasirung  wie   die 

iu 


]  9G  Krausshaar         Kritik. 

Behandlung  der  Recitative  entsprechen  den  hculisten  Anforderungen.  Diesem 
musikalisch  vollendeten  Gesang  gesellt  sich  künstlerische  Begeisterung,  durch 
welche  Eigenschaften  Mlle.  K.  zu  den   ersten   Sängerinnen  der   Gegenwart  zählt. 

Krausshaar,   Otto   (VI,  144),  starb  in  Kassel  am   23.   November   18G6. 

Krebs,   Carl  August  (VI,  145),  starb  am   16.  Mai   1880. 

Kreipl,   Joseph,  starb  in  AVicn  im  Juni   18G6. 

Kremser,  Eduard,  geboren  am  10.  April  1838  in  Wien,  war  ursprüng- 
lich von  seinen  Eltern  zum  Handelsstande  bestimmt,  widmete  sich  aber  früh 
ausschliesslich  der  Musik.  1869  im  October  wurde  er  Chormeister  des  Wiener 
Männergesangvercius  und  hat  als  solcher  eine  Reihe  von  weit  verbreiteten  ge- 
fä.lligen  Männeichören  veröffentlicht.  Ausserdem  erschienen  Ciavierstücke  und 
Orchesterwerke  von  ihm  bei  Hasslinger.  Ende  1875  kam  seine  Operette:  »Eine 
Operette«,  in  Psst  zur  Aufführung. 

Kreuel,  Pius,  Conventual  des  Klosters  Einsiedeln,  einer  der  geschicktesten 
Orgelbauer  der  Schweiz  im  17.  Jahrhundert,  wurde  geboren  zu  Zug  1629, 
und  starb  1696. 

Kretzschmar,  Hermann,  Dr.  phil.,  ist  am  19.  Jan.  1848  zu  Olbernhau  im 
sächsischen  Erzgebirge  geboren;  dort  war  sein  Vater  Cantor  und  früh  musste  er 
diesen  in  seinen  amtlichen  Leistungen  unterstützen,  so  wurde  er  schon  in  seiner 
Jugend  in  die  Musik  eingeführt.  Den  ersten  theoretischen  Unterricht  erhielt  er  in 
Dresden  von  Julius  Otto,  unter  dessen  Direktorat  Kretzschmar  Alumnus  und 
Präfect  im  Sängerchor  des  Gymnasiums  zum  heiligen  Kreuz  war.  In  Leipzig 
besuchte  er  neben  den  philologischen  Collegien  auch  das  Conservatorium,  an 
dem  er  1871  als  Lehrer  angestellt  wurde.  Daneben  übernahm  er  die  Leitung 
der  Euterpecoucerte,  des  Bachvereins  u.  dergl.,  und  erwarb  namentlich  als  Orgel- 
virtuos Ruf  und  Anerkennung.  1876  ging  er  als  Kapellmeister  an  die  Oper 
in  Metz  und  1877  als  Hniversitätsmusikdirektor  nach  Rostock;  um  seinen 
Weggang  nach  Sondershausen  zu  verhüten,  machte  man  ihn  hier  1880  auch 
zum  städtischen  Musikdirektor.  Von  seinen  Compositionen  sind  Qhorsachen, 
Orgelstücke  und  Lieder  im  Druck  erschienen.  Ausserdem  veröffentlichte  er 
eine  Reihe  von  Abhandlungen  u.  dergl.  in  verschiedenen  Zeitschriften  und  in 
der  Sammlung  von  Vorträgen,  welche  Graf  Waldersee  heraus  giebt. 

Kreutzer,  August  Jean  Nicolas  (VI,  156),  wurde  am  3.  Sept.  1787 
geboren  und  starb  in  Paris  am   31.  August  1832. 

Kreutzer,  Leon  Charles  Fran^ois  (VI,  157),  starb  zu  Vichy  den 
6.  October  1868.  Von  seinen  Schriften  ist  noch  zu  nennen:  »Essai  sur  Vart 
Vyrique  au  theäfre,  depuis  les  anciens  jtisqu^  ä  Meyerheer»,  (de  concert  avec 
E.  Tournier,  Paris,  Bouchard-Husard  1849,  in  12").  Notizen  über  ihn  giel)t 
A.  Pougin:  »Leon  Kreutzer«,  Paris,  Liepmannsohn  et  Dufour,   1868,  in  8*'  16  p. 

Kreutzer,  Conradin  (VI,  157),   ist  am  22.  Nov.  1780  (nicht  1782)  geboren. 

Kreutzer,  Rudolph  (VI,  159),  zu  den  dramatischen  Werken  K.'s  gehören 
noch:  »Za  journee  du  10  aoüt  1792  ou  la  Chute  du  dernier  tyran,  4  actes, 
Opera«  (10  aoüt  1795);  -nVheureux  retour,  divertissement  (en  societe  avec  Berton 
et  Persuis)  Oper aa  (25  juillet  1815)  \  y>Blanche  de  Province,  ou  la  cour  den  fees, 
S  actes  (en  societe  avec  Berton,  Boieldieu,  Cherubini  et  Paer)  Opera  (3  mai, 
1821);  y>Le  paradis  de  Mahomet,  3  actes,  Opera  comiquev-  {23  mars  1822); 
y>Pharainond,  3  actes«. 

Krig'ar,  Hermann,  starb  nach  längerer  Krankheit  am  5.  Sept.  1880  in  Berlin. 

Kritik  (VI,  165).  Die  Kritik,  welche  Bedeutung  und  Werth  eines  Kunst- 
werkes feststellen  soll,  setzt  selbstverständlich  die  vollständigste  Vertrautheit  mit 
allen  ästhetischen  und  technischen  Voraussetzungen,  unter  denen  ein  Kunstwerk 
entsteht,  voraus.  Das  natürliche  und  durch  die  Uebung  geschulte  Kunstgefühl 
reicht  schon  nicht  mehr  für  den  oberflächlichen  Genuss,  für  ein  tieferes  Erfassen 
aus,  aber  ganz  und  gar  nicht  für  die  kritische  Würdigung  eines  Kunstwerkes. 
Der  seltsame  Irrthum,  aus  der  Tiefe  des  Gemüths  heraus  kritisiren  zu  wollen, 
hat  eine  unsägliche  Begriffs-   und   Prinzipienverwirriing,  die  namentlich   für  die 


Kritik.  197 

Kuustcntwickcluiii,'  unserer  Tage  von  folgonachworcm  Kinlluss  gi'wordeii  iat, 
lioivorgeiufcM.  Bis  zum  Ausgange  des  vorigen  Jiilirliunderts  beschränkte  sicli 
die  Kritik  meist  iiul"  eine  rein  teehuische  Analyse  des  Kunstwerks,  sie  versuchte 
hauptsächlich  über  die  verwendeten  harmonischen  Durstellungsmittel  ausführlich 
Rechenschaft  zu  geben  mit  meist  nur  andeutender  Angabe  über  ihre  Verwen- 
dung zu  Formen  und  deren  melodische  und  rhythmische  Darstellungsweise.  Mil 
dem  Ausgange  des  Jahrhunderts  trat  eine  ganz  bedeutsame  Wendung  in  dieser 
Beziehung  ein;  mehr  dichterisch  veranlagte,  als  technisch  durchbildete  Kritiker 
begannen  das  Kunstwerk  nur  nach  seiner  AV'^irkung  auf  Ohr,  Herz  und  Gemüth 
zu  beurtheilen  und  diese  neue  Richtung  fand  rasch  so  begeisterte  Anhänger, 
dass  jede  technische  Erörterung  bald  als  Versündigung  an  der  Kunst  erschien. 
Es  sollte  von  jetzt  an  nur  der  sogenannte  poetische  Inhalt  in  einige  tönende 
Phrasen  gebracht  werden.  »Wie,  mein  Freund,«  schreibt  Rochlitz  im  zweiten 
Jahrgang  der  »Leipziger  Allgemeinen  Musikzeitung«  (1799),  »Sie  sollen  einer 
jungen  Dame  Unterricht  geben  im  Generalbass,  Contrapunkt,  im  gelehrten  Satze, 
ich  soll  mich  über  diese  Nachricht  freuen?  Nun  ja,  ich  thue  mein  Möglichstes, 
aber  aufrichtig,  es  will  mir  nicht  recht  gelingen;  es  ist,  als  ob  ich  nicht  wagte, 
darüber  froh  zu  werden.  Ihre  schöne  Schülerin  glaubt,  weit  mehr,  weit  reinern 
Genuss  an  den  Werken  der  Tonkunst  zu  haben,  wenn  sie  sich  eine  gründliche 
Kenntniss  der  Harmonie  und  ihrer  Gesetze  erworben  haben  wird?  Mir  ist  um 
ihretwillen  bange.  Musik  und  deren  Genuss  machte  bisher  ihre  vorzüglichste 
Unterhaltung  in  den  schönsten  Stunden  ihrer  Einsamkeit  aus.  Wie,  wenn  sie 
auf  dem  jetzt  erwähnten  AVege  Gefahr  liefe,  sich  um  Alles  oder  doch  den  grössten 
Theil  dieses  Wohlthätlgeu  zu  bringen?  Glauben  Sie  nicht,  dass  ich  zu  den 
Schwärmern  gehöre,  welche  Denken  den  Tod  des  Gefühls  nennen,  aber  dass 
der  reine  Genuss  an  einem  Kunstwerk  aufhört,  wenn  man  über  die  Mittel  und 
AVege,  wodurch  mau  gerührt  wurde,  grübelt,  das  ist  nur  allzugewiss.  Aller 
Genuss  in  unserm  Leben  ist  mehr  oder  weniger  Traum  und  man  darf  nicht 
wachen  um  zu  träumen.«  Der  Dilettantismus  ist  ganz  gewiss  vollkommen  be- 
rechtigt dem  Kunstwerk  gegenüber  diese  Stellung  einzunehmen;  allein  Kunst- 
kritik und  Aesthetik  müssten  unbedingt  den  höhern  bereits  angedeuteten  Stand- 
punkt einnehmen,  der  durch  die  vollständigste  Einsicht  in  die  Schöpfungsweise  des 
Kunstwerkes  gewonnen  wird.  In  den  verschiedenen  Artikeln  des  Hauptwerkes 
ist  schon  nachgewiesen  worden,  dass  die  Tonkunst  sich  über  die  ganze  Geistig- 
keit des  Menschen  verbreitet;  dass  sie  des  ganzen  Menschen  bedarf,  sein  Denken 
nicht  minder  wie  sein  Empfinden;  dass  die  Anregung  des  Formensinns  viel 
höheren  und  zwar  künstlerischeren  Genuss  gewährt,  als  die  Gefühlserregung,  die 
durch  die  Musik  immer  nur  sinnlich  reizend  erfolcft.  Wiederholt  konnte  cre- 
zeigt  werden,  dass  die  Tonkunst  nur  dadurch  überhaupt  zu  einem  Inhalt  ge- 
langt ,  dass  sie  sich  formell  abrundet ,  und  wie  die  volle  Aneignung  desselben 
nur  durch  die  lebendige  Erkenntniss  der  Form,  in  welcher  er  Gestalt  gewonnen 
hat,  ermöglicht  wird;  und  dass  nur  in  demselben  Maasse,  in  welchem  der  ge- 
niessende Hörer  die  specielle  Form  erfasst,  in  welcher  der  Geist  des  Künstlers 
sich  krystallisirt,  dieser  selbst  ihm  gegenwärtig  wird.  Nur  für  den,  welcher  die 
specielle  Form  erkannt  hat,  hört  der  Ton  auf  rein  sinnliches  Material  zu  sein.  Wol 
sahen  auch  eine  Reihe  von  Theoretikern  des  vorigen  Jahrhunderts,  wie  Mattheson, 
in  der  Musik  die  Kunst  schöne  Empfindungen  auszudrücken  und  zu  erregen 
allein  bei  ihnen  konnte  diese  Ansicht  nicht  von  nachtheiligem  Einfluss  auf  die 
Kunstentwickelung  werden,  weil  formelle  Festigung  für  sie  als  ganz  selbstver- 
ständliche Voraussetzung  für  das  Kunstwerk  galt.  Erst  in  uns(  rm  Jahrhundert 
wurde  die  unmittelbare  .sinnliche  Wirkung  des  Kunstwerkes  auf  die  Em])lindung 
zur  Grundlage  für  Aesthetik  und  Musik  gemacht.  Die  Aesthetik  erklärte  für 
schön  was  ihr  gefiel,  ohne  zu  wissen,  ob  ihr  auch  wirklich  nur  gefiel,  was  schön 
ist,  in  dem  Glauben,  dass  ihr  nur  das  Schöne  gefällt.  Je  nachdem  die  Em- 
pfindung an  Bach  oder  Händel,  Gluck  oder  Mozart  vorwiegend  gewöhnt  und 
geschult   war,   erhob   sie   die  AV^erke  des  einen  oder  des  anderen  Meisters  zum 


198  Kritik. 

Ideal  der  Schönheit  und  heurthcilte  und  verm-theilte  danach  alle  übrigen.  Je 
nachdem  der  einzelne  Theoretiker  oder  Aesthetiker  sich  gewöhnt  hatte  mit  dem 
einen  oder  dem  andern  zu  empfinden,  construirte  er  sich  das  Kunstideal,  das 
natürlich  jedem,  der  anders  empfand,  nimmer  als  solches  erscheinen  konnte.  Der 
eine  Aesthetiker  dieser  Richtung  erkannte  in  der  sinnlich  reizvollen  Melodik 
das  Haupterforderniss  künstlerischer  Wirkung  und  musste  dementsprechend 
grosse  und  bedeutende  Epochen  unserer  Kunstentwickelung  als  l)arbarisch  und 
unkünstlerisch  verwerfen,  während  ein  anderer  in  dem  Rhythmus  das  Lebons- 
element  der  Kunst  sieht,  weicher  dem  entsprechend  dann  andere  Stilarten  ver- 
werfen muss;  wer  von  diesen  Kritikern  und  Aesthetikern  nur  die  Melodie  als. 
Oberstimme  zu  erkennen  und  zu  würdigen  versteht,  wird  nur  den  homophonen 
Stil  künstlerisch  berechtigt  ei-klären,  während  ein  anderer,  welcher  auch  die 
Vereinigung  künstlich  verflochtener  Stimmen  aufzufassen  versteht,  der  Poly- 
phonie  höchste  Bedeutung  zuerkennen  wird.  Eine  solche  Sprach-  und  Begriffs- 
verwirrung kann  nicht  einflusslos  auf  die  Kunstentwickelung  bleiben,  namentlich 
durch  die  kritische  Thätigkeit.  Früh  schon  zeigte  sich  der  Widerspruch  zwi- 
schen dem  Grenie  und  der  Kritik.  Schon  in  der  frühesten  Zeit  der  Kunst- 
entwickelung, als  die  Theorie  anfing  aus  der  Praxis  gewisse  Gesetze  zu  ab- 
strahiren,  versuchte  sie  zugleich  diese  als  Maassstab  festzusetzen,  um  mit  ihm 
die  nachfolgenden  Produkte  zu  messen.  So  klagt  schon  Glarean  (1547)  über 
die  Freiheiten,  welche  sich  Josquin  des  Pres  in  seinen  Arbeiten  erlaubt,  und 
seitdem  sind  die  Klagen  über  die  vermeintliche  Willkür  des  Genius  von  Jahr- 
hundert zu  Jahrhundert  niemals  verstummt  und  noch  Bach,  Händel  und  Gluck 
mussten  sich  von  der  theoretischen  Kritik  schulmeistern  lassen.  Aber  das  Schul- 
meistern war  doch  weit  entfernt  von  dem  factischen  Verwerfen  gewisser  Richtungen, 
welches  heute  an  der  Tagesordnung  ist.  Jene  Kritik  war  eine  vollständig  sach- 
und  facbgemäss  begründete;  aus  den  vorhandenen  Kunstwerken  hatte  man  be- 
stimmte Prinzipien  abstrahirt  und  diese  zu  einer  Theorie  construirt,  welche 
besonders  auf  das  Kunstwerk  Anwendung  fand.  Dabei  aber  hatte  sich  der 
Gesichtskreis  jener  Theoretiker  verengt,  so  dass  sie  eben  nicht  zu  erkennen 
vermochten,  wie  weit  das  neue  Kunstwerk  hineinpasste;  wie  es  ganz  auf  dem- 
selben Boden  erwachsen  war,  dessen  Grenzen  jene  nur  zu  eng  gezogen  hatten. 
Jene  Theoretiker  verwarfen  nicht  das  Kunstwerk  an  sich,  sondern  nur  was 
ihnen  dai'an  als  Ausschreitung  erschien.  Anders  gestaltet  sich  das  Wesen  der 
Kritik  des  neunzehnten  Jahrhunderts,  die  nur  nach  dem  individuellen  Eindruck, 
welchen  das  Kunstwerk  zurücklässt ,  urtheilt  und  von  diesem  berichtet.  Seit- 
dem die  individuelle  Besonderheit  des  schaffenden  Künstlers  sich  so  mannichfaltig 
schaffend  erweist,  ist  jene  theoi'etische  Kritik  ungleich  schwieriger  geworden, 
da  der,  in  allen,  auch  noch  so  verschiedenartigen  Kunstwerken  lebende  Orga- 
nismus immer  schwerer  erkennbar  wird.  Der  nur  ästhetisirenden  Kritik  ist 
damit  das  weiteste  Feld  eröffnet  worden  und  sie  musste  nothwendiger  Weise 
nun  entweder  unbedingt  verwerfend  oder  anerkennend  werden.  Sie  ist  nicht 
an  der  analysirenden  Erkenntniss  des  Kunstwerkes  erzogen,  sondern  an  dem 
fleissigen,  erkenntnisslosen  Genuss  desselben.  Das  Ohr  ist  oberster  Richter 
geworden  und  die  geringere  oder  grössere  Erregtheit  der  Nerven  einziges  Kri- 
tirium.  Behält  der  Verstand  dabei  noch  so  viel  Antheil,  dass  er  den  Eindruck 
in  Begriffe  zu  fassen  vermag,  dann  ist  das  Urtheil  spruchreif.  Wurde  das  Ohr 
eines  so  verfahrenden  Kritikers  beispielsweise  an  Jos.  Haydn  geschult,  so  er- 
scheint ihm  Mozart  noch  allenfalls  annehmbar;  Beethoven  kaum  noch  in  seinen 
frühesten  Werken,  und  alles  was  nach  diesem  folgt,  wird  schonungslos  verurtheilt. 
AVer  dagegen  hauptsächlich  für  diese  späteren  Werke  ausschliesslich  sich  be- 
geistert, dem  erscheint  wieder  leicht  alles  was  ihnen  vorausging  als  leer  und 
inhaltslos.  Dass  alle  diese  Meister  und  ihre  Werke  auf  demselben  Boden  stehen, 
das  ist  eben  nicht  durch  das  Gehör  zu  erkennen,  sondern  nur  durch  die  tech- 
nische Analyse,  welche  sich  die  ästhetische,  oder  wie  sie  einer  der  urtheilslosesten 
Kritiker  dieser  Art  nannte,  »die  psychologische  Analyse«  vom  Halse  hält.    Diese 


Kroll  —   KruR.  100 

hört  eben  nur  die  Spccialitiit  iintl  berichtet,  ob  sie  ilir  zusagt  oder  nicht,  was  in 
der  Regel  ganz  ohne  Bedeutung  ist.  Der  Eindruck,  den  das  Kunstwerk  aul 
den  Geniessenden  macht,  hängt  ja  zum  grossen  Theil  mit  von  dessen  Erapfäng- 
liohkeit  ab.  AVären  alle  Cleniessenden  gleich  gestimmt  und  gebildet,  könnte 
man  dem  Eindruck,  den  das  Kunstwerk  auf  die  Massen  macht,  grössere  Be- 
deutung beilegen.  Aber  da  das  nicht  der  Fall  ist.  da  dasselbe  Kunstwerk 
auf  denselben  Hörer  unter  veränderten  Umstünden  anders  wirkt,  so  kann  die 
Wirkung  als  solche  nimmermehr  entscheidend  für  den  Werth  eines  solchen  sein. 
Der  subjektiven  Empfindung  darf  daher  niemals  die  entscheidende  Stimme  iiljer 
den  AV'crth  oder  Fnwertli  eines  Kunstwerkes  zugestanden  werden,  weil  sie  durch 
zu  viel  ganz  unberechenbare  Zufälligkeiten  l)eherrscht  und  bestimmt  wird.  Die 
einzig  berechtigte  Werthschätzung  eines  Kunstwerkes  kann  nur  durch  jene,  nur 
das  Kunstwerk  an  sich  betrachtende  und  zergliedernde  Analyse  erreicht  werden, 
welche  nach  bestimmten,  aus  dem  Wesen  der  Kunst  entnommenen  Principien 
erfolgt.  Das  gesetzmässig  ästhetisch  geschulte  Gefühl  wird  selten  in  seiner 
Schätzung  irre  geben,  es  wird  meist  das  Rechte  auf  den  ersten  Blick  trefifen, 
allein  unfehlbar  ist  es  dennoch  nicht  und  die  letzte  Entscheidung  bleibt  auch 
dann  noch  immer  dem  ordnenden  Verstände,  der  den  ästhetischen  Maassstab 
an  jeden  einzelnen  Theil  des  Kunstwerkes  anlegt,  überlassen.  Es  ist  durch- 
aus möglich,  dass  das  individuelle  Empfinden  gegen  einen  ihm  dargebotenen 
Inhalt  sich  abweisend  verhalten  möchte,  weil  er  ihm  nicht  sehr  behagt  oder 
geradezu  antipathisch  ist,  allein  wenn  dieser  in  tadelloser  Kunstform  geboten 
wird,  ist  er  trotzdem  nicht  anzufechten.  Dem  einen  persönlichen  Empfinden 
sagt  Händeis  Ausdrucksweise  mehr  zu  als  die  eines  Bach  und  umgekehrt;  an- 
dere finden  sich  in  grösserer  Uebereinstimmung  mit  dem,  was  Haydn  oder  Mo- 
zart bieten,  als  mit  Beethoven  oder  Gluck;  wieder  andern  ist  jeder  der  genannten 
Meister  nicht  so  sympathisch  wie  Mendelssohn  oder  Schubert  und  so  ist  das 
persönliche  Empfinden  jedes  Einzelnen  in  anderer  Weise  durch  jeden  einzelnen 
Meister  beansprucht.  Es  erscheint  daher  doch  wol  durchaus  ungerechtfertigt, 
dies  zur  Grundlage  der  Beurtheihing  der  verschiedenen  Werke  und  Meister  zu 
machen.  Das  aber  geschieht  in  unserer  Zeit  fast  ausnahmslos  und  deshalb  darf 
man  mit  Recht  behaupten:  wir  haben  keine  Kritiker  mehr,  sondern  nur 
noch  Berichterstatter,  welche  über  den  Eindruck,  den  ein  Kunstwerk  auf  sie 
machte,  berichten,  was  in  der  Regel  recht  überflüssig  ist.  Die  Kritik  soll  den 
Schöpfer  des  Kunstwerkes,  wie  den  dasselbe  geniessenden  Hörer  gleichmässig 
fördern;  sie  soll  helfen  jenen  über  seine  Ziele  aufklären  und  diesem  das  Dar- 
gebotene zu  leichterem  Verständniss  näher  bringen.  Um  dies  zu  erreichen, 
muss  sie  sich  selbstverständlich  mit  dem  Kunstwerk  beschäftigen  und  nicht  mit 
dem  jeweiligen  Eindruck.  Sie  muss  seine  Bedeutung  und  Stellung  innerhalb 
der  Kunstentwickelung  nachweisen,  dazu  aber  befähigt  nur  das  eingehendste 
Kunstverständniss,  nimmermehr  aber  die  selbst  aussergewöhnlichste  Empfänglich- 
keit für  künstlerische  Eindrücke. 

Kroll,  Franz  (VI,  166),  starb  am  28.  Mai   1877   in  Berlin. 

Kromer,  Valentin,  Bischof  von  Varmic,  einer  der  bedeutendsten  Männer 
Polens,  Historiker  von  Ruf,  wurde  zu  Biecz  bei  Krakau  1612  geboren  und 
starb  1689.  Von  diesem  Gelehrten  sind  auch  zwei  Werke  in  lateinischer 
Sprache  abgefasst.  welche  die  Musik  zum  Gegenstande  haben:  riDe  concentibus 
mu.fices  quos  chorales  a/ipellamtis«   und  vMusica  ßgurataa. 

KrU^er,   Göttlich   (VI,  168),  starb  in   Stuttgart  am   8.   Mai   1868. 

Krag,  Arnold,  ist  am  16.  (-)ctober  1849  in  Hamburg  geboren.  Unter 
Leitung  seines  Vaters  Dietrich  Krug  (VI,  170),  machte  er  seine  ersten  Musik- 
studien, seit  seinem  13.  Jnhre  unter  C.  Gurlitt,  und  in  seinem  15.  Jahre  schrieb 
er  bereits  ein  Requiem,  eine  Sinfonie  und  ein  Clavierconcert.  1868  ging  er 
nach  Leipzig  um  auf  dem  dortigen  Conservatorium  seine  Studien  fortzusetzen. 
1869  gewann  er  mit  einem  Streich(iuartett  und  einem  Liede  das  Stipendium 
der   Mozart- Stiftung,      1871    ging   er   nach   Berlin    um    bei    Fr.   Kiel   und    Dr. 


20Ü  J^'"t;  —  Kunze. 

Ed.  Frank  weitere  Studien  zu  uiacbon.  1872  trat  er  als  Lehrer  in  das  Steru'sclie 
Conservatorium.  Von  seinen  Compositionen :  eine  Sinfonie;  ein  Psalm  für  Chor 
und  Orchester;  eine  Orchestersuite;  Chorwerke  u.  s.  w.,  sind  nur  wenige  gedruckt: 
Lieder;   Ciavierstücke;   Chöre  und  ein  Trio. 

Krug,  Dietrich   (VI,  170),  starb  am   7.  April   1880  in  Hamburg. 

Künstelei  (VI,  182).  Nur  wo  durch  die  erhöhte  Künstlichkeit  der  Foi-m 
ilir  l)eabsichtigter  Eindruck  geschwächt  und  gestört  wird,  erscheint  sie  als 
Künstelei  und  ist  verwerflich,  ebenso  wie  die  übertriebene  Einfachheit.  Diese 
ist  nicht  ein  unbedingtes  Erforderniss  der  künstlerischen  Darstellung;  zu  höch- 
sten Mustern  ihrer  Art  werden  die  Kunstformen  immer  nur  dadurch,  dass  sie 
nicht  nur  ihren  Inhalt  treu  und  erschöpfend  darstellen,  sondern  in  höchster 
Vollendung  kunstvoll  zusammengefügt  sind.  Nur  wo  diese  Darstellung  ihrer 
selbstwillen  künstlichere  Form  annimmt,  ohne  einem  besondern  Inhalt  zu  dienen, 
und  um  Kunstfertigkeit  zu  entwickeln,  führt  dies  zur  Künstelei.  Doch  kann 
auch  diese  unter  Umständen  noch  lebhafteres  Interesse  erwecken  als  jene  Ein- 
fachheit, die  jede  künstlerische  Gestaltung  vermeidet.  Die  Kunstfertigkeit  in- 
teressirt  die  denkenden  Kunstverständigen  immer  noch  mehr  als  ihr  Gegentheil, 
und  der  scheinbar  inhaltloseste,  aber  wolgefügte  Canon,  oder  eine  ebenso  ge- 
artete Fuge  sind  immer  noch  werthvoller  und  bedeutender,  als  die  ebenso  inten- 
tiouenreichen  als  kunstlosen  Stimmungsbilder  der  Gegenwart. 

Küster,  Hermann  (VI,  183),  starb  zu  Berlin  den  17.  März  1878. 

Kufferath,  Louis,  Bruder  von  Johann  Hermann  und  Hubert  Ferdinand 
K.  (VI,  183),  ist  zu  Mühlheim  am  10.  November  1811  geboren,  studirte  bei 
seinem  Bruder  Hermann  und  bei  Friedrich  Schneider  in  Dessau.  Er  wurde 
ein  ausgezeichneter  Pianist  und  Hess  sich  in  Deutschland  und  Holland  mit  Bei- 
fall hören.  1836  ging  er  nach  Leeuwarden,  wo  er  Direktor  der  dortigen  Musik- 
schule wurde,  siedelte  jedoch  1850  nach  Gent  über  und  leitete  dort  zwei  Jahre 
lang  die  Societe  roj'al  des  choeurs.  Seine  Compositionen  bestehen  in  einer 
vierstimmigen  Messe;  Orgelpräludien;  250  Canons;  Männerchören;  Ciavier- 
stücken ;   Kammermusik. 

Knhian,  Friedrich  Daniel  Rudolph  (VI,  185),  ist  am  11.  September 
(nicht  13.  März)  1786  geboren  und  starb  am  12.  März  1832  in  Kopenhagen 
(nicht  in  Lyngby).  Er  war  königl.  dänischer  Kammermusiker,  nicht  Kapell- 
musiker. Kammermusiker  ist  ein  Hoftitel  und  hat  mit  dem  Theater  nichts  zu 
schaffen.  Auch  dass  er  Flöten  virtuos  war,  ist  nicht  richtig;  er  war  ein  tüch- 
tiger Clavierspieler  und  schrieb,  wie  für  andere  Insti'umente,  auch  bequem  und 
dankbar  und  viel  für .  die  Flöte,  die  damals  sehr  beliebt  war.  Als  gewandter 
Contrapunktist  belustigte  er  seine  Freunde  und  rächte  sich  an  seinen  Feinden 
mit  manchem  witzigen  und  beissenden  Canon  und  ernsten  Räthselcanons.  Beetho- 
ven nannte  ihn  deshalb  scherzweise:  den  grossen  Canoner  und  beehrte  ihn  mit 
einem  Canon   über  »Kühl  nicht  lau«. 

Kummer,  Friedrich  August  (VI,  191),  starb  am  22.  Mai  1879. 

Kummer,   Heinrich  (VI,  192),   starb   am   20.   März   1880  in  Dresden. 

Kunkel,  Franz  Joseph  (VI,  194),  starb  am  31.  December  1880  zu 
Frankfurt  a.  M. 

Kunze,  Carl,  Direktor  des  Conservatoriums  der  Musik  zu  Stettin,  wurde 
geboren  am  25.  September  1839  zu  Halle  a.  S.  Er  besuchte  die  Franke'schen 
Stiftungen  daselbst  und  war  Schüler  des  Leipziger  Conservatoriums  in  den 
Jahren  1863 — 64.  Nach  Beendigung  seiner  Studien  wirkte  er  als  Musiklehrer 
und  Dirigent  an  mehreren  Erziehungsinstituten  in  Russland  und  Deutschland 
und  gründete  am  1.  October  1868  das  Conservatorium  der  Musik  zu  Stettin. 
Seitdem  leitet  er  dies  Institut,  welches  sich  einer  grossen  Schülerzahl  erfreut, 
mit  gutem  Erfolge  und  ist  ausserdem  bekannt  als  vorzüglicher  Lehrer,  bedeu- 
tender Orgelspieler,  guter  Theoretiker  und  Clavierspieler.  A'^oii  seineu  bis  jetzt 
erschienenen  Werken  sind  zu  nennen:  Lieder  für  eine  Singst inime  mit  Clavierbe- 
gleitung;  Präludien  und  Fugen  für  die  Orgel;   Lieder  für  gemischten  Chor;  Leit- 


Kuuzeu  —  Lache/,.  201 

fiidon  für  den  ersten  llnterricht  im  C/lavierspiel;  mehrere;  inslructive  Sfjnaleii  lür  das 
Pianoi'urte;  Technische  Studien  für  Chivierunterricht  undClioral-Trios  für  die  Orj^el. 
Kunzen,  ¥.  L.  A.  {\l,  2U1),  geboren  am  24.  September  17(il,  bezog  die 
Universität  in  Kiel  1781  und  kam  nach  Kopenhagen  1784.  Seine  deutschon 
Opern  sind:  »Das  Fest  der  Winzer  oder  die  Weinlese«  und  »Osaians  Harfe«.  Die 
letzte  ist  nie  in  Kopenhagen  aufgeführt  worden  und  soll  in  Deutschland  durch- 
gefallen sein:  den  Text  dazu  hat  er  einem  unvollendeten  und  ungedruckten 
Operngedicht  von  J.  Baggesen  entlehnt,  ohne  Einwilligung  des  Verfassers.  Seine 
dänischen  Opern  sind:  »Holger  Danske«  (Holger  der  Däne,  1789);  »Heinmelig- 
heden«  (Das  Geheimniss,  1796);  »Dragedukken«  (ein  Findelkind,  das  Wohlstand 
ins  Haus  bringt,  1797,  machte  Furore) ;  »Jockeyen«  (der  Jockey,  1797);  »Erik 
Ejegod«  (d.  h.  König  Erik  der  Herzensgute,  1798);  »Naturens  Rost«  (die 
Stimme  der  Natur,  1799);  »Hjemkomsten«  (die  Heimkunft,  1802);  »Husarerne 
paa  Frieri  (die  Husaren  auf  Freierei,  1813);  ferner  die  Musik  zu  den  Schau- 
spielen oder  Dramen:  »Eropolis«  (1803);  «Hussiterne«  (die  Hussiten  v.  Kotzebue, 
1806);  »Gyrithe«  (1807);  besonders  die  letzte  enthält  sehr  viele  Musik,  ein  ver- 
kürzter Ciavierauszug  ist  vor  einigen  Jahren  erschienen.  Unter  seinen  Can- 
taten  können  noch  die  Hymne:  »Das  Hallelujah  der  Schöpfung«  und  die  Can- 
tate:  »Der  Eroberer  und  der  Friedeusfürst«  genannt  werden,  da  sie  beide  in 
gestochener  Partitur  vorliegen. 

L. 

Labat,  Jean  Baptiste  (VI,  207),  starb  am  6.  Januar  1875  in  Lagarosse 
(Dep.  Tarne  et  Garonne). 

Labory,  belgischer  Componist  für  Militärmusik  und  Chef  einer  derartigen 
Kapelle,  ist  1843  geboren  und  crliielt  von  Fetis  und  Gevaert  Unterricht  in 
der  Harmonielehre.  Er  hat  ungefähr  zweihundert  Stücke  für  Harmoniemusik 
veröffentlicht ;  von  ihm  wurden  eine  Oper  in  zwei  Akten,  und  ein  Te  Deum,  in 
Löv^en  aufgeführt,    das  Te  Deum  auch  bei  einem  Feste  in  England. 

Labro,  Nicolas  Charles,  Contrabassist  und  Lehrer  dieses  Instruments, 
ist  zu  Sedan  am  19.  October  1810  geboren.  Er  erwählte  zuerst  das  Violoncell 
zu  seinem  Instrument  und  trat  1830  in  die  Violoncellclasse  Vaslin  des  Pariser 
Conservatoriums  ein:  vertauschte  es  jedoch  bald  mit  dem  Contrabass  (Chenie), 
für  welches  Instrument  er  den  zweiten  und  ersten  Preis  erwarb.  Nachdem  L. 
als  erster  Contrabassist  der  Concertgesellschaft  des  Conservatoriums  und  der 
Opera  coniique  bis  1853  gewirkt  hatte,  wurde  er  als  Professor  am  Conservatorium 
angestellt.  1870  gab  er  eine  vortreffliche  Schule  r,Methode  de  cwitrebassev.  heraus, 
der  er  unter  dem  Titel  i>Notes  sur  la  co7ifrebasse«.  einen  interessanten  historischen 
Abriss   voranschickt. 

Lacerda,  Bernarda  Ferreira  de,  eine  der  berühmtesten  Portugiesinneu, 
die  sich  in  Kunst  und  Wissenschaft  ausgezeichnet  haben,  wurde  in  Porto  1595 
geboren  und  starb  in  Lissabon  1644.  Sie  entstammte  einer  vornehmen  Familie. 
Sie  sprach  nicht  allein  alle  lebenden  europäischen  Sprachen,  sondern  verstand 
auch  gründlich  Lateinisch,  Griechisch  und  Hebräisch.  Ihr  musikalisches  Talent 
war  so  hervorragend,  dass  sie  es  dahin  brachte,  fast  sämmtliche  gangbaren  In- 
strumente mit  nicht  gewöhnlicher  Fertigkeit  zu  spielen.  Auch  waren  ihre 
Miniaturmalereien  in  ganz  Spanien  berühmt.  Ihr  Ruf  war  im  Anfange  des 
17.  Jahrhunderts  so  bedeutend,  dass  der  König  Philipp  ihr  die  Erziehung  seines 
Sohnes,  zu  welcher  Stelle  sich  viele  Gelehrte  drängten,  anvertrauen  wollte.  L. 
lehnte  jedoch  den  Antrag  ab.  Ihr  Sinn  für  gemeinnützige  Interessen  wird 
ebenfalls  gerühmt,  so  betheiligte  sie  sich  bei  der  Gründung  des  Klosters  der 
Carmeliter  auf  Goa.  Unter  den  von  ihr  hinterlassenen  Manuscripten  ist  ge- 
schätzt nUcspanha  libertada«. 

Lachcz,  Theodore,  Architekt,  Inspektor  der  öffentlichen  Arbeiten  u.  s.  w. 


202  Lachner  —  La  Fleur. 

in  Paris,  j^ab  die  Schrift  heraus:  »Acousiique  et  Optique  des  Hallen  de  reunionii 
puhliqurs,  fJ/edtrr  et  amphitheätre,  Npectaclex,  eoncerts  etc.  suivie)^  d'un  projet  de 
solle  d'Assemhlee  comtituaiite  pour  neuf  Cents  membrcsa  (Paris,  l'auteur  1848,  in 
8*^,   137  p.   avec  trois  planches  gravees  sur  cuivre). 

Lachner,   Theodor  (VI,  217),  starb  am  22.  Mai   1877   zu  München. 

Laconibe-D'Estalenx,  Paul  Jean  Jacques,  Componist,  geboren  in  Houga 
(Gers),  am  4.  März  1838,  erhielt  eine  wissenschaftliche  Erziehung,  die  damit 
abschloss,  dass  er  das  Diplom  eines  Baccalaureus  erwarb.  Da  seine  Eltern  die 
Musik  sehr  liebten,  erhielt  er  auch  früh  Unterricht,  und  versuchte  sich  bereits 
im  Knabenalter  in  der  Composition  von  kleinen  Opern.  Als  er,  19  Jahr  alt, 
die  Bekanntschaft  des  Organisten  Jose  Puig  y  Absubide,  eines  trefflichen  (Jon- 
irapunktisten  machte,  unterwarf  er  sich  unter  dessen  Leitung  gründlichen  Studien 
in  der  Composition,  und  betrieb  sie  während  der  nächsten  drei  Jahre  mit  Eifer. 
Eine  Operette,  die  er  zu  jener  Zeit  schrieb,  errang  in  einem,  von  Paris  ausge- 
schriebenen Concurse  den  Preis.  L.  eilt  nach  Paris,  das  Werk  dort  zur  Auf- 
führung zu  bringen.  Jedoch  war  ihm  dies ,  durch  allerlei  Umstände  vereitelt, 
auch  nach  sechs  Jahren  noch  nicht  möglich  geworden.  L.  wandte  sich  inzwischen 
der  Schriftstellerei  zu  und  lieferte  Artikel  für  die  verschiedensten  Zeitungen, 
da  er  sich  zum  Unterrichtgeben  nicht  entschliessen  mochte.  In  den  Jahren 
1870 — 76  brachte  er  einige  Operetten  zur  Aufführung:  y>Epicier  par  amour«; 
itTveux  mon  pei(jnoir<-<- ;  »^«  Espagnev.]  )^La  dot  mal  placeeo.,  3  Akte  (auch  in 
Spanien  aufgeführt);  »Xe  Mouton  enragea,-  y)AmpJiitry(>n(f.,  bemerkenswerthe  ein- 
aktige Oper,  welche  neun  Jahre  im  Theaterarchive  geruht  hatte,  und  die  drei- 
aktige  komische  Oper:  -aJeanne  Jeannette  et  Jeannetona.  Drei  grosse  Opern,  eine 
Feerie,  und  vielleicht  zehn  komische  Opern  sind  noch  nicht  zur  Aufführung  ge- 
langt. Veröffentlicht  sind  folgende  Compositionen:  Ein  Trio  (Paris,  Richault); 
ein  Cornetquartett  (Paris,  Sax);  Pastorale  für  Saxophon;  Polonaise  für  Cornet 
a  six  piston.  id.  id.:  Claviercompositionen,  Vocalcompositionen,  Paris,  bei  Schöne- 
werk, Heugel,  Benoit.  r>Douze  Fsaumes  des  lyriques  fran^ais,  ä  une  ou  plusierx 
voix,  avec  accompagnement  d^orgue  ou  de  pianov-  id.,  Leduc.  Ausserdem  ist  L. 
der  Herausgeber  folgender  Sammlungen:  »Ze  hon  vieux  Temps,  douze  airs  de 
societe,  serieux;  äfredons,  ä  danser  et  ä  boire,  ä  une  ou  deux  voix,par  divers  auteurs 
oublies  den  XVII  et  XVIII  siecles,  transcrit  avec  accompagnement  de  piano  par 
irt<?077JÄe«  (Paris,  Heugel);  •s>jLchos  d'Espagne,  chansons  et  danses  populaires recueillies 
et  franse,  par  P.  Lacomhe  et  J.  Puig  y  Absubide«  (Paris,  Durand  Schoenewerk) ;  y>Le 
Tour  du,  Mond,  en   10  chansons  nationales  et  caranteristiques<n   (Paris,  Choudens). 

Lacroix,  Paul,  fruchtbarer  französischer  Schriftsteller,  geboren  in  Paris 
am  27.  Februar  1806,  hat  den  grössten  Theil  seiner  Arbeiten  unter  dem  Pseu- 
donym »Bibliophile  Jacob«  herausgegeben.  Das  Werk  »Guriosites  de  T  Histoire 
des  Arfsa  (Paris,  Delahays  1858,  in  16*^),  enthält  ein  Capitel  über  die  musi- 
kalischen Instrumeiite   im   Mittelalter, 

Lacy,  Eophino   (VI,  219),  starb  in  London  am   20.  September  1867. 

Läufer  (VI,  221),  oder  laufende  Figur  nennt  man  eine  Reihe  rasch  aus- 
geführter auf-  oder  absteigender  Töne,  durch  welche  in  der  Regel  nur  die  beiden 
äussersten  Enden  verbunden  werden  sollen.  Insofern  ist  der  Läufer  wol  von 
der  Coloratui",  Passage,  Fioritur  oder  Roulade  zu  unterscheiden   (S.  d.). 

La  Fläche,  J.  A.  M.  de,  war  1820  in  Gremeinschaft  mit  einem  Violon- 
cellisten Lefevre  Vorsteher  einer  Musikschule  in  Lyon.  Es  sind  eine  ziemliche 
Anzahl  Romanzen  von  ihm  bekannt,  ferner  wurden  mit  Erfolg  zwei  komische 
Opern  von  ihm  in  Lyon  aufgeführt:  nlsaureK  (drei  Akte,  1808);  und  «Ic  Eoman 
d'un  jourv  (ein  Akt,   1812). 

La  Fleur,  Jacques,  Lautenmacher,  vornehmlich  geschickter  Verfertiger 
von  Violinbogen,  ist  zu  Nancy  1760  geboren  und  starb  zu  Paris  1832.  Er 
war  bereits  1782  in  Paris  ansässig,  und  seine  Nachkommen  sind  es  noch  jetzt, 
jedoch  in  den  Leistungen  als  Lautenmacher  bedeutend  zuinickgegangen.  Ein 
Mitglied  dieser  Pariser  Familie  ist  jetzt  in  London  etablirt. 


La  FIcur  —  Lr   Hyo.  203 

La  Flonr,  .losoph  Ronö.  Sohn  des  Vorigen  und  sein  Scliiilor,  verfnrti'^'te 
aiK^h  sehr  gute  Bogen,  von  denen  einer  im  Museum  des  Conservatoriums  auf- 
bewahrt isl.  Er  wurde  zu  Paris  den  S.  Juli  1812  geboren  und  starb  zu  M»i- 
sons-Lafitte  den   19.  Februar   1874. 

Lafont,  Charles  Philipp  (VI.  222).  Die  Oper  r>Zi'lie  et  Trrnlleu  ist 
nicht  von  L..  sondern  von  Blangini.  aber  eine  andere  nicht  erwähnte  kommt 
ihm  zu:  nlUvalUr  iiUagoi.se«.  aufgeführt  .un  20.  üctobcr  löül  im  Theütre  des 
jeunes  artistes. 

Lafont,  Marcelin,  Sänger,  welcher  zur  Zeit  der  grossen  Erfolge  de.s 
Ad.  Xourrit  an  der  grossen  Oper  erschien.  Er  wurde  zu  Bordeaux  1800  ge- 
boren und  betrat  die  grosse  Oper  als  Debütant  1823  als  Polynices  in  Oedipus 
auf  Colonos  und  obwol  sehr  gut  aufgenommen,  vcrliess  er  unverzüglich  wieder 
Paris,  da  er  sich  als  Schauspieler  für  diese  erste  Bühne  Frankreichs  nicht  ge- 
nügte und  suchte  sich  das  Mangelnde  auf  kleineren  Bühnen  erst  zu  erwerben. 
1828  trat  er  als  Masanicllo  abermals  vor  das  Pariser  Publikum,  und  diesmal 
mit  durchschlagendem  Erfolge.  Obwol  seine  künstlerische  Carriere  nicht  gerade 
durch  äussere  Umstände  begünstigt  wurde,  so  war  er  doch  durch  seine  Eigen- 
schaften als  Sänger  zu  einer  brillanten  Stellung  berechtigt,  die  ein  plötzlicher 
Tod  schon   am    23.  August   1838   endete. 

Lagarde,  Pierre  (VI.  222),  ist  am  10.  Februar  1717  in  der  Umgegend 
von  Cn'cy  (in  La  Brie)  geboren.  Es  ist  schon  gesagt,  welche  Stellung  er  am 
Hofe  Louis  XV.  und  Louis  XVI.  ausfüllte.  Auch  die  Königin  Maria  Antoinette 
unterrichtete  er  im  Harfenspiel,  und  erhielt  1789  Gehalt  und  Beköstigung  vom 
königlichen  Hause.  1791  bezog  er  eine  Pension  von  7,542  Frcs.  Auch  ist  er 
in  der  Liste  der  Lebenden,  welche  der  Almanach  y>Les  spectacles  de  Paris«  jähr- 
lich brachte,  noch  1792  aufgeführt.  Das  einaktige  Opernballet  y>Egle<i,  geschrieben 
für  das  Theater  der  Petits- Appartements,  wurde  daselbst  am  13.  Januar  1748 
aufgeführt,  und  zwar  durch  die  Marquisc  vou  Pompadour,  die  Herzocnn  de 
Brancas  und  dem  Herzog  d'Ayen.  Auf  dem  Privattbeater  der  Pompadour  wurde 
im  Februar  1749  ein  dreiaktiges  Opernballet  nebst  Prolog  von  L.  aufgeführt. 
Endlich  am  25.  Februar  1750  kam  ein  drittes  Opernballet  in  drei  Akten  zur 
Aufführung:  y>La  journte  galatite«,  in  welcher  die  Marquise  P.  ebenfalls  mitwirkte. 
Der  erste  und  dritte  Akt  dieses  Stückes  war  der  Oper  -»TSgle«,  welcher  den  mittel- 
sten bildete,  angefügt.     (Tb.  Lhuillicr,  Note  sur  quelques  musicicns  dans  la  Brie.) 

Lagret,  Henri  (VI.  223).  ist  zu  Toulouse  am  10.  December  1821  geboren. 

Lagot,  August,  geboren  1820.  gebildet  auf  dem  Pariser  Conservatorium, 
gründete  in  Toulouse  eine  Schule  für  Gesang  und  lyrische  Deklamation .  und 
ist  zugleich   Professor  des  Gesanges  am  dortigen   Conservatorium. 

La  Hye,  Louise  Genevieve,  geb.  Rousseau.  Pianistin,  Organistin  und 
Componistin,  Professorin  der  Harmonie  am  Conservatorium  zu  Paris,  wurde  zu 
Cbarenton  (Seine)  am  8.  März  1810  geboren.  Ihr  Vater,  Carl  Louis  R..  ein 
geringer  Musiker,  war  der  Enkel  des  älteren  Bruders  von  J.  Jacques  R.  Musik 
studirte  sie  schon  früh,  anfangs  mit  ihrem  Vater,  später  mit  Saint-Amans  und 
begann  schon  im  neunten  Jahre  zu  componiren.  und  zwar  ohne  viel  von  den 
Regeln  zu  \vissen.  nur  mit  einem  glücklichen  Instinkt,  der  ihre  aussergewöhn- 
liche  Begabung  ausser  Zweifel  stellte.  Sie  trat  mit  elf  Jahren  ins  Conser- 
vatorium zu  Paris .  und  gewann  die  erste  Auszeichnung  in  der  Gesangsklasso, 
musste  jedoch  aus  Gesundheitsrücksichten  das  Studium  des  Gesanges  bald  auf- 
geben. 1826—27  erhielt  sie  den  zweiten  und  ersten  Preis  für  Orgel  und  wid- 
mete sich  nun  der  Composition  und  dem  Unterricht.  1830  übergab  ihr  Cheru- 
bini eine  Classe  der  Harmonielehre,  speciell  für  junge  Mädchen  eingerichtet, 
welcher  sie  jedoch  nicht  sehr  lange  vorstand,  da  sie  sich  verheiratete.  Nach- 
dem sie  in  einem  Concert  des  Conservatoriums  eine  Orgelfantasie  ihrer  Com- 
position mit  vielem  Beifall  aufgeführt,  folgte  sie  ihrem  Gatten  1S34  nach  Cam- 
brai.  Nach  dreijähriger  Abwesenheit  kehrte  sie  nach  Paris  und  zu  ihren  Be- 
schäftigungen   des    Unterrichts    und   der  Composition    zurück.      1835   führte    sie 


204  L'air  de  Bcauvais  —  Lalo. 

iiu  Hütel  de  villo  in  einem  eigenen  Concert  eine  grösaere  dramatische  Com- 
position  für  Solo  und  Chor  auf:  »ie  So)ige  de  la  Religieunev..  Ihre  stets  schwan- 
kende Gesundheit  uothigte  sie  jedoch  bald,  ihre  Thätigkeit  zu  beschränken,  der 
das  verheerende  Uebel  einer  Brustkrankheit  bald  ganz  ein  Ziel  setzte.  8ie 
starb  28  Jahr  alt  am  17.  Nov.  1838.  Gedruckt  von  ihren  Werken  sind  unter 
dem  Namen  Leon  Saint  Amans-fils:  Romanzen;  Gesänge;  Duos  für  Ciavier  und 
Hörn;  Variationen  für  Ciavier  mit  Quartettbegleitung;  Clavierstückc  u.  s.  w. 
Nach  ihrem  Tode  erschien  ihre:  »Methode  d'orgue  expressifa  —  eine  Sammlung 
von  sechs  italienischen  Gesängen,  aus  l'Esule  des  Pietro  Giannone  u.  s.  w. 
TJngedruckt  hintei'liess  sie  mehrere  Messen,  Clavier-Etuden ;  ein  Lehrbuch  des 
Contrapunkts  und  gegen  hundert  Romanzen,  Gesänge,  dramatische  Scenen  u.  s.  w. 
Zwei  Novellen  von  ihr  erschienen  in  der  »Gazette  des   salons«. 

L'air  de  Beaurais,  Alfred,  Componist,  geboren  zu  Bayeux  gegen  1820 
als  Sohn  eines  Architekten,  betrieb  schon  früh  und  mit  Eifer  musikalische 
Studien.  Von  den  zahlreichen  Compositionen,  die  vorwiegend  in  Kirchenstückeu 
bestehen,  errang  er  einen  allgemeinen  Erfolg  mit  Romanzen,  die  durch  die  ersten 
Sänger  dem  Publikum  bekannt  gemacht  wurden.  Ausser  den  kirchlichen  Werken, 
Messen,  Litaneien,  Te  Deum,  Motetten,  Sologesängen  u.  a.  erschienen  im  Druck 
auch  biblische,  lyrische  und  dramatische  Scenen  und  mehrere  Chorwerke.  (Paris, 
Heugel,  Richault.)  Auch  veröffentlichte  er  ein  theoretisches  Werk:  »Traue  des 
principes  theoriques  qui  regissent  la  musiquea  (Paris,  Dentu,  1862,  in  8*^).  L., 
der  sich  im  Besitze  eines  Vermögens  befand,  gründete  1846  in  Bayeux  das 
Journal  »Courier  musical  du  Calvados^,  welches  er  in  splendider  Art,  jedoch  nur 
ein  Jahr  aufrecht  erhielt.  Er  errichtete  darauf  ein  Etablissement  zum  Verkauf 
von  Orgeln  und  Claviereu,  doch  auch  dies  Unternehmen  glückte  nicht,  und  so 
verliess  er  seine  Vaterstadt,  um  sich  in  Caen  als  Musiklehrer  niederzulassen. 
Hier  veranstaltete  er  mehrere  grössere  Aufführungen  seiner  Werke,  in  welchen 
MUe.  Masson,  MM.  Roger  und  Lefort  mitwirkten.  L.  vertauschte  Caen  nach 
einiger  Zeit  mit  Brest,  und  diese  Stadt,  wo  er  einen  musikalischen  Verein 
gründete,  mit  Paris.  Endlich  da  er  sein  Vermögen  bereits  daran  gegeben  hatte, 
nahm  er  eine  Organistenstelle  in  Dreux  an,  in  welcher  Stadt  er  im  Mai  1869 
starb.  L.  war  Mitglied  der  Akademie  der  h.  Cäcilia  zu  Rom  und  der  x4.kademie 
der  schönen  Künste  zu  Florenz. 

La  Jauniere,  Andre  de,  französischer  Musiker  aus  der  Normandie  stammend, 
fungirte  als  Kapellmeister  des  College  St.  Sepulcre  zu  Caen  ziemlich  ein  halbes 
Jahrhundert  hindurch.  Er  war  schon  1714  in  diesem  Amte,  das  er  1757  noch 
verwaltete.  Von  seinen  Compositionen  sind  unter  anderen  noch  bekannt  »Tri- 
omplie  de  la  vertu,  ou  Saitite  CecileK,  christliche  Tragödie,  veröffentlicht  in  Caen 
bei  Godes  1714. 

Lake,  Georg,  Organist  und  Componist,  starb  zu  London  am  24.  Decbr. 
1865.     Sein  Oratorium  »Daniel«  wurde  in  St.  Martin's  Hall  aufgeführt. 

Lalande,  Henriette  Clementine  Mcric  (VI,  229),  starb  zu  Chantilly 
bei  Paris  7.  Sept.  1867. 

L'alliet,  Casimir  Theophile,  ausgezeichneter  Hoboenbläser,  geboren  zu 
Evreux  (Eure)  am  5.  December  1837,  war  Schüler  des  Pariser  Conservatoriums 
der  Classe  Verroust  und  Hess  sich  besonders  in  den  Concerteu  der  classischen 
Gesellschaft  mit  vielem  Beifall  hören.  Er  gehört  zum  Orchester  der  grossen 
Oper  und  hat  einige  dreissig  Vortragsstücke  für  die  Hoboe  veröffentlicht  (Paris, 
Gerard,   Grus,   Mahr). 

Lalo,  Edouard  (VI,  231),  ist  gegen  1830  geboren  und  studirte  in  Lille 
im  dortigen  Conservaturium  bei  einem  deutschen  Professor  Namens  Baumann. 
Ausser  der  Sinfonie  »Espagnola  und  dem  Violinconcert,  welches  Sarasate  durch 
die  Welt  führte,  hat  L.,  der  zu  den  talentvollsten  Componisten  der  Gegenwart 
in  Prankreich  gehört,  noch  zahlreiche,  hauptsächlich  der  Kammermusik  ange- 
hörige  Werke  veröffentlicht  (Pougin,  Biog.  univ.,  Suppl.  T.  II  p.  6  ff.  bringt 
ein  Verzeichniss  derselben). 


La  Madelainp         Lambillotte.  205 

La  Madelaiiie,  Etienne  Jean  Baptiate  Nicolas,  gonaunt  Stephen  von, 
französischer  Gesangsprofessor  und  Schriftsteller,  wurde  zu  Dijon  am  10.  April 
iSDl  gehören :  kam  nach  iMetz  um  dio  wissenschaftliche  Carriere  zu  verfolgen, 
und  bestand  18'25  in  l'aris  das  Doctor-Examen.  Hierauf  vcrliess  er  aber  die 
beschrittene  Bahn  und  widmete  sich  während  zweier  Jahre  der  Ausbildung 
seiner  schönen  Bassstimme,  zu  welchem  Zweck  er  das  Conservatoriura  besuchte. 
(Gleichzeitig  war  er  durch  Verwendung  der  Herzeige  Damas  und  Blacas  als 
Sänger  der  Capelle  und  Privatmusik  des  Königs  Charles  X  angestellt  worden. 
Indessen  trotz  des  Erfolges  als  Sänger  gab  er  auch  diesen  Beruf  wieder  auf,  und 
nahm  eine  Anstellung  im  Ministerium  des  Cultus  und  des  Innern  an.  Neben- 
her beschäftigte  er  sich  eifrig  mit  der  pädagogischen  Seite  des  Gesangunterrichts 
und  fand  schliesslich  solches  Gefallen  daran,  dass  er  sich  ihm  ausschliesslich 
widmete.  Er  veröffentlichte  zwei  hierauf  bezügliche  Werke  nPhy.üologic  du  chanUf. 
(Paris,  Desloges  1840)  und  y>Theories  completes  du  ehant-i  (Paris,  Amyot  in  8"), 
von  denen  das  erstere  ins  Italienische,  Englische  und  auch  ins  Deutsche  über- 
setzt worden  ist,  das  zweite  von  der  französischen  Akademie  belobt  und  für 
mehrere  fremde  Conservatorien  angenommen  wurde. 

Um  dem  Gesang  noch  ein  neues  Unterrichtsmittel  zuzuführen,  kam  er  auf 
den  Gedanken  schriftliche  Unterrichtsstunden  auszuarbeiten.  Eine  solche  rilegon 
ecrite<s.  bestand  darin,  dass  er  ein  ( lesangstück  Phrase  für  Phrase,  Note  für 
Note  in  Bezug  auf  Ausführung  und  Vortrag  bis  ins  Kleinste  analysirte  und 
beschrieb.  Das  erste  Musikstück,  welches  er  in  dieser  Weise  behandelte,  ist  die 
Arie  der  Agathe  im  »Freischütz«.  Die  Akademie,  der  er  seine  Arbeit  vorlegte, 
erkannte  sie  sehr  lobend  an.  Von  anderer  Seite  werden  nur  einige  Freiheiten 
in  Bezug  auf  Vortrag  dem  Componisten  gegenüber  getadelt.  La  M.  liess  in 
derselben  Weise  dieser  Arie  noch  eine  Anzahl  anderer  berühmter  Arien  folgen 
und  gab  eine  Serie  derselben  heraus:  r>Etudes  pratiques  de  style  vocaU  (Paris, 
Albanelj  1868,  2  vol.  in  12^),  versehen  mit  guten  Anmerkungen  über  den  ersten 
Unterricht  im  Gesänge  und  ülier  die  verschiedenen  Stilarten  desselben.  Leider 
starb  dieser  vortreö'liche  Lehrer  drei  Monate  nach  dem  Erscheinen  dieses  Werkes 
in  Paris  am  3.  September  1868. 

Lambert,  Nicolas,  Lautenmacher,  welcher  in  Paris  vom  Jahre  1745  bis 
1783,  in   welchem   Jahre  er  starb,  bekannt  war. 

Lambertl,  Giovanni  Tommaso  (VI,  233),  war  in  Bologna  geboren  und 
lebte  daselbst  als  Caplan,  Copist  und  Sänger  am  Kirchencollege  San-Petronio  zu 
Bologna  vom  Jahre  1545  an.  Wegen  seiner  schlechten  Führung  wurde  er  nach 
wiederholten  Verwarnungen  aus  der  Liste  der  Capläne  endlich  gcstriclien,  ge- 
hörte jedoch  noch  1569  zur  Kapelle  des  Collegs.  1573  befand  er  sich  in  Rom 
in  der  Umgebung  seines  Protektors  des  Cardinal  Ottone  Truchses,  in  dessen 
Dienst  als  Musiker  er  bereits  in  seiner  Jugend  gestanden  hatte.  Weitere  Nach- 
richten fehlen  (Caspari,  Memorie  risguardanti  la  storia  dell'arte  musicale  in 
Bologna  al  XVI  secolo). 

Lambert!,  italienischer  Componist,  der  in  Turin  lebt,  ist  in  Italien  sehr 
geschätzt.  Zwei  seiner  Opern,  r>Leila  di  Granatan  (1857)  und  nMalek- Adeln 
wurden  in  Turin  mit  Erfolg  aufgeführt.  Besonders  viel  Anklang  fand  eine 
Trauermesse  mit  Orchester,  aufgeführt  in  der  Kirche  San  Giovanni  zur  Todten- 
feier  des  Königs  Carl  Albert.  Ebenso  eine  Cantate,  geschrieben  zur  Hochzeits- 
feier der  Tochter  Victor  Emanuels. 

Lambillotte,  Pater  Louis  (VI,  233),  ist  im  Dorfe  Hamaide  bei  Charle- 
roi  geboren.  Es  erschien  über  ihn  und  seine  Brüder  das  Schriftchen  ^Loms 
Lambillotte  et  ses  freres,  par  Matthieu  de  Monfera  (Paris,  Kegis,  KutVet.  Ib7l. 
avec  Portrait  et  autographes). 

Lambillotte,  Franko is  (VI,  233),  ist  zu  Hamaide  bei  Charleroi  1802  ge- 
boren und  starb  zu  Freiburg  in  der  Schweiz   1836. 

Lambillotte,  Joseph  (VT,  233),  ebenfalls  im  Dorfe  Hamaide  geboren,  starb 
im   Jesuiteucollege  zu   St.  Acheul. 


206  Lainotte  —  Lapierre. 

Lauiotte,  Nie.  Autouy,  Cumpuuisi  vuu  Tanzmubik,  bat  sich  al«  hulclier 
iu  Paris  uud  Luiidou,  wohin  er  1857  zur  Direction  eine«  Tanzmusik-Orcheatera 
iu  Argyll-Roüius  ging',  beliebt  gemacht.  Vorher  leitete  er  in  Paris  ähulichc 
Orchester.  Er  schrieb  vier-  bis  l'üufhuudert  Tauzsiücke,  last  säiiiiutlich  ver- 
öti'eutlicht.  L.  ist  lbl9  in  Beaurieux  (Aiame)  geboren  und  ging  später  von 
London  wieder  nach  Paris  zurück. 

Lamoureux,  Charles  (VI,  235)  ist  am  28.  September  1834  geboren.  Zur 
Zeit  ist  er  erster  Kapellmeister  der  grossen  Oi)er  in  Paris. 

Lampadius,  Johann  (A^I,  23t)),  war  von  (Joslar  aus  lö32  in  sein  Lüne- 
burger  Amt  gekommen  und  verliess  dasselbe  im  Jahre  lö37  vor  der  Pest  liiehend, 
an  welcher  er  bereits  uiedcrgelegeu  und  welche  ihm  seine  ganze  Familie  geraubt 
hatte.  Er  wandte  sich  nach  Braunschweig  uud  dann  nach  Halberstadt,  wo  er 
Prediger  und  Licentiat  wurde;  er  soll  circa  1559  zu  Halberstadt  gestorben  sein. 
Sein  Compeudium  besteht  aus  drei  Abtheilungen:  1)  de  cantu  piano;  2)  Musicae 
iiguralis  compendium;  3)  de  compositione  cantus  compeudium;  die  Ausgabe  von 
1537   ist  seinen  Schülern   Töbing  und  Schomacher  gewidmet. 

Lamperti,  Francesco,  Gesangsprofessor  von  europäischer  Berühmtheit, 
wirkt  seit  vielen  Jahren  in  der  genannten  Eigeuschai't  am  Conservatorium  zu 
Mailand  und  hat  im  Laufe  der  Jahre  eine  höchst  bedeutende  Zahl  von  Schülern 
ausgebildet.  Er  geniesst  den  Ruf  fast  der  Einzige  zu  sein,  der  die  berühmte 
grosse  Schule  des  italienischen  Gesanges  durch  Tradition  kennt  und  zu  über- 
tragen versteht,  aus  welchem  Grunde  auch  viele,  selbst  bedeutende  Künstler,  die 
auf  diesem  Gebiete  etwas  leisten  wollen,  seines  Rathes  nicht  glauben  entbehren 
zu  können.  Im  April  1876,  nachdem  er  seine  ganze  Thätigkeit  ununterbrochen 
dem  (liesangunterrichte  gewidmet  hatte,  zog  er  sich  aus  seiner  Stellung  am  Conser- 
vatorium zurück.  Er  veröffentlichte  die  folgenden  Werke:  nGuiäe  tkeorico  pra- 
iique  eltmentaire  pour  Vitude  du  chanti  (Milan,  Ricordi) ;  2)  r>Exercises  journaliern 
pour  soprano  ou  mezzo  sopranov.  (id,  id);  3)  »JEtudes  de  bravoure  ■pour  soprano 
(id,  id);  4)  nObneroations  et  conseü  «ur  le  trilled.  (id,  id);  5)  »iS'  lSolfc(/es  dans  le 
style  moderne,  pour  sopranoa.  Ein  Gesanglehrer  desselben  Xamens  G.  B.  Lam- 
perti  gab  in   Mailand  bei  Lucca  heraus:  y>J£cole  du  chanta. 

Lampn^uaui,  Giov.  Battista  (VI,  237).  Zu  seinen  Werken  gehören 
noch:  die  Bullo-Oper  »Scuola  delle  Caittatricivi  und  »rOlimpiadea,  aufgeführt  in 
Italien   1750. 

Lauciaui,  Elavio,  italienischer  Componist,  geboren  in  der  zweiten  Hälfte 
des  17.  Jahrhunderts,  schrieb  das  Oratorium  y>Santa  Clotüde  reina  di  Franciav., 
welches    1704  zu  Bologna  aufgeführt  wurde. 

Laudskron,  Leopold,  ist  in  Wien  1842  geboren;  nachdem  er  die  juristi- 
schen Studien  absolvirt  hatte,  ging  er  zur  Musik  über.  Er  besuchte  das  Wiener 
Conservatorium,  an  dem  er  jetzt  als  Lehrer  wirkt.  Von  seinen  Compositioneu  ver- 
öHentlichte  er  Chöre  für  Männerstimmen,  Orchester  und  Ciavierstücke  und  Lieder. 

Laudwing,  Marc,  Componist,  geboren  zu  Zug  in  der  Schweiz  gegen  1759, 
trat  im  Alter  von  achtzehn  Jahren  in's  Kloster  Einsiedeln,  wo  er  Gelegenheit 
fand  sein  musikalisches  Talent  auszubilden.  Folgendes  Werk  ist  von  ihm  an- 
zuführen; i>Mariana  Salve  Heijina  in  cantu  chorali  cum  3  vocibusv  (Einsiedeln, 
Oechslin,  1787,  zweite  Autlage  179o).  Ein  Benedictus  Dominus  Dens  von 
L.  wird  in  Einsiedeln  noch  heut  gesungen.     Er  starb   1813. 

Lauge,  Hieronymus  (VI,  242),  nennt  sich  auf  dem  Titelblatt  seiner  drei- 
stimmigen Jjieder  (Breslau  1584)  Gregorius  Langius,  und  so  führt  ihn 
auch  Walthers  Lexikon  auf.  Der  Irrthum,  dass  er  Hieronymus  heisst,  ist  wol 
durch  die  Addeuda  Walthers  entstanden,  welche  so  zu  lesen  sind:  f  zu  St.  Hiero- 
nymus  (in  Breslau)   Georgius  Langius  von  Havelsberg  etc. 

Lauge,  Otto  (VI,  243),  starb  am  13.  Februar  1879  in  Berlin. 

Launoy,  Gräfin  vou  Looz  Corswarem  (VI,  248),  ist  am  29.  Juni  17G4 
geboren  und  atarb  zu  Lüttich  den  4.   Juni  1820. 

Lupierx-e,    Franrois  Antoiue,    geboren    zu  Cavaillon  am  5.  April  17G9 


Lapomiuerayc  —  Lassabatliie.  207 

starb  zu  St.  Remy  (Bouches-du-Rhüne)  um  25.  December  1824.  Er  war  lange 
Zeit  KupelluieisttT  im  Aix-eii  Proviucu  uutl  schrieb  Kircheiimuaik,  darunter 
ein  Stabat  mater  und  ein  Requiem.  Sein  Knkei  iht  zur  Zeit  iurektor 
des  Conservatoriums  in  Aix.  Dieser  schrieb  ebenfalls  Messen,  Motetten,  eine 
icomische  Oper. 

Liipouuueraye,  Victor,  Ilcrdalle  de,  Componist,  geboren  zu  Paris  am 
24.  IV'bruiir  i;S2.'j,  besuchte  das  C'ulkge  zu  Ronen,  während  er  gleichzeitig  von 
Amod«'e  Mi-reaux  Musikunteri'icht  erhielt.  Später  ging  er  zum  Besuche  des 
Conservatoriums  nach  Paris.  Die  Psalmen  Davids,  welche  er  nach  einer  üeber- 
setzung  in  \'erseu  von  Gitlard  in  Musik  setzte,  erhielten  die  Anerkennung 
kritischer  Autoritäten,  wegen  der  Kraft  des  Ausdrucks  und  ihrer  Originalität. 
Auch  trug  ihm  diese  Compositiou  die  Ernennung  zum  Mitgliede  der  Akademie 
der  heil.  Oäcilie  in  Rom  ein.  Einige  Compositionen  leichten  Genres  gewannen 
ungemeine  Verbreitung  y>Les  Matelota  de  La  belle  Kageniev.]  nie  l'ariaa;  »Le 
JJomino  roaea  u.  s.  w.,  eine  Polka  für  Ciavier  »/«  lac  (TEtKjJäenv.  (P.  Leduc). 
wurde  in  ÖU.UUO  Exemplaren  verkauft.  L.  siedelte  nach  Bukarest  über,  wo  er 
in   Glatinu  am   Typhus  im   Januar   1866  starb. 

Lardiu,  Jules,  Musikliebhaber,  geboren  1780,  starb  zu  Paris  gegen  1870.  Er 
verfasste  einen  Bericht  über  Danican  Philidor,  nach  seinen  Erinnerungen  und 
mit  Hülfe  einiger  Aufzeichnungen  von  dem  Sohne  des  Künstlers.  Diese  Notizen 
erschienen  1847  im  Journal  »Palamede«  und  in  einem  Separatabdruck  unter 
dem  Titel:  »I'hilidor  peint  par  lui  memea. 

LargThi,  Desiderio,  italienischer  Musiker  des  18.  Jahrhunderts,  verfasste, 
zur  Zeit  als  in  Erankreich  die  heutige  Art  des  Solfeggireus  schon  allgemein, 
in  Italien  dagegen  die  Solmisation  noch  gebräuclilich  war,  die  Abhandlung: 
»11  Modo  di  solfegyiare  aW  uso  francese,  introdotto  nuuvamente  in  Siennaa,   1744. 

Larigot  (VI,  250),  heisst  eine  offene  Orgeistimme,  kleine  (Quinte  von 
0,10  Meter,  mit  scharfem  spitzigem  Ton,  daher  nur  meist  in  kleinen  Orgeln 
und  Positiven  zu  finden.  Sie  ist  stets  von  englischem  Zinn,  mit  weitem  Auf- 
schnitt gefertigt  und  eignet  sich  vorzüglich  als  EüUstimme. 

La  Koche,  Rosa,  Ciavierspielerin  und  Componistin,  lebte  in  der  zweiten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  Im  Druck  erschienen  von  ihren  Compositionen 
eine  Serie  Clavier-Sonateu  und  ein  Clavier-Concert  mit  Orchesterbegleitung 
(Paris,   Benout). 

Larue,  Pierre,  Orgelbauer  zu  Paris,  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahr- 
hunderts, war  daselbst  noch  im  Jahre   1785  thätig. 

Lasalle,  Albert  de,  Musikschriftsteller,  ist  am  10.  August  1833  zu  Maus 
geboren,  unterzog  sich,  nachdem  er  seinen  wissenschaftlichen  Cursus  in  Paris 
beendet  hatte,  musikalischen  Studien.  Gleichzeitig  debütirte  er  als  Journalist 
und  bald  auch  als  musikalischer  Kritiker.  Im  Laufe  der  Zeit  hat  er  dem 
Publicum  die  folgenden  Schriften  dargeboten:  1)  »Histoire  des  bonjf'es  parisieiiaa 
(Paris,  librairie  nouvelle,  1860);  2)  »Za  Musi(j^ue  de  Farisv.  (Paris,  Morizot, 
1863,  in  12*^'),  in  Gemeinschaft  mit  Thoiuan,  ein  musikalischer  Kalender  des 
Jahres  1862,  die  beste  Arbeit  derart,  welche  in  Erankreich  veröti'entlicht  wurde; 
3)  i>Meytrbetr,  sa  hiojraphie,  et  le  cataloyue  de  sea  oeuvresv.  (Paris,  Dontu  1864, 
in  16*^,  31  p.) ;  4)  »Dictonnaire  de  La  Musinue  applitfuee  a  l'amourv.  (Paris, 
Lacroix,  1868),  enthält  in  einem  Anhang  die  Liste  aller  musikalischen  Wörter- 
bücher die  in  Erankreich  erschienen  sind;  5)  »ia  Muöif^ue  jjendant  le  siege  de 
l'aris.  Im£)ressioHs  du  tnoment  et  souvenirn  anecdotiques  sur  La  Marseillaise,  le 
Jihin  alleinand,  les  Girondins,  le  Ohant  du  derart  les  chansons  de  la  rue  et  du 
tliedtre,  la  musii£ue  religieuse,  les  concerls  de  l  Opera,  Les  cuncerts  au  proßts  des 
Canons,  les  instruments  de  musique  militaire  etc.n  (Paris,  Lachaud,  1872,  in  12*^); 
6)  y>Les  Treize  salles  de  COpera<s.  (Paris,  Sartorius,  1875,  in  12");  7)  y>Meinorial 
du  Thedtre  hjritiue  catalogue  raisonne  des  cents  fjuaire-üingt-deux  operas  qiii  g 
ont  etr   repr<  Senfes  dejjt/is  sa  Jondations  etca   (Paris,  Ijecuir,    1877). 

Laäsubutüie,   Theophile,  geboren  zu  Bordeaux  am    13.  August  IrtüO,  trat 


208  Lasso         Lavall  eye. 

früh  als  Verwaltimgsbcarater  zu  Paris  ins  Ministerium  des  Innern  (Bureau  der 
Theater).  Am  1.  August  1854  wurde  er  Administrator  des  Conservatoriums, 
und  starb  zu  Paris  in  einem  Krankenhause  am  5.  December  1871.  Er  ver- 
ött'entlichte :  nHintoire  du  Conservatoire  imperial  de  imidque  et  de  declamation« 
(Paris,  Levy,  1860  in  12**).  Seine  Sammlung  von  Büchern  und  Documenten,  die 
dramatische  Kunst  betreifend,  gehörte  zu  den  reichsten  und  werthvoUsten  in  Paris. 

Lasso,  Orlando  di  (VI,  254).  Sein  Geburtsjahr  ist  1520  (nicht  1520 
oder  1532).  Seine  Keise  nach  Rom,  wo  er  durch  Gregor  XIII.  zum  Ritter  vom 
goldenen  Sporn  ernannt  wurde,  fällt  nicht  in  das  Jahr  1571,  sondern  1574. 
1571  unternahm  er  seine  Reise  nach  Paris,  von  welcher  er  wieder  nach  München 
zurückkehrte,  1574  ging  er  auf  Einladung  des  Königs  von  Frankreich  zum 
zweiten   Mal  nach  Paris.     Der  Meister  starb  am   14.  Juni   1594. 

Laudaiuo,  Antonio,  dramatischer  Componist,  geboren  zu  Messina  im  October 
1814,  studirte  Musik  in  seiner  Vaterstadt  bei  Walter,  Piatone  und  G.  Mosca. 
Er  schrieb  sieben  Opern,  sämmtlich  in  Messina  aufgeführt;  Ouvertüren;  fünf 
Cantaten;  vier  dramatische  Dialoge;  eine  Nationalhymne;  Märsche,  Vocal-  und 
Instrumentalcompositionen ;  Kirchenmusik. 

Lauer-Münchhofen ,  A.  Freiherr  vou  (VI,  2G3),  ist  geboren  am  16.  Mai 
1796;  sein  Singspiel:  »Rose  die  Müllerin«,  wurde  bereits  1820  in  Berlin  auf- 
geführt.    Er  starb  am  4.   Januar  1874  in  Berlin. 

Laugel,  August,  französischer  Gelehrter,  gab  das  Buch  heraus:  »Xa  voix 
Voreille,  et  la  musique«.  (Paris,   Germer,  Bailiiere   1867  in   12*^). 

Laurencin,  Ferd.  Peter,  Graf  von,  Dr.  phil.  (VI,  264),  ist  nicht  1808, 
sondern  1819  geboren.  Sein  Erzieher,  der  Privatgelehrte  Wilhelm  Wildfeyr, 
unterrichtete  ihn  nicht  nur  in  den  Wissenschaften,  sondern  auch  in  der  Musik, 
für  welche  der  Knabe  schon  Neigung  und  Talent  verrieth.  Auch  in  Bremen, 
wo  er  seit  1832  das  Gymnasium  besuchte,  setzte  er  seine  Musikstudien  unter 
Gottfr.  Rieger,  dann  unter  Nowotny,  Job.  Nejwa  und  E.  Streit  fort.  1836  be- 
gann er  dann  am  Bremer  Lyceum  das  Studium  der  Philosophie;  ging  1837 
auf  die  Prager  Hochschule  und  erwarb  sich  hier  die  Doctorwürde.  Seine  Musik- 
studien trieb  er  während  dem  von  1837 — 1839  bei  Tomaschek  und  von  1839  bis 
1841  bei  C.  F.  Pitsch.  1847  trat  er  in  den  Staatsdienst,  den  er  aber  1852 
quittirte  und  seitdem  lebt  er  privatsirend  in  Wien. 

Laurent  de  Rille,  Frangois  Anatole,  Componist,  geboren  zu  Orleans 
1828,  hatte  bereits  Studien  in  der  Malerei  gemacht  als  er  sich  ganz  der  Musik 
zuwendete.  Er  studirte  erst  bei  einem  italienischen  Lehrer,  Comoglio,  später  in 
Paris  bei  Elwart.  Man  übertrug  ihm  die  Inspektion  des  Gesangunterrichts  in 
den  Lyceen  und  Normalschulen,  und  das  Interesse,  welches  er  für  die  betreffen- 
den Zweige  des  Unterrichts  entwickelte,  war  nicht  gering.  Er  componirte  eine 
grosse  Zahl  von  Chorgesangstücken,  welche  Eigenschaften  besitzen,  die  ihnen 
allgemeine  Verbreitung  verschafften.  Es  sind  mehr  denn  Hundert,  von  welchen 
einige  besonders  beliebt  sind:  »JVbeZ«;  y>Les  martyrs  aux  Arenesa;  ^La  noce  de 
villagea;  y>Les  Suveursa;  r>Le  Charit  des  Travailleursa ;  y>Le  soirv^]  i>La  Hetraite«; 
y>Les  ßls  d^Egyptevi;  y>V Orpheon  en  voyagev.;  y> Hymne  ä  Sie.  Gecilea  u.  s.  w.  Ausser 
diesen  veröffentlichte  L.  Gesangstücke  für  eine  Stimme;  eine  Anzahl  Messen  für 
zwei,  drei,  vier  Stimmen,  mit  Orgel  oder  auch  mit  Harmoniebegleitung.  vSaluf, 
vierye  Marien,  für  drei  Frauenstimmen  mit  Orgelbegleitung.  Ferner  die  Samm- 
lungen: y>Morceaucc  de  cJiants  ä  une,  deux  ou  trois  voix,  composes  ou  choisis  pour 
les  cours  de  chant  des  lycees  imperiaux  des  ecoles  normales  et  des  ecoles  primaires« 
(Paris,  1870);  »Exerdces  de  chant  choral  pour  les  Orphions  et  les  societes  chorales 
en  4:  partiesa  (Paris,  Chahal);  ein  Handbuch  für  den  Chorgesang:  y>Du  chant 
rhorahi  (Paris,  Perrotin) ;  eine  Fest-Cantate  am  15.  August  1867  in  der  Opera 
Comique  aufgeführt.  In  den  kleineren  Theatern  von  Paris  wurden  von  L.  d.  R. 
in  den  Jahren  1857 — 1878  vierzehn  ein-  und  dreiaktige  Opern  und  Operetten 
gegeben.    L.  ist  Ritter  des   Ordens  der  Ehrcsnlegion. 

Lavalleye,  Edoiiard,  belgischer  Schriftsteller,  Professor  an  der  Universität 


La  Valliöre  —  Lazarc.  209 

zu  Lüttich,  wo  er  um  17.  April  1811  ge])oren  wurde  und  ira  SejHember  1869 
starb,  verfasste  zwei,  auf  die  Musik  bezügliche  Schriften:  itDocuments  inedits  sur 
la  crenfion  d'une  E'cole  de  musique  ä  Lieye  en  ll'JSa  (Liege,  üarraaiine,  1859, 
in  8"):  nEssais  de  hiographies  Wgeoisem  (Les  Hamal,  Liege,  Reuard,   1860,  in  8"). 

La  Valliere,  Lehrer  und  Componist,  bekannt  unter  dem  Namen  la  Valliere 
Taint'-  lebte  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jiihrhunderts  in  Paris.  Von  einer 
seiner  Corapositionen  führt  A.  Pougin  (Biog.  universelle)  folgenden  Titel  an: 
)i>Six  sonates,  en  duo  pour  le  tambourin,  accoinpagnees  d'un  violon  seul,  didiees 
ä  M.  le  eomte  de  la  Blache,  marechal  etc.  par  M.  La  Valliere  Vaine,  mäitre  de 
musique  et  de  tamhourin ,  onzieme  oeuvre.  JElles  peuvent  s'executer  sur  le  violon, 
flute,  hauthoia ,  clarinette,  jxtr-dessus  de  viole,  mandoline,  guitare,  et  sur  la  vielle 
et  musette,  en  les  transposant  en  sol-ut.  La  quatrieme  et  la  cinquieme  peuvent  se 
jouer  ä  deux  flütes  de  tamhourin. 

Lavaine,  Ferdinand  (VI,  268),  starb  im  Januar  1874. 

Larazza,  Antonie-Maria   und: 

Larazza,  Sautino,  lebteu  beide  während  der  ersten  Jahre  des  18.  Jahr- 
hunderts in   Mailand.     (A.  Vidal,  Les  Instruments  ä  archet.) 

Lavigue,  Jacques  Emile,  französischer  Sänger,  geb.  zu  Pau  1782,  begann 
seine  Laufbahn  als  Sänger  in  der  Provinz  und  debutirte  an  der  grossen  Oper  am 
2.  Mai  1809.  Seine  Tenor-Stimme  war  schön  und  kräftig,  so  dass  man  ihn  den 
Herkules  des  Gesanges  nannte.  Anfangs  liess  sein  Vortrag  in  Bezug  auf  Gre- 
schmack  zu  wünschen  übrig,  doch  beweist  ein  noch  vorhandener  Brief  von 
Spontini,  vom  19.  Juli  1817,  dass  er  sich  in  dessen  Oper  Ferdinand  Cortez  in 
der  Titelrolle  derselben  als  ein  vorzüglicher  Sänger  gezeigt  haben  muss;  denn 
Sp.  spricht  seine  Anerkennung  aus  über  das  ausgezeichnete  Talent,  welches  er 
in  der  Rolle  entfaltet  hat.  1825  zog  sich  L.  in  seine  Vaterstadt  Pau  zurück, 
wo  er  gegen  1855  gestorben  ist. 

La  Tillemarqae,  Theodore  Claude  Henri,  Hersart  de,  Schriftsteller 
und  französischer  Gelehrter,  Mitglied  der  Akademie,  ist  in  der  Bretagne  am 
6.  Juli  1815  geboren,  und  gab  mehrere  Werke  über  Sprache  und  Literatur  der 
Bretagne  heraus,  von  welchen  eines  hier  anzuführen  ist:  rtOhants  populaires  de 
la  Bretagne«-  (Barzaz-Breiz),  nebst  den  Originalmelodien  und  mit  einer  französi- 
schen TJebersetzung  und  Notizen  versehen;  die  erste  Ausgabe  erschien  1839, 
2  Bände  in  8";  die  vierte  1846,  2  Bände  in  12*',  vermehrt  durch  33  Balladen. 

Lawrowska,  Elisabeth,  ausgezeichnete  Sängerin  in  Russland,  gegen  1848 
geboren,  besitzt  eine  der  schönsten,  klangvollsten  und  umfangreichsten  Mezzo- 
sopranstimmen. Sie  besuchte  das  Petersburger  Conservatorium,  wo  sie  Schülerin 
der  Frau  Nissen-Saloman  wurde.  Nach  vollendeten  Studien  trat  sie  am  Theater 
Marie  in  Petersburg  in  »Das  Leben  für  den  Czar«,  zum  erstenmal  vor  das 
Publicum.  Ihr  wahrhaft  schönes  Organ  erwarb  ihr  sofort  die  Gunst  desselben, 
die  sich  während  der  zwei  Jahre  ihres  Engagements  noch  steigerte.  Nach  Ablauf 
desselben  nahm  sie  in  einem  glänzenden  Concerte  von  den  Petersburgern  Ab- 
schied und  ging  auf  Reisen.  In  Paris  studirte  sie  noch  unter  Frau  Viardot- 
Garcia  die  französische  und  italienische  Schule  und  trat  dann  in  einigen  Con- 
certen  auf.  Hierauf  durchreiste  sie  Deutschland  und  sang  mit  vielem  Erfolg 
auch  in  Leipzig  und  in  Berlin.  Sie  kehrte  dann  wieder  nach  Russland  zurück. 
Seit   1871   ist  sie  mit  einem  russischen  Prinzen   Zeretelew  verheiratet. 

Lazare,  Martin,  Pianist  und  Componist,  geboren  zu  Brüssel  am  27.  October 
1829,  besuchte  das  Conservatorium  zu  Brüssel,  bis  seine  Eltern  nach  Haag 
übersiedelten,  wo  er  unter  Van  der  Does  seine  Ciavierstudien  fortsetzte.  Später 
ging  er  nach  Paris  und  wurde  Schüler  des  dortigen  Conservatoriums.  Nach- 
dem er  auch  noch  London  besucht  hatte,  ging  er  nach  Holland  zurück.  Hier 
betheiligte  er  sich  an  einem,  vom  König  der  Niederlande  eröffneten  Concurs  für 
eine  komische  Oper:  »Xe  roi  de  Bohemen,  aus  welchem  er  als  Sieger  hervorging. 
Die  Oper  wurde  am  1.  April  1852  aufgeführt.  Darauf  begab  sich  L.  auf 
Reisen,    er   concertirto    in   Deutschland,  und    ging    dann    uacli    den    Vereinigten 

Musikal.  Courera.-Leukou.    Ergäuzuu^baud.  ^■^ 


210  Ij^aJ  —  Leclalr. 

Staaten;  drei  Jahre  blieb  er  in  Toronto  (Canada),  kehrte  darauf  nach  Europa 
zurück  und  wohnte  drei  Jahre  in  London.  Jetzt  lebt  er  seit  1863  in  Brüssel 
als  Musiklehrer.  In  Paris,  London  und  in  Haag  veröffentlichte  er  mehrere 
seiner  Claviercompositionen. 

Leal,  Eleutherio  Franchi,  portugiesischer  Tonkünstler,  war  Professor 
am  Seminar  zu  Lissabon  während  der  Regierung  D.  Maria  I.  und  Joäo  YL 
Er  hat  viel  Kirchenmusik  geschrieben,  unter  dem  Einfluss  der  damals  herr- 
schenden Italiener,  im  theatralischen  Stile  und  mit  Bravourarien  überladen. 
Zu  seinen  besseren  Werken  gehören  ein  Requiem  und  »Matinas  da  Congeieaon. 

Leal,  Jodo,  ebenfalls  Portugiese,  ausgezeichneter  Componist  auf  dem  Ge- 
biete des  einfachen  Liedes,  in  Portugal  yModinhas«.  genannt,  war  im  Anfange 
des  Jahrhunderts  wegen  dieser  Compositioneu  sehr  geschätzt.  L.  gehörte  einer 
durchweg  musikalischen  Familie  an.  Schon  sein  Grossvater  und  auch  sein 
Vater  waren  sehr  musikalisch.  Der  letztere  war  ein  trefflicher  Violinist,  und 
seine  zehn  Kinder  waren  derartig  musikalisch  veranlagt  und  gebildet,  dass  er 
mit  ihnen  vollständige  Opern  darstellen  konnte.  So  führte  diese  Familie  allein 
eine  italienische  Oper,  am  Bord  des  englischen  Linienschiffes,  welches  den  König 
Joäo  VI.  von  Rio  Janeiro  begleitet  hatte,  aus,  und  zwar  nach  dem  Urtheil  des 
Schriftstellers  Balbi  mit  einer  Geschicklichkeit,  die  nicht  zu  beschreiben  ist. 

Lebel,  Louis  Bon,  Professor  und  Organist  der  Kirche  St.  Etienne  du 
Mout  zu  Paris,  und  zu  Nangis  (Seine  sur  Marne)  ist  am  10.  Februar  1831 
geboren.  Da  er  des  Augenlichtes  verlustig  war,  kam  er  im  Alter  von  10  Jahren 
in  das  Blindeninstitut  zu  Paris,  und  erhielt  dort  auch  seine  musikalische  Aus- 
bildung. Hier  erwarb  er  den  Preis  für  Orgel,  Ciavier,  Violine  und  den  soge- 
nannten sechshundert  Francs-Preis;  dann  machte  er  noch  einen  Cursus  im  Orgel- 
spiel und  der  Composition  am  Conservatorium  durch.  1851  wurde  er  zum 
Professor  am  Blindeninstitut  und  1869  nach  dem  Tode  Roussels  zum  Orchester- 
chef ernannt.  Seit  1853  ist  er  Organist  der  Stephanskirche.  Als  Lehrer  am 
Blindeninstitut  hat  er  sich  sehr  um  die  Weiterentwicklung  des  Musikunterrichts 
verdient  gemacht.  Er  schrieb  Orgel-,  Ciavier-  und  Orchesterstücke,  doch  sind 
nur  einige  seiner  Ciavierstücke  veröffentlicht. 

Leblanc   (VI,  271),  starb  im  März   1827  in  Paris. 

Leborne,  AimeAmbroise  Simon  (VI,  271),  starb  in  Paris  am  I.April  1855. 

Le  Camus,  französischer  Musiker,  der  in  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrb. 
zur  Kapelle  des  Königs  gehörte,  schrieb  zahh-eiche,  seiner  Zeit  beliebte  Arien. 

Le  Camns,  Jean  Pierre,  Componist,  geboren  zu  Genf  am  Anfange  des 
18.  Jahrhunderts,  starb  1768.  Folgendes  Werk  ist  von  ihm  bekannt:  y>Les 
Psaumes  du  roi  et  prophete  David ^  mis  en  vers  francais,  revus  et  approuves 
par  les  pasteurs  et  professeurs  de  VIEglise  et  de  VAcademie  de  Geneve.  Mis  en 
musique  par  Jean-Pierre  Le  Camus,  citoyen  de  Genevea  (Geneve  1760,  2  edt.  1764). 

Le  Cene,  Michel  Charles,  Musikalienverleger  in  Amsterdam,  Associe 
und  Schwiegersohn  des  berühmten  Verlegers  E.  Roger.  E.  Gregoir  (j>Docuvients 
historiques  relatifs  ä  Vart  musical  etc.vi)  giebt  folgende  Nachricht  über  ihn: 
L.  Cene  ist  1690  geboren  und  stammt  wahrscheinlich  aus  Frankreich.  Im 
Mai  1717  trat  er  als  Compagnon  in  das  Geschäft  und  wurde  in  die  Genossen- 
schaft der  Verleger  in  Amsterdam  aufgenommen.  Mehrere  Verlagswerke  tragen 
den  Namen  beider  Compagnons.  Mit  dem  Tode  C.'s,  der  1741  erfolgte,  ver- 
schwand das  grosse  Verlagshaus  aus  der  Musikwelt.  Eine  neue  vermehrte  Auf- 
lage des,  1716  von  E.  Roger  herausgegebenen  Catalogs  veranstaltete  Le  C.  1732: 
»Cafalogue  des  livres  de  musique  imprimes  ä  Amsterdam  cliez  Etienne  Roger  et 
contenues  par  Michel-Charles  Le  Cenea  (Amsterdam,  petit  8,  72  p.). 

Lecerf,  Justus  Amadeus  (VI,  273),  starb  in  Dresden  am  28.  März  1868. 

Lechantre,  Mlle.,  Clavierspielerin  und  Componistin,  die  in  der  zweiten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  zu  Paris  lebte,  veröffentlichte  als  Op.  1  zwei  Clavier- 
concerte  mit  Begleitung  von  zwei  Violinen,  zwei  Hoboon,  Alt  und  Bass. 

Leclair,  Pierre.    Von  einem  Violinisten  dieses  Namens  erschien   zu  Paris 


Lpclerc  —  Lefewe.  211 

1764,  dem  Todesjahr  des  berühmten  Violinisten  Jean  Marie  Leclair  (s.  Clair,  le) 
als  Op.  1   eine  Sammlung  von  Duos  für  zwei  Violinen  (Paris,  Lemeru). 

Leclerc,  Jean  Bnptiste  (VI,  274),  ist  am  29.  Februar  1756  geboren  und 
starb  am    16.   November   1826. 

Leelercq,  Tli.,  belgischer  Componist,  geboren  zu  Hoeylaet  am  17.  Februar 
18.34,  Schüler  des  Brüsseler  Conservatoriums,  wurde  in  Löwen  Kapellmeister 
an  der  Kirche  St.  Gertraut  und  dann  Organist  der  Kirche  Notr.  Dame  und 
Professor  des  Gesanges  an  der  dortigen  Musikschule.  Fr  veröffentlichte  eine 
Messe  für  drei  Stimmen  mit  Orgel])egleitung;  sechs  dreistimmige  Motetten; 
einige  Romanzen;    ein   Te  Deum  mit  Orchester  wurde  in  Löwen  aufgeführt. 

Lecocq,  Charles  (VI,  275),  ist  am  .3.  Juni  1832  geboren. 

Ledno,  Alphonse,  Pianist,  Componist,  Lehrer  und  Musikalienverleger, 
ist  zu  Nantes  am  9.  März  1804  geboren  und  starb  in  Paris,  wo  er  1841  einen 
Musikalienverlag  gegründet  hatte,  am  17.  Juni  1868.  Sein  Vater,  ein  guter 
Fagottist,  unterrichtete  ihn  auf  verschiedenen  Instrumenten,  so  dass  L.  sich  in 
einem  Concert  auf  dem  Fagott,  der  Flöte  und  der  Ouitarre  hören  lassen  konnte. 
Er  besuchte  einige  Jahre  das  Pariser  Conservatorium  und  widmete  sich  dann 
dem  Unterricht.  L.  versorgte  das  Publicum  nach  und  nach  mit  ungefähr  drei- 
zehnhundert Compositionen  der  verschiedensten  Genres.  Aus  dieser  grossen 
Zahl,  die  aus  zwei-  und  vierhändigen  Ciavierstücken,  Romanzen,  ein-  und  mehr- 
stimmigen Gesängen.  AVerken  für  Flöte,  Fagott,  Guitarre  und  Orgel  und  Tanz- 
stücken bestehen,  führen  wir  nur  einige  Studienwerke  an:  r>Methode  clementaire 
de  piano  ä  Vusage  des pensions»  (dreizehn  Auflagen);  1)25  Petits  efudes  tres faciles 
pour  les petit  mainsa,  Op.  156;  y>Etudes  elementairesu,  Op.  128;  Etudes  melodiques«, 
Op.  146 ;  f>Etudes  de  mecanisme«,  Op.  106 ;  »Etudes  chantantes  et  concertantes  ä 
quatre  mainsa,  Op.  191,  u.  s.  w. 

Leemans,  flämischer  Tonkünstler,  geboren  zu  Brügge,  lebte  zu  Paris  in  der 
zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  Er  veröff'entlichte  daselbst  1767:  Sechs 
Quartette:  drei  für  Flöte,  Fagott,  Violine  und  Violoncello,  drei  für  Hoboe, 
Fagott,  Violine  und  Violoncello;  und  eine  Ariette  r>le  Sonr/e«,  über  Worte  von 
Voltaire  mit  Begleitung  von  Harfe,  zwei  Violinen,  zwei  Fagotte,  zwei  Jagd- 
hörner und  Bass.     L.  lebte  noch  1785  in  Paris. 

Leenders,  Maurice  Gerard  Hubert,  belgischer  Violinist,  geboren  zu 
Venloo  den  9.  März  1833,  trat,  nachdem  er  durch  seinen  Vater  einem  unter- 
richteten Musiker,  vorgebildet  worden,  im  zwölften  Jahre  ins  Brüsseler  Con- 
servatorium, wo  er  sich  unter  Meerts  und  Leonard  zu  einem  trefflichen  Violi- 
nisten ausbildete.  Er  unternahm  dann  von  Erfolg  begleitete  Kunstreisen  durch 
Holland.  Deutschland,  Dänemark,  Schweden  und  Polen  und  widmete  sich  nach 
Belgien  zurückgekehrt,  dem  Unterricht.  Er  ist  Direktor  des  Conservatoriums 
in  Tournai.  L.  schrieb  ein  Concert,  Fantasien  und  einige  Gesangstücke.  Seine 
Schwester  Jeanne,  geboren  1830,  vorzügliche  Pianistin,  starb  als  die  Gattin 
des  Tonkünstlers  Vandestraden  bereits  am   10.   November  1858. 

Lefebvre,  französischer  geschickter  Lautenmacher,  arbeitete  in  Amsterdam 
in  den   Jahren   1720 — 1735. 

Lefebvre,  Charles  Edouard,  geboren  zu  Paris  am  19.  .Tuni  1843,  Schüler 
des  Conservatoriums,  erhielt  bei  seiner  dritten  Bewerbung  1870  den  grossen 
Römerpreis  für  die  Cantate:  «Le  jugement  de  Diena.  Nach  der  Rückkehr  von 
Rom  wurden  in  Paris  verschiedene  grössere  Werke  von  ihm  aufgeführt:  Eine 
Ouvertüre;  eine  syinphonische  Suite;  Psalm  23  für  Chor  und  Orchester;  eine 
Sinfonie;  lyrisches  Drama  »Judith«,  in  drei  Abtheilungen  (in  Fragmenten  zur 
Aufführung  gebracht);  nPierrs  si/mpjforiiqifesa  (Prelude  et  Choral.  Scherzo); 
dramatische  Ouvertüre:  Chor  und  Romauzeu  für  Hörn;  nDalila,  Scpnrs  pour 
orchcsire  d'apres  le  drame  de  M.  Oct.  Feuilleta ;  Ciavierquartett;  Ciavier-  und 
Gesangstücke. 

Lefevre,  Victor  Gustav,  Componist,  T^ehrer  und  Direktor  der  Musik- 
schule  für  Kirohenmusik  zu  Paris,   ist  zu   Provins  (Seine  et  Marne)  am  2.  Juni 

14« 


212  Lefort  —  Lejenne, 

1831  geboren.  In  Rücksicht  auf  sein  ausgesprochenes  Talent  und  seine  Neigung, 
willigten  seine  Eltern  darein,  dass  er  die  Musik  zum  Berufe  erwählte.  In  Paris 
wurde  er  in  die  Classe  Colet  des  Conservatoriums  aufgenommen,  verliess  das 
Institut  jedoch  schon  nach  zwei  Monaten  und  erwählte  sich  Maledeu,  einen 
ausgezeichneten  Lehrer,  unter  dessen  Leitung  er  zehn  Jahre  lang  arbeitete. 
1865  übernahm  er  die  Leitung  der  Niedermeyer'schen  Schule  für  Kirchenmusik, 
zu  deren  gedeihlicher  Weiterentfaltung  er  beitrug.  Innerhalb  zehn  Jahren  gingen 
aus  derselben  gegen  achtzig  Organisten  und  Kapellmeister,  die  in  Frankreich 
thätig  sind,  hervor.  1872  richtete  er  die  ebenfalls  von  Niedermeyer  1853  be- 
gründete Gresellschaft  für  klassische  Vocalmusik  ä  capella  neu  ein,  und  führte 
in  den  Concerten  derselben  in  Paris  noch  nicht  gekannte  Compositionen  aus 
dem  16.  Jahrhundert  auf.  L.  schrieb  mehrere  Messen  und  die  Musik  zur 
Tragödie  Komeo  und  Julie.  Für  den  Druck  vorbereitet  (bei  Richault)  ist  ei^ie 
Harmonielehre  und  eine  Schule  für  Accompagnement  nach  beziffertem  Bass, 
bestimmt  für  den  Gebrauch  seiner  Schule. 

Lefort,  Jules  (VI,  281),  dieser  geschätzte  Gesanglehrer  gab  noch  heraus: 
»De  Vemission  de  la  voix«  (Paris,  Heu,  in  4*^). 

Legreay,  le  R.  P.,  Benedictinermönch  der  Abtei  Solesmes,  gab  unter  dem 
Titel:  y>Noels  anciensa  (Paris,  Victor  Palme,  1876),  eine  Sammlung  von  vier- 
zig volksthümlichen  Weihnachtsliedern  Burgunds  und  der  Champagne  heraus. 
Er  fügte  eine  Clavierbegleitung  hinzu. 

Leg'cudre,  Jules,  Virtuose  auf  dem  Cornet  ä  piston  und  Lehrer  des  In- 
struments, verfasste  ein  Handbuch  über  die  Behandlung  desselben:  y>Traite 
complet  d'articulation  ou  le  Secret  des  coups  de  langue  simples  et  doubles,  classes, 
raisonnes  et  expliqttes,  pour  cornet  au  bügle  et  en  gener al  pour  tous  les  instru- 
ments  ä  vent.v.  (Bruxelles,  Mahillon,  in  8*^). 

Leguaüi,  Louis  (VI,  282),  hat  folgendes  Werk  veröffentlicht:  y^Metodo 
per  imparare  a  conoscere  la  musica  e  suonare  la  chiiarra,  composto  colla  massima 
semplicitä  e  chiarezza,  Milan,  Ricordi<i: 

Legrrand,  Pierre,  Pianist,  Organist  und  Componist,  wurde  1780  »maitre 
de  musique«  an  der  grossen  Oper  und  der  Concertgesellschaft  zu  Marseille.  Er 
war  der  Nachfolger  von  Rey  und  überliess  seinei'seits  seinen  Platz  1793  Parent. 
Im  mittäglichen  Frankreich  hatte  sich  L.  einigen  Ruf  als  Componist  erworben. 
Er  schrieb  Ouvertüren  und  Märsche  für  Orchester,  Mottetten  und  Chöre.  Eine 
Cantate  »Hymne  des  Lys«,  und  die  Chöre  zur  Athalia  von  Racine.  Bei  der 
Gründung  der  Akademie  der  Künste  zu  Marseille,  waren  er  und  Delattre  die 
beiden  ersten  musikalischen  Mitglieder  derselben.    L.  starb   1809. 

Leite,  Antonio  da  Silva,  portugiesischer  Componist  von  Ruf,  geboren 
zu  Porto  in  Portugal  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  war  Kapellmeister  der 
Kathedrale  dieser  Stadt.  Er  veröffentlichte:  1)  »üezumo  de  todas  as  regras,  epre- 
ceitos  da  Cantoria  assim  da  Musica  metrica,  comodo  GantocTiao,  dividido  em  duas 
porfesii.  (Porto,  1787,  kl.  4*^,  42  S.);  2)  Estudo  da  Guitarra  em  que  se  expoe  o 
modo  mais  facil  para  aprender  este  instrumento<i  (Porto,  1795,  2.  Aufl.  1796  mit 
einigen  Veränderungen  im  Titel).  Von  den  Compositionen  L.'s  sind  nur  wenige 
gedruckt,  dazu  gehören:  y>Hi/mno  patriotico  a  grande  orchestral.  (Paris,  Ignaz 
Pleyel,  1820.  Prachtausgabe  mit  dem  Bilde  des  Königs  Joäo);  y>Tantum  ergo 
a  4  vozes  e  orchestral,  1815;  r>Seis  So7iatas  de  Guitarra  com  acompanhamento  de 
Babeca  e  duas  Trompas  ad  libitumn,  1792  in  fol.  Auch  Modinhas  (volksliedartige 
einfache  Gesäuge)  schrieb  Leite,  veröffentlicht  durch  eine  Musikzeitung  1793. 
Sein   Todesjahr  ist  nicht  bekannt. 

Leite,  Pater  Jose,  portugiesischer  Musiker,  schrieb  die  Musik  zu  dem  lyri- 
schen Drama  ^Angola  tri^imphantea,  aufgeführt  im  Jesuitencolleg  (Santo-Chitao) 
zu  Lissabon  am  18.  Juli  1620.  Das  Drama,  dessen  Verbleib  nicht  bekannt  ist, 
bestnnd  aus  vierzehn   Scenen. 

Lejenne,  eine  Lautenmacherfamilie,  die  mehrere  Generationen  hindurch  in 
Paris  ansässig  war.  Das  älteste  Mitglied  derselben,  Fran^ois,  dessen, Violinen  bereits 


Lomaire  —  Lcmoiiuier.  213 

17fit  jTcschillzt  wiirt'u.  Von  scin-n  Nnclikommcn,  Jeiin  Charles,  Louis  und 
Juan  r^aptiste,  vericrligtc  der  letztere,  der  Ende  des  18.  Jahrhuiulerts  arbeitete, 
auch  Harfen.  1819  waren  drei  des  Namens  in  Paris  bekannt:  Lejeuue  alne, 
L.  cadet  und  L.  fils.     Ein  letztos   Mitglied  starb  gegen   1870  in   Paris. 

Leinaire,  Charles  (V'I,  293).  ausserdem  bereits  angeführten  Bueh:  »Uan- 
tatcu«  kennt  man  von  ihm  noch  vier  Cantaten,  welche  einzeln,  bei  Baiard  gedruckt 
sind:  »i«  sacrißce  d'a/noura;  nEndt/mion«;  ■oLaconsta?ice(t ;  »ie  retour  du printempsa, 

Ijeinaire,  Theophile,  Gesangsprofessor  und  Musikschriftsteller,  ist  zu 
Essigny-le- Grand  (Aisne)  am  22.  März  1820  geboren.  Ursprünglich  im  Be- 
sitze einer  prächtigen  tiefen  Basstimme,  wurde  er  im  Couservatoriura  in  die 
Classe  Garcia's  aufgenommen,  um  sich  für  die  Theaterlaufbahn  auszubilden. 
1851  wurde  er  aber  von  einer  gefährlichen  Halsbräune  betroffen  und  musste 
nach  seiner  Genesung  diesen  Plan  aufgeben.  Er  entschloss  sich  daher,  seine 
Thätigkeit  dein  Gesangunterricht  zu  widmen.  Zu  diesem  Zwecke  unternahm 
er  sehr  eingehende  Suidicn,  und  die  Gesangschulen,  von  denen  er  Kenntniss 
nahm,  bildeten  nach  und  nach  eine  der  vollständigsten  Sammlung  m  dieser  Art. 
Durch  diese  war  L.  auch  in  den  Stand  gesetzt,  die  Bearbeitung  einer  Geschichte 
der  Gesangskunst  zu  unternehmen.  Dieses  "Werk  »rkiafoi/'e  com^iletc  de  Vart  du 
chanU  verfasste  L.  in  Gemeinschaft  mit  Henri  Levoix,  und  erhielt  dabei  die 
Unterstützung  des  Ministeriums  der  Künste.  Es  umfasst  eine  Geschiebte  der 
Gesangskunst  von  der  frühesten  Zeit  bis  auf  unsere  Tage,  eine  Besprechung 
der  Methoden  der  verschiedenen  Epochen,  Vergleiche  der  italienischen  mit  der 
französischen  Schule,  eine  Bibliographie  der  auf  Gesaugstudium  bezüglichen 
Werke  u.  s.  w.  Ein  zweites  Werk  Lemaires  ist  die  Uebersetzung  eines  Werkes 
über  die  Kunst  des  Gesanges  von  Pierfrancesco  Tosi  aus  dem  Italienischen  ins 
Französische.  Das  Werk  ist  auch  ins  Deutsche  und  Englische  bereits  seit  längerer 
Zeit  übertragen.  Der  französische  Titel  desselben  ist:  Lart  da  chant,  opiaions 
sur  les  cliaiiteurs  anciens  et  modernes,  ou  Observation^  sur  le  chant  ßyurv,  par 
Pierfrancesco  Tosi,  traduit  de  Vitalien  et  accompagne  de  notes  et  d'exemples  par 
Theophile  Lemaire«  (Paris,  Rothschild  187  4). 

Lemaure,  Catherine  Nicol  (VI,  293),  wurde  den  3.  August  1703  geboren, 
und  debütirte  als  Solistin  1721.  Nachrichten  über  diese  berühmte  Sängerin  des 
vorigen  Jahrhundei-ts  giebt  das  Schriftchen  von  A.  Pougin  «L'^ylise  et  VOpera 
en    1135,   Mlle.   Lemaure   et  Veveque   de   Saint-Pupouh    (Paris,    Detaille,    1877). 

Lemmens,  Jacques  Nicolas  (VI,  295),  lebt  seit  12  Jahren  in  London, 
als   Organist   an   der  Jesuiten-Kirche. 

Lemmens,  Shcrrington  (VI,  295),  Helene  ist  zu  Preslon  1831  geboren 
und  nahm  mit  ihrem   Gatten  in  London  Wohnsitz. 

Lemoiue,  Achill e,  Componist  und  Inhaber  der  ältesten  Verlagshandluug 
in  Paris,  die  vor  ihm  sein  Vater  Henri,  und  sein  Grossvater  Antoine  der  sie 
1780  gründete,  geleitet  hatten.  Er  ist  am  15.  April  1813  in  Paris  geboren. 
Als  Pianist  erhielt  er  Unterricht  von  Brice,  Bertini  und  Kalkbrenner,  und  er- 
theilte  dann  selbst  Unterricht;  auch  veröffentlicht  er  unter  dem  Namen  »Heintz«, 
Ciavierstücke  leichteren  Genres.  Nach  dem  Tode  seines  Vateis,  dessen  Associe 
er  bereits  zwei  Jahre  gewesen  war,  übernahm  er  das  Geschäft,  und  führte  es 
den  Traditionen  des  Hauses  gemäss  weiter.  1858  begann  er  die  Veröffentlichung 
der  Sammlung  von  Ciavierstücken  der  classischen  Meister»  Paz/^/teo«  des  Pianisfcsa, 
welche  bereits  über  600  Werke  umfasst,  und  bei  correcter  und  schöner  Her- 
stellung zu  einem  massigen  Preise  ausgegeben  wurde.  Dieser  folgten  alsdann 
ähnliche  Ausgaben,  hauptsächlich  Unterrichtswerke  umfassend,  und  nebenher 
Luxusausgaben,  die  seinem  Etablissement,  welches  Ateliers  für  Notenstich  und 
Druck  umschlie^st,  zur  Ehre  gereirhen.  Er  wurde  nach  Beendigung  der  Wiener 
Weltausstellung   1873  zum  Ritter  der  Ehrenlegion  ernannt. 

Lenionnier,  Louise  Th'Tese  Antoinette,  RoguauIt-lJoueours,  begründete 
ihren  Ruf  als  ausgezeichnete  Sängerin  bereits  als  Mlle.  Regnault,  den  sie  un- 
geschmälert bis  zu  ihrem  Abgange  von  der  Bühne   1828  sich  erhielt.     Sie  war 


214  Lemonnior  —   Lesser. 

zu  Brest  um  24.  August  1789  geboren  und  trat  in  Rouen  16  Juhr  alt,  zum 
ersten  Mal  auf.  lÖUH  wuiJe  sie  nach  Paris  an  die  komische  Oper  berufen,  wo 
sie  zu  den  besten  Darstellerinnen  gerechnet  wurde.  Ihre  im  Uebrigen  ganz 
freundschaftliche  Rivalität  mit  der,  an  demselben  Theater  engagirteu  Mme.  Daret- 
Suiut-Aubin  ist  berühmt  geworden.  Boieldieu  schrieb  immer  für  sie,  Nicolo 
immer  für  die  andere  Sängeiün.  1817  oder  1818  verheiratete  sie  sich  mit  ihrem 
CoUegen  Lemonnier,  und  zog  sich  mit  diesem  1837  nach  Saint-8ever  zurück, 
wo  sie  am  5.  April  1866  starb.     Ihr  Gatte 

Lemonuier,  Louis  Augustin,  war  20  Jahre  beliebtes  Mitglied  der  komi- 
schen Oper,   verliess  das  Theater  1837  und  starb  in  8aint-Sevcr  am  4.  März  1875. 

Lemoyne,  Jean  Baptiste  (VI,  296),  das  erste  bekannte  "Werk  von  L. 
ist  eine  wcitläulige  Composition  in  oratorischer  Form,  aufgeführt  im  Concert 
spirituel  in  Paris  im  Jahre  1778,  dem  Jahre  der  Schlacht  von  Quessant,  welcher 
die  Composition  geweiht  ist:   »Ode  sur  le  combat  d'Qitessantv. 

Leo,  Leonardo  (VI,  299),  den  genannten  Werken  des  Componisten  sind 
noch  folgende  hinzuzufügen:  1)  »11  trionfo  di  Camillaa;  2)  y> Regina  di  Volscia 
(Rom,  1726);  3)  »1/  contea,  Neapel;  4)  »Midoroa,  id.  1740;  5)  y>la  Fedeltä  odiaiaa, 
id.  1744;  6)  Ezio. 

Leoni,  Jose  Maria  Martins,  portugiesischer  Theoretiker,  sclmeb;  y>Princi- 
pios  de  rimsica  theorica  et  pratica,  para  a  instruccao  da  mmica  de  portwjuezav. 
(Lissabon  1833,  in  4"  52  8.  8  S.  Beispiele).  Dem  ersten  Theil  des  Werkes  ist 
(vor  den  Beispielen)  eine  günstige  Beurtheiluug  des  berühmten  Componisten 
Frei  Jose  Marque  de  Silva  beigegeben. 

Leplns,   Gabriel  (VI,  304),  starb  im  März  1874  zu  Paris. 

Leprevost,  Etienne  Alexandre  (VI,  304),  starb  zu  Paris  am  19.  De- 
cember  1874.  L.  hat  gegen  100  Werke  geschaffen,  von  denen  die  Kirchenstücke 
geschätzt  sind.  Die  angeführte  einaktige  Oper  heisst:  «ie  Reveur  eveilUv.,  nicht 
»Dormeur  eveillev.. 

Leroy  oder  Leroi,  Guillaume  (VI,  304),  verliess  1530  Paris  und  die 
königliche  Kapelle,  und  übernahm  au  der  Maitrise  zu  Rouen  das  ihm  an- 
vertraute Direktorat. 

Lesbio,  Antonio  Marques,  portugiesischer  Componist,  ist  1639  geboren; 
er  war  hauptsächlich  fruchtbar  als  Componist  von  Vilhancicos,  deren  er  mehrere 
in  der  Zeit  von  1660 — 1708  veröffentlichte. 

Leschetitzky,  Th.,  ausgezeichneter  Pianist,  ist  1840  in  AVien  geboren, 
machte  sich  zuerst  in  Petersburg  rühmlich  bekannt,  und  ging  dann  1864  nach 
London,  wo  er  in  den  Concerten  der  »Union  musicale«  sehr  glänzend  aufge- 
nommen wurde.  Nach  Russland  zurückgekehrt,  erneuerte  und  befestigte  er  seinen 
Ruf  als  Virtuose,  und  exellirte  auch  vornehmlich  in  den  Kammermusiksoir-een 
in  Gemeinschaft  mit  Auer  und  DavidofF.  L.  ist  gegenwärtig  Professor  am  Con- 
servatoriura  in  Petersburg  und  hat  sich  auch  als  solcher  in  sehr  vortheilhafter 
Weise  bewährt.  Zu  seinen  hervorragenden  Schülern  gehört  auch  seine  Gattin 
Fi'au  Essipoff  L.  Ausser  einigen  Claviercompositionen  hat  er  auch  eine  ein- 
aktige Oper  geschrieben,  die   1867  in  Prag  zur  Aufführung  kam. 

Lesfaaris,  Jean,  musikalischer  Theoretiker,  geboren  zu  Saint -Esprit  in 
der  Nähe  von  Bayonne  im  October  1808,  studirte  Harmonie  bei  dem  gelehrten 
Professor  Ferroud  in  Bordeaux.  L.  publicirte  1852  ein  Schriftchen:  y>Origine 
de  la  gamme  modernem  (in  8^*,  chez  L.  Hachette);  ferner:  y>JPhysiologie  de  la  voix 
chantee  et  Auscultation  de  la  voix  au  point  de  vue  du  beauu  (in  12^,  Bordeaux, 
chez  Gounouilha);  y)Essais  d' Esthetique<.<.  (1858,  id.);  »Mements  de  VÄcoustique 
musicale,  reposant  sur  les  capacites  estethiques  de  l'ouie«. 

Lesser,  St  anislaus,  Baron  vou,  verfasste  ein  Handbuch  »Musikalische 
Gymnastik«  (Leipzig,  Veit  1877).  Der  Inhalt  derselben  bezieht  sich  auf  gym- 
nastische Uebungen,  für  die  praktische  Ausübung  der  Musik,  als  der  Finger, 
Hände,   Arme,    selbst   der   Füsse,    die    bei  der  Orgel  thätig  sind.     Für  die  an- 


Leaucur  —  Liudeman.  215 

empl'uhlüiiüu    Uobungcu     luit    L.    mehi'ero     sehr    eiuliiche    uiid    pniktiHclic    \'ox- 
riclituiigcu  erdacht. 

Lesiicar,  Jean  Franyois  (VI,  306).  Nach  dem  neuerdings  veröffentlichten 
Schril'tchen:  ^^La  Muniquc  d'Älbecille  J7S5  —  1S50;  Souvenire  d'un  musicieiiv 
(Alltcville,  Briez,  Piiilhirt  et  Retaux,  187G),  ist  L.,  wie  das  Taulregistcr  crgiebt, 
um  15.  Februar  176U  (nicht  15.  Januar  1705)  geboren.  Er  ist  in  dem  betreffen- 
den Document  Jean  Fx'anijois  Sueur  genannt.  1852  wurde  ihm  auf  einem  der 
öffentlichen  Plätze  in  Albeville  eine  Bronze-Statue  errichtet. 

Lcybach,  Ignaz  (VI,  313),  ist  zu  Gambsheim  (Niederrhein)  am  17.  Juli 
1817  geboren.  Er  erhielt  erst  in  Htrassburg,  später  in  Paris  bei  Pixis,  Kalk- 
brenner und  Chopin  Ciavierunterricht.  1844  erwarb  er  im  Concurse  die  Stelle 
des  Organisten  an  der  Metropolitankirche  zu  Toulouse.  Später  liess  er  sich  in 
Paris  nieder.  Seine  Ciavierwerke,  welche  die  Zahl  200  übersteigen,  sind 
grösstcntheils  für  den  Zweck  des  Unterrichts  geschrieben. 

L'Höte,  Leon  Albert,  Violinist  und  Componist,  zu  Paris  am  21.  Mai 
1828  geboren,  war  Schüler  des  Pariser  Couservatoriums,  und  durch  die  ersten 
Preise  daselbst  ausgezeichnet  worden.  Er  ist  Solo- Violinist  am  Theater-Italien, 
und  machte  sich  durch  verschiedene  ansprechende  Compositionen  bekannt.  Ge- 
druckt sind  nur  Ciavier-  und  Gesangsstücke,  Chorcompositionen,  ein  Trio  und 
»Coniidence«,  Romanze  für  die  Violine.  Er  schrieb  drei  Ouvertüren  für  grosses 
Orchester;  eine  Messe  für  Soli,  Chor  und  Orchester,  Trio,  Quartett  u.  a. 

Lhnillier,  Edmond,  französischer  Chansonnetten-Componist,  geboren  1820, 
veröffentlichte  gegen  300  Chansons,  zu  denen  er  die  Worte  und  die  Musik 
schrieb,  und  die  zum  Theil  recht  gelungen  sind.  Von  Operetten  ist  die  eine 
rtMonsieiir  et  Madame  Jearm  im  Ciavierauszug  (Paris  bei  Heugel)  erschienen. 

Lhuillier,  Th.,  Mitglied  der  Archeologischen  Gesellschaft,  und  der  Künste 
und  Wissenschaften  des  Saine- Departements,  gab  ein  durch  seine  authentischen 
Nachrichten  werth volles  Schriftchen  heraus:  y>Notes  sur  quelques  artistes  musieiens 
dann  la  Briea  (Meaux,  typ.  Carro,  1870,  in  8^.  24  pp.). 

Lianovosani,  Luigi,  Pseudonym,  unter  welchem  das  Repertoir  der  im 
Theater  Fenice  zu  Venedig  aufgeführten  Werke  in  aller  Vollständigkeit  gegeben 
wird.  »Za  Fenice  f/ra7i  teatro  di  Venezia,  serie  decjU  spetta  coli,  della  primavera 
11  (J2.  a  tutto  il  cornovale  1876»  (Mailand,  Ricordi,   1878  in  4°). 

Lickl,  Carl  Georg  (VI,  317),  starb  am  3.  August  1877  in  Wien. 

Lie,  Erika,  geboren  am  17.  Januar  1845  in  Kongsvinger  bei  Christiania 
(Norwegen),  war  bis  zu  ihrem  15.  Jahre  Schülerin  ihres  Vaters;  darauf  genoss 
sie  ein  Jahr  lang  den  Unterricht  des  berühmten  Liedercomponisten  Ilalfdan 
Kjerulf  und  ging  dann  nach  Berlin  1861,  wo  sie  bis  1866  Schülerin  von 
Th.  KuUak  war.  Sie  erwarb  auf  ihren  Concertreisen  in  England,  Schweden  und  in 
Deutschland  den   Ruf  einer  der  bedeutendsten   Pianistinnen  der  Gegenwart. 

Lillo,  Guiseppe  (VI,  327),  ist  am  26.  Februar  1814  geboren. 

Lima,  BrazFranzisco  de,  portugiesischer  Tonkünstler,  der  1760  mit  seinem 
Bruder  (s.  u.)  und  anderen  Musikern  auf  Kosten  der  Regierung  zur  Ausbildung 
nach  Italien  geschickt  wurde.  Nach  der  Rückkehr  ins  Vaterland  fand  er  An- 
stellung als   Musiklehrer  an  einem  Lehrerseminar. 

Lima,  Jeronymo  Franzisco  de,  Bruder  des  Vorigen,  aber  bedeutend 
talentvoller,  schrieb  aus  Italien  zurückgekehrt,  von  1772  bis  1789  fünf  Opern, 
welche  in  den  Hoftheatern,  im  Palais  Salvaterra,  Queluz  und  Ajuda  aufgeführt 
wurden  und  ihm  einen  Namen  machten.  J.  L.  war  vor  seiner  Reise  nach  Italien 
Schüler  des   Seminars  gewesen.     Er  starb   1822. 

Liniuander  de  Nieuweuboe,  Armand  Marie  (VI,  328),  ist  am  22.  Mai 
(nicht  März)   1814  geboren. 

Lindemau,  Ole  Anders,  norwegischer  Clavierspieler  und  talentvoller 
Componist,  wurde  1768  geboren.  Er  besuchte  in  Kopenhagen  die  Universität 
und  erhielt  von  Wernicke,  einem  Schüler  Kirnbergers,  gründlichen  Musikunter- 
richt,  im  Ciavierspiel-  und  dem  Contrapunkt.    Durch  Talent  und  eifrige  Studien 


216  Lingiardi  —  Literatur. 

erwarb  er  sich  bald  eine  bemerkenswerthe  Fertigkeit  als  Clavierspieler,  und  eine 
ausgezeichnete  Stellung  als  Lehrer  in  Kopenhagen.  Auf  einer  Reise  in  Nor- 
wegen bot  man  ihm  die  Stelle  des  Organisten  in  Drontheim  an,  die  er  annahm. 
Nach  länger  als  50  Jahren  endete  seine  Wirksamkeit,  die  vornehmlich  in  einer 
ausgebreiteten  Lehrthätigkeit  bestand,  in  dieser  Stadt.  Er  starb  gegen  1855. 
Von  seinem  nicht  gewöhnlichen  Talente  als  Componist  geben  die  Clavicrstücke, 
neun  an  der  Zahl,  Zeugniss,  welche  Farrenz  in  Paris  in  seiner  Sammlung 
»Tresor  des  pianistesa  veröffentlichte.  Nur  eines  derselben  war  bereits  im  Druck 
erschienen.  Sein  hervorragendes  Talent  nach  dieser  Seite  hin  zur  Entfaltung 
zu  bringen,  hinderte  ihn  die  Sorge  für  eine  zahlreiche  Familie.  Seine  zwölf 
Kinder  jedoch  bildete  er  selbst  zu  trefflichen  und  geschickten  Musikern. 

Lingiardi,  Giacomo  und  Luigi,  die  Söhne  von  Giov.  Bapt.  L.,  Orgel- 
bauer in  Pavia,  wurden,  ö.  am  16.  April  1811,  und  L.  am  2.  Juli  1814  ge- 
boren und  zu  Orgelbauern  vom  Vater  ausgebildet.  Die  Brüder  erbauten  ihre 
erste  Orgel  in  Pavia  in  der  Kirche  del  Carmine,  und  haben  seitdem  über  120 
Orgeln  in  Italien  und  auch  in   Frankreich  aufgerichtet. 

Liuley,  Greorg,  englischer  Romanzen-Coraponist,  geboren  gegen  1795,  hat 
sich  in  England  durch  die  Veröffentlichung  von  zahllosen  Romanzen,  Balladen 
und  Gesängen  populär  gemacht.  Auf  der  ganzen  Halbinsel  werden  diese  seit 
einem  halben  Jahrhundert  gesungen.  Eine  Oper  aus  seiner  Feder  »Die  Nürn- 
berger Puppe«,  wurde  1861  in  London  aufgeführt.  L.  starb  in  London  am 
10.  September  1865. 

LintermanS)  Frangois,  belgischer  Componist,  geboren  zu  Brüssel  am 
18.  August  1808,  erwarb  sich  die  Anerkennung  seiner  Landsleute  für  seine 
eifrigen  Bemühungen  um  die  Pflege  und  Hebung  des  Chorgesanges  in  Belgien. 
Er  schrieb  einige  religiöse  Musik-  und  Männergesangscompositionen. 

Lirenka,  (polnisch)  Diminutiv  von  Lyra,  wörtlich  übersetzt  das  »Leierchen«. 
Die  Lyra  der  slavischen  Völker  entspricht  ihrer  Form  nach  weder  der  Lyra 
der  Alten  noch  der  modernen  Leier.  Der  Resonanzkasten  der  slavischen  Lyra 
ist  dreieckig,  und  die  drei  Saiten,  mit  denen  er  bezogen  ist,  laufen  über  ein 
halbkreisförmiges  (rriffbrett.  Der  Resonanzkasten  hat  übrigens  keine  Schall- 
öffnungen. Diese  Lirenka  ist  in  Litthauen,  Gralizien,  Podolien  und  Volhynien 
sehr  verbreitet,  und  wird  als  Begleitungsinstrument  zum  Gesänge  verwendet. 
Ein  anderes  Begleitungsinstrument,  das  früher  sehr  häufig  angewendet  wurde, 
ist  dem  alten  Organistrum,  der  sogenannten  Bauernleier,  ähnlich.  Es  hat  die 
Gestalt  einer  Guitarre  und  ist  am  unteren  Ende  mit  einer  Kurbel  versehen, 
welche  ein,  mit  Colophonium  bestrichenes  Rädchen  in  Bewegung  setzt.  Während 
der  Spieler  diese  Kurbel  dreht,  drückt  er  die  betreffenden  Saiten  nieder,  so  dass 
sie  das  Rädchen  berühren  und  so  zum  Erklingen  gebracht  werden. 

LissajonS;  gelehrter  Akustiker,  in  Frankreich  geboren  gegen  1830,  jetzt 
Rektor  der  Academie  in  Besangen,  gehörte  zur  musikalischen  Jury  der  Welt- 
ausstellung in  Wien  1873.  Er  veröffentlichte  den,  für  das  Ministerium  be- 
stimmten Bericht:  »Rapport  sur  les  insfruments  de  musique.  Instruments  ä  vent 
et  autres  appareils  acoustiquesa  (Paris,  Imprimerie  nationale,  1875,  in  4^).  1863 
hielt  L.  in  der  Gesellschaft  musikalischer  Componisten  in  Paris  einen  Vortrag 
über  optische  Beobachtungen  der  Töne.  (Abgedruckt  in  den  Annalen  der  Ge- 
sellschaft.) Ehe  L.  nach  Besangon  berufen  wurde,  war  er  seit  der  Direction  von 
Amb.  Thomas  am  Conservatorium,  daselbst  als  Professor  der  Akustik,  angestellt. 

Literatur  (IV,  366).  1,2,3,4.  Ursprung,  Nutzen  und  Wirkung  der 
Musik.  H.  Berg:  »Die  Lust  an  der  Musik;  erklärt«  (Berlin,  Behr,  1879).  — 
»Studien  über  die  Tonkunst  zur  Fördei'ung  richtiger  Erkenntniss  ihres  hohen 
Zweckes  und  Benützung  ihrer  Macht«  (Wien,  Mayer  &  Co.,  1871).  —  L.  Raud- 
nitz:  »Die  Musik  als  Heilmittel«,  oder:  »Der  Einfluss  der  Musik  auf  Geist  und 
Körper  des  Menschen,  und  deren  Anwendung  in  verschiedenen  Krankheiten. 
Nebst  Anhang:  Diätetik  für  Sänger  und  solche  Musiker,  welche  Blasinstrumente 


LiterAtur.  217 

])»'handeln  u.  s.  w.«  (Prag,  1H40).   —  Chomet:   »E/frfs  et  inßuence  de  la  muttique 
siir  la  saufe  ei  sur  la   tnaladiru   (Paris,    1H71). 

5)  Allgcnaciuc  Geschichte  der  Musik.  J.  Hawkins:  nj  (jener al  hU- 
lorif  of  the  sciencc  and  praclice  of  music«  (London,  1B58).  Neue  Ausgabe  in 
2  Bänden  mit  Atlas.  —  Dasselbe  Werk:  »neiv  edition ,  with  the  aulhorn  post- 
/lumoiis  notesa  (London,  1876,  Novello)  2  Bilnde.  —  A.  de  La  Fage:  »Hisfoire 
(jf'nerale  de  la  musiquc  et  de  la  dansea.  Tora.  1  u.  II.  (Antiquitr).  (Paris,  1844) 
2  Bände,  nicht  mehr  erschienen,  mit  2  Atlas  in  fol.,  Musikstücke  und  andere 
Beilagen  enthaltend.  —  A.  Reissmann:  »Allgemeine  Geschichte  der  Musik«, 
'S  Bände  (Leipzig,  1863 — 64).  Mit  50  vollständigen  Tonstücken.  —  August 
Reissraann:  »lllustrirte  Geschichte  der  deutschen  Musik«  (Leipzig,  Fues's 
Verlag),  mit  144  Abbildungen  und  zahlreichen  Facsirailes.  —  Emil  Naumann: 
»lllustrirte  Musikgeschichte«  (Stuttgart,  W.  Speeraann,  1880).  Im  Erscheinen 
begriffen.  —  A.  W.Ambros:  »Geschichte  der  Musik«  (Leipzig,  Leuckart,  1862  bis 
1878).  Band  4:  »Fragment,  Geschichte  der  Musik  im  Zeitalter  der  Renaissance 
von  Palestrina  an«,  wurde  aus  dem  Nachlass  herausgegeben  mit  Vorwort  von 
Notlebohm  und  Nachwort  von  E.  Schelle.  —  F.  J.  Fetis:  nSistoire  generale  de 
la  musique,  depuia  les  temps  Ics  plus  anciens  jusqu^ä  nos  jotirs«,  5  vol.  (Paris, 
Firmin  Didot,  1869—76).  —  AV.  Chappell :  »The  history  of  yniisic  (art  and 
science),  Vol.  1.  »From  the  earliest  records  to  tlie  fall  of  the  Roman  onpirea 
(London,  Chappell  &  Co.,  1874).  Im  Erscheinen  begriffen.  —  A.  v.  Dommer: 
»Handbuch  der  Musikgeschichte  von  den  ersten  Anfängen  bis  zum  Tode  Beetho- 
vens in  gemcinlasslicher  Durstellung«,  2.  Auflage  (Leipzig,  Grunow,  1878).  — 
Heinrich  Adolf  Küstlin:  »Geschichte  der  Musik  im  Umriss  für  die  Geljildeten 
aller  Stände  dargestellt«  (Tübingen,  H.  Laupp,  1875).  —  Dr.  Jos.  Schlüter: 
»Allgemeine  Geschichte  der  Musik  in  übersichtlicher  Darstellung«  (Leipzig,  Engel- 
mann, 1863).  —  Alsleben:  »Abriss«  (Berlin,  Trautwein,  1862);  Reissmann: 
»Grundriss«  (München,  Bruckmann,  1865)  und  »Leichtfassliche  Geschichte  der 
Musik  in  12  Vorlesungen«  (Berlin,  Janke,  1877);  B.  Kothe:  »Abriss«,  2.  Aufl. 
(Leipzig,  Leuckart,  1877):  0.  Wangemann:  »Grundriss«  (Magdeburg,  Htinrichs- 
hofen,  1878);  W.  Laughans:  »Die  Musikgeschichte  in  12  Vorlesungen«  (Leipzig, 
Leuckart,  1878);  Robert  Musiol:  »Katechismus«  (Leipzig,  J.  J.  Weber,  1877). 
—  Carl  Czerny:  »Umriss  der  ganzen  Musikgeschichte.  Dargestellt  in  einem 
Verzeichniss  der  bedeutenderen  Tonkünstler  aller  Zeiten,  nach  ihren  Lebens- 
jahren und  mit  Angabe  ihrer  Werke  chronologisch  geordnet,  nach  den  Nationen 
und  Epochen  abgetheilt,  den  gleichzeitigen  historischen  Ereignissen  zur  Seite 
gestellt,  und  mit  einem  alphabetischen  Namensregister  versehen,  815.  Werk, 
I.  Abtheilung  bis  1800«  (Mainz,  B.  Schotts  Söhne,  1851),  92  schön  gedruckte 
Seiten  in  qu.  gr.  4''.  —  Dr.  K.  E.  Schneider:  »Zur  Periodisirung  der  Musik- 
geschichte. Ein  Vorschlag«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1863)  —  F.  J.  Fröh- 
lich: »Beiträge  zur  Geschichte  der  Musik  der  älteren  und  neueren  Zeit,  auf 
musikalische  Documente  gegründet«,  1.  Band  (Text),  2.  Band  (Documente,  d.  h. 
Musikstücke,  autographirt)  (Würzburg,  Stahel,  1868,  1874.  In  hoch  4'').  Nach 
des  Verfassers  Tode  herausgegeben  von  Prof.  Weigand.  —  Lor.  Kraussold: 
»Die  Musik  in  ihrer  kulturhistorischen  Entwickelung  und  Bedeutung  von  den 
ältesten  Zeiten  bis  auf  R.  Wagner«.  Drei  Vorträge  (Bayreuth,  Grau,  1876). 
Mit  4  lithographischen  Beilagen.  —  Jean  Andries:  r>Frecis  de  Vhistoire  de  la 
musique,  depuis  les  temps  les  plus  recules,  suivi  de  notices  sur  un  grand  nomhre 
d'ecrivains  didactiques  et  theoriciens  de  l'art  ynusieah  (Gand,  Busscher,  1862). 
Mit  Porträt  Rolands  de  Lattre.  —  Abr.  Mankell:  r>Musikens  historia,  i  korta 
bcrättelser  lättfattligt  framställd<i  (Oerebro,  1861).  In  3  Abtheilungen.  —  Kaz. 
Lada:  »Historja  muzykW  (Warszawa,   1861). 

6)  Musik  der  Aegypter,  Hebräer,  Japanesen,  Araber.  Carl  Engel: 
y>The  ?nusic  of  the  most  ancient  nations,  particularh/  of  the  As.s-i/rians,  Egi/ptians 
and  Hehrewsf)  (London,  Murray,  1864).  —  Ijauth:  »Ueber  altägyptische  Musik« 
(München,    1873).      Mit    Tafeln.   —    Em.  David:    r>La    musique   chez   les   Juifs: 


218  Literatur. 

essai  de  critique  et  d'histoire«  (Paris,  Pottier  de  La-Laine,  1873).  —  Alexandre 
Kraus  fils:  »La  miidque  au  Japona  (Ploreuce  1878).  Mit  9  Tafeln  Photo- 
graphien japaneaischer  Musikinstrumente  im  Museum  Kraus  in  FlorensJ.  — 
R.  Gr.  Kiesewetter:  »Die  Musik  der  Araber,  nach  Originalquellen  dargestellt« 
(Leipzig,  1842).  Mit  Abbildungen  und  Notenbeilagen.  —  Eli  Smith:  rtA  Treatise 
on  Ärab  music,  chiefly  from  a  loorh  l>y  Mikhäil  Meshäkah,  of  Damascua.  Transl. 
front  the  Arabien  (Boston,  1847).  Mit  Tafeln  (aus  Vol.  I  der  »American  Orien- 
tal  society«).  —  Daniel  Salvador:  v>La  musique  arabe,  ses  rapports  avec  la  musique 
grecque  et  le  chant  Grtyorienv.  (Alger,  Bastide,  1863).  Der  Verfasser  war  Direk- 
tor des  Pariser  Conservatoriums  während  der  Commune  und  wurde  erschossen. 
Alex,  Christianowitsch:  »Unquisae  historique  de  la  munique  arabe  aux  tempa  anciens, 
avec  dessins  d'instrumeiits  et  40  mcLodies  notees  et  harmonisees«  (Köln,  Du  Mont- 
Schauberg,  1863,  fol.) 

7)  Musik  der  Griechen  und  Römer.  Rud.  Westphal:  »Grcschichte  der 
alten  und  mittelalterlichen  Musik«,  1.  u.  3.  Abtheilung  (2.  nicht  erschienen) 
(Breslau,  Leuckart,  1865,  66).  Die  3.  Abtheilung  ist  betitelt:  »Plutarch 
über  die  Musik,  Griechisch  und  deutsch  von  R,  W,«  —  F.  A,  Gevaert: 
yiSistoire  et  theorie  de  la  musique  de  V antiqioitea ,  2  vol,  (Gand,  1875,  78),  — - 
H.  Wichmann:  Ueber  Gevaert's  »Musique  de  V antiquitev.  (Berlin,  Mitscher  und 
Röstell,  1876).  —  F.  Bellermann:  »Die  Hymnen  des  Dionysius  und  Mesomedes, 
Text  und  Melodie  u.  s.  w.«  (Berlin,  1840).  Mit  4.  Tafeln.  —  C.  Fortlage: 
»Das  musikalische  System  der  Griechen  in  seiner  Urgestalt.  Aus  den  Ton- 
leitern des  Alypius  zum  ersten  Male  entwickelt«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel, 
1847).  Mit  2  Tabellen  in  fol.  —  P.  Marquard:  »Des  Aristoxenus  harmonische 
Fragmente,  Griechisch  und  deutsch  u.  s.  w.«  (Berlin,  1868).  —  Dr.  J.  Papasta- 
matopulus:    »Studien   zur   alten    griechischen    Musik«    (Bonn,   Lempertz,    1878). 

—  0.  Paul:  »Die  absolute  Harmonik  der  Griechen.  Eine  Abhandlung«  (Leipzig, 
Dörffel,  1867).  Mit  5  Tabellen  in  gr.  4.  —  C.  Lang:  »Altgriechische  Har- 
monik« (Heidelberg,  1872).  —  Appellationsgerichtsrath  Frhr,  Albert  v,  Thimus 
(t  1878  in  Cöln):  »Die  harmonikale  Symbolik  des  Alterthums«,  2  Bände  (Cöln, 
Du  Mont-Schauberg,  1868,  76).  Mit  Beilagen.  —  Trinkler:  »Die  Lehren  von 
der  Harmonik  und  Melopöie  der  griechischen  Musik«  (Posen,  1842).  Mit  1  Taf. 
Rud.  Westphal:  »Harmonik  und  Melopöie  der  Griechen«  (Leipzig,  1863).  — 
Derselbe:  »System  der  antiken  Rhythmik«  (Breslau,  1865).  —  Prof.  Friedrich 
Heimsoeth  (f  1877  in  Bonn):  »Die  Wahrheit  über  den  Rhythmus  in  den  Ge- 
sängen der  alten  Griechen.  Nach  einem  Anhange  über  die  Aufführung  der 
griechischen  Gesänge«  (Bonn,  1846)  —  A.  Rossbach  und  R.  Westphal:  »Metrik 
der  Griechen  im  Vereine  mit  den  übrigen  musischen  Künsten«.  2  Bände,  2.  Aufl. 
(Leipzig,  Teubner,  1867  [1.  Band]).  Das  Werk  erschien  zuerst  in  3  Bänden 
1854 — 56.  —  Dr.  J.  H.  Heinr.  Schmidt:  »Die  Eurhythmie  in  den  Chorgesängen 
der  Griechen.«  Allgemeine  Gesetze  zur  Fortführung  und  Berichtigung  der  Ross- 
bach-Westphal' sehen  Annahmen  (Leipzig,  Vogel,  1868).  —  Derselbe:  »Leitfaden 
in  der  Rhythmik  und  Metrik  der  classischen  Sprachen«   (Leipzig,   1869.) 

8)  Musik  im  Mittelalter.  Die  Fortsetzung  von  des  Abt  Gerbert: 
»Scriptores  ecclesiastici  de  musica  sacra  potissimumv.  (3  tom.,  1784),  bildet  des 
gleichverdienstlichen  Forschers  E.  de  Coussemaker  Hauptwerk:  »Scriptorutn 
de  musica  medii  aevi  novam  seriem  a  Gerbertina  alter  am  collegit  nuncque 
primum   edidit   JE.  de  Cm,  4tora.    (Paris,  Durand  &  Pedone-Lauriel,    1863 — 77). 

—  Hieran  reihen  sich  desselben  Verfassers:  »Histoire  de  Vharmonie  au  moyen- 
dge«.  (Paris,  1852)  mit  38  Tafeln  Facsimile's  und  Notenbeilagen;  »L'art  har- 
monique  aux  XIF.  et  XIIP.  siecles«  (Paris,  1865),  mit  1  Tafel  und  228  Seiten 
Noten;  »Les  harmonistes  du  XIV^  sieclea  (Lille,  1869).  Letzteres  Werk  ist  nur 
die  Vorrede  des  unvollendeten:  »L^ Harmonie  au  XIV'^  siecle«.  Ferner  nMesse 
du  XIII^  siecle,  traduite  en  notation  moderne  et  precedee  d''une  introduclionv. 
(Paris,  1861),  und  »Drames  liturgiques  du  moyen-ägea  (Paris,  1861),  in  Text 
und  Musik  mit  moderner  Uebertragung  der  letzteren,  beide  Werke  mit  Facsim. 


Literatur.  219 

—  Mone:  »Lateinibclic  und  griechische  Messen  aus  dem  2 — 6.  Jahrhundert« 
(Frankfurt,  l^l50).  —  P.  Ans.  Schuljigor:  »Die  SäugerHcliulo  St.  (lallcns  vom 
H — 12.  Jahrhundert.  Ein  Beitrag  zur  Gcbanggeschiclitc  des  Mittehilters«  (Ein- 
siedeln, Grebr.  Benziger,  1858).  Mit  8  Facsimile's  und  Beispielen.  —  P.  Louis 
Lambillütte:  »Antiphonaire  de  St.  Grcgoire,  fac-simile  du  manuscrit  de  St.  Gall. 
Gopie  authentl(iue  de  l'autotjrap/ie,  ccrite  vers  l'an  llfO.  Avec  une  notice  kisto- 
rique,  d^unc  dissertatioii  doimant  la  clef  du  chant  Gregorien  dan.s  les  antiques 
notations  etc.(n  Av.  150  pl.  (Bruxelles,  1872).  —  Dr.  Karl  Lind:  »Ein  Antipho- 
nariura  mit  Bilderschmuck  aus  der  Zeit  des  11.  und  12.  Jahrhunderts  im  Stifte 
St.  Peter  zu  Salzburg  befindlich,  beschrieben  und  herausgegebeu«  (Wien,  Cirone- 
meyer,  1870).  Mit  -15  Tafeln.  —  Prof.  Karl  Bartsch:  »Die  lateinischen  Sequen- 
zen des  Mittelalters  in  musikalischer  und  rhythmischer  Beziehung«  (Rostock, 
Stiller,  1868).  —  Kehroin:  »Lateinische  Sequenzen  des  Mittelalters«  (Mainz, 
1873).  —  Y.  V.  Arnold:  »Die  alten  Kirchenmodi  historisch  und  akustisch  ent- 
wickelt« (Leipzig,  Kahnt,  1878).  —  A.  Bottee  de  Toulmon:  »Inalrurneuts  de 
muaique  au  moyen  ägei  (Paris,  Crapelet,  1838).  —  E.  de  Coussemaker:  »Essai 
sur  les  Instr.  de  mus.  au  moye)i-dgc<s.  (Annales  archeologiques  t.  3,  4,  6,  7,  8,  9,  16; 
Paris),  —  fl.  Lavoix  fils:  y>La  musique  dans  Vi/magerie  du  moyen-dge«  (Paris, 
Püttier  de  Lalaiuo,   1875).     Mit  4   Tafeln  Abbildungen  aus  alten  Msc. 

9)  Geschichte  der  neueren  Musik.  R.  G.  Kiesewetter:  »Geschichte 
der  europäisch-abendländischen  oder  unsrer  heutigen  Musik.  Darstellung  ihres 
Ursprunges,  ihres  Wachsthumcs  und  ihrer  stufenweisen  Entwickelung;  von 
dem  ersten  Jahrhundert  des  Christenthums  bis  auf  unsre  Zeit«,  2.  Auflage 
(Leipzig,  1846).  —  F.  Marcillac:  nHistoiro  de  la  musique  moderne  etc.a  (Paris, 
1876).  Älit  22  Tafeln.  —  John  Hulbili:  »The  history  of  modern  musica.  2*^- ed. 
(London,  Longmans,  1876).  —  Derselbe:  »Third  or  transition  period  of  musical 
kistory.'i.  2**  ed.  (Daselbst,  1876).  —  Gymn.-Prof.  J.  M.  Fischer:  »Musikalische 
EiUndschau   über   die    letzten    drei    Jahrhunderte«   (Leipzig,    Veit  &  Co.,   1859). 

—  Robert  Schaab:  »Zwei  Tafeln  der  deutschen,  englischen,  französischen  und 
italienischen  Musikgeschichte«  (Leipzig,  Violet,  1878).  —  R.  Eitner:  »Biblio- 
graphie der  Musik-Sammelwerke  des  16.  und  17.  Jahrhunderts.  Im  Verein 
mit  Haberl,  Lagerberg  und  Pohl  bearbeitet  und  herausgegeben«  (Berlin,  Liepmans- 
sohn,  1877).  —  Cyriacus  Spangenberg,  1598:  »Von  der  Musica  und  den  Meister- 
säugern«, herausgegeben  von  Keller  (»Bibl.  des  lit.  Vereins  in  Stuttgart«,  Cotta, 
1861).  —  Beruh.  Loos:  »lieber  den  Einfluss  der  Renaissance  auf  die  Entwicklung 
der  Musik«  (Basel,  Bahnraaier,  1876).  —  F.  Gleich:  »Charakterbilder  aus  der 
neueren   Geschichte  der  Tonkunst«.     2  Bändchen   (Leipzig,  Merseburger,   1863). 

—  A.  W.  Ambros:  »Culturhistorische  Bilder  aus  dem  Musikleben  der  Gegen- 
wart« (Leipzig,  Matthes,  1860).  —  Ludw.  v.  Gantiug:  »Die  Grundzüge  der 
musikalischen  Richtungen  in  ihrer  geschichtlichen  Entwicklung  dargestellt« 
(Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1876).  —  G.  Döring:  »Zur  Geschichte  der  Musik 
in  Pi'eussen.  Ein  historisch-kritischer  Versuch«.  3  Lieferungen.  (Elbing,  Neu- 
mann-Hartmann, 1852 — 55).  —  W  Lynker:  »Geschichte  des  Theaters  und  der 
Musik  in  Kassel«.    Herausgegeben  von  Dr.  Th.  Köhler  (Kassel,  Krieger,  1865). 

—  D.  Mcttenleiter:  »Aus  der  musikalischen  Vergangenheit  bayrischer  Städte. 
Musikgeschichte  der  Stadt  Regensburg.  Aus  Archivalien  und  sonstigen  Quellen 
bearbeitet«  (Regensburg,  Bössenecker,  1866).  »Musikgeschichte  der  Oberpfalz. 
Aus  Archivalien  und  anderen  Quellen  zusammengestellt,  2.  Band  der  Musik- 
geschichte Bayerns«  (Araberg,  Pohl,  1867).  —  Derselbe:  nOrlando  di  Lasso. 
Registratur  iür  die  Geschichte  der  Musik  in  Bayern,  in  zwanglosen  Heften 
herausgegeben  von  D.  M.«  1.  Heft  (Brixen,  theol.  Verl. -Anstalt,  1868).  — 
M.  Fürstenau:  »Beiträge  zur  Geschichte  der  königl.  sächsischen  musikalischen 
Kap«'lle.  Grossentheils  aus  archivalischen  Quellen«  (Dresden,  Meser,  1849).  — 
»Zur  Geschichte  der  Musik  und  dos  Theaters  am  Hofe  zu  Dresden.  Nach 
archivalischen  Quellen«,   2  Bände  (Dresden,  Kuntze,  1861 — 62.    Mit  2  Beilagen). 

—  Heinr.  Manustein:   »Denkwürdigkeiten  der  churfiirstl.  und  königl.  Hofmusik 


220  Literatur. 

zu  Dresden  im  18.  uud  19.  Jahrhundert.  Nach  geheimen  Papieren  und  Mit- 
theilungen« (Leipzig,  Matthi's,  1863).  —  Dr.  Emil  Kneschkc:  »Zur  Geschichte 
des  Theaters  und  der  Musik  in  Leipzig«  (Leipzig,  F.  Fleischer,  1864).  -—  Hof- 
kapellmeister, Mil.-Mus.-Dir.  Georg  Sebastian  Thomas:  »Die  grossherzogl.  Hof- 
kapelle, deren  Personalbestand  und  Wirken  unter  Ludwig  I.,  Grossherzog  von 
Hessen  und  bei  Rhein.  Als  ein  Beitrag  zu  seiner  Lebensgeschichte  und  zur 
Geschichte  der  Kunsteutwicklung  Darmstadts«,  2.  Aufl.  (Darmstadt,  Jonghaus, 
1859).  Mit  Portr.  Ludwig  I.  —  Georg  Huemer:  »Die  Pflege  der  Musik  im 
Stifte  Kremsraünster.  Culturhistorischer  Beitrag  zur  elften  Säcularfeier«  (Wels, 
Haas,  1877).  —  Christian  Ritter  d'Elvort:  »Geschichte  der  Musik  in  Mähren 
und  Oestereichisch-Schlesien«  (Brunn,  C.  AViniker,  1873),  —  J.  Stettner:  «Ueber 
das  nationale  Element  in  der  (ungarischen)  Musik«,  ungarisch  (Oberschiitzcn, 
1872).  —  F.  Liszt:  »Die  Zigeuner  und  ihre  Musik  in  Ungarn«.  Deutsch  be- 
arbeitet von  P.  Cornelius  (Pest,  Heckenast,  1861).  —  J.  F.  Lobstein:  »Beiträge 
zur  Geschichte  der  Musik  im  Elsass  und  besonders  in  Strassburg  von  der  ältesten 
bis  auf  die  neueste  Zeit«  (Strassburg,  1840).  Mit  3  Lithogr.  —  Conr.  Berg: 
nÄpergii  hisforique  sur  Vetat  de  la  musique  ä  Strasshourg ,  pendant  les  cinquante 
dernieres  anneesa  (Strassbourg,  1840).  — W.  Bornemann  sen. :  »Die  Zelter'sche 
Liedertafel  in  Berlin,  ihre  Entstehung,  Stiftung  und  Fortgang,  nebst  einer  Aus- 
wahl  von    Liedertafelgesängen    und   Liedern«    (Berlin,   v.   Decker,    1851,    12"). 

—  J.  Th.  Mosewius:  »Die  Breslauische  Singacademie  in  den  ersten  25  Jahren 
ihres  Bestehens«  (Breslau,  Hainauer,  1850).  —  J.  Schaeff'er:  »Die  Breslauer 
Singacademie.  Ihre  Stiftung,  weitere  Entwickelung  und  Thätigkeit  in  den  ersten 
50  Jahren  ihres  Bestehens«  (Breslau,  Leuckart,  1875).  —  Th.  Schneider:  »Zur 
Geschichte  der  Gurrende  und  des  Singechors  zu  Dessau.  Bei  Gelegenheit  der 
50jährig.  Stiftungsfeier  der  Reorganisation  des  Singechors  herausgegeben«  (Dessau, 
Aue,  1859).  —  »Der  Dresdner  Männergesangverein  Orpheus  nach  seinem  30jährigen 
Bestehen«  (Dresden,  1864).  —  »Der  Tonkünstlerverein  zu  Dresden  1854 — 79. 
Festschrift  zur  25jährigen  Jubelfeier  im  April  1879«  (Dresden,  Hoflfarth,   1879). 

—  W.  Weiss:  «Der  Hermannstädter  Musikverein.  Eine  Skizze  seiner  Geschichte« 
(Hermannstadt,  Michaelis,  1877).  —  Eisen  und  Krähe:  »Der  Cölner  Männer- 
gesangverein unter  der  Leitung  des  königl.  Mus. -Dir.  Herrn  Franz  Weber  etc.« 
2  Bände  (Cöln,  1854 — 67).  —  F.  Weber:  »Der  Cölner  Männergesangverein« 
(Cöln,  1852).  —  »Der  Musikverein  Euterpe  zu  Leipzig  1824 — 74.  Ein  Gedenk- 
blatt u,  s.  w.«  (Leipzig,  Kahnt,  1874).  —  »Chronik  des  academischen  Gesang- 
vereins Arion.  Festschrift  zum  25jälmgen  Jubiläum«  (Leipzig,  1874).  —  »Der 
Kirchengesangverein  in  Magdeburg.  Festgabe  bei  Gelegenheit  seines  25jährigen 
Jubiläums»  (Magdeburg,  1871).  —  A.  W.  Ambros:  »Das  Conservatorium  in 
Prag.  Eine  Denkschrift  bei  Gelegenheit  der  50jährigen  Jubelfeier  der  Gründung. 
Herausgegeben  vom  Verein  zur  Beförderung  der  Tonkunst  in  Böhmen«  (Prag, 
Reichenecker,  1858).  —  C.  F.  Pohl:  »Denkschrift  aus  Anlass  des  100jährigen 
Bestehens   der   Tonkünstler-Societät  (»Haydn«)«    (Wien,  Gerold's  Sohn,  1861). 

—  George  Becker:  y>La  tnusique  en  Suisse  depuis  les  temps  les  plus  recuUs  jusqü' 
ä  la  fin  du  IS*^  siede.  Notices  histor.  hiograph.  et  bibliographiquesK  (Geneve, 
Richard,  1874).  —  Derselbe:  »Kulturhistorische  Skizzen  aus  der  romanischen 
Schweiz«  (Schweizerisches  Sängerblatt,  Zürich,  1878,  Nr.  12  und  13;  Monats- 
hefte für  Musikgeschichte,  Berlin,  1878,  Nr.  10).  —  Götzinger:  Die  Singgesell- 
schaft zum  Antlitz  in  St.  Gallen«  (St.  Gallen,  1870).  —  Ch.  Poisot:  ^yHistoire 
de  la  musique  en  Francea  (Paris,  Dentu,  1860).  —  St.  Morelot:  »De  la  musique 
en  XV"^  siecle.  Notices  sur  un  manuscrit  de  la  bibliotheque  de  Dijona  (Paris, 
1856).  —  Er.  Thoinan:  »Les  origines  de  la  ehapelle-musique  des  souverains  de 
Franceai  (Paris,  Claudin,  1864).  —  Eusebe  Lucas:  -»Les  concerts  classiques  en 
Franceii  (Paris,  Sandoz  &  Fischbacher,  1876).  Mit  einem  Titelkupfer  von  Felix 
Lucas.  —  Lassabathie:  »Histoire  du  conservatoire  imperial  de  musique  et  de 
declamationu  (Paris,  1860).  —  A.  Elwart:  »Ristoire  de  la  societe  des  concerts  du 
conservatoire  imperial  de  musique»  (Paris,  1860).  Mit  Porträts  u.  s.  w.  —  Derselbe: 


Literatur,  221 

nllistoire  des  concerts  po/mlaires  de  mnsique  cla8sique<i,  2.  ed.  (Paris,  18G4).  — 
A.  Kunc:  n Reche rcht's  /lisforüjites  sur  Vart  mudcuJ  rcligieux  dans  la  province 
eccUsiantique  d'Auchv.  (Auch,  186:5),  —  Ch.  Poisot:  r>Les  mudcitius  Bounjuijnons 
efcM  (Dijou,  1854).  —  L'huillier:  »Nofe  sur  quelques  artistes  musiciens  dans  La 
Briea  (Meaux,  1870).  -  Julos  Carlez:  y>La  musique  ä  Caen  de  1006  ä  J84S<t 
(Caen,  1876).  Vorläufer  dieses  Werkes  waren  diejenigen  von  Jolin  Spencer  Smith 
(aMemoire  etCM,  1828)  und  MUe.  Erania  Chuppin  (»i'c'  i  etat  de  La  musique  en 
Norviandievt,  1837).  —  Li'-on  Nutly:  nBio(/raphie.s  artistiques,  ou  notes  et  documents 
pour  servir  ä  Thistoire  musicale  de  Douain  (Extr,  des  Memoires  de  la  Societe  im- 
periale d'  agriculture  etc.  de  Douai,  1863).  —  F.  G.  Hainl:  »De  la  musique  a 
Lyon,  depuis  11 13  jiisqu'en  1S5'2«  (Lyon,  1852).  —  Edmond  Vander  Straeten: 
nLa  mu.siquc  aux  Fays-Bas  acant  le  XIX'  siede.  Documents  inedits  et  annotes  etc.<i, 
4  tom.  (Bruxelles,  van  Trigt,  1867,  72,  75,  78).  Mit  vielen  Tafeln  u.s.w.  Haupt- 
werk dieses  grossen  Musikgeschichtsforschers  seines  Vaterlandes.  —  Derselbe: 
»Les  menestrels  aux  Pays-Bas  du  XIIP  au  XVIII"  siede.  Leurs  gildes  etc., 
d'apres  des  documents  inedits«  (Bruxelles,  Mahillon,  1878).  Mit  Tafel,  Vignetten 
und  einem  Anhang.  —  Edouard  (t.  J,  Gregoir:  «Essai  histoirique  sur  la  musique 
et  les  musiciens  dans  les  Pays-Bas«  (Bruxelles,  1861).  —  Ed.  Fetis  fils:  «Les 
musiciens  beiges«  (Bruxelles,  1848),  sowie:  »ies  artistes  beiges  ä  Vetranger«  (Bru- 
xelles, 1857 — 65),  in  je  zwei  Bänden.  —  Ed.  G.  J.  Gregoir's  AVerke  über  nieder- 
ländische Musikgeschichte  sind  ferner:  «Galerie  biographique  des  artistes  musiciens 
beiges  du  18.  et  du  19.  siede«  (Anvers,  De  la  Montagne,  1864).  y>Biographie 
des  artistes  musiciens  neerlandais  des  18.  et  10.  siecles  et  des  artistes  ttrangers 
residant  ou  ayant  reside  en  Neerlande  ä  la  meme  epoque«  (Ebendaselbst,  1864). 
■oSchetsen  van  Nederlandsche  Toonkunstenaars,  meest  allen  zveinig  of  tot  liierte  niet 
gehend«  (Antwerpen,  1869).  y^Liiterature  musicale.  Documents  historiques  relatifs 
ä  Vart  musical  et  aux  artistes  musiciens«,  4  vol.  (Bruxelles,  1872 — 76).  y>Pantheon 
musical  populaire«  (Anvers,  1876 ff.,  eine  Reihe  Bände,  theils  theoretischen,  theils 
historischen  Inhalts).  yBibliotheque  musicale  populaire«  (Bruxelles.  desgl.).  «Mistoire 
de  Vorgue,  suivie  de  la  biograpJiie  des  facteurs  d'orgues  et  organistes  Neerlandais 
et  Beigesa  (Bruxelles  &  Anvers,  1865).  y>Becherches  historiques  concernant  les 
journaux  de  musique  depuis  les  temps  les  plus  recules  jusqu'  ä  nos  jours«  (Anvers, 
1872),  —  X.  van  Elewyck:  »Alte  flamändische  Klavecinistcn«  (Brüssel,  Schott, 
1878).  2  Bände. —  Ed.  Jacops:  T)Nomenclature  des  societes  musicales  de  la  Belgique, 
suivie  d^une  notice  chronologique  sur  Vassociation  royale  de  societes  lyriques  d' Anvers« 
(Anvers,  1853).  —  Aug.  Thijs:  n Historique  des  societes  chorales  de  Belgique« 
(Gand,  de  Busscher,  1855  [und  fernere  Aufl.]).  —  Ed.  G.  J.  Gregoir:  y^Notiee 
historique  sur  les  societes  et  ecoles  de  musique  d' Anvers  depuis  les  temps  les  p)lus 
recules  jusqu'  ä  nos  jours,  suivi  de  notices  biographiques  d'' artistes-musiciens  Anversois« 
(Bruxelles,  1869).  —  Edm.  Vander  Straeten:  r>Recherches  sur  la  musique  ä 
Audenarde,  avanf  le  XIX.  siede«   (Anvers,  Buschmann,   1856).    Mit  einer  Tafel. 

—  Derselbe:   r>Notice  sur  les  carillons  d' Audenarde«  (Gand,  de  Busscher,   1855). 

—  Derselbe:  »Maitres  de  chant  et  organistes  de  St.  Donatien  et  de  Sauveur  ä 
Bruges.  Documents  recueilUs  par  D.  Vande  Casteele«  (Bruges,  Vande  Casteele- 
"Werbrouck,   1870).  —  Dr.   Jan  Bieter  Heije  f  1876:  nBouwsteenen,  Jaarboek  der 

Vereeniging  voor  Nederlandsche  Muziekgeschiedenis«  (Amsterdam,  seit  1869).  Ver- 
bunden mit:  -nUitgave  van  oudere  Noord-nederlandsche  Meestertverken«.  Die  Edi- 
tionen betreffen  besonders  Sweelinck's  »Regina  Coeli«  Orgelstücke,  Chansons  und 
Psalmen,  ferner  die  altniederländischen  Lieder  aus  des  Adrianus  Valorius  Samm- 
lung »Gedenck-Clank«  (1626),  Geusscn-Lieder  von  1588  u.  f.,  Madrigale  von 
Cornelis  Schuyt  (1600).  Auch  historische,  seltene  Bildnisse  werden  hier  ver- 
ewigt; die  6.  Edition  der  acht  6stimmigen  Psalmen  von  Jan  Pieters  Sweelinck 
(1613 — 19)  mit  Biographie  von  Tiedeman  (Amsterdam,  Louis  Roothaan,  1876) 
bringt  des  berühmteu  Meisters  Portrait  nach  dem  neuerdings  in  Darmstadt 
aufgefundenen  Orijjinal.  Hierbei  wäre  zu  erwähnen,  dass  auch  Vander  Straeten 
in  seiner  IMusikgeschichte  alte  Meister  in  ihren  Bildnissen  vorführt,  z.B.  Josquin, 


222  Literatur. 

"Willaert,  Defesch,  Jean  Taisnier  u.  A.  Die  meisten  Portraits  enthält  Reiss- 
mann's  Illustrirte  Geschichte  der  deutschen  Musik. 

W.  W.  Cazalet:   nThe  history  of  de  royal  academy  of  munica  (London,  1854). 

—  W.  Husk:  y>An  account  of  the  musical  celehrations  on  St.  Cecilia's  day  in  tlie 
16..,  17.  and  18.  centuries.  To  tohich  is  appended  a  collection  of  ödes  on  St.  Cecilia's 
day«  (London,  1857).  —  Roger  North  (f  1734):  »Memoirs  of  Musica,  mit  dessen 
Portrait  herausgegeben  von  Rimbault  (London,  George  Bell,  1846).  Vergl.  den 
Art.  »Roger  North«  im  Lexikon.  —  Ueber  Italien  stehen  voran  die  Arbeiten 
des  Gelehrten  und  Musikforschers  G.  Gaspari:  »La  musica  in  Bologna«  (Milano, 
1858).  Mit  2  Tafeln.  Ferner:  »Memorie  etc.«  in  den  y>Atti  e  Memorie  della 
R.  Deputazione  di  storia  patria  per  le  provincie  di  liomarjna«  (Bologna,  1875). 
Ueber  Musik  in  Bologna  im  16.  Jahrhundert.  —  (G.  Gaspari):  y>Cenni  istorici, 
sul  Liceo  musicale  di  Bologna  etc.«  (Bologna,  1844).  —  L.  F.  Casamorata: 
■DÖrigini-Storia-Ordinamento  del  R.  Istituto  Musicale  ßorentino«  (Firenze,   1873). 

—  nCenni  storici  intorno   alla  Societä   del  quartetto  di  Firenze«  (Firenze,   1870). 

—  D.  Cerü:  »Cenni  storici  delV  insegnamento  della  musica  in  Lucca,  e  dei  piit 
notabili  maestri  compositori  che  vihanno  ßorito«  (Lucca,  1871).  — Melzi:  y>Genni 
storici  sul  Conservatorio  di  musica  di  Milano«  (Milano,  Ricordi,  1873).  —  March. 
di  Villarosa:  nMemorie  dei  compositori  di  musica  del  Regno  di  Napoli«  (Napoli, 
1840).  —  F.  Florimo:  »Cenni  storici  sul  Gollegio  di  musica  di  S.  Pietro  a  Majella« 
(Napoli,  1873).  —  Michele  Ruta:  y>Storia  critica  della  condizione  della  musica  in 
Italia,  e  del  conservatorio  di  8.  Pietro  a  Majella  di  Napoli«  (Napoli,  tip.  De 
Angelis,  1877).  —  T.  Zacco:  y>Cenni  hiograßci  di  illustri  scrittori  e  compositori 
di  musica  Padovani«  (Padova,  1850 — 51).  2  Hefte.  —  P.  Alfieri:  vBrevi  notizie 
storiche  sulla  Congregazione  ed  Äccademia  di  S.  Cecilia  in  Roma«  (Roma,   1845). 

—  van  Elewyck:  »Z>e  retat  actuel  de  la  musique  en  Italic.  Rapport  officiel  adr. 
ä  M.  le  Ministre  de  V Interieur  du  royaume  de  Belgique«  (Bruxelles,  1875).  — 
M.  Soriano-Fuertes:  y>Musica  Araba-JEspahola«  (Barcelona,  1853)  vind  y>JIistoria 
de  la  Musica  espanola  etc.«,  4  Bände  (Madrid  &  Barcelona,  1855 — 59).  — 
F.  A.  Gevaert:  »Die  Musik  in  Spanien«;  übersetzt  von  W.  Langhans  (N.  Berl. 
Musikztg.,  1878,  Nr.  13 — 16).  —  Prince  Youssoupoflf:  r>IListoire  de  la  musique 
en  Russie.  P^^-  partie:  Musique  saeree«  (Paris,   1862). 

10)  Kirchenmusik.  Dr.  J.K.  Schauer:  »Geschichte  der  biblisch-kirchlichen 
Dicht-  nnd  Tonkunst  und  ihrer  Werke«  (Jena,  Mauke,  1850).  —  H.  M.  Schletterer: 
»Uebersichtliche  Darstellung  der  Geschichte  der  kirchlichen  Dichtung  und  geist- 
lichen Musik«  (Nördliugen,  Beck,  1866).  —  C.  v.  Winterfeld:  »Zur  Geschichte 
heiliger  Tonkunst.  Eine  Reihe  einzelner  Abhandlungen«  (Leipzig,  Breitkopf  uud 
Härtel,  1850 — 52).  2  Theile.  —  Hoffmann  von  Fallersleben :  »Geschichte  des 
deutschen  Kirchenliedes  bis  auf  Luther 's  Zeit.  3.  Ausg.  Nebst  einem  Anha,nge: 
In  dulci  jubilo,  Nun  singet  und  seid  froh.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der 
deutschen  Poesie.  Mit  einer  Musikbeilage  von  L.  Erk.  2.  Ausg.«  (Hannover, 
1861).  —  Prof.  Philipp  Wackernagel  (f  1877):  »Das  deutsche  Kirchenlied  von 
Martin  Luther  bis  auf  Nie.  Hermann  und  Ambros.  Blaurer«  (Stuttgart,   1841). 

—  Derselbe:  »Bibliographie  zur  Geschichte  des  deutschen  Kirchenliedes  im 
16.  Jahrhundert«  (Frankfurt  a/M.,  1855).  —  L.  0.  Schieferdecker:  »Geschichte 
des  geistlichen  Liedes  von  den  ersten  Anfängen  bis  Anfang  des  16.  Jahrhunderts« 
(Dresden,  1866).  —  Prof.  F.  A.  Cunz:  »Geschichte  des  deutschen  Kirchenliedes 
vom  16.  Jahrhundert  bis  auf  unsei'e  Zeit«  (Leipzig,  1855).  2  Theile.  —  K.  Lebe- 
recht Kriebitsch:  »Geistliches  Lied-  und  Choralgesang  in  seiner  geschichtlichen 
Entwickelunff  und  Bedeutsamkeit  für  das  kirchliche  Leben  u.  s.  w.«,  2.  Aufl. 
(Jena,  1859).  —  Eduard  Emil  Koch:  »Geschichte  des  Kirchenlieds  und  Kirchen- 
gesangs der  christlichen,  insbesondere  der  deutschen  evangelischen  Kirche«, 
8  Bände.  3.  Aufl.  (Stuttgart,  1867—77).  —  Lehrer  Otto  Ungewitter:  »Kurz- 
gefasste  (leschichte  des  evangelischen  Kirchengesanges,  vorzugsweise  des  Choi-als, 
von  der  Reformation  bis  auf  unsere  Zeiten«  (Königsberg,  Theile,  1867).  — 
F.  Sucher:  »Geschichte  des  evangelischen  Kirchengesangs,  wie  sie  im  württera- 


Literatur.  223 

bergischen  Chorulbuche  vom  Jahre  1844  onthalton  sind,  nebst  einer  Erklärung 
der  alten  Kirchentonartcn«  (Tübingen,  Laupp,  1H()2).  —  C  v.  Winterfeld:  «Der 
evangelische  Kirchengesang  und  sein  Verhilltniss  zur  Kunst  des  Tonsatzes« 
(Leipzig,  Breitk()pi&  Härtel,  1843—47).  3  Theile.  —  G.Frhr.  v.  Tucher  (f  1877): 
»Schatz  des  evangelischen  Kirchengesangs  im  ersten  Jjihrhundert  der  Reformntiono 
(Leipzig,  daselbst,  1848).  2  Theile.  —  C.  v.  Winterfeld:  »Dr.  Martin  Luther's 
deutsche  geistliche  Lieder,  nach  den  während  seines  Lebens  dazu  gebräuchlichen 
Singweisen  und  einigen  mehrstimmigen  Tonsätzen  über  dieselben  von  Meistern 
des  16.  Jahrhunderts«  (Leipzig,  1840).  Mit  Holzschnitten.  —  Ph.  Wackernagel: 
»Martin  Luther's  geistliche  Lieder  mit  den  zu  seinen  Lebzeiten  gebräuchlichen 
Singweisen«  (Stuttgart,  1848).  Mit  Eandzeichnungcn.  —  »Enchiridion  oder  eyn 
handbuchlein  u.  s.  w.,  Erffordt,  1524.  Nach  dem  einzigen  zu  Strassburg  noch 
bewahrten  [aber  1870  verbrannten!]  Urdrukkc  durch  Ph.  Wakkernagel's  Ver- 
mittelung  neu  und  treu  wieder  besorgt  von  Rheinthaler  in  Erfurt«  (1848). 
48  Blatt,  lithogr.  Facsim.,  mit  ]Musiknoten.  —  ».Tob.  Walther's  Wittenbergisch 
Geistlich  Gesangbuch  von  1524  zu  drei  bis  fünf  Stimmen.  Neue  Partituraus- 
gabe nebst  Ciavierauszug  von  0.  Kade«  (Publication  der  Gesellschaft  für  Musik- 
forschung, Berlin,  Trautwein,  1878).  —  C.  F.  Becker:  »Die  Choralsam inlungen 
der  verschiedenen  christlichen  Kirchen«  (Leipzig,  1845).  —  G.  Döring:  »Choral- 
kuude  in  3  Büchern«  (Danzig,  Bcrtling,  1861—65).  —  Sem.-Dir.  Wilh.  Thilo: 
»Thüringens  evangelische  Kirchenliederdichter  und  Kirchenmusiker  in  syn- 
chronistischem Ueberblick«.  2  Blatt  in  Imp.-Fol.  (Erfurt,  Neumann,  1848).  — 
Dr.  Herm.  Oesterley:  »Handbuch  der  musikalischen  Liturgik  in  der  deutsch- 
evangelischen Kirche«  (Göttingen,  Vandenhoeck  &  Ruprecht,  1863).  —  Prof. 
Ludwig  Schoeberlein:  »Schatz  des  liturgischen  Chor-  und  Gemeindegesangs  nach 
den  Altarweisen  in  der  deutsch-evangelischen  Kirche,  aus  den  Quellen  vornehm- 
lich des  16.  und  17.  Jahrhunderts  geschöpft,  mit  den  nöthigen  geschichtlichen 
und  praktischen  Erläuterungen  versehen  und  unter  der  musikalischen  Redaktion 
von  Friedr.  Riegel,  für  den  Gebrauch  in  Stadt-  und  Landkirchen  herausgegeben«. 
In  2  Theilen  oder  3  Bänden  (Ebendaselbst,  1864—72).  —  Fast.  J.W.Lyra: 
»Die  liturgischen  Altarweisen  des  lutherischen  Hauptgottesdienstes«.  Mit  Noten- 
beilagen (Ebendaselbst,  1873).  —  Derselbe:  »Andreas  Ornithoparchus  und  dessen 
Lehre  von  Jen  Kirchenaccenten«  [1517]  (Gütersloh,  Bertelsmann,  1877).  — 
»Siona«.    Musikalisch-liturgische  Zeitschrift,  herausgegeben  von  Schoeberlein  und 

E.  Krüger  (Ebendaselbst).  —  W.  Thilo:  »Das  geistliche  Lied  in  der  evangelischen 
Volksschule  Deutschlands«.  2.  Ausgabe  (Berlin,  W.  Schultze,  1865).  Mit  Bei- 
lagen. —  Dr.  B.  Hölscher:  »Das  deutsche  Kirchenlied  vor  der  Reformation.  Mit 
alten  Melodien«  (Münster,  Regensberg,  1848).  —  Lehrer  Heinr.  Aug.  Kione- 
mund:  »Kurze  Geschichte  des  katholischen  Kirchengesanges«.  2.  Aufl.  (Mainz, 
Schott's  Söhne,  1850).  —  Fr.  Bollens:  »Der  deutsche  Choralgesang  der  katho- 
lischen Kirche,  seine  geschichtliche  Entwickelung,  liturgische  Bedeutung  und 
sein  Verhalten  zum  protestantischen  Kirchengcsunge.  Ehrenrettung  desselben 
wider  die  Behauptung,  dass  Luther  der  Gründer  des  deutschen  Kirchengesanges 
sei«  (Tübingen,  Laupp,  1851).  —  K.  S.  Meister:  »Das  katholische  deutsche 
Kirchenlied  in  seinen  Singweisen  von  den  frühesten  Zeiten  bis  gegen  Ende  des 
17.  Jahrhunderts.  Auf  Grund  älterer  Handschriften  und  gedruckter  Quellen«. 
1.  Band.  (Freiburg  i/Br.,  Herder,  1862.)  —  »Michael  A'ehe's  Gesangbüchlein 
vom  Jahre  1537.  Das  älteste  katholische  Gesangbuch.  Nach  dem  Exemplar  der 
königl.  Bibliothek  zu  Hannover,  herausgegeben  von  HofFmann  v.  Fallersleben« 
(Hannover,  1853).  —  Bernh.  Quante:  »Zur  Refoi'm  des  Kirchengesanges.  T.  Das 
gregorianische  System«  (Münster,  Regensberg.  1867).  —  B.  Kothe:  »Die  Musik 
in  der  katholischen  Kirche.    Wegweiser  u.  s.  w.«   (Breslau,  Leuckart.   1862).  — 

F.  Filitz:  »lieber  einige  Litcressen  der  älteren  Kirchenmusik«  (München,  Kaiser, 
1853).  —  .Johannes  Tzetzes:  »Heber  die  altgricchischc  Musik  in  der  griechischen 
Kirche«  (Älünchen,  1874).  —  Prof.  Franz  INlagnus  Böhme:  »Das  Oratorium. 
Eine    historische    Studie«    (Leipzig,  Weber,   1861).  —  C.  H.  Bitter:  »Beiträge 


2  24  Literatur. 

zur  Geschichte  des  Onitoriums«  (Berlin,  Oppenheim,  1872).  —  F.  Chrysander: 
»Ueber  die  Moll-Tonart  in  den  Volksgesängen  und  über  das  Oratorium.  Zwei 
Abhandlungen«  (Schwerin,  Oertzen  &  Co.,  1853).  —  Dr.  Franz  Lorenz:  »Haydn, 
Mozart  und  Beethoven's  Kirchenmusik  und  ihre  katholischen  und  protestantischen 
(legner«  (Breslau,  Leuckart,  1866).  —  Dr.  F.  P.  Graf  Laurencin:  »Zur  Ge- 
schichte der  Kirchenmusik  bei  den  Italienern  und  Deutschen.  Eine  Abhandlung« 
(Leipzig,  Matthes,  1856).  —  H.  Weber:  »Geschichte  des  Kirchengesanges  in  der 
deutschen  reformirten  Schweiz  seit  der  Reformation.  Mit  genauer  Beschreibung 
der  Kirchengesangbücher  des  16.  Jahrhunderts«  (Zürich,  1876).  —  0.  Douen: 
^Clement  Marot  et  le  Psautier  huguenot,  etude  historique  etc.a  (Paris,  aux  librairies 
protestantes ,  1878).  I.  vol.  —  F.  Clement:  nHistoire  generale  de  la  musique 
religieuse«  (Paris,  1860).  —  Dim.  Easoumowski:  j>Du  chant  d'eglise  en  Russien. 
(Moscou,  1867). 

11)  Theatralische  Musik.  H.  M.  Schletterer:  »Zur  Geschichte  drama- 
tischer Musik  und  Poesie  in  Deutschland.  1.  Band:  Das  deutsche  Singsjiiel 
von  seinen  ersten  Anfängen  bis  auf  die  neueste  Zeit«  (Augsburg,  Schlosser, 
1863).  —  Joh.  Rist:  »Das  Friedewünschende  Teutschland  und  das  Friede- 
jauchzende Teutschland.  Zwei  Schauspiele.  Mit  einer  Einleitung,  herausgegeben 
von  H.  M.  Schletterer«  (Augsburg,  1864).  Mit  Musikbeil.  —  H.  M.  Schletterer: 
»Die  Entstehung  der  Oper«  (Nöi'dlingen,  1873).  —  L.  Rellstab:  »Die  Gestal- 
tung der  Oper  seit  Mozart«  (Sondershausen,  Neuse,  1859).  —  Ferd.  Freiherr 
V.  Biedenfeld:  »Die  komische  Oper  der  Italiener,  der  Franzosen  und  der  Deut- 
schen. Ein  flüchtiger  Blick  in  die  Welt,  wie  sie  war  und  ist«  (Leipzig,  T.  0.  Wei- 
gel,  1848).  —  E.  0.  Lindner:  »Die  erste  stehende  deutsche  Oper;  dargestellt«. 
2  Theile  (Berlin,  Schlesinger,  1855).  Der  2,  Theil  enthält:  9  Compositionen 
von  Reinhard  Keiser  aus  den  Jahren  1700 — 1734.  —  0.  Taubert:  »Daphne, 
das  erste  deutsche  Operntextbuch.  Ein  Vortrag»  (Torgau,  F.  Jacob,  1879).  — 
A.  B.  Marx:  »Gluck  und  die  Oper«,  2  Bände  (Berlin,  Janke,  1862).  Mit  Porträt, 
Autogr.  und  vielen  Musikbeilagen.  —  L.  Nohl:  »Gluck  und  Wagner.  Ueber 
die  Entwicklung  des  Musikdramas«  (München,  L.  Finsterlin,  1870).  —  J.  Cor- 
net:  »Die  Oper  in  Deutschland  und  das  Theater  der  Neuzeit«  (Hamburg, 
0.  Meissner,  1849).  —  L.  Nohl:  »Neues  Skizzenbuch.  Zur  Kenntniss  der 
deutschen,  namentlich  der  Münchener  Musik-  und  Operuzustände  der  Gegen- 
Vi^art«  (München,  Merhoff,  1869).  —  G.  Köberle:  »Die  Theater-Krisis  im  neuen 
deutschen  Reiche«  (Stuttgart  1872).  —  Alfr.  Freiherr  v.  Wolzogen:  »Ueber 
Theater  und  Musik.  Historisch-kritische  Studien«  (Breslau,  Trewendt,  1860). 
—  »Gesang  und  Oper.  Kritisch-didaktische  Abhandlungen  in  zwanglosen  Heften. 
Herausgegeben  von  Maria  Heinr.  Schmidt«  (Magdeburg,  Heinrichshofen,  1861 
bis  1867,  Heft  1  —  7).  —  Y.  v.  Arnold:  »24  auserlesene  Opern-Charaktere  in 
Bezug  auf  deren  musikalisch -deklamatorische,  wie  dramatisch-mimische  Dar- 
stellung analysirt  und  beleuchtet.  Mit  120  erläuternden  Zeichnungen  in  Holz- 
schnitt. (12  Hefte)«.  1.  Heft:  »Der  Freischütz.  2.  Heft:  Robert  der  Teufel 
(nicht  mehr  erschienen).  (Leipzig,  Voigt,  1867).  —  R.  Voss:  »Ueber  den  heu- 
tigen gesellschaftlichen  Tanz  und  das  Ballet.  Nebst  einem  Auszuge  aus  Lessings 
Uebersetzung  der  Briefe  Noverre's  über  die  Tanzkunst«  (Weimar,  1862).  — 
F.  Gleich:  »Aus  der  Bühnenwelt.  Biogr.  Skizzen  und  Charakterbilder«.  2  Bänd- 
chen (Leipzig,  1866).  —  Derselbe:  »Wegweiser  für  Opernfr-eunde  u  s.  w.«  (Leip- 
zig, Matthes,  1857).  —  H.  Mendel:  »Operntext-Bibliothek«  (Berlin,  Gust.  Mode, 
1870  ff.).  Etwa  100  Nummern  erschienen.  —  Jos.  Kürschner:  »Operntexte« 
(Oberhausen,  Spaarmann,  seit  1877).  —  Blum,  Herlosssohn  &  Marggraff:  »All- 
gemeines Theater-Lexikon«.  7  Bände  (Altenburg  und  Leipzig,  1846  —  Jos. 
Kürschner:  »Jahrbuch  für  das  deutsche  Theater«.  1.  Jahrgang  (Leipzig,  H.  Foltz). 
Ilmfasst  das  Theaterjahr  1877 — 78.  —  Fölsch:  »Theaterbrände  und  die  zur 
Verhütung  derselben  erforderlichen  Schutzmassregeln«.  Mit  4  Tafeln  (Hamburg, 
1878).  A.  E.  Brachvogel:  Geschichte  des  königl.  Theaters  zu  Berlin«  (Berlin, 
Janke,  1877).  —  J.  H.  Behncken:  »Geschichte  des  Bremischen  Theaters«  (Bi-emen, 


Literatur.  225 

1856)-  —  Rob.  Prölss:  »Geschichte  des  Hoftheaters  zu  Dresden«  (Drertden, 
Baensch,  1878).  —  Dr.  Herin.  Uhde:  »Das  Stadttheater  in  Hain])urg  1827  bis 
1877«  (Stuttgart,  Cotta,  1879).  —  Herrn.  Müller:  »Chronik  des  künigl.  Hof- 
theaters zu  Hannovera  (Hannover,  Helwing,  1876)  -  Hagen;  (beschichte  des 
Theaters  in  Preusscn  u.  s.  w.«  (Königsberg,  1854).  —  F.  Grandaur:  »Chronik 
des  königl.  Hof-  und  Nationaltheaters  in  München«  (München,  Ackermann,  1878). 
—  F.  E.  Hysel:  »Das  Theater  in  Nürnberg  von  1612-1863.  Nebst  einem 
Anhang  über  das  Theater  in  Fürth«  (Nürnberg,  18G3).  —  E.  v.  Seyfried: 
»Rückschau  in  das  Theaterleben  Wien's  seit  den  letzten  50  Jahren«  (Wien, 
1864).  -  H.  Laube:  »Das  Burgtheater«  (Leipzig,  1868).  —  Ed.  Wla:isack: 
»Chronik  des  k.  k.  Hof- Burgtheaters.  Zu  dessen  Süculurfeier  im  Februar  1876 
herausgegeben«  (Wien,  1876).  —  Denuerlein:  Geschichte  des  Wiirzbui-ger  Theatera« 
(Würzburg,   1853). 

Martin  Plüddcmann:  »Die  Bühnenfestspiele  in  Bayreuth,  ihre  Gegner  und 
ihre  Zukunft«    (Colberg,  Post,   1876).  —  Hans  Freiherr  v.   Wolzogen:    »Erläu- 
terungen  zu  R.  Wagner's  Nibelungen-Drama«.     4.  umgearbeitete  Aufl.   (Leipzig, 
Schloemp,   1878)   —  Fr.  Nietzsche:  »R.  Wagner  in  Bayreuth«.    2.  Aufl.   (Schloss- 
Chemnitz,  1876)   —  Derselbe:   »Die  Geburt  der  Tragödie  aus  der  Musik«  (Chem- 
nitz,   1878).  —  Prof.   Karl  Köstlin:    »R.  Wagner's    Tondrama:    Der   Ring    der 
Nibelungen.     Seine   Idee,   Handlung  und  musikalische  Compositiou«   (Tübingen, 
H.  Laupp,   1877).   —  K.  Pabst:    »Die  Verbindung  der  Künste  auf  der  drama- 
tischen Bühne«   (Bern,   1870).  —  H.  v.  Wolzogen:    »Die    Sprache    in   R.   Wag- 
ner's Dichtungen«  (Leipzig,  Schloemp,  1878).  —  Osk.  Berggruen:   »Das  Bühnen- 
festspiel  in  Bayreuth  im  Hinblick  auf  die  bildende  Kunst«   (Leipzig,  Seemann, 
1877).     Aus  der  »Zeitschrift  für  bildende  Kunst.«   —   Ad.  Horawitz:  »R.  Wag- 
ner und  die  nationale  Idee«.     2.  Aufl.  (Wien,  1874).  —  Dr.  Ludw.  Schemann: 
»R.  Wagner  in  seinen  künstlerischen  Bestrebungen    und    seiner  Bedeutung  für 
eine  nationale  Kultur.     Vortrag«   (Braunschweig,  Zwissler,   1878).  —  F.  Hüff"er: 
»R.  Wagner  und  die  Musik  der  Zukunft«.    (Titel-Auflage  von:   »Die  Poesie   in 
der    Musik«).     (Leipzig,    Leuckart,    1875).    —    Ed.  Schure:    »Das    musikalische 
Drama«.     A^erdeutscht  von  H.  v.  Wolzogen.     Autor.  Ausgabe  (Leipzig,  Schloemp, 
1877).    Mit  2  Tafeln.  —  Filippo  Filippi:  »R.  Wagner.    Eine  musikalische  Reise 
in  das  Reich  der  Zukunft«.     Aus  dem  Italienischen  von  F.  Furchheim.    Autor. 
Uebersetzung  (Leipzig,  Härtung  &  Sohn,   1876).  —   Carlo   Magnico:   »Bossini  e 
Wagner,    o   la   musica    italiana    e   tedesca.      Saygio   eritico«.    (Torino ,    1877).    — 
Heber  die    sogenannte  Wagner-Frage,    vergleiche   man  überhaupt    den    eben   er- 
schienenen   »Waguer-Catalog    von    Kastner«    (Üfi"enbach,    Andre).    —   Alphonse 
Royer:  »Hisfoire  Je  TOpermi  (Paris,   Bachelin-Deflorenne,  1875).    Mit  12  Stahl- 
stich-Portraits.  —   (lust.  Chout^uet:  »Hisfoire  de  la  musique  dramatique  en  France 
depuis  ses  origines  jusqu'd  nos  jour.-iu  (Paris,  1873).  —  Lud.  Celler  (Pseud.  für 
Louis    Leclercq):    nLes    origines  de  l'opera  et  le  ballet  de  la  Reine  (1581),    etc.« 
(Paris,  Didier,   1868).  —  A.  Pellet:    vEssai  sur  Vopera  en  France  depuis  Lully 
jusqri'ä    nos  joursa    (Nimes,     1875).    —    Gustave    Desnoiresterres:    »La    musiqiie 
franf;aise   au  Will"   necle.      Gluck    et  Piccinni,    1774 — 1800«.     2«   ed.   (Paris, 
Didier,   1875).    —    Ad.  Jullien:    »La   cour   et   Vopera   sous  Louis  XVL    Marie- 
Antoinette   et    Sacchini,   Salieri,   Favart   et   Gluck  etc.<-^   (Paris,   libr.  academique, 
1877).  —   Jacques  Hermann:    »Le   drame   lyrique  en    France   dejjuis  Gluck  jus- 
qu'ä  nos  jours«   (Paris,  E.  Dentu,   1878).  —  Alph.  Royer:    »Histoire  du  thidtre 
contemporain    en    France    et   ä   Vetranger   depuis    1800  jusqu'   eji    1875»    (Paris, 
Paul   Olleudorf,   1878)   2  vol.   —   Alb.  de  Lasalle:    »Les    treize   salles  de  Vapera 
{de  Paris)    J 640— 181 5^^^    (Paris,    1875).  —  Castil-Blaze:    r>Thtdfres  li/riqiws  de 
Farisa   (Paris,  1855,  56).  —  Derselbe:  »L'academie  imperiale  de  ma.sique  /O L't — 
1855«  (Paris,  1855).  —  E.  Solie:  -aHistoire  du  thedtre  royal  de  r Opera-Comiquea. 
(Paris,    1847).    —     Derselbe:    »Nolice   sur   VOpera    nationaU    (Paris.    1847).    — 
J.  Bonnassies:  »La  musique  ä  la  Comcdie-Franraiseu   (Paris,   J.  Baur.   1874)   — 
Alb.  de  Lasallc:   »Memorial  du  Thedtre-Lyrique,  catalogue  raison ne  des  182  Optras 
Musika).  ConTerSt-Lexikou,  Ergäuzuugsbaud.  1^ 


226  Literatur. 

etc.ü  (Paris,  libr.  naodeiue,  1877).  —  J.  d'Ortigue:  »Du  Thi'ätre- Italien  et  de 
son  inßuence  sur  le  gout  musical  fran^aisii  (Paris,  184U).  —  A.  Jullien:  y>Les 
spectat eitrs  sur  le  theätrea  (Paris,  1875).  —  iJcrselbe:  »LU-glise  et  Vopera  en 
1135,  Mlle  Lemaure  et  l'eveque  de  iSt.-Fapouh  (Paris,  Detaille,  1877).  —  Jules 
Carlez:  »Un  opera  hihlique  au  XVIII^  siedelt  (Caen,  1879).  —  •» Pygmalion  par 
J.  J.  Rousseau,  jmblie  d'apres  Vedition  rarissime  de  Kurzhöek  (Vienne,  1772) 
avec  quelques  notes  j)reliminaires  par  G.  Beckerv^  ((jeneve,  Georg,  1878).  — 
H.  Lavoix  fils:    y>Les  traducteurs  de  ^Shakespeare  en  musiqueoi    (Paris,   1869).  — 

F.  Crozet:  »Revue  de  la  musique  dramatique  en  France  etc.u  2  vol.  (Crröuoble, 
1867,  72),  —  Clement  &  Larousse:  »Dictionnaire  lyrique  ou  histoire  des  operas 
etcM  (Paris,  1869—77).  —  Theodore  de  Lajarte:  »Bildiotheque  musicale  du 
Theätre  de  VOpera,  Gatalogue  historique  etc.  Avec  portraits  par  Le  Rat.  (2  vol.)« 
(Paris,  libr.  des  Bibliophiles,  1877).  Liv.  1  —  5.  —  Edouard  Noel  et  Edmond 
StouUig:  »Les  annales  du  theätre  et  de  la  musiquea.  I® — IV^  annee  (Paris, 
Gr.  Charpentier,  1876 — 79).  —  Neree  Desarbres:  »Sept  ans  ä  Vopera,  Souvenirs 
anecdotiques  dun  secretaire  particuliera  (Paris,  Dentu,  1864).  —  Hippolyto 
Hostein:  »Historiettes  et  souvenirs  d'un  komme  de  thedtre<i  (Paris,  daselbst,  1878). 

—  Edm.  Vander  Straeten:  »Le  Theätre  villageois  en  Flatidrea,  vol.  I  (Bruxelles, 
Ciaassen,  1874).  —  Hellwald:  »Geschichte  dos  holländischen  Theaters«  (Rotter- 
dam, 1874).  —  G.  Hogarth:  »Memoirs  of  the  opera  in  Italy,  France,  Germany 
and  Englands.  (London,  1851)  2  vol.  —  Sutheiiand  Edwards:  »History  of  the 
opera,  from  Monteverde  to  Donizetti«,  2^  ed.  (London,  1862)  2  vol.  —  B.  Lumley: 
»Ttoenty  years  director  of  S.  M.  theätre.  Reminiscences  of  the  opera<i  (London, 
Hurst  &  Blackett,  1864).  Mit  Porträt.  —  Ab.  L.  Perosa:  »Bella  origine,  dei 
progressi  e  degli  ejfetti  del  Melodramma   in  Italiaa    (Venezia,    Antonelli,    1864). 

G.  Pacini:  »Sulla  originalitä  della  musica  melodrammatica  italiana  del  sec.  J[VIIL(. 
(Lucca,  1841).  —  March.  Gino  Monaldi:  »La  musica  melodrammatica  in  Italia 
etc.(.<  (Perugia,  1875).  —  L.  Romani:  »Teatro  alla  Scala  Gronologia  etc.v.  (Milano, 
1862).  —  P.  Cambiasi:  »Rappresentazioni  date  nei  reali  teatri  di  Milano  ll'iS — 
I812v.  (Milano,  1872). 

12)  Die  übrige  weltliche  Musik,  ß.  G.  Kiesewetter:  »Schicksale  und 
Beschafi'enheit  des  weltlichen  Gesanges  vom  frühen  Mittelalter  bis  zu  der  Er- 
findung des  dramatischen  Stiles  und  den  Anfängen  der  Oper«  (Leipzig,  1841). 
Ferd.  Wolf:  »Ueber  die  Lais,  Sequenzen  und  Leiche  u.  s.  w,«  (Heidelberg,  1841). 

—  Otto  Kade:  »Die  deutsche  weltliche  Liedweise  in  ihrem  Verhältnisse  zum 
mehrstimmigen  Tonsatze«  (Mainz,  1874).  Mit  Musikbeilagen.  —  Dr.  K.  E.  Schnei- 
der: »Das  musikalische  Lied  in  geschichtlicher  Entwicklung.  Uebersichtlich 
und  gemeinfasslich  dargestellt«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1863,  64,  65, 
3  Bände.  —  A.  ßeissmann:  »Geschichte  des  deutschen  Liedes«  (Berlin,  1874). 
Mit  Musikbeilagen.  —  Prof.  Franz  M.  Böhme:  »Altdeutsches  Liederbuch.  Volks- 
lieder der  Deiitschen  nach  Wort  und  Weise  aus  dem  12.  bis  zum  17.  Jahr- 
hundert. Gesammelt  und  erläutert«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1877).  — 
R.  Eitner:  »Das  deutsche  Lied  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  in  Wort,  Melodie 
und  mehrstimmigem  Tonsatz.  1.  Band«  (Berlin,  L.  Liepmannssohn,  1876).  — 
C.  F.  Becker:  »Lieder  und  Weisen  vergangener  Jahrhunderte.  Worte  und 
Töne  den  Originalen  entlehnt«.  2.  Auflage  (Leipzig,  Kössling,  1853).  — 
Hoffmann  v.  Fallersleben :  »Die  deutschen  Gesellschaftslieder  des  16.  u,  17.  Jahr- 
hunderts.    Aus  gleichzeitigen   Quellen  gesammelt«   (Leipzig,   1844).    Nur  Texte. 

—  Ad.  Frölich:  »Ueber  die  ausserkirchlichen  Liedertexte  des  16.  Jahrhunderts« 
(Monatshefte  für  Musikgeschichte,  Berlin,  1875  Nr.  7  u.  8).  —  W.  H.  Riehl: 
»Das  Volkslied  in  seinem  Einfluss  auf  die  gesammte  Entwickelung  der  modernen 
Musik«.  (»Die  Gegenwart«,  3  Band;  Leipzig,  Brockhaus,  1849).  —  Hoffmaun 
v.  Fallersleben:  »Unsere  volksthümlichen  Lieder«.  2.  Auflage  (Leipzig,  W.  Engel- 
mann, 1859).  —  Derselbe:  »Deutsches  Volksgesangbuch.  Mit  175  eingedruckten 
Singweisen   und   Nachrichten   über  die  Dichter  und  Tonsetzer«   (Leipzig,  1848). 

—  G.  W.  Fink:    »Musikalischer  Hausschatz  der  Deutschen«.     6.  Ausgabe,  von 


Literatur.  227 

A.  Dörffel  (Leipzig,  1860).  —  H.  IMendel:  »Deutsches  Lioder-Lexicon.  Ein 
Tascheiilit'derbuch  u.  s.  w.  Nebst  Angabe  der  Tomirtcn,  sowie  der  Dichter 
und  Cdiuponisteu  u.  s.  w.«  (Berlin,  Mode,  187U).  Kiitliält  den  geuau  revidirteu 
Text  von  510  Liedern.  —  Ferd.  Sieber:  »Handbuch  des  deutschen  Liederschatzes. 
Catalog  von  10,000  auserlesenen,  nach  dem  Stimmuiiifaiige  geordneten  Liedern 
u.  s.  w.o  (Berlin,  1875).  —  F.  Marlow:  »Der  deutsche  Müiinergesang  nach  seiner 
Bedeutung  für  die  Gegenwart,  nach  geschichtlichen  Andeutungen  und  einem 
Verzeichniss  der  für  ihn  erschienenen  Comi)Ositionen.  Herausg.  vuu  M.  L.  Löweo 
(Dresden,  1844).  —  Dr.  Otto  Eiben:  »Der  volksthümliche  deutsche  Männer- 
gesang, seine  Geschichte,  seine  gesellschaftliche  und  luitionale  Bedeutung«  (Tübin- 
gen, LaujDp,  1855).  —  ßob.  Schaab:  »Führer  durch  die  Literatur  des  Männer- 
gesanges«. 2.  Aufl.  (Leipzig,  Forbürg,  1867).  —  E.  v.  Destouches:  »Geschichte 
der  Sangespflege  und   Sängervereine  in  der  Stadt  München«   (München,   1875). 

—  Hermann  Allmers:  »Die  Pflege  des  Yolksgesanges  im  deutschen  Nordwesten« 
(Bremen.  Bruns,  1878)  —  A.  Tottmann:  »Der  Schulgesang  und  seine  Bedeu- 
tung für  die  Verstandes-  und  Gemüthsbildung  der  Jugend.  Herausgegeben  vom 
allgemeinen  deutschen  Musikverein«  (Leipzig,  Kahnt,  1879).  —  Seminarlehrer 
Rud.  Lange:  »Der  deutsche  Schulgesang  seit  50  Jahren.  Ein  Beitrag  zur  Schul- 
buchliteratur« (Berlin,  Springer,  1867).  —  E.  Schure:  yHistoire  du  Lied  ou  la 
chanson  populaire  en  Ällemagne,  avec  une  centaine  de  traductions  en  vers  et  sept 
melodiesa.  2  ed.  (Paris,  1876).  —  J.  B.  Weckerlin:  nHistoire  de  la  chatiso7ia. 
nChants  et  chanso7is  populaires  du  printemps  et  de  Vete.a  (»Bulletin  de  la  Societe 
des  compositeurs  de  musique«,  Paris,  1866  ff".).  —  G.  Becker:  y>Apergu  sur  la 
chanson  franraise  (du  XI^  au  XVII''  siede)  Lecture  etc.v.  (Geneve,  Ziegler  &  Co., 
1876).  —  Ch.  Coligny:  »ia  chanson  franraise,  histoire  de  la  chanson  du  caveau, 
contenant  Vhistorique  des  principales  societes  chantantes  et  des  hioijraphies  des  chan- 
sonniersa  (Paris,  1876).  Mit  90  photographischen  Porträts.  —  G.  Kastner: 
»Xe«  chants  de  la  vie.  Cycle  choral  ou  Recueil  de  28  morceaiix  a  4,  5,  0  et  S 
parties  po2ir  tenors  et  hasses  etc.,  prec.  de  recherches  hist.  et  de  considtrations  gen. 
sur  le  chant  en  choeur  pour  voix  dliommesv.  (Paris,  1854).  —  Derselbe:  »Ze.s 
voix  de  Paris.  Essai  d'une  histoire  litteraire  et  musicale  des  cris  populaires  de  la 
capitale,  depuis  le  moyen-äge  jusqu^ä  nos  jours  etc.,  suivi  de:  Les  cris  de  Paris, 
gr.  Symphonie  humoristique,  vocale  et  instrutnentalea  (Paris,  1856).  —  L.deBaecker: 
nChants  historiques  de  la  Flandre  400-/050«  (Lille,  1855).  —  W.  Chappell: 
nBallad  literature  and  p>opular  music  of  the  olden  Hme«  (London,  1859)  2  vol.  — 
Ant.  Capelli:  y^ Poesie  musicali  dei  secoli  XIV,  XV  e  XVI  tratte  da  vari  codici, 
con  un  saggio  della  musica  dei  tre  secoli«  (Bologna,  1868),  —  F.  Bellermann: 
»Die  alten  Liederbücher  der  Portugiesen  vom  13.  bis  zu  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts, nebst  Proben  aus  Handschriften  und  alten  Drucken«   (Berlin,   1840). 

—  W.  J.  v.  Wasielewsky:  »Die  Violine  im  17.  Jahrhundert  und  die  Anfänge 
der  Instrumentalcomposition«  (Bonn,  Cohen  &  Sohn,  1874).  —  Derselbe: 
»Geschichte  der  Instrumentalmusik  im  16.  Jahrhundert«  (Berlin,  Guttentag, 
1878).  Mit  Musikbeilagen.  —  H.  Lavoix  fils:  »Sistoire  de  Vinstrumentation 
depuis  le  /6''^™*'  .necle  jusquW  nos  jours«  (Paris,  F.  Didot  &  Co.,  1878).  — 
G.  F.  Weitzmann:  »Geschichte  des  Clavierspiels  und  der  Ciavierliteratur«  (Clavier- 
schule    von    Lebert  &  Stark,  3.  Theil,    2.  Abtheilung;    Stuttgart.    Cotta,   1863). 

—  C.  Eschmann:  »Wegweiser  durch  die  Ciavier-Literatur«  (Zürich,  1871).  — 
A.  Czei'winski:  »(leschichte  der  Tanzkunst.  Mit  34  Abbildungen  und  9  alten 
Tanzraelodien»  (Leipzig,  1862).  —  Derselbe:  »Die  Tänze  des  16.  Jahrhunderts 
und  die  alte  französische  Tanzschule  vor  Einführung  der  Menuett.  Nach  Jean 
Tabüurot's  Orchesographie  herausgegeben«  (Danzig,  im  Selbstverlag,  1S7.^).  — 
R.  Eitner:  »Tänze  des  15 — 17.  Jahrhunderts.  Aus  den  Quellen  gezogen  und 
veröffentlicht«.   (Beilage  zu  den  Monatsheften  für  Musikgeschichte,   Berlin.  1875). 

—  Alfred  Waldau:  »(leschichte  des  ])öniisclien  Nationaltanzrs«  (Prag,  1861).  — 
G.  Kastner:  »Les  danses  des  morts,  dissertations  et  recherches  hist.,  philus.,  litter. 
et  musicales  sur  les  divers  monuments  de  ce  genrea   (Paris,  1852).     Mit  20  Taf. 

15* 


228  Literatur. 

—  Derselbe:  r>Les  chants  de  Varmee  fran^aise,  ou  Recueil  de  morceaux  ä  plus, 
pari.,  composes  pour  Vtisage  special  de  chaque  arniec,  et  precedes  d'un  essai  his- 
torique  sur  les  chants  militaires  des  Franraisv.   (Paris,   18f)5). 

13)  Biographien  und  Nekrologe;  Memoiren  und  Briefwechsel. 
Emil  Naumann:  »Deutsche  Tondichter.  Von  Seb.  Bach  bis  auf  die  Gegenwart«. 
4.  (wohlfeile)  und  3.  (Pracht-)  Ausgabe  (Berlin,  Oppenheim).  —  Derselbe: 
»Italienische  Tondichter.  Von  Palästrina  bis  auf  die  Gegenwart«  (Ebend.,  1876). 
2.  (Pracht-)  Ausgabe  (Ebendaselbst).  Diese  beiden  AVerke  sind  in  den  Pracht- 
ausgaben mit  6  bez.  4  Porträtsphotographien  geziert.  —  »Biographien  salz- 
burgischer Tonkünstler»  (Sulzburg,  Glonner,  1845).  —  Dr.  Aug.  Schmidt:  »Denk- 
steine u.  s.  w.«  (Wien,  Mechitharisten-Congreg.-Buchh.,  1848).  Inhalt  unter 
»A.  Schmidt«  im  Lexikon.  —  W.  Neumann:  »Die  Componisten  der  neueren 
Zeit.    In  Biographien  geschildert.    Mit  Porträts«.    Heft  1  —  109  (Cassel,  1854  ff.). 

—  0.  (lumprecht:   »Neue  musikalische  Charakterbilder«  (Leipzig,  Hassel,  187G). 

—  AVilhelm  Lackowitz:  »Musikalische  Skizzenblätter.  Biogr.  Essays«.  2.  (Titel-) 
Ausgabe.  Mit  23  Illustrationen  (Leipzig,  Matthes,  1876).  —  La  Mara:  »Musi- 
kalische Studienköpfe«.  3  Bände  (Leipzig,  Schmidt  &  Günther,  theils  4.  Aufl.). 
■ —  Clara  Laar:  »Lebensbilder  berühmter  Todten«  (Zofingeu,  1876).  —  W.  H.  Riehl: 
»Musikalische  Charakterköpfe«.  3  Bände  (Stuttgart,  Cotta,  theils  5.  Aufl.).  — 
J.  Stieler:  »Deutsche  Tonmeister.  Biographische  Erzählungen  und  Charakter- 
bilder, der  musikalischen  Jugend  gewidmet«.  Mit  Holzsch.  (Leipzig,  A.  Dürr, 
1878).  —  L.  Nohl:  »Musikerbriefe.  Eine  Sammlung  Briefe  von  Gluck,  Ph.  E.  Bach, 
Haydn,  Weber  und  Mendelssohn.  Nach  dem  Original  veröfientlicht«  (Leipzig, 
Duncker  &  Humblot,  1867)  —  »Neujahrsgeschenke  au  die  Zürcherische  Jugend 
von  der  allgemeinen  Musikgesellschaft  in  Zürich,  auf  das  Jahr  1813  bis  jetzt« 
(Zürich;  Orell,  Füssli  &  Co.,  1813  ff.)  Enthält  von  1830  an:  Biographien  mit 
Porträts,  z.  B.  von  Seb.  Bach  (1839),  J.  G.  Naumann  (1843—45),  J.  A.  Hiller 
(1848),  A.  Lortzing  (1869),  K.  Kreutzer  (1870),  Xaver  Schnyder  v.  Wartensee 
(1871),  Meyerbeer  (1873),  C.  v.  Blumenthal  (1874),  P.  Alberic  Zwyssig  und 
Carl  Schmied,  zwei  Schweizersängern  (1876)  u.  A.  —  Fei,  Clement:  »Ze*'  musi- 
ciens  celehres  depuis  le  JLVI'^  siede  jusqu^ä  nos  joursn.  Avec  47  portr.  etc. 
(Paris,  1868).  —  Escudier  freres:  y>Etudes  hiographiques  sur  les  chanteurs  con- 
temporains«  (Paris,  1848)  mit  10  Porträts.  —  Dieselben:  »Vie  et  avantures  des 
cantatrices  celehres,  prec.  etc.v.  (Paris,  1856).  —  Amedee  Mereaux:  »Zes  clave- 
cinistes  de  1637 — 1700.  Sistoire  du  clavecin,  portraits  et  hiograpTiies  des  celehres 
clavecinistesv.  (Paris,  1869).  Mit  16  Porträts  u.  s.  w.  —  Marmontel:  y>Les 
pianistes  celehres;  silhouetfes  et  medaillonsa  (Paris,  Henzel  &  Fils,  1878).  — 
J.  M.  Cayla:   y>Celebrites  europeennes :  D.esaugiers,  Bouffe,  Boieldieua  (Paris,  1854). 

—  Theodore  Nisard:  y>Monographies'.  JBaini,  Cherubini,  Dieudonne  Denne-Baron , 
Mdm.  Dural,  Jos.  Franck,  Gerhert,  Jean  Romain  Grosjean,  Jean  Gilles,  celehre 
compositeur  provencal,  Benoit  de  Jumilhac,  Jean-Baptiste  Lahat,  ex-organiste  de 
Montatihan,  Lully,  Martini,  G.  G.  Nivers,  St.-Odon  de  Gluny,  Palestrina,  Leonard 
Poisson,  celehre  reformateur  fran^ais  du  chant  liturg.  au  XV IIP  siede.  Vogler«- 
(Paris,  ßei^os,  1866,  67).  Jede  Biographie  ist  auch  einzeln  käuflich.  — 
E.  C.  Clayton:    y>Queens  of  song.  Being  Memoirs  of  some  of  the  most  celehrated 

female  vocalists  etc.v-   2  vol.   (London,  Smith,  Eider  &  Co.,  1864.     Mit  6  Porträts. 

—  F.  L.  Phipson:  i>Biographical  shetches  and  anecdotes  of  celehrated  violinists<i. 
(London,  Bentley,  1877).  —  C.  Thrane:  y>Danske  Komponister.  Fire  Skildringera 
(Kopenhagen,  Forlagsbureauet,  1875).  —  A.  Galli:  »Zo  musica  ed  i  musicisti 
del  secolo  X  sino  ai  nostri  giorni,  ovvero  Biograße  cronologiche  di  illustri  maestria 
(Milano,  1871).  —  W.  M.  Thoms:  y>The  World  of  Arta  (New-York,  F.  B.  Thoms, 
1877  ff.)  Enthält  Biographien  und  Porträts  von  Musikern,  Dichtern  u.  s.  w., 
besonders  Amerikanern.  —  C.  F.  Becker:  »Die  Tonkünstler  des  19.  Jahrhun- 
derts. Ein  kalendarisches  Handbuch  zur  Kunstgeschichte«  (Leipzig,  Kössling, 
1849).  —  G.  Paloschi:  »Annttario  musicale  storico-rronologico-universale».  Ed.  II 
(Milano,   Ricordi,  1878). 


Literatur.  220 

Ad.  Adain:  nSourenirn  d^un  musicien«.  (2.  t'd.,  Paris,  IH(iO).  »  Derniers  sou- 
oenirx«  (Paris,  1859).  —  Arthur  Pongin:  nAd.  Adam,  sa  vic,  carriere,  memoircu 
artiütiquesa  (Paris,  Charpentinr,  1877).  Mit  Porträt.  —  P.  Petr.  Alk.  Uötzl: 
»Zum  (^odiichtniss  J.  C.  Aiblinger's.  Rede  gehalteu  den  8.  Mai  1867  am  Grabe 
desselben«  (München,  Lentner,  1867).  —  »Dr.  K.  F.  Wilhelm  Altmunn.  Biogr. 
Charakterbild«  (Erfurt.  Körner,  ls7-4).  —  R.  Eitner:  »A.  W.  Ambros.  Nekroloif« 
(Monatshefte  für  I\Iusikgeschichte,  1S77,  Nr.  1).  —  Uebcr  Auber  schrieben: 
B.  Jouvin  (Paris,  1864):  Pougin  (Paris,  1873);  Victor  Masse  (Paris,  F.  Didot, 
1875);  Jules  Carlez  (Caen,  1876).  —  J.  N.  Forkel:  »Ueber  J.  S.  Baches  Leben, 
Kunst  und  Kunstwerke«.  Neue,  unveränderte  Ausgabe.  Mit  Porträts  und  Kuj^fer- 
tafüln  (Leipzig,  1855).  Dasselbe  Werk  ins  Französische  übersetzt:  »Vie,  talents 
et  travaux  de  J.  8.  Bach«.     Par  Felix  Grenier.     Av.  portr.   (Paris,  Baur,  1876). 

—  Cautor  C.  Alb.  Ludwig:  »J,  S.  Bach  in  seiner  Bedeutung  für  Cantoren, 
Organisten  und  Schullehrer«  (Bleicherode,  1865).  —  Alb.  Sowinski:  uNotice 
biojraphique  sur  G.  Bachmann,  pianiste  de  S.  A.  J.  Madame  la  ijrande-duchesse 
Marie  de  Bussie,  professeur  honoraire  ä  r Institut  imperial  Nicolas  de  St.-Felers- 
hourg  etc.a  (Angers,  1868),  —  A.  do  Lafage:  »Notice  sur  Joseph  Baini«  (Paris, 
1844).  —  Charles  Lamb  Kennj':  -aMemoir  of  M.  W.  Balfei  (London,  Tiusley 
br.,  1875).  Mit  Porträt.  —  G.  Bianchi:  »Bella  vita  e  delle  opere  di  Girolamo 
Barhieri,  maestro  compositore  e  socio  degV  Istituti  micsicali  di  Roma,  Bergamo, 
Firenzea  (Piacenza,  1871).  —  Antouio  Pena  y  Goni:  »Nuestros  müsicos.  Bar- 
biert« (Madrid,  Murillo,  1875).  Mit  Porträt. 

C.  Widraer:  »Wilhelm  Baumgartner.  Ein  Lebensbild«  (Zürich,  1868).  — 
Ueber  Joh.  Seb.  Bach  sind  nachzutragen:  »Job.  Seb.  Bach  von  Ph.  8pitta«, 
Band  I,  IL  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel);  und:  ».Toh.  Seb.  Bach.  Sein  Leben 
und  seine  Werke  von  Aug.  Reissmann«  (Berlin,  J.  Guttentag  [D.  CoUin]).  — 
Ueber  Beethoven  sind  nachzutragen:  J,  Moscheies:  y>Life  of  B.,  inchtding  the 
correspondance  with  Ms  friends«.  (2  vol.,  London,  1841);  Schlosser  (2.  Aufl., 
Augsburg,  1844);  Schindler  (4.  Ausg.,  Münster,  1871);  Marx  (3,  Aufl.,  Berlin, 
1875);  Nohl  (3  Bände,  Leipzig,  Günther,  1864—77);  Thayer  (3  Bände,  Berlin, 
AV.  Weber,  1866 — 79),  Ferner:  L,  Nohl:  »Die  Beethovenfeier  und  die  Kunst 
der  Gegenwart«  (Wien.  Braumüller.  1871);  Derselbe:  »Eine  stille  Liebe  zu  B.« 
(Leipzig,  1875);  Derselbe:  »B.  nach  den  Schilderungen  seiner  Zeitgenossen« 
(Stuttgaj-t,  Cotta,  1877);  A.  W.  Thayer:  »Ein  kritischer  Beitrag  zur  Beethoven- 
literatur« (Berlin,  W.  Weber,  1877);  G.  Nottebohm:  ^^Beefhoveniana ;  Aufsätze 
und  Mittheilungen«  (Leipzig,  1872);  Derselbe:  »B.'s  Unterricht  bei  Haydn, 
Albrechtsberger  und  Salieri«  (Leipzig,  1873);  Ludw.  Foglar:  »B.,  Legenden« 
(Wien,  lit.-art.  Anstalt,  1870);  F.  Hiller:  »B.,  gelegentliche  Aufsätze«  (Leipzig, 
Leuckart,  1871);  Gerb.  v.  Breuning:  »Aus  dem  Schwarzspanierhause.  Erinne- 
rungen an  B.  aus  meiner  Jugendzeit«  (Wien,  1874);  v.  Dürenberg:  »Die  Sym- 
phonien B.'s«  (2.  Aufl.,  Leipzig,  1876);  v.  Eiterlein:  »B.'s  Ciaviersonaten«  (4.  Aufl., 
Leipzig,  1875);  Marx:  »Anleitung  zum  Vortrag  Beethovenscher  Ciavierwerke« 
(2.  Aufl.,  Berlin,  1875).  Im  Auslande  erschienen:  A.  Audley:  »7i.,  sa  vie  et  ses 
Oeuvres«  (Paris,  1857);  H.  Barbedette:  desgleichen  (2,  ed,,  Paris,  1870);  EUiot 
Graeme:  »S.,  a  Memoir«  (2.  ed.,  London,  Griffin,  1876);  Gregoir:  »Notice  sur 
Vorigine  du  celebre  componteur  L.  van  B.,  suivi  du  testament  de  Villustre  maitre« 
(Anvers,  Jorssen,  1863).  —  A.  Brigidi:  »Cenni  sulla  vita  e  sulle  opere  di  Giulio 
Belli  Longianese,   maestro  e  scrittore  di   musica   del  sec.  XVIm  (Modena,   1865). 

—  Ueber  Bellini  haben  geschrieben:  F.  Cicconetti  (Prato,  1859);  Pougin  (Paris, 
L.  Hachette  &  Co.,  1868),  mit  Porträt;  Vincenzo  Percolla  (Catania,  stab.  Bellini, 
1876),  als  B.'s  Asche  von  Paris  nach  Catania  übei-geführt  wurde.  —  P.  Carl 
Böhm :  »Nachruf  an  den  verstorbenen  Componisten  A.  W.  Borlyn«  (Amsterdam, 
1875).  —  Berlioz'  »Memoires«  erschienen  bei  Calmann  Levy  (Paris,  1878,  2  vol.), 
seine  ^tCorrespondanc  inedife«  daselbst  (Paris,  1879).  —  Edmond  Galabert: 
»Georges  Bizet,  souvenirs  et  corrryiondancc«  (Paris,  Calmann  Levy,  1877).  — 
L.   Boccherini's   Leben    und    Werke   beschrieben:    A.    Cerii    (Lucca,    1864)    und 


230  Literatur. 

L,  Picquot  (nNotice  etc.,  sidvie  du  catalogue  raisonne  de  toutes  ses  oeuvres,  tant 
publikes  qu''  inedites«,  Paris,  1851),  mit  2  Porträts;  D.  Bertini  verfasste:  »Z.  Boc- 
chermi,  Illustrazione  dello  Stahat  Mater  dt  detto  autore  e  Cenni  hioc/rqficia  (Firenzc, 
1877).  —  »Leben  und  Schicksale  des  ehemaligen  Musikmeisters  Boeck«  (Leipzig, 
1844).  —  A.  Quantz:  »Zwei  verschollene  Kapellmeister.  1)  Franz  Neubauer. 
2)  Ludwig  Böhner«  (»Deutsche  Kunst-  und  Musikzeitung«,  Wien,  1878,  Nr  28ff.). 

—  »Nekrolog  Theodor  Böttcher's«  [f  1877  zu  Cannstatt  als  ausgezeichneter 
Dillettant  und  Sammler  von  Musikerporträts]  (»Tonkunst«,  Berlin,  1878,  Nr.  41). 

—  Boieldieu  wurde  geschildert  von:  Gr.  Hequet  (»vie  et  oeuvresa,  Paris,  1864 
und  nochmals  1875);  Pougin:  (»vie,  oeuvres,  caractere,  correspondancev^  (Paris, 
1875);  Thannberg:  »Ze  Centenaire  de  B.,  anecdotes  et  souvenirsa  (Paris,  1875); 
ferner  in;  »Boieldieu  a  Ronen«  (2.  ed.,  Rouen,  1876).  —  Dr.  Beruh,  öjiiegel: 
»Hermann  Bonnus,  erster  Superintendent  von  Lübeck  und  Reformator  von  Osna- 
brück« (Leipzig,  Rossberg,  1864).  —  De  Burbure:  »Bosselet,  de  Lj/ona  (Bruxelles, 
1876),  mit  Porträt.  —  J.  Fölsing:  »Biographisches  über  W.  C.  Briegel«  (Darm- 
stadt, 1853).  —  H.  Zimmerthal:  »D.  Buxtehude.  Historische  Skizze«  (Lübeck, 
Kaibel,  1877).  —  Hugo  Wittmann:  »Ein  Unbekannter«  [Alexis  Chauvet  f  1870] 
(»Echo«,  Berlin,  1874,  Nr.  47,  nach  der  »Wiener  Neuen  Freien  Presse«.)  — 
Werke  über  Cherubini:  Ch.  Place:  r>Biogr.  et  analyse  phrenologique<i  (Paris,  1842); 
Miel  (Paris,  1842);  L.  Picchianti  (Milano,  1843);  -oNotice  des  maniiscrits  auto- 
(jrap/i es«.  (Paris,  1843);  Denne-Baron  (Paris,  1862);  B.  Gamucci  (Firenze,  1869); 
endlich:  Edw.  Bellasis:  y)Memorials  illustrative  of  Ms  life«  (London,  1874),  mit 
Porträt  und  Catalog  der  Werke  Ch.'s.  —  W.  Bernhardt:  »Dr.  E.  Chladni  der 
Akustiker.  Eine  Biographie  und  geschichtliche  Darstellung  seiner  Entdeckungen« 
(Wittenberg,  Herrose,  1856).  Mit  Porträt.  —  Chopins  Leben  und  Werke  sind 
uns  dargelegt  von:  L.  Enault:  (Paris,  1856  u.  1861);  H.  Barbedette:  y>Essai  de  critique 
musicale«  (Paris,  1861) ;  F.  Liszt  (Paris.  Escudier,  1852 ;  nouv.  edition:  Leipsic,  Breit- 
kopf &Härtel,  1879)  ;  J.Schucht  (Leipzig, C.P.Kahnt), am  ausführlichsten  in:  Moritz 
Karasowski  »Leben,  Werke  und  Briefe«  (Dresden,  Ries,  1877),  mit  Portr.  u.  Facs.  — 
A.  deLafage:  -a Eloge  de  öhorona  (Paris,  1843). —  Gautier:  desgleichen  (Paris,  1845). 

—  E.  Thoinan:  «Louis  Constantin,  Roi  des  violoris,  1624 — 57«  (Paris,  J.  Baur,  1878), 
mit  Facsim.  — A.  v.  Wolzogen:  »P.  Cornelius«  (Leipzig,  Weber,  1867).  —  lieber 
Coussemaker's  Leben,  und  musikalische  sowie  archäologische  Schriften  sind  zwei 
Brochüren  vorhanden:  A.  Desplanque  (Lille,  1870)  und  C.Dehaisnes  (Lille,  1877). 

—  E,  Thoinan:  y>Antoine  de  Gousu  et  les  singulieres  destinees  de  son  livre  rarissime, 
nLa  musique  universelle«  (Paris,  1866).  —  Werke  über  Fei.  David:  »St.-Etienne 
(Marseille,  1845);  AI.  Azevedo  (Paris,  1863,  mit  Porträt);  E.  Reyer  (»twtice«, 
Pax'is,  F.  Didot,  1877).  —  G.  P.  Galloni:  ^yCenni  biogr.  del  P.  Davide  da 
Bergamo«  (Bologna,  1863).   Mit  Porträt.  —  A.  Pougin:  »Devieniie«  (Paris,  1864). 

—  Ueber  Donizetti:  Fil.  Cicconetti  (Roma,  tip.  Tiberiiia,  1864);  B.  Zendrini: 
»D.  e  S.  Mayr«  (Bergamo,  1875);  Alborghetti  e  Galli:  »Z).  e  Mayr,  notizie  e 
docvmenti«  (Bergamo,  1875),  mit  Porträt  —  und  andere  Werke.  —  H.  Dorn: 
»Ergebnisse  aus  Erlebnissen.  Fünfte  Folge  der  Erinnerungen«  (Berlin,  Liebel, 
1877).  —  Morel:  y>Etude  sur  VAbbe  Dubos«  (Paris,  Dnnind,  1850).  —  »Zur 
Erinnerung  an  Louis  Eller«  (Dresden,  Kuntze,  1864).  —  Karl  Schnitze:  »L.  Erk. 
Eine  biographische  Skizze.  Nebst  einem  Anhang:  Die  Jubiläumsfeier  am  10.  Juni 
1876«  (Berlin,  Enslin,  1876). —  Archivrath  Dr.  Aug.  Beck:  »Ernst  der  Zweite, 
Herzog  zu  Sachsen- Gotha,  als  Pfleger  und  Beschützer  der  Wissenschaft  und 
Kunst«  (Gotha,  J.  Perthes,  1854).  Mit  Porträt  und  Facsim.  —  A.  Pougin: 
»Musiciens  frangais  du  XVIII.  siecle.  Floquet«  (Paris,  Chaix  &  Co.,  1863).  — 
Skizzen  und  Studien  über  Rob.  Franz:  A.  W.  Ambros,  abgedruckt  aus  dessen 
»Bunte  Blätter«  (Leipzig,  Leuckart,  1872);  F.  Liszt  (Leipzig,  1872);  Heinr. 
M.  Schuster  (Leipzig,  Leuckart,  1874);  Aug.  Saran  (Ebrndaselbst,  1876).  — 
C.  G.  Freudenberg:  »Aus  dem  Leben  eines  alten  Organisten«.  Herausgegeben 
von  W.  Viol.  (2.  Aufl.,  Leipzig,  Leuckart,  1872).  Mit  Porträt.  —  Dr.  Edm.  Schebek: 
»Zwei  Briefe  über  J.  J.  Froberger.    Ein  biographischer  Beitrag«  (Prag,  1874). 


Literatur.  231 

—  Fil.  Filippi:  »Ddla  vila  e  delle  opere  di  AdolJ'o  Fumaf/allia  (.Mihinu.  Ricordi, 
1864).  —  Miel:   nNoHcc.  siir  Pierre-Jean  Gnrat,  crlrbre  chantcur<x   (Paris,  1H41). 

—  •nMinne  af  Erik  Gustav  Oeijer«  (Orebro,  A.  Bohlin.  1H70),  —  Jos.  Bader: 
»Fürstabt  Martin  (Jerbert  von  St.  Bhisinn.  Ein  Lebensbild«  (Freibur^  i/Br., 
Herder,  lH7ö).  —  Dr.  J.  B.  Schwab:  »Johannes  Gerson,  Professor  der  1'hco- 
logie  und  Kanzler  der  Universität  Paris.  Eine  Monographie«  (Würzburg,  Stahl, 
1H.5S).  —  Anton  Schmid:  »Chr.  Will.  Ritter  v.  Gluck.  Dessen  Leben  und  ton- 
künstlerisches  "Wirken«  (Leipzig,  F.  Fleischer,  1854).  Mit  Musikboilage.  — 
F.  M.  Rudhiirdt  f  1S79:  »Gluck  in  Paris«  (IMünchen,  1H64).  —  Gustave  Lang- 
lade: r>L.  Gordiyiani,  sa  vie  et  ses  oeuvresa  (Firenze,  Molini,  1H63).  —  Ch.  Gounod: 
yiAatcbiojraphie  et  articles  swr  la  routine  en  mattere  d^art,  edites  et  compilis,  avec 
une  priface,  par  Mme.  Georgina  Weldon«.  (London,  W.  Reeves,  1H75).  —  Ed- 
mond  Vander  Straeten :  nJacques  de  Goöy,  chanoine  d'Embrun,  Recherchen  sur  la 
vie  et  les  oeuvres  de  ce  musiciena  (Anvers,  Buschmann,  1<S63).  —  F.  van  Hülst: 
•^Biographie  de  Gretrgv.  (Liege,  1842),  mit  Porträt;  De  Gerlache:  nEssais  sur  G.a 
(Bruxelles,  1844).  —  A.  Pougin:  »Albert  Grisar,  etude  artistiquea  (Paris,  1870). 
Mit  Porträt.  —  G.  Pacini:  nOenni  biogr.  intorno  a  Guido  Monaco  [di  Arezzo']«. 
(Pescia,  1865).  —  Ristori:  »JBiogni/ia  di  Guido  Monaco«  (Arezzo,  1868).  — 
»Origine  e  vicende  della  impresa  aretina  di  onorare  Guido  Monaco  con  un  monu- 
mento  europeoa  (Firenze,  Aip.  Cenniniana,  1872).  —  Clement  Lyon:  »Jean  Guyot, 
le  Chätelet,  celebre  musicien  wallon,  au  XVI.  siede,  etc.a  (Charleroi,  1875).  — 
»(Auto-) Biographic  des  Adalbert  Gyrowetz«.  Mit  Porträt  (Wien,  1848).  — 
K.  Ed.  Förstemann:  »Gg.  Frd.  Händel's  Stammbaum,  nach  Originalquellen  und 
authentischen  Nachrichten  aufgest.  und  erläutert«  (Leipzig,  1844).  —  G.  M.  Meyer: 
»G.  F.  Händel.    Eine  biographische    Charakteristik«   (Berlin,  Trautwein,   1857). 

—  Frommel:  »Händel  und  Bach«  (Berlin,  1873).  Mit  Porträt.  —  lieber  F.  Halevy 
sind  zu  bemerken:  Beule:  ■aNotice  etc.u  (Paris,  F.  Didot,  1862);  Leon  Halt'vy 
(2.  ed.,  Paris,  Morris  &  Co.,  1863),  mit  Porträt.  Ferner:  A.  Pougin:  »Halevy, 
ecrivaina  (Paris,  Claudin,  1865).  —  De  Burbure:  »Notice  sur  Gh.  Louis  Hanssensa. 
(Bruxelles,  1872).  —  0.  Paul:  »Moritz  Hauptmann.  Eine  Denkschrift  u.  s.  w.« 
(Leipzig,  Dörffel,  1862).  Mit  Verzeichniss  seiner  Werke.  —  »M.  Hauptmann: 
Briefe  an  Ludw.  Spohr  u.  A.  Herausgegeben  von  Ferd.  Hiller«  (Leipzig,  Breit- 
kopf &  Häi-tel,  1876).  —  Th.  G.  v.  Karajau:  »J.  Haydn  in  London  1791  und  92« 
(Wien,  Gerold's  Sohn,  1861).  —  Cantor  Alb.  Ludwig:  »J.  Haydn.  Ein  Lebens- 
bild« (Nordhausen,  Büchting,  1867).  —  Mme.  A.  Grandsard:  »La  jeunesse  de 
Haydn.  Suivie  d'une  notice  sur  Augustin  Pajoua  (4®  ed.,  Lille  &  Paris,  Lefort, 
1876).  —  (Const.  Wurzbach:)  »J.  Haydn  und  sein  Bruder  Michael.  Zwei  bio- 
bibliographische Künstler-Skizzen«  (Wien,  Lechner,  1862).  —  »J.  Haydn.  Sein 
Leben  und  seine  Werke,  dargestellt  von  Aug.  Reissmann«  (Berlin,  F.  Gutten- 
tag,  1879).  —  uEtudes  sur  les  artistes  contemporains.  Stephen  Heller,  sa  vie  et 
ses  oeuvresa  (Paris,  Maho,  1876).  —  B,  Jouvin:  »Herold,  sa  vie  et  ses  oeuvresa 
(Paris,  Heugel  &  Co.,  1868).  —  Edm.  Yander  Straeten:  »Notice  sur  Cliarles 
Felix  de  Hollandre,  compositeur  de  musiquea  (Gand,  De  Busscher,  1854).  — 
Jules  Carlez:  »Les  Hotteterre.  Notes  biographiquesa  (Caen,  1877).  —  J.  Vahlen: 
»Otto  Jahn«  (Wien,  Gerold's  Sohn,  1870).  —  Edm,  Vander  Straeten:  »J.  F.  J.  Jans- 
sens,  compositeur  de  musiquea  (Bruxelles,  Sannes,  1866).  —  P.  Alfieri:  »Not. 
biogr.  di  N  Jomellif  (Roma,  1845).  —  »Adolphe  Jullien,  un  potentant  musicalu 
(Paris,  Detaille,  1876).  —  A.  Behlau:  »Athanasius  Kircher«  (Heiligenstadt, 
1875).  Progr.  —  Karl  Brischar:  »P.  Athanas.  Kircher.  Ein  Lebensbild«  (W^ürz- 
burg,  Woerl,   1877).  -  -  vOnori  alla  memoria  di  Luigi  La/dachea  (Napoli,   1858). 

—  Matthieu  de  Monter:  »Louis  Lambillotte  et  ses  freresv  (Paris,  Regis  Ruffet, 
1871).  Mit  Porträt.  —  F.  C.  Kist:  »De  levensgeschiedenis  ran  Orland  <fc  Lassusv 
('s  Hage,  Schinkel,  1841).  Mit  Porträt.  —  W.  Bäuniker:  »Orlandus  de  T^a.^su8, 
der  letzte  grosse  Meister  der  niederländischen  Tonschule«  (Froiburgi/Br.,  Herder, 
1879).  —  Ernest  Bouton:  »Esquis.'ie  biogr.  et  bibliogr.  sur  Claude  Lejeune,  natif 
de    Valenciennes,  surnommt  le    PhenLv  des  musiciensa  (Valenciennes,   1845).     Mit 


232  Literatur. 

Porträt  uud  Musikstücken.  —  A.  J.  Becher:  «Jenny  Lind«  (2.  Aufl.,  Wien, 
lS4fi).  Mit  Porträt.  —  Griacomo  Meyerbeer;  »Jenny  Lind.  Fi'agmente  uus  dein 
Taf^ebuche  eines  alten  Musikers  für  Freunde  der  Tonkunst«  (Wien,  1847; 
Leipzig,  Fr.  Fleischer).  —  F.  Liszt's  »Leben  und  Wirken«  ist  bearbeitet  bereits 
von  Gr.  Schilling  (Stuttgart,  1844),  mit  Porträt.  Ausserdem  in  verscliiedenen 
kleineren  Brochüren  über  einzelne  Seiten  seiner  musikalischen  Thätigkeit.  — 
Das  »thematische  Yerzeichniss  der  Werke,  Bearbeitungen  und  Transcriptionen« 
von  F.  Liszt  erschien  in  neuer,  vervollständigter  Ausgabe  (Leipzig,  Breitkopf 
und  Härtel,  1877).  —  L.  L.  Gozlan:  »JP.  Lis-zt  et  fies  poemes  symphoniques.  Free, 
d'une  note  hiogr.  et  auivi  du  catalogue  des  oeuvres  de  Liszta  (INIarseille,  1870). 
(H.  Mendel:)  »Gallerie  berühmter  Musiker.  Albert  Lorlzing«  (»Deutsche  Musiker- 
zeitung«, Berlin,  1876,  Nr.  4,  5  und  7)  Mit  Porträt.  —  Dr.  Friedr.  Kof- 
niann  u.  A. :  »Otto  Ludwig«  (»Gartenlaube«,  1865).  Mit  Porträt.  —  Georg  Lotz: 
»Maria  Malibran  als  Weib  und  Künstlerin  u.  s.  w.  Nach  der  Gräfin  v.  Mertin« 
(Leipzig,  1839).  — ■  Mathilde  de  Castrone-Marchesi  geb.  Graumann:  »Erinne- 
rungen aus  meinem  Leben«  (Wien,  Gerold's  Sohn,  1877).  Mit  Porträt.  — 
Seb.  Brigidi:  yiJJingegno  virtuoso,  ossia  Älessandro  MarcTietti,  il  suo  maentro,  i 
suoi  alunni,  i  suoi  amici.  Bacconto  hiograficov.  (Firenze,  tip.  Galileiana,  1867).  — 
Dr.  C.  V.  Weber:  »Maria  Antonia  Walpurgis,  Churfürstin  zu  Sachsen,  geb. 
kaiserl.  Prinzessin  in  Bayern«  (2  Bände,  Dresden,  1857).  Auch  eine  biographische 
Skizze  der  Fürstin  von  M.  Fürstenau  in  den  Monatsheften  für  Musikgeschichte 
(Berlin,  1879,  Nr.  10).  —  A.  de  Lafage:  rilKemoria  intorno  la  vita  e  le  opere  di 
Stanislav  Mattei  JP.  Minorita  Bolognese.  Traduzione  (di  G.  Pancaldi)  c.  note, 
catalogo  delle  opere  ecc.n  (Bologna,  1840).  Mit  Porträt.  —  E.  Thoinan:  »Maugars, 
celehre  joueur  de  viole,  musicien  de  üicheUeu,  sa  biographie  etc.«  (Paris,  1865).  — 
Giov.  Finazzi:  »//  maestro  Giovanni  Simone  Mayr;  orazione  ecc.«  (Bergamo,  1875). 

—  y)G.  S.  Mayr.  Biografie  di  scrittori  e  artisti  musicali  hergamascM  native  od 
oriundi,  raccoUi  e  p)ubhlicati  dal  prof.  ah.  Antonio  Älessandri,  con  aggiunta  degli 
scrittori  musicali  hergamascM  del  P.  Vaerini«  (Bergamo,  tip.  Pagnoncelli,   1875). 

—  E.  Thoinan:  »  Z7?2  hisdieul  de  Moliere,  recTierches  sur  les  Mazuel  musiciens  des 
16^  et  11^  siecles,  allies  de  la  famille  Paquelinm  (Paris,  1878).  —  lieber  Mendels- 
sohn sind  nachzutragen:  W.  A.  Lampadius:  »F.  M.-B.,  ein  Denkmal  für  seine 
Freunde«  (Leipzig,  Hinrichs,  1848),  nebst  Uebersetzung  ins  Englische:  »Zj/e  of 
F.  M.-B.  With  supplementary  shetches  hy  Julius  Sir  Benedict,  Henry  F.  Chorley, 
Ludwig  Bellstah,  Bayard  Taylor,  R.  S.  Willis,  and  Sir  J.  S.  Divight.  Additional 
notes  hy  C.  L.  Gruneisen.  Fdited  ad  translated  hy  William  Leonhard  Gage«  (London, 
W.  Eeeves,  1876).  —  Eduard  Devrient:  »Meine  Erinnerungen  an  F.  M.-B.  und 
seine  Briefe  an  mich«  (Leipzig,  Weber,  1869).  Yergl.  hierzu  die  berichtigende 
Brochüre  von  Therese  Marx  (Leipzig,  Dürr,  1869).  —  Ferd.  Hiller:  »F.  M.-B. 
Briefe  und  Erinnerungen«  (Cöln,  1874).  —  H.  Döring:  »Leben  und  Wirken  M.'s« 
(Braunschweig;  1878).  —  S.  Hensel:  »Die  Familie  Mendelssohn  (1729—1847), 
nach  Briefen  und  Tagebüchern«.    Mit  8  Porträts   (3  Bände,  Berlin,  Behr,  1879). 

—  F.  M.-B.:  »Briefe  aus  den  Jahren  1830—1847«  (4.  Aufl.,  Leipzig,  1878).  — 
Cam.  Seiden:  »ia  musique  en  Ällemagne.  Mendelssohn«  (Paris,  1867).  —  Q.  Bigi: 
y>Di  Claudio  Merulo  da  Correggio  principe  dei  contrappuntisti  e  degli  organisti  del 
16.  secolo«  (Parma,  1861).  Mit  Porträt.  —  Angelo  Catelani;  nMemorie  della 
vita  e  delle  opere  di  Claudio  Merulo«  (Milano,  Ricordi,  1864).  —  D.  Mettenleiter: 
»J.  G.  Mettenleiter,  weil.  Stifts-Chorregent  an  der  alten  Kapelle  in  Regens- 
burg. Ein  Künstlerbild«  (Brixen,  theol.  Verlagsanstalt,  1866).  —  r>Biography  of 
Leop.  de  Meyer,  imper.  and  royal  Pianist«  (London,  1845).  Mit  Porträt.  —  Ueber 
Meyerbeer  schrieben  noch:  Beule:  »Eloge«  (Paris,  F.  Didot,  1865);  A.  Pougin: 
y>notes  hiogr.«  (Paris,  Tresse,  1864);  H.  Blaze  de  Bury:  y>sa  vie,  ses  oeuvres  et 
son  temps«  (Paris,  1865),  mit  Porträt  und  Autogr.  —  Castil-Blaze:  y> Moliere 
musicien.  Notes  s.  l.  oeuvres  de  cet  illustre  maitre  et  sur  les  drames  de  Corneille, 
Macine,  Quinault,  Regnard  etc.,  oü  se  melent  des  considerations  sur  Vharmonie  de 
la  langue  frangaise«.    2  vol.    (Paris,   1852).  —   »Aus    Moscheies'   Leben.      Nach 


Literatur.  233 

Briefen  und  Tagrbüchorn  herausgegeben  von  seiner  Frau«  (2  Bände,  Leipzig, 
IH72  7'?).  —  »Erinnenwif^'on  an  MoBcwius«  (Breslau,  1^50).  —  lieber  INInzart 
sind  nachzutragen  folgende  Werke:  Nemetschek  (2.  Aufl.,  Pra;,^.  1H6H):  v.  NisHcn 
(2.  wohlfeile  Aufl.,  Leipzig,  Senf,  1849),  mit  Tafel  und  Notenbeilage;  Schlosser 
(3.  Aufl.,  Augsburg,  1844);  L.  Nohl  (2.  Aufl.,  Leipzig,  Günther,  1877),  mit 
4  Porträts  und  Musikbeilage;  Kristinus:  »IM.,  ein  deutsches  Kiinstlerlcben« 
(Wien,  187H);  Friedr.  Pirckmeyer:  »Zur  Lebensgeschichte  M.'s,  aus  Mittheilungen 
der  Gesellschaft  für  Salzburger  Landeskunde«  (Salzburg,  Dieter,  1876).  Im 
Auslande  erschienen:  E.  Holmes:  r>The  life  of  M..  including  his  correxpondancea 
(London,  1845);  Etienne  C-rervais:  »üf.,  ou  la  jctinesse  d\tn  fjrand  artinte«.  (Tours, 
1876);  sowie:  i>Vie  iPun  artUte  chretien  au  IS''  siede,  extrait  de  )ia  correspoiu/ance 
authentique,  traduite  par  J.  OoscMer«  (Paris,  1857).  —  »M.'s  Briefe.  Nach  dem 
Original  herausgegeben  von  L.  Nohl«  (2.  verm.  Aufl.,  Leipzig,  Breitkopf  und 
Hilrtel,  1877),  mit  Porträt  und  Facsim.  —  Dr.  Frz.  Lorenz:  »W.  A.  Mozart 
als  Ciavier- Componist«  (Breslau,  Leuckart,  1866),  mit  einer  Notenbeilagc.  — 
nW.  A.  Mozart.  Sein  Leben  und  Wirken.  Gedenkbuch  zu  seinem  lOO.jährigen 
Geburtstage  am  27.  Januar  1856«  (Stuttgart,  Köhler,  1856).  —  C.  Haushalter: 
»Geschichte  des  Mozart-Yereins.  Denkschrift  zur  100jährigen  Jubelfeier  M.'s, 
aktenmässig  dai'gestellto  (Erfurt,  Köhler,  1856).  —  L.  Köhler:  »Die  Gebrüder 
Müller  und  das  Streichquartett«  (Leipzig,  Matthes,  1858).  —  J.  Sclmeebeli: 
»H.  G.  Nägeli,  ein  Lebensbild«  (Zürich,  1873).  Mit  Porträt.  —  »Zur  Erinnerung 
an  die  Feier  des  100jährigen  Geburtstages  von  B.  Ch.  L.  Natorp,  dem  Refor- 
mator des  Volksschulwesens  in  der  westfälischen  Mark  und  in  der  Mark  Branden- 
burg. Festprogramm«  (Essen,  Bädeker,  1875).  —  H.  Mendel:  »0.  Nicolai.  Eine 
Biographie«  (Berlin,  H.  Mendel,  1866).  —  Normand:  n Mojioc/raphie  litteraire  et 
musicale  de  Theodore  Nisardv.  (Lille,  1865).  —  L.  Quicherat:  •» Adolphe  Nourrit, 
sa  vie  etc.n  (Paris,  1867).  3  vol.  —  nDeploration  de  Guillaume  Cretinsur  le  trcpas 
de  Jean  Okeghem  musicien,  premier  chapelain  du  roi  de  France,  remise  au  jour, 
prec.  d'une  introduetion  hiogr.  et  critique  et  annotee  par  E.  Thoinan<i  (Paris,  1864). 
—  J.  Offenbach:  ttOff'enhacli  en  Ämerique.  Notes  d^un  musicien  en  voyage.  Free, 
d'une  notice  hiogr.  par  Alb.  Wolff"»  (Pai'is,  1877).  —  J.  Ohm:  »Die  13jährige 
Pianistin  Alwine  Ohm  aus  Hannover  und  deren  4jährige  Kunstreise  durch 
Deutschland.  Nebst  Zugabe:  über  vernünftigen  Ciavier- Unterricht«  (2.  Aufl., 
Hamburg,  1861).  —  F.  Halevy:  r>Notice  hist.  sur  la  vie  et  les  travaux  de  G.  Onsloiv« 
(Paris,  Didot,  1855).  —  G.  Pacini:  »ie  mie  memorie  artistiche,  autohiografia  etc., 
puhl.  da  Ferd.  Magnani«  (Firenze,  tip.  Le  Mounier,  1875).  —  G.  Conestabik: 
oVita  di  N.  Faganini  da  Genova  illustrataa  (Perugia,  1851).  Mit  Porträt  und 
Facsim.  —  F.  J.  Fetis:  »Notice  hiograph.  s.  N.  Faganini,  suivie  de  Vanalyse  de 
ses  oeuvrages  et  precedee  d'une  Esquisse  de  V Histoire  du  Violon«  (Paris,  1851).  — 
L.  Escudier:  »Aus  dem  Leben  Paganini's«,  nebst  einer  Biographie  der  Malibran 
von  dems.  (Leipzig,  Bergson- Sonenberg,  1862).  —  Wilh.  Bäumker:  »Palestrina. 
Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  kirchenmusikalischen  Reform  des  16.  Jahr- 
hunderts« (Freiburg  i/Br,,  Herder,  1877).  —  L.  A.  Frankl:  »Maria  Theresia 
v.  Paradies«  (Linz,  1877),  mit  Porträt.  —  Carlo  Gervasoni:  i>A  63  antii 
d'intervnlh ;  cenni  sul  maestro  di  ynusica  Pietro  Giovanni  Faroloni  di  Fontremoli, 
cstratti  dalV  opera  i>Nuova  teoria  di  musica»  (Farma  JSJ2)»  (Pontremoli,  1877). 
• —  St.-Leger:  »JVb»'  acfrices.  Biographie  d'' Adelina  Fatti  (Marquise  de  Caux)v. 
(Paris,  Le  Clerc,  1875).  Mit  Porträt.  —  E.  M.  Vacano:  »Der  Roman  der  Adelina 
Patti,  nach  spanischen,  englischen  und  mündlichen  Quellen.  IMit  Federzeichnungen 
von  Karl  Klic«  (Wien,  1875).  —  P.  Cailissano:  nErrico  Fetrella  composiforc  di 
musiea.  Cenni  hiogrqficiu.  (Siena,  1876).  —  Giov.  Carotti:  «Cenni  hiogr.  e  ritratto 
di  E.  Fetrella,  valente  compos.  di  mus.»  (Torino,  1877).  —  G.  Allen:  oT/ie  life 
of  Fhilidor  musician  and  chessplayerv.  (Philadelphiii.  1863).  —  0.  Commettant: 
r>Francis  Plante,  portrait  musical  a  la  pliimc"  (Paris,  Chaix,  1874).  —  Mt'reftux: 
»Fonchard»  (Paris,  1866).  —  L.  da  Ponte:  »Denkwürdigkeiten«,  aus  dem  Italie/ii- 
schen  übersetzt  von  E.  Burckhardt  ((lotha,  1861).  —  R.  Müller:  »Joseph  Proksch. 


234  Literatur. 

BiojTraphisches  Denkmal  aus  dessen  Nachlasspapieren  errichtet«  (Prag,  1874). 
Mit  Porträt  und  Facsim.  —  D.  Mettenleiter:  »Karl  Proske.  Ein  Lebensbild« 
(Regeusburg,  Bössenecker,  1868).  —  Albert  Quantz:  »Leben  und  AVerke  dos 
Flötisten  J.  J.  Quantz,  Lehrers  Friedrich  des  Grossen.  Nach  den  Quellen  dar- 
gestellt« (Berlin,  R.  Oppenheim,  1877).  Zusammenstellung  des  Materials,  weniger 
Bearbeitung  desselben.  —  F.  Cicconetti:  »Memorie  di  Pietro  Raimondm  (Roma, 
1867).  —  A.  Pougin:  »Eanieaun,  essai  etc.  (Paris,  Decaux,  1876).  —  Ch.  Poisot: 
»Notice  hiogr.  sur  R.,  publice  ä  Voccasion  de  Vatiniversaire  seculaire  de  sa  morta 
(Dijon,  Decailly;  Paris,  Dentu,  1864).  —  M.  Gr.  "W.  Brandt:  »Leben  der  Luise 
Reichardt«  (2.  Aufl.,  Basel,  1865);  Vincenzo  Dal  Torso:  »Di  Luigi  Ricci  e  delle 
Site  opere,  Memoriev.  (Trieste,  1860),  mit  Porträt;  F.  de  Villars:  »Notice  sur 
Luigi  et  Federico  Ricci  etc.«.  (Paris,  1866);  Arth.  Heulhard:  »Etüde  sur  une 
folie  ä  Rome,  opera-houffe  de  Fed.  Ricci  etc.a  (Paris,  1870),  mit  Porträt.  — 
Jacob:  »Ernst  Richter  f  1876.  Eine  biographische  Skizze«  (»Euterpe«,  Leipzig, 
1877,  Nr.  3  —  5).  —  J.  Fölsing:  »Züge  aus  dem  Leben  und  Wirken  Ch.  H.  Rinck's« 
(Erfurt,  Körner,  1848).  —  A.  Pougin:  »Notice  sur  Rode,  violo niste  fran^ais« 
(Paris,  Pottier  de  Lalaine,  1875).  —  Ueber  Rossini  sind  zahlreiche  Schriften 
zu  verzeichnen:  A.  Struth  (Leipzig,  Bergson  -  Sonenberg,  1865);  Stendhal 
(nouv.  ed.,  Paris,  1854);  Escudier  freres  (Paris,  1854);  A.  Azevedo  (Paris,  Morris, 
1866);  Beul6  (»Floga^,  Paris,  Didot,  1869);  H.  S.  Edwards  (London,  1869); 
Maxime  de  Montrond:  »Etüde  hiogr.a  (Lille  &  Paris,  Lefort,  1870);  A.  Pougin: 
»Notes,  impressions,  Souvenirs,  commetitairesa  (Paris,  Claudin,  1871);  L.  S.  Silvestri 
(Milano,  1874);  A.  Zanolini  (Bologna,  1875);  F.  Mordani:  »della  vita  privata« 
(Imola,  1871).  Fast  alle  diese  AVerke  enthalten  auch  R.'s  Porträt.  —  Fetis: 
»Biographie  d^ÄdolpTie  Sacca  (Paris,  1864).  —  H.  Henkel:  »Leben  und  Wirken 
von  Dr.  Aloys  Schmitt«  (Frankfurt  a/M.,  Sauerländer,  1873).  —  Friedr.  Kempe: 
»Friedrich  Schneider.  Ein  Lebensbild.  Herausgegeben  von  Dr.  Arthur  Lutze« 
(2.  Ausgabe,  Berlin,  Janke,  1864).  Mit  Porträt  u.  s.  w.  —  Ciaire  v.  Glümer: 
»Erinnerungen  an  Wilhelmine  Schröder-Devrient«  (Leipzig,  J.  A.  Barth,  1862), 
mit  Porträt  und  Facsim.  —  Dr.  Heinr.  Kreissie  v.  Hellborn:  »F.  Schubert« 
(Wien,  Gerold's  Sohn,  1865),  mit  Porträt;  F.  Barbedetta:  »5a  vie,  ses  oeuvres, 
son  tempsa  (Paris,  1866);  Mmc.  Audley  (Paris,  1871);  J.Risse:  »F.Schubert  und 
seine  Lieder,  1)  Müllerlieder,  2)  Goethelieder«  (Hannover,  1872 — 73).  —  A.  Reiss- 
mann: »R.  Schumann«  (3.  Aufl.,  Berlin,  Guttentag,  1879);  Leonce  Mesnard: 
»un  successeur  de  Beethove7i»  (Paris,  Schönewerk  &  Co.,  1876).  —  C.  F.  Pohl: 
»S.  Sechter's  Biographie«  (Wien,  1868).  —  L.  Mooser:  »Gottfr.  Silbermann  der 
Orgelbauer;  historisches  Lebensbild«  (Langensalza,  1857).  —  H.  A.  Köstlin: 
»C.  M.  v.  Weber.  Fr.  Silcher«  (Stuttgart,  Levy  &  Müller,  1877).  Mit  2  Porträts. 
—  AI.  Malibran:  »L.  Spohr.  Sein  Leben  und  Wirken.  Nebst  einem  Verzeichniss 
seiner  Schüler  vom  Jahre  1805 — 1856«  (Frankfurt  a.  M.,  Sauerländer,  1860). 
Mit  Porträt  und  Facsim.  —  L.  Sjiohr:  »Selbstbiographie«  (2  Bände,  Cassel, 
Wigand,  1860 — 61),  mit  Porträt.  —  Heinr.  Giehne:  »Zur  Erinnerung  an  L.  Spohr. 
Ein  kunstgeschichtlicher  Vortrag  u.  s.  w.«  (Karlsruhe,  Müller,  1860).  —  Abr. 
Mankell:  »L.  Spolir,  Tonsättare  och  Virtuose  (Stockholm,  Müller,  1861).  —  lieber 
Spoiitini  handeln:  Eduard  Maria  Oettinger  (Leipzig,  1843);  Raoul-Rochette: 
»Notice  historique«  (Paria,  1852);  A.  Romagnoli:  »Cfewni  ii'oyr.«  (Macerata,  1875); 
A.  Moretti  (Imola,  1875);  Ant.  Gianandrea:  »Genni  biogr.»-  (Lucca,  1875);  sowiej 
»Ricardo  della  festa  centenaria  di  Sp.,  celebrata  in  Jesi  il  3  ottobre  /S75«  (Jesi, 
1876).  —  V.  Mosel:  »Nekrolog  des  grossen  Tonsetzers.  Abbe  M.  Stadler«  (Wien, 
1864).  —  S.  Ruf:  »Der  Geigenmacher  Jakob  Stainer.  Eine  Lebensskizze« 
(Innsbruck,  1872).  —  Ludw.  Storch:  »J.  A.  Stumpff,  1769—1846,  aus  Ruhla, 
Harfenmacher  in  London«.  Mit  Porträt.  (»Gartenlaube«,  1857,  Nr.  32 — 34  und 
Nachtrag.)  —  Ed.  Kulke:  »Salomon  Sulzer,  Professor  und  Obercantor.  Bio- 
graphische Skizze«  (Wien,  Herzfeld  &  Bauer,  1866).  —  Jacquez  de  Biez: 
»Tamburini  et  la  mvsique  italiennev.  (Paris,  Tresse,  1877).  Mit  Porträt  T.'s.  — 
E.  Baumstark:  »A.  F.  J.  Thibaut.    Blätter  der  Erinnerung  für  seine  Verehrer 


Literatur.  235 

und  für  die  Freunde  der  reinen  Tonkunst«  (Leipzig,  1841).  —  J.  de  VasconcoUos: 
nLuiza  Todi,  estudo  crifico«  (E'orto,  1873),  mit  2  Tafeln.  —  A.  W.  Gottwchalg: 
»Dr.  J.  ö.  Töpfer.  Kine  biogniphische  Skizze«  (Weimar,  Kühn,  1867).  — 
Clt-raent  Lyon:  »Une  excursion  a  Marchieniie-au-Pont  et  ä  Thuiim  (Charleroi, 
1879).  Enthält  die  Biographie  der  Brüder  Tolbec(jue  von  Hanzinue  gebürtig. 
—  X.  van  Elewyck:  »Matthias  van  den  Gheyn  u.  s.  w.«  (Louvain,  Vanlinthout  &  Co., 
1862).  Näheres  besagen  die  betreffenden  Artikel  im  Lexikon.  —  Charles  Mei-rens: 
»Edmond  Vander  Straeten.  Notice  bio(j/rapJiif^ue«  (Bruxelles,  1877).  —  L'^cber  Verdi 
schrieben:  B.  Bermani:  uSchizzia  (Milano,  Ricordi,  1846);  A.  Basevi:  nStudioa 
(Firenze,  1859);  G.  Perosio  (Milano,  Ricordi,  1876);  G.  Monaldi  (Firenze,  1877).  — 
A.  Parazzi:  nDella  vita  e  delle  opere  musicali  di  Lodovico  Grossi- Viadana,  inventore 
dii  Basso  cuntinuo  nel  secolo  XVI.v  (Milano,  1877).  —  Comte  de  Resbecq :  »Biographie 
de  Vincentvi  (Paris,  1869).  —  J.  Fröhlich:  »Biographie  des  grossen  Tonkünstlers 
Abt  Vogler«  (Würzburg,  1845),  mit  Porträt;  »Abt  Vogler,  ein  Lebensbild« 
(Darmstadt,  1867).  —  B.  Vogel:  »Rob.  Volkmann  in  seiner  Bedeutung  als 
Instrumoutal-  und  Vocal-Componist«  (Leipzig,  1875).  —  Edra.  Vander  Straeten: 
n  Voltaire  musicien  etc.»  (Paris,  J.  Baur,  1878).  Auszüge  aus  seinen  Werken 
über  Musik  und  Musiker.  —  »Th.  Wachtel.  Ein  Künstlerbild«  (Hamburg, 
W.  Oncken,  1868).  —  C.  F.  Glasenapp:  »R.  Wagner's  Leben  und  Wirken« 
(2  Bände,  Cassel,  Maurer,  1876 — 77).  Dr.  F.  v.  Hausegger:  »R.  W.  und  Schopen- 
hauer« (Leipzig,  Schloemp,  1878).  —  Emericli  Kastner:  »R.  Wagner- Catalog«. 
Chronologisches  Verzeichniss  aller  von  und  über  R.  W.  veröfi'entlichteu  Coraposi- 
tionen  und  Aufsätze  (OfFenbach,  J.  Andre,  1878).  Mit  Porträt  W.'s.  —  A.  de 
Gasperini:  »R.  Wagner«  (Paris,  1866).  Mit  Porträt.  —  A.  Pougin:  y)W.  V.  Wallace. 
Etüde  hioijr.  et  critiquev.  (Paris,  Ikelmer  &  Co.,  1866).  —  lieber  AVebcr  sind 
nachzutragen:  Max  Maria  v.  Weber:  »C.  M.  v.  Weber.  Ein  Lebensbild«  (3  Bände, 
Leipzig,  E.  Keil,  1864—66):  »C.  M.  v.  Weber.  Ein  Lebensbild«  (Leipzig,  Röhl 
1876);  Barbedette :  y^Weher.  Essai  de  critique  miisicale»  (Paris,  1862);  Ad.  Jullien: 
»Weber  ä  Paris  en  IS20;  son  voyage  de  Dresde  ä  Londres  par  la  France;  la 
musique  et  les  thedtres,  le  monde  et  la  presse  pendant  son  sejoura  (Paris,  Dt'taille, 
1877).  —  A.  P.  Berggreen:  »0.  E.  F.  Weyse's  biographie^  (Kopenhagen,  Reitzel, 
1876).  Mit  3  Porträts  und  3  Musikbeilagen.  —  »Extrait  biographique  de  Joseph 
White,  üiolonisteu  (Paris,  Dupont,  1874).  —  A.  v.  Meichsner:  »Fr.  Wieck  und 
seine  beiden  Töchter  Clara  Schumann  geb.  Wieck  und  Marie  Wieck.  Biograiihische 
Notizen  über  dieselben  nach  ungedruckten  Briefen  von  H.  v.  Bülow,  Czerny, 
R.  Schumann,  C,  M.  v.  Weber  u.  s.  w.  Ein  Familiendenkmal«  (Leipzig,  Matthes, 
1875).  Mit  einem  Stahlstich.  —  Lic.  M.  Kerker:  »Wilhelm  der  Selige,  Abt 
von  Hirschau  und  Erneuerer  des  süddeutschen  Klosterwesens  zur  Zeit  Gregors  Vll.« 
(Tübingen,  Laupp,  1863).  Ad.  Helmsdörfer:  »Forschungen  zur  Geschichte  des 
Abtes  Wilhelm  v.  Hirschau«.  1.  Theil  (Göttingen,  1874).  Dissert.  —  E.  G.  J.  Grögoir: 
»Bijdragen  tot  de  Kennis  der  Vlaamsche  Toonkunstenaars.  Adrian  Willaert. 
Lecensschets«  (Brüssel,  1869).  —  Dr.  Wilh.  Rintel:  »C.  F.  Zelter.  Eine  Lebens- 
beschreibung, nach  autobiographischen  Manuscripten  bearbeitet«  (Berlin,  Janke, 
1861).  —  Archidiac.  Aug.  Wilh.  Müller:  »Aus  des  Lieder-Componisten  Audr. 
Zöllner  Leben   und  Streben.    Eine  Skizze«  (Magdeburg,    Heinrichshofen,   1862). 

Den  vorstehend  alphabetisch  zusammengestellten  Biographien  der  einzelnen 
Tonkünstler  sind  die  hier  nicht  wiederholten  Werke,  welche  das  Hauptwerk 
enthält,  hinzuzufügen. 

14)  Tonkünstler  -  Lexika ,  Encyklopädien  und  Fremdwörter- 
Ijücher.  »J.  Schuberth's  Musikalisches  Conversation- Lexikon.  lU.  Auil.,  be- 
arbeitet von  Robert  Mubiol«  (Leipzig.  J.  Schuberth  &  Co.,  1877).  —  H.  Pfeil: 
»Tonkünstlermerkbüchlciu«  (Leipzig,  1875).  —  F.  J.  Lipowski:  »Baierisches 
Musik-Lexikon«  (München,  1811).  —  Kossmaly  und  Carlo:  »Schlesisches  Ton- 
künstler-Lexikon« (Breshiu,  1846).  —  Nicht  zu  übergehen  ist  hier  forner,  und 
zwar  zunächst  die  »Allgemeine  Deutsche  Biographie  herausgegeben  durch  die 
historische  Commission  bei  der  königl.  baierischen  Academie  der   Wissenschaft, 


236  Literatur. 

unter  der  Redaction  des  Frhr.  v.  Liliencron  und  Professor  Dr.  Wegclc«  (Leipzig, 
Duncker  &  Hurablot,  seit  1875).  —  Den  musikalischen  Theil  dieses  seit  Jöcher's 
(4elehrlen- Lexikon  nicht  wieder  erschienenen  Unternehmens  —  in  Frankreich 
[n£iop\  universelle^,  und  y>Nouoelle  Biogr.  </ener(ile<i),  Belgien  {y>Biogr.  nafionale«), 
Schweden  {»JBiograplmM  LeociJcon<i),  Dänemark  (jnTorfatter  Lexikon»)  längst  ver- 
treten —  bearbeitete  im  Allgemeinen  anfangs  A.  v.  Dommer,  dann  M.  Fürstenau. 
Hieran  reiht  sich  gleich  bedeutend  das  »Biographische  Lexikon  des  Kaiserthums 
Öesterreich.  Enthaltend  die  Lebensskizzen  der  denkwürdigen  Personen,  welche 
seit  1750  in  den  österreiehischen  Kronländern  geboren  wurden  oder  darin 
gelebt  und  gewirkt  haben.  Von  Dr.  Constantin  von  Wurzbach«  (Wien). 
Ferner:  v.  Weech's  »Budische  Biographien«.  —  Unübertroffen  jedoch  als  rein 
musikalische  »Ehrenpforte«  (mit  Matthosou  zu  reden)  bleibt  noch  immer  in  seiner 
Reichhaltigkeit  und  Gediegenheit  trotz  einzelner  Fehler  das  Riesenwerk  eines 
Einzelnen,  nämlich:  F.  J.  Fetis'  y>Biogra]>hie  universelle  des  musiciens  et  bihlio- 
graphie  generale  de  la  musique.  2^  ed.,  entierement  refondue  et  augmentee  de  plus 
de  noitiea.  8  vol.  (Paris,  Firmin  Didot,  1866).  —  Hierzu  erscheint  jetzt:  y>Supple- 
ment  et  complement  publies  sous  la  direction  de  Mr.  Arthur  Pougin«.  T.  I.  (Eben- 
daselbst, 1878).  —  L.  &  M.  Escudier:  y>Dictionnaire  de  musique«.  5*  ed.  (Paris, 
1872).  —  Gh.  SouUier:  nJSfouvean  dictionnaire  de  mui^ique«  (Paris,  1855).  Halevy 
gewidmet.  —  J.  d'Ortigue:  -»Dictionnaire  liturgique,  historique  et  theorique  du 
plain-chant  et  de  musique  d'eglise  au  moyen  ätje  et  dans  les  temps  modernesa  (Paris, 
Potier,  1854).  —  George  Grove:  -»A  Dictionary  of  music  and  musicians«  (London, 
1878  ff.).  —  Regli:  -aDizionario  hiograßco  dei  piü  celebri  poeti  ed  artisti  melo- 
drammatici  etc.a  (Torino,  1860).  Ein  Theater-Lexikon  von  1800  bis  1860.  — 
A.  Barberi  &  G.  B.  Beretta:  y>Dizionario  artistico,  seientißco,  sforico,  tec7iologico- 
miisioalea  (Milano,  L.  di  G.  Pirola).  —  A.  Sowinski:  »Les  musiciens  Polonais 
et  Slaves  anciens  et  modernes«  (Paris,  1857).  —  Josef  Sägh:  y>Magyar  Zeneszeti 
Lexikon«  (Musikalisches  Lexikon,  bearbeitet  nach  J.  Schuberth;  Budapest, 
Täborszky  &  Barsch). 

15)  Aesthetisches,  Kritisches  und  Polemisches;  gesammelte 
Schriften.  E.  Hanslick:  »Vom  Musikalisch-Schönen«  (5.  Aufl.,  Leipzig,  Barth, 
1876).  —  A.  Reissmann:  »Zur  Aesthetik  der  Tonkunst«  (Berlin,  H.  W.  Müller, 
1878).  —  H.  A.  Köstlin:  »Die  Tonkunst.  Einführung  in  die  Aesthetik  der 
Musik«  (Stuttgart,  Engelhorn,  1879).  —  Thibaut:  »Ueber  Reinheit  der  Ton- 
kunst« (5.  Auflage,  mit  und  ohne  Th.'s  Porträt,  Tübingen,  Mohr,  1875).  — 
F.  J.  Wiedemann:  »Musikalische  Effektmittel  und  Tonmalerei«  (Dorpat,  1856). 

—  Dr.  Ed.  Kreuzhage:  »Ueber  Programm-Musik«  (Münster,  Coppenrath,  1868). 

—  Jules  Carlez:  -»Les  musiciens-paysagistes«  (Caen,  1870)  —  A.  W.  Ambros: 
»Die  Grenzen  der  Musik  und  Poesie«  (2.  Aufl.,  Leipzig,  Matthes,  1872).  — 
Dr.  C.  Trümmer:  »Die  Musik  von  Vormals  und  Jetzt,  vom  Diesseits  und  Jen- 
seits« (Frankfurt  a.  M.,  Winter,  1856).  — 0.  Hostinsky:  »Das  Musikalisch-Schöne 
und  das  Gesammtkunstwerk  vom  Standpunkt  der  formalen  Aesthetik.  Eine 
Studie  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1877.  —  Emil  Naumann:  »Zukunftsmusik 
und  die  Musik  der  Zukunft«  (Berlin,  Habel,  1877).  —  C.  Durutte:  »Esthetique 
musicale  etc.«  (Paris,  1876).  ■ —  Charles  Beauquier:  »La  musique  et  le  drame. 
Etüde  d'Esthetique«  (Paris,  Sandoz  &  Fischbacher,  1877).  —  J.  B.  Sabatier: 
-nL^opera  et  la  Symphonie  ou  idee  generale  de  la  musiqueoi  (Paris,  1879).  — 
Fz.  J.  A.  Keppner:  »Kurze  Geschichte  der  musikalischen  Ideen«  (Freiburg, 
1856).  —  Georg  V.,  König  von  Hannover:  »Ideen  und  Betrachtungen  über  die 
Eigenschaften  der  Musik'.t  (Hannover,  Helwing,  1858)  —  Louise  Otto:  »Die 
Mission  der  Kunst  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Gegenwart«  (Leipzig, 
Matthes,  1861).  —  J.  J.  Schäublin:  »Ueber  die  Bildung  des  Volkes  für  Musik 
und  durch  Musik«.  2.  Auflage  (Zürich,  1865)  —  L.  Nohl:  »Unsere  geistige 
Bildung«  (Leipzig,  Schloemp,  1877).  —  Aloys  Hennes:  »Die  Musik  in  der 
Familie  und  die  musikalische  Erziehung  der  Jugend«  (Berlin,  1878,  im  Selbst- 
verlag;  Leipzig.  C.  A.   Händel).  —   Jul.  Merling:    »Der  Gesang  in  der   Schule, 


Literatur.  237 

seine  Bodiutuug  und  Behandlung«  (Ijelpzig,  IS^Ö).  —  Gottfried  Stallluiimi: 
»lieber  den  innern  Ziisjuiiiiienhang  musikuliMcher  liilduug  der  .fugend  mit  dem 
(lesiiinmt/.wecke  des  (Tynuiusiunis«  (Leipzig,  ISI'J).  Inauguralrede.  Euthidt 
audi  l)iographische  Nachrichten  über  die  (Jantoren  an  der  'rhüuiasscliule  zu 
]jeipzig.  —  S.  Bagge:  »lieber  das  Verhältniss  der  Musik  zur  lleligiou  und  zum 
christlichen  Kultub«  (Basel,  1H7G).  —  F.  Brendel:  »Die  Organisation  de.s  ^lusik- 
wesens  durch  den  Staat«  (Leipzig.  Kahnt,  1866).  -  A.  Mahn:  »Die  Staats- 
nuisik  der  Zukuiil't«  (Berlin,  Stilke.  187G)  —  J.  B.  Labat:  Etudex  jjhiluNuiihi'jUfg 
et  morales  si/r  Vhintoire  de  la  musique  etc.v.  (2  vol.,  Paris,  1852).  —  Ch.  Beau- 
qnier:  nP/iilonop/iie  de  la  musiquea  (Paris,  1865).  —  A.  JuUien;  »La  musique 
et  les  philoüophes  au  XVII l'  sirle«.  (Paris,  Baur,  1873).  —  Prof.  Ed.  Krüger: 
»Beitrilge  für  Leljen  und  Wissenschaft  der  Tonkunst«  (Leipzig,  lireitkopf  und 
Hilrtel,  1847).  —  William  Pole:  »The  iihiloHophy  of  musica  (London,  ^l'rübner 
und  Co.,  1879).  —  »Aphorismen  über  Musik,  von  Amadeus  Autodidactos«  (Leip- 
zig, C.  A.  Klemm.  1847).  —  L.Rellstab:  »Musikalische  Beurtheilungen«  (Leipzig, 
Brockhaus,  1848).  —  Louise  Rost:  »Cücilia.  Betrachtungen  über  Kunst  und 
Musik«  (Würzburg,  Stahel,  1851).  —  A.  B.  Marx:  »Die  Musik  des  19.  Jahr- 
hunderts und  ihre  Pflege.  Methode  der  Musik«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel, 
1855).  —  Jul.  Merling:  »Musikalisches  Laienthum«  (Leijizig,  Mersebxxrger,  1857). 

—  H.  V.  Brousart:  »Musikalische  Pflichten«   (2.  Aull.,  Leipzig,  Matthes,  1858). 

—  J.  C.  Lobe:  »Musikalische  Briefe.  Wahrheit  über  Tonkunst  und  Tonküustler« 
(2.  Aufl.,  Leipzig,  Baumgürtner,  1860).  —  S.  Bagge:  »Gedanken  und  Ansichten 
über  Musik  und  Musikzustände,  in  einer  Reihe  gesammelter  Aufsätze«  (Wien, 
Wessely.  1860).  —  C.  Billert:  »Musik  und  Museen.  Refornuitorische  Ergehungen« 
(Berlin,  1870).  —  L.  Meinardus:  »Des  einigen  Deutschen  Reiches  Musikzustäude. 
Zwölf  Briefe«  (2.  Aufl.,  Oldenburg,  1873).  —  W.  Langhuns:  »Das  musikalische 
Urtheil  und  seine  Ausbildung  durch  die  Erziehung«  (Berlin,  Oppenheim,  1872). 

—  H.  Küster:  »Populäre  Vorträge  über  Bildung  und  Begründung  eines  musi- 
kalischen Urtheils,  mit  erläuternden  Beispielen«.  4  Theile  (Leipzig,  Breitkopf 
und  Häi-tel,   1871  —  77).     Der  4.  Cyklus  enthält:    »Das  Ideal  des  Tonkünstlers«. 

—  V.  Hentl:  »(iledanken  über  Tonkunst  und  Tonkünstler«  (2.  Aufl.,  Leipzig, 
Barth,  1876).  —  L.  Ehlert :  »Briefe  über  Musik  an  eine  Freundin«  (3.  Aufl., 
Berlin,  Behr,  1879).  - —  Dersellie:  »Aus  der  Tonwelt.  Essays«  (Ebendaselbst, 
1877).  —  Ferd.  Hiller:  »Musikalisches  und  Persönliches«  (Leipzig,  Breitko[)f 
und  Härtel,  1876).  —  Derselbe:  »Briefe  an  eine  Ungenannte«  (Köln,  Du  Mont- 
Schauberg,  1877).  —  Karl  Mörike:  »Maximen  beim  Musikunterricht.  Mit  ein- 
gestreuten bis  jetzt  noch  ungedruckten  Gedanken  C.  M.  v.  A\'eber's«  (Stuttgart, 
(löpel,  1848).  —  K.  E.  Schneider:  »Mu.-,ik,  Ciavier  und  Clavierspiel.  Kleine 
musikalisch-ästhetische  A'orträge«  (Leipzig,  1874).  —  J.  C.  Eschmann:  »Ein 
Hundert  Aphorismen.  Erfahrungen,  Ergänzungen,  Berichtigungen,  Anregungen, 
als  Resultate  einer  30,jährigen  Clavierlehrerpraxis«  (Berlin  und  Leipzig,  Luck- 
hardt,  1878).  —  F.  Wieck:  Ciavier  und  Gesang.  Didactisches  und  Polemisches« 
(3.  Aufl.,  Leipzig,  Leuckart,  1878).  —  Derselbe:  »Musikalische  Bauernsprüche 
und  Aphorismen  ernsten  und  heitern  Inhalts«  (2.  Aufl.,  Dresden,  1876).  — 
H.  Dorn:  »Ostracismus.  Ein  (-lericht  Scherben«  (Berlin,  Behr,  1875).  — 
H.  v.  Bülow:  »Reise-Recensionen.  Drei  Billetsdoux  an  R.  Senö"«  (Leipzig, 
1878).  —  P.  Scudo:   »Critiqiie  et  litte ra füre  musicales«.     2  vol.  (Paris,  1856 — 59). 

—  V.  Sassaroli:  »Considerazioni  sullo  stato  attuale  delV  arte  musicale  in  Italiaa. 
(Genova,  1876). 

Sammlung  musikalischer  Vorträge,  herausgegeben  von  Paul  Graf  Waldersee« 
(Jahrgang  I  u.  II,  Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1879,  80).  —  A.  W.  Anibros- 
»Bunte  Blätter«.  Neue  Folge  (Leipzig.  Leuckart,  1874).  —  C.  GoUmick:  »Feld- 
züge und  Streifereien  im  Gebiete  der  Tonkunst«  (Darmstadt,  1846).  —  C.  Gril- 
dener:   »Cesanunelte  Aufsätze  über  Kunst,  vorzugsweise  Musik«  (Hamburg,  1872). 

—  M.  Hauptmann:  »Opuscula.  Vermischte  Aufsätze«  (Leipzig.  1874).  —  F.  Hiller: 
»Aus  dem  Tonlelten   unserer  Zeit.     (Jelegent  liebes«.     2  Bände  (Ticipzig,  Mendels- 


238  Literatur. 

söhn,  1868).  Neue  Folge  (mit  Porträt,  Leipzig,  Leuckart,  1871).  —  H.  Witt- 
mann: »Musikalische  Momente.  Geschichten  und  Erinnerungen«  (Leipzig,  Klink- 
hart, 1879).  —  Direktor  Carl  Theodor  Kriebitsch:  Für  Freunde  der  Tonkunst«. 
Mit  Porträt  F.  Schubei't's  (Leipzig,  Merseburger,  18G7).  —  E.  0.  Lindner: 
»Zur  Tonkunst.  Abhandlungen«  (Berlin,  Guttentag,  1864).  —  G.  Schilling: 
»Für  Freunde  der  Tonkunst.  Kleine  Schriften  vermischten  Inhalts,  zugleich 
Fortsetzung  des  gleichnamigen  Werkes  von  Rochlitz«  (Kitzingen,  1845).  — 
C.  M.  V.  Weber:  »Hinterlassene  Schriften«.  3  Bände.  (2.  [Titel-]  Ausgabe, 
Leipzig,  Arnold,  1850).  —  ß.  Schumann:  »Gesammelte  Schriften  über  Musik 
und  Musiker«.  2  Bünde  (3.  Aufl.,  Leipzig,  G.  Wigand,  1875).  —  F.  Liszt: 
»Gesammelte  Schriften«.  1.  Band  (Cassel,  1855).  ■ —  E.  Wagner:  Gesammelte 
Schriften  und  Dichtungen«.  9  Bände  (Leipzig,  Fritzsoh,  1871 — 73).  —  A.  de 
Lafage:  y>Miscellanees  musicales«  (Paris,  1844.  —  Derselbe:  yUssai  de  diphtero- 
graphie  musicale,  ou  notices  etc.  de  mss.  relatifs  ä  la  musiquev^  (Paris,  1862).  — 
P.  Halevy:  y>Souvenirs  et  portraits.  Mludes  sur  les  beaux-arfsa  (Paris,  1861). 
Derniers  s.  et  p.  (Paris,  1863).  ■ — •  E.  M.  E.  Deldevez:  y^Ouriosites  musicales, 
notes,  analyses,  Interpretation  de  certaines  particularites  contenues  dans  les  oeuvres 
des  grands  mattresa  (Paris,  1873)  —  Ern.  Reyer:  y>Notes  de  musiquef  (Paris, 
1875).  Gesammelte  Aufsätze.  —  Ad.  Jullien:  r>Airs  varies,  histoire,  crifique, 
hiographie  musicales  et  dramatiqiiesa  (Paris,  1877).  —  Ch.  Dancia:  y>Miscella»ees 
inusicalesa  (Paris,  Colombier,  1877).  —  Amedee  Mereaux:  ^Varietes  litteraires 
et  musicales;  pree,  d'une  notice  biogr.  piar  Marmontel<i  (Paris,  Calmann  Levy, 
1878).  —  Armand  de  Pontmartin:  r)Souvenirs  d'un  vieux  melomanea  (Ebendas., 
1878).  —  W.  Gardiner:  y>Music  andfriends;  or,  pleasant  recoUecfions  of  a  dilet- 
fante«.  3  vol.  (London,  1828 — 53).  —  H.  F.  Chorley:  y>Music  and  mamiers  in 
Trance  and  Germany«.  3  vol.  (London,  1841).  —  Derselbe:  r>Modern  German 
mnsic;  Recollections  and  criticismsv.  2  vol.  (London,  1854).  —  Derselbe: 
»Thirtg  gears'  musical  recollectionsa.  3  vol.  (London,  Hurst  &  B.,  1862).  — 
Henry  Phillips:  y>Musical  and  personal  recollections  during  half  a  Century a.  2  vol. 
(London,  Skeet,  1864).  —  Carl  Engel:  »Mitsical  myths  andfactsti.  2  vol.  (London, 
1876).  Mit  einer  Tafel.  —  Filippo  Filippi:  y>Musica  e  musicisti;  Gritiche,  bio- 
grafie  ed  escursionin  (Milano,  Brigola,  1876).  —  F.  Gumbert:  »Musikalisch 
Gelesenes  und  Gesammeltes«.  Illustrirt  von  J.  Raymond  de  Baux  (Berlin,  Las- 
car,  1860).  —  Clara  Fromm:  »Musikalische  Anthologie.  Eine  Sammlung  von 
Aussprüchen  über  Tonkunst  von  Tonküustlern,  Theoretikern  und  Dichtern« 
(Leipzig,  Matthes,  1869).  —  La  Mara:  Musikalische  Gedanken-Polyphonie. 
Aussprüche  berühmter  Tonsetzer  über  ihre  Kunst«.  Mit  Vignetten  u.  s.  w. 
(Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1873).  —  H.  Mund:  »Musikalisches  Künstler- 
brevier« (Leipzig,  G.  Wigand,  1878).  —  J.  Seiling:  »Aphorismen  und  Aus- 
sprüche berühmter  Persönlichkeiten  über  Musik«  (Berlin,  Luckhardt,  1879).  — 
Dr.  Ludw.  Schemann:  »Die  Musik  und  ihre  Classiker  in  Aussprüchen  R.  W^ig- 
ner's  (Leipzig,  Schloemp,  1878).  —  G.  Kastner:  »Paremiologie  musicale  de  la 
langue  J'ran^aise ,  ou  Eocplication  des  proverbes  etc.,  qui  tirent  leur  origine  de  la 
musique  ete.,  suivi  de  la  Saint-JuUen  des  Menetriers,  symplionie-cantate  a  gr.  orch.«^ 
(Paris,  1866).  —  J.  B.  W'eckerlin:  r>Musiciana;  Exfraits  d'otivrages  rares  ou 
bizarres,  anecdotes,  lettres  etc.,  concernant  la  musique  et  les  itiusicicnsa  (Paris, 
Garnier,  Freres,  1877). 

16)  Gesangstudium  und  Gesangunterricht.  H.  F.  Mannstein:  »Ge- 
schichte, Geist  und  Ausübung  des  Gesanges  von  Gregor  dem  Grossen  bis  an 
unsere  Zeit«  (Leipzig,  1845).  —  Derselbe:  »Die  grosse  italienische  Gesang- 
schule.« 2.  Auflage  des  Werkes:  »Das  System  der  grossen  Gesangschule  des 
Bernacchi  von  Bologna«  (Dresden  und  Leipzig,  1848),  —  Manuel  Garcia  Sohn: 
»Garcia's  Schule  oder:  Die  Kunst  des  Gesanges  in  allen  ihren  Theilen  voll- 
ständig abgehandelt«.  Mit  französischem  und  deutschem  Texte;  letzterer  von 
Wirth  und  Mangold.  2  Theile  (Mainz,  Schott).  —  Friedr.  Schmitt:  »Grosse 
Gesangschule  für  Deutschland«   (München,  Lindauer,  1854).  —  Aug.  Reissmann: 


I 


Literatur.  239 

»Ciavier  und  Gesangschule«  (Leipzig.  Siegels  Musiknlieiihaiullung,  R.  Linnemann). 

—  ¥.  Huinraa:  »Der  deutsche  Kunsttfesang.  Seine  Begründung  und  fjutwickelung 
nach  physiologischen  (iesetzen  und  künstlerischen  Principicn«  (Hcrlin,  Schlesin- 
ger, 187;^).  —  G.  Engel:  »Die  Consonanten  der  deutschen  Spruche«  (Berlin, 
Challier,  1874).  —  H.  Mannstein:  »Katechismus  des  Gesanges  im  Lichte  der 
Naturwissenschaften,  der  Sprache  und  Logik«  (Leii)zig,  Matthes,  1864).  — 
('.  H.  Döring:  »Aphorismen  vom  Felde  der  Kunst  des  Gesanges«  (Dresden, 
18tJU).  —  Ferd.  Sieber:  »Aphorismen  aus  dem  Gesangslebcn.  Didaktisches, 
Humoristisches,  Polemisches«  (Leipzig,  Matthes,  1865).  —  Elise  Polko:  »Vom 
Gesänge.  Musikalische  "Winke  und  Lebensbilder«  (2.  Aufl.,  Leipzig,  Barth, 
1877).  —  J.  G.  Vcnzoni:  »Aus  dem  Tagebuche  eines  Gesanglehrers«  (Leipzig, 
Matthes,   1879).  —   Jules  Audubert:   »L'art  du  chanh^  (Paris,   1876). 

17)  Harmonie-  und  Compos  itionslehre ;  allgemeine  Musiklehre 
und  -Unterricht;  Notenschrift.  A.  Baumgartner:  »Kurzgefasste  Geschichte 
der  musikalischen    Notation«    (München,  Franz,   1856).     Mit  einer  Tafel  in  Fol. 

—  Derselbe:  Kurzgefasste  Anleitung  zur  musikalischen  Stenographie  oder  Ton- 
zeichenkunst« (Ebendaselbst,  1853).  Mit  einer  Tafel.  —  H.  Riemann:  »Studien 
zur  Geschichte  der  Notenschrift«  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1879).  — 
K.  B.  Schumann:  »Vorschläge  zu  einer  Reform  auf  dem  Gebiete  der  Musik 
durch  Einführung  eines  einfachen  und  naturgemässen  Tastatur-  und  Noteu- 
Systems«  (2.  Auflage,  Langensalza,  Verlags-Comptoir,  1861).    Mit  2  Notentafeln. 

—  Ad.  Decher:  »Chromographische  Darstellung  der  Tondichtungen«  (München, 
Ackermann,  1875).  —  Otto  Quantz:  »Zur  Geschichte  der  neuen  chromatischen 
Claviatur  und  Notenschrift«  (Berlin,  Stilke,  1877).  Mit  3  Taf.  —  Stef.  Tempia: 
»Sfiidi  sulla  musicografiav.  (Venezia,  Grimaldo,  1873).  Mit  Tabelle.  —  Charles 
Meerens:  »i<?  diapason  et  la  notation  simplifieesa  (Bruxelles,   Schott,   1873). 

J.  C.  Lobe:  »Katechismus  der  Musik«  (17.  Aufl.,  Leipzig,  Weber,  1876). 

—  A.  V.  Dommer:  »Elemente  der  Musik«  (Leipzig,  T.  0.  AVeigel,  1862).  — 
0.  Singer:  »Metaphysische  Blicke  in  die  Tonwelt  u.  s.  w.«  Herausgegeben  von 
G.  Phillipps  (München,  lit.-art.  Anstalt,  1847).  —  S.  Stehlin:  »Die  Naturge- 
setze im  Tonreiche  und  das  europäisch -abendländische  Tonsystem  vom  7.  Jahr- 
hundert bis  auf  unsere  Zeit«  (Innsbruck,  Pfaundler,  1852).    Mit  18  Notentafeln. 

—  H.  J.  Vincent:  »Die  Einheit  in  der  Tonwelt«  (Leipzig,  Matthes,  1862).  — 
C.  F.  Weitzmann:  »Harmouiesystem«  (Leipzig,  Kahnt,  1860).  —  Dr.  Hermann 
Oesterley:  »Academische  Vorlesungen  über  Theorie  der  Musik«  (Leipzig,  Breit- 
kopf &  Häi-tel,  1861).  —  Professor  Ed.  Krüger:  »System  der  Tonkunst«  (Eben- 
daselbst, 1866).  —  Arthur  v.  Oettingen:  »Harmoniesystem  in  dualer  Ent- 
wickelung.  Studien  zur  Theorie  der  Musik«  (Dorpat,  Gläser,  1866).  —  A.J.Koch: 
»Neue  Tonlehre«  (Wien,  Gerold's  Sohn,  1876).  —  F.  J.  Kunkel:  »Das  Ton- 
system in  Zahlen.  Anleitung  zur  Entwickelung  und  Berechnung  der  Ton- 
verhältnisse« (Frankfuit,  1877).  —  A.  Basevi:  »Introduzioue  ad  un  nuovo  siatema 
d'armonia'i.  (Firenze.  1S62).  nSti/di  suirarmonia<.<  (Firenze,  1865).  —  Melchiore 
Balbi:  *>Ntiovo  sistema  armonieo  fondaio  sulla  divisione  delVottava  in  dodeci  semi- 
toni  equahilii.i  (Padova,  Prosperini,  1878).  Mit  12  Tafeln.  —  F.  P.  Graf  Lau- 
rencin:  »Die  Harmonik  der  Neuzeit  erläutert«  (Leipzig,  Kahnt,  1861).  — 
C.  Mayrberger:  »Lehrbuch  der  musikalischen  Harmonik«.  1.  Theil  (Pressburg 
und  Leipzig,  Heckenast,  1878).  —  Ludwig  AVestphal:  »Elemente  des  musikali- 
schen Rhythmus  mit  besonderer  Rücksicht  auf  unsere  Opern-Musik«.  1.  Theil 
(Jena,  1872).  —  A.  W.  Arabros:  »Zur  Lehre  vom  Quinten  -  Verbote.  Eine 
Studie«  (Leipzig,  Matthes,  1859).  —  Dr.  0.  Hostinsky:  »Die  Lehre  von  den 
musikalischen  Klängen.  Ein  Beitrag  zur  ästhetischen  Begründung  der  Harmonie- 
lehre« (Prag,  Dominicus,  1878).  —  S.W.  Dehn:  »Theoretisch-praktische  Harmonie- 
lehre« (2.  Au.sg,,  Berlin,  Schlesinger,  1860).  —  E.  F.  Richter:  »Lehrbuch  der 
Harmonie«  (13.  Aufl.,  Leipzig,  Breitko^if  &  Härtel,  1878).  —  W.  Oppel:  »Die 
Lehre  von  der  musikalischen  Harmonie«  (Frankfurt  a.  M.,  Dieaterweg,  1876).  — 
Savard:   »Coitrs  complei  d'/iarmonir»  (2'"  ed.,  Paris,  1868).  —  A.  F.  Vivier:  »Traitc 


240  Literatur. 

complet  d'harmonie  tlieorique  et  pratique<i  (4^  ed.,  Bruxelles,  Katto,  1878).  — 
L.  F.  Casamorata:  »Manuale  di  armoniav.  (Firenze,  1876).  —  Federico  Parisini: 
i)Trattato  elenientarc  d'armoniaa  (Bologna,  1879).  —  H.  Bellenuann:  »Der  Contra- 
punkt« (2.  Aufl.,  Berlin,  1877).  —  M.Hauptmann:  »Erläuterungen  zu  J.  S.  Bach's 
Kunst  der  Fuge«  (Neue  Ausg.,  Leipzig,  1871).  —  L.  Busslor:  »Der  strcinge 
Satz  in  der  musikalischen  Compositionslehre«  (Berlin,  Habel,  1877).  —  »Contra- 
pnnkt  und  Fuge  im  freien  Tonsatz«  (Ebendaselbst,  1878).  —  »Musikalische 
Formenlehi-e«  (Ebendaselbst,  1878).  —  Emil  Naumann:  »Darstellung  eines  bisher 
unbekannt  gebliebenen  Stylgesetzes  im  Aufbau  des  clussischen  Fugenthemas« 
(Berlin,  Oppenheim,  1878).  —  »Beethoven's  Studien  im  Geueralbass,  Contra- 
punkt und  in  der  Cümjjositionslehre,  von  Ritter  v.  Seyfried.  2.  vervollständigte 
Ausgabe  von  Prof.  H.  Pierson«  (Leipzig,  .T.  Schuberth  &  Co.)  —  D.  G.  Türk: 
»Anweisung  zum  Generalbassspielen«  (5.  Aufl.  von  Dr.  Fr.  Naue,  Halle,  1841), 
—  J.  H.  Knecht:  »Theoi^etisch-praktische  Generalbassschule«  (2.  Ausg.,  Bozen, 
Thuille,  1858).  —  F.  W.  Schütze:  »Generalbass  für  Dilettanten«  (4.  Ausg., 
Dresden,  1872).  —  Dr.  C.  Wöltje:  »Neue  (ilrammatik  der  Tonsetzkunst«  (Leipzig, 
Matthes,  1853).  —  S.  Sechter:  »Die  Grundsätze  der  musikalischen  Composition«. 
:}  Theile  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1853—54).  —  A.  B.  Marx:  »Die  Lehre 
von  der  musikalischen  Composition  praktisch -theoretisch«.  4  Theile  (Neueste 
Aufl.,  Leipzig,  Breitkojjf  &  Härtel,  1868—75).  —  J.  C.  Hauff:  »Die  Theorie 
der  Tonsetzkunst«.  5.  Band  (Frankfurt  a.  M.,  Klimsch  &,  Co.,  1877).  —  H.  Rie- 
mann:  »Musikalische  Syntaxis.  Grundriss  einer  harmonischen  Satzbildungslehre« 
(Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1877).  —  A.  Andre.  »Lehrbuch  der  Tonsetzkunst« 
(Neueste  Ausgabe  von  H.  Henkel,  Offenbach,  Andre,  1879).  —  P.  Gleich:  »Die 
Hauptformeu  der  Musik.  Populär  dargestellt«  (Leipzig,  Kahnt,  1862).  —  F.  L.  Schu- 
bert: »Die  Instrumentalmusik  in  ihrer  Theorie  und  ihrer  Praxis  oder  die  Haupt- 
formen und  Tonwerkzeuge  der  Concert-,  Kammer-,  Militär-  und  Tanzmusik 
wissenschaftlich  und  historisch  erläutert«  (Leipzig,  M.  Schäfer,  1865).  —  B.  Wid- 
raann:  »Formenlehre  der  Listrumentalmusik.  Nach  dem  Systeme  Schnyder's  v. 
Wartensee  u.  s.  w.«  (Leipzig,  Merseburger,  1862).  —  F.  Z.  Skuhersky:  »Die 
musikalischen  Formen«  (Prag,  Mikulas  &  Knapp,  1879).  —  H.  Berlioz:  »lu- 
strumentationslehre«  und  »Der  Orchester-Dirisent«.  Autorisirte  deutsche  Aus- 
gäbe  von  Alfred  Dörffel  (Leipzig,  Heinze,  1864).  —  G,  Kastner:.  y>Mamiel 
general  de  musique  militaire  ä  Vasaye  des  armees  francaises<i  (Paris,  1848).  — 
Deldevez:  yyL'art  du  clief  d^orclitstrev.  (Paris,  F.  Didot  &  Co.,  1878).  —  J.  Vesque 
V.   Püttlingen:  »Das  musikalische  Autorrecht«  (Wien,  Braumüller,  1864). 

G.  Schilling:  »Allgemeine  Yolksmusiklehre«  (2.  Ausgabe,  Augsburg,  Lam- 
part &  Co.,  1854).  Mit  Sch.'s  Porträt.  —  J.  Proksch:  »Allgemeine  Musiklehre«. 
2  Theile  (Prag,  1857).  —  A.  B.  Marx:  »Allgemeine  Musiklehre«  (9.  Aufl., 
Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  1875).  —  F.  Zimmer:  »Musiklehre«.  3  Theile 
(2.  Aufl.,  Quedlinburg,  Vieweg,  1877).  —  Chr.  Urban:  »Zur  Reform  des  all- 
gemeinen Musikunterrichts«  (Elbing,  Neumann- Hartmann,  1855).  —  J.  Aisleben: 
»Das  musikalische  Lehramt«  (Offenbach,  Andre,  1877).  —  »Entwurf  einer  um- 
fassenden und  geordneten  Darstellung  aller  bei  der  Beurtheilung  des  Musik- 
unterrichts, seiner  Erfolge  und  des  Inhalts  einschlägigen  Lehrwerke  massgeben- 
den Factoren.  Herausgegeben  vom  Vereine  der  Wiener  Musiklehrer  und  Musik- 
lehrerinnen« (Wien,  1877).  —  A.  Basler:  »Musikalische  Faulenzer«  (Ludwigs- 
hafen a.  Rh.,  Lauterborn,  1879). 

18)  Geschichte  der  musikalischen  Instrumente,  deren  Technik, 
Studium  und  Unterricht.  H.  Welcker  v.  Gontershausen:  »Neu  eröffnetes 
Magazin  musikalischer  Ton  Werkzeuge,  dargestellt  in  technischen  Zeichnungen 
u.  s.  w.«  Mit  160  Abbildungen  (Frankfurt  a.  M.,  Winter,  1854).  —  Th.  Bert- 
hold und  M.  Fürstenau:  »Die  Fabrikation  musikalischer  Instrumente  und  ein- 
zelner Bestandtheile  im  königl.  sächsischen  Vogtlande«  (Leipzig,  1876).  — 
A.  de  Pontecoulant:  y>Oryano(jraj)hie.  Essai  sur  la  faclure  insiru/nenfale«.  2  vol. 
(Paris,  Castel,  18G1),  - —  O.  Comettaiit:  »La  musique,  les  musiciens  et  les  instruments 


Literatur.  24 1 

de  musique  chez  les  diff^erents  peuples  du  moudea  (Paris,  1869).  Mit  150  Ab- 
bildungen. —  Galliiy:  t>Les  instrumenta  des  ecoles  italiennes ,  cat.  suivi  de  notes 
sur  les  principatix  maitresa  (Paris,  1H72).  vLes  luthiers  Italiens  anx  11.  et  iS. 
siecles.  Nouv.  ed.  du  parfait  luthier  de  VÄhbe  Sihire ,  suivic  de  notes  sur  les 
maUres  des  diverses  ecoles«  (Paris,  1869).  —  G.  Chouquet:  »Le  musee  du  con- 
servatoire  national  de  musique.  Cat.  rai.<tonne  des  instruments  de  cette  collectioni 
(Paris.  1875).  —  r>Catalogne  du  Musee  instrumental  de  Mr.  A.  Saxv.  (Paris,  1877). 

—  ttCataloque  des  instruments  de  musique  anciens  et  modernes  du  Musee  Kraus 
ä  Florcncen  (Florence,  1878).  —  »Cataloc/uc  of  the  special  exlnhition  of  ancient 
musical  instruments  1872  in  South  Kensington  Museum«  (London,  1872).  — 
J.  Gilhofer:  »Das  Bücblein  von  der  Geige.  Geschichte  und  Charakteristik  der 
Violine«  (Wien.  1857).  —  Hyacinth  Abele:  »Die  A'ioline,  ihre  Geschichte  und 
ihr  Bau«.  Mit  Abbildungen  und  1  musikalischen  Beilage  (2.  Aufl.,  Neuburg  a.  d. 
Donau.  Prechter,  1874).  —  N.  L.  Diehl:  »Die  Geigenmacher  der  alten  italieni- 
schen Schule.  Eine  Uebersicht  u.  s.  w.«  (2.  Aufl ,  Hamburg,  Richter,  1866).  — 
Dr.  E.  Schebeck:  »Der  Geigenbau  in  Italien  und  sein  deutscher  Ursprung« 
(Prag,  1874).  —  Fr.  Niederheitmann:  »Creraona.  Eine  Charakteristik  der  italieni- 
schen Geigenbauer  und  ihrer  Instrumente«  (Leipzig,  Merseburger,  1877).  — 
»Die  Meister  der  Geigenbaukunst  in  Italien  und  Tirol«  (Wien,  1877).  —  Herrn. 
Ritter:  »Die  Geschichte  der  Viola- Alta  und  die  Grundsätze  ihres  Baues«  (2.  Aufl., 
Leipzig,  Weber,  1877).  Mit  2  Tafeln.  —  F.  Savart:  »lieber  den  Bau  der  Geige 
und  anderer  Saiteninstrumente«.  In's  Deutsche  übertragen  (Leipzig,  1844).  — 
(N.  Fürst  Youssoupoff:)  riLuthomonographie  historiqiie  et  raisonnee.  Essai  etcs^ 
(Francfort  s.  M.,  Jügel,  1856).  —  Antoine  Vidal:  »ie.?  instruments  ä  archet. 
Les  feseurs,  les  joueurs  dHnstruments ,  leur  histoire  sur  le  continent  europeen ; 
suivi  d'tm  cat.  gen.  de  la  musique  de  chamhre«.  Tom.  1 — 3  (Paris,  impr.  Quantin, 
1876 — 78).  Mit  vorzüglichen  Abbildungen,  gestochen  von  F.  Hillemacher.  Um- 
fassendes und  gediegenes  Werk.  —  Edm.  Vander  Straeten :  -»Le  noordsche  Balk 
(instr.  ä  cordes)  du  musee  communal  d'Ypres«  (Ypres,  La  Fonteyne,  1868).  Mit 
1  Tafel.  —  Sandys  und  Forster:  i>The  liistorg  of  the  violin  and  other  instruments 
played  on  toith  the  botv,  from  the  remotest  times  to  the  present«  (London,  1864). 
Mit  Abbildung.  —  G.  Hart:  i>The  Violin:  its  famous  makers  and  their  imitatorsa 
(London,  1875).  Mit  Abbildung.  —  Fr.  Regli:  i^Storia  del  Violino  in  Piemonfea 
(Torino,  186.3).  Mit  Porträt  Paganini's.  —  E.  Folegatti:  y>Storia  del  violino  e 
deir  archetto«.  2  vol.  (Bologna,  1873—74).  Mit  Abbildung.  —  Th.  de  Lajarte: 
r>Instruments  Sax  et  fanfares  civiles.    J&tude  pratiquea  (Paris,   1867). 

H.  Welcker  v.  Gontershausen :  »Der  Ciavierbau  in  seiner  Theorie,  Technik 
und  Geschichte«  (3.  Aufl.,  Frankurt  a.  M..  AVinter,   1864).    Mit  80  Abbildungen. 

—  Derselbe:  »Der  Flügel  oder  die  Beschaff'euheit  des  Pianos  in  allen  Formen. 
Eine  umfassende  Darstellung  der  Fortepiano -Baukunst  vom  Entstehen  bis  zu 
den  neuesten  Verbesserungen«  (N.  Aufl.,  ebendaselbst,  1856).  Mit  21  Stein- 
tafeln. —  J.  Fischhof:  »Versuch  einer  Geschichte  des  Ciavierbaues«  (Wien, 
Wallishausser,  1853).  —  C.  A.  Andre:  »Der  Ciavierbau  in  seiner  Geschichte, 
seiner  technischen  und  musikalischen  Bedeutung«  (Offenbach,  Andre,  1855).  — 
Blüthner  und  Gretschel:  »Lehrbuch  des  Pianofortebaues  in  seiner  Geschichte, 
Theorie  und  Technik«.  Mit  Atlas  (Weimar,  Voigt,  1872).  —  Ed.  Zachariae: 
»Das  Kunstpedal  an  Ciavierinstrumenten  u.  s.  w.«  (Wien,  1874).  —  Derselbe: 
»Das  Luftresonanzwerk  an  Tasten-Instrumenten«  (Wien,  1877).  —  H.  Schmitt: 
»Das  Pedal  des  Claviers.  Seine  Beziehung  zum  Ciavierspiel  und  Unterricht, 
zur  Composition  und  Akustik«  (Wien,  Wessely,  1875).  —  Castil-Blaze:  »ie 
Piano,  histoire  de  son  invention  etc.«  (Paris,  1840).  —  E.  Rimbault:  y>The  Piano- 
forte,  its  origin  etc.«  (London,  Cocks,  1860).  —  Leto  Puliti:  »Cenni  storici 
della  vita  di  Ferdinando  de^  Medici  gran  Prineipi  di  Toscana  e  della  origine  del 
Pianoforte.  Memoria  ecc.i  (»Atti  dell'  Accademia  del  R.  Istituto  musicalc  di  Firenze«. 
A°  XII"-  Firenze,  1874).  Hier  wird  die  erste  Erfiuderschaft  des  Pianoforte 
definitiv    dem    Bartolomeo    Cristofori    zuerkannt.    —    C.  Ponsicu'hi:     t>Tl    Piano- 

Mnsikal.  Convera.-I.exikon.    ErpänTiiiii^ljRnd.  lli 


242  Literatur. 

forte,  sua  origine  e  svilujJj^oa  (Firenze,  1876).  Mit  1  Tafel.  —  Graf  L.  F.  Yaldrigi: 
»Musurgiona«  (Modeua,  1879).  Ueber  Giacomo  Alviri  aus  Padua,  einem  Vor- 
gänger Cristofori'8.  —  »Arnolt  Schlick's  Spiegel  der  Orgelmacher.  Heidel- 
berg MDXI.  Mainz  bei  Peter  SchoefFer«.  Neuer  Abdruck  als  Beilage  zu  den 
Monatsheften  für  Musikgeschichte  (Berlin,  Trautweiu,  1870).  —  J.  G.  Töpfer: 
»Lehrbuch  der  Orgelbaukunst  u.  s.  w.«.  2  Theile  in  4  Abtheiluugen.  Mit 
1'30  Tafeln  (Weimar,  Voigt,  1855).  —  M.  Fürstenau:  »Zur  Geschichte  der 
Orgelbaukunst  in  Sachsen«  (Dresden,  1861).  —  H.  Sattler:  »Die  Orgel,  nach 
den  Grundsätzen  der  neuesten  Orgelbaukunst  dargestellt«  (4.  Aufl.,  Langensalza, 
Gressler,  1868).  Mit  6  Steintaf'elu.  —  C.  Kuntze:  »Die  Orgel  und  ihr  Bau. 
3.  gänzlich  umgearbeitete  Auflage  von  Seidel's  gleichnamigem  Buche«  (Leipzig, 
1875).  —  Otto  Wangemann:  »Geschichte  der  Orgel  und  der  Orgelbaukunst  von 
den  ersten  Anfängen  bis  zur  höchsten  Vollendung«  (Demmin,  A.  Frantz,  1879). 

—  E.  Rimbault:  r^The  Organ,  its  Jiistory  and  construction  etc.a  (London,  Cocks, 
1855).  —  W.  L.  Schmidt:  »Die  Aura  oder  Mundharmonika  (Brummeisen)  als 
musikalisches  Instrument  dargestellt«  (Quedlinburg,  1840).  Mit  Tafel  und  Noten- 
beilage.  —  C.  F.  Pohl:  »Zur  Geschichte  der  Glasharmonika«  (Wien,  Gerold,  1862). 

K.  Courvoisier:  »Die  Violin-Technik«  (Cöln,  Tonger,  1878).  —  A.  Tott- 
mann:  »Führer  durch  den  Violin-Unterricht.  Repertorium  u.  s.  w.«  (Leipzig, 
J.  Schuberth  &  Co.).  —  C.  Ph.  E.  Bach:  »Versuch  über  die  wahre  Art 
das  Ciavier  zu  spielen.  Im  Gewände  und  nach  den  Bedürfnissen  unserer  Zeit 
neu  herausgegeben  von  G.  Schilling«.  5.  Aufl.  des  Originals  (Berlin,  Mecklen- 
burg, 1856).  Mit  3  Tafeln  Musikbeilagen.  —  G.  Schilling:  »Der  Pianist  oder 
die  Kunst  des  Clavierspiels  in  ihrem  Gesammtumfange  theoretisch  -  praktisch 
dargestellt«  (2.  Ausg.,  Osterode,  Sorge,  1854).  —  Lebert  und  Stark:  »Gr. 
theoretisch-praktische  Ciavierschule  für  den  systematischen  Unterricht  nach  allen 
Richtungen  des  Clavierspiels  vom  ersten  Anfang  bis  zur  höchsten  Ausbildung«. 
4  Theile  (Stuttgart,  Cotta).  —  St.  Freiherr,  v.  Lesser:  »Musikalische  Gym- 
nastik« (Leipzig,  Veit  &  Co.,  1877).  —  E.  D.  Wagner:  »Musikalische  Orna- 
mentik« (Berlin,  Schlesinger.  1869).  —  H.  Germer:  »Technik  des  Clavierspiels« 
(2.  Aufl.,  Leipzig,  Leede,  1879).  —  L.  Bussler:  »Harmonische  Uebungen  am 
Ciavier«  (Berlin,  Stubenrauch,  1878).  —  Johanna  Kinkel:  »Acht  Briefe  an  eine 
Freundin  über  Ciavier -Unterricht«  (Stuttgart,  Cotta,  1852).  —  Eugen  Eisen- 
stein: »Die  Reinheit  des  Ciaviervortrages«  (Graz,  Leuschner  &  Lubensky,  1870). 

—  J.  Knorr:  »Führer  auf  dem  Felde  der  Clavierunterrichts-Literatur«  (2.  Aufl., 
Leipzig,  Kahnt,  1869).  —  G.  Armellino:  »Die  Kunst  des  Clavierstimmens  u.  s.  w.« 
(3.  Aufl.,  Weimar,  Voigt,  1872).  —  J.  G.  Herzog:  »Orgelschule«  (Erlangen, 
Deichert,  1867).  —  F.  W.  Schütze:  »Praktische  Orgelschule«  (6.  Aufl.,  nebst 
Handbuch  dazu,  Leipzig,  Arnold,  1877).  —  S.  Neukomm:  »Methode  eUmentaire 
sur  Vorgue  en  general  et  pour  Vorgue  expressif,  harmoniicm,  melodium,  physharmo- 
nica,  etc.,  en  particulierv  (Paris,  Richault,  1858).  —  Das  Partitursj)iel  in  einem 
geordneten  Lehrgang,  dargestellt  von   Dr.  Aug.  Reissman  (Leipzig,  Fr.  Kistner). 

19.  20)  Akustik,  Physiologie  der  Stimme  u.  s.  w.  G.  Schilling: 
»Akustik  oder  die  Lehre  vom  Klange«   (2.  Ausg.,  Stuttgart.  Hallberger,   1856). 

—  F.  W.  Opelt:  »Allgemeine  Theorie  der  Musik  auf  den  Rythmus  der  Klang- 
welleni^ulse  gegründet  u.  s.  w.«  (Leipzig,  J.  A.  Barth,  1852).  Mit  3  Tafeln.  — 
F.  Zamminer:  »Die  Musik  und  die  musikalischen  Instrumente  in  ihrer  Beziehung 
zu  den  Gesetzen  der  Akustik«  (Giessen.  Ricker,  1855).  —  R.  Pohl:  »Akustische 
Briefe«  (Leipzig,  Matthes,  1853).  —  J.  S.  C.  Schweigger:  »Ueber  Magnetismus 
in  akustischer  Beziehung  und  damit  zusammenhängende  weltharmonische  Ge- 
setze« (Halle,  1856).  —  Professor  Fr.  Jos.  Pisko:  »Die  neueren  Ajjparate  der 
Akustik«  (Wien,  Gerold's  Sohn,  1865).  —  Consist.-Rath  Dr.  Ebrard:  »System 
der  musikalischen  Akustik«  (Erlangen,  Deichert,  1866).  —  W.  Preyer:  »Ueber 
die  Grenzen  der  Tonwahrnehmung«  (Jena,  1876).  —  Derselbe:  »Akustische 
Ilntersuchungcm«  (Jena,  Fischer,  1879).  Mit  2  Tafeln.  —  H.  Helmholtz:  »Die 
Lehre  von  den  Tonempfiudungen  u.  s.w.«  (4.  Ausg.,  Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn, 


Literatur.  243 

1877).  —  E.  Mach:  »Einleitung  in  die  Helmholtz'sche  Musiktheorica  (Graz, 
Leuschner  &  Lubensky,  1866).  —  R.  Radau:  »Die  Lehre  vom  Schall.  Geraein- 
fassliche  Darstellung  der  Akustik«  (2.  Aufl.,  München,  1875).  —  P.  Blaseruu: 
»Die  Theorie  des  Schalls  in  Beziehung  zur  Musik.  10  Vorlesungen.  In's 
Deutsche  übersetztet  (Leipzig,  Brockhaus,  1876).  —  John  Tyndull:  »Der  Schull«. 
Autorisirtf  deutsche  Ausgabe,  herausgegeben  von  H.  Helmholtz  und  G.  Wiede- 
raann  {'2.  Aufl.,  Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn,  1874).  —  J.  AV.  Strutt,  Baron 
Rayleigh:  »Die  Theorie  des  Schalles«.  Autorisirte  deutsche  Ausgabe.  Ueber- 
setzt  von  Dr.  Fr.  Neesen.  1.  Bund  (Ebendaselbst,  1879).  —  W.  Preyer:  »Ueber 
die  Grenzen  der  Tonwahrnehmung«  (Jena,  1876).  —  Delezenne:  nConsiderations 
sur  Vacouistique  musicalea.  (Lille,  1855).  —  A.  Guillemin:  »ie  son.  Notions 
(Tacoustique  jihi/sitjue  et  musicale«  (Paris,  1875).  —  J.  Rambosson:  »Les  harmonits 
du  son  et  Vhistoire  des  instr.  de  musiquea.  (Paris,  1878).  Mit  vielen  Illustra- 
tionen und  5  chromolithographischen  Tafeln.  —  Ad.  Thürlings:  »Die  beiden 
Tongeschlechter  und  die  neuere  musikalische  Theorie«  (Berlin,  Liepmannssohu, 
1877).  —  AI.  Kraus  Sohn:  »ie  quattro  scale  diatoniche  della  moderna  fonalitm 
(Firenze,  1874).  Ein  »Vorschlag«,  auch  französisch  gedruckt.  Mit  1  Tafel.  — 
Charles  Meerens:  »Memoire  sur  le  Diapason,  adr.  a  V Institut  national  de  Qenevcn 
(Bruxelles,  1877).  —  Derselbe:  ^Hommage  ä  la  memoire  de  Mr.  Delezennea 
(Lille,  1870).  —  Prof.  Frz.  Delitzsch:  »Physiologie  und  Musik  in  ihrer  Be- 
deutung für  Grammatik,  besonders  die  hebräische«  (Leipzig,  Dörffling  und 
Franke,  1868).  —  Dr.  Osk.  Wolf:  »Sprache  und  Ohr.  Akustisch-physiologische 
und  pathologische  Studien«  (Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn,  1871).  —  M.  Rie- 
mann:  »Das  musikalische  Hören«  (Leipzig,  1874).  —  Prof,  C.  L.  Merkel:  »Ana- 
tomie und  Physiologie  des  menschlichen  Stimm-  und  Sprach-Organs  (Anthropo- 
phonik)  u,  s.  w.«  (Leipzig,  1857).  —  Derselbe:  »Der  Kehlkopf  oder  die  Erkennt- 
niss  und  Behandlung  des  menschlichen  Stimmorgans  im  gesunden  und  erkrankten 
Zustande«  (Daselbst,  Weber,  1873).  —  Dr.  Mich.  Jos.  Rossbach:  »Physiologie 
und  Pathologie  der  menschlichen  Stimme  auf  Grundlage  der  neuesten  akusti- 
schen Leistungen  bearbeitet«.  1.  Theil  (Würzburg,  Stuber,  1869).  —  0.  Gutt- 
mann:  »Gymnastik  der  Stimme«  (3.  Aufl.,  Leipzig,  Weber,  1876).  —  Dr.  L.Mandl: 
»Die  Gesundheitslehi'e  der  Stimme  in  Sprache  und  Gesang«  (Braunschweig, 
Vieweg  &  Sohn,  1876).  —  Prof.  C.  Reclam:  »Sprache  und  Gesang.  Eine 
Uebersicht  u.  s.  w.«  (Stuttgart,  J.  Hoffmann,  1878).  —  G.  Gottfried  Weiss: 
»Stimmbildungslehre  für  Gesang  und  Rede«  (Braunschweig,  Vieweg  &  Sohn, 
1877).  —  H.  Zopff:  »Die  Behandlung  guter  und  schlechter  Stimmen  im  ge- 
sunden und  kranken   Zustande«  (Leipzig,  Merseburger,   1878). 

G.  Kastuer:  »ies  Sirenes.  Essai  sur  les  principaux  mythes  relatifs  ä  Vin- 
cantation  (les  enchanteurs,  la  musique  maijique,  le  chant  du  cygnc,  etc.),  consideres 
dans  leurs  rapports  avec  Vhistoire,  la  philosophie,  la  litterature  et  les  heaux-arts.v. 
(Paris,  Brandus,  1858).  Mit  vielen  Tafeln.  —  Derselbe:  »ia  harpe  d'Eole,  et 
la  musique  cosmique.  j£tudes  sur  les  rapports  des  phenomenes  sonores  de  la  nature 
avec  la  scienee  et  Vart;  suiv.  de  Stephen,  ou  la  Harpe  d'Eole,  gr.  monologue  lyrique 
avec  choeursci  (P&ris,  1856).  Mit  Tafeln  und  Musiknoten.  —  A.  de  Pontecoulant: 
»Zes  phenomenes  de  la  musique,  ou  inßuence  du  son  sur  les  etres  animesa  (Paris, 
1868).  —  H.  Lavoix  fils:  »La  musique  dans  la  naturea  (Paris,  Pottier  de  Laleine: 
1873).  —  Casimir  Colomb:  »Za  musique<i.  Illustr.  de  119  grav.  (Paris,  Ha- 
chetle  &  Co.,  1879).  Ist  eine  Abtheilung  der  r>Bibliotheque  des  Merceillesa  und 
gehört  zum  grossen  Theile  hierher.  —  M.  J.  Estcourt:  aMusic,  the  voice  of 
harmony  in  creationa  (London.   1857). 

21)  Belletristik  und  Curiosn.  Elise  Polko:  »Die  Bettler-Oper.  Ein 
Lebensbild  aus  der  Dichter-  und  Musikerwelt  der  Zeit  Georg  I.«  3  Bände 
(Hannover,  Rümpler,  1863).  »Alte  Herren,  die  Vorläufer  Bach's.  Sechs  Cautoren 
der  Leipziger  Thomasschule.  Silhouetten«  (Ebendaselbst,  1865).  »Pagauiui  und 
die  Geigenbauer«  (Leipzig,  B.  Schlicke,  1876).  »Aus  der  Künstlerwelt«  (Neue 
Ausg.,    Leipzig,    1878).     »Neue    Künstlermärchou«    (Leipzig,    Barth,    1879).  — 

16* 


244  Literatur  —  Loder. 

Ernst  Pasque:  »Aus  der  Welt  der  Töne.  Erlebnisse  eines  Mädchen- Quartetts 
am  Haidehause«  (Leipzig,  Spamei*,  1878).  —  E.  0.  Lindner:  »Sturm  und  Com- 
pass«  (Berlin,  1859).  Ein  Koman,  in  welchem  unter  andern  auch  das  populäre 
musikalische  Leben  der  Deutschen  zur  Darstellung  gebracht  ist.  —  George  Sand: 
»Die  Musikanten -Zunft«.  Deutsch  von  Ciaire  v.  Glümer  (2.  Ausg.,  Leipzig, 
0.  "VVigand,  1863).  —  G.  Scheurlin:  »Musiker-Novellen«  (Hannover,  Rümpler, 
1872).  —  Mor.  Hanemann:  »Felix  Fistel«  (Berlin,  1846).  »Aus  der  Musiker- 
welt« (Daselbst,  1874).  —  Heinr.  Schaumberger:  »Bergheimer  Musikanten- 
(jreschichten«  (Wolfenbüttel.  Zwissler,  1876).  —  A.  E.  Brachvogel:  »Friedemann 
Bach«  (Berlin,  .Tanke).  —  Eduai-d  Mörike:  »Mozart  auf  der  Reise  nach 
Prag.  Novelle«  (Stuttgart,  Cotta,  1856).  —  Heribert  Rau:  »Beethoven«,  »Mozart«. 
»AVeber«.  Drei  Romane  (Berlin,  Janke.).  —  Ed.  Maria  Oettinger:  »Rossini«. 
»Strauss«.  Zwei  komische  Romane  (Ebendaselbst).  —  P.  Scudo:  »Der  Chevalier 
Sarti«.    Roman,  aus  dem  Französischen  übersetzt  von  Otto  Kade  (Dresden,  1858). 

—  Ottfried:  »Schubert-Novellen.  6  Blätter  aus  dem  Liederkranze  des  unsterb- 
lichen Meistersängers«  (2.  Aufl.,  Innsbruck,  Wagner,  1865).  —  Heinr.  Pfeil: 
»Kleine  Musikantengeschichten.  Ernst  und  Humor  aus  dem  Leben  berühmter 
Tonkünstler«  (Leipzig,  Spamer,  1878).  Anekdoten-Sammlung.  —  •aL'Entretien. 
des  musiciens«,  par  le  Sr.  Annihal  Gantez,  de  Marseille.  Puhlie  d' apres  la  rarissime 
edition  d'Auxerre,  1643,  par  JE.  Thoinan  (Paris,  1878).  —  Barnard:  nCamüla: 
a  tale  of  a  violin.  Being  the  artist  life  of  Cam.  ZTrso»  (Boston,  1874).  — 
G.  Phillips:  »Heber  den  Ursprung  der  Katzenmusiken«  (Freiburg,  1849).  — 
Alexander  Moszkowski:  »Poetische  Musikgeschichte«   (Berlin,   Th.  Barth,   1876). 

—  W.  Tappert :  »Ein  AVagner-Lexikon.  Wörterbuch  der  TTnhöflichkeit,  u.  s.  w.« 
(Leipzig,  Fritzsch,  1877).  —  A.  de  Lasalle:  -oDictionnaire  de  la  musique  appliquee 
ä  Vamouri^  (Paris,  1868).  Mit  einem  Titelkupfer.  —  D.  Mettenleiter:  »Philomele«. 
Taschenbuch  aus  1866,  67  (Regensburg,  Brixen).  —  Theodor  Drobisch:  »Humo- 
ristischer Musik-  und  Theater-Kalender«  aus  1852,  53,  55  (Leipzig,  Wengler). 

Litzan,  J.  B.,  niederländischer  Organist,  geboren  zu  Rotterdam  am  9.  Sept. 
1822,  ist  in  dieser  Stadt  Organist  an  einer  reformirten  Kirche  daselbst.  Er 
gab  heraus:  »ie«  melodies  des  psaumes  et  chants  en  vsage  dans  Veglise  reformee 
des  I'ays-Bas<i  (Rotterdam,  Lichtenauer,  1861);  nLes  melodies  des  psaumes  et 
chants  en  usage  dans  Veglise  evangelique  lutherienne  arrangees  ä  quatre  partiesv, 
id.  id.  1852. 

Lobo,  Hector,  portugiesischer  Musiker,  berühmt  als  Organist  und  gleich- 
zeitig als  Orgelbauer  von  seinen  Zeitgenossen  sehr  geschätzt.  1559  restaurirte 
er  die  grosse  Orgel  der  Kirche  Santa  Cruz  in  Coimbra,  welches  Werk  jedoch 
vor  einigen   Jahren  durch   einen  Unberufenen  fast  ganz  zerstört  worden  ist. 

Loder,  Edward  James,  englischer  dramatischer  Componist  und  Orchester- 
dirigent, ist  1813  zu  Bath  als  Sohn  eines  talentvollen  Musikers,  Violinisten 
geboren.  In  seiner  Familie  waren  zwei  seiner  Brüder  John  und  Wilhelm, 
die  aber  lange  vor  ihm  starben  und  zwei  Schwestern  bereits  zur  Musik 
ausgebildet,  als  Loder,  der  von  seinem  Vater  und  in  Frankfurt  a.  M.  von 
Ferdinand  Ries  ebenfalls  schon  in  der  Musik  unterrichtet,  über  seinen  Beruf 
jedoch  noch  unentschieden  war.  Er  wollte  Medicin  studiren;  jedoch  nach 
einer  erneuerten  Begegnung  mit  Ries  in  Frankfurt  a.  M.,  vertraute  er  sich  der 
Leitung  dieses  Künstlers  an  und  erwählte  die  Musik  als  Lebensberuf.  Nach 
England  zurückgekehrt,  übergab  ihm  der  Direktor  des  zu  eröffnenden  Theaters 
»Lyceum«  einen  von  ihm  verfassten  Operntext,  den  L.  in  Musik  setzte.  Diese 
Oper  »Nourjahad«  erhielt  des  Textbuches  wegen,  nur  mittelmässigen  Erfolg, 
die  Musik  aber  bekundete  nach  dem  Urtheile  Macfarrens,  nicht  allein  ein  be- 
merkenswerthes  Talent,  sondern  bereitete  auch  in  England  ein  neues  Genre  der 
dramatischen  Musik  vor,  auf  welchem  englische  Componisten  sich  in  der  Folge 
auszeichneten.  Die  nächste  Oper  L.'s  war  nDice  of  Deatha.  Seinen  Ruf  als 
Componist  befestigten  alsbald  die  bei  Almen  &  Comp,  erschienenen  zwölf 
geistlichen   Gesängo,  denen,  in  demselben  Verlage,  eine  sehr  grosse  Anzahl   von 


Lodüjensky    -    Löwe.  245 

GeBÜngen,  Duos  u.  s.  w.  folgten.  Den  cigonthiimlichen  Gcdiinkcn,  aus  diesen 
verschiedenen  Musikstücken  eine  Art  Oper  zusammenzustellen,  verwirklichten 
die  Herausgeber  derselben  1838,  indem  diese  Oper  unter  dem  Titel  »Franz  I.« 
im  Drury-Lauc  Theater  zur  Aullühruiig  kam.  Einige  Jahre  später  übernahm 
L.  die  Leitung  des  Orchesters  am  l'riiicesH  Theater,  und  brachte  daselbst  1846 
die  Opern  liTJie  night  Danccrsa,  sein  bestes  dramatisches  Werk,  und  1848  fPucka 
Operuballade  zur  Aufführung.  Als  Operorchesterdirektor  ging  er  in  einiger 
Zeit  nach  Manchester,  und  brachte  auch  hier  ein  bedeutendes  Werk  nRaymond  and 
Aynesa  zur  Autführung,  eine  Oper,  welche  auch  in  London  im  St.  James  Theater 
gegeben  wurde,  jedoch  unter  ungünstigen  Umständen.  L.  schrieb  noch  drei 
Opern,  welche  nicht  zur  Auflührung  kamen,  ferner  Ciavierstücke,  Streichquar- 
tette, viele  Gesangstücke  und  eine  grosse  Cantate  y>Tke  Island  of  Cali/psoa, 
aufgeführt  1851  im  neuen  Philharmonischen  Concert,  alles  Werke  von  künst- 
lerischer Keife.  Im  Jahre  1856  wurde  L.  von  einer  Geisteskrankheit  befallen, 
von  der  er  nach  einigen  Jahren  anscheinend  geheilt  war;  aufs  neue  von  dem 
Uebel  befallen,  starb  er  zu  London  am  5.  April  1865. 

Lodüjensky,  N.,  russischer  Componist,  hat  sich  in  den  letzten  Jahren  durch 
die  Veröffentlichung  einer  Anzahl  Komanzen  und   Gesänge  bekannt  gemacht. 

Lövenskjold,  (nicht  Löwenskjold,  VI,  428),  Hermann  Severin,  Baron 
von,  ist  am  30.  Juli  1815  in  Norwegen  geboren,  kam  mit  seinem  Vater,  einem 
Dänen  von  Geburt,  und  mit  seiner  in  Norwegen  geborenen  Mutter,  1829  nach 
Dänemark,  wo  er  auch  seine  musikalische  Bildung  erhielt.  1836  wurde  sein 
erstes  Werk  für  die  Bühne,  die  Musik  zu  Bournonvilles  Ballet  »Die  Sylphide«, 
aufgeführt  und  sprach  sehr  an.  Auch  mehrere  seiner  Opern  gingen  in  Scene: 
1839  »Saracf;  1841  »Die  Höhle  im  Kullabergea;  1848  »Die  Feuerprobe«  und 
1851  »Turandot«.  Ausserdem  componirte  er  die  Musik  zum  Drama:  »König 
Wolmer  und  die  Meerfrau«;  zwei  Concert-Ouverturen;  ein  Trio;  ein  Quintett; 
Ciavierstücke  und  Lieder.  1841  wurde  er  königlicher  Kammermusiker  und 
1851   Organist. 

Low,  Josef,  einer  der  fruchtbarsten  Pianofortecomponisten  der  (Gegenwart, 
ist  am  23.  Januar  1834  in  Prag  geboren,  bildete  sich  zu  einem  hervorragenden 
Ciavierspieler,  als  welcher  er  bereits  1854  eine  grössere  Concertreise  nach  Mäh- 
ren, Schlesien,  Galizien  und  die  Bukowina  unternahm.  1856  Hess  er  sich  in 
Prag  nieder  und  trat  in  den  folgenden  Jahren  öfter  noch  als  Clavierspieler  in 
die  Oeffentlichkeit.  Ganz  besonders  fleissig  schrieb  er  Ciavierwerke,  deren  mehr 
als  300  bereits  veröffentlicht  sind,  darunter  einige  werthvollere  Unterrichtswerke. 

Löwe,  Job.  Jacob  (VI,  425),  war  ein,  seiner  Zeit  grosser  und  nach 
C.  Printz,  namentlich  in  Stylo  canonico,  berühmter  Musicus.  Er  ist  im  Jahre 
1628  zu  Eisenach  geboren  und  bildete  sich  in  Wien  zu  einem  bedeutenden 
Geiger  und  Componisten  aus.  Am  24.  Januar  1655  wurde  er  Kapellmeister  am 
Braunschweig-Lüneburgischen  Hofe  zu  Wolffenbüttel  und  Ostern  1663  Kapell- 
meister am  herzoglich  Zeitzer  Hofe.  Später  war  er  dann  wieder  in  Wien;  er 
starb  in  den  ersten  Tagen  des  Septembers  1703  in  Lüneburg,  wo  er  bereits 
1682  als  Organist  der  St.  Nicolai-  und  Marienkirche  erwählt  wurde.  Von  seinen 
Werken  sind  bekannt:  1)  Zweier  gleichgestimmten  Freunde  Tugend-  und  Scherz- 
lieder auff  die  jetzige  neueste  Art  in  die  Sing-  und  Dichtkunst  verfasset,  durch 
Johann  Jacob  Löwen  von  Eisenach,  fürstl.  Braunschw.-Lüneb.  Kapellmeister 
mit  Jul.  Johann  Weiland,  fürstl.  Braunschw.  Lüneb.  ]\Iusicus,  Bremen,  1637. 
Das  Werk  enthält  Arien,  Duette,  Terzette  mit  Streichinstrumenten;  2)  »Amelindc« 
oder  die  »Triumphirende  Seele«,  geistliches  Singspiel,  zu  AVolffenbüttel  erstmals 
am  16.  April  1657  aufgeführt;  3)  »Orpheus  aus  Thracien,  der  Calliope  und  des 
Apollonis  Sohn«,  Singspiel,  erstmals  am  20.  August  1659  zu  Wolffenbüttel  auf- 
geführt; 4)  »Iphigenia,  ein  königliches  Fräulein«,  aufgeführt  am  5.  Mai  1661 
zur  Geburtstagsfeier  des  Herzogs;  5)  Sinfonien,  Intraden,  Gagliarden,  Arien, 
Balletten,  Couranten  und  Sarabanden  mit  drei  oder  fünf  Instrumenten,  Bremen, 
1657;    6)   Zwölf  neue   geistliche  Concerto  mit   1,  2,   3   Stimmen  zu  singen  und 


246  Löwe  —  Longet. 

zwei  Violinen,  nebst  der  Grundstimme  für  die  Orgel.  Wolffenbüttel,  1660. 
7)  Canones  1,  2,  3,  4  bis  8  stimmig,  theils  für  Instrumente  und  theils  für  Sän- 
ger, theils  leicht  und  theils  schwere  über  M.  Mart.  Kempens  Arien.  Wolffen- 
büttel,  1664. 

Löwe,   Johanna  Sophie  (VI,  427),  ist  am   24.  März   1816  geboren. 

Loisel,  Jean,  Geistlicher  und  Tonkünstler,  ist  in  Hesdin  in  Artois  ge- 
boren. Er  trat  in  den  Orden  der  Prämonstratenser,  wurde  Kanonicus  der  Abtei 
St.  Josse-aux  Bois  oder  Dompmartin  in  der  Diöcöse  Amiens  und  später  als 
Gesangsmeister  an  die  Kapelle  der  Abtei  St.  Michel  zu  Antwerpen  berufen, 
wo  er  sich  1646  befand.  Dieses  Faktum  erweist  der  Titel  eines  der  Werke 
von  L.,  welches  erst  neuerdings  durch  Vander  Staeten  aufgefunden  worden  ist: 
y>Sur  culus  olivae,  notis  musicis  concertantibus  et  pacifis  VI  vocum  vel  insirumen- 
torum  adornatus  S.  S.  Mariae  Pacis  aeternae  que  reginae  concordiae  pro  patriae- 
felici  eoncordia  oblaius  a  venerabüi,  D.  F.  Joanne  Loisel  Sesdiniensi ,  ecelesiae, 
J.  Judoci  in  Nemore,  sacre  Ordinis  Praemonstratensis,  canonico,  necnon  ecclesiae 
8.  Michaelis  Anfverpae  phonosco.  Opus  secunduma  (Antverpiae,  apuel  heredes 
Petri  Phalesi  M.  D.  C.  XVLI  in  4").  Das  dritte  Buch  dieser  Sammlung  ent- 
hält eine  grosse  Menge  mehrstimmiger  Motetten  mit  Begleitung  von  Instrumenten. 

Lomagne,  Joseph,  Violinist  und  Componist,  geboren  zu  Perpignan  in 
Frankreich  1804,  erhielt  erst  in  seiner  Vaterstadt  von  Coste  Musikunterricht 
und  dann  in  Paris,  als  Schüler  des  Conservatoriums  von  Kreutzer  Unterricht 
im  Violinspiel.  Nachdem  er  an  den  Theatern  in  Nimes  und  in  Bordeaux  als 
Soloviolinist  gewirkt  hatte,  kehrte  er  nach  Perpignan  zurück,  in  welcher  Stadt 
er  1842  ein  Conservatorium  errichtete,  dessen  Leiter  er  bis  zu  seinem  Tode 
1868  blieb.  Er  schrieb  Etüden  für  die  Violine,  viele  Kirchenstücke,  darunter 
eine  dreistimmige  Messe,  Psalmen,  Vespern,  Stabat  mater  und  eine  Oper: 
»iß  Maronite<i. 

Loiubardi,  Giacomo,  Professor  des  Gesanges  und  Componist,  geboi'en  zu 
Parma  1810,  studirte  auf  dem  Conservatorium  zu  Neapel  und  war  dort  und 
in  mehreren  anderen  Städten  als  Tenorsänger  thätig,  ehe  er  in  Folge  einer 
Krankheit  der  Stimme  sich  in  Neapel  als  Gesanglehrer  niederliess.  Er  stiftete 
daselbst  einen  Gesangverein,  auch  gab  er  die  folgenden  Schriften  heraus: 
•aElementi  di  linguaggio  musicale«^  (Neapel);  y^Metodo  per  apprendere  la  giusta 
durata  delle  figurev.  (id.  Orlando);  -ail  Canto  moderne»,  vier  Hefte  Gesänge; 
nVÄmico  de"  principianii«.  Es  wurden  drei  Opern  von  L.  aufgeführt;  ausser 
diesen  schrieb  er  dreiundzwanzig  Messen  alla  Palestrina  oder  mit  Instrumen- 
talbegleitung und  andere  Kirchenstücke,  von  denen  ein  Theil  veröffentlicht  ist. 
L.  starb  in  Neapel  im  April  1877. 

Lombardiui,  Giuseppe,  eigentlich  Lombardo,  Gesangsprofessor  und  Com- 
ponist, geboren  1820  zu  Palermo,  studirte  Clavierspiel  unter  Pixis,  Harmonie 
bei  Carini  und  Contrapunkt  bei  Pietro  Raimondi.  Noch  sehr  jung  schrieb  er 
für  eine  Gesellschaft  von  Liebhabern,  deren  Dirigent  er  war,  einige  komische 
Operetten.  Er  ging  dann  nach  Neapel  und  gründete  dort  eine  Gesangschule, 
die  bald  in  Aufnahme  kam  und  aus  welcher  geschätzte  Sänger  hervorgingen. 
1857  wurde  L.  Direktor  der  Musikschule  Albcrgo  de'Poveri  und  der  Gesell- 
schaft der  Gelehrten  und  Künstler.  Er  veröffentlichte  nachstehend  verzeichnete 
Werke  zum  Studium  des  Gesanges:  1)  y>Gnida  alV  arte  del  Cantoo.  (Neapel, 
1851);  2)  rtStudio  di  perfetta  intonazione«  (Neapel,  Cottrau,  1873;  ausserdem 
noch  Romanzen  und  Gesänge.     In  Neapel  wurden  drei  seiner  Opern  aufgeführt. 

Lonieuie,  Louis  Leonard  de,  Schriftsteller  und  Kritiker,  Mitglied  der 
französischen  Akademie,  geboren  zu  Saint- Yriex  1818,  gab  unter  dem  Namen 
liSomme  de  rien«,  ein  zehn  Bände  starkes  Werk,  biographische  Studien  enthal- 
tend, heraus:  y>Qalerie  des  contemporainsn  (Paris,  Rene,  1846 — 47),  in  welchem 
Auber,  Cherubini,  Meyerbeer,  Rossini  und  Spontini  auch  ihren  Platz  gefunden 
haben.     L.  starb  zu   Menton  am   2.  April   1878. 

Longet,  Fran§ois  Achille,  französischer  Mediciner  und  Physiologe,  Mitglied 


I 


Lobca  —    Lorundi.  247 

der  Akademie  der  Wissenschaften  u.  s.  w.,  geboren  ^u  Stiint-nertuain  en  Laye 
1811,  verfasste  neben  vielen  anderen  Schriften  auch  die:  ojß/udea  experimentales 
sur  la  voix  et  sur  les  causes  de  la  production  du  son  dans  divers  Instruments  de 
musique    Paris,  1852,  in  8",  114  p.     L.  starb   1870. 

Lobez,  Francisco  Miguel,  Kapellmeister  und  Organist  in  Spanien,  ge- 
boren zu  Villaroya  in  Arragonien  in  der  zweiten  Hälfte  dos  17.  .Jahrhunderts, 
war  in  der  Musikschule  des  Klosters  Monserrat  in  Katalonien  gebildet  uud  trat 
1684  in  den  Orden  der  Benedictiner.  Nachdem  er  acht  Jahre  Kapellmeister 
und  Organist  des  Klosters  gewesen  war,  vertrat  er  dasselbe  Amt  in  Madrid 
und  dann  in  Valladolid.  L.  galt  für  einen  vorzüglichen  Organisten;  er  ver- 
öffentlichte auch  zwei  Schriften  über  Musik  in  lateinischer  Sprache:  »Exar/oja  ad 
musicama  uud  »Miscellanea  musicav. 

Loos,  Vincenz  Angelo,  geboren  am  22.  Juli  1826  zu  Teplitz  in  Böhmeu, 
kam  mit  dem  9.  Jahre  schon  nach  Dresden  in  das  königl.  Kapellknaben-Institut, 
wo  er  mit  einer   Gymnasialbildung  zugleich   eine  tüchtige  Bildung  im   Ciavier-, 
Geigen-   und  Orgelspiel,   Gesang-   uud  Harmonielehre  erhielt;  seine  Lehrer  darin 
und  hauptsächlich  im  Gesang  waren  der  damals  sehr  gesuchte  Italiener  Cicarelli 
und  im  Orgelspiel  der  königl.  sächsische  Hofkapellmeister  C.   G.  Eeissiger,  der 
ihm  auch  mit   17  Jahren  darin  das  schriftliche  Zeuguiss  der  vollständigen  Reife 
ertheilte,    so    wie    überhaupt    sich    höchst    lobend    uud   anerkennend  über  seineu 
Fleiss  und  seine  Fähigkeiten  aussprach.     Dann  besuchte  L.  eine  Zeit  lang  das 
Leipziger  Conservatorium    und   war   auch  später  Lehrer  an  der  Opern-Gesang- 
schule; von  dort  ging  er  mit  guten  Empfehlungen  nach  Warschau,  wo  er  bald 
als  tüchtiger  Ciavier-  und  Orgelspieler  bekannt  und  als  Lehrer  gesucht  wurde, 
unter  anderen  auch  den  später  so  berühmten  Ciavierspieler,  damals   10jährigen 
Carl  Tausig  einige  Zeit   unterrichtete.      IJm   seiner   Militärpflicht   zu   genügen, 
musste  er  nach  vier  Jahren  diese  angenehme  geachtete  Stellung  verlassen,  lebte 
eine  Zeit   laug    in    Teplitz,    wo    er   viel    mit   Fr.  Liszt   verkehrte    und  von  ihm 
lernte  und  mehrere  Sachen  componirte,  unter  anderen  eine  Sinfonie.     Noch  eine 
grosse  Menge  kleiner  und  grösserer  Sachen  für  Orchester,  Gesang  und  Ciavier 
schrieb  L.,  die  zum  Theil  als  INIanuscript  aufgeführt,    zum  Theil  bei  Breitkopf 
und  Härtel  erschienen  und  vom  Publicum  beifällig  aufgenommen  wurden.    Später 
vertrat    er    ein   halbes    Jahr    in    Ballenstedt    den    damals    erkrankten  Hofkapell- 
meister und  erwarb  sich  dort  als  Dirigent  und  im  Einstudiren  grosser  Orchester- 
werke und  Opern  grosse  Routine.    Durch  Jul.  Rietz  auf's  Wärmste  nach  Iser- 
lolm  in  Westfalen  empfohlen,  lebt  L.  seit   1855  dort  als  Lehrer  für  Ciavier  und 
Gesang,  als  Dirigent  dreier  Gesangvereine  und  als  tüchtiger  und  erfahrener  Leiter 
ihrer  Concerte  und  derjenigen  der  Gesellschaft  »Harmonie«,  für  welche  Vereine 
er  auch  zu  verschiedenen  Gelegenheiten  kleine  und  grössere  Sachen  componirt. 
Lopez,  Jose  Venarcio,  spanischer  Musiker,  geboren  zu  Madrid  am  18  Mai 
1795,  war  Contrabassist  am  Theater  de  la  Cruz  von  1826 — 1846,  wurde  1830 
Professor  des   Instruments  am  Conservatorium  und  trat   1839   als  Contrabassist 
in  die  königl.  Kapelle.     Er  schrieb  eine  ausgezeichnete  Schule  für  Contrabass. 
Lopez,  ein  spanischer  Componist  der  Gegenwart,   gab  eine  Schule  für  die 
»Mandora«  heraus  (Madrid,  Romero  y  Andia). 

Loquin,  Anatole,  französischer  Musikschriftsteller,  geboren  zu  Orleans 
am  22.  Februar  1834,  erhielt  zu  Bordeaux  Unterricht  in  der  Harmonielehre 
von  Ferroud.  Er  gab  folgende  Werke  heraus:  •aNofa/ions  elementaircs  d^Har- 
monit  modernen;  »Letfres  sur  Venseüjnemeni populaire  de  la  Musique«;  »Z>e  Vavenir 
des  theories  musicalesvi ;  riApergu  sur  un  nouveau  .v^sterne  de  notation  pour  represen- 
ter  les  suc^essions  harmoniques«;  riTahleau  de  tou.s  les  eßets  harmoniqucs  de  une 
a  cinq  notes.a  L.  ist  Mitglied  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  Bordeaux. 
Lorandi,  Giovanni  Alberto,  Componist,  lebte  zu  Brescia  in  den  ersten 
Jahren  des  18.  Jahrhunderts,  schrieb  für  den  Prinzen  von  Toskana,  Ferdinand 
von  iMedici,  ein  Oratorium  Santa  Maria  Maddalena  1701  und  ein  Te  Deum 
zur  Feier  der  Genesung  des  Prinzen   1709. 


248  Lorente  —  Lott. 

Lorente,  Andreas  (VI,  434),  Jose  Parada  y  Barreto  (Diccionari  tenico, 
historico  y  hiografico  de  la  Musicd)  setzt  den  Geburtstag  des  Lorente  auf  den 
15.  April   1624.' 

Loret,  Jean  Joseph,  Organist  und  Orgelbauer,  geboren  zu  Termonde  in 
Belgien  den  6.  März  1757,  versah,  während  er  zugleich  die  Kunst  des  Orgel- 
baues betrieb,  an  der  Kirche  St.  Gilles  in  Termonde  55  Jahre  hindurch  das  Amt 
des   Organisten  und  des  Carillonneurs  der  Stadt.     Er  starb  am   11,  Sept.  1847. 

Loret,  Fran^ois  Bernard,  Sohn  des  Vorigen,  geboren  zu  Termonde  am 
6.  April  1808,  war  Schüler  seines  Vaters  und  hat  durch  erfindungsreiche  Ge- 
schicklichkeit zur  Verbesserung  der  Orgelbaukunst  in  Belgien  beigetragen.  Er 
erhielt  für  Verbesserungen  mehrfache  Patente  und  Auszeichnungen.  In  Malines 
ansässig,  hat  L.  mehr  als  dreihundert  Orgeln  in  Belgien,  Holland  und  anderen 
Ländern  aufgerichtet,  unter  denen  sich  ausgezeichnete  Werke  befinden.  L.  hat 
auch  mehrere  eingehende  Beschreibungen  einzelner  Orgeln  verfasst.  Er  starb 
zu  Malines  am   17.  November   1877. 

Loret,  Hippolit,  Bruder  des  Vorhergehenden,  ebenfalls  Schüler  seines 
Vaters,  war  Organist  erst  in  Termonde  und  dann  in  Mons.  Seine  Orgelbau- 
werkstätten hatte  er  in  Laeken-les-Bruxelles,  etablirte  sich  aber  später  in  Paris. 
Er  baute  gegen  fünfhundert  Orgeln,  die  in  Paris,  in  Belgien,  Holland  und  in 
überseeischen  Ländern  aufgestellt  sind. 

Loret,  Clement,  ausgezeichneter  Componist,  Organist  und  Lehrer,  Sohn 
von  Hippolyte  L.,  ist  zu  Termonde  1833  geboren,  und  verdankt  zum  Theil 
seinem  Vater  seine  musikalische  Bildung.  1851  Hess  er  sich  in  Brüssel  im 
Conservatorium  aufnehmen  und  wurde  Schüler  von  Petis  und  Lemmens.  Er 
erhielt  1853  den  ersten  Preis  für  Orgel.  1855  kam  L.  nach  Paris  und  war 
nacheinander  Organist  am  Pantheon,  Suresnes  und  Notre-Dame  des  Victoires. 
1857  wurde  er  als  Lehrer  des  Orgelspiels  an  der  Niedermeyer'schen  Schule  für 
Kirchenmusik  angestellt  und  übernahm  bald  darauf  auch  das  Amt  des  Orga- 
nisten an  der  Kirche  Saint  Louis  d'Autin,  welches  Niedermeyer  bis  dahin  ver- 
sehen hatte.  Hervorzuheben  ist,  dass  L.  seine  Zöglinge  und  Zuhörer  mit  den 
bis  dahin  in  Prankreich  noch  weniger  bekannten  Werken  J.  S.  Bach's  und  auch 
Mendelssohn's  eingehend  bekannt  machte.  Die  Compositionen  L.'s  bestehen  in 
zahlreichen  geschätzten  Orgel- Studienwerken  und  Compositionen  für  die  Orgel 
und  dem  Werke:  -^Methode  complete  pour  orguea,  in  vier  Theilen,  1.  Orgel  ohne 
Pedal,  2.  Orgel  mit  Pedal,  3.  die  Verbindungen  (Combinaisons)  der  modernen 
Orgel  und  die  Improvisation,  4.  der  Chorgesang  und  die  Orgelbegleitung. 
Ferner  veranstaltete  er  die  Herausgabe  der  zwölf  Concerte  für  Orgel  und 
Orchester  von  Händel,  für  die  Orgel  allein  nach  der  Ausgabe  von  1792.  Eine 
Sinfonie,  eine  vierstimmige  Messe  mit  Orchester  und  Orgel,  Quartette,  Clavier- 
compositionen  und  das  Oratorium  »ie  Galvairea  sind  noch  ungedruckt. 

Lot,  Thoraas,  einer  der  geschicktesten  und  wohlrenomirtesten  Verfertiger 
von  Blasinstrumenten,  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  in  Paris, 
trat  dort  1770  in  die  Corporation  ein  und  arbeitete  noch   1785  daselbst. 

Lot,  Martin,  wahrscheinlich  Verwandter  des  Vorigen,  von  1785  an  in 
Paris  als  geschickter  Instrumentenmacher  von  Blasinstrumenten  thätig. 

Lot,  Gilles,  ein  Vetter  von  Thomas  L.,  war  ebenfalls  geschickter  Instrumen- 
tenmacher. Ein  Instrument  von  ihm  befindet  sich  im  Museum  des  Conservatoriums 
von  Paris.    Er  leitete  nach  dem   Tode  von  Le  Clerc  (s.  d.  A.)  dessen  Geschäft. 

Lott,  John  Frederic,  ausgezeichneter  Instrumentenbauer,  Deutscher, 
ursprünglich  Kunsttischler,  geboren  1775,  kam  jung  nach  England,  und  trat 
mit  einem  seiner  Landsleute  in  London  in  das  Atelier  des  Instrumentenbauers 
Dodd,  wo  er  sich  dem  Instrumentenbau  widmete.  Er  erreichte  eine  bedeutende 
Geschicklichkeit  in  der  Verfertigung  von  Violoncellos  und  Contrabässen  und 
galt  besonders  für  die  letzteren,  als  der  Erste  in  England.  Seine  Instrumente 
sind  äusserst  sorgfältig  gearbeitet  und  können  nach  dem  Urtheil  von  Kennern 
(G.  Hart,  The  violon),   italienischen  Instrumenten  an  die  Seite  gestellt  werden. 


Lott  —  Lucchesi.  249 

Lott,  Georg  Friedrich,  Sohn  des  Vorigen,  geboren  zu  London  IHQO, 
starb   1868   und  sein  Bruder: 

Lott,  Johu,  gestorben  1871,  beide  Lautenmacher,  waren  besonders  in 
der  Nachahmung  italienisclicr  Instrumente  sehr  geschickt. 

Louchet,  Gustave,  Pianist  und  Componist,  geboren  in  Boulogne-sur-Mer  am 
■l.  Oct.  1840,  wurde  in  der  Musik  erst  von  seinem  Vater,  einem  ausgezeichneten 
Liebhaber  dieser  Kunst,  dann  in  Ronen  und  in  Paris  unterrichtet  und  trat  zuerst 
mit  einer  Keihe  Chorcora2)ositiouen,  deren  eine  j>Uymne  de  Noiila  in  Paris  einen 
Preis  errang,  mit  Glück  hervor.  Diese,  ebenso  die  von  ihm  veröflentlichten 
CLavierstücke  sind  in  gutem  Stil  und  Geschmack  geschrieben.  Seine  sämmt- 
lichen  Werke  für  Ciavier  erschienen  bei  Maho  in  Paris.  L.  lebte  erst  in 
Ronen,  seit   1876  in  Paris. 

Louet,  Aristius,  Bruder  des  Alexander L.  (VI, 445),  Virtuose  auf  mehreren 
Instrumenten  und  Componist  von  Gesängen  und  Romanzen,  von  denen  z.  B. 
y)Pres  d'un  JBerceau«,  einen  ganz  allgemeinen  Erfolg  erzielte.  Als  Violinist  und 
Accompagneur  war  L.  in  Brüssel,  wo  er  anfangs  der  fünfziger  Jahre  lebte,  sehr 
wol  berufen.  Er  liess  sich  als  solcher  und  als  Guitarist  in  Concerten  hören. 
Bei  einer  solchen  Gelegenheit  schreibt  das  Journal  »l'Eclair«  vom  4.  Januar 
1851,  dass  er  ein  eben  so  ausgezeichneter  Violinist,  wie  aussergewöhnlicher 
Guitarist  sei  und  in  Brüssel  nicht  seines   Gleichen  habe. 

LoniS)  Mme.  (VI,  445),  war  bereits  als  Mlle.  Bajon  Ijerühmt,  und  eine  der 
ei'sten,  die  das  Fortepiano  in  Frankreich  in  die  Mode  brachten  {Correspondance 
secrete,  T.  III). 

Loys,  Jean,  flandrischer  Tonkünstler  des  16.  Jahrhunderts,  von  dem  sich 
zwei  Gesänge  in  der  Sammlung  von  Pierre  Phalese,  Löwen  1555 — 56,  finden. 

Lucautoui,  Giovanni,  italienischer  Componist,  geboren  zu  Macerata  1825, 
schrieb  das  Ballet  r>Don  Oiisciottea,  die  Oper  »JElisaa,  eine  vierstimmige  Messe, 
eine  Cantate  zur  Enthüllungsfeier  der  Büste  Metastasios,  eine  Ouvertüre  für 
grosses  Orchester;  eine  beträchtliche  Zahl  Gesangscompositionen  erschienen  in 
Paris  bei  Choudens,  Flaxland,  Heugel,  Hartmann  und  in  London.  L.  ist  seit 
1857  in  Paris  ansässig. 

Lucas,  Charles,  Componist,  Violoncellist  und  Musikprofessor  in  England, 
ist  in  Salisbury  1808  gebox-en.  Die  ersten  musikalischen  Studien  machte  er  in 
dieser  Stadt  in  der  Gesangschule  der  dortigen  Kathedrale,  dann  ging  er,  um 
sich  zu  vervollkommnen,  nach  London  an  die  königl.  Musikschule.  1830  wurde 
er  zum  Compouisten,  Violoncellisten  und  Arrangeui'  der  Hofmusik  der  Königin 
Adelaide  ernannt;  Imld  darauf  auch  zum  Organisten  der  hannoverschen  Kapelle 
St.  Georg.  Nachdem  L.  dann  als  Nachfolger  Lindley's  Violloncellist  am  königl. 
italienischen  Theater  geworden  war,  übernahm  er  an  der  königl.  Musikschule 
die  Orchesterdirection,  und  endlich  1859  das  Direktorat  dieses  Instituts.  L.  schrieb 
mehrere  Opern,  Sinfonien,  Ouvertüren,  Anthems  »Sonjsa  und  r>Glees<t.  Er  starb 
in  London  am  23.  März  1869. 

Lucatclli,  Giovanni  Batista  (VI,  448),  lebte  im  Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts in  Venedig,  und  schrieb  dort  für  den  Fürsten  von  Toscana  Ferdinand 
von  Medici  eine  Cantate  da  caniaru  und  ein  Divertissement  »  Vittorie  di  David 
e  la  gelofda  di  Sauln,  aufgeführt   1701. 

Liicchesi,  Prediano  Matte o,  ein  seiner  Zeit  geschätzter  Kirchencomponist, 
geboren  zu  Lucca  gegen  1710,  war  Schüler  des  berühmten  Leo,  und  wurde 
Kapellmeister  an  der  Stiftskirche  zu  St.  Michael  in  foro.  Seine  zahlreichen 
Compositionen  sind  in  öffentlichen  und  Privatsammlungcn  in  Lucca  aufbewahrt. 
Es  gehören  dazu  mehrere  Messen  für  zwei,  vier  und  fünf  Stimmen  a  capella; 
eine  Messe  für  zwei  Orchester;  Resjjonsorien  zu  vier  Stimmen  für  die  heilige 
AVoche;  eine  grosse  Anzahl  von  Motetten;  13  grosse  gottesdienstliche  Musiken 
für  vier  Stimmen  und  Orchester,  ausgeführt  1747  und  1748  bei  (Gelegenheit 
des  Cäcilienfestes.  L.  war  auch  als  Lehrer  sehr  geschätzt  und  zählte  Domenico 
Quilici  und  Antonio  Puciui  zu  seinen   Schülern;  er  starb  am   18.  August  1779. 


250  Lucilla  —  Lussy. 

Lncilla,  Domenico,  dramatischer  Componist,  geboren  zu  Riofreddo  am 
17.  Februar  1820,  war  Schüler  des  Lyceums  zu  Bologna  und  wurde  dann  auf 
den  Rath  Rossini's  Schüler  des  Domenico  Vecciotti  zu  Loretto,  in  Rom  von 
1843  — 1846.  1853  trat  L.  mit  der  ersten  Oper  »il  Solitario«,  die  in  Bologna 
aufgeführt  wurde,  hervor.  Diese  und  die  vier  späteren  Opern  ryGuiliano 
SalviattK;  mI  Sijidaco  del  Villaggio<.<. ;  r>Eroe  delle  Asturiea  und  »t7  Oonie  di 
Beuzeval«  erfuhren  eine  günstige  Aufnahme,  f>Il  Sindaco  del  F!«  hatte  soga)' 
einen  glänzenden  Erfolg.  Mehrere  Gelegenheitscantaten,  die  eine  auf  dem  Platz 
des  Capitols  von  700  Stimmen  ausgeführt,  sind  noch  zu  erwähnen.  L.  ist  Vor- 
sitzender der  Philharmonischen  Akademie  in  Rom. 

Ludwig:,  Otto,  der  bekannte  dramatische  Dichter,  geboren  am  11.  Februar 
1813  zu  Eisfeld  in  Thüringen,  gestorben  am  25.  Februar  1865  in  Dresden, 
ist  auch  auf  musikalischem  Gebiet  thätig  gewesen,  er  hinterliess  eine  fertige 
Oper  »Die  Köhlerin«,  und  die  angefangene  »Romeo  und  Julia«,  und  einen 
Operntext:  Der  goldene  Schlüssel;  ausserdem  Lieder  und  Ciavierstücke. 

Lübeck,  Ernst  (VI,  454),  dieser  ausgezeichnete  Künstler  verfiel  in  "Wahn- 
sinn und  starb  in  Paris  am  17.  September  1878. 

Lumbye,  Hans  Christian  (VI, 471),  ist  am  2.  Mai  1810  geboren  und  starb 
am  20.  März  1874  zu  Kopenhagen.  Das  Orchester  im  Tivoli  dirigirte  er  bis  1873. 

Lnnn,  Charles,  englischer  Schriftsteller,  veröffentlichte  im  Journal  »Medical 
Press  and  Oircularo.  und  in  einem  Separat- Abdruck:  The  Philosophy  of  voice 
and  the  hasis  of  musical  expression  (4  Aufl.).  Ferner:  y>The  JRoots  of  musical 
artj  a  catechism  for  ehildrenn. 

Lnpot  (VI,  472),  die  Vorfahren  des  berühmten  Lautenmachers  Nicolas  L,, 
ebenfalls  Lautenmacher,   sind  nach   Vidal:    (Zes  Instruments  ä  archets) 

Lupot,  Jean,  im  17.  Jahrhundert  als  Lautenmacher  in  Mirecourt  in  Frank- 
reich ansässig.     Sein  Sohn: 

Lnpot,  Laurent,  geboren  1696,  war  1747  Schulmeister  in  Plombiere,  zog 
1751  nach  Luneville  und  1756  nach  Orleans  und  betrieb  ebenfalls  das  Lauten- 
macherhandwerk. 

Lupot,  Frangois,  Sohn  des  Vorigen,  geboren  zu  Plombiere  1736,  arbeitete 
als  Lautenmacher  mit  seinem  Vater  zu  Luneville  und  ging  1758  nach  Stutt- 
gart, wo  er  zwölf  Jahre  hindurch  als  Lautenmacher  des  Herzogs  von  Württem- 
berg fungii'te.  1770  Hess  er  sich  in  Orleans  nieder  und  starb  zu  Paris  1804. 
Seine  Söhne  sind,  der  berühmte  Nicolas,  und 

Lnpot,  Frangois,  geboren  zu  Orleans  1774,  Hess  sich  1815  in  Paris 
nieder  und  starb  daselbst  am  4.  Februar  1837.  Er  beschäftigte  sich  aus- 
schliesslich mit  der  Fabrication  von  Violinbogen,  an  welchem  er  auch  Ver- 
besserungen in  der  Construction  anbrachte. 

Lnssy,  Mathis,  Musiklehrer  in  Paris,  geboren  in  Stanz  in  der  Schweiz 
am  8.  April  1828,  erhielt  den  ersten  Musikunterricht  vom  Organisten  der  Stadt 
Abbe  A.  Businger  und  konnte  mit  zehn  Jahren  bereits  die  Orgelstimme  bei 
Aufführungen  mit  Orchester  nach  bezifferten  Bässen  ausführen.  Später  erhielt 
L.  noch  bei  Nägeli  und  in  Paris  Unterricht,  wohin  er  um  Medicin  zu  studiren 
gegangen  war,  bald  aber  entschied  er  sich  ganz  für  die  Musik  und  zwar  aus- 
schliesslich für  das  Unterrichtsfach.  Er  nahm  seinen  bleibenden  Wohnsitz  in 
Paris.  Seine,  in  vieler  Hinsicht  empfehlenswerthe  Methode,  die  er  nach  eigner 
Idee  beim  Unterricht  in  Anwendung  bringt,  verfolgte  das  Ziel,  den  Schüler 
zu  einer  grösseren  Selbstthätigkeit  anzuhalten,  und  neben  dem  Mechanischen, 
die  musikalische  Bildung  im  Allgemeinen  zu  fördern.  Er  veröffentlichte  mehrere 
hierauf  bezügliche  Werke:  •oReforme  dans  Tenseignement  du  piano.  1.  partie. 
Exercices  de  piano  dans  tous  les  tons  majeurs  et  mineurs  ä  composer  et  ä  ecrire 
par  Veleve,  precedes  de  la  theorie  des  gammes,  des  modulations,  du  doigte,  de  la 
gamme  harmonique  etc.  et  de  nombreux  exercices  theoriques«  (Paris,  librairie 
internationale,  1863,  in  8").  Ein  anderes  sehr  gut  geschriebenes  Werk  desselben 
Autors,  ist:   r>Traite  de  V expression<t. 


Lutzer  —  Miiatscliappij.  251 

Lutzer,  Jenny  (VI,  475),  starb  am  3.  Octobor   1877. 

Lnznrche,  Victor,  fninzösischer  Gelehrter  uud  Bibliograph,  wurde  zu  Tours 
1805  geboren  und  Htaib  zu  Am(''lie  Ics  Bains  1809.  Der  Besitz  eines  bedeuten- 
den Vermögens  hatte  ihm  gestattet,  nach  und  nach  eine  Bibliothek  vom  seltensten 
Werth  zusammen  zu  bringen;  ferner  war  er  Conservator  der  Bibliothek  seiner 
Vaterstadt,  von  welcher  er  mit  vieler  Sorgfalt  einen  Catalog  vorbereitete.  Unter 
den  Manuscripten  dieser  Bibliothek  fand  er  mehrere  sehr  interessante  Stücke, 
die  er  durch  Veröffentlichung  dem  Staube  der  Vergessenheit  entzog.  Zwei  der- 
selben haben  nur  indirekt  Bezug  zur  Musik.  Es  sind,  1)  ein  fantiistisches  Ge- 
dicht, dessen  Held  der  in  der  Musikgeschichte  wolbekannte  Papst  Gregor  ist:  »  Vie 
du  pape  Greijoire  le  Granda  legende  fran^aise  puhlie  pour  la  premiere  fois  (Tours, 
impr.  de  J.  Bousorez,  1857  in  16);  —  2)  y>Ädam,  drame  aiujlo-normand  da 
XII  siede,  public  pour  la  premiere  fois  d'apres  un  manuscrit  de  la  Bi/diothcque 
de  Toursa  (Tours,  impr.  etc.,  1857).  Dies  Drama  enthält  mehrere  Chöre,  von 
denen  die  Musik  jedoch  nicht  vorhanden  scheint.  Die  dritte  Publication  von 
L.  ist  das  wichtige  Fragment  eines  Werkes  aus  dem  12.  Jahrhundert.  L.  gab 
es  unter  dem  Titel  heraus:  ^Office  de  Päques  ou  de  la  Resurrection,  accompacjne 
de  la  notation  musicale  et  suivi  d'hymnes  et  de  sequences  inedites,  puhlies  pour  la 
premiere  fois  d'apres  un  manuscrits  du  XII^  siede  de  la  Bihliotheque  de  Tours 
par    V.  Luzarchea  (Tours,  1856  in  8"). 

Lnzzasco  Luzzaschi,  berühmter  Musiker  des  16.  Jahrhunderts,  lebte  ohne 
Zweifel  noch  im  Anfang  des  17.  -Jahrhunderts;  denn  durch  den  Musikalien- 
händler Guidi  in  Florenz  ist  1876  eine  Sammlung  von  Madrigalen  aus  dem 
Jahre  1601  aufgefunden  worden.  Dies  bis  dahin  unbekannte  Werk  von  L.  L. 
ist  noch  dadurch  interessant,  dass  es  in  Partitur  und  mit  der  Begleitung  von 
Ciavier  oder  Orgel  gedruckt  ist.  Der  Titel  des  AVerkes  ist:  y^Madrirjali  di 
Luzzasco  Luzzaschi  per  cantare  e  'sonare  a  uno  e  due  e  tre  soprani,  fatti  per  la 
musica  del  giä  Ser.  Duca  Älfonso  d'Este,  stampafi  in  Roma  app.  Simone  Veroni 
IßOUi  (ein  Band  in  Folio  mit  gestochenem  Deckelblatt). 

Lnzzi,  Luigi,  italienischer  Componist,  geboren  1825  zu  Olevano,  besuchte 
die  Universität  zu  Turin  um  Medizin  zu  studiren,  und  beschäftigte  sich  schon 
während  dieser  Zeit  ernstlich  mit  der  Musik.  Seine  erste  öffentlich  aufgeführte 
Composition  war  eine  Hymne,  welche  1848  von  Studenten  in  Genua  beim 
Durchzug  des  Königs  Carl  Albert  und  nach  der  Schlacht  von  Novaro  von 
700  Sängern  gesungen  wurde.  L.  schrieb  noch  andere  patriotische  Hymnen, 
eine  reizende  Operette:  yCkiarinad;  einen  Trauermarsch  u.  a.  und  veröffent- 
lichte mehrere  Gesangsalbums,  deren  Inhalt  nicht  ohne  Werth  ist.  L.  starb 
zu  Stradella  am  28.  Februar  1876. 


M. 

Maatschappij  tot  bevorderlngr  der  toonknnst  (Gesellschaft  zur  Beförderung 
der  Tonkunst),  so  nennt  sich  ein,  in  den  Niederlanden  im  Jahre  1829  durch  die 
Iniatiative  eines  Dilettanten,  Herrn  A.  C.  G.  Vermeulen,  begründeter  Verein, 
welcher  ganz  bedeutenden  Einfluss  auf  die  Entwickelung  der  Tonkunst  dort  aus- 
geübt hat.  In  musikalischer  Beziehung  sah  es  damals  hier  ziemlich  traurig  aus.  Die 
Musik  als  Kunst  wurde  wenig  beachtet,  und  daraus  folgte  mangelhaftes  Studium 
und  schlechte  Ausübung  derselben,  sowie  Geringschätzung  der  Künstler,  die  fast 
nicht  als  zu  der  gebildeten  Gesellschaft  gehörig  angesehen  wurden.  Um  nun 
in  Bezug  hierauf  eine  Aenderung  herbei  zu  führen  und  den  alten  erstorbenen 
Sinn  für  Musik,  der  einst  so  bedeutungsvoll  für  die  Entwickelung  der  Musik- 
geschichte geworden  war,    wieder  zu  wecken,   verbanden  sich  die  bedeutendsten 


252  Maatschappij. 

Kunstfreunde  aus  Amsterdam,  Arnheim,  Dordrecht,  Haag,  Haarlem,  Nymegcn, 
Leeuwarden,  Middclburg,  Rotterdam  und  Utrecht  und  stellten  folgende  Grrund- 
sätze  fest:  1)  Es  sollen  gute  Compositionen  in's  Leben  gerufen  werden  (Can- 
taten,  Ouvertüren,  Opern,  Volksgesänge  u.  s.  w.),  und  zwar  durch  Preisaus- 
schreiben für  ein  oder  mehrere  der  genannten  Fächer,  oder  indem  man  die 
Componisten  einladet,  ihre  Arbeiten  der  Maatschappij  anzubieten;  die  besten 
sollen  dann  für  Rechnung  der  Gesellschaft  herausgegeben  oder  es  soll  an  die 
Componisten  eine  Geldsumme  gezahlt  werden;  2)  sollen  im  Lande  selbst  und 
auch  im  Auslande  so  viel  als  möglich  die  Werke  der  niederländischen  Compo- 
nisten bekannt  gemacht  werden;  3)  sollen  Honorare  für  das  Arrangiren  von 
bekannten  grösseren  Sinfonien  oder  Ouvertüren  für  kleine  Orchester  gezahlt 
werden,  damit  auch  in  kleineren  Städten,  wo  kein  gi'össeres  Orchester  zusammen 
zu  bringen  ist,  derartige  "Werke  gespielt  werden  können;  4)  sollen  talentvolle 
Damen  und  Herren,  welche  sich  der  Musik  widmen,  in  ihren  Studien  thätig 
unterstützt  werden.  "Weiter  wurde  die  Errichtung  von  Abtheilungen  in  jeder 
Stadt  zu  gleichem  Zwecke  beschlossen,  die  selbst  ihren  Vorstand  wählen  und 
ziemlich  frei  in  ihren  Handlungen  bleiben  sollten;  nur  waren  sie  verpflichtet, 
von  den  jährlichen  Beiträgen  ihrer  Mitglieder  einen  Theil  an  das  Hauptcomite 
zum  Besten  der  allgemeinen  Zwecke  der  Maatschappij  beizusteuern.  Mitglieder 
sollten  alle  Künstler  und  alle  Kunstfreunde  der  Niederlande  werden.  Der  Vor- 
stand wurde  zuerst  ausschliesslich  aus  Dilettanten  zusammengestellt,  die,  und 
zwar  seit  1841,  ihren  "Wohnsitz  in  Amsterdam  haben.  Später  wurden  auch  wol 
einzelnen  Künstlern  ein  Platz  im  Hauptcomite  eingeräumt.  Das  Ausschreiben 
von  Preisen  hat  in  den  ersten  25  Jahren  zu  einigen  bedeutenden  Erfolgen  ge- 
führt; es  wurden  eine  Sinfonie,  mehrere  Ouvertüren  und  Gesangswerke  prämiirt 
mit  400  bis  hinab  zu  50  Gulden.  Späterhin,  seit  1869,  gab  man  das  Preis- 
ausschreiben auf  und  setzte  dafür  Ehrenpräm"ien  und  Ehrenducaten  aus,  welche 
an  jeden  Componisten,  dessen  Werk  in  den  Concerten  der  Maatschappij  zur 
Aufführung  kam,  gezahlt  werden.  In  Bezug  auf  die  zweite  Bestimmung  ist 
die  Maatschappij  hinter  den  Erwartungen  zurückgeblieben ;  sie  hat  ihren  Ein- 
fluss  mehr  den  Aufführungen  der  Werke  bedeutender  Componisten  des  Aus- 
landes zugewendet,  als  dass  sie  den  Niederländern  die  Gelegenheit  geboten  hätte, 
im  Vaterlande  selbst,  oder  gar  im  Auslande  bekannt  zu  werden.  Dies  wurde 
in  den  letzten  Jahren  so  schlimm,  dass  einige  der  besten  unter  den  Künstlern 
einen  Tonkünstlerverein  in's  Leben  riefen,  wobei  grade  dieser,  von  der  Maat- 
schappij vernachlässigte  Punkt  zur  Hauptbedingung  gemacht  wurde  (siehe 
unter  »Toonkunstenaars-vereeniging«).  Der  Umstand,  dass  fast  kein  Künstler, 
nur  Dilettanten  als  Mitglieder  des  Vorstandes  erwählt  wurden  und  die  Meinung 
auch  in  den  Niederlanden  stark  verbreitet  ist,  dass  nur  was  aus  der  Fremde  kommt 
gut  ist,  mag  wol  als  die  Ursache  hiervon  zu  betrachten  sein.  Was  in  dem 
Programm  nicht  erwähnt  wurde  und  doch  eines  der  lobenswerthesten  Bestre- 
bungen der  Maatschappij  war,  ist  die  Errichtung  von  Musikschulen,  zunächst 
in  den  kleineren  SVädten,  wo  am  wenigsten  Gelegenheit  war,  gute  Lehrer  zu 
finden ;  später  wurden  auch  in  Amsterdam,  Rotterdam,  Utrecht  solche  Schulen 
ei-richtet.  Neben  der  königlichen  Musikschule,  welche  schon  im  Jahre  1826 
errichtet  wurde  und  welche  stets  das  Vorbild  aller  anderen  Schulen  hier  zu 
Lande  war,  hat  die  Maatschappij  ihr  Bestes  gegeben  in  Bezug  auf  den  Unterricht. 
Von  den  unter  3)  erwähnten  Arrangements  hat  man,  glücklicher  Weise, 
nicht  viel  vernommen.  Diese  dilettantische  Idee  scheint  also  nicht  verwirklicht 
worden  zu  sein.  Dagegen  hat  die  Maatschappij  die  schönsten  Früchte  geerntet 
von  der  unter  4)  angegebenen  Unterstützung  an  talentvolle  junge  Musiker.  Es 
genügt  die  Namen  Verhulst,  Dykhuizen,  F.  Coenen,  Fuyn,  Hekking,  Goudal  und 
Jakob  Kwast  zu  nennen,  um  zu  beweisen,  welche  tüchtige  Künstler  des  Landes 
Zöglinge  der  Maatschappij  waren.  Ihr  grösstes  Verdienst  besteht  aber  in  der 
Errichtung  von  bedeutenden  Musikfesten,  die  Anfangs  aller  fünf  Jahre,  später- 
hin   aller    zwei    Jahre,  und    zuletzt    jährlich     stattfanden.      AVurde     dabei    die 


I 


Macchi  —  Macedo  253 

Nationalität  nicht  selten   verleugnet,    d.  li.   brachte   man   nur  oder  hauptsächlich 
CompositionenausländischerMeisterzur  Aufführung  und  wurden  nur  ausnahmsweise 
einheimische  Künstler  für  die  Soli  zuf,'elassen,  so  verdient  doch  die  Art  und  Weise, 
in  welcher  die  oratorischen  AVerke  von  Händel,  Bach,  Haydn,  Mozart,  Beethoven, 
Mendelssohn,    Schumann.    Gade,    Hiller  u.  a.  m.  ausgeführt  wurden,  die  höchste 
Anerkennung,     Mit  grösstem  Lobe  müssen  dabei  genannt  werden  die  Direktoren 
der  Musikfoste,  die  Herren   .T.  B,  van  Bree  und  J.  H.  Lübeck  in   den  früheren, 
.T.  J.  H,  Yerhulst   und   Richard  Hol   in   den    späteren    Jahren.     In   den   »Ab- 
theilungen«,   in   13  bis  17  Städten  Niederlands  errichtet,  haben  sich  bei  den  jähr- 
lichen zwei  oder  drei  Concerten  mehr  oder  weniger  hervorgethan  —  ausser  den 
vier  genannten  —  die  Musikdirektoren  Bargiel,   Gernsheim  (Rotterdam),  Nicolai 
(Haag  und  Rotterdam),  Meyroos  (Arnheim)  u.  s.  w.     Als  Solisten  traten  alle  be- 
deutenden Sänger  und  Sängerinnen  Deutschlands  auf  (P'orraes,  Hill,  Dr.   Gunz, 
Frau  Bürde-Ney,  Frau  Joachim,  um  nur  einzelne  zu  nennen)   und  aus  Niederland 
selbst,    die  Damen   Hekking,    Offermans,    van   Have,    die   Herren   de   Chavonnes- 
Vrugt,    Tuyn,    van    Hove    u.    a.    m.      Die    Musikfeste    der    Maatschappij    haben 
nicht    blos  dazu  beigetragen,  dass  man  im  Auslande  eine  bessere  Meinung  über 
den    Musiksinn     der    Niederländer    bekommen    hat,    sondern,    und    das    ist    das 
wichtitiere,    im  Lande    selbst    ist   der  Sinn    für  das  Höchste   und  Wahre   in  der 
Musik  wieder  geweckt,  veredelt  und  diese  selbst  zum  Gemeingut  gemacht  worden. 
Rühmlichst    erwähnt    muss    noch    werden    die    schöne    Bibliothek,    welche    sich 
die  Maatschappij   aus  eigenen   Mitteln  oder    durch    Schenkungen    erworben    hat; 
man  findet  darin  Partituren,   Ciavierauszüge  und  eine  beträchtliche  Zahl  Chor- 
und  Orchesterstimmen  zur  Benutzung  für  die  verschiedenen  Abtheilungen,  oder 
durch  die  einzelnen  Mitglieder,  zu  allen  bedeutenden  Oratorien  der  grossen  Com- 
ponisten  von  Bach  und  Händel  bis  auf  die  Gegenwart.     Die  Maatschappij  hat  es 
sich  in  den   letzten   Jahren  auch  angelegen  sein  lassen,  die  Werke  der  Nieder- 
ländischen Componisten  aus  früheren  Jahrhunderten,    die  hier  fast  gänzlich   ver- 
gessen waren,  hervor  zu  suchen  und  heraus  zu  geben.    So  hat  man  jetzt  Psalmen 
und  Orgelstücke  von  Sweeliuck,  Schuyt,  Wanning,  und  auch  mehrere  Alt-Nieder- 
ländische- und  Geusen-Lieder  veröffentlicht.     Auch   ist  der  Anfang  gemacht  mit 
einer    allgemeinen  Biographie   der  Niederländischen    Künstler,    ein    sehr  lobens- 
werthes  Unternehmen,  wenn  man  dabei  nur  nicht  zu  sehr  die  Zeitgenossen  ver- 
nachlässigt.     Auch    für    den  Volksgesang    ist   man    in    den    letzten   Jahren  sehr 
thätig  gewesen.    Es  werden  einfache  vierstimmige  Lieder  mit  und  ohne  Clavier- 
begleitung    herausgegeben,    meistens    von    einheimischen  Comjionisten   oder  auch 
von  berühmten  ausländischen  Meistern,  aber  alles   mit  Niederländischem  Texte, 
eigens  dazu  gedichtet  oder  übersetzt.     Die    bedeutendste   That  der  Jetztzeit  ist 
wol,    dass    die    Maatschappij    einigen   talentvollen    Männern    aufgetragen    hat  zu 
untersuchen ,    wie  der  Gesangunterricht  in  den  Volksschulen  beschaffen   ist  und 
sich  vorgenommen  hat,    die  Bildung    von    guten    Gesanglehrern    (für  eben  diese 
Schulen)    in   ihre  Hand  zu  nehmen,    um    damit    auf  die  allgemeine  musikalische 
Bildung     einen     heilsamen     Einfluss     auszuüben.       Die     Maatschappij     fing     ihr 
Wirken  mit  713  Mitgliedern  an,  bei  dem   25jährigen  Jubiläum  zählte  sie  deren 
1746,    und   bei    dem   50jährigen   3624.     Sie    suchte  die  bedeutendsten  Künstler 
zu  gewinnen,  durch  Ernennung  zu  Verdienst-,    zu    Correspondirenden-    und   zu 
Honorarraitgliedern,    und    wenn    man    die    stattliche   Reihe  sieht,   die   in    dieser 
Beziehung  zu  ihr  gehören,    so  muss  man    gestehen,   dass  sie  meistens  eine  sehr 
glückliche  Wahl  getroffen  hat. 

Macclii,  Luigi  Davide  de,  italienischer  Musiklehrer  und  Theoretiker, 
verfasste  ein  Lehrbuch  der  IMusik,  das  in  Italien  Verbreitung  fand.  Der  Titel 
ist:  TiGrammatica  musicale,  oovero  Frincipii  teorico-semeiografici  della  munira, 
metodicamente  e-sposti«. 

Macedo,  Antonio  de  Souza  de,  portugiesischer  Diplomat  des  17.  Jahr- 
hunderts, wurde  1606  in  Porto  geboren  und  starb  zu  Lissabon  1682.  Unter 
den   vielen   seiner  Schriften    war   hauptsächlich    »Eva  e  Ave,  flicatro  de  cnidirao 


254  Macedo  —  Machicourt. 

e  pTiilosophia  cfiristäa  (Lissabon,  1676),  in  Portugal  in  zehn  Auflagen  verbreitet. 
M.  war  ein  Günstling  des  Königs  Joäo  IV.  und  wurde  von  diesem  zu  wich- 
tigen [Missionen  in  London,  Holland  und  Schweden  verwendet.  Bei  einer  solchen 
Grelegcnheit  war  er  so  glücklich,  in  Schweden,  in  der  Bibliothek  der  Königin 
Christine,  das  Autograph  des  »Micrologus«  von  Guido  von  Arezzo  aufzufinden, 
nachdem  bereits  von  den  übrigen  Gesandten  und  Ministern  des  Königs  in  ganz 
Europa  dafür  die  grössteu  Anstrengungen  gemacht  worden  waren.  Nach  M. 
hat  der  König  selber  den  Fund  gethau.  Näheres  hierüber  giebt  Joaquim  de 
Vasconcellos  iu  seinem  y>Ensaio  critico  sobre  o  Cataloyo  del-Rey  D.  Joäo  1  Y.<s. 
1873,  S.  47  und  Anhang  VI  und  VII. 

Macedo,  Manuel,  portugiesischer  Componist,  lebte  zu  Madrid  um  die 
Mitte  dcs   16.   Jahrhunderts.     Er  schrieb  Motetten  und  Vilhancicos. 

Macfarreu,  Georg  Alexander  (VII,  4)  ist  am  2.  März  1813  zu  London 
geboren  als  der  Sohn  des  bekannten  Schriftstellers  M.  Auf  der  königl.  Musik- 
schule, in  welche  QI.  1829  eintrat,  war  er  hauptsächlich  Schüler  von  Cyprian 
Potter.  Ausser  den  bereits  angeführten  Opern  erschienen  noch:  y'Freyas  Gifta 
uud  -üJess^y  Leaa  (1863);  nSke  stoops  to  conquer<s- ;  y>The  soldier's  Leyacyvi  und 
y3jE[elfelly7i<s.  (1864).  Ferner  das  Oratorium  »Joseph«  (aufgeführt  am  Leeds 
Festival  1876),  die  Cantaten  »Lenora«;  »May  Day«;  »Christmas«  und  andere 
zahlreiche  Instrumental-  und  Vocalcompositionen.  M. ,  der  auch  als  Schrift- 
steller {-nBudhnents  of  Harmoniev)  und  Kritiker  thätig  war,  nimmt  als  Com- 
ponist und  Lehrer  eine  hervorragende  Stellung  unter  den  englischen  Musikern 
ein.  Er  ist  Direktor  (Principal)  der  königl.  Akademie  der  Musik  in  Interden 
(Hannover  Sq.),  nicht  der  neuen  königl.  Akademie  der  Musik.  Seine  grosse 
und  vielseitige  Thätigkeit  fällt  umsomehr  in's  Gewicht,  als  er  bereits  in  ver- 
hältnissmässig  frühen  Jahren,  nach  einem  längeren  Augenleiden,  gänzlich  er- 
blindete.    Sein  Bruder: 

Macfarren,  Walter  Cecil  (nicht  sein  Sohn  "William,  wie  es  im  Haupt- 
werk heisst),  ist  geboren  am  28.  August  1826  zu  London,  war  Chorschüler 
der  Westminster  Abtei  von  1836 — 41  und  Schüler  der  Royal  Academy  von 
1842 — 46,  im  Ciavierspiel  Schüler  von  Holmes,  in  der  Composition  von  seinem 
Bruder  und  C.  Potter.  1846  wurde  er  Lehrer  an  der  Akademie;  Direktor  der 
Concerte  derselben  1873.  Die  Philharmonische  Gesellschaft  erwählte  ihn  zum 
Direktor  1868.  Seine  Compositionen  bestehen  in  den  Ouvertüren:  »Beppo«; 
»A.  Winter's  Tale«;  «Hero  uud  Leander«;  »Pastoral«;  ein  Clavierconcert;  Ciavier- 
sonaten, Ciaviermusik  und  Vocalcompositionen. 

Machado,  Carlos  Maria,  portugiesischer  Componist  und  Professer  der 
Musik  am  geistlichen  Seminar  zu  Santarem  in  Portugal,  schrieb  viel  kleinere 
Musikstücke  und  auch  Kirchencompositioneu,  die  ungedruckt  blieben.  Er  ist 
zu   Santarem  1816   geboren  und  starb   1865. 

Machado ,  Barbosa  Diego  (VTI,  5),  ist  zu  Lissabon  1682  geboren 
uud  starb  1772. 

Machado,  ßafael  Coelho,  portugiesischer  Tonkünstler,  geboren  1814  zu 
Angra  do  Heroismo,  kam,  obwol  eigentlich  für  den  geistlichen  Stand  bestimmt, 
nach  Lissabon,  wo  er  bis  1835  Musik  studirte.  1838  reiste  er  nach  Brasilien, 
wo  er  sich  in  der  Folge  eine  ehrenvolle  Stellung  erwarb.  Er  unternahm  von 
da  aus  Reisen  nach  England  und  Frankreich  zur  Erweiterung  seiner  musi- 
kalischen Kenntnisse,  und  besuchte  auch  Spanien  und  Portugal,  ehe  er  zum 
zweiten  Mal  nach  Brasilien  zurückkehrte.  M.  schrieb  gegen  fünfzig  brasilianische 
Gesänge,  von  denen  einige  in's  Italienische  übersetzt  wurden.  Ferner  religiöse 
Schulgesänge  (1857) ,  Messen ,  Te  Deum  und  mehrstimmige  Kirchenchöre. 
Er  verfasste  auch  Elementarschulen  für  fast  sämmtliche  Instrumente,  die  in 
Rio  Janeiro  in  den  viei'ziger  Jahren  publicirt  wurden,  auch  eine  kurzge- 
fasste  Harmonielehre,  jedoch  beruhen  diese  sämmtlich  auf  Benutzung  bereits  vor- 
handener Schulen. 

Machicourt,  Pierre  (VII,5),  ist  identisch  mit  Mauchicourt  Pierre  (VII,31), 


Mach-ts  —  Mackenzie.  255 

zwei  Gesänge  von   ihm  sind  auch  in  der  bekannten  Sammlung  des  Pierre  Phalöse, 
in  Löwen    1555 — 5G  herauagegeben,  enthalten. 

Machts,  Carl,  geboren  am  16.  Juni  18-16  in  Weimar,  ist  ala  Pianist, 
Geiger  und  Componist  mit  Erfolg  in  die  Oeflfeutlichkeit  getreten.  1875  ging 
er  nach  Riga  als  Kapellmeister  des  dasigen  Stadttheaters.  Von  seinen  Com- 
positionen,  zu  denen  auch  die  Ouvertüren  zu  »Othello«  und  »Hamlet«  gehören, 
sind  einige  Lieder,   Chöre  und  Ciavierstücke  gedruckt. 

Mackeuzie,  Alc-x ander  Campbell,  schottischer  Componist,  wurde  am 
22.  August  1847  zu  Edinburg  geboren,  als  Sohn  des  gleichnamigen,  1858  ver- 
storbenen, in  Schottland  vielbeliebten  Violinisten  und  Dirigenten  des  Edinburger 
Stadttheaters.  Bereits  im  zartesten  Knabenalter  trat  M.'s  Neigung  und  Anlage 
zur  Musik  so  unzweideutig  hervor,  dass  seine  Eltern  ihn  unbedenklich  für  den 
Musikerberuf  bestimmten  und  er  im  Jahre  1857,  behufs  seiner  künstlerischen 
Ausbildung,  nach  Deutschland  gesandt  wurde.  Sein  Glück  führte  ihn  nach 
Sündershausen,  wo  er  in  dem  Concertmeister  W.  Uhlrich  einen  vortrefflichen 
Violinlehrer  und  in  dem  Hofkapellmeister  Eduard  Stein  einen  nicht  minder 
vortrefflichen  Compositionslehrer  fand.  Die  Fortschritte,  welche  er  unter  der 
Leitung  dieser  Männer  machte,  waren  so  befriedigend,  dass  er  schon  1861,  im 
Alter  von  vierzehn  Jahren,  als  Violinist  in  die  fürstliche  Hofkapelle  aufge- 
nommen werden  konnte,  in  welcher  Stellung  er  anderthalb  Jahr  wirkte.  Im 
Jahre  1862  ging  M.  nach  London,  um  unter  Sainton's  Leitung  seine  Violin- 
studien fortzusetzen ;  auf  Veranlassung  dieses  Meisters  trat  er  auch  als  Schüler 
in  die  »Royal  academy  of  Musik«  und  erwarb  sich  als  solcher  binnen  wenigen 
Monaten  den  ersten  Preis,  die  sogenannte  Kingscholarship ,  deren  Besitz  zu 
zweijährigem  freien  Besuch  der  Anstalt  ermächtigt.  Nachdem  er  sich  hier  mit 
Hülfe  des  Unterrichts  von  Sainton  (Violine),  Jenson  (Ciavier)  und  Charles  Lucas 
(Contrapunkt),  zu  einer  bemerkenswerthen  Stufe  der  ausübenden  Künstlerschaft 
emporgearbeitet,  verliess  er  London,  um  in  seine  Vaterstadt  zurückzukehren  und 
sich  in  derselben  einen  seinen  Fähigkeiten  entsprechenden  Wirkungskreis  zu 
bilden,  ein  Streben,  welches  vom  besten  Erfolg  begleitet  gewesen  ist;  denn  gegen- 
wärtig nimmt  M.  eine  der  ersten  Stellungen  unter  den  Tonkünstlern  seines 
Vaterlandes  ein,  und  hat  sich  namentlich  um  das  musikalische  Leben  in  Edin- 
burg als  Violinvirtuose,  Clavierlehrer  und  Dirigent  der  Scottish  Vocal  Asso- 
ciation, sowie  als  Musikdirektor  an  der  St.  Georges  Kirche  vielfach  verdient 
gemacht.  Neuerdings  hat  M.  auch  als  Componist  namhafte  Erfolge  gehabt, 
welche  für  ihn  um  so  ehrenvoller  sind,  als  er  der  erste  Schotte  ist,  welcher  sich 
überhaupt  in  dieser  Eigenschaft  bemerkbar  gemacht  hat.  Unter  seinen,  auch 
über  die  Grenzen  Englands  hinaus  bektinnt  gewordenen  Compositionen  verdient 
eine  Ouvertüre  »Cervantes«  genannt  zu  werden  (aufgeführt  1877  durch  die  Hof- 
kapelle zu  Sondershauseu),  sowie  ein  Ciavierquartett  in  Es-dur  (aufgeführt  1879 
durch  Hans  von  Bülow  in  Hannover).  Im  Druck  erschienen  sind  folgende 
Werke  M.'s:  1)  Lied,  op.  5,  »J  saiv  thee  weepa  (London,  Czerny);  2)  Lied,  op.  6, 
»Tum  foHune<i  (London,  Chappel);  3)  Lied,  op.  7,  »Love  and  deatha  (London, 
Novello);  4)  Sieben  Lieder  für  vierstimmigen  gemischten  Chor,  op.  8  (Ebenda); 
5)  Vier  Ciavierstücke,  »Bustic  sceneaa  (London,  Augener);  6)  Larghetto  und 
AUegretto  für  Violoncell,  op.  1(3  (London,  Lucas  Weber);  7)  Ciavierquartett 
in  Es-dur,  op.  11  (Leipzig,  Kahnt);  8)  Lieder,  »In  our  boatu  und  »Spanische 
Serenade«,  op.  12  (London,  Novello);  9)  Fünf  Ciavierstücke,  op.  13  (Ebenda); 
10)  Drei  Lieder  von  H.  Heine,  op.  14  (Leipzig,  Kahnt);  11)  Drei  Ciavierstücke, 
op.  15  (London,  Neumeyer);  12)  Drei  Gesänge  von  L.  Robertson,  op.  16  (Lon- 
don, Hutchings  &  Romer);  13)  Drei  Gesänge  von  C.  Rossetti,  op.  17  (London. 
Novello);  14)  Drei  Lieder,  op.  18  (London,  Werkes);  15)  Drei  Authems  für 
Chor,  op.  19  (London,  Novello);  16)  Sechs  Ciavierstücke,  op.  20  (London,  Neu- 
meyer). Ferner  ohne  Opuszahl  17)  Drei  »Voluntariesu  (Fautasiestücke)  für  Orgel 
(London,  Novello);  18)  Drei  Lieder  »The  knights  vowa,  »Slaunch  and  truea,  »The 
old  Grenadierit  (London,  Chappellj:   19)   »Tä^  cocal  melodies  of  Scotlandu,  Sechs 


256  Maelzel  —  Maillard. 

Hefte  schottischer  Volkslieder  für  Ciavier  bearbeitet  (Edinburg.  Paterson  &  Co. 
Von  den  zum  Theil  bereits  mit  Erfolg  aufgeführten  Manuscripteu  M.'s  sind 
zu  erwähnen:  Claviertrio  in  B-dur;  Streichquartett  in  G-dur;  Ouvertüre  zu  einer 
Komödie  für  Orchester  in  C-dur;  Tempo  di  Ballo  für  Orchester  in  Gr-dur; 
Scherzo  für  Orchester  in  F.;  »Hochlandsscenen«,  drei  Ciavierstücke  in  schotti- 
scher Weise;  eine  Anzahl  Lieder;  endlich  die  eingangs  erwähnte  Ouver- 
türe »Cervantes«. 

Maelzel,  Leonard,  Bruder  des  durch  die  Erfindung  des  Metronom  be- 
kannt gewordenen  J.  Nep.  Maelzel  (VII,  9),  war  ebenfalls  Mechaniker  und  con- 
struirte  in  Wien  1822  ein  Harmonikon,  welches  ziemlich  vollkommen  gewesen 
sein  soll.  Es  bestand  aus  einem  Kasten  von  fünf  Fuss  im  Quadrat  und  drei 
Fuss  Tiefe,  und  hatte  einen  TJmfang  von  fünf  Octaven;  es  gab  beim  leisen 
Berühren  der  Tasten  einen  Flötenton,  welcher  der  menschlichen  Stimme  sehr 
ähnlich  war,  und  der  so  lange  die  Taste  berührt  wurde,  fortklang. 

Magri,  Fortun at,  italienischer  Tonkünstler,  geboren  zu  Lucca  im  Tos- 
kanischen  am  6.  October  1839.  studirte  unter  Leitung  seines  Schwaerers  Paccini 
an  der  Musikschule  seiner  Vaterstadt,  und  wurde,  nachdem  er  sich  durch  eine 
grosse  Messe  als  Componist  eingeführt  hatte,  als  Lehrer  an  diesem  Institut 
angestellt.  1872  erhielt  er  die  Direction,  die  er  jedoch  nach  einiger  Zeit  wieder 
aufgab,  gleichzeitig  mit  seiner  Stellung  als  Kapellmeister  an  der  Kathedrale. 
1874  übernahm  er  die  Direction  der  Musikschule  in  Ferrara  und  1876  die  des 
neuen  Musikinstituts  zu  Spezia.  M.  schrieb  mehrere  Kirchenmusikstücke,  ein 
Miserere,  Motetten,  Graduale,  Sinfonien,  Opern,  Ciavier-  und  Gesangscompo- 
sitionen. M.  ist  Mitglied  der  Philharmonischen  Gesellschaft  zu  Bologna,  des 
königl.  Instituts  zu  Florenz  und  der  Akademie  der  h.   Cäcilia  zu  Rom. 

Mag'lioui,  Giovacchino,  geboren  gegen  1830  zu  Pontassieve  im  Toska- 
nischen,  ist  Pianist  und  zugleich  Comj)onist  von  zahlreichen  Claviercompositionen 
für  zwei  und  vier  Hände  und  für  zwei  Claviere.  M,  schrieb  auch  Kirchen- 
musik und  ein  lyrisches  Drama  »Ferruccio«,  welches  in  Florenz,  wo  sich  M. 
niedergelassen,  aufgeführt  wurde. 

Maliillon,  Victor,  Akustiker  und  Instrumentenbauer  von  Blasinstrumenten, 
ist  zu  Brüssel  am  10.  März  1841  geboren,  und  erwarb  bei  seinen  Lehrern: 
Bosselet  Sohn,  De  Swert,  Humblet,  Golle  und  Bemler  g\ite  Kenntnisse  in  der 
Musik,  theoretisch  sowol  wie  practisch,  und  wurde  dann  1865  der  Associe  seines 
Vaters,  Besitzer  einer  bedeutenden  Fabrik  von  Blasinstrumenten  und  später 
der  alleinige  Leiter  derselben.  M.  gründete  seitdem  eine  Zeitschrift  »l'Echo 
Musical«  für  sein  Kunstgewerbe ;  er  ist  Conservator  des  Instrumentenmuseums 
zu  Brüssel.  M.  hat  ebenfalls  eine  ausserordentlich  seltene  und  reiche  Samm- 
lung von  Instrumenten  in  seinem  eigenen  Etablissement  aufgestellt.  Auch 
verfasste  er  ein  vorzüglich  geschriebenes  Buch,  über  seinen  Gegenstand  viel- 
leicht das  beste  y>]SUments  cVacoustique  micsieale  et  instrumentale,  comprenant 
Vexamen  de  la  constmction  theorique  de  tons  les  Instruments  de  musique  en  usage 
dans  V orchestration  modernen  (Bruxelles,  Mahillon,  1874,  in  8")  und  ausserdem  die 
beiden  Schriften:  1)  r>Tableau  synoptique  de  la  science  de  Vharmo7iie  indiquant 
la  theorie  de  totis  les  accords  et  la  loi  de  leur  successiona ;  2)  r>Tableau  synoptique 
des  voioc  et  de  tons  les  instruments  de  musique  employes  dans  Vinstrumentation 
moderne  des  orchestres  de  Symphonie  dliarmonie  et  de  fanfares,  indiquant  Vetendue 
la  Position  et  Vemploi  de  ehacun  d^eux,  la  moniere  de  les  ecrire  et  les  rapports 
qui  existent  entre  eitxa. 

Maillard,  Pierre  (VII,  20).  Aus  den,  von  Van  der  Straeten  mitgetheilten 
Nachrichten  darf  man  scbliessen ,  dass  P.  Maillart  um  1530  geboren  ist  und 
1609  noch  lebte.  Als  seine  Motetten  erschienen,  in  den  Jahren  von  1554 — 56, 
dürfte  er  zwanzig  und  einige  Jahre  alt  gewesen  sein.  Zur  Herausgabe  seines 
theoretischen  Werkes:  -nLes  tons  ou  discours  etca,  wurde  ihm  am  19.  August 
1609  das  Privilegium  ertheilt.  Seine  musikalische  Ausbildung  erhielt  er  in  der 
geistlichen    Schule    zu    Cambrai;     1563    war    er    bereits    Sänger    der    Kapelle 


Mailly  —  Malliot.  257 

Philipps  II.  zu  Madrid.  Er  ging,  entweder  1581  mit  George  de  la  Hele  oder 
ir)85  mit  (-rherseni  und  N.  Mussele  wieder  nach  Spanien.  Bei  seiner  Rückkehr 
wurde  er  erster  Singmeister  an  der  Kathedrale  zu  Tournai  und  auch  Canonikus. 
Nach   Cousseniaker  wäre  er  erst   1622  gestorben. 

Mailly,  Jean  Alphonse  Ernest,  zur  Zeit  der  bedeutendste  Orgelspieler 
in  Belgien,  ist  in  Brüssel  am  27.  November  1833  geboren,  und  erhielt  Unter- 
richt im  Orgelspiel  bei  Christian  Girschner,  dem  bedeutenden  Organisten,  der 
auch  J.  Lemmens  gebildet  hatte.  In  sehr  jugendlichem  Alter  erhielt  M.,  da 
er  trefflich  vom  Blatt  spielte,  die  Stelle  eines  Accompagneurs  am  Theater  la 
Monnaie  und  die  des  Organisten  an  der  Kirche  St.  Joseph.  1861  wurde  er 
als  Lehrer  des  Ciavierspiels  und  1869  als  Lehrer  für  die  Orgel  am  Conser- 
vatorium  in  Brüssel  angestellt.  Seitdem  übernahm  M.  auch  die  Function  des 
Organisten  an  der  Carmeliterkirche.  Im  März  1858  liess  er  sich  auf  der  grossen 
Orgel  St.  Vincent  de  Paul  in  Paris  hören  und  erregte  dort  durch  seine  vir- 
tuose Behandlung  des  Instruments  Aufsehen.  Fortgesetzte  Erfolge  verschafften 
ihm  unzählige  Einladungen  für  Einweihung  neuer  Orgelwerke.  1871  vertrat 
M.,  auf  die  Empfehlung  von  Fetis,  Belgien  auf  der  internationalen  Ausstellung 
zu  London ,  ebenfalls  mit  ausserordentlichem  Erfolge.  Neben  seiner  hervor- 
ragenden Leistung  als  ausführender  Künstler,  besitzt  M.  den  gerechtfertigten 
Ruf  als  ausgezeichneter  Lehrer,  und  eine  Reihe  trefflicher  Organisten  Belgiens 
sind  aus  seiner  Schule  hervorgegangen.  Als  Componist  ist  M.  weniger  hervor- 
getreten; es  sind  einige  Motetten  mit  Orgelbegleitung,  Orgel-  und  Claviercom- 
positionen ,  ein  Trio ,  eine  Serenade  und  mehrere  Stücke  für  Harmonium, 
welche   M.  veröfi'entlichte. 

Mainzer,  Joseph  (VII,  26),  nach  seiner  Uebersiedelung  nach  England, 
gab  er  noch  folgendes  "Werk  heraus:  r>Musical  Äthenaeum  or  nature  andart, 
music  an  musioians  in  Germany ,  France,  Italy ,  and  other  parts  of  Europefs. 
(London,  1842). 

Majo,  Giuseppe  di  (VII,  23),  schrieb  ausser  Kirchenmusik  auch  zwei 
Opern,  die  in  Neapel  am  Theater  Fiorentini  aufgeführt  wurden:  nLo  Finio 
Laccheoa,   1725  und  'i>Lo    Veechio  Avaro«,  1727. 

Malaschkin,  russischer  Componist,  führte  unter  seiner  Leitung  im  April 
1872  im  Theater  zu  Petersburg  eine  Programm-Sinfonie  in  fünf  Sätzen,  be- 
titelt: »Das  Leben  eines  Künstlers«,  auf. 

Malibran,  Alexandre  (VII,  26),  starb  am  13.  Mai  1867  in  Boulogne 
(Seine);  seine   Gattin  Marie  Louise,  geb.  Perret,  in  Paris  am  8.   Januar   1871. 

Malliot,  Antoine  Louis,  war  als  Sänger,  Componist,  Lehrer  und  musi- 
kalischer Kritiker  thätig.  Er  ist  zu  Lyon  am  30.  August  1812  geboren, 
machte  in  seiner  Vaterstadt  zuerst  bei  Ed.  Jue  einen  Cursus  im  Gesänge  durch, 
und  ging  1832  nach  Paris,  wo  er  den  Unterricht  Choron's  genoss;  nach  dessen 
Tode  1834,  trat  er  ins  Conservatorium  ein.  Da  er  unbemittelt  war,  suchte 
er  zunächst  seine  Tenorstimme  zu  verwerthen;  er  sang  an  den  Theatern  in 
Nancy,  Metz,  Lille,  Brüssel,  Ronen  u.  s.  w.  Dieser  Beruf  strengte  ihn  jedoch 
zu  sehr  an,  deshalb  liess  er  sich  in  Ronen  als  Gesanglehrer  nieder  und  bildete, 
vermöge  seiner  guten  Methode,  viele  treffliche  Sänger  und  Sängerinnen,  wie 
Mme.  Dejean,  Poultier,  später  an  der  grossen  Oper  beschäftigt  u.  a.  Neben 
dieser  Thätigkeit  war  er  Mitarbeiter  und  Kritiker  an  mehreren  Journalen,  und 
machte  sich  aiich  als  Componist  durch  Romanzen  und  Gesänge  vortheilhaft  be- 
kannt. Endlich  versuchte  er  es  auch  mit  einer  dramatischen  Composition  »ic 
Vendeenne«,  Oper  in  drei  Akten,  welche  sich  einer  durchaus  günstigen  Aufnahme 
zu  erfreuen  hatte  und  in  Ronen ,  Toulouse  und  Lyon  gegeben  wurde.  Eine 
einaktige  Oper  nTneß'omaniea,  errang  gleichfalls  einen  völligen  Erfolg.  Ausser 
seinen  kritischen  Artikeln  und  Aufsätzen  in  den  Zeitschriften:  Journal  de  Ronen, 
La  France  musicale  u.  a.,  schrieb  M.  mehrere  Broschüren  polemischen  Inhalts 
von  Wichtigkeit,  die  in  Paris  und  in  der  Provinz  zu  seinem  Ansehen  beitrugen. 
Es  gehören  dazu:  »Za  Musique  an  Theätrea  (Paris,  Arayot,  1863);  r>Le  Nouveati 

Musikal.  CoDTers.-Lexikon.    Ergänzungsband.  17 


258  Mancinelli  —  Manier. 

Begime  des  theätre  dans  les  departementsa  (Rouen,  imp.  Lapierre,  1865);  »Institut 
£oieldieu<i ;  creation  d'u7i  Conservatoire  de  musiq^ue  ä  JRouena;  nDeuxieme  Peti- 
tion an  Senat;  Fondation  des  Theätres  iniperiaux  et  des  Conservatoires  de  la 
province«  (Paris,  Amyot,  1866).  M.  starb  nach  zehnmonatlicher  Krankheit  am 
5.  April  1867  in  Rouen.  Die  Stadt  kaufte,  um  seine  Verdienste  zu  ehren, 
die  Partitur  seiner  Oper  » Vendeenne,  für  2000  Francs  an. 

Mancinelli,  Luigi,  italienischer  Componist  der  Gegenwart,  geboren  zu 
Orvieto  am  5.  Februar  1848,  veröffentlichte  mehrere  Sammlungen  ein-  und 
mehrstimmiger  Gesänge  und  erzielte  mit  der  Musik,  die  er  zu  dem,  in  Rom 
1877  aufgeführten  Drama  »Kleopatra«  von  Pietro  Cossa  schrieb,  einen  be- 
deutenden Erfolg. 

Mandanici,  Placido   (VII,  32),  starb  am   6.   Juni  (nicht  5.)    1852. 

Maudini,  Stefano.  Neben  dem  trefflichen  Tenorsünger  Paoli  Mandini 
(VII,  32),  ist  auch  der  berühmte  BassbufFo  Stefano  zu  erwähnen,  für  den  Mozart 
den   Grafen  Almaviva  in  »Figaro's  Hochzeit«   schrieb. 

Maudl,  Louis,  ausgezeichneter  Arzt  und  Physiologe  in  Paris,  ist  in  Pest 
1812  geboren,  studirte  in  Wien,  Hess  sich  1836  in  Paris  nieder  und  wurde  bald 
darauf  als  Franzose  naturalisirt.  Er  machte  später  das  Stimmorgan  zu  seinem  Spe- 
cialstudium und  veröffentlichte  darüber  mehrere  ausgezeichnete  Arbeiten:  »Tratte 
pratique  des  maladie  du  larynx  et  du  pharynx«.  (Paris,  Bailliere,  1872  in  8**). 
Ferner:  »Hygiene  de  la  voix  parlee  ou  cliantee».  (Paris,  Bailliere,  1872  in  8"), 
und  »De  la  fatiyue  de  la  voix  dans  ses  rapports  avec  le  mode  de  respiratio7u<. 
(Paris,  1855  in  8*^).  Seit  1872  hält  M.  im  Conservatorium  zu  Paris  Vor- 
lesungen über  die  Pflege  der  Stimme.  M.  ist  leidenschaftlicher  Musikdillettant, 
und  sein  Haus  der  Sammelplatz  der  Künstler. 

Maufredi,  Filippo  (VII,  35),  ist  (nach  Cerü:  »Öennistorici  delVinsegnamenfo 
della  musica  iu  Luccav.)  1729  geboren,  kehrte  1773  nach  seiner  Vaterstadt 
Lucca  zurück,  wo   er  am   12.   Juli   1777   starb, 

Manfroce,  Nicola  Antonio  (VII,  35),  ist  zu  Palmi  (nicht  Palmo)  in 
Calabrien  am  20.  Februar  1791  geboren.  Er  starb  am  9.  Juli  1813  in  Neapel. 
Seine  erste  für  Rom  geschriebene  Oper  heisst  »Alzira«  (nicht  Armida)  und  die 
zweite  »Ecuba«:  (nicht  Piramo  und  Thisbe). 

Mangin,  der  Name  zahlreicher  Musiker  durch  mehrere  Generationen  in 
La  Brie  in  Frankreich.  {»Uhuillier,  Notes  sur  quelques  musiciens  dans  la  Brie.«) 
Es  sind  darunter  zu  nennen: 

Mangrin,  Charles,  war  Ende  des  17.  Jahrhunderts  Organist,  ebenso  einer 
seiner  Söhne.     Ein  anderer: 

Maugin,  Pierre,  1721  Organist  zu  Mitry,  ist  der  Vater  des  berühmten 
Architekten  Charles  M. 

Mangin,  Etienne,  war  Organist  zu  Joigny,   1735 — 40. 

Mangin,  Franko is,  Orgelbauer  zu  Trier. 

Mangin,  Eleonor,  gehörte  zur  Kammermusik  Ludwig  XIV. 

Mangin,  Eugene  Edouard,  Pianist,  Orchesterdirektor,  Direktor  des  Con- 
servatoi'iums  zu  Lyon,  ist  zu  Paris  am  9.  Deceml)er  1837  geboren,  und  im 
Conservatorium  daselbst  erzogen.  Er  erhielt  die  ersten  Preise  und  wurde  1860 
Gesanglehrer  der  Stadtschulen  zu  Paris.  1871  ging  M.  nach  Lyon  und  über- 
nahm die  Orchesterdirection  des  grossen  Theaters,  die  er  bis  1873  beibehielt. 
Inzwischen  hatte  er  trotz  mancher  Schwierigkeiten,  besonders  da  die  Fonds 
fehlten,  seinen  Plan,  in  Lyon  ein  Conservatorium  zu  gründen,  verwirklicht. 
Am  24.  Mai  1872  erhielt  er  die  Ernennung  zum  Direktor  der  Musikschule, 
die  unter  seiner  Leitung  sich  in  fortschreitender  Entwickelung  befindet.  Sie 
zählte  1877  647  Schüler  und  wurde  1874  durch  Ministerial- Verfügung  zur  Filiale 
des  Pariser  Conservatoriums  ernannt. 

Manier  (  V^II,  40).  Stil  und  Manier  dürfen  nicht  verwechselt  werden.  Jener 
wird  durch  die  vollständigste  Herrschaft  über  die  betreffenden  Darstellungs- 
mittel erreicht,    diese   nur   durch    einen    besonders  bevorzugten  Theil  derselben. 


Mauua.  259 

Der  Stil  wird  durch  das  Durstellungsobjekt  eben  so  bestimmt,  wie  durch  die 
Mittel  der  Darstellung;  die  Manier  dagegen,  durch  die  subjektive  Vorliebe  für 
einen  Theil  derselben.  Diese  verleitet  nur  zu  häufig  zu  einer  unkiinstlerischen 
Verwendung  der  Mittel.  Im  Allgemeinen  sind  die  musikalischen  Mittel  der 
Darstellung:  Melodie,  Harmonie  und  Khythmus  möglichst  gleichmiissig  zu  ver- 
wenden, doch  machen  gewisse  Stilurten  an  jede  dieser  Mächte  verschiedene  An- 
forderungen, die  falsche  Anwendung  wird  leicht  zur  Manier.  Der  Tanzstil  er- 
fordert eine  schärfere  Berücksichtigung  des  Rhythmus  und  nächst  dem  auch  der 
Melodie,  die  Harmonik  tritt  bei  ihm  in  den  Hintergrund,  wilhrend  beim  Lied, 
und  namentlich  beim  ernsten  und  gar  religiösen  Liede,  der  Rhythmus  weniger 
wirken  darf,  besonders  beim  religiösen,  bei  welchem  sogar  die  Melodik  an  sinn- 
lichem Reiz  verliert,  während  die  Harmonik  au  Gewalt  und  Macht  des  Aus- 
drucks gewinnt.  Der  schaffende  Künstler,  welcher  diese  Erfordernisse  der  Stil- 
gattungeu  unbeachtet  lässt,  und,  weil  er  für  die  pikante  Tanzrhythmik  eine  be- 
sondere Neigung  hat,  diese  auf  das  Lied  überträgt,  oder  der  gewiegte  Harmo- 
niker, der  seine,  dem  Kirchenstil  entsprechenden  Harmonien  dem  Tanz  aufbürdet, 
verfällt  in  Manier.  Als  solche  erscheint  ferner  auch  die  zu  häufige  Verwendung 
derselben,  besonders  stark  wirkenden  Darstellungsmittel.  Der  häufige  Gebrauch 
des  verminderten  Septimenaccordes  um  Schrecken  und  Grauen  zu  charakteri- 
siren,  oder  mit  ihm  wirksam  zu  modulireu;  die  stehend  verwendeten  Geigen- 
tremolos, wenn  es  gilt,  erregten  Dialog  zu  begleiten,  die  heftig  wirkenden  Trug- 
schlüsse, die  aufregende  Einführung  der  Chroraatik  und  Enharmonik  und  der 
nur  nervenreizenden  Klaugeffecte  werden  zur  Manier,  wenn  sie  alle  andern  Mittel 
der  Darstellung  verdrängen  und  Monotonie  erzeugen.  Wie  zu  grosse  Einfachheit, 
so  kann  ferner  auch  die  Künstelei  manirirt  erscheinen.  Der  nur  durch  die 
einfachste  Melodik,  ohne  die  entsprechende  Harmonik  und  Rhythmik  erreichte 
Ausdruck,  kann  nicht  tiefer  interessiren,  er  muss  monoton  werden.  Nicht  besser 
steht  es  um  jenes  Kunstwerk,  bei  welchem  die  Wirkung  der  einfachen  Melodik, 
durch  iresuchte  Intervallenschritte  und  durch  eine  überladene  Harmonik,  oder 
einen  seltsam  verrenkten  Rhythmus  gestört  oder  aufgehoben  wird.  Die  Sucht 
nach  Originalität  führt  ebenso  zur  Manier  wie  das  Streben  nach  harmlosester 
Einfachheit.  Die  Munier  ist  in  der  Regel  eine  Folge  der  unküustlerischeu 
Speculation  auf  den  Erfolg.  Wer  auf  solchen  bei  der  Schöpfung  eines  Kunst- 
werks bedacht  ist,  sucht  nach  den  Darstellungsmitteln,  welche  ihm  als  die  wirk- 
samsten erscheinen  und  er  wii'd  dabei  meist  zur  Uebertreibung  gedrängt,  die 
zur  Manier  führt.  Der  Künstler,  der  bei  vollständiger  Herrschaft  über  das 
Darstellungsmaterial  nur  unter  dem  Einfluss  einer  bestimmten  Idee  schafft,  ohne 
Rücksicht  auf  den  Erfolg,  wird  nimmermehr  in  Manier  verfallen,  wol  aber  sich 
einen   eignen   Stil  schaffen. 

Manna,  Ruggero,  Compouist,  Sohn  der  berühmten  Sängerin  Carolina 
Bassi,  wurde  zu  Triest  am  6.  April  1808  geboren.  Er  erhielt  den  ersten  L^nter- 
richt  von  einem  Onkel,  und  besuchte  dann  das  Couservatorium  zu  Bologna, 
um  daselbst  den  Unterricht  des  P.  Mattei  zu  geniessen.  Nach  l^j jährigen 
Studien  trat  er  mit  einer  dreistimmigen  Messe  hervor,  deren  Aufführung  er 
selbst  diriffirte.  Mit  15  Jahren  wurde  M.  in  die  Philharmonische  Akademie 
zu  Bologna  aufgenommen.  Seine  Mutter  führte  ihn  hierauf  nach  Wien,  wo  er 
deutsche  Musik  und  viele  bedeutende  Musiker  kennen  lernte.  Während  seines 
Aufenthaltes  in  AVien  1832,  wurde  ein  Stabat  mater  seiner  Composition  dort 
aufgeführt,  auch  veröffentlichte  er  mehrere  Sammlungen  italienischer  Arietten 
und  ein  Requien  für  vier  Stimmen  und  Orchester;  zurückgekehrt  nach  Triest, 
brachte  er  dort  die  Oper  nJacopo  di  Valenzaa  zur  Aufführung,  184G  daselbst 
die  Oper  »/Z  Profeta  Velato«:  in  Casalmaggiore  die  Oper  nFreciosa».  1835 
übernahm  M.  das  Amt  des  Kapellmeisters  der  Kathedrale  in  Cremona,  wo  er 
später  dieselbe  Funktion  am  Theater  übernahm.  Er  starb  in  dieser  Stadt  am 
14.  Mai  1864.  M.  war  hauptsächlich  als  Kirchencomponist  fruchtbar.  Er  schrieb 
zehn  mehrstimmige  Messen,  sechs  Trauermessen,  dreissig  drei-  und  vierstimmige 

n* 


260  Manry  —  Mariani. 

Psalmen  mit  Orchester,  drei  Stabat  raater,  zwei  Salve  Regina  mit  Orchester, 
Dies  irae  zu  vier  Stimmen,  ein  Ave  Maria  für  eine  Stimme,  ein  De  profundis, 
den  136.  Psalm  Davids,  sechs  Credo  für  drei  und  vier  Stimmen,  acht  Kyrie, 
vier  Litaneien  mit  Orchester,  zwanzig  Hymnen,  Versetten,  Antiphonien  u.  s.  yt. 
Ferner  schrieb  er  die  Musik  zu  Sonetten  von  Petrarca;  mehrere  weltliche 
Cantaten  und  Hymnen,  und  einige  Ouvertüren. 

Maury,   Charles   Casimir  (VII,  42),  starb  in  Paris  am  18.  Januar   1866. 
Mnuzaros,   N. ,    griechischer  Componist,  der  im  Mai   1872  in  Corfu    starb; 
er  veröfi'eutlichte  zahlreiche  patriotische   Gesänge. 

Manzoliui,  Carlo  Andrea,  italienischer  Tonkünstler  zu  Bologna,  um  die 
Mitte  des  17.  Jahrhunderts  geboren,  war  ein  Schüler  von  Griovanni  Benvenuti, 
ausgezeichneter  Violinist  und  geschickter  Contrapunktist.  Es  sind  Sonaten  für 
di'ei  Instrumente  von  ihm  bekannt.  1688  wurde  er  Mitglied  der  Akademie  der 
Philharmonischen   G-esellschaft. 

Marals,  Marin  (VII,  50),  ist  auch  der  anonyme  Verfasser  der  Schrift 
»l'histoire  de  VAcademie  royale  de  musiqueti.  Das  Manuscript  befand  sich  im 
Besitz  des  Baron  Taylor  und  wurde  vor  einigen  dreissig  Jahren  im  Journal 
y>Oonstituonnel<i  abgedruckt. 

Marcello,  Marco  Marcelliano  (VII,  53),  ist  gegen  1817  in  San  Gerolamo 
Lupatolo  im  Veronesischen  geboren.      Er    starb  am   25.   Juli   1865   in  Mailand. 
Marchetti  (VII,  56),  heisstFilippo  und  ist  am  26.  Februar  1631  in  Bolognola 
bei  Camerino  geboren. 

Marchisio  (VII,  57),  die  Contraltistin  Barbara  ist  zu  Turin  am  12.  De- 
cember  1834  geboren;  ihre  Schwester  Carlotta  am  6.  December  1836,  ebenfalls 
in  Turin;  sie  starb  dort  am  28.  Juni   1872.     Der  Bruder  beider: 

Marchisio,  Antonio,  Pianist,  ist  zu  Battigliera  am  19.  Februar  1817  ge- 
boren. Er  hatte  sich  in  Turin  niedergelassen,  wo  er  am  4.  August  1874  starb. 
Es  sind  dort  drei  seiner   Opern  zur  Aufführung  gelangt. 

Marcillac,  F.,  französischer  Musikschriftsteller,  ist  zu  Genf  geboren,  wo  er 
am  9.  März  1876  starb.  Musikunterricht  erhielt  er  von  seinem  Vater.  Später 
machte  er  mehrere  Jahre  lang  hindurch  als  Erzieher  und  dann  Secretär  einer 
russischen  Familie  ReiKen  durch  ganz  Europa.  1848  kehrte  er  nach  -Genf 
zurück  und  beschäftigte  sich  von  da  ab  vorwiegend  mit  musikhistorischen  Studien, 
deren  Resultate  er  in  einem  trefflichen  Werk  niederlegte:  y>Ilisfoire  de  la  musique 
moderne  et  des  Musiciens  celehres  depuis  Vere  chretienne  jusqu'  ä  nos  joursa 
(Sandoz  et  Fischbacher,  Paris,  1876).  M.  war  auch  w^ährend  mehr  als  20  Jahren 
Mitdirektor  des  Conservatoriums  in  Genf.  Für  den  Gebrauch  dieser  Schule 
redigirte  er  das  Werk  -üTheorie  eUmentaire  de  la  Musiquea  (Genf,  Martinet), 
und  das  Schriftchen  y>Siir  Venseignement  populaire  de  la  musique  d' apres  la  methode 
Chevk-.  (Genf,  J.   G.  Fick,   1862). 

Marcucci,  Ferdinand,  ausgezeichneter  Harfen  virtuos,  geboren  in  Florenz 
am  6.  Mai  1800,  starb  in  dieser  Stadt  am  29.  December  1871.  Er  war  der 
Schüler  seines  Vaters,  des  Harfenvirtuosen  Curzio  M.  und  liess  sich  mit  vielem 
Beifall  in  italienischen  Städten  hören,  kam  1827  nach  Frankreich,  ebenfalls 
concertix'end  und  trat  dann  in  Paris  in  das  Orchester  des  Theatre  Italien. 
1835  kehrte  er  nach  Florenz  zurück,  wo  er  sich  dem  Unterricht  widmete. 

Marek,  Louis,  bedeutender  polnischer  Pianist,  geboren  1837  in  Galizien, 
Schüler  Liszt,  imponirte  namentlich  durch  eine  bedeutende  Technik.  Er  machte 
mit  Erfolg  Concertreisen  in  Russland  und  Oesterreicb,  und  liess  sich  dann  in 
Lemberg  als  Lehrer  des  Clavierspiels  nieder.  Von  seinen  Ciavierstücken  sind 
mehrere  erschienen. 

Marenzio,  Luca  (VII,  58),   die  früheste  bekannte  Ausgabe  seiner  Madrigale 

vom  Jahre  1588  führt  den   Titel:  y>Di  Luca  Marenzio  madrigali  a  4,  5,   6'  voci, 

lihro  primo  novamente  et  date  in  luce.     In  Venetia,  presso  Giacomo  Vicenzi  1588«. 

Mariani,  Angelo,  Componist  und  Orchesterdirigent  von  bedeutendem  Euf 

in  Italien,  ist  zu  Eavenna  am   11.  October  1822   geboren  nnd  starb  zu   Genua 


Marimba  —  Marlus.  261 

am  13.  Juni  1873.  Uuterricht  iu  der  Musik  emi)(in;f  er  nur  vuu  verschiedenen 
untergeordneten  Musiklehrern  seiner  Vaterstadt.  Mit  18  Jahren  etwas  Ciavier 
und  Violine  spielend,  übernahm  er  die  Direction  eines  kleinen  Orchesters.  Nach- 
dem er  diinn  als  ürchestermitglied  in  verschiedenen  Stildten  der  Roraagna 
thätig  gewesen  war,  kam  er  nach  Bologna,  wo  Kossini,  damals  Direktor  des 
dortigen  Lyceums,  eine  Ouvertüre  seiner  Composition  aullührte.  Auf  den  Rath 
ßossini's  studirte  M.  nun  die  classischen  Werke  der  verschiedenen  Schulen  und 
setzte  Quartette  von  Mozart  und  Beethoven  in  Partitur.  1844  begann  er  seine 
Carriere  als  Orchesterdirigent  in  Messina,  wo  er  die  Oper  «SqJ/^o«  von  Pacini 
zur  AuüÜhrnng  brachte,  und  übte  dann  dieselben  Functionen  in  Mailand  und 
in  Vicenzn.  1847  folgte  er  einem  Ruf  au  das  Hoftheater  in  Kopenhagen,  und 
führte  dort  ein  Requiem  seiner  Composition  bei  den  Trauerfeierlichkeiten  für 
den  König  Christian  VIII.  auf.  Die  Ereignisse  von  1848  riefen  ihn  aus  dieser 
glänzenden  Stellung  in  die  Reihen  der  Kämpfenden  nach  Italien.  Nach  be- 
endetem Kriege  ging  er  nach  Constantinopel,  endlich  1852  nach  Genua  als 
Kapellmeister  des  Theaters  Carlo -Feiice.  Bisher  als  geschickter  Dirigent  be- 
kannt, begann  er  nun  berühmt  zu  werden,  und  erhielt  nach  einigen  Jahren 
einen  Ruf  nach  Bologna  au  eines  der  ersten  Theater  Italiens.  Als  unvergleichlich 
wird  seine  Intelligenz  gerühmt  mit  der  er  auf  die  Intentionen  der  Componisten 
einzugehen  verstand,  und  demgemäss  die  Ausführung  der,  von  ihm  einstudirten 
Opern  leitete.  Er  brachte  in  Bologna  die  Afrikanerin  von  Meyerbeer,  Aida  und 
Don  Carlos  von  Verdi  und  Tannhäuser  und  Lohengrin  von  R.  Wagner  zur 
Aufführung.  1873  kehrte  er  an  das  Theater  Feiice  nach  Genua  zurück,  um  die 
bevorstehende  Aufführung  der  Oper,  die  »Perle  von  Brasilien«  von  Felicien  David 
zu  leiten,  wurde  jedoch  von  einer  schweren  Krankheit  befallen,  der  er  am 
13.   Juni   1873   erlag. 

Marimba,  nicht  Marimbach  (VII,  65),  eine  Art  Holzharmonika  der  west- 
afrikanischen Völkerschaften.  Jedes  der  abgestimmten  Klanghölzer  hat  einen 
hohlen  Kürbis  als  Resonanzboden.  Um  die  Hölzer  zum  Klingen  zu  bringen, 
schlägt  man  sie  mit  zwei  Klöppeln.  In  der  Regel  liegen  die  Klanghölzer  auf 
einem  halben  Doppelreifen  in  bestimmten  Entfernungen,  und  jedes  auf  einem 
Kürbis  von  entsprechender  Grösse;  der  Marimbaspieler  trägt  das  Instrument 
so  an  einem,  über  den  Nacken  gehängten  Riemen,  dass  er  mit  beiden  Klöppeln 
die  Hölzer  bequem  anschlagen  kann. 

Mariuelli,  Gaetano  (VII,  66),  folgende  Nachrichten  über  ihn  sind  den 
bereits  gegebenen  hinzuzufügen:  M.  befand  sich  vor  1790  in  Madrid,  wo  er 
Gesangunterricht  ertheilte;  1817  war  er  in  Lissabon  und  componirte  hier  eine 
Cantate  zu  den  Hochzeitsfeierlichkeiten  des  Prinzen  D.  Pedro,  ausgeführt  im 
Theater  San  Carlos.     1820  war  M.  in  Porto,  wo   er  ebenfalls  Musikstunden  gab, 

Mario,  Giuseppe  (VII,  68),  ist  weder  zu  Turin  noch  zu  Genua,  sondern 
in  Cagliari  geboren. 

Marias,  genialer  französischer  Ciavierbauer,  der  zu  Paris  gegen  Ende  des 
17.  und  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  lebte,  über  dessen  Lebensumstände  aber 
nichts  bekannt  ist.  Zur  selben  Zeit  fast,  als  in  Italien  Cristofali  und  in  Deutsch- 
land Schröter,  kam  Marius  in  Frankreich  auf  den  Gedanken,  die  Construction 
des  Claviers  zu  verbessern,  indem  er  anstatt  der  Kiele  und  Tangenten  hölzerne 
Hämmer  und  Tangenten  anbrachte.  1716  veröffentlichte  M.  in  den  Memoiren 
nMachines  et  inventions  approuvees  par  VAcademie  royale  des  scieuces«  (T.  III, 
1713 — 19)  die  Beschreibung  und  die  gravirten  Abbildungen  von  drei  Ciavieren 
mit  Hilramern  (»a  maillettsa)  seiner  Erfindung.  Eine  andere  seiner  Erfindungen 
im  Jahre  1700  gemacht,  war  das  tragbare  Ciavier,  Clavecin  portatif.  d.  h.,  ein 
Ciavier  zum  zusammenlegen.  Beschreibung  und  Modell  eines  solchen  enthält 
ebenfalls  die  oben  angeführte  Sammlung  (T.  I).  Von  seinen  Hammerciavieren 
ist  leider  kein  Exemplar  bekannt,  dagegen  von  den  letztgenannten  mehrere. 
Ein  vorzüglich  gut  erhaltenes  vom  Jahre  1713  mit  dem  Namen  des  Erbauers 
und  der  Bezeichnung  nExclusif  privilege  du  Iioi/<i  versehen,  befindet  sich   in  der 


262  Marqne  —  Martin. 

Instrumentensammlung  von  Alexander  Kraus  in  Florenz.  Ein  zweites  besitzt 
Auguste  Tolbecque  in  Paris,  und  ein  drittes  die  Instrumentensammlung  des 
Conservatoriuras  in  Paris.  Das  Letztere  ist  im  Catalog  daselbst  folgeuder- 
maassen  beschrieben:  Dies  Instrument  hat  einen  Umlang  von  vier  Octaven,  vom 
tiefen  H  bis  y^,  es  ist  in  drei  Abtheilungen  getheilt,  von  denen  eine  über  die 
andere  gelegt  werden  kann,  so  dass  ein  Reisekoffer  das  Instrument  aufnehmen  kann. 
Der  Resonanzboden  des  Claviers  ist  reich  verziert,  und  trägt  ebenfalls  den 
Namen  und  den  Hinweis  auf  das  Privilegium   des  Verfertigers. 

Marque,  Pierre  (VII,  76),  starb  zu  Paris  im  December   1868. 

Marques,  Joaquim  Jose,  portugiesischer  Musikscbriftsteller,  geboren  zu 
Lissabon  1836,  ist  bekannt  durch  seine  unausgesetzten  Bemühungen,  in  seinem 
Vaterlande  und  bei  dessen  Künstlern  die  ideale  Seite  der  Kunst  zu  fördern. 
Er  gründete  das  Journal  •oÄrte  Musical^  zu  Lissabon  und  veröff'entlichte  unter 
anderm  dai'in  y>öhronolocjia  da  Opera  em  Portugal.  JEstiidos  sobre  a  historia  da 
musica  em  Portugal. 

Marra-VoUmer,  Marie  (VII,  76),  starb  am  25.  December  1878. 

Marschner,  Heinrich  (VII,  80),  er  vollendete  die  Oper  y>Hjar)ie«,  oder 
»Tyrfingschwert«   1857;   1864  wurde  sie  in  Frankfurt  aufgeführt. 

Martel,  Abbe  A.,  verfasste  eine  i>Methode  de  piain  chant  sehn  Je  rit  romain, 
suivie  des  Principes   compares  du  chant  musicah  (Frejus,   Perreymond,  in   12''). 

Marti,  Anselm,  Componist,  trat  1779  ins  Kloster  Engelburg  in  der 
Schweiz  ein.  Nach  Georg  Becker  (die  Musik  in  der  Schweiz)  war  er  ein  Organist 
und  Componist  von  Verdienst.     Er  schrieb  Messen,  Motetten,  Operetten  u.  s.  w. 

Marti,  P.  Jose,  spanischer  Componist  und  Kapellmeister,  geboren  zu 
Tortosa  1719,  trat  im  30.  Jahre  in  das  berühmte  Benedictiner  Kloster  Mont- 
serrat,  und  gehörte  zu  den  Musiklehrern  desselben.  Er  war  vorher  Kapell- 
meister an  einer  Kathedrale  gewesen.  In  Montserrat  starb  er  am  3.  Januar  1763. 
In  den  Archiven  des  Klosters  sind  seine  Compositionen  aufbewahrt,  von  denen 
hervor  zu  heben  sind:  Ein  Gesang  auf  die  Geburt  Christi,  und  Lamentationen 
für  die  heilige  Woche. 

Martin,  Alexander,  Violinist  und  Componist,  geboren  zu  Warschau  1825. 
starb  daselbst  bereits  1856.  Seine  Mutter  war  Polin,  sein  Vater  Franzose. 
Als  Violinist  am  Theater  in  Warschau  angestellt,  beschäftigte  er  sich  vielfach 
mit  der  Composition.  Gedruckt  sind:  Grosse  Fantasie  für  Violine  mit  Ciavier- 
begleitung; Noturne  für  Violoncell;  Zwei  Episoden  für  Violoncell;  Fantasie  für 
Hoboe;  Elegie  für  zwei  Violinen  und  Violoncell;  Trauermarsch  für  drei  Trom- 
peten und  Chor  u.  a.  (die  letztern  wurden  bei  seinem  Leichenbegängniss  aus- 
geführt). Zwei  Opern  blieben  unvollendet;  Fragmente  der  einen  »Wianka«,  in 
Warschau  aufgeführt,  machten  bedeutende  Wirkung. 

Martin,  Jean  Blaise  (VII,  86),  ist  am  24.  Februar  1768  geboren,  und 
starb  am  28.  October  1837.  Er  war  als  Professor  des  Gesanges  von  1816 — 18 
thätig,  später  von   1832 — 37. 

Martin,  N.,  geboren  zu  Marseille  1810,  machte  die  ersten  Musikstudien  in 
der  Gesangschule  der  Metropolitankirche  daselbst.  Seine  Eltern  bestimmten  ihn 
eigentlich  für  den  Handelstand,  gaben  aber  seinen  Wünschen  nach  und  Hessen 
ihn  Musik  studiren.  Er  erhielt  später  die  Stelle  eines  Contrabassisten 
am  grossen  Theater  zu  Marseille.  1831  kam  er  nach  Paris,  wurde  als 
Pensionär  in  die  Schule  Chorons  aufgenommen,  und  gehörte  nach  dessen  Tode 
zu  denjenigen  Schülern,  die  im  Conservatorium  Aufnahme  fanden.  Nach  drei- 
jährigen Studien  trat  er  als  Sänger  bei  der  Oper  ein,  ohne  jedoch  als  solcher 
hervorzutreten.  Er  nahm  deshalb  das  Anerbieten,  in  seiner  Vaterstadt  Marseille 
am  Conservatorium  eine  Gesangsciasse  einzurichten  an,  und  hat  in  dieser  Stellung 
Wesentliches  geleistet.  Man  hielt  diese  Gesangsciasse,  aus  der  zahlreiche  gute 
Sänger  und  Lehrer  hervorgingen,  für  die  beste  in  den  französischen  Provinzen. 
Für  den  Chorverein  Trotebas,  von  M.  gegründet  und  fünfzehn  Jahr  hindurch 
geleitet,  schrieb   er  Messen,  Motetten  u.  s.  w.     M.  besitzt  die  bedeutendste  Musi- 


Martinez  —  Massaini.  263 

kaiische  Privatbibliothek,  aus  mindestens   10,0(J0    Bänden   musikalischer  Bücher 
und  Partituren  bestehend,  und  viele  Seltenheiten   enthaltend. 

Martiuez,  Nicolas  Gonzales,  spanischer  Componistder  Gegenwart,  Organist 
der  Parochialkirche  in  ^Madrid,  unternahm  vor  einif,'en  Jahren  in  Gemeinschaft 
mit  Lopez  Juarranz  die  Herausgabe  dea  Werkes  nEl  Canto  sacro  publicacion 
religiosa  musical  dedicada  a  S.  S.  Pio  IX.«-   (Madrid,  Andres  Vidalj. 

Martiuez,  Vice  nie,  spanischer  Priester  und  Musiker,  geboren  in  der  ersten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts,  wurde  Kapellmeister  an  der  Kirche  Albarracin  am 
19.  Juni  1764,  und  starb  in  dieser  Stadt  den  10.  Februar  1777.  Seine  haupt- 
sächlich für  diese  Kapelle  geschriebenen  Compositionen  sind  in  derselben  auf- 
bewahrt. Es  sind  6  Messen,  124  Cantateu,  überhaupt  Kirchenstücke  aller  Art, 
meistens  fünf-   und  sechsstimmig,  vier-,  sieben-   und  achtstimraig. 

Martini,  Andrea  (VII,  89),  starb   1819   in   Florenz. 

Martini,  Giovanni  Battista  (VII,  9U),  ist  am  3.  October  (nicht  August) 
1784  geboren. 

Martini,  Johann  Paul  Aegidius  (VII,  91),  eine  biographische  Schrift 
über  ihn  erschien  von  A.  Pougin  unter  dem  Titel  »Martini«  (Paris,  1864),  eine 
andere  nl'JEloge  de  Martini«  von  der  Prinzessin  Constance  von  Salm  (in  ihren 
Gesammtwerken   Theil  IV.,   Paris,   1842). 

Martncci,  Giuseppe,  talentvoller  Pianist  und  Componist,  ist  als  Sohn  eines 
Militärmusikers  zu  Capua  am  6.  Januar  1856  geboren.  Er  besuchte  das  Conser- 
vatorium  in  Neapel,  und  Hess  sich  nach  vollendeten  Studien  in  den  italienischen 
Hauptstädten  und  in  England  mit  vielem  Erfolg  als  Pianist  hören.  1878  be- 
suchte M.  Paris,  wo  sein  delicates  Spiel  ebenfalls  den  grösstcn  Anklang  fand. 
Zur  selben  Zeit  erhielt  er  für  ein  Quartett  in  Mailand  den  Preis.  Seine  Clavier- 
compositionen  sind  stilvoll  und  elegant. 

Masini,  Francesco,  italienischer  Componist,  der  den  grössten  Theil  seines 
Lebens  in  Frankreich  lebte,  war  in  Florenz  am  16.  Juli  1804  geboren.  Er 
schrieb  mehrere  Hundert  Eomauzen  und  Gesänge,  die  theilweise  in  der  üblichen 
Form  von  Albums  erschienen.  Ausdrucksvoll  und  graziös,  errangen  diese  Ge- 
sänge einen  andauernden  Erfolg  und  wurden  viel  gesungen,  z.  B.:  Latigaye  des 
ßturs;  Ma  Bretagne;  Plus  heureux  qu'un  roi;  Les  deiix  Madones;  Le  Depart 
de  V hirondelle ;  VExile;  La  ßancee  du  pecheur  u.  a.  M.  starb  in  Paris  im  Hospice 
Dubois  am   20.  August  1863. 

Mason,  Lavel,  Dr.,  geboren  1792  in  Medfield  bei  Boston,  widmete  sich 
namentlich  der  Kirchenmusik  und  dem  Schulgesange.  Die  von  ihm  herausge- 
gebenen r>Carmina  sacraa  sind  weit  verbreitet  in  den  Vereinigten  Staaten. 
1854  veröffentlichte  er  »Musikalische  Briefe  aus  der  Fremde«.  Die  Universität 
in  New- York,  wo  er  seit  1850  seinen  Wohnsitz  genommen  hatte,  verlieh  ihm 
die  Würde  eines  Doctor  der  Musik.  Er  starb  am  11.  August  1872  auf  seinem 
Landsitz.     Sein  Sohn 

Mason,  William,  ist  1828  in  Boston  geboren,  studirte  von  1849 — 54  in 
Leipzig,  Prag  und  Dresden  und  zuletzt  unter  Liszt  Musik,  und  ging  dann  zurück 
nach  New- York,  wo  er  sich  als  Componist,  Pianist  und  Lehrer  bald  ausge- 
breiteten Ruf  erwarb. 

Massaini,  Tiburce,  Augustinermönch,  fruchtbarer  Kirchencomponist,  ist 
zu  Cremona  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  geboren.  Nachdem  er 
seine  Gelübde  abgelegt  hatte,  erhielt  er  eine  Kapellmeisterstelle  an  der  Kirche 
St.  Maria  del  Popolo  in  Rom.  1580  ging  er  nach  Prag  in  den  Dienst  des 
Kaisers  Rudolph  IL,  kehrte  aber  bald  nach  Rom  zurück,  wo  er  noch  1605 
lebte.  Seine  sehr  zahlreichen  mehr-  und  vielstimmigen  Compositionen:  Madrigale, 
Motetten,  Psalmen,  Messen  u.  s.  w.,  wurden  in  Venedig  in  den  Jahren  1567 
bis  1607  veröftentlicht.  Madrigale  von  i\I.  finden  sich  in  den  Sammlungen 
•aMelodia  Olimpica  di  diversi  eccellentis  simi  musiciv.  (Antwerpen,  1594)  und 
-oPardiso  musicale  di  Madrigali   et  canzoni   a  cinque  voci«  (1596).     Abbe  Santini 


2ß4  Massart  —  Masutto. 

in    Korn    besitzt   die    Partituren    im   Manuscript    von  mehreren  vier-,    fünf-   und 
achtstimmigen  Werken. 

Massart,  Lambert  Joseph,  Violinist  und  Professor  des  Violinspiels  am 
Pariser  Conservatorium,  stammt  aus  Lüttich,  wo  seine  Eltern  und  Vorfahren 
schon  als  Musiker  thätig  waren,  ebenso  wie  drei  seiner  Brüder.  Er  selber 
wurde  wegen  seines  Talentes  von  seinem  Lehrer  Delaveu  in  Protection  genommen, 
und  nach  Paris  geführt,  wo  er,  vom  König  der  Niederlande  Wilhelm  I.  mit  einer 
Pension  bedacht,  seine  Studien  bei  R.  Kreutzer  vollendete.  In  den  Concerts 
spirituels  Hess  sich  M.  unter  vielem  Beifall  wiederholt  hören;  widmete  sich 
dem  Unterricht,  und  erlangte  bald  den  Ruf  eines  der  besten  Violinlehrer.  Zu 
seinen  Schülern  gehören  Henri  Wieniawski,  Isidor  Lotto,  Victor  Cheri  u.  a. 

Massart,  Louise  Aglae,  geb.  Mnsson,  Gattin  des  Vorigen,  eine  der  be- 
deutendsten Ciavierspielerinnen  der  Gegenwart  in  Paris,  ist  daselbst  am  10.  Juni 
1827  geboren  und  trat  1838  ins  Pariser  Conservatorium.  Sie  erhielt  daselbst 
im  Jahre  1840,  eben  dreizehn  Jahr  alt,  sehr  glanzvoll  den  ersten  Preis.  Nach- 
dem sie  auch  öffentlich  gespielt,  ernannte  sie  die  Herzogin  von  Orleans  zu  ihrer 
Hofpianistin.  In  Paris  errang  L.  M.  zahlreiche  und  glänzende  Erfolge,  die  ihr 
auch  an  anderen  Orten  nicht  gefehlt  haben  würden;  doch  unternahm  diese  höchst 
bedeutende  Künstlerin  niemals  Kunstreisen.  Ihr  Spiel  vereinigte  in  seltener 
Weise  Kraft  mit  Grazie,  Glanz  und  Poesie;  als  unterrichtete  Musikerin  bequemt 
sie  sich  den  Stilen  der  verschiedensten  Meister  an.  1875  übernahm  L.  M.  die 
Classe  der  Mdme.  Farrenc  am  Conservatorium, 

Masset,  Nicolas  Jean  Jacques,  Violinist  und  Sänger,  geboren  zu  Liege 
am  27.  Januar  1811,  wurde  auf  dem  Pariser  Conservatorium  gebildet.  Habeneck, 
Seuriot,  lelensperger,  Dourlen,  Benoist  waren  seine  Lehrer.  Nachdem  er  als 
Violinist  zwei  Jahre  am  italienischen  und  am  Varietes  Theater  thätig  gewesen 
war,  übernahm  er  an  dem  letzteren  die  Orchesterdirection.  In  dieser  Zeit  gab 
er  mehrere  Violincompositionen  heraus ;  mehrere  Fantasien  (Habeneck  und  dem 
König  Leopold  I.  gewidmet),  ein  Concert  mit  Orchesterbegleitung,  Six  eaprices, 
einiges  für  Flöte  und  zahlreiche  Romanzen,  die  theilweis  beliebt  waren.  Im  Be- 
sitze einer  schönen  Tenorstimme,  gab  M.  dem  Drängen  seiner  Freunde  nach 
und  betrat  am  19.  September  1839  die  Bühne  der  Opera  Comique,  in  der  Rolle 
des  Marcel,  (La  Seine  d^un  jour)  von  Adam  für  ihn  geschrieben.  Seine  Erfolge 
erhielten  ihn,  trotz  seiner  Abneigung  für  dieselbe,  bis  1852  auf  der  Bühne, 
Von  1845 — 48  befand  er  sich  in  Italien,  1850  in  Madrid;  sonst  blieb  er  Paris 
getreu,  wo  er  sich  auch  nach  seinem  Rücktritt  von  der  Bühne  als  Gesanglehrer 
etablirte ,  aber  ein  Jahr  später  einem  Ruf  als  Musikdirektor  des  kaiserlichen 
Hauses  nach  St.  Denis  folgte.  Er  veröflfentlichte  seitdem  Vocalisen  und  Gesänge. 
Masson,  Charles,  Kapellmeister  der  Kathedrale  Chrdons-sur-Marne  gegen 
1680,  später  au  einer  Jesuitenschule  zu  Paris,  gab  ein,  seiner  Zeit  geschätztes 
Werk  heraus  >^Nouveau  traite  des  regles  pour  la  composition  de  la  musique,  par 
leq_ueVon  apprend  facilement  ä  faire  tcn  chant  sur  des  paroles,  ä  composer  ä  deucc, 
trois  et  quatre  parties,  et  ä  chiffrer  la  hasse  continuea  (Paris,  1694,  1699,  1705; 
Amsterdam,   1738).     M.  starb  gegen   1705. 

Massoneau,  Louis,  Violinist,  geboren  zu  Cassel  in  der  zweiten  Hälfte  des 
18.  Jahrhunderts,  war  Schüler  von  Heuze,  und  in  der  Composition  von  Rode- 
wald. Er  war  erster  Violinist  des  Landgrafen  von  Hessen,  Direktor  der  akademi- 
schen Concerte  in  Göttingen,  erster  Violinist  in  Frankfurt  a.  M.  und  in  Mecklen- 
burg-Schwerin. 1818  und  1819  erregte  er  noch  in  Hamburg  und  in  Ludwigslust 
Aufsehen  durch  seinen  mächtigen  Ton.  Seine  Compositionen  bestehen  in  Sinfo- 
nien, einem  Violinconcert,  Quartetten,  Duos  für  zwei  Violinen  u.  a.,  veröffentlicht 
durch  Andre  in  Offenbach. 

Masntto,  Giovanni,  italienischer  Schriftsteller,  Direktor  der  Volksschulen 
für  Mu.-sik  in  Venedig,  ist  Redakteur  der  Zeitschrift  »Za  Volontär  und  gab  die 
historische  Abhandlung  heraus:  »La  Musiea  della  sua  origine  et  della  sua  storiaa 
(Dritte  Auflage,   1878), 


Materua  —  Mathieu.  265 

Materua,  Am  alle  Friedrich-  ist  zu  St.  Georgen  einem  Marktflecken  in 
Steiermark  1847  geboren.  J)er  Vater,  Lehrer  des  Orts,  führte  sie  früh  in  die 
Musik  ein,  und  seit  ihrem  neunten  Tjcbensjahre  sang  sie  schon  Solopartien  in 
den  Kirchenmusiken.  Nachdem  sie  kaum  das  zwölfte  Jahr  zurückgelegt  hatte, 
starb  der  Vater.  Der  älteste  Bruder  wollte  sie  zur  Sängerin  ausbilden  lassen, 
und  ging  mit  ihr  nach  Wien  zu  dem  bekannten  Professor  des  Gesangs  Genti- 
luomo.  Diesem  gefiel  die  Stimme  zwar  sehr  gut,  aber  für  das  geringe  Honorar, 
das  der  Bruder  bieten  konnte,  wollte  er  die  Ausbildung  nicht  übernehmen. 
Amalie  ging  nun  zu  einem  Bruder  nach  St.  Peter  in  Obersteiermark,  und  nach- 
dem der  älteste  Bruder  Telegraphenbeamter  in  Graz  geworden  war  mit  der 
Mutter  zu  diesem.  Hier  wurde  sie  durch  den  Theaterdirektor  Czernitz  veran- 
lasst, am  Thaliatheater  in  der  Operette  aufzutreten  und  damit  war  ihre  fernere 
Laufbahn  bestimmt.  Sie  sang  zwei  Jahr  in  Graz  und  ging  dann  an  das  Carl- 
theater in  Wien.  Hier  studirte  sie  unter  Heinrich  Proch  privatim  Partien  der 
grossen  Oper,  und  1869  sang  sie  mit  glänzendem  Erfolg  die  Selika  in  »Die 
Afrikanerina  im  Hofoperntheater  und  wurde  darauf  sofort  engagirt.  Ihren 
Weltruf  verdankt  sie  ihrer  Darstellung  der  Bruubilde  in  den  Bayreuther 
Vorstellungen  des  »Nibelungenringes«.  Frau  Materna  ist  mit  dem  Schauspieler 
Carl  Friedrich  verheiratet. 

Mathias,  Georg  Amadee  Saint  Clair,  Componist,  Pianist  ersten  Ranges 
und  ausgezeichneter  Lehrer  des  Ciavierspiels,  war  langjähriger  Schüler  Chopins 
und  auch  Kalkbrenners  und  übertrug  Methode  und  Stil  dieser  beiden  berühmten 
Clavierspieler  auch  auf  seine  Schüler.  M.  übernahm  am  Conservatorium  die 
sehr  in  Misscredit  gekommene  Classe  Laurent  und  brachte  dieselbe  wieder  zu 
Ehren  durch  die  treftlichen  Pianisten,  die  aus  derselben  hervorgingen.  Auch 
als  Componist  ist  M.  hervortretend.  Seine  zahlreichen  Compositionen  sind  gehalt- 
voll und  mit  Geschmack  geschrieben.  Es  sind:  eine  Sinfonie  für  grosses 
Orchester;  mehrere  Ouvertüren;  ein  Clavierconcert  mit  Orchester;  viele  Trios; 
fünf  sinfonische  Stücke  für  Ciavier,  Violine  und  Violoncell;  ytTrois  Esquisses 
d' apres  Goethe,  ä  quatre  mains«;  y>Älle(/ro  symphonique». ;  j>Alleqro  appasionata<s. ; 
»Trois  suites  de  romances  sans  parolesf ;  viele  Ciavierstücke;  »24  Eludes  de  style 
et  de  mecanisme  en  deux  livres.  Op.  28«;  ^10  iltudes  de  genre.  Op.  10«.  Diese 
Werke  erschienen  Paris  bei  Brandus,  Hartmann,    Heugel,    Richault,    Flaxland. 

Mathias,  Hermann,  mit  dem  Beinamen  Verrecorensis,  wol  der  latinisirte 
Name  eines  Ortes,  ist  als  deutscher  Musiker  des  16.  Jahrhunderts  anzusehen. 
Lateinische  vierstimmige  Gesänge  von  ihm  sind  aufgenommen  in  die  Sammlungen 
Selectissimae  nee  non  familiaiKssimae  contionesa  etc.  Augustae  Vindelicorutn, 
Melchior  Kriesstein.  excudehat  154(K  Kl.  in  8"  obl.  Ist  wahrscheinlich  identisch 
mit  Mathias,  Hermann  (p.  155). 

Mathieu,  Giovanni  Battista,  geboren  am  2.  Januar  1762  zu  Billone 
in  Auvergne,  trat  1779  als  Schüler  in  das  Musikchor  der  französischen  Garde. 
Er  blies  Serpent,  gewann  aber  später  auch  soviel  Fertigkeit  im  Gesang  und 
Guitarrenspiel,  dass  er  in  diesen  Zweigen  TJnterrieht  ei'theilen  konnte.  Bald 
wurde  M.  als  Serpentist  an  der  Kirche  St.  Eustache  angestellt,  und  auch  als 
Lehrer  des  Gesanges  an  das  neuerrichtete  Conservatorium  berufen.  Den  Musik- 
unterricht am  Blindeninstitut  übernahm  er  ebenfalls,  und  schrieb  für  die  Schüler 
daselbst  die  kleine  Oper  »ia  Ruse  d' Aveugles«.  1809  ging  M.  als  Kapellmeister 
der  Kathedrale  nach  Versailles,  in  welchem  Amte  er  dreissig  Jahre  verblieb. 
Er  schrieb  fünf  Messen  und  viele  Motetten  die  in  den  Kirchen  von  Paris  zur 
AuÖuhrung  gelangten.  Ferner  schrieb  er  gegen  10,000  Gesangsübungen,  und 
ein  Buch  über  den  Cantus  planus,  das  zu  den  instruktivsten  und  besten 
dieser  Gattung  gehört.  Der  Titel  desselben  ist:  •aNouvelle  methode  de  piain- 
chant  ä  Vusage  de  toutes  les  eglises  de  France,  traitant  de  tout  ce  qui  a  rapport 
ä  Voffice  divin  ä  Vorganiste ,  aux  chantres,  aux  enfants  de  choeur;  contenant 
un  abrege  du  plain-chant  ancien ;  precedee  d'iine  notice  historique  etc.»  (Paris, 
Auge,  1838,   12^).      Mathieu    übersetzte    auch    das    Wei*k    des    Glarean    nDode- 


266  Mattei  —  Mattei. 

cachoniorm  ins  Französische,  und  übertrug  die  in  dem  Werke  enthaltenen 
Musikstücke  in  Partitur. 

Mattei,  Saverio,  Advokat  und  ausgezeichneter  Schriftsteller,  geboren  in 
Calabrien  1742,  wohnte  lange  Zeit  in  Padua  und  starb  in  Neapel  1802.  Er 
gab  ein  sehr  gut  geschriebenes  Buch  heraus  vDissertazioni  preliminari  alla 
traduzione  de^Salmia  (Padua,  1780,  8.  Bd.);  der  letzte  der  Bände  enthält  eine 
Correspondenz  des  Autors  mit  Metastasio,  über  die  Musik  der  Alten.  Zwei 
andere  Schrift chen  sind:  i>Se  i  maestri  di  capella  sono  compresi  fracjli  artigiani<s, 
und  DÄneddoti  secreti  della  vita  dell  ah.  Piefro  Metastasio,  colla  storia  deM  progresso 
della  poesia  e  musica  teatrale,  memoria  storico  satirico  curiosa;  Golle  Amenoa 
(ohne  Namen  und  Datum).  —  Memoria  per  la  hlblioteca  musico  fondata  fiel  öonser- 
vatorio  della  Pietda  (Neapel,   1795,  in  Ü^). 

Mattei)  Abbe  Stauislao,  Kirchencomponist  und  Lehrer  des  Contrapunkts 
am  Lyceum  der  Musik  zu  Bologna,  in  welcher  Stadt  er  am  10.  Februar  1750 
geboren  wurde.  Sein  Vater  betrieb  das  Schlosserhandwerk  und  M.  wurde  in 
die  Arraenschule  geschickt,  die  nothdürftigsten  Kenntnisse  zu  erwerben.  Nach- 
dem der  Knabe,  jedoch  durch  Zufall,  einmal  in  die  Kirche  der  Franziskaner 
gekommen  war,  in  welcher  täglich  der  Gottesdienst  mit  Musik  begleitet  wurde, 
suchte  er  diese  Kirche  so  häufig  auf,  dass  Pater  Martini,  der  berühmte  Contra- 
punktist,  ihn  bemerkte  und  sich  für  ihn  interessirte,  auf  welche  Weise  dann 
Mattei  in  dessen  Kloster  aufgenommen  wurde.  Er  studirte  nun  Theo- 
logie und  Philosophie,  legte  mit  16  Jahren  die  Grelübde  ab,  und  empfing  mit 
21  Jahren  die  priesterlichen  Weihen.  Seit  seinem  Eintritt  ins  Kloster  hatte 
er  gleichzeitig  mit  den  anderen  Studien  die  Musik  unter  des  berühmten  Pater 
Martini,  seines  Gönners,  Anleitung  betrieben,  dem  er  aber  auch  mit  zärtlicher 
Dankbarkeit  ergeben  war,  und  den  er  in  seinen  letzten  Lebensjahren  unterstützte 
und  pflegte  wie  ein  Sohn.  Pater  Martini  vermachte  ihm  seine  Bücher  und 
Schriften,  zu  welchen  auch  seine  unvollendete  Geschichte  der  Musik  gehört,  die 
aber  nicht  durch  M.  fertig  gestellt  wurde,  der  sich  dieser  Arbeit  vielleicht  nicht 
gewachsen  fühlte.  M.  folgte  seinem  gelehrten  Vorgänger  in  dem  Amte  des 
Kapellmeisters  der  Franziskaner,  das  er  eigentlich  seit  1770  schon  ausfüllte. 
1776  trat  er  zuerst  mit  eigenen  Compositionen  hervor,  deren  er  ziemlich  viele 
schrieb  und  die  in  Messen,  vier-,  sechs-  und  achtstimmigen  Motetten,  Hymnen, 
Psalmen  u,  a.  Kirchengesängen  bestehen.  Der  grösste  Theil  ist  in  Bologna  in 
der  Bibliothek  St.  Georg  aufbewahrt,  nur  einige  Copien  derselben  befinden  sich 
in  Pom  in  der  Bibliothek  des  Pater  Santini.  Als  1798  die  Klöster  aufgehoben 
wurden,  ging  M.  nach  Bologna  zurück  und  lebte  dort  mit  seiner  alten  Mutter. 
Er  suchte  seinen  Unterhalt  durch  Unterrichtertheilen  in  der  Composition,  und 
erlangte  hierin  bald  weit  verbreiteten  Ruf,  so  dass  Schüler  von  nah  und  fern 
zum  Abbe  M.  wanderten.  Mehrere  Anträge  als  Kirchenkapellmeister,  lehnte  er 
ab  um  in  Bologna  zu  bleiben,  nahm  aber  eine  solche  Stellung  in  seiner  Vater- 
stadt an  der  Kirche  St.  Petrone  gern  an.  Als  1804  in  Bologna  das  Lyceum 
der  Musik  errichtet  wurde,  übernahm  er  an  demselben  den  Unterricht  des  Contra- 
punkts. Zu  seinen  hervorragenden  Schülern  gehörten  hier  Rossini,  Morlacchi, 
Donizetti,  J.  A.  Perotti,  Robuschi,  Palmerini,  Bertolotti,  Corticelli,  Nancini, 
Tadolini,  Tesei,  Pilotti.  Der  Letztere  folgte  ihm  in  seinem  Kapellmeisteramt. 
Nach  dem  Tode  seiner  Mutter  lebte  M.  in  dem  Hause  seines  Freundes  Batistini, 
Pfarrer  von  St.  Katharina  und  verbrachte  dort  seine  letzten  Lebensjahre,  aus- 
schliesslich mit  dem  Unterricht  seiner  Schüler  und  mit  schriftlichen  Arbeiten 
beschäftigt.  Er  starb  daselbst  am  17.  Mai  1825  und  wurde  ehrenvoll  bestattet. 
Er  war  Mitglied  (von  1791 — 94  Präsident)  der  Philharmonischen  Gesellschaften 
in  Bologna  und  auch  anderer  gelehrten  Gesellschaften.  Ausser  seinen  Composi- 
tionen verfasste  er  ein  Lehrbuch:  y>Pratica  d'accompagnamento  sopra  hassi  nume- 
rati  et  contrappunti  a  pik  voci  sulla  scala  ascendente,  magyiore  et  minore  con 
diverse  fughe  a  quattro  e  ottoa  (Bologna,  Cipriani,  1825 — 30).  Aber  weit  da- 
von   entfernt   ein    System    aufzustellen,    giebt   M.  in    demselben  nur  Regeln  des 


Mattci  —  Matthison-Hansen.  267 

Contrapunktes,  wie  sie  ihm  überkommen  sind,  nebst  Beispielen,  ohne  sich  auf 
principielle  Erklärungen  einzulassen.  Ein  Porträt  M.'s  von  Capuri  wurde  in 
Bologna  herausgegeben,  ein  zweites  von  Romagnoli  der  Biographie  M.'s  ange- 
lugt »  Vita  di  Stanislao  Mattet  scritta  da  FiUpiio  Canuti  avvocato,  alV Academia 
Filarmonico  di  Bologna  dedicafa«   (Bologna,    1829   in   H^). 

Mnttei,  Tito,  italienischer  Pianist  und  Componist,  geboren  zu  Campobasso 
am  24.  Mai  1811,  begann  unter  seines  Vaters  Leitung  mit  vier  Jahren  Cluvier 
zu  spielen,  und  konnte  schon  nach  wenigen  Jahren  öffentlich  auftreten.  Bald 
darauf  wurde  er  in  Neapel  der  Schüler  Thalberg's.  1853  Hess  sich  M.  unter 
beifälliger  Aufnahme  in  Paris,  in  London  und  in  Deutschland  hören,  und  nahm 
dann  Wohnsitz  in  London.  Hier  gehört  er  zu  den  vom  Publicum  bevorzugtesten 
Künstlern.  J]r  ist  als  Ciavierspieler,  Orchesterdirigent  und  Componist  thätig. 
Ein  Clavierconcert  mit  Orchesterbegleitung,  Romanzen  und  (jresänge,  und  die 
Musik  zu  einem  lyrischen  Drama  »Maria  di  Ganda  wurden  sehr  günstig  auf- 
genommen. Einen  ganz  allgemeinen  Erfolg  erzielte  der  Walzer  »Ze  Tourbillona 
und  einige  italienische  Gesänge,  wie  r>Non  e  verv ;  -nNon  torno»;  »La  Pescav. 
Gegen   vierzig  Clavicrstücke  erschienen  bei  Alph.  Leduc  in   Paris. 

Matthäi,  Conrad,  ein  Componist  der  altpreussischen  Schule,  ist  1610  zu 
Braunschweig  geboren  und  war  ein  Schüler  von  Heinrich  Grimm  in  Magdeburg. 
Er  studirte  in  Königsberg  in  Preussen  die  Rechte,  wurde  Dr.  juris  und  übte 
darauf  in  seiner  Vaterstadt  das  Amt  eines  Advokaten.  Doch  verliess  er  die 
juristische  Cariere  und  1654  finden  wir  ihn  als  Cantor  an  der  Altstädtischen 
Kirche  in  Königsberg.  1667  scheint  er  verstorben  oder  von  Königsberg  ver- 
zogen zu  sein.  Seine  Compositionen,  deren  noch  mehrere  in  der  Bibliothek  in 
Königsberg  aufbewahrt  sind,  erweisen  ihn  als  bedeutenden  Contrapunktisten  der 
altpreussischen  Schule,  deren  Haupt  Joh.  Eccard  ist.  M.  veröffentlichte  ein 
treffliches  theoretisches  Werk:  »Bericht  de  modis  musicis  aus  den  besten  und  be- 
währtesten autoribus  der  Musik  zusammengetragen«  (Königsbei'g,  1652),  dessen 
eigentlicher    Verfasser   indess    nach    der    zweiten    Vorrede    Heinrich    Grimm   ist. 

Mattheiä,  Nicolas,  italienischer  Violinist,  der  sich  während  der  Regierungs- 
zeit Charles  II.  in  London  niederliess.  Er  kam  sehr  arm  nach  London  und 
verscherzte  sich  auch  die  Gunst  des  Hofes,  vor  welchem  er  spielte,  durch  un- 
gemessenen Stolz.  Es  gelang  ihm  aber  dennoch,  besonders  als  Lehrer,  sehr  in 
Aufnahme  zu  kommen.  Er  schrieb  für  seine  Schüler  Lectionen,  deren  Ab- 
schriften sehr  gesucht  waren,  weshalb  er  sie  in  Kupfer  stechen  Hess  und  an 
dieselben  direct  verkaufte,  und  das  Exemplar  mit  fünf  oder  sechs  Guineen  be- 
zahlt erhielt.  Es  waren  mit  die  ersten  gestochenen  Musikstücke  die  in  Eng- 
land gangbar  wurden,  und  M.  erwarb  durch  diesen  Verkauf  und  seine  Stunden 
ein  bedeutendes  Vermögen.  Der  Titel  des  Werkes  ist:  »Ayres  for  the  violin 
to  wit:  prehides,  fuguen,  allemandes,  sarabands,  coiirants,  gigues,  fancies,  and  like 
tcise  other  passages,  introductions  for  single  and  double  sfops.  M.  Hess  auch  ein 
ähnliches  AVerk  für  Guitarre  stechen.  Seine  Violincompositionen,  Concerte  u.  s.  w. 
blieben   ungedruckt. 

Mattheis,  Nicolas,  Sohn  des  Vorigen,  geboren  zu  London,  wurde  von  der 
frühesten  Kindheit  an  von  seinem  Vater  im  Violinspiel  unterrichtet,  und  machte 
sehr  schnelle  Fortschritte.  1717  kam  er  nach  Wien  als  erster  Violinist  der 
kaiserl.  Kapelle.  Später  ging  er  nach  Böhmen,  wo  er  1727  noch  in  Prag 
weilte.  Hier  componirte  er,  wie  es  das  Titelblatt  bezeugt,  die  Balletmusik  zu  der 
Oper  Costanza  e  Fortezza  von  Fux,  des  damaligen  Kapellmeisters,  der  diese 
Oper  zu  den  Krönungsfeierlichkeiten  Carl  VII.  schrieb.  M.  kehrte  jedoch  wieder 
nach  England  zurück,  wo  ihn  1737  in  Shrewsbury  Burney  kennen  lernte  und 
von  ihm  Unterricht  in  der  Musik  und  der  französischen  Sprache  erhielt.  B.  ver- 
sichert, dass  M.  Corellische  Sonaten  bewundernswürdig  spielte.  M.  starb  in 
Shrewsbury  1749.  In  Amsterdam  erschien  von  ihm:  »Arie  cantahile  a  violino 
solo  e  Violoncello  o  basso  continuoa. 

3Iatthisou-Uaasen;  s.  Hansen. 


268  Mattioli  —  Mayr. 

Mattioli,  Pater  Andrea,  Barfüsser  Mönch,  geboren  zu  Faeuza  gingen  1617, 
gehörte  erst  als  Chordirektor  zur  Kathedrale  von  Smola  und  wui'de  später 
Stiftsherr  und  Kapellmeister  des  Herzogs  von  Mantua,  in  welcher  Stellung  er 
sich  noch  1671  befand.  Seine  Werke  bestehen  in  1,  2,  3,  4,  5  und  6stimmigen 
Kirchencompositionen  und  fünf  Opern,  die  in  den  Jahren  165U — 66  in  Ferrara 
aufgeführt  wurden. 

Maug-ars,  Andre,  berühmter  Viola  da  Gambaspieler,  lebte  zu  Paris  in 
der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts.  Er  gehörte  zur  Musik  des  Cardinal 
Richelieu,  und  erhielt,  nachdem  er  1623  in  England  gewesen,  den  Titel  E.ath, 
Secretär  u.  s.  w.  Aus  England  brachte  er  die  Abhandlung  Bacon's  »De  augmeniis 
scientiariima  mit,  welche  er  ins  Französische  übersetzte  und  unter  folgendem 
Titel  herausgab:  riLe progres  et  avancement  aux  sciences  divines  et  kumainesa  (Paris, 
1624).  Zu  seinen  Schriften  gehört  auch:  nUesponse  faite  d'un  curieux  sur  le 
sentiment  de  la  musique  d'Italie,  escrite  ä  Homea.  (Paris,  1.  October  1639  in  8''). 
Wieder  abgedruckt  unter  dem  Titel:  -DDiscours  sur  la  viusique  d'Ifalie  et  des 
aperas,  dans  le  Recueil  de  dirers  traites  d'kistoire  de  morale  et  d\eloquence<i  (Paris, 
1672,  in  12^).  Ernest  Thoinan  veranstaltete  1865  eine  neue  Ausgabe  dieser 
Schrift  M.'s,  versehen  mit  biographischen  Nachrichten  über  den  Autor  unter 
folgendem  Titel:  nMaugars,  celebre  joueur  de  viole,  musicien  du  Cardinal  de 
Jiichelieu,  conseiller  secretaire,  interprete  du  JRoi  en  langue  anglaise,  traducteur 
de  F.  Baeon,  prieur  de  Saint- Pierre  Eynac;  sa  biographie,  suivie  de  sa  Response 
faite  ä  un  curieux  sur  le  sentiment  de  la  musique  d'Italie,  escrite  ä  Rome  le 
premier  act.  1639  avec  notes  et  eclaircissements par  Er.  Tkoi7ian<t  (Paris,  Claudin, 
1865).     Wurde  nur  in  hundert  Exemplaren  ausgegeben. 

Maurer,  Franz  Anton,  Bassist,  geboren  zu  Poelten  bei  Wien  1777,  wurde 
daselbst  im  Seminar  aufgenommen,  und  erhielt  in  Baron  Swieten  einen  Gönner, 
der  ihm  eine  musikalische  Erziehung  geben  liess.  Er  hatte  sich  schon  durch 
mehrere  kleinere  Compositionen  bemerkbar  gemacht,  als  er  1797  am  Schika- 
neder'schen  Theater  als  Sarastro  in  der  Zauberflöte  zum  erstenmale  auftrat, 
und  mit  seiner  brillanten  Bassstimme  die  bis  zum  Contra  F  reichte,  glänzenden 
Erfolg  hatte.  1800  ging  M.  nach  Frankfurt,  dann  nach  München,  wo  er  an 
einem  hitzigen  Fieber  am  19.  April  1803  starb.  Er  schrieb  zwei  kleine  Opern 
und  Arien  und  Scenen,  die  bei  Weigl  in  Wien  und  Andre  in  Offenbach  erschienen. 

Maurer,  Ludwig  Wilhelm  (VII,  100),  starb  am  25.  October  1878.  Seine 
beiden  Söhne  Wsevolod  und  Alexis,  geboren  in  Petersburg,  Violinist  und  Cellist, 
Schüler  ihres  Vaters,  concertirten  in  Deutschland  und  kehrten  dann  nach 
Petersburg  zurück. 

Maxaut,  Joh.  Nepomuk  Adalbert,  ausgezeichneter  Organist  Böhmens, 
geboren  zu  Rosenberg  bei  Diwicz  in  Böhmen,  war  Schüler  des  Oi'ganisten  Rokos 
und  Koprziwa,  einer  der  besten  Schüler  des  berühmten  Segert.  Nachdem  M. 
an  mehreren  Klöstern  thätig  gewesen  war,  erhielt  er  1776  in  Friedberg  eine 
Stelle  als  Schulrektor  und  Chordirektor,  und  bildete  hier  eine  Reihe  vortreff- 
licher Organisten,  die  in  Böhmen  thätig  sind.  Von  einigen  zwanzig  seiner 
Messen,  ist  nur  eine  in  Linz  gedi'uckt  worden.  Er  schrieb  ausserdem  Motetten, 
Gesänge  und  Orgelstücke. 

Maxyllewicz,  Vincent,  polnischer  Componist,  geboren  1685,  starb  als 
Kapellmeister  der  Kathedrale  in  Warschau  am  24.  Januar  1745.  Einige  seiner 
Compositionen  bewahrt  die  Bibliothek  der  Kathedrale  in  Krakau  auf. 

Maylath,  Heinrich,  geboren  in  Wien  am  4.  December  1833,  vortrefflicher 
Pianist,  ging  1867  nach  New-York,  nachdem  er  seit  1863  bedeutende  Kunst- 
reisen untei-nommen  hatte.     In  New-York  zählt  er  zu  den  geachtesten  Lehrern. 

Mayr,  Rupert  Ignaz,  Kapellmeister  des  Bischofs  von  Freisingen,  geboren 
zu  Schardingen  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts.  Nachdem  er  zu  Eichstadt, 
zu  Ratibor  und  zu  München  in  der  Kapelle  des  Kurfürsten  als  Violinist  an- 
gestellt gewesen,  trat  er  1666  in  den  Dienst  des  Bischofs  von  Freisingen.  Er 
starb    in   jenem    Amte    1716.      Folgende    seiner    Compositionen    sind  gedruckt: 


\ 


Mazns  —  Mazzucato.  269 

1)  -aPalestra  musica«,  dreizehn  Sonaten  für  zwei,  drei  und  vier  Stimmen,  ein 
Lamento  für  fünf  St.  (Augsburg,  1674,  in  fol.):  2)  r>'25  0//'ertoria  domin icaliaa, 
Motetten  für  vier  und  fünf  coucertirende  Stimmen,  zwei  Violinen,  drei  Posau- 
nen oder  Violinen  und  Bass  continuo:  Ij)  «Sacri  concentus  psalmorum,  antipho- 
uaritm  piarum  cantionum,  ex  sola  voce  et  iliversis  inslrumenlis  cojnjiosida  (Ratis- 
lionae,  1681,  in  4");  nPi^almodia  hrevis  ad  vesperas  toHti-s-  anniu,  für  vier  Stimmen, 
zwei  Violinen,  drei  Violen   oder  Trorabonen   und  Bass  continuo. 

Mazas,    Jaques  Fereol  (VII,  103),    ist   zu  Beziers    (nicht  Lavaux)    am 
23.  September  1782  geboren. 
Mazooehi,   Dom i nie,  und 

Mazocchi,   A  irgilio   (VII,  103),  sind  in   Civita-Castellana  geboren. 
Mazziugrhi,   Joseph,    Pianist   und  Componist,    wurde  in  London   1765  als 
Sohn  italienischer  Eltern  geboren   und  erhielt  den  ersten  Unterricht  von  seinem 
Vater,    der    Organist    an    der    portugiesischen    Kapelle    war.      Später    erhielt    er 
von   Christian   Bach,    Bortolini,   Saccliini    und  Anfossi   Unterricht.      Seine  Fort- 
schritte waren  schnell  hervortretend.   Nachdem  er,  nach  dem  Brande  des  Theaters, 
die  Partitur  der  Oper  »Locando«  von  Paisiello,    aus   dem   Gedächtniss  nur  mit 
Hülfe  der  Gesangstimmen  in  Partitur  gesetzt  hatte,    ehe   eine  neue  aus  Italien 
anlangte,    componirte    er    eine  eigene  italienische   Oper  -nll  Tesoro«.     Von   1791 
an    schrieb    er   fünfzehn    englische    Opei'n,    Ballets    und    Melodramen  in   grosser 
Anzahl.     Im  Ciavierauszug  erschienen  drei  Ballets:  Paul  und  Virginie;  die  drei 
Sultane;    Sappho;   und  die  komische   Oper  »Die  schöne  Arsena«.     M.,  der  auch 
Ruf  als  Ciavierlehrer  besass,  erwarb  in  London  bedeutendes  Vermögen  und  wurde 
von    Georg  III.    in    den    Grafenstand   erhoben.      Er    zog  sich   später  nach  Bath 
zurück,  wo  er  am   15.   Januar   1854   starb.      Gedruckt  sind  von   seinen  übrigen 
Compositionen:  67  Ciaviersonaten  in  21  Heften  (bei  Clementi,  Dalmaine,  Broderip), 
drei   Quartette.   Ciavier,  Flöte,  Violine,  Alt,   op.  3   ibid.     Eine  Sinfonie  für  zwei 
Violinen,    Flöte,    Alt    und    Bass,    Op.   41.      Stücke    für    zwei    Clarinetten,    zwei 
Flöten,  zwei  Fagotte,  zwei  Hörner,  Trompete,  Serpent  und  Posaune,  Op.  33.  Ferner 
t>Tyro  Musicus  heing  a  complete  introduction  to  the  pianoforte  (Clementi,  London). 
Mazzoui,     Antonio,     dramatischer    und    Kirchencomponist,     ist    1718    in 
Bologna  geboren ;  war  Schüler  von  Predieri  und  wurde  schon  jung  Kapellmeister 
an  verschiedenen  Kirchen.     Er  lebte  eine  Zeitlang  in   Madrid  und  Lissabon,  in 
Petersburg  und  in  Kopenhagen   und  schrieb  für  die  betreffenden  Theater  Opern, 
kehrte  aber  immer  wieder  nach  Bologna  zurück,    wo  er  bereits   1743   Mitglied, 
und   1773  Präsident    der    Philharmonischen    Gesellschaft  wurde.      Er    übernahm 
daselbst  auch  die  Kapellmeisterstelle,  erst  an  der  Stiftskirche  des  Lateran  und 
dann  an  der  Kathedrale   St.  Peter.     Daneben  componirte  er  Kirchenmusik  und 
zahlreiche    Opern    für    italienische    Theater.      Die    Bibliothek    des    Lyceuras    in 
Bologna  besitzt  Compositionen  von   ihm,    auch  befindet  sich  in  der  königlichen 
Bibliothek  in  Kopenhagen   eine  achtstimmige  Messe  und  ein  »Laudate  pueri«   für 
eine  Stimme  und  Orchester. 

Mazzucato,  Alberto,  italienischer  Tonkünstler,  geboren  am  28.  Juli  1813, 
zu  Udino.  starb  als  Direktor  des  Conservatoriums  zu  Mailand  am  31.  Dec.  1877. 
M.  erhielt  schon  früh  Musikunterricht,  besuchte  aber  die  L^niversität  Padua  um 
Mathematik  zu  studiren  und  kehrte  dann  aus  Neigung  ganz  zur  Musik  zurück. 
Sein  Lehrer  war  Bresciani.  M.  schrieb  sieben  Opern,  mit  denen  er  kein  Glück 
hatte.  Ausserdem  veröffentlichte  er  noch  Gesänge  (Ricordi,  Mailand),  und 
schrieb  eine  Messe  und  die  Hymne  »Roma«.  1872  wurde  er  Direktor  des  Con- 
servatoriums. nachdem  er  demselben  als  Lehrer  33  Jahre  angehört  hatte.  Als 
Schriftsteller  und  Kritiker  hat  er,  der  ein  wol  unterrichteter  Tonkünstler  war, 
in  Italien  einen  höchst  vortheilhaften  Einfluss  ausgeübt.  Er  war  Redakteur 
der  »Gazetta  musicale«  in  Mailand,  auch  des  »Giornale  della  Societä  del  Quar- 
tetto«.  Ferner  bereicherte  er  die  italienische  Literatur  durch  Uebersetzung  der 
Gesangschule  von  Garcia,  Harmonielehre  von  Fetis,  Instrumentationslehre  von 
Berlioz,    i>Hygiene   du  chanfeurv ,    de    M.   L.  A.,    ''Abc  daire  vocah  von   Panofka, 


270  "*  Meckenheuser    —  Meerons. 

und  des  eigenen  AVerkes  »Atlas  der  alten  Musik«,  mit  einer  Vorrede  für  die 
Schüler  der  Geschichte  und  Philosophie  der  Musik. 

Meckenheuser,  Jacob  Georg,  Hoforgauist  zu  Quedlinburg,  geboren  zu 
Goslar  1660,  war  Organist  des  Klosters  Hammersleben,  wo  er  sich  mit  Mathe- 
matik beschäftigte.  Er  gab  das  Werk  heraus:  »Die  sogenannte  allerneueste 
musikalische  Temperatur,  oder  die  von  den  Herren  Kapellmeistern  Bümlern  und 
Mattheson  communicirte  12  rational  gleiche  Toni  minores  oder  seraitonia«, 
1727,  in  4",  8  Blätter. 

M<;dard,   Nicolas,  Lautenmacher,  der  zu  Nancy  in  den  letzten  Jahren  des 

17.  Jahrhunderts  lobte.  1701  Hess  er  sich  in  Paris  nieder.  In  London  be- 
findet sich  eine  Violine  von  ihm,  gezeichnet  Pariisis  1700.  Er  imitirte  die 
Amati  Geigen. 

Mederitsch  oder  Medritscb,  Johann,  mit  dem  Beinamen  Gallus,  dessen 
eigentlicher  böhmischer  Name  aber  Megdrzicky  ist  (auf  deutsch  »Hahn«), 
wurde  zu  Nimburg  an  der  Elbe  gegen  1765  geboren  und  studirte  Musik  in 
Prag  und  Wien.      Als  Ciavierspieler  und  Componist   hatte    er  gegen  Ende  des 

18.  und  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  Erfolge.  1794  ging  er  als  Kapellmeister 
nach  Ofen,  kehrte  aber  schon  1796  nach  Wien  zurück.  Hier  wurden  vier  seiner 
Opern  mit  Erfolg  aufgeführt;  eine  fünfte  auf  dem  Schikanederschen  Theater  1797 
zuerst  aufgeführt,  war  von  ihm  in  Gemeinschaft  mit  Winter  componirt:  »Die 
Ruinen  von  Babylon«,  gedruckt  in  AVien,  Oflfenbach,  Leipzig,  Braunschweig. 
Ausserdem  schrieb  M.  die  Musik  zur  Tragödie  »Macbeth«  und  anderen  Dramen, 
und  gab  bei  Artaria  in  Wien  und  Andre  in  Offenbach  heraus:  Zwei  Ciavier- 
quartette, Sonaten  für  Ciavier  und  Violine,  Trois  sonates  dialoguees  für  Ciavier 
und  Violine.  In  Traegs  Catalog  in  Wien  1799  sind  noch  Clavierconcerte, 
Kammer-  und  Kirchenmusik  und  Compositionen  für  Männerchor  verzeichnet. 

Medici,  Ferdinand  von,  Prinz  von  Toskana,  Sohn  des  Grossherzogs 
Cosimo  III.,  geboren  1663,  starb  am  30.  October  1713.  Er  war  einer  der  eif- 
rigsten fürstlichen  Pfleger  und  Förderer  der  Tonkunst,  zog  viele  Componisten 
an  seinen  Hof,  die  er  mit  der  Composition  von  Opern,  Oratorien  und  anderen 
Werken  betraute  und  auch  sonst  förderte.  Es  gehören  zu  diesen:  Scarlatti, 
Perti,  Händel,  Clari,  Pasquini,  Palaroli,  Della  Porta,  Mancini,  Lucatelli,  Mon- 
tuoli.  Auch  Cristofori  lebte  an  seinem  Hofe,  der  1709  das  erste  Pianoforte 
construirte.  Leto  Puliti  publicirte  (in  den  Akten  der  königl.  Musikakademie 
zu  Florenz  im  12.  Jahrgang)  das  Schriftchen:  r> Delta  vita  del  Serenissimo  Fer- 
dinando  dei  Medici  gran-principe  di  Toscana  e^della  origine  del  piano-f ortet. 

Meerens,  Charles,  Violoncellist  und  musikalischer  Schriftsteller  auf  dem 
Gebiete  der  Akustik,  geboren  in  Brügge  in  Belgien  am  26.  December  1831 
als  Sohn  eines  auf  der  Flöte,  Guitarre  und  Violine  geschickten  Virtuosen.  1845 
kam  er  mit  seinem  Vater  nach  Antwerpen,  und  erhielt  dort  J.  Bessem  als 
Lehrer  des  Cellospiels.  In  Gent  untei'richtete  ihn  Dumont,  worauf  er  nach 
Brügge,  1855  aber  nach  Brüssel  ging  und  am  Conservatorium  daselbst  noch 
unter  Servais  studirte.  Nachdem  er  sich  auch  öffentlich  producirt  hatte,  trat 
er  in  das,  von  seinem  Vater  errichtete  Ciaviermagazin  ein,  und  beschäftigte  sich 
nun  hier  in  der  Folge  sehr  angelegentlich  mit  physikalisch-mathematischen 
Untersuchungen,  welche  zur  musikalischen  Kunst  in  Beziehung  stehen.  Es 
entstanden  die  folgenden  Schriften:  1)  »Ze  Metrometre,  ou  Moyen  simple  de 
connailre  le  degre  de  vitesse  d'un  mouvement  indiquev-  (Bruxelles,  Schott,  1859); 
2)  ^Instruction  elementaire  du  calcul  musical  et  pJiilosophie  de  la  musiquea  (Brüssel, 
Schott,  1864,  Broschüre  in  8°);  3)  r>Phenomenes  musico-physiologiquesu.  (id.  id., 
1868,  Broschüre  in  8^*;  4)  i> Hommage  ä  la  memoire  de  M.  Delezenne,  examen 
analytique  de  ses  precieuses  experiences  d^aooustique  musicalea  (id.  id.,  1869, 
Broschüre  in  8*^);  5)  y>Le  Diapason  et  la  notation  musicale  simplißeea  (id.  id., 
1873,  Broschüre  in  8'');  6)  »Memoire  sur  le  diapason,  adresse  a  V Institut  national 
de  Genevea  (id.  id.,  1877,  Broschüre  in  8*^);  7)  nPetite  Methode  pour  apprendre  la 
musique   et   le  piano   en  peu   de    temps,    d'apres   le   Systeme   de   notation   musicale 


Meerts  -  Möhul.  271 

simplißeca.     M.    ist    corresjiondirendes    Mitglied    des    National-Instituts  zu  Genf 
und  zu  Palermo. 

Meerts,  Lambert  Joseph,  Professor  des  Yiolinspiels  am  königl.  Con- 
servatoriura  zu  Brüssel,  ist  geboren  daselbst  am  6.  Januar  180U.  Ursprün<.'lich 
für  den  Handelsstand  bestimmt,  und  die  Musik  nur  zum  "Vergnügen  betreibend, 
konnte  er  bei  veränderten  Glücksumständen  seine  Kenntnisse  alsbald  verwerthen, 
indem  er  vierzehn  Jahr  alt,  als  Repetitor  und  erster  Violinist  am  Theater  zu 
Antwerpen  angestellt  werden  konnte.  Er  wurde  hier  Schüler  von  Fridzeri  und 
bei  mehrfachem  Aufenthalt  in  Paris,  von  Habeneck,  Lafont,  Baillot.  Nach 
Brüssel  zurückgekehrt,  widmete  er  sich  dem  Unterricht,  und  trat  1H28  als  Solo- 
violinist in's  Orchester.  Iin  Concert  Hess  er  sich  mit  Beifall  hören.  Obgleich 
er  schon  einige  Concerte,  Fantasien  und  dergl.  componirt  und  mit  Beifall  vor- 
geführt hatte,  wurde  er  1833  Compositionsschüler  von  Petis ,  Direktor  des 
Brüsseler  Conservatoriums,  an  welchem  M.  183;')  als  Lehrer  eintrat  und  sehr 
erfolgreich  wirkte.  Nach  eingehender  Beschäftigung  mit  dem  Gegenstände,  ver- 
öfi'entlichte  er  eine  Reihe  durchdachter  Lehr-  und  Studienwerke  für  Schüler 
des  Violinspiels,  welche  von  den  bedeutendsten  Autoritäten  anerkannt  sind,  und 
deren  ^Methode  auch  durch  Warot  für  Cello,  und  Bernier  für  Contrabass  über- 
tragen worden  ist.  Es  sind:  1)  »Efudes  pour  violoti  avec  accomparjnement  d'un 
seconJ  violon<i,  2  Theile  (Mainz,  Brüssel,  Schott).  Betrifft  die  Bogenführung; 
2)  y>Mt'canisme  du  violon^;  3)  »Douze  etudes  considerees  comme  introductioii  ä  la 
seconde  partie  du  mecanisme  du  violon  en  ce  qui  regarde  la  double  cordea;  4)  »Trois 
livraisons  sur  V Stade  de  la  deuxieme  de  la  quatrieme  et  de  la  sixieme  positiona; 
5)  nDouze  livraisons  d'etudes  de  njfhmes  sur  des  motifs  de  Beefhovetia ;  6)  »Trois 
etudes  pour  le  style  fugue  et  staccato«;  Le  mecanisme  de  Varchet  en  douze  etudes 
pour  violon  seuh;  »Le  travail  journalier  des  jeunes  solisfesa;  nSix  fugues  ä  deux 
parties  pour  violon  seula;  "Trois  etudes  brillantes«.  Sämmtlich  Schott,  Mainz 
und  Brüssel. 

Megrerle,  Abraham  (nicht  zu  verwechseln  mit  Ulrich  Megerle,  Abraham  a 
Sancta  Clara  genannt),  ein  berühmter  und  fruchtbarer  Tonsetzer,  ist  am  9.  Febr. 
1607  zu  Wasserburg  im  Isarkreise  geboren.  Von  Jugend  auf  für  die  Musik  be- 
geistert, machte  er  früh  darin  bedeutende  Fortschritte.  1617  trat  er  als  Kapell- 
knabe in  das  Serviten-Kloster  zu  Insbruck,  wo  er  vier  Jahre  blieb,  dann  wurde 
er  als  Instrumentalist  unter  die  Hofmusiker  des  Erzherzogs  Leopold  aufge- 
nommen. Nach  Beendigung  seiner  Studien  trat  er  in  den  geistlichen  Stand. 
Als  1632  der  Erzbischof  mit  dem  Tode  abgegangen  war,  ertheilte  M.  drei  Jahre 
lang  Unterricht  bei  den  Chorfrauen  im  adeligen  Stift  zu  Hall  und  hier  erwarb 
er  sich  bereits  Ruf  durch  seine  Aufführungen  von  Kirchenmusik.  In  Folge 
dessen  wurde  er  vom  Fürstbischof  zu  Konstanz  zum  Kaj)ellmei9ter  der  Kathe- 
drale ernannt,  und  hier  schloss  er  einen  engen  Freundschaftsbund  mit  dem 
Grafen  Carl  von  Fugger.  Als  der  Kapellmeisterposten  an  der  Erzbischötlichen 
Kirche  zu  Salzburg  erledigt  war,  zog  man  M.  dorthin,  und  hier  erwarb  er  sich 
Ehren  und  Würden;  er  wurde  Canonikus  an  der  Kirche  der  heil.  Jungfrau 
Maria  ad  Nives,  dann  Canonikus  und  Scholastikus  an  der  Collegiatkirche  zu 
Alt-Oetting  in  Baiern  und  endlich  der  römischen  Kirche  Protonotar  und  öffent- 
licher apostol.  Notarius  juratus.  1650  ging  er  nach  Wien,  ward  1652  vom 
Kaiser  in  den  Adelstand  erhoben,  und  starb  zu  Alt-Oetting  am  29.  Mai  1680 
im  74.  Jahre  seines  Lebens.  M.  hat  an  die  2000  Compositionen,  theils  gedruckt, 
theils  handschriftlich  hinterlassen,  »ohne  die  Schlagsachen  (wie  er  selbst  sagt) 
und  Spartituren,  dabei  ich  auch  mit  genennet  worden,  die  vielfältige  »Arcana 
Musica,  auch  Anagrammata,  Logogrgphi,  LabtjrintJn,  Canones,  Aenigmata  Musica, 
Aß  Cdaria,    Invoratio  per  nonima   notarum   et  aliac  plures  picturae  Äliimcaea. 

M6hul,  Etienne  Nicolas  (VII,  104),  Pougin  Biogr.  des  Mus.  Supp.  II, 
S.  197  giebt  nach  Einsicht  des  Taufzeugnisses  MehuTs,  dessen  Vorname  als 
Etienne  Nicolas  (nicht  Etienne  Henri)  an,  nach  derselben  Quelle  ist  auch  der 
Geburtstag  M.'s  am  22.  (nicht  24.  Juni)  1763. 


272  '  Mehwald  —  Meinardus. 

Mclnyald,  Friedrich,  geboren  in  Schlesien  gegen  1802,  besuchte  das 
katholische  Gymnasium  in  Breslau,  wo  er  später  als  Musiklehrer  lebte.  Er  gab 
die  Biographie  seines  Lehrers  heraus:  Biographie  Herrn  Joseph  Ignaz  Schnabels, 
weiland  königl.  Universitätsmusikdirektors,  Domkapellmeisters,  Lehrers  am  katho- 
lischen Seminario  u.  s.  w.  (Breslau,  1831,  zwei  Blatt  in  8").  M.  war  auch 
Redakteur  der  schlesischen  Musikzeitung  in  den  Jahren  1833 — 34  (Breslau,  Crantz). 

Mei,  Orazio   (VII,  109),  starb  zu  Livorno  im    October   1787. 

Meibom,  Markus  (VII,  109),  es  existirt  noch  ein  Schriftstück  von  ihm  -nEpistola 
de  Scripforibus  variis  musieis,  ad  Marqxiardum  Gudium<s.,  datirt  14.  April  1667, 
abgedruckt  in  den  Episteln  des   Gudius   (Utrecht,   1697). 

Meifred,  Joseph  Emil,  geboren  zu  Colmar  am  22.  Nov.  1791,  starb  zu  Paris 
am  29.  Aug.  1867.  Er  kam  mit  21.  Jahren  nach  Paris  ins  Conservatorium,  und  bil- 
dete sich  zu  einem  vortrefflichen  Hornisten  aus.  Hierauf  nahm  er  Anstellung  als 
solcher  erst  am  italienischen  Theater  und  dann  an  der  Oper.  1833  wurde  am  Con- 
servatorium eine  Classe  für  ihn  eröffnet,  die  nach  seinem  Ausscheiden  als  Lehrer 
der  Anstalt  1865  wieder  einging.  M.  hatte,  nachdem  das  Cornet  ä  piston  in 
Frankreich  eingeführt  war,  sich  mit  Verbesserungen  dieses  Instrumentes  be- 
schäftigt, die  er  auch  herausfand.  Sie  bestehen  in  der  Verlegung  der  Pistons 
in  die  Nebenröhren,  und  in  der  Anbringung  von  kleinen  Saugern  in  das  Blase- 
rohr. Diese  Veränderungen  stellte  1827  der  Instrumentenmacher  Labbaye  her. 
Ausser  einigen  Compositionen  für  Hörn  veröffentlichte  M.  folgendes:  nDe  Veten- 
due,  de  Vemploi  et  des  ressources  du  cor  en  generale  et  de  ses  corps  de  recJiange 
en  particulier  avec  quelques  considerations  sur  le  cor  ä  pisfon«  (Paris,  Launer,  1829, 
in  4^);  y>Methode  pour  le  cor  ä  deux  pistons,  a  Vusage  du  Conservaioire  de  Parisa 
(Paris,  Richault);  -aMethode  de  cor  chromatique  en  particulier«  (Paris,  de  Soye 
et  Comp.,  1851,  8^.  16  pp.  2  planches);  y>Quelques  mots  sur  les  chanyemenis 
proposes  pour  la  composition  des  musique  d^nfanterien  (Paris,  1852.   16*^.   32  jjp.). 

Meinardus,  Ludwig  (VII,  110),  ist  am  17.  Septbr.  1827  in  dem  kleinen 
Hafenort  Hooksiel  a.  d.  Jahde  geboren.  Der  Vater  wurde  später  nach  Jever 
als  Bentmeister  versetzt  und  dort  besuchte  Ludwig  das  Gymnasium.  Er  glaubte 
sich  zur  Theologie  bestimmt  und  konnte  doch  die  Neigung  dazu  nicht  finden; 
in  diesen  Kämpfen  sprach  der  ältere  Bruder  das  versöhnende  Wort,  in  dem  er 
ihn,  als  für  den  Künstlerberuf  bestimmt,  erklärte.  Bei  seiner  grossen  Neigung  zur 
Musik  war  es  leicht,  ihn  für  diese  zu  gewinnen,  und  da  keine  Lehrer  dafür  am  Oi'te 
waren,  half  er  sich  mit  Selbststudien  so  gut  es  eben  anging,  durch.  Fink's 
Musikalische  Schulgrammatik  und  Albrechtsberger's  Generalbassschule  wurden 
fleissig  von  ihm  studirt.  Doch  machte  es  ausserordentliche  Schwierigkeiten,  die 
Eltern  mit  dem  gewählten  Beruf  zu  versöhnen.  Sie  verlangten,  dass  er  die 
Virtuosenlaufbahn  erwähle  und  so  entschied  er  sich  für  das  Violoncello,  und 
weil  kein  Lehrer  desselben  am  Ort  war,  so  musste  der  Stadtmusikus,  ein  guter 
Violinspieler,  einen  solchen  ersetzen.  M.  unterbrach  seine  Gymnasialstudien 
und  übte  mit  so  grossen  Eifer  Violoncello,  dass  er  sich  schliesslich  eine  lang- 
wierige Krankheit  zuzog.  Nach  seiner  Genesung  Hess  er  sich  bestimmen,  seine 
Gymnasialstudien  wieder  aufzunehmen,  die  er  dann  auch  vollständig  beendete. 
Dann  aber  widmete  er  sich  ausschliesslich  der  Musik.  Bob.  Schumann,  an  den 
er  einige  seiner  Compositionen  gesandt  hatte,  bestimmte  den  Vater,  den  Sohn 
nach  Leipzig  zum  Besuch  des  Conservatoriums  zu  senden.  Weihnachten  1846 
ging  der  junge  M.  dahin  ab,  aber  bereits  nach  ^/^  Jahren  gab  er  das  Conser- 
vatorium auf  und  nahm  Privatunterricht  bei  A.  F.  Riccius.  1849  wurde  er 
Hauslehrer  bei  einem  Gutsbesitzer  bei  Potsdam,  und  1850  ging  er  nach  Berlin, 
um  noch  den  Unterricht  bei  Marx  zu  geniessen.  Allein  die  Berliner  Polizei 
hielt  ihn  für  politisch  compromitirt  und  wies  ihn  aus.  Er  wandte  sich  nach 
Weimar  und  trat  in  nahe  Beziehungen  zu  Franz  Liszt;  da  er  indess  dessen 
mächtigen  Einfluss  zu  spüren  begann ,  ging  er  wieder  von  Weimar  fort  und 
nahm  eine  Kapellmeisterstelle  bei  einer  ambulanten  Schauspielertruppe  an,  die 
damals    gerade    in    Erfurt    weilte,   und    mit  ihr  ging  M.  auch  noch  nach  Nord- 


Mcissonnier  —  Meister.  273 

hausen.  Eine  Erbscliaft ,  welche  inzwischen  der  Vater  angetreten  hatte,  er- 
möglichte es,  dass  Ludwig  seine  Studien  wieder  aufnehmen  konnte  und  bo  ging 
er,  mit  den  nöthigen  Legitimationspaiiiereu  versehen,  wieder  nach  Berlin  zu 
A.  B.  Marx.  In  dieser  Zeit  erschienen  auch  seine  ersten  Compositionen : 
Eomanzen  und  Balladen  Op.  3.  9.  11.  Biblische  Gesänge  Op.  4.  Ein  Cyklu.s 
Lieder  aus  Kückert's  »Liebesfrühling«  Op.  8.  und  mehrere  Hefte  Clavierstückc 
Op.  1.  7.  10.  1853  wurde  er  Dirigent  der  Singakademie  in  Glogau  in  Schlesien, 
die  er  zwölf  Jahre  leitete  und  auf  eine  hohe  Stufe  ihrer  Leistungsfähigkeit 
stellte.  Hier  componirte  er  für  Chor  »Deutsche  Messgesänge«  Op.  6.  ein 
Passionslied  für  Chor,  Solo  und  Orchester  Op.  19.;  Frau  Hill  und  Rolands 
Schwanenlied  Op.  22.  Sein  Oratorium:  »Simon  Petrus«  wurde  hier  gleich  nach  Voll- 
endung desselben  zweimal  hintereinander  aufgeführt;  noch  in  demselben  Jahre 
folgte  eine  Aufführung  des  Werkes  in  Berlin.  Auch  die  Oratorien  »Gideon« 
und  »König  Salomo«  entstanden  in  Glogau,  ebenso  der  Entwurf  einer  Oper. 
"Während  dieser  Zeit  veröiTentlichte  er  2  Hefte  zweistimmige  Lieder  Op.  15; 
eine  Suite  für  Pianoforte  Op.  16;  2  Sonaten  für  Ciavier  und  Violine,  und 
mehrere  Hefte  Lieder.  Daneben  war  er  als  Kritiker  für  verschiedene  Zeitungen 
thätig.  Mit  besonderem  Eifer  studirte  er  die  menschliche  Stimme  und  ertheilte 
erfolgreich  Gesangunterricht.  1805  verliess  er  seine  Stellung;  er  ging  auf  den 
Rath  von  Julius  Rietz  nach  Dresden  und  übernahm  hier  den  Gesangunterricht 
am  Conservatorium.  Neben  einer  Reihe  von  Compositionen  veröffentlichte  er 
in  dieser  Zeit  »Kulturgeschichtliche  Briefe«  und  »Ein  Jugeudleben«.  1874  er- 
hielter den  Ruf  als  Musikreferent  des  Hamburger  Correspondenten  nach  Hamburg, 
dem  er  folgte.  Seine  Oratorien  wurden  vielfach  öffentlich  aufgeführt:  »Gideon« 
in  Oldenburg,  Bremen  und  Dresden ;  »König  Salomo«  in  Elbeifeld,  Oldenburg, 
Varel  und  Petersburg;  »Luther  in  Worms«,  das  er  in  Dresden  componirte, 
wurde  in  Weimar,  Hamburg,  Elberfeld  und  in  Königsberg  aufgeführt.  Von 
Compositionen  aus  der  Hamburger  Zeit  sind  zu  erwähnen:  ein  kleines  Concert- 
stück  »Baldurs  Sieg«  für  Solo,  Chor  und  Orchester;  die  Bearbeitung  der  Skizze 
zu  dem  Concertdrama  »Odone«:  die  Oper  »Banchsa«;  viele  Kammermusikwerke 
und  Lieder.  Bei  Gelegenheit  des  200jährigen  Jubiläums  der  deutschen  Oper 
schrieb  er  eine  Brochüre  »Rückblick  auf  die  Anfänge  der  deutschen  Oper«  und 
für  die  Sammlungen  von  Vorträgen:  »Mattheson,  ein  Lebensbild«. 

Meissonuier,  Autoine,  geboren  zu  Marseille  am  8.  December  1785;  kehrte 
nach  mehrjährigem  Aufenthalt  in  Italien  als  guter  Guitarrist  nach  Frankreich 
zurück  und  Hess  sich  in  Paris  nieder.  Er  schrieb  und  veröfi'entlichte  für  dies 
Instrument  eine  grosse  Sonate,  Variationen  und  Divertissements,  auch  ^^  Methode 
simplißte  pour  la  lyre  ou  guitarren  (Paris,  Siebert)  und  viele  Romanzen.  1814 
errichtete  er  in  Paris  eine  Musikalien-  und  Verlagshandlung,  die  er  einige 
zwanzig  Jahre  hindurch  führte.  Er  starb  zu  Suint-Germain-eu  Laye  bei  Paris  1857, 

Meissonnier,  jeune,  Joseph,  Bruder  des  Vorigen,  geboren  zu  Marseille 
1790,  Guitarrist,  gebildet  durch  seinen  Bruder,  gab  in  Paris  lange  Zeit  hin- 
durch Unterricht  im  Guitarreuspiel  und  veröffentlichte  viele  Arrangements  und 
mehrere  Duos  für  (juitarre  und  Violine.  Er  übernahm  die  Musikalienhandlung 
Corbaux  und  edirte  von  1824  an  zahlreiche  Verlagsartikel  aller  Art.  M.  starb 
ungeflihr   1855.     Sein   Sohn   Joseph  übernahm  den  Verlag. 

Meister,  Albert  Friedrich  Ludwig,  geboren  1724  in  Weichersheim  im 
Fürstenthum  Hohenlohe,  studirte  in  Leipzig  und  Göttingen,  und  starb  als  Pro- 
fessor der  Philosophie  an  der  Universität  Göttingen  am  18.  December  1788. 
Die  Memoiren  der  Universität  (T.  IL  S.  159)  enthalten  einen  ^'ortrag,  welchen  M. 
1777  ü])er  die  Wasserorgel  der  Alten  hielt,  unter  dem  Titel:  »De  Vtieru7n  /n/drauloa, 

Meister,  Johann  Friedrich,  geboren  zu  Hannover  in  der  ersten  Hälfte 
des  17.  Jahrhunderts,  gehörte  zur  Musik  des  Herzogs  von  Brauuschweig,  dann, 
des  Bischofs  von  Lübeck  zu  Eutin,  und  starb  als  Organist  an  St.  Marie  zu 
Flensburg  am  28.  October  1697.  Bekannt  sind  von  ihm:  Eine  Sammlung  von 
Gesängen:  Fürstlich  Holstein-Glücksburgische  musikalische  Gemüthsbelustigungen 

Musikal.  Convers. -Lexikon.    Ergänzungsband.  18 


274  Meister  —  Mercadaute. 

(Hamburg,  1693.  12  Abtheilungen  in  fol.)  und:  nüaccolta  di  diversi  fiori 
musicali  per  Vorgano  ossia  gravicembalo  come  sonate,  fugue,  imitazioni,  ciaccone,  etc.n 
(Leipzig,   1695). 

Meister,  Johann  Georg,  Organist  der  Stadt-  und  Hauptkirche  und 
Lehrer  am  Seiuinar  zu  Hildburghausen,  geboren  am  30.  August  1793  zu  Getters- 
hausen  bei  Heldburg  in  Sachsen-Meiningen,  gab  neben  mehreren  Heften  Orgel- 
compositionen (Erfurt  bei  Koerner)  heraus:  Vollständige  Generalbassschule  und 
Anleitung  zur  Composition.  Ein  Lehrbuch  zum  Selbstunterricht  u.  s.  w. 
(Ilmenau,  Vogt,   1834).     M.  starb  zu  Hildburghausen  im  September  1870. 

Meletiiis,  griechischer  Mönch,  der  im  10.  Jahrhundert  im  Trinitaskloster 
zu  Strumizza  in  Bulgarien  (Tiberiopolis)  lebte  und  von  dem  zu  Cambridge  in 
der  Bibliothek  des  Jesuiten-College  das  Manuscript  einer  Abhandlung  aufbe- 
wahrt ist  (unter  Nr.  212);  es  ist  in  griechischer  Sprache  geschrieben  und  be- 
trifft Musik  und  Gesang  der  griechischen  Kirche.  Der  Titel  ist:  ytMeletius 
monachus  de  Musica  et  canticis  ecclesiae  graecae  cum  hymnis  musicis«. 

Melle,  ßenaut,  in  Italien  Rinaldo  del  Mele  genannt,  ein  tüchtiger  belgi- 
scher Musiker  des  16.  Jahrhunderts,  lebte  lange  in  Italien  und  veröffentlichte 
auch  dort  den  grössten  Theil  seiner  AVerke.  1580  kam  er  nach  Rom  und  trat 
in  den  Dienst  des  Cardinal  Palcotto ,  der  ihn,  nachdem  er  Bischof  von  Sabina 
geworden  v?ar,  zum  Kapellmeister  seiner  Kirche  und  zum  Lehrer  am  Musik- 
seminar ernannte.  1587  besuchte  M.  sein  Vaterland,  und  veröffentlichte  in  dem- 
selben Jahre  zu  Lüttich  das  vierte  Buch  seiner  mehrstimmigen  Madrigale, 
welches  1588  auch  in  Antwerpen  von  P.  Phalese  gedruckt  wurde.  In  der  Vor- 
rede der  Ausgabe  von  1587  theilt  M.  mit,  dass  seine  Familie  sich  im  Dienst 
des  Herzogs  Ernst  von  Baiern,  Erzbischofs  von  Cöln  und  von  Lüttich  befand. 
In  Venedig  bei  Gardane  erschienen  1582 — 83  Vier  Hefte  dreistimmiger  Madrigale, 
(eine  andere  Ausgabe  ebenda  1596);  Vier  Bücher  vier-  und  füufstimmige 
Madrigale  1584—86;  Fünf  Bücher  fünfstimmige  Madrigale  1587—90;  Zwei 
Bücher  sechsstimmige  Madrigale  1591  (das  erste  Buch  dieser  beiden  ist  ein 
Abdruck  des  1588  in  Antwerpen  erschienenen);  Fünf  Bücher  fünf-,  sechs-,  acht- 
und  zwölfstimmige  Motetten  1592 — 95.  Viele  Manuscripte  von  Compositionen 
von  M.  sind  ausserdem  in  den   Kirchen  Rom's  zu  finden. 

Melzi,  Ludovico  Graf  von,  ausgezeichneter  Dilettant,  Vorsitzender  des 
Directoriums  des  Couservatoriums  zu  Mailand,  schrieb  im  Auftrage  des  Gouverne- 
ments einen  vortrefflichen  historischen  Abriss:  »Cenni  storici  sul  R.  Gonser- 
vatorio  di  Musica  in  Milanoa  (Mailand,  Ricordi,  1873).  Durch  diese  Schrift  wurde 
die  betreffende   Musikschule  auf  der  Wiener  Weltausstellung   1875  repräsentirt. 

Mendelsohn,  Felix  (VII,  119),  es  muss  eigentlich  Mendelsohn-Bartholdy 
heissen,  da  die  Familie  Mendelssohn  nach  dem  Tode  des  Legationsrath  Bartholdy 
(s.  d.)  laut  testamentarischer  Bestimmung,    den   Namen   desselben  mit  aufnahm. 

Menzel,  Ignaz,  geschickter  Orgelbauer,  der  im  Anfange  des  18.  Jahrhunderts 
in  Schlesien  thätig  war.  Er  lebte  in  Breslau  und  baute  daselbst  1812  die  Orgeln 
in  der  Frauenkirche,  in  der  Kirche  Corporis  Christi  und  der  heil.  Barbara; 
ferner  die  Orgeln  in  der  Peter-  und  Paulskirche  in  Liegnitz,  mit  31  Stimmen 
1722,  in   Nimptsch   1725   mit   22  Stimmen,  in  Landshut  1729  mit  47  Stimmen. 

Mercadante,  (Xaver)  Saverio  (VII,  133),  schrieb  mehr  als  fünfzig  Opern, 
gegen  zwanzig  Messen  mit  Orgel  oder  Orchester,  viele  Hymnen,  Psalmen, 
Motetten,  Antiphonien  und  andere  vier-  und  fünfstimmige  Kirchencompositionen, 
eine  ebenfalls  sehr  beträchtliche  Zahl  von  weltlichen  Cantaten  und  Hymnen 
für  verschiedene  Gelegenheiten,  dreizehn  Sinfonien  für  grosses  Orchester,  darunter 
drei  charakterische  und  zwei  Trauersiufonien ,  eine  andere  über  Motive  aus 
Rossini's  Stabat  mater  u.  s.  w.,  ferner  einen  Sinfoniemarsch  und  Compositionen 
für  einzelne  Instrumente,  Kammermusik,  darunter  viel  Quartette.  M.,  nachdem 
er  schon  früher  den  Gebrauch  des  einen  Auges  verloren  hatte,  erblindete  1862  völlig. 
Er  nahm  als  dramatischer  Componist  in  der  Gunst  seiner  Landsleute  einen 
bedeutenden   Platz  ein,  welches  diese  durch  die  Errichtung  einer  Marmorstatue, 


Merc^  de  FondevUa  —  Mereaux.  275 

verfertigt  vom  Bildlmuer  Tito  Angelini,  ])ezeugten.  Er  ist  geboren  am  17.  Sep- 
tember  17DÖ   (nicht  2t).   Juni   1788)    und   starb    um    17.  Dec.  (nicht   13.)   187U. 

Merce  de  Foudeviln,  Alejo,  Priester  und  Componist,  geboren  in  Spanien 
in  Lerida  am  5.  Januar  18U5,  war  in  Madrid  Musiklehrer  mehrerer  königlichen 
Schulen,  bis  er  in  Lerida  die  Kapellmeisterstelle  an  der  Kathedrale  erhielt. 
Er  schrieb  gegen   3UÜ  Kirchencompusitioneu,   von   mehr  oder  weniger  Werth. 

Merchi,  Guitarrist  und  ^Mandolinenspieler,  gegen  1730  in  Neapel  geboren, 
kam  1753  nebst  seinem  Bruder  nach  Paris  und  liess  sich  in  Duos  mit  diesem 
auf  dem  »Calascione«,  einer  ehemals  beim  neapolitanischen  Volke  gebräuchlichen 
Guitarre  mit  langem  Stiel  hören.  M.,  auch  als  Guitarrist  sehr  geschickt,  war 
lange  Zeit  in  Paris  als  Lehrer  sehr  gesucht.  Er  veröH'entlichte  gegen  sechzig 
Werke  für  sein  Instrument,  von  denen  noch  Trios  für  zwei  Violinen  oder 
Maudolinen   und  Cello  und  einige  Präludien  und  Variationen  bekannt  sind. 

3Iercier,  Jules,  talentvoller  Violinist,  geboren  zu  Dijon  am  23.  April  1819, 
Schüler  seines  Vaters  und  Lejeune's,  ging,  um  das  Conservatorium  zu  besuchen, 
nach  Paris,  erkrankte  aber  schwer  und  kehrte  deshalb  nach  Dijon  zurück. 
Nichtsdestoweniger  liess  er  sich  später  in  den  grösseren  Städten  Frankreichs, 
Elsass,  Lothringens  und  in  Karlsruhe,  Würzburg  und  Stuttgart  mit  Beifall  hören;  in 
Frankfurt  wurde  seine  ßeise  wieder  unterbrochen,  indem  er  erheblich  erkrankte. 
Seine  Violincompositionen  erschienen  bei  Brandus  in  Paris.  In  seiner  Vater- 
stadt Dijon  gründete  und  leitete  er  die  Philharmonische  Gesellschaft  und  übte 
auf  das  Musikleben  günstigen  Einfluss.  Er  starb  in  Dijon  am  5.  März  1868 
und  wurde  höchst  ehrenvoll  bestattet,  indem  über  dreissig  musikalische  Vereine 
sich  bei  seinem  Leichenzuge  vertreten  liessen. 

Mercuri,  Andreoni  Agostino,  italienischer  Tonkünstler,  ist  am  2.  Aug. 
1839  zu  Sant  Angelo  in  Valo  in  der  Provinz  Pesaro  geboren;  bezog  1853  das 
Conservatorium  in  Neapel,  und  übernahm  nach  vollendetem  Studium  zunächst 
in  seiner  Vaterstadt  die  Stelle  des  Kapellmeisters  an  der  Kathedrale.  Er  führte  hier 
auch  1860  seine  erste  Oper  »Adello«  auf,  die  auch  an  anderen  grösseren  Theatern 
Italiens  gegeben  wurde.  1864  fand  er  Gelegenheit,  bei  den  Festlichkeiten  zu 
Ehren  Rossinis  in  Pesaro,  sein  Directionstalent  zu  zeigen,  und  kam  als 
Orchesterchef  nach  Assisi,  dann  1868  an  das  Theater  Carlo  Feiice  in  Genua. 
1871  componirte  er  für  Urbini  zur  ßafaelfeier  die  Hymne  und  leitete  die  Aus- 
tührung  der  Messe  von  Vecchiotti.  M.  gründete  nun  in  Perugia  eine  Musik- 
schule, wurde  aber  nach  dem  Tode  i\.ngelo  Mariano's  als  Orchesterdirektor  nach 
Bologna,  eines  der  bedeutendsten  Theater  Italiens,  berufen.  Seine  Oper  »Adel- 
nida«,  wurde  hier  und  in  anderen  Städten  Italiens  mit  vielem  Beifall  gegeben, 
ebenfalls  die  1878  in  Cagli  zuerst  aufgeführte  y>Il  Violino  de  Diavolov.  In 
Florenz  wurde  die  Hauptpartie  von  der  Sängerin  Carolina  Ferni  übernommen, 
die  in   derselben  als   Sängerin  und   Violinistin  glänzte. 

Mereaux,  Jean  Nicolas,  Le  Froid  de,  Componist,  geboren  zu  Paris  1745, 
studirte  bei  französischen  und  italienischen  Lehrern,  wurde  Organist  der  Kirche 
Saint  Jacques  du  Haut  Pas,  für  welche  er  mehrere  Motetten  schrieb.  Sein 
Oratorium  »Samson«  wurde  im  Concert  spirituel  1774,  »Esther«  1775  daselbst 
autgefühlt.  Ferner  schrieb  er  sieben  oder  acht  Opern.  Eine  derselben  r>Älej:andre 
aux  Indesit  und  die  Cantate  nAline,  reine  de  Golconde«,  sind  gedruckt.  Eine 
Ode  auf  die  Geburt  des  Dauphins,  wurde  im  Concert  spirituel,  am  8.  December 
1781,   aufgeführt.      M.   starb   in  Paris    1797. 

Mereaux,  Joseph  Nicolas,  Le  Froid  de,  Sohn  des  Vorigen,  wurde  1767 
zu  Paris  geboren.  Er  ist  durch  seinen  Vater  zum  Organisten  gebildet.  1789, 
bei  Gelegenheit  der  Bundesversammlung  auf  dem  Marsfelde,  spielte  er  die  daselbst 
errichtete  Orgel  und  wurde  alsbald  als  Lehrer  an  der  königl.  Gesangschule 
(Menus-plaisir  du  roi)  augestellt.  Man  kennt  von  ihm  Compositionen  für  Ciavier 
allein   und  mit  Flöte   oder   Violine. 

Mereaux,  Jean  Amedee,  Le  Froid  de,  Sohn  des  Vorigen,  geboren  zu 
Paris   1803,    ausgezeichneter  Musiker,    Clavierschüler    seines  Vaters,    sollte    auf 

18* 


276  Merk  —  Merklin. 

deu  Wunsch  seiuer  Mutter,  der  Tochter  des  Präsidenten  Blondel,  der  als  junger 
Advocat  in  der  berühmten  Halsbandgeschichte  der  Königin  plaidirt  hatte,  eben- 
falls Jurist  werden.  Sein  musikalisches  Talent  war  jedoch  so  hervortretend, 
dass  er,  zehn  Jahr  alt,  der  Leitung  Reicha's  anvertraut  wurde  und  mit  vier- 
zehn Jahren  seine  ersten  Compositionsversuche  bereits  gedruckt  sah.  Nachdem 
er  das  Gymnasium  absolvirt  und  die  musikalischen  Studien  beendet  hatte,  wurde 
er  Musiklehrer.  In  Paris  Hess  sich  M.  wiederholt  mit  Beifall  als  Clavierspitiler 
hören,  bereiste  dann  als  solcher  Frankreich,  worauf  er  nach  London  ging  und 
sich  dort  während  zweier  Jahre  aufliielt,  Concerte  gab  und  Unterricht  ertheilte. 
1835  Hess  er  sich  in  Ronen  nieder.  Er  war  auch  hier  in  ausgezeichneter  "Weise 
thätig;  Mad.  Tardieu  und  Charl.  Mellville  und  die  in  London  gebildete  Pianistin 
Clara  Lovedaj'  sind  unter  seinen  Schülern  zu  nennen.  In  weiteren  Kreisen 
machte  sich  M.  durch  ungefähr  neunzig  veröffentlichte  Compositionen,  zu  denen 
fünf  Etudenwerke  gehören,  die  im  Conservatorium  in  Paris  eingeführt  wurden, 
vortheilhaft  bekannt.  1867  bereicherte  er  die  Ciavierliteratur  durch  ein  sehr 
bedeutendes  Werk:  nLes  Clavecinistes  de  1637  ä  17110,  oeuvres  choisies  classees 
dans  leur  ordre  chronologique,  revues,  doiytees  et  accentuees  avec  les  agrements  et 
ornements  du  temps  traduits  en  toutes  notesv.  (Paris,  Heugel,  1867).  Es  sind  in 
dieser  Sammlung  Compositionen  von  Frescobaldi,  Chambonieres,  Louis  etFrauQois 
Couperin,  Purcell,  J.  S.  Bach,  Händel,  Marcello,  Scarlatti,  Rameau  u.  a.  ent- 
halten. Er  war  auch  langjähriger  Mitarbeiter  des  Journal  de  Ronen  u.  a.  und 
nach  seinem  am  25.  Ajjril  1874  erfolgten  Tode  veröHentlichte  seine  Wittwe  einige 
seiner  Abhandlungen  unter  dem  Titel:  to  Varietes  litteraires  et  musicales,  pages 
d'histoire,  critique,  portraits  ä  la  pliime,  discours,  preceedes  d'une  Jiotice  hiographie 
que  par  Marmonteh  (Paris,  Levy,   1878,   1.  Band). 

Merk,  Joseph  (VII,  133),  wurde  am  18.  Januar  1795  geboren.  Er  war 
ursprünglich  Violinist  und  hatte  als  solcher  bereits  eine  ziemliche  Fertigkeit 
erreicht,  als  er  durch  den  Biss  eines  Hundes  in  den  linken  Arm  arg  verletzt 
wurde,  und  in  Folge  dessen  nicht  fähig  war,  die  Geige  in  der  üblichen  Lage 
zu  halten.  Er  entschloss  sich  hierauf  das  Violoncello  zu  wählen ,  und  erhielt 
von  dem  wenig  bekannten  Cellisten  Schindlaeker  Unterricht.  Er  ging  dann 
zuerst  als  Quartettist  in  das  Haus  eines  ungarischen  Magnaten,  durchreiste 
darauf  fünf  Jahre  lang  Ungarn,  Böhmen,  0 estreich  als  Virtuose,  kam  1816 
nach  Wien,  und  trat  1819  in  die  kaiserliche  Ka^jelle.  Bei  der  Errichtung  des 
Conservatoriums  1825  wurde  er  Lehrer  desselben  und  1834  zugleich  mit 
Maiseder  zum  kaiserlichen  Kammervirtuosen  ernannt.  M.  Hess  sich  nun  in 
Prag,  Dresden,  Leipzig,  Hannover,  Hamburg  und  London  hören,  und  kehrte 
dann  nach  Wien  zurück,  wo  er  am   16.  Juni   1852  starb. 

Merklin,  Joseph,  geschickter  Orgelbauer,  geboren  am  17.  Januar  1819 
zu  Oberhausen  in  Baden;  Sohn  des  Orgelbauers  M.  zu  Freiberg  in  Baden  und 
dessen  Schüler,  Hess  sich,  nachdem  er  die  Schweiz  und  Deutschland  durchreist 
hatte,  in  Brüssel  nieder.  Dort  gingen  aus  seinem  Atelier  die  grössten  und 
musterhaftesten  Orgeln  hervor.  Er  erwarb  sich  auch  das  nicht  zu  unter- 
schätzende Verdienst,  der  erste,  seiner  Zeit  der  Einzige,  in  Belgien  gewesen 
zu  sein,  der  von  den  Verbesserungen,  die  in  England  und  anderen  Ländern 
in  Bezug  auf  Orgelbau  bereits  gemacht  waren,  Kenntniss  zu  nehmen  und  sie  in 
Anwendung  zu  bringen.  Er  associirte  sich  mit  F.  Schütze,  einem  ebenfalls  ge- 
schickten Orgelbauer,  und  wandelte  1853  die  Fabrik  in  ein  Aktienunternehmen 
um,  unter  der  Firma  Merklin,  Schütze  &  Comp.  1855  ging  die  Orgelfabrik 
Ducroquet  in  Paris  ebenfalls  in  den  Besitz  der  Gesellschaft  über.  Seit  1858 
nennt  sie  sich  »Societe  anonyme  pour  la  fabrication  des  orgues  etc.  etablissement 
Merklin  Schütze«;  sie  ist  an  Ausdehnung  die  grösste  in  Europa.  Grosse  Orgeln 
dieser  Fabrik  stehen  in  Lüttich,  in  Löwen,  Namur,  Brüssel  (Blindeninstitut 
und  Conservatorium,  im  grossen  Saale  der  Akademie  der  schönen  Künste  mit  vier 
Manualen,  Pedal,  vierundfünfzig  Registern  und  vielen  Combinationen),  in  Frankreich 
und  Spanien.    Ausser  Orgeln  baute  diese  Fabrik  auch  ausgezeichnete  Harmoniums. 


iMerling  —  Metallo.  277 

Merling:,  Julius,  Gesanglehrer  an  der  höheren  Töchterschule  zu  Magde- 
burg, verfasste:  »Theoretisch  praktischer  Gesaugskursus«  (Magdeburg,  Heinrichs- 
hof en,  1855),  und  »Der  Gesang  in  der  Schule,  seine  Bedeutung  und  Behandlung« 
(Leipzig,    1856,   1    Band). 

Merriok,  Arnold,  Organist  der  Parochialkirche  zu  Cirencester  in  der  Graf- 
schaft Glocester,  starb  daselbst  1845.  Er  lieferte  eine  englische  Uebersetzung 
der  Harmonielehre  von  Albrechtsberger.  Eine  zweite  Ausgabe  derselben,  nebst 
Vorrede  und  Inhaltsvorzeichniss  ist  von  John  Bishop  in  Chettenham  heraus- 
gegeben unter  dem  Titel:  nMethod  of  Harmony  Jiyuretl  Base  and  Compoüition, 
adopted  for  seif  Instruction  etc.«  (London,  Rob.  Cocks  et  Comp.,   2  Bände). 

Mertens,  Joseph,  belgischer  Violinist  und  Componist,  geboren  am  17.  Febr. 
1834  zu  Autwerjien.  wo  er  später  als  Jjehrer  am  Conservatorium  und  als  erster 
Violinist  am  Theater  thätig  war,  veröft'entlichte  Komaiizeu  für  Ciavier  und 
Lieder,  und  schrieb  acht  einaktige  und  zwei  dreiaktige  Opern  in  flämischer 
Sprache,  die  aufgeführt  wurden  und  günstige  Aufnahme  fanden.  Ein  Oratorium 
»Angelus«  wurde  in  Boom  aufgeführt. 

Mertke,  Eduard,  ist  1833  in  Kiga  geboren,  machte  1859  grosse  Kunst- 
reisen als  Ciaviervirtuose,  nahm  dann  Stellung  an  in  Wesserling  im  Elsass  und 
darauf  in  Luzern,  liess  sich  1865  in  Mannheim  als  Musiklehrer  nieder  und 
ging  1869  als  Professor  an  das  Conservatorium  in  Köln.  Er  componirte  ausser 
Salonstücken  für  das  Pianoforte  auch  eine  Oper  »Lisa«  und  veröffentlichte 
eine  Sammlung  russischer  Volkslieder. 

Messaus,  Georg,  belgischer  Musiker,  lebte  zu  Antwerpen  im  Anfange  des 
17.  Jahrhunderts;  er  war  dort  Chorgesanglehrer  an  der  Kirche  St.  Walburga. 
Zwei  Motetten  -aBeata  recjinav.  für  zwei  Tenöre  und  Bass  und  »O  quam  suaviter«, 
sind  in  der  Sammlung  -nPratica  musicav.  (Antwerpen,  1634)  enthalten;  ausser- 
dem gab  M.  eine  Sammlung  von  achtundzwanzig  religiösen  Gesängen  für  die 
Hauptfeste  des  Jahres  heraus:  »Cantiones  sacrae  praecipuis  an ni  festig  accomo- 
datae  octo  vocum  ete.a  (Antwerpen,   1635,  in  4^). 

Messemackers,  Henri,  geboren  zu  Venloo  am  5.  November  1778,  war 
ausser  dem  ersten  Unterricht,  den  er  vom  Vater  erhielt,  auf  Selbststudien  an- 
gewiesen. Er  lebte  in  Binissel  als  Componist  und  Musiklehrer.  Es  wurden 
zwei  seiner  Opern  i>La  Toison  d'or  ou  Philippe  de  Bourgogne«  (3  Akte)  und 
»ie«  deux  pieces  nouvellesa  (1  Akt)  im  königlichen  Theater  in  Brüssel  aufge- 
führt. Veröfl'entlicht  sind  von  seinen  Compositionen  ein  Clavierconcert  mit 
Orchester  (Brüssel  Messemackers)  nTrois  quatuorsa  (Paris,  Carli),  Sonaten,  Trios, 
Divertissements  u.  s.  w.  (bei  demselben  und  bei  Weissenbruch  in  Brüssel).  M.  starb 
in  Schaerbeck-les-Bruxelles  am   25.  December   1864. 

Messemackers,  Louis,  Sohn  des  Vorigen,  geboren  in  Brüssel  am  30.  Aug. 
1809,  Schüler  seines  Vaters  und  in  Paris  Liszt's  und  Reicha's,  lebt  daselbst 
als   ^lusiklehrer;  er  veröffentlichte  gegen  sechzig  Claviercompositionen. 

Mestrino,  Nicolas,  Violinist,  geboren  zu  Mailand  1748,  stand  als  erster 
Violinist  im  Dienste  des  Fürsten  Esterhazy  und  dann  des  Grafen  Erdödy. 
Er  machte  grosse  Reisen  durch  Italien  und  Deutschland,  und  bewarb  sich  in 
Brüssel  1786  um  den  Platz  eines  ersten  Violinisten  bei  dem  Prinzen  Karl  von 
Lothringen  und  der  Erzherzogin  Marie  Christine.  Das  Document.  welches  diese 
Angaben  enthält,  fand  Fetis  in  den  Archiven  Belgiens.  Die  gewünschte  Stelle 
erhielt  jedoch  Witzthumb  und  nicht  Mestrino,  der  nun  nach  Paris  ging  und 
mit  vielem  Erfolge  in  den  Concerts  spirituels  auftrat.  1789  erhielt  er  am  neu 
errichteten  italienischen  Theater  die  Kapellmeisterstelle,  die  er  sehr  ehrenvoll 
ausfüllte.  Er  starb  schon  1790  im  September.  Gedruckt  wurden  von  seinen 
Werken:  y>Concertos  pour  violon  principal  et  orchesfre«,  Nr.  1 — 12  (Paris,  Sieber, 
das  12.  Conc.  von  Mozin  für  Ciavier  arrangirt,  bei  Naderman);  Duos  für  zwei 
Violinen   (Paris,  Sieber,  Leduc).  Etüden,  Sonaten  (Paris.  Sieber.  Lcduc). 

Metallo,  Grammatio,  italienischer  Componist,  der  gegen  Ende  des  16. 
und  Anfang  des   17.  Jahrhunderts  folgende  Compositionen  veröffentlichte:   nCan- 


278  Metra  —  Meysenheim. 

zoni  aUa  napoletana  a  4  e  5  voci,  con  2  canzoni  alla  francese  per  sonare  lihro  4« 
(Venedig,  1594,  in  4");  »Bicercari  a  canto  e  tenorev.  (Venedig,  1595,  in  4*^); 
unter  dem  Titel:  -aMetallo  Ricercari  a  due  voci  etc.a  (Roma,  1654,  in  4");  eine 
dritte  Auflage  nüieercari  a  due  voce  etc.«  (Roma,  Mascardi,  1685,  in  4'');  ■all 
primo  libro  di  Moletti  a  Ire  voci,  con  una  Messe  a  qwattrov.  (Venezia,  Giacomo 
Vincenti,  1602,  in  4*^).  Der  Catalog  von  Breitkopf  giebt  eine  vierstimmige 
Motette  i>Sanctus  Dominus<i  an. 

Metra,  Julius  Louis  Olivier,  geboren  zu  Eheims  am  2.  Juni  1830, 
war  anfangs  Violinist,  Cellist  und  Contrabassist  einer  Theaterkapelle,  besuchte 
von  1849 — 54  das  Pariser  Conservatorium,  und  wurde  später  Ürchesterdirigent 
von  Ballmusiken  der  Opernbälle  u.  s.  w.  Er  schrieb  eine  grosse  Anzahl  graziöser 
Tänze  (Gerard,  Paris),  die  viel  Erfolg  hatten;  ausserdem  die  Musik  zu  mehr 
als  dreissig  Operetten,  Divertissements  und  dergl.;  das  dreiaktige  Ballet  »Yedda« 
ist  eines  seiner  besten. 

Menschel,  Hans,  Posaunenmacher  und  Stadttrompeter  zu  Nürnbei'g: 

Was  Zierd  und  Lobs  in  dieser  Stadt 
auch  Ruhms  in  allen  Städten, 

»Darinnen  man  die  musikalischen  Instrument  braucht,  dieser  Meuschel  hat, 
auch  was  man  seiner  Arbeit  mit  Posaunen  machen  von  ihm  in  mancher  Stadt 
hält,  das  wissen  alle  die,  so  an  den  königl.  und  Fürstlichen  Hoffen  mit  Posaunen 
umgehen,  dann  er  nicht  allein  dieselben  zum  besten  zu  machen  geübt,  sondern 
auch  dieselben  zum  besten  zu  blassen,  zu  dempfen  und  zu  stimmen,  auch  mit 
allerley  Lieblichkeit  ins  Gesang  zu  richten,  künstlich  gewest  ist,  Pabst  Leo  X. 
dem  er  silberne  Posaunen  gemacht  hat,  lies  ihn  seiner  Kunst  halben  gen  Rom 
fordern  und  höret  ihn  gerne,  ward  auch  hochgelobt  und  von  ermeldeu  Pabst 
mit  einem  guten  Stuck  und  gnädigster  Bezahlung  wiederum  gen  Nürnberg  ab- 
gefertigt. Ist  im  Sterben  a.  1533  mit  noch  zweyen  Todtenbahren  und 
12  Kerzen  auf  S.  Rochus  Kirchhof  zu  Grab  getragen  worden«  (Job.  Neu- 
dorffer's  Nachrichten). 

Meyer-Dustmann,  Louise,  eine  der  bedeutendsten  Vertreterinnen  des  Opern- 
und  Concertgesanges  in  Deutschland,  ist  in  Aachen  1832  geboren,  und  erhielt 
von  ihrer  Mutter  den  ersten  Gesangsunterricht.  Nachdem  sie  in  Wien  am 
Theater  der  Josephstadt  bereits  1848  zum  erstenmal  aufgetreten  war,  ging  sie 
nach  Cassel,  wo  sie  sich  unter  Spohr  noch  im  dramatischen  Gesänge  vervoll- 
kommnete. Hierauf  nahm  sie  ein  Engagement  in  Prag  an,  von  wo  aus  sie  1856 
an  das  Hoftheater  in  Wien  berufen  wurde.  Sie  war  zwanzig  Jahre  hindurch 
eines  der  vorzüglichsten  und  geschätztesten  Mitglieder  dieser  Bühne,  und  ver- 
liess  1876  die  Oper  mit  dem  Titel  einer  Kammersängerin,  sich  von  da  an  dem 
Unterricht  widmend.  Frau  Meyer-Dustmann  besass  die  brillantesten  Stimm- 
mittel, vorzügliche  Schule  und  vereinigte  damit  künstlerische  Inspriration.  Ihre 
beste  Partie  war  Fidelio ,  der  sich  Donna  Anna,  Euryauthe,  Valentine,  Elsa, 
Elisabeth  u.  s.  w.  anschlössen;  auch  als  Lieder-  und  Oratoriensängerin  nimmt 
sie  einen  sehr  hohen  Rang  ein. 

Meysenheim,  Cornelie,  die  vortreffliche  Sängerin,  ist  in  Haag  geboren; 
als  fünfjähriges  Kind  kam  sie  nach  Java,  wohin  ihr  Vater  gesandt  worden  war, 
um  das  Telegraphenamt,  dem  er  als  Chef  vorstand,  dort  einzurichten.  Den  ersten 
Unterricht  in  der  Musik  erhielt  das  reichbegabte  Kind  von  der  Mutter  und 
schon  im  Alter  von  12  Jahren  sang  Cornelie  in  einem  Concert  in  Djocjakar 
auf  Java  und  ein  Jahr  später  in  Samarang.  Aus  Gesundheitsrücksichten  kehrte 
der  Vater  später  auf  zwei  Jahre  nach  Europa  zurück  und  Hess  sich  in  Brüssel 
nieder,  und  hier  wurde  Cornelie  dem  bekannten  Professor  Francesco  Chiaromonte 
zur  weiteren  Ausbildung  übergeben.  Auch  in  Brüssel  fanden  bald  die  Leistungen 
der  jugendlichen  Kunstnovize  ermunternde  Anerkennung,  so  dass  man  sich  zu 
den  schönsten  Hoffnungen  berechtigt  glaubte.  Als  daher  der  Vater  nach  Ab- 
lauf seines  Urlaubes  als  Präsident  wieder  nach  Indien  ging,  blieb  die  Mutter 
in  Europa  zurück,  um  ihren  Kindern  eine  sorgfältige  Erziehung  geben  zu  lassen 


M(?zeray.  279 

und  vorzüglich  auch,  um  unter  der  Leitung  bewährter  Lehrkräfte  das  Gesangs- 
talent der  Tochter  zur  weiteren  Entfultung  zu  bringen.  Sie  übersiedelte  von 
Brüssel  nach  dem  Haag,  und  Cornelie  besuchte  nun  während  dreier  Jahre  das 
dortige  Conservatorium,  den  Gesangs-  und  Ciavierunterricht  August  Seiffcrt's 
geniessend.  Im  letzten  Jahre  ihres  Aufenthalts  in  Holland  machte  sie  sich  als 
Concertsängerin  einen  Namen;  sie  sang  in  Delft,  in  Haag,  in  Breda,  Helder, 
Haarlem,  Amsterdam  und  anderen  Städten,  überall  reichen  Beifall  erntend. 
1871  ging  sie  nach  Wien,  um  ihre  Studien  zu  vollenden,  zu  welchem  Zweck 
der  König  von  Holland  ihr  ein  zweijähriges  Stipendium  gewährte,  Ihr  Lehrer 
war  der  k.  k.  Hofkapellmeister  Otto  DessoflF,  bei  dem  sie,  da  sie  sich  zur  drama- 
tischen Sängerin  auszubilden  beabsichtigte,  eine  Anzahl  Rollen  studirte,  während 
gleichzeitig  dessen  Gattin  sie  im  Spiel  unterrichtete.  Ehe  sie  Wien  verliess, 
sang  sie  noch  einmal  iin  Burgtheater,  und  zwar  in  einem  Concert,  das  in  der 
Osterwoche  veranstaltet  wurde.  Im  Mai  1872  kam  die  Künstlerin  nach  München, 
sang  Probe  und  wurde  sofort  auf  ein  Jahr  engagirt.  Ihr  Debüt  an  der  Hof- 
oper machte  sie  am  29.  August  als  »Gretchena  mit  durchschlagendem  Erfolg. 
Die  Kritik  lobte  ihren  Stil,  ihren  seelischen  Ausdruck  und  verglich  ihr  »Gretchen« 
mit  dem  der  Stehle  und  der  Mallinger.  Alsbald  erhielt  die  glückliche  Debütantin 
von  verschiedenen  Seiten  glänzende  Anerbietungen,  doch  zog  sie  es  vor,  einen 
Contract  auf  weitere  zwei  Jahre  mit  München  abzuschliessen.  Die  Gunst  des 
Münchener  Publicums,  das  sie  sich  im  Sturm  erobert  hatte,  ist  ihr  auch  ferner- 
hin treu  geblieben.  Ihre  L^rlaubszeit  benützte  Fräulein  Meysenheim  zu  Gast- 
spielen und  Concertreisen ,  wodurch  sich  ihr  Ruhm  sehr  gesteigert  hat.  Am 
Rhein  ist  sie  die  beliebteste  und  gefeiertste  Concertsängerin.  Sie  hat  sich  in 
Frankfurt,  Cöln,  Düsseldorf,  Aachen.  Essen,  in  Regensburg,  Nürnberg  und 
Kissingen  hören  lassen,  zu  wiederholten  Malen  auch  in  den  Niederlanden,  wo 
sie  zuletzt  beim  Musikfest  in  Leyden  im  Jahre  1875  sang.  Ferner  gastirte 
sie  an  den  Bühnen  von  Rotterdam,  Mainz,  Cöln,  Augsburg,  Aachen  und  Dresden, 
und  trat  auch  in  Wiesbaden  einige  Male  auf,  unter  Anderem  wirkte  sie  in  den 
Festvorstelluugen  mit,  die  zu  Ehren  des  deutschen  Kaisers  im  April  des  Jahres 
1876  daselbst  stattfanden.  Bei  allen  Triumphen,  die  sie  feierte,  hat  die  Sängerin 
ihre  künstlerische  Fortbildung  dennoch  nie  aus  den  Augen  verloren.  Seit  1879 
ist  sie  mit  dem  vortrefflichen  Violoncellisten  Heinrich  Schübel  verheiratet.  Ende 
August  1880  verliess  sie  die  Münchener  Hofbühne,  da  sie  ein  neues  Engagement 
nach  Carlsruhe  rief. 

Mözeray,  Louis  Charles  Lazare  Costard  de,  geboren  am  25.  November 
1810  in  Braunschweig,  Sohn  eines  Beamten  der  französischen  Administration, 
kam  mit  seinen  Eltern  nach  Strassburg,  wo  beide,  da  der  Vater  nach  der 
Restauration  ohne  Amt  war,  Engagement  bei  der  Strassburger  Oper  annahmen. 
Hier  erhielt  er  Gesang-  und  Violinunterricht  und  machte  so  schnelle  Port- 
schritte, dass  er  fünfzehn  Jahr  alt,  bereits  die  Stelle  eines  zweiten  Orchester- 
direktors einnehmen  konnte.  1825  wurde  seine  erste  komische  Oper:  y>Le  Sicilien 
ou  l'amour  peintrea  gegeben.  Bald  darauf  erhielt  er  in  Vervier  die  Stelle  eines 
zweiten  Orchesterdirektors  und  nahm  siebzehn  Jahr  alt,  den  Platz  eines  ersten 
Orchesterchefs  am  grossen  Theater  in  Lüttich  ein.  1830  ging  er  an  das  königl. 
Theater  in  Haag,  und  brachte  daselbst  die  Oper  »W^ilhelm  von  Nassau«  zur 
Auftührung,  die  sich  eines  bedeutenden  Erfolges  zu  erfreuen  hatte.  31.  erhielt 
aus  der  Chatulle  des  Königs  einen  Gehalt  von  12000  Pres.  Diese  glänzeude 
Stelle  gab  er  jedoch  auf,  und  ging  nach  Paris.  Nachdem  er  dann  abermals 
als  Orchesterdirektor  in  Gent,  Rouen,  Marseille  thätig  gewesen  war,  debütirte  er 
1841  in  Bordeaux  als  Bariton,  in  der  Rolle  des  Asthon  (Lucia),  Montpellier, 
Nantes,  Antwerpen  lernten  ihn  gleichfalls  als  Sänger  kennen,  bis  M.  in  Bor- 
deaux am  grossen  Theater  daselbst  wieder  den  Taktstock  ergriff.  Er  reor- 
ganisirte  das  Orchester,  das  er  seitdem,  also  länger  als  dreissig  Jahr,  mit  nicht 
gewöhnlicher  Geschicklichkeit  leitet.  1843  gründete  M.  in  Bordeaux  die  Gesell- 
schaft St.  Cäcilia,  zu  deren  Vicepräsidenten  er  erwählt  wurde,   und  um  die  er  sich 


280  Michaelis  —  Micheli. 

ebenfalls  nach  allen  Seiten  hin  verdient  machte.  Die  Töchter  M.'s,  Caroline, 
Cäcilie  und  Reine,  sind  unterrichtete  Sängerinnen,  die  sich  auf  grösseren  Bühnen 
Frankreichs  und  Belgiens  bereits  hören  Hessen. 

Michaelis,  Christian  Friedrich,  Sohn  eines  Musikers  in  Leipzig,  wurde 
daselbst  1770  geboren.  Nachdem  er  hier  1793  die  Würde  eines  Magisters  er- 
worben hatte,  eröffnete  er  einen  Privatcursus  der  Philosophie.  1801  übernahm 
er  die  Stelle  eines  Erziehers  beim  Kanzler  von  Rochow  in  Plessow  bei  Potsdam. 
Nachdem  er  nach  Leipzig  zurückgekehrt  war,  nahm  er  seine  philosophischen 
Vorlesungen  wieder  auf.  In  der  Philosophie  schloss  er  sich  der  damals  herr- 
schenden Kantschen  Richtung  an.  Sein  Gegenstand  war  vornehmlich  die  Aestethik 
der  Musik,  Zu  seinen  zahlreichen  Schriften  und  Journalartikeln,  die  er  ge- 
liefert, gehören:  lieber  den  Geist  der  Tonkunst  mit  Rücksicht  auf  Kant's 
Kritik  der  ästethischen  Urtheilskraft  (Leipzig,  I.  Tbl.  1795,  II.  Tbl.  1800  in 
8*^);  Mittheilungen  zur  Beförderung  der  Humanität  und  des  guten  Geschmacks 
(Leipzig,  1800);  Entwurf  der  Aestethik,  als  Leitfaden  bei  akademischen  Vor- 
lesungen (Augsburg,  1796).  Einzelne  Aufsätze,  die  Aestethik  der  Tonkunst 
betreffend,  im  Wochenblatt  für  Deutsche  1801;  Eutonia  Berlin  1801,  1804: 
Leipziger  Musikzeitung  1804,  Nr.  21,  50;  1806,  Nr.  43,  44;  1808,  Nr.  29; 
Reichardsche  Berliner  Musikzeitung  1805 — 6.  Zahlreiche  Artikel  in  der  Leip- 
ziger Musikzeitung  von  1802 — 14,  in  der  Wiener  Musikzeitung  1818,  1820, 
enthalten  Bevirtheilungeu  von  musikalischen  Werken  und  Büchern. 

Michel,  Francis  cus  Xa  vi  er,  Philologe,  geboren  zu  Lyon  am  18.  Febr.  1809, 
studirte  dort  und  kam  dann  nach  Paris,  wo  er  sich  mit  dem  Studium  des  Mittel- 
alters beschäftigte.  1846  wurde  er  als  Professor  der  fremdländischen  Literatur 
nach  Bordeaux  berufen.  Er  ist  Mitglied  vieler  gelehx'ter  Gesellschaften.  Eines 
seiner  Werke  ist  für  den  Musikhistoriker  von  Werth,  es  ist  eine  Ausgabe  aller 
Gesänge  des  Stiftsherrn  de  Coucy.  Diese  luxuriös  gedruckte  Ausgabe  enthält 
werthvolle  Aufklärungen  über  das  Leben  dieses  französischen  Minnesängers,  dux-ch 
Beschreibung  der  Manuscripte  und  Richtigstellung  der  Texte.  In  moderne 
Notenschrift  wurden  die  Melodien  derselben  durch  Perne  übertragen,  der  sie 
auch  harmonisirte  und  mit  Ciavierbegleitung  versah,  leider  nicht  mit  Berück- 
sichtigung der  Tonart  und  des  Zeitcharukters  der  Gesänge.  Der  Titel  ist: 
y>Chansons  du  chätelain  de  Coucy  revues  sur  tous  les  manuscrits,  suivies  de 
Vmicienne  musique,  mise  en  notation  moderne,  avec  accompaynement  de  piano,  par 
M.  Pernea  (Paris,  imprimerie  de  Crapelet,  1830,  gross  in  8*^.  Ausgegeben  in 
120  nummerirten  Exemplaren).  Fr.  M,  gab  ferner  heraus:  »Ze  Pays  basqne; 
sa  population,  ses  7noeurs,  sa  litterature  et  sa  musiquev  (Paris,  Firmin  Didot  freres 
1857.  L  vol.  petit  in  8"). 

Micheli,  Romano,  ausgezeichneter  Componist,  zu  Rom  1575  geboren,  war 
Schüler  des  Sovinio  und  Nanini  in  der  Musik;  wurde  Priester  und  erhielt  ein 
Pfründe  an  der  Kirche  von  Aquila  in  Rom.  Er  unternahm  darauf  eine  längere 
Reise,  deren  Geschichte  er  in  der  Voi'rede  seines  Werkes  «Musica  vaga  ed 
ariificiosav.  mittheilt,  wo  er  auch  über  seine  Begegnung  mit  berühmten  Musikern 
in  den  verschiedenen  grossen  Städten  Italiens  Mittheilung  macht.  Einige  Zeit 
hielt  er  sich  dann  in  Concordia  auf  und  ertheilte  Musikunterricht,  worauf  er, 
vom  Cardinal  von  Savoien  1625  nach  Rom  berufen,  daselbst  mit  einer  Kapell- 
meisterstelle betraut  wurde.  M.  gehörte  zu  den  unterrichtetsten  Musikern  seiner 
Zeit.  Als  sein  Landsmann  Marc.  Scacchi  von  dem  Danziger  Contrapunktisten 
Paul  Syfert  angegriffen  wurde,  der  behauptete,  die  Italiener  könnten  nur  Opern 
und  Canzonetten  schreiben,  gelehrten  Tonsatz  müssten  sie  erst  von  ihm  und 
Förster  erlernen,  übernahm  M.  die  Vertheidigung  und  brachte  Syfert  zum 
Schweigen.  Später  jedoch  als  er  sein  Werk  r>Cano7ii  musicali  composti  sopra  le 
vocali  di  piii  parole  da  Pomano  Micheli  romano,  del  quäl  modo  di  comporre 
eijli  e  irivenforea  diesem  Scacchi  übersandt  hatte,  veröti'entlichte  derselbe  in 
Warschau  eine  Broschüre,  worin  er  zu  beweisen  suchte,  M.  sei  nicht,  wie 
er   meine,   der   Erfinder    derartiger   Canons,    sondern   deren  Erfindung    sei    viel 


Micheroax  —  Michna.  281 

ülter.  M.  schrieb  hierauf  eine  neue  Sammlung  3,  4,  5  und  Gstimmiger  zum 
Theil  sehr  künstlicher  Canons,  denen  er  eine  sehr  bestimmte  und  gelehrte  Be- 
antwortung an  Scacchi  anfügte.  Gedruckt  wurd«'  nur  eine  Auswahl  dieser 
Canons  unter  dem  Titel:  •nCanoni  musicali  di  liomani  Michelitt.  Ausser  dem 
schon  erwiihnton  Werk  nMusica  raga<t  (Venedig,  1615),  sind  noch  bekannt 
oLCompieta  a  sei  locea  (Venedig,  IGlb);  viele  einzelne  Canons,  1618,  19,  2(J; 
y>Madri(/ali  a  sei  voci  in  canonici  (Rom,  1621;  Salmi  a  4.  Rom,  1638);  »Mt-sse 
a  quattro  roria  (Rom,  1650);  »Respoiisori  a  cinque  vocin  (Rom,  1658).  M.  gab 
auch  ein  Schriftchen  ülier  die  Erfindung  des  Räthselcanons  heraus:  ^Lettre  di 
Rotnano  Michcli  romano  alli  musici  della  capella  di  N.  S.  ed  altri  musici  romania 
(Venedig,  1618). 

Mlcheroux,  N.  Jiitter  von,  Sohn  eines  Ministers  des  Königs  Murat  von 
Neapel,  geboren  in  Frankreich,  diente  als  höherer  Officier  in  der  Armee  Napoleons. 
Nach  dem  Sturze  Murat's  Hess  er  sich  in  Mailand  nieder.  Er  hatte  von 
Jugend  auf  Musik  und  besonders  Gesang  unter  den  besten  Lehrern  betrieben, 
und  widmete  sich  dann  dem  Unterricht.  Er  bildete  viele  gute  Sänger  und 
Sängerinnen,  zu  denen  auch  die  berühmte  Pasta  gehört.  An  einer  schweren 
Wunde,  die  er  1815  erhalten  hatte,  häufig  leidend,  zog  er  sich  später  nach 
Venedig  zurück,  wo  er  1846  starb.  Es  sind  auch  Arietten  von  ihm  erschienen 
(Venedig,  Ricordi). 

Michl,  Ferdinand,  geboren  zu  Neumarkt  1713,  besuchte  in  München 
das  Seminar  und  erhielt  die  Stelle  des  Organisten  an  der  Jesuitenkirche 
St.  Michael.  Sein^  Talent  als  Oruelspieler  und  Violinist  verschaffte  ihm  die 
Grünst  des  Herzogs  von  Baiern  und  die  Stelle  eines  Conccrtmeisters  in  dessen 
Kapelle.  M.  starb  schon  1753  in  München.  Ein  geistliches  Singspiel  von  ihm 
wurde  in  der  Jesuiteukirche  1747  aufgeführt.  Gedruckt  sind  nXIL  Symphoniae 
tribus  coiicertantihus  instrumentis  scilicet  violino  1  und  2  ac  basso  continuoa  Op.  1 
(Augsburg,   1740  in   fol.).      Sein  älterer  Bruder 

]»Mchl,  Jose])h  Ildephons,  geboren  1708  in  Neumarkt,  Schüler  WagenseiFs, 
war  geschickter  Violinist  und  Componist.  Ehe  er  1733  Kapellmeister  des 
Fürsten  von  Turn  und  Taxis  in  Regensburg  wurde,  befand  er  sich  im  Dienste 
des  Herzogs  von  Sulzbach.  Er  starb  in  Regensburg  1770.  In  einem  Anfall 
von  Melancholie  verbrannte  er  seine  sämmtlichen  Compositionen.  Nur  sechs 
seiner  A'iolinconcerte  befinden   sich  in   Regensburg. 

Michl,  Josaph,  Neffe  des  Vorigen,  geboren  1745  zu  Neumarkt,  erzogen 
im  Seminar  zu  München,  machte  sich  durch  seine  Geschicklichkeit  im  Orgel- 
spiel früh  bemerkbar.  Nachdem  er  auch  schon  zahlreiche  Kirchencompositionen 
geliefert  hatte,  schickte  ihn  der  Kurfürst  von  Baiern  Maximilian  III.  zum  Kapell- 
meister Camerloher  nach  Freisingen,  damit  er  dort  einen  Cursus  im  Contra- 
punkt durchmache.  Hier  componirte  er  das  Oratorium  »Gioas  re  di  Criudaa, 
welches  bei  seiner  Rückkehr  nach  München  dort  aufgeführt  wurde  und  so  ge- 
fiel, dass  der  Kurfürst  ihn  sofort  zu  seinem  Hofcomponisten  ernannte.  Sein 
nächstes  AVerk  die  Oper  »II  Trionfo  di  Clelia«,  aufgeführt  1776,  wird  ebenfalls 
als  ein  schönes  Werk  bezeichnet.  Ein  Streichquintett  von  M.,  welches  Burney 
1772  in  München  hörte,  zählt  er  zu  den  besten  dieser  Gattung.  Nach  dem 
Tode  des  Kurfürsten  erhielt  M.  seine  Entlassung  und  zog  sich  ins  Kloster 
zurück;  als  dasselbe  1803  aufgehoben  wurde,  ging  er  nach  Neuinarkt  und 
starb  dort  1810.  Es  wurden  acht  Opern  von  M.  meistens  sehr  gut  auf- 
genommen, in  München  aufgeführt;  »Elmirevi  und  nMilfona  auch  in  Mainz 
und   Frankfurt. 

Michna,  Adam  von  Oltrodowicz,  ausgezeichneter  Organist  und  Componist, 
geboren  in  Neuhaus  in  Böhmen,  wo  er  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  lebte. 
(-Jcdruckt  sind  von  seinen  Compositionen:  Ein  Heft  vierstimmiger  Lobgesänge 
an  die  .lungfrau,  in  böhmischer  Sprache  «Laut  na  Martfunskafs.  (Prag,  1657, 
in  4");  Gesänge  für  alle  Feste  der  Heiligen,  dem  Magistrat  zu  Prag  zugeeignet; 
y>Sualo-Iiocnj  Musika,  aneb  sioaniepnj  Kancgonah  (Prag,  1661,  in  8");   »Cantiones 


282  Miculi  —  Miller. 

sacrae  pro  festis   totuis   anni    1,   2,    3,   4,   5  et  6  vocib.   cum  J,    2,    3,  4  instru- 
mentis  ad  libitum«. 

Miculi,  Carl  (VII,  147),  nicht  Micula. 

Milano,  Francesco,  Schüler  des  Lorenzo  Guidomini  und  als  solcher  ein 
sehr  geschätzter  Geigenbauer,  lebte  in  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts 
zu  Mailand.     Seine   schönsten  Geigen  fertigte  er  nach  dem  Modell  der  Stradivari. 

Milanollo,  Geschwister  (VII,  148),  die  ältere  der  Schwestern  heisst  Maria 
Teresa  und  ist  am  28.  August  1827  geboren,  die  jüngere  Maria  wurde  am 
19.   Juni  1832  geboren. 

Milczarski,  Matthias,  Orgelbauer  in  AVarschau,  geboren  iu  der  ersten 
Hälfte  dieses  Jahrhunderts  in  Polen,  war  ausserordentlich  eifrig  bemüht,  in 
seinem  Vaterlande  die  Orgelbaukunst  auf  eine  zeitgemässe  Stufe  zu  erheben. 
In  Warschau  hat  er  mehrere  bedeutende  Orgeln  erbaut. 

Miller,   Julius,   Sänger  und  Componist,  geboren  zu  Dresden   1782,  besass 
als  Knabe  eine  so  schöne  Sopranstimme,    dass  er   1794  mit  nach  Prag  geführt 
wurde,  um  bei  der  Kaiserkrönung  mitzusingen.    Musikunterricht  erhielt  er  kaum, 
nur  von  einem  obscuren  Lehrer  etwas  Violinunterricht.     Dennoch  Hess  er  sich 
1799    in    Halle  in  einem  Concert,    welches   Türk  dirigirte,    als   Violinist  hören. 
Von  da  ging  er  nach  Amsterdam  und  debütirte  als  Tenorsänger  am  deutschen 
Theater  als  Tamino  in  der  Zauberflöte.    Nachdem  dieser  Versuch  sehr  glücklich 
ausgefallen  war,  begann  er  sein  Wanderleben  als  Sänger.    Er  ging  nach  Flens- 
burg, dann  an  das  Hoftheater  in  Schleswig.    Hier  wurde  1802, gleichzeitig  seine 
erste   Oper    »Der    Freibrief«    aufgeführt    und    mit    Wärme    aufgenommen.       Im 
nächsten  Jahre  war  er  in  Hamburg  engagirt,   und  galt  in  dieser  Epoche  für  den 
besten    Tenorsänger   Deutschlands.     Von    Hamburg   ging    er    nach    Breslau  und 
machte  hier  die  Bekanntschaft  C.  M.  v.  Webers,  zu  dem  er  in   ein  freundschaft- 
liches   Verhältniss    trat,    das    sehr    günstig    auf   M.    einwirkte.     Hier   ging  auch 
seine  zweite  Oper  »Die  Verwandlung«,  nachdem   sie  schon  in  Hamburg,  Berlin 
und  anderen  Städten  mit  Beifall  gegeben  worden  war,  in  Scene.    In  dieser  Oper 
sang  M.  in  Wien,  Leipzig  und  Dessau,  und  schloss  sich  nun  einer  wandernden 
Truppe   an.     Während    er   von   1810 — 13    sich  in    dieser,  seiner  Künstlerschaft 
wenig  passenden,  aber  seinen  Neigungen  zusagenden  Stellung  befand,  wurde  in 
Leipzig  »Der  Kosakenofficier«,  die  jüngste  seiner  Opern,  die  am  beliebtesten  war, 
gegeben.     Im  Begriff  nach  Russland  zu  gehen,   erhielt  M.    in  Warschau  durch 
Kotzebue  die  Auff"orderung,  nach  Königsberg  zu  kommen  um  ein  Engagement 
am   Theater  anzunehmen.    Er  gab  dem  Folge  und  schrieb  während  dieses  Aufent- 
haltes die  beiden  Opern   »Die  Alpenhütte«  und  »Herrmann  und  Thusnelde«  nach 
Texten  von  Kotzebue.      1816   sang  er  wieder  in  Berlin  und  in  Frankfurt  a.  M., 
wo    er    nach    der   Vorstellung    »Titus«    von   Mozart  vom  Publicum  im   Triumph 
nach    seiner  Wohnung   geleitet   wurde.     Darauf  engagirte   ihn    der  Grossherzog 
von   Hessen-Darm  Stadt  unter  glänzenden  Bedingungen  für  sein   Theater.     1818 
war  er  indessen   schon  wieder  in  Hannover,   1820  in  Amsterdam;    hier  brachte 
er  seine  Oper  »Merope«  zur  Aufführung.     1827   reiste   er   nach  Paris   und  gab 
in  Brüssel   mit  Drouet  Concerte.     Nachdem   hierauf  M.   noch  in  Riga,   Peters- 
burg,   Moskau,    Lübeck   und  Hamburg  gesungen,    ging    er  nach  Berlin,    wo  er 
Gesangunterricht    ertheilte.      Dann    übernahm    er    die    Direction    des   Dessauer 
Theaters.     Von  hier  an  jedoch  warf  ihn    die  Unordnung   seines  Lebenswandels 
von  Stufe  zu  Stufe  zurück,  so  dass  er  zuletzt  kaum  noch  die  Erinnerung  an  seine 
glänzende  Vergangenheit  behielt.    Frau  und  Kinder  waren  in  Dessau  dem  Elend 
Preis    gegeben.      Er   selbst    gänzlich    herabgekommen,    starb    in    Charlottenburg 
bei  Berlin  am   7.  April   1851.     Er  schrieb  auch  inehrei-e  kleinei'e  Opern:  »Julie 
oder  der  Blumentopf«,  »Das  zurückgegebene  Bouquet«,  »Michel  und  Hannchen«  u.  a. 
Gedruckt  wurde  nur  die  Oper  »Der  Kosakenofficier«  (Dresden,  Hilscher);  ausserdem 
Gesänge  für  drei  und  vier  Stimmen  und  für  eine  Stimme  mit  Clavierbegleitung. 
Sechs  Gesänge    für    eine    Stimme    (Leipzig,    Hoffmeister).     Eine    seiner  Töchter 
wirkte    als  Opernsängerin    1835 — 46    in  Düsseldorf,   Kassel,  Berlin  und  Wien. 


Millico  -  Minpotti.  283 

Milllco,  (riuseppo,  Componist  und  ausgezeichneter  Sopransänger,  wurde 
1739    zu    Terlizzi   in    A])ulicn    geboren.     Ueber    seine  Jugend  fehlen  die  Nach- 
richten.     Gluck,    der    ihn    in    Italien    hörte,    zählte    ihn    zu    den    bedeutendsten 
Sängern   seiner  Zeit  und   ül)ergab   ihm   seine   Nichte  als   Schülerin,    als  er   1772 
nach   Wien  kam  und   am   Hoftheatcr  sang.      1774  ging  M.   nach  London,    dann 
nach  Berlin.    1778  kehrte  er  nach  Italien  zurück,  wo  er  zur  Musik  des  Königs  von 
Neapel  gehörte,  dessen  Gunst  er  erworben,  die  er  aber  zuweilen  sogar  zum  Nach- 
theil seiner  CoUegen  soll  benützt  haben.   M.  schrieb  drei  Opern,  mehrere  Cantaten, 
und  veröfl'entlichte  italienische  Arietten  mit  Harfenbegleitung,  drei  Sammlungen 
ä  6  Arietten  (Wien,  Artaria);  Canzonetten  mit  Ciavier  oder  Violine  (London,  1777). 
Milton,    John,    Vater    des    berühmten    Dichters,    stammt   aus    einer    alten 
römisch-katholischen    zu    Milton    in    Oxfordshire    ansässigen    Familie.       Enterbt, 
weil   er    zur   protestantischen    Kirche    überging,    erhielt   er   seine    Erziehung  in 
Christ  Church  zu  Oxford,  und  galt  später  als  einer  der  besten   Musiker  seiner 
Zeit.      Von    seinen    Compositionen     kennt    man:    Das    sechsstimmige    Madrigal 
y>Fai/res  Oriana   in   tlie  mornea   (in:  The   Triumphes  of  Oriaua   1601):   Vier  Mo- 
tetten, enthalten  in  Leighton's    y>Tearcs  or  Lamciitacionsa   1614;    ferner  mehrere 
Gesänge,  darunter  die  bekannten  »York«  und  »Norwich«  (in  Eavencroft's  »W^hole 
Booke   of  Psalmes«,   1621).     M.   soll  auch  ein  y>In  Nominea  für  vierzig  Stimmen 
geschrieben  haben.     Sein   Sohn    glorificirte    seine  Geschicklichkeit  als  Tonsetzer 
in  dem  lateinischen  Gedicht  »Äd patretn«.     M.  starb  in  vorgerücktem  Alter  1646 — 47. 
Mingotti,  Eegina,  berühmte  Sängerin   des   18.   Jahrhunderts,  wurde   1728 
in  Neapel   als   die    Tochter   deutscher   Eltern  geboren.     Ihr   Familienname   war 
Valentin!  und  ihr  Vater  Officier  in  Oestereichischen  Diensten.     Dieser  nahm  sie 
als  ganz  junges  Kind  mit  nach   Glatz  in   Schlesien ,    wohin    er  beordert  worden 
war.     Dort    starb    er    und  Regina    wurde    durch    ihren   Onkel    und  Vormund  in 
das    dortige    TJrsulinerinnenkloster  gethan.     Hier    erhielt   sie   von    der  Aebtissin 
auf  ihren  Wunsch,  um  im  Kirchenchor  mitsingen  zu  können,  die  erste  Anleitung 
im   Gesang.     Kaum  vierzehn  Jahr  alt,  kehrte   sie  in  das  Haus  ihrer  Mutter  und 
Schwestern  zurück,  in   dem   sie  sich  aber  nicht  heimisch  gefühlt  zu  haben  scheint, 
denn    sie    nahm    den    Heiratsantrag    eines    alten    Venezianers    an,    den    sie   nicht 
liebte.     Derselbe  war  damals  Entrepreneur  der  Dresdner  Oper  und  es  liegt  nahe, 
zu  glauben,  er  habe  zu  allererst   gewusst,    welches  Kleinod  R.  in   ihrer  Stimme 
besitze.    In  Dresden  angelaugt,   säumte  er  nicht,  bei  Hofe  die   nöthigen   Schritte 
zu    thun,    um    ihre    Ausbildung    zu   veranlassen;    sie    wurde    anfangs    mit    dem 
kleinen  Gehalt  von   3 — 400  Gulden  als  Sängerin  engagirt,  während   Porpora  um 
sie  auszubilden  monatlich    100   Gulden   erhielt.     Das  Talent  und  die  Stimme  der 
M.  erregten  bald   Aufsehen,  und  in  nicht    sehr  langer  Zeit  verbreitete  ihr  Ruf 
sich  bis  nach   Italien.     Als   sie  am  Dresdner  Hofe  zu  leuchten  begann,  befanden 
sich  die  Faustina  und  Hasse  bereits  am  Dresdner  Hofe,  den   sife  aber  zu  eben 
dieser  Zeit  verliessen,  um  nach  Italien  zu  gehen,    weshalb  dann,    ob    mit  Recht 
oder  Unrecht,  Faustina  eine  neidische  Regung  gegen   die  junge   Sängerin   nach- 
gesagt wurde.      R.  M.  ging  dann  ebenfalls    nach  Italien   und   erregte   in   Neapel 
als    »Asträa«    in    der   Olimpiade    von   Galuppi   die  grösste  Bewunderung,  erhielt 
auch  sofort  von   allen    Seiten    Anträge.     Jedoch    an    Dresden    gebunden,    kehrte 
sie  dorthin  zurück.     1751   wandte  sie  sich   nach  Spanien,  und  errang  in  Madrid 
die  giössten   Triumphe.     Der  Operndirektor  Farinelli,   unter  dem   sie  sang,  ge- 
stattete ihr  nicht  allein   nicht,  irgend  wo  anders  als  am  Hofe,  oder  in  der  Oper 
zu  singen,  sondern   er  untersagte  ihr  sogar,    in   einem   Zimmer  zu  üben,    dessen 
Fenster  auf  die   Strasse  gingen.     Sie  erhielt  bei  ihrer  Abreise  unschätzbare   Ge- 
schenke, und  kehrte  über  Paris   und  London   nach  Dresden  zurück,  das  sie  bis 
zum   Tode  des  Königs  August  als  ihre  Heimath  betrachtete.     In  allen  grossen 
Städten  Italiens  sang  sie  ebenfalls  mit  immer  wachsendem  Beifall.     1763   zog  sie 
nach   München,    und  lebte  dort  bequem   von   ihren  Ersparnissen,  in  allgemeiner 
Achtung.      1772  noch,  als  Buruey  München   besuchte,   fand  er  den  Klang  ihrer 
Stimme    und   Ausdruck    ihres    Gesanges    zum    Entzücken.      Sie    war    überhaupt 


284  Mioduszewski  —   Misou. 

sehr  musikalisch;  dem  Dr.  Buriiey  sang  sie  vier  Stunden  vor,  indem  sie  sich 
selbst  am  Flügel  begleitete.  Sie  besass  auch  bedeutende  Sprachkenntnisse.  1787 
zog  sie  sich  nach  Neuburg  an  der  Donau  zurück  und  starb  daselbst  1807.  Ihr 
Bildniss  in  Pastell  von  ßosalbe,  sie  im  jugendlichen  Alter  darstellend,  befindet 
sich  in  der  Dresdner  Gallerie. 

Mioduszewski,  Abbe  Michel  Martin,  Priester  der  Missionsgesellschaft, 
Professor  der  Theologie  und  Kirchenrechte  am  Seminar  zu  Krakau,  wurde  in 
Warschau  1787  geboren.  Bei  einer  kii'chlichen  Inspectionsreise,  auf  welcher  er 
den  Bischof  von  Krakau  begleitete,  machte  er  die  Bemerkung,  wie  wenig  die 
Kirchenlieder  und  (xesilnge  in  den  Gemeinden  bekannt  waren,  und  dass  den  Orga- 
nisten ein  Buch  fehle,  aus  dem  sie  auch  für  den  Unterricht  der  Kinder  schöpfen 
könnten.  Er  sammelte  deshalb  mit  vielem  Fleisse  alle  Gesänge  der  katholischen 
Kirche  des  alten  Polen,  und  gab  dieses  Gesangbuch,  Text  und  Melodien  ent- 
haltend, unter  dem  Titel  heraus:  »Spiewnik  Jvos'cielni/  czyli  pies'ni  mabozne 
zmelodya  nuiio  Kosciele  Katoligkim  tizywane  adla  ivygody  Hoscioloio  paraßgalynch 
przez  X.  M.  M.  M.  Zgromadzenia  XX.  Mission arzy  Zehranea  (Krakau,  Cieskowski, 
1  B.  in  8",  1838).  In  demselben  Verlage  erschienen  auch  die  Texte  ohne 
Melodie.  Ferner  gab  M.  zum  erstgenannten  Werk  noch  drei  Nachträge  1842, 
1853,  1854  (Bobrowicz,  Leipzig)  heraus.  M.  stellte  noch  eine  andere  Samm- 
lung nicht  kirchlicher  Gesänge  zusammen,  »Pastoralen  und  Weihnachtslieder» 
(Krakau,  1843),  denen  auch  Volkslieder  zugesellt  sind.  Unter  den  Weihnachts- 
liedern dieser  Sammlung  sind  neuere  und  ältere,  auch  solche  aus  dem  14.  und 
13,  Jahrhundert  enthalten. 

Mlremont,  Claude  Augustin,  französischer  Lautenmacher,  geboren  zu 
Mirecourt  1827,  wo  sein  Vater,  der  ihn  unterwies,  als  Lautenmacher  ansässig 
•war.  Er  kam  1844  nach  Paris,  lebte  in  New-York  von  1852 — 61,  in  welchem 
Jahre  er  sich  in  Paris  niederliess.  Er  arbeitete  allein,  um  die  grösste  Präcision 
zu  erreichen,  und  erhielt  für  seine  sehr  guten  Instrumente  auf  mehreren  Aus- 
stellungen Auszeichnungen. 

Miry,  Componist  und  Professor  der  Composition  am  Conservatorium  zu 
Gent;  geboren  in  dieser  Stadt  am  14.  August  1823,  war  Schüler  des  Conser- 
vatoriums  und  erhielt  nach  seinen  ersten  Compositionsversuchen  von  der  Stadt- 
behörde zu  seiner  weiteren  Ausbildung  in  Paris,  die  Mittel  auf  zwei  Jahre 
zugewiesen.  Nach  seiner  Rückkehr  bezeigte  er  sich  dankbar  durch  die  Widmung 
einer  Sinfonie.  M.  erhielt  auch  von  Gevaert  einigen  Unterricht,  und  versah 
■die  Stelle  eines  Theaterkapellmeisters,  bis  er  1857  ans  Conservatorium  berufen 
wurde.  Als  Theatercomponist  ist  er  sehr  fruchtbar.  Seine  ersten  Opern  sind, 
•die  flämische  in  drei  Akten  »Brigitte«,  1847;  »Za  Lanterne  magiquev-  (3  Akte, 
in  Gent,  Brüssel,  Löwen);  y^Charles-Quinü^,  Oper  in  fünf  Akten.  Eine  seiner 
Ouvertüren  und  ein  Chor,  und  drei  flämische  Chöre  erhielten  1850  die  von 
seiner  Vaterstadt  ausgesetzten  Preise.  M.  schrieb  nachdem  noch  15  Opern, 
theils  über  flämische,  theils  über  französische  Texte.  Es  sind  zum  Theil  kleine 
Opern  in  einem  Akt;  die  grössern  Opern  sind:  y^Bouchard  d^Avesnesa,  5  Akte 
(Gent,  1864);  ^Maria  van  Burgondiea,  4  Akte  (Gent,  1866);  »Franz  Ackerman«, 
4  Akte  (Brüssel,  1867);  »ie  poet  et  son  ideal«,  4  Akte;  drei  in  Brüssel  auf- 
geführte Ballette.  Noch  sind  anzuführen:  »Volkliedjes  voor  schoolen«,  ungefähr 
200  1,  2,  3,  4stimraige  Schullieder;  »Schoolgezangen«,  105  Schullieder,  mit 
und  ohne  Clavierbegleitung;  12  Fabeln  nach  Worten  des  Aesop  für  Kinder- 
stimmen mit  Ciavierbegleitung:  Romanzen;  vierstimmige  Männerchöre,  von  denen 
» Vlaemsehe  Lienwa  und  »ia  JBelgiqtce«  populär  geworden   sind. 

Misou,  Luis,  spanischer  Componist  und  Flötenvirtuose,  der  in  seinem 
Vaterlande  sehr  geschätzt  war,  ist  vor  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  in  Barcelona 
geboren.  1748  trat  er  in  die  königl.  Kapelle  zu  Madrid  ein  und  erhielt  1756 
daselbst  als  Flötist  und  Hoboenbläser  den,  für  jene  Zeit  sehr  hohen  Gehalt  von 
9000  Realien.  Als  Componist  stand  M.  ebenfalls  in  bedeutendem  Ansehen. 
Er  schrieb  mehrere   Opern  und   Zarzuelas,    »Echo  und    Narciss«,  »Pryamus  und 


Moderne  —  Molleubauer.  285 

Thisbe«  u.  n.  xind  wird  als  Vrliebor  der  »'rcmadillas«  (ein  dramatischer  Gesang) 
angesehen.  In  diesem  Genre  compouirte  er  eine  sehr  groase  Anzahl  ein-  und 
mehrstimmiger  Gesänge.  M.  gilt  als  nationaler  Compouist;  er  starb  in  Madrid 
am   13.  Februar  1766. 

Moderne«  Jacciues,  französischer  Musiker  des  16.  Jahrhunderts,  wegen 
seiner  Kürperlänge  »(irand  Jacques«  genannt,  war  Kapellmeister  der  Kirche 
Notre  Dame  du  Conlort  zu  Lyon.  Von  seinen  Corapositionen  führt  Gessner 
an :  «Chansons  fran^aises  ä  quatre  parties«  und  nMotets  ä  cinq  et  a  six  voix  lib.  ,'{a. 
M.  errichtete  in  Lyon  eine  Notendruckerei,  aus  der  zahlreiche  Drucke  hervor- 
gingen. Die  früheste  Sammlung  von  Motetten  von  J.  Moderne  gedruckt,  trägt 
das  Datum  1532;  die  letzte  der  Sammlungen  aus  dieser  Officin  ist  vom  Jahre  1556. 

Molianniied  ben  Adolinedschid,  arabischer  Musikschriftsteller,  geboren  in 
Latakie  in  Syrien^  starb  848  (christliche  Zeitrechnung  1448).  Seine  Abhand- 
lung »Fethidjet«  ist  das  vollständigste  und  bestronomirte  Buch  über  moderne 
Musik  in  Arabieli.  Es  enthält  zwei  Abtheiluugen,  die  erste  behandelt  die  Ton- 
arten,  die  zweite  den  Rhythmus.  Nach  Hammer-Pui-gstall  ist  es  dem  Sultan 
Bajasid  II.  zugeeignet.    Eine  Abschiüft  befindet  sich  in  der  Wiener  Hofbibliothek. 

Möhuike,  Theodor  Christian,  geboren  am  6.  Januar  1781  zu  Grimmen 
in  Pommern,  war  Schulrektor  in  Greifswald  und  wurde  I8l8  Prediger  in  Stral- 
sund. Er  giebt  einige  wissenswerthe  Nachrichten  über  den  Gegenstand  »Ge- 
schichte des  Kirchengesanges  in  Neuvorpommern,  von  der  Reformation  bis  auf 
unsere  Tage«  (Stralsund,   1831,  in  8^). 

Molique,  Bernhard  (YII,166),  ist  nicht  1803,  sondern  1802  am  7.  Oct.  geb. 

Molleuhauer,  Heinrich  (YII,  167),  Violoncellist  und  Begründer  des  Con- 
servatoriuras  der  Musik  zu  Brooklyn  bei  New- York,  i§t  am  10.  September  1825 
zu  Erfurt  geboren,  woselbst  sein  Vater  ein  ausgedehntes  Pelzgeschäft  betrieb. 
Bereits  im  vierten  Lebensjahre  zeigte  sich  M.'s  tonkünstlerische  Begabung,  in- 
dem er  alle,  ihm  zu  Ohren  gekommene  Musik  nach  dem  Gehör  auf  dem  Ciavier 
reproducirte,  und  zwei  Jahre  später  hatte  der  inzwischen  mit  ihm  begonnene 
Ciavierunterricht  so  gute  Früchte  getragen,  dass  er  sich  auf  HummeFs  Empfeh- 
lung vor  der  Grossherzogin  von  Weimar  als  Pianist  hören  lassen  durfte.  Der 
Erfolg  dieses  Debüts  veranlasste  seinen  Vater,  mit  ihm  und  seinen  beiden  eben- 
falls begabten  Brüdern,  eine  Kunstreise  durch  ganz  Deutschland  zu  unternehmen, 
auf  welcher  die  AVunderkinder  überall  mit  Enthusiasmus  aufgenommen  wurden. 
Nach  Erfurt  zurückgekehrt,  erhielt  M.  auf  seinen  besondern  AVunsch  Unterricht 
auf  dem  Violoncell,  und  dies  Instrument  lernte  er  unter  der  Leitung  Knopp  s 
bald  so  vollständig  behen-schen,  dass  er  das  Ciavier  und  die  A^ioline  verliess, 
um  sich  ihm  ausschliesslich  zu  widmen.  In  Folge  späterer  Kunstreisen  ver- 
breitete sich  der  Ruf  seiner  Virtuosität  auch  über  Deutschlands  Grenzen  hin- 
aus und  1853  erhielt  er  ein  Engagement  in  der  königl.  Kapelle  in  Stockholm, 
welcher  er  einige  Jahre  angehörte,  bis  der  Ablauf  seines  Contraktes  ihn  ver- 
anlasste, aufs  neue  längere  Concertreisen  —  diesmal  in  Schweden  und  Däne- 
mark —  zu  unternehmen.  Inzwischen  hatten  sich  seine  Brüder  in  Amerika 
niedergelassen,  und  ihrem  Beispiele  folgend,  schifl'te  auch  er  über  den  C>cean, 
und  landete  1856  in  New-York,  wo  er  vom  Publicum  um  so  freundlicher  aui- 
genommen  wurde,  als  die  Kunde  von  der  Vortrefflichkeit  seiner  Leistungen 
schon  längst  auch  hierher  gedrungen  war.  Zunächst  spielte  er  mit  grossem 
Beifall  iii  einem  Concerte  der  i^hilharmonischen  Gesellschaft,  dann  reiste  er  zu 
verschiedeneu  Malen  als  Begleiter  Thalbergs,  Gottschalk's  und  der  Sängerin 
C.  Patti  durch  die  A-'ereinigten  Staaten.  Erst  in  den  sechziger  Jahren,  nach- 
dem M.  einen  häuslichen  Heerd  begründet,  gelangte  seine  Laufbahn  als  reisender 
Virtuose  zum  Abschluss:  nunmehr  widmete  er  sich  in  erster  Reihe  der  päda- 
gogischen Seite  seines  Berufes  und  gelangte  namentlich  durch  die  Begründung 
einer  eigenen  Musikschule  in  Brooklyn  (1867),  zu  einer  höchst  erfolgreichen 
Wirksamkeit  in  dieser  Richtung.  Dass  M.  die  Thätigkeit  des  ausübenden  Künst- 
lers damit  nicht  aufgegeben   hat,   dass  er  vielmehr   die  Zöglinge  seiner  Anstalt 


286  Moller  —  Moncouteau, 

neben  der  Unterweisung  auch  durch  sein  Beispiel  fördert,  darf  hier  nicht  un- 
erwähnt bleiben.  Im  besondern  hat  er  während  der  letzten  Jahre  durch  seine 
echt  künstlerische  Wiedergabe  classischer  Kammermusik,  auf  den  Geschmack 
sowol  seiner  Schüler,  als  auch  des  gesammten  kunstsinnigen  Publicums  der 
Schwesterstädte  New- York  und  Brooklyn  veredelnd  gewirkt. 

Moller,  Johann,  Philologe,  geboren  zu  Flensburg  1661,  studirte  in 
Kiel,  Jena  und  Leipzig.  1701  wurde  er  Schulrektor  in  seiner  Vaterstadt,  wo 
er  sich  neben  seiner  Amtsführung  literarisch  beschäftigte.  Er  starb  am  26.  Oct. 
1725.  Eine  seiner  Schriften:  fCimbria  Litterata  seu  historia  scriptorum  ducatis 
utriusque  Sleswicensis  et  Holsatici,  quibus  Luhesenses  et  Hamhurgenses  accen- 
sentura  (Kopenhagen,  1744,  3  Bd.  in  fol.),  enthält  viele  Nachrichten  über  Musiker 
und  Musikschriftsteller  des  betreffenden  Ländchens. 

Mombelli;  Dominico,  berühmter  italienischer  Sänger,  ist  am  17.  Februar 
1751  zu  Yillanova  bei  Vercelli  geboren.  Er  studirte  Gesang  zu  Casale  Mon- 
ferrato  unter  Ottoue.  1775  wurde  er  in  der  kleinen  Stadt  Crescentino  Organist. 
Hier  setzte  er  »Didone«  von  Metastasio  für  ein  Liebhabertheater  in  Musik,  ver- 
liess  aber  wegen  einiger  Misshelligkeiten  den  Ort.  In  seiner  Vaterstadt  betrat 
er  nun  die  Bühne  und  verschaffte  sich  sehr  bald  als  Sänger  Ruf.  1779  debü- 
tirte  er  in  Parma  und  sang  hierauf  mit  wachsendem  Buhme  in  Bologna,  Rom 
und  Neapel.  In  letzterer  Stadt,  wo  er  1783  eintraf,  wurde  er  am  San  Carlo 
Theater  als  erster  Tenor  engagirt.  1800  ging  er  mit  dem  Rufe  des  ersten 
Tenoristen  Italiens  nach  Madrid.  Nach  seiner  Rückkehr  hatte  seine  Stimme 
schon  verloren,  dennoch  errang  er  auch  in  Wien  vielen  Erfolg.  M.  in  zw^eiter 
Ehe  Vater  von  zwölf  Kindern,  sang  noch  1812  als  Sechziger  bei  dem  Debüt 
seiner  beiden  Töchter  Esther  und  Annette  in  »Demetrio  e  Polibio«  von  Rossini. 
Einige  Zeit  darauf  zog  er  sich  mit  seinen  Ersparnissen  nach  Bologna  zurück, 
wo  er  am  15.  März  1835  starb.  M.  schrieb  Kirchenmusik,  Opern,  Arietten, 
Die  beiden  erwähnten  Töchter  waren  seine  Schülerinnen,  und  sehr  beliebt  während 
ihrer  Theaterlaufbahn.  Besonders  brilliirte  Esther,  geboren  zu  Neapel  1794, 
auch  als  sie  1823  in  Paris  auftrat.  Sie  vei'liess  1827  als  Gräfin  Gritti  die 
Bühne.      Sein  Sohn  Alexander  ist  Gesanglehrer  am  Lyceum  in   Bologna. 

Monasterio,  Jesus,  einer  der  tüchtigsten  Violinisten  der  Gegenwart  in 
Spanien,  Lehrer  am  Conservatorium  zu  Madrid,  ist  am  31.  März  1836  in  Potes, 
Provinz  Santander,  geboren.  Er  zählte  zu  den  Wunderkindern  und  erregte 
schon  im  Juni  1845  bei  seinem  ersten  Auftreten  im  Theater  del  Principe  kein 
geringes  Aufsehen.  1849  erfolgte  seine  Aufnahme  im  Conservatorium  zu 
Brüssel,  wo  er  drei  Jahre  hindurch  Schüler  de  Beriot's  war.  Nach  Ablauf 
dieser  Zeit  erhielt  er  in  Gemeinschaft  mit  Beumer,  jetzt  Professor  am  Con- 
servatorium zu  Brüssel,  den  ersten  Preis.  M.  liess  sich  mit  vielem  Bei- 
fall in  Frankreich,  Belgien,  Deutschland,  auch  im  Gewandhaus  in  Leipzig 
hören.  Er  wurde  in  Madrid  zum  Professor  des  Conservatoriums  und  zum  Solo- 
violinisten der  königlichen  Kapelle  ernannt,  auch  wurden  ihm  dort  verschie- 
dene Auszeichnungen  zu  Theil.  1861  richtete  er  in  Madrid  Quartett-Soireen 
ein,  die   sehr  in  Aufnahme  kamen. 

Moucouteau,  Pierre  Fran^ois,  Organist  der  Kirche  St.  Gerraain-des  Pres 
zu  Paris,  blindgeboren  am  3.  Januar  1805  zu  Ville-Juif.  Sieben  Jahr  alt 
wurde  er  im  Blinden-Institut,  gegründet  von  Valentin  Haüy  aufgenommen  und 
erzogen,  bis  er  dem  Gebrauche  gemäss  dort  selber  lehrte.  1825  verliess  er  das 
Institut  und  trat  in  die  Reihe  der  Organisten  von  Paris.  Nachdem  er  schon 
an  anderen  Kirchen  thätig  gewesen  war,  gewann  er  im  Coucurse  die  Organisten- 
stelle an  St.  Germain-des  Pres.  M.  unternahm  es  auch  in  der  Harmonielehre 
zu  unterrichten  und  gilt  seitdem  als  einer  der  besten  Lehrer  in  Paris.  Er  gab 
die  folgenden  Werke  heraus:  uTraife  d^harmonie,  contenant  les  regles  et  les  exercices 
necessaires  pour  apprendre  ä  bleu  accompaijner  un  cliantv.  (Paris,  Grus);  •uReAumi 
des  accords  appliques  ä  la  cotnpositiona  (ebendaselbst);  »Traue  du  contrepomt  et 
de  lafugue,  precede  d'une  recapitulation  de  toute  Vharmonieu-  (ebendaselbst)  ;  y>Explica- 


Monnet  —  Moore.  287 

iiofi  des  accorda;  Excercises  harmoniques  et  meloJiquesa]  nManuel  de  transposition 
musicalea   (ebenduselbst). 

Mouuet,  Jean,  geboren  zu  Condrieux  bei  Lyon,  kam  15  Jahr  alt,  in  der 
Erziehung  vernachlässigt,  nach  Paris.  Er  fand  eine  Stelle  im  Hause  der  Her- 
zogin von  Berry  und  erhielt  durch  diese  einige  Lehrer  zugewiesen.  Nach  dem 
Tode  derselben  1719  fand  er  sich  jedoch  ohne  jegliche  Hülfsquelle.  Nach  ver- 
lorenen sturravollen  Jahren,  erhielt  er  1743  das  Privilegium  der  Opera  comique. 
1745  war  er  Direktor  des  Theaters  in  Lyon,  1748  des  französischen  Theaters 
in  London.  Von  1752 — 58  führte  er  zum  zweitenmal  die  Direction  der  Opera 
comique,  zu  deren  vortheilhaften  Entwicklung  er  entschieden  beitrug.  Das 
Theater  hörte  auf  Vaudville-Theater  zu  sein.  M.  starb  vergessen  in  Paris  1785. 
Er  gab  heraus:  TiAntholofjie  frangaise,  ou  chansons  choisies  depuis  le  treizieme 
siede  jusqu'  ä  presenU  (Paris,  1765,  3  vol.  in  8*^).  Dieser  Sammlung  sind  die 
Melodien  beigefügt;  auch  enthält  sie  als  Vorrede  eine  historische  Abhandlung 
über  »Chansons«  von  Meusnier  de  Querlon.  Ein  vierter  Nachtragsband  ist  be- 
titelt: «ChoLr  de  chansons  joyeusesa  (Paris,  1765,  in  8"^).  Die  Schrift:  -aSupple- 
ment  au  Roman  comique,  ou  Memoires  pour  servir  ä  la  vie  de  Jean  Monneta 
(Paris,  mit  Porträt),  rührt  von   ihm  selbst  her. 

Moutade,  Gregorio,  ein  vortrefflicher  Geigenbauer  und  Schüler  des 
Stradivari,  lebte  in  Cremona  von  1670 — 1730.  Seine  Instrumente,  nach  dem 
Modell  seines  Lehrers  gearbeitet,  haben  einen  grossen,  edlen  und  vollen  Ton 
und  stehen   hoch   im   Preise. 

Moutagruana,  Dominicus,  1700 — 50;  ein  geschätzter  Geigenmacher  und 
Schüler  des  Stradivari.  Im  grossen  Ganzen  ähneln  seine  Instrumente  denen 
seines  Meisters,  und  zeigen  nur  Abweichungen  im  Detail,  wie  z.  B.  im  Schnitt 
der  F-Löcher.  Sein  Lack  ist  gelbbraun,  feurig  und  lebendig  und  doch  sammt- 
artig  im  Aussehen.  M.  lebte  anfangs  in  Cremona,  zog  dann  nach  Venedig 
und  starb  in   Tyrol. 

Montanas,  Irenius,  Pseudonym,  unter  welchem  Johann  Gottfried  Hauck, 
Carillonueur  der  Peterskirche  in  Freiberg,  vermuthet  wird,  gab  heraus:  Historische 
Nachricht  von  den  Glocken,  oder  allerhand  curieuse  Anmerkungen  von  Ursprung, 
Materie,  Nutzen,   Gebrauch  und  Missbrauch  der  Glocken  (Chemnitz,  1728,  in  8'^). 

Montegratia,  Petro  Johannes,  lebte  als  geschätzter  Geigenmacher  gegen 
Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  in  Mailand.  Seine  Instrumente  haben  ganz 
den  Charakter  wie  die  des  G.  Bapt.  Guadagnini,  im  Modell  und  im  Lack.  Seine 
Violinen   sind  besonders  gesucht  und  stehen  hoch  im  Preise. 

Montichiaro,  Giovanni,  Lautenmacher  in  Brescia,  Ende  des  15.  Jahrli. 
geboren,  der  dafür  bekannt  war,  gute  Lauten,  Lyren,  Violinen  und  kleine 
Violinen  verfertigt  und  in  Brescia  eigentlich  die  Lautenmacherei  begründet  zu  haben. 

Moore,  Thomas,  einer  der  berühmtesten  neuern  englischen  Dichter,  der 
erste  irische  Barde,  zugleich  Sänger  seiner  Lieder,  ist  am  28.  Mai  1780  zu 
Dublin  geboren,  bezog  im  14.  Jahre  die  Universität  seiner  Vaterstadt  und  ging 
1799  nach  London,  um  Rechtswissenschaft  zu  studiren.  Hier  veröft'entlichte  er 
seine  treffliche  Uebersetzung  des  Anakreon,  die  er  schon  in  früher  Jugend  be- 
gonnen haben  soll.  Er  bereiste  Nordamerika  und  lebte  hochgeschätzt  und  ge- 
ehrt abwechselnd  in  Dublin,  London  und  Paris.  Sein  poetisches  Hauptwerk 
y>Lalla  Hookha  lieferte  bekanntlich  mit  der  zweiten  Erzählung  desselben  den 
Stoff  zu  Schumanns  »Das  Paradies  und  die  Peri«.  Eine  Gesammtausgabe  seiner 
^^  erke  gab  nach  seinem  Tode  sein  langjähriger  Freund  Lord  Russell  zum 
Besten  der  Wittwe  heraus  (1853 — 56).  Von  musikalischem  Interesse  sind  die 
»Irish  Melodies«,  die  von  1807 — 34  in  10  Abtheilungen  erschienen,  zu  Stevenson's 
irischen  Nationalmelodien  gedichtet;  ein  Seitenstück  dazu  sind  die  »Sacred 
Songs  Duetts  and  trios«  (1816)  mit  Melodien  von  Moore  und  Stevenson.  M.  ver- 
lebte die  letzten  Jahre  seines  Lebens  im  ruhigen  Genuss  einer  Pension  von 
300  L.,  die  ihm  seine  politschen  Gönner  ausgewirkt  hatten,  und  starb  zu 
Sloperton  Cottage,  London,  am  26.  Februar  1852. 


288  Alooser  —  Moretti. 

Mooser,  Aloys,  Orgelbauer,  geboren  27.  Juni  177U  in  Freiburg  in  der 
Schweiz,  Sohn  des  Orgelbauers  Joseph  M.,  Schüler  Silbermann'a  in  Strassburg. 
Aloys  M.  übernahm  die  Werkstatt  seines  Vaters  und  verfertigte  ausser  Oi'geln 
auch  Pianos.  Auch  stellte  er  ein  Instrument  her,  in  welchem  er  die  Eisten- 
Schäften  von  Orgel  und  Piano  vereinigte  »Clavier-Orgel«,  welches  einen  ganz  guten 
Eftekt  gemacht  haben  soll.  Eine  seiner  besten  Orgeln  ist  die  zu  Bern  in  der 
heil.  Geist-Kirche;  besonders  aber  erwarb  ihm  die,  in  Freiburg  in  der  Nicolai- 
Kirche  sehr  umlangi-eiche  Orgel,  an  welcher  er  von  1824 — 34  arbeitete.  Ruf. 
Sie  hat  vier  Claviere  und  Pedale  und  zweiundsechzig  Stimmen.  Am  besten  ge- 
lungen sind  die  Stimmen,  welche  die  Saiteninstrumente  nachahmen,  weltbe- 
rühmt ist  die  Vox  humana.      M.   starb  am    23.  December   1839. 

Moreau,  Henri,  belgischer  Musiker,  geboren  zu  Lüttich  am  15.  Juli  1728, 
war  Lehrer  und  Kapellmeister  des  College  St.  Paul  in  Lüttich.  Gretry  empfing 
von  ihm  den  ersten  Compositionsunterricht.  Bekannt  sind  von  seinen  Compo- 
sitionen  nur  ^iWeihnachtsgesäuge«,  die  in  seiner  Provinz  Popularität  erlangten. 
Er  wurde  zum  cori'espondirenden  Mitglied  der  französischen  Akademie  ernannt, 
als  er  sein  Buch  veröffentlichte:  y>Lliarmonie  mise  en  pratique,  avec  un  tahleau  de 
tous  les  accords,  la  methode  de  s'en  servir,  et  des  regles  utiles  ä  ceux  qui  etudient 
la  composition  ou  Vaccompagnementvi  (Liege,   J.   G.  M.  Loxhay,   1783). 

Morel,  Auguste  Frangois,  Tonkünstler  der  Gegenwart,  geboren  zu  Marseille 
am  26.  November  1809,  war  ursprünglich  für  den  Handelstand  bestimmt,  fühlte 
sich  aber  von  Kindheit  an  zur  Musik,  mit  der  er  sich  stets  beschäftigte,  hin- 
gezogen. Er  hatte  schon  mehreres  geschrieben,  als  er  endlich  alle  Hindernisse 
besiegte  und  1836  nach  Paris  ging,  um  das  Conservatorium  zu  besuchen.  Da 
er  aber  bereits  25  Jahr  alt  war,  konnte  er  nicht  angenommen  werden.  Halevy 
jedoch,  dem  er  seine  Compositionen  vorlegte,  tröstete  ihn,  indem  er  sagte,  dass, 
wenn  man  so  schriebe,  man  keines  Lehrers  mehr  bedürfe.  So  wurde  und  blieb 
M.  in  der  Composition  sein  eigener  Lehrmeister.  Er  schrieb  seitdem  Musik 
jeden  Genres,  durch  welche  er  sich  den  besten  französischen  Componisten  der 
Gegenwart  anreiht.  Nur  ist  seine  Musik  nicht  nach  Verdienst  verbreitet.  Am 
höchsten  stehen  seine  Kammermusikwerke,  in  denen  der  Einfluss  deutscher 
Meister  dieser  Gattung  bemerkbar  ist.  Auch  ist  seine  Vocalmusik,  darunter 
die  Romanzen,  bemerkenswerth.  M.  schrieb  aussei'dem  zwei  Sinfonien;  drama- 
tische Musik;  Kirchen-  und  Chorwerke:  eine  Oper  r>Le  jugement  de  Dieua,  auf- 
geführt in  Ronen  und  Marseille;  mehrere  Ouvertüren;  Cantaten.  M.  lebte  in 
Marseille,  seit  1877  in   Paris. 

Morel,  Frederic,  berühmter  Drucker  in  Paris,  und  einer  der  gelehrtesten 
Hellenisten  des  16.  Jahrhunderts,  wurde  in  Paris  1558  geboren  und  starb  dai- 
selbst  am  27.   Juni   1630. 

Moretti,  Andrea,  mit  dem  Beinamen  »maestrino  della  cetera«,  geboren  in 
Sienna  (im  Toskanischen)  in  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts,  war  berühmt  als 
Lautenspieler,  auch  spielte  er  die  Violine  und  das  sogenannte  Cetarone  oder 
Chitarone,  ein  Instrument,  welches  er  auf  seinen  langjährigen  Reisen  in  Polen 
kennen  gelernt  und  das  er  später  um  vier  Saiten  vermehrt  hatte.  M.  stand 
im  Dienste  des  Prinzen  Ferdinand  von  Medici,  und  wirkte  bei  den  glänzenden 
Festen,  die  in  Florenz  stattfanden,  mit,  wofür  er  reiche  Belohnung  erhielt. 
Er  ertheilte  auch  Unterricht  im  Lautenspiel  und  bildete  viele  gute  Schüler. 
In  späteren  Jahren  seines  Lebens  erhielt  er  eine  jährliche  Besoldung,  wegen 
seiner  Geschicklichkeit,  die  Laute  und  die  Theorbe  zu  spielen,  von  der  Kathe- 
drale zu  Sienna,  an  der  er  wahrscheinlich  beschäftigt  gewesen  ist. 

Moretti,  Giovanni,  Componist  der  Gegenwart,  geboren  1807  zu  Neapel; 
Schüler  des  Conservatoriums,  hatte  mit  seiner  ersten  kleinen  Oper,  aufgeführt 
1830  in  Pavia,  viel  Erfolg,  und  componirte  hierauf  noch  gegen  zwanzig  Opei-n, 
die  bis  1857  zur  Aufführung  gelangten.  Ausserdem  schrieb  er  zahlreiche  Kirchen- 
compositionen,  darunter  zwölf  Messen  mit  Orchester  und  viele  Ouvertüren  für  grosses 
und  kleines   Orchester.     M.  ist  Kapellmeister  am   Theater  San  Carlo  in  Neapel. 


Moriaui  —  Mornington.  28f) 

Morinni,  Napoleon,  berühmter  Tenorist,  geboren  in  Florenz  am  10.  März 
1808,  war  im  Besitze  einer  wunderbar  schönen  Tenorstimme.  Er  betrat,  nach- 
dem er  in  Salons  schon  Aufsehen  erregt  hatte,  1832  in  Mailand  die  Bühne. 
Obwol  er  als  Schauspieler  wenig  leistete,  bezauberte  er  doch  jedes  Publicum 
während  der  kurzen  Zeit  seiner  Theaterlaufbahn,  einzig  durch  den  seltenen 
Zauber  seines  Organs.  Er  sang  in  allen  italienischen  Städten,  und  wusste  sich 
selbst  neben  Ronconi  und  Caroline  Ungher,  mit  denen  er  unter  der  Leitung 
des  Impresario  Lanari  gastirte,  geltend  zu  machen.  1844 — 45  liess  er  eich 
in  London  bewundern,  doch  zeigten  sich  schon  Spuren  eines  stimmlichen  Ver- 
falls. In  Wien  hatte  ihn  der  Kaiser  zum  Kammersänger  ernannt,  in  Spanien 
erhielt  er  von  der  Königin  den  Isabellenordcn.  Nach  den  grössten  Triumphen 
kehrte  er  nach  Italien  zurück,  und  sang  im  Herbst  1847  zum  letzten  Mal  in 
Mailand.     Er  starb  in  Florenz  %,m  4.  März   1878. 

Moriolielli,  Anna  Bosello,  eine  der  bemerkenswerthesten  Sängerinnen 
Italiens,  am  Ende  des  18.  .Jahrhunderts,  war  in  Reggio  1760  geboren  und 
mit  einer  wunderbar  schönen  Stimme  begabt.  Ausgebildet  wurde  sie  durch  den 
Sopranisten  Gruadagni.  1779  betrat  sie  in  Parma  mit  dem  grössten  Erfolge 
die  Bühne,  und  enthusiasmirte  nach  und  nach  ganz  Italien.  Dieselben  Erfolge 
hatte  sie  in  Wien,  Paris  und  London.  Der  Dichter  da  Ponte,  der  ihr  1793 
in  der  letzteren  Stadt  begegnete,  giebt  von  ihren  Sitten  und  Charaktereigen- 
schaften aber  kein  besonders  anziehendes  Bild.  1794  kehrte  sie  nach  Italien 
zurück,  und  verliess  auch  bald  darauf  die  Bühne. 

Moritz  von  Menzingen,  Mönch  und  Musiker,  in  Menzingen  in  der  Schweiz 
1654  geboren,  trat  in  den  Orden  der  Kapuziner  und  wurde  Priester  dieses 
Klosters.  Später  lebte  er  in  Andermatt  und  dichtete  dort  zahlreiche  geistliche 
Gesänge,  zu  denen  er  auch  die  Melodieen  erfand.  Ein  Theil  derselben  ist  ver- 
öffentlicht unter  dem  Titel:  -nPhilomela  Marianaa.  die  Marianische  Nachtigall, 
welche  das  Unterschiedlich  schöne  Lob-  und  Lieb's-Gesetzlein  der  allerschön- 
sten  und  holdseeligsten  Maria  zu  schuldigen  Lob,  Preis  und  Ehrenschall 
schlagend  und  singend  die  Herzen  thut  erquicken,  in  36  Liedern  verfasset  und 
beigefügten  Noten  durch  P.  Fr.  Mauriz  von  Menzingen,  Capucinern  der  Schwei- 
zerischen Provinz  Zug,   1713. 

Moritz,  J.  G,  (VII,  173),  Carl  Moritz,  dem  jetzigen  Inhaber  der  berühm- 
ten Weltfirma  C.  W.  Moritz,  ist  für  eine  verbesserte  »Cylinder-Drehventil- 
Maschine«  ein  Patent  ertheilt  worden.  Diese  Maschine  hat,  der  älteren  Con- 
struction  gegenüber,  den  Vortheil,  dass  die  langen  Schieber  und  sämmtliche 
Charniore  in  Wegfall  gekommen  sind.  Durch  diese  zweckmässige  Einrichtung 
ist  das  sogenannte  Ausleiern  der  Charniere  unmöglich  geworden.  Somit  werden 
auch  die  frühern,  kostspieligen  Reparaturen  erspart.  Was  aber  ganz  besonders  diese 
verbesserte  Ventil-Maschine  erapfehlenswerth  macht,  ist  die  sanfte,  gefällige 
Hebung  der  Ventile  ohne  das  unangenehme,  geräuschvolle  Klappern.  Ein  weiterer 
grosser  Fortschritt  ist  es,  dass  die  Stahlfedern  durch  gewundene  Messingfedern 
ersetzt  sind,  ein  Springen  derselben  also  nicht  mehr  stattfinden  kann.  Für  die 
königl.  Hochschule  für  Musik  in  Berlin  hat  M.  zwei  Exemplare  der  alten  Oboe 
d'amour  mit  Glück  und  (xenie  bei  reinster  Tonwirkung  angefertigt.  In  neuester 
Zeit  ist  M.  für  die  königl.  Oper  zum  Instruraenteninspektor.  resp.  Instrumen- 
tenrevisor ernannt  worden ;  er  hat  dafür  Sorge  zu  tragen ,  dass  sämmtliche 
Kamraermusikerinstrumente  und  auch  diejenigen  Instrumente,  welche  auf  der 
Bühne  und  zu  Theaterrausiken  auf  derselben  benutzt  werden,  in  stets  guter  und 
brauchbarer  Verfassung  sind. 

Morninirton,  Graf  von,  Vater  des  Herzogs  von  Wellington,  geboren  um 
1720  in  Irland,  wird  von  Daines  Barrington  in  seinen  Miscellanies  (1781)  als 
Beispiel  frühzeitig  entwickelten  Musiktalentes  erwähnt.  Seine  Vocalcompo- 
sitionen  waren  sehr  beliebt.  Prinz  Albert  wählte  sie  in  den  Jahren  1840  bis 
1848  vorzugsweise  zur  Aufführung  in  den  Ancient-Musik-Concerten.  Die  Glees 
(eine  Specialität  englischer  Musik,   3 — 5  stimmiger  Gesänge  heitern  Charakters) 

Musikal.  Convers.-Lexikon.    Ergäuzungsband.  1^ 


290  Mors  —  Mosonyi. 

von  Morningtoii,  namentlich  der  eine  y>Here  in  cool  grot»,  waren  zu  ihrer  Zeit 
sehr  beliebt.  Der  Componist  gewann  damit  drei  Preise  des  Catch-club  in  den 
Jahren  1776—79.     Er  starb  am  22.  Mai  1781  zu  Kensington. 

Mors,  Antoine,  Orgelbauer,  geboren  zu  Antwerpen  1480.  1514  lieferte 
er  für  die  Hofkapelle  eine  Orgel,  für  welche  er  115  livres  erhielt;  1516  ein 
paar  Orgeln  für  Carl  V.  (pour  s'en  servir  a  son  tres-noble  plaisir)  und  in  dem- 
selben Jahre  auch  ein  Clavichordiura  an  die  Erzherzogin  Eleonore  für  16  livres 
und  so  fort.  1559  baute  ein  Ant.  Mors  aus  Antwerpen  für  den  Herzog  Johann 
Albert  von  Mecklenburg  eine  Orgel,  bestimmt  für  die  Hauptkirche  von  Schwerin, 
Ein  Sohn  dieses  Ant.  M.,  Jerome,  ist  dort  ansässig  geworden.  Er  kam  1536 
nach  Schwerin  und  starb  daselbst  1598.  Noch  ein  anderer  Orgelbauer  desselben 
Namens  in  Antwerpen,  Henri  Mors,  verkaufte  1517  für  die  Summe  von  62  livres 

10  sous  an  Karl  V.  zwei  kleine  Orgeln,  die  derselbe  bei  seiner  bevorstehen- 
den Reise  nach  Spanien,  weil  die  anderen  zu  gross  und  zu  schwer  seien,  mit- 
nehmen  wollte. 

Moskowa,  Joseph  Napoleon  Key,  Prinz  von,  ältester  Sohn  des  Marschall 
Ney,  Herzog  von  Elchingen,  zu  Paris  am  8.  Mai  1803  geboren,  französischer 
Politiker,  Schriftsteller  und  Musikdilettant,  verlebte  einen  Theil  seiner  Jugend 
in  Italien,  und  hatte  seinen  Wohnsitz  später  in  Paris,  wo  er  als  Pair  von 
Frankreich  am  25.  Juli  1855  starb.  Er  gründete  in  Paris  die  nSociete  de  musi- 
que  vocale,  religieuse  et  classique«,  deren  Versammlungen  in  seinem  Hause  unter 
seiner  Direction  stattfanden.  Es  wurden  nur  Compositionen  a  capella  oder  mit 
Orgelbegleitung  von  Meistern  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  ausgeführt.  Auch 
veranstaltete  der  Prinz  eine  Ausgabe  der  Partituren  der,  in  diesen  Concerten 
aufgeführten  "Werke,  unter  dem  Titel:  y>Recueil  des  morceaux  de  musique  ancienne 
executes  aux  concerts  de  la  Societe  de  musique  vocale,  religieuse  et  classique,  fondee 
ä    Paris   en    1843   sous   la   direction    de   M.    le  prince   de   la   Moskowac^    (Paris, 

11  Bände,  in  4").  Sehr  regen  und  thatkräftigen  Antheil  nahm  M.  gern,  wenn 
es  sich  um  eine,  die  Tonkunst  fördernde  Sache  handelte.  Eine  wichtige  Stütze 
wurde  er  z.  B.  den,  von  Fetis  inaugurirten  historischen  Concerten,  ebenso  des, 
von  Niedermeyer  geschaffenen  Conservatoriums  für  Kirchenmusik.  M.  schrieb 
mehrere  Messen,  die  erste  als  dreizehnjähriger  Knabe;  diese  wurde  in  Lucca,  eine 
grosse  Messe  mit  Orchester  in  Paris  aufgeführt.  Seine  beiden  Opern,  aus  denen 
ein  hübsches  Talent  spricht,  wurden  in  Paris  mit  Beifall  gegeben,  i>Yvonne(i.  und 
•»Le  Gent-Suisse«',  die  letztere  erlebte  über  hundert  Vorstellungen. 

Mosonyi,  Michael,  eigentlich  Brand  geheissen,  hat  sich  als  ungarischer 
Nationalcomponist  einen  Namen  gemacht.  Er  wurde  am  4.  September  1814 
in  Boldogasszong  in  Ungarn  geboren,  wo  er  vom  Dorfschulmeister  auch  Musik- 
unterricht erhielt.  Zwanzig  Jahre  alt,  ging  er  nach  Pressburg,  in  der  Absicht, 
Lehrer  zu  werden,  wandte  sich  jedoch  durch  Turanyi,  später  Musikdirektor  in 
Aachen,  in  der  Musik  gefördert,  in  seiner  Vorliebe  bestärkt  ganz  dieser  zu. 
Er  trat  als  Musiklehrer  in  die  Familie  des  Grafen  Pejachevits,  in  der  er  sieben 
Jahre  verlebte,  jede  freie  Zeit  zu  eifrigen  Studien  benutzend.  1843  wurde 
er  in  Pest  ansässig,  wo  er  in  musikalischen  Kreisen  bald  Freunde  fand,  auch 
durch  mehrere  kirchliche  Compositionen  und  eine  Sinfonie  vortheilhaft  bekannt 
wurde.  Ein  Heft  Lieder  erschien  in  Leipzig.  In  allen  diesen  Compositionen 
folgte  M.  der  classischen  Richtung.  Die  nächste,  ein  Ciavierstück:  »Das  Leben 
der  Puszta«  im  ungarischen  Charakter  geschrieben,  fand  soviel  Anklang,  dass 
von  hier  an  M.  es  sich  zur  Aufgabe  machte,  sich  ganz  der  Förderung  der 
ungarischen  Musik  zu  widmen.  Das  genannte  Musikstück  schrieb  er  für  ein 
Album  ungarischer  Nationalcompositionen,  das  der  Verleger  Rozsavölgyi  der 
Königin  bei  ihrer  Anwesenheit  in  Pest  überreichte.  Die  ferner  im  ungarischen 
Stile  geschriebenen  Stücke  sind:  ^Souvenir  de  Kazinczy«.  und  ^i Monde  enfantind, 
Ciavierstücke;  zwölf  Etüden  zur  Ausbildung  der  ungai'ischen  Musik;  eine  Can- 
tate  für  Solo,  Chor  und  Orchester;  eine  sinfonische  Composition  auf  den  Tod 
Szechenyi;    eine  Ouvertüre,    in  welcher    der   Nationalgesang  »Szozat«   verwendet 


Mossi  —  Miihldorier.  291 

ist;  ein  Orchesterstück  r>Triomphe  et  le  deuil  du  Honvedu;  lerner  die  ungarische 
Oper  »llkiio,  1861  in  Buda-Pcsth  aufgeführt.  Eine  heroische  Oper  »Alraosa, 
gelangte  trotz  seiner  Anstrouguugen  nicht  zur  Auä'ülirung.  M.  hatte  mit  J.  Ah- 
ranyi  ein  Journal  für  ungarische  Musik  gegründet  und  in  demselben  ausge- 
zeichnete, für  die  ungarische  Literatur  sehr  werthvollc  Aufsätze  veröfi'entlicht. 
Des  Kampfes  müde,  zog  sich  M.  mehr  und  mehr  zurück.  Vor  dem  Publi- 
cum erschien  er  1867  zum  letzten  Mal,  als  er  zur  Krönung  Franz  .loseplis 
als  König  von  Ungarn  die  Krönungsmesse  von  Liszt  dirigirte.  Er  starb  am 
;n.  October   1870. 

Mossi,  Giovanni,  Violinist  und  Coraponist,  geboren  gegen  Ende  des 
17.  Jahrh.  zu  Rom,  war  Schüler  von  Corelli,  dessen  Stil  er  in  seinen  Corapo- 
sitionen  imitirte.    Seine  Concerte  und  Sonaten  sind  in  Amsterdam  1730  gedruckt. 

Moszkowski,  Moritz,  ist  am  23.  August  1854  in  Breslau  geboren  und 
erhielt  auch  dort  den  ersten  Unterricht  im  Clavierspiel.  In  Dresden,  wohin  die 
Eltern  1865  übersiedelten,  besuchte  er  das  dortige  Conservatoriura,  und  als  drei 
Jahre  später  seine  Eltern  nach  Berlin  zogen,  wurde  er  Schüler  des  Stern'schen 
Conservatoriums  und  dann  der  Kullak'schen  Akademie.  An  letzterer  Anstalt 
wirkte  er  auch  mehrere  Jahre  als  Lehrer.  Mit  19  Jahren  gab  er  sein  erstes 
eigenes  Concert  in  Berlin,  in  welchem  er  als  Componist  und  Ciavierspieler 
bereits  Aufsehen  machte,  und  seitdem  hat  er  den  Ruf  eines  eben  so  bedeutenden 
Pianisten  wie  reichbegabten  Componisten  erworben.  Von  seinen  Compositionen 
sind  ausser  der  sinfonischen  Dichtung  ^Johanna  d^Area  zahlreiche  Ciavierstücke 
und  Lieder  erschienen. 

Movius,  Caspar,  Rektor  der  Schule  zu  Stralsund,  geboren  in  der  Mark 
Brandenburg  gegen  1600,  verfasste  sechs-  und  achtstimmige  Kirchengesänge 
und  Psalmen,  die  er  unter  dem  Titel:  -»Triuyiiphus  musicus  spiritualis«,  das  ist: 
»Newe  geistliche  deutsche  Kirchengesaenge  und  Psalmen  mit  sechs  und  acht 
Stimmen,  sampt  dem  Basso  contiuuo   (Rostock,   1640,  in  4*^)   veröffentlichte. 

Mozart  (VII,  181),  der  Verfasser  des  Verzeichnisses  der  Wei'ke  des  Meisters 
heisst  Ludwig  Ritter  von  Köchel,  nicht  Köchly. 

Mühldorfer,  Wilhelm  Karl,  Sohn  des  jetzigen  Hoftheater-Inspektors 
Mühldorfer  in  Mannheim  und  Neffe  des  hochberühmten  Maschinisten  und 
Decorationsmalers  gleiches  Namens,  ist  am  6.  März  1836  zu  Graz  in  Steier- 
mark geboren,  besuchte  das  Gymnasium  zu  Linz  und  legte  dort  den  Grund  zu 
seiner  musikalischen  Bildung.  Im  Alter  von  12  Jahren  wirkte  er  bereits  als 
anerkannt  tüchtiger  Clavierspieler  in  mehreren  öffentlichen  Aufführungen  mit. 
Daneben  zeigte  sich  ein,  nicht  unbedeutendes  Talent  zur  Malerei,  welches  viel 
für  die  Zukunft  versprach.  Im  Jahre  1850  ging  M.  nach  Mannheim,  förderte 
dort  seine  Studien  durch  Unterrichtnehmen  in  Harmonielehre  und  Generalbass, 
und  pflegte,  im  Besitze  einer  sonoren  Baritonstimme,  selbst  das  Feld  der 
dramatischen  Kunst.  In  allen  diesen  Fächern  von  tüchtigen  Meistern  geleitet, 
neigte  er  mehr  und  mehr  der  dramatischen  Laufbahn  zu,  um  so  mehr  als  Auto- 
ritäten, wie  Davison  sehr  günstig  über  seine  desfallsigen  Anlagen  urtheilten. 
Als  er  das  18.  Lebensjahr  erreicht  hatte,  trieb  ihn  der  Drang  nach  künstlerischer 
und  unabhängiger  Stellung  aus  den  Räumen  des  Vaterhauses,  und  sein  erster 
Contrakt,  für  »Chor  und  Orchester«  lautend,  fesselte  ihn,  vom  2.  Mai  1854  ab, 
an  das  kleine  Theater  in  Saarlouis-Saarbrücken,  wo  er  zum  ersten  Male,  und 
zwar  als  Student  Justi  im  Schauspiel  »Das  bemooste  Haupt«  von  Benedix,  die 
Bühne  betrat.  Nach  wenigen  AVochen  stellte  jedoch  die  Direction  du  Zahlungen 
ein,  und  M.,  genöthigt,  einen  anderen  AVirkungskreis  zu  suchen,  begab  sich 
nach  Heidelberg,  dessen  Bühne  sich  damals  unter  Haake's  Leitung  des  besten 
Rufes  erfreute.  Dort  spielte  er  mit  Glück  grössere  Rollen  im  Fache  der  jugend- 
lichen Liebhaber  und  Bouvivants,  so  dass  ihm  die  Aussicht  auf  ein  Probegast- 
spiel am  grossherzogl.  Hoftheater  in  Carlsruhe  eröffnet  wurde.  Mochte  nun  M. 
an  seiner  Leistungsfähigkeit  als  dramatischer  Künstler  zweifeln,  oder  ahnte  er, 
dass  er  zu   etwas  Anderem   berufen   sei.  kurzum,  er  studirte  mit  eisernem  Fieisse 

19* 


292  Müthel  —  Murska. 

die  "Werke  der  Meister,  die  Compositionslehre  und  Instrumentirungskunst,  und 
im  "Winter  1855  entstand  sein  erstes  grösseres  "Werk:  »Im  Kyffhäuser«,  roman- 
tische Oper  in  2  Akten,  welchem  viele  Versuche  in  Liedern  und  kleineren 
Orchestersätzen  vorangegangen  waren.  Im  Sommer  1855  erhielt  M.  durch  einen 
niemals  aufgeklärten  Zufall  einen  Contrakt  als  Kapellmeister  am  Stadttheater 
in  Ulm.  Dieser  Umstand  entschied  für  seine  Zukunft.  Obwol  überrascht  durch 
den  Antrag,  nahm  er  denselben  doch  schnell  entschlossen  an  und  legte  am 
5.  October  1855  als  Dirigent  der  Oper  »Lucia  von  Lammermoor«  den  ersten 
Beweis  von  der  ihm  angeborenen  Directionsbegabung  ab.  Seitdem  fungirte  M. 
an  den  kleinen  Hoftheatern  zu  Bernburg  und  Detmold,  wie  an  den  Stadttheatern 
zu  "Würzburg,  Görlitz,  Lübeck,  Krakau,  Münster,  Altena,  Elberfeld  und  Mainz 
mit  wachsendem  Erfolg.  Im  Frühjahr  1867  wurde  er  nach  Leipzig  berufen; 
er  trat  seine  Stellung  am  21.  Juni  desselben  Jahres  als  Dirigent  in  Mozart's 
»Die  Hochzeit  des  Figaro«  unter  allseitiger  Anerkennung  an.  Unter  vier  Direk- 
toren widmete  er  dem  Institute  seine  Thätigkeit  in  aufopferndster  Weise,  ver- 
vollkommnete sich  durch  eifrig  fortgesetzte  Studien  und  hatte  das  Glück,  dass 
seine  Erzeugnisse,  Compositionen  jeglichen  Genres,  an  vielen  Orten  aufgeführt 
und  durch  Beifall  ausgezeichnet  wurden.  In-  und  ausländische  Fürsten,  vor 
allen  Se.  Majestät  der  deutsche  Kaiser,  ehrten  M.  durch  Verleihung  von  Orden, 
und  auf  Grund  unablässigen  Strebens,  eigenen  Fleisses  und  grosser  Ausdauer 
erwarb  sich  M.  mit  Becht  den  wohlverdienten  Buf,  einer  der  umsichtigsten  und 
und  intelligentesten  Dirigenten  Deutschlands  zu  sein.  Im  Juli  1881  scheidet 
er  aus  seiner  Stellung  in  Leipzig  und  geht  als  erster  Kapellmeister  an  das 
Kölner  Stadttheater. 

Miithel,  Job.  Gottfr.  (VII,  200),  ist  in  Mölln  im  Sachsen-Lauenburgi- 
schen   (nicht  Möllin)  geboren. 

Müller,  Friedrich  (VII,  192),   starb  in  Budolstadt  am  12.  Decbr.  1871. 

Müller,  Hippolyt  (VII,  194),  starb  am  23.  August  1876  in  München. 

Muffat,  Georg  (VII,  200).  Ausser  den  erwähnten  "Werken  veröffentlichte 
er:  »Ärmonico  tributo«  oder  Kammersonaten,  gedruckt  1682  zu  Salzburg;  in  Born 
componirt,  wie  aus  der  Dedication  d.d.  Born,  4.  September  1682  an  den  Fürst- 
bischof Maximilian  Gandolf  Graf  von  Kuenburg  gerichtet,  hervorgeht.  Zu 
dieser  Beise  nach  Italien  war  er  wol  durch  die  Munificenz  des  Fürstbischofs, 
zu  dem  er  wahrscheinlich  schon  in  Folge  der  Ueberrumpelung  Strassburgs 
durch  die  Franzosen  (am  31.  September  1681),  geflüchtet  war,  begünstigt 
worden.  Zu  der  am  18.  October  1682  veranstalteten  Feier  des  11  hundertjährigen 
Bestehens  des  Erzbischofthums  Salzburg,  war  er  wieder  zurückberufen  worden. 
Nach  dem  Tode  des  Erzbischofs  (3.  Mai  1687)  ging  M.  nach  Bassau  in  den 
Dienst  des  Fürstbischofs  Job.  Bhilipp  Graf  von  Bamberg,  wurde  1690  zum 
Bang  eines  Kapellmeisters  und  Bagenhofmeisters  erhoben.  Das  Sterberegister 
der  Dompfarrei  zu  Bassau  enthält  die  Nachricht,  dass  er  am  23.  Februar  1704 
beerdigt  wurde.  1701  veröfi'entlichte  er  noch:  »Auserlesener  mit  Ernst  und 
Lust  gemengter  Instrumentalmusik  erste  Versammlung«,  Bassau. 

Mullinger-Hig'g'ius,  "W^illiam,  Brofessor  der  Bhilosojohie  und  Naturwissen- 
schaften, veröffentlichte  mehrei-e  Werke  über  Bhysik  und  Bhilosophie,  darunter: 
y>Philoso]phy  of  Sound  and  History  of  Musia.   (London,   1838,  in  8*^.  256   S.). 

Marska,  II ma  von,  vortreffliche  Sopransängerin  der  Gegenwart,  geboren 
in  Croatien  gegen  1836,  erhielt  die  erste  gesangliche  Ausbildung  in  Italien,  die 
sie  in  Wien  unter  Leitung  der  Frau  Marchesi  vollendete.  Nachdem  sie  sich 
zuerst  in  Deutschland  eingeführt,  besuchte  sie  flüchtig  Baris,  Barcelona,  Ham- 
burg, Best,  1864  Berlin,  wo  sie  mit  vielem  Erfolge  in  »Lucia«,  »Troubadour«, 
»Nachtwandlerin«  und  ähnlichen  Bartien  auftrat.  Hierauf  gehörte  sie  zehn  Jahre 
der  Wiener  Hofoper  au,  wo  sie  -  unter  andern  Bartien  auch  die  der  Dinorah 
in  »Die  Wallfahrt  nach  Bloermel«  von  Meyerbeer,  zuerst,  und  mit  dem  grössten 
Erfolge  sang.  Auch  in  London,  wo  sie  fast  in  jeder  Saison  zu  einem  Gastspiel 
anwesend    war,    nahm    man    sie    sehr    glänzend    auf.     1874  ging    die  Künstlerin 


Nabich  —  Natur  der  Töne.  293 

nach  den  Vereinigten  Staaten  und  Australien.  Sie  war  die  Wittwe  eines 
österreichischen  Officiers,  und  heiratete  1876  in  Amerika  den  Pianisten  Anderson, 
der  aber  bald  darauf  starb.  Hierauf  kehrte  sie  nach  Deutschland  zurück  und 
hat  der  Oetlentlichkeit  noch   nicht  entsagt. 


N. 

Nabich,  Moritz  (VII,  222),  ist  am  22.  Februar  1815  geboren. 

Nadal,  J.,  spanischer  Kirchencomponist,  geboren  1793  zu  Lerida,  war 
Schüler  des  Klosters  Monserrat  in  Catalonien.  Er  war  in  Lerida  und  dann 
in  Madrid  Kirchenkapellmeister,  wurde  1839  Opernkapellmeister  in  Valadolid, 
und  beschloss  seine  Laufbahn  als  Kapellmeister  der  Kathedrale  zu  Astorga.  Er 
schrieb  viel  Kirchenmusik.  Eine  seiner  Messen,  im  Auftrage  des  Kriegs- 
ministeriums componirt,  wurde  bei  einem  Nationalfest  im  Kloster  San  Gero- 
uimo  aufgeführt. 

Nadaud,  Gustav,  französischer  Chansonnetten-Componist,  geboren  zu  Rou- 
baix  am  20.  Februar  1820,  besuchte  das  College  ßollin  in  Paris  und  trat  dann 
in  ein  Handlungshaus  um  Kaufmann  zu  werden.  Einige  Chansons,  die  er  schrieb, 
"Worte  wie  Musik,  machten  so  lebhaften  Eindruck,  dass  man  ihm  allgemein  zu- 
redete, sein  Talent  nach  dieser  Seite  hin  auszubilden.  Er  versorgte  denn  auch 
sein  Publicum  mit  einer  umfänglichen  Zahl  dieser  Gesänge,  die  sich  über  Frank- 
reich und  weiter  verbreiteten.  Sie  sind  zum  Theil  komisch,  zum  Theil  rührend, 
fast  immer  fautasievoll;  zu  allen  schrieb  N.  Worte  und  Musik,  auch  verstand 
er  sie  sehr  gut  zu  singen.  Der  Musikalienverleger  Heugel  in  Paris  veranstal- 
tete eine  complette  Ausgabe  dieser  Chansons,  in  fünfzehn  Bänden,  jeder  zwan- 
zig Chansons  enthaltend,  nebst  einem  Bande  y>Gkansons  legeresa.  Ebenda  ver- 
öffentlichte X.  drei  Operetten  für  den  Salon:  y>Le  docteur  Vieuxtemps<i;  -uLa 
Voliere<i;  y>Porte  et  fenetre<s.^  zu  denen  er  ebenfalls  auch  den  Text  gedichtet  hatte. 
1861  w^urde  er  zum  Ritter  der  Ehrenlegion  ernannt. 

Nantier-Didiee,  Constanze,  ausgezeichnete  französische  Sängerin,  wurde 
zu  Saint-Denis  am  16.  November  1831  geboren,  und  1845  als  Schülerin  des 
Pariser  Conservatoriums  aufgenommen,  wo  sie  unter  Duprez  1849  die  beiden 
ersten  Preise  erhielt.  Ihre  Stimme,  die  sie  ausserordentlich  zu  beseelen  ver- 
stand, war  ein  höchst  klangvoller  Contraalt,  auch  besass  sie  eine  natürliche 
Anlage  zur  dramatischen  Darstellung.  Sie  studirte  italienischen  Gesang,  und 
fand  ihre  Erfolge  in  der  italienischen  Oper.  Nach  einem  Debüt  in  Turin  er- 
schien sie  in  Paris  auf  kurze  Zeit,  und  nahm  dann  ein  Engagement  für  drei 
Saisons  in  London  an.  1854  ging  sie  nach  Amerika,  sang  in  New- York, 
Boston,  Philadelphia,  Baltimore,  Washington,  besuchte  wiederholt  London,  Peters- 
burg, Paris  und  Madrid,  wo  sie  sich  mit  einem  ausgedehnten  Hepertoir  überall 
viel  Sympathie  erwarb.     In  Madrid  starb  sie  am  3.  December  1867. 

Nardini,  Pietro  (VII,  232),  über  diesen  berühmten  Virtuosen  erschien 
1793  von  Raimondo  Leoni:  yiElogio  di  Pietro  Nardini  celebratissima  professor 
di  violino». 

Nathan,  Isaak  (VII,  235),  starb  zu  Sydney  in  Neu-Schottland  am 
15.  Januar  1864. 

Natnr  der  Töne,  das  ist  zunächst  ihre  rein  materielle  Wirkung  auf  die 
Empfindungs-  hier  also  auf  die  Gehörnerven.  Sie  wird  ebenso  durch  die  ton- 
erzeugenden Körper,  wie  durch  die  besondere  Art  ihrer  Erzeugung  bedingt.  In 
der  Natur  selber  wird  der  Ton  nur  selten  hervorgebracht;  sie  erzeugt  haupt- 
sächlich nur  Schälle  und  Klänge;  das  Rauschen  des  Wassers,  das  Säuseln  der 
Blätter,  das  Rollen  des  Donners  und  selbst  das  Pfeifen  des  Windes,  wie  die 
ähnlichen  Naturerscheinungen  gewinnen  selten  oder  nie  den  bestimmten  Charak- 


294  Natur  der  Töne. 

ter  uuterscheidbarer  Töne;  uud  auch  der  Gresaiig  der  Vögel  ist  nur  sehr  schwer 
in  bestimmten,  feststehenden  Intervallen  darzustellen.  Der  Kukuk  dürfte 
wol  der  einzige  Vogel  sein,  der  seine  kleine  Terz  mit  einiger  Sichei'heit  intonirt. 
Aber  auch  die  sogenannten  Naturinstrumente,  diejenigen,  welche  die  Natur  uns 
unmittelbar  zur  Verfügung  stellt,  wie  das  Rohr  verschiedener  Pflanzen,  das 
Hörn  des  Stiers,  oder  die  Stoffe,  die  sie  uns  zu  Instrumenten  bietet,  das  Fell  und 
die  Därme  der  Thiere,  Holz,  Metalle  u.  s.  w.,  sie  alle  geben  wirkliche  Töne 
erst  unter  bestimmten  Voraussetzungen,  die  bei  deren  Erzeugung  erfüllt  werden 
müssen.  Das  Hörn,  wie  die,  aus  dem  Schilfrohr,  der  Weidenrinde  und  dergl. 
gewonnenen  Pfeifen,  geben  Töne  nur  bei  der  entsprechenden  Behandlung,  und 
Holz  und  Metalle,  wie  die  Därme  und  das  Fell  müssen  bestimmte  Formen  an- 
nehmen, um  zu  tonerzeugenden  Körpern  zu  werden.  Damit  wird  die  Natur 
der  Töne  —  oder  besser  der  Klänge  —  nicht  verändert,  höchstens  nur  ver- 
edelt. Die  zu  Saiten  verarbeiteten  Metalle  geben  ganz  andere  Klänge,  als  die 
z\i  Blasinstrumenten  verwendeten;  dort  verhalten  sie  sich  wirklich  tonerzeugend, 
während  sie  hier  hauptsächlich  klangverändernd,  mindernd,  oder  verstärkend  auf- 
treten. Die  tönende  Luftsäule  hat  einen  andern  Klang,  wenn  sie  in  einer 
metallenen,  oder  in  einer  hölzernen  Röhre,  oder  in  der  Menschenstimme  ertönt; 
und  die,  aus  den  Därmen  gewisser  Thiere  oder  aus  Seide  gewonnenen  Saiten 
haben  andere  Klänge,  als  wenn  sie  aus  Metall  gefertigt  sind,  und  diese  werden 
wieder  verändert  durch  die  Art,  in  welcher  sie  tönend  gemacht  werden,  ob 
durch  Anstreichen,  oder  Anschlagen,  Anreissen,  Anblasen  u.  s.  w.  Selbstverständ- 
lich ist  dann  auch  die  besondere  Art  des  Stoffs  der  tonerzeugenden  Körper  auf 
die  besondere  Art  der  erzeugten  Klänge  von  wesentlichem  Einfluss;  nur  gewisse 
Holzarten  sind  klangerzeugend  und  klangverstärkend  zu  verwenden,  ebenso  wie 
gewisse  Därme  und  Felle  von  Thieren,  und  auch  unter  den  Metallen  ist  mit 
Auswahl  bei  ihrer  Verwendung  zu  verfahren,  weil  schlecht  gewählte,  auch 
schlechte  Klänge  erzeugen.  Auf  der  verschiedenen  Natur  dieser  Stoffe  nun 
beruht  zunächst  die  unterschiedene,  rein  sinnliche  Wirkung  der,  durch  sie  er- 
zeugten Klänge.  Die  materiellste,  eigentlich  nur  rein  materielle  Wirkung, 
machen  die  sogenannten  Schlaginstrumente,  namentlich  die,  welche  im  Grunde 
nur  Schälle,  nicht  eigentlich  Klänge  erzeugen,  wie  Castagnetten,  Tamtam, 
Becken,  Triangel  und  grosse  und  kleine  Trommel.  Die  Pauken  verlieren  schon 
an  materialistischer  Wirkung,  weil  sie  zwei,  unter  Umständen  auch  mehr  Töne 
bringen  und  rhythmisch  mannichfaltiger  geführt  werden  können.  Die  Messing- 
instrumente vermögen  jetzt  auch  an  der  Darstellung  des  Kunstwerks  ganz  andern 
Antheil  zu  nehmen  als  früher,  da  ihre  Leistungsfähigkeit  bedeutend  gesteigert 
ist;  während  sie  früher  hauptsächlich  mit  ihrem  Klang-,  weniger  mit  ihrem 
Tonvermögen  hinzugezogen  werden  konnten,  ist  jetzt  auch  dies  mehr  erweitert, 
aber  die  Natur  ihres  Klanges  lässt  ihre  Wirkung  noch  immer  mehr  materia- 
listisch erscheinen,  weil  er  viel  heftiger  auf  die  Gehörnerven  wirkt,  als  der 
Klang  der  andern  Blasinstrumente.  Die  Metallwände  der  Trompeten  und  Posau- 
nen sind  so  dünn,  dass  sie  heftig  mit  erschüttert  werden  und  daher  sehr  stark 
resoniren.  Bei  den  Hörnern  wird  diese  Resonanz  dadurch  gemässigt,  dass  das 
Rohr  in  verschiedenen  Windungen  zusammengelegt  ist.  Die  Wände  der  Holz- 
blasinstrumente sind  bei  weitem  stärker,  und  da  Holz  überhaupt  weniger  reso- 
nirt  als  Messingblech,  so  ist  der  natürliche  Klang  der  Holzblasinstrumente  auch 
mehr  gedämpft  als  der,  der  Blechblasinstrumente,  und  daher  weniger  materiell. 
Es  liegt  dann  weiterhin  ebenso  in  der  Natur  der  Streichinstrumente,  dass  ihr 
Klang  an  rein  sinnlicher  Wirkung  noch  mehr  einbüsst;  dass  er  schon  mehr  be- 
seelt erscheint,  was  dann  bei  den  Menschenstimmen  im  höchsten  Maasse  der 
Fall  sein  muss,  da  der  Ton  der  Menschenstimme  unmittelbarer  Ausdruck  eines 
beseelten,  von  Empfindungen  geleiteten  lebendigen  Organismus  ist.  Mit  der 
Natur  dieser  Klänge  muss  der  schaffende  Künstler  zunächst  vollständig  vertraut 
sein,  da  er  sie  sich  so  dienstbar  machen  soll,  um  sie  für  seine  künstlerische 
Schaffensthätigkeit  zu  verwenden.     Töne  und  Klänge  sollen  ihm  nicht  nur  Mittel 


Naturtöne.  295 

werden,    die    Gehörempfindung    anzureizen,    sondern    er   soll    sie    zu  Bausteinen 
machen,    mit  denen  er  einen  speciellen   Inhalt  in  künstlerischer  Forin  darstellt. 
Dazu  gehört:    dass    er   dann    auch  die   Natur  der  Töne   im   engeren   Sinne  nach 
ihrem    innersten   Wesen    zu    erlassen    sucht.      Der    künstlerisch  schaffende   Geist 
hebt  aus  der  unendlichen  Reihe  der  überhaupt  möglichen  Töne  diejenigen  heraus, 
welche   er    für   seine    künstlerische    Schaffensthätigkeit    verwenden    kann.     Diese 
untersucht  er  dann  nach   ihrer  Zusammengehörigkeit  und  er  findet,  dass   in  der 
Natur    der  Töne    eine    grosse    Mannichfaltrgkeit   der  Verwandtschaft    unter  ein- 
ander  vorhanden    ist;    dass    sie   sich    dui'chaus    nicht    indifferent  gegen  einander 
verhalten,    sondern  dass    sie    in    engere    oder    weitere    Beziehungen   zu    einander 
treten.     Er  findet:  dass  gewisse  Intervalle  sich  leicht,  andere  nur  widerstrebend 
unter   einander    verbinden  und  so  beginnt  er,    sie  in  gewisse  Systeme   zu   brin- 
gen.    Das  geschieht  mit  Rücksicht  auf  die  Natur  der  Töne,  aber  diese  Systeme 
darf  man    deshalb    doch    nicht    etwa   als    natürliche,    sondern    höchstens  nur  als 
naturgemässe  betrachten.     Im  Grunde  erzeugt  die  Natur  keine  Systeme,  sondern 
der  schaffende  Meuschengeist  ordnet  die  betreffenden  Töne  je  nach  den  Zwecken, 
zu    denen    er    sie    zu    verwenden    gesonnen    ist.      So    entstehen    die  Systeme  der 
Inder,    der  Chinesen,    der  Araber,    der  Griechen,    wie    das    der  Kirchentonarten 
und   unser   modernes    Musiksystem,    die    alle    verschieden    unter    einander    sind, 
von    denen    aber   keins    als    natürlich    oder  unnatürlich   bezeichnet  werden  kann. 
Die  Systeme    der  Griechen    sind    eben  so  auf  die  Natur  der  Töne  gebaut,    wie 
das  der  Kirchentonarten  und  unser  System;   und  jene  entsprachen  ihrem  Zweck 
ebenso,  wie  unser  modernes  Tonsystem.      Es  liegt  auf  der  Hand,   dass  in  allen 
diesen    Systemen    schon    nicht    mehr  die  Natur  der  Töne  allein  wirkt,    sondern 
dass  aus  ihnen  bereits  der  schaffende  und  denkende  Menschengeist  deutlich  er- 
kennbar  wird.      Nur  der   einzelne    Ton,    oder    die    verbindungslos    erklingenden 
Töne  wirken  rein   materiell;  in  den  Klängen,  welche  so  angegeben  werden,  dass 
ihre  innern  Verwandtschaftsverhältnisse  gewahrt  sind,  offenbart  sich  der  Geist, 
dor  diese  Verwandtschaftsverhältnisse  zu  erkennen  versuchte,    um  sie  dann  ge- 
nau   zu   berücksichtigen    und    mit   ihnen    zu  operiren.      Die  Natur  des  Klanges 
und  der  Töne  büsst  selbstverständlich  dabei  nicht  ihre  "Wirkung  ein,  diese  tritt 
nur  in  den  Dienst  der  höhern  Idee. 

Naturtöne  (VII,  236).     Akustische  Beobachtungen  haben  festgestellt,   dass 
durch    einen,    zum    Klingen    gebrachten    Körper,    auch    andere,    in    seiner   Nähe 
befindliche    Körper,    unter    gewissen    Umständen    mit    erklingen.      Es    ist    eine 
immer    wieder    neu    zu  machende  Erfahrung,    dass  unter  Umständen  die   Saiten 
einer    Geige    klingen ,     auch    wenn     sie    nicht     angestrichen     werden ,     sondern 
wenn    in    ihrer    unmittelbaren    Nähe    gesungen    wird;    dass    Fensterscheiben    in 
Musikzimmern  mit  klingen,  wenn  gewisse  Töne  angeschlagen  werden,  ist  eben- 
falls längst  bekannt,  und  auf  nahe  liegende  Thatsachen  zurückzuführen.     Eigen- 
thümlicher  ist  die  weitere  Erscheinung,    dass    ein   erklingender  Ton  im  Stande 
ist,  andere  zu  wecken,  die  nicht  direkt  angegeben  werden.    Wenn  man  beispiels- 
weise die  Taste  des  kleinen  c  auf  dem  Ciavier  leise  niederdrückt,  so  dass  sie  die 
Saite  nicht  berührt,  sondern  dass  diese  nur  vom  Dämpfer  befreit  wird,  und  schlägt 
dann  das  grosse   C  kräftig  an,  doch  so,  dass  der  Finger  die  Taste  alsbald  wieder 
verlässt,  so  klingt  das  kleine  c  noch  längere  Zeit  vernehmlich  fort,  und  in  dieser 
"Weise    kann    man    den    ganzen    Accord  g — c — '    u.  s.  w.    gewinnen.      Das    führt 
auf  die  andere  Erscheinung,    dass  auf  diese  Weise  andere  Töne  nicht  auf  ver- 
schiedenen,   sondern  auf  derselben   Saite    gleichzeitig  gewonnen  werden  können: 
dass   also    durch    die    entsprechende    Bewegung   eines    klingenden    Körpers  auch 
noch    eine    Reihe   andei-er    Töne    erzeugt    werden.      Man    hat    diese  Erscheinung 
dahin  erklärt,  dass  die  vibrirende  Saite  nicht  nur  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung, 
sondern    in    vielen,     durch     die    sogenannten    Schwingungsknoten    abgegrenzten 
Theilen  schwingt,  wodurch  die  entsprechenden  Nebentöne  hervorgebracht  werden. 
Doch  treten  von  diesen  Nebentönen  nur  einzelne  einigermassen   hörbar  auf  und 
diese  auch  nicht  in  der  Stärke  des  Grundklanges;  nur  so  wird  überhaupt  melo- 


296  Naturtöne. 

dische  Musik  zu  erzeugen  möglich;  andern  Falls  würden  wir  nur  Accorde  zu 
hören  bekommen.  Bei  der  Aeols-  oder  Windharfe  sind  diese  Beitöne  vernehm- 
licher hörbar,  wahrscheinlich  weil  der,  die  Saiten  erklingen  machende  Luftstrom 
nicht  nur  diese  in  ihrer  ganzen  Saitenlänge,  sondern  zugleich  auch  alle  ein- 
zelnen Theile  derselben  gleichzeitig  und  direkt  trifft  und  ergreift;  während  bei 
den  andern  Instrumenten  nur  die  Saitenlänge  bewegt  wird,  und  durch  diese 
erst  die  einzelnen  Theile;  nur  der  Grundton  ist  als  primäres  Erzeugniss  anzu- 
sehen, die  Partialtöne  aber  als  secundäres.  Die  sechzehn  ersten  Töne  der  ganzen 
Reihe  von  vorhandenen  Nebentönen  sind  zugleich  die,  welche  in  den  sogenann- 
ten Naturtrompeten  und  Naturhörneru  ohne  Stopfen  erzeugt  werden  können, 
und  die  deshalb  Naturtöne  genannt  werden,  es  sind  dies: 
- + +       - :•-    Pa-   ftjL     i: 


Beim  Hörn  erklingen  sie  selbstverständlich  eine  Octave  tiefer,  wie  überhaupt 
dies  Instrument  eine  Octave  tiefer  steht  als  die  Trompete.  Die  mit  +  versehenen 
Töne  sind  nicht  mathematisch  rein  und  der  Bläser  muss  hier  bereits  tem- 
periren.  Die  zwischen  diesen  liegenden  Töne  mussten  bisher  durch  das  soge- 
nannte Stopfen  erreicht  werden.  Dies  wird  mit  der  linken  Hand  im  Schall- 
ti'ichter  hervorgebracht;  durch  das  sogenannte  halbe  Stopfen  wird  der  tiefere 
Halbton ,  durch  das  ganze  Stopfen  der  tiefere  Ganzton  gewonnen.  Der 
Klang  der  Naturtöne  ist  hell  und  durchdringender,  als  der  der  gestopften;  in 
der  tiefern  Lage  wird  er  geradezu  schmetternd,  und  auch  bei  den  leichter  an- 
sprechenden Stopftönen  der  obern  Octave,  ist  diese  hellere  Klangfarbe  leicht 
zu  erreichen,  während  die  tiefern  immer  etwas  gedämpft  erklingen.  Um  nun 
für  die  verschiedenen  Tonarten  die  Mitwirkung  dieser  Instrumente  zu  ermög- 
lichen, mussten  besondere  Vorrichtungen  getroffen  werden.  Zunächst  nahm  man 
Instrumente  von  verschiedener  Stimmung  in  Gebrauch,  für  G-dur  G-Hörner 
oder  Trompeten,  für  D-dur  D-Hörner  oder  Trompeten  u.  s.  w.,  dann  kam  man 
auf  das  noch  bequemere  Mittel  der  Einsatzbögen,  durch  welche  die  Stimmung 
des  einen  Instruments  verändert  werden  konnte,  bis  man  endlich  auf  die  Ven- 
tile kam,  durch  welche  die,  dem  Instrument  eingefügten  Einsatzstücke  ver- 
schlossen oder  geöffnet  werden  können,  wodurch  die  ursprüngliche  Stimmung 
des  Instruments  jederzeit  beliebig  verändert  wird.  Dadurch  ist  es  auch  möglich 
geworden,  die  ganze  chromatische  Tonleiter  auf  diesen  Instrumenten  zu  ge- 
winnen, so  dass  die  Scheidung  von  Naturtönen  und  Stopftönen  hinwegfällt. 
Auf  der  Eigenthümlichkeit  der  Obertöne  beruht  übrigens  auch  die  Erzeugung 
des  Flageolettspiels  bei  den  Streichinstrumenten.  Die  Flageoletttöne  sind  Ober- 
töne, die  ohne  ihren  Grundton  erzeugt  werden.  Man  gewinnt  sie  dadurch,  dass 
der  betreffende  Finger  der  linken  Hand  nicht  fest  auf  die  Saiten  aufgelegt  wird, 
sondern  dass  er  diese  nur  lose  berührt,  während  der  Bogen  sie  leicht  und  rasch 
anstreicht.  Wird  die  Saite  in  der  Hälfte  ihrer  Länge  berührt,  so  entsteht  die 
erste,  in  einem  Viertel  die  zweite  Oberoctave  und  in  einem  Drittel  die  Duo- 
decime  als  Flageolettton.  Auf  den  vier  Saiten  der  Violine  können  demnach 
in  dieser  Weise  folgende  Flageoletttöne  erzeugt  werden: 


i 


-•-        — 


I25I 


beim  Violoncello,  diese  auf  der  (7-Saite: 

.  i 


Naudin  —  Nava.  297 

Die  Halbe  Note  zeigt  die  Stelle,  wo  die  Saite  zu  berühren  ist,  und  die  Viertel- 
note bezeichnet  den,  dudurcli  erzeugten  Ton.  Auf  anderen  Theilungspunkten  der 
Saite  lassen  sich  natürlich  neue  Flageoletttöne  erzeugen,  und  hier  tritt  die 
eigenthümliche  Erscheinung  hervor,  dass  bei  der  ^'ioline  nur  von  der  Uctave 
abwärts  wirklich  neue  Töne  erklingen,  während  aufwärts  nur  bei  der  Terz  nicht 
der  natürliche  Ton  und  der  Flageolettton  zusammenfallen.  So  sind  auf  der 
Ö-Saite  der  Violine  folgende  Flageoletttöne  zu  erzeugen: 

J=i£  J  I 


:f= 


Entsprechend  der  Erzeugungsart  der  Obertöne,  werden  neue  Flageoletttöne  ge- 
wonnen, wenn  auf  fest  bestimmten  Punkten  zwei  Finger  auf  derselben  Seite  lose 
aufgesetzt  werden,  und  ebenso  können  mit  Hülfe  zweier  Saiten  auch  Doj^pel- 
flageoletttöne  erzeugt  werden.  Dass  auf  der  "Wahrnehmung  dieser  Obertöne 
auch  die  Einführung  der  Mixtur  als  Orgelregister  beruht,  ist  unter  dem 
Artikel  »Mixtur«  im  Hauptwerk  nachgewiesen. 

Naadiu,  Emilio,  ausgezeichneter  italienischer  Sänger,  wurde  zu  Parma  am 
23.  Octüber  1823  geboren.  Sein  Grossvater  war  Franzose,  der  in  Spanien  die 
Tochter  des  Marquis  Guzman  geheiratet  hatte;  der  Vater  war  Hofmaler  der 
Erzherzogin  Marie  Louise  in  Parma.  Hier  besuchte  N.  das  College  Marie  Louise, 
betrieb  aber  zugleich  Musik;  er  bezog  zwar,  um  Medicin  zu  studiren  die  Uni- 
versität, Hess  sich  aber  von  einem  stärkeren  Zuge  bald  davon  abziehen,  und 
wurde  Opernsänger.  Er  ging  nach  Mailand,  wo  er  unter  Leitung  von  Giacomo 
Panizza  bald  soweit  kam,  dass  er  es  wagen  konnte,  in  die  Oetientlichkeit  zu 
treten.  In  Cremona  erschien  er  unter  lebhaftem  Beifall  zum  erstenmal  auf  der 
Bühne,  und  eröÖ'nete  damit  eine  sehr  glänzende  Theaterlaufbahn.  Schau- 
spielerisches Talent  besass  er  gar  nicht,  ausserdem  hinderte  eine  ungemeine 
Steifheit  seiner  Bewegungen  jeden  Erfolg  nach  dieser  Seite  hin.  Seine  Stimme 
aber,  die  er  mit  sehr  viel  Geschmack  zu  behandeln  wusste,  war  kraftvoll, 
zugleich  weich  und  von  so  reizvollem  Klange,  dass  man  über  andere  Mängel 
hinweg  sah.  Mit  gleich  grossem  Beifall  sang  N.  an  allen  grossen  Theatern 
Italiens,  ferner  in  Wien,  London,  Petersburg,  Moskau,  Lissabon,  Madrid, 
Barcelona,  Berlin,  Cairo,  Paris.  In  der  letzteren  Stadt  erschien  er  1862  in  der 
italienischen  Oper  zum  erstenmal,  und  rief  allgemeinen  Enthusiasmus  hervor. 
Meyerbeer  hatte  in  seinem  Testamente  zwar  das  Theater  der  grossen  Oper 
autorisirt,  seine  Oper  »Die  Afrikanerin«  zur  Aufiührung  zu  bringen,  die  Be- 
dingung jedoch  angefügt,  dass  hierzu  der  Sänger  N.  für  die  Partie  des  A^asco 
de  Gama  engagirt  werden  müsse.  In  Folge  dessen  berief  die  Direction  N.  an 
die  grosse  Oper,  gegen  eine  Gage  von  110,000  Frcs.  jährlich.  Nach  zwei 
Jahren  jedoch,  als  der  Reiz  der  Neuheit  der  Afrikanerin  vorüber  war,  und  da 
es  ihm  nicht  möglich  war  alle  Partien  des  laufenden  Repertoirs  auszuführen, 
verliess  er  die  grosse   Oper,  um  zur  italienischen  zurückzukehren. 

Nava,  Antonio  Maria,  Componist  und  Gesanglehrer,  in  Mailand  an- 
sässig, wo  er  auch  als  Guitarren  virtuose  Ruf  hatte,  wurde  in  der  zweiten  Hälfte 
des  18.  Jahrhunderts  geboren  und  starb  1826.  Er  veröff-»ntlichte:  r,MethoJe 
complete  de  guitare  fran^aisea,  und  zahlreiche  Phantasien  für  Guitarre  und  Flöte, 
ebenso  Vocalcompositionen. 

Nava,  Gaetano.  Sohn  des  Vorigen,  zu  Mailand  am  16.  Mai  1802  geboren, 
war  Schüler  seines  Vaters,  später  des  Conservatoriums  in  Mailand.  Er  erwarb 
sich  grossen  Ruf  als  Gesanglehrer  und  übernahm  am  Conservatorium  mehrere 
Gesangsclassen.  Seine  Studienwerke  für  Gesang  sind  zahlreich  und  einige  der- 
selben über  Italien  hinaus  weit  verbreitet.  Er  veröH'entlichte  Vocalisen  für  ver- 
schiedene  Stimmen:    Op.    10.   11,   12,  36,  und  Solfeggien  für  eine  oder  mehrere 


298  Navoigille  —  Neruda. 

Stimmen  Op.  4,  6.   7.   14,   15,   17,  18,   23,  24,  25,  28,  auch  einige  Kirchenstücke 
und  Romanzen.     N.  starb  zu  Mailand  am  31.  März   1875. 

Navoigrille,  Guillaume  (VII,  242),  schrieb  auch  zwei  komische  Opern: 
t>Ijora(je,  oii  Quel  Ouignon<i  (1  Akt,  1793);  »ies  Jionneurs  funebres,  ou  le  Tomheau 
des  Sans-Culotte,  drarne  lyriquea  (1  Akt,  1793);  und  nL'empire  de  la  foliea,  Pan- 
tomime in  3  Akten,  1799. 

Neander,  Alexis,  Prediger  und  Kirchenmusikdirektor  anSt.  Kilian  in  Würz- 
burg im  Anfang  des  17.  Jahrhunderts,  gab  drei  Motettensaramlungeu  heraus, 
welche  vier-  bis  vierundzwanzigstimmige  Motetten  enthalten:  yCantiones  sacrae, 
qvas  vulgo  motetas  vocanta  (Frankfurt  a.  M.,   1605 — 10,  in  4"), 

Neander,  Joachim,  eigentlich  Neumann,  in  Bremen  1610  geboren,  war 
Schulrektor  in  Düsseldorf  und  von  1679  an  Prediger  an  der  Martinskirche  in 
Bremen.  Dort  starb  er  am  21.  März  1680.  Er  veröffentlichte  mehrere  Samm- 
lungen Kirchengesänge,  die  sehr  verbreitet  waren.  Es  erschienen  in  Bremen 
und  auch  anderswo  von   1680 — 1730  neun  Auflagen. 

Neate,  Charles,  Pianist,  wui'de  zu  London  am  28.  März  1784  geboren. 
Den  ersten  Ciavierunterricht  erhielt  er  von  James  Wilson  (Bath);  im  Cello- 
spiel unterwies  ihn  W.  Sharpe;  später  wurde  er  der  Schüler  und  Freund 
Field's,  dessen  vortreffliche  Schule  er  sich  ganz  aneignete.  In  England  wurde  er 
seiner  Zeit  zu  den  besten  Pianisten  gezählt  und  gehörte  in  London,  wo  sein 
Haus  das  Rendez-vous  der  Künstler  wurde,  zu  den  Lehrern  ersten  Banges. 
Wegen  seines  classischen  Stiles,  den  er  nach  Kramer  und  Hummel  gebildet  und 
wegen  seines  äusserst  sauberen  Spieles,  wurden  seine  vielfachen  Concertvorträge 
immer  beifällig  aufgenommen.  Er  war  auch  einer  der  ersten,  die  Beethoven's 
Ciavierwerke  in  England  vortrugen.  Einzig  um  Beethoven  kennen  zu  lernen, 
reiste  er  1816  nach  Wien,  wo  er  sich  acht  Monate  aufhielt,  und  sein  Verlangen 
auch  erfüllt  sah.  1818  kehrte  er  nach  London  zurück.  Er  gehörte  zu  den 
Begründern  der,  1813  ins  Leben  gerufenen  älteren  Philharmonischen  Gesell- 
schaft, deren  Concerte  er  von  1813  an  dirigirte,  und  starb  als  letztes  Mitglied 
derselben  am  30.  März   1877   zu  Brighton  dreiundneunzig  Jahr  alt. 

Nebra,  Jose,  Organist  der  königl.  Kapelle  zu  Madrid,  in  der  ersten  Hälfte 
des  18.  Jahrhunderts,  schrieb  viele  Kirchenmusik,  darunter,  als  besonders  zu 
erwähnen,  ein  Requiem  für  die  Königin  Barbara.  Er  schrieb  auch  ein  Drama 
y>]^o  todo  indicio  es  verdada-,  aufgeführt  in  Madrid   1744. 

Neeb,  Heinrich  (VII,  248),  wurde  1805  (nicht  1807)  geboren  und  starb 
am   18.   Januar  1878  in  Frankfurt  a.  M. 

Negri-Tomi,  Anna,  genannt  la  Mestrina,  wurde  in  Mestre  bei  Venedig 
geboren,  und  galt  von  1670 — 1685  für  eine  der  geschicktesten  Sängerinnen  Italiens. 

Negri,  Maria  Anna  Catarina,  ausgezeichnete  Sängerin  in  der  ersten 
Hälfte  des  18.  Jahrhunderts,  war  Schülerin  von  Pasi.  Von  1724 — 27  gehörte 
sie  dem  Theater  des  Grafen  Spork  in  Prag  an,  worauf  sie  nach  Italien  zurück- 
kehrte, und  dort  an  mehreren  Theatern  glänzte.  1733  engagirte  sie  Händel 
für  seine  Oper  in  London. 

Negri,  Cesar,  mit  dem  Beinamen  il  Trombone,  geboren  in  Mailand, 
war  Ende  des  16.  und  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  berühmt  als  Tanzlehrer.  Er 
schrieb  eine  Abhandlung  über  den  Tanz  und  die  Balletmusik:  y>Nuove  inventioni 
di  halli  etc  i  in  drei  Abschnitten  (Mailand,  1664),  mit  dem  Bilde  des  Verfassers. 

Nerada,  Jos6ph,  Schullehrer  zu  Vodolka  in  Böhmen,  soll  die  erste  Polka 
veröffentlicht  haben.  Er  hörte  sie  von  einem  böhmischen  Mädchen  Anna  Slezak 
singen,  zeichnete  sie  auf  und  verbreitete  sie  unter  dem  Namen  Polka,  der  auch 
von  dem  Mädchen  herrühren  soll,  in  Böhmen.  1839  wurda  sie  in  Wien,  1840 
in  Paris  bekannt.     N.  wurde  am   10.  April   1876  in  Vodolka  ermordet. 

Neruda,  Johann  Georg  (VII,  254),  ist  1704  in  Rossicz  in  Böhmen  ge- 
boren und  starb  1780.  Seine  beiden  Söhne  Ludwig  und  Anton  Friedrich,  waren 
Violinisten  und  wie  der  Vater,  als  solche  bei  der  kurfürstlichen  Kapelle  in 
Dresden  angestellt. 


Neruda  —  Neuclaviatur.  209 

\eriida,  Oeschwister  (VII,  254).  die  berühmteste  derselben  W  i  1  li  e  1  m  i  n  e,  jetzt 
Frau  Norman-Nerudu.  wurde  zu  Brünu  in  Mähren  im  März  1839  geboren.  Vier  Jahr 
alt  erhielt  sie  vom  Vater  den  ersten  Unterricht  auf  der  Violine,  und  wurde  sechs 
Jahr  alt  nach  Wien  geführt,  wo  sie  Leopold  Jansa  unterrichtete.  Ein  Jahr  später 
trat  sie  zum  erstenmal  öffentlich  auf.  1H47  unternahm  sie  mit  ihrer  älteren  Schwester, 
die  Ciavier,  und  mit  ihrem  Bruder  Franz,  der  Violoncello  spielte,  eine  Concert- 
tour  durch  Deutschland,  Belgien  und  die  Niederlande,  zwei  Jahre  später  nach 
England  und  Kussland.  Bei  ihrer  Anwesenheit  in  Petersburg  1850  starb  der 
jugendliche  Cellist  Franz.  Das  Trio  wurde  durch  den  Hinzutritt  eines  anderen 
Bruders  wieder  vervollständigt,  eine  Zeitlang  sogar  zum  Quartett  erweitert, 
indem  die  jüngere  Schwester  Maria  die  zweite  Violine  übernahm.  Dies  kleine 
Quartett  besuchte  alljährlich  Riissland;  1862  concortirten  die  Schwestern  in 
Schweden,  und  "\V.  wurde  vom  König  zur  Kammervirtuosin  ernannt.  In  Ge- 
meinschaft mit  Dauberd,  Lindblad  und  Soedermann,  eröffneten  sie  hier  be- 
suchte Kammermusiksoireen. 

Nervins,  Leonard,  Kapuziner  und  belgischer  Componist  des  16.  Jahr- 
hunderts, schrieb  zahlreiche  Kirchencompositionen.  Bekannt  sind:  10  vier-, 
fünf-,  sechs-  und  siebenstimmige  Messen  (Antwerpen,  1610,  in  4");  r>Cantionea 
sanrae  et  Litaniae  D.  B.  M.  Virg«,  achtzehnstimmig  (Antwerpen,  1623) ;  «Trias 
harmonica  sacrariim  cantionum,  cum  hasso  continuo  ad  Organum«,  (ibid,  1631,  in  4"); 
Van  der  Straeteu  (Musique  aux  Pays-Bas)  führt  noch  drei  Werke  an:  r^Mag- 
nificat  super  octo  consuetos  tonos,  una  cum  alijuot  moteUis  et  litanis  B.  Mariae 
Virginis  octo  vocum,  cum  hasso  continuo  ad  organuma  (Antwerpen,  1624,  in  4'^); 
liMissae  sacrae  octonis  vocihus  etc.«  (Antwerpen,  1624,  in  4");  nFascieulus  can- 
tionum sacrarum  quaticor,  quinque  et  sex  vocuma   (Antwerpen,   1628,  in  4*^). 

Kessler,  Victor,  ist  zu  Baldenheim  bei  Schlettstadt  im  Elsass  am  28.  Jan. 
1841  geboren;  er  studirte  anfangs  Theologie,  übte  aber  dabei  fleissig  Musik. 
1864  wurde  bereits  eine  Operette:  »Fleurette«  in  Strassburg  aufgeführt,  und 
in  Folge  dessen  sah  er  sich  veranlasst,  der  Theologie  zu  entsagen  und  ganz  der 
Musik  zu  leben.  Er  ging  nach  Leipzig,  übernahm  hier  die  Direction  mehrerer 
Männergesangvereine,  für  die  er  eine  ganze  Reihe  beliebter  Chöre  componirte. 
1870  wurde  er  Chordirektor  am  Leipziger  Stadttheater  und  1879  Musikdirektor 
am  Carolatheater.  Während  dieser  Zeit  schrieb  er  auch  mehrere  Opern:  »Die 
Hochzeitsreise«  (1867);  »Nachtwächter  und  Student«  (1868);  »Der  Alexander- 
tag«  (1869);  »Irraingard«  (187G);  »Dornröschens  Brautfahrt«  (1876);  doch  erst 
mit  der  Oper:  »Der  Rattenfänger  von  Hameln«,  welche  1879  im  März  in  Leipzig 
zuerst  in  Scene  ging,  hatte  er  einen  entschiedenen  Erfolg:  die  Oper  machte 
seitdem  die  Runde  über  alle  grösseren  Bühnen  Deutschlands. 

Netzer,  Joseph  (VII,  255),  wurde  am  18.  Mirz  1808  zu  Zams  in  Tyrol 
geboren  und  starb  in  Gratz  am  28.  Mai  1864. 

Neuclariatur.  Von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert  seit  der  beginnenden  Ent- 
•wickelung  unseres  Tonsystems  und  der  darauf  basirten  Notenschrift,  sind  ver- 
einzelte Versuche  gemacht  worden,  die  Töne  nach  neuen  Gesichtspunkten  zu 
ordnen  und  mit  neuen  Schriftzeichen  darzustellen.  Es  ist  bekannt,  dass  Laute - 
nisten  und  Organisten  in  den  Tabulaturen  (s.  d.  Artikel  im  Hauptwerk)  sich 
ganz  eigenthüniliche  Methoden  der  Niederschrift  für  ihre  Instrumente  ersannen 
und  dass  die  Tonsysteme  der  Griechen  nicht  nur  abweichend  von  den,  in  dem 
ersten  Jahrtausend  unter  dem  Einfluss  des  Christenthums  ausgebildeten  Ton- 
systemen construirt  sind,  sondern  dass  sie  auch  unter  sich  wesentliche  Abwei- 
chungen in  der  Construction  zeigen;  und  dasselbe  gilt  auch  von  den  verschie- 
denen Systemen,  in  denen  sich  die  sogenannten  Kirchentonarten  darstellten, 
die  wiederum  in  wesentlichen  Punkten  von  unserm  Tonsystem  unterschieden 
sind.  Die  speciellere  Betrachtung  der  organischen  Entwickelung  aller  dieser 
verschiedenen  Methoden,  die  Töne  in  bestimmte  Systeme  einzuordnen  und  sie 
in  Scbriftzeichen  dem  Auge  darzustellen,  wird  zeigen,  dass  sie  nur  Bedeutung 
gewannen,  wenn  sie  aus  der  lebendigen  Praxis  hervorgingen,  an  diese 


300  Neuclaviatur. 

anknüpften  und  ihr  im  strengsten  Anschluss  folgten.  Alle  die,  aus  der 
einseitigen  Speculation  einzelner  Theoretiker  gewonnenen  oder  —  wie  die  Tabula- 
turen  und  die  Buchstabennotationen  —  der  Technik  einzelner  Instrumente  entlehn- 
ten, konnten  nur  vorübergehende  Bedeutung  gewinnen  und  mussten  allmälig  jenen,, 
durch  die  allgemeine,  nicht  an  ein  Instrument  oder  eine  einseitige  Anschauung 
anknüpfende  Musikpraxis  gewonnenen,  weichen.  Seit  dem  vorigen  Jahrhundert 
hat  die  Chromatik  einzelne  Theoretiker  veranlasst,  neue  Tonsysteme  aufzustellen 
und  sie  in  neuer  Weise  in  Schriftzeichen  darzustellen.  "Während  das  17.  Jahr- 
hundert noch  Claviere  baute,  welche  die  enharmonische  Tonleiter  darstellten, 
hat  das  18.  Jahrhundert  bereits  Versuche  aufzuweisen,  ein  vollständig  tem- 
perirtes  System  aufzustellen,  in  welchem  die  Enharmonik  ganz  ausgeschlossen 
ist.  In  unserm  Jahrhundert  aber  hat  sich  sogar  ein  Verein  gebildet  »Chroma«, 
welcher  eine,  auf  das  gleichstufige  Tonsystem  basirte  neue  Claviatur  (daher 
Neuclaviatur)  und  eine,  dem  entsprechend  neue  Tonschrift  praktisch  durchzu- 
führen bemüht  ist.  Mattheson  giebt  im  ersten  Bande  seiner  »Critica  musica« 
(1722)  schon  von  einer  sogenannten  chromatischen  Claviatur  Nachricht,  welche 
ein  deutscher  Mechaniker  Conrad  Henfling  (Hänfling)  1708  gebaut  hatte,  und 
in  der  29.  und  30.  Betrachtung  des  Musikalischen  Patrioten  (1728),  wird  eine 
zweite  ähnliche  Claviatur  beschrieben,  welche  ein  Herr  F.  A.  aus  Richmond 
in  England  gebaut  hatte.  1792  erschien  in  Königsberg  in  Preussen  eine  Schi'ift 
vom  Prediger  Johann  ßohleder  in  Friedland:  Erleichterung  des  Clavierspielens 
vermöge  einer  neuen  Einrichtung  der  Claviatur  und  eines  neuen  Notensystems. 
Zwanzig  Jahre  später  gab  dann  Dr.  Fr.  Chr.  Werneburg  in  Weimar  eine  »All- 
gemeine neue,  viel  einfachere  Musik-Schule  für  jeden  Dilettanten  und  Musiker 
heraus«  (Grotha,  1812),  der  ein  Anhang  beigegeben  ist,  in  welcher  er  auch  eine 
Neuclaviatur  beschreibt,  bei  der  bereits  die  bisherige  Tastenform  aufgegeben  ist; 
die  Claviatur  besteht  vielmehr  aus  schmalen,  kurzen  Tastenknöpfen,  welche  in  vier, 
stufenförmig  aufsteigenden  Reihen  stehen.  Eine  andere  Neuclaviatur  Hess  sich 
der  bekannte  Göttinger  Philosoph  Prof.  Dr.  K,  Chr.  F.  Krause  (1810)  bauen, 
und  im  nächstfolgenden  Jahre  machte  er  seine  chromatische  Tonschrift  bekannt. 
1859  trat  K.  B.  Schumann  in  Rhinow  bei  Rathenow  mit  einer  Broschüre  her- 
vor: Vorschläge  zu  einer  Reform  auf  dem  Gebiete  der  Musik,  durch  Einführung 
eines  einfachen  und  naturgemässen  Tastatur-  und  Notensystems  (Langensalza, 
Verlags-Comptoir),  die  1861  in  neuer  Auflage  erschien.  Schumann  vertheilt 
die  zwölf  Töne  der  chromatischen  Tonleiter  ganz  gleichmässig  an  die  Tasten 
seines  Claviers,  so  dass  seine  Octave  aus  sechs  Unter-  und  sechs  Obertasten 
besteht,  die  in  jeder  Reihe  eine  Ganzstufe  von  einander  entfernt  sind,  wie  folgt: 

Obertasten:  eis  dis  f  g  a  h 

Untertasten:      c  d  e  fis  gis  ais. 

Die  Tastatur  des  Claviers  meint  Schumann,  ist  der  äussere  und  sichtbare  Aus- 
druck des  ganzen  Tonsystems,  und  das  Notensystem  muss  wiederum,  soweit  es 
möglich  ist,  das  getreue  Abbild  von  beiden  sein.*)  Deshalb  sieht  er  sich  auch 
genöthigt,  eine  Veränderung  in  der  Notenschrift  vorzunehmen,  doch  nur  soweit, 
dass  die  Namen  verändert  werden;  er  construirt  eis  nicht  aus  e,  durch  das  vor- 
gezeichnete Kreuz,  sondern  giebt  ihm  die  nächste  Stelle  im  Liniensystem,  und 
in  dieser  Weise  fährt  er  fort,  so  dass  er  die  chromatische  Tonleiter  in  folgen- 
der Weise  aufzeichnet: 


ß 

eis      d     dis       e       f      fis      g      gis      a     ais 


*)  Eine  interessante  Zusammenstellung  dieser  Versuche  ^iebt  Otto  Quantz:  »Zur 
Geschichte  der  neuen  chromatischen  Claviatur  und  Notenschrift«  (Berlin,  1877),  der  wir 
hier  folgen  konnten. 


Neuclaviatur.  301 

Die  fernem  Erörterungen  des  Systems  intercssiren  vorlüiifig  nicht  weiter.  Wie 
es  scheint  durch  Schumann  angeregt,  beschäftigte  sich  dann  H.  J.  Vincent  in 
ähnlicher  Weise  mit  dem  Gegenstande;  er  bekannte  sich  ebenfalls  zu  der  Gleich- 
berechtigung der  zwölf  chromatischen  Töne  und  suchte  in  seinen  Schriften 
»Kein  Generalbass  raehro  (Wien,  1860),  und:  »Die  Einheit  in  der  Tonwelta 
(Leipzig.  18G2).  die  Nothwendigkeit  eines  neuen  Tonsystems  und  einer  neuen 
Theorie  desselben  nachzuweisen,  und  machte  schliesslich  auch  seinen  Vorschlag 
zu  einer  chromatischen  Neuclaviatur.  Er  ordnet  seine  chromatische  Scala 
wie   Schumann: 


1.     2.      3. 

4.      5.    6. 

7. 

8.     9. 

10.  11.  12. 

eis 
'     des      ^ 

dis 

es       ^    f 

ßs 
ges 

gis 
9      as 

ais 
a       ^       h 

will  aber 

noch  dem   Stiel 

der  Note  eine  besondere 

Bedeutung  geben: 

F^f=^ 

2            3            4            5 

1       1             i 

-a^-i= 

9 

• — 

10         II 

12           I 

1        1 

1 
-•- 1 

0 1 

^    1 

7 

1    1    1    ii 

-^     1— L- 

12          '            - 

1 

3 

4-       '    . 

4           5 

6            7 

-•- 1 

— r 

-•-  7 

1 

so  dass  jede  abwärts  gestielte  Note  um  sechs  Halbstufen  höher  ist,  als  die  auf- 
wärts gestielte.  Andere  Versuche,  eine  Veränderung  des  Tonsystems  oder  der 
Notenschrift,  die  noch  früher  gemacht  wurden,  bezweckten  keine  durchgreifen- 
deren Umgestaltungen,  wie  z.  B.  der  von  Emmanuel  Gambale  (übersetzt  von 
F.  A.  Häser,  1841).  Gambale  ])ediente  sich  wie  Rohleder  zur  Darstellung  des  dia- 
tonischen und  des  chromatischen  Tons  der  Viertel  und  der  Halben  Note,  aber  in 

I 
»_ 

eis        d        dis 


umgekehrter    Ordnung:     Rohleder    notirt:     — • & ^ — und  Garabale 


ß^ 

gis 

ges 

3 

as 

Je 

l 

m 

— ^ ^ Nach  Schumanns  Principien  legte  endlich  G.  Decher  sein 

c        eis      d      dis 

»Rationelles  Lehrgebäude  der  Tonkunst  au«,  von  welchem  bis  jetzt  die  erste  Hälfte 

(München,    1870)    erschienen    ist,    und    machte    zugleich    den    Vorschlag    einer 

durchaus  neuen  Notation.      Er   theilt  ebenfalls  die  Octave,    die    er   mit   Klang- 

fuss  bezeichnet,  in  zwölf  Töne  und  ordnet  sie  und  benennt  sie  mit  a  beginnend 

folgendermaassen : 

ais  eis      j      dis 

Jetzige    Benennung:    a,      ^  .      h,     c,     ^^^     d,      ^^      e     /, 

Nach  Decher:  ah        c       d       e      f       g       h      i 

und  vertheilt  sie  in  folgender  Weise  auf  die  Tasten: 

Untertasten:      a,  c,         e,  g,  i,        l, 

(a)  (Ä)  (eis)  (dis)      (/)      07), 
Obertasten:        b,  d.  f,  7/,         k,          m. 

(b)  (c)  (d)  (e)     (Js)     (as). 

Zur  Aufzeichnung  bedient  sich  Decher  ferner  eines  Sieben-Liuiensystems,  bei 
welchem  er  aber  die  mittelste  Linie  der  grössern  Uebersichtlichkeit  wegen  fehlen 
lässt.  Um  dann  den  ganzen  Umfang  von  etwa  vier  Octaven  darzustellen,  be- 
dient er  sich  eines  zweiten  Liniensystems,  das  er  mit  dem  ersten  zusammen- 
koppelt. Es  ist  hier  nicht  am  Orte,  die  weitern  Vorschläge  Dechers  in  dieser 
Richtung  zu  verfolgen  und  die  Verbesserungen,  welche  durch  den,  für  die  Sache 
begeisterten  Redakteur  der  Tonkunst,  Albert  Hahn,  in  Anregung  gebracht 
wurden,  näher  zu  erörtern.  Erwähnt  sei  nur  noch,  dass  auch  wieder,  und  zwar 
durch  H.  Hohmann  und  durch  Leo  Kuncze,  Notationen  in  Ziffern  in  Vorschlag 
gebracht  worden  sind.  Decher  und  Hahn  und  ebenso  Hohmann  und  Kuncze 
haben  zugleich  gezeigt,  wie  vorhandene  Musikstücke   in  ihre  Notationsweisen  zu 


302  Neuclaviatur. 

übertrageu  sind.  Zur  praktischen  Durchführung  dieser  Veränderung  des  Ton- 
und  Notensystc'ius  boten  auch  einzelne  Instrumentenbauer  die  Hand,  welche 
sogenannte  Neuclaviaturen  bauten:  J.  Mayer  &  Co.  in  München  bauten  wol  das 
erste  Instrument  mit  chromatischer  Claviatur  1870;  C.  J.  Gebauhr  in  Königs- 
berg in  Preussen  folgte  1874;  ebenso  J.  Schiedmeyer  &  Söhne  in  Stuttgart 
1874;  aus  dem  Jahre  1875  sind  zu  nennen:  J.  Schramm  in  München;  P.  Preuss 
und  Schleip  in  Berlin;  H.  Wagner  in  Stuttgax't;  Uebel  &  Blechleiter  in  Heil- 
bronu  und  Dreher  in  Oldenburg;  aus  dem  Jahre  1876:  Ed.  Steingräber  in 
Bayreuth;  E,.  Ibach  Sohn  in  Barmen;  Ascherberg  in  Dresden;  Greichen  in  Erfurt; 
Quant  in  Breslau  und  C.  Steck  in  New- York,  und  1879  folgten  L.  Bösen- 
dorfer  in  Wien;   C.  Bechstein  in  Berlin  und  J.  Reichel  in  Oettingen. 

Trotz  der  energischen  Thätigkeit,  welche  demnach  die  Vertreter  und  Ver- 
theidiger  der  Neuclaviatur  entwickeln  und  ungeachtet  der  einzelnen  Vorzüge, 
welche  diese  unbestritten  besitzt,  wird  sie  doch  wol  kaum  die  alte  verdrängen, 
noch  weniger  aber  dem  neuen  Tonsystem  Eingang  verschaffen  können;  denn 
dies  beruht  auf  ganz  falschen  Voraussetzungen.  Mit  dem  Grundsatz,  den 
K.  B.  Schumann  aufstellt:  »Die  Tastatur  des  Claviers  ist  der  äussere  und  sicht- 
bare Ausdruck  des  ganzen  Tonsystems,  und  das  Notensystem  muss  wiederum, 
so  weit  es  möglich  ist,  das  getreue  Abbild  von  beiden  sein«,  der  von  seinen 
Nachfolgern  auf  dieser  Bahn  allgemein  angenommen  ist,  kann  man  Tabu- 
laturen  für  besondere  Instrumente  gewinnen,  aber  nicht  die  Dar- 
stellung eines,  für  alle  Instrumente  und  die  Singstimme  passenden 
Tonsystems.  Die  Orgel-  und  Lautentabulaturen  wai'en  ebenso  den  Instru- 
menten angepasst,  wie  heutigen  Tages  die  Notenschrift  der  Neuclaviatur  ange- 
passt  werden  soll.  Die  alte  Claviatur  ist  im  Gegentheil  eine  Darstellung  des 
Ton-  und  Notensystems,  wie  es  sich  aus  der  allgemeinen,  und  namentlich  der 
Gesangspraxis  entwickelt  hat;  das  aber  ist  das  einzig  richtige  Verhältniss,  in 
welchem  beide  zu  einander  stehen  müssen.  Tonsysteme  und  Notensysteme  müssen 
unabhängig  von  instrumentalem  Bedürfniss  aus  ihrer  eigensten  Natur  heraus 
construirt  werden  und  dann  erst  können  die  Versuche  beginnen,  sie  auf  den 
verschiedenen    Instrumenten  darzustellen. 

Aber  auch  der  andere  Grundsatz,  nach  welchem  die  Chromatiker  das  neue, 
das  chromatische  Tonsystem  construireu:  »die  zwölf  Halbstufen  unseres  Ton- 
systems, aus  welchem  eine  Octave  besteht,  sind  alle  gleich  berechtigt«,  erweist 
sich  als  durchaus  falsch  und  unhaltbar.  Die  eingehendere  Betrachtung  über  das 
Wesen  und  die  Bedeutung  der  Tonsysteme  ergiebt  sofort,  dass  eine  chromatische 
Tonreihe  im  Grunde  gar  kein  Tonsystem  darstellen  kann,  das  unserer  Erkennt- 
nise  vom  Wesen  der  Tonkunst  entspricht.  Bekanntlich  beruht  nur  die  Er- 
zeugung der  Töne  auf  gewissen  ewig  feststehenden  Naturgesetzen,  nicht  aber 
auch  ihre  Einordnung  in  bestimmte  Systeme;  diese  sind  vielmehr  das  Ergeb- 
niss  der  Speculation.  Der  menschliche  Geist  hebt  aus  der  grossen,  fast  unend- 
lich zu  denkenden  Beihe  von  Tönen  diejenigen  heraus,  welche  er  für  seine 
Zwecke  als  verwendbar  erkennt  und  in  dem  er  dann  ihr  Verhältniss  unter- 
und  zueinander  abzuwägen  versucht,  und  sie  darnach  ordnet,  kommt  er  zu  einem 
in  sich  gefestigten  Tonsystem,  das  er  seiner  künstlerischen  Thätigkeit  zu 
Grunde  legen  kann.  Je  nach  der  Erkenntniss  dieser  Tonverhältnisse  und  den 
verschiedenen  Zwecken,  welchen  die  Töne  bei  den  verschiedenen  Völkern  dienst- 
bar gemacht  werden,  gewinnen  diese  auch  verschiedene  Tonsysteme.  Es  ist 
hinlänglich  bekannt,  dass  die  vorchristlichen  Völker  die  Natur  des  Tones  ein- 
gehenden Untersuchungen  unterwarfen ,  dass  die  Chinesen  genaue  akustische 
Berechnungen  anstellten,  dass  sie  das  gesammte  Tonmaterial  kannten  und  be- 
rechneten und  dennoch  ebenso  wie  die  Inder,  die  noch  schärfere  Untersuchun- 
gen und  Scheidungen  der  Intervalle  unternahmen,  sich  mit  der  unvollständigen 
Tonleiter  bei  ihrer  praktischen  Musik  begnügten.  Die  Griechen  erhoben  diese 
Tonberechnungen  zum  wissenschaftlichen  Princip,  mit  Hülfe  dessen  sie  ihre 
Systeme    aufbauten,    aber    obgleich    auch    sie    selbstverständlich    mit    der  ganzen 


Neuclaviatur.  303 

t'hroniatik  und  Eiiharmonik  vertriUit  waren,  erbauten  auch  sie  ihre  Tonßysteme 
auf  der  Grundlage  der  Diatonik.  ])abei  erl'olgte  ihre  künstlerische  Schaffens- 
thütigkeit  nach  ganz  imdern  Gesichtspunkten,  als  seit  der  Zeit,  seit  welcher 
die  christlichen  Ideen  sich  die  Tonkunst  dienstbar  machten.  Die  Griechen  ver- 
wandten im  Ganzen  und  Grossen  den  Ton  hauptsächlich  dazu,  ihrer  Sprache 
Form  und  Klang  zu  geben,  und  diese  entwickelten  sie  mit  seiner  Hülfe  zu  einer 
Fülle  von  künstlerischen  Formen,  wie  sie  kein  anderes  Volk  besitzt.  Sie  kamen 
dabei  darauf,  auch  das  Intervall  des  Halbtons  noch  zu  theilen  und  so  getheilt 
zu  verwenden,  allein  immer  nur  innerhalb  ihres,  auf  die  Diatonik  gegründeten 
Systems.  Der  veränderten  Anschauung,  nach  welcher  dann  das  Christenthum 
sich  den  Ton  dienstbar  machte,  entspricht  es  aber  vollständig,  dass  dies  die 
Chromatik  zunächst  ganz  und  gar  aufgab,  sich  nur  auf  die  diatonische  Ton- 
leiter beschränkte.  Der  neue  Inhalt,  den  das  Christenthum  dem  menschlichen 
Geiste  zuführte,  verlangte  nach  einer  selbständigen  Darstellung  in  selbständigen, 
von  der  Sprache  unabhängigen  Tonformen.  Diese  kannten  die  vorchristlichen 
"N'ölker  nicht;  der  gregorianische  Hymnus  brauchte  den  Ton  nicht  nur  als 
Schmuck,  sondern  als  ein  selbständiges  Ausdrucksmittel.  Der  Inhalt  desselben 
sollte  nicht  nur  in  Worten  ausgedrückt,  sondern  durch  die  selbständige  Melodie 
in  Tönen  dargestellt  werden.  Dafür  aber  erwies  sich  nur  die  diatonische  Ton- 
leiter als  einzig  mögliche  Grundlage.  Die  chromatische  Tonleiter  entspricht 
schon  äusserst  wenig  den  natürlichen  Anforderungen  des  Gesangsorganes,  dem 
die  weitern  Intervalle  mit  Ausnahme  der  grossen  Septime  bequemer  zu  singen 
sind,  als  die  engern  der  kleinen  und  selbst  der  grossen  Secunde,  und  dem  die 
Häufung  gleicher  Intervalle,  wie  sie  die  chromatische  Tonleiter  bietet,  vollstän- 
dig zuwider  ist.  Vor  Allem  aber  bietet  die  chromatische  Tonleiter  nicht  die 
Bedingungen  für  die  formelle  Gestaltung  des  Tonmaterials.  Diese 
setzt  voraus,  dass  die  einzelnen  Töne  unter  sich  in  nähere  oder  entferntere 
Beziehungen  treten.  Die  Formgestaltung  wird  überhaupt  nur  dadurch  erreicht, 
dass  die  einzelnen  Theile  nicht  alle  gleich  sind,  dass  sie  mindestens  unter  sich 
in  verschiedene,  nähere  oder  entferntere  Beziehungen  treten:  dass  die  an  sich 
gleichen  Theile  zu  verschieden  zusammengesetzten  grössern  Partien,  die  dann 
wiederum  in  verschiedener  "Weise  auf  sich  bezogen  sind,  zusammengesetzt  werden. 
Diesen  Bedingungen  entspricht  die  chromatische  Tonleiter  ganz  und  gar  nicht; 


c,  eis,  d,  dis  e  f  ßs  g  gis  a  ais  h  c. 


Hier  steht  jeder  Ton  für  sich;  die  Reihe  ist  bis  ins  Unendliche  fortzusetzen, 
und  es  sind  so  viele  Gruppen  zu  bilden,  als  die  Anzahl  der  Töne  nur  immer 
zulässt,  denn  auf  jedem  Ton  ist  ein  Abschluss  möglich.  Das  ergiebt  eine  solche 
unendliche  Mannichfaltigkeit  der  Formgestaltung,  dass  sie  aufhört  eine  solche 
zu  sein.  Die  chromatische  Tonleiter  entspricht  daher  durchaus  nicht  den  neuen 
Anforderungen,  welche  die  Praxis  steUt,  wol  aber  die   diatonische: 

c — d — e — -J"]   g — a — h — c. 

Diese  erweist  sich  selbst  schon  als  ein,  in  sich  gegliedertes  Kunstwerk.  Selt- 
samer Weise  ist  dieser  Tonleiter  von  ihren  Gegnern  zum  Vorwurf  gemacht 
worden,  dass  sie  keine  »Leiter«  sei,  da  sie  aus  verschiedenen  Sprossen  bestehe. 
Es  lag  natürlich  nicht  in  der  Absicht,  eine  »Leiter«  damit  zu  gewinnen,  sondern 
einen  Organismus,  der  das  Formen  des  Tonmaterials  ermöglicht;  und  dieser 
Organismus  erhielt  dann  den  Namen,  der  am  meisten  passend  erschien;  schliesslich 
dürfte  wol  auch  eine,  aus,  in  verschiedenen  Entfernungen  angebrachten  Sprossen 
bestehende  Leiter,  noch  nicht  als  Fnding  anzusehen  sein.  Die  beiden,  den 
Ganztönen  eingefügten  Halbtöne  bilden  hier  das  gliedernde  Prinzip,  und  sie 
stellen  zugleich  die  engeren  Beziehungen  zwischen  dem  Grundton  und  den 
Dominanten  her;  Grundton  und  Ober-  und  Unterdominant  bilden  die  Gipfel- 
punkte,   und    sie    sind   es  zugleich  für  die   gesammte  Formgestaltung  geworden. 


304  Neuclaviatur. 

Der  Umstand,  dass  diese  Gliederung  bei  den  sogenannten  Kirchentonarten  nur 
in  der  einen,  der  sogenannten  jonischen,  ganz  treu  zur  Nachahmung  kommt, 
hat  die  Entwickelung  der  Formen  nur  langsam  vor  sich  gehen  lassen  und 
als  diese  dann  in  dem  Volksllede  einen  neuen  Anstoss  gewann,  und  durch 
die  Pflege  der  selbständigen  Instrumentalmusik  in  neue  Bahnen  geführt  wurde, 
war  es  ganz  natürlich,  dass  die  neue  Musikpraxis  das  System  der  Kirchenton- 
arten verliess  iftid  ein  neues  construirte,  indem  sie  jene  jonische,  unsere  C-dur 
Tonleiter,  welche  diese  Formgestaltung  in  ihrem  ganzen  Umfange  allein  zulässt, 
zur  Norraaltonleiter  erhob  und  alle  andern  genau  nach  ihr  construirte.  Es  ist 
auch  hinlänglich  bekannt,  dass  innerhalb  der  Kirchentonarten  selbst  die  Chroma- 
tik  reiche  und  weiteste  Anwendung  finden  muss;  aber  nur  als  das,  was  sie  ihrer 
eigensten  Natur  nach  immer  nur  sein  kann:    »als  Färbung«  der  Grrundtöne. 

In  der  Guidonischen  Tonleiter  ist  bereits  das  vertiefte  H  aufgenommen, 
aber  auch  nur  als  solches,  nicht  als  selbständiger  Ton  mit  selbständigem  Namen; 
es  hiess  5molle,  während  der  ursprüngliche  Ganzton  {h)  als  5  durum  bezeichnet 
ist.  Dies  Verhältniss  aber  zwischen  Diatonik  und  Chromatik  wurde  auch  durch 
die  folgende  reiche  Weiterentwickelung  durchaus  nicht  verändert.  Schon  in  der 
Yocalmusik  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  wird  die  Chromatik  in  ausgedehntestem 
Maasse  verwendet,  aber  immer  nur  als  reiche  und  prächtige  Ausschmückung 
des  ursprünglich  diatonischen  Systems;  und  daran  hat  auch  die  selbständige 
Entwickelung  der  Instrumentalmusik  nichts  geändert.  Die  Instrumentalformen 
zeigen  denselben  Organisationsprozess,  der  die  diatonische  Tonleiter  entstehen 
lässt,  ebenso  wie  die  Vocalforraen;  ganz  wie  bei  diesen  und  wie  bei  der  Ton- 
leiter bilden  Tonika  und  die  Dominanten  und  im  weiteren  Sinne  deren  Sub- 
stitute, die  Terzen  (als  Medianten)  die  Angelpunkte  wie  der  Tonleiter  so  auch 
der  Formen.  Wir  verwenden  die  gesammte  Chromatik,  aber  wir 
legen  unserm  ganzen  Kunstschaffen  das,  auf  der  Diatonik  beruhende 
Tonsystem  zu  Grunde,  weil  nur  dieses  Formgestaltung  überhaupt 
ermöglicht.  Die  Vertheidiger  des  gleichstufigen  Tonsystems  —  der  chroma- 
tischen Skala  als  Grundlage  für  Praxis  und  Notenschrift  —  haben  nach  alle- 
dem wenig  Grund,  Anschuldigungen  gegen  die  diatonische  Tonleiter  und  deren 
Anhänger  zu  erheben,  wie  G.  Decher  das  thut:*)  »Wenn  nun  die  gebräuchliche 
Tonschrift  schon  in  der  Bezeichnung  der  Ur-Tonleiter  gegen  die  ersten  An- 
forderungen an  eine  zweckmässige  Touschrift:  richtige  Darstellung  der  Klang- 
stufen und  Einfachheit  der  Bezeichnung,  sündigt,  so  ist  das  noch  in  viel  höherem 
Grade  der  Fall  bei  Bezeichnung  der  abgeleiteten  Zwischentöne,  und  zwar  in 
solchem  Grade,  dass  man  glauben  sollte,  diese  Tonschrift  sei,  wie  die  kabba- 
listische Symbolik,  dazu  erfunden,  um  von  der  Tonkunst  abzuschrecken  und 
ihre  Werke  den  Nichteingeweihten  zu  verschliessen,  und  man  kann  kaum  be- 
greifen, wie  die  Musiker  so  zähe  an  derselben  festhalten  können.  Es  wird  dies 
nur  durch  die  alte  Zunftmeistergesinnung  erkläi'bar,  die  darauf  hinausläuft: 
Haben  wir  dieses  Tonsystem  und  diese  Schrift  erlernen  müssen  und  können,  so 
können  sie  die  Jüngern  nach  uns  auch  erlernen;  wir  haben  nicht  Lust,  noch 
etwas  Neues  zu  erlernen,  bloss  damit  es  die  nach  uns  leichter  haben.  Die 
theoretischen  Musiker  und  Tondichter  kleben  am  Hergebrachten,  Ueb erlieferten 
und  quälen  lieber  sich  und  ihre  Schüler  mit  subtilen  Untersuchungen  in  Namen 
und  Schrift,  die  sie  nur  zu  oft  aufzugeben  gezwungen  sind,  als  dass  sie  sich 
dazu  verständen,  das  Einfachere  und  Zweckmässige  einer  Beachtung  zu  würdigen 
und  sich  die  kleine  Mühe  zu  geben,  nach  etwas  Besserem  zu  streben  und  sich 
etwas  Neues  anzueignen«.  Ton-  und  Notensysteme  werden  wahrlich  nicht  für 
Schüler  oder  einem  einzelnen  Instrument  zu  Liebe  organisirt,  sondern  um  der 
Musikjiraxis  und  vor  allem  der  künstlerischen  Schaffensthätigkeit  zur  Grundlage 
zu  dienen.  Wer  uns  ein  neues  Tonsystem  aufzwingen  will,  muss  vor  Allem 
erst  beweisen,    dass    die   künstlerische  Schaffensthätigkeit   eine  andere  geworden 


*)  §  18  seiner  erwähnten  Schrift. 


Neuclariatur. 


305 


ist,  und  demgeraäss  auch  die  gesummte  Musikpraxis  eine  andere  werden  muss, 
und  das  dürfte,  wie  anzunehmen  ist,  recht  schwierig  sein.  Der  Gewinn,  den 
die  Neuclaviatur  bietet,  eine  beciuemcre  und  leichter  zu  erlernende  Spielart  des 
Pianoforte,  ist  zu  unbedeutend  gegen  die  Verluste,  die  uns  das  auf  sie  basirte 
Ton-   und  Notensystem   unausbleiblich   ])ringen   würde. 

]Mit  der  Einführung  des  gleichstufigen  Tonsystems  verliert,  wie  oben  ge- 
zeigt worden  ist,  die  schöpferische  Thätigkeit,  vor  Allem  die  Formgestaltung  ihre 
natürliche  Basis.  Mit  dem  Verlust  der  Formgestaltung  aber  hört  die  Musik 
auf  Kunst  zu  sein.  Es  ist  an  verschiedenen  Urten  des  Ergänzungsbandes  und 
des  Hauptwerkes  gezeigt  worden,  dass  die  einzelnen  Töne  und  Accorde  an  sich 
nur  rein  materialistisch,  nervenreizend  wirken,  dass  nur  in  der  Weise,  in  welcher 
diese  unter  sich  in  ganz  bestimmt  erwogene  Beziehungen  treten  und  in  welcher 
diese  Beziehungen  verwendet  werden,  das  Tonraaterial  einen  Inhalt  darzulegen 
im  Stande  ist.  Diese  verschiedenen  Beziehungen  der  Töne  unter  sich  offenbart 
nur  die  diatonische  Tonleiter,  während  sie  die  chromatische  vollständig  auf- 
hebt. So  lange  also  Kunstwerke  entstehen  sollen,  wird  die  Musikpraxis  an 
dem  diatonischen  Tonsystem  festhalten  müssen,  das  in  der  Chromatik  nur  die 
Mittel  zur  individuellen   Gestaltung  des  ganzen   Schaffensprozesses  besitzt. 

Für  die  Musikpraxis  aber  wäre  es  ein  grosser  Verlust,  wenn  ihr  mit  Ein- 
führung der  gleichstufigen  chromatischen  Tonleiter,  der  Unterschied  der,  trotz 
allen  Temperirens  zwischen  den  enharmonisch  verwandten  Tönen  factisch  be- 
steht, verloren  ginge.  Dass  die  Tasteninstrumente  —  Orgel  und  Ciavier  —  ihn 
nicht  markiren  können,  ist  ein  Mangel  ihrer  ganzen  Construction,  den  wir  uns 
einfach  gefallen  lassen  müssen;  aber  es  wäre  doch  thöricht,  ihn  deshalb  auch 
den  andern  Instrumenten  aufnöthigen  zu  wollen.  Die  Geiger  wie  die  Bläser 
der  Rohr-  und  der  Messinginstrumente,  und  vor  allem  die  Singstimmen,  unter- 
scheiden sehr  scharfes  und  ges;  eis  und  des;  dis  und  es;  sie  construiren  ^.s 
aus  /  und  ges  aus  g;  des  aus  d\  und  eis  aus  c.  Daher  klingt  der  ö^s-dur-Drei- 
klang  von  Streich-  oder  Blasinstrumenten  ausgeführt  wesentlich  anders  als  der 
enharmonisch  verwandte  -F««-dur-Dreiklang  und  der  Sopran,  der  in  folgen- 
den Sätzen: 

1.  2.  3. 


f 


-ög^^ftg 


55C 


:§f 


-t 


>&.-- 


X=:. 


— I ! 


die,  nach  dem  gleichstufigen  Tonsystem  ganz  gleiche  Oberstimme  nicht  jedesmal 
anders  sänge,  würde  sich  wenig  Dank  verdienen;  ebenso  wie  der  Alt  der  im 
ersten  Beispiel^'«  genau  wie  ges  im  zweiten  singt: 

1.  2. 


Diese  wenigen  Andeutungen  werden  genügen,  um  darzuthun,  dass  das  neue  Ton- 
system nur  für  die  Neuclaviatur  passt,  durchaus  nicht  für  unsere  gesammte 
Musikpraxis,  und  dass  der  Gewinn,  den  sie  bietet,  viel  zu  gering  ist,  um  sie 
auch  nur  für  die  Ciaviermusik  zu  adoptiren.  Das  Ciavier  ist  zwar  gegenwärtig 
das,  für  den  praktischen  (Gebrauch  geeignetste  Instrument,  aber  deshalb  darf  man 
es  noch  nicht  zur  Grundlage  der  gesammten  Musikpraxis  machen,  deren  weit 
bedeutsamere    Zweige    immer    noch    Orchester-    und    vor    allem    die    Vocalmusik 

Musikal.  ConTere.-Lexikoa    Ergänzun^band.  20 


306  Neucia  viatur. 

bleiben.  Für  diese  aber  ist  das  neue,  auf  die  Chromatik  gebaute  System  äusserst 
wenig  entsprechend.  Besonders  unpraktisch  erweist  dies  sich  für  den  Gesang; 
es  gehört  eine  ausserordentlich  grosse  Uebung  dazu,  die  chromatische  Tonleiter 
zu  singen,  während  die  diatonische  der  Menschenstimme  beinahe  so  sicher  ein- 
gefügt ist ,  wie  einer  Claviatur  nach  dem  altern  Systeme.  Das  gilt  aber  auch 
von  den  meisten  Blasinstrumenten,  denen  die  Chromatik  immer  grössere  Schwie- 
rigkeiten bereitet,  als  die  Diatonik;  ja  selbst  den  Streichinstrumenten  erscheint 
die  Diatonik  natürlicher  und  leichter  als  die  Chromatik.  Darnach  sind  auch 
die  Vorwürfe,  welche  die  Chromatiker  der  diatonischen  Tonleiter  machen,  leicht 
zu  entkräften,  wenn  das  überhaupt  noch  nöthig  erscheint.  Ein  Tonsystem,  das 
eine  so  reiche,  mehr  als  tausendjährige  Entwickelung  hat,  auf  dessen  Grunde 
sich  so  stolze  Meisterwerke  aufbauten,  wie  sie  in  ähnlicher  Zahl  kaum  eine 
andere  Kunst  besitzt,  und  die  eine  Musikpraxis  hervorrief,  welche  zu  den  stau- 
nenswerthesten  technischen  Leistungen  auf  allen  Gebieten  der  Instrumental- 
und  Vocalmusik  führte,  kann  wol  nicht  so  verworren,  unsinnig  und  unjiraktisch 
sein,  wie  es  die  Chromatiker  uns  glauben  machen  wollen.  Der  Einwurf:  dass 
man  nach  unserm  System  nicht  rein  singen  könne,  erscheint  schon  mehr  komisch, 
den  Leistungen  der  grossen,  unerreichten  Sänger  alter  und  neuer  Zeit  und  den 
Chorvereinen  gegenüber,  die  nach  dem  angegriffenen  Tonsystem  geschult  und 
deren  Leistungen  von  Jahrzehnt  zu  Jahrzehnt  bedeutender  geworden  sind.  Dass 
das  System  auch  nicht  so  verwirrend  wirkt,  wie  es  die  Chromatiker  darzustellen 
belieben,  wird  ebenso  durch  die  unabsehbare  B-eihe  von  Musikern  bewiesen,  die 
sich  darin  recht  hübsch  zurecht  zu  finden  wussten.  Das  wäre  nun  allerdings 
noch  nicht  Grund  genug,  es  auch  dann  noch  zu  behalten,  wenn  ein  besseres 
geboten  würde;  allein  dass  das,  auf  die  Neuclaviatur  gebaute,  ein  solches  nicht 
ist,  das  unterliegt  wol  kaum  dem  leisesten  Zweifel  mehr.  Es  entspricht  der 
Praxis  des  Flügels,  aber  nicht  der,  der  Musik  im  Allgemeinen,  und  eines  solchen 
bedürfen  wir;  das  aber  ist  das  auf  die  diatonische  Tonleiter  gebaute  durchaus. 
Dass  sie  den  weitesten  Spielraum  gewährt,  und  ganz  besonders  durch  die  Ein- 
fügung der  Chromatik  ausserordentlich  erweitex't  werden  kann,  ohne  dass  ihre 
Grundverhältnisse  gestört  werden,  ist  einer  ihrer  bedeutendsten  Vorzüge;  und 
wie  sie  entwicklungsfähig,  namentlich  in  harmonischer  Beziehung  ist,  das  ist 
in  den  Jahrhunderten  ihrer  fortschreitenden  Ausbildung  glänzend  dargethan 
worden.  Nachdem  sie  lange  Zeit  den  harmonischen  Apparat  auf  Tonika  und 
die  Dominanten  beschränkte,  hat  sie  dann  auch  für  die  formelle  Formation  die 
Medianten  aufgenommen  und  zu  ihrer  weitern  individuellen  Ausschmückung 
den  gesammten  übrigen  harmonischen  Aj^parat,  so  dass  die  ganze  Chromatik 
in  ihr  aufgegangen   erscheint. 

Alles  das  gilt  aber  auch  wol  im  ganzen  Umfange  von  unserm  Notensystem: 
dies  ist  so  streng  der  Entwickelung  des  Tonsystems  gefolgt,  dass  es  mit  diesem 
steht  und  fällt,  dass  Verbesserungen  und  Vereinfachungen  sich  wie  bei  diesem 
wol  noch  aus  der  Praxis  ergeben  dürften,  schwerlich  aber  durch  einseitige  Sjjecu- 
lation.  Ganz  verwerflich  erscheint  die,  wiederum  versuchte  Aufzeichnung  der 
Töne  durch  Zahlen.  Das  Bedürfniss,  nach  einem  äussern  Bilde  vom  Gange 
der  Melodie,  ist  es  hauptsächlich,  was  überhaupt  dazu  drängte,  besondere  Noten- 
zeichen zu  erfinden.  Die  Buchstabenbezeichnung  bei  den  Griechen  giebt  ein 
solches  Bild  nicht,  und  diese  bedurften  eines  solchen  auch  nicht,  weil  sie  mehr 
mit  dem  einzelnen  Intervall  operirten,  das  mit  Buchstaben  leicht  anzugeben  ist; 
als  dann  aber  die  selbständige  Melodie  sich  vom  AVort  loslöste,  wurde  auch  sofort 
das  Bedürfniss  rege,  eine  Notenschrift  zu  erfinden,  die  von  dem  Gange  der- 
selben ein  einigermaassen  anschauliches  Bild  lieferte;  und  so  entstanden  die 
Neumen,  die  neben  der  Buchstabennotation  in  Anwendung  kamen.  Ganz  ent- 
sprechend wandte  man  beim  Unterricht,  wo  es  nur  galt.  Töne  und  das  Ton- 
system zu  fixiren  und  zu  lehren,  die  Buchstabennotation  an,  in  der  pi*aktischen 
Ausübung  des  Gesanges  aber  die  Notation  mit  Neumen.  Als  dann  die  Melodie 
immer  erweitertem  Aufschwung  nahm,  als  die  melodischen  Formen  immer  zahl- 


Neuclaviatur.  307 

reicher  anwuchsen,  so  dass  die  Neumen  nicht  mehr  ausreichten,  vor  allem  aber 
als  die  beginnende  Mehrstimmigkeit,  die  genaue  Messung  der  Töne  ihrem  Zeit- 
wc-rth  nach  nothwendig  machte,  entstand  die  verschiedenwerthige  Note  und  so 
erwuchs  das  Nutensystem  im  testen  Anschluss  an  die  Entwickelung  des  Tou- 
systems,  und  zugleich  immer  in  dem  Bestreben,  ein  möglichst  deutliches  äusseres 
Bild  von  dem  Gange  der  Melodie  in  den  ein/einen  Stimmen  zu  geben.  Daneben 
wurde,  wie  bei  der  Orgeltabulatur,  auch  die  Notirung  mit  Buchstaben  beibe- 
halten und  bei  der  Lautentabulatur  wol  auch  die  mit  Zalilen,  und  wiederholt 
gewann  auch,  namentlich  beim  Gesang,  die  Zahlennotirung  Eingang,  aber  immer 
nur  vorübergehend.  Jene  Tabulaturen  vermochten  sich  unserer  Notenschrift 
gegenüber  eben  so  wenig  zu  halten,  wie  die  Ziffernsysteme,  weil  sie  durchaus 
nicht  im  Stande  sind,  jene  zu  ersetzen.  Ein  anderes  Schicksal  wird  auch  die 
Neunotatiun  schwerlich  haben.  Auch  das  Siebenliniensystem  ist  nichts  Neues. 
Bekanntlich  wurden  im  Laufe  der  Jahrhunderte  fast  alle  nur  irgendwie  über- 
sichtlichen Liniensysteme  versucht,  von  einer  bis  zu  zehn  und  mehr  Linien. 
Als  es  galt,  den  Neumen  eine  festere  Stellung  anzuweisen,  bediente  man  sich 
der  einen  Linie;  mit  der  wachsenden  Ausbreitung  der  Melodien,  kam  die  zweite 
hinzu;  die  eine  war  eine  c-,  die  andere  eine  y-Linle;  dann  wurde  die  Zahl  der 
Linien  verdoppelt,  oder  man  begnügte  sich  auch  mit  drei,  und  endlich  erwei- 
terte man  die  Zahl  derselben  bis  auf  zehn  und  mehr,  aber  schliesslich  wurde 
die  Zahl  fünf  beibehalten,  weil  sie  sich  entschieden  als  die  bequemste  erweist ; 
ganz  sicher  bequemer  als  die,  von  den  Chromatikern  angenommene  Siebenzahl, 
die  in  ihrer  Einführung  mit  zweimal  drei,  durch  einen  Zwischenraum  ge- 
trennten Linien  besonders  bedenklich  ist.  Jedenfalls  aber  ist  auch  das  neue 
Notensystem  deshalb  unhaltbar,  weil  es  sich  auf  dieselben  falschen  Voraus- 
setzungen stützt,  unter  denen  das  chromatische  Tonsystem,  das  in  ihm  zur  Dar- 
stellung kommen  soll,  construirt  ist.  Nicht  nach  der  grössern  Bequem- 
lichkeit der  Einrichtung  der  Claviatur  ist  dies  Tonsystem  zu  con- 
struiren  und  dem  entsprechend  das  ganze  Notensystem,  sondern 
einzig  und  allein  nach  den  Anforderungen,  welche  die  Schaffens- 
thätigkeit  des  schöpferisch  sich  erweisenden  Künstlergeistes  stellt 
und  stellen  muss.  Diesen  aber  entspricht  nur  das  diatonische  Tonsystem, 
aus  dem  sich  die  Chromatik  nach  beiden  Seiten  ergiebt,  sowol  durch  Vertiefung 
als  durch  Erhöhung,  nach  der  XJnterdominantseite,  wie  nach  der  Oberdominant- 
seite. Dem  schaffenden  Künstler  ist  eis  zunächst  kein  selbständiger  Ton,  sondern 
nur  das  erhöhte  c:  es  ist  ihm  aber  ein  anderer  Ton  als  des,  das  vertiefte  d; 
er  braucht  beide  Töne  verschieden  und  daher  auch  verschiedene  Zeichen  für 
beide.  Er  sieht  darin,  dass  c  und  eis  und  d  und  des  u.  s.  w.  auf  derselben 
Stufe  stehen: 


'M 


--  -|.- 


->.- 


keine  Inconsequenz,  sondern  im  Gegentheil  die  höchste  Consequenz;  das  davor- 
stehende Versetzungszeichen  zeigt  die  veränderte  Bedeutung  an,  so  dass  er 
keinen  Augenblick  darüber  im  Zweifel  sein  kann. 

So  dürfte  »Chroma«  wol  schwerlich  das  vorgesteckte  Ziel  erreichen,  für  das 
alte  Ton-  und  Notensystem  das  neue  einzubürgern.  So  wenig  es  gerechtfertigt 
erscheint,  was  Jahrhundei'te  alt  geworden  ist,  nur  deshalb,  weil  es  alt  ist,  dem 
andrängenden  Neuen  gegenüber  zu  vertheidigen  und  zu  halten  zu  suchen,  so 
wenig  ist  es  gerechtfertigt,  das  Neue  anzunehmen,  nur  weil  es  neu  ist.  Wenn 
sich  dies  nach  vorurtheilsfreier  Schätzung  so  haltlos  in  seinen  ersten  Voraus- 
setzungen erweist,  so  nur  auf  ein  ganz  specielles  Verhältniss  berechnet  ist,  wie 
diese  sogenannte  Neuclaviatur,  dann  ist  es  entschieden  Pflicht,  für  das  Altbewährte 
einzutreten,  weil  mit  ihm  viel  mehr  eingebüsst  wird,  als  mit  der  Neuclaviatur  zu 
gewinnen  ist.  Die  Neuclaviatur  mag  für  den  Dilettantismus  einige  Bequemlich- 
keiten bieten,  der  künstlerischen  Entwickelung  würde  sie  nur  Schaden  zufügen. 

20» 


308  Neuendorff  —  Neumann. 

Neneiidorff,  Adolf,  geboren  am  13.  Juni  1843  in  Hamburg,  kam  im  Juni 
1855  mit  seinen  Eltern  nach  New- York,  wo  er  sich  anfangs  dem  Kaufmanns- 
stande widmete,  bald  aber  die  Musik  als  Lebensberuf  ergriff.  Er  machte  unter 
der  Leitung  seiner  Lehrer,  des  Dr.  Gustav  Schilling  und  der  Kapellmeister 
Herweg  und  Auschütz  so  bedeutende  Fortschritte,  dass  er  1858  bereits  als  erster 
Violinist  in  das  Orchester  des  deutschen  Theaters  treten  konnte;  1863  wurde 
er  zum  ersten  Kapellmeister  an  das  deutsche  Theater  in  Milwaukee  berufen. 
In  den  Jahren  1864 — 67  führte  er  mit  Anschütz  gemeinsam  die  Leitung  der 
deutschen  Oper  in  New-York,  und  von  1867 — 1870  ganz  allein.  1871  beglei- 
tete er  Theodor  Wachtel  auf  seinem  Triumphzuge  durch  Amerika,  und  über- 
nahm bei  seiner  Rückkehr  nach  New-York  die  Leitung  des  deutschen  Theaters 
daselbst;  er  gründete  dem  Germania-Theater,  im  obern  Theile  der  Stadt,  eine 
würdige  Stätte  und  erhob  es  zugleich  durch  seine  unermüdliche  Thätigkeit  auf 
eine  hohe  Stufe  künstlerischer  Bedeutung.  1878  wählte  ihn  die  Philharmonische 
Gesellschaft  zu  ihrem  Kapellmeister.  Neben  dieser  ausgebreiteten  öffentlichen 
praktischen  Thätigkeit  entwickelte  er  auch  eine  reiche  schöpferische:  ausser 
zwei  Sinfonien  und  den  Ojaeretten:  »Kadettenlaunen«;  »Der  Rattenfänger  von 
Hameln«  und  »Don  Quixote«,  componirte  er  Lieder,  Märsche  und  Ciavierstücke, 
und  als  Dirigent  der  »New- Yorker  Sängerrunde«  zahlreiche  Männerchöre. 

Neuland,  Wilhelm,  Componist,  geboren  in  Bonn  am  14.  Juli  1806,  er- 
hielt den  ersten  Unterricht  in  der  Musik  von  dem  Musiklehrer  Klebs;  später 
unterrichtete  ihn  Carl  David  Stegmann  in  der  Composition  und  im  Clavier- 
spiel.  Nachdem  N.  seine  Militärpflicht  erfüllt  hatte,  ertheilte  er  in  seiner 
Vaterstadt  Unterricht,  bis  er  1828  einen  ehrenvollen  Ruf  nach  Calais  in  Prank- 
reich erhielt.  Er  übernahm  daselbst  die  Leitung  der  Philharmonischen  Gesell- 
schaft und  blieb  dort  bis  zum  Jahre  1830,  wo  er  nach  London  übei'siedelte. 
Dort  ertheilte  er  Unterricht  im  Clavierspiel,  in  Gesang  und  Composition,  errich- 
tete zwei  deutsche  Gesangvereine  und  betheiligte  sich  mit  vielem  Erfolge  an  der 
Herausgabe  der  Lyra  germanica,  einer  Sammlung  deutscher  classischer  Lieder. 
Da  ihm  auf  die  Dauer  das  Klima  in  London  nicht  zusagte,  so  folgte  er  nach 
einem  Aufenthalte  von  fünf  Jahren  einem  neuen  ehrenvollen  Rufe  nach  Calais, 
um  seine  frühere  Stelle  wieder  zu  übernehmen.  Hier  wirkte  er  nach  allen 
Seiten  hin  mit  dem  günstigsten  Erfolge  als  Dirigent,  Lehrer  und  Componist, 
bis  ihn  die  Liebe  zur  Heimath  im  Jahre  1871  wieder  nach  seiner  Vaterstadt 
Bonn  zurückführte.  Seine  Compositionen  gehören  der  grössern  Zahl  nach  der 
Kirchenmusik  an,  worunter  vorzüglich  zu  erwähnen  sind:  zwei  Messen  für 
Chor  mit  Orchester;  ein  »0  salutaris«  für  Tenorsolo  mit  Chor  und  Orchester; 
ein  Ave  Maria  für  Contr'alto  solo  mit  obl.  Violine  und  zwölf  Marienlieder  für 
Chor  und  Soli  mit  Orgelbegleitung.  Ausserdem  erwähnen  wir  noch  Gesänge 
mit  deutschem,  französischem  oder  englischem  Texte,  auch  viele  Instrumental- 
Compositionen  für  Ciavier,  Violoncello,  und  eine  Reihe  von  Duetten  für  Ciavier 
und  Guitarre.  Besonders  heben  wir  hervor  ein  Quartett  (op.  48),  Ignaz  Mo- 
scheies gewidmet,  für  Piano,  Violine,  Bratsche  und  Bass.  Seine  beiden  grossen 
Messen,  in  Paris  bei  S.  Richault  erschienen,  machten  ihn  besonders  bekannt, 
sie  wurden  wiederholt  aufgeführt,  nicht  allein  in  Deutschland  (im  Kölner 
Dom  und  im  Münster  zu  Aachen),  sondern  auch  in  Belgien,  Frankreich  und 
Spanien  und  zuletzt  im  Jahre  1872  in  Boulogne  sur  Mer,  wozu  der  Componist 
eingeladen  wurde. 

Neuiuann,  Angelo,  wurde  am  18.  August  1838  in  Wien  geboren.  Seine 
Eltern  hatten  ihn  für  das  Studium  der  Medicin  bestimmt;  allein  Neigung  und 
Begabung  veranlassten  ihn,  sich  der  Musik  zu  widmen.  Dem  Rath  der  vor- 
trefflichen Gesanglehrerin  Stilke-Sessi,  unter  deren  Leitung  er  eingehende  Ge- 
sangstudien machte,  folgend,  entschloss  er  sich  Opernsänger  zu  werden.  Er 
ging  1859  nach  Berlin  und  sang  mit  so  günstigem  Erfolge  vor  dem  General- 
intendanten Herrn  von  Hülsen,  dass  dieser  ihm  ein  Engagement  für  zweite 
Barytonpartien    anbot.      Dem    Ehrgeiz    des    jungen    Künstlers    sagte   dies   aber 


Neumans  —  Neoschcl.  309 

wenig  zu,  und  so  Hess  er  sicli  von  dem  Direktor  l'Arronge,  dem  Vater  des  be- 
kannten Lustspieldichterö,  als  lyrischer  Baryton  für  Köln  engagiren.  Allein 
am  27.  Juli  1859  brannte  das  Theater  in  Köln  ab  und  so  nahm  N.  ein  Enga- 
gement am  Krakauer  Theater  au ;  zwar  erwarb  er  hier  bald  die  (iunst  des 
Publikums,  allein  die  Verhältnisse  sagten  ihm  dort  wenig  zu  und  so  ging  er 
nach  Wien,  wo  er  mit  der  berühmten  Sängerin  Tietjens  mit  solchem  Erfolg 
concertirte,  dass  er  unter  ehrenvollen  Bedingungen  für  die  grosse  Oper  in 
Oedenburg  und  Pressburg  gewonnen  wurde.  Hier  lernte  er  in  einer,  den  höhern 
aristokratischen  Kreisen  angehörenden  Dame,  seine  jetzige  Frau  kennen,  mit 
der  er  bald  einen  glücklichen  Familienbund  schloss.  1861  folgte  dann  der 
strebsame  Künstler,  der  ausser  einer  schönen  Stimme  und  sehr  anziehender 
äusseren  Bühnenerscheinung,  auch  ein  nicht  ungewöhnliches  Darstellungstalent 
besitzt,  einem  Ruf  nach  Danzig,  und  am  1.  April  1862  trat  er  dann  in  den 
Verband  der  "Wiener  Hofoper,  welcher  er  bis  zum  Jahre  1876  angehörte.  Sein 
Kegie-  und  Directionstalent  kam  zuerst  zur  Geltung,  als  er  im  November  1871 
bei  einer  "Wohlthütigkeitsvorstellung  im  Theater  a.  d.  Wien,  Lortzings  Waffen- 
schmidt, inscenirte;  und  seitdem  wurde  sein  Rath  nicht  selten  in  Regieange- 
legenheiten eingeholt.  Nach  einer  Reihe  ehrenvoller  Grastspiele  verband  er  sich 
mit  seinem  langjährigen  Freunde,  dem  damaligen  Regisseur  des  Hofburgtheateis, 
Dr.  Förster,  zur  Uebernahme  des  Leipziger  Stadttheaters,  und  hier  hat  er  eine 
Reihe  zum  Theil  glänzender  Beweise  für  sein  organisatorisches  Talent  gegeben, 
ebenso  durch  die  Inscenirung  neuer  Opern,  wie  der  Mozart-  und  Gluckcyclen 
und  der  Inscenirung  des  Nibelungenringes,  mit  welcher  er  auch  in  Berlin  —  im 
Mai   1881   —  ausserordentliche  Erfolge  errang. 

Neumaus,  Alphonse,  Virtuose  auf  dem  Fagott,  zu  Antwerpen  am  23.  Aug. 
1829  geboren,  war  Zögling  des  Brüsseler  Conservatoriums,  an  welchem  er,  vier- 
zehn Jahr  alt,  den  ersten  Preis  für  sein  Instrument  erhielt.  Vier  Jahre  später 
übernahm  er  eine  Classe,  die  seitdem  zu  den  besten  dieser  Schule  gehört,  und 
aus  welcher  eine  Reihe  der  vortrefflichsten  Bläser  hervorgingen. 

Neuuiark,  Georg  (VII,  260),  ist  nach  dem  Kirchenbuche  der  St.  Stefans- 
kirche zu  Langensalza  in  Thüringen  am  7.  März  1621  getauft  und  darnach 
kann  man  annehmen,  dass  er  Tags  vorher,  also  am  6.  März  geboren  wurde. 
Er  besuchte  die  Gymnasien  zu  Schleusingen  und  Gotha,  wurde  1640  Hauslehrer 
in  Hamburg  und  ging  1643  nach  Königsberg,  um  dort  die  Rechtswissenschaft 
zu  studiren.  Durch  seine  Dichtungen,  wie  durch  seine  bedeutende  Fertigkeit 
auf  der  Gambe  und  dem  Clavicymbal,  erwarb  er  sich  in  Danzig  und  iu  Thorn, 
wo  er  später  lebte,  viele  Freunde,  allein  schliesslich  erfasste  ihn  das  Heimweh, 
und  so  ging  er  wieder  nach  seiner  Heimath,  und  hier  wurde  er  vom  Herzog 
Wilhelm  IL  von  Weimar  zum  Bibliothekar,  Kanzleiregistrator  und  Archiv- 
secretär  ernannt.  1653  trat  er  als  605.  Mitglied  in  die  »fruchtbringende  Ge- 
sellschaft«, deren  Geschichte  er  unter  dem  Titel:  »Der  aufsprossende  teutsche 
Palmbaum«  (Nürnberg,  1668)  verfasste.  Seinen  geistlichen  Liedern  sind  auch 
fünfzehn  seiner  eigenen  Tonsätze  beigegeben,  in  dreistimmigem  Satz,  ohne  allen 
rhythmischen  Wechsel.  Das  eine  Lied:  »Wer  nur  den  lieben  Gott  lässt  walten«, 
das  er  dichtete,  als  er  (in  Kiel  1640)  seine  Gambe,  die  er  aus  Noth  hatte  ver- 
setzen müssen,  wieder  einlösen  konnte,  ist  zum  Gemeindelied  geworden,  das  iu 
allen  protestantischen   Kirchen  Deutschlands  gesungen   wird. 

Neuschel  oder  Neyschel  (VII,  264).  Das  erwähnte  Bild  gehört  dem  »Triumph- 
zuge Kaiser  Maximilians  I.«  an.  Dieser  besteht  aus  einer  ganzen  Reihe  von 
Bildern,  welche  Hans  Burgkmair  nach  dem  Entwürfe,  den  der  Kaiser  seinem 
Secretär  Marcus  Treitzsauerweiu  (1512)  in  die  Feder  dictirte,  malte.  In  den  Jah- 
ren 1516  — 1519  wurde  dann  der  ganze  Triumphzug  zum  Theil  mit  Verän- 
derungen von  17  der  berühmtesten  Holzschneidekünstler  in  Holzschnitten  aus- 
geführt. Ein  collossaler  Vogel  Greif,  auf  dem  ein  nackter  Manu  sitzt,  eröffnet 
die  Reihe  der  Darstellungen.  Das  20.  Bild  bringt  »Musica  Schalmeyen  pusau- 
nen    vnd   Krummhörner«,    als    deren    Meister   Neyschel   genannt   wird.     (VergL 


310  Ney  —  Nicou-Choron. 

Reissmann:  Illustrirte  Geschichte  der  deutschen  Musik,  Leipzig,  1881,  welche 
auch  das  betreffende  Bild  in   treuer  Nachahmung  bringt,  p.   224.) 

Ney,  Jenny,  Frau  Bürde -Ney,  bedeutende  dramatische  und  Colaratur- 
Sängerin,  ist  am  26.  December  1826  in  Graz  geboren  und  erhielt  den  ersten 
Unterricht  von  ihrer  Mutter,  die  selbst  eine  vortreffliche  Sängerin  war.  Später 
genoss  sie  den  Unterricht  italienischer  Lehrer.  Nachdem  die  junge  Künstlerin 
in  mehreren  kleineren  Theatern  in  Böhmen  und  Oesterreich,  und  am  Kärthnei'- 
thortheater  in  Wien  die  ersten  Proben  ihres  Talentes  abgelegt  hatte,  erhielt 
sie  ein  Engagement  an  der  Hofoper  in  Dresden.  Dieser  Bühne  blieb  sie  bis 
zum  Schlüsse  ihrer  Wirksamkeit  als  Opernsängerin  treu,  brachte  sich  auf  Gast- 
spielreisen aber  auch  in  weiteren  Kreisen  zur  Geltung.  1867  verliess  sie  die 
Bühne,  mit  dem  Titel  einer  königlich  sächsischen  Kammersängerin;  seitdem 
sang  sie  nur  noch  in  Oratorien  und  Concerten.  Sie  ist  mit  dem  Schauspieler 
Bürde  verheiratet.  Ihre  besten  Partien  waren:  Dinorah,  Norma,  Armida,  Donna 
Anna,  Iphigenia,  Valentine  (Hugenotten)  und  ähnliche. 

Jficcolini,  Louis  (VII,  266),  starb  in  Livorno  1829. 

Nicodami,  Franyois  (VII,  268),  ist  in  Willimor  in  Böhmen  1758  ge- 
boren, und  erhielt  den  ersten  Musikunterricht  von  einem  Onkel.  In  Wien, 
wohin  er  später  kam,  war  er  der  bevorzugte  Copist  und  Freund  Mozarts.  Kurz 
vor  dem  Ausbruch  der  Revolution  ging  er  nach  Frankreich.  In  Paris  war  er 
Professor  am  Conservatorium,  und  starb  daselbst  am  13.  August  1829  (nicht 
1844).  Siehe  die  von  seiner  Wittwe  herausgegebene  Biographie  (Paris,  Mal- 
teste, 1843).  Diese,  seine  Wittwe,  in  zweiter  Ehe  Mm.  Ravinet,  1864  gestoi'ben, 
schenkte  dem  Conservatorium  die  Marmorbüste  ihres  Gatten  N.  und  10,000  Fr. 
ohne  Bedingung.  Es  erhalten  aus  diesem  Fonds  jährlich  ein  oder  zwei  ausge- 
zeichnete Schüler  500  Eres,  als  Belohnung  (Prix  Nicodami).  In  der  Bibliothek 
des  Conservatoriums  befindet  sich  auch  ein  Manuscript  von  Mm.  Nicodami, 
welches  interessante  Mittheilungen  über  mehrere  Künstler  enthalten  soll,  mit 
denen  sie  in  ihrer  Jugend  bekannt  wurde. 

Nicola,  Karl  (VII,  268),  starb  zu  Hannover  den  8.  Mai  1875. 

Jflcolai,  Friedrich  Christoph  (VII,  269).  Ein  drittes,  hier  hauptsäch- 
lich zu  erwähnendes  Werk,  sind  die  »Anekdoten  vom  König  Friedrich  IL  von 
Preussen  etc.«  (Berlin,  1789 — 92),  mit  ausführlichen  und  authentischen  Mit- 
theilungen über  »des  Königs  Flötenspiel  und  musikalische  Compositionen« 
(Bd.  I,  p.  247 — 26;  Bd.  II,  145 — 169  von  Quantz),  welche  geeignet  sind,  die, 
im  4.  Bande  des  Hauptwerks  enthaltenen  Mittheilungen  über  die  Gewohnheiten 
des  Königs,  Noten  zu  setzen,  zu  seinen  Gunsten  zu  berichtigen. 

Nicolas,  Didier,  genannt  der  Taube,  geschickter  Lautenmacher,  wurde 
zu  Mirecourt  gegen  1757  geboren.  In  dieser  Stadt  arbeitete  er  auch,  und 
starb  daselbst  hochbetagt  1833.  Seine  Violinen  zeichnete  er  »A  la  ville  de 
Cremone,  D.  Nicolas  aine«,  durch  Eisen  eingebrannt.     Sein   Sohn: 

Nicolas,  Joseph,  geboren  zu  Mirecourt  1796,  war  Schüler  und  Nachfolger 
seines  Vaters.  Er  zeichnete  seine  Instrumente  »J.  Nicolas  fils«  in  derselben 
Weise  durch  Einbrennen.  1864  starb  er  und  seine  Wittwe  verkaufte  mit  dem 
Geschäft  zugleich  auch  die  Namenschiffer  von  Nicolas  Vater  und  Sohn,  sodass 
nun  auch  Violinen  neuerer  Arbeit  mit  derselben  versehen,  anzutreffen  sind. 

Nicolas,  Michel,  Professor  der  Philosophie  und  der  Theologie  zu  Mon- 
tauban,  wurde  zu  Nimes  am  22.  Mai  1810  geboren.  Zu  seinen  vielen,  meist 
historischen  oder  theologischen  Schriften  gehört:  tillistoire  des  artistes  peintres, 
sculpfeur  architecfes  et  musiciens-compositeurs  nes  dans  le  departement  du  Gardv. 
(Nimes,  impr.  Ballivet,  1859,  in  12"). 

Nicou-Choron,  Stephan  Louis,  Componist  und  Musiklehrer,  geboren  in 
Paris  am  20.  April  1809,  wurde  mit  zehn  Jahren  in  die  Musikschule  von  Choron 
aufgenommen,  wo  sein  musikalisches  Talent  schnell  zur  Entfaltung  gelangte. 
Er  wurde  Lehrer  dieses  Instituts,  und  nach  dem  Tode  Chorons,  dessen  Schwie- 
gersohn   er    geworden   war,    Direktor   desselben.      Nachdem   diesem  jedoch    alle 


Niecks.  311 

staatliche  Beihälfe  entzogen  worden  war,  ging  es  ein.  N.  witlmete  sich  hier- 
auf dem  Privatunterricht  und  der  Composition.  Er  schrieb  mehrere  Messen 
mit  Orchester,  zahlreiche  Motetten  und  Kirchenmusikbtüclte,  Oratorien  für  Weih- 
nachten, Ostern  und  Pfing&ten;  mehrere  Cuntaten  und  andere  Orchester-  und 
Chorwerke.  Auch  gab  er  eine  Gesangschule  und  eine  Sammlung  Vocalisen  für 
Sopran  und  Tenor  heraus.  N.  erhielt  für  seine  Compositionen  wiederholt  Preise 
und  Auszeichnungen. 

Nieeks,    Friedrich,    bekannter    Musikschriftsteller    in     England,     ist    am 
3.  Februar   1845  in  Düsseldorf  geboren,    wo    sein  Vater  als  Bratschist  in  dem 
Orchester  wirkte.     Von  diesem  erhielt  er  den   ersten  Unterricht  im  Geigenspiel. 
1857   wurden  M.  Langhans  und  später  L.  Auer,  welche  nach  einander  in  Düssel- 
dorf als  Concertmeister  angestellt  waren,  seine  Lehrer  und  N.  würde,  bei  seinem 
Talent  und  seinem  Fleiss,    gewiss    einer    der  bedeutendsten  Violinvirtuosen  ge- 
worden sein,  hätten  ihn  nicht  die  dürftigen  Umstünde,  in  welchen  seine  Familie 
lebte,  gezwungen,   schon   im  Knabenalter  durch   Spielen  zum  Tanz  sein  Brod  zu 
verdienen.     Diese  Beschäftigung  wirkte  natürlich   bei  seiner  schwächlichen  Con- 
stitution   nur   hemmend    auf  seine    ganze  Entwickelung.      Andrerseits  hatte  die 
frühe    und    gründliche   Bekanntmachung    mit   den    Schattenseiten    des    Musiker- 
berufes für  ihn  den  Vortheil,   dass    er,    wenn    auch  anfangs  nur  instinctiv  und 
durch   keinerlei    äussere  Anregung  unterstützt,    seine    wissenschaftlichen  Fähig- 
keiten zur  Ausbildung  brachte.     Dabei  blieben  seine  äussern  Lebensverhältnisse 
unverändert;   denn  wenn  auch  durch  gelegentliche  Mitwirkung  im  Orchester  der 
Kölner  Gürzenich-Concerte  und  mit  seiner  Anstellung  an  der,  Anfang  der  sech- 
ziger   Jahre    begründeten    städtischen    Kapelle    zu    Düsseldorf,    seine    Umstände 
einigermaassen  verbessert    wurden,    so  war    er    doch  nicht  in  der  Lage  auf  den 
Tanzmusik-Erwerb  zu  verzichten,  dies  um  so  weniger,  als  sein  Vater  inzwischen 
gestorben    war,    und   die    Sorge   für   seine    Familie   nunmehr  grösstentheils  ihm 
zufiel.     Inzwischen  hatte  N.  auch   Gelegenheit  gefunden,    bei    dem  Düsseldorfer 
Kapellmeister    Tausch    Compositions-Studien    zix   machen    und   im    Verkehr    mit 
einem  dortigen  Organisten  sich  einige  Fertigkeit  auf  dem  Ciavier  zu  erwerben; 
auch  benutzte  er  die  Bekanntschaft  mit  einem  Franzosen,    um  sich  die  Kennt- 
niss  der  französischen   Sprache   bis  zu  einem  gewissen   Grade  anzueignen.     Mit 
diesem  bescheidenen  geistigen  Besitzthum  verliess  er   1867  seine  Vaterstadt  und 
ging  auf  Veranlassung  des  schottischen   Componisten  Mackenzie  nach  Dumfries 
in  Schottland,    vv'o    er    eine  Anstellung  als  Organist  und  eine  verhältnissmässig 
einträgliche  Lehrthätigkeit  fand.     Von  nun   an  verbesserte  sich  seine  materielle 
Lage  zusehends:  bei  äusserster  Anspruchslosigkeit  in  Betreff  seiner  Person  er- 
übrigte er  genug  um  seine  Familie  zu  unterstützen  und  zugleich  seinem  Wissens- 
drang durch  Anschafiung  von  Büchern  zu  genügen;  auch  konnte  er  hinreichende 
Zeit   gewinnen,    um    die  Lücken  auszufüllen,    welche  bei  äusserst  mangelhafter, 
schon  im  dreizehnten  Lebensjahre  unterbrochener  Schulerziehung,  seinem  ferneren 
Bildungsgange  hinderlich  waren.     Neben  dem  Studium  der  englischen  und  fran- 
zösischen  Sprache,   begann   er  nun  auch  das,  der  lateinischen  und  griechischen, 
sowie  der  Philosophie,  Physiologie  und  Logik;  endlich  erlaubten  ihm  auch  seine 
Mittel,  auf  grösseren  Reisen   in  Frankreich  und  Italien  und  nach  Leipzig,  wo  er 
zwei  Semester  hindurch  Philosophie  studirte.  seine  Kenntnisse  zu  erweitern  und  zu 
befestigen.     Das    erste  Auftreten   N.'s  als  Schriftsteller  fällt  in  das  Jahr   1875, 
wo  er  seine,  beim  Ciavierunterricht  gewonnenen  Anschauungen  von  dem  Charak- 
ter  der    Chopin'schen    Musik    in    der    Londoner    Musikzeitung  »Musical  record« 
veröffentlichte,    und    in    Folge  des  Beifalls,  welchen  diese  Arbeiten,    sowie  eine 
zweite    »Mendelssohn    and   Jiis  contemporary  criticsa   bei    den    Fachmännern    fand, 
unter  die  regelmässigen  Mitarbeiter  dieses  Blattes  aufgenommen  wurde.    Weitere 
Arbeiten    über    Schumann's    Ciavierwerke    in    einer   Reihe    von    Artikeln,    über 
Weber's  Freischütz,  über  den  Gebrauch  des  Clavierpedals  etc.  befestigte  seinen 
Ruf  als  gründlichen   Musiker  und  gewandten  Stilisten,  so  dass  er  nach  einigen 
Jahren    auch    von   den    »Musical  Times«   die   Aufforderung   zur   ständigen  Mit- 


312  Niederheitmann  —  Niemann. 

arbeitorscbaft  erhielt.  Unter  N.'s  grösseren  Arbeiten  ist  ein  Werk  über  Chopin 
zu  erwähnen,  welches  binnen  kurzem  erscheinen  wird.  Bezüglich  seiner  Lebens- 
umstände ist  noch  zu  bemerken,  dass  er  1874  nach  Edinburg  übersiedelte, 
durch  die  Rauheit  des  dortigen  Klima's  jedoch  veranlasst  wurde,  diese  Stadt 
schon  nach  Jahresfrist  zu  verlassen  und  sich  wieder  nach  dem  milderen  Dum- 
fries  zurückzuziehen. 

Niederheitmann,  Friedrich,  Musikliebhaber  und  Sammler  werthvoller 
italienischer  Instrumente.  In  der  Schrift  -^Oremona».  (Aachen,  1877),  giebt 
er  Nachrichten  über  die  bedeutendsten  italienischen  Lautenraacher  und  die 
speciellen  Eigenschaften  der,  von  ihnen  verfertigten  Instrumente.  N.  starb  in 
Aachen    1878. 

Niederländischer  Tonküustiervereiu  (Neederlandsche  Toonkunstenaars-ver- 
eeniging) ,  ist  eine,  über  das  ganze  Land  und  die  vlämisch  gesinnten  Städte 
Belgiens  verbreitete  Gesellschaft,  welche  den  Zweck  verfolgt,  die  Compositionen 
einheimischer  Künstler  zur  Auffühi-ung  zu  bringen,  sowie  die  dazu  Befähigten 
als  Solisten  auftreten  zu  lassen.  Das  eine  wie  das  andere  wurde  in  den  letz- 
teren Jahren  so  sehr  vernachlässigt,  dass  einige  Künstler  selbst  den  Entschluss 
fassten,  hier  eine  Besserung  herbeizuführen.  Gr.  A  Heinze,  der  verdienstvolle 
Componist  mehrerer  oratorischer  Werke,  ergriff  die  Initative;  ihm  schlössen  sich: 
Eichard  Hol  (Utrecht),  W.  F.  Gr.  Nicolai  (Haag),  H.  A.  Meijroos  (Arnhem), 
W.  Stumpff  (Amsterdam),  C.  van  der  Linden  (Dortrecht)  an,  und  bildeten  das 
Comite  für's  ganze  Land.  Der  Verein,  der  jetzt  (1881)  beinahe  sechs  Jahre 
besteht,  veranstaltete  grosse  Musikfeste,  bei  welchen  bis  jetzt  »Bonifacius«  von 
Nicolai;  »Der  fliegende  Holländer«  und  »Leiden's  Glorie«  von  Hol ;  »Der  Feeen- 
schleiero  von  Heinze;  »Die  Rubenscantate«  vom  vlämischen  Componisten  Peter 
Benoit;  Sinfonieen  oder  Ouvertüren  von  Gernsheim,  Hol,  Heinze,  Nicolai,  Ver- 
hulst,  Franz  Coenen,  Ed.  de  Hartog,  Peter  Benoit,  Meijroos,  van  der  Linden 
u.  a.  m.,  und  kleinere  Gesangs-  oder  Instrumentalwerke  von  den  genannten 
und  vielen  jüngeren  aus  dem  Lande  zur  Aufführung  gelangten.  Ausserdem 
wurden  zum  gleichen  Zwecke  seitens  des  Vereins  Ooncerte  veranstaltet  in  Amster- 
dam, Arnhem,  Dortrecht  (wo  besonders  reges  Leben  herrscht),  Haag,  Leiden 
und  Utrecht,  in  welchen  namentlich  Kammermusik  und  auch  Lieder  zum  Vor- 
trage kamen.  Ausserdem  hielten  Heyblom,  Hol,  Nicolai,  Caspers  und  Pijzel 
VoTträge  über:  »Den  Gesang«;  »Die  musikalische  Ornamentik«;  »Die  musika- 
lische Kritik«;  »Nationalität  in  der  Kunst«;  und  »Die  niederländische  Sprache 
als  Gesangsprache«.  Es  wurden  auch  Preise  ausgeschrieben,  und  solche  erhielten: 
AV.  Kes  für  ein  Violinconcert;  C.  Krill  für  ein  Ciaviertrio;  Leon,  C.  Bouman 
für  Fantasiestücke,  für  Violine  und  Ciavier,  und  G.  H.  Witte  für  Fantasiestücke 
für  Cello  und  Ciavier.  Ehrenvolle  Erwähnung  fanden:  Henri  Völlmar  für  eine 
Ballade  (Chor,  Soli  und  Orchester)  und  Govert  Dorrenboom  für  Fantasiestücke 
für  Cello  und  Ciavier.  Einige  Dichter  erhielten  Prämien  für  eingesandte  Werke 
zur  musikalischen  Composition  geeignet.  Der  Verein  besitzt  eine  Bibliothek 
von  Werken  niederländischer  Componisten,  und  hat  auch  den  Grund  gelegt  zu 
einem  Pensionsfonds  für  seine  Mitglieder.  Ein  mit  Fleiss  zusammengestellter 
Catalog  der  Werke  von  den  meisten  Componisten  des  Landes  und  von  den  bel- 
gischen Mitgliedern  ist  soeben  erschienen  und  zeigt  aufs  Ueberzeugendste,  wie 
Vieles  und  Gutes  im  Lande  selbst  geschrieben  wurde,  und  wie  sehr  es  zu  be- 
dauern und  zu  beklagen  ist,  dass  die  Concertgesellschaften  und  selbst  die  IMusiker 
fortfahren,  das  meiste  davon  zu  negiren. 

Niemaun,  Rud.  Friedr.,  geboren  am  4.  December  1838  in  Wesselburen 
(Holstein),  war  zuerst  Schüler  seines  Vaters  und  dann  in  den  Jahren  von 
1853 — 1856  des  Leipziger  Conservatoriums.  Zu  seiner  weitern  Ausbildung 
ging  er  dann  nach  Paris  und  schliesslich  nach  Berlin,  wo  er  noch  die  Unter- 
weisung von  Hans  von  Bülow  genoss.  N.  darf  zu  den  besten  Pianisten  der 
Gegenwart  gezählt  werden.  Composition  studirte  N.  bei  Rietz,  Halevy  und  Kiel. 
N.  erweiterte  seinen  Ruf  namentlich  durch  die,  in  den  Jahren  1873 — 1877  mit 


Nieuweahuijaen  —  Notograpli.  313 

"Wilhelmy  gemeiuschaftlich  unternommenen  Concertreisen  in  Deutschland,  Ru38- 
land,  England  u.  s.  w.  Seine  Compositionen  gehören  zu  den  beachtenswerthesten 
Erscheinungen  der  Neuzeit,  namentlich  hahen  seine  Gavotte  op.  16  für  Piano- 
forte  und  seine  Sonate  für  Pianoforte  und  Violine  op.  18  allgemeined  In- 
teresse erregt. 

Nienwonhuijseu,  F.  (VII,  281),  wurde  zu  Zutphen  1758  geboren  und  war 
Schüler  des  Organisten  Bleuraer  und  des  Carillonneur  (iroenemann.  Er  starb 
am  29.    Januar   1841   zu  Utrecht.     Sein  ältester  Sohn: 

Nieuweuhuijseu,  J.  Friedrich,  wurde  zu  Utrecht  am  27.  Februar  1784 
geboren,  starb  daselbst  1851. 

Nieuweuhuijsen,  G.  J.  F.,  der  jüngere  Bruder  des  Vorigen,  geboren  zu 
Utrecht  am  4.  Januar   1818,  starb  daselbst  am   19.   Mai   1869. 

Nohr,  Christian  Friedrich  (VII,  284),  ist  am  7.  October  1800  geboren 
und  starb  am   16.  October  1875. 

>'orbliu,  Louis  Pierre  Martin,  sehr  talentvoller  Violoncellist,  wurde 
in  "Warschau  am  2.  December  1781  geboren.  Sein  Vater,  französischer  Maler, 
hatte,  zum  Hofmaler  des  Königs  Stanislaus  August  ernannt,  1772  dort  Wohn- 
sitz genommen.  1798  wurde  N.  zum  Besuche  des  Conservatoriums  nach  Paris 
geschickt,  und  gewann  dort  als  Schüler  Baudiot's  den  ersten  Preis.  1809  trat 
er  in  das  Orchester  der  italienischen  Oper,  von  1811 — 1844  gehörte  er  als  Solo- 
Violoncellist  der  grossen  Oper  an.  1826  wurde  er  zum  Professor  am  Conser- 
vatorium,  an  Stelle  Levasseur's  ernannt,  auch  gehörte  er  zu  dem  weltberühm- 
ten Quartett  von  Baillot.  N.  starb  am  14.  Juli  1854  auf  dem  Schlosse 
Connantre   (Marne). 

Nor  manu,  Barack,  gehörte  zu  den  geschicktesten  Lautenmachern  Englands 
im  18.  Jahrhundert.  Er  wurde  1688  geboren  und  starb  1740.  Wahrscheinlich 
war  er  ein  Schüler  des  Thomas  Urquhart.  In  England  schätzte  man  ihn  hoch 
und  er  gilt  auch  für  denjenigen,  der  Violoncellos  daselbst  zuerst  verfertigte. 
1715  associirte  er  sich  mit  Nathauael  Gross,  und  beide  zeichneten  ihre  Instru- 
mente »The  bass-viol«. 

Norris,  John,  englischer  Lautenmacher,  der  in  London  in  Gemeinschaft 
mit  Thomas   Smith  arbeitete,  wurde   1739  geboren  und  starb   1818. 

Noskowski,  Siegmund  von,  in  Warschau  am  2.  Mai  1846  geboren,  wurde 
1865  Schüler  des  dasigen  Conservatoriums,  als  welcher  er  namentlich  Ciavier, 
Violine  und  Gesang  studirte.  Nach  seinem  Abgange  wurde  er  Musiklehrer  am 
Warschauer  Blindeninstitut;  als  solcher  erfand  er  ein  neues  Noten system  für  die 
Blinden,  das  von  dem  Collegium  angenommen  wurde.  Daneben  war  er  auch  zum 
Stellvertreter  des  Professor  Ciaffei  am  Conservatorium  ernannt  worden.  Er  gab 
indess  diese  Stellungen  1873  auf  und  ging  als  Stipendiat  der  Warschauer  Musik- 
gesellschaft nach  Berlin,  um  noch  bei  Professor  Kiel  Composition  und  Contra- 
punkt zu  studiren.  Durch  dessen  Vermittelung  wurde  er  1876  als  städtischer 
Musikdirektor  nach  Constanz  berufen,  wo  er  noch  wirkt.  Von  seinen  Com- 
positionen sind  bisher  nur  wenige  gedruckt. 

Noteuumwender  (VII,  304),  siehe:  Automatischer  Notenblattumwender. 

Notker,  Balbulus  (VII.304),  starb  912,  nicht  812.  Reissmanns  »lUustrirte 
Geschichte   der  deutschen   Musik«   (Leipzig,   1881)   bringt  sein  Bild. 

>'ot02:raph  (s.  auch  Notenschreibmaschine  VII,  295),  so  nennt  der  Lehrer 
E.  Schmeil  in  Magdeburg  die  neue  von  ihm  erfundene  Maschine,  welche  das, 
auf  dem  Ciavier  Gespielte  sofort  zu  Papier  bringt.  Sie  besteht  aus  einem  recht- 
eckigen Kasten  mit  Claviatur  und  zwei  Pedalen,  von  denen  das  linke  zum  Auf- 
ziehen des  Laufwerks,  das  rechte  aber  zur  Bestimmung  des  Taktwerths  der  ent- 
stehenden Noten  dient.  Um  die  Claviatur  des  Notographen  bei  verschiedenen 
Instrumenten  anzuwenden,  ist  sie  verstellbar.  Vermittelst  einer  Triebwalze  wird 
das  Papier  von  den  eingelegten  Papierrollen  abgezogen  und  unter  den  ßadir- 
stiften,  die  sich  über  der  Triebwalze  befinden,  um  ihre  Perii)herie  bewegt  und 
auf  eine  Rolle  gewickelt.     Linienzieher    und  Notenzeichner  notiren  so  das  Ge- 


314  Nottebohm  —  Novelle. 

spielte.     Das  Laufwerk  wird    durch    eine  Feder  getrieben  und  mit  Hülfe  eines 
Windfangs  geregelt. 

Nottebolini,  Martin  Gustav,  Componist,  Clavierspieler  und  Musikschrift- 
Bteller,  ist  zu  Lüdenscheid  bei  Arnsberg  in  Westfalen,  als  Sohn  eines  Fabrik- 
besitzers, am  12.  November  1817  geboren.  Während  er  1838  —  39  in  Berlin 
als  Volontair  seiner  Militärpflicht  genügte,  nahm  er  Unterricht  im  Clavierspiel 
und  der  Composition  bei  Beiger  und  Dehn.  1840  ging  er  nach  Leipzig,  wo 
er  in  nähere  Beziehung  zu  Schumann  und  Mendelssohn  trat,  und  von  dem  letz- 
teren durch  ein  Zengniss  über  seine  musikalische  Befähigung  vom  Militärdienst 
befreit  wurde.  Im  September  1846  siedelte  N.  nach  Wien  über,  wo  er  noch 
einen  Cursus  der  Composition  unter  Sechter  durchmachte.  Ausser  zahlreichen 
Artikeln  in  verschiedenen  Zeitschriften,  veröffentlichte  er  nachverzeichnete 
Werke:  »Ein  Skizzenbuch  von  Beethoven«  (Breitkopf  &  Härtel,  1865);  »Thema- 
tisches Yerzeichniss  der  im  Druck  erschienenen  Werke  von  Beethoven«,  mit 
chronologischen  und  kritischen  Anmerkungen  (Breitkopf  &  Härtel,  1868); 
»Beethoveniana«  (Rieter-Biedermann,  1872);  »Beethovens  Studien«  (bei  Hajdn, 
Albrechtsberger  und  Salieri,  nach  Original-Manuscripten)  (Rietcr-Biedermann, 
1873);  »Thematisches  Verzeichniss  der  im  Druck  erschienenen  Werke  von  Franz 
Schubert«  (Wien,  Schreiber,  1874);  »Mozartiana«  (Breitkopf  &  Härtel,  1880); 
»Ein  Skizzenbuch  von  Beethoven  aus  dem  Jahre  1803«  (Breitkopf  &  Härtel, 
1881);  Von  N.'s  Compositionen  sind  erschienen:  Ein  Ciavierquartett,  op.  1; 
Ciaviertrios,  op.  4;  Solostücke  für  Ciavier,  op.  6,  10,  11  — 13,  15,  16  (Wien, 
Spina,  und  Leipzig,  Peters) ;  Variationen  über  ein  Thema  von  Seb.  Bach  für 
Ciavier  zu  vier  Hunden,  op.   17. 

Xovellette.  Robert  Schumann  dürfte  wol  der  erste  gewesen  sein,  der  diese 
Bezeichnung  auf  Ciavierstücke  von  tieferm  Gemüthsinhalt  anwandte  in  seinem 
so  bezeichneten  Op.  21.  Der  Meister,  der  von  der  frühesten  Jugend  an  bemüht 
ist,  die  Musik  zum  Träger  seiner  Innerlichkeit  zu  machen,  dem  diese  Kunst 
nur  Werth  hat,  so  weit  sie  offenbart,  was  in  der  Phantasie  und  dem  Gremüth 
des  schafi'enden  Künstlers  vorgeht,  war  unablässig  bemüht,  die  Mittel  und  die 
Formen  der  Darstellung  zu  erweitern  und  zu  vermehren  und  ihre  Ausdrucks- 
fähigkeit zu  steigern.  In  seinen  KPapillons«,  im  »Carneval«,  den  »Davids- 
bündlern«,  der  »Kreisleriana«  u.  s.  w.  hatte  er  neben  Träumen  seiner  Phantasie 
auch  schon  ein  gut  Stück  des  Romans  seines  Herzens  in  dramatischer  Leben- 
digkeit vorgeführt.  In  den  Sonaten  machte  er  dann  bereits  auch  schon  den 
Versuch,  den  neuen  Inhalt  der  altern  Foi-m  aufzunöthigen ,  w^as  ihm  nur  zum 
Theil  gelingen  konnte,  und  so  war  es  ganz  naturgemäss,  dass  er  eine,  der  Sonate 
verwandte,  aber  in  ihrer  Zusammensetzung  viel  freiere  Form  wählte,  und  dass 
er  diese  dann  als  »Novelle«,  oder  besser  »Novellette«  bezeichnete,  erscheint  auch 
durchaus  nicht  als  unpassend.  Bekanntlich  stammt  der  Name  Novelle  aus  dem 
Italienischen  und  bezeichnet  ursprünglich  nichts,  als  eine  gut  und  geistreich 
erzählte  Neuigkeit  von  allgemeinem  Interesse.  Soll  diese  künstlerische  Bedeu- 
tung gewinnen,  so  muss  sie  zugleich  irgend  eine  höhere  Idee,  eine  Wahrheit 
des  Lebens  versinnlichen.  In  diesem  Sinne  fasste  sie  Bocaccio  und  seine  Nach- 
folger auf  diesem  Gebiet.  Die  Musik  vermag  natürlich  nur  die  Stimmungen 
solch  novellistischer  Vorgänge  darzustellen  und  in  diesem  Sinne  nur  ist  natür- 
lich auch  die  Uebertragung  des  Namens  Novelle  auf  Musikformen  zu  fassen. 
Dass  Schumann  die  einzelnen  Sätze  unter  dem  direkten  Einfluss  von  bestimm- 
ten Vorgängen  schrieb,  das  wird  auch  dadurch  bewiesen,  dass  er  das  Inter- 
mezzo (in  Nr.  3)  bei  seiner  ersten  Veröffentlichung  in  »Sammlung  von  Musik- 
stücken alter  und  neuerer  Zeit  als  Zulage  zur  Neuen  Zeitschrift  für  Musik«, 
mit  einem  Motto  aus  Macbeth  versah. 

Novelle,  Vincent  (VII,  307),    starb    nicht    in  London   1845,    sondern  zu 
Nizza  im  August  1861. 

>"OYeIlo,  Joseph  Alfred,   Sohn  des  Vincent  Novello,  einer  der  intelligen- 
testen und  geschicktesten  Musikalienverleger  in  London,  geboren  1810  daselbst, 


O  —  Obertöne.  315 

folgte  den  Traditionen  seines  Vaters,  und  war  für  Verbreitung  guter  Musik  in 
England  ungemein  thiitig.  Er  erfand  auch  eine  Methode,  den  Druck  der  Musi- 
kalien billiger  herzustellen,  in  Folge  dessen  eine  Preisermilssigung  eintreten 
konnte.  »Mendelssohns  Paulus«  und  »Lobgesang«  übersetzte  er  und  kam  mit 
der  Herausgabe  dieser  Werke  dem  Wunsche  des  englischen  Publicums  entgegen; 
auch  -wirkte  er  thatkrilftig  für  die  Abschaffung  einiger  Stempelsteuern,  die  den 
Buchhandel  belasteten.  Er  zog  sich  1850  vom  Geschäft  zurück  und  lebt  seit- 
dem in  Italien. 


O. 

0  oder  ^les  0  de  Noelt  (VII,  310).  Die  sogenannten  grossen  Antipho- 
nien  sind  folgende:  für  den  17.  December:  »O  sapientia!  quae  ex  ore  Ältissimi 
prodiixfia;  für  den  18.  Dec. :  »O  Ädonai!  et  dux  domus  Israeh;  für  den  19  Dec: 
»0  Radix  Jesse!  qui  sfas  in  signum  populoruma;  für  den  20.  Dec:  »0  clavis 
David,  et  sceptrum  domus  Israel. 'v.  für  den  21.  Dec:  »O  Oriens!  splendor  lucis 
aeternae'-i;  für  den  22.  Dec:  »0  Rex  (jentium,  et  desideratus  earuma;  und  für 
den   23.  Dec:    »0  Emmanuel!  Rex  et  legifer  nosterlt. 

Obertöne  (auch  Aliquot-,  Partial-  oder  Beitöne),  werden  in  neuerer  Zeit 
meistens  die  Töne  genannt,  welche  ein  klingender  Körper  neben  dem  Grundton 
noch  erzeugt.  Akustische  Beobachtungen  haben  ergeben,  dass  die,  zum  Erklin- 
gen gebrachte  Saite  z.  B.  ausser  dem  einen  Ton  noch  eine  ganze  Reihe,  mit 
diesem  in  näherer  oder  entfernterer  Beziehung  stehende  Töne  hören  lässt,  doch 
nicht  annähernd  mit  der  Stärke  des  Grundtons.  Man  erklärt  diese  Erscheinung 
daraus,  dass  die  vibrirende  Saite  nicht  nur  ihrer  ganzen  Ausdehnung  nach, 
sondern  zugleich  in  ihren  vielen  proportionalen  Theilen  schwingt  und  so  die, 
durch  die  betreffenden  verschiedenen  Knotenpunkte  genau  abgegrenzten  ver- 
schiedenen Töne  erzeugt.  Die  Reihe  dieser  Obertöne  erfolgt  selbstverständlich 
für  alle  musikalischen  Klänge  in  derselben  Ordnung.  Sie  entspricht  zunächst 
genau  jenen  auf  Trompete  (und  Hörn)  erzeugten  Naturtönen  (s.  d.).  Die  Reihe 
aber  lässt  sich  noch  erweitern;  so  ergiebt  der  Grundton  C^  (Contra  (7)  bis  zum 
viergestrichenen  c  eine  Reihe  von  64  Obertönen,  von  denen  natürlich  nur  wenige 
einigermassen   hörbar  werden: 

C\  :  C  :  G  :  c  :  e:(j  :  h  :  c^  :  d^  :  e^  :  f  :  g^  :  a^  :  h^  :  h^  e-  des'~  :  d-  :  es-  :  e-  :  /-  :  /= ; 
ßs'-  :  o2  :  ois-^  :  a2  .  ^2  .  j2  .  „^-,2  .  ^2  .  ^^^2  .  ^3  .  ;3  .  j^^.a  ^3  .  ^3  .  Js  .  ^^.3  .^3.^3.  g3  . 

4  +  +  + 

ß  -.ß  ß  \fis  -.ßs  :  g'^  :  g^  :  as^  :  gis^  :  gis^  :  a^  :  a^  :  a^  :  a^  :  P  :  b^  :  ais'^  :  ais^  :  k^ 

-t 
h^  :  It^  :  c*  :  c*.  Der  Akustiker  Georg  Appun  in  Hanau  hat  einen  Apparat  er- 
funden, einer  Physharmonika  ähnlich,  welcher  die  oben  verzeichneten  Obertöne 
genau  nach  den  angegebenen  Verhältnissen  enthält.  Selbstverständlich  erzeugt 
ein  anderer  Grundklang  auch  andere  Obertöne,  aber  immer  genau  in  derselben 
Ordnung.  Natürlich  gehören  geübte  Ohren  dazu,  auch  nur  die  Töne  der  ersten 
Reihe  zu  unterscheiden.  Um  sie  leichter  hörbar  werden  zu  lassen,  hat  H.  Helni- 
holtz  die  sogenannten  Resonatoren  erfunden,  gläserne  Hohlkugeln  oder  Röhren 
mit  zwei  Oeffnungen,  von  denen  die  eine  mit  scharf  abgeschnittenen  Rändern 
versehen  ist,  während  die  andere  trichterförmig  ausgeht  und  zwar  so,  dass  mau 
sie  in  das  Ohr  einsetzen  kann.  Bedeckt  man  das  eine  Ohr  mit  der  Hand, 
während  man  den  Resonator  an  das  andere  Ohr  ansetzt,  so  hört  man  die,  in 
der  Umgebung  erklingenden  Töne  nur  gedämpft,  während  der  Ton  des  Reso- 
nators, sobald  er  angegeben  wird,  mit  schmetterndet  Kraft  auf  das  Ohr  wirkt. 
Ueber  die  Obertöne  nach  ihrer  Verwendung  als  Flageoletttöne  s.  d.  und  Naturtöne. 
Helmholtz  hat  ferner  nachzuweisen  gesucht,  dass  diese  Obertöne  namentlich 
die  Natur  des  Klanges  bestimmen  helfen.  Der  Mangel  an  scharfen  Obertönen 
:;  acht  den  Klang  gewisser  offener  Orgelpfeifen  weich  und  sanft,   so  dass  selbst 


316  Obertöne  —  Obiols. 

herbe  harmonische  Dissonanzen  durch  sie  ausgeführt,  viel  von  ihrer  Herbheit 
verlieren.  Nach  dieser  Seite  sind  ihnen  die  Flöten  und  die  Flötenregister  der 
Orgel  verwandt.  Bei  ihnen  tritt  schon  die  Octave  deutlich  zum  Grundton  hinzu, 
bei  scharfem  Blasen  auch  die  Duodecime.  Die  Octaven  und  Quinten  sind  dann 
schon  schärfer  durch  Obertöne  begrenzt,  die  Terzen  und  Sexten  aber  nur  schwach 
durch  Combinationstöne.  Daher  ist  auch  der  Charakter  ihres  Klansres  dem  der 
gedeckten  Orgelpfeifen  noch  sehr  ähnlich.  Die  sogenannten  Priucipalregister 
der  Orgel  geben,  wie  die  Singstimmen  die  niedern  Obertöne  deutlich  hörbar 
an  und  sind  daher  in  Klang  und  Behandlungsweise  dieser  verwandt.  Reicher 
an  Obertönen  sind  die  Streichinstrumente,  daher  ist  ihr  Klang  auch  schäi-fer 
und  eindringlicher.  Aus  demselben  Grunde  hat  die  Clarinette  weichern  Klang 
als  die  Oboe  und  das  Fagott.  Unter  den  Messinginstrumenten  hat  nur  das 
Hörn  noch  eine  weiche  Klangfarbe,  während  die  Trompeten  und  die  Posaunen, 
•wegen  der  Zahl  und  Kraft  ihrer  Obertöne  sehr  rauschend  erklingen.  Selbst 
die  unvollkommenen  Consonanzen  sind,  durch  sie  dargestellt,  von  geringerem 
"VVolklange,  und  die  Dissonanzen  werden  leicht  unerträglich.  Bei  allen  diesen 
Instrumenten  ist  die  Klangfarbe  natürlich  auch  von  der  Art,  wie  der  Ton  er- 
zeugt wird,  abhängig.  Werden  die  Saiten  mit  einem  Stift  gerissen,  oder  mit 
scharfen,  unelastischen  Hämmern  angeschlagen,  so  werden  eine  grosse  Menge 
hoher  Obertöne  erzeugt  und  man  erhält  einen  scharfen,  klimpernden  Klang. 
Dieser  wird  weicher  und  wolklingender,  wenn  man  die  Saiten  mit  dem  weichen 
Finger  reisst  oder  mit  einem  befilzten  Hammer  anschlägt,  weil  dann  die  hohen 
Obertöne  wegfallen.  Auch  die  Anschlagsstelle  ist  nicht  gleichgültig  für  die 
besondere  Klangfarbe  der  Saite;  liegt  diese  auf  dem  Drittel  der  Saite,  so  fallen 
die  ungradzahligen  Obertöne  aus  und  der  Klang  wird  hohl  und  näselnd;  auf 
der  Mitte  der  Saite  aber  fallen  die  gradzahligen  aus  und  der  Klang  wird  ebenso 
getrübt.  Erfahrungsmässig  steht  fest,  dass  die  Anschlagsstelle  auf  ^/^  bis  ^/g  der 
Saitenlänge  verlegt,  die  besten  Klänge  giebt.  Auch  die  Stärke  der  Saiten  und 
das  Material  derselben  beeinflusst  die  Erzeugung  der  Obertöne  und  dem  ent- 
sprechend die  Klangfarben.  Ganz  ähnlich  verhält  es  sich  mit  den  Pfeifen  der 
Orgelpfeifen  und  den  verwandten  Blasinstrumenten.  Helmholtz  hat  seine  Unter- 
suchungen nach  dieser  Richtung  auch  auf  die  Vocale  ausgedehnt  und  gefunden, 
dass  man  bei  den  heilern  Vocalen  vermittelst  der  Resonatoren  sehr  hohe  Ober- 
töne selbst  bis  zum  16.  erkennen  kann.  Die  Vocale  zerfallen  in  drei  Reihen 
nach  der  Stellung  der  Mundtheile: 

/e — i 
a — ö — ü 
\o—u 
Als  Ergebniss  der  weitern  Untersuchungen   von  Helmholtz    in  dieser  Richtung 
stellte  sich  heraus,    dass  a  der  Ausgangspunkt    für  alle  drei  Reihen  bildet;    er 
wird  bei  der,  vom  Kehlkopf  ab  ziemlich  gleichmässig  trichterförmig  erweiterten 
Stellung   der    Mundhöhle    gewonnen.      Diese    ändert    sich    bei   der    Bildung    der 
übrigen  Vocale  und  damit  auch  die  Resonanz,  welche  Helmholtz  wie  folgt  angiebt: 

ff^     P     d*    cis^    g^     as^ 
f     P      P      cf    ß     f      ß      f 
u     0       a       ä       e       i       ö       ü 
Aus  diesen  Untersuchungen  gewann  Helmholtz  das  Resultat:    dass  Klänge,  die 
von  einer  Reihe  ihrer  niedern  Obertöne  bis  etwa  zum  sechsten  hinauf  in  massiger 
Stärke    begleitet   sind,    wie    die    des    Pianoforte,    der    offenen    Orgelpfeifen    und 
der  menschlichen  Stimme,  wie  des  Hornes,  weicher  und  angenehmer  wirken  als 
die,    bei    denen    nur   ungeradzahlige    Obertöne    da   sind,    wie  bei  den  gedackten 
Orgelpfeifen,  den  in  der  Mitte  angeschlagenen  Saiten,  die  einen  näselnden  Charak- 
ter   erhalten.      Wenn    dagegen    die  höhern    Obertöne   jenseits    des   sechsten  und 
siebenten  deutlich  sind,  wird  der  Klang  schärfer  und  rauher,  wie  bei  den  Saiten- 
instrumenten, der  Oboe,  dem  Fagott  u,  s.  w. 

Obiols,   Mariano,  Componist,  Violinist  und  Direktor  der  Musikschule  zu 


Obtusa  --  Ückonheim.  317 

Barcelona,  ißt  am  26.  November  1809  geboren.  Er  erhielt  früh  Violinunter- 
richt, durfte  sich  jedoch  luisschliesslich  der  Musik  erat  widmen,  nachdem  er 
bereits  einige  Zeit  in  einem  kaufmännischen  Cumptoir  gearbeitet  hatte.  Er 
unterzog  sich  nun  einem  dreijährigen  Compositionstudium  unter  Leitung  von 
Ramon  Vilanova,  und  trat  dann  mit  Yocal-  und  Instrumentalcompositionen 
hervor,  die  in  Barcelona  zur  Aufführung  kamen.  1831  ging  er  nach  Italien, 
wo  er  in  Mercadante  einen  Lehrer  und  väterlichen  Freund  erwarb.  Er  durch- 
reiste mit  diesem  Italien,  Deutschland  und  Frankreich,  um  von  der  Musik  dieser 
Länder  Kenntniss  zu  nehmen.  Nach  seiner  Kückkehr  nach  Italien  schrieb  er 
die  Oper  vOdio  ed  amorei  (aufgeführt  in  Mailand  in  der  Scula  1837).  Hierauf 
begab  er  sich  nach  Barcelona  zurück,  und  wurde  dort  mit  der  Direction  des 
neu  errichteten  Lyceunis  für  Musik  betraut,  in  welchem  Institut  er  auch  Con- 
certe  einrichtete,  die  er  dirigirt.  Später  wurde  0.  (jeneraldirektor  der  Musik 
des  Theaters  Lyceum,  zu  dessen  Einweihung  er  die  Cantate  <j.II  Reijio  Imeneov. 
schrieb.  Seine  ziemlich  zahlreichen  Compositionen  bestehen  in  dramatischen 
Scenen,  mehreren  Messen,  Psalmen,  Motetten,  vier  grossen  Hymnen,  Gesangs- 
stücken, die  in  Heften  (Album)  erschienen,  drei  Ouvertüren,  eine  Serenade,  ein 
Concert  für  englisch  Hörn,  die  vieraktige  Oper  y>Editta  di  BelcourU.  0.  nimmt  in 
Barcelona  als  Componist,  Dirigent  und  Lehrer  einen  hervorragenden  Platz  ein. 

Obtusa,   auch  obtusior    =    dumpf,   heisst  ein  Orgelregister  von   8  Fusston. 

Ocnriua,  ein  italienisches  Instrument,  das  durch  M,  Dinardo  auch  in 
Deutschland  eingeführt  worden  ist.  Seine  Einrichtung  ist  die  denkbar  ein- 
fachste einer  Thonpfeife.  Es  hat  die  Form  einer  Wasserrübe,  ist  aus  Thon  ge- 
fertigt, inwendig  hohl  und  hat  an  der  Seite  eine  mundstückartige  Oeffnung. 
Ausserdem  ist  es  mit  neun  Tonlöchern  versehen,  welche  zunächst  mit  den 
Fingern  geschlossen  werden;  ein  zehntes  dicht  neben  dem  Mundstück  gebohrtes 
Loch  bleibt  offen,  um  die  Luft  ausströmen  zu  lassen.  Sind  die  neun  Tonlöcher 
geschlossen,  so  wird  bei  massigem  Anblasen  der  Grundton  des  Instruments 
erzeugt;  beispielsweise  c^;  bei  etwas  schärferem  Blasen  entsteht  cis^,  wird  dann 
das  zweite  Tonloch  noch  geöffnet,  so  erklingt  d^,  e-  wenn  auch  noch  das  dritte 
und  f^  wenn  auch  noch  das  vierte  geöffnet  werden  und  in  dieser  Weise  gewinnt 
man  die  diatonische  Tonleiter  bis  e^.  Die  chromatischen  Töne  werden  durch 
andern  Fingersatz  gewonnen;  2  allein  geöffnet,  während  alle  geschlossen  sind, 
ergiebt  dis,  für  ßs^  werden  1,  2  und  4  geöffnet,  für  gis^  1,  2,  3,  5,  für  dis^ 
1,  2,  4,  5,  6  u.  s.  w.  In  neuerer  Zeit  hat  sich  der  Fabrikant  H.  Fiehn  in 
Wien  zur  Aufgabe  gemacht,  das  Instrument  in  Aufnahme  zu  bringen.  Er  hat 
es  mit  Stimmzug  und  Klappen  versehen;  durch  jenen  kann  es  höher  und  tiefer 
gestimmt  werden;  durch  diese  aber  wird  sein  Umfang  erweitert.  Fiehn  ver- 
fertigt Concert-Ocarina's  in  allen  Grössen  und  Tonarten  und  hat  einen  eigenen 
Verlag  für  Ocarina-Noten  gegründet.  Aus  diesem  sind  zunächst  drei  Ocarina- 
Schulen  zu  nennen,  eine  von  Fahrbach  sen.,  eine:  y>Petife  methode,  collections 
choisie  d'airs  populaires  pour  Vocarinati  (Paris,  bei  Weiser  &  Neumann)  und 
nMethode  de  l'ocariiiaa  von  H.  Fiehn.  Fahrbach  sen.,  Ernestini,  Sahmetini  und 
Grossi  componirten  Tänze  und  andere  Tonstücke  für  Ocarina  mit  Pianoforte- 
begleitung; Froschhard  Etüden  und  Arien  mit  Variationen  für  Ocarina  allein 
und  Ernestini,  Sahmetini  und  andere  arrangirten  und  componirten  Duette.  Trios, 
Quartette,  Quintette,  Sextette  und  Septette  für  zwei,  drei,  vier,  fünf,  sechs  und 
sieben  dieser  Instrumente    und    schrieben    Potpourris  für  8,  9   und  10  Ocarina. 

Ockeuheim  oder  Oke^hem,  Johannes  (YII,  316),  von  Ed.  Van  der  Strae- 
ten  sind  neuerdings  in  Italien  noch  einige  Compositionen  dieses  Componisten 
wieder  aufgefunden  worden.  Es  ist  eine  Sammlung  von  sechs  Messen,  ein  Ave 
Maria  und  eine  Motette.  Auch  ist  die  von  Er.  Thoinan  herausgegebene  Schrift 
zu  erwähnen:  »Deploration  de  Guillaume  Cretin  sur  le  trepas  de  Jean  Oketjhem, 
musicien,  premier  chapelain  du  roi  de  France  et  trt'sorier  de  Saint-Martin  de  Tours 
remise  au  jour,  prtcedee  (furie  introduction  Inographique  et  critique  et  annotee  par 
Hr.  TJioinani  (Paris,  Claudin,  1864,  in  8"). 


318  Oct.  -  Opor. 

Oct.,  Abkürzung  für  Octava,  heisst  auch  die  Achttagsfeier  eines  Festes  im 
katholischen   Cultus. 

Oc'on  y  Rivas,  Eduard,  Componist,  Organist  und  Pianist  spanischer  Ab- 
kunft, ist  in  Malaga  am  12.  Januar  1834  geboren,  und  erhielt  in  der  Sing- 
schule der  dortigen  Kathedrale  zuerst  Unterricht.  Er  soll  mit  dreizehn  Jahren 
ein  vierstimmiges  Miserere  geschrieben  haben,  welches  dort  aufgeführt  wurde 
und  in  welchem  er  das  Sopransolo  sang.  1853  wurde  er  Organist  dieser  Kirche, 
nahm  aber  nach  dieser  Zeit  einen  längeren  Aufenthalt  in  Paris.  Es  sind  von 
ihm  Messen,  Motetten,  Psalme,  Litaneien,  Hymnen  u.  s.  w.  gedruckt.  Ausser 
einer  Sammlung  spanischer,  französicher  und  italienischer  Gesäuge  und  Ciavier- 
stücke gab  er  ferner  eine  Sammlung  von  ungefähr  dreissig  spanischen  Volks- 
liedern heraus,  die  zum  Theil  bisher  noch  nicht  notirt  waren.  Die  Gesänge 
sind  mit  Ciavier-,  einige  mit  Guitarrenbegleitung  versehen,  auch  ist  den  Texten 
eine  deutsche  Uebersetzung  beigefügt.  Der  Titel  der  Sammlung  ist:  y^Cantes 
espanoles,  colleccion  de  aires  nacionales  y  populäres,  formada  e  iUustrada  con  notas 
expUcativas  y  hiographicasa.   (Malaga,   1874). 

Octoliüi  de  Stephanis,  eine  Künstlerfamilie  im  13.  Jahrhundert.  Frater 
Salimbene  von  Parma,  dessen  Chronik  (von  1244 — 57)  A.  Bertoni  in  den 
y>Monumenta  Jiistorica  ad  provincias  Parmensem  et  Placentinam  pertinentla^^ 
(Parmae,  1857)  herausgegeben  wurde,  berichtet  von  einer,  ihm  anverwandten 
Familie  (pag.  21)  i^Soror  patris  mei  domina  Ghlsla  fuit,  ex  qua,  marilata,  natae 
sunt  duae  filiae,  Grisopola  et  Vilana,  optimae  cantatrices.  Pater  istarum,  dominus 
Martinus  Octolini  de  Stephanis,  fuit  solatiosus  homo,  suavis  et  jocundus  libenter 
libens  vinum:  maximus  cantator  cum  istrumentis  musicis  non  tarnen 
joculator<s..  Es  waren  darnach  ausübende,  tüchtige  Künstler,  die  nicht  zu  den 
umherziehenden   Joculatores  oder  fahrenden  Künstlern  gehörten. 

OfiF.  Abkürzung  für  Offertorium  =  Opfergesang  bei  der  Messe  nach 
dem   Credo. 

Ofifenbach,   Jacques  (VII,  326),  starb  am   5.  October   1880  in  Paris. 

O'Kelly,  Joseph,  französischer  Pianist  und  Componist,  irländischer  Ab- 
kunft, ist  in  Boulogne  sur  Mer  1829  geboren.  In  Paris  war  er  Clavierschüler 
von  Osborne  und  Kalkbrenner,  und  in  der  Composition  von  Dourleu  und 
Halevy,  1855  wurde  im  Theätre  Lyrique  eine  lyrische  Dichtung  in  drei  Ab- 
theilungen »Parayuassuti,  von  ihm  in  Musik  gesetzt,  aufgeführt.  Es  gelangten 
ferner:  y>Le  Lutin  de  Galwayv-,  komische  Oper,  Boulogne  sur  Mer,  1878,  und 
y>La  Zmgarellav.,  komische  Oper,  1879  zur  Aufführung.  O'K.  schrieb  auch 
mehrere  Cantaten,  ein  Trio  und  eine  Anzahl  Chansons  und  Romanzen.  Haupt- 
sächlich jedoch  ist  er  Claviercomponist.  Er  veröffentlichte  Fantasien,  Transcrip- 
tionen, Salon-Etuden,   Genrestücke,  y>55  Etudes  recreativesa ,    op.  50  u.  s.  w. 

Oliphant,   Thomas   (VII,  332),  starb  zu  London  am   9.   März   1873. 

Olthovius,   Statins   (VII,  333),  nicht  Olthorius. 

Oo.  Ss.  fest.  Abkürzung  für:  Omnium  sanctorum  festum  =  Aller  Hei- 
ligen  Fest. 

Oo.  fidel,  def.  com.  Abkürzung  für:  Omnium  fidelium  defunctorum  com- 
memoratio    =   Allergläubigeu  Verstorbenen  Andenken. 

Oper  (VII,  336).  Im  weitern  Sinne  bezeichnet  man  damit  auch  die  sämmt- 
lichen  Mitglieder  und  den  ganzen  complicirten  Apparat  für  die  Darstellung  des 
musikalisch-dramatischen  Kunstwerks.  Man  spricht  in  diesem  Sinne  von  Hof- 
Opern,  städtischer  oder  landständischer  Oper  und  meint  damit  nicht  das  Produkt 
eines  schaffenden  Künstlers,  sondern  das,  zur  Aufführung  desselben  errichtete 
und  organisirte  Institut,  dessen  Leitung  zunächst  der  Operndirektor  führt.  In 
der  Regel  ist  es  mit  einem  ähnlich  organisirten  Institute  zur  Aufführung  des 
recitirenden  Drama's,  des  Schau-  und  Lustspiels  verbunden,  dessen  Leitung  dem 
Schauspieldirektor  übertragen  ist.  Die  Oberleitung  beider  Institute  führt  bei 
Hoftheatern  ebenso  wie  bei  Theatern  mit  städtischer  Verwaltung  der  Intendant 


Oper.  319 

oder  General-Iütendant,   bei  den  auderen  städtischen  Theatern  der  Pächter  als 
Direktor.     Dem  Üperudirektor  zur  Seite  stehen  zunächst  der  Opern-Regisseur, 
der   Kapellmeister,    der    Musikdirektor    und    der    Dramaturg,    deren    Rath    der 
Direktor   Ijereits    bei   der   Annahme    neuer    Uporu,    dem  Neueinstudireu    älterer 
und  überhaupt  bei  Festsetzung  des  Kepertoirs  einholt.     Zur  Entscheidung  über 
die    Annahme    neuer    Opern    giclit    in    der    Regel    zunächst  der  Dramaturg  sein 
Urtheil   über  den  Text   ab;   über  diesen  berichten  auch  Kapellmeister  und  Musik- 
direktor,   sie    aber   namentlich    über   die    Musik.      Auf  Grund  dieser  Gutachten 
wird   die    neue    Oper   von    der    Directiou    abgelehnt  oder  zur  Aufführung  ange- 
nommen.    Im  letztern  Falle  erfolgt  dann  zur  Zeit  die  Vertheilung  der  Rollen. 
Der,    mit  dem  Einstudiren  der  Oper  betraute  Kapellmeister    beginnt  dann   mit 
den    Soloproben:    der    Chordirektor  die    Proben    mit   dem    Chor.      Währenddem 
richtet    der    Operuregisseur   das    Textbuch    zur    scenischen  Darstellung    ein;    er 
giebt   die    nöthigen    Andeutungen    über    "Wahl   der   Decorationeu    und  Kostüme, 
und  nach  diesen  Bestimmungen  wird  mit  Genehmigung  des  Direktors  von  dem 
Decorationsmaler,  dem  Garderobe-  und  dem  Maschinenpersonal  das  ganze  äussere 
Sceuarium   hergestellt.     Von    entscheidender  Wichtigkeit  sind  selbstverständlich 
die  Hauptdarsteller  der  Oper.    Die  verschiedenen  Gattungen  derselben  verlangen 
natürlich  verschieden  charakterisirte  Darsteller.     Dem  entsprechend  besteht  das 
Opernpersonal    nicht    nur    aus    Solo- Sopran-    und    Altsängeriunen,    und    Solo- 
Tenor-,    Baryton-   und   Basssängeru,    sondern    diese    sind    wieder   nach    den  ver- 
schiedenen  Gattungen  der  Oper  geschieden.     Die  ernste,  grosse   Oper  erfordert 
ein,  auch  mehrere  dramatische  Sängerinnen  und  wol  auch  eine  Coloratursängerin ; 
neben    einer    Altistin    einen    Heldentenor,    neben    einem   lyrischen    Tenor    einen 
Baryton   und   ersten    Bass;    die    komische    Oper   aber   braucht    neben    der  soge- 
nannten Soubrette  einen  lyrischen   Tenor,    Teuorbuffo,  einen  Bassbuffo  u.   s.  w. 
Ein    wolbesetzter    Chor    vervollständigt    das    darstellende    Personal.      Ein    nicht 
minder  wichtiger  Bestaudtheil  der  modernen   Oper  ist  das  Orchester,  das  unter 
der  unmittelbaren  Leitung  der  Kapellmeister  steht  und  in  welchem  die  Concert- 
meister  eine  bevorzugtere   Stellung  einnehmen.      Ehe    das    Orchester   bei    neuen 
oder    neueinstudirten   Opern    mit   den  Sängern    gemeinsam  probirt,   werden   mit 
ihm  noch  vorher  besondere  Proben  abgehalten.     Die  Correcturprobe  hat  zunächst 
den  Zweck,    die    etwa    noch  in  den   Orchesterstiramen  sich  vorfindenden  Fehler 
zu  verbessern,    wol    auch,    um  die,   bereits  in   den   Singstimmen  vorgenommenen 
Streichungen    auszuführen.      Dann    erst    beginnen    die    eigentlichen    Orchester- 
proben,  in    denen    das   Orchester    sich  mit  dem  betreffenden  Werk  eingehender 
beschäftigt,  um   nicht  nur  die  etwaigen  technischen  Schwierigkeiten,  die  es  bietet, 
überwinden    zu    lernen,    sundern    auch    in    den   Geist  desselben,    so  weit  er  vor- 
handen   ist,   einzudringen.      Vollständig    kann    Letzteres    natürlich    erst  erreicht 
werden,    wenn    auch    die  Darsteller   mit   hinzugezogen    werden.     Für  diese  sind 
vorher  aber  noch  die  sogenannten  Arrangirproben   nothwendig.      Diese    werden 
bereits  auf  der  Bühne  abgehalten,    mit  Decorationen   und  dem  nöthigen  Sceua- 
rium,   um    das    Auf-    und   Abtreten    der   Darstellenden    und    das    ganze    Arran- 
gement   genau    festzustellen.      Erst    dann    können    die  gemeinsamen  Proben  mit 
den   Darstellern    und    dem   Orchester    beginnen   und    diese   finden    dann    in    der 
Generalprobe,    welche    der    ersten  Vorstellung    meist  unmittelbar  vorauszugehen 
pfiegt,  ihren  Abschluss.      Zum   Opernpersonal    gehören  auch   noch  der  Correpe- 
titor,    der   den    Sängerinnen   und    Sängern   beim    Einstudiren    ihrer  Partien  be- 
hülflich  ist,  und  der  Souffleur,  der  bei  Proben  und  Vorstellungen  den  Darstellern 
leise  den  Text  vorliest,  damit  sie  vor  Irrungen  bewahrt  werden,  oder  sich  wieder, 
in  Augenblicken,    wo  ihr  Gedächtniss  sie  verlässt,    leichter  zurechtfinden.     Der 
Inspicient  hat  hauptsächlich   die  Aufgabe,  den  nicht  auf  der  Scene  beschäftigten 
Darstellern  es  rechtzeitig  anzuzeigen,  wenn  sie  wieder  auf  der  Scene  erscheinen 
sollen.     Dass  ein  so  mannichfach   zusammengesetztes  Institut   ferner  noch  eines 
bedeutenden  Verwaltungspersonals  bedarf,   ist  selbstverständlich;  es  gehören  dazu 
der  Hausinspektor,  der  Theaterinspektor,  der  Garderobeinspektor,    der  Beleuch- 


320 


Orchester-CarilloD  —  Orsini. 


tungsiospektor,  die  Kassenbeamten,  Billetteure  und  Controlleure,  Logenschliesser, 
Theaterdiener  u,  s.  w. 

Orchester-Carillou.  Die  bis  jetzt  meist  in  den  Orchestern  zur  Anwendung 
kommenden  Glockenspiele  haben  mancherlei  Nachtheile.  Bei  den  Glockenspielen 
in  Form  der  Lyra  wird  die  Vibration  der  Stahlstiibchen  aus  freier  Hand,  ver- 
mittelst eines  kleinen  Hammers  erzielt;  bei  geringer  und  beschränkter  Leistungs- 
fähigkeit ist  daher  schon  eine  bedeutende  Fertigkeit  der  Behandlung  noth- 
wendig,  die  dabei  doch  immer  von  Zufälligkeiten  abhängig  ist.  Diesen  Uebel- 
ständen  hat  C.  Mahillon  in  Brüssel  dadurch  abgeholfen,  dass  er  den  An- 
schlag   bei    den    Stahlstäben    auf  mechanischem   Wege,    nach   dem   Princip    des 


Orchester-Carillon. 


Hammeranschlages  beim  Ciavier,  einführt.  Das  neue  Orchester-Carillon,  aus 
einem  Kasten  bestehend,  in  welchem  ähnlich  wie  beim  Ciavier,  vorn  die 
Tastatur  und  dahinter  die  Stahlstäbe  sich  befinden,  wird  auf  einen  Stuhl  oder 
auf  einen  Tisch  gestellt,  die  beiden  Deckel  werden  dann  geöffnet,  damit  die 
völlige  Schallkraft  sich  entwickeln  kann.  Der  vordere  Deckel,  welcher  sich  über 
der  Claviatur  befindet,  wird  durch  eine  eiserne  Stütze  gehalten  und  dient  dem 
Spieler  zugleich  als  Pult.  Das  Instrument  von  Mahillon  hat  einen  TJmfang 
von  27   Tönen  und  zwar  von  h^  bis  c^. 

Orgeni,  Anna  Maria  Aglaja  (VII,  424),  ist  geboren  am  17.  December 
1844  in   Tj-sminnitza  in   Galizien. 

Orolog'io  (auch  Horologius),  Alessandro  (VII,  428),  war  1580  Geiger 
und  Kammermusikus  in  der  kaiserl.  Hofkapelle  Rudolph  IL,  als  welcher  er 
monatlich  15  Gulden  erhielt.  1603  wurde  er  mit  »monatlich  30  fl.,  item  jähr- 
lichen Kleidgeld  20  fl.,  jährlichen  Neujahrsgeld  30  fl.  und  des  Jahres  Hauszins 
70  fl.,«  zum  Vicekapellmeister  ernannt  und  als  solcher  am  31.  October  1613 
pensionirt.  Er  soll  mit  seiner  Pension  noch  1630  in  Prag  gelebt  haben. 
Schadaeus  (Promptuarum  musicum  1611  — 14),  wie  Bodenschatz  (Florilegiura 
Pertenso  1603,  1618),  bringen  Motetten  von  ihm  in  den  genannten  Samm- 
lungen. Zwei  Bücher  seiner  Madrigale  zu  vier  und  fünf  Stimmen  erschienen 
1589   in  Dresden. 

Orsiui,  Alessandro,  italienischer  Componist,  ist  zu  Rom  am  24.  Januar 
1842  geboren  und  machte  dort  seine  musikalischen  Studien.  Er  wirkte  als 
Orchesterdirigent   an    verschiedenen    Kapellen   in    Italien    und    schrieb  in  dieser 


Orsini  —  Othmayer.  321 

Zeit  ftcht  Ballette.  Fünf  (.)i)ern  gelangten  nicht  zur  AiifVührung.  Nach  Jlom 
zurückgekehrt,  wurde  er  zum  Mitglied  der  Akademie  der  heil.  Cäcilia  und  187U 
zum  Bibliothekar  dieser  (Tesollschaft  ernannt.  187.3  übernahm  er  auch  den 
fTCsanguntcrriclit  an  der  Schule  dieses  Instituts.  Bei  mehreren  musikalischen 
Concursen,  an  denen  er  sich  betheiligte,  ging  er  als  Sieger  hervor,  er  erhielt 
in  Rom,  Florenz  und  Turin  die  Preise  für  Cantaten.  0.  schrieb  Kirchenmusik 
im  a  capella-Stil  und  mit  Begleitung,  Orchesterstücke  und  das  Werkchen:  nCon- 
stiderazionr  (jenrraU  xiilV  arte  dd  canfon   (Hom,    187G,  in   8'',   55   p). 

Orsiui,  Antonio,  Pianist  und  Componist,  geboren  zu  Neapel  am  IIJ.  Juni 
1843,  war  Clavierschüler  des  Antonio  Coop  und  in  der  Theorie  des  Baron 
StaiFa.  Nachdem  er  sich  als  Ciaviervirtuose  in  seiner  Vaterstadt  hatte  hören 
lassen,  ging  er  nach  Rom,  Paris  und  Tjondon,  um  auch  dort  zu  concertiren. 
Nach  Rom  zurückgekehrt,  veröffentlichte  er:  v-Fuijlie  per  f  voci«  (Neapel, 
Giannini);  riXorme  per  apprendere  la  compoaizione  musicala,  ed  il  contrappmnUm 
(Neapel,  De  Augelis);  r^Schema  di  un  indirizzo  all  arte  del  canto  (Neapel,  Grallo). 

Ortigrne,  Joseph  Louis  de,  starb  in  Paris  am  20.  Nov.  1866  (nicht  1870). 

Ortolaui,  Terenzio,  geboren  in  Pesaro  im  Gebiet  von  Ancona  am 
4.  September  1799,  studirte  erst  Rechtswissenschaft  und  erwarb  nebenher  aus 
Liebhaberei  auf  der  Flöte  so  viel  Fertigkeit,  dass  er  in  einem  Orchester  als 
Flötist  mitwirken  konnte.  Etwas  Unterricht  in  der  Composition,  den  ihm 
Ripini  von  Fano  ertheilte,  flösste  ihm  so  viel  Lust  an  diesem  Studium  ein, 
dass  er  die  Rechtswissenschaft  aufgab  und  1822  nach  Bologna  ging,  um  unter 
dem  berühmten  P.  Mattei  einen  regelrechten  Cursus  durchzumachen.  Er  machte 
so  schnelle  Fortschritte,  dass  er  bereits  1825  von  der  Philharmonischen  Gesell- 
schaft zu  Bologna  das  Diplom  als  Meister  der  Composition  erhielt.  Nachdem 
er  es  1830  mit  einer  Opera  buffa  »io  Pastorella  delle  Alpi«  versucht,  aber 
ohne  Erfolg  zu  erringen,  wendete  er  sich  ausschliesslich  der  Kirchenmusik  zu. 
Es  sind  von  ihm  gedruckt:  zehn  Fugen  für  acht  Stimmen  und  bezifferten  Bass 
(Ascoli,  Galanti.  1844);  100  Fugen  für  2,  3  und  4  Stimmen  und  zehn  Cirkel- 
Cauons  (Mailand,  Yismara);  viele  Messen,  Psalmen  u.  s.  w.  und  eine  Harmonie- 
lehre blieben  ungedruckt.  0.  fungirte  als  Kirchenkaijellmeister,  zuletzt  in  seiner 
Vaterstadt  Pesaro,  wo  er  am  7.  April  1875  starb. 

Othmayer,  Kaspar  (VII,  440),  1545  bereits  wird  er  als  magister  artium 
erwähnt.  In  diesem  Jahre  ging  er  als  Schulmeister  und  Rektor  an  die  Kloster- 
schule in  Heilsbronn,  bewarb  sich  aber  schon  im  folgenden  Jahre  um  ein 
Kanonikat  zu  St.  Gumbert  in  Ansbach,  »damit  er  sein  Leben  und  Wesen  allein 
haben  und  sich  und  seiner  Kunst  seines  Gefallens  ihm  selbst  und  andern  zum 
Nutz  brauchen  möge«,  1547  wurde  er  Kanonikus.  Der  Abt  Greulich  gab  ihm 
bei  seinem  Abgange  das  Zeugniss:  »Er  ist  vor  Andern  in  unsern  Lande  ein 
hoch  und  weit  berühmter  Musicus«,  im  nämlichen  Jahre  heiratete  er  Anna, 
die  Tochter  des  Heilsbronner  Richter  Hans  Härtung  und  erhielt  die  Erlaubniss 
mit  seiner  Frau  am  Heilsbronner  Hofe  zu  Ansbach  wohnen  zu  dürfen.  1548 
war  er  Probst  in  Ansbach  geworden.  In  Folge  einer  unglücklichen  Meinungs- 
verschiedenheit zwischen  der  Vormundschaft  des  unmündigen  Markgrafen  von 
Ansbach  und  dem  Markgrafen  von  Bayreuth,  wurde  0.  die  Stelle  von  ersterer 
Seite  streitig  gemacht;  es  erwuchs  ihm  ein  Mitbewerber  und  damit  ein  ärger- 
licher Prozess,  der  erst  mit  seinem  Tode  beendigt  wurde.  0.  starb  nach  lang- 
wieriger schwerer  Krankheit  1553  in  Nürnberg,  wohin  er  sich  hatte  bringen 
lassen  und  ward  zu  Ansbach  begraben.  Sein  (Trabstein  in  der  Kirche  zum  heil. 
Kreuz  trägt  die  Inschrift:  Anno  D™'  1553  den  4.  Tag  des  monats  February 
Ist  in  Christo  verschieden  zu  Nürnberg  Der  Erwürdig  wolgelart  Auch  weit 
berümbt  Componist  und  jNIusicus  Herr  Magister  Caspar  Othmayer  Probst  und 
Canonikus  Sanct  Gumprechts  Stiff't  zu  Onoltzbach.  So  allhier  begraben  welchem 
Gott  wolle  verleihen  ein  fröliche  Aufl'erstehung  und  das  Ewige  Leben.  Amen. 
Ein  fünfstimmiges  Werk  von  ihm  ist  noch  insofern  wichtig  zu  erwähnen,  als 
O.  darin   die  Wappen  der  hohen   Häupter  in  Musik  setzte.     Am  8.  .lanuar  1550 

Musikal.  Convers.-Leiikou.    Ergänzun^aband.  21 


322  Ondrid  y  Scgura  —  Ovejero  y  Ramos. 

übersandte  er  dem  Magistrat  zu  Nürnberg  Gratulatorische  Gesänge  zu  lob  des 
Printzen  aus  Hisi^anien,  des  geliebten  Sohnes  unsers  gnädigsten  Herrn  der 
Römisch  Kaiserl.  Majestät  (a  1549  reiste  Philipp  II.  durch  Deutschland  zu 
seinem  Vater  Karl  V.  nach  Brüssel).  Hierfür  erhielt  er  eine  Verehrung  von 
12  Thalern,  Auch  früher  scheint  er  dem  Magistrat  mehrmals  Compositionen 
übersandt  zu  haben.  Das  fünfstimmige  Werk  mit  der  "Wappenmusik  zeigt  uns 
sein  Bildniss  iu  seinem  28.  Jahr  (anno  1547).  Die,  auf  der  Zwickauer  Bi- 
bliothek befindlichen  Werke  0.  sind:  t)Tricinia<i  (Nürnberg,  1529)  mit  seinem 
Portrait  und  »JBicinia  sacra«,  November   1547. 

Oudrid  y  Segura,  Cristobal,  spanischer  Componist  und  Orchesterdirigent, 
ist  zu  Badajoz  um  7.  Februar  1829  geboren.  Er  kam  1844  nach  Madrid,  hat 
aber  über  seine  Kindheit  und  seinen  Bildungsgang  niemals  Auskunft  geben 
mögen.  Als  Componist  trat  er  fünfzehn  Jahr  alt  schon  mit  Erfolg  auf,  und 
mit  seinen  Opern  (Zarzuela),  die  theilweise  sehr  günstig  aufgenommen  wurden, 
stellte  er  sich  in  die  Reihe  der  beliebtesten  Operncomponisten  in  Spanien. 
Er  schrieb  wol  dreissig  derartiger  ein-,  zwei-  und  dreiaktiger  Opern,  die  von 
1852  bis  1874  über  die  Bühne  von  Madi-id  und  anderer  Städte  gingen.  0.  war 
geschickt  als  Theaterkapellmeister,  zuletzt  als  solcher  am  Theater  »Oriente« 
thätig.     Er  starb  plötzlich  im  März   1877. 

Onseley,  Rev.  Sir  Frederic  Arthur  Gore,  Baron,  Sohn  des  William 
0.  (VII,  446),  Geistlicher  und  einer  der  vorzüglichsten  Musiker  der  Gegenwart 
in  England,  ist  am  12.  August  1825  geboren  und  bezog,  nachdem  er  seine  Studien 
am  Kirchencollege  zu  Oxford  absolvirt  hatte,  die  Universität  daselbst.  1849 
wurde  er  Diakonus  und  gelangte  in  der  Musik  stufenweise  (1855)  bis  zum  Doktor 
der  Musik,  wurde  auch  in  demselben  Jahre  als  Nachfolger  von  Henri  Bishop 
Professor  der  Musik  an  dieser  Universität.  Gleichzeitig  übernahm  er  die  Func- 
tion  des  ersten  Sängers  (Praecantor)  an  der  Kathedrale  Hereford,  und  als  das, 
dieser  Kirche  zugehörige  College  St.  Michael  zu  Tenbury  1857  eröffnet  wurde, 
übernahm  er  an  demselben  den  Musikuntei'richt  und  leitete  die  Chorübungen. 
Dieser  Chor,  der  täglich  in  der  Kirche  Hereford  sang,  leistete  bereits  nach 
kurzer  Zeit  unter  der  intelligenten  Leitung  von  0.  das  Trefflichste.  Gegen- 
wärtig ist  0.  Rektor  des  College.  Er  ist  ausgezeichneter  Pianist  und  Organist, 
und  besitzt  ein  hervorragendes  Talent  für  Improvisation.  Zu  seinen  Compo- 
sitionen gehören:  vier  Sonaten  für  Ciavier  und  Violoncello  (1839 — 41);  zwei 
Trios  für  Ciavier,  Violine  und  Violoncell  (1841);  Clavi.erquartett;  fünf  Ciavier- 
sonaten; Sextett  für  Streichinstrumente;  gegen  vierzig  Gesänge  über  italienische 
Worte;  Ciavierstücke;  Präludien  für  Ciavier;  sechs  grosse  Präludien  für  Orgel 
(1860);  Ode  für  Sopransolo,  fünfstimmigen  Chor  und  Orchester,  componirt  für 
die  Universität  zur  Friedensfeier  nach  dem  Krimkrieg;  grosse  geistliche  Can- 
tate  für  Baryton,  fünfstimmigen  Chor  und  grosses  Orchester;  vier  achtstimmige 
Seelenmessen:  sechs  Anthemen;  zehn  »Glees«  über  englische  Worte;  das  ein- 
aktige Oratorium  »The  Martyrdom  of  St.  Polycarp«  (London,  Novello);  Oratorium 
yyllaffara]  englische  Lieder;  Anthems,  von  denen  nHoiv  goodly  are  tliy  tents,  o 
Israel»,  populär  geworden  ist.  Er  veröffentlichte  ferner  eine  Harmonielehre; 
Lehre  des  Contrapunkts  und  der  Fuge  und  mehrere  Sammlungen  älterer  und 
neuerer  Kirchenmusik  in   Gemeinschaft  mit  Doktor  Monk. 

Ovejero  y  ßnmos,  Ignacio,  spanischer  Componist  und  Organist,  geboren 
zu  Madrid  am  1.  Februar  1828,  erhielt  von  einen  Organisten  Gimeno  den 
ersten  Unterricht,  den  ferneren  von  dem  Kapellmeister  der  königl.  Kapelle 
Ledesma.  Es  heisst,  dass  er  elf  Jahr  alt,  die  erste  Ouvertüre  für  Orchester 
schrieb,  die  er  im  Theater  »del  Principe«  selbst  dirigirte.  Mit  einer  Oper 
»Fernando  Cortez«  trat  er  im  März  1848  in  die  Schranken,  wendete  sich  aber 
sodann,  mit  Ausnahme  einer  kleinen  komischen  Oper  r>La  Öabana«,  aiifgeführt 
1858,  ausschliesslich  der  Composition  von  Kirchenstücken  zu.  Er  schrieb  deren 
gegen  zweihundert,  von  denen  mehrere  beachtenswerth  sind.  Bei  Kirchenfesten 
übernimmt  0.  am  spanischen  Hofe  die  Direction. 


Pacey  —  Palosclii.  323 


P. 


Pacey,  Fredt'Tlc  A\'illiam,  euglischor  Organist  und  Componist  der  Jetzt- 
zeit, studirte  erst  bei  Dr.  J.  Peck  in  London,  später  in  Oxford  bei  Dr.  Corfe 
Ciavier,  Orgel  und  Tlieorie.  Er  war  als  Direktor  eines  Chorvereins  in  Alüng- 
ton,  hierauf  als  Organist  (1865 — 1873)  in  Oxford,  dann  wieder  in  Aljington 
als  Orchesterdirektor  der  dortigen  Musikgesellschaft  thiitig.  1874  ging  er  als 
Organist  und  Kirchendirektor  an  die  Triuitatiskirche  nach  Boston.  Er  schrieb  meh- 
rere Anthenis,  Kirchengesänge,  Hymnen,  Orgelstücke  und  Gesangscompositionen. 

Pacini,  Andreo  (VII,  460),  wurde  zu  Lucca  gegen  1705  geboren.  Dort 
gelangten  zum  Cäcilienfeste  auch  Compositionen  von  ihm  zur  Aufführung.  Er 
starb  in  Lucca,  wohin  er  sich  nach  Beendigung  seiner  Laufbahn  als  Sänger 
zurückgezogen  zu  haben  scheint,  1764. 

Pat'ini,  Antonio   Gaetano   (VII,  460),  starb  in  Paris  am  10  März  1866. 

Paciui,  Giovanni  (VII,  460),  war  in  Catane,  nicht  Syrakus,  am  17.  Febr. 
1796  geboren  und  starb  in  Pescia  am  6.  Dccember  1867.  Im  zweiten  Nach- 
tragsbande von  Fetis,  yyJ3io(/.  univ.  des  Musiciensa,  p.  293  sind  71  Opern  seiner 
Compositionen  namentlich  aufgeführt;  ausserdem  fünf  Oratorien  und  eine  sehr 
grosse  Zahl  von  Hymnen,  Cantaten,  Messen  und  andern  Kirchoncompositionen ; 
die  Chöre  zum  Oedipus  von  Sophokles;  die  Sinfonie  »Dante«;  Kammermusik 
und  Vocalmusik;  und  endlich  dreizehn  Werke  über  Theorie  und  Literatur,  der 
Musik  und  Kritik. 

Paetzold,  Herr  mann,  Organist  und  Componist,  geboren  am  15.  Augast 
1824  in  Neudorf  am  Gröditzberge  in  Schlesien,  erhielt  eine  gute  Erziehung, 
besuchte,  nachdem  er  Erzieher  der  Kinder  des  Grafen  York  von  Wartenburg 
gewesen  war,  das  Kirchenmusikinstitut  zu  Berlin,  und  ging  dann  als  Organist 
der  Schlosskapelle  und  Musiklehrer  am  Waisenhause  nach  Königsberg  in  Preussen. 
Hier  übernahm  er  später  auch  die  Direction  der  Singakademie.  Bei  einer  Auf- 
führung des  Elias  in  einem  der  Concerte,  das  er  dirigirte,  am  6.  Februar  1861, 
wurde  er  plötzlich  vom  Schlage  tödtlich  getroffen.  Er  war  ein  tüchtiger 
Organist  und  hat  auch  mehrere  Werke  für  die  Orgel  componirt,  neben  eini- 
gen Vocalstücken. 

PaiEres,  Alphonse,  französicher  Schriftsteller,  gab  ein  Schriftchen  zur  Ver- 
theidigung  der  Notation  der  Musik  in  Zahlen  heraus  unter  dem  Titel:  -oMethode 
musicale  Galin- Paris-Cheve,  expose  Mstoriqua  (Paris,   1860,   in  8*^,  31   p.). 

Palestrina,  Giovanni  Picrluigi  da  (VIII,  3).  Die  neuerdings  aufge- 
stellte Behauptung,  dass  Santo  der  Familienname  des  Meisters  sei,  ist  dahin 
zu  berichtigen,  dass  der  Vater  den  Taufnamen  Santo  trug,  der  Familienname 
ist  Pierluigi.  Von  den  verschiedenen  Angaben  in  Betreff  seines  Geburts- 
jahres dürfte  die,  nach  welcher  er  1514  geboren  ist,  die  meiste  Wahrschein- 
lichkeit für  sich  haben.  Die  noch  vorhandenen  Documente  in  Palestrina  be- 
zeugen, dass  Pierluigi  im  Jahre  1544  als  Organist  und  Chorleiter  in  seiner 
Vaterstadt  augestellt  war.  Im  Jahre  1547  verheiratete  er  sich  mit  einer  wol- 
habenden  Bürgerstochter  in  Palestrina.  1551  wurde  er  als  Maestro  di  Capella 
an  der  Kapelle  Giulia  in  St.  Peter  angestellt,  als  solcher  hatte  er  auch  die 
Chorknaben  (Soprane)  zu  unterrichten.  Er  hinterliess  nur  drei  Söhne:  Angelo, 
Rudolfo  und  Iginio.  Silla  war  ein  Bruder  Giovannis,  der  gleichfalls  Motetten 
componirte,  welche  Giovanni  in  Lil).  II  Mot.  publicirte.  In  Betreff  der  Aus- 
gabe der  Werke  des  unsterblichen  Meisters  ist  noch  nachzutragen,  dass  der 
vierte  Band  (Lib.  IV  und  V)  1874  erschien;  der  fünfte  Bund  (Lib.  I  und  II 
der  östimmiger  Motetten)  1875;  der  sechste  und  siebente  Band  enthalten  die  bisher 
unedirten  Motetten  des  Meisters;  der  achte  Band,  die  vierstimmigen  Hymnen 
enthaltend,  erschien  1878,  in  diesem  Jahr  starb  Espairne.  der  Herausgeber.  Im 
Jahre    1879   veranlasste   Donikapellmeister    Fr.  Haberl    in    Reifensburg  die  Grün- 

•Jl* 


324  Palloni  —  Panormo. 

düng  einer  Palestrinagesellschaft  für  Fortsetzung  und  Vollendung  der  Heraus- 
gabe der  Werke  des  Meisters.  Seit  dieser  Zeit  ist  der  neunte  Band,  sämmt- 
liche  Offertorien  (G8  fünfstiramige)  von  Fmnz  Coramer  und  der  zehnte  und 
elfte  (das  erste  und  zweite  Buch  der  Messen  enthaltend)  von  Fr,  Haherl  ver- 
ölfentlicht  worden.  Bis  spätestens  1894  (300  Jahre  nach  dem  Tode  des  un- 
sterblichen Meisters)  werden  demnach  seine  sämmtlichen  Werke  in  30  Folio- 
biluden  vorliegen.  Der  letzte  Band  wird  Nachtrüge,  Dokumente,  kritisch-aesthe- 
tische  Bemerkungen  und  des  Meisters  authentische  Biographie  bringen. 

Palloni,  Cajetano,  geboren  am  4.  August  1831  zu  Camerino  im  Gebiet 
von  Ancona,  verlebte  seine  Kindheit  mit  seinen  Eltern  in  Termo,  einer  Stadt 
desselben  Gebietes.  Er  erhielt  schon  vom  sechsten  Jahre  an  Ciavier-  und 
Orgelunterricht  und  von  seinem  elften  Jahre  an  Compositions-  und  Gesangs- 
unterricht von  Cellini.  Bald  darauf  machte  er  sich  als  Orgelspieler  bemerkbar. 
1855  ging  er  nach  Florenz,  geuoss  dort  die  Unterweisung  Mabellinis,  und  trat 
mit  eigenen  Compositionen  hervor.  Nach  der  Aufführung  einer  grossen  Messe 
wurde  er  zum  Kapellmeister  des  Vereins  der  heiligen  Cilcilie  an  der  Kirche 
SS.  Michael  und  Cajetan  ernannt.  Beliebt  waren  seine  Vocalcompositionen, 
ein-  und  mehrstimmige  Gesänge,  Romanzen,  Balladen,  Nocturnos,  Lieder  mit 
Ciavierbegleitung.  Diese  wurden  in  der  Form  von  Albums  veröffentlicht,  deren 
siebzehn  bei  Lorenzi  in  Florenz  und  bei  Fanti  und  Ricordi  in  Mailand  er- 
schienen. P.  ist  Ehrenmitglied  der  Philharmonischen  Gesellschaft  und  Mitglied 
des  königlichen  Musikinstituts  zu  Florenz. 

Paloschi,  Giovanni,  gab  heraus:  y>Ännuario  musicale  universale<i-  (Mailand, 
Ricordi,  1876.  Zweite  bedeutend  erweiterte  und  verbesserte  Auflage,  1878). 
G.  P.,  der  auch  Mitarbeiter  der  Musikalischen  Zeitung  in  Mailand  ist,  über- 
trug mehrere  französische  und  deutsche  musikalische  Lehrbücher  ins  italienische, 
die  bei  Ricordi  in  Mailand  erschienen.  Auch  der  700  Seiten  umfassende  Cata- 
log  des  Hauses  Ricordi  ist  von  P.  abgefasst. 

Palotta,  Matte 0  (VIII,  7),  mit  dem  Beinamen  »II  Panormitano«,  war 
ein  Sizilianer  von  Geburt.  Er  wurde  1733  bei  der  Kaiserlichen  Hofkapelle 
in  Wien  eigens  als  Componist  für  Gesangwerke  ohne  Begleitung  angestellt,  wozu 
er  nach  Fux's  Zeugniss  (v.  Köchel:  Fux,  p.  439)  »vermög'  gutem  Fundaments 
sonderlich  tauglich  war«.  1741  wurde  er  entlassen,  aber  1749  wieder  angestellt. 
Er  starb  am  28.  März  1758  im  70.  Lebensjahr  in  Wien.  Seine  Compositionen: 
Messen  und  andere  Kirchengesänge,  zeichnen  sich  durch  natürliche,  fliessende 
Melodik  und  eine  oft  überraschend  fein  gewählte  und  eigenthümliche  Har- 
monik   aus. 

Paniagaa,  Cenobio,  mexikanischer  Tonkünstler,  machte  sich  in  seinem 
Vaterlande  durch  verschiedene  Compositionen  bekannt.  Seine  Oper  »Katharina 
von  Guise«  mit  Erfolg  auf  dem  Nationaltheater  in  Mexiko  aufgeführt,  ist  bis 
jetzt  das  bemei'kenswertheste  derartige  Werk  von  einem  Coraponisten  des  Landes. 
P.  starb  in  Vera-Cruz  im  November   1865   arm  und  vergessen. 

Panofka,  Heinrich  (VIII,  10),  lebt  seit  1866  in  Florenz  als  Lehrer  der 
Theorie  und  des  Gesanges. 

Pauormo,   Francesco,  nicht  wie  er  (VIII,  10)   genannt  »Panorma«. 

Panormo,  Vincenzo  (VIII,  10),  nicht  Panorma.  Nach  Vidal  {Les  In- 
struments u  archets)  kam  dieser  Lautenmacher  1735  nach  Paris  und  arbeitete 
daselbst  bis  1780.  Er  verfertigte  Violinen,  Altviolen  und  Bassgeigen,  die  von 
den  Kennern  geschätzt  werden.  Der  Lack  ist  hellgelb.  Gezeichnet  sind  seine 
Instrumente  entweder  französisch:  Vincent  Panormo,  rue  de  l'arbre  sec  17  .  . 
oder  lateinisch:  Vincenzo  Triusano  Panormo  fecit  Parisiis,  anno  17  .  •  Die 
Jahreszahlen  umfassen  die  Zeit  von  1738 — 1778.  In  London  lebten  nach  1772 
fünf  Lautenmacher  desselben  Namens.  Vincenzo  P.,  wahr;3cheinlich  Sohn  des 
erstgenannten,  kam  1772  nach  London  und  starb  daselbst  1813.  Dessen  Söhne 
Joseph,  Georg  Louis  (Verfertiger  von  Bögen),  Edouard  und  Georg  P.  waren 
gleichfalls  geschätzte  Instrumentenmacher, 


Pape  —  Parker.  325 

Pape,  Heinrich   (VIII,  12),  starb  zu  Asnieres  bei  Paria  am  2.  Febr.  1875. 

Pupera,  Giovanni  Antonio,  Kirchencompünist,  geboren  zu  Lucca  1G8U, 
starb  diisolbst  am  3.  Februar  1746.  Am  Ciiciliontage  wurden  daselbst  von  1699 
bis   1733  vierzehn   Messen  seiner  Coraposition  aufgeführt. 

Papier,  Louis,  starb  in  Leipzig  als  Organist  der  Thomaskirche  am 
13.  Februar  1878. 

Papini,  Guido,  beraerkenswcrther  italienischer  Violinvirtuose  der  Gegen- 
wart, ist  zu  Camajore  im  August  1846  geboren.  Er  bildete  sich  in  Florenz 
unter  Giorgetti  im  Violinspiel  aus,  und  liess  sich  mit  Erfolg  in  Concerten 
hören,  worauf  er  in  seine  Vaterstadt  zurückkehrte  und  die  Musikerlaufbahn 
verlassen  wollte.  Durch  Dr.  Bascvi  veranlasst,  in  dessen  berühmter  (^uartett- 
Soirre  die  erste  Violine  zu  übernehmen,  wurde  dies  die  Veranlassung  dass  er  diesen 
Vorsatz  nicht  ausführte.  Nicht  allein  in  diesen  Quartetten,  sondern  auch  als  Solo- 
spieler erwarb  er  sich  in  Italien  viele  Anerkennung.  Er  concertirte  hierauf 
auch  in  Frankreich,  wo  seine  vortrefflichen  Eigenschaften  als  Geiger  ebenfalls 
gewürdigt  wurden.  Mit  vielem  Beifall  spielte  er  auch  in  London.  Für  die 
Violine  schrieb  er  einige  30  Stücke,   Genre-  uud  Concertstücke,  Transcriptionen. 

Pappalardo,  Salvator,  italienischer  Compouist,  geboren  zu  Catane  am 
21.  Januar  1817,  schrieb  die  Opern:  vFrancesca  di  Eimini«;  r>Il  Corsaroa;  i>La 
Fiolia  del  Dogc<i\  »VAtrabi  lavca;  ■nMirindaa..  Ausserdem  Messen,  ein  Requiem, 
drei  Salve  Regina,  eine  Sammlung  zwei-  und  dreistimmiger  Gesänge  für  Frauen- 
stimmen, Gesänge  für  eine  Stimme,  einige  Instrumentalmusik.  P.  lebt  seit 
1854  in  Neapel,  wo  er  zur  Zeit  Lehrer  des  Contrapunktes  am  Conservatorium 
Albergo  de'  Paveri  ist,  und  wo  er  auch  zum  Kammervirtuosen  des  Grafen  von 
Syrakus   ernannt  wurde. 

Paque,  Guillaurae  (VIII,  13),  wurde  am  24.  Juli  1825  in  Brüssel  ge- 
boren und  starb  zu  London  am   3.  März   1876. 

Parazzi,  Antonio,  italienischer  Musikschriftsteller,  gab  mit  Benutzung 
authentischer  Documente  heraus:  y>Della  vita  e  delle  opere  mmicali  di  Lodovico 
Grossi- Viadana,  invetitore  del  hasso  continuo  nel  secolo  XVI  con  ritratto  e  quattro 
concerti  ecclesiastici  del    Viadanaa.  (Milan,  Ricordi,   1877). 

Parepa-Rosa,    Euphr.  (VIII,  16),   starb  am   21.  Januar  1874  in  London. 

Parfaict,  Fran^ois  et  Claude  (VIII,  17),  das  von  den  Brüdern  hinter- 
lassene  Manuscript  führt  nicht  den  Titel  »Geschichte  der  Oper«,  sondern  r>Ris- 
toire  de  VAcademie  royale  de  musiquea.  Es  befindet  sich  in  der  Nationalbi- 
bliothek zu  Paris.  Das  Werk  von  Frangois:  y> Agenda  hisforüpie  et  chronohgique 
den  thedtrcs  de  Paris«,  1735,  1736  und  1737  veröffentlicht,  ist  von  Arthur  Pougin 
nach  dem,  in  seinem  Besitze  befindlichen  einzig  vorhandenen  Exemplar  zum 
Neudruck  befördert.  Mit  einer  Vorrede  versehen  erschien  es  (Paris,  Bonnaissies, 
1876,  3  vol.,  in  hundert  Exemplaren). 

Paris,  Aime  (VIII,  17),  starb  am  29.  November  1866.  P.  veröffentlichte 
noch  mehrere  von  seinen,  für  den  Unterricht  berechneten  Erfindungen:  «Oedipe 
musicaU,  »Panotiscopea  und  ein  Tableau  y>Stcnographie  mclodique«.  Ausführ- 
liche Darlegung  dieser  Erfindungen  sind  in  drei  Aufsätzen  in  der  »Opinion  natio- 
nale« (25.  August,  1.  und  8.  September  1863)  enthalten,  der  Titel  derselben 
ist:  »M.  Aime  Paria  et  ses  inventions,  trois  feuilletons  de  M.  Alexis  Azevedoa. 

Parker,  Daniel,  war  einer  der  besten  englischen  Lautenmacher  des  18.  Jahr- 
hunderts. Seine  Instrumente  stammen  aus  der  Zeit  von  1740 — 1785.  Parker 
und  Benjamin  Banks  waren  die  ersten  in  England,  welche  die  Geigen  von  Stainer 
zu  ihrem   Vorbild  nahmen. 

Parker,  Matthew,  geboren  am  G.  Aug.  1504  zu  Norwich,  gestorben  am 
17.  Mai  1575,  war  erst  Lehrer  der  Musik,  wurde  dann  Hofprediger  der  Königin 
Elisabeth  und  später  Bischof  von  Canterbury.  Er  führte  die  erste  Liturgie 
in  England  ein  und  gründete  die  hohe  Schule  in  Stoke  (Suffolk),  in  welcher 
die  Erlernung  des  Gesanges  obligatorisch  war.  Schon  in  seiner  Jugend  hatte 
er  sich  unter  Anleitung  eines  Priestors  Namens  Love  und  später  des  Klerikers 


326  Parlow  —  Piiuniunn.  • 

Manthorp  in  Norwicli  mit  dem  Studiuiii  des  Gesanges  und  der  Composition 
beschäftigt,  und  so  konnte  er  für  die  Liturgie  zum  Gottesdienst  selbst  die  Musik 
zu  den  Psalmen  und  andern  Gesängen  componiren.  Seine  Bemerkungen  über 
die  alten  Kirchentöne,  die  er  in  seiner  Uebersetzung  der  Psalmen  giebt,  be- 
weisen, dass  er  eine  gründliche  Kenntniss   des  Kirchengesanges  besass. 

Parlow,  Albert,  ist  am  1.  Januar  1824  in  Turgelow  bei  Ueckermünde 
geboren,  trat  1844  in  das  Colbergsche  Regiment  Nr.  9  in  Stettin  ein  und 
machte  bei  dem  ßegiments-Caj)ellmeister  Leonhard  seine  theoretischen  Studien, 
die  er  bei  Marx  in  Berlin  fortsetzte.  1852  wurde  er  Kapellmeister  bei  der 
Marine  und  1854  beim  Füsilier-Regiment  Nr.  43  in  Mainz  und  1860  wurde 
er  nach  Rastatt  versetzt.  1865  concertirte  er  in  Paris  im  Cirque  de  l'impera- 
trice  und  ausserdem  auf  besondern  Wunsch  Napoleons  III.  in  St.  Cloud.  Er 
wurde  mit  dem  Orden  der  Ehrenlegion  ausgezeichnet  und  erhielt  den  Titel 
königl.  preuss.  Musikdirektor.  Bei  dem  grossen  musikalischen  Wettstreit  in 
Lyon  1866  erhielt  er  den  ersten  Preis.  Nachdem  er  seinen  Abschied  genommen 
hatte,  errichtete  er  eine  eigene  Kajaelle,  mit  der  er  mehrere  Jahre  in  Stettin 
gute  C  oncerte  gab.  Gegenwärtig  leitet  er  in  Berlin  die  Concerte  im  Central-Hotel. 

Parrau,  Antoine  (VIII,  20).  Auf  der  Bibliothek  zu  Paris  befindet  sich 
eine  authentische  Ausgabe  des  »Traite  de  la  musiquea  vom  Jahre  1639,  ein 
Band   144  Seiten  mit  in  den  Text  gedruckten  Beispielen. 

Pasquini,  Bernard o  (YIII,  28).  Zu  den  Werken  dieses  Künstlers  gehören 
noch:  ein  Oratorium  »«  Sefe  di  Ghristoi^  und  die  Oper  »ia  Forza  d'amore«. 

Patey,  Missis,  geborene  Whycoth,  eine  der  bedeutendsten  Oratorien- 
sängerinnen der  Gegenwart  in  England,  ist  in  London  1843  geboren.  Sie  erhielt 
früh  eine  vortreffliche  musikalische  Erziehung  und  vollendete  ihre  Studien  in 
der  Gesangskunst  unter  Anleitung  ihres  Gatten,  eines  geschickten  Basssängers. 
Ihre  Stimme,  ein  Contr'alt  von  schöner  Klangfarbe  und  bedeutendem  Umfange, 
ist  auf  das  Ebenmässigste  ausgebildet.  Schon  ihr  Debüt  in  den  Concerten 
von  Leslie  war  von  Erfolg  gekrönt,  so  dass  Michael  Costa  sie  nach  dem 
Rücktritt  der  Mad.  Sainton-Dolby  für  die  Sacred  harmonic  Society  engagirte. 
In  den  Aufführungen  dieser  Gesellschaft  erwarb  sie  sich  ihren  bedeutenden  Ruf 
als  Oratoriensängerin,  ebensowol  durch  stilvollen  Vortrag,  wie  durch  die  Schön- 
heit ihrer  Stimme.  1875  sang  sie  ebenfalls  erfolgreich  in  Paris,  in  der  Auf- 
führung des  Messias  von  Händel,  veranstaltet  von   Ch.  Lamoureux. 

Patti,  Adelina  (VIII,  34),  wurde  am   8.  April  1843  geboren. 

Patu  de  Saint-Viucent,  veröffentlichte  zwei  Schriften  über  den  Cantus  planus 
»SepUque  ä  la  Simple  reponse  de  M.  J.  Bonhomme  au  R.  P.  Lamlillottefs. 
(Paris,  1855,  in  8°);  »Quelques  Ohservations  sur  le  chant  gregorien<i  (Paris,  1856, 
in  8°),  die  letztere  wurde  von  der  Akademie  gekrönt. 

Pauiuanu,  Conrad  (VIII,  37),  ist  ums  Jahr  1410  in  Nürnberg  geboren. 
Da  sich  seine  bedeutenden  Anlagen  früh  bemerkbar  machten,  fanden  sich 
einige  vornehme  Nürnberger  veranlasst,  für  seine  Ausbildung  zu  sorgen. 
Bald  gewann  er  eine  hervorragende  Fertigkeit  im  Spiel  aller  jener  Zeit  ge- 
bräuchlichen Instrumente,  der  Orgel,  Laute,  Geige,  Flöte  und  Trompete,  und 
war  auch  geschickt  in  der  Kunst  des  Contrapunkts.  Da  er  die  sämmtlichen 
gebräuchlichen  Melodien  des  gregorianischen  Kirchengesanges  auswendig  konnte, 
so  wurde  er  zum  Organisten  an  der  Sebalduskirche  ernannt  und  erwarb  sich 
in  dieser  Stellung  einen  solchen  Ruhm,  dass  ihn  Rosenblüt  in  den  angegebenen 
Versen  feierte.  1446  vermählte  er  sich  mit  Margaretha  Weichser.  Um  1452 
veröffentlichte  er  sein  Fundamentum  organisandi.  Sein  Ruf  hatte  sich  in  dieser 
Zeit  bereits  so  weit  verbreitet,  dass  er  von  fremden  Fürsten  eingeladen  wurde, 
seine  Kunstfertigkeit  an  ihren  Höfen  zu  zeigen,  wie  Kaiser  Friedrich  III.  und 
der  Herzog  von  Mantua,  der  ihn  mit  Gold  gesticktem  Gewände,  mit  einem 
Schwerte  am  goldenen  Gehänge  und  mit  goldener  Kette  beschenkte.  Auch 
der  Herzog  von  Ferrara  beschenkte  ihn  in  ähnlicher  AVeise  reich,  und  in  Ita- 
lien wurde  er  auch  in  den  Ritterstand  erhoben.     In  spätem  Jahren  berief  ihn 


Pavcsi  —  Pcdrotti.  :{27 

Hcrzof^  Albroclit   mit  fiiicni   .Tiihresgelialt  von   80  rhoinisclun  Gulden   an   seinen 
Hui"  uuch  München  und   liii-r  starb  er  am    21.    Januar    1473. 

Pavesi,  Öteluno  (Ylll,  39).  Nach  der  biogra])liischcn  Skizze  von  J.  San- 
severiuo,  einem  Freunde  P.'b  (Hicordi,  1851),  ist  V.  am  22.  Januar  1779  im 
Dörfchen  Casaletto  Vaprio  im  Cremonosisclun  geboren.  Ausser  den  Ojiern  hat 
er  nach  dieser  Schrift  auch  Kirchenmusikstücko  gcsclirieben,  deren  fiinfund- 
siebcnzig  angefühlt  werden. 

Payue,  John,  amerikanischer  Tonkünstler,  geboren  1792  zu  New- York, 
schrieb  Worte  und  Musik  des  weltbekannt  gewordenen  Liedes  y>Home,  swet  homea. 
Er  vorfasste  es  während  seiner  Anwesenheit  in  Paris,  und  in  London  trug  es 
eine  junge  Sängerin  Miss  Tree  zuerst  öllentlich  vor.  Es  fand  schnelle  Ver- 
breitung und  ist  seitdem  in  die  verschiedensten  Sprachen  übersetzt  und  für 
alle  möglichen  Instrumente  übertragen  worden.  Mit  seiner  Oper  nClaria  hatte 
der  Autor  kein  ähnliches  Glück.     Er  starb   1852   in  Tunis. 

Pazzag'lia,  Salvadore,  geboren  zu  Pistoja  1723,  starb  zu  Florenz  gegen 
1807.  Er  betrat  zuerst  die  Laufbahn  eines  dramatischen  Sängers,  als  Tenorist, 
auf  der  er  mit  Erfolg  bis  zum  vierzigsten  Lebensjahre  thätig  war.  Hierauf 
nahm  er  bei  dem  Grossherzog  von  Toskana  und  bei  der  Erzherzogin  Marie 
Louise  die  Stelle  eines  Kapellmeisters  ein.  Unter  den  Compositionen,  die  er 
in  dieser  Periode  schrieb,  werden  als  besonders  wirkungsvoll  angeführt:  das 
Oifertorium  ytDextera  Duminiv,  die  Fuge  des  Kyrie  im  Requiem  für  die  Kaiserin, 
und  das  »Libera«,  welches  er  im  80.  Lebensjahre  schrieb. 

Pecoate,  Dominique,  Lautenmacher,  und  neben  Tourte  der  am  rühm- 
lichsten bekannte  Yerfertiger  von  Bögen.  Er  ist  am  15.  Juli  1810  in  Mire- 
court  als  Sohn  eines  Barbiers  geboren  und  wurde  für  dasselbe  Geschäft  be- 
stimmt. Er  wollte  aber  Lautenmacher  werden,  und  kam  1826  zu  diesem  Zwecke 
nach  Pai'is  zu  J.  B.  Vuillaume.  Bald  entschied  er  sich  für  die  Specialität  der 
Bogenverfertigung,  für  welche  er  eine  bedeutende  Intelligenz  entwickelte.  Auch 
Vidal  {liLes  instruments  ä  archetsa)  rechnet  die  von  P.  verfertigten  Bögen  zu 
den  vorzüglichsten,  die  man  hat.  P.  verkaufte  seine  Bögen,  die  jetzt  das  vier- 
fache kosten,  für  zwanzig  Francs.  1837  nach  dem  Tode  des  Lautenmacher 
Lupot  hatte  P.  dessen  Geschäft  übernommen,  und  1847  verliess  er  Paris,  um 
nach  Mix'ecourt  zurückzukehren,  dort  lieferte  er  nicht  mehr  soviel  Bögen,  wenig- 
stens nicht  soviel,  als  von  ihm  verlangt  wurden.  Er  starb  in  Mirecourt  am 
13.   Januar  1874. 

Pecour,  Louis,  Hoftanzmeister  der  Herzogin  von  Burgund,  Balletcomponist, 
Mitglied  der  Akademie  der  Musik  zu  Parma  und  Pensionair  des  Königs  von 
Frankreich,  lebte  von  1647—1729.  M.  Feuillet  (Paris  1700)  sammelte  und 
veröflentlichte  72  Tänze  von  P.  auf  eben  so  viel  Seiten  mit  Musiknoten  und 
choreographischen  Beschreibungen,  unter  dem  Titel:  nRecueil  de  danscs  com- 
posees  par  AT.  Fccour,  compositeur  des  ballets  de  V Academie  roijal  de  Musique  et 
mises  sur  le  papiera. 

Pedrell,  Felipe,  spanischer  Pianist  und  Componist  der  Gegenwart,  in 
Catalonien  in  Spanien  geboren,  schrieb  die  Opern  »Ultimo  Abencerrojo<i,  auf- 
geführt im  April  1874  in  Barcelona  und  »Quasi modo«.  (1875).  Ferner  eine 
Messe  für  drei  Solostimmen,  Chor  und  grosses  Orchester,  und  viele  Gesang- 
und  Claviercompositionen.  Er  veranstaltete  auch  eine  umfangreiche  Ausgabe 
classischer  Ciavierwerke  unter  dem  Titel:  "Die  Dichtungen  des  Pianisten,  eine 
kleine  kritisch-analjtisch-biographische  Encyclopädie  der  Ciavierwerke  der  grossen 
Meister,  nebst  einem  Catalog  ihrer  Werke«. 

Pedrotti,  Carlo,  italienischer  dramatischer  Componist,  Orchesterdirektor 
und  Direktor  des  Lyceums  in  Turin,  ein  begabter  Künstler,  ist  zu  Yerona 
am  12.  November  1847  geboren.  Seine  musikalischen  Studien  machte  er  unter 
Leitung  eines  bewährten  Musikers  Domenico  Foroni.  Nachdem  seine  erste 
Oper  »Liiiaa  1840  in  Yerona  aufgeführt  und  günstig  aufgenommen  worden 
war,  ging  P.   als   Orchesterdirektor  der  italienischen   Oper  nach  Amsterdam,  in 


328  I*c^i  —  Pcüua  y  Goni. 

welcher  Stellung  er  fünf  Jahre  blieb,  und  wo  er  seine  zweite  Oper  y>La  ß(jUa 
delV  arcicre«  zur  Aufführung  brachte.  1845  kehrte  er  nach  Verona  zurück  und 
übernahm  die  Stelle  des  Concertmeisters  am  Theater  Nuovo.  -aRomeo  di  Mon- 
forH  (1845),  »Fiorina<i  (1851)  und  »»7  Parrucchicre  della  Rerjgenzav.  (1852) 
waren  seine  nächsten  Opern,  von  welchen  Fiorina  sehr  gefiel.  Hierauf  jedoch 
war  er  mit  zwei  andern  Opern  nGdimav.  und  «Genoveß'aa,  die  in  Mailand  in 
Scene  gingen,  wenig  glücklich,  erzielte  aber  mit  der  folgenden  halb  ernsten 
Oper  TüTutti  in  mascherwi ,  einen  unzweifelhaften  Erfolg.  Diese  und  die  1861 
zur  Aufführung  gelangte  reizende  komische  Oper  -aGuerra  in  quaftroa,  erhalten 
sich  seit  zwanzig  Jahren  in  der  Gunst  des  italienischen  Publicums.  P.  schrieb 
in  der  Folge  noch  die  Oper  »^7  Favoritov.  (1870)  und  »Olema  la  Schiavm  (1872). 
y>Tutti  in  mascheraa.  wurde  auch  in  Paris  (Les  Masques)  unter  dem  lebhaftesten 
Beifall  gegeben.  Seit  dem  December  1868  hat  P.  die  Direction  des  Lyceums 
in  Turin  übernommen,  zugleich  die  Function  des  Orchesterdirektors  am  Theater 
E,egio  daselbst.  1872  unternahm  er  die  Begründung  populärer  Concerte,  die 
sehr  schnell  in  Aufnahme  kamen,  und  vom  Publicum  begünstigt  blieben.  1878 
führte  P.  dies  Orchester  zur  Zeit  der  Weltausstellung  nach  Paris  und  gab  in 
den  Räumen  des  Trocadero  vier  sehr  besuchte  Concerte. 

Peli,  Francesco  (VIII,  42),  bekannt  ist  auch  sein  Oratorium  nVJJltima 
Fersecuzione  di  Säule  contra  Davidea,  1708  in  Modena  aufgeführt,  und  eine 
Cantate  y>Giove  pronuhon. 

Peellaert,  Augustin  Philippo,  nicht  Pellaert  (VIII,  42),  ist  die  rich- 
tige Schreibart  des  betreffenden  Namens.  P.  starb  am  16.  April  1876  in 
Saint-Josse-ten-Noode-les  Bruxelles.  Er  veröffentlichte  nCinquante  ans  de  Sou- 
venirs, recueillis  en  1866  par  Ä.  de  Feellaert<s.  (Brüssel,  Decq.,  1867). 

Pelletan,  Mlle.  Fanny,  Dilettantin,  Tochter  eines  ausgezeichneten  Arztes, 
geboren  am  28.  Juli  1830,  starb  am  2.  August  1876  zu  Passy.  Sie  erhielt 
eine  ausgezeichnete  Erziehung,  bei  der  die  Musik  einen  breiten  Platz  erhielt. 
Angeregt  durch  die  Klage  Berlioz  in  einer  seiner  Schriften,  dass  die  fran- 
zösischen Ausgaben  der  Meisterwerke  Glucks  mit  der  Zeit  verloren  gehen 
würden,  da  zu  einer  Erneuerung  derselben  in  ganz  Europa  weder  durch  Sub- 
scription  noch  sonst  durch  Jemand  die  Hand  geboten  sei,  beschloss  Mlle.  P. 
eine  neue  Herausgabe  der  sechs  grossen  Opern  Glucks  selbst  mit  Aufopferung 
ihres  bescheidenen  Vermögens  zu  veranstalten.  Ihr  Compositionslehrer  und 
Freund  Damke  (s.  d.  Art.)  stand  ihr  bei  dem  bedeutenden  Unternehmen  mit 
Rath  und  That  zur  Seite  und  übernahm  die  sehr  sorgfältige  Redaction  derselben. 
1873  erschien  ytlphigenie  en  Aulide<i  und  dann  »Tphigenie  en  Tauridea,  künst- 
lerisch vorwurfsfrei  und  in  materiell  glänzendster  Ausstattung.  Es  folgte  yyAlceste«, 
und  die  Vorbereitung  der  y^Armide«,  vor  deren  Erscheinen  Frl.  Pelletan  durch 
den  Tod  abgerufen  wurde.  Damke  war  schon  vor  der  Fertigstellung  der  nlpM- 
genie  en  Tauridea  gestorben.  Mlle.  P.  hat  jedoch  ihre  Massregeln  so  getroffen, 
dass  das  von  ihr  mit  aller  Kunstliebe  begonnene  Werk  vollendet  werden  wird. 
Der  Nationalbibliothek  vermachte  sie  das  in  ihrem  Besitze  befindliche  Original- 
Manuscript  der  y>Alceste<i  von  Gluck,  welches  sie  von  der  Wittwe  des  Orchester- 
direktors Girard  für  10,000  Eres,  gekauft  hatte,  und  das  Manuscript  y>VEnfance 
du  Ohristn  von  H.  Berlioz. 

Pembertou,  Edward,  englischer  geschätzter  Lautenmacher,  lebte  in  London 
in  der  Mitte  des   17.   Jahrhunderts. 

Peiaua  y  Goni,  Antonio,  spanischer  Musikschriftsteller,  ist  am  2.  Nov. 
1816  zu  St.  Sebastian  in  Spanien  geboren,  und  wurde,  früh  verwaist,  in  Frank- 
reich im  College  St.  Jean  de  Luz  erzogen  und  für  eine  wissenschaftliche  Lauf- 
bahn bestimmt.  Nach  St.  Sebastian  zurückgekehrt,  erhielt  er  dort  von  dem  be- 
rühmten Rath  des  Don  Carlos,  Manterola,  griechischen  und  lateinischen  Unter- 
richt, fand  jedoch  noch  Müsse  zu  musikalischen  Studien.  In  Madrid  besuchte 
er  eine  Zeitlang  das  Conservatorium,  und  nahm  dann  eine  Anstellung  in  den 
Bureaus  des  Ministeriums  für  Unterricht  und  Kunst.     Sein  bedeutendes  schrift- 


rcrcUi  -  Periode.  329 

stellerisches  Talent  verwendete  er  jedoch  luissclilicsslicli  im  Interesse  der  Ton- 
kunst. Er  hat  das  Verdienst,  die  niusikulische  Kritik  in  Spanien  einf^eführt 
zu  haben,  denn  er  war  der  erste,  welcher  musikali.sche  Kritiken  für  den  »Im- 
parciale«,  das  bedeutendste  politische  Blatt  in  Madrid,  verfasste.  Es  ge- 
lang ihm  derartig,  das  Publicum  für  musikalische  Fragen  zu  interessiren,  dass 
alle  übrigen  Journale  genöthigt  wurden,  der  gegebenen  Bewegung  zu  folgen 
und  für  eine  .'^pecielle  Berücksichtigung  der  IMusik  ebenfalls  zu  sorgen.  Ausser 
den  zahlreichen  Aufsätzen,  in  welchen  die  gewandte  Feder  P.'s  bemüht  war, 
die  Interessen  der  Musik  in  Spanien  zu  vertreten  und  derselben  einen  besseren 
Platz  zu  bereiten,  sind  einige  seiner  separat  erschienenen  Schriften  zu  nennen: 
nLos  Dc.s'jiojo/i  de  la  Africanaa  (Madrid,  Medina,  in  12);  «La  obra  macutra  de 
Verdi,  Aidim  (Madrid,  Iglesias  e  Garcia);  nßarbierU  (Madrid,  Ducazcal,  1875, 
in  8*^,  mit  Porträt);  Gesammelte  Aufsätze  nlmpresioiies  musicales».  (Madrid,  1878, 
in  8")  und  nlmpresiones  y  Becucrdos.  Carlos  Gounoda  (Madrid,  1879,  kl.  in  8", 
^0  p.).  P.  ist  Ehrenmitglied  der  spanischen  Gesellschaft  zur  Förderung  der 
Kunst,  der  heil.   Cäcilia  in  Rom  u.  a.     Kitter  mehrerer  Orden. 

Ferelli,  Natale  (VIII.  47),  ist  in  Mailand  am  24.  Docember  1817  ge- 
boren, und  starb  in  Philadelphia  im  März   1867. 

Terelli,  Edoardo,  italienischer  Componist  der  Gegenwart,  in  Mailand  am 
2Ü.  November  1842  geboren,  schrieb  die  Opern:  »Xa  Jlartire«,  18G9  in  Florenz 
mit  Beifall  aufgeführt.  Weniger  gefiel  das  in  Mailand  1873  aufgeführte  lyrische 
Drama  in  vier  Akten  » Viola  Fisania.  Eine  dritte  seiner  Opern  ist  »Marion 
Delormev.  Veröffentlicht  sind  ausserdem  von  P.  eine  vierstimmige  Messe  mit 
Orgel;  sechs  vierstimmige  Madrigale  im  modernen  Stil;  ein  Streichquartett; 
Lieder  mit  Claviei-begleitung,  darunter  eine  Sammlung  von  zwölf  ins  italienische 
übersetzter  Lieder  von  H.Heine;  Ciavierstücke  und  mehrere  Hymnen,  von  welchen 
eine  zur  Feier  des  Einzugs  der  italienischen  Truppen  in  Rom  1871  auf  dem 
Domplatz   in   Mailand  ausgeführt  wurde. 

Perez  Martinez,  Tenorsäuger  der  königlichen  Kapelle  zu  Madrid  während 
dreissig  Jahre,  berühmt  als  Sänger  und  Gesanglehrer,  wurde  zu  Cifuentes 
(Siguenza)  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  geboren,  und  nachdem 
er  in  Toledo  Sänger  der  Kathedrale  gewesen,  1770  bei  der  königl.  Kapelle  in 
Madrid  angestellt.  Er  verfasste  ein  bedeutendes  Werk  über  den  Gregorianischen 
Gesang  in  drei  Bänden,  von  welchem  der  erste  Band  1799  erschien.  Der 
Titel  desselben  ist:  y>Prontuario  del  canto  Mano  r/rer/oriano ,  corre(jido  todo  del 
mal  acento  y  otros  defectos  notados  cn  los  libros  antiguos<i.  Ant.  Heruandez  ver- 
anstaltete 1828  eine  neue  verbesserte  und  vermehrte  Ausgabe  des  Werkes, 
P.   ]\I.  starb   in   Madrid  am   2.   Januar   1800. 

rergolese,  Giovanni  Battista  (VIII,  47).  Folgende  Manuscripte  des 
Meisters  sind  in  den  Archiven  des  Conservatoriums  in  Neapel  aufbewahrt  und 
durch  Francesco  Florirao  zusammengestellt  worden:  eine  Messe  für  zwei  Chöre 
und  mehrere  Instrumente  (Ddur);  Messe  für  zwei  Chöre  und  mehrere  Instru- 
mente (Fdur);  Messe  für  vier  Stimmen  und  Bass  (Fdur);  »/«  hoc  dien,  Motette 
für  fünf  Stimmen  und  mehrere  Instrumente;  »J«  coelestibus  reynis«,  für  Contr'alt 
mit  Begleitung  von  Violine  und  Bass;  nSicuf  eraU,  für  vier  Stimmen  und 
mehrere  Instrumente.  Ferner  die  fünf  Cantaten:  vAve  tu  ben  mio  non  seia; 
y>Cki  non  ode  e  chi  non  vedev;  »Euridicc,  ah!  dove  seia?  r>A  te  torna  il  tuo 
Filenov]  y>Dite  che  oyni  momcnto;  mehrere  Arien  mit  Begleitung  von  Violinen, 
Alt  und  Bass;  mehrere  Duos  mit  derselben  Begleitung;  »Vado  a  morir  bin 
mio«;  nCieco  che  non  vid'  io<i  und  Terzette  mit  Begleitung  von  Violinen,  Alt 
und  Bass;  Scherzo  für  Tenor  und  Bass;  zwölf  Sonaten  für  zwei  Violinen  und 
Bass;  Violinconcert  mit  Begleitung  von  Streichquartett;  Solfeggien  für  zwei 
und  drei  Stimmen. 

Teriode  (VIII,  49).  Bei  jenen  Tonstücken,  welche  die  äussere  Bewegung 
regeln  sollen,  beim  Tanz  und  Marsch  ist  der  Periodenbau  au  die  streng  pro- 
gressiv erfolgende  Zusammensetzung   gebunden.      Es  ist  im  Hauptwerk  gezeigt 


330  Periode. 

worden,  wie  der  Marsch  und  der  Walzer  ganz  iiaturgeiniiss  in  acht-  oder  auch 
vieractige  Periode,  gegliedert  sind.  Der  Marsch  namentlich  lässt  kaum  eine 
andere  Gliederung  zu.  Es  erscheint  ganz  selbstverständlich,  dass  das,  durch 
zwei  Schritte  hestimmte  rhythmische  Motiv  des  Marsches  immer  nur  durch 
Verdoppelung  erweitert  wird;  dass  man  den  so  gewonnenen  zwei  Takten  nicht 
einen  dritten  anhängt,  sondern  sie  als  Vordersatz  betrachtet,  der  einen  rhyth- 
misch ganz  gleich  construirten  Nachsatz  (von  zwei  Takten)  erfordert,  und  dass 
dann  die  grössere  Einheit  von  vier  Takten,  welche  man  damit  erhält,  wiederum 
nicht  durch  Anhängung  von  ein,  zwei  oder  drei  Takten  erweitert,  sondern 
dass  man  jetzt  jene  vier  Takte  als  Vordersatz  betrachtet,  dem  wiederum  ein 
Nachsatz  von  vier  Takten  folgen  muss.  Ausnahmsweise  würde  auch  eine  perio- 
dische Anordnung  von  je  drei  Takten  möglich  sein,  wodurch  indess  der  Marsch 
viel  an  seiner  natürlichen  ordnenden  Wirkung  verliert.  Freier  in  dieser  Con- 
struction  ist  schon  der  Tanz  gestaltet.  Mannigfaltig  wie  die  Zusammensetzung 
der  Tanzschritte  (Pas)  war  namentlich  in  früheren  Jahrhunderten  auch  deren 
Zusammenstellung  zu  Tänzen  und  Tanztouren.  Nicht  nur  zwei,  drei  und  vier 
Schritte  wurden  zu  Tanzpas  zusammengenommen,  sondern  auch  fünf  und  sieben, 
und  nicht  nur  so,  dass,  wie  beim  Mazurka  in  unsern  Tagen,  diese  ungeraden 
Pas  doch  in  geraden  Rhythmen  dargestellt  wurden,  so  dass  der  tanzende  Fuss 

auf   dem   letzten    Taktglied  doppelt    so    lange    aushielt  -j • — • — • — I— • — ^ — 

oder  -|- —•-•-•-• — ^_«_«— o —    sondern,    wie    das   aus    alten  Tauzmelodien  und 

choreographischen    Aufzeichnungen    hervorgeht,    dass    ungerader    und    gerader 

rp  1  .  .    ,  ,  ,    .  3      i     I     I     I  4    I     I  ,4111113111 

iakt  gemischt  erscheinen:  -: — •— •— • — \—ü'-*—*—  und   ~r~*—*~'—* — ^-j— •—•—•— 

°  4  12  4  I  4 

Die   fünf  Tritte   der    Galliarde  (Cinq-Pas)   finden   wir   häufiger  bei  den  Laute- 

3     I     I     I     I    2     I     I 
nisten   noch   in  dieser  Weise  rhythmisirt  -r—*—*—* — ', — r — *~* —   als  in  dieser: 

-^r— •-•— • — ^— s— •—     Grössere  rhythmische  Freiheit  aber  noch  war  beim  Tanz 

durch  die  verschiedenen  Touren  in  der  periodischen  Gliederung  gewährt;  wir 
finden  drei-  und  fünftaktige  Perioden  neben  vier-  und  sechstaktigen  consequent 
durchgeführt  und  mit  ihnen  wechselnd.  Nur  noch  die  Polonaise  zeigt  in  unserer 
Zeit  ähnliche  Freiheiten,  sie  besteht  in  der  Regel  aus  sech-,  acht-,  zehn-  oder 
zwölftaktigen  Perioden. 

Noch  freier  wird  natürlich  der  ganze  periodische  Aufbau  bei  Tänzen, 
die  nicht  zum  Tanz  bestimmt  sind,  sondern  als  selbständige  Tonstücke,  nur 
den  Charakter  des  betreffenden  Tanzes  haben.  Hier  treten  dann  an  Stelle  der 
mehr  räumlich  äusserlich  bedingten  rhythmischen  Gesetze  der  engsten  Symmetrie 
die  ästhetischen  der  Proportion  in  Kraft.  Nach  diesen  wird  es  sogar  oft  noth- 
wendig,  die  Perioden  ungleich  zu  construiren.  Dies  wird  zunächst  am  Liede 
bequem  nachzuweisen  sein.  Der  Bau  der  Liedmelodie  wird  zuerst  durch  das 
strophische  Versgefüge  bedingt,  für  welches  gleichfalls  Symmetrie  in  der  An- 
ordnung der  Versfüsse  zur  Verszeile  und  der  Verszeilen  zur  Strophe,  eine  der 
ersten  Hauptbedingungen  ist.  Die  musikalische  Darstellung  dieses  Versgefüges 
hält  zunächst  streng  daran  fest,  so  lange  der  Sinn  nicht  eine  Abweichung  noth- 
wendig  macht.  Die  Melodie  soll  nicht  nur  die  Sprachaccente  fixiren,  sondern 
sie  soll  zugleich  den  ursprünglichen  Gefühlsinhalt  in  eigener  Weise  darstellen, 
und  desshalb  wird  sie  häufig  in  der  Lage  sein,  einzelne,  besonders  bedeutsame, 
für  den  Ausdruck  wichtige  Wörter  auch  durch  eine  längere  Dauer  auszuzeichnen, 
und  somit  das  Versgefüge  rhythmisch  zu  erweitern.  Nur  an  einem  Beispiele 
soll  diese  abweichende  Construction  hier  nachgewiesen  werden.  Zelter  hat  in 
der  ersten  Strophe  des  Liedes  »Gretchen  am  Spinnrnde«;  »Meine  Ruh' ist  hin««, 
streng  den  ursprünglich  rhythmischen  Vers  nachgebildet: 


Poriodo. 


331 


Ändantino. 


^3e!eS=P^^ö3^S 


K-t 


-A^^ 


.ZMHZ 


m 


,E3: 


w 


Mei  - 110     Kuli*       ist    liin,     mein  Ilorz  ist  schwer,  ich      fin  -  de    sie 


g^^ü^rt^i^^ 


uim  -  mer    und       nim  -  mermclir.     Wo      ich     ihn 


nicht    hab' 


ist 


Welt    ist      mir 


Die  Strophe  ist  in  viertaktige  Perioden  gegliedert;  dass  die  ersten  beiden 
Takte  der  vierten  zu  einem  Dreivierteltakt  zusammen  gezogen  sind,  ist  geschehen 
um  die  "Worte:  »die  ganze  Welt  ist  mir  vergällt«,  gewichtiger  heraustreten  zu 
lassen.  Für  Schubert  war  dieser  knappe  rhythmische  Rahmen  zu  eng  und  so 
erweiterte  er  schon  die  rhythmisclie  Darstellung  des  ursprünglichen  Sprach- 
metrums, indem  er  den  Sechsachteltakt  anstatt  des  Dreiachteltakts  wählt: 


y=V- 


^m^ 


-^t-. 


-ß — 


--^ 


Mei  -  ne 


mein  Herz      ist  schwer.         Ich  fin  -  de,   ich 


l^fe^ff=»^i 


tirri?— tii 


U=i 


ztufi^ 


S^ 


fin 


de 


sie     mm  -  mer 


und 


^=: 


nim  -  mer -mehr. 


Zugleich  erweitert  er  aber  auch  das  ganze  rhythmische  Gefüge,  indem  er  die 
zweite  Periode  zu  einer  fünftaktigen  ausdehnt.  Dies  Vei-fahren  mit  künst- 
lerischer Besonnenheit  angewendet,  führt  zu  einer  Mannichfaltigkeit  der  rhyth- 
mischen Gestaltung,  welche  ausserordentlich  wirksame  Mittel  des  Ausdrucks  ge- 
währt und  zugleich  vor  jMonotonie  bewahrt.  Selbstverständlich  dürfen  aber 
solche  Erweiterungen,  an  deren  Stelle  gelegentlich  wol  auch  Verkürzungen  treten 
müssen,  nicht  willkürlich  auftreten  und  nicht  die  Symmetrie  des  Ganzen  stören, 
sondern  sie  müssen  aus  der  Idee  des  Gedichts  hervorgehen  und  dürfen  nur  als, 
die  Regel  bestätigende  Ausnahmen  erscheinen.  Das  Ohr  vermag  nicht  so 
genau  zu  messen,  als  das  Auge,  es  kann  die  Vergleichung  zunächst  nur  mit 
Hülfe  des  Gedächtnisses  auszuführen,  da  die  einzelnen  Theile  nach  einander 
flüchtig  vorüber  rauschen,  während  die,  durch  das  Auge  zu  messenden  neben 
einander  unverrückt  stehen  bleiben.  Daher  werden  diesem  auch  Störungen 
der  Symmetrie  weit  empfindlicher  als  dem  Ohr.  Man  darf  daher  nicht  ohne 
weiteres  die  Gesetze  der  räumlichen  Symmetrie  auf  die  der  Zeit  übertragen. 
Daher  ist  es  auch  wenig  angemessen,  bei  den  selbständigen,  erweiterten  In- 
strumentalformen in  derselben  "Weise  die  Perioden  nach  Takten  abzumessen, 
wie  beim  Marsch  und  Tanz.  Hier  schon  fanden  wir  Abweichungen  gerecht- 
fertigt, und  in  derselben  Weise,  wie  beim  Liede  der  ideelle  Inhalt  eine  mannich- 
faltigere  Ausdehnung  der  Perioden  ])cdingt,  so  ist  auch  bei  den  Instrumental- 
formen eine  Verschiedenheit  der  rhythmischen  Construction  der  Perioden  geboten. 
Die  direkt  aus  dem  Liede  hervorgehende  Instrumentalform  —  das  Rondo  — 
hält  Anfangs  noch  streng  die  Gliederung  in  achttaktigen  Perioden  fest,  wie 
bei  Couperin  und  den  deutschen  Componisten  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahr- 
hunderts. Durch  Haydn  und  Mozart  wurden  dann  die  Zwischensätze  eingeführt; 
die  eigentlichen  Rondosätze  sind  bei  beiden  Anfangs  nach  achttaktigen  Perioden. 
Erst  allmälig  gelangen  sie  dazu,  die  Haupt-  und  Nebensätze  auch  anders  rhyth- 
misch  zu   construiren,   und   zwar   in   demselben  IMaasse,   in   welchem    sie   einen 


332 


Periode. 


speciellen  Inhalt  zu  gestalten  unternehmen.  Der  grössere  oder  geringere  Inhalt 
der  gewählten  Themen  bestimmt  ihre  engere  oder  weitei-e  Verarbeitung.  Im 
Allgemeinen  wird  immer  noch  die  Gliederung  der  einzelnen  Theile  in  acht- 
taktigen  Perioden  zu  Grunde  gelegt;  aber  diese  erscheinen  zugleich  mannich- 
fach  erweitert  und  zusammengesetzt,  je  nach  der  grössern  oder  geringem  Er- 
giebigkeit der  Themen.  Das  Scherzo  ist  bekanntlich  eine  Instrumentalform, 
welche  aus  der  Menuett  hervorgegangen  ist,  und  noch  in  den  ersten  Scherzi 
von  Beethoven  ist  die  Consti'uction  dieser  Form  ziemlich  streng  festgehalten; 
erst  alhnälig  erweitert  sie  der  Meister  und  zwar  zunächst  in  der  einfachsten 
Weise,  wie  gleich  am  Anfange  des  Scherzo  der  C-moll-Sinfonie  durch  Erwei- 
terung der  ursprünglichen  Periode. 


i 


J        I 


poco  rit.         a  tempo. 


^t: 


pp 


^^^E^- 


1^=1=1 


Die  Anfangsperiode  von  acht  Takten  wird  bei  der  sofort  erfolgenden  Wieder- 
holung auf  zehn  Takte  erweitert.  Je  schärfer  bei  dieser  wachsenden  Ausbrei- 
tung die  Perioden  unter  sich  abgegrenzt  heraustreten,  um  so  übersichtlicher 
bleibt  das  Ganze  bei  aller  Complicirtheit  und  Mannichfaltigkeit  der  Anwendung. 
Glänzend  hat  dies  unter  andern  Beethoven  namentlich  in  dem  Scherzo  der 
neunten  Sinfonie  dargcthan,  das  sich  in  gewaltiger  Breite  und  gigantischer 
Grösse  vor  dem  staunenden  Sinn  aufbaut,  und  doch  bis  in  seine  kleinsten 
Theile  hinein  ebenmässig  und  darum  leicht  fasslich  gegliedert  ist. 

Bei  den ,  aus  der  Motette  und  den  künstlichen  canonischen  Formen  her- 
vortreibendeu  Instrumentalformen,  dem  eigentlichen  Sonatensatz,  zum  Theil 
auch  beim  Adagio,  so  weit  es  nicht  Lied-  oder  Rondoform  annimmt  und  bei 
der  Instrumentalfuge,  tritt  die,  im  kleinen  gliedernde  Periodisirung  nicht  so 
scharf  hervor,  wie  in  den  erwähnten  Formen.  Der  erste  Theil  des  Sonaten- 
satzes wird  meist  aus  einem  kürzern  Motiv  gewonnen,  das  erst  in  der  Ver- 
arbeitung und  durch  seinen  Gegensatz  ein  bestimmteres  Gepräge  gewinnt;  die 
Anordnung  des  Satzes  kann  demnach  weniger  in  Perioden  gliedernd,  als  nach 
den  allgemeinern  Gesichtspunkten  der  Proportion  erfolgen.  Erst  das  zweite 
gegensätzliche  Motiv  des  Sonatensatzes  hat  in  der  Regel  liedmässige  Fassung, 
daher  gewinnt  dieser  zweite  Theil  mehr  in  Perioden  erfolgende  Gliederung. 
Der  Mittelsatz  des  Sonatensatzes  wird  dann  meist  fugirt,  wodurch  die,  mehr 
im  Grossen  anordnende  Gliederung  bedingt  wird.  So  falsch  es  demnach  er- 
scheint, diesen  weiten  Instrumentalformen  die  nach  Takten  bemessene  enge 
Periodengliedcrung  der  Tanz-  und  Marschformen  aufnöthigen  zu  wollen,  eben 
so  wenig  gerechtfertigt  ist  es,  sie  ganz  aufzugeben,  wie  das  meist  in  den  sin- 
fonischen Dichtungen  geschieht.      Mehr   noch    wie   bei   den  Vocalforraen    macht 


Periodische  Fuge  —  Petrow.  333 

sich  bei  den  Instruraentulfurraen  die  Nothwendif^kcit  der  strenpfon  Gliederung 
geltend.  Jene  haben  im  Text  die  erliluternden  Worte,  welche  über  den  Inhalt, 
den  der  Componist  in  ihnen  darlegen  will,  uns  hinreichend  unterrichten.  Die 
Instrumentaltormen  müssen  allein  durch  sich  selbst  sprechin,  und  daher  ist 
die  formelle  Festigung  und  Gliederung  für  sie  noch  nothwendiger  als  für 
die  Vocalformen. 

Periodische  Fuge.  Fuga  jirrioJira  (VIIT,  51),  wurde  deshalb  so  genannt, 
weil  sie  in  verschiedene,  Durchführungen  oder  Wiederschlüge  genannte,  Perioden 
ffe'diedert  ist,  abweichend  vom  Canon  der  in  früheren  .Tahrhunderten  bekannt- 
lieh  auch  Fuga  (in  conseguenza)  hiess,  bei  welchem  die  ursprünglich  gewühlte 
Melodie   nicht  als   Thema  verarbeitet,  sondern   in   einem  Guss   nachgeahmt  wird. 

Perotti,  Giovanni  Augustin  (\'I1I,  5:J),  ist  zu  Verceil  nicht  1774, 
sondern  am   12.  Apiil  17G9  geboren   und   starb  zu  Venedig  am   28.  Juni   1855. 

Persiani,   Josef o   (VIII,  54),  starb  am   15.  August  1869  in  Paris. 

Persiaui,  Fanny  Tacchinardi  (VIII,  54),  nicht  Luigia,  wurde  am 
4.  October   1812    in    Rom  geboren  und  starb  plötzlich   in   Neuilly-sur-Seine  am 

3.  Mai  1867.  Eine  der  letzten  Vertreterinneu  der  berühmten  italienischen 
Schule,  verlor  sie  1849  in  Folge  einer  Heiserkeit  die  Stimme,  worauf  sie  mit 
ihrem  Gatten  Josefo  die  Direction  des  italienischen  Theaters  in  London  über- 
nahm und  bei  diesem  Unternehmen  auch  die  Früchte  ihrer  Thätigkeit  als 
Sängerin   cinbüsste.     Sie  lebte  hierauf  in   Paris  als   Gesanglehrerin. 

Persuis,    Louis   Luc.  Loiseau  de,  nicht  Persius  (VIII,  55),   wurde  am 

4.  Juli,  nicht  21.  Mai,   1769  geboren. 

Perucchiui,  Giovanni  Bapt.  (VIII,  56),  wurde  nicht  in  Venedig,  sondern 
in   Bergamo   1784  geboren,   er  starb  in  Venedig  im  Januar   1870. 

Pessard,  Emile  Louis  Fortune,  einer  der  fleissigsten  und  begabtesten 
Componisten  der  jüngsten  französischen  Schule,  ist  zu  Montraarte  (Paris)  am 
29.  Mai  1843  geboren.  Sein  Vater,  ein  geschickter  Flötist,  unterwies  ihn  in 
den  Anfauffsgründen  der  Musik.  Obwol  er  von  den  Instrumenten  das  Ciavier 
hauptsächlich  übte,  war  er  doch  als  Contrabassist  in  mehreren  Orchestern  thätig. 
Compositionsversuche  machte  er  schon  zeitig.  Im  Conservatorium ,  das  er  be- 
suchte, erhielt  er  mehrere  Preise  und  erwarb  für  seine  Cantate  »Delila«,  auf- 
geführt in  der  Oper  am  21.  Februar  1867,  den  grossen  Compositionspreis.  Von 
der  Studienreise  nach  Italien  wieder  nach  Paris  zurückgekehrt,  glückte  es  ihm, 
seine  erste  einaktige  Oper  »La  Cruche  casseea  alsbald  in  Scene  gehen  zu  sehen. 
Trotz  des  günstigen  Eindrucks  jedoch,  den  das  Werkchen  machte,  erreichte  P. 
eine  Aufführung  seiner  zweiten  einaktigen  Oper  »Xe  Cham  erst  nach  acht 
Jahren.  In  dieser  Zwischenzeit  wendete  er  sich  der  Kirchen-  und  Kammer- 
musik zu,  und  schrieb  sehr  ansprechende  Vocalmusik.  Endlich  1878  brachte 
die  Opera  comique  »i^  Ohara  und  nun  auch  das  Theatre  Lyrique  die  grössere 
Oper  liLe  Capitainr  Fracassea  nach  dem  gleichnamigen  Roman  von  Theoph. 
Gautier  bearbeitet,  zur  Aufführung.  Beide  Werke,  besonders  itLe  Capitaine 
Fracasse«,  wurden  mit  entschiedenem  Beifall  aufgenommen,  und  der  Componist 
zählte  von  diesem  Augenblick  an  zu  den  Stützen  der  gegenwärtgen  lyrischen 
französischen  Oper.  Ausser  diesen  dramatischen  Werken  schrieb  er:  eine  kleine 
Messe  für  zwei  gleiche  Stimmen  mit  Orgel  oder  Harmonium;  Ave  Maria  mit 
Begleitung  von  Orgel,  Violine  und  Violoncello;  ■^Meditation  relijieusen;  Joyeusttes 
de  hoiine  compar/niea;  Dliccuril  de  chansons  et  melodiesv.;  ein  (Quintett,  ein  Trio, 
eine  Orchester-Suite;  »Grande  marche  j)Our  orchestre;  Ciavier-  und  Vocalcom- 
positionen.  P.  ist  Inspektor  des  Gesanges  in  den  Volksschulen  in  Paris  und 
wurde  zum  Ritter  der  Ehrenlegion   ernannt. 

Petrow,  Ossip,  russischer  Sänger,  der  in  seinem  Vaterlande  sich  des 
grössten  Rufes  erfreute,  war  1807  geboren  und  begann  zeitig  seine  kräftige 
Barytonstimme  auszubilden.  Er  widmete  sich  der  dramatischen  Laufbahn  und 
hauptsächlich  der  nationalen  Musik,  war  aber  auch  des  italienischen  Gesanges 
kundig,    so  dass  er  selbst  neben  Rubiui  und   Negri  in  den  Concerten  auch  auf 


334  Petrus  —  Petzold. 

diesem  Gebiete  glänzte.  Er  gehörte  dem  kaiserlichen  Theater  in  Petersburg 
länger  als  fünfzig  Jahre  an,  und  hat  an  demselben  seine  Glanzrolle  riSouzanincK 
in:  »Das  Leben  für  den  Czaren«  von  Glinka  ins  Leben  gerufen.  In  dieser  Rolle 
betrat  er  am  28.  Nov.  187G,  bei  der  vierhundcrtachtundvierzigsten  Vorstellung 
dieser  Oper,  noch  einmal  die  Sceue.  Den  fünfzigsten  Jahrestag  seines  ersten 
Debüts  an  der  Oper  hatte  er  wenige  Monate  vorher  gefeiert.  Er  starb  in 
Petersburg  am   11.  März   1878. 

Petrus,  war  einer  der  beiden  römischen  Sänger,  welche  Papst  Hadrian  L 
auf  den  Wunsch  Carl  d.  Gr.  nach  Deutschland  sandte,  damit  sie  dort  den 
gregorianischen  Kirchengesang  in  seiner  authentischen  Gestalt  lehrten  und  ver- 
bx'eiteten.  Der  eine  von  beiden,  Romanus,  erkrankte  beim  Uebergange  über  die 
Alpen  heftig  am  Fieber  und  kam  nur  bis  nach  St.  Gallen,  wo  er  blieb.  Petrus 
aber  ging  weiter  nach  seinem  Bestimmungsort  Metz  und  errichtete  hier  eine 
berühmte  Schule  des  gregorianischen  Gesanges  und  sein  Kloster  zu  Metz  wurde 
ebenso  einflussreich  für  die  Ausbreitung  des  christlichen  Gesanges,  wie  das  zu 
St.  Gallen.  Von  den  Melodien,  welche  Petrus  erfand,  sind  noch  zwei  be- 
kannt, sie  heissen:  »Metienseroi,  die  längere:  »metensis  major«,  die  kürzere: 
y>mete>isis  minor«. 

Petzold,  Carl  Eugen,  geboren  den  7.  November  1813  zu  Ronneburg  im 
Herzogthum  Sachsen-Altenburg,  zeigte  frühzeitig  Lust  und  Anlage  zur  Musik. 
Sein  Vater  Gottlob  P.,  Glasermeister,  wendete,  so  viel  in  seinen  Kräften  stand, 
alles  daran,  ihn  darin  ausbilden  zu  lassen.  Von  seinem  10.  Jahre  an  erhielt 
er  Unterricht  vom  Cantor  Hasenmeyer  im  Ciavier  und  vom  11.  Jahre  beim 
Stadtmusikus  im  Violinspiel  und  in  der  Behandlung  der  meisten  übrigen  gang- 
baren Instrumente.  1828  zu  Michaelis  kam  er  nach  Leipzig  auf  die  Thomas- 
schule und  genoss  hier  theoretischen  Unteri'icht  beim  Cantor  AVeinlig.  Im  Jahr 
1830  den  27.  März  wurde  auf  der  Thomasschule  die  z.  Z.  neue  Oper:  »Der 
Templer  und  die  Jüdin« ,  von  H.  Marschner,  vor  einem  gewählten  Publicum, 
worunter  der  Componist,  aufgeführt,  wobei  P.  die  Partie  der  Rebecca  sang. 
Ostern  1836  bezog  er  die  Universität  Leipzig,  hörte  philosophische  und  mit 
Auswahl  theologische  Collegien,  studirte  aber  vorzugsweise  die  geliebte  Ton- 
kunst weiter  unter  den  besten  Kräften  Leipzigs:  Weinlig  (Contrapunkt),  Men- 
delssohn (Partitur spiel),  David  (Violine,  als  einer  seiner  ersten  Schüler  in  Leip- 
zig), Jul.  Knorr  und  Aug.  Klengel  (Piano),  Aug.  Pohlenz  (Gesang  und  Orgel), 
Prof.  Fechner  (Akustik)  und  "W.  Fink  (Geschichte  der  Musik).  Durch  David 
erhielt  er  Gelegenheit,  in  Gewandhausconcerten  und  im  Theaterorchester  in 
Opern  und  dergl.  mitzuwirken  und  auszuhelfen.  1837  gründete  er  den  phil- 
harmonischen Verein,  in  welchem  nicht  nur  Männergesänge,  sondern  auch  Ge- 
sangs- und  Instumentalsolostücke,  Opern  und  Oratorien,  letztere  mit  Zuzug 
von  Thomanern  eingeübt  und  vor  einem  eingeladenen  gewählten  Publicum  aus- 
geführt wurden,  welchen  Uebungen  und  Vorträgen  auch  Mendelssohn  auf  Ein- 
ladungen hin  zuweilen  beiwohnte.  Dieser  Verein  verschmolz  später  als  Männer- 
gesang mit  dem  Paulinervei-ein.  Im  Winter  1838/39  kam  er  durch  Empfehlung 
von  Mendelssohn  und  Weinlig  als  Kapellmeister  ans  Stadttheater  nach  Bautzen, 
kehrte  im  Sommer  darauf  wieder  nach  Leipzig  zurück  und  studirte  die  Musik 
besonders  für  Kirche  und  Coucerte  unter  den  früheren  Verhältnissen  wieder 
weiter.  Während  dieser  Zeit  hatte  P,  Verschiedenes  componirt,  Lieder  mit 
Pianofortebegleitung  und  oblig.  Instrumenten,  Motetten,  4  und  8stimmig-doppel- 
chörig,  welche  in  der  Thomaskirche  zuweilen  zur  Aufführung  kamen.  Im  Jahr 
1840  erhielt  er  durch  Empfehlung  von  Rob.  Schumann  und  Jul.  Knorr,  z.  Z. 
Gründer  und  Redakteur  der  Neuen  Zeitschrift  für  Musik,  die  Stelle  als  Musik- 
lehrer an  der  Erziehungsanstalt  auf  Schloss  Lenzberg  in  der  Schweiz.  1841 
reiste  er  in  den  Sommerferieu  nach  Paris,  lernte  daselbst  Cherubini,  Halevy  und 
Habeneck  persönlich  kennen,  wurde  in  Soirees  musicales,  wobei  die  ersten 
Künstler  des  Conservatoriums  sich  betheiligten,  eingeladen,  und  sang  und  sjjielte 
daselbst.      Ihm  wurde    der  Antrag,    eine  Direktorstelle  zu  übernehmen,    den   er 


Pfeiiior  —  pr.iiuit.  :?8r) 

aber  Contniktspflichton  luilbor  zu  Schloss  Tjenzburg  ablohnen  inusste.  1842 
kam  er  als  Musikdirektor,  Organist  der  deutschen  Kirche  und  Gesanglehrer 
an  die  Stadtschulen  nach  IVFurten  (Canton  Freil)urg).  Sein  "Wirken  daselbst 
währte  nur  anderthalb  Jahre,  aber  es  war  ein  der  Hel)ung  der  MusiUzustiinde 
sehr  erspriessliches.  Nach  dieser  Zeit,  i.  J.  1843,  erhielt  er  den  Ruf  als 
Musikdirektor,  Gesanglehrer  an  den  Schulen  und  Organist  nach  Zofingen  (Gant. 
Aargau),  welche  Stelle  er  den   1.  Mai   1844  antrat. 

Er  führte  daselbst  vor  allein  anfangs  regeliiiUssige  Winter-,  später  vier 
Abonnements-Concerto  ein,  und  von  je  zu  zwei  Jahren  grössere  Oratorien-Auf- 
führungen mit  verstärkten  Gesangs-  und  Orchestcrkrüften  in  der  Kirche,  in 
Verbindunsr  der  Orcel.  1845  unternahm  er  eine  mehrinonatliche  Kunst-  und 
Studienreise  nach  Italien,  um  die  Conservatoricn,  Opern,  Kirchenmusiken  u.  s.  w. 
daselbst  kennen  zu  lernen.  In  Neapel  kam  er  in  Verbindung  mit  Mercadante 
und  Florimo,  in  Rom  mit  Direktor  Landsberg,  Dr.  Heyse  u.  a.  ra.  1847  wurde 
durch  seine  Veranlassung  ein  neues  Orgelwerk  von  Fr.  Haas  erbaut,  welches 
in  Bezug  auf  Qualität  den  besten  der  Neuzeit  an  die  Seite  gesetzt  wei'den  kann. 
1801  reiste  er  nach  London  zu  gleichen  Zwecken  wie  zur  Zeit  nach  Italien. 
1869  beging  er  sein  25 jähriges  Aratsjubiläum  in  Zofingen,  wobei  ihm  von 
Seiten  der  Behörden  und  Stadt  mehrfache  Ovationen  zu  Theil  wurden.  AVährend 
dieser  Jahre  componirte  er  Verschiedenes,  grössere  und  kleinere  Stücke,  be- 
suchte die  grösseren  Musikfeste,  Tonkünstlerversammlungen  im  In-  und  Aus- 
lande. 1874  hielt  er  es  für  geboten,  nach  SOjährigem  Wirken  als  Direktor 
von  allen  Concertangelegenheiten  zurückzutreten;  ebenso  zwei  Jahre  später, 
1876,  auch  als  Lehrer  des  Gesanges  an  den  Schulen,  obgleich  noch  in  besten 
Kräften;  nur  den  Organistendienst  behielt  er  bis  auf  die  Gegenwart  bei.  Seine 
Tochter  Ida  hat  er  in  den  Jahren  1873 — 77  auf  den  Conservatorien  in  Stutt- 
gart unter  Koch  und  in  Leipzig  unter  Frau  Schimon-Regan  zur  Concertsängerin 
(Coloratur)  ausbilden  lassen,  und  überall,  wo  sie  schon  aufgetreten  ist  hatte  sie 
grossen  Erfolg.  Componirt  hat  P.  Kirchenstücke,  ein-  und  mehrstimmige  Lieder  und 
Gesänge,  Instrumentalstücke,  Concertsätze  für  Solo,  Chor  und  Orchester  und  für 
verschiedene  Soloinstrumente;  Musik  zu  Schillers  »Wilhelm  Teil«  und  zu  Goethes 
»Faust«.  Von  diesen  Werken  sind  mehrere  im  Druck  erschienen  (bei  A.  Klemm, 
Fr.  Kistner,  AVhistling,  C.  Simrock,  Rieter-Biedermann).  P.  ist  Ehrenmitglied 
von  verschiedenen  Vereinen  des  In-  und  Auslandes. 

Pfeiffer,  Georg  Jean,  ausgezeichneter  Pianist  und  einer  der  begabtesten 
unter  den  gegenwärtigen  französischen  Componisten,  ist  in  Versailles  am 
12.  December  1835  geboren.  Seine  Ausbildung  als  Clavierspieler  erhielt  er 
von  der  Mutter,  Clara  Virginia  Pfeiffer,  in  Versailles  im  April  1816  geboren, 
selbst  ausgezeichnete  Pianistin  und  Schülerin  von  Kalkbrenner  und  Chopin. 
In  der  Composition  unterrichteten  ihn  Maledon  und  Damke.  Gleich  sein  erstes 
Auftreten  als  Componist  und  Pianist  in  Paris  war  durch  glänzende  Erfolge 
ausgezeichnet,  die  durch  spätere  Leistungen  nur  erhöht  worden  sind.  Als 
Componist  nimmt  er  einen  ehrenvollen  Platz  ein.  Einer  der  vorzüglichsten 
ausführenden  Künstler  ist  er  zugleich  geschickt  und  gesucht  als  Lehrer.  Die 
bis  jetzt  veröffentlichten  Corapositionen  sind  folgende:  drei  Clavierconcerte  mit 
Orchester  (Op.  11,  21.  58);  Sonate  für  Ciavier  und  Violine  (Op.  66);  Trio  in 
Gmoll  (Op.  14)  ;  Quintett  für  Ciavier,  zwei  Violinen,  Alt  und  Violoncello  (Op.  41) ; 
Sinfonie  für  grosses  Orchester  (Op.  31);  y>Alleijro  symphoniqur,  Piano  et  Orchestre«. 
(Op.  40);  nJeanne  d'Arc,  Poeme  symphoniquen  (Op.  43);  »At/ar,  scencs  lyriques 
pour  soli,  orchestre  et  choeursK  (Op.  58);  rtOuverture  du  Oida  (Op.  24);  »Ze  Capi- 
taine  JRocJi,  opera  comique  eu  un  acieu.  (Op.  19).     Zahlreiche  Clavierconipositionen. 

Pflugrhanpt,  Robert  (VIII,  67),  starb  in   Aachen  am   12.   Juni   1871. 

Pfundt,  Ernst  Gotthold  Benjamin  (nicht  Pfund,  VIII,  67),  starb  am 
7.  December  1871.  Die  erwähnte  Brochiire  über  das  Paukenschlagen  erschien 
1849  unter  dem  Titel:  »Die  Pauken«.  Eine  Anleitung  dieses  Instrument  zu 
erlernen    1849,  gr.   16,  Leipzig,  Breitkoj)f  &   Härtel. 


336  Phantasie. 

Pliiiiitasio  (VITI,  68).  Nachdrücklich  muss  immer  darauf  hingewiesen 
werden,  dass  Verstand,  Gefühl  und  Phantasie  nicht  etwa  als  getrennt  wirkend 
sredacht  werden  müssen.  Wol  erscheinen  bei  der  Vocalmuwik  im  Alliremeinen 
Gefühl  und  Verstund  mehr  betheiligt,  als  die  Phantasie,  die  wiederum  an  der 
Schöpfung  der  Instrumentalmusik  grössern  Antheil  zu  nehmen  scheint.  Aber 
eine  gänzliche  Isolirung  dieser  wirkenden  Kräfte  kann  selbstverständlich  nicht 
stattfinden.  Die  Schöpfung,  bei  welcher  der  Verstand  als  einziger  Erzeuger  er- 
scheint, würde  im  günstigsten  Falle  nichts  weiter  werden,  als  ein  Produkt  einer 
gewissen  künstlerischen  Betriebsamkeit,  aber  nimmer  ein  Kunstwerk.  Auf  diesem 
Wege  können  Formen  geschaffen  werden,  mit  dem  ihnen  von  Haus  aus 
innewohnenden,  aber  nicht  mit  einem  individuellen  Inhalt  erfüllt,  der  im 
Grunde  allein  das  Kunstwerk  als  solches  entstehcju  lüsst.  Der  Verstand  erfüllt 
mit  seiner  einseitigen,  isolirten  Thätigkeit  nur  die  technischen  Bedingungen 
des  Kunstwerks;  um  auch  dem  idealen  und  sittlichen  zu  genügen,  müssen  eben 
Gefühl  und  Phantasie  mitwirkend  hinzutreten,  die  aber  für  sich  wiederum  allein 
nicht  ausreichend  erscheinen,  ein  vollendetes  Kunstwerk  zu  schaffen.  Bei  der 
Vocalmusik  erscheint  das  unzweifelhaft.  Der  vorschali'ende  Dichter  hat  das, 
was  er  innerlich  anschaute,  bereits  mit  Hülfe  des  Verstandes  in  concreten  Bil- 
dern anschaulich  zu  machen  gewusst,  und  der  nachdichtende  Musiker  muss  diese 
wiederum  zuerst  mit  seinem  Verstände  erfassen  und  sie  gewissermassen  für 
Gefühl  und  Phantasie  auflösen,  um  sie  auf  ihren  früheren  Boden  zu  verjDflanzen. 
Der  nachdichtende  Tondichter  muss  zuerst  den  Dichter  »verstehen«  lernen,  er 
muss  sich  in  seine  Schöpfung  hinein  denken,  um  ihm  nachzuempfinden  und 
sich  ihm  nachschaffend  verhalten  zu  können.  Der  Tondichter  muss  den  Prozess, 
der  sich  im  Dichter  vollzog,  vom  Moment  des  Empfindens  und  Erfindens,  bis 
zur  völligen  Gestaltung  seines  dichterischen  Produkts,  aber  in  umgekehrter 
Ordnung,  an  sich  durchmachen.  "Während  jener  das,  was  er  innerlich  empfand 
und  anschaute  zu  verdichten  sucht,  um  es  an  die  Begriflfswelt  zu  veräussern, 
ist  der  Tondichter  bemüht,  diese  Begriffe  mit  seinem  Verstände  zu  erfassen, 
um  sie  wieder  aufzulösen  und  so  die  Bilder  der  Phantasie  oder  Reafunaren  der 
Empfindung  zu  gewinnen,  die  in  ihnen  verkörpert  erscheinen.  Beim  epischen 
und  dramatischen  Gedicht  ist  das  zu  augenfällig,  als  dass  es  noch  weiter  be- 
wiesen werden  müsste.  Gefühl  und  Empfindung  sind  nicht  entfernt  im  Stande, 
alle  die  äussern  Voraussetzungen,  die  zur  Schöpfung  dieser  Formen  nothwendig 
sind,  zu  ersetzen,  das  kann  nur  der  Verstand.  Wie  der  Dichter  schon  die,  nur 
nach  Individualitäten  geschiedenen  Charaktere  nimmermehr  nur  aus  der  Tiefe 
seines  Gemüths  zu  schaffen  im  Stande  sein  dürfte,  so  wird  ihm  dies  noch  weniger 
bei  den,  nach  Zeiten  und  Völkerschaften  unterschiedenen  gelingen;  hierzu  ge- 
hört ein  oft  reich  umfassendes  Wissen  und  zur  vollen  Erkenntniss  eine,  meist 
recht  scharfe  Verstandesthätigkeit,  die  in  solchem  Falle  dann  aber  auch  der 
nachschaffende  Tondichter  im  ganzen  Umfange  zu  üben  gezwungen  ist.  Weder 
Phantasie  noch  Gefühl  allein  sind  vermögend  uns  vergangene  Zeiten  und  Völker 
zu  vergegenwärtigen;  das  vermag  in  erster  Reihe  nur  der  Verstand,  der  die 
Kunde  davon  aufnimmt.  Dann  erst,  nach  vollständig  erlangtem  Verständniss, 
können  die  Bilder  der  Vergangenheit  in  unserer  Phantasie  aufsteigen;  dann 
erst  lernen  wir  mit  den  längst  dahin  geschiedenen  Personen  mitempfinden  und 
mitfühlen.  Nur  bei  dieser  in  einander  greifenden  Thätigkeit  von  Verstand, 
Phantasie  und  Empfindung  entsteht  das  dichterische,  epische  oder  dramatische 
Kunstwerk  und  wird  es  vom  nachdichtenden  Musiker  richtig  erfasst  und  nach- 
gebildet. Aber  der  ganze  Prozess  ist  nur  wenig  verändert,  auch  bei  der  lyrischen 
Dichtung.  Hier  ist  allerdings  die  Empfindung  als  solche  das  künstlerische 
Darstelluugsobjekt,  an  welchem  der  Verstand  scheinbar  keinen  Antheil  nimmt, 
oder  doch  höchstens  nur  bei  ihrer  Erzeugung,  nicht  aber  bei  ihrer  Erkenntniss,  die 
wiederum  für  Wort-  und  Tondichter  erste  Bedingung  ist.  Man  hat,  nament- 
lich in  unserer  Zeit,  diesen  Theil  dichterischer  Thätigkeit  —  die  Reflexion  — 
nur  zu  oft  verkannt,    und  die  Behauptung   aufgestellt,   als    ertödte    und   unter- 


PhaiituHip.  337 

wühl<'   sie  die   wahre   und  frische  Kraft  der  Prodiictioii.     Ks  ist  kaum  tMUZUseheii, 
wie  diese    ursprüngliche    Huhatiintielh^   (leistesgiibe,    die    dichterische    Froductiou, 
durch    irgend    eine,    die    schüpferiache   Thiltigkcit    nicht   negirende,    aondern   nur 
anregende     (lewalt    zerstört    oder    uucli    nur     hoeinllusst    werden     künne.       Aus 
einem  dürren,   uufruchtharen    Boden    wird   allerdings    die    Reflexion    nur  dürftige 
Gewächse    einer    künstlerischen    Betriehs.uukeit    zu    erzeugen    vermögen.      Aher 
wo    sie    nur    das    Licht    ist,    welches    in    die    innersten,    reichen    Schlitze    hinein 
leuchtet;    wo   sie   nur  die  formirende    \'ermittelung  ist  zwischen   dem,    sich  ewig 
gleichl)U'iboudeu    Inhalte  der    Poesie   und   den   besonderen  Gestalten,   welche  jede 
Zeit   und  jedes   lebendige   (leschlecht  versteht  und  begehrt,    wo   sie   die   eigenste 
Thätigkeit  des   IJewusstseins  selbsl,    als  der   Geist,    der  über  den   Leben   enthal- 
lenden   Wassern    schwebt,    der    die    dunkle   Welt    formloser  Gestalten    aus    ihrer 
lichtlosi-n  Tiefe   auf  die   Höhe  eines  gesonderten,   sich  selbsterkennenden  Daseins 
zu  stellen  weiss,  da  ist  sie   nicht  allein  etwas,  dem   formellen  Prozess  der   Her- 
vorbringuug   Nothwendiges,    sondern    sie  giebt  auch   erst  der  Kunst   ihre   wahre 
Bedeutung,   nämlich,  dass   sie   uns   in   einer  unmittelbaren,  sinnlichen  Gewissheit 
die  Höhe  kuudgiebt,   welche  der  menschliche   Geist   in  seineu  jedesmaligen  Ent- 
wickelungen  erstiegen   hat.     ITeberall   wo  die  Reflexion  sich  nur  auf  das   Tech- 
nische bezieht,  ist  sie  unfruchtbar,  eine  echte  Kunstgestaltung  wenig  fördernd. 
Nothwendig  aber  ist  sie,  wo  die  Um-   oder  Neugestaltung  einer  Form  oder  eines 
grössern    Kunstwerks    von    Innen    heraus    erfolgt.      Dem    schaffenden    Künstler 
muss  das,    wass   er  künstlerisch   gestalten   will,    in   vollständiger   Klarheit  ausge- 
bildet gegenüber  stehen,  er  muss  es  mit  unbefangenem  Auge  volLständig  über- 
schauen, wenn   er  es  äusserlich   nachbilden  will.      Diese    klare  Anschauung  aber 
wird   er  nur  auf  dem  Wege  der  Reflexion   gewinnen   können.     Der   Dichter,   der 
seiner  Empliudung  nicht  Herr  geworden   ist,    so    dass    er    über    ihr  steht,    wird 
sie  nicht  zu  gtstalten  vermögen,  der  Künstler,    in  dessen  Phantasie  nicht  volle 
Klarheit  herrscht,  wird  auch  aus   ihr  heraus  nimmer  ein,  sich  selbst  vollständig 
aussprechendes    Kunstwerk    schaff'en.       Das    gilt    auch    für    die    Darstellung    der 
subtilsten   Emptindungen,    für  jene   Selbstbeschaulichkeit,    die  sich   in   der  Lyrik 
ausspricht,  im  vollsten  Umfange.      Einer    der    bedeutendsten  Lyriker  unter  den 
Tondichtern,    Robert    Schumann,    bemühte    sich,    sein    eigenes    Innere    in    einer 
Doppelgestalt,    als    Plorestan    und    Eusebius    anzuschauen    und    versuchte    seiner 
Phantasie    an  Erscheinungen  der  äussern,    der   Begritfswelt,    Form    und   (4estalt 
zu    geben,    um  das,    was   in   ihm    lebte,    möglichst    klar   zu    überschauen    und  es 
plastisch    nachbilden    zu    können.       Dieser    reflectirenden    Thätigkeit    verdanken 
wir  eine  Reihe  der  wunderbarsten  tief  empfundenen  und  phantasievollen  genialen 
Schöpfungen.      So  erscheint  selb.->t  beim   Erfinden  des  Kunstwerks  die  Reflexion 
in   vollständiger  Thätigkeit,  diese   steigert  sich   selbstverständlich   bei  der  eigent- 
lichen  Ausführung.      Dass    der    Inhalt    seine    specielle  Poi*m   selbst  erzeugt,    ist 
eine    der,    am   meisten  missverstandenen    Wahrheiten.       Natürlich    fordert    jeder 
Inhalt  auch  seine   specielle  Form,   aber  diese   wird   nur  bei  dem  naivgestaltenden 
Volksgrist  auch   ohne   weiteres   in  ihm  geboren.     Der  Künstler,  der  seinen  Inhalt 
tiefer  und   mehr  individuell   fasst,    wird    meist    längere  Zeit  zu   suchen  und  ab- 
zuwägen haben,  welche   IMittel  der  Darstellung  und  welche  specielle  Anordnung 
derselben  die  entsprechendsten   füi-  den  besondern    Inhalt  sind.     Dieser  Prozess 
wird  sich   selbstverständlich    in    dem   Maasse   verkürzen,    in   welchem   der  Inhalt 
an   Klarheit    und    der    schaffende    Künstler    unumschränkte    Herrschaft   über  das 
Darstellungsmaterial    gewinnt,    aber    ganz    ohne    Reflexion    ist    ein    vollendetes 
Kunstwerk   kaum   denkbar.      Bedüifte  (s  dafür  noch  der  Beweise,    so  wären  sie 
zu  Tausenden  aus  unsern  besten  Meistern  bei/ubriu^en.   Selbst  jener,  bei  welchem 
die  Naivetät  des  Schaöens  die  Reflexion   anscheinend   überwiegt,   liet«  rt    treflende 
Beweise  für  diese  Anschauungen.      Man   kann  gern   zugeben,    dass   Haydn's   be- 
deutendste   Werke    weniger    unter    dem    Einfluss  der    Reflexion    entstanden   sind, 
allein    diese    erscheint   bei   ihm  durch   die  grosse   Masse   seiner  andern,    weniger 
bedeutenden   Werke    ersetzt,    die    gewissermassen    als    Vorstudien    zu   diesen  er- 

Ma»ikal.  ConTerä-Lexikon.    Ergänzuugsbaud.  22 


H3S  Phantasiestücke. 

scliejjion.  Ihn  klärte  die  praktische  Ausführung  sicherer  über  seine  eigenen 
Ziele  und  Pliiue  uuf,  als  die  Reflexion;  dass  aber  auch  er  nicht  ganz  ohne  sie 
fertig  wurde,  das  bezeugt  sein  eigenes  Bekenntniss  neben  eintu-  Reihe  von, 
durch  Reilexion  bedingter  Züge  in  vielen  seiner  Werke.  Auch  Mozart  mit 
seiner  bewunderungswürdigen  leichten  (irestaltungskraft  bezeugt  es  durch  viele 
seiner  Aussprüche,  dass  er  der  Reilexion  nicht  entbehren  konnte;  und  das  grösste 
Forinengenie  aller  .lahrliunderte,  .Joh.  Seb.  Bach,  der  zugleich  aber  auch  in  der 
übergrossen  Fülle  von  Formen,  die  er  schuf,  die  gestaltende  Grösse  und  Macht 
seiner  Phantasie  bekundete,  konnte  selbst  in  der  Zeit  seiner  höchsten  Meister- 
schaft dieser  reflectix'enden  Thiitigkeit  nicht  entbehren.  Er  ändert  und  verwirft 
so  lange,  bis  das  betreffende  Kunstwerk  dem,  was  er  innerlich  anschaute,  ganz 
entspricht,  und  das  gilt  auch  von  den  beiden  zeitgenössischen  Meistern  (Huck 
und  Händel.  Ileberaus  lehrreich  alier  sind  die  Skizzenbücher  von  Beethoven, 
des  Meisters  mit  der  so  gewaltig  schaffend  sich  erweisenden  Phantasie.  Man 
ersieht  daraus,  wie  er  oft  selbst  die  einfachsten  Themen  erst  nach  mehrfachen 
Versuchen  gewinnt;  die  Motive  schon,  aus  denen  er  dann  seine  mächtigen 
Bilder  entfaltet,  erscheinen  ihm  Anfangs  in  manuichf'altiger  Grestalt  und  er 
ändert  und  verwirft  so  lange,  bis  er  die  entsprechende  Form  derselben  ge- 
wonnen hat.  In  noch  weit  erhöhterem  Maasse  aber  übt  er  diese  kritische  Thätig- 
keit  bei  der  Verarbeitung  der  so  gewonnenen  Motive.  Zu  ganzen,  oft  weit 
ausgearbeiteten  Partien  verwendet  er  sie  ehe  er  erkennt,  dass  diese  dem  ur- 
sprünglichen Bilde  nicht  entsprechen ,  das  sich  in  seiner  Phantasie  aufbaute ; 
er  ändert  daran,  schaltet  ein  odei-  nimmt  heraus  und  verwirft  sie  dann  am  Ende 
auch  vollständig.  Unermüdlich  beginnt  er  dann  wieder  von  Neuem;  das  Ziel 
hat  er  immer  unverrückt  vor  Augen,  aber  die  AVege  dazu  zu  gelangen,  ebnen 
sich  ihm  meist  nur  langsam;  erst  nach  oft  recht  abweichenden  Umwegen,  die 
er  immer  wieder  verlässt,  um  vom  Ausgangspunkt  wieder  anzufangen,  findet 
er,  was  er  sucht;  aus  oft  recht  mühevollen  verunglückten  Versuchen  erwächst 
ihm  so  erst  das  gesuchte  Bild  in  strahlender  Schönheit  und  überwältigender 
Wirkung.  Mit  leichter  Hand  ist  hier  meist  nur  das  hingeworfen,  was  mehr 
allgemein  gültig  ist,  was  den  Meister  als  in  der  geschichtlichen  Entwickelung 
stehend,  als  ein  Glied  in  der  Reihe  der  Meister  von  monumentaler  Bedeutung 
erscheinen  lässt.  Alles  Neue  aber,  was  er  zu  verkünden  hatte,  der  neue  Inhalt, 
mit  welchem  er  die  Formen  eiweitcrte  und  eineuerte,  das  kommt  erst  nach  langer, 
oft  selbst  mühsamer  Arbeit  zu  Tage,  und  der  förderndste  Hauptfactor  derselben 
bleibt  der  kritisirende  Verstand,  die  Reflexion. 

So  erscheinen  Phantasie,  Empfindung  und  Verstand  bei  der  Schöpfung 
des  Kunstwerks  gleichzeitig  betheiligt.  Jene  sind  gewissermaassen  der  Grund 
und  Boden,  aus  dem  es  erwächst,  dieser  abei-  ist  einer  der  wirksamsten  Mächte 
es  hervorzuzaubern  und  erstehen  zu  lassen.  Der  Verstand  bietet  jenen  beiden, 
der  Phantasie  und  der  Empfindung,  die  entscheidendste  Anregung  zu  schöjjfe- 
i'ischer  Thätigkeit  und  er  leistet  dann  bei  der  Schöpfung  des  Kunstwerks  die 
beste  und  förderndste  Hülfe.  Die  durch  ihn  in  der  Phantasie  heraufbeschwo- 
renen Bilder,  und  in  der  Empfindung  angeregten  Gefühisbewegungen,  werden 
sich  immer  als  die  besten  und  höchsten  Objecte  künstlerischer  Darstellung  be- 
währen, und  nur  durch  eine  solche,  bei  welcher  Phantasie,  Empfindung  und 
der  Verstand  gleichzeitig  thätig  sind,  kann  als  ein  Kuustwerk  im  höchsten 
Sinne  gelten. 

Phantasiestilcke  nannte  Robert  Schumann  die  reizenden,  ungemein  charak- 
teristischen Ciavierstücke,  die  er  als  Op.  12  veröffentlichte,  und  seitdem  ist 
der  Name  zur  Bezeichnung  für  jene  fein  ausgeführten  Stimmungsbildchen  ge- 
worden, an  deren  Schöpfung  die  Phantasie  hauptsächlich  betheiligt  ist.  Die 
in  ihnen  offenbarten  Bilder  der  Phantasie  sind  zwar  auch  meist  durch  äussere 
Einflüsse  angeregt,  aber  vou  diesen  ist  nichts  mit  eingedrungen;  die  Phantasie 
hat  alles  umhüllt  und  umrankt,  was  an  die  äussere  Wirklichkeit  erinnern  könnte, 
daher  erscheinen  auch  die  Bilder  nicht  mit  der  Bestimmtheit  und  Deutlichkeit, 


Pliautasiefanz  —  PhillipH.  339 

durch  welche  »Mne  prllciserc  Bezeiclinuiif^  gprcchtfertiirt,  wäro.  Es  sind  eben 
Stimiuungtn  iillgeiiuüiierer  Art.  dii^  »Des  AbendR«  oder  »In  der  Nuchto  geweckt, 
durcli  dii^  Kruge:  Warum ?  oder  durch  eine  »Fiiliel«  heruuflieHiihwort'ii  werden; 
wie  die  »(Trillen«,  so  sind  auc^h  »'l'rivuuies  Wirren«  unendlich  niannichfaltig,  nur 
das  »Lied  vom  Ende«,  das  meist  »mit  gutem  Humor«  lieginnt,  endet  in  der  Regel 
in  sich  ruhend  reslgnirt.  Die  Form  dieser  IMiautasiestücke  ist,  in  der  Kegel 
die,  des  einlachen  Präludiums,  das  nur  formell  etwas  mehr  gefestigt  erscheint. 
Der  bedeutendere  und  immerhin  auch  bestimmter  charakterisirte  Inhalt,  der 
im  Phantasiestück  nach  Utfenbarung  drängt,  erzeugt  auch  bedeutendere  Motive 
und  diese  machen  eine  seliärfere  formelle  (iliideriing  als  das  Präludium  er- 
fordert, nothwendig.  Mitunter  gewinnt  der  Inhalt  solche  Bestimmtheit,  dass 
er  nach  lied-  und  selbst  balladenmässiger  Abgrenzung  drängt,  wie  in  den 
Schumauuschen  Phantasiestückeu  Op.  111,  oder  in  des  Meisters  »Phantasie- 
stücken   für    Pianolorte   und   Clarinette«,   Up.   T.i.      Auch   als 

Phautusietuuz  bezeichnet  er  eins  seiner  Phantasiestücke  (Albumblätter 
Op.  1*24  Nr.  5).  Ks  ist  in  den  betrettenden  Artikeln  dieses  AVerkes  nachge- 
wiesen worden,  dass  der  Tanz  überhaupt  zum  Phantasietanz  werden,  dasa  er 
seine  Beziehungen  zu  dem  erzeugenden  äussern  Vorgange  möglichst  aufgeben 
muss,  wenn  er  künstlerische  Bedeutung  gewinnen  soll.  Die  besondere  Bezeich- 
nung als  solcher  aber  deutet  au,  dass  dieser  Vorgang  ganz  und  gar  nach  der 
Phantasie  verlegt  ist,  sich  dort  abspielt  und  mit  der  äussern  Wirklichkeit 
nichts  mehr  gemein   hat. 

Philalethes  (Vlll,  73),  unter  diesem  Namen  veröffentlichte  Christian  Gott- 
lieb  ßebs,  Dr.  phil.,  Cantor  und  Musikdirektor  der  Michaelskirche  in  Zeitz, 
mehrere  seiner  Kritiken.  Er  wurde  am  23.  August  1771  in  Rossleben  geboren. 
Er  veröffentlichte  Sonatinen,  deutsche  Gesänge  für  eine  Stimme  mit  Ciavier- 
begleitung und  Variationen,  meistens  über  Themen  aus  dem  Freischütz.  In 
der  Leipziger  allgemeinen  Zeitung  erschienen  1841  mehrere  Aufsätze  in  Form 
von  Fragen  und  Antworten,  die  Construction  der  Orgel  betrettend.  Er  gab 
ferner  heraus:  »Erinnerungen   aus  meinem  Leben«  (Zeitz,    1839,  in  8*^,  132  S.). 

Philipot,  Jules,  Pianist  und  Compouist  für  sein  Instrument,  ist  zu  Paris 
am  24.  Januar  1824  geboren.  Er  war  Schüler  des  Conservatoriums.  Unter 
seinen  zahlreichen  Claviercorapositiouen  sind  hervorzuheben  die  Studienwerke: 
y>Dix  hudes  de  stylen,  Op.  30,  34,  37,  41,  47,  48,  49,  50,  56,  61 ;  y>Dix  iitudes 
de  Salona,  Op.   19,  21,  22,  23,  24,  25,  26,  29,  32,  34. 

Phillips,  Henri,  berühmter  englischer  Sänger,  gleich  ausgezeichnet  im 
dramatischen,  wie  im  Oratorien-  und  Liedergesange,  wurde  zu  Bristol  am 
13.  August  1801  geboren.  Er  war  israelitischer  Abstammung;  seine  Mutter 
eine  Deutsche;  beide  Eltern  gehörten  zur  Oper.  Sobald  seine  hübsche  Stimme 
sich  geltend  machte,  erhielt  er  bereits  als  neunjähriger  Knabe  Gesangunterricht, 
und  er  erschien  in  Harrogate  zum  ersten  Male  auf  der  Scene.  In  London 
nahm  er  Unterricht  bei  Georg  Smart  und  debütirte  dann  im  Haymarket- 
Theater.  Später  wurden  Price  und  Leoni  Lee  seine  Lehrer.  Als  seine 
Stimme  mutirte  wollte  er  eigentlich  Maler  werden,  allein  diese  entwickelte 
sich  zu  einem  prachtvollen  Barytou,  und  so  entschied  er  sich  aufs  neue,  die 
Laulltahn  zu  betreten,  auf  der  er  so  zahlreiche  Erfolge  erringen  sollte.  Zuerst 
nahm  er  ein  Engagement  als  Chorist  am  Theater  Lyceum  an,  und  trat  erst 
nach  zwei  Jahren,  in  Covent-Garden,  in  einer  Oper  von  Bishop,  und  zu  der- 
selben Zeit  auch  als  Oratoriensäuger  auf.  Als  solcher  erwarb  er  in  England 
einen  weit  verbreiteten  Ruf,  so  dass  er  bei  keinem  PVstival  und  in  keinem  be- 
deutenden Concerte  fehlen  durfte.  Als  Balladen-  und  Liedersänger  hatte  er 
keinen  Rivalen.  Vierzig  Jahre  hindurch  war  er  in  der  Oper  und  im  Concert- 
saal  der  bewunderte  Tjiebling  des  Publicums.  1S6;5  nahm  er  in  St.  James  Hall 
in  einem  Concerte,  bei  welchem  alle  hervorragenden  Künstler  Ijondons  sich  be- 
theiligten, vom  Publicum  Abschied.  Einige  Jahre  lebte  er  hierauf  in  Edy 
baston    bei    Birmingham,    und    dann    in   Dalston ,    wo  er  am  8.   November   1876 

22* 


340 


l'llotopllÜD. 


starb.  Er  hatte  auch  eine  Oper  componirt  y>Th(^  Harvest  Qiienia,  die  1838  in 
Druiy-Laue  aufgeführt  wurde,  und  ausserdcia  auch  BaUadeu  und  Lieder.  Endlich 
veröil'entlichtü  er:  y^ Musical  and  personal  Mecollecllons  iluring  half  a  centarif»- 
(London,   1864,  2  Bde.  in  8",  mit  Porträt). 

rhotophon  —  Ijichtsprecher  nennt  der  bekannte  Professor  Alexander 
Graham  Bell  einen  neuen,  mit  Sumner  Taiuter  erfundenen  Apparat,  welcher 
die  Ue])ertragung  des  Hchalles  vermittelst  eines  Lichtstrahls  auf  grössere  Ent- 
fernungen bewirkt.  Die  Wirkung  des  Apparates  ist  also  dieselbe  wie  beim 
Telephon  und  ein  solches  ist  auch  auf  der  Empfangsstation  nöthig,  doch  die 
Drahtleitung  zwischen  beiden  Stationen,  welche  die  Abgangs-  mit  der  Empfangs- 
station verbindet,  ist  beim  Photophon  nicht  nöthig;  an  ihre  Stelle  tritt  der 
Lichtstrahl  der  durch  den  Aljsendungsapparat  gewissermass(?n  dazu  präparirt 
wird.     Es  geschieht  dies  durch  das  neuentdeckte  chemische  Element,  das  Selen. 


Fig.  1. 

Es  ist  dies  eine  neue  elementare  Substanz,  die  1817  von  Berzelius  entdeckt 
und  von  ihm  Selenium  genannt  wurde,  das  die  Eigenschaft  besitzt,  unter  dem 
Einfluss  des  Lichtes  sein  Leitungsvermögen  für  den  elektrischen  Strom  wesent- 
lich zu  ändern.  lieber  die  Einrichtung  des  Apparates  giebt  Herr  Ingenieur 
A.  Hertens  in  Berlin  in  der  »Central-Zeitung  für  Optik  und  Mechanik,  Redak- 
teur: Dr.  Oscar  Schneider  (Leipzig,  Gressner  &  Schramm)  einen  klaren  Bericht, 
den  wir  hier  mit  Genehmigung  des  Redakteurs  folgen  lassen :  Wenn  ein  Strahl 
parallelen  Lichtes  durch  irgend  eine  Schallwelle  in  schwingende  (intermittirende) 
Bewegung  versetzt  und  auf  eine  empfindliche  Selenzelle  geworfen  wird,  mit 
welcher  ein  Telephon  und  eine  Batterie  verbunden  ist,  so  wird  die  schwingende 
Platte  des  Telephons  genau  in  gleiche  Schwingungen  versetzt,  wie  sie  der  Licht- 
strahl empfangen  hatte.  Werden  die  Schwingungen  des  Lichtstrahles  auf 
geeignete    Weise   durch   die    menschliche    Sprache    an    dem    einen    Orte   erzeugt, 


Pliotophou. 


341 


HO  rufen  sie  im  dem  entfernten  Orte  im  Teleplion  Schwin^^niiigen  hervor,  welche 
die  gesprochenen  Worte  in  dem  letzteren  hörbar  rauchen.  NiK^hdem  Bell  sehr 
verschiedenartige  ('onstrukl innen  ersonnen  und  für  seine  nntersu<;liungen  ver- 
wendet luitto,  ist  er  zu  den  nebenstehend  ahijehildelcn  einfachen  Formen  ge- 
kommen. J)as  erste  Bild  zeigt  die  photophonischc  Aulgabeatation  (Fig.  1).  Um 
deren  Einrichtung  ver- 
ständlich zu  machen, 
fügen  wir  noch  ein 
Kchematisches  Bild  der- 
selben (Fig.  2)  bei. 
Durch  das  sehlauchför- 
raige  IMundstück  wird 
in  den  Apjjarat  liinein- 
gesprochen.    I )urch  die 

Schallschwitigungeu 
wird  das  kleine,  in 
einen  Rahmen  B,  nach 
Art  eines  Trommel- 
felles fest  eingespannte  Häutchen  in  schwingende  Bewegung  gesetzt.  Ein  kleines 
Silberspiegelchen,  welches  auf  der  Vorderseite  des  Häutchens  angebracht  ist,  macht 
diese  Schwingun- 
gen mit.  Wird 
nun  Sonnenlicht 
(man  kann  auch 
künstliche  Jjicht- 
quelle  II  anwenden) 
durch  den  Spiegel 
M  auf  die  Linse 
L  geworfen ,  so 
gelangt  es,  durch 
dieselbe  koucen- 
trirt,  auf  den  Sil- 
berspiegel ,  wel- 
cher dem  Licht- 
strahl nunmehr  die 
gleichen  Schwin- 
gungen ertheilt, 
die  er  selber 
empfangen  hat. 
Durch  die  Linse 
R  werden  die  vom 
Spiegel  reflektir- 
ten  Strahlen  wie- 
der parallel  ge- 
macht und  können 
nun  auf  eine  be- 
trächtliche Ent- 
fernung nach  der 
Empfangsstation 
Fig.  3  entsendet 
werden.         Diese 

Empfangsstation  ist  niit  einem  grossen  Reflektor  c  c  versehen,  welcher  den 
Lichtstrahl  auffängt  und  auf  eine  in  seinem  Fokus  angebrachte  lichtempfind- 
liche Selenzelle  .v  wirft  (siehe  Fig.  2).  Diese  Zelle  steht  mit  einer  Batterie 
P  und  mit  einem,  resp.  zwei  oder  mehreren  Telephonen  T  in  Verbin- 
dung.     Da   das   auf   die  Selenzelle  fallende  Licht,    entsprechend    den  ,    ihm    in 


Fig.  3. 


342  Photophon. 

der  Aufgabostation  ertheilten  Schwingungen,  in  seiner  Intensität  sehr  rasch 
auf  einander  folgend  wechselt  und  das  Selen  die  Eigenschaft  hat,  dem  elek- 
trischen Strom  je  nach  der  Beleuchtungsstärke  verschiedenen  Widerstand  ent- 
gegen zu  setzen,  so  werden  die  Ströme  im  Telephon  verschieden  stark  ausfallen 
und  ausserdem  in  derselben  Schnelligkeit  aufeinander  folgen,  in  welcher  die 
Schwingungen  des  Lichtstrahles  erfolgen.  Von  der  Stromstärke  und  der  Zahl 
der  Stromschwankungen  in  der  Zeiteinheit  ist  aber  die  Natur  der  Schwingungen 
der  Eisenplatte  im  Telephon  abhängig  und  man  sieht  somit  ein,  dass  die  auf 
der  Aufgabestation  in  den  Apparat  hineingesprochenen  Worte  auf  der  Empfangs- 
station durch  Vermittelung  der  Lichtstrahlen  gehört  werden  müssen. 

Dies  ist  die  schliessliche  Gestalt,  welche  Bell  seinem  Telephon  gab.  Wird 
es  auch  noch  ein  Weilchen  dauern,  bis  es  alle  die  ungeduldigen  Hoffnungen 
leicht  empfänglicher  Enthusiasten  erfüllt,  so  steht  doch  zu  erwarten,  dass  das 
ernste  Streben  weiterblickender  Männer  Mittel  und  Wege  zu  finden  wissen 
wird,  diese  ersten  Anfänge  auszubauen  und  den  intelligenten  Grundgedanken 
zum  Wohle  der  Menschheit  nutzbar  zu  machen.  Prof.  Bell  fand  nun  aber  bei 
seinen  Experimenten,  dass  verschiedene  Körper,  welche  er  in  den  Weg  des  in 
»tönende  Schwingungen«  versetzten  Lichtbündels  bi'achte,  Schallschwingungen 
annehmen,  welche  mit  Hülfe  eines  Hörrohres  oder  durch  Anlegen  des  Ohres 
vernommen  werden  können.  Da  diese  Körper  von  verschiedener  Natur,  wenn 
sie  in  den  AVeg  des  Strahlenbüudels  zwischen  Aufgabe-  und  Empfangsstation 
gebracht  wurden,  zum  grössten  Theil  die  Wirkung  desselben  nicht  auflioben,  so 
lag  die  Frage  nahe,  ob  es  denn  wirklich  das  Licht  sei,  welches  die  Vermittelung 
zwischen  den  beiden  Stationen  übernahm.  Und  es  sind  über  diesen  wichtigen 
Punkt  bereits  von  vielen  Forschern  umfassende  Versuche  angestellt  worden, 
von  denen  wir  einige  kennen  lernen  wollen.  Prof.  Bell  und  Prof.  Gross  unter- 
suchten die  verschiedenen  Stoffe  in  der  Weise,  dass  sie  dünne  Plättchen  der- 
selben mit  einem  Hörrohr  versahen  oder  Röhrchen  mit  dünnen  Wandungen 
aus  denselben  herstellten.  Wurden  dieselben  einem  intensiven  Lichtstrahle  von 
wechselnder  Stärke  ausgesetzt,  so  gaben  sie  mehr  oder  weniger  deutliche  Töne 
von  sich,  die  das  angelegte  Ohr  vei'nehmen  konnte.  Die  stärksten  Töne  wurden 
an  Hartgummi  und  Antimon  beobachtet;  Gold,  Silber,  Piatina,  Elfenbein, 
Celluloid,  Holz,  Papier,  Selen,  Eisen,  Stahl  gaben  weniger  deutliche  Resultate, 
Kohle  und  Glas  gar  keine.  Die  Fähigkeit  Lichtstrahlen  in  Tonschwingungen 
umzusetzen,  ist  also  keine,  dem  Selen  speciell  zukommende  Eigenschaft;  wol 
aber  ist  seine  Fähigkeit,  die  Stärke  eines  elektrischen  Stromes  unter  verschie- 
dener Beleuchtung  zu  beeinflussen,  eine  ihm  speciell  zukommende.  Es  sind 
ferner  verschiedene  Gelehrte  bemüht  gewesen,  zu  ermitteln,  ob  die  Wirksamkeit 
des  Selens  ausschliesslich  den  Lichtstrahlen  oder  zugleich  auch  den  Wärme- 
strahlen zuzuschreiben  sei.  Man  hat  deshalb  den  Lichtstrahl  durch  verschie- 
dene Körper  hindurchgehen  lassen  und  zwar  besonders  durch  solche,  welche 
wol  die  Licht-  nicht  aber  die  Wärmestrahlen  durchlassen,  wie  z.  B.  Alaun- 
Lösung,  Doppelt- Schwefel-Kohlenstoff  u.  s.  w.  Zwei  Beobachtungen  jedoch 
haben  gezeigt,  dass  der  Vorgang  noch  nicht  völlig  klar  erkannt  ist.  Eine 
durchsichtige  Lösung  von  Jod  in  Schwefelkohlenstoff  hob  die  Wirkung  beinahe 
vollständig  auf,  während  andererseits  eine  undurchsichtige  Hartgummiplatte  die 
tönende  Wirkung  des  Lichtstrahles  auf  das  Selen  im  Empfänger  des  Photophones 
zwar  verringerte,  sie  aber  durchaus  nicht  aufhob.  Die  durchsichtige  Jodlösung 
Hess  Licht-,  aber  keine  Wärmestrahlen  durch ,  doch  wirkten  die  Lichtstrahlen 
nicht;  die  Gummiplatte  liess  Wärme-,  aber  keine  Lichtstrahlen  durch,  also  lag 
der  Schluss  nahe,  dass  die  »dunklen«  Wärmestrahlen  die  wirksamsten  sind. 
Bestärkt  wurde  diese  Annahme  durch  den  Umstand,  dass  man  die  Wirkung 
aufheben  kann,  wenn  man  seine  Hand  in  die  Bahn  dieser  Strahlen  zwischen 
Gummiplatte  und  Empfänger  bringt.  Dieser  Schluss  wurde  jedoch  durch  fol- 
gende merkwürdige  Erscheinung  wieder  in  Frage  gestellt. 

Um  die  Wärmestrahlen  abzusperren,   brachte  man  zwei  Gummiplatten  an, 


Photophon. 


343 


zwischen  denen  sich  eine  Alaunlösunpf  befand:  trotzdem  die  letzt.f^-e  keine 
Würmestrahlen  diircli  sich  thirch^fehen  iässt,  war  die  Wirkunj^  docii  nicht 
aufgehoben,  zum  grössten  Erstaunen  der  Beobachter.  Denn  dies  schien  wieder 
auf  die  Lichtstrahlen,  als  die  wirksamen,  hinzudeuten,  die  doch  anscheinend 
durch  die  ündurihsichtigkeit  der  Guinmiplatten  aus^'eschlossen  waren!  Was 
wäre  nun  ans  AlUni  zu  folgern?  Da  der  Schwefelkohlcnstofl'  der  .J<»dlÖ8ung  die 
Würmestrahlen  crfahruugsmiissig  nicht  durchlässt,  die  Durchsichtigkeit  derselben 
jedoch  einer  gewissen  Art  Licht  Durchgang  gewäiirt,  so  würde  folgen,  dass  es 
ganz  bestimmte  Tiichtstruhlen  sind,  die  vom  Jod  nicht  durchgelassen  werden, 
denen  die  eigenthümliclie  Wirkung  auf  das  Selen  zuzuschreiben  ist.  Es  liegt 
deshalb  naht-,  an  die  Feststellung  der  wirksamen  Strahlen  mit  Hülfe  des  Spek- 
trums zu  denken.  Doch  auch  hier  erhalten  wir  keinen  Aufschluss.  Denn 
während  Säle  fand,  dass  der  dunkle  Theil  des  durch  Zerlegung  des  Lichtstrahles 
entstehenden  Farbenspektrum  der  wirksamste  sei  (derjenige  diesseits  des  rothen), 
erklärt  Adams,  dass  es  der  leuchtende  Theil  sei,  der  im  Grrünen  und  Gelben 
gelegene.  Mercadier  will,  wie  wir  sehen  werden,  ebenfalls  gefunden  haben,  dass 
die  Wirkung  auf  die  rothen  und  ultrarothen  Strahlen  des  Spektrums  beschränkt 
seien.  Preece  unternahm  nun  von  der  Voraussetzung  der  Wärmewirkuug  aus- 
gehend eingehendere  TTutersuchungen  über  die  Natur  der  Vorgänge  bei  der 
photophonischen  Ueberti'agung.  Es  fragte  sich  zunächst,  ob  die  Wirkung  der 
Wärmestrahlen  in  einer  Zusammenziehung  und  Ausdehuung  der  Masse  in  Folge 
der  Wärmeaufnahme  sich  äussere,  oder  ob  sie  eine  Störung  der  Molekularan- 
ziehung hervorrufe,  oder  endlich  ob  sie  auf  anderen  Ursachen  beruhe.  Um  den 
ersten  Fall  zu  untersuchen,  wurde  die  nebenskizzirte  Anordnung  des  Versuches 
benutzt.  AB  ist  ein  dünner  Streifen  oder  ein  Draht  aus  der  zu  untersuchenden 
Substanz,  welcher  an  dem   Hebel  C 

Figf.  4  und  au  dem  Hebel  des  Unter-       , 

brechers  E  befestigt  ist.  Er  wird 
durch  zwei  vSpiralfedern,  welche  auf 
die  Hebel  einwirken,  in  Spannung 
gehalten.  Diese  Spannung  kann 
durch  den  um  die  Schraube  D  ge- 
schlungenen   Seidenfaden    geregelt    werden. 


A 

f. 

f^ 

c 

u 

l  ■/ 

«tttHtMC»-) 

■^11- 


Fi?.  4. 


^^n 


Man  lässt  nun  Wärme  von  ver- 
schiedenen Quellen  und  aus  verschiedenen  Entfernungen  mit  regelmässigen  Unter- 
brechungen auf  den  zu  untersuchenden  Körper  einwirken.  Die  Resultate  haben 
ergeben,  dass  die  Erforschung  so  leicht  nicht  gemacht  werden  konnte.  Um  nun 
ferner  zu  untersuchen  und  nach- 
zuweisen, ob  die  Wirkungen  etwa  ^  c' 
durch  eine  Aenderung  der  Mole- 
kularanziehung  bedingt  sei,  wurde  -i^f- 
ein  Apparat  verwendet,  welcher  im 
Allgemeinen  Aehnlichkeit  mit  dem  ^ 
von  Bell  und  Tainter  früher  be-  ^ 
nutzten  hat.  Derselbe  ist  in  unserer 
Skizze  Fig.  5  schematisch  wieder- 
gegeben.    Das  Licht  eines  Drum- 


■h 


Fig.  h. 


mondbrenners  L  wird  durch  das  Linsenpaar  CC  auf  die  Löcher  in  einer  roti- 
rendon  Ziiikscheibi'  E  geworfen,  durch  die  Linse  C  parallel  gemacht  und  ge- 
langt dann  durch  die  Linse  D  auf  die  Platte  J,  aus  dem  zu  untersuchenden 
Material.  Diese  Platte  A  ist  in  eine  Holzbüchse  eingeklemmt,  welche  mit  der 
Platte  zusammen  eine  Kammer  B  bildet,  die  in  das  biegsame  Hörrohr  E  aus- 
mündet. Wenn  die  Platte  H  in  Rotation  versetzt  wird,  so  wird  der  Lichtstrahl 
sehr  schuell  auf  cinaiider  folgend  unterbrochen  und  so  in  Schwingungen  ver- 
setzt. Diese  Schwingungen  werden  durch  die  Linsensysteme  C  und  D  auf 
die  zu  untersuchende  Platte  übertragen  und  die  Folge  ist,  dass  dieselbe  je  nach 
ihrer  Natur  die  Schwingung<  n   des  Lichtstrahles   in  Schallschwingungen  umsetzt, 


344 


Photophon. 


A 


Jt\ 


Fig.  6. 


welche  in  dem  Hörrohre  wahrnehmbar  werden.  Die  Stärke  der  Wirkungen 
erwiesen  eich  als  von  den  Kammcrformen  ahhängigp.  Yen  allen  untersuchten 
Kammerforraen  war  die  dargesloUte  die  zwt  ckmässigere.  Es  wuiden  Experi- 
mente gemacht  mit  geschwiirzten,  reinen  und  polirten  Platten  von  Ebenholz, 
Zink,  Glimmer  u.  8.  w.,  aber  die  Resultate  waren  unontscheidend.  Bezeichnet 
nämlich  in  unserer  Fig.  6  A  die  zu  untersuchende  Platte  und  B  die  Wärme- 
quelle, so  müsste  sich  die  Platte  bei  der  Einwirkung  von  B 
in  die  Lage  C  begeben,  wenn  die  photophonische  Einwirkung 
eine  Folge  der  Wärmeabsorption  ist.  Hingegen  müsste  die 
Platte  A  die  Lage  T)  einnehmen,  sobald  diese  Wirkung  eine 
jj  Stosswirkung  der  Wärraestrahlen  ist.  Aber  sehr  empfindliche 
-;^ -JfC-  elektrische  Konlaktvorrichtungen  Hessen  erkennen,  dass  ein- 
mal der  eine  und  ein  andermal  der  andere  Zustand  eintrat; 
die  Effekte  waren  geringe  und  es  lag  die  Frage  nahe,  zu 
untersuchen,  ob  bei  den  Bell'schen  Experimenten  die  Scheiben 
überhaupt  in  Schwingungen  versetzt  werden.  Diese  Schwin- 
gungen konnten  selbst  mit  einem  sehr  empfindlichen  Mikro- 
phon nicht  erwiesen  werden  und  mau  kam  zu  der  Einsicht,  dass  die  von  Hughes 
ausgesprochene  Ansicht  die  richtige  sein  möge,  und  dass  alle  Wirkung«  n  durch 
eine  Zusammenziehung  und  Ausdehnung  der  im  Gehäuse  B  Fig.  5  einge- 
schlossenen Luft  erzeugt  würden.  Wird  die  Linse  D  entfernt,  und  ist  kein 
Hohlraum  vor  und  hinter  der  Scheibe  A  vorhanden,  so  wird  kein  vernehmbarer 
Laut  erhalten.  Lässt  man  die  Scheibe  A  ganz  fort  und  b  nutzt  eine  ä.hnliche 
Anordnung  des  Gehäuses  wie  in  Fig.  5,  so  wird  kein  Ton  erhalten,  so  lange 
die  Wandungen  rein  sind,  aber  sobald  dieselben  mit  Kampherruss  geschwärzt 
Averden,  bekommt  man  starke  Wirkungen.  Die  Experimente  haben  gezeigt,  dass 
die  tönenden  Schwingungen  durch  die  Schwingungen  der  eingeschlossenen  Luft 
erzeugt  werden  und  unabhängig  sind  von  den  verwendeten  Platten ,  und  dass 
ihre  Erzeugung  wesentlich  durch  das  Auskleiden  der  cm^jfangenen  Höhlung  mit 
einem  Wärme  absorbirendeu  Körper  unterstützt  wird,  dass  sie  ferner  abhängig 
sind    von    den  Wärmestrahlen    und    nicht    erhalten    werden    können,    sobald    die 

Wärmestrahlen  durch  ein  athermanes,  d.  h.  die 
Wärmestrahlen  nicht  durchlassendes  Diaphragma 
aufgefangen  werden.  Als  man  in  einem  geschwärz- 
^  ten  Hohlraum  A  Fig.  7  eine  feine  Platindraht- 
spirale P  anbrachte  und  durch  dieselbe  den  durch 
das  Blitzrad  C  unterbrochenen  Strom  einer  Batterie 
B  aus  4  Chromelementen  hindurchsandte,  wurden 

,l.|lj J      Geräusche    erhalten,    die    stärker    waren    als    alle 

p,.      _  früher    beobachteten.      Hierbei    wurde    durch   die 

eintretenden,  kurz  auf  einander  folgenden  Erwär- 
mungen die  Leistungsfähigkeit  des  Drahtes  für  den  elektrischen  Strom  fort- 
während geändert  und  diese  Stromäuderungen  erzeugten  die  Töne  im  Telephon. 
Nun  lag  es  auf  der  Hand,  dass,  wenn  man  das  Blitzrad  E  durch  einen  empfind- 
lichen mikrophonischen  Unterbrecher  ersetzen  würde,  man  auch  die  artikulirte 
Sprache  würde  übertragen  können.  Als  man  dies  ausführte,  fand  man  diese 
Vermuthung  glänzend  bewahrheitet  und  hatte  einen  sehr  empfindlichen  photo- 
phonischen  Empfänger  entdeckt. 

Dass  übrigens  die  Erzeugung  der  Töne  im  Photophou  nicht  die  Wirkungen 
schwingender  Platten  sind,  hat  auch  Mercadier,  durch  eine  andere  von  den  vor- 
hin beschriebenen  abweichende  Versuchsanordnungen  nachgewiesen.  Wir  wollen 
die  Schlussfolgerungen  dieses  Gelehrten,  dessen  Versuchsapparate  mit  den  vor- 
gehend beschriebenen  Preece'schen  einige  Aehnlichkeit  hatten,  noch  weiter 
kennen  lernen,  da  seine  Untersuchungen  dazu  angethan  erscheinen,  ein  klares 
Licht  auf  die  Vorgänge  im  Photophon  zu  werfen.  Er  konnte  zunächst  mit 
Hülfe  des  in  Fig.  b  dai-gestellten  Apparates  durch  die  tönende  Platte  Töne  in 


Photophon.  345 

beliebiger  Tonhöhe,  von  der  höchsten  bis  zur  allerticfsten  ohne  Kontinuitiits- 
störung  auf  einander  fulifetid  liervorluingen.  Aupserdem  konnte  er  ebenso  leicht 
Accorde  in  allen  inögliclien  Tönen  erzeugen,  die  er  cbenlalls  kontiuuirlich  variiren 
konnte,  wenn  er  die  Geschwindigkeit  der  rotirenden  Scheibe  allmälig  änderte. 
Hierbei  war  die  rotirende  Schiilto  nicht  mit  einer  Reihe  von  Löchern  versehen, 
sondern  sie  trug  deren  vier  Reiben,  welche  je  80,  fiO,  TjO  und  10  Löcher  ent- 
hielten. Liess  er  nun  mit  Hülfe  einer  Cylinderlinse  Licht  auf  diese  Ivöcher 
fallen,  so  wurden  vollkommene  Accorde  in  der  untersuchten  Platte  erzeugt. 
Keine  starre,  vibrirende  Platte,  die  man  kennt,  ist  im  Stande,  solche  AVirkungen 
hervorzubringen.  Die  Grösse  und  die  Dicke  der  empfangenden  Platte  A  Fig.  .5, 
hat  sehr  wenig  Einfluss  auf  den  Klang  und  die  Höbe  der  Töne.  Die  empfan- 
genden Glasplatten  konnten  zwischen  0,5  bis  0,02  mm  Dicke  variiren,  ohne 
selbst  die  Tonstärke  wesentlich  zu  beeinträchtigen.  Man  konnte  durchsichtige 
Platten,  besonders  Turmalinplattcn ,  bis  zu  1  qcm  Grösse  verwenden.  Selbst 
zersprungene  Platten  von  Glas,  Aluminium  u.  s.  w.  erzeugen  genau  die  gleichen 
Wirkungen  wie  unversehrte.  Empfänger  (Platte  A  Fig.  5)  von  gleicher  Ober- 
fläche und  Dicke  erzeugen  Töne  von  gleicher  Höhe,  wie  immer  auch  ihre  sonstige 
Beschatfenheit  sein  möge.  Lässt  man  die  Dicken  der  Platten  allmälig  abnehmen 
und  dabei  die  (Grösse  der  bestrahlten  Oberfläche  konstant  bleiben ,  so  werden 
die  Unterschiede  in  den  von  den  verschiedenartigen  Platten  erzeugten  Tönen 
immer  geringer,  wenn  man  die  Oberflächen  aller  Platten  ihrer  Natur  nach 
einander  gleich  macht,  indem  man  sie  alle  mit  einer  dünnen  Schicht  Kienruss 
überzieht.  Wir  sahen  bereits  früher,  bei  Besprechung  der  von  Preece  verwen- 
deten Apparate,  dass  man  die  Platten  sogar  ganz  fortlassen  kann  und  werden 
weiter  unten  bei  Besprechung  der  Untersuchungen  von  Röntgen  finden,  dass 
man  im  Stande  ist  die  photophonische  AVirkung  auch  auf  Gase  zu  übertragen. 
Wenn  man  vermittelst  Schirme  mit  verschieden  passenden  Oeffnungen  die  Menge 
der  auflallenden  Strahlen  vermindert,  so  verkleinert  man  auch  die  Tonstärke. 
Polarisirt  man  die  Strahlen  und  nimmt  man  als  empfangende  Platte  einen 
dünnen  Analysator  z.  B.  eine  Turmalinplatte,  so  schwankt  die  Tonstärke  der 
erzeugten   Töne,  wenn  mau  den   Polarisator  oder  den  Analysator  dreht. 

Die  Tonstärke  hängt  in  hohem  Grade  von  der  BeschüfFenheit  der  Ober- 
fläche der  empfangenden  Platte  ab.  Alle  Umstände,  welche  die  Reflexion  an 
derselben  verringern,  verstärken  den  Ton;  namentlich  stark  wirken  schwarze 
Ueberzüge.  Wir  sehen  oben,  dass  nach  den  Preece'schen  Ermittelungen  dasselbe 
auch  für  den  einfachen  Hohlraum  nach  dem  gänzlichen  Fortlassen  der  Platt'  A 
gilt.  Die  Wirkung  der  schwarzen  Ueberzüge  wird  aber  nur  bei  dünnen  Platten 
besonders  merklich  (0,1  bis  0,2  mm).  Die  Anwendung  sehr  dünner  berusster 
Empfänger  aus  Zink,  Glas  und  Glimmer  zeigte,  dass  die  photophonischen  Wir- 
kungen sehr  starke  sind.  Denn  man  kann  sie  nicht  allein  durch  die  Strahlen 
der  Sonne,  oder  der  elektrischen  Lampe  erzeugen,  sondern  man  erhält  auch 
deutliche  ^^'irkungen  selbst  wenn  man  Petroleumlampen  oder  Platinspiralen 
verwendet,  welche  im  Bunsenbrenner  rothglühend  gemacht  wurden.  Mit  Hülfe 
der  beschriebenen  sehr  empfindlichen  Empfänger  hat  Mercadier  dann  im 
Spectrum  des  elektrischen  Lichtbogens  diejenigen  Strahlen  bestimmt,  welche  die 
grösste  Wirkung  ausüben,  und  hat  gefunden,  dass  das  Maximum  der  Wirkung 
durch  die  rotheu  und  die  unsichtbaren  ultrarothen  Strahlen  hervorgebracht 
wild.  Er  hebt  besonders  hervor,  dass  er  vom  Gelb  an  bis  zum  Violett  und 
darüber  hinaus,  unter  den  von  ihm  angewendeten  \'ersuchsbcdinguugen,  keine 
merklichen  Wirkungen  erhalten  konnte.  Diese  Versuche  sind  verschiedene  Male 
mit  Empfängern  aus  angerusstem  Glas,  mit  Platinmoor  überzogenem  Platin  und 
aus  Zink  mit  unbedeckter  Oberfläche  wiederholt.  Hierdurch  sind  die  Angaben 
Sales  bestätigt,  während  diejenigen  Adams  wiederlegt  sind.  Wir  werden,  nach- 
dem wir  noch  die  ferneren  Mittheilungen  Mercadiers  an  die  Pariser  Akademie 
kenuen  gelernt,  die  aus  seinen  Arbeiten  zu  ziehenden  Schlüsse  noch  einmal  kurz 
zusammenfassen.     Er  sagt  in  seinem   Bericht,  dass  es  ihm   gelungen  ist,  photo- 


346  Photophon. 

phonische  "Wirkungen  mit  Quellen  zu  erzeugen,  deren  Lichtstärke  viel  geringer 
ist  als  die  einer  gewöhnlichen   Gaslampe. 

Wenn  man  eine  Kupferscheibe  von  2  mm  Dicke  und  4U  mm  Durchmesser 
etwa  1  cm  von  einem  Diaphragma  aufstellte,  welches  unmittelbar  vor  der  rotiren- 
den  Unterbrechungsscheibe  angebracht  war,  so  konnte  man  durch  die  erhitzte 
Kupferplatte,  ohne  die  Zuhilfenahme  von  Concentrirungslinsen,  einen  photo- 
phonischen  Ton  erzeugen.  Das  Diaphragma  hatte  den  Zweck  nur  den  Strahlen 
eines  Theiles  der  Kupferplatte  den  Zutritt  zu  gestatten  und  den  Rest  abzu- 
Idenden.  Wurde  durch  ein  regulirbares  Oxyhydrogcn- Gebläse  die  vom  Unter- 
brechungsrade abgewendete  Seite  der  Kupferplatte  erhitzt,  so  hörte  man  sehr 
deutlich  Töne,  wenn  das  Kupfer  hellrothglühend  war.  Es  wurden  also  Töne 
von  dieser  so  wenig  leuchtenden  Quelle  hervoi'gebracht.  Liess  man  nun  durch 
Reguliren  der  Flamme  die  Temperatur  der  Kupferplatte  allmälig  sinken,  so 
nahmen  die  Töne  an  Stärke  ab,  aber  man  hörte  sie  selbst  dann  noch,  wenn 
die  Scheibe  im  Dunkeln  tinsichtbar  war.  Aus  den  mitgetheilten  Untersuchungen 
Mercadiers  geht  nun  sehr  klar  hervor,  dass  wir  es  im  Photophon  nicht  mit 
einer  reinen  Lichtwirkung,  sondern  vielmehr  mit  einer  Wirkung  der  Wärme- 
strahlen zu  thun  haben.  Die  dunklen  Strahlen  des  rothen  und  ultrarothen 
Theiles  des  Spektrums  scheinen  die  eigenthümlichen  Ti-äger  der  Töne  auf  ihrem 
AVege  von  der  Aufgabestation  nach  der  Empfangsstation  zu  sein.  Und  es  liegt 
daher  sehr  wol  die  Möglichkeit  voi',  die  photophonische  resp.  thermophonische, 
oder,  wie  sich  Mercadier  in  grösserer  Verallgemeinerung  ausdrückt,  radiopho- 
nische  Uebertragung  der  artikulirten  Sprache  selbst  auf  sehr  grosse  Entfer- 
nungen zu  bewirken,  wenn  die  Empfänger  genügend  empfindlich  gemacht  werden 
können.  Die  Möglichkeit  einer  derartigen  Verbesserung  scheint  sogar  in  nahe 
Aussicht  gestellt  zu  sein,  denn  es  gelang  S.  P.  Langley  (vergl.  Centralzeitung 
Nr.  6  d.  J.  S.  70)  eine  so  empfindliche  Einrichtung  zu  ersinnen,  dass  er  mit 
deren  Hülfe  die  Strahlungswärme  des  Mondes  unter  Benutzung  eines  Aequa- 
toreals,  also  nach  dem  Durchgange  der  Wärmestrahlen  durch  eine  in  diesem 
Falle  dreizehnzöllige  achromatische  Linse,  messen  konnte.  (Es  mag  hier  neben- 
bei bemerkt  werden,  dass  Langley  das  Minimum  der  Wärmewirkung  bei  vor- 
läufiger Untersuchung  der  einzelnen  Theile  des  Spektrums  im  Orangeroth  ge- 
funden haben  will;  weitere  Bestätigung  bleibt  abzuwarten.)  Man  würde  höchst 
wahrscheinlich  in  dieser  Wärmewaage  einen  sehr  empfindlichen  photophonischen 
Empfänger  haben,  wenn  man  in  den  Schliessungskreis  ein  Telephon  einschalten 
und  nun  den  intermittirenden  Lichtstrahl  auf  einen  der  beiden  Drähte  fallen 
lassen  würde.  Im  Grunde  genommen  wird  ja  auch  das  Princip  der  Langley- 
schen  Wärmewaage,  nämlich  die  Gleichgewichtsstörung  des  elektrischen  Stromes 
durch  die  Erwärmung  des  Leitungsdrahtes,  von  Preece  in  seinem  unter  Fig.  7 
abgebildeten  Apparat  benutzt. 

Die  Mercadier'schen  Untersuchungen  lassen  aber  ferner  noch  erkennen,  dass 
die  radiophonische  Wirkung  durch  die  Natur  der  kleinsten  Theile  des  Empfän- 
gers und  deren  Gruppirung  in  keiner  nennenswerthen  Weise  beeinflusst  wird, 
so  wie  dass  sie  sicher  durch  direkte  Wirkung  der  Strahlen  auf  die  Empfänger 
entstehen  und  zwar  der  Hauptsache  nach  durch  die  Natur  der  Oberfläche  des- 
selben bedingt  zu  sein  scheinen.  Dass  diese  Wirkungen  im  Wesentlichen  auf 
eine  Wirkung  der  Wärmestrahlen  zurückzuführen  seien,  machten  schon  die 
früher  erwähnten  Untersuchungen  Röntgens  wahrscheinlich.  Derselbe  konnte 
durch  intermittirende  Bestrahlung  von  Gasen  ebenfalls  Töne  erzeugen.  Sein 
Apparat  bestand  aus  einem  etwa  4  mm  weiten  und  120  mm  langen  Glasrohr, 
welches  zur  Aufnahme  der  zu  untersuchenden  Gase  diente.  Dasselbe  wurde 
auf  beiden  Enden  durch  Steinsalzplatten  verschlossen.  Durch  eine  dieser  Stein- 
salzplatten konnte  nun  der,  durch  einen  ganz  ähnlichen  Apparat  mit  rotirender 
Scheibe,  wie  wir  ihn  in  Fig.  5  abgebildet  haben,  erzeugte  intermittirende  Licht- 
strahl auf  die  Gassäule  geworfen  werden.  Die  etwa  entstehenden  Töne  wurden 
durch  ein  Höhrrohr,    welches    mit   dem   Glasrohr    in   Verbindung  stand,    in  das 


Pianoforte.  347 

Ohr  des  Beobachters  übertragen.  Es  ergab  sich  nun,  daRS  dio  stark  wärmeab- 
sorbirenden  (4a8e  Leuchtgas  und  Aiiimoniakgns  in  deutlich  wahrnehinbaro  Ti»n- 
schwingungen  versetzt  werden  konnten,  während  andere,  wie  Lutt,  trockener 
WasRprstoflf  und  Sauerstoff  nicht  ertönten.  Die  Wirkung  verschwand  sofort, 
wenn  man  eine  Bh-nde  in  den  (4ang  der  Strahlen  einschaltete.  Kine  einge- 
schaltete Alaunlösung  bewirkte  das  sofortige  Verschwinden  des  'i'ones,  dagegen 
war  kaum  eine  Schwächung  zu  beobachten,  wenn  die  Strahlen  durch  eine  ungefähr 
lÜO  min  dicke  Schicht  einer  Lösung  von  Jod  in  Schwefelkohlenstoff  hindurch- 
gegangen waren.  Für  Leuchtgas  und  Ammoniak  sind  es  also  die  weniger 
brechbaren  Strahlen ,  welche  am  meisten  wirken.  Bemerkt  sei  hierzu  auch 
noch,  dass  Bregnet  und  Bell  l)ei  ihren  gemeinschaftlichen  Untersuchungen  fanden, 
dasB  die  photophonischen  Töne  sich  umgekehrt  verhielten.  Sie  blieben  beim 
Zwischenschalten  einer  Alaunlösung  unverändert  und  verschwanden,  wenn  eine 
Jodlösung  deren  Platz  einnahm.  Auch  die  Untei'suchungen  von  Preece  scheinen 
im  Gegensatz  zu  denen  von  Röntgen  zu  beweisen,  dass  die  Luft  in  seinem 
photophonischen  Empfänger  das  Hauptmedium  ist,  welches  durch  die  von  ihm 
aufgenommenen  Schwingungen  den  Ton  zu  Stande  kommen  lässt.  Denn  in 
den  Fällen,  in  welchen  er  Töne  in  einem  Apparate  erhielt,  in  welchem  die 
Platte  {A  Fig.  5)  ganz  fortgelassen  wurde,  kann  man  doch  nicht  gut  ein  anderes 
Mittel  hierfür  ausfindig  machen.  Freilich  konnte  in  diesem  Apparate  die  Luft 
auch  nur  in  deutliche  Schwingungen  versetzt  werden,  wenn  man  die  Oberflächen 
der  Kammern  berusste,  so  dass  die  Erwärmung  der  Luft  erst  durch  Rück- 
strahlung von  den  Wänden  geschah.  Wir  erinnern  daran,  dass  bei  den  Mou- 
chatschon   Sonnenmaschinen   ein  ganz   ähnlicher   Vorgang  benutzt  wird. 

Uebrigens  ist  auch  T\  ndall  überzeugt,  dass  die  musikalischen  Töne,  welche 
man  hört,  wenn  man  einen  Lichtstrahl  auf  eine  isolirende  Scheibe  fallen  lässt, 
einzig  und  allein  durch  den  Wechsel  der  Temperatur  erzeugt  werden.  Tyndall 
hat  die  Idee,  einen  Lichtstrahl,  den  er  durch  eine  durchlöcherte  Scheibe  unter- 
brechen konnte,  auf  kleine  Glasballons  fallen  zu  lassen,  welche  Gasdämpfe  und 
dergl.  enthielten,  und  deren  Durchmesser  von  1  —  16  Zoll  variirte.  Tyndall 
hat  auf  diese  Weise  allmälig  sehr  intensive  musikalische  Töne  durch  Ein- 
wirken des  Lichtes  auf  die  Dämpfe  und  Schwefeläther,  Essigäther  und  dergl. 
hervorgerufen;  deren  Tiefe  war  proportional  der  Kraft,  mit  welcher  die  Gase 
die  Wärme  absorV)irten.  Gewisse  Gasarten,  z.  B.  Chloroformdämpfe,  aber,  die 
zu  der  Classe  von  Gasen  gehören,  welche  die  Wärme  durchpassiren  lassen  und 
nicht  absorbiren,  gaben  bei  Bestrahlung  durch  Licht  keinen  Ton.  Ebenso  wenig 
gaben  Sauerstoff,  Wasserstoff  und  atmosphärische  Luft  einen  solchen,  wenn  sie 
rein  waren.  Waren  sie  aber  mit  Wasserdampf  geraengt,  so  entstand  ein  sehr 
intensiver  musikalischer  Klang  in  Folge  der  nun  entstehenden  Wärmedifferenzen. 

Pianoforte  (VIII,  85).  Namentlich  in  den  letzten  zwei  Decennien  hat  der 
Pianofortebau  einen  ungeahnten  Aufschwung  genommen.  Nicht  nur  in  allen 
grossen  Städten  Deutschlands,  sondern  selbst  in  vielen  kleinern  sind  bedeutende 
Pianofortefabriken  entstanden,  deren  intelligente  Leiter  nicht  nur  vortreffliche 
Instrumente  nach  anerkannt  guten  Mustern  bauen,  sondern  die  auch  zugleich 
bemüht  sind,  Verbcsserungen  anzubringen.  Diese  grössere  Sorgfalt,  mit  welcher 
heutigen  Tages  der  Piauofortebau  betrieben  wird,  erstreckt  sich  schon  auf  das 
Aeussere.  Die  Formen  sind  im  Grossen  und  Ganzen  dieselben  geblieben.  Die 
Wohnungsbeschränkung,  welche  in  den  grossen  Städten  namentlich  immer  mehr 
zur  Nothwendigkeit  wird,  hat  besonders  die  Fabrikation  von  Instrumenten  mit 
geringerm  Umfange,  wie  der  Stutzflügel  und  Pianinos  zu  grosser  Blüte  gebracht, 
und  die  IGrfindung  der  Kabinet-  und  Diminutivflügel  veranlasst.  Die  längst 
weltberühmten  Firmen:  Bochstein  in  Herliii,  Blüthner  in  Leipzig,  Kaps  in 
Dresden,  Ehrbar  &-  Bösendorfer  in  Wien,  Schiedmayer  &  Söhne  in  Stuttgart 
u.  a.,  deren  Concertflügcl  in  der  ganzen  Welt  bekannt  und  beliebt  sind,  bauen 
auch  wundervolle  Stutzflügel  von  1,80m  Länge  und  ausser  ihnen  Römisch  in 
Dresden,  Gebauhr  in  Königsberg,  F.  Oeacr  und  C.  Hofmaun  in  Wien,  E.  Wester- 


348  Pianoforte. 

raayer  in  Berlin,  R.  Ibach  &  8ohn  in  Barmen  und  viele  Andere.  Auf  der 
Landesaupstelluug  in  (iraz  (1881)  hatte  C.  Hofmann  aus  A¥ien  einen  Diminu- 
tivflügel luisgestellt,  der  bei  einer  Länge  von  beinahe  nur  V/^  Meter  doch  einen 
vollen  Ton  erzeugte.  Durcli  die  Bemühungen  der  erwähnten  Firmen  wie  der, 
sich  spccieller  mit  dem  Bau  von  Pianinos  beschäftigten  Firmen  wie  W.  Biese 
und  G,  Sohwechten  in  Berlin,  E.  Rosenkranz  in  Dresden,  A.A.Franke,  J.  G.  Irm- 
1er  in  Leipzig  u.  a.  ist  auch  das  Pianino  als  Concert-Pianino  zum  Conccrtinstrument 
geworden.  Ein  pianinoartiges  Ciavier,  dus  er  Wandflügel  nannte,  stellte  Mar- 
tin Ropas  in  Schwarzenburg  (Steiermark)  auf  der  Grazer  Ausstellung  aus. 
Auch  die  Pianinos  baut  man  in  verschiedenen  Grössen:  das  Concerl-Piaiiino 
etwa  1,44m  hoch,  das  Salon-Pianino  etwa  1,34m  hoch  und  das  Kabinet-Piauino 
1,1^9 m  oder  selbst  l,'27ra  hoch.  Namentlich  gewährt  die  Form  des  Pianinos 
viel  Gelegenheit  zur  Ausschmückung,  und  einzelne  Firmen  treiben  damit  einen 
wahren  Luxus.  Das  Gehäuse  wird  nicht  nur  mit  Schnitzwerk  reich  ausge- 
stattet, sondern  häufig  auch  mit  künstlerisch  ausgeführten  Reliefs  versehen,  la 
Bezug  auf  das  Innere  wird  namentlich  der  Resonanzboden  immer  noch  zum 
Gegenstände  der  Experimente  gemacht.  Des  Frankeschen  Celloresonauzboden 
ist  unter  dem  betreffenden  Artikel  Erwähnung  gethan,  ebenso  des  Resonanz- 
bodens mit  Regulirsteg  von  Carl  August  Henkel  in  Leipzig  und  der  eigenthüm- 
lich  construirte  von  Siegfried  Hiinsen  in  Bernberg  (s.  Resonanzboden).  Um 
die  Resonanz  zu  erhöhen,  erfand  Blüthner  seinen  Aliquotflügel  (s.  d.);  Kaps 
in  Dresden  den  Resonatorflügel  (s.  d.)  und  C.  C.  Rissmann  in  Hannover  brachte 
bei  übersaitigen  Pianinos  einen  doppelten  Resonanzboden  au,  so  dass  jeder  der 
beiden  Stege  einen  besondern  Resonanzboden  für  sich  erhält.  Um  dem  Ton 
immer  mehr  Fülle  zu  geben  und  ihn  gesangreicher  zu  machen,  ist  man  auch 
weiterhin  immermehr  bemüht,  eine  zweckentsprechende,  exact  wirkende  Dämpfung 
zu  erzeugen;  verschiedene  Erfindungen,  deren  Erfolge  indess  immer  noch  sehr 
zweifelhaft  sind,  bezeugen  die  besondere  Sorgfalt,  welche  man  gerade  diesem 
Theil  der  Mechanik  zuwendet.  Auch  in  Bezug  auf  die  Repetitionsmechanik 
ist  mancherlei  in  neuerer  Zeit  geschehen,  die  verstellbare  Repetitionsmechanik 
an  Pianinos  von  H.  F.  Flemming  in  Leutzsch  bei  Leipzig  ist  in  einem  beson- 
dern Artikel  erläutert  (s.  Repetitionsmechanik).  Auch  in  Bezug  auf  die  Claviatur 
sind  Neuerungen  versucht  worden,  eine  vollständige  Neuconstruction  derselben 
ist  unter  dem  Artikel  Neuclaviatur  beleuchtet  worden.  Auch  in  Bezug  auf  die 
schwerere  oder  leichtere  Spielbarkeit  der  Instrumente  wird  noch  fortwährend 
experimentirt.  So  lange  es  galt,  einen  möglichst  grossen  Ton  zu  erzielen,  war 
die,  eine  grössere  Kraftanstrengung  erfordernde  schwere  Spielart  beliebter.  Jetzt 
wo  es  mehr  galt,  einen  schönen  Ton  zu  erzeugen,  kommt  wieder  wie  es  scheint, 
die  leichtere  Spielart  in  Gvinst.  In  Frankreich  sind  es  immer  noch  die  altern 
Pariser  Firmen:  Erard,  Pleyel,  Henri  Herz,  neben  welchen  die  Jüngern  einen 
schweren  Stand  behalten.  In  ganz  ungewöhnlicher  Weise  hat  sich  die  Piano- 
foi'tefabrikation  in  Amerika  gehoben:  Stein way  &  Sons  in  New- York,  Chickering 
und  Sons  in  Boston  machen  einen  jährlichen  Umsatz  von  3 — 5  Millionen  Mark, 
Wm.  Knabe  &  C  in  Baltimore  und  H.  Haines  &  Brothers  in  New-York  von 
mehr  als  einer  Million;  ausserdem  sind  noch  als  bedeutende  Fabriken  zu  nennen 
in  New-York:  Albert  Weber,  Joseph  P.  Haie,  C.  J.  Lighte  &  C,  Ernst  Gabler, 
Geo.  Steck  &  C,  Decker  Br.,  Hazelton  Br.,  Groveston  Füller  &  C,  Marschalt 
und  Mitbauer,  F.  &  C.  Fischer,  United  Piano  Makers,  Lindemann  &  Sons, 
Baven,  Bacon  &  C,  Calenberg  &  Vaupel,  Central  Piano  und  Co.  und  Krausch 
Bach  &  C. ;  in  Boston:  Wm.  P.  Emerson-Hallet,  Davis  &  C,  Henry  J.  Miller, 
Hallet  &  Cunnton,  J.  W.  Voss;  in  Baltimore:  Stieff"  Br.  und  Gaehle  &  C.  Der 
erneute  Versuch,  einen  Doppelflügel  zu  bauen,  der  sich  von  den  früheren  in- 
sofern unterscheidet,  als  er  nicht  wie  diese  für  zwei,  sondern  nur  für  einen 
Spieler  berechnet  ist,  wurde  ebenfalls  in  einem  besondern  Artikel  behan- 
delt. Während  bei  den  früheren  Doppelflügeln  die  Claviaturen  einander  ge- 
genüber angebracht  waren,    stehen    sie    bei   dem    neuen   übereinander  und  zwar 


l'iuiioi'urte-Qiiui-iett  —  Piel. 


34y 


HO,  (Iftss  l'iir  heido  Hiliidi-  geituu  (liesflbo  Apjilicatur  bei  gltMcheu  Figuren  iioth- 
wendit,'    ist. 

riaiiororte-t^uurU'lt  iyt  dw,  uiclit  '^im/.  conckte  Hezeichiiuiig  IVir  ein,  voii 
dem  Piaiiüfoite  uud  noch  drei  ;iiidern  luHtruiiieuien  (Violine,  liratuche  und 
Violoncello)  iiusgefülirtes  grösserea  Tonslück  in  Sonuteni'oriu.  W«'il  jedes  dieser 
Instriiiiieiite  niögliihst  selltHtiiudig  grliilirt  werden  soll,  so  ist  die  Hrzeiclmiing 
als  C^iuirtiitt  gfiechtliTtigt;  das  l'iunol'oite  alu-r  ist  den  andern  Instrunieuteu 
in  vieler  Beziehung  überlegen,  deshalb  darf  man  es  recht  wol  zur  nähern  Be- 
stimmung gelten   lassen.      Das 

IMaiiOt'orte-i^iiiiitett  ist  ähnlich  zusammengesetzt,  es  tritt  nur  noch  eine 
fünfte  Stiuune  hiu/.u  (zunächst  eine  zweite  Violine).  Doch  sind  selbstverständ- 
lich auch  noch  andere  Zusammensetzungen  möglich.  Au  Stelle  der  Streich- 
instrumente können  auch  Blasinstrumente  mit  dem  Pianoforte  verwendet  werden, 
oder  Streichinstrumente  und  Blasinstrumente. 

Piatti,  Alfred  (Vllf,  98).  wurde  am  8.  Januar  IB'J'i  geboren;  sein  Vater 
Anton  (nicht  Carl)  war  \  iolinist  (nicht  Sänger)  und  starb  in  Bergamo  am 
27.  Februar   1878. 

Piccolo  (VIII,  103).  Die  Piccoloflöte  steht  eine  Octave  höher,  als  die 
gewöhnliche  Flöte,  sodass   ihr,  in   folgender  Weise   notirter  Umfang 

.     ...    ^h:    ± 


$ 


■^- 


:«*= 


:i^ 


u.  s.  \v. 


eine  Octave  höher  erklingt: 

,      ••-     -■-    fr—     —     — 


»-- 


M.     ■•:   *^ 


^      :=: 


i 


--kz 


u.  s.  w. 


Bei  der  Kürze  und  Enge  de.^  Rohres  ist  der  Klang  des  Instruments  scharf 
und  wird  namentlich  weiter  hinaufgeführt,  eindringlich  grell  und  schneidend. 
Die  über  a-  hinausgehenden  Töne  werden  auch  immer  schwieriger  zu  erzeugen. 
Das  Instrument  wird  deshalb  meist  nur  eingeführt,  um  besonderu  Effect  zu 
erzeugen.  In  der  Regel  begnügt  man  sich  mit  einer  Piccoloflöte,  doch  werden 
in  einzelnen  Fällen  auch  zwei  herbeigezogen,  wie  z.  B.  im  Licde  des  Caspar 
im  »Freischütz«,  wo  sie  das  Hohngelächter  der  Hölle  so  trefflich  charakterisiren: 


tr. 


l^^ 


iit 


m^^mm^ 


in    der    Regel 


tr.  tr. 

wird    sie    mit   den    grossen   Flöten    gemeinsam    geführt,    um 


den 
Klang  derselben  eindringlicher  zu  machen,  wie  in  dem  Duett:  »Vivat  Bachus. 
Bachus  lebea,  aus  »Die  Entführunga,  oder  in  der  Arie  des  Mohren:  »Alles  fühlt 
der  Liebe  Freuden«,  in  der  »Zauberflöte '.  Dass  indess  auch  der  spitze  Klang 
der  Piccoloflöte  allein  charakteristisch  wirkend  zum  Gesauge  eingeführt  werden 
kann,  zeigt  Haydn,  der  die  Arie:  »In  langen  Furchen  schreitet  er«,  in  »Die 
Jahreszeiten«,  mit  dem  Streichquartett  (7-Hörnern,  Fagotten  und  Oboen  und 
mit  der  Piccoloflöte  begleitet.  Der  Flüttnklang  war  hier  nnerlässlich,  aber  die 
grosse  Flöte,  das  Instrument  der  Idylle  des  Landlebens,  erweist  sich  zur  Schil- 
derung der  harten  Arbeit  wenig  geeignet  und  so  war  die  Wahl  der  Piccolo- 
flöte geboten. 

Piel,  Peter,  ist  den  12.  August  18;{r)  zu'Kessenich  bei  Bonn  geboren; 
1838  siedelten  seine  Eltern  nach  Köln  über,  wo  P.  mit  seinem  14.  Jahre  in 
den  dortigen  Präparandenkursus  eintrat,  um  sich  auf  das  Lehramt  vorzubereiten. 
Von    dieser    Zeit   an    datirt    auch    seine  Ausbildung    in    der  Musik,    worauf  das 


350  Pieltain  —  Pisani. 

rege  Musiklebon  in  Külu  einen  grossen  Einfluss  ausübte.  Von  185G — 58  war 
P.  /iögling  des  Lehrerseminars  in  Kempen  und  erhielt  dox't  speciellen  Unter- 
richt in  der  Kirchcuiinusik  durch  den  um  diesen  Kunstzweig  hochverdienten  Semi- 
uarlehrer  Lejjkeus.  Nach  Absolviruug  des  Seminarkursus  wurde  P.  als  Hülfs- 
lehrer  am  Seminar  zu  Kempen  angestellt  und  hatte  während  12  Jahren  Gele- 
genheit, sich  in  der  musikalischen  Lehrthätigkeit  zu  üben  und  auszubilden.  Bei 
der  Gi-ündung  des  Lehrerseminars  zu  Boppard  18G8  wurde  P.  als  Musiklehrer 
an  diese  Anstalt  l)erufen,  woselbst  er  jetzt  als  erster  Seminarlehrer  thütig  ist. 
In  die  Zeit  nach  1870  fällt  die  Herausgabe  zahlreicher  Compositionen:  Messen 
für  gleiche  und  gemischte  Stimmen,  Marianischc  Antiphone  für  4-,  G-  und 
8  stimmigen   Männerchor,  acht  Magniiicat  in   den  Kirchentonarten   u.  a.  m. 

Pieltaiu,  Dieudoune  Pascal  (YIII,  104),  ist  am  4.  März  1754  geboren 
und  stai'b  in  seiner  Vaterstadt  Liege  am   10.  Decembor  1833. 

Piusuti,  Giro,  Pianist  und  Componist,  geboren  in  Sinalunga  (Provinz 
Sienua)  am  9.  Mai  1829.  Als  er  elf  Jahr  alt  1840  in  Concerten  als  Pianist 
auftrat,  wurde  er  zu  den  Wundei'kindern  gerechnet,  und  in  Folge  dessen  denn 
auch  nach  London  geführt,  wo  er  ebenfalls  mit  Beifall  spielte.  Er  ex-hielt  dort 
Violinunterricht  von  Potter  und  kehrte  dann  nach  Italien  zurück,  um  in  Bologna 
noch  ernstliche  Compositionsstudien  zu  machen.  Rossini  gehörte  hier  zu  seinen 
Lehrern.  Fast  zu  derselben  Zeit  erhielt  er  am  Lyceum  eine  Clavierclasse  und 
wurde  nicht  viel  später  zum  Mitgliede  der  Philharmonischen  Gesellschaft  er- 
nannt. 1848  ging  er  wieder  nach  London,  wo  er  sich  bleibend  niederliess  und 
sich  eine  angesehene  und  glänzende  Stellung  als  Lehrer  geschaffen  hat.  Seine 
Lehrthätigkeit  theilte  er  zwischen  London,  wo  er  den  Sommer,  und  Newcastle, 
wo  er  den  Winter  zubringt.  In  London  erhielt  er  von  der  königl.  Akademie 
daselbst  eine  Anstellung  als  Lehrer  der  Gesangskunst.  Bei  zeitweisen  Besuchen 
in  Italien  brachte  er  dort  mit  Erfolg  zwei  seiner  Opern  zur  Aufführung:  y>Il 
Mercante  di  Veneziaa,  Oi^ernballet  in  vier  Akten  (1873,  Bologna)  und  die  drei- 
aktige  Oper:  y>Mathia  Corvinofi  (1877,  Mailand).  Veröffentlicht  hat  P.  eine 
Reihe  Schätzenswerther  Vocal-  und  Instrumentalcompositionen,  deren  Zahl  sich 
auf  dreihundert  beläuft.  Bei  den  Eröffnungsfeierlichkeiten  der  Weltausstellung 
in  London  1871  war  er  mit  der  Composition  der  Italien  repräsentirenden 
Hymne  betraut  worden,  die  vor  12,000  Zuhörern  von  120U  Sängern  aus- 
geführt  wurde. 

Piot,  Charles,  belgischer  Schriftsteller,  verfasste  vier  Abhandlungen,  die 
in  den  Bulletins  der  königlichen  belgischen  Akademie,  deren  Mitglied  er  ist, 
aufgenommen  sind,  und  von  denen  auch  Separatabzüge  gemacht  wurden.  1)  »Par- 
ticularitts  inedites  concernant  les  oeuvres  musicales  de  Gossec  et  de  Philidon'^ 
(Brüssel,  1875,  in  8*^,  32  p.) ;  2)  ^Quelques  lettres  de  la  Gorrespondance  de  Gretry 
avec  Vitzthumb«  (Brüssel,  1875,  in  8^,  30  p.);  3)  »La  Methode  de  chanter  ä 
V Opera  de  Parka  (Brüssel,  187G,  in  8^);  4)  »Les  Origines  de  Vopera  dans  les 
Pays-Bas  espagnolsa  (Brüssel,   1877,  in  8*^,   12  p.). 

Pique,  F.  L.,  französischer  Lautenmacher  von  Ruf,  geboren  zu  Rorci  bei 
Mirecourt  1758,  etablirte  sich  in  Paris  1785  und  arbeitete  noch  1819.  Er 
starb  1822  zu  Chareuton-Saint-Maurice  bei  Paris,  wohin  er  sich  auf  seine 
Besitzung  zurückgezogen  hatte.  Er  verfertigte  Violinen,  Violoncellos  und  auch 
(Tuitarren.  Besonders  gesucht  waren  seine  Violinen.  Spohr  in  seiner  Violin- 
schule bezeichnet  diese  und  die  des  Lupot  als  die  besten  der  Epoche.  Der 
letztere  soll,  ehe  er  sich  selbständig  niederliess,  viel  Violinen  für  Pique  ver- 
fertigt haben,  die  dieser  nur  mit  seinem  Lack  versah.  Der  Verbreitung  seiner 
Violinen  war  auch  der  Umstand  günstig,  dass  der  berühmte  Violinist  Baillot 
sie  sehr  gern  spielte  und  demgemäss  empfahl.  Im  Conservatorium  zu  Paris 
ist  unter  Nr.  IG  eine  dieser  Geigen  aufbewahrt.     Der  Lack  des  P.  ist  dunkelroth. 

Pisani,  Bartolomeo,  italienischer  Componist  und  Orchesterdirigent,  geboren 
zu  Constantinopel  1811,  war  Schüler  von  Mercadante.  Er  schrieb  die  Opern: 
y>La   Perüi ;   »Rosa?nundavi;   »Ladislaoa;   »Heheccaa  und  »Gitanav..     In  einem  Con- 


PinaioMi   -   Plant.''.  351 

certe,  welches  er  in  Paris  YtTuiiHtallite,  bruchle  er  mclirere  Cliorwerke,  eine 
grosse  Fantasie  tür  vier  Stimmen,  (Jlior  und  Orchester  über  nLcs  DjiunsH  von 
Victor  Hugo,  eine  Ouvertüre  u.  s.  w.  zur  Aulliihrung.  Ausserdem  veröHent- 
liclite  er  ein-  und  mehrstiuuuige  (icsangsstüc^ke,  darunter  nunf  Lacrima  milla 
tomba  di  Mtrcatlanfca  und   eine  patiiotische  Hymne:    »dem    König   von    Italien«. 

IMsuroni,  Benedetta  Rosamunda  (V1^^,  112),  war  hereils  seit  vierzig 
Jahren  von  der  Bühne  zurückgetreten,  als  sie  am  0.  Aug.  1872  in  Piacenza  starh. 

l'ischek,  Johann  Baptiste  (VIII,  112),  starb  in  Sigmariiigeu  am 
IG.  Februar  1873. 

ristilli,  Achill,  italienischer  Componist,  ist  zu  Montagano,  in  der  Provinz 
Campobasso  im  Juli  1820  gelionn,  wurde  sehr  jung  nach  Nejipel  gebnicht  und 
daselbst  im  Conservatorium  San  Pietio  u  Majella  aufgenommen.  Noch  während 
seiner  Studienzeit  wurde  seine  Operette  r>il  Fi/ifo  Fruf/nfnrio«  im  Theater  des 
Conservatoriums  aufgeführt.  1840  gingen  in  Neapel  die  drciuktige  Oper  nUudolJo 
de  Brienzau  und  185G  ebenda  djis  lyrische  Drama  nAlalildr  d'Oataua  in  Scene. 
Später  schriel)  er  nur  noch  Kirclu-ncümpositionen:  Vier  grosse  Messen  mit 
Orchester;  Miserere  für  vier  Stimmen;  To  Deum  für  vier  Stimmen,  Chor  und 
Orchester;  Magniiicat  für  vier  Stimmen  und  Orchester;  Tantum  ergo  1,  2,  ü 
und  4  Stimmen;  Motetten  und  (lelegenheitshymnen;  einzelne  (lesäuge.  Durch 
den  Tod  eines  hoffnungsvollen  1.'} jährigen  Sohnes,  den  er  sehr  liebte,  tief  er- 
schüttert, endete  P.   in  einer   Irrenanstalt  am    29.   Januar   18G9. 

Pitr^,  Griuseppo,  italienischer  Schriftsteller,  gab  eine  umfangreiche 
Sammlung  seltener  sicilianischer  Volkslieder  heraus,  nebst  einer  kritischen  Studie 
der  interessanten  Lieder,  von  denen  er  bei  mehreren  die  Originalmelodieu  an- 
giebt.  Es  sind  ihm  bei  der  Herausgabe  mehrere  T'onküustler  behülflich  ge- 
wesen. Der  Titel  ist:  y>Canti  popolari  siciliauh,  Palermo,  Pedone,  Lauriel 
(187U— 71,  2  B.,  in  12> 

Piutti,  Carl,  Orgelvirtuos  und  geschätzter  Componist  für  sein  Instrument, 
ist  184G  in  Bad  Elgersburg  in  Thüringen  geboren,  widmete  sich  anfangs  wissen- 
schaftlichen Studien  und  besuchte  zu  dem  Zweck  das  Gymnasium  in  Wittenberg 
und  dann  die  Universitäten  Halle,  Tübingen  und  Leipzig.  Erst  18G8  fasste  er 
den  Entschluss,  sich  ganz  der  Musik  zu  widmen.  Nachdem  er  auf  den  Con- 
servatorien  zu  Cöln  und  Leipzig  eingehende  Musikstudien  gemacht  hatte,  wurde 
er  1875  Lehrer  am  Leipziger  Conservatorium  und  1880  als  Nachfolger  Dr.  Rusts 
Organist  an  der  Thomaskirche.  Ausser  verschiedenen  Werken  für  Orgel  schrieb 
er  Ciavierstücke  und  Lieder. 

Plantade,  Charles  Frau(;ois,  Sohn  des  Charles  Henri  ("\'l  1 1,  1 19),  wurde 
um  14.  April  1787  gelioren  und  starb  zu  Paris  am  26.  Mai  1870.  Er  war 
Schüler  des  Conservatoriums,  wurde  aber  Beamter  im  Ministerium  des  kaiser- 
lichen Hauses  und  der  schönen  Künste,  Von  seinen,  mehr  denn  zweihundert 
Romauzen,  Chansons  und  Chansonnetten  waren  viele  Jahre  lang  en  vogue  und 
einige  haben  sich  noch  in  der  Ounst  des  Publicums  erhalten.  182S  gehörte 
P.  zu  den  Gründern  der  Conservatoriums- Coucerte,  und  in  Gemeinschaft  mit 
einigen  Collegen  rief  er  die  Gesellschaft  von  Autoren,  Componisten  und  Musi- 
kalienverleger ins  Leben,  deren  Vorsitzender  und  Schatzmeister  er  bis  zu  seinem 
Tode  blieb. 

Plauts,  Frangois,  genannt  Fran^ois,  der  hervorragendste  Pianist  der 
Gegenwart  in  Frankreich,  ist  zu  Orthez  (Basses-Pyrenees)  am  2.  März  1839 
geboren.  Mit  seiner  Familie  kam  er  sehr  früh  nach  Paris  und  erhielt  dort 
den  er.sten  Ciavierunterricht  von  Mm.  Saint-Aubert.  Zehn  Jahr  alt  wurde  er 
ins  Conservatorium  aul'genoninien,  nach  dem  er  sich  schon  in  ötlentlichen  Con- 
certen  hatte  hören  lassen.  Im  December  1849  war  er  in  die  Classe  Marmontel 
eingetreten  und  erhielt  nach  siebenmonatlicher  Studienzeit,  unter  der  enthu- 
siastischen Zustimmung  des  Pulilioums,  den  ersten  Preis.  War  die  Technik 
für  ein  so  zartes  Alter  eine  überraschende,  so  war  es  mehr  noch  die  Kennt- 
niss   und  die  zutreffende  Interpretation  der  Meister  der  Clavierliteratur.     Diese 


352  Plantania  —   Fohle. 

war  für  sein  Alter  so  ausaergewühiilich,  dass  die  Künstler  Alard  und  Franchomuie 
den  jugendlichen  Pianisten  als  Partner  in  ihre  viel  besuchten  Kammermusik- 
Suireeii  aufnuhmen.  1853  trat  P.  noch  einmal  ins  Conservatoriuin  ein,  uiu 
theoretische  Studien  \orzunehmen.  Er  erhielt  in  der  Classe  Bazin  l'iir  Hai- 
luonie  und  Accompagnenient  1854  einen  Accessit  und  1855  einen  zwi^iten 
Preis.  Mehitarh  trat  er  jetzt  auch  in  Goncerteu  auf,  als  ein  kleiner  Zwischen- 
fall, durch  den  er  sich  in  seiner  künstlerischen  Eigenliebe  gekränkt  fühlte,  ihn 
veranlasste,  Paris  plötzlich  zu  verlassen  und  nach  seiner  Heimath  zurückzu- 
Ivehieu,  wo  er  während  einer  beinah  zehnjährigen  Zurückg(  zogeuheit  sein  Talent 
zur  höchsten  Entfaltung  und  Reife  brachte.  Er  unternahm  nun  grössere  Keisen, 
mehr  jedoch  um  zu  hören  als  um  sich  hören  zu  lassen  und  trat  in  Beziehung 
zu  Thalberg,  Liszt,  Rubiustein  und  anderen.  Erst  1872  erschien  er  wieder  in 
Paris  und  trat  in  Wohlthätigkeitsconcerteu,  welche  jene  Zeit  vielfach  hervor- 
rief, in  die  Oetientlichkeit,  und  setzte  Paris,  durch  das  was  er  geworden,  in 
Erstaunen.  Bald  vereinigte  er  sich  auch  wieder  mit  den  alten  Freunden  Alard 
vind  Franchomme  zu  einer  Reihe  von  Soireen  im  Saale  des  Conservatoriums, 
die  zu  den  besuchtesten  in  Paris  zählten.  Auf  einigen  Reisen,  welche  P.  nun 
unternahm,  errang  er  ebenfalls,  vorzugsweise  in  Belgien,  die  glänzendsten  Er- 
folge. P.  wird  als  einer  der  feinsinnigsten  Pianisten,  dem  eine  tadellose  Tech- 
nik zu  Gebote  steht,  bezeichnet,  uud  dem  einer  der  ersten  Plätze  als  Pianist 
der  Gegenwart  unzweifelhaft  zukommt.  Als  Componist  ist  er  nicht  hervorge- 
treten.    Er  ist  Ritter  der    Ehrenlegion. 

Platania,  Pietro,  Pianist  und  Componist,  Direktor  des  Conservatoiiums 
zu  Palermo,  ist  zu  Catana  am  5.  April  1828  geboren.  Eigentlich  lür  die 
Rechtswissenschaft  bestimmt,  gestatteten  ihm  dennoch  seine  Eltern,  wegen  seiner 
von  Kindheit  an  geäusserten  Vorliebe  für  die  Musik,  dieselbe  zum  Berufe  zu 
erwählen.  Nachdem  er  mehi-ere  Jahx'e  Ciavier-  und  Compositionsunterricht  er- 
halten hatte,  gelangten  einige  von  ihm  in  Musik  gesetzte  Gesänge  im  Theater 
zu  Catana  zur  Aufführung  und  in  Folge  dessen  spendete  seine  Vaterstadt  ihm 
die  Mittel,  das  Constrvatorium  in  Palermo  besuchen  zu  können.  1852  debütirte 
er  hier  mit  der  Oper  nMatilcle  Bentivogliou.,  die  ihm  vom  Gouvernement  eine 
Belohnung  von  300  Dukaten  eintrug.  Diese  Oper  wurde  ebenfalls  sehr  bei- 
fällig in  Catana  aufgenommen.  Einen  erhöhten  Erfolg  errang  jedoch  1857 
seine  zweite  Oper  ^Piccarda  Doiiatm.  Mit  der  vieraktigen  Oper  » Vendella 
slavaa  beschloss  P.  1865  seine  dramatische  Laufbahn;  er  schrieb  noch  mehrere 
Hymnen,  eine  Trauersinfonie  u.  s.  w.,  und  veröffentlichte  ein  Lehrbuch  »Voll- 
ständiger Lehrgang  für  Canon  und  Fuge«.  Seit  1863  ist  P.  Direktor  des 
Conservatoriums.  Er  ist  auch  Mitglied  der  Akademie  in  Rom  und  Ritter 
mehrerer  Orden. 

Platz,   Gabriel   (Vlll,  122),  wurde  in  Krain  nicht  Baiern  geboren. 

Platzor,  Joseph,  deutscher  Componist  der  Gegenwart,  machte  sich  durch 
einige  komische  Opern  bekannt,  von  denen  die  letzte  »Der  Raub  der  Sabi- 
nerinnen«, in  München  im  December  1876  mit  Beifall  gegeben  wurde.  Er 
starb  im  April  1877  sechsunddreissig  Jahre  alt,  und  hinterliess  unter  anderen 
auch  eine  Musik  zu  »Die  Frösche  von  Aristophanes«. 

Pleyel,  Camille  (VIII,  124),  ist  nicht  1792,  sondern  1788  am  18.  Decem- 
ber geboren. 

Pleyel,  Mad.  Marie  Felicite  (VIII,  124),  wurde  in  Paris  am  4.  Sep- 
tember 1811  geboren.  Sie  gab  1872  ihre  Stellung  als  Lehrerin  des  Ciavier- 
spiels am  Conservatorium  in  Brüssel  auf,  und  starb  in  Saint-Josse-ten  Noode- 
lez-Bruxelles  am   30.   März   1875. 

Pohl,  Carl  Ferdinand  (VIII,  128),  zu  seinen  Werken  gehört  noch: 
»Bibliographie  der  Muaiksammel werke  des   16.  und   17.  Jahrhunderts«. 

Pohle,  Hugo,  geboren  den  22.  Juni  1843  in  Guben  in  Schlesien,  grün- 
dete im  October  1870  einen  Musikverlag,  der  bereits  einen  achtunggebieten- 
den Umfang  erreicht  hat. 


Poise  —  Poluische  Musik.  353 

Poise,  Jean  Alexandre  Ferdinand  (VIII,  129),  wurde  am  3.  Juni 
1828  geboren. 

roissl,  Job.  Nepoiu.  Freiherr  von  (VIII,  129),  starb  in  München  am 
17.  August  1865. 

Poisson,  Toussaint  Rene,  geboren  in  Paris  1797,  starb  in  Paris  am 
13.  September  1861.  Als  Schüler  des  Conscrvatoriums  erhielt  er  1819  den 
zweiten  grossen  Compositionspieis,  während  Hah'vy  den  ersten  erhielt.  Er  gab 
heraus:  »V Harmonie  Jana  scs  plus  ijratuls  dereloppeme/its,  ou  Theorie  de  com- 
position  miisicalea  (P&t'is,  Meissonnier);  >^De  la  Lasse  sous  le  chant,  ou  VArt 
d''accompa(jner  la  mtlodie  et  du  contre-point  et  de  la  fugue<i  (Paris,  Vve.  Canaux), 

Poitevin,  (4uillaume,  Priester  und  französischer  Musiker  des  17.  Jahr- 
hunderts, war  Mubikkhrer  an  der  Metropolitankirche  des  heiligen  Erlösers  zu 
Aix  in  der  Provence.  Laurent  Belissen  und  der  berühmte  Operncomponist 
Campra  waren  hier  seine  Schüler.  Es  sind  vier  Messen  von  P.  bekannt,  die 
sehr  geschätzt  wurden  und  von  denen  eine  in  der  Kathedrale  noch  lange  Zeit 
am  Jahrestage  des  Todes  von  P.  gesungen  wurde.  Er  starb  in  Aix  am 
7.  Januar   17U6. 

Politiauo,  Angelo  (Politien  VIII,  132),  verfasste  auch  ein  Schäferspiel: 
i>0rp7ieus^i,  zur  Feier  des  Einzugs  des  Cardinal  Francesco  in  Mautua,  das  eine 
Geschichte  der  Anfänge  dieser  dramatischen  Form  giebt.  Jeder  der  fünf  Akte 
trägt  eine  besondere  Bezeichnung:  »Pasforaleu,  ytninj'alea,  y>eroico-ne//romantico'i 
und  »baccanalea.     Leider  ist  die  Musik  dazu  nocht  nicht  aufgefunden  worden. 

Polka,  ein  böhmischer  Nationaltanz  im  -/ ^  Takt,  aus  der  neuern  Zeit.  Er 
soll  von  dem  Lehrer  Jos.  Neruda  (s.  d.)  nach  den  Angaben  eines  Landmäd- 
chens, 1835  aufgezeichnet  worden  sein,  worauf  er  schnell  Verbreitung  und 
zahh'eiche  Nachahmer  fand.     Eine  besondere  Art  ist  die 

Polka-3Iaznrka,   eine   Mazurka  mit  Polka-Touren  und  die 

Polka  tremblante  (Zitter-  oder  gewöhnlich  Hüpfelpolka  genannt) ,  die 
wiederum  aus  andern  Touren  zusammengesetzt  ist.  Auch  zu  einem  besondern 
Musikstück  ist  die  Polka  ausgeführt  worden  und  man  unterscheidet  die 

Polka  de  Concert,  die  besonders  brillant,  für  den  Concertvortrag  einge- 
richtet ist  und  die 

Polka  de  Salou,  mit  mehr  eleganter  und  zierlicher  Fassung. 

Pollet,  Marie  Nicole  Simonin  (VIII,  134),  als  Mi\e.  Pollet  Harfen- 
spielerin der  Kaiserin  Josephine,  später  des  König  Murat  von  Neapel,  starb 
in   Chattillon  bei  Paris  im  März   1864. 

Pollini,  Francesco  (A'III,  134),  starb  in  Mailand  am  17.  September 
1846  (nicht  1847). 

Polnische  Musik.  Als  das  älteste  Denkmal  polnischer  Musik  gilt  uns  bei 
gänzlichem  Maugel  au  schriftlichen  älteren  Documenten  die  Hymne  y>J3o(/a  rodzicaa 
(aus  dem  Jahre  959),  Musik  und  "Worte  vom  heiligen  Adalbei't,  der  Böhme 
von  Geburt,  seine  geistlichen  wie  seine  Musikstudien  in  Rom  machte,  später 
nach  Polen  kam  und  daselbst  Erzbischof  von  Gnesen,  der  damaligen  Hauptstadt 
des  Reiches,  -wui'de.  Als  solcher  schrieb  er,  und  zwar  in  polnischer  Sprache 
diese  Hymne,  die  Polen  sonach  wol  für  sich  beanspruchen  darf.  Sie  fand  bei 
Polen  und  Slaven  überhaupt  grosse  Verbreitung,  galt  dem  damaligen  Volke 
nicht  nur  als  Kirchenlied,  sondern  wurde  auch  vor  Schlachten,  bei  feierlichen 
Einzügen  der  Könige  in  eine  Stadt  und  anderen  wichtigen  Anlässen  intonirt. 
Im  Laufe  der  Zeiten  erlitt  sie  stellenweise  empfindliche  Veränderungen,  ist 
jedoch  glücklicherweise  auf  dem  Grabe  Adalberts  in  der  Kathedrale  von  Gnesen 
in  Stein  gehauen,  und  so  uns  damit  authentisch  erhalten.  Die  gräflich  Zaluski'sche 
Bibliothek  in  Warschau  und  jene  der  Fürsten  Czartoryski  in  Puhiwy  besitzen 
wol  die  ältesten  echten  Kopien  davon.  Die  ausserordentlich  zahlreichen  pol- 
nischen und  littau'scheu  Volkslieder  und  Tanzmelodien  mit  ihren  eigenthüm- 
lichen  fremdartigen  melodischen  Wendungen  und  Rhythmen,  lassen  auf  ein  noch 

Musika],  Convers.-Lexikon.    Ergänzungsband.  23 


354  Polnische  Musik. 

viel  höheres  Alter  schliessen.  Leider  bringen  die  wenigen  noch  vorhandenen 
Sammlungen  aus  früheren  Jahrhunderten  die  Texte  nicht  mehr  in  dem  ursprüng- 
lichen Idiom  mit  dem  sie  entstanden  sind,  so  dass  in  der  Sprache  kein  An- 
haltspunkt zur  Bestimmung  ihres  Alters  zu  gewinnen  ist.  Noch  weniger  ist 
dies  bei  den  neueren  Sammlungen  eines  Carl  LijDinski,  Albert  Sowinski  und 
mehrerer  Anderer,  wie  des,  in  dieser  Eichtung  besonders  verdienstvollen  Oskar 
Kolberg,  dessen  Arbeiten  nächstens  vollständig  veröffentlicht  werden  sollen. 
Aus  frühesten  Zeiten  stammen  wol  auch  die  polnischen  Weihnachtslieder 
ttKolendyv;  die  schon  in  den  ältesten  Cancionalen  enthalten  sind,  und  von  denen 
viele  bis  zum  heutigen  Tage  im  Yolksmunde  fortleben;  ebenso  die  yiHajnalya, 
Morgenlieder,  welche  von  den  Ki-akauer  Thürmen  herabgesuugen  wurden,  um 
die  Einwohner  zu  wecken.  Einer  späteren  Zeit  gehört  auf  dem  Gebiete  der 
Kirchenmusik  die,  in  Czgstochowa  gesungene  Hymne  an  die  heil.  Jungfrau: 
»O  gloriosa  domiiia«.  Im  14.  Jahrhundert  unter  Wiadysiaw  Lokietek  compo- 
nirte  Abt  Witowski  mehrere  Gesänge  in  polnischer  Sprache,  nach  dem  Zeug- 
niss  des  Bischofs  Kadlubek,  ebenso  Kampa  Jiodzia,  Bischof  von  Posen,  viele 
Marienlieder  und  eines  an  den  heil.  Adalbert.  Die  böhmischen  Brüder  waren 
die  ersten,  welche  die  ältesten  Kirchenmelodien  in  einem  Cancionale  in  Krakau 
veröffentlichten,  ein  späteres  vom  Pater  Artomius  stammt  aus  dem  Jahre  1558; 
Mathias  Siebenreich  gab  in  Krakau  eine  Sammlung  religiöser  Gesänge  1557 
heraus.  Ebenso  alt  ist  ein  Auferstehungschor  ytPrzez  Tiuoje  zmartwychwstaniea. 
Das  Cancionale  von  Wenceslaus  Brzozowski,  consenior  der  böhmischen  Con- 
fession,  enthält  mehrstimmige  Motetten;  eine  spätere  Arbeit  desselben  Brzozowski 
ist  ein  Gesangbuch,  welches  in  dem,  damals  polnischen  Königsberg  (Krolewiec) 
im  Jahre  1554  publicirt  wurde.  Eine  wichtige  Sammlung  solcher  mehrstimmiger 
Motetten  aus  dieser  Zeit  ist  jene  von  Andrysowicz,  Krakau  1556  (die  Bibliothek 
in  Pulawy  besass  das  kostbare  einzige  Exemplar  davon,  welches  jedoch  im 
Hevolutionskriege  1831  verloren  gegangen  zu  sein  scheint).  Unter  den  Namen 
der  dort  vertretenen  Componisten  trifft  man  folgende:  Wenceslaus  Szamotulski, 
Lubelczyk,  Tricesius  u.  a.  m.  Bald  hierauf  erschien  das,  der  grossen  Epoche 
der  Sigismunds  würdigste  Werk:  die  150  Psalmen  des  Gomolka,  eines  Zeit- 
genossen Palestrinas,  Naninis  etc.  Man  setzt  sein  Geburtsjahr  auf  1564,  was 
jedoch  irrthümlich  erscheint,  da  sein  Psalmenwerk  die  Jahreszahl  1580  trägt, 
wie  es  das  in  der  Krakauer  Universitätsbibliothek  befindliche  Exemplar  bezeugt; 
er  müsste  sonst  dieses  Werk  im  16.  Lebensjahre  verfasst  haben.  Josef  Cichocki 
hat  in  unserer  Zeit  mehrere  dieser  Psalmen  in  moderner  Notation  veröffentlicht. 
Gomolka  starb  in  Chorawla  1609. 

Damals  war  Polen  überhaupt  reich  an  vielen  hervorragenden  Kirchencom- 
ponisten,  denn  ausser  obigen  können  wir  anführen:  Sebastian  Eelsztyn,  Wences- 
laus Szamotulski,  Martin  von  Lemberg,  Organist  des  Königs  Sigmund  August 
(1540),  Zelencius,  Christof  Kicker,  Brandus  von  Posen,  Diomedes  Caton,  Palin- 
gonius.  Zu  nennen  sind  hier  noch  aus  jener  und  der  nächsten  Zeit:  Eawa, 
Priester  in  Posen  (1545),  Simon  Piontka,  Yicar  der  Krakauer  Kathedrale 
(gest.  1592),  Jan  Broski  de  Kurzelow  (1581)  etc.  Leider  findet  man  ihre 
Werke  nur  zerstreut  in  den  verschiedenen  Klöstern  und  den  wenigen  Bibliothe- 
ken grosser  Familien,  die  eben  den  A^erwüstungen  der  Türken,  Tartaren  und 
Schweden  in  den  blutigen  Kriegen,  deren  Schauplatz  Polen  war,  entgangen 
sind.  Die  grössere  Anzahl  solcher  Werke  besitzt  Krakau,  seit  den  ältesten 
Zeiten  der  Heerd  aller  intellectuellen  und  besonders  Kunstbestrebungen  des 
polnischen  Volkes.  Hatte  die  Krakauer  Kathedrale  schon  längst  ihre  eigene 
Musik,  bei  der  wahrscheinlich  auch  Instrumente  verwendet  wurden  (ihr  Musik- 
archiv bewahrt  noch  viele,  darunter  manche  ausser  Gebrauch  gekommene),  so 
stiftete  1542  Sigismund  der  Alte  eine  der  wichtigsten  Institutionen  für  die 
Kunst  in  Polen:  das  Collegium  der  Korantisten  au  derselben  Kathedrale,  die 
täglich  Frühmessen  und  an  den  Sterbetagen  der  Jagellonenkönige  Trauermessen 
zu   singen    hatten,    und   zwar    nach   römischer   Art  a  Capeila,    wie    die   in    dem 


Polnische  Musik.  355 

Kathedrularcliiv  sich  Ijofindliche  königl.  Originalstiftungsurkunde  besagt:  itprae- 
nohili  arte  italianav.  Im  Laufe  der  zwei  Jalirhund<'rte  seiner  Existenz  hatte 
dieses  Collegium  17  Direktoren,  namentlich:  1.  Abhe  Nicoluus  von  Posen  (1543), 
2.  Christof  Borek  (lö57),  3.  Benedikt  von  Strvjkow,  Kaplan  Sigmund  Augusts 
(1574),  4.  Abbe  Stanislaus  Zajac  (1602),  5.  Adalbert  Warka  (1019),  6.  Johann 
Borimius  (1624),  7.  Martin  von  Mielce  (102H),  8.  Hanibal  (Jrgass,  Kapell- 
meister (1629),  9.  Johann  Kromer(163U),  10.  Adam  Janicki  (1669),  11.  Mathias 
Miskiewicz  (1680),  12.  Mathias  Lukaszewicz  (1685),  13.  Nikolaus  Pieskowicz 
(1694),  14.  Johann  Porembski  (1700),  15.  Abbe  Gregor  Gorczycki  (1734), 
16.  Josef  Masilewicz  (1740),  und  17.  Penkaiski  (1760).  Unter  den  letztern 
ragt  besonders  Gregor  Gorczycki  (gest.  1754)  hervor;  was  wir  von  seinen 
Arbeiten  in  der  Bibliothek  der  Krakauer  Kathedrale  besitzen,  gibt  eine  hohe 
Idee  von  seinem  Talent  und  seinen  Studien,  Gorczyckis  Denkmal  befindet  sich 
neben  dem  Grabe  Kasimirs  des  Grossen  und  trägt  die  Aufschrift:  »dem  unaus- 
löschlichen Andenken  Gregor  Gorczyckis,  Kanonikus  von  Skalmierz,  Peniten- 
tiarius  und  Musikdirektor,  von  Allen,  die  Perle  der  Geistlichkeit  genannt,  ge- 
storben 1754«.  Ausserdem  hatten  in  Krakau  die  Jesuiten  eine  Musikkapelle, 
anfangs  in  der  heil.  Barbarakirche,  später  bei  St.  Peter;  sie  zählte  hundert 
Musiker,  und  verfügte  zur  Zeit  des  berühmten  Jesuiten  Skarga  über  ein  Kapital 
von  40,000   Gulden,  für  damalige  Verhältnisse  wol  eine  ansehnliche   Summe. 

Die  Königin  Bona,  Gemahlin  Königs  Sigmund  des  Alten,  selbst  Italienerin 
von  Geburt,  zog  viele  italienische  Künstler  nach  Polen;  Musikschulen  wurden 
unter  deren  Leitung  an  vielen  Punkten  des  Landes  gegründet,  und  obwol  die 
zwei  letzten  Könige  des  Jagellonenstammes  noch  bedeutend  die  einheimischen 
Kräfte  bevorzugten,  so  behaupteten  doch  bald  Italiener  ausschliesslich  das 
Terrain.  "Während  bisher  alles  ernste  musikalische  Streben  der  Yocalkirchen- 
musik  zugewandt  war,  organisirten  nun  die  fremden  Meister  an  den  Höfen 
Orchester,  deren  Leistungen  bald  allgemein  beliebt  wurden,  und  so  einen  der 
Instrumentalmusik  günstigen  Umschwung  in  der  Geschmacksrichtung  hervor- 
riefen. Nach  dem  Vorbilde  des  königl.  Hofes  begannen  alsbald  auch  grosse 
Adelsfamilien  des  E-eiches  in  ihren  Familiensitzen  eigene  Musikkapellen,  Sänger 
und  Instrumentisten,  meist  eingeborne  Kräfte,  unter  Leitung  von  Italienern, 
zu  halten.  So  hatten  die  Fürsten  Eadziwil,  seit  Jahrhunderten  grosse  Kunst- 
gönner, von  denen  viele  selbst  als  tüchtig  gebildete  Musiker,  ja  als  Componisteu 
sich  ausgezeichnet  (namentlich  die  Fürsten  Christof,  Boguslaue,  Karl,  Louis,  Anton), 
die  besonders  kunstliebenden  fürstl.  Familien:  der  Czartoryskis,  der  Sapiehas, 
der  Sanguszkos  (besonders  Fürst  Janus  Sanguszko)  und  Oginskis,  ferner  die 
Grafen  Starzenski,  Zamoyski  und  viele  andere,  nicht  nur  ihre  eigenen  Kapellen, 
für  welche  ausgezeichnete  Kräfte  des  Auslandes  herangezogen  wurden,  sondern  es 
galt  auch  diesen  wahren  Kunstgönnern  als  Ehrensache,  aufkeimende  Talente 
im  Auslande  bilden  zu  lassen. 

Freilich  musste  unter  solchen  Umständen  in  diesen  höheren  Kreisen,  die 
echte  polnische  Musik  mit  ihrem  eigenthümlichen  nationalen  Charakter,  nach 
und  nach  italienischen,  später  auch  deutschen  Einflüssen  weichen;  diese  wurde 
aber  im  Volke  und  dem  kleinen  Landadel  immer  mit  liebevoller  Pietät  ge- 
pflegt und  auf  unsere  Zeiten  vererbt,  so  dass  sich  heute  noch  in  den  oben  er- 
wähnten Weihnachtsliedern  {i>Kolendyu) ,  andern  populären  Kirchengesängen, 
Balladen,  Liebesliedern,  Kriegsgesängen,  ferner  in  den  Tanzmelodien,  wie  den 
Mazurkas,  Krakowiaks,  Obertas,  Kujawiaks,  endlich  in  den  schwärmerischen 
Dumkas  und  den  litauschen  Dainos  der  Typus  polnischer  Musik  bis  auf 
unsere  Tage  erhalten  hat.  An  diesen  unverfälschten  Klängen  des  Volkes  hat 
sich  die  Chopinsche  Muse  vollgesogen,  und  bringt  ihren  Duft  nicht  nur  in 
den  Mazurkas  und  Krakowiaks,  sondern  auch  in  den  grössten  Schöpfungen  des 
polnischen  ^Meisters.  Die  ehemals  volksthümlicheu .  freilich  mit  jedem  Tage 
seltener  werdenden  Instrumente  waren:  aus  der  Familie  der  Saiteninstrumente 
die  Bandurka,   der  Bardon  (Lautenarten),   die  Lyra,    Teorban,   Harfe,  Cymbaiy 

23* 


356  Polnisclie  Musik. 

(Cimbel)  und  unsere  heutigen  Bogeninstrumente;  von  den  Blasinstrumenten  die 
Szalmaj,  Surma,  Dudy,  Dudka,  Fujara,  Geüsla,  Gaida,  Stört,  Krzywula,  Mul- 
tanka,  Szryary;  und  das  Schlaginstrument  Taraban  etc.  Ausführliches  darüber 
findet  sich  in  dem  "Werke  von  IMargocki  »Ueber  die  polnischen  Instrumente 
des  16.  Jahrhunderts«,  und  in  einem  interessanten  Ai-tikel  von  Fürst  Adam 
Czartoryski,  in  der  Zeitschrift  »Czasopismo«   (Jahrgang   1828   Nr.  1). 

Schon  unter  AVludyslaw  IV.,  also  Anfangs  des  17.  Jahrhunderts,  entwickelte 
man  eine  grosse  Thätigkeit  auf  dem  Felde  des  musikalischen  Dramas ;  in  War- 
schau wurden  mit  einem  reorganisirten  Orchester  am  Hoftheater  Dramen  mit 
Musik  aufgeführt,  wobei  freilich  eine,  für  diese  Epoche  sehr  glänzende  Aus- 
stattung und  Scenerie  die  Hauptrolle  spielte.  So  gab  man  im  Jahre  1634: 
y>Il  ratto  d^J^llenaa,  draraa  musicale  von  Virgil  Puccitelli,  in  Danzig  zum  Empfange 
der  Gremahlin  Wladyslaws,  Maria  Gonzaga,  die  Oper  y^Ciipido  und  Psychen  von 
Marco  Scacchi,  einem  Schüler  Anerios,  welcher  schon  von  Sigmund  III.  nach 
Polen  berufen  war.  Das  hierzu  eigens  erbaute  Theater,  die  Decorationen, 
Maschinerien  kosteten  100,000  Thaler.  Im  Jahre  1635  gab  man  im  "War- 
schauer Schloss  das  Musikdrama  y>Daphnis(i  von  Jeremias  Paschatti.  Unter 
August  II.  wurden  in  AVarschau  italienische  Opern  gegeben,  zu  denen  das  ge- 
ladene Publicum  freien  Eintritt  hatte.  August  III.  ernannte  den  grossen 
J,  S.  Bach  zum  königl.  ijolnischen  Hofcompositeur.  Stanislaus  August  Ponia- 
towski  hielt  eine  italienische  Oper  mit  den  vorzüglichsten  Gesangskräften  besetzt. 
Paisiello,  Cimarosa,  Pugnani  und  Viotti  (letzterer  sogar  als  Orchestermitglied) 
weilten  damals  in  Warschau  und  Paisiello  führte  da  sein  Passionsoratorium 
1774  auf.  Der  Schauplatz  dieser  Bestrebungen  waren  anfangs  freilich  nur  die 
königlichen  Höfe  und  die  der  ersten  fürstlichen  Familien,  welche  sich  ein  so 
kostspieliges  Vergnügen  erlauben  durften.  Erst  gegen  Ende  des  18.  Jahrhun- 
derts, mit  der  sich  entwickelnden  Blüte  der  grösseren  Städte,  konnte  diese 
Kunstgattung  auch  dort  einen  Boden  gewinnen,  und  so  bekam  Warschau  sein 
öffentliches  Theater,  auf  welchem  allerlei  Melodramen,  Singspiele  u.  dergl.  ein- 
heimischer und  fremder  Autoren  aufgeführt  wurden,  und  kurz  darauf  wurden 
auch  in  Krakau,  Lemberg,  Posen,  und  endlich  in  Wilna  und  Dublin  stehende 
Bühnen  errichtet.  Im  Jahre  1778  gab  man  mit  grossem  Erfolge  die  erste 
polnische  Oper:  y>JJszczeslitviona  nedzav^  von  Math.  Kaminski  (geb.  1734).  Ihr 
folgte  bald  1779  rtZoskaa  und  y)Prostota  CTioflüvaa ;  1780  y>Tradycya  zaiatwiona« ; 
1781  liBalik  (jospodarskU;  1794  yiSiowik«,  alles  Werke  desselben  Autors.  Kajetani 
schrieb  1779  »Nie  kazdy  spi,  ten  co  chrapia;  1787  »Zofniers  czarnoTcsieznik<.<.; 
1788  y>ZöUa  szlafinycai-  Weinert:  1782  y>Szkrupul  niepotrzebnys. ;  1808  -nDiabel 
alchimistaa.  Epochemachend  war  Johann  Stefanis  populäres  Singspiel  nKra- 
koioiacy  i  Görale«,  welches  heute  noch  mit  Beifall  auf  jedem  polnischen  Theater 
gegeben  wird  und  zu  dem  später  Karl  Kurpinski  einen  zweiten  Theil  schrieb. 

Hochverdient  um  die  Entwicklung  der  Oper  ist  Josef  Eisner  geworden 
(geb.  1768,  gest.  1848),  der  31  grosse  und  kleinere  Opern  componirte,  von 
denen  viele  ganz  ausserordentlichen  Erfolg  hatten.  Diesem  Manne  schuldet  die 
polnische  Kunst  sehr  viel,  und  so  gross  seine  Verdienste  um  Kirchenmusik 
und  Oper  in  Polen  waren,  so  stellt  ihn  fürwahr  der  Umstand  fast  noch  höher, 
dass  von  ihm  grössteiatheils  die  Anregung  zur  Gründung  des  Warschauer  Con- 
servatoriums  ausging;  der  höchste  Titel  aber  zur  unauslöschlichen  Dankbarkeit 
seiner  Landsleute  bleibt  wol,  dass  er  so  grosse  Verdienste  an  der  Heranbildung 
eines  Chopin  hatte.  Nach  Eisner  müssen  wir  in  erster  Reihe  Karl  Kurpinski 
(geb.  1784),  als  einen  der  rüstigsten  Arbeiter  für  die  Hebung  der  polnischen  Oper 
nennen.  Wir  besitzen  von  ihm  ausser  vielen  Opern  auch  Kirchenmusikwerke,  Can- 
taten  und  Instrumentalcompositionen  von  anerkanntem  Werthe.  Feliks  Dobrzynski 
(geb.  1807),  ein  Studiengenosse  und  Jugendfreund  Chopins,  machte  sich  durch 
seine  Oper  »Monhar«  oder  »die  Flibustier«^  und  durch  zwei  Sinfonien,  namentlich 
durch  jene  in  Cmoll,  auch  in  ausserpolnischen  Kx'eisen  vortheilhaft  bekannt.  Stanis- 
laus Moniuszko   (geb.   1819  in  Lithauen,  gest.   1873),    ein    äusserst   fruchtbarer 


Polnische  Musik.  357 

Coinponist,  liess  der  polnischen  Bühne  die  Opern:  nHalkau,  nStrasziii/  dwörv, 
nllral/inaa,  vFlin«,  nJaivnutav.,  »  T'erbum  nobilea  u.  s.  w.,  die  sich  sämintlich  einer 
grossen  Beliebtheit  bei  seinen  Lundsleuten  erfreuen;  Fürst  Kadziwii,  Componist 
der  Musik  zu  »Faust«,  Franz  Mirecki,  "Wojciech  Sowinski,  Fürst  Poniatuwski, 
der  talentvolle,  leider  früh  verstorbene  Duniecki,  Holfman,  Münchheiraer,  Hertz 
und  viele  andere  waren  und  sind  theihveise  auf  diesem  Felde  tliätig.  Es  konnte 
nicht  anders  kommen,  als  dass  bei  solchem  Eraporblühen  der  polnischen  Oper, 
sich  auch  hervorragi-nde  Gresangskräfte  heranbildeten;  so  Antonia  Campi,  ge- 
borne  Michalowicz,  eine  Polin  für  die  IMozart,  die  Rolle  der  Donna  Anna  in 
Prag  schrieb.  Berühiut  als  ausgezeichnete  Königin  der  Nacht  in  der  Zauber- 
flüte  und  später  in  Rossinischen  Sachen,  wurde  sie  k.  k.  Hofopernsängerin  in 
Wien  und  starb  daselbst  1822.  Ausser  diesen  verdienen  erwähnt  zu  werden 
die  Sängerinnen:  Truskolaska,  Jasinska,  Lesnicwska,  Turowska,  Eywacka,  Rivoli, 
Zawisza,  Dowiakowska,  Jakowicka,  Majeranowska;  die  Sänger:  Negroni,  Dobrski, 
Kaczkowski,  Troszel,  Miller,  Markowski,  Borkowski,  Kaminski,  Filleborn  u.  a.  m. 
In  neuester  Zeit  ernten  eine  Kochanska,  ein  Reszke  und  Mierzwinski  an  den 
grössten  Bühnen  Europas  ungetheilten,  grossen  Beifall.  Auch  die  höhere 
Dilettanteuwelt  ist  hier  glänzend  vertreten  durch  die  Gräfin  Delfine  Potocka, 
die  enthusiastische  Freundin  Chopins,  dem  sie  an  seinem  Sterl)ebette  Stradellas 
Kirchenarie  vorsingen  musste;  Frau  Marcella  Lederer  in  Lemberg,  eine  musi- 
kalisch hochgebildete  Schülerin  von  Emanuel  Garcia,  Baron  Larisch,  Schüler 
des  Lablache  und  noch  viele  andere.  Das  rauhe,  nördliche,  stimmenfeindliche 
Klima  mag  wol  schuld  sein,  dass  diese  Liste  nicht  noch  reicher  ist. 

Ausgezeichnete  Instrumentalisten  kann  Polen  wol  noch  in  weit  höherer 
Anzahl  aufweisen.  Nennen  wir  hier  gleich  und  vor  allen  Anderen  die  Sterne 
erster  Grösse,  die  mit  ihrem  Glänze  alles  andere  in  der  Kunstgeschichte  ihres 
Vaterlandes  überstrahlen  und  deren  Namen  ganz  gewiss  zu  den  besten  in  Europa 
gezählt  werden:  Karl  Lipinski  (s.  d.)  und  Friedrich  Chopin  (s.  d.).  "Was 
Chopin  schrieb,  bleibt  für  alle  Zeiten  das  höchste  Ideal  polnischer  Musik. 
Ohne  dass  sich  in  einem  einzigen  Takte  eine  banale  Benützung  nationaler 
Themen,  oder  eine  sklavische  Nachäffung  derselben  nachweisen  liesse,  schwebt 
doch  über  allen  der  Geist  polnischer  Melodik,  mit  ritterlichen,  stolzen,  schwär- 
merischen Accenten;  ja  selbst  der  Geist  polnischer  Sprache  findet  sich  so  präg- 
nant in  der  musikalischen  Diction  wiedergegeben,  wie  nicht  sobald  in  einer 
Composition  irgend  eines  seiner  Landsleute ;  höchstens  sind  ihm  hier  etwa  Fürst 
Oginski  mit  seinen  Polonaisen,  und  Dobrzynski  in  seinen  glücklichsten  Momenten 
nahe  gekommen.  Das  gilt  auch  von  seinem  ausgezeichneten  Schüler  Carl 
Mikuli,  der  die  unstreitig  beste  Ausgabe  der  Werke  des  Meisters  redigirte  und 
dessen  Claviercompositionen  an  dem  Geiste  Chopins  genährt  und  gross  gezo- 
gen erscheinen.  Nach  Lipinski  glänzte  unter  den  polnischen  Violinisten,  von 
denen  die  meisten  in  der  französischen  Schule  herangebildet  waren,  vor  allen 
der  jüngst  verstorbene  Heinrich  AVieniawski,  der  durch  seine  ausserordentliche 
Technik  auf  Iteiden  Hemisphären  Ruhm  erwarb.  Allgemeine  Anerkennung  fanden 
seiner  Zeit  Apoliuary  Kontski,  Serwaczynski,  ein  Zeitgenosse  Lipinskis,  Dura- 
nowski,  Baranowski;  dann  Taborowski,  Biernacki,  Friemann,  Felix  Lipinski  (ein 
jüngerer  Bruder  des  grossen  Carl),  Lada,  Lotto,  Barcewicz  u,  v.  a. 

Als  Cellisten  zeichneten  sich  aus:  Herrmann  und  Kossowski.  Das  Clavier- 
spiel  wird,  wie  im  übrigen  Europa,  auch  in  Polen  am  meisten  cultivirt;  einen 
hervorragenden  Platz  nehmen  ein:  Frau  Szymanowska,  die  bekannte  Freundin 
Goethes  und  Schülerin  Fields,  Hedwig  Brzowska,  Anton  Kontski,  Edward  Wolf, 
Fontana,  Szopowicz ,  Nowakowski ,  Zarzycki ,  Smietauski .  Hofmann,  Josef 
Wieniawski.  Aus  der  Schule  Chopins  stammen  die  Fürstinnen  Marcelina 
Czartoryska  und  Karl  Mikuli  (s.  d.).  Wenn  wir  nun  noch  schliesslich  den 
ausgezeichneten  Clarinettisten  Tropianski,  die  Flötisten:  Jackowski,  Gabrielski, 
die  berühmten  Brüder  Dopi)ler  (gebürtige  Lemberger),  endlich  die  Organisten: 
Freyer,  Prochaska,  Zientarski,  Stoczynski  und  Goraczkiewicz  anführen,  so  giebt 


358  Polnische  Musik. 

diese  reiche  Liste  ein  ganz  ehrenvolles  Zeugniss  von  den  erfolgreichen  Bestre- 
bungen auf  dem  Gebiete  der  Instrumentalmusik  in  Polen.  Alle  genannten  Vir- 
tuosen haben,  wie  natürlich  auch  für  den  Concertgebrauch,  Compositionen  ge- 
schaffen, von  denen  viele  eine  grössere  Verbreitung  in  Europa  gefunden  haben. 
Keines  aber  mehr  als  die  y>priere  cVune  vier(je<.<.  einer  Badarzewska  (!!),  wol  ein 
trauriger  Beweis,  dass  es  mit  der  Allgemeinverbreitung  musikalisch  aesthetischen 
Sinnes  in  Europa  noch  immer  nicht  sehr  glänzend  steht.  Auf  dem  Felde  der 
Sinfonie  und  Kammermusikwerke  sind  nicht  viel  Namen  anzuführen,  denn  ausser 
den  bereits  erwähnten  Dobrzynski,  Kurpinski,  Duniecki,  zu  denen  wir  noch 
Lessei,  einen  Schüler  Haydns,  und  Graf  J.  St.  Ilinski  (geb.  1795),  der  Beetho- 
vens Unterricht  genossen  haben  soll  und  mehrere  bedeutendere  Sachen  geschrie- 
ben hat,  unter  andern  ein  Requiem,  Tedeum,  Stabat  mater,  Streichquartetten 
u.  s.  w.  hinzufügen  wollen,  leisten  in  letzter  Zeit  nur  Zelenski  und  Noskowski 
ganz  Verdienstliches.  Von  Liedercomponisten  sind  nächst  Moniuszko,  der  viel 
geschrieben  hat  und  sehr  jjopulär  wurde,  noch  Troszel,  Fürst  Lubomirski, 
Nowakowski,  Zarzycki  und  Marceil  Madeyski  sehr  beliebt. 

Viel  versprechend  für  die  Zukunft  ist  das,  seit  mehreren  Decennien  in 
Polen  sich  entwickelnde  Musikvereinswesen.  Nicht  nur  dass  es  die  ausübenden 
Künstler-  und  Dilettantenkräfte  in  regerer  Thätigkeit  erhält,  sie  einander  zu 
gemeinschaftlichen  Wirken  näher  bringt,  sondern  es  schafft  auch  ein,  mit  musi- 
kalischen Dingen  immer  mehr  vertrautes  Publicum,  dessen  reifende  Urtheils- 
fähigkeit  nicht  ohne  wohlthätigen  Einfluss  auf  junge  Talente  bleiben  kann.  War- 
schau, die  volksreichste  Stadt  des  Landes  und  noch  immer  das  Centrum  des 
polnischen  Lebens,  gebietet  hier  natürlich  über  die  grössten  Mittel.  Mehrere 
an  den  Theatern  bestehende  Orchester  erleichtern  bedeutende  grössere  Musik- 
auffühi-ungen  und  so  besteht  seit  Jahren  ein  Musikverein,  der  sowol  Vocal- 
sachen,  Orchesterwerke,  als  auch  die  Kammermusik  sorgsam  pflegt.  Trotzdem 
es  an  Mitteln  bedeutend  äi-mer  ist,  darf  man  jedoch  Lemberg  mindestens  auf 
gleiche  Höhe  mit  Warschau  stellen.  Schuppanzigh,  dem  die  Beethovenschen 
Quartette  gewidmet  sind  und  der  gegen  das  Jahr  1820  als  Beamter  in  Lem- 
berg weilte  und  regelmässige  Streichquartettabende  veranstaltete,  gab  die  erste 
Anregung  zur  Pflege  guter  Musik  in  Lemberg.  Lipinski,  J.  C.  Kessler,  Mozarts 
Sohn  (welcher  seit  1823  in  Lemberg  lebte  und  1844  in  Karlsbad  starb),  end- 
lich Puckgaber  setzten  das  begonnene  Werk  mit  grossem  Eifer  fort,  und  be- 
warben sich  schon  in  den  zwanziger  Jahren  um  die  Bewilligung  zur  Gründung 
eines  Musikvereins,  welche  aber  erst  im  Jahre  1835,  von  der  damals  in  Ver- 
einsangelegenheiten sehr  vorsichtigen  Regierung  ertheilt  wurde.  Die  oben  ge- 
nannten tüchtigen  Musiker  waren  die  Leiter  der  jungen  Anstalt.  Das  Jahr 
1848  machte  dessen  weitere  Existenz  fraglich,  Bibliothek,  Instrumente  wurden 
während  der  Revolution  dieses  Jahres  ein  Raub  der  Flammen,  und  es  dauerte 
geraume  Zeit,  ehe  es  den  Musikfreunden  gelang,  diese  Wunden  zu  heilen.  Im 
Jahre  1858  berief  man  Karl  Mikuli  (s.  d.),  einen  Schüler  Chopins,  und  Henri 
Rebers  in  Paris  an  die  Spitze  des  Vereins,  einen  ausgezeichneten  Musiker,  der 
sein  Publicum  mit  den  besten  Werken  der  Kunst,  namentlich  auf  klassischem 
Gebiete  seit  23  Jahren  vertraut  macht,  so  dass  man  Lemberg  heute  wol  mit 
Recht  die  musikalischeste  Stadt  Polens  nennen  kann.  Seinem  unermüdlichen  Eifer 
genügten  Concertaufführungen  und  Kammei'musiksoireen,  bei  welchen  er  auch 
als  Ciavierspieler  thätig  ist,  nicht,  denn  in  der  Kirche  St.  Nicolaus  und  der 
armenischen  Domkirche  wurden  auch  jahrelang  die  Meisterwerke  altitalienischer 
und  deutscher  Kirchenmusik  aufgeführt. 

Erfreulich  für  polnische  Musikzustände  ist  es,  dass  dem  Beispiele  War- 
schaus und  Lembergs  folgend,  seit  einigen  Jahren  selbst  in  kleineren  Provinz- 
städten Galiciens  und  Congresspolens  Musik-  und  Gesangsvereine  entstehen. 
Eine  lange  Reihe  von  Jahren  besass  nur  das  einzige  Warschau  eine  öffentliche, 
mit  Staatsmitteln  subventionirte  Musikschule,  das  Conservatorium ,  gegründet 
1821.     Soliwa,  Eisner,  Kurpinski  waren  die  ersten  Direktoren  desselben.     Die 


Polnische  Musik.  359 

Revolution  von  1830  trieb  Schüler  und  Professoren  auseinander,  so  dass  die 
Anstalt  geschlossen  werden  musste.  Zwar  wurde  sie  im  Jahre  1834  unter 
Soliwa  wieder  eröfi'net,  aber  sie  fristete  doch  nur  ein  sehr  Ijescheidenes  Dasein, 
bis  Apolintiry  Kontski  im  Jahre  1861  von  der  Regierung  zum  Direktor  der- 
selben ernannt  wurde,  welcher  der  Anstalt  neuen  Aufschwung  gab.  Nach  seinem 
Tode  überuahm  Zarzycki,  ein  tüchtig  gebildeter  Musiker,  das  Direktorium. 
Heute  besitzt  Polen  ein  zweites  Conservatorium  und  zwar  in  Lemberg.  Hervor- 
gegangen aus  dem  dortigen  Musikverein  wird  es  vom  Lande  und  der  Stadt 
subventionix't,  und  steht  gleichfalls  unter  der  Direction  Karl  üNIikulis.  Bedeu- 
tende Unterstützungen  kunstliebeuder  Gönner  sichern  dessen  weitere  Entwickelung; 
so  fiel  ihm  ein  nahrahafter  Theil  des  Lipinskischen  Vermögens  zu,  und  Dr.  jur. 
Malinowski ,  Advokat  in  Lemberg ,  verschrieb  ihm  jüngst  ein  Kapital  von 
20,000  ü.  In  letzter  Zeit  entstand  auch  in  Krakau  eine  Musikschule  unter 
Leitung  des  Direktor  Niedzielski.  Alle  diese  Schulen  thuen  ihr  Redlichstes 
für  die  Verbreitung  von  solidem  "Wissen  und  Können,  ihr  Hauptverdienst  aber 
ist,  dass  sie  das  Land  mit  tüchtigen  Lehrern  versorgen,  an  denen  es  bisher 
grossen  Mangel  litt.  Da  die  Liebe  zur  Musik  den  Polen  in  hohem  Grade 
eigen  ist,  und  im  Volke  selbst  tief  wurzelt,  die  Masse  interessanter  Volkslieder 
spricht  schon  dafür,  muöikalische  Talente  selbst  von  hoher  Bedeutung  nicht 
selten  sind,  so  lässt  sich  hoffen,  dass  das  Emporblühen  der  Musik  in  Polen 
schon  in  nächster  Zukunft  ein  sehr  erfreuliches  werden  wird,  besonders  wenn 
die  betreffenden  Regierungen  nicht  nur  keine  Hindernisse  der  nationalen  Ent- 
wicklung entgegenstellen,  wie  es  leider  bis  zum  Jahre  1848  der  Fall  war,  wo 
alles  polnische  Streben  eben  als  hochverrätherisch  galt,  sondern  im  Gegentheile 
die  sich  organisirenden  und  bereits  bestehenden  Institute  kräftig  und  mit  Geld- 
mitteln untersützen.  Vor  allen  aber  haben  die  an  der  Spitze  der  geistigen 
nationalen  Arbeiten  stehenden  Ki'eise  die  hohe  Aufgabe,  zwei  Gefahren  von 
ihrem  Vaterlande  fern  zu  halten:  fürs  erste  den  leider  in  Polen  seit  Jahrhun- 
derten bestehenden  Hang  zur  Parteizersplitterung.  Das  »liberum  veto«,  welches 
für  Polen  viel  verderblicher  war  als  alle  fremden  Bajonette,  ist  auf  allen  Ge- 
bieten, auch  auf  musikalischen,  geradezu  unheilbringend.  In  fast  allen  polnischen 
Vereinen  kommt  der  betrübende,  leider  häufige  Fall  vor,  dass  sie  sich  nicht 
sowol  in  Prinzipien-  als  in  Personalfragen  in  kleinere,  natürlich  dann  ohn- 
mächtige Körper  zu  zersplittern  geneigt  sind.  Selten  ist  es  einer  leitenden 
Kraft  gegönnt,  die  heilsamsten  und  bestgeplanten  Beschlüsse,  durch  eine  längere 
Reihe  von  Jahren  ungestört  durchführen  zu  können ;  so  verliess  ein  Carl 
Lipinski,  fast  weggedrängt  obscurer  Nebenbuhler  wegen,  einst  Lemberg.  Der 
Warschauer  Verein  hatte  im  Zeitraum  der  letzten  sieben  Jahre  vier  Direktoren. 
Die  Lemberger  musikalischen  Kräfte  sind  in  mehrere  Lager  gespalten,  welche 
einander  feindlich  entgegen  arbeiten;  es  ist  beinahe  unerklärlich,  dass  dort 
Mikuli  sich  23  Jahre  lang  am  Ruder  hält!  Dasselbe  Beispiel  wiederholt  sich  im 
Schoosse  der  Vereine  kleinerer  Städte;  »Concordia  parvae  i'es  crescunt«  sollte 
der  heilsame  "Wahlspruch  aller  polnischen  Gesellschaften  werden!  Ebenso  hin- 
derlich kann  für  das  Gedeihen  der  Kunst  in  Polen  das  in  jüngster  Zeit  immer 
mehr  sich  bemerkbar  machende  Streben  werden ,  ausländische  Kunst  geradezu 
über  Bord  zu  werfen  und  Sympathien  nur  den  einheimischen  Componisten  zu- 
zuwenden. So  erklärlich  eine  Abneigung  gegen  alles  Fremde  bei  einem  ^'olke 
ist,  welches  seine  Selbständigkeit  verloren,  und  unter  fremden,  mehr  oder 
weniger  empfindlichen  Druck  seit  einem  Jahrhundert  leidet,  dem  selbst  der 
Gebrauch  seiner  Sprache  im  öffentlichen  Leben,  Schulen  u.  s.  w.  gehindert  war, 
so  wäre  doch  solche  Tendenz  auf  dem  Gebiete  der  Kunst,  für  Polen  selbst 
sehr  beklagenswerth.  Die  eigene  polnische  Musikliteratur  ist  trotz  einiger 
glänzenden  Namen,  noch  immer  zu  arm  dazu  (wir  haben  doch  nur  wenige 
Sinfonien,  zwei  von  Dobrzynski,  eine  von  Duniecki,  eine  von  Zelenski  und  zwei 
von  Noskowski).  "Wo  stände  die  Kunst,  wenn  die  Italiener  im  15.  Jahrhun- 
dert es  verschmäht  hätten,  von  den  Niederländischen  Meistern  zu  lernen?    Hat 


360  Poncliard  —  Ponchielli. 

Deutschland  in  weiterer  Epoche  der  Kunstgeschichte  eine  glänzende  musikalische 
Zukunft  eingebüsst,  dass  Italiener  und  deren  Musik  Jahrhunderte  lang  an  seinen 
Höfen  und  allen  Kunstanstalten  beinahe  ausschliesslich  dominirten?  Hat  Salieri 
einen  Beethoven,  Porpora  einen  Haydn,  P.  Martini  einen  Mozart  verhindert, 
die  Heroen  eben  deutscher  Kunst  zu  werden?  AVenn  die  Franzosen  stolz  auf 
ihre  Lullys,  ihre  Eameaus,  ihre  Grretrys,  ihre  Boildieus,  die  Sinfonien  der 
deutschen  Grrossmeister  von  ihren  Programmen  fernhielten,  woran  sollten  sich 
aufwachsende  Geschlechter  in  dieser  Kunstgattung  zu  eigenem  Schaffen  be- 
geistern? das  sich  so  leicht  selbst  genügende  Italien  holt  in  jüngster  Zeit  fleissig 
nach,  was  es  durch  vornehme  Nichtbeachtung  hoher  Geistesschöpfungen  anderer 
Völker,  an  sich  selbst  verbrochen.  Endlich  hat  sich  denn  das  musikalische 
Europa  gegen  Grössen  wie  Chopin,  Lipinski,  Wieniawski  und  viele  Andere  je 
ablehnend   verhalten,  dass  dies   eine   Eecij^rocität  hervorrufen  sollte? 

"Wir  zweifeln  nicht,  dass  eine  geradezu  krankhafte  Erscheinung  mit  dem 
Besserwerden  der  politischen  Lage  der  Polen  und  an  der  Sonne  der  Freiheit 
schwinden  wird,  und  dass  eine  so  intelligente,  thatkräftige  Nation  voll  hoher 
Aspirationen,  eine  Nation,  die  einen  Mickiewicz,  Slowacki,  Krasinski,  Malecki, 
einen  Mateiko,  Siemiradzki  u.  s.  w.  besitzt,  in  der  europäischen  Völkerfamilie 
auch  auf  dem  Gebiete  der  Tonkunst  einen  ebenbürtigen  Platz  einzunehmen 
berufen  ist. 

Pouchard,  Louis  Antoine  Eleonore  (VIII,  139),  nicht  Jean  Frederic 
Auguste,  wurde  geboren  am  31.  August  1787  und  starb  in  Paris  am  6.  Januar 
1866.      Seine   Gattin: 

Pouchard,  Marie  Sophie  (VIII,  139),  starb  ebenfalls  in  Paris  am 
19.  September  1873. 

Ponchielli,  Amilcare,  einer  der  hervorragendsten  dramatischen  Compo- 
nisten  der  Gegenwart  in  Italien,  wurde  in  Paderno  Fasolaro  am  1.  September 
1834  geboren  und  betrat,  kaum  neun  Jahr  alt,  das  Mailänder  Conservatorium, 
in  welchem  er  Schüler  Cagnonis  wurde.  Im  September  1854  zwanzig  Jahr 
alt,  verliess  er  dasselbe,  und  da  er  den  Kampf  mit  den  Verhältnissen  in  Mai- 
land sich  nicht  aufzunehmen  getraute,  auch  die  Stadt,  und  nahm  in  Piacenza 
die  bescheidene  Stelle  eines  Musikdirektors  der  Nationalgarde  an.  Dieselbe 
Function  übernahm  er  später  in  Cremona,  wo  er  auch  Gelegenheit  fand,  seine 
erste  Oper  »J  Promessi  Sjyosi«,  am  30.  August  1856  zur  Aufführung  zu  brin- 
gen, welcher  1861  y>La  Savojarda«  folgte.  Ferner  schrieb  er  das  lyrische  Drama 
yiBoderico  re  de''  Goti«;  in  Piacenza  1864  aufgeführt,  ein  Ballet  und  die  Oper 
»La  Stella  del  monte«.  Diese  sämmtlichen  "Werke  verhallten  jedoch,  ohne  den 
Namen  des  Componisten  in  weiteren  Kreisen  bekannt  zu  machen.  Erst  1872 
als  im  neuerbauten  Theater  Dal  Vermo  seine  erste  Oper  y>i  Promessi  S2)0si« 
in  überarbeiteter  Fassung  Avieder  auf  die  Sceue  gelangte,  kam  P.  zur  gebühren- 
den Anerkennung.  Die  Oper  erzielte  trotz  ihrer  Ungleichheiten,  einen  durch- 
schlagenden Erfolg,  und  als  es  zur  Kenntniss  des  Publicums  gelangte,  dass  der 
Componist  sechszehn  Jahre  in  Geduld  diese  Stunde  erharrt  hatte,  überschüttete 
es  ihn  förmlich  mit  Beifallsbezeigungen.  Von  dem  Theater  La  Scala  erhielt  er 
alsbald  den  Auftrag,  die  Musik  zu  einem  siebenaktigen  Ballet  zu  schreiben: 
nLe  Due  Gemelli^,  welches  im  Februar  1873  in  Scene  ging.  Auch  diese  Musik 
rief  einen  derartigen  Enthusiasmus  hervor,  dass  der  Verleger  Ricordi  in  Mai- 
land die  Ciavierpartitur  dieser  Musik  im  Druck  erscheinen  liess,  etwas  was  in 
Italien  nicht  zu  häufig  vorkommt.  Ein  Marsch  aus  dem  letzten  Akt  dieses 
Ballets  wird  als  von  besonderer  Wirkung  bezeichnet.  Als  den  genannten  Wer- 
ken in  Bezug  auf  Grösse  des  Stils  und  geschickter  Behandlung  des  Vocalen 
und  Instrumentalen  noch  bei  weitem  voranstehend,  werden  die  nächstfolgenden 
Werke  P.'s  bezeichnet:  »J  Litiiani«,  Oper  in  di-ei  Akten  von  Ghislanzoni,  auf- 
geführt am  7.  März  1874  in  Mailand,  erzielte  einen  bedeutenden  Erfolg,  nicht 
minder  nGioconda«,  ebenfalls  in  der  Scala  in  Mailand  am  8.  April  1876  auf- 
geführt.    Minder  glücklich  fiel  die  Wiederaufführung  der  Oper  »La  Savojardaa 


Poniatowaky  —  Poimlus.  361 

unter  dem  Titel  nLinau  aus.  P.  gehört  in  Italien  zur  Zeit  mit  zu  denjenigen 
dramatischen  Componisten,  auf  den  die  Nation  die  meisten  HotVnungen  setzt.  Er 
schrieb  noch  nil  l^arlatore  eternoa  Scherzo  comico  von  Ghislanzoni  (in  Lecco  1873 
aufgeführt);  die  Gelegenlu'itscautate  »A  Gaefano  Donizettiv,  im  Theater  Riccardi 
am  13.  September  187;')  in  Bergamo  aufgeführt:  eino  Trauercantate  y>il'2'.)  Maijfjioit, 
zum  Gcdächtniss  des  Dichters  IManzoni;  einen  Trauerujarsch;  nFanfasia  militare<t\ 
das  Ballet  »Clarinai;  Romanze  nEternatnentta  für  Sopran,  mit  Begleitung  von 
Piano  und  Violoncello  u.  s.  w.  P.  ist  mit  der  dramatischen  Sängerin  Teresina 
Brambilla  verheiratet. 

Poniatowskj,  Joseph  Michel  Xaver,  Prinz  (VIII,  13'J))  starb  plötzlich 
in  London  am  3.  Juli  1873.  Nachdem  er  in  Paris,  in  Folge  eines  commer- 
ziellen  Unternehmens,  der  Docks  von  Saint-Quentin,  zu  welchem  er  von  Napo- 
leon III.  ein  Privilegium  erhalten,  alles  was  er  besass  verloren  hatte,  kam  ei*, 
durch  die  Kriegsereignisse  aus  Paris  vertrieben,  1870  von  allen  Mitteln  ent- 
blösst,  nach  London.  Er  unternahm  es  dort,  Gesangstunden  zu  geben,  und 
schrieb  die  Oper  nGehiina« ,  die  mit  Adelina  Patti  in  der  Titelrolle  1872  in 
Covent  Garden  aufgeführt  wurde.  Er  hatte  eben  mit  dem  Entrepreneur  Uli- 
mann einen  Contract  als  Orchesterdirektor  einer  lyrischen  Truppe  für  Amerika 
unterzeichnet,  als  ihn  der  Tod  ereilte. 

Ponsit'chi,  Cesare,  Pianist  und  Musikschriftsteller,  ist  in  Italien  1830 
geboren  und  bekleidet  seit  1861  am  Conservatorium  in  Florenz  die  Stelle  eines 
Stimmers  und  i\Iechanikers  der  Instrumente.  Er  veröffentlichte  ein  kleines, 
mit  Sorgfalt  verfasstes  Buch,  eine  Geschichte  des  Claviers,  in  welchem  die  Er- 
findung und  die  ersten  Verbesserungen  des  Claviers  durch  Cristofori  besonders 
berücksichtigt  sind.  Der  Titel  ist:  »7Z  Piaiwf  orte  sua  origine  e  sviluppo<i. 
(Florenz,  Guidi,  1876,  in  12,  77  p.  mit  Zeichnungen).  Zwei  andere,  seit  lange 
vorbereitete  AVerke  desselben  Autors  sollen  demnächst  erscheinen:  1)  »ia 
Completazione  di  tutti  i  7nodelli  deV  inveiitione  del  inanoforte,  coi  perfezionamenti 
2)ortati  dal  progresso«;  2)  »Del  Tempcramento  in  generale,  e  piic  specialmente  di 
quello  degli  istnanenti  a  tastiera. 

Poutecoulaut,  Louis  Adolphe  (VIII,  143),  veröffentlichte:  y>Musee  in- 
strumental du  Conservatoire  de  Musique,  Histoires  et  anecdotesa  (Partie  I,  Paris, 
Levy,  1864,  in  12);  y>La  Musique  ä  V Exposition  universelle  de  186'«.  (Paris 
aux  bureaux  de  l'art  musical,  1868,  in  8''):  TnLes  Phtnomenes  de  la  musique« 
(1868.  in  12"). 

Poorteu,  Arv.,  Violoncellist,  geboren  in  Riga  gegen  1835,  studirte  erst 
in  seiner  Vaterstadt  Musik  und  besuchte  dann  das  Conservatorium  in  Brüssel. 
Er  Hess  sich  als  Virtuose  in  Belgien,  Holland,  in  Paris  und  in  Russland  hören. 
Zur  Zeit  gehört  er  der  kaiserl.  Hofkapelle  und  als  Lehrer  dem  Consei'vatorium 
in  Petersburg  an.  Er  gab  in  französischer  Sprache  heraus:  »Tournee  artis- 
tifjue  dans  Vinterieur  de  la  Russiea  (Brüssel,  Maquardt,   1873). 

Popper,  David  (VIII,  145),  einer  der  bedeutendsten  Violoncellovirtuosen, 
ist  am  IS.  Juni  1845  in  Prag  geboren,  und  machte  auch  dort  am  Conservato- 
rium seine  Studien.  Er  wurde  dann  Violoncellist  in  der  Hofkapelle  des  Fürsten 
von  Hechingen  in  Löwenberg  und  erhielt  1868  einen  Ruf  nach  "Wien  als  Solist 
und  Concertmeister  der  Hofkapelle.  Seit  1872  ist  er  mit  der  Pianistin  Sophie 
Menter  verheiratet. 

Populus,  Nicolas  Adolphe  Alphouse,  Organist  und  Componist,  wurde 
in  Arcueil  1831  geboren.  Er  war  erst  Schüler  der  Kirchensingschule  St. 
Jacques  du  Haut-Pas,  unter  dem  Direktor  Dhibaut,  wurde  dann  in  Paris 
der  Schüler  von  Elwart,  Charles  Manry,  Perez  y  Alvarez,  !M.  Gueit,  und 
erhielt,  eben  vierzehn  Jahr  alt,  die  Organistenstelle  an  St.  Jacques.  Nach- 
dem er  dann  älinliche  Stellungen  an  zwei  anderen  Kirchen  gehabt,  kehrte  er 
an  St.  Jacques  zurück  und  wirkt  dort  seitdem  als  Kapellmeister.  P.  ist  auch 
Gesanglehrer  der  Stadtschulen  in  Paris,  Musikdirektor  und  Gesanglehrer  der 
Schulen   St.  Genevieve   und   Sacre  Coeur.      Er   gründete  1869    den    Chorverein 


362  Porion  —  Pougin. 

»St.-Michel«  und  1870  »Societe  des  quintettes  liarmouiques«.  Die  Compositionen 
P/s  bestehen  in  Orgel-  und  Claviercompositionen  und  Vocalwerken ,  Einzelge- 
sänge mit  Clavierbegleitung  und  mehrstimmige,  meist  religiöse  Gesänge. 

Porlou  oder  Borlon,  Artus,  Verfertiger  von  Lauten,  lebte  gegen  Ende 
des   IG.   Jahrhunderts  in  Antweri^en. 

Porion  oder  Borlon,  Peter,  betrieb  ebenfalls  die  Lautenmacherei  in 
Antwerpen,  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts.  Ein  Contrabass,  den  er 
für  den  Ivirchenchor  an  der  Kathedrale  anfertigte,  ist  noch  vorhanden.  Im 
Innern  des  Instrumentes  befinden  sich  die  Worte:  Peeter  Porion  tot  Ant- 
werpen f.  1647. 

Porion  oder  Borlon,  Joannis,  ein  dritter  Lautenmacher,  jedenfalls  Ver- 
wandter oder  Nachkomme  der  Vorgenannten,  von  dem  ein  Contrabass  erhalten 
ist,  in  dessen  Innern  sich  sein  Name  »Joannis  Borlon  tot  Antwerpen«  befindet. 
Dies  Instrument  ist  aus  Platanenholz  gefertigt,  bis  auf  den  Resonanzboden, 
der  aus   Tannenholz  besteht. 

Porion  oder  Borlon,  Francis,  wie  die  vorhergehenden  Lautenmacher  in 
Antwerpen.  Auch  von  diesem  ist  ein  Instrument  erhalten,  eine  Viola  grossen 
Formates,  und  bis  auf  den  Lack  der  verschwunden  ist,  gut  erhalten,  ein  treff- 
liches Instrument.  Im  Innern  liest  man:  Francis  Borlon  tot  Antwerpen,  op 
de  Cathelyne  Vest. 

Porta,  Don  Perseo  della,  italienischer  Tonkünstler  des  17.  Jahrhun- 
derts, war  Kirchenkapellmeister.  Dr.  Basevi  besitzt  das  Manuscript  einer  theore- 
tischen Arbeit  von  ihm  -oArianna  musicalea,  mit  dem  Datum  Neapel   1696. 

Portogallo,  Marco  Antonio  (VIII,  149),  wurde  in  Lissabon  am  24.  März 
1762  geboren  und  starb  daselbst  am  7.  Februar  1880.  Zu  seinen  Opern  ge- 
hören noch  yiMeropea  (Lissabon,  1804);  y>Cinna<i  (Florenz,  1807);  »Tz7o  Vespa- 
sianot  (Livorno,   1807). 

Potholt,  Jacob,  Organist  und  Carillonneur,  ist  wahrscheinlich  identisch 
mit  dem,  im  Hauptwerk  (VIII,  154)  Potthof  genannten  Organisten.  Gr.  Nieu- 
wenhuijsen  in  Utrecht  besitzt:  y>IIarmonisation  des  Psaumes  pour  piano  ou  orgue 
par  Jacques   Fotholt,   i777«, 

Polier,  Henri  Hippolyte  (VIII,  153),  starb  in  Paris  am  8.  Oct.  1878. 

Pongin,  Frangois  Auguste  Arthur,  Paroisse  -  Pougin,  bekannt 
unter  dem  Namen  Arthur  P.,  französischer  Historiker  und  Kritiker,  ist  zu 
Chateauroux  am  6.  August  1834  geboren.  Seine  Eltern  gehörten  zu  einer 
Schauspielergesellschaft,  die  in  der  Provinz  bald  hier,  bald  dort  ihren  Beruf 
ausübte,  und  die  Mutter,  etwas  musikalisch,  unterrichtete  den  Sohn  vom  sieben- 
ten Jahre  an  in  der  Musik.  Ein  Jahr  später  erhielt  er  auch  Unterricht  auf 
der  Violine,  auf  welchem  Instrumente  er  schnelle  Fortschritte  machte,  obgleich 
er  stets  mit  dem  Wohnorte  seiner  Eltern  auch  den  Lehrer  zu  wechseln  ge- 
nöthigt  war.  1846  nahmen  die  Eltern  in  Paris  Wohnsitz  und  P.  trat  ins 
Conservatorium,  musste  aber  vom  dreizehnten  Jahre  an  zugleich  für  seine 
Existenz  mit  sorgen.  Er  gehörte  nacheinander  den  Orchestern  Cirque  national, 
Vaudeville  und  Grymnase  als  Soloviolinist  an,  und  betrieb  nebenher  eifrig  Studien 
im  Contrapunkt  bei  Alb.  Lhote,  in  der  Harmonielehre  bei  Reber  und  im  Violin- 
spiel bei  Berou.  1855  übernahm  er  ein  Engagement  als  Orchesterdirektor  am 
kleinen  Theater  Beaumarchais,  trat  jedoch  bald  darauf  ins  Orchester  Musard 
fils  als  erster  Violinist  und  brachte  hier  drei  von  ihm  componirte  Fantasien 
für  Violine  mit  Orchesterbegleitung  zu  Gehör.  Drei  Jahre  später  übernahm 
er  eine  Stelle  als  Repetitor  und  zweiter  Orchesterchef  am  Theater  Folies- 
Nouvelles.  Die  Operette  »Ferrine<i  gelang  ihm  nur  in  einem  Privatsalon 
auszuführen,  und  einige  sinfonische  Orchesterstücke  durch  Arban  im  Casino. 
Die  Schwierigkeiten  einer  Componistenlaufbahn  gewahr  werdend,  versuchte  P. 
sich  hierauf  als  musikalischer  Schriftsteller.  Die  ersten  seiner  Aufsätze  er- 
schienen 1859  in  der  Gazette  musicale  unter  dem  Titel:  y>de  VOrigine  de  la  gamme 
et  des  noms  des  sept  notes  qui  la  composenUi.      Eine    Reihe   biographischer  Auf- 


Pradher  —  Programmmusik.  363 

Sätze  über  französische  drainatischo  Musiker  folgte.  Sechs  dieser  ersten  Bio- 
graphien erschienen  unter  dem  Titel:  r>Musiciens  frangais  du  XVIII  »iecleu, 
und  auch  einzeln  (Paris,  Chaix).  Sie  behandeln:  Campra,  (iresnich,  Dezedes, 
Floquet,  INIartini ,  Devionno.  1860  übernahm  Pougin  die  Redaction  des 
politischt'U  Journals  Opiniou  nationale,  und  trat  fast  gleichzeitig  als  erster 
Violinist  in  das  Orchester  der  Opera  comique  ein.  Das  Letztere  hauptsäch- 
lich, um  sich  praktisch  mit  Stil  und  Art  der  französischen  Comi)onisten  ein- 
gehend bekannt  zu  nuichen.  Denn  die  französische  Musik  war  und  blieb  fast 
das  ausschliessliche  Gebiet,  welchem  P.  seine  Thätigkeit  als  Historiker  und 
Kritiker  widmete.  Er  veröffentlichte  nun  nach  einander  mehrere  Studien  über 
die  Componisten  der  lyrischen  französischen  Oper:  Rameau,  Boieldieu,  Ad.  Adam, 
Alb.  Grisar  u.  a.  Eine  kleine  komische  0])er  mit  Chören,  zu  der  er  Worte 
und  Musik  schrieb,  kam  nicht  zur  Aufführung.  1865  gab  er  seine  Thätigkeit 
als  Musiklehrer  und  als  ausübender  Musiker  ganz  auf  und  widmete  sich  von 
hier  an  ausschliesslich  literarischen  Arbeiten.  Er  veröffentlichte  in  Kunstblättern: 
»La  France  niusicale«,  »le  Menestrel«,  »l'Art  musical«,  »Le  Theätre«,  eine  grosse 
Reihe  von  Aufsätzen  über  Musiker  der  Gegenwart,  die  in  Büchern  und  Broschüren 
nächstdem  im  Separatabdruck  erschienen:  Wallace,  HaK-vy  als  Schriftsteller, 
Meyerbeer,  Rossini,  Bellini,  Leon  Kreutzer  u.  a.  In  dem  Journal  »Le  Soir«, 
für  welches  1871  P.  das  musikalische  Feuilleton  übernahm,  brachte  er  eine 
Reihe  von  Aufsätzen  zur  Würdigung  der  französischen  Tonkünstler  der  Jetzt- 
zeit. Es  gehören  dazu:  Massenet,  Georg  Bizet ,  Leo  Delibes,  Emile  Pessard, 
Ernest  Guiraud,  Theodore  Dubois,  Charles  Lenepreu,  Ed.  Lalo,  Ch.  Lecocq 
u.  a.  In  der  Chronique  Musical  erschien  ein  historischer  Aufsatz  über  Andre 
Philidor.  Hervorzuheben  ist  eine  andere  historische  Schrift  »Les  vrais  Createurs 
de  V Opera  fran^aisa,  in  welcher  P.  zur  Evidenz  nachweist,  dass  der  Titel 
»Schöpfer  der  französischen  Oper«,  den  Lully  und  Quinault  seit  zwei  Jahr- 
hunderten besessen,  für  Cambert  und  den  Abbe  Perrin  reklamirt  werden  muss. 
Ferner  y>Almanac7i  illustre  clironolorjique,  Jiistorigue,  critique  et  anecdotique  de  la 
Mtisique  par  un  Musicien<i  (Paris,  Ikelmer,  1866,  1867,  1868,  3  Vol.,  die  beiden 
letzten  Bände  je  mit  einem  Supplementband),  Neben  diesen  verdienstlichen 
"Werken  nimmt  der  Nachtrag  zu  Fetis  »Biogr.  univ.  des  Musiciensa,  den  P. 
redigirte,  einen  Hauptplatz  ein.  Er  liegt  in  zwei  Bänden  n Supplement  et  Com- 
plement,  publies  sous  la  Direction  de  M.  Arthur  Pouf/ina  (Paris,  Firmin-Didot 
et  Comp.)  fertig  vor.  In  dem  Artikel  Pougin  sind  die  sämmtlichen  "Werke  des 
hochverdienten  Verfassers  in  chronologischer  Ordnung  angeführt.  Er  ist  Secre- 
tär  der  »Societe  des  compositeurs  de  musique«,  des  »Comite  de  l'Association 
des  artistes  musiciens«,  des  »Institut  orpheonique  fran^ais«  und  des  »Comite 
des  etudes  de  lEcole  de  musique  religieuse«. 

Prudlier,  Felicite  More,  Gattin  des  Componisten  P.  (VIII,  155),  starb 
in   Gray  (Haute-Saone)  am   12.  November   1876. 

Praetorins,  Christoph,  in  Schlesien  geboren,  war  vom  Jahre  1562  bis 
zu  seinem  Tode  1582  Cantor  an  St.  Johannis  »und  der  Musikverordneter  zu 
Lüneburgk«.  Dem  Lüneburger  Conrector  Lucas  Lossius  (s.  d.)  war  er  bei  der 
Ausgabe  von  dessen  »JSrotemata  ATusicae  practicaen  insofern  behülflich,  als  er 
sie  (1570)  mit  einigen  Veränderungen  und  Zusätzen  zum  Druck  beförderte, 
die  Ausgabe  von  1597  besorgte  er  allein.  Die  königl.  Bibliothek  zu  Berlin 
besitzt  von  ihm  zwei  Theile:  Fröliche  und  liebliche  Ehrenlieder,  von  züchtiger 
Lieb,  und  ehelicher  trew ,  auff  eine  sondere  Art  zu  singen,  mit  vier  Stimmen. 
Wittenberg,  Matthes  Welack,  1581,  in  dem  Vorwort  dazu  sagt  er:  dass  er  viel 
geistliche  Kirchengesänge  und  lateinische  und  deutsche  Ehrenlieder  gemacht  habe. 

Prodi,  Heinrich   (VIII,  169),  starb  in   Wien   am    18.   December   1878. 

Pro^Taiiinimiisik  (VIII,  170).  Die  Programmmusik  geht  von  der,  durch- 
aus falschen  Anschauung  aus,  dass  die  Musik  eine  Sprache  ist.  Beide  sind 
Offenbarungsweisen  der  geheimsten  Vorgänge  im  Geistesleben  des  Menschen, 
und  beiden  dient  der   Ton    als   Ausdrucksmittel,   aber  die  besondere  Weise,    in 


364  Programmmusik. 

welcher  jede  diesen  dann  verwerthet,  ist  so  verschieden,  dass  jede  zu  durchaus 
anderen  Resultaten  gelangt.  Nur  in  den  Naturlauten,  den  Vocalen,  verwerthet 
die  Sprache  noch  die  unmittelbar  wirkende  Macht  des  Tons;  die  Consonanten 
sind  bereits  Hemmuugsformen  desselben.  Indem  ihn  der  menschliche  Geist  zu 
Sprachlauten  verdichtet  und  begrenzt,  erfolgt  die  Bildung  der  Yocale  und  Con- 
sonanten und  aus  der  Verbindung  derselben  zu  Silben  und  Wörtern  erwächst 
ihm  das  eine  Ofienbarungsmittel  für  sein  inneres  Leben.  Dies  kommt  dabei  selbst- 
verständlich nicht  in  seiner  unmittelbaren  Wesenheit  zum  Ausdruck,  sondern  an 
eine  Reihe  von  Begriffen  veräussert,  die  zunächst  vom  Verstände  geschaffen  und 
auch  nur  von  diesem  zuerst  aufgefasst  werden.  In  der  Sprache  tritt  der  Geist 
gewissermassen  aus  sich  heraus,  in  die  äussere  Begriflfswelt;  der  die  Sprache 
durchklingende  und  als  Accent  ordnende  Sprachton  nur  verleiht  ihr  noch  un- 
mittelbare Wirkung  auf  die  Empfindung.  Um  zu  dem  ganzen  Empfindungs- 
gehalt zu  gelangen,  muss  der  Verstand  das  Begriffliche  der  Sprache  erst  wieder 
auflösen,  er  muss  dies  zurückführen  auf  die  erzeugenden  Bilder  der  Phantasie 
und  die  Gefühlsregungen. 

In  ganz  anderer   Weise  wird  der  Ton  bei    der  Blusik  verwendet,    hier  be- 
hält er  seine  ursprüngliche,  sinnlich  wirkende  Macht,    und  das  Hauj)tbestreben 
des  künstlerischen  Schafifenstriebes  geht  sogar  dahin,  nur  diese  zu  erhöhen  und 
zu  veredeln.     Zum  Offenbarungsmittel  wird  er  aber  in  ganz  anderer  Weise  als 
wie   bei   der    Sprache.      Schon    seine    rein    sinnliche  Wirkung   kann    unter    Um- 
ständen zu  einer  Kvindgebung   werden ,    indem    sie    im    Hörer    dieselbe    Emi^fin- 
dung    erweckt,    durch   welche  sie    veranlasst  ist.     Ein  einziger,   lang  gehaltener 
klagender    Ton,    kann    in    uns    das    Schmerzensgefühl    erwecken,    das    in    ihm 
ausklingt;  ebenso  wii-kt  ein  einziger  freudiger  Trompetenstoss  selbst  auf  Massen 
belebend  und  anregend  und  die  Wirkung  der  einfachsten  Naturtöne,  des  Glocken- 
tons   und   dergl.   ist   hinlänglich    bekannt   und   gewürdigt.      Es    liegt  im   Wesen 
des  Menschen  begründet,  dass  er,    um  sich  dieser  Wirkungen  ganz  bewusst  zu 
werden,    sie   wiederum    in   Begriffe    umsetzt,    aber    sie  selber  sind  durchaus  be- 
griffslos,   gewissermassen    wesenlos    unmittelbar.      Diese    Wirkung    ist    natürlich 
noch  keine  künstlerische,   sondern  eine  rein  materielle;    zu  einer  künstlerischen 
wird   sie    erst   dadurch,    dass    die    einzelnen  Töne   unter  einander  in  Beziehung 
gebracht   und   dem    entsprechend   verwendet  werden.     Erst  jetzt,   in  der  beson- 
deren Weise,  in  welcher  der  schaffende  Künstler  diese  unterschiedene  Wirkung 
der  Tone   sich    dienstbar   zu    machen  weiss,    ofi"enbart   sich   uns    der   Inhalt,    in 
der  Erkenntniss  seiner  besondern  Absichten.     Das  Verhältniss  aber,  in  welches 
die  Töne  jetzt   zu   einander   gebracht   werden,   ist   durchaus    nicht   ein  Begriff- 
liches wie  bei   der  Sprache,    sondern  es  ist  ein  gewissermassen  Räumliches  wie 
bei    der   Architektonik;    deshalb    ist   die    Tonkunst   nicht   als    Sprache,    sondern 
immer  nur  als  Kunst  zu  betrachten.      Tritt  doch  selbst  die   Sj^rache  erst  dann 
in  die  Reihe   der   Künste,   wenn    die    einzelnen  Worte  in  ein  ähnliches,   räum- 
lich  und  zeitlich    abgemessenes  Verhältniss    zu    einander   gebracht   werden,    wie 
die  Töne  im  musikalischen  Kunstwerk.      Nicht    durch    den   begrifflichen    Inhalt 
wird  die  sprachliche  Darstellung  zu  einer  künstlerischen,  sondern  zunächst  nur 
durch    die   Form.      Jeder  Inhalt   ist   in    durchaus    referirender  Weise  zu  often- 
baren,  die  nicht  den  leisesten  Anstrich  künstlerischer  Formgestaltung  hat.     Eine 
solche  gewinnt  diese  Darstellung  nur,  wenn  die  Wörter  auch  äusserlich  in  be- 
stimmt  abgewogenen  Verhältnisse    zu    einander   treten,    so    dass  sie  eine  inner- 
lich und  äusserlich  symmetrisch  abgeschlossene  Form  bilden.     Dann  aber  wirkt 
nicht  mehr  das  Begriffliche  der  Sprache,    sondern  vielmehr  in  erhöhtem  Maase 
das    Künstlerische     der    Form;     die     sprachliche    Darstellung    gewinnt     künst- 
lerische Bedeutung   und    die  Dichtung   wird  wirklich  zur  Kunst.     Es  erscheint 
demnach  ganz  verkehrt,  die  Musik  als  eine  Sprache  zu  betrachten,  mit  der  sie 
im  Grunde  nichts  weiter  gemein  hat,  als  das  ursprünglichste  Material,  das  aber 
in    der    Tonkunst,   wie    oben    angedeutet    ist,    ganz    andere    Verwendung    findet. 
Begrifflich  verständlich  kann  dem  entsprechend  die  Musik  deshalb  niemals  werden, 


Programmmusik.  365 

man  darf  sie  darum  nach  nicht  als  Sprache  betrachteu,  sondern  nur  als  Kunst, 
die  einzig  im  {igürliclun  Sinne  zu  uns  spricht,  wie  alle  andern  Künste.  Wir 
verstehen  sie  nur.  indem  wir  die  besondere  Absicht  des  Künstlers  uua  der  be- 
sondern AVeise  erkennen  lernen,  in  welcher  er  die  einzelnen  Darstellungsmittel 
verwendete.  Dem  entsprechend  wurden  schon  die  Tonsysteme  in  den  frühesten 
Zeiten  geordnet.  Dem  beschränkteren  (lefühlskreis  der  vorchristlichen  Zeiten 
genügten  die  eng  begrenzten  Systeme  von  wenigen  Tönen.  Der  Gefühlsreich- 
thum,  den  das  Christenthum  im  Innern  des  Menschengeistes  erschloss,  erwei- 
terte nicht  nur  die  Tonleiter,  sondern  auch  das  System  der  Tonleitern,  dem 
nunmehr  die  Achttonreihe  zu  Grunde  gelegt  wurde.  Die  verschiedene  Führung 
derselben,  ob  authentisch  (von  Octave  zu  Octave)  oder  plagalisch  (von  (^uint 
zu  t^uint)  wurde,  als  charakteristisches  Hülfsmittel  des  Ausdrucks  erkannt,  eben 
so  wie  die  besondere  Natur  der  Intervalle  und  ihre  Verhältnisse  zu  einander, 
und  genau  nach  diesen  Gesichtspunkten  wurde  auch  das,  sich  in  grossem  Ton- 
reichthum  allmälig  ergebende  Material  weiter  geordnet.  Mit  der  wachsenden 
Ausbreitung  der  Klänge  wurden  auch  diese  in  demselben  Sinne  geschieden  und 
verwendet  und  wurde  der  Khj-thmus  eingefügt.  Auf  diesem  Weg  aber  erwuchsen 
die  einzelneu  Musikformen  mit  ihrem  ganz  bestimmten  Inhalt.  Die  äussern 
Bewegungen  erzeugten  den  ^Max'sch  und  die  verschiedenen  Tänze,  an  deren  be- 
sonderer 3Iusikgestaltung  dann  auch  die  besondern  Stimmungen  und  Empfin- 
dungen, welche  in  der  äussern  Bewegung  nur  ganz  allgemein  gefasst  in  die 
Erscheinung  treten,  präciser  und  auch  in  ihren  Einzelheiten  zerlegt,  zum  Aus- 
druck kommen.  Die  IjTische  Empfindung  schafi't  sich  das  Lied,  und  zwar  für 
die  nur  rein  menschliche,  das  weltliche,  und  für  die,  aus  dem  Yerhältniss  zur 
Gottheit  sich  ergebende  religiöse,  das  Kii'chenlied,  den  Choral.  So  erstehen  im 
weitern  Aufbau  die  breitern  Formen  der  Arie,  des  Hymnus,  der  Motette  und 
die  andern  vocalen  und  die  instrumentalen  Formen  und  die  aus  vocaleu  und 
instrumentalen  zusammengesetzten  der  Cantate,  des  Oratoriums  und  der  Oper. 
In  der  besonderu  Ausstattung  und  Ausgestaltung  dieser  Formen  durch  den 
schaß'enden  Künstler  kommt  dann  der  individuelle  Inhalt,  den  dieser  ofienbaren 
will,  zur  Erscheinung,  aber  nicht  so,  dass  er  in  Begriffe  zu  fassen  ist.  Das 
macht  diesen  Inhalt  eben  zu  einem  musikalischen,  dass  er  nicht  begrifflich,  in 
einem  Programm  darzulegen  ist,  dass  er  nur  in  Tönen  Ausdruck  gewinnen 
kann.  Alles,  was  der  Künstler  innerlich  angeschaut  und  fühlt,  was  er  erlebt 
und  was  ihn  bewegt  und  erfüllt,  das  kann  er  in  Musik  nur  ausdrücken,  indem 
er  es  in  Tönen  gestaltet;  und  wenn  er  des  Worts  dazu  bedarf,  um  es  be- 
stimmter und  unzweifelhafter  deutlich  zu  machen,  nimmt  er  es  mit  hinzu, 
aber  nicht  getrennt  vom  Kunstwerk,  als  Programm,  sondern  innig  verbunden 
mit  ihm  als  Gesang.  Dann  nimmt  er  die  menschliche  Stimme  zu  Hülfe,  der 
auch  das  AVort  als  Ausdrucksmittel  zu  Gebote  steht.  Aber  auch  damit  wird 
die  Stellung  der  Musik  nicht  verrückt,  das  AVort  tritt  nur  hinzu,  als  neues 
Hülfsmittel,  den  Ausdruck  bis  zur  unzweifelhaften  Deutlichkeit  zu  steigern.  Es 
sind  eben  nur  von  der  Musik  ausgeführte  Malereien  äusserer  Dinge,  die  sich 
allenfalls  in  AVorte  fassen  lassen;  man  muss  den  Paukenwirbel  als  Donner  gelten 
lassen ;  unter  Umständen  unterliegt  er  ja  auch  noch  andern  Deutungen  nicht  weniger 
berechtigten:  das  Geigentremolo  soll  nicht  nur  das  Zitteru  innerer  Angst  oder 
wol  aufregender  Freude,  sondern  unter  Umständen  auch  das  Säuseln  des  Laubes, 
Rauschen  des  AVassers  oder  auch  Geistergeflüster  malen:  für  Schlachtengetöse 
und  Sturmgebi'ause  haben  unsre  Programnimusiker  in  der  Kegel  die  ganz  gleichen 
Mittel  wie  für  irgend  einen  Hüllenspuk,  und  es  gehört  in  den  meisten  Fällen 
ein  gut  Theil  Gutmüthigkeit  des  Hörers  dazu,  um  das  alles  als  wahr  hinzu- 
nehmen. Derartige  Schilderungen  haben  ihre  Berechtigung,  wenn  sie  der  Phan- 
tasie zu  Hülfe  kommen  und  wenn  sie  dem  A'erstando  die  nöthige  Anregung 
geben,  die  Intentionen  des  Componisten  in  ausgedehnterem  Maasse  erkennen 
zu  lernen.  Aber  auch  dann  lässt  sich  ihre  AVirkun"  nur  iranz  im  Allcremeiuen 
in  AVorten  ausdrücken,  nimmermehr  in  einem  ausführlichen  Programm.    In  der 


366  Proksch  —  Prumier. 

unmittelbar  auf  Phautasie  und  Herz  wirkenden  erschöpfenden  Treue,  mit  welcher 
die  Musik  alles  das  entschleiert,  was  nicht  im  Begrifflichen  der  Sprache  dar- 
gelegt werden  kann,    beruht  ihre  Hauptbedeutung  und  zugleich  ihr  Hauptreiz. 

Proksch,  Josef,  geboren  am  4.  Aug.  1794  zu  Eeichenberg  in  Böhmen,  war 
seit  1811  vollständig  erblindet,  trotzdem  wurde  er  zu  einem  bedeutenden  Musiker 
ausgebildet  und  errichtete  in  Prag  eine  Musikschule,  aus  welcher  eine  Reihe 
bedeutender  Tonkünstler  hervorgingen.  Auch  veröffentlichte  er  eine  Schule 
der  Technik  des  Pianofortespiels,  die  als  sehr  brauchbar  bezeichnet  wird.  Er 
starb  in  Prag  am  20.  December  1864.  Zehn  Jahre  nach  seinem  Tode  er- 
schien: Joseph  Proksch,  biographisches  Denkmal  aus  dessen  Nachlasspapieren 
errichtet  (Prag,  Rudolf,  1874). 

Prota,  Gabrieli  (VIII,  175),  wurde  in  Neapel  1754  geboren  und  starb 
daselbst  am  22.  Juni   1843. 

Prout,  Ebenezer,  englischer  Componist  und  Schriftsteller,  ist  zu  Oundle 
in  der  Grafschaft  Northampton  1835  geboren  und  erhielt  trotz  ausgesprochener 
Neigung  zur  Musik  eine  wissenschaftliche  Erziehung.  Nachdem  er  die  Univer- 
sität in  London  besucht  und  mehrere  Jahre  an  Schulen  als  Lehrer  thätig  ge- 
wesen war,  verliess  er  die  Carriere,  um  Musiker  zu  werden.  1862  und  1865 
erhielt  er  zuerst  für  ein  Streichquartett  Op.  1 ,  und  dann  für  ein  Quartett 
mit  Ciavier  Op.  2,  von  einer  damals  in  London  bestehenden  Tonkünstlergesell- 
schaft einen  Preis.  Dies  lenkte  zuerst  die  Aufmerksamkeit  auf  seinen  Namen. 
Er  schrieb  seitdem  ein  Orgelconcert  mit  Orchester  Op.  5,  zwei  Sinfonien  und 
Vocal-  und  Instrumentalwerke,  die  freundliche  Aufnahme  fanden.  Als  Schrift- 
steller machte  er  sich  in  noch  weiteren  Kreisen  bekannt.  Er  gab  das  Journal 
»Monthly  Musical  Record«  heraus,  das  er  bis  1874  leitete;  von  da  an  über- 
nahm er  die  musikalischen  Kritiken  im  Journal  »the  Academyct,  auch  gehört  er 
zu  den  Mitarbeitern  des  y>Dictionary  of  music  and  musiciansu. ,  herausgegeben 
von  Georg  Grove.  In  seinen  Schriften  ist  P.  ein  Yertheidiger  der  Principien 
Richard  Wagners,  denen  er  jedoch,  zum  Befremden  seiner  kritischen  Landsleute, 
auf  sich  selber  keinerlei  Einfluss  gestattet.  Er  folgt  als  Componist  der  classi- 
schen  Richtung,  und  ein  Vorzug  seiner  Compositionen  ist  die  Reinheit  der 
Form.  P.  ist  gewandter  Orchesterdirigent  und  angesehener  Lehrer  der  Com- 
position  und  des  Clavierspiels. 

Prnckner,  Dionys,  einer  der  hervorragendsten  Pianisten  und  Schüler 
Liszt's,  wurde  den  12.  Mai  1834  in  München  geboren.  Den  ersten  Unterricht 
erhielt  er  von  dem  sehr  tüchtigen  Lehrer  Friedrich  Niest  in  München,  woselbst 
P.  schon  in  seinem  zwölften  Lebensjahre  in  öffentlichen  Concerten  als  Solist 
auftrat.  Im  Jahre  1851  spielte  er  in  einem  Gewandhausconcerte,  in  Folge 
dessen  ihn  Liszt  nach  "Weimar  einlud  und  als  Schüler  aufnahm.  Daselbst  ver- 
weilte er  bis  1855,  ging  dann  einige  Jahre  nach  Wien  und  auf  Concertreisen, 
bis  er  1859  dem  Rufe  als  Professor  in  das  Stuttgarter  Conservatorium  Folge 
leistete.  1864  auch  zum  königl.  Hofpianisten  ernannt,  widmet  er  sich  mit  be- 
sondrem Eifer  dem  Lehrfache  und  im  Verein  mit  E.  Singer  der  Pflege  der 
Kammermusik,  durch  welche  sich  beide  Herren  grosse  Verdienste  um  das  Stutt- 
garter musikalische  Leben  erworben  haben.  1871 — 1872  war  einer  Kunstreise 
nach  Amerika  gewidmet.  P.  ist,  was  seine  sichere  Technik  und  edlen  Vortrag 
anbelangt,  unbedingt  einer  unserer  besten  Pianisten. 

Prnmier,  Antoine  (VIII,  178),  starb  in  Paris  plötzlich  während  einer 
Sitzung  des  Lehrercollegiums  am  20.  Januar  1868. 

Prumier,  Ange  Conrad,  Sohn  des  Ant.  P.  und  dessen  Schüler  am 
Conservatorium,  ebenfalls  ein  ausgezeichneter  Harfenspieler,  erwarb  mehrmals 
Preise,  und  gehörte  als  Harfenist  erst  der  Opera  comique,  später  der  Grossen 
Oper  an.  Seit  1870  übernahm  er  die  Stelle  Labarres  als  Lehrer  des  Harfen- 
spiels am  Conservatorium.  Er  veröfCentlichte  Compositionen  für  die  Harfe, 
darunter  rtEtudes  speciales  pour  la  harpev-  (Paris,  Brandus);  ferner  einzelne 
Stücke  für  Harfe  und  Hörn  und  mehrere  Gesangswerke. 


Puccini  —  Puig.  367 

l'uccini,  Giacomo,  italienischer  Organist  und  Kirchencomponist,  ist  in 
Lucca  1712  geboren,  studirte  Musik  in  Bologna,  und  crliiilt,  1730  zurückge- 
kehrt in  seine  Vaterstadt,  den  Titel  Kapellmeister  der  Kepuljlik  Lucca.  Er 
starb  1781.  Zu  den  Compositionen ,  die  in  der  Familie  aufl)ewahrt  werden, 
gehören:  ein  Doniine  für  vier  Stimmen;  ein  Te  Deum  für  vier  Stimmen;  ein- 
unddreissig  Messen   für  das  Fest   der  heil.  Cäcilie,  aufgeführt  von   1733 — 17H0. 

Puccini,  Antonio,  Sohn  des  Vorigen,  ist  in  Lucca  1747  geboren,  und 
studirte,  wie  sein  Vater,  in  Bologna  unter  Caretti.  1781  folgte  er  in  Lucca 
seinem  Vater  im  Amt  als  Kirchenkapellmeister.  Er  schrieb  Kirchenmusik,  von 
welcher  das  Requiem,  aufgeführt  1789,  als  Trauergottesdienst  für  Joseph  IL 
hervorgehoben  wird,  ausserdem  zahlreiche  Psalmen,  Messen,  Hymnen  und  Motetten, 
für  zwei^  drei,  vier  und  acht  Stimmen,  einunddreissig  Messen  für  das  Cäcilien- 
fest  1778 — 1830.  Er  war  IMitglicd  der  Akademie  in  Bologna  und  starb  am 
3.  Februar  1832. 

Puccini,  Domenico,  Enkel  und  Sohn  der  Vorigen,  wurde  in  Lucca  1771 
geboren,  und  vollendete,  nachdem  er  sich  schon  einige  Vorkenntnisse  erworben 
hatte,  in  Bologna  und  Neapel  seine  musikalische  Ausbildung.  Er  war  Schüler 
des  Abbe  Mattei  und  Abbe  Tesei,  und  lieferte  in  zahlreichen  religiösen  und 
weltlichen  Compositionen  Proben  seiner  Tüchtigkeit.  Ausser  Messen,  Psalmen, 
HjTnnen,  Motetten,  Vespern,  Te  Deum  für  zwei  bis  acht  Stimmen,  eine  Motette 
für  sechzehn  Stimmen  und  Doppelorchester,  dem  Papst  Pius  VII.  gewidmet, 
und  mehrere  Cantaten,  schrieb  er  Opern,  die  auch  mit  Erfolg  aufgeführt  wurden, 
wie:  T>Quinto  Fahioo ;  y>Il  Ciarlatajio«;  y>Le  Frecce  cVamorea;  nLa  Moglie  capric- 
ciosaa;  »L^Ortolanellai.  Nach  seiner  Rückkehr  nach  Lucca  trat  auch  er  in  die 
SteUe  seines  Vaters  als  Kapellmeister.  Er  starb  in  Lucca  vierundvierzig  .Jahr 
alt  am  25.   Mai   1815.     Auch  er  war  Mitglied  der  Akademie  in   Bologna. 

Puccini,  Michel,  Sohn  des  Vorigen,  wurde  in  Lucca  am  27.  December 
1813  geboren,  und  da  er  zwei  Jahr  alt,  bereits  den  Vater  verloren  hatte, 
übernahm  sein  Grossvater  die  Leitung  seiner  Erziehung,  die  schliesslich  in 
einer  musikalischen  gipfelte.  Er  besuchte,  den  Traditionen  seiner  Väter  fol- 
gend, Bologna,  wo  er  1834  unter  Pilotti  Contrapunkt  studirte  und  beschloss 
1839  seine  Studien  in  Neapel  unter  Mercadante.  Auch  er  lieferte  Kirchen- 
musik aller  Art,  und  zwei  Opern  y>Ant.  Foscarinia  und  y>Cattani,  o  la  Hivoluzione 
degli  Straccionia.  Am  meisten  geschätzt  war  er  jedoch  als  Lehrer.  1841  wurde 
er  zum  Direktor  der  Musikschule  in  Lucca  ernannt,  aus  welcher  unter  seiner 
speciellen  Leitung  sehr  gute  Musiker  hervorgingen.  Er  starb  in  Lucca  am 
23.  Januar   1864. 

Puccita,  Vincenzo  (VIII,  184),  starb  in  Mailand   am  20.  Dec.  1861. 

Pug'ui,  Cesar,  italienischer  dramatischer  Componist  der  Gegenwart,  ge- 
boren Anfang  des  18.  Jahrhunderts,  war  Schüler  des  Mailänder  Conservatoriums 
von  1815 — 1822.  Er  schrieb  eine  Anzahl  Opern,  die  mit  ungleichem  Erfolg 
aufgeführt  wurden,  während  seine  Balletmusik  weite  Verbreitung  fand.  Inner- 
halb von  dreissig  Jahren  schrieb  er  nur  Ballette  in  einer  unglaublichen  Anzahl, 
die  ausser  in  Italien,  in  Paris,  "Wien,  London  und  hauptsächlich  in  Petersburg, 
wo  er  speciell  für  diesen  Zweck  engagirt  war,  aufgeführt  wurden.  Er  hatte 
indess  auch  einige  sinfonische  Werke  und  Kirchenmusik  geschrieben.  Er 
starb  in  Petersburg   1869. 

Puig,  Bernardo  Calvo,  spanischer  Componist,  Organist  und  Sänger, 
geboren  zu  Vieh  am  22.  Februar  1819,  erhielt  von  dem  Kapellmeister  der 
Kathedrale  daselbst  den  ersten  Gesangunterricht,  wurde  in  den  Kirchenchor 
aufgenommen  und  erhielt  Orgelunterricht  vom  Organisten  Jose  Galles.  Diesem 
Lehrer  folgte  er  im  Amte  und  wurde  gleichzeitig  Direktor  des  Kirchenchors,  auf 
welche  Aemter  er  1838  wieder  verzichtete,  um  in  Barcelona  seine  Kenntnisse 
in  der  Musik  noch  zu  erweitern.  Hier  studirte  er  unter  Jose  Roses  und  Juan 
Quintana  und  erhielt  des  letzteren  Platz  als  Organist  an  der  Kirche  del  Pino. 
Nach  dem  Tode  Francisco  Andrevis  1853,  wurde  ihm  die  Stelle  dieses  vorzüg- 


368  l'uliti  —  Pyne. 

liehen  Tonkünstlers  als  Kirchenkapellmeister  übertragen.  Als  Componist  ent- 
wickelte P.  eine  aussergewöhnliche  Thütigkeit.  Die  Zahl  seiner  Compositionen 
übersteigt  fünfhundert.  Es  gehören  dazu  zwei  Oratorien:  »Die  letzte  Nacht 
Babylons«  und  »Die  Gründung  des  Ordens  der  Barmherzigkeit  in  Barcelona 
durch  die  Jungfrau  Maria«;  einundvierzig  Messen;  ein  Stabat  mater;  ein  Miserere; 
einunddreissig  Hymnen  für  jeden  Tag  des  Monat  Mai;  gegen  zweihundert  Hym- 
nen, Psalmen,  Motetten  u.  s.  w. ,  mit  Begleitung  von  Orgel  oder  Harmonium. 
Ferner  componirte  er  mehrere  Opern,  die  aber  wahrscheinlich  noch  nicht  zur 
Aufführung  gelangten. 

Piiliti,  Leto,  wurde  zu  Florenz  am  29.  Juni  1818  geboren  und  für  die 
Wissenschaften  erzogen,  während  er  aus  Liebhaberei  Musik  gründlich  studirte. 
Nachdem  er  von  grösseren  Reisen  durch  Deutschland,  Frankreich  und  England 
zui'ückgekehrt  war,  trat  er  auch  mit  einigen  Compositionen  hervor.  Sein  wissen- 
schaftlicher Beruf  nahm  ihn  aber  bald  so  gänzlich  in  Anspruch,  dass  die  musi- 
kalische Thätigkeit  aufhörte.  In  späteren  Jahren  jedoch  beschäftigte  ihn  eifrig 
die  Geschichte  der  Musik,  und  er  lieferte  auch  einige  interessante  historische 
Schriften.  In  den  Akten  des  Musikinstituts  zu  Florenz  (Bd.  VI,  VII,  IX,  XII) 
sind  mehrere  Monographien  aufgenommen,  von  denen  die  eine,  gestützt  auf  un- 
angreifbare Documenta,  die  Erfindung  des  Claviers,  durch  den  Lauteninacher 
von  Padua,  Bartolomeo  Christofori  feststellt.  Geschichte  und  Commentar  dreier 
Madrigale  von  Arcadelt  und  Tromboncino  über  Worte  von  Michelangelo 
Buonarroti  sind  der  Schrift  angehängt,  welche  bei  Gelegenheit  des  vierhundert- 
jährigen Geburtstags  des  Dichters  von  Gotti  in  Florenz  veröffentlicht  wurde. 
Mit  einer  Geschichte  der  Musik  der  Stadt  Floi-enz  beschäftigt,  starb  P.  am 
15.  November  1875. 

Purcell,  Henri  (VIII,  188),  schrieb  noch  die  Opern  >> Didoa  nnd  aAeneasa. 

Puzoue,  Gui Seppe,  italienischer  Componist  und  Orchesterdirektor,  wurde 
im  December  1821  in  Neapel  geboren.  Im  Conservatorium  San  Pietro  a  Majella, 
in  das  er  frühzeitig  eintrat,  waren  auch  Donizetti  und  Mercadante  seine  Lehrer. 
Hier  schrieb  er  eine  vierstimmige  Messe  mit  Orchester,  zwei  Ouvertüren,  eine 
Hymne  zu  einem  Empfange  Rossinis  im  Conservatorium,  einen  Trauermarsch 
und  die  Oper  in  zwei  Akten  »II  Marchese  Älhergattiv.,  welche  1839  aufgeführt 
wurde.  1844  übernahm  P.  die  Stelle  des  Concertmeisters  am  Theater  San 
Carlo  und  brachte  zwei  Opern  »II  Figlio  dello  Schiavovi  und  (1849)  »Mfrida  di 
Salerno«.  mit  Beifall  zur  Aufführung.  Dagegen  fiel  »JZ  Dottor  Sabatoa  vollständig 
durch.  P.  der  inzwischen  die  Kapellmeisterstelle  an  San  Carlo  eingenommen, 
schrieb  seitdem  nur  Kirchenmusik.  Es  sind  mehrere  Messen,  das  Oratorium 
y>le  Tre  Ore  d'affotiia«,  drei  »Tantum  ergo«,  drei  Ouvertüren  zu  nennen. 

Puzzi,  Giovanni,  ausgezeichneter  Virtuose  auf  dem  Hörn,  war  in  Parma 
in  den  letzten  Jahren  des  18.  Jahx'hunderts  geboren.  Er  entwickelte  sehr  früh 
eine  bedeutende  Geschicklichkeit  im  Hornblasen,  und  erlangte  so  bedeu- 
tende Fertigkeiten  darin,  dass  er  sich  mit  dem  grössten  Beifall  in  fast  allen 
grossen  Städten  Europas  hören  lassen  konnte.  Er  starb  in  London  am  1.  März 
1876.  Seine  Frau  war  eine  ausgezeichnete  Sängerin,  die  in  den  Bellinischen 
Opern  glänzte. 

Pyne,  Louisa,  ausgezeichnete  englische  Sängerin,  Tochter  eines  ebenfalls 
trefflichen  Sängers,  wurde  1832  geboren.  Sie  war  Schülerin  des  berühmten 
Organisten  und  Orchesterdirektors  G.  Smart  und  trat  bereits  im  elften  Jahre 
in  Concerten  öffentlich  auf.  1847  war  sie  vorübergehend  in  Paris  und  1849 
fand  in  London  ihr  Debüt  als  dramatische  Sängerin  statt.  Nach  einer  1854 
begonnenen  dreijährigen  Tournee  durch  Amerika,  wo  sie  sehr  gefeiert  wurde, 
kehrte  sie  nach  London  zurück  und  formirte  hier  in  Gemeinschaft  mit  dem 
Tenoristen  Harrison  eine,  aus  trefflichen  Künstlern  bestehende  Operngesellschaft, 
zur  Pflege  der  englischen  Nationaloper.  Diese  Vorstellungen  fanden  im  Theater 
Lyceum,  Drury  Lane  und  zuletzt  in  Covent  Garden  statt,  und  brachten  eine 
ganze  Reihe  neuer  Opern  englischer  Tonkünstler  der  Gegenwart  zur  Aufi'ührung. 


Pyrophon  —  Qusntz.  369 

1865  gaben  Miss  Pyne  und  M.  Harrison  dies  T^nternehmen  wieder  auf,  und 
die  erstere  trat  an  der  italienisclien  Oper  des  Theuter  »lier  Majeaty«  in  ein 
Engagement.  Sehr  häufig  auch  wirkte  sie  hei  jMusikfisten  in  Concerten,  und 
in  den  Soireen  der  Königin   in  Windsor  und   Buckinghiim   mit. 

rjrophon,  nennt  Friedrich  Kaslner  (s.  d.)  das  von  ihm  erfundene  Inslru- 
ment,  das  sich  auf  die  Beobachtung  der  »singenden  P'Uunmen«  stützt.  Diese 
waren  sclion  von  dem  Enghinder  Jl  iggens  im  .lahre  1777  zum  Gegenstande  der 
Untersuchung  gemacht  worden.  Chladny  (s.  d.)  führte  später  dt-n  Nachweis, 
dass  die  Höhe  des  Tons,  welchen  diese  singende  Flamme  erzeugt,  durch  die 
Länge  der  Röhre,  in  welcher  sie  brennt,  hauptsächlich  bi  dingt  ist.  Neuerdings 
beschäftigte  sich  Graf  Schafl'gotsch  in  Berlin  mit  den  singenden  Flammen  und 
1860  stellte  Sondhiius  die  Behauptung  auf,  dass  die  Hauptursache  der  Erschei- 
nung in  den  Oscillationen  der,  im  Ausflussrohre  enthaltenen  Gas.säule  li.  ge. 
An  die  Erfahrung,  dass  das  Tönen  um  so  leichter  eintritt,  je  kleiner  und  breiter 
die  Flamme  ist,  knüpfte  Kastner  an.  Er  stellte  als  Resultat  seiner  Untersuchung 
fest,  dass  die  Röhren  am  stärksten  tönen,  wenn  die  singenden  Flammen  im 
untern  Drittheil  ihrer  Länge  entstehen,  dass  der  Ton  am  präzisesten  erzeugt  wird, 
wenn  man  die  Flamme  in  zwei  oder  mehrere  kleine  Flämmchen  theilt,  welche 
unisono  vibriren,  während  das  Tönen  sofort  aufhört,  wenn  diese  Flämmchen 
sich  in  eine  Flamme  vereinigen.  Er  stellte  ferner  fest,  dass  die  Weite  dir 
Röhren  mit  der  Anzahl  der  Flammen  in  einem  gewissen  Verhältniss  stehen 
muss  und  dass  ebenso  die  Form  des  Gasbrenners  von  Einfluss  ist.  Auf  diese 
Erfahrungen  gestützt,  construirte  er  das  Pyrophon,  ein  Instrument,  das  äusser- 
lich  einer  Orgel  ähnlich  sieht.  Es  ist  mit  einer  Claviatur  wie  diese  versi  hen, 
hat  aber  anstatt  der  Pfeifen  Tonröhren  von  verschiedener  Länge.  D.r  Ton 
aber  wird  in  dieser  durch  Gasflammen  (Leuchtgas)  erzeuyt.  Zur  Regulirung 
der  Tonhöhe,  um  auch  bei  verändertem  Gasdruck  Unreinheiten  auszubleichen, 
sind  am  obern  Ende  der  Röhren  sogenannte  Läufer  aus  Pappe  angefertigt, 
kurze  bewegliche  Cylinder,  deren  Verschiebung  eine  geringe  Veränderung  der 
Länge  der  Röhren  herbei  führt.  In  jeder  dieser  Röhren  brennen  in  geeigneter 
Höhe  5,  6  bis  8  Gasflammen,  von  genau  bestimmten  Dimensionen.  Die  Brenner 
derselben  sind  beweglich  und  stehen  durch  den  entsprechenden  Meclumismus 
mit  der  Claviatur  in  Verbindung,  so  zwar,  dass  ein  leichter  Druck  auf  eine 
der  Tasten,  die  Brenner  der  zugehörigen  Röhre  rasch  auseinander  fahrt.  Wenn 
also  die  Taste  niedergedrückt  wird,  theilt  sich  die  vereinte  Flamme  in  mehrere 
Flämmchen  und  diese  erzeugen  den  Ton,  der  so  lange  andauern  muss,  als  die 
Taste  niedergedrückt  bleibt;  lässt  der  Finger  die  Taste  frei,  so  tret«  n  die 
Brenner  wieder  sofort  zusammen  und  der  Ton  verstummt.  Die  Röhren  sind 
nach  dem  temperirten  System  chromatisch  abgestimmt.  Das  Instrument  urafasst 
3  Octaven  und  giebt  die  Töne  einer  Orgel  mit  16,  8  und  4  füss  gen  Pf  ifen; 
ihr  Charakter  ist  weich  wie  die  gedeckten  Orgelregister.  Sie  habt  n  vi  1  Aehn- 
licbkeit  mit  dem  Klang  eines  gestopften  Horns  oder  eines  Fagotts.  Die  Tech- 
nik des  Instruments  ist  natürlich  beschränkt.  Mit  der  jetzigen  Mechanik  sind 
schnelle  Passagen  nicht  gut  auszuführen.  Doch  sind  schtm  bedeutende  Ver- 
besserungen angebracht  worden,  welche  die  Spielart  des  Instruments  erl.  ichteru; 
aber  getragene  Stellen  glücken  immer  noch  am   besten  bei  der  Ausführung. 


Q 


Qnaisnin,  Adrien  (VIII,  192).  schrieb  auch  sechs  komische  Opern,  unter 
denen   »Zo  Musicomanica  von   Pixerecourt  die   meisten   Erfolge  hatte. 

Qnantz,  Johann  Joachim  (VIII,  l'.)3).  Zwei  UrgrossnetVen  von  ihm 
sind,  obgleich  andern  Berufszweigen  angehörig,  auch  auf  musikalischem  Gebiet 
noch  thätig.     Der  ältere: 

Musikal.  CooTers.-Leiikoa    Ergänzun^band.  -4 


370 


Quantz  —  Quartetttisch. 


Quautz,  Albert,  1837  geboren,  hat  in  verschiedenen  Zeitschriften  werth- 
volle  Beitrüge  historischen  Inhalts  geliefert  und  ist  auch  ein  treuer  und  ge- 
wissenhafter Mitarbeiter  des  Musik.  Convers.  Lexikons  und  des  Ergänzungs- 
bandes. Ferner  veröffentlichte  er  eine  treffliche  Arbeit  über  seinen  Urgross- 
Onkel:  Johann   Joachim  Quantz.     Sein  jüngerer  Bruder: 

Quantz,  Otto,  ist  namentlich  für  die  Neuclaviatur  energisch  mit  einge- 
treten. Er  veröffentlichte  auch  ein  Werk  darüber  unter  dem  Titel:  »Zur  Gre- 
ßchichte  der  neuen  chromatischen  Claviatur  und  Notenschrift  (Berlin,  Freund 
und  Jäckel). 

Quarenghi,  Guglielmo,  ausgezeichneter  italienischer  Violoncellist,  Com- 
ponist,  Lehrer  des  Violoncellspiels,  ist  zu  Casalmaggiore  am  22.  October  1826 
geboren.  Er  war  Schüler  des  Mailänder  Conservatoriums  von  1839 — 1842  und 
wurde  1851  als  Lehrer  an  demselben  angestellt.  Als  Solovioloncellist  gehörte 
er  dem  Theater  della  Scala  an.  Er  schrieb  für  Violoncello:  nSix  capricesd 
(Mailand,  ßiccordi);  »Capriccios,  mit  Pianofortebegleitung  (ebend.);  n Friere 
avec  pianovi  (ebend.);  y>Romanze  avec  pianof  (ebend.);  » Z7n  pensiero  al  la(/oi, 
Eomanze  mit  Ciavier;  Fantasien  über  Opernmelodien;  Quartette;  Messen.  1879 
nach  dem  Tode  Boucherons,  erhielt  er  dessen  Stelle  als  Domkapellmeister 
in  Mailand. 

Quartetttisch.  Eine  hübsche  Idee  hat  Herr  Möbeltischler  Knabl  in  Ingol- 
stadt  in   seinem    Quartetttisch   verwirklicht.      Es    ist    ein    mehr    oder    weniger 


Quartetttisch. 

elegant  ausgeführter  Tisch,  der  mit  eingelegten  Platten  versehen  ist,  die,  wenn  sie 
herausgezogen  sind,  wie  unser  Bild  zeigt,  vier  bequem  stehende  Pulte  bieten.  Selbst- 
verständlich ist  der  Tisch  auch  für  zwei  oder  drei  Spieler  verwendbar,  da  nur  so  viel 
Platten  ausgezogen  zu  werden  brauchen,  als  Spieler  vorhanden  sind.     Der  Tisch 


Quatremere  de  Quincy  —  Quointe.  371 

ist  zugleich  eine  hübsche  Zimmerziordc,  und  auch  anderweitig  zu  verwenden. 
tJnten  ist  noch  ein  Notenkasteu  angebracht. 

({uutrcniere  de  (|uiucy,  Antoine  Chrysostorae  (VIII,  2U1).  Ausser 
den  bereits  angeführten  verölVentlichten  Vorträgen,  wurden  noch  drei  andere 
von  Q.  in  der  Akiidemie  gelesene  historische  Studien  über  Boieldieu,  Catel  und 
Gossec  gedruckt.  Der  über  Boieldieu  erschien  auch  in  einem  Separata))druck 
(Paris,  1835,  in  i"),  säraratliche  Vorträge  in:  nliecueil  de  notices  historiquen 
lues  dans  les  seances  publiqucn  de  VAcademie  royale  des  Beaux-Arts,  de  rinstitut 
par   Quatmnere  de   Quinei/a   (Paris,  Adrion,  Leclerc,    1834 — 1837,   2   vol). 

({aerult,  Francesco,  spanischer  Geistlicher  und  Musiker,  geboren  gegen 
1740  in  Borjas  d'Urgel  in  Catalonien,  war  seiner  Zeit  einer  der  berühmtesten 
Contrapunktisten  und  bildete  aus  seinen  zahlreichen  Schülern  Künstler,  die 
alle  bedeutende  Stellungen  einnahmen.  Er  schrieb  viel  Kirchenmusik,  meistens 
Werke  für  zwei  und  drei  Chöre,  durch  welche  er  sich  in  seinem  Vaterlande 
einen   Namen  machte.     Er  starb  in  Barcelona  am  28.  Februar   1828. 

(^uesada,  Adolfo  de,  talentvoller  Pianist,  Schüler  von  Gottschalk  (s.  d.), 
wurde  in  der  Havanna  geboren  und  war  musikalisch  so  begabt,  dass  er  sich 
im  siebeuten  Jahre  bereits  in  einem  Concerte  hören  lassen  konnte.  Für  das 
Ciavier  schrieb  und  veröflFentlichte  er:  y>Trois  contredanses  (la  Havana,  Edelmann); 
Marche  (ebend.);  uTrois  valses  arfistiques«,  Op.  8,  10,  12  (Madrid);  t^ Polonaisen, 
Op.  3.  ebend.;  r> Marche  apotheose  ä  Gofhchalka  (für  Orchester  in  Madrid  mit  Bei- 
fall aufgeführt);   nHavane  cherie,  cotitredanse  creole«,  Op.  16  (Paris,  Heugel)  u.  s.  w. 

Quesnel,  J.,  Componist  und  französischer  Schriftsteller,  geboren  in  Saint- 
Malo  am  15.  November  1749,  starb  zu  Montreal  in  Canada  am  3.  Juli  1>!09. 
Er  war  zuerst  Seemann  und  machte  als  solcher  von  1768 — 1778  die  ausge- 
dehntesten und  weitesten  Reisen.  1779  gerieth  er  in  englische  Gefangen- 
schaft und  ging  dann,  nach  wieder  erlangter  Freiheit,  nach  Canada,  wo  er  sich 
in  Montreal  niedorliess  und  nun  Musiker  wurde.  Er  schrieb  unter  anderen 
die  dreiaktige  Oper  nColas  et  Colinette  ou  le  Bailli  dupev.,  aufgeführt  1790,  und 
die  Oper  y>Lucas  et  Cecilea,  Sinfonien,  Motetten,  Gesänge  und  Arien.  1805  gab 
er  eine  kleine  Abhandlung  heraus  y^Vart  dramatique^. 

Qoilici,  Domenico,  geboren  zu  Lucca  1759,  Schüler  von  Soffi  und  Matteo 
Frediano ,  war  fleissiger  Kirchencomponist  der  gegen  siebzig  Werke  schrieb, 
darunter  Messen,  Motetten  u.  s.  w.  Q.  war  Hofkapellmeister  in  Lucca  und 
»maestro  concertatore«  am  Theater  daselbst.  Er  errichtete,  nachdem  die  Semi- 
nare St.  Martin  und  St.  Michael  aufgehoben  worden  waren,  eine  Musikschule, 
ebenso  dirigirte  er  die  wöchentlichen  Concerte  in  Lucca,  in  welchen  er  auser- 
wählte Musik  zu   Gehör  brachte.     Er  starb  am  9.  November  1831. 

(juilici,  Biagio,  Bruder  des  Vorigen,  zu  Lucca  am  24.  August  1774  ge- 
boren, schrieb  ebenfalls  Kirchenstücke.  Hauptsächlich  beschäftigte  er  sich  mit 
Unterricht.     Er  starb  in  Lucca  am  23.  August  1861. 

Quilici,  IMaximil  iano,  Sohn  des  Vorigen,  dramatischer  Componist,  dessen 
erste  Oper  »Francisco  di  Rimiiiin,  1829  in  Lucca  aufgeführt  wurde;  drei  andere 
gelangten  in  Florenz  und  Venedig  zur  Aufführung.  Q.  ist  Direktor  des  musi- 
kalischen Lyceums  in  Lucca. 

Quointe,  Pater  Le,  Geistlicher  und  Componist,  lebte  Ende  des  17.  und 
Anfang  des  18.  Jahrhunderts.  Nur  seine  Werke,  die  in  Amsterdam  bei  Etieune 
Roger  gedruckt  wurden,  geben  noch  von  ihm  Kunde.  Es  sind:  nPieces  eii  trio 
pour  les  ßütes,  violons  et  hauthois,  composees  ä  la  maniere  italienne  et  ä  la  moniere 
fran^aisea;  »2  Messes  et  moteta  ä  3,  4  et  5  voix  et  5  instrumrntsa,  Op.  2; 
^Sonates  ä  deux  violons  premier  haute  contre,  une  hasse  dt'  viole  et  une  hasse 
continuea,  Op.  3;  r>Cantiques  spirituels  en  trois  parties  {messes,  litanies,  mofet't). 
Tantum  ergo  5  voix  et  5  instruments.  Psaumes  concertants  ä  1,  2,  3,  4  et  .>  voix 
et  4  et  5  instrumentsa ,  Op.  6;  aMotetti  a  voce  sola  e  basso  continuoa^  Op.  7; 
'Äfotrtti  a   voce  sola  contre  sfromenti«,  Op.   9. 

24* 


372  Rabaud  —  Radoux. 


R. 

Babnnd,  Hippolyte  Frangois,  ausgezeichneter  Violoncellist,  ist  am 
29.  Januar  1839  zu  Salleles  d'Aude  geboren,  war  Schüler  von  Franchomme 
am  Pariser  Conservatorium,  das  er,  durch  Preise  ausgezeichnet,  1861  verliess. 
R.  ist  Solo-Violoncellist  an  der  Oper  und  Mitglied  der  Concertgesellschaft  des 
Conservatoriums.  In  Gemeinschaft  mit  Tandou,  Desjardins  und  Lefort  ver- 
anstaltet er  ausgezeichnete  Quartett- Soireen  in  Paris.  Er  gab  eine  gute  Schule 
für  Violoncell  und  mehrere  Genrestücke  für  sein  Instrument  heraus. 

Babboni,  Giuseppe,  Flötenvirtuos  von  Ruf  in  Italien  und  Componist  für 
sein  Instrument,  ist  zu  Cremona  am  16.  Juli  1800  geboren  und  wurde  bereits 
1808  als  Schüler  im  Mailänder  Conservatorium  aufgenommen,  wo  er  im  Flöten- 
spiel ein  Schüler  Buccinellis  wurde.  1827,  nach  dem  Tode  dieses  Lehrers, 
nahm  er  dessen  Stelle  ein.  E.  verblieb  in  derselben  dreissig  Jahre  lang,  bis 
zu  seinem  Tode  am  10.  Juni  1856.  Er  war  erster  Flötist  am  Theater  la  Scala, 
was  ihn  nicht  verhindei'te,  in  den  Städten  Italiens  und  anderen  Ländern  viel- 
fach in  Concerten,  meistens  in  Gemeinschaft  mit  dem  Clarinettisten  Ernesto 
Cavallini  aufzutreten.  Seine  Compositionen  für  die  Flöte  erreichen  die  Opus- 
zahl  67.  Es  sind  Divertissements,  Fantasien  u.  dgl.  für  eine  oder  zwei  Flöten, 
die  in  Italien  zum  Theil  viel  Anklang  fanden. 

Badau,  E.,  französischer  Physiker,  veröffentlichte:  yV Acoustique  ou  les 
FTienomenes  du  sona  (Paris,  Hachette,  1867,  in  12,  mit  114  Abbildungen) 
und  y>Sur  la  base  scientißque  de  la  musique,  analyse  des  recherches  de  M.  Helm- 
holtzvi  (Paris,  1865,  in  8*^),  erschien  zuerst  im  Moniteur  scientifique  Quesneville. 

Badoux,  Jean  Toussaint,  belgischer  Musiker,  geboren  zu  Lüttich  am 
4.  September  1825,  ist  ausgezeichnet  als  Hornbläser  und  Lehrer  des  Instrumentes. 
Er  ist  als  solcher  und  als  Lehrer  des  Gesanges  am  Conservatorium  in  Lüttich 
thätig  und  zugleich  Direktor  des  berühmten  Chorvereins  »La  Legiaa  und  Kapell- 
meister am  Collegium  St.  Servals.  Von  seinen  Compositionen  sind  zu  nennen: 
Ein  grosses  Te  Deum  mit  Orchester,  wiederholt  in  Lüttich  aufgeführt;  y>Marie 
de  Brahanta,  lyrische  Episode;  »Ze  Heveil  des  Turcs»,  Cantate;  r>Cantate  patrio- 
tigne«;  y>La  Patrie  et  le  roia,  Cantate;  Chöre  und  religiöse  Gesänge,  darunter 
■n41  Melodies  religieusesa  (Liege,  Muraille);  weltliche  Gesänge,  Harmoniemusik. 
ß.  erhielt  1875  den  Leopoldorden. 

Badonx,  Jean  Theodore,  Bruder  des  Vorigen,  ausgezeichneter  belgischer 
Componist,  ist  zu  Lüttich  am  9.  November  1835  geboren.  Die  erste  musi- 
kalische Unterweisung  erhielt  er  vom  Vater  und  vom  neunten  Jahre  an  besuchte 
er  das  Conservatorium  in  seiner  Vaterstadt,  wo  er  in  kurzer  Zeit  den  ersten 
Preis  für  Solfeggitn  erhielt.  Einige  Jahre  später  wurde  er  in  die  Classe  für 
Pagott  von  Bacha  aufgenommen  und  erwarb  auch  hier  dieselbe  Auszeichnung. 
1856,  als  sein  Lehrer  starb,  betheiligte  er  sich  an  der  Concurrenz  um  die  er- 
ledigte Stelle,  und  trug  auch  hier  den  Sieg  davon.  Nachdem  er  auch  im  Ciavier- 
spiel den  ersten  Preis  erhalten  hatte,  wurde  er  in  die  Compositionsclasse  von 
Daussoigne-Mehul  aufgenommen,  dessen  Lieblingsschüler  er  wurde.  1857  bereits 
gelangte  ein  Te  Deum  in  Lüttich  zur  Aufführung,  und  1859  wurde  seine 
Schülerlaufbahn  durch  den  grossen  Eömerpreis,  um  den  er  in  Brüssel  koncurrirte, 
gekrönt  und  zwar  mit  Einstimmigkeit,  der  erste  Fall  seit  1840,  der  Gründung 
dieses  Concurses.  Bis  hierher  hatte  E.,  neben  seinen  Studien  zugleich,  für 
die  Existenz  der  Familie  auf  den  Wunsch  des  Vaters  mitsorgen  müssen,  was 
er  denn  durch  seine  Mitwirkung  bei  der  Musik  in  Kirchen,  auf  Bällen  und 
bei  Processionen  und  durch  Unterrichtgeben  erzielte.  Als  er  den  grossen 
Preis  erhalten,  ging  er  nach  Paris,  nachdem  zuvor  noch  eine  sinfonische  Dich- 
tung »Ahasver«  in  Lüttich  aufgeführt  worden  war.  Das  Werk,  unter  dem  Ein- 
fluss  der  neuen  Eichtung  entstanden,  wurde  von  der  Kritik  ziemlich  ablehnend 


Uadüux  —  liahu.  373 

behandelt,  R.  entzog  sich  den  Einflüssen  der  Richtnng  und  schlug  in  Paris 
eine  andere  ein.  Unter  Halt'-vy  studirte  er  vier  Jahre,  und  schrieb  während 
dieser  Zeit  eine  grosse  Zahl  von  öesangdtücken,  zu  deren  Verbreitung  sein 
Freund  der  Silnger  Öeraldy  mit  beitrug.  In  schneller  Folge  erschien  nunmehr 
eine  Anzahl  meist  grösserer  Compositionen:  »Z^  Fentin  de  Balthasar,  tahleau 
si/mp/ioniquea  (1861);  »Tr  Deuma ;  f>Epopee  nationale,  troisieme  ouverture  »ym- 
phoniquea;  nL'art  et  la  liberte«,  Hymne  mit  Harmonie  oder  Sinfonie  mit  Chören; 
»Xe  travaih,  Hymne  mit  Chören  (zur  Entliüllungsfeier  der  Statue  John  Cocke- 
rill),  Sinfonische  Fragmente  für  zwei  Orchester;  r>Qrande  marche  royalei  (beim 
Besuche  des  Königs  in  Lüttich  1868)  ;  »Z,e  Bearnaisu,  komische  Oper  in  drei 
Akten  (Lüttich  1868  und  Brüssel  mit  vielem  Erfolg  aufgeführt);  r>La  Coupe 
enchanteea,  komische  Oper  in  zwei  Akten  (Brüssel,  1872);  j>Orande  marche 
internationalca,  n Hymne  triotnphaled,  für  Chor  und  Orchester;  nCaina,  Oratorium, 
beim  vierten  Musikfest  in  Brüssel  unter  Direction  des  Componisten  aufgeführt: 
T>La  ßlle  de  Jephten,  Cantate  für  Soli,  Chor  und  Orchester;  T>Le  Printemps^, 
Frauenchor  und  Orchester;  Sammlungen  von  Gesungen  und  Romanzen  mit 
Ciavier,  geistliche  Gesänge  u.  s.  w.  erschienen  in  Paris,  Heu,  Liege,  Gevaert 
und  Muraille.  1872,  nach  dem  Tode  von  Etieune  Soubre,  wurde  R.  Direktor 
des  Conservatoriums  zu  Lüttich.   1877  erhielt  er  den  Leopoldsorden.   Sein  Bruder: 

Kadonx,  Jean  Joseph,  geboren  1833,  in  Lüttich  am  15.  April  1877 
gestorben,  war  Schüler  des  dortigen  Conservatoriums  und  machte  wie  sein 
Bruder  ausgezeichnete  Studien.  Er  erhielt  den  ersten  Yiolinpreis.  In  Lüttich 
war  er  Musiklebrer  der  Communalschulen  und  Dirigent  mehrerer  Vereine.  Er 
schrieb  eine  grosse  Zahl  Romanzen,  Motetten  und  Chöre  für  Männerstimmen. 
Ein  vierter  Bruder  war  Bassist  am   Theater  in  Lüttich. 

Raejntroph,  Fortuuato,  italienischer  Componist,  ist  am  6.  März  1812 
geboren.  Er  besuchte  die  königliche  Musikschule  in  Neapel,  und  schrieb  ausser 
Ciavier-  und  Gesangstücken,  die  im  Druck  erschienenen  acht  Opern ,  die  zum 
Theil  mit  Beifall  aufgeführt  wurden.  Die  erste  derselben:  i->Venf  anni  d'esillioa 
gelangte  1837  in  Neapel  zur  Aufführung.  Als  Gesanglehrer  hatte  er  einen 
gewissen  Ruf  erworben.  Er  starb  in  Neapel  am  11.  März  1878.  Sein  Bruder 
Girolamo,  geboren  1820  in  Neapel,  veröffentlichte  Ciavierstücke;  grössere 
Kirchencompositionen  die  er  aufführte  gelangten  nicht  zum  Druck. 

Rafauelli,  Luigi  (VIII,  229),  ist  in  Pistoja  (nicht  Lecco)  am  21.  März 
1752  geboren   und  starb   in   Mailand   1821. 

Rabies,  Ferdinand,  deutscher  Musiker,  Lehrer  des  Ciavierspiels  und  der 
Harmonie  und  musikalischer  Schriftsteller,  der  in  London  lebte  und  dort  am 
19.  März  1878  starb;  er  gab  heraus:  »Practical  hints  and  observations  relative 
to  the  introduction  hy  yovernment  of  sinyiny  in  j)Mic  schools. 

Rahn,  Bernardin,  französischer  Theoretiker  und  Lehrer,  ist  am  23.  Mai 
1824  zu  Chatenois  (Niederrhein)  geboren.  Als  der  fünfzehnte  Sohn  eines 
Lehrers,  der  in  der  genannten  Stadt  zugleich  den  Organistendienst  versah,  erhielt 
er  von  diesem  auch  den  ersten  Musikunterricht.  Sein  Traum  war  der  Besuch 
des  Conservatoriums  in  Paris,  der  nur  dadurch  verwirklicht  werden  konnte, 
dass  er  in  ein  Regiment  eintrat  und  sich  so  auszeichnete,  dass  er  nach  dem 
Reglement,  zum  Besuch  des  Conservatoriums  nach  Paris  geschickt  werde,  um 
sich  zum  Militärmusikdirektor  auszubilden.  Dem  entsprechend  trat  er  in  das 
3.  Linienregiment  das  in  Strassburg  stand,  und  nach  einigen  Jahren  sah  er 
sich  auch  in  Paris  am  Ziele  seiner  ^Vünsche.  Er  wurde  in  die  Compositions- 
classe  von  Bazin  aufgenommen  und  machte  fleissig  theoretische  Studien.  Sein 
angeborenes  Talent  war  ein  Lehrtalent,  und  sein  Bestreben  war  bald  haupt- 
sächlich darauf  gerichtet,  besonders  den  ausführenden  Musikern  gegenüber,  eine 
vereinfachte  und  zugleich  vervollständigte  Theorie  zu  entwerfen.  Er  stellte  eine 
neue,  sehr  leicht  anwendbare  Unterrichtsmethode  zusammen,  von  der  in  den 
von  ihm  veröffentlichten  Lehrgängen  nähere  Kenntniss  genommen  werden  kann. 
Das  Ansprechende  der  Methode  bethätigt  sich   in   ungefähr  6000  Schülern,  die 


374  ßaif  —  Rambaux. 

B,.  gebildet  und  die  zum  Theil  dieselbe  mit  verbreiten.  ß.,  der  zahlreiche 
öffentliche  Curse  eröffnete,  gründete  auch  1865  das  »Journal  de  coraposition 
musicale«,  in  welchem  er  einen  ganzen  Cursus  der  Harmonie  veröffentlichte. 
Die  veröffentlichten  Lehrgänge  sind:  »Nouvel  enseignement  musical  ou  Methode 
pratique  pour  apprendre  simultanement  la  lecture  musicale,  les  accords  et  la  com- 
position«;  y>Specimen  d'' une  grammaire  musicalea ;  y) Methode  de  piano  et  d' harmonier. ; 
die  Broschüre:  y>V Enseignement  musical  en  France  et  le  conservatoire  imperial  de 
musiquea  (Paris,  Dentu,   1864). 

Baif,  Carl,  ist  1816  in  Schütterthal  bei  Lahr  geboren,  wurde  Schüler  von 
Christoph  Schunke  in  Carlsruhe  und  bildete  sich  unter  dessen  Leitung  zu 
einem  der  grössten  AValdhornisten.  1846  wurde  er  erster  Hornist  an  der  königl. 
Kapelle  in  Haag,  1853  Musikdirektor  in  ZwoUe  in  Holland.  Er  starb  am 
25.  April  1881  in  Berlin,  wohin  er  nach  seiner  Pensionirung  gezogen  war, 
um  bei  seinem  Sohne  Orscar  die  letzten  Jahre  seines  Lebens  zu  verbringen. 
Dieser  ist  1847  in  Haag  geboren,  wurde  von  seinem  Vater  zu  einem  trefflichen 
Musiker  und  Ciavierspieler  erzogen.  In  den  Jahren  von  1867 — 1869  genoss 
er  den  Unterricht  von  Tausig  in  Berlin,  1875  wurde  er  als  Lehrer  des  Clavier- 
spiels  an  der  königl,  Hochschule  für  Musik  angestellt.  Er  zählt  zu  den  bedeu- 
tendsten unter  den  Jüngern  Clavierspielern  und  hat  auch  bereits  Proben  eines  nicht 
unbedeutenden  Compositionstalents  in  mehrei-en  veröffentlichen  Werken  gegeben. 

Baimondi,  Pietro  (VIII,  231),  über  diesen  berühmten  Componisten  wurde 
das  Schriftchen  veröffentlicht:  »Memorie  intorno  Pietro  JRaimo7idij  raccolte  e  an- 
notate  da  Filippo  Cicco7ietti<x  (Roma,   1867,  in   12"). 

Raisin,  genannt  l'aine,  Organist  in  Troyes  in  Frankreich  im  17.  Jahr- 
hundert, von  dem  der  Chevalier  de  Mouhy  in:  i^Tahlettes  dramatiquesa  die  in- 
ventiöse  Art  mittheilt,  durch  welche  er  seinen  Vermögensverhältnissen  aufhalf. 
Er  construirte  ein  Spinett  mit  drei  Ciavieren  und  reiste  mit  diesem  und  seiner 
Familie,  aus  Frau  und  vier  Kindern  bestehend,  Anfang  des  Jahres  1662  nach 
Paris,  miethete  dort  auf  der  Messe  Saint- Grermain  eine  Schaubude  und  kündigte 
an,  dass  er  etwas  vorführen  würde,  was  die  Bewunderung  der  ganzen  Welt 
erregen  müsse,  und  das  einem  Wunder  ähnlich  sähe.  Er  Hess  auf  zwei  Ciavieren 
des  betreffenden  Spinetts,  zwei  seiner  Töchter  ein  Stück  spielen;  nach  Been- 
digung desselben  erhoben  sie  die  Hände,  worauf  das  dritte  Spinett  dasselbe 
Stück  von  selber  wiederholte.  Die  Sache  machte  so  grosses  Aufsehen,  dass  R. 
zum  König  nach  Versailles  befohlen  wurde ,  wo  vor  den  Majestäten  und  dem 
versammelten  Hofe  ebenfalls,  erst  die  Schwestern  und  darauf  das  dritte  Ciavier 
von  selber  spielte.  Der  König  war  sehr  erstaunt,  befahl  aber,  ihn  von  dem 
Mechanismus  in  Kenntniss  zu  setzen.  R.  entfernte  nun  eine  Holzdecke,  worauf 
sein  jüngster  Sohn,  ein  reizender  fünfjähriger  Knabe,  hervorkam,  der  auf 
einer  inneren  Claviatur  das  Ciavier  in  Thätigkeit  gesetzt  hatte.  Dieses  Kind, 
Jean  Baptiste,  ward  später  der,  unter  dem  Namen  le  petit  Moliere  bekannte 
Schauspieler.  Ein  älterer  Sohn  des  R.,  ebenfalls  Schauspieler,  schrieb  Comödien 
und  auch  die  Musik  zu  Divertissements  und  mehreren  Stücken,  unter  anderen 
zu  »Je  vous  prens  sans  verd«.  von  La  Fontaine  (1693). 

Ramazzotto,  Domenico  (nicht  Ramazzotti  VIII,  234),  war  Geistlicher  des 
Klosters  San  Michele  in  bosco  unweit  Bologna,  wo  er  1542  geboren  wurde.  Er 
starb  im  Kloster  Santa  Maria  in  Regola  in  Imola  1594.  Gedruckt  wurden  noch 
von  ihm:  y>Psalmi  aliquot  ad  vesperas  dierum  festorum  et  solemnium  cantari  soliti, 
cum  uno  Magnißcat,  quinque  vocuma.  (Venedig,  1567);  y>Psalmi  omyies  qui  cunctis 
diebus  anni  festis  pro  tempore  reeitantur  sex  vocibus  decantandi«  (Ferrara,  1584,  in  4°). 

Rambanx,  Claude  Victor,  geschickter  französischer  Lautenmacher,  ge- 
boren zu  Darney  (Vogesen)  am  25.  Februar  1806,  erlernte  die  Lautenmacher- 
kunst  bei  Moitessier  in  Mirecourt  und  kam  ungefähr  1827  nach  Paris,  wo  er 
im  Atelier  von  Gand  pere  arbeitete  bis  er  sich  1838  selbständig  machte.  Er 
genoss  eines  guten  Rufes  als  Verfertiger  von  neuen  Instrumenten ;  für  die 
Erneuerung  und  Wiederbelebung  der  alten  werthvollen  Instrumente  galt  er  als 


Itaiidegger  —  Regel.  375 

unübertrefnich.      1857   zog  er  nach   Mirecourt,  wo  er  mehr  nur  noch  aus  Lieb- 
haberei seine  alto  Beschäftigung  fortsetzte.     Er  starb  am   15.  Juni   1871. 

Kandeirger,  Albert,  Coinponist  und  Musiklchrer,  am  13.  April  18.32  zu 
Triest  geboren,  erhielt  von  Privatlehrcrii  in  seiner  Vaterstadt  vom  vierzehnten 
Jahre  an  ^Musikunterricht  in  verschiedenen  Fächern  und  inaciite  bei  Luigi  Ricci 
einen  vierjährigen  Cursus  in  der  Composition  durch,  während  welcher  Zeit  er 
Kirchencantaten,  Kirchenmusikstücke  und  zwei  Ballette:  »Zo  Fidanzata  di 
Casft'llamarea  und  »X«  <S/jo.s'o  di  AppenzcUo<i  componirte.  Es  folgte  die  im  Verein 
mit  drei  anderen  Musikern  componirte  Upera  butl'a  »//  Lazzaronea,  in  Triest 
1852  aufgeführt.  1853  ging  »Bianca  Caiipdlo».  in  Brescia  in  Scene.  Hierauf 
reiste  E.  nach  Paris  und  dann  nach  London,  wo  er  sich  mit  warmen  Empfehlungs- 
briefen seines  früheren  Lehrers  Ricci  bei  Costa  vorstellte.  Mit  Hülfe  dieser 
einflussreichen  musikalischen  Persönlichkeit  und  seines  Talentes,  erwarb  er  in 
London  bald  eine  ausgezeichnete  Stellung.  Er  übernahm  zunächst  die  Orchester- 
direction  am  Theater  St.  James,  die  er  nach  einem  Jahre  aufgab.  1869  wurde 
er  als  Professur  des  Gesanges  an  der  Royal  Academy  of  Music  angestellt  und  in 
demselben  Jahre  bildete  er  einen  Chorgesangvertin  der  gegen  3(J0  Mitglieder  zählt. 

Kiindles,  Bessi  (Elize),  Tochter  eines  blinden  Organisten  aus  North-\\'ales, 
der  wiederum  ein  Schüler  des  blinden  Harfenvirtuosen  Parry  war,  zeigte  schon 
früh  ausserordentliche  Anlagen  für  Musik.  Sie  spielte,  als  sie  zwei  Jahr  alt 
war,  noch  ehe  sie  sprechen  konnte,  öii'entlich  ein  Musikstück  auf  dem  Ciavier. 
Der  Vater  brachte  sie  nach  London ,  wo  sie  sich  bei  Hofe  producirte.  Im 
Alter  von  sechs  Jahren  spielte  sie  Dusseksche  Sonaten.  Zwei  Jahre  später 
gab  sie  in  Hanover-squar-room  ein  Concert,  in  welchem  auch  die  Catalani  sang. 
Sie  spielte  auch  Harfe  und  Orgel,  hatte  dann  noch  Unterricht  bei  Kalkbrenner 
und  nahm  später  in  Liverpool  ihren   Wohnsitz;  hier  ging  ihre  Spur  verloren. 

Razzi,  Fra  Serafino,  italienischer  Geistlicher  und  Musiker  des  16.  Jahr- 
hunderts, geboren  in  Florenz,  von  dem  bekannt  ist:  »Libro  primo  delle  Laudi 
spirituali  da  diversi  eccell.  e  divoti  autori,  antichi  e  moderni  composte,  le  quali  si 
usano  cantare  in  Firenze  neue  chiese,  doppo  il  Vespro  o  la  compieta  a  consolatione 
e  trattenimento  de'  devoti  servi  di  Dio.  Con  la  proprio  musica  e  modo  di  cantare 
ciascuna  Laude,  come  si  e  iisato  da  r/li  antichi  et  si  usa  in  Firenze.  Haccalfe  dal 
-R.   F.  Fra  Seraßno  JRazzi,  fiorentino,    Venetia,   1563«. 

Rebbeling',  Carl  Heinrich  Louis,  geboren  zu  Einbeck  am  20.  April 
1827.  Nachdem  er  Anfangs  als  praktischer  Musiker  sich  die  Kenntniss  und 
Behandlung  fast  sämmtlicher  Orchesterinstrumente  erworben,  wandte  er  sich 
später  der  höhern  Musik  und  vorzugsweise  dem  Studium  der  Harmonie  u.  s.  w., 
sowie  dem  Claviere  und  der  Orgel  zu.  Im  Jahre  1862  wurde  er  als  Seminar- 
musiklehrer und  Organist  in  Blankenburg  a/H.  angestellt  und  erhielt  1869  die 
Stellung  als  Musikdirektor  am  herzogl.  Gymnasium  und  der  Realschule  I.  0.  in 
Brannschweig,  wozu  ihm  auch  später  die  Organistenstelle  an  der  St.  Petri- 
Kirche  daselbst  übertragen  wurde. 

Reä,  Anton,  ist  am  5.  October  1820  in  Aarhus  in  Jütland  geboren,  kam 
mit  15  Jahren  nach  Hamburg  und  genoss  hier  den  Unterricht  von  J.  Schmitt 
und  C.  Krebs.  1819  concertirte  er  in  Wien,  1841  in  Paris.  In  letzterm  Ort 
machte  er  die  Bekanntschaft  von  Chopin  und  Kalkbrenner,  1842  liess  er  sich 
in  Kopenhagen  nieder.  Er  ertheilt  erfolgreich  Unterricht  und  beschäftigt  sich 
schriftstellerisch  sowol  als  Mitarbeiter  verschiedener  Zeitschriften,  wie  auch  in 
selbstständigen  Schriften. 

Regel  (VIII,  266).  Die  Missachtung  der  Regeln  bei  der  Schöpfung  eines 
Kunstwerks  rächt  sich  ebenso  wie  die  Ueber Schätzung  derselben.  Jene 
führt  meist  zu  Ungeheuerlichkeiten,  welche  die  künstlerische  Wirkung  beein- 
trächtigen, während  das,  nur  aus  der  strengen  Befolgung  der  Regeln  hervor- 
gehende Kunstprodukt  meist  sehr  geringes  Interesse  zu  erregen  vermag.  Man 
darf  die  Regeln  nur  als  Grundsätze  betrachten,  welche  aus  der  Summe  von 
Erfahrungen  gezogen  sind,  die  in  Jahrhunderten  am  lebendigen  Kunstwerk  ge- 


376  ^^sel 

macht  wurden.  Früh  kam  man  zu  der  Erkenntuiss,  dass  gewisse  Intervalle  sowol 
gleichzeitig  wie  auch  nach  einander  gehört,  einen  beruhigenderen  Eindruck 
machen  als  andere,  die  nahezu  beängstigend  wirken.  Da  aber  jene  beruhigende 
Wirkung  als  höchste  Aufgabe  der  Kunst  erscheint,  so  kam  man  dazu,  jene 
sogenannten  consouirenden  Intervalle  und  Accorde  vorwiegend  zum  Material 
für  die  klingenden  Formen  zu  machen;  es  wurde  zur  Regel,  die  Dissonanzen 
nur  als  sparsam  einzuführende,  von  den  Consonanzen  vollständig  abhängige 
Zwischenglieder  zu  behandeln.  Die  einseitige  Befolgung  dieser  Hegel  führte 
zu  jener  unfruchtbaren  Theorie  vom  »sogenannten  reinen  Satz«,  die  nichts  als 
trockene  charakterlose  Copien  zu  Tage  fördert.  Die  Missachtung  der  durchaus 
richtigen  Regel  von  der  Bedeutung  der  Consonanzen,  führte  dagegen  zu  jenen 
unerquicklichen  Gebilden,  die  im  Grunde  nur  das  künstlerische  Gefühl  ver- 
wirren und  verletzen.  Wirklich  künstlerisch  gestaltende  Bedeutung  gewinnen 
allerdings  nur  die  Consonanzen;  aber  für  die  individuelle  Ausgestaltung  der 
so  geschaffenen  Kunstwerke  sind  die  Dissonanzen  von  nicht  geringerer  Bedeu- 
tung und  so  entsteht  nur  aus  dem  harmonischen  Zusammenwirken  von  Cou- 
sönanz  und  Dissonanz  die  künstlerisch  vollendete  Wirkung.  Es  ist  durch- 
aus nuthwendig,  dass  das  Verhältniss  zwischen  Dissonanz  und  Consonanz  fest 
bestimmt  wurde,  durch  Aufstellung  bestimmter  Regeln  über  die  Einführung 
der  Dissonanzen  und  ihre  Auflösung,  allein  es  ist  auch  ebenso  nothwendig  für 
die  besondere  Bedeutung  des  Kunstwerks,  dass  der  schaffende  Künstler  inner- 
halb dieser  Regeln  mit  der  grössten  Freiheit  sich  bewegt.  Dann  erscheint  die 
Abweichung  nicht  als  Willkür  sondern  als  Noth wendigkeit.  Dux'ch  die  Regel 
wird  der  Weg  bezeichnet,  auf  welchem  bestimmte  "Wirkungen  gewonnen  werden, 
sie  giebt  aber  damit  zugleich  auch  Anleitung  auf  ebenso  natürliche  und  gesetz- 
mässige  Weise  andere  zu  erreichen,  so  dass  durch  die  Regel  selber  die  Ab- 
weichungen gewissermaassen  bedingt  erscheinen.  Die  Erfahrung  hat  weitei'hin 
gelehrt,  dass  die  Wirkung  des  Kunstwerks  durch  die  organische  Entwickelung 
und  sinngemässe  Gliederung  der  einzelnen  Tlieile  desselben  wesentlich  erhöht 
wird,  und  so  wurden  die  Regeln  über  die  Construction  desselben  aufgestellt, 
deren  ängstliche  Beobachtung  wieder  nur  zu  den  bereits  oben  charakterisirten 
Resultaten  führt.  Ihre  blinde,  kritiklose  Anwendung  erzeugt  nur  leb-  und  farb- 
lose Gebilde  der  Abstraction;  während  ihre  Nichtbeachtung  im  besten  Falle 
nur  zu  Tableaus  zusammenhangsloser,  wenn  auch  glücklich  erfundener  Partien 
fahrt.  Selbst  bei  jenen  Formen,  die  nur  durch  die  strenge  Beobachtung  ganz 
bestimmter  Regeln  entstehen,  wie  bei  den  canonischen  und  den  verschiedenen 
Formen  der  Fuge,  behält  der  schaffende  Genius  genügende  Freiheit,  um  in  der 
besondern  Handhabung  jener  Regeln  seine  Eigenart  zu  zeigen.  Der  Canon 
wird  nur  dadurch  zum  Canon,  dass  die  Regeln  der  Nachahmung  genau  beobachtet 
werden  und  die  Fuge  nur  dadurch  zur  Fuge,  dass  die  Nachahmung  in  anderer 
Weise  als  beim  blossen  Canon  erfolgt  und  zwar  in  ganz  bestimmt  vorgeschrie- 
bener, allein  auch  hier  fordert  die  besondere  Idee  vielfache  Abweichungen 
von  den  allgemeinen  Gesetzen,  die  so  lange  gerechtfertigt  sind,  als  sie  in  der 
ursprünglichen  Bedeutung  der  Form  begründet  erscheinen  und  durch  den  neuern 
lohalt  bedingt  werden.  So  erscheint  es  durchaus  nothwendig,  dass  die  Gestal- 
tunsf  des  Kunstwerkes  im  Allgemeinen  und  die  der  einzelnen  Formen  im  Be- 
sondern  ganz  bestimmten  Regeln  unterliegt,  dass  diese  aber  auch  nicht  zum 
trockenen  Schematismus  verkörpern  dürfen,  sondern  dass  sie  dem  schaffenden 
Geist  die  Freiheit  gewähren  müssen,  aus  dem  allgemeinen  Gesetzen  die  ab- 
weichenden für  den  besondern  Fall  herzuleiten.  So  wird  die  Regel  zu  dem, 
was  sie  überhaupt  sein  soll  und  kann,  zum  Hülfsmittel  für  den  schaffenden, 
nicht  nur  nachahmenden  Menschengeist;  sie  klären  ihn  über  seine  Ziele  und 
die  Mittel  diese  zu  erreichen  noch  sicherer  auf,  als  eine  Reihe  damit  nutzlos 
gewordener  Versuche,  die  er  sonst  anzustellen  meist  gezwungen  wäre.  Das 
nur  regelrechte  Kunstwerk  kann  demnach  nicht  viel  Bedeutung  gewinnen, 
weniger  aber  noch  das  regellose,  das  im  Grunde  keins  ist.     Jenes  erfüllt  wenig- 


Regnard  —  Reiudl.  377 

steus  die  äussern  Bedinf^'ungen ;  es  kann  nur  nicht  tiefer  intereßsiren,  da  eB 
koineu  besonders  ansjjrcchenden  Inhalt  gewährt.  Das  regellose  Kunstwerk  aber 
verliert  mit  der  untersten  ]iedingung,  der  Formvollendung  im  Grunde  überhaupt 
die  Bedeutung  als   Kunstwerk. 

Ueguard,  Jacques  (\'1I1,  2G9),  ist  1531  geboren,  war  vom  1.  December 
1564  bis  1577  oder  1580,  nachdem  er  vorher  Alumnud  Chori  musici  gewesen, 
als  kaiserlicher  Tenorsänger  der  Hofkapelle  in  Diensten  Maximilian  II.  resp, 
Kudolph  II.,  ward  darauf  neben  Phil,  de  Monte  Yicekapellmeister  vom  1.  Januar 
158U  bis  9.  April  15H2.  Darauf  ging  er  zum  Ei'zherzog  Ferdinand,  der  sich 
ihn  erbeten  hatte,  nach  Prag.     Er  starb  am   15.   Januar   1599. 

Keichu,  Anton  (VIII,  270),  auf  der  Bibliothek  des  Conservatoriums  zu 
Paris  befindet  sich  eine  Schrift  K.'s  in  deutscher  Sprache:  Philosophische  prak- 
tische Anmerkungen  zu  den  j^raktischen  Beispielen.  Die  Hauptkapitel  behandeln: 
Vortheile  der  Musik  unter  den  sieben  freien  Künsten;  Mathematik  und  Musik; 
der  Künstler;  der  Componist;  der  Pianist  u.  s.  w. 

Iteichniann,  Theodor,  ist  in  Rostock  am  18.  Mürz  1849  geboren  und  in 
Berlin,  wo  seine  Eltern  später  ihren  Wohnsitz  nahmen,  für  seinen  Beruf  vor- 
gebildet worden.  Schwer  genug  ist  es  ihm  geworden,  den  Eltern  die  Zustimmung 
zu  dem  gewählten  Beruf  als  Sänger  abzuringen ;  noch  schwerer  die  Mittel  dazu 
herbei  zu  schaffen.  Aber  es  gelang.  Professor  Mmtius  und  Chordirektor  Elss- 
1er  wurden  seine  Lehrer,  und  nach  einem  Probesingen  vor  dem  General-Inten- 
tanten  von  Hülsen  und  dem  Kapellmeister  wurde  ihm  auch  eine  Unterstützung 
aus  der  Chatulle  des  Königs  auf  zwei  Jahre  bewilligt.  Nachdem  der  jugend- 
liche Künstler  auch  noch  den  Unterricht  von  liess  in  Prag  und  Prof.  Lamberti 
in  Mailand  genossen  hatte,  ging  er  in  sein  erstes  Engagement  nach  Magdeburg 
und  dort  wurde  er  bald  der  Liebling  des  Publicums;  auch  in  Berlin,  wo  er 
dem  Oi^ernunternehmen  von  Nowack  (im  jetzigen  Residenztheater)  angehörte, 
errang  er  damals  schon  lebhaften  Beifall.  Darnach  war  er  in  Rotterdam  und 
Stras.-burg  eugagirt;  hatte  aber  auch  bereits  die  Aufmerksamkeit  der  Münchener 
Opernleitung  auf  sich  gezogen;  er  erhielt  eine  Einladung  zu  einem  Gastspiel 
auf  Engagement,  welcher  er  folgte  und  sein  Auftreten  als  »Teil«,  »Templer« 
und  »Wolfram«  war  mit  so  aussergewöhnlichem  Erfolge  begleitet,  dass  er  sofort 
unter  den  günstigsten  Bedingungen  engagirt  wurde.  Vorher  hatte  er  sich  für 
einen  Winter  in  Hamburg  verpflichtet,  wo  er  ebenfalls  sich  rasch  in  die  Gunst 
des  Publicums  hinein  sang  und  spielte.  In  München  fand  der  ausserordent- 
liche Künstler  erst  seinen  rechten  Boden;  seine  Stimme  entfaltete  sich  zu  immer 
blendenderem  Glanz,  so  dass  sie  jetzt  wol  als  die  schönste  Barytonstimme  zu  be- 
zeichnen ist;  dabei  bildet  sich  auch  sein  schauspielerisches  Talent  zu  einer, 
von  nur  wenigen  Sängern  erreichten  Höhe  aus.  Als  er  daher  im  vergangenen 
Sommer  1880  in  Leipzig  und  Berlin  gastirte,  war  man  allgemein  überrascht  von 
seinen  Leistungen  und  fand,  dass  Fama  nicht  übertrieben  hatte,  dass  sie  viel 
eher  hinter  der  Wahrheit  zurück  geblieben  war.  Dass  der  Träger  einer  so 
phänomenalen  Stimme  auch  so  ernste  Studien  gemacht  hat  und  so  trefllich  zu 
singen  versteht,  und  dass  er  daneben  auch  ein  ganz  ausgezeichneter  Darsteller 
ist,  das  erscheint  in  unserer  Zeit,  in  welcher  der  Dilettantismus  auf  der  Bühne 
so  stark  grassirt,  nahe  zu  unglaublich.  In  Leipzig  wie  in  Berlin  errang  denn 
auch  R.  Erfolge,  welche  an  die  der  Patti  und  der  (jcrster  erinnern.  In  Leipzig 
hatte  man  noch  keinen  ]>essern  »Teil«  und  »Hans  Heiling«,  in  Berlin  noch  keinen 
ebenbürtigen  »Don  Juan«  gesehen.  Als  er  aber  vor  einigen  Wochen  in  Wien 
gastirte,  war  man  keinen  Augenblick  im  Zweifel,  dass  nur  er  der  Nachfolger 
von  Beck  werden  könne.  München,  wo  man  von  seinem  »Hans  Sachs«,  »Tel- 
ramund«,  »Wotan«,  »Wolfram«  ebenso  enthusiastisch  eingenommen  ist,  sieht  man 
ihn  sehr  ungern  scheiden.  Auch  die  ehrenvollsten  Auszeichnungen,  welche  ihm 
bereits  zu  Theil  wurden,  haben  ihn  nicht  lässig  gemacht,  wie  ein  echter  Künst- 
ler strebt  er  rastlos  weiter. 

Ileiudl,  Benedict,  Benediktinermönch  d.r  Abtei  Dissentis  in  der  Schweiz, 


378  Renaud  —  Ren^. 

schrieb  vierstimmige   Messen,  die  er   1789   in  einer  Sammlung  unter  dem  Titel: 
•oAnnulus  eucharisticus  sex  gemmis  coruscansa,  veröffentlichte. 

Reiner,  Jacob  (VIII,  287),  ist  wahrscheinlich  zu  Altorf  gegen  1560  ge- 
boren, besachte  1567  die  Schule  des  dort  gelegenen  Klosters  Weingarten,  ward 
namentlich  von  den  besten  Lehrern  auch  in  der  Musik  ausgebildet  und  genoss 
dann  den  Unterricht  von  Orlandus  Lassus  in  München.  Er  ward  in  Wein- 
garten weltlicher  Musiklehrer ,  sowol  für  Gesang  wie  für  Instrumente  und 
dann  Kapellmeister  und  Magister  chori  musici,  als  welcher  er  am  7.  Decem- 
ber  1604  starb. 

Remi,  oder  Remy,  ist  der  Name  einer  Lautenmacherfamilie,  die  in  Paris  seit 
länger  als  einem  Jahrhundert  thätig  ist.  Der  Chef  der  Familie  war  schon  1760  in 
Paris  ansässig.  Zur  Zeit  betreibt  Jules  Remi,  geboren  1813  in  Paris,  das  Geschäft. 

Renaud,  Prangois  Augustin,  französischer  Physiker,  verfasste  und  gab 
heraus:  i>Le  Principe  radical  de  la  musique  et  la  tonalite  moderne  ou  la  Science 
de  Vharmonie  basee  sur  la  nature  meme  du  son  musicalv^  (Paris,  Tolra  et  Haton, 
in  8'',  1870) ;  -»Etüde  sur  les  diverses  interpretations  ou  evaluations  de  la  gamme 
diatonique  majeure  ut,  re,  mi,  fa,  sol,  la,  si,  ut,  precedee  de  notions  elementaires 
de  calcid  musicah  (Paris,  Haton,  1876,  in  8");  y>Du  röle  de  la  sience  dans  Vart 
musicaW  (Paris,  Haton,   1872). 

Renault,  Nicolas,  Lautenmacher,  der  aus  Nancy  stammend  in  Paris  1546 
etablirt  war.  Er  hatte  mit  den  Brüdern  Medard  (Nicolas  und  Jean)  zusammen 
gearbeitet  und  ebenfalls  mit  Andre  Amati,  als  derselbe  von  Karl  IX.  nach  Paris 
berufen  worden  war,  ein  Orchester  herzustellen  mit  24  Violinen  (de  grand  patron), 
12   Violinen   (moyens),   6   Violen,  8  Bassgeigen. 

Rendano,  Alfonso,  italienischer  vortreflPlicher  Pianist  und  Componist, 
geboren  in  Carolei  bei  Cosenza  am  5.  April  1853,  begann  seine  Musikstudien 
in  Neapel,  wo  er  kurze  Zeit  Schüler  des  Conservatoriums  war,  studirte  unter 
Thalberg  und  besuchte  dann  das  Leipziger  Conservatorium.  Nachdem  er  sich 
erfolgreich  im  Gewandhaus  in  Leipzig  als  Clavierspieler  eingeführt  hatte,  Hess 
er  sich  in  Paris  und  London  mit  vielem  Erfolge  ebenfalls  hören  und  kehrte 
nach  Italien  zurück.     Er  veröffentlichte  nur  Claviercompositionen. 

Rene,  Carl,  geboren  am  12.  September  1833  zu  Stettin,  gestorben  am 
2.  Mai  1876  ebendaselbst,  Abkömmling  einer  französischen  adligen  Emigranten- 
familie, studirte  anfangs  Baufach,  wandte  sich  aber  später  aus  Interesse  dem 
Pianofortebau  zu.  Er  bildete  sich  in  den  bedeutendsten  deutschen,  französischen 
und  amerikanischen  Fabriken  zu  einem  tüchtigen  Pianofortefabrikanten  heran 
und  gründete  in  Stettin  am  1.  April  1860  die  Pianofortefabrik  von  C.  Rene 
und  zugleich  mit  seinem  Bruder  Frangois  Rene  in  Berlin  eine  Filiale  unter 
der  Firma:  Gebrüder  Rene.  In  kurzer  Zeit  waren  die  Fabrikate  der  jungen 
Fabrik  weit  und  breit  geschätzt  und  hatte  der  Name  C.  Rene  schon  damals 
einen  guten  Klang  in  der  musikalischen  Welt.  Zahlreiche  Auszeichnungen 
wurden  ihm  zu  Theil,  im  Jahre  1875  ward  er  officieller  Lieferant  für  königl. 
Seminare  und  Präparandenanstalten.  R.  vervollkommnete  seine  Claviere  durch 
Anwendung  eigener  Erfindungen  und  bei  seinem  frühen  Tode  stand  das  Unter- 
nehmen in  voller  Blüthe.  Carl  Rene  war  vermählt  mit  der  Pianistin  Louise 
Klug  in  Stettin,  aus  dieser  Ehe  entspross  der  jetzige  Inhaber  der  Firma: 

Rene,  Carl  Alfred,  geboren  am  6.  December  1861  war  nach  Absolvirung 
einer  Realschule  I.  Ordnung  schon  früh  in  den  grössten  deutschen  Pianoforte- 
fabriken thätig  und  bildete  sich  nebenher  noch  in  der  Chemie  aus,  für  welche 
er  das  lebhafteste  Interesse  an  den  Tag  legte.  R.  übernahm  nachdem  er  seine 
Studien  vollendet  hatte,  die  Fabrik  des  Vaters.  Im  Jahre  1879  trat  C.  A.  Rene 
mit  seiner  ersten  Erfindung,  ein  neues  klingendes  Orgelpedal,  an  die  Oeffent- 
lichkeit,  über  welches  sich  die  bedeutendsten  Journale  und  Autoritäten  sehr 
lobend  aussprachen.  Dieser  Erfindung  folgten  im  Jahre  1880  zwei  neue  paten- 
tirte  Erfindungen,  die  allgemeines  Aufsehen  erregten:  1)  Die  Präparations- 
methode von  Holz  durch  Anwendung  des  ozonisirten  Sauerstoffs.     2)   Eine  Cello- 


Hopetitions-Mechanik. 


379 


Resonunzanordnung  (s.  Rcsonunzboden).  Im  Jiihre  1881  erfiind  Ren«'-  seine 
»Pianoforte-Orgela,  ein  neues  Instrument,  dessen  l'feifen  nicht  wie  sonst  durch 
Wind,  sondern  durch  hindurchgeleitete  abgestimmte  Saiten,  die  nach  Ciavierart 
angeschlagen,  zum  Ertönen  gebracht  werden.  Grösstes  Aufsehen  erregte  seine 
oben  erwähnte  Priiparationsmetliode  unter  den  Gelehrten  und  Fachgenossen 
und  widmeten  die  grössten  Journale  der  Wilt  der  Rent'-'schen  Erfindung  um- 
fangreiche Referate,  die  dieselbe  als  einen  epochemachenden  Fortschritt  bezeich- 
neten. R.  machte  die  Entdeckung  und  stellte  durch  viele  Experimente  fest, 
dass  Sauerstoff  und  speciell  der  ozonisirtc  Sauerstoff  die  Wirkung  auf  Holz 
ausübt,  dass  dasselbe  jedem  Tcmperatureinfluss  absolut  und  auf  die  Dauer 
widersteht.  R.  löste  damit  ein  grosses  Problem,  das  für  die  gesammte  Industrie 
und  insbesondere  für  die  Pianoforte- Industrie  von  schwerwiegendster  Bedeutung 
ist.  Es  wurde  ihm  die  Genugthuung,  dass  die  Bedeutung  seiner  Erfindung, 
von  vornherein,  nicht  nur  von  den  Gelehrten,  sondern  auch  von  den  berühm- 
testen Fachgenossen,  die  sich  um  Benutzung  derselben  bewarben,  voll  und  ganz 
gewürdigt  worden  ist.  Die  Fabrik  hat  eigene  Filialen  in  Hamburg,  London, 
Amsterdam,  New-York,  Capstadt,  Bombay,  Calcutta  und  steht  jetzt  im  Begriff 
auch  in  Südamerika  ein  neues  Etablissement  einzurichten.  Der  jährliche  Absatz 
der  Fabrik  beziffert  sich  auf  gegen  1000  Instrumente,  die  in  fast  allen  Plätzen 
der  Welt  gut  eingeführt  und  begehrt  sind.  Viele  Virtuosen  bedienen  sich  mit 
Vorliebe  der  R. sehen  Instrumente  zu  ihren  Concerten.  Für  seine  Erfindungen 
wurden  R.  die  goldene  Medaille  der  Academie  »Giambattista  Vico«  zu  Neapel 
zuerkannt  und  derselbe  zum  Ehrenmitglied  der  Academie  ernannt,  auch  wurde 
ihm  das  Ritterkreuz  I.  Classe  der  »Chevalliers  Sauveteurs«  von  Frankreich  ver- 
liehen. Auch  als  Fachschriftsteller  ist  R.  thätig,  momentan  arbeitet  er  an 
einem  grossen  Werke  über  Pianofortebau  und  Geschichte  desselben. 

Repetitioiis-Mechanik.  Die  neue,  von  dem  Pianofortefabrikanten  H.  F.  Flem- 
ming  in  Leutzsch  bei  Leipzig  erfundene  verstellbare  Repetitions-Mechanik  erzielt 


Rcpetitions-Mcchanik. 

leichtes  und  schnelles  Anschlagen  eines  Tones  auf  sehr  einfache,  bequem  zu 
regulirende  Weise.  Es  ist  bei  dieser  Mechanik  von  nicht  zu  unterschätzendem 
Vortheil,  dass  selbst  der  Bruch  einer  Stösserfeder  niemals  den  Anschlag  des 
Tones  unmöglich  macht.  Um  zu  bewirken,  dass  der  Stösser  c  sofort  nach  dem 
Anschlagen,  ehe  die  Taste  in  ihre  oberste  Stellung  zurückgekehrt  ist,  wieder 
unter  den  Nacken  f  greift,  wurde  dem  Mechanismus  folgende  Anordnung  ge- 
geben:   mittelst    der    Schraube  j   wird    der    Kloben    h    und    durch    Letztern    die 


380 


Reuchlin  —  Resouauzboden. 


Feder  i  gespannt,  so  dass  hierdurch  ein  stetes  Andrücken  des  Stössers  c  unter 
dem  Nacken  f  unbedingt  stattfinden  muss.  Die  Spannung  der  Feder  i  lässt 
sich  mittelst  des  Schräubchens  g  bequem  reguliren  und  kann  dadurch  die  Weise 
des  Andrucks  wesentlich  verschieden  gemacht  werden.  Die  Mechanik  ist  durch 
deutsches  Reichspatent  geschützt. 

Reuclilin,  Johann  (VIII,  309).  Er  bekleidete  verschiedene  hohe  Staats- 
und Lehrämter  in  Deutschland,  machte  mehrere  Reisen  durch  Italien,  lebte 
dann  lange  beim  Kurfürsten  Philipp  von  der  Pfalz,  war  elf  Jahre  lang  Vor- 
sitzender des  schwäbischen  Landgerichts  und  endlich  Professor  an  der  Univer- 
sität Ingolstadt,  wo  er  an  der  Pest  erkrankte;  nach  Stuttgart  flüchtend,  starb 
er  dort  am  30.  Juni  1522.  Von  seinen  Schulkomödien  sind  noch  zu  erwähnen: 
»Scenica  progymnasmata  h.  e.  ludicra  pre  exercitamenta  1595(i,  die  Chorgesänge 
mit  Angabe  der  Melodien  in  Noten  und:  y>Joh.  Reuclilini  comoediae  duae,  Scenica 
progymnasmata  et  Segius  Colonae  1534a,  die  Chöre  dreistimmig  in  Noten. 

Resonanzbodea  (VIII,  307).  Decke,  Klang-,  Sang-  Schallboden  (franz. 
Table  d'harmonie)  heisst  bekanntlich  bei  den  Saiteninstrumenten  der  wichtigste 


Resonanzboden. 


Theil,  über  welchen  die  Saiten  aufgespannt  sind,  und  der  dem  entsprechend 
die  Schwingungen  der  Saiten  unmittelbar  aufnimmt  und  dadurch  den  Klang 
verstärkt.  Einzelne  Verbesserungen  die  mit  dem  Resonanzboden  am  Pianoforte 
vorgenommen  wurden,  sind  bereits  erwähnt,  wie  der  Cello-Resonanzboden.  In 
neuerer  Zeit  hat  Herr  Pianofortefabrikant  Carl  Augast  Henkel  in  Leipzig  einen 
Resonanzboden  mit  Regulirsteg  construirt,  der  in  obiger  Abbildung  veranschau- 
licht ist.    Der  Regulirsteg  hat  zu  beiden  Seiten  Lappen,  welche  in  ihren  End- 


Resonanzboden. 


381 


punkton  mit  Scliriiulien  bc'l'estijrt  sind,  durch  deren  Anziehen  oder  Nachlassen  die 
Möglichkeit  gewährt  wird,  den  Druck  und  damit  die  Spannung,  welche  diese 
federnden  Lappen  in  ihrer  Verbindung  mit  dem  Steg  auf  den  Resonanzboden 
ausüben,  zu  reguliren.  An  der  unteren  Seite  des  Resonanzbodens  (da,  wo  sonst 
die  Rippen  liegen)  sind  schwache  Leisten  angebracht,  welche  den  Regulir- 
schruuben  entsprechend  mehr  Halt  geben.  Die  Saiten  ruhen  mit  der  erforder- 
lichen Schränkung  auf  der  Rippe.  Dieser  Steg  ist  ebenso  beim  Piauino  wie  bei 
dem  Flügel  und  den  tafelförmigen  Instrumenten  anzubringen.  Die  Erfindung  ist 
Herrn  Henkel  für  Deutschland  (am  5.  März  188U)  und  durch  Brevet  vom 
16.  Juli  Ibbü  auch  für  Frankreich  auf  die  Dauer  von  fünfzehn  Jahren  geschützt. 


{ 


•^ 


Resonanzboden. 


Eine  andere  Einrichtung  des  Resonanzbodens  hat  der  Pianoforttfabrikant 
Siegfried  Hansen  in  Bückeburg  erfunden.  Durch  die  sogenannte  Berippung 
des  Resonanzbodens  beim  Ciavier  (die,  unter  demselben  angebrachten  Holzleisten), 
wird  bekanntlich  verhindert,  dass  der  Boden  sich  nicht  als  Ganzes  bewegen 
kann.  Den  Ciavierbauern  war  schon  im  Beginne  des  Piauofortebaues  klar  ge- 
worden, was  der  ])erühmte  Aknstiker  Pellisow  wissenschaftlich  dargethan  hat, 
dass  die  Transversalschwingungen  der  Saite  nicht  im  Stande  sind,  den  Resoniinz- 
boden  eines  Claviers  zum  Resoniren  zu  bringen,  sondern  dass  dies  die  Stoss- 
schwingungen  bewerkstelligen,  welche  durch  die,  an  die  Saiten  anschlagenden 
Hämmer  erzeugt  werden.  Der  Resonanzboden  niuss  demnach  die  Stossschwin- 
gungen    der   Saite    zur    Fortpflanzung    des   Tons    repitiren,    er  darf  daher  keine 


382 


Resonanzboden. 


Trausversalschwingungen  machen,  d.  h.  sich  nicht  als  Ganzes  bewegen,  weil 
dadurch  die  Stossschwingungen  der  Saiten  und  des  Bodens  aufgehalten  werden. 
Die  Instrumentenmacher  bringen  zu  diesem  Behufe  unter  dem  Resonanzboden 
Holzleisten  an,  welche  diese  Transversalschwingungen  verhindern  und  nennen 
dies  Verfahren  Berippung.  Steinway  in  New-York  brachte  eine  besondere  Vor- 
richtung am  Resonanzboden  an,  Resonator  genannt,  durch  den  ein  steigender 
Druck  auf  die  Rippen  von  den  Rändern  des  Resonanzbodens  aus  erfolgt.  Bei 
seinem  Apparate  wirken  die  Stossschwingungen  der  tönenden  Saiten  mit  mehr 
Intensivitüt  auf  den  Resonanzboden.     Ein  durchaus  entgegengesetztes  Verfahren 


Kehrseite  des  Eesonanzbüden. 


wendet  Siegfried  Hansing   an,    indem    er   die  Zugkraft    in  Verwendung   bringt, 
den  Resonanzboden  nach  Art  eines  Trommelfelles   spannt. 

Durch  die  tönende  Saite  wird  der  Boden  in  Molecularvibration  versetzt, 
d.  h.  die  kleinsten  Theilchen  desselben  nehmen  an  den  Schwingungen  Theil. 
Ohne  dass  seine  Elasticität  dabei  leidet,  wird  der  Boden  durch  diese  Spannung 
verhindert,  Transversalschwingungen  zu  machen.  Der  neue  Resonanzboden  von 
Hansing  besteht  zunächst  aus  einem  Rahmen  von  5  cm  im  Quadrat  starkem 
Buchenholz  gearbeitet,  dessen  äussere  Kante  der  vollen  Breite  des  Instruments 
entspricht;  ist  der  Stimmstock  fest  auf  den  oberen  Theil  des  Rahmens  aufge- 
leimt, so  dass  er  ein  Rahmenstück  bildet,  so  entsjDricht  der  Rahmen  der  Höhe 
des  Instruments.     Wie  auf  der  vorstehenden  Zeichnung  angegeben,  wird  in  den 


Rpsoiianzboden.  383 

Riihmen  der  Krunimbiilkon  A  mit  Zapfen  befestigt,  die  in  dem  Seitenstück  1<J 
und  dem  Unterstiick  des  Kahmens  eiugelej^t  sind,  so  dass  der  ganze  Balken 
1,5  cm  verschiebbar  ist.  Hinter  diesem  verschielibaren  Balken  liegt  ein  zweiter 
in  den  Rahmen  festgearbeiteter  Balken  B,  von  derselben  Form  wie  A;  zwischen 
beiden  liegt  ein  Spiidraum  von  1,5  cm.  inm-rlialb  dessen  A  bewegt  und  genau 
bis  an  den  Balken  £  gerückt  werden  kann.  Beiden  gegenüber  liegen  zwei 
gleiche  Balken  0  und  D,  die  mit  ihren  Zapfen  in  das  obere  Rahmenstück  I£ 
und  dem  gegenüberliegenden  Seitenstück  K  gelocht  sind;  C  ist  beweglich,  D 
aber  fest.  Innerhalb  der  beiden  Balken  A  und  C  wird  der  Resonanzboden 
mit  seinen  Langenden  eingeleimt,  so  dass  das  Resonanzholz  seiner  Länge  nach 
möglichst  winklig  auf  den  Balken  stösst.  Die  beiden  Balken  A  und  C  stehen 
mit  dem  Nebenbalken  B  und  D  durch  "2 — 3  Stück  Bolzen,  die  an  ihren  Enden 
Mutterschrauben  haben,  in  fester  Verbindung,  so  dass  mittelst  dieser  A  näher 
an  B,  und  C  näher  an  D  gerückt  werden  kann.  Auf  diese  Weise  köonen  A 
und  C  weiter  von  einander  entfernt  und  der  Resonanzboden  ähnlich  wie  ein 
Trommelfell  gespannt  werden.  Vermittelst  der  Mutterschrauben  kann  der  Reso- 
nanzboden je  nach  Bedürfniss  nachgespannt  werden.  Die  Rippen  des  Resonanz- 
bodens werden,  da  sie  theilweis  in  das  Ober-  theilweis  in  das  Unterstück  des 
Rahmens  und  zum  Theil  auch  mit  ihren  Enden  in  einen  beweglichen  Balken 
fassen,  auf  diese  Weise  gleichzeitig  mit  gespannt.  Die  beiden  Eisenplatten, 
die  auf  beiden  Seiten  des  Rahmens  liegen ,  werden  durch  ihn  vor  Bruch  ge- 
schützt und  da  sämmtliche  Holztheile  die  durch  den  Zug  der  Saiten  zu  leiden 
haben,  zwischen  diesen  Eisenplatten  liegen,  so  ist  ein  Losreissen  des  Holzes 
nicht  zu  befürchten.  Auch  die  Saitenlänge  des  Pianos  ist  von  Hansing  neu 
construirt,  ebenso  der  Klangsteg  in  Fig.  1,  welcher  die  Discantsaiten  auf  den 
nicht  tönenden  Theil  durchschneidet  und  bewirkt,  dass  die  Stossschwiugungen 
der  tönenden  Saiten  intensiver  auf  den  Bodensteg  wirken.  Die  Kehrseite  dieses 
neuen  Resonanzbodens  hat  die  in  der  zweiten  Ab1)ildung  veranschaulichte  Gestalt. 
In  neuester  Zeit  hat  auch  Herr  A.  C.  Henkel  in  Leipzig,  der  Erfinder 
des  Resonanzbodens  mit  Regulirsteg,  den  Resonanzboden  zweckmässig  verändert, 
so  dass  die  Berippung  uniiöthig  geworden  erscheint;  er  giebt  dem  Steg  ein 
besonderes,  der  Form  desselben  genau  angepasstes  Podium,  von  der  Stärke  des 
Resonanzbodens,  das  er  auf  diesen  so  aufleimt,  dass  die  Kanten  fest  in  einander 
schliessen  (also  umgebogen  sind),  und  somit  ein  Zwischenraum  bleibt,  welcher 
trotzdem  die  freie  Bewegung  des  Resonanzbodens  nicht  beengt,  sondern  be- 
fördert. Der  Ton  der  Saiten  verliert  das  metallene  gläserne  Colorit  der  Metall- 
saite, er  wird  mehr  dem,  der  Menschenstimme  und  der  Orgel  verwandt.  Die 
Praxis  des  doppelten  Resonanzbodens  endlich  hat  in  Herrn  C.  Rene  in  Stettin 
eine  neue  und  eigenthümliche  Anwendung  gefunden.  Er  verwendet  an  Stelle 
derselben  behufs  Veredlung  des  Tons  einen  hohlen,  kastenförmigen  Resonanz- 
körper, der  aus  zwei  gleich  grossen  Resonanzboden  besteht,  welche  an  ihren 
Rändern  durch  doppelte  Wände,  ausserdem  aber  noch  an  gewissen  Stellen  durch 
trichterförmige  Schalhöhren  eigenthümlicher  Construction  mit  einander  verbunden 
sind.  Diese  Schallröhren  oder  Schalltrichter  haben  den  Zweck,  die  Schwin- 
gungen des  obern  Resonanzbodens  auf  den  untern  zu  übertragen.  Sie  sind 
unterhalb  des  obern  Resonanzbodensteges  in  beliebiger  Anzahl  angeordnet  und 
bestehen  aus  einem,  unten  konisch  zulaufenden  hohlen  Körper  mit  rundem,  drei- 
oder  viereckigem  oder  polygonischem  Querschnitt,  stehen  auf  den  untern  ]\esonanz- 
bodensteg  und  sind  mit  dem  obern  fest  verbunden.  Der  Schalltrichter  enthält 
eine  elastische  Membrane  aus  Pergament  oder  anderem  elastischem  Material, 
welche  an  ihren  Rändern  fest  mit  den  Wänden  des  Schalltrichters  und  durch 
eine  von  ihrer  Mitte  ausgehende  Leitung  oder  Stange  aus  hartem  Holze  oder 
anderm  Material  mit  dein  obern  oder  untern  Resonanzboden  oder  deren  Stege 
verbunden  ist.  Diese  Membrane  kann  ebenso  in  dem  obern,  wie  im  mittlem 
oder  untern  Theil  des  Schalltrichters  angebracht  sein,  und  hat  den  Zweck,  die 
Resonanz    zu    erhöhen  und  die  in   dem  Schalltrichter   eingeschlossene  Luftsäule 


384 


Resonatorflügel. 


lind  die  Schwingungen  derselben  zu  verstärken  und  dadurch  den  Ton  zu  ver- 
edeln. Der  Schalltrichter  kann  aus  Holz  oder  irgend  einem  andern  Material 
hergestellt  sein.  Auch  diese  eigenthümliche  Construction  des  Resonanzbodens 
welche  der  Erfinder  »Cello-Resonanzbodenanordnung«  nennt,  verleiht  dem  Pianino 
die  Fülle  und  Schönheit  des  Plügeltons  und  macht  das  Instrument,  nach  dem 
Zeugniss  von  Autoritäten  wie  Franz  Liszt,  für  den  Concertsaal  verwendbar. 

Reaonatorflügel  oder  Resonatorpiano,  nennt  der  berühmte  Pianofortefabrikant 
Herr  Ernst  Kaps  in  Dresden  seine,  mit  einer  neuen,  von  ihm  erfundenen  Vorrichtung 
versehenen  Instrumente.  Dem  allgemeinen  Bestreben  der  Pianofortefabrikanten 
folgend,  die  Klangfarben  des  Instruments  zu  veredeln,  wurde  er  auf  ein  sehr 
rationelles  Verfahren    zur    Klangverstärkung    geführt.      Die   Saiten    der   tiefern 


)fJMERTHMANN.  DRESDEN. 


Resonatoiflügel. 

Tonlagen  bedürfen  vermöge  ihrer  grössern  Masse  und  Länge  keiner  besondern 
Unterstützung,  um  den  Resonanzboden  des  Instruments  in  hinreichende  Schwin- 
gungen zu  versetzen,  dagegen  wird  für  die  obere  Hälfte  des  Instruments,  von 
der  kleinen  Octave  an  aufwärts,  eine  Vorrichtung  zur  Erhöhung  der  Resonanz 
sehr  wünschenswerth  und  eine  solche  brachte  Kaps  in  seinem  Resonator  au. 
Derselbe  besteht  in  der  Hauptsache  in  einem  Schallkasten,  der  unter  den  be- 
treffenden Saiten  auf  dem  Resonanzboden  aufgeschraubt  ist.  Er  hat  die  Form 
einer  Harfe  und  reicht  von  dem  sogenannten  Steg,  d.  h.  der  festen  Auflage 
auf  dem  Resonanzboden,  von  welcher  aus  der  schwingende  Theil  der  Saite  be- 
ginnt, bis  zur  Dämpferlinie.  In  der  beifolgenden  Abbildung  ist  er  mit  A  be- 
zeichnet.   Die  Decke  desselben  wird  durch  einen,  unten  mit  Rippen  vorsehenen 


Keventos  y  Truch  —  Reynicr.  385 

Resonanzboden  gebildet,  der,  wie  der  ganze  Resonator  so  gestaltet  ist,  dass 
jeder  Saitenchor  (die,  zu  einem  Ton  gehörigen  drei  gleicligestimmten  Saiten) 
mit  zwei  Dritttbeilen  seiner  Länge  dicht  über  ihm  schwebt.  Unter  der  Mitte 
des,  über  dem  Resonator  liegeudon  Theils  der  Saiten  ist  jedesmal  ein  Schall- 
loch angebracht.  Die  Saitenchöre  liegen  nicht  der  ganzen  Länge  nach  frei  über 
dem  Resonanzboden,  sondern  jeder  derselben  ist  durch  einen,  auf  diesem  be- 
festigten Schallkuual  geführt,  der  von  dem  Steg  bis  zu  dem  iTwähnten  Schall- 
loch reicht.  Die  Länge  dieser  Kanäle  entspricht ,  wie  leicht  einzusehen  ist, 
der  Wellenlänge  der,  duixh  die  hindurchgeführten  Saiten  hervorgebrachten 
Töne:  diese  sind  nach  oben  durch  eine  aufgeschraubte  Mahagoniplatte  der 
Schallhaube  B  abgeschlossen.  Durch  die  beschriebene  Vorrichtung  werden  die 
Töne  zunächst  unzweifelhaft  verstärkt;  dann  aber  erhalten  sie  auch  eine  schöne 
Klangfarbe.     Die  ganze  Vorrichtung  ist  ohne  jede  Schwierigkeit  anzubringen. 

Keveutos  y  Truch,  Jose,  spanischer  Tonkünstler  der  Gegenwart,  ist  in 
Barcelona  am  29.  Jauuur  1840  geboren  und  studirte  Musik  unter  Andrevi  und 
Calvo  Puig.  lbG5  wurde  er  Professor  am  Conservatorium  in  Madrid,  ausser- 
dem dirigirte  er  die,  von  ihm  an  der  Kirche  Montserrat  eingerichtete  Gesang- 
schule für  Kinder.  Seine  Compositionen  wurden  in  Madrid  aufgeführt;  es 
gehören  dazu:  Eine  Sinfonie;  ein  Stabat  mater,  für  Chor  und  grosses  Orchester 
eine  Messe  für  Solostimmen;  ein-  und  mehrstimmige  Kirchencompositionen  mit 
Orgelbegleitung  u.  a. 

Revinl,  Marie  Louis  Benoit  (VIII,  311),  starb,  nachdem  er  seine  Stelle 
am  Conservatorium   in    Paris   aufgegeben,  in  Etretat  am   13.  October   1871. 

Rey,  Jean  Etienue,  Componist,  geboren  in  Toulouse  (Haute-Garonne) 
am  3.  August  1832,  wo  er  auch  den  ersten  Musikunterricht  erhielt,  kam  später 
nach  Paris,  um  Schüler  des  dortigen  Conservatoriums  zu  werden.  Er  besuchte 
die  Composltionsclasse  von  Carafa,  und  nur  auf  den  Rath  Revial's,  der  ihn  zu- 
fallig singen  hörte  auch  dessen  Gesangsciasse,  und  erhielt  einen  zweiten  Preis 
für  Gesang  gleichzeitig  mit  Mll.  Balla,  welche  den  ersten  erhielt.  Im  folgen- 
den Jahre  erwarb  die  letztere ,  die  inzwischen  Mmd.  Rey-Balla  geworden  war, 
die  drei  Preise:  für  Gesang,  Oper,  Opex-a  comique,  worauf  sie  auswäi'ts  ein  glän- 
zendes Engagement  annahm,  überhaupt  Reisen  in  Italien,  Belgien,  Spanien  und 
Portugal  unternahm,  auf  welchen  ihr  Gatte  sie  begleitete.  Er  schrieb:  Opern, 
sechs  Messen,  sechs  Sonaten  für  Ciavier,  Violine  und  Violoncell,  zwei  Trios, 
drei  Quartette,  zwei  Quintette  und  ein  Sextett  für  verschiedene  Instrumente; 
viele  religiöse  Musikstücke  mit  Begleitung  von  Orchester,  Ciavier  oder  Quartett; 
eine  noch  grössere  Zahl  mit  Orgelbegleitung;  ferner  Gesangstücke  über  italieni- 
sche, spanische  und  französische  Texte;  sieben  vierstimmige  Chöre;  vier  Can- 
taten:  sieben  Sinfonien.  In  Toulouse  brachte  R.  1856  ein  grosses  Oratorium 
»Ze  Martiire  de  Saint  SaturnitHi  und  im  Februar  186-4  in  Bordeaux  die  grosse 
Oper  in  fünf  Akten  »io  Giianav-  zur  Aufführung.  Als  1872  seine  Gattin,  die 
in  Paris  am  Theatre  lyrique  engagirt  war,  von  einer  heftigen  Krankheit  er- 
griffen wurde,  welche  ihre  Theaterlaufbahn  beendete,  bestrebte  sich  Rey  um 
so  mehr  mit  einer  seiner  Opern  in  Paris  auf  die  Bühne  zu  kommen,  was 
ihm  indess  noch  nicht  geglückt  ist.  Die  Opern  welche  er  beendigt  hat,  sind: 
jijai  coupc  le  roia;  l'Amour  villa(/oi.si.i ;  »Stribo7',  Ojjcras-comiques  en  un  acte«;  y>Le 
Talismaji  des  Sultanesv,  opera  bouffes  in  3  actes;  nBaltliazarii,  grand  ojiera  en 
4  actes;  nlre/w«,  grand  opera  en  5  actes.  Von  seinen  Compositionen  sind  ein 
grosser  Theil  der  Kammermusik,  der  religiösen  Musik  und  der  ein-  und  mehr- 
stimmigen  Vocalrausik  veröflentlicht. 

Keynier,  Joseph  Frix  Simon  Marius,  Organist  und  Componist  zu  Aix, 
erwarb  sich  in  der  Provence  ausgebreiteten  Ruf  als  Orgelspieler.  Er  wurde 
in  Aix  am  26.  .Juli  1797  geboren  und  starb  daselbst  am  5.  Januar  1S74. 
Sein  Vater  war  Musiker  und  unterrichtete  den  Knaben  früh,  besonders  nach- 
dem dieser  im  siebenten  Jahre  in  Folge  der  Masernkrankheit  völlig  erblindete. 
Später  erhielt  er  noch  den  Orgel-  und  Compositionsunterricht  vom  Organisten 
Mobikal.  ConTers.-Lexikon.   Ergänzungsband.  25 


B86 


Keyn  —  Rhythmus. 


Lapierre  und  wurde  1825  als  Organist  an  der  Magdalenenkirche  angestellt. 
Dies  Amt  verwaltete  er  nahezu  fünfzig  Jahre,  bis  er  ein  Jahr  vor  seinem  Tode 
nach  einem  Schlaganfalle ,  sich  davon  zurückzog.  Er  unterrichtete  und  com- 
ponirte  ziemlich  viel,  obgleich  er  durch  sein  Gebrechen  genöthigt  war,  seine 
"Werke  zu  dictiren.  Den  grössten  Theil  derselben  schrieb  in  dieser  Weise  sein 
Schüler  Henri  Poncet,  jetzt  Kapellmeister  in  Aix;  derselbe  beförderte  auch 
pietätvoll,  nach  dem  Tode  ß.'s,  einen  Theil  von  dessen  Comi^ositionen  zum 
Druck  (Remondot  Aubin  ä  Aix,   1876). 

Kliein,  Charles  Laurent  (VIII,  316),   starb  in  Paris  im  October  1864. 

Rhythmus  (VITI,  320).  Die  veränderten  Wirkungen  des  extensiven,  die 
Zeitdauer  der  einzelnen  Theile  bestimmenden  und  die  des  intensiven,  aus  der 
Wechselwirkung  von  Hebung  und  Senkung  sich  ergebenden  Rhythmen  sind 
leicht  an  einem  Beispiel  nachzuweisen.  Nehmen  wir  das  nachfolgende,  nach 
der  altern  quantitirenden  Metrik  aus  Spondeen  zusammengesetzte  Sätzchen,  um 
eine  Eeihe  von  rhythmischen  Veränderungen  mit  ihm  vorzunehmen: 


^ 


!^^ 


t=:t 


::=^ 


*^-J U- 


^ 


Zunächst  vermögen  wir  jeden  einzelnen  Takt,  den  Versfuss,  anders  darzustellen, 
ohne  das  Metrum  zu  ändern: 


:^^ 


rj: 


wobei    dann    der   accentuirende  Rhythmus    mehr  in  Wirksamkeit  tritt.    Anders 
ist  die  Wirkung,  wenn  man    es  dreitheilig  (trochäisch): 


:^: 


I 


)=#= 


oder  (jambisch): 


--^- 


=t= 


^^r-- 


m 


Es  ist  nicht  nothwendig  weiter  zu  verfolgen,  wie  jeder  einzelne  Takt  immer 
erneuert  in  anderer  Weise  darzustellen  ist,  ohne  das  ursprünglich  gewählte 
Metrum  aufzugeben.  Daraus  aber  ergiebt  sich  auch  von  selbst  die  Möglichkeit 
einer  Mischung  dieser  Rhythmen  wie: 


oder: 


Selbst  eine  Mischung  der  Taktarten  ist  damit  gerechtfertigt: 


^--^ 


^l^^& 


■ß— 


=4=1:1: 


^J 


^- 


-«'— I 


^^1 


oder: 


^ 


:^ 


^ 


£ 


^=M= 


:4: 


::2=4 


4: 


In  dieser  Weise  finden  auch  die  fünf-  und  siebentheiligen  Rhythmen  ihre  Recht- 
fertigung, und  sie  begründet  zugleich  auch  eine  grössere  Freiheit  in  der  Ver- 
bindung der  Metra  zu  grössern  rhythmischen  Einheiten.  Die  natürlichste 
Construction  bleibt  es  immer,  dass  zunächst  zwei  Takte  zu  einer  neuen  Einheit 


lihythmus. 


387 


zusammengefasst  werden,  und  dass  dieser  eine  ganz  gleich  construirte  von  zwei 
Takten  entgegongcsetzt  wird;  die  dadurch  gewonnene  neue  grössere  Einheit  von 
vier  Takteu  erfordert  ganz  naturgeraäss  als  Gegensatz  eine  neue  Einheit  von 
vier  Takten  und  so  erweitert  sich  das  Toustück  rhythmisch  zu  8,  IG,  32  Tak- 
ten u.  8.  w.,  wie  das  am  Tanz  gezeigt  worden  ist.  Aber  hier  schon  machten 
sich  Abweichungen  geltend.  Es  ist  selbstverständlich  vollständig  zulässig,  auch 
eine  Einheit  von  drei  Takten  anzunehmen  und  ihr  eine  gleichconstruirte  ent- 
gegenzusetzen:  . 


»/\- 


im 


4= 


1=: 


t^^^ 


~s  ^ 


m=mi 


-:3=i: 


^ 


Aber  auch  eine  ungleiche  rhythmische  Construction  schon  in  der  untersten 
Zusammensetzung  ist  möglich  und  oft  geboten;  sie  ergiebt  sich  zunächst  ganz 
natürlich  aus  der  Wiederholung  des  Schlusstakts  eines  jeden  Abschnitts: 


^^mmm^i 


Hier  ist  dadurch  noch  eine  grössere  Ebenmässigkeit  herbeigeführt,  dass  wir  die 
Erweiterung  der  zweiten  Hälfte  des  Vordersatzes  auch  auf  die  des  Nachsatzes 
übertragen;  das  ist  nicht  absolut  uothwendig,  man  kann  sich  mit  der  Erwei- 
terung des  einen  begnügen,  wodurch  die  rhythmische  Construction  noch  mehr 
anscheinend  an  Symmetrie  verliert: 


''-  _  _^  .                         -'                                        ^ 

^fep^ 

— rt"- 

•      f*    ■ 

.  tf       _i 

— 1 — 1— 

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.    -J 1    . 

H-j- 

Ä^p=t 

— J — »— 

Ft^-ö 

=3— r~ 

:-3-£ 

•      • 

•           ä 

:    ^— :■ 

Solche  Abweichungen  wirken  nicht  störend  sondern  im  Gegentheil  anregend, 
weil  sie  sich  ganz  natürlich  organisch  entwickeln.  Ebenso  naturgemäss  ergiebt 
sich  weiterhin  eine  rhythmisch  mannichfaltigere  Construction  durch  Erweiterung 
oder  Verkürzung  der  Darstellung  der  einzelnen  Versfüsse: 


In  der  Regel  werden  derartige  Abweichungen  von  der  ursprünglichen  Con- 
struction bei  Vocalwerken  durch  den  Text  bedingt,  bei  dem  es  öfter  uothwen- 
dig wird,  ein  oder  das  andere  Wort  besonders  auszuzeichnen,  andere  wieder 
leichter  zu  behandeln.  Aber  auch  instrumental  erscheinen  sie  nicht  nur  gerecht- 
fertigt, sondern  geradezu  geboten.  Die  rein  physische  "Wirkung  des  Rhythmus 
ist  fast  noch  grösser,  als  die  des  Tones  an  sich;  sie  macht  sich  in  gewissem 
Sinne  körperlich  fühlbar,  so  dass  durch  sie,  ohne  jede  andere  Beihülfe,  die  Be- 
wegungen grosser  Massen,  dass  die  koraplicirte  körperliche  Arbeit  damit  geregelt 
wird.  Deshalb  wirkt  auch  rhythmische  Monotonie  bei  einem  Tonstück  viel 
eher  erschlafl'end  als  melodische  oder  harniouische.  Dem  Wesen  der  Meludie 
und  auch  der  Harmonie  widerspricht  die,  in  sich  beharrende  Gleichmässigkeit 
der  Fassung,  durch   welche  eine  gewisse  ruhige  Behaglichkeit  erzeugt  wird,  weit 

25* 


388 


Rhythmus. 


weniger  als  dem  vorwürtstreibenden,  anregenden,  lebenwirkenden  Charakter  des 
Rhythmus.  Daher  hat  rhythmische  Monotonie  sehr  bald  Erschlaffung  zur  Folge, 
die  selbst  oft  dui'ch  die  sinnlichreizendsten  Klangwirkungen  nicht  zu  beseitigen 
ist.  Daraus  ergiebt  sich  aber  auch  die  Nothwendigkeit  der  sorgfältigsten  orga- 
nischen Entwickelung  des  Rhythmus  beim  Kunstwerk.  Wie  seine  monotone 
Anordnung  abspannend  wirkt,  so  muss  seine  gegentheilige,  bunt  und  willkühr- 
lich  zusammengewürfelte,  aufreizend  und  zerstreuend  wirken.  Selbst  innerhalb 
des  festgefügten  Satzes  wie  hier,  äussert  sie  sich  in  dieser  Weise: 


Hier  ist  noch  die  strophische  Gliederung  festgehalten,  und  so  erscheint  die  bunte 
Darstellung  der  einzelnen  Glieder  noch  nicht  so  verwildert,  wie  sie  es  in  der 
That  ist;    auch  kann  man  sie  leicht  etwas  ebenmässiger  gestalten: 


Den  Eindruck  vollständiger  Wüstheit  und  Zerfahrenheit  aber  macht  eine  solche 
Rhythmik,  wenn  sie,  was  meist  der  Fall  ist,  auch  auf  die  Gestaltung  im  Grossen 
und  Ganzen  übertragen  wird.  Dann  ist  ihr  ursprünglicher  Zweck,  Ordnung 
in  die  Massen  zu  bringen,  vollständig  verfehlt.  Es  ist  hier  gezeigt  worden, 
wie  schon  auf  der  untersten  Stufe  rhythmischer  Gestaltung  die  ursprünglichste 
Ordnung  verlassen  werden  kann,  in  besondern  Fällen  verlassen  werden  muss, 
ohne  dass  dadurch  auch  nur  eine  Spur  von  Unordnung  herbeigeführt  wird. 
Die  alte  Ordnung  wird  vielmehr  durchaus  festgehalten  und  sie  erhält  nur  dort 
eine  andere  Fassung,  wo  sie  der  individuellen  Anschauung  nicht  mehr  ent- 
spricht. Das  aber  ist  das  einzige,  in  der  Idee  von  der  Rhythmik  begründete 
rechte  Verfahren.  Der  Rhythmus  soll  seine  anregende  und  selbst  aufregende 
Gewalt  nicht  verlieren,  indem  er  sich  in  einem  rhythmisch  ebenmässig  geglie- 
derten Gebäude  darstellt,  er  soll  sie  in  seinem  ganzen  Umfange  ausüben  aber 
nur  so,  dass  er  damit  zugleich  das  Kunstwerk  übersichtlich  und  fassbar  gliedert; 
das  ist  auch  seine  Aufgabe  bei  der  Wortdichtung.  Ihr  ganzer  Inhalt  ist 
in  den  meisten  Fällen  in  durchaus  zureichender  Weise,  durch  die  schmuck- 
loseste Prosa  zu  geben;  wenn  der  Dichter  die  metrische  Form  wählt,  so  thut  er 
dies  eben  nur,  um  in  dem  rhythmischen  Gebäude  der  Empfindung  fassbaren 
und  direkt  wirksamen  Ausdruck  zu  geben.  Diese  gewählte  metrische  Form 
darf  er  aber  dann  nicht  nach  Willkür  gestalten  wollen,  sondern  nach  den  auf 
ihren  innersten  Oi-ganismus  gebauten  Gesetzen.  Wer  die  dichterische  Form 
wählt,  darf  sie  nicht  zur  prosaischen  Unform  verunstalten.  Das  gilt  selbst- 
verständlich noch  vielmehr  von  der  Tonkunst,  für  die  keine  Prosa  vorhanden 
ist,  bei  der,  als  Kunst,  alles  schöne  Form  sein  muss,  die  nur  damit  künst- 
lerische Wirkung  erzielen  kann.  Für  sie  ist  diese  rhythmisch  vollendete  Con- 
struction  noch  w^eit  mehr  nothwendig,  wie  für  die  Dichtkunst  und  sie  wird  um 
so  nothwendiger,  je  complicirter  und  umfangreicher  das  Kunstwerk  erscheint. 
Mit  der  weitern  Ausdehnung  aber  wachsen  auch  die  Mittel,  der  an  und  für 
sich  zunächst  ziemlich  gleichmässig  erfolgenden  Construction,  immer  neu  und 
zugleich  immer  mannichfaltiger  zu  organisiren.  Jene  Buntheit  der  Darstellung 
der  einzelnen  Glieder,  der  musikalischen  Metra,  die  auf  dem  engen  Rahmen 
von  vier  oder  acht  Takten  Hast  und  Unruhe  bewirkt,  lässt  sich  im  weitern 
Rahmen  von  16 — 32  und  mehr  Takten  schon  recht  gut  zur  mannichfaltigeren 
Entwickelung  des  Rhythmus  verwenden.  Durch  die  vei'schiedenartigen  Zusam- 
mensetzungen aber,  welche  schon  bei  den  kleinsten  rhythmischen  Abschnitten 
möglich  sind,  und  die  mit  der  Erweiterung  progressiv  anwachsen,  lässt  sich 
die  höchste  Mannichfaltigkeit  neben  höchster  Gliederung  und  Abgeschlossenheit 


Ricci  —  Kicliault.  380 

des    rhythmischen    Gebäudes    erreichen;    nur    damit   aber    werden    die    höchsten 
Anforderungen,  welche  an  das  Kunstwerk  zu  stellen  sind,  erfüllt. 

Kicci,  David  (VTII,  328),  eigentlich  Kiccio,  wie  ihn  die  Königin  in  einen 
Brief  von  15GG  nennt,  war  der  älteste  Suhu  eines  armen,  aber  achtbaren  Musi- 
kers in  Turin  und  ist  daselbst  gegen  das  Jahr  1520  geboren.  Seine  Eltern 
liessen  dem  begabten  Sohn  eine  sorgfältige  Erziehung  zu  Theil  werden  und 
sandten  ihn  1540,  nebst  seinem  jungem  Bruder  Joseph,  nach  Nizza,  wo  beide 
ein  Unterkommen  in  der  Kapelle  des  Herzogs  von  Savoyen  fanden.  Nach  mehr- 
jährigem Aufenthalt  am  Hofe  des  Herzogs,  traten  sie  in  die  Dienste  des  Her- 
zogs von  Moretto,  in  dessen  Gesandtschaftsgefolge  sie  gegen  Ende  des  Jahres 
1561  nach  Ediuburg  kamen.  Kurze  Zeit  darauf  traten  beide  in  die  Dienste 
der  Königin  Marie  Stuart.  David  zunächst  als  Kämmerling  und  Sänger.  Die 
Königin  hatte  von  Frankreich  drei  Pagen  nach  Schottland  gebracht,  welche  ihr 
Trios  singen  mussten.  Damit  sie  ein  vierstimmiges  Madrigal  zu  hören  bekam, 
wurde  David  Eiccio  als  Basssänger  dazu  engagirt.  1564  wurde  er  dann  Privat- 
secretär  der  Königin.  Er  wird  von  seinen  Zeitgenossen  als  heiterer  Gesell- 
schafter, mit  glänzendem,  jederzeit  schlagfertigem  AVitz,  lebhafter  Phantasie  und 
sanften  gewinnenden  Manieren  geschildert.  Dabei  war  er  hässlich  und  bereits 
über  die  mittlem  Jahre  hinaus,  als  er  von  dem  Dolche  des  Grafen  Douglas 
am   9.  März   1566   durchbohrt  wurde. 

Ricci,  Frederico  (YIII,  329),  starb  in  Conegliano,  wohin  er  sich  nach 
seinem  Aufenthalt  in  Paris  zurückgezogen,  am   10.  December   1877. 

Richards,  Brinley,  ausgezeichneter  Pianist  und  Componist  Englands. 
Sohn  des  Organisten  der  Peterskirche  in  Carmarthen  in  Wales,  wo  er  1819 
geboren  wurde.  Obwol  bestimmt  Mediciner  zu  werden,  beschäftigte  er  sich  doch 
bald  ausschliesslich  mit  dem  Studium  der  Musik,  zu  der  er  sich  unwiderstehlich 
hingezogen  fühlte.  Er  erhielt  durch  die  Protektion  des  Herzogs  Newcastle  und 
des  Grafen  Westmoreland  eine  Freistelle  auf  der  königl.  Musikakademie  in  Lon- 
don und  bildete  sich  hier  zu  einem  der  bemerkenswerthesten  Pianisten  der  Gegen- 
wart in  England.  Hauptsächlich  in  der  "Wiedergabe  classischer  Claviercom- 
positionen  nimmt  R.  einen  hervorragenden  Platz  ein,  und  errang  bei  seinem 
öffentlichen  Auftreten  in  England,  sowol  wie  in  Deutschland,  Frankreich  und 
Italien  die  grösste  Zustimmung  der  Zuhörer.  In  Paris  lernte  er  Chopin  kennen 
und  benutzte  auch  dessen  Rathschläge.  Nach  seiner  Bückkehr  nach  England 
erhielt  er  alsbald  die  Stelle  eines  Professors  an  dem  Institut  aus  dem  er  her- 
vorgegangen ist.  Als  Componist  entwickelte  er  ebenfalls  eine  bedeutende  Thätig- 
keit,  wobei  die  Clavierliteratur  den  Vorzug  erhielt.  Seine  sehr  zahlreichen 
Compositionen  für  dies  Instrument  bestehen  in  einigen  Concerten,  Etüden, 
Genre-  und  Salonstücken.  Er  schrieb  ausser  diesen  für  Orchester  eine  Ouver- 
türe in  F.,  und  den  in  den  drei  Königreichen  populär  gewordenen  Marsch 
»der  Carmarthen«;  ferner  die,  im  Walliserland  ebenfalls  berühmt  gewordenen 
Vocalwerke  »Gesang  der  Walliser  Krieger«,  »Walliser  Harfe«,  y^God  hless  ihe 
Prince  of  Walest.  Ausser  diesen  componirte  er  noch  religiöse  und  auch  andere 
weltliche  Gesänge. 

Richardsou,  John  Elliot,  englicher  Pianist,  Organist  und  Componist  der 
Gegenwart,  war  Schüler  der  Singeschule  der  Kathedrale  zu  Salisbury  und  nach- 
dem, während  fünf  Jahren,  des  Organisten  Corfe.  Seit  1863  ist  er  an  der 
genannten  Kirche  Organist  und  Chordirektor.  Er  schrieb  mehrere  Messen, 
Anthems  und  andere  religiöse  Compositionen. 

Richanlt,  Charles  Simon,  der  Begründer  der  Verlagshandlung  gleichen 
Namens,  einer  der  bedeutendsten  in  Frankreich,  wurde  1780  geboren.  Nach- 
dem er  eine  Zeit  lang  bei  Momigny  Commis  gewesen  war,  reifte  der  Plan  in 
ihm,  selber  einen  Verlag  zu  begründen,  und  er  strebte  die  Ausführung  dessel- 
ben zunächst  dadurch  an,  dass  er  nach  beendeter  Tagesarbeit  diejenigen  Werke, 
welche  er  zu  veröffentlichen  gedachte,  selber  zu  stechen  begann.  1805  richtete 
er  sich  in  ßue  Grange-Bateliere   ziemlich   bescheiden  ein,    vermochte   aber  das 


390  Richault  —  Richomme. 

Geschäft  uach  und  nach  zu  Ruf  und  Ansehen  zu  bringen.  Ausser  den  vielen 
Werken  seiner  zeitgenössischen  Landsleute,  brachte  er  den  Franzosen  als  der 
erste,  die  Lieder  und  Clavicrwerke  Fr.  Schuberts  und  auch  anderer  deutscher 
Meister.  Nachdem  er  wegen  der  Ausdehnung  des  Geschäftes  bereits  einmal 
den  Platz  gewechselt  hatte,  verlegte  er  es  1862  nach  dem  Boulevard  des  Italiens. 
Hier  starb  er  im  Februar  1866,  mehr  als  ein  halbes  Jahrhundert  später  nach- 
dem er  sein  Haus  gegründet.     Sein  Sohn: 

Bichault,  Simon,  geboren  1806,  seit  Jahren  des  Yaters  Mitarbeiter, 
führte  es  nach  dem  Tode  desselben  nach  gleichen  Principien  weiter.  Auch  er 
bereicherte  den  Verlag  durch  viele  bedeutende  Werke,  und  vermehrte  ihn  auch 
noch  durch  die  Hinzunahme  des  Verlags  von  Pacini,  der  viele  Opernpartituren 
enthält.  R.  starb  in  Paris  am  7.  Februar  1877,  wiederum  dem  Sohne  das 
Geschäft  überlassend.     Dieser: 

Richault,  Leon,  ist  der  jetzige  Leiter  der  berühmten  Firma,  die  einen 
Catalog  aufweist,  der  über  18,000  Nummern  zählt,  und  darunter  die  Namen: 
Cherubini,  Boieldieu,  Mehul,  Meyerbeer,  Niedermeyer,  Onslow,  Kreutzer,  Spon- 
tini,  Carafa,  Ad.  Adam,  Ries,  Marschner,  Rossini,  Donizetti,  Bellini,  Monpou, 
Mercadante,  Vaccaj,  Coppola,  Cimarosa,  Marliani,  Zingarelli,  Pacini,  Ricci, 
Balfe,  Paer,  Paisiello,  Gretry,  Nicolai,  Ambr.  Thomas,  H.  Berlioz,  0.  Masse, 
Duprato,  Bazin,  Thalberg,  Mendelsohn,  Schumann,  Gramer,  Moscheies,  Pixis, 
Hummel,  Reissiger,  Döhler,  Lysberg,  A.  Mereaux,  Rosellen,  Liszt,  Alkan,  Schul- 
hotf,  Wilmers,  St.  Heller,  Herz,  Rode,  Viotti,  Baillot,  Paganini,  Robberechts, 
Spohr,  Habeneck,  Mayseder,  Fesca,  Servais,  Dotzauer,  Kalliwoda,  Romberg, 
Ernst,  Lee,  Piatti  u.  a.  enthält.  Neben  diesen  brachte  die  Firma  zahlreiche 
Ausgaben  deutscher  Classiker.  Die  Ciavierauszüge  der  Beethovenschen  Sin- 
fonie  erschienen  zuerst  bei  Richault. 

Kichert,  Felix,  Pianist  und  Componist,  lebte  als  Musiklehrer  in  der 
Provinzialstadt  Tonnerre  (Tonne).  Er  gab  ausser  Ciavier-  und  einigen  Gesangs- 
compositionen mehrere  Schulen  heraus:  y>U art  de  jouer  le  ^nano  siiivant  les  lois 
de  la  nattirevi  (Paris,  Leduc,  1  vol.  12,  216  p.),  es  ist  ein  technisches  Hand- 
buch, in  welchem  durch  methodische  Analyse  aller  Schwierigkeiten  ein  System 
in  wissenschaftlicher  Form  dargelegt  wird.  Die  auf  dem  Princip  der  möglich- 
sten Einfachheit  gebaute  Theorie  des  Fingersatzes  in  dem  interessanten  Werk 
ist  vortrefflich.  Ferner  veröffentlichte  er:  •t>Mcole  pratique  du  pianiste  suivant 
Vetat  technique  actuel  de  Vart  de  jouer  le  piano^<~  (Paris,  Leduc);  -aCours  tJieoriqtoe 
et  pratique  de  jnusique  vocale,  conte?iant  un  expose  analytique  et  raisonne  des  prin- 
cipes  de  Vart  du  chant  etc.<t  (Paris,  Leduc,  quatre  editions);  r>Traite  elementaire 
du  plain-chant<i  (id.  id.);  y>Guide  methodique  du  professeur  de  piano  etc.«  (Paris, 
libr.  intern.   1866,  in   12). 

Bichmond,  William  Henri,  Pianist,  Organist  und  Componist  in  England, 
Schüler  von  J.  Rhodes  und  Marsh.  Er  wurde  Oi'ganist  an  den  Kirchen  zu 
Knaresboroug  in  York,  dann  in  Dundee  in  Schottland,  wo  er  zugleich  in  mehreren 
Chor-  und  Kirchenvereinen  und  als  Pianist  in  der  musikalischen  Gesellschaft 
mitwirkte.  Seine  Compositionen  bestehen  in  einem  Triumpfmarsch,  einem  Andante 
für  Orgel,  mehreren  Messen,  Offertorien,  Intraden  und  andern  Kirchenstücken. 

Richonime ,  Frangois,  Kammerviolinist  des  Königs  Henri  IV.  und 
Louis  XIIL,  wurde  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  geboren.  Nach 
dem  Tode  von  Pierre  Roussel  folgte  er  diesem  in  dem  Amt  als  »König  der 
Geiger«.  1620  bekleidete  er  noch  diese  Würde,  denn  in  dem  genannten  Jahre 
(s.  Jal.  Dictionnaire  critique  de  hiograpliie  et  d'kistoire)  hatte  er  eine  Streitigkeit 
mit  vier  Musikern  der  Kapelle  Louis  XIII.,  welche  erstens,  dem  Hofe  auf 
seinen  Reisen  nicht  folgen,  und  zweitens,  ohne  die  Erlaubniss  des  Geiger- 
Königs  in  der  Stadt  Tanzunterricht  geben  wollten.  R.  verklagte  sie  beim 
königlichen  Gerichtshof  in  Paris,  wo  ihnen  denn  auch,  selbst  nach  einer  Appel- 
lation,   aufgegeben    wurde,    dem    Hofe    zu    folgen    und   ohne  Erlaubniss    »de  sa 


llichter  —  Kicordi.  391 

Majeste  FniiK^ois  Eichoiumea  keinen  Tanzunterricht  zu  ertheilen.  Die  Sentenz 
ist  vum   2;;.   März   IGl'U. 

Kifhter,  Kriist  Friedrich  Eduard  (VIII,  333),  starb  in  Leipzig  am 
9.  April   1879. 

Kichter,  Ernst  Heinrich  Leopold  (VIII,  334),  starb  am  24.  April  1876. 

Richter,  Hans,  einer  der  talentvollsten  Jüngern  Orchesterdirigenten  der 
Gegenwart,  ist  zu  Raab  in  Ungarn  am  4.  April  1843  geboren.  Sein  Vater 
Kapellmeister  der  Kathedrale  in  Raab,  unterwies  ihn  in  den  Anfängen  der 
Musik,  starb  aber  bereits,  als  der  Knabe  zehn  Jahr  alt  war.  Dieser  kam  nun 
nach  Wien,  wo  er  als  Chorknabe  in  die  Hofkapolle  aufgenommen  wurde,  und 
1859  ins  Conservatorium  eintrat.  Er  war  hier  in  der  Theorie  Schüler  von 
Sachter  und  llellmesberger,  und  bildete  sich  unter  Kleincke  zum  Hornvirtuosen 
aus.  Als  solcher  gehörte  er  auch  zum  Orchester  der  kaiserlichen  Oper.  Einige 
Jahre  später  wurde  er  auf  die  Empfehlung  des  Kapellmeisters  Esser  von  R.  Wag- 
ner nach  Luzern  gerufen,  um  eine  Abschrift  von  der  Partitur  der  Oper  »die 
Meistersinger«  anzufertigen.  R.  verweilte  in  Luzern  vom  October  1866  bis 
zum  December  1867,  und  verliess  Luzern  als  begeisterter  Anhänger  Wagners. 
Durch  die  Vermitteluug  des  letzteren  erhielt  er  1868  die  Stelle  eines  Chor- 
direktors  am  Hoftheater  in  München.  1869  ging  er  nach  Paris  und  dann 
nach  Brüssel,  wo  er  Proben  und  Aufführung  der  ersten  Lohengrin-Vorstellung 
(1870)  mit  grossem  Erfolg  leitete.  Hierauf  begab  er  sich  wieder  zu  R.  Wagner, 
um  die  Cqpie  der  Partitur  »Der  Ring  des  Nibelungen«  auszuführen.  1871 
übernahm  er  die  Direction  des  Orchesters  am  Nationaltheater  in  Pest,  die  er 
1875  mit  der  Stelle  eines  Orchesterdirigenten  an  der  Wiener  Hofoper  ver- 
tauschte, welche  er  noch  bekleidet.  1876  wurde  ihm  von  Richard  Wagner  für 
die  Aufführung  der  Nibelungen-Trilogie  in  Baireuth  das  Einstudiren  und  die 
Direction  derselben  übertragen,  welche  Aufgabe  er  mit  grossem  Erfolge  löste. 
Ebenso  begleitete  er  Wagner  nach  London,  als  dieser  Fragmente  seiner  Dramen 
dort  zur  Aufführung  brachte.  Er  nahm  auch  hier  Theil  an  der  Direction  und 
an  den  persönlichen  Erfolgen  Wagners.  In  Wien  ist  er  zur  Zeit  an  Stelle 
Dessoffs  Leiter  der  Philharmonischen   Concerte. 

Ricordi,  Giovanni,  berühmter  Musikalienverleger  in  Italien,  geboren  in 
Mailand  1785,  starb  daselbst  am  15.  März  1853.  Er  war  ursprünglich  nur 
unbemittelter  Notencopist,  der  in  einer  Art  Bude,  zwischen  zwei  Säulen  des 
Archivgebäudes  auf  dem  Platz  dei  Mercanti  in  Mailand  seinen  Stand  hatte. 
Aber  er  war  jung  und  intelligent  und  fasste  den  Plan  seine  Situation  durch 
commercielle  Unternehmen  zu  verändern.  Die  erste  Gelegenheit  hierzu  brachte 
ihm  die  Oper  »i  Pretendenti  deluski  von  Luigi  Mosca,  deren  erster  ei'folgreichen 
Aufführung  er  beiwohnte.  Er  suchte  den  Componisten  auf,  und  bot  demselben 
eine  Summe  von  hundert  Thalern  für  die  Cession  der  Oper.  Es  war  in  Italien 
noch  nicht  Brauch,  dass  die  Componisten  auf  diese  AVeise  für  ihre  Werke  nur 
irgend  etwas  erhielten,  und  so  ging  Mosca  auf  den  Vorschlag  ein.  Diesen 
Handel  schloss  R.  im  Herbst,  und  noch  vor  Beginn  des  Carnevals  hatte  er  an 
verschiedene  Impressarios  wol  fünfzehn  Copien  der  Partitur  verkauft.  Er 
miethete  nun  einen  Laden  und  erweiterte  sein  Geschäft  nach  und  nach  der- 
gestalt, dass  es  eins  der  bedeutendsten  Musikalienverlagsgeschäfte  in  Europa, 
jedenfalls  das  grüsste  in  Italien  geworden  ist,  durch  welches  der  Musikalien- 
handel in  diesem  Lande  eigentlich  begründet  wurde.  R.  besuchte  Deutschland 
um  sich  dort  über  die  vortheilhafteste  Art  von  Stich,  Druck  und  Veröffentlichung 
der  Musikalien  Kenntniss  zu  verschaffen.  Bald  stand  er  mit  allen  bedeutenden 
Componisten  Italiens  in  Verbindungen,  und  dehnte  seine  commei'ziellen  Be- 
ziehungen über  alle  Theile  Europas  und  noch  weiter  hinaus  aus.  Um  seinem 
Verlage  noch  einen  neuen  Hintergrund  zu  geben,  gründete  er  die  »Gazetta 
musicalci,  die  unter  der  Redaction  von  A.  Mazzucato  in  Italien  von  EinÜuss 
war.     Das  Geschäft  ging  auf  seinen  Sohn  über : 

Ricordi,  Tito,  der  es  im  Sinne  des  Vaters  weiterführte  und  dieselbe  grosse 


392  Ricordi  —  Riga. 

Umsicht  und  Rührigkeit  entwickelte  wie  dieser.  Nach  einem  ungefähr  siebzig- 
jährigen Bestehen  hat  das  Haus  46,000  Werke,  von  mehr  als  2500  italienischen 
und  fremden  Componisten  herausgegeben.  Es  werden  jährlich  ungefähr  40,000 
Platten  hergestellt,  dei'en  das  Magazin  überhaupt  600,000  besitzt,  nachdem 
8 — 10,000  jährlich  eingeschmolzen  werden.  Es  befinden  sich  im  Hause  Ateliers 
für  Stich,  Typographie,  Lithographie,  Cromolithographie  und  Buchbinderwerk- 
stätten. Der  1875  erschienene  Catalog  bildet  einen  B;ind  von  738  Seiten. 
Ein  Schatz  des  Hauses  ist  die  Authographensammlung  von  2 — 300  Partituren 
von  allen  Opern,  die  seit  der  Gründung  des  Hauses  durch  dasselbe  veröffent- 
licht worden  sind.  Aus  Gesundheitsrücksichten  ist  die  Leitung  der  Geschäfte 
einer  di'itten   Generation,  wiederum  den  Händen  eines  Sohnes  anvertraut: 

Ricordi,  Giulio,  geboren  1835,  ist  der  heutige  Chef  des  berühmten 
Hauses.  Er  erhielt  eine  ausgezeichnete  Erziehung,  von  welcher  er  vei'schiedent- 
lich  Zeugniss  ablegte.  Zunächst  machte  er  sich  bekannt  durch  gegen  200  Com- 
positionen  verschiedenen  Genres,  darunter  Quartette,  Trios,  Etüden,  und  die 
Musik  zu  einem  Ballet,  aufgeführt  in  Mailand  (La  Scala)  und  Claviercompo- 
sitionen.  Als  gewandter  Schriftsteller  nimmt  er  Theil  an  der  Redaction  der 
»Gazetta  musicale«  und  zeichnet  für  seine  Verlagswerke  die  sehr  hübscheu 
Titelblätter.     Das  Haus  besitzt  Filialen  in  Rom,  Florenz,  Neapel  und  London. 

Ridley,  "William,  englischer  Organist,  Pianist  und  Componist  der  Gegen- 
wart, war  von  1836  — 1844  Schüler  von  Henry  Forbes  im  Clavierspiel  und  von 
Dearle  in  der  Composition.  Nachdem  er  Chordii-ektor  und  Organist  an  den 
Kirchen  verschiedener  Städte  gewesen,  übt  er  dieselben  Functionen  zur  Zeit 
an  einer  der  Hauptkirchen  in  Liverpool.  Er  gab  heraus:  1)  256  Anthem's 
von  ihm  für  den  Gebrauch  in  den  Parochialkirchen  geschrieben;  2)  eine  Samm- 
lung von  301   alter  und  neuer  Gesänge;   3)   y>JPsautier  ponctue  j)our  le  chanta. 

Rie,  Bernard,  Pianist,  Componist  und  Lehrer,  ist  am  25.  October  1839 
zu  Prag  geboren.  Seinen  früh  hervortretenden  Anlagen  entsprechend,  erhielt 
er  schon  vom  sechsten  Jahre  an  Unterricht  im  Clavierspiel,  und  konnte,  elf 
Jahr  alt,  im  Theater  in  Prag  ein  Beethovensches  Concert  mit  vielem  Erfolge 
spielen.  Alexander  Dreyschok  unterrichtete  ihn  von  dieser  Zeit  an  bis  1856, 
zu  welcher  Zeit  ß.  eine  Kunstreise  durch  Deutschland  unternahm.  Nachdem 
er  in  Prag  noch  bei  dem  Organisten  C.  Pitsch  Compositionsstudien  gemacht, 
ging  er  1858  nach  Paris.  Er  wurde  hier  als  Virtuose  sehr  vortheilhaft 
bekannt,  entsagte  aber  bald  dem  öffentlichen  Auftreten,  und  widmete  sich  ganz 
dem  Unterricht  im  Clavierspiel,  auf  welchem  Gebiet  er  sich  in  Paris  eine  her- 
vorragende Stellung  errang.  Ausser  Genrestücken  für  Piano,  gab  er  folgende 
Studienwerke  heraus:  «JSccercices  des  cinq  doigts,  ouvrage  ecrit  principalement  en 
vue  des  nomhreuses  comhinaisons  des  doigts  et  de  leur  independancea  (Op.  32) ; 
r>Etudes  speciales  et  progressives  de  mecanismea  (Op.  34);  y>Le  Debüt,  25  etudes 
facilesu  (Op.  33);  »ie  Progres,  25  etudes  preparaioires<i  (Op.  35);  s^VIndepen- 
dance  des  doigts,  25  etudes  pour  delier  les  doigts«  (Op.  36);  y)25  Etudes  d'agilitev. 
(Op.  37);  25   Etudes  de  velocitea  (Op.  38). 

Riechers,  August,  geboren  den  8.  März  1836,  einer  der  besten  Geigen- 
macher der  Gegenwart,  lernte  bei  Bausch  in  Leipzig  die  Kunst  des  Geigenbaues 
und  etablirte  sich,  nachdem  er  in  verschiedenen  Fabriken  gearbeitet  hatte,  gegen 
1862  in  Hannover.  Auf  Veranlassung  Joachims  siedelte  er  1871  nach  Berlin 
über.  Seine  Instrumente,  bei  denen  er  Stradivarius,  Guarnerius  u.  s.  w.  imitirt, 
zeichnen  sich  durch  edlen  Ton  aus. 

Rietz,   Julius   (VIII,  348),  starb  am   12.   September  1877   in  Dresden. 

Riga,  Fran^ois,  belgischer  Componist  der  Gegenwart,  ist  am  21.  Januar 
1831  in  Lüttich  geboren.  Er  empfing  den  ersten  Musikunterricht  von  dem 
Organisten  und  Kapellmeister  Dieudonne  Duguet,  und  besuchte  später  das  Con- 
servatorium  in  Brüssel,  wo  er  ein  Schüler  von  Bosselet,  Fetis,  des  Organisten 
Lemmens  und  Ch.  Hansens  wurde.  Nachdem  übernahm  er  die  Kapellmeister- 
stelle   an    der  Kirche    »des  Minimes«  und  entfaltete  eine  bedeutende  Thätigkeit 


Rimski-Korsakoir  —  Kitter.  393 

als  Componist.  Seine  Hauptwerke  gehören  dem  religiösen  Genre  an,  und  sind 
in  Belgien  und  in  Frankreich  sehr  verbreitet  und  auch  in  anderen  Ländern 
hekiviint.  Die  Zahl  dorselben  reicht  bis  sechzig  und  die  meisten  sind  mit 
Orchesterbegleitung  geschrieben.  Es  gehören  dazu:  f^ine  Messe  für  vier  Männer- 
stimmen mit  Orchester,  in  allen  Hauptstädten  Belgiens  wie  in  Valenciennes, 
Haag,  Florenz  u.  a.  aufgeführt;  ein  grosses  Te  Deum,  sehr  beifällig  aufgenom- 
men; ein  Ave  verum;  Salve  regina;  Tota  pulchra:  Tantum  ergo;  Ave  Regina: 
Alma  Eedemptoris;  Cor  Jesu;  Ave  Maria  für  zwei  Stimmen;  Pie  Jesu;  Jesu 
doloris;  Pater  noster;  Sub  tuum;  Hymne  ä  saint  Joseph,  für  drei  Stimmen: 
Motetten  für  zwei  und  drei  Stimmen.  Auf  dem  Gebiete  des  weltlichen  Gesancres 
seien  genannt:  einige  zwanzig  Frauenchöre  mit  Clavier])egleitung;  Noi"l  für 
eine  Stimme,  Doppelchor  und  Orchester;  Scene  maritime,  für  vier  Stimmen, 
Solo  und  Orchester;  Fatala  von  La  Fontaine;  drei  Concertouverturen;  Compo- 
sition  für  Violine,  Yioloncell  und  Hörn,  für  Ciavier  zu  2,  4  und  8  Händen 
und  Einzel-Gesänge.     R.  ist  Ritter  des  Leopoldordens. 

Kimski-Korsakoif,  Nicolas  Andreas,  russischer  Tonkünstler,  ist  zu  Tich- 
win  1844  geboren.  Er  war  schon  Offizier  der  kaiserlichen  Marine  als  er  diese 
Carriei-e  verliess,  um  sich  nach  seiner  Neigung  ganz  der  Musik  zu  widmen. 
Durch  eingehende  Studien  gelangte  er  dahin,  sich  den  beachtenswerthesten 
Coraponistcn  in  Russland  anzureihen.  Er  schrieb  zahlreiche  Werke  des  ver- 
schiedensten Genres.  Seine  vieraktige  Oper:  y>Ps/iOvitai)iei-(,  wurde  in  Petersburg 
mit  vielem  Erfolu'  aufgeführt ;  ebenso  die  sinfonische  Dichtung  »Sadkoa.  Ausserdem 
componirte  er  Sinfonien;  Werke  für  Kammermusik;  eine  Fantasie  für  Orchester; 
Chore.  Romanzen,  Lieder.  Bruchstücke  eines  dramatischen  Werkes  erschienen  ge- 
druckt bei  Besscl  !n  Petersburg;  ferner  veröffentlichte  er  »Hundert  russische  Volks- 
lieder mit  Ciavielbegleitung«.  Er  ist  Direktor  der  Musikschule  mit  freiem  Unter- 
richt in  Petersburg  und  Lehrer  mehrerer   Classen  am   Conservatorium    daselbst. 

Ilinck,  Gustave,  Pianist  und  Componist,  lebt  in  Bordeaux,  wo  er  als 
ausführender  Künstler  sehr  geschützt  ist.  Auch  als  Componist  hat  er  die  Auf- 
merksamkeit mehr  und  mehr  auf  sich  gezogen.  Er  schrieb:  ein  Clavierconcert 
mit  Begleitung  von  Streichinstrumenten;  ein  Quartett  für  Ciavier  und  Streich- 
instrumente; Menuet  und  Fuge  für  Streichinstrumente;  Tarantella  für  Violine 
und  Violoncello;  Vocalcompositionen  unter  denen  nlTi/jnne  triomphalea  gerühmt 
wird  und  die  zweiaktige  Oper  y>Matlemoiselle  de  Kerveim  mit  Beifall  im  grossen 
Theater  von  Bordeaux  am   10.  April   1877   aufgeführt. 

Kintzkf,  Christoph  von  St.  Florian  in  Oestreich,  Orgelbauer  und  Organist, 
lebte  in  Braunau,  Linz  u.  s.  w. ;  im  Jahr  1580  wurde  er  vom  Rath  in  Ulm 
als  Organist  am  Münster  in  Dienst  genommen,  nach  eingezogener  Kundschaft 
»weil  er  guter  Organist  und  Pedalist,  auch  geschickter  Musiker  und  wegen 
seiner  Kunst  in  Linz  und  im  Kloster  Weylern,  wo  er  auch  die  Orgel  verfer- 
tigte, sehr  beliebt  gewesen  sei«.  Im  Jahre  1.591  gerieth  er  mit  dem  Orgel- 
macher Sturm   in   Streit,  dieser  verliess   1593  Ulm.     R.  starb  dort   1595. 

Rischbieter,  Wilh.  Albert,  geboren  1834  in  Braunschweig,  war  Schüler 
von  Hauptmann  und  ist  seit  1862  Lehrer  der  Harmonie  und  des  Contrapunkts 
am  Conservatorium  in  Dresden.  Er  veröffentlichte  ausser  theoretischen  Schriften 
auch  einige  Compositionen. 

Ritter,  Hermann,  ist  am  16.  September  1849  in  Wismar  (Mecklenburg) 
geboren.  Seine  früh  erwachte  Neigung  zur  Musik  veranlasste  ihn  als  Knabe 
von  8  Jahren  schon  die  Erlaubniss  zum  Eintritt  in  den  Schweriner  Domchor 
zu  erbitten,  die  ihm  denn  auch,  da  er  mit  einer  hübschen  Stimme  begabt  war, 
gewährt  wurde.  Hier  lernte  er  die  trefflichsten  Werke  des  a  capella-Gesanges 
kennen ;  sein  Musiksinn  erhielt  dadurch  entsprechende  Förderung  und  so  reifte 
der  Gedanke,  Musiker  zu  werden,  in  ihm  zur  That.  Er  erwählte  die  Violine 
zu  seinem  Instrument  und  ging  dann ,  mit  Unterstützung  Seitens  des  Gross- 
herzogs von  Mecklenburg-Schwerin  1865  nach  Berlin  und  trat  als  Schüler  in 
die  »Neue  Akademie  der  Tonkunst«,  wo  Grüuwald  sein  Violinlehrer  wurde  und 


394  Robert-Mazel  —  Roberti. 

"Wüerst  ihn  in  der  Theorie  unterrichtete.  1870  verliess  er  die  Anstalt,  an  der 
er  im  letzten  Jahre  auch  als  Lehrer  der  Elementarviolinclasse  thätig  gewesen 
war  und  nahm  noch  Unterricht  bei  Joachim.  Noch  in  demselben  Jahre  trat 
er  als  Violinist  in  die  Hofkapelle  des  Grossherzogs  von  Mecklenburg-Schwerin; 
von  1872 — 1873  genügte  er  seiner  Militärjiflicht  als  Einjährig-Freiwilliger  und 
ging  dann  als  städtischer  Musikdirektor  nach  Heidelberg.  Allein  diese  Stellung 
sagte  ihm  so  wenig  zu,  dass  er  sie  nach  Ablauf  von  drei  Vierteljahren  wieder 
aufgab  und  nun  beschloss,  der  Musik  zu  entsagen  und  sich  den  Wissenschaften 
zu  widmen.  Er  besuchte  zu  diesem  Behufe  seit  1874  die  Universität  Heidel- 
berg und  studirte  mit  Eifer  Philosophie,  allgemeine  Kunstgeschichte  und  Ar- 
chäologie; allmählig  aber  gewann  auch  wieder  die  Liebe  zur  Musik  die  Oberhand; 
er  beschäftigte  sich  jetzt  eingehend  mit  seinem  Lieblingsinstrument  der  Bratsche 
und  bald  reifte  in  ihm  der  Gedanke,  dasselbe  aus  seiner  untergeordneteren 
Stellung  innerhalb  des  Streicherchors  zu  erheben.  Eifrig  studirte  er  die  Ent- 
wickelungsgeschichte  der  Streichinstrumente  und  ihren  Bau;  machte  eingehende 
akustische  Studien  und  gelangte  endlich  dazu  Bau  und  damit  die  Leistungs- 
fähigkeit des  Instruments  zu  verbessern.  Er  giebt  darüber  in  einer  Schrift: 
»Die  Geschichte  der  Viola  alta  und  die  Grundzüge  ihres  Baues  (Heidelberg  1876, 
zweite  Auflage  Leipzig  1877)  genauen  Bericht.  Das  Instrument  erwarb  den 
Beifall  der  Pachkenner  und  auf  einer  Kunstreise  im  Winter  1876 — 77  brachte 
es  R.  auch  in  die  Oeffentlichkeit  mit  durchschlagendem  Erfolg.  Der  Gross- 
herzog von  Mecklenburg- Schwerin  ernannte  ihn  zum  Kammermusiker  und  ver- 
lieh ihm  das  goldene  Verdienstkreuz  des  Ordens  der  wendischen  Krone.  Im 
Herbst  1879  wurde  er  an  die  Würzburger  Musikschule  als  Lehrer  der  Aesthe- 
tik  und  Geschichte  der  Musik  berufen.  Ausser  dem  genannten  Werk  über 
die  Viola  alta  veröffentlichte  er  auch  eine  Anzahl  Transscriptionen  für  das  In- 
strument und  Pianoforte.  Andere  hierauf  bezügliche  Arbeiten  sind  noch  Manuscript. 

Kobert-Mazel,  Helene  Mlle.,  Pianistin,  Componistin  und  Lehrerin,  machte 
sich  anfang  der  dreissiger  Jahre  als  VirtuosiA  und  als  Componistin  vortheilhaft 
bekannt.  Es  erschienen  von  ihr  (Paris,  Delahante)  ansprechende  Liedex",  Roman- 
zen, Balladen  und  eine  Cantate  »Ze  Jugement  dernierv.  Sie  widmete  sich  dem 
Unterricht  und  zwar  mit  Vorliebe  dem  Gesangunterricht  der  Kinder,  für  welchen 
Gegenstand  sie  die  zwei  AVerke  verfasste:  1)  -aConcert  des  enfantsa,  eine  Folge 
von  kleinen  Stücken  für  eine  oder  zwei  Stimmen,  in  dem  Umfange  der  Kinder- 
stimme; 2)  riG-uide  musical  de  Venfance'i,  enthaltend  die  vollständigen  Elemen- 
tarregeln in  kleine  Lectionen  eingetheilt  und:  »Solfeggien  zur  Uebung  und 
Erholung«,  in  allen  Dur-  und  Molltonarten  welche  mit  drei  Tönen  beginnen 
und  die  Octave  der  Kiuderstimme  nicht  überschreiten  (Paris,  in  8^').  Ad.  Adam 
giebt  den  Compositionen  der  Mlle.  B,.  ein  sehr  lobendes  Zeugniss  und  bezeichnet 
sie  als  bei  weitem  interressanter,  als  das  was  man  gewöhnlich  auf  diesem  Ge- 
biete von  Frauen  gewohnt  ist,  und  als  etwas  von  der  deutschen  Schule  Webers 
und  Schuberts  angehaucht. 

Roberti,  Giulio,  italienischer  Gesanglehrer,  Componist  und  Musikschrift- 
steller, wurde  am  14.  November  1823  zu  Bärge  in  Piemont  geboren.  Auf  den 
Wunsch  seiner  Eltern  zur  Advocatur  bestimmt,  widmete  er  sich  nach  erreichtem 
Jünglingsalter  dem  Studium  der  Hechte,  gab  jedoch  nach  vollständiger  Absol- 
viruug  desselben  seiner  Neigung  zur  Musik  nach  und  begann  nun  die  Com- 
position  zu  studiren,  dabei  geleitet  von  dem  gelehrten  Turiner  Meister  Luigi 
Felice  Rossi,  welcher  noch  durch  den  Padre  Mattei  und  durch  Zingarelli  die 
gediegenen  Traditionen  der  Bologneser  und  der  Neapolitanischen  Schule  unmit- 
telbar empfangen  hatte.  So  konnte  E.  bereits  1849  als  Operncomponist  vor 
das  Turiner  Publicum  treten  und  mit  seinem  Erstlingswerk  y>Piero  de''  Medicia, 
im  Theater  Carignano  einen  ermuthigenden  Erfolg  erringen.  Auch  in  Paris, 
wohin  er  bald  darauf  übersiedelte,  fanden  seine  Compositionen  allgemeinen  Bei- 
fall ,  gleichwol  aber  fand  er  sich  durch  den  Misserfolg  seiner  zweiten  Oper, 
des    1858    im    Turiner    Theater  Vittorio  Emanuele  aufgeführten  »Petrarca«  be- 


Kobcrti.  395 

wogen,  die  musikalische  Laufbahn  zu  verhisscu,  und  nach  Paris  zurückgekehrt, 
in  den  Verwaltuugsrath  einer  Eisenbahngcsellschaft  als  Beamter  einzutreteu. 
In  seinen  Freistunden  fuhr  er  trotzdem  fort  zu  coiiip<jniren.  Die  Frucht  der- 
selben war  eine  Messe  für  vier  Stimmen  mit  Orchester,  welche  zuerst  in  London 
zur  Autlührung  gelangte  und  vom  dortigen  Publicum  so  warm  aufgenommen 
wurde,  dass  eine  Reihe  von  englischen  Städten  sie  ebenfalls  zur  Aufführung 
brachten  und  das  Haus  Novello  Sc  Co.  sie  veröffentlichte.  K.  aber  wurde  durch 
diesen  Erl'ulji:  veranlasst,  sich  aufs  Neue  ausschliesslich  der  Kunst  zu  widmen; 
er  nahm  nunmehr  seinen  Wohnsitz  in  London  und  begann  hier  eine  schöpferische 
Thätigkeit  zu  entfalten,  von  deren  Fruchtbarkeit  zahlreiche,  in  den  ersten 
Londoner  Verlagshandlungen  erschienene  Werke  für  Kirche  und  Kammer  Zeug- 
uis8  ablegen. 

Durch  Familienverhältnisse  veranlasst  in  sein  Vaterland  zurückzukehren, 
fixirte  sich  R.  in  den  sechziger  Jahren  in  Florenz,  wo  er  bald  nach  seiner  Ankunft 
ein  neues  Feld  der  musikalischen  Wirksamkeit  betrat.  In  der  Erinnerung  an 
die  grossartigen  Leistungen  der  Dilettantenchöre  in  England  und  von  dem 
Wunsche  beseelt,  seine  Landsleute  zur  Nacheiferung  des,  vom  Auslände  gege- 
benen Beispiels  anzuspornen,  begründete  er  zunächst  eine  Chorgesangschule  für 
die  Zöglinge  der  Erziehungsanstalt  »Pia  casa  di  Lavoro«  und  später  (Sommer 
1869)  Abendeurse  zum  unentgeldlichen  Chorgesangunterricht  in  seiner  Wohnung. 
Der  Erfolg  dieser  Bestrebungen  war  ein  über  alle  Erwartung  glänzender,  denn 
bereits  im  nächsten  Jahr  trat  der  junge  Verein  mit  Ehren  in  die  Oeflfentlich- 
keit  und  bewies  durch  den  mustergültigen  Vortrag  der  Werke  eines  Palestrina, 
Marcello,  Cherubini  u.  a.,  dass  R.'s  Bemühungen  zur  Wiederbelebung  des  Ge- 
schmackes für  classische  Musik  nicht  vergebens  gewesen  waren.  Auch  an 
äusseren  Auszeichnungen  fehlte  es  dem  Künstler  bei  dieser  Vei'anlassuug  nicht, 
an  höherem  Orte  wurden  seine  Verdienste  durch  Verleihung  des  Ritterkreuzes 
der  italienischen  Krone  anerkannt,  und  der  Magistrat  von  Florenz  übertrug 
ihm  die  Oberleitung  des  Gesangunterrichts  in  den  städtischen  Schulen.  Nun- 
mehr war  es  R.'s  erste  Sorge,  ein  Seminar  zur  Heranbildung  tüchtiger  Elemen- 
tar-Gesanglehrer,  sowol  männlicher  als  weiblicher  zu  errichten;  schon  nach 
einem  Jahre  konnte  er  32  Personen  mit  dem  Zeugniss  der  Reife  für  diesen 
Beruf  entlassen,  die  nun  ihrerseits  auf  einen  Complex  von  über  1000  Schülern 
die  erlangten  Fähigkeiten  übertrugen  und  so  glückliche  Resultate  erzielten,  dass 
bei  einer  öffentlichen  Prüfung  der  städtischen  Schulen  in  der  Kirche  Santa 
Maria  Novello  (1873),  wo  mehrstimmige  Chöre  a  capella  mit  überraschender 
Präcision  von  den  Zöglingen  ausgeführt  wurden,  die  Bestrebungen  R.'s  sowie 
seine  Methode  die  höchste  Anerkennung  fanden.  W^enige  Tage  darauf  wurde 
R.  vom  königl.  musikalischen  Institut  einstimmig  zum  Akademiker  erwählt.  Zu 
dem  Vortrage,  welchen  er  als  solcher  bei  der  folgenden  Sitzung  halten  musste, 
nahm  er  das  Thema  »der  Chorgesang  in  seinen  praktischen  Beziehungen  zur 
Volksbildung,  zur  Kirche  und  zum  Theater«  und  gab  bei  dieser  Gelegenheit 
seinem  praktischen  Wirken  eine  werthvoUe  theoretische  Ergänzung. 

Mit  den  bisherigen  Erfolgen  noch  keineswegs  befriedigt,  gründete  R.  noch 
in  demselben  Jahre  die  »Societä  armonia  vocale«,  ein  Chorverein,  der  durch 
wiederholtes  öfl'entliches  Auftreten  die  Theilnahme  des  Florentiner  Publicums 
zu  gewinnen  wusste,  sowie  eine  Musikkapelle  für  den  griechisch-russischen 
Cultus  in  Palast  des  Fürsten  Demidoff  zu  San  Donato  bei  Florenz.  Im  Jahre 
1875  wurde  er  von  den  Städten  Mecheln  und  Gent  eingeladen,  als  Vertreter 
Italiens  bei  den  dort  stattfindenden  Chorgesangfesten  unter  den  Preisrichtern 
einen  Platz  einzunehmen,  bei  welcher  Gelegenheit  ihm  auch  von  der  Stadt 
Löwen  der  Vorsitz  bei  der  Prüfungscommission  des  dortigen  Conservatoriums 
der  ]Musik  übertragen  wurde.  Im  Anschluss  an  diese  Reise  unternahm  R. 
einen  Ausflug  in  die  grösseren  Städte  Deutschlands,  dessen  musikalische  Ergeb- 
nisse er  bei  seiner  Rückkehr  in  einer  für  Deutschland  äusserst  schmeichelhaften 
Fassung   dem   italienischen  Publicum    mittheilte,   zunächst  in  einer  Sitzung  der 


396  Eobson  —  Robusti. 

Florentiner  Akademie  durch  eine  Abhandlung  »ia  musica  italia?)a  a  Lipsiai., 
die  sich  vorwiegend  mit  den  Leistungen  des  Leipziger  Riedelschen  Chorvereins 
beschäftigt  (abgedruckt  im  16.  Jahresbericht  des  Instituts,  Florenz,  1877,  sowie 
si^äter  in  der  Zeitschrift  »Rivista  europea«),  ferner  in  einer  Sammlung  geist- 
voller Aufsätze  über  Musik  «Payme  di  buona  fede«,  Florenz,   1876. 

Das  finanzielle  Missgeschick  welches  die  Stadt  Florenz  um  diese  Zeit  be- 
traf und  u.  a.  die  Zurückziehung  der,  dem  Schulgesangunterricht  gewährten 
Subvention  zur  Folge  hatte,  machte  auch  dem  doi'tigen  künstlerisch  so  segens- 
i-eichen  Wirken  R.'s  ein  uuzeitiges  Ende.  Doch  fand  er  alsbald  einen  neuen, 
seinen  Fähigkeiten  nicht  minder  entsprechenden  Wirkungskreis  in  Turin,  wohin 
er  als  Generaldirektor  des  Schulgesangunterrichts  und  Dirigent  der  Singakademie, 
nach  ihrem  Begründer  »Stefano  Tempia«  benannt,  berufen  wurde.  Wie  erfolg- 
reich er  auch  hier  zur  Hebung  des  Kunstsinnes  gewirkt  und  sich  das  ihm  von 
der  italienischen  Musikpresse  gegebenen  Beinamens  eines  »Apostolo  del  canto 
corale  in  Italia«  würdig  gezeigt  hat,  beweist  u.  a.  die  Thatsache  der  neuerdings 
von  ihm  ermöglichten  Aufiuhruug  des  Händeischen  »Judus  Maccabäus«,  der 
ersten  in  Italien.  Zu  bemerken  ist  noch,  dass  R.  mit  seinem  Dirigenten-, 
Lehrer-  und  Componistenberuf  den  des  musikalischen  Kritikers  verbindet,  in 
welcher  Eigenschaft  er  bereits  in  Florenz  als  Mitarbeiter  an  der  »Gazzetta 
d'Italia«,  nach  seiner  Uebersiedeluug  nach  Turin  aber  an  der  »Gazetta  Piemon- 
tese«  einen  seiner  schriftstellerischen  Gewandtheit  und  der  grossen  Verbreitung 
der  genannten  Blätter  entsprechenden  Eiufluss  ausgeübt  hat. 

Ausser  den  schon  genannten  dramatischen  Werken  y>Piero  de*  Medich 
(Mailand,  Ricordi)  und  nPefrarcaK  (London,  Novello,  Ewer  &  Co.),  sowie  der 
vierstimmigen  Messe  in  E-moll  (ebenda)  hat  R.  noch  folgende  Compositionen 
veröffentlicht:  4)  Messe  für  vier  Männerstimmen  a  capella  (Florenz,  litho- 
graphirt);  5)  ■»Inspirations  italiennesa,  zwölf  ein-  und  zweistimmige  Lieder  mit 
Ciavierbegleitung  (Paris,  Schonenberger) :  6)  Trio  für  Ciavier,  Violine  und 
Violoncell  (Paris,  v.  Launer);  7)  Streichquartett  in  G  (Sivori  gewidmet,  Brüssel, 
Katto);  8)  y>Les  feuillets  de  Madeleine«,  Ciavierstücke  (Paris,  Girod);  9)  Sechs 
Lieder  mit  Clavierbegleitung  (Paris,  Flaxland) ;  10)  Sechs  Terzette  für  Frauen- 
stimmen mit  Ciavier  (London,  Ewer  &  Co.);  11)  Kammerduette  für  Frauen- 
stimmen mit  Clavier  (London,  Cramer  &  Co.):  12)H%-mnen  und  geistliche  Gesänge 
für  gemischten  Chor  (London,  Lamben  &  Co.):  13)  Sechs  Kammerterzette  für 
Sopran,  Mezzosopran  und  Tenor  mit  Clavier  (Mailand,  Lucca);  14)  yUalhum 
di  Ninaa,  ein-  und  zweistimmige  Lieder  nach  Texten  im  venezianischen  Dialect 
(Mailand,  Lucca);  15)  «Armonia  vocalea,  fünfzig  Chöre,  theils  Originalcom- 
positionen, theils  Ai-rangements,  in  zwei  Hälften  (Neapel,  Cottrau).  Unter  R.  s 
Manuscripten  sind  zu  erwähnen:  16)  y>JIusic  for  vespers«,  für  gemischten  Chor 
und  grosses  Orchester,  aufgeführt  in  verschiedenen  katholischen  Kirchen  Londons; 
17)  Ciavierquartett  in  F;  18)  Sextett  in  frei  concertirender  Form  für  Clavier, 
zwei  Violinen,  Bratsche,  Violoncell  und  Coutrabass.  Von  seineu  Unterrichts- 
werken und  musik-wissenschaftlichen  Arbeiten  hat  R.  die  folgenden  veröffent- 
licht: 1)  Corso  elementare  di  musica  vocaJen  (Firenze,  tip.  Claudiana,  1871); 
2)  ytMetodo  di  canto  coralen  (ebenda);  3)  y>Pa(/ine  di  huona  ßde  a  proposito  di 
musicoK  (ebenda,  Barbera,  1876);  4)  ^^La  musica  alla  corte  dei  principi  di 
Savoja^i,  1515—1870  (Torino,  Roux  &  Fava,  1879). 

Robson,  Johann  Jacob  (VIII,  371),  starb  am  24.  October  1785  in 
Tirlemont. 

Robusti,  Jacob,  genannt  II  Tintoretto,  der  berühmte  Schüler  Tizians,  war 
auch  in  Musik  sehr  wol  erfahren.  Er  ist  1512  zu  Venedig  geboren  und  starb 
daselbst  1594.  Er  war  einer  der  bedeutendsten  Lautenspieler  seiner  Vaterstadt 
und  liebte  die  Musik  so  leidenschaftlich,  dass  er  in  seinem  Hause  selbst  häufig 
Familienconcerte  veranstaltete,  denen  auch  Zai'lino  beiwohnte  und  wobei  seine 
Tochter  Marietta,  eine  Schülerin  des  Neapolitaners  Giulio  Zacchino,  als  über- 
aus angenehme  Sängerin   und  fertige   Ciavierspielerin  mitwirkte.     Marietta  war 


Rocabert  —  Rojjel.  397 

mit  einem  reichen  Juwelier  Namens  ]Mtirio  Aucjusto  verheiratet  und  starb  von 
allen  betrauert  die  sie  kannten  vor  ihrem  Vater  1590,  noch  eue  sie  ihr  30.  Lebens- 
jahr vollendet  hatte. 

Kocabert,  Joän,  spanischer  Tonkiinstler,  wurde  geboren  gegen  1660  und. 
im  Kloster  Mouserrat  erzogen,  wo  er  1674  das  Ordensklcid  nahm.  Er  galt 
iür  einen  der  bedeutendsten  Organisten  seiner  Zeit  und  war  ebenfalLs  geschickter 
Harfen-  und  Violinspieler.  Seine  Compositionen  fanden  weite  Verbreitung. 
Im  Kloster  Monserrat  war  er  acht  Jahre  lang  Kapellmeister  und  Lehrer  der 
Musikschule  und  wurde  dann  Organist  im  Kloster  St.  Martin  in  Madrid.  Hier 
starb   er  am   7.  Januar   1701. 

Rode,  Pierre  (VIII,  375),  starb  am  13.  (nicht  30.)  Nov.  1830.  Seinen 
bereits  angeführten  Compositionen  sind  hinzuzufügen:  Drei  Concerte  in  D-dur, 
E-dur  (Paris,  Frey)  und  das  in  Fis-moll,  Schluss  in  C-dur,  nachgelassenes  Werk 
(Paris,  Lauuer):  Quartett  Op.  18  (Paris,  Grambars);  stDeux  quatuors  ou  Sonates 
IriUantes  pour  violon  principal  avec  accompa(jnement  d'un  second  ciolon ,  alto  et 
violo7icelle<i,  Op.  28  (Paris,  Frey);  r,Beux  quatuors  brillantsa,  Cherubini  gewid- 
met (Paris,  Launer);  ^Vinyt-quatre  Caprices  en  forme  d'etuJes,  dans  les  vingt- 
quatre  tons  de  la  ijammesi  (Paris,  Frey);  r>Douze  etudesa  (Paris,  Launer,  nach- 
gelassenes AVerk) ;  nDeiix  romancesa;  -oDeux  Rommices  frangaises  et  un  petit 
air  ifalietKi  (Paris). 

Rodio,  Rocco  (VIII,  377),  von  seinen  "Werken  sind  noch  bekannt;  »Libro 
di  riceseafe  ä  4  voci,  con  alcune  fantasie  sopra  varii  canti  fermU  (Neapel,  1575). 

Rückel,  Job.  August,  Beethovens  erster  »Florestan«,  ist  am  28.  August 
1783  zu  Neuenburg  vorm  "Walde  in  der  Pfalz  geboren,  war  zum  Geistlichen 
bestimmt,  vertauschte  aber  in  seinem  zwanzigsten  Lebensjahre  die  Theologie 
mit  der  diplomatischen  Laufbahn,  indem  er  als  Gesandtschafts-Secretär  in  die 
Dienste  des  Kurfürsten  von  Baiern  trat.  In  Salzburg  hörte  ihn  der  Hoftheater- 
unternehmer aus  "Wien  in  einer  Privat-Opernvorstellung  singen  und  gewann 
ihn  als  Tenor  für  die  k.  Oper,  als  welcher  E.  bald  reiche  Lorbeeren  erntete. 
Er  war  es  auch,  der  wie  erwähnt,  den  Florestan  bei  der  ersten  Aufführung 
von  Beethovens  »Fidelio«  sang.  1823  ernannte  ihn  Kaiser  Franz  I.  zum  Pro- 
fessor des  Gesanges,  als  welcher  er  eine  Reihe  trefflicher  Schüler  ausbildete; 
auch  Henriette  Sontag  gehörte  zu  ihnen.  1828  folgte  er  einem  Ruf  nach 
Aachen  als  Operndirektor  und  im  nächsten  Jahre  schon  verwirklichte  er  einen 
längst  gehegten  Plan,  er  ging  mit  einer  deutschen  Truppe  nach  Paris  und 
führte  dort  deutsche  Opern  mit  vielem  Erfolg  auf.  1832  machte  er  dasselbe 
Experiment  in  London  und  mit  demselben  Erfolg.  1835  zog  er  sich  aus  der 
Oeffentlichkeit  zurück:  doch  erst  1853  erfolgte  seine  Rückkehr  nach  Deutschland, 
er  starb  am   19.   September  1870  zu  Cöthen. 

Roeder,  Martin,  ist  am  7.  April  1851  in  Berlin  geboren,  sollte  anfangs 
Kaufmann  werden,  musste  aber  seiner  anffewriffenen  Gesundheit  halber  diesen 
Beruf  aufgeben  und  nun  wandte  er  sich  der  Musik  zu.  Er  wurde  Schüler  der 
königl.  Hochschule  in  Berlin  und  ging  dann  als  Chordirektor  an  das  Teatro  dal 
Vermio  nach  Mailand.  1875  studirte  er  "Wagners  »Rienzi«  in  Venedig  ein; 
bei  seiner  Rückkehr  nach  Mailand  gründete  er  hier  einen  Verein  für  classische 
Musik,  mit  dem  er  erfolgreiche  Aufführungen  veranstaltete.  Im  "Winter  von 
1875  zu  1876  leitete  er  die  Oper  in  Ponta  Delgada  auf  den  Azoren,  darauf 
kehrte  er  wieder  nach  Mailand  zurück,  wo  er  in  Italien  die  erste  Aufführung  von 
Mendelssohns  »Paulus«  (am  24.  und  27.  April  1877)  veranstaltete.  Neben 
dieser  ausgebreiteten  praktischen  Thätigkeit  correspondirte  er  für  mehrere 
Zeitungen  und  compouirte  eine  ganze  Reihe  umfangreicher  Werke;  drei  Oi^ern: 
y>Pefro  Candiano  IV.a;  i>Giuditta<s.  und  »Veraa;  zwei  sinfonische  Dichtungen 
»Azorenfahrt«  und  »Leonore«;  ein  Oratorium:  »Maria  Magdalena«,  Trios,  Sona- 
ten  u.  s.  w. 

Rogel,  Jose,  spanischer  Componist  und  Orchesterchef,  ist  am  24.  Decem- 
ber  1829  in  Orihuela  Provinz  d'Alicante  geboren,  begann  zeitig  INEusikstudien  bei 


398  Roger  —  Rolland. 

dem  Organisten  der  Kathedrale  Joaquim  Cascales,  und  corapouirte  uud  instru- 
mentirte  bereits  im  Knabenalter.  Im  zehnten  Jahre  schrieb  er  eine  leicht 
ausführbare  ]Messe,  die  in  der  ganzen  Provinz  bekannt  wurde  und  übernahm 
auch  bald  darauf  die  Leitung  des  Stadtorchesters  und  der  Militärkapelle  daselbst. 
Nichts  destoweniger  studirte  er  auf  den  "Wunsch  seines  Vaters  in  Valencia  die 
Kechte  und  blieb  sechs  Jahi*e  in  dieser  Stadt.  Er  ertheilte  nebenher  Unterricht 
im  Gesang,  Ciavier-  und  Flötenspiel  und  nahm  Unterricht  in  der  Composition 
bei  Pascal  Perez.  Auch  schrieb  er  zahlreiche  Orchestercompositionen  und  reli- 
giöse Vocalwerke  und  ging  dann  nach  Madrid,  seine  Studien  der  Rechtswissen- 
schaft zum  Abschluss  zu  bringen.  Hierauf  wandte  er  sich  aber  mit  erneutem 
Eifer  wieder  der  Musik  zu  und  schrieb  ausser  Orchester-,  Ciavier-  und  Tanz- 
stücken »Zarzuelas«  und  zwar  im  Laufe  von  fünfundzwanzig  Jahren  fünfund- 
siebzig ein-,  zwei-  und  dreiaktige  derartige  komische  Opern.  Er  ist  als  Or- 
chesterdirigent  thätig. 

Roarer,  Gustav  Hippolyt  (VIII,  387),  starb  am  22.  Sept.  1879  in  Paris. 

Rogers,  Roland,  englischer  Tonküustler  der  Gegenwart,  machte  ausge- 
zeichnete Studien  und  wurde  an  der  Universität  Oxford  1870  Baccalaureus  der 
Musik  und  1875  Doctor  der  Musik  an  eben  der  Universität.  Er  ist  zur  Zeit 
Organist  der  Kathedrale  von  Bangor.  Er  schrieb  Orgelcompositionen,  Roman- 
zen, mehrere  Messen  und  die  geistliche  Cantate  y>I'rayer  and  Praise«. 

Roaroski,  Gustav,  polnischer  Componist  und  Lehrer  der  Theorie,  ist  in 
"Warschau  1839  geboren,  studirte  daselbst  und  in  Berlin  unter  A.  B.  Marx. 
1865  kehrte  er  nach  "Warschau  zurück,  wo  er  am  dortigen  Conservatorium  als 
Lehrer  der  Composition  wirkt.  Er  schrieb  eine  Sinfonie  für  grosses  Orchester, 
zwei  Messen,  ein  Quintett  für  Ciavier  und  Streichinstrumente,  zwei  Quar- 
tette, Trios  u.  a. 

Rolandenu,  Louise  Joseph  ine(VIII,391),  starb  in  Paris  am  27. Mai  1809. 

Rolnudt,  Hedwig,  ist  am  2.  September  1858  in  Graz  in  Steiermark  ge- 
boren, als  die  Tochter  des  k.  k.  Finanzbeamten  "Wuchutta  (»Rolandt«  ist  ihr 
angenommener  Theatername),  der  sich  durch  hübsche  Novellen  und  Gedichte 
in  weitern  Kreisen  bekannt  gemacht  hat.  Sein  früh  erfolgter  Tod  brachte  die 
Hinterbliebenen  in  harte  Bedrängniss.  Die  Wittwe  ernährte  sich  und  ihre 
Tochter  kümmerlich  mit  ihrer  Hände  Arbeit  und  ihre  Lage  wurde  auch  durch 
die  später  erfolgte  zweite  Verheiratung  mit  einem  Ciaviermacher  nicht  gebessert. 
Das  Loos  der  kleinen  Hedwig  war  demnach  wenig  beneidenswei'th,  trotzdem 
entwickelte  sich  ihr  Talent  in  wunderbarer  Weise.  Ihre  prächtige  Stimme 
erregte  bald  allgemeines  Aufsehen,  aber  für  ihre  Ausbildung  konnte  wenig  ge- 
schehen, bis  sie  der  Gelanglehrerin  Louise  "Weinlich-Tipka  in  Graz  bekannt 
wurde,  welche  sie  sofoi't  unter  ihre  Schülerinnen  aufnahm.  Dreiundeinhalbes 
Jahr  studirte  hier  Hedwig  und  als  sie  für  die  Oeß'entlichkeit  vollständig  vor- 
bereitet erschien,  vermittelte  es  Frau  Weinlich-Tipka,  dass  sie  in  Wiesbaden 
debütiren  durfte.  Am  21.  23.  und  28.  März  1877  trat  sie  in  Wiesbaden  als 
Rosine  (Barbier),  Margaretha  (Hugenotten)  und  Lucia  auf  und  mit  solchem 
Erfolge,  dass  sie  sofort  vom  1.  Juni  1877  an  auf  zwei  Jahre  engagirt  wurde 
und  bald  hatte  sie  sich  so  in  die  Gunst  des  Publicums  gesetzt,  dass  ihr  schon 
nach  Jahresfrist  der  Intendant  einen  dreijährigen  Contract  unter  bedeutend 
günstigem  Bedingimgen  anbot,  was  die  Sängerin  acceptirte.  Sie  zählt  jetzt 
schon  zu  den  bedeutendsten  Coloratursängerinnen  der  Gegenwart.  Ihre  Haupt- 
partien sind:  »Königin  der  Nacht«,  »Katharina«  (Nordstern),  »Dinora«,  »Elvira« 
(Puritaner),  »Rosine«  (Barbier),  »Amina«  (Nachtwandlerin),  »Lucia  von  Lammer- 
moor«, »Angela«  (Schwarzer  Domino),  »Margaretha«  (Hugenotten),  »Prinzessin« 
(Johann  von  Paris),  »Isabella«   (Robert  der  Teufel),  »Gilda«  (Rigoletto)  etc. 

Rolland,  Hector  Alfred,  Musikfreund,  bekannt  durch  den  Männerchor 
den  er  aus  Bergbewohnern  (Montaguards  pyreneens)  gebildet,  und  der  seiner- 
zeit ganz  Europa  mit  grösstem  Erfolge  durchreiste.  R.  stammte  aus  einer  der 
ersten  Pariser  Finanzfamilien,    hatte    eine  vorzügliche  Erziehung  genossen  und 


RoUfuss  —  Romani.  399 

war  gesanglich  durch  den  berühmten  Baryton  Lays  ausgebildet  worden.  1832 
vcrliess  er  wegen  der  Cholera,  die  dort  wüthete,  Paris  und  suchte  die  Pyrent-en 
auf.  Hier  war  es,  wo  er  seinen  philantropischen  Ideen  Kaum  gebend,  zunächst 
aus  armen  Hirten  der  Berge  einen  Gesangschor  zu  bilden  suchte,  bald  aber 
aus  den  fernsten  Theilen  des  Gebirges  Schüler  um  sich  versammelt  sah.  Er 
schrieb  am  Morgen  nieder,  was  am  Abend  gesungen  werden  sollte,  und  endlich 
hatte  er  seinem  Chor  ein  feststehendes  Programm  in  fünf  Abtheilungen  ein- 
studirt,  mit  dem  er  eines  Tages  mit  einer  Anzahl  von  hundert  Sängern  in 
Toulouse  einen  Versuch  vor  der  Oeffentlichkeit  machte.  Durch  die  Originalität 
und  Frische  ihrer  Vorträge  erzielte  dieser  Chor  einen  ungeheuren  Erfolg,  so 
dass  R.  bald  darauf  einen  Elitechor  von  vierzig  Sängern  zunächst  nach  Paris 
führte  und  hierauf  ganz  Europa,  auch  Russland,  Italien,  Türkei,  Griechenland 
und  einen  Theil  Asiens  «und  Afrikas  durchreiste.  Ziemlich  zwanzig  .Jahre 
hindurch  ertönten  die  Gesänge  dieser  Naturkinder  in  den  Kirchen  und 
Moscheen  fast  aller  Völker,  selbst  bei  den  Feueranbetern.  Die  Einnahmen 
dieser  Concerte  werden  auf  nahezu  zwei  und  eine  halbe  Mülion  Francs  ange- 
geben, die  jedoch  von  den  Ausgaben,  Reisekosten  und  Erhaltung  der  Montagnards 
um  102,000  Frcs.  überschritten  wird.  Dieses  Deficit  floss  aus  der  Börse  R.'s, 
der  überdem  sein  ganzes  sehr  bedeutendes  Vermögen  seiner  Sache  geopfert 
hatte.  Er  starb  in  Grenoble,  wo  er  die  letzten  Jahre  seines  Lebens  zubrachte. 
Unter  den  Compositionen  die  er  speciell  für  die  Montagnards  geschrieben,  wird 
eine  Messe  y>Messe  des  Montarjnards  j/yreneenst  hervorgehoben.  Sie  wurde  zuerst 
in  Rom,  dann  in  Jerusalem  von  ihnen  gesungen,  auch  vor  einigen  Jahren  in 
Bordeaux  mit  Beifall  zur  Aufführung  gebracht. 

Rollfass,  Bernhard,  geboren  am  21.  Juli  1837  in  Göritzhain  in  Sachsen, 
war  Schüler  von  Fr.  "SVieck  und  "Woldemar  Heller  in  Dresden  und  dann  von 
Hauptmann  und  Rietz  in  Leipzig,  machte  in  den  Jahren  von  1856 — 1861  er- 
folgreiche Reisen  als  Claviervirtuos  und  Hess  sich  dann  in  Dresden  nieder,  wo 
er  als  Pianist  und  Lehrer  in  hohem  Ansehen  steht.  Er  hat  auch  Lieder  und 
Ciavierstücke  veröffentlicht. 

Romani,  Pietro,  geboren  in  Rom  am  29.  Mai  1791,  erhielt  von  seinem 
Vater,  der  Organist  und  zugleich  Sänger  war,  den  ersten  Musikunterricht. 
Bald  hatte  er  im  Clavierspiel  soviel  Geschicklichkeit  erworben,  dass  er  als  Be- 
gleiter, und  wegen  seiner  hübschen  Knabenstimme  in  den  Kirchen  auch  als 
Sänger  gern  gesehen  war.  Später,  als  er  sich  schon  mit  der  Composition  be- 
schäftigte, kam  er  nach  Florenz  und  zwar  in  der  Zeit  als  Rossinis  Barbier  von 
Sevilla  dort  zur  Aufführung  vorbereitet  wurde.  Da  dem  Sänger  Rosich  die 
Arie  des  Bartolo  »A  un  dottor  della  mia  sorte«  nicht  zusagte,  schrieb  R.  zu 
"Worten  von  J.  Gaspari  die  Arie  nATanca  un  fo'jliot,  die  seitdem  von  den  Dar- 
stellern des  Bartolo  nicht  selten  dem  Originale  vorgezogen  worden  ist.  Viele 
andere  Arien  und  Einlagen  die  R.  für  verschiedene  Opern  schrieb,  sind  mit 
diesen  vergessen.  Seine  ansprechende  Musik  zu  Balleten,  deren  er  viel  schrieb, 
zeichnete  sich  vor  der,  bis  dahin  in  Italien  üblichen,  durch  ein  mehr  künst- 
lerisches Gepräge  aus,  auch  dadurch,  dass  sie  den  scenischen  Vorgängen  mehr 
angepasst  ist.  R.  war  auch  ein  trefflicher  und  bis  in  sein  hohes  Alter  sehr 
gesuchter  Gesanglehrer.  Er  starb  am  6.  Januar  1877  als  Mitglied  mehrerer 
Akademien  und  Ritter  mehrerer  Orden. 

Romani,  Carlo,  Neffe  des  Vorigen,  geboren  am  24.  Mai  1824  in 
Avellino  im  Neapolitanischen,  wurde  in  Florenz  erzogen  und  machte  sich  zuerst 
bekannt  durch  die  Composition  der  Recitative  in  "Webers  Freischütz,  der  in 
Florenz  1842 — 43  aufgeführt  wurde.  Eine  Anzahl  Opern,  die  er  hierauf  schrieb, 
fanden  nur  theilweis  Anklang.     Er  starb  am   4.   März   1875. 

Romani,  Luigi,  italienischer  Schriftsteller,  gab  heraus:  y>Teatro  alla  Scala. 
Cronoloijia  di  tutti  jU  njjectacoli  rappreseiitati  in  questo  teatro  dal  giorno  del 
solenne  suo  aprimento  sino  ad  oggi,  con  iniroduzione  ed  annotazioni^  (Mailand, 
Piroli,  1862,  kl.  in  4^). 


400  Romberg  —  Roses. 

Bomberg:,  Cyprian  (VIII.  406),  wurde  am  28.  October  1807  (nictt  1810) 
geboren  und  ertrank  beim  Baden  in  der  Elbe  bei  Xeumühlen  am  14.  Oct.  1865. 

Körner,  Miss  (VIII,  406),  starb  als  Frau  Emma  Almoud  am  15.  April 
1868  in  Margate. 

Romero  j  Andia,  Antonio,  Musikalienverleger  in  Madrid,  wurde  daselbst 
gegen  l^  15  geboren.  Er  leistete  als  Virtuose  auf  der  Clarinette  so  erhebliches,  dass 
er  sich  in  den  bedeutendsten  Theatern  Spaniens  hören  lassen  konnte.  1849 
vrurde  er  Professor  am  Conservatorium  in  Madrid.  Auch  Verbesserungen  der 
Construction  der  Clarinette  erfand  er,  die  auf  den  Ausstellungen,  Paris  1867, 
Aragon  1868.  Salamanka,  Madrid  und  "Wien  1873,  Auszeichnungen  erhielten. 
Im  Jahre  1856  gründete  er  in  Madrid  eine  Musikalienhandlung,  die  zur*  Zeit 
daselbst  die  bedeutendste  ist.  E.  veröffentlichte  »Musikalische  Grammatik«, 
Schulen  für  Solfeggien.  Clarinette,  Trompete  und  Fagott,  und  Vorstudien  für 
alle  Blasinstrumente.     E.  ist  Ritter  mehrerer  Orden. 

Ronehetti-MonteTiti ,  Stefano,  Componist  und  Lehrer  der  Composition, 
zur  Zeit  Direktor  des  Mailänder  Conservatoriums,  welche  Stelle  er  nach  dem 
Tode  Mazzucatos  einnahm.  Er  schrieb  Kirchenmusik  und  die  in  Mailand  auf- 
geführte  Oper  ^Perffolesia. 

Ronge,  Jean  Baptiste,  belgischer  Tonkünstler  der  (regenwart,  wurde  in 
Lüttich  am  1.  April  1825  geboren.  Er  gab  später  die  bereits  begonnenen 
Studien  des  Bergfaches  auf,  um  sich  der  Musik  zu  widmen  und  trat  in  Lüt- 
tich in  das,  unter  Direction  von  Daussoigne-Mehul  stehende  Conservatorium. 
Bei  der  Betheiligung  an  der  grossen  Concurrenz  in  Brüssel  1851  erwarb  er 
den  zweiten  grossen  Eömerpreis  und  beschäftigte  sich  nun  vorwiegend  mit  der 
Composition.  Zwei  Gelegenheitscantaten  (zur  Majorennitätserklärung  des  Her- 
zogs von  Brabant  und  dem  Geburtstage  Gretrys)  kamen  im  Theater  in  Lüttich 
zur  Aufführung.  E.,  der  sich  auch  speciell  mit  Studien  über  den  Ehythmus 
in  der  Musik  beschäftigte,  veröffentlichte:  j>24  Htudes  rJi^thmsquesa.  für  Ge- 
sang und  Ciavier,  femer  y>12  MeJodies  pour  foufes  les  voia;<i\  y>12  choeurs  pour 
gu€(tre  voix  d'hommes.  Sans  accompac/nementa;  y>Romances  pour  piano  seulm  u.  a.  In 
Gemeinschaft  mit  dem  Dichter  Andre  van  Hasselt.  unternahm  er  die  Ueber- 
setzung  deutscher  und  itadienischer  Operntexte  mit  Beobachtung  des  Ehythmus. 
Es  erschienen  nach  und  nach  (bei  Litolf)  die  französischen  Ausgaben  von  den 
Opern:  Don  Juan  —  Die  Hochzeit  des  Figaro  —  Die  Zauberflöte  —  Fidelio 
—  Freischütz  —  Oberon  —  Euryanthe  —  Preciosa  —  Norma  —  Barbier 
von  Sevilla.  Ferner  übertrug  er  dreissi?  Lieder  von  Schubert  und  dreissig 
der  bedeutendsten  Tenor  und  Bassarien  der  deutschen  Meister. 

Ronzi,  Louis  (VIII,  418),  wurde  in  Florenz  am  7.  Januar  1805  geboren 
und  starb  daselbst  am  15.  Mai  1875. 

Rose,  Carl,  ist  am  21.  März  1842  in  Hamburg  geboren  und  machte 
schon  als  Knabe  von  12  Jahren  Concertreisen  in  England,  Schottland,  Däne- 
mark und  Deutschland.  Später  besuchte  er  das  Conservatorium  in  Leipzig  und 
wurde  dann  auch  noch  Schüler  des  Pariser  Conservatoriums.  1863  wurde  er 
nach  seiner  Vaterstadt  als  Concertmeister  berufen.  1865  ging  er  nach  London 
und  hier  wurde  er  zu  einer  Concerttour  nach  Amerika  mit  der  berühmten 
Sängerin  Parepa,  mit  welcher  er  sich  1867  vermählte,  engagirt.  Seitdem  ist 
er  selbst  Impresario  geworden,  als  welcher  er  erfolgreich  auch  für  deutsche 
Musik  Propaganda  machte. 

RoseUen,  Henri  (VIII,  423),  starb  in  Paris  am  20.  März  1876. 

RoseS;  Jose,  spanischer  Geistlicher  und  IMusiker,  wurde  in  Barcelona  am 
9.  Februar  1791  geboren  und  starb  daselbst  am  2.  Januar  1856.  Er  war 
Anfangs  Organist  am  Kloster  San  Pablo  und  wurde  später  Kapellmeister  an 
der  Kirche  »Del  Pino«.  Er  schrieb  zahlreiche  grössere  Kirchencompositionen, 
auch  Motetten,  Sequenzen  u.  s.  w.,  die  in  den  Archiven  der  Kirche,  für  die 
sie  geschrieben,  aufbewahrt  werden.  Ausserdem  bildete  E.  ausgezeichnete  Schüler, 
darunter:  Calvo  y  Puig,  Antonio  Eins,  HipoUto  Casanovas. 


Roapigliosi  —   Rossi.  401 

Rospigrliosi,  G.  C,  italienischer  Schriftsteller,  Mitglied  der  Akademie  in 
Pistoja,  giil)  die,  von  ihm  iu  dieser  Akademie  gelesenen  Notizen  üher,  in  Pistoja 
geborenen  Tonkünstler,  gesammelt  unter  dem  Titel:  riNotizie  dei  maentri  ed 
artisti  di  musica  Fistoiesia   (Pistoja,   Nicolai,   1878,  in   12",  52  p.)  heraus. 

Rossari,  Cnrustavo,  italienischer  Virtuose  auf  dem  Hörn  und  Professor 
des  Instruments  am  Conservatorium  in  IMailand,  wo  er  am  27.  December  1827 
geboren  wurde.  Er  besuchte  das  Institut  als  Schüler  von  1839 — 49.  Als 
Militiirmusikdii'ektor  (der  Nationalgarde)  und  Componist  für  Harmoniemusik 
ist  er  in  Mailand  und  selbst  in  Italien  weit  bekannt.  Die  Zahl  der  Com- 
I^ositionen,  zum  Theil  patriotische,  wie  nViva  Ifaliaa;  nGaribahli- Hymiien ; 
nFcsta  nationaJea  u.  s.  w.,  erreicht  Zweihundert.  Rossari  veröffentlichte 
auch  Concertstücke  für  die  verschiedenen  Blasinstrumente  mit  Ciavierbeglei- 
tung u.  s.  w. 

Rossi,  Isidoro,  italienischer  Componist  der  Gegenwart,  geboren  in  Correggio 
im  früheren  Herzogthum  Modena  am  13.  Decbr.  1818,  machte  gute  literarische 
Studien  und  wurde  dann  von  seinem  Onkel,  dem  Theoretiker  Bonif.  Asioli  und 
auf  dem  Mailänder  Conservatorium  ausgebildet.  Darauf  Hess  er  sich  in  Miran- 
dola  nieder,  wo  er  sich  mit  Comjioniren  und  Unterrichtertheilen  beschäftigte. 
Später  ging  er  nach  Modena,  wurde  dort  Chordirektor  am  Theater,  was  ihn 
nicht  hinderte,  einige  Kirchencompositionen  zur  Aufführung  zu  bringen.  1859 
wurde  er  Chef  der  Musik  der  Nationalgarde  in  Pavia.  Hier  brachte  er  1875 
die  Oper  nlsahella  Orsinia  zur  Aufführung,  und  1877  bei  Gelegenheit  der  Er- 
öffnung der  Industrieausstellung  eine  Hymne.  Ausser  diesen  und  mehreren 
Opern,  die  er  noch  nicht  zur  Aufführung  brachte,  schrieb  er  die  Oratorien 
»ia  Fine  del  mondo«,  die  geistlichen  Dramen  riVAgonia  di  N.  S.  Giesu  Crisfo« 
und  »/.  Treni  di  Geremia  Profetai.]  mehrere  Sinfonien,  Trios,  Quartette,  »der 
fünfte  Mai«  von  Manzoni,  Cantate  für  vier  Stimmen  mit  Chor. 

Rossi,  Giovanni,  italienischer  Componist  und  Orchesterdirigent,  geboren 
in  Borgo  San-Donnino  am  5.  August  1828,  lebt  in  Genua  als  Concertmeister 
und  Orchesterchef  des  Theater  Carlo  Felice.  Er  schrieb  die  Opern  ^Nicolo  de' 
Lapii  und  nContessa  d'Altember/^«,  die  letztere  wurde  sehr  günstig  aufgenommen. 
Ausserdem  componii'te  er  Kirchenmusik,  unter  andern  auf  Verlangen  der  Stadt 
Parma  eine  Messe  für  Solo,  Chor  und  Orchester,  auf  den  Tod  des  Prinzen 
Otto.  Ein  Componist  desselben  Namens  Giov.  E.,  lebte  als  Chorgesanglehrer 
in    Mailand. 

Rossi,  Salomon  (VIII,  432),  durch  S.  Naumbourg,  erstem  Cantor  der 
Synagoge  in  Paris,  wurden  neuerdings  Compositionen  von  ß.  in  einer  Samm- 
lung von  zwei  Bänden  (Paris,  Naumbourg,  1877,  kl.  4^')  herausgegeben,  zum  Theil 
nach  einem  bis  dahin  unbekannt  gebliebenen  Original.  Der  Titel  des  veröflent- 
lichten  Werkes  ist:  »Cantiques  de  Salomon  Rossi,  hehreov..  Der  erste  Theil  ent- 
hält dreissig  Gesänge  und  Hymnen  für  3,  4,  5,  6,  7  und  8  Stimmen,  nach 
dem  Original  (Venedig,  Pietro  Lorenzo  Bragadini,  1620)  in  Partitur  gesetzt. 
Im  zweiten  Theil  sind  zweiundzwanzig  Madrigale  für  fünf  Stimmen,  nach  den 
beiden  Ausgaben,  Venedig  1600 — 1607,  in  Partitur  übertragen:  einzelne  der 
Madrigale  sind  mit  Begleitung  von  Chitarone,  andere  mit  Orgel  und  Bass 
continuo  und  andere  ohne  Begleitung  geschrieben.  Die  Gesänge  des  ersten 
Theiles  (siehe  Vorrede  der  Publication)  sind  einer  der  beiden  Sammlungen  ent- 
nommen, deren  Existenz  nicht  bekannt  war  und  die  durch  N.  aufgefunden 
worden  sind.  Diese  eine  Sammlung  führt  den  Titel:  »Gesänge  Salomons«, 
Psalmen,  Hymnen  und  Lobgesänge,  nach  der  musikalischen  Wissenschaft  gesetzt 
für  3,  4,  5,  6.  7  und  8  Stimmen  (Venedig,  Pietro  und  Lorenzo  Bragadini, 
1620).  Der  Name  Salomo  bezieht  sich  nur  auf  den  des  Autors,  denn  es  sind 
meistens  Psalmen  Davids  die  den  Text  bilden.  Die  Madrigale  sind  mit  seltener 
Eleganz  und  Stilreiuheit  geschrieben.  Im  zweiten  Theile  hat  N.  zu  den  Ma- 
drigalen auch  ein  kleines  Ballett  für  vier  Stimmen  von  Rossi  angehängt, 
welches    er    (siehe  gleichfalls  die  Vorrede)    einem    Werke    entnommen,    das    sich 

Musikal.  Convers.-Leiikon.    Er^änzun^baud.  *-0 


402  liota  —  Rotter. 

auf  der  Bibliothek  Liceo  musicale  in  Bologna  befindet.  Es  führt  auf  die  Spur 
eines  Dramas,  das  Rossi  1617  in  Gemeinschaft  mit  dem  berühmten  Monte  verde, 
Kapellmeister  an  St.  Mai-cus  in  Venedig,  Muzzio  Effrem,  Kapellmeister  des 
Herzogs  von  Mantua,  Allessandro  Guinizzani,  Componist  von  Lucca,  in  Musik 
setzte  und  das  betitelt  war:  y>Musiche  de  alcuni  excellentissimi  musici,  composte 
per  la  Maddalena,  sacra  rappresentazione  di  Gio.  Battista  Ändreini,  fiorentino. 
Stampa  del  Gardano<.<.  (Venetia  MDCXVII,  Appresso  Bartholomeo  Magni).  Die 
zweite  von  N.  aufgefundene  Sammlung  ist:  Erstes  Buch  der  Sinfonien  und 
Galliarden  für  drei,  vier  und  fünf  Stimmen  zu  spielen  mit  zwei  Violinen  oder 
Hörn  und  eine  Guitarre  oder  andere  Saiteninstrumente  (Venedig,  R.  Amadius, 
1607,  in  4"). 

Rota,  Andrea  (VIII,  438),  ist  nach  seiner  Grabschrift,  die  durch  Pater 
Martini  erneuert  wurde,  im  Juni  1597  im  Alter  von  vierund vierzig  Jahren 
gestorben  und  demnach  gegen  1553  geboren.  Ehe  er  im  Jahre  1583  die  Kapell- 
meisterstelle an  San  Petronio  annahm,  verweilte  er  längere  Zeit  in  Rom,  wo 
er,  trotz  der  Concurrenz  mit  Palestrina  und  Nanini,  eine  Musikschule  eröffnete, 
die  sehr  besucht  wurde.  In  dem  Werke  y>Memorie  risgiiardanti  la  storia  delV 
arte  musicale  in  Bologna  al  XVI  secolo«  von  Gaspari  sind  noch  folgende  Werke 
von  Rota  angeführt:  r>Dixit  Dominus'i  für  acht  Stimmen;  die  Motette  ^Hodie 
Christus  natus  esta  für  neun  Stimmen  und  ein  »Magnificat«  für  zwölf  Stimmen 
in  drei  Chören. 

Rota,  Giuseppe,  italienischer  Tonkünstler  der  Gegenwart,  war  in  Triest 
als  Kapellmeister  thätig.  Zur  Aufführung  kamen  von  ihm  die  Opern:  y>Ginevra 
di  Scoziaa  3  Akte  (Parma,  1862);  »Beatrice  Gencin  3  Akte  (1863);  »Penelopea 
(Triest,  1866);  »Bomani  in  Pompejano«.  R.  hat  ein  System  erfunden,  durch 
welches  Taubstummen  das  Wort  ersetzt  werden  kann,  und  welches  er  in  Paris, 
wo  er  seit  einigen  Jahren  lebt,  in  öffentlichen  Sitzungen  mit  sehr  guten  Resul- 
taten soll  zur  Kenntniss  gebracht  haben. 

Rotter,  Ludwig,  k.  k.  Vice-Hofkapellmeister,  ist  am  6.  September  1810 
in  Wien  geboren.  Seine  frühzeitig  hervortretenden  Anlagen  wie  seine  lebhafte 
Neigung  zur  Musik  fanden  zunächst  und  insbesondere  durch  dessen  Vater, 
Dr.  Josef  Rotter,  selbst  wolbewandert  und  heimisch  in  Kunst  und  Wissenschaft 
und  andere  Lehrer,  erspriessliche  Pflege  und  Förderung.  Zugleich  mit  den 
lateinischen  Studien,  die  R.  am  Wiener  academischen  Gymnasium  zurücklegte, 
gingen  vielfache  Uebungen  im  Ciavier-,  Violin-,  später  auch  Orgelspiel  Hand 
in  Hand.  Nach  beendeten  Humanitätsclassen,  um  welche  Zeit  schon  die  eine  und 
andere  Aufführung  seiner  ersten  Kirchenmusikstücke  stattgefunden  hatten,  wid- 
mete sich  R.  ausschliesslich  der  Tonkunst.  Eine  sich  eben  darbietende  Gele- 
genheit, die  vacant  gewordene  Organistenstelle  an  der  Pfarrkirche  »am  Hof« 
zu  übernehmen,  ergriff  derselbe,  entsprechend  seiner  Neigung  zur  Kirchenmusik. 
Mehrere  Jahre  später  wurde  er  Professor  der  Harmonielehre  und  des  General- 
basses und  Orgelspiels  am  Wiener  Kirchenmusikvereine;  dann  im  Jahre  1845 
als  Nachfolger  des,  als  beliebter,  genialer  Organist  hochgeschätzten  Prof.  Josef 
Drechsler,  Chordirektor  und  Kapellmeister  obenerwähnter  Pfarrkirche.  Im  Laufe 
der  Zeit  fand  R.  bei  einem  Concurse  um  Anwartschaft  auf  eine  Hoforganisten- 
stelle Gelegenheit,  durch  Darlegung  voller  Kenntniss  und  Uebung  im  strengen 
contrapunktischen  Style,  der  Fuge,  die  Zufriedenheit  der  anwesenden  Prüfungs- 
commission, des  damaligen  Musikgrafen  v.  Amade,  der  HH.  Hofkapellmeister 
v.  Eybler  und  Assmayr  zu  erwerben,  und  zwar  in  dem  Maasse,  dass  R.  für  eine, 
seinerzeit  sich  ergebende  Vacanz  in  Vormerkung  genommen  wui'de;  demzufolge 
auch  derselbe  in  der  zweiten  Hälfte  der  fünfziger  Jahre,  zweiter  Hoforganist, 
und  in  der  Folge,  nach  des  würdigen  80jährigen  Meisters  im  Tonsatze  S.  Sechters 
Ableben  erster  Hoforganist  wurde.  Mehrere  Jahre  später  wurde  er  zum  k.  k.  Vice- 
kapellmeister  ernannt  mit  Beibehaltung  der  ersten  Hoforganisten-  und  Chor- 
direktorstelle. Seine  Wirksamkeit  fand  vielfache  Anerkennung.  Academien, 
Musikvereine,    das    Mozarteum,    der    Dommusikverein    zu    Salzburg,    Kirchen- 


Roussol  —  Koskosny.  403 

vereine  zu  Prag,  Wien,  Innsbruck,  Proesburg,  wählten  ihn  zum  Ehrenmitgliede. 
A'on  seinen  "Wei'ken  mögen  hier  Erwähnung  finden:  Zahlreiche  Messen,  theils 
solenn,  theils  kurzgefasst,  Pivstorule,  Fiistenmessen,  llequiem,  Gradualen,  Uft'er- 
torien,  .Tantum  ergo,  Veni  sancte,  Te  Deum,  u.  s.  w.  Ein  Theil  hiervon 
ist  im  Druck  erschienen  bei  Fr.  Glöggl,  dann  Vcrlagseigenthum  der  Kunst- 
handlung Fr.  Schreiber,  A.  Cranz-Spina.  Ferner  veröflentlichte  er  ein  theore- 
tisch-praktisches Werk  über  Harmonie  und  Generalbass ,  Fuge  (Cmoll)  für 
Pianoforte  (beide  ebendaselbst),  Sonate  für  Pianoforte  zu  4  Händen,  Op.  12 
(Müllers  Wittwe  &  Sohn),  Canons,  Fugen;  in  früherer  Zeit:  kleinere  Piano- 
fortestücke, Variationen,  Rondos,   Notturnos  u.  s.   w. 

Ron$8el,  Pierre,  Violinspicler  und  Kammermusiker  des  Königs  Carl  V. 
von  Frankreich,  bekleidete  das  Amt  eines  Königs  der  (reiger.  In  der  Taufakte 
seines  Sohnes  Johann  vom  15.  September  1572  ist  er  »roy  des  joueurs  d'instru- 
ments   du  royaume  de  France«  genannt.   (Jal,  Diction.  crit.  de  biogr.  et  d'hist.) 

Roasselois,  Marie  Wilhelmiue  de,  bedeutende  französische  Sängerin, 
wurde  in  Wien  am  26.  Februar  1765  geboren.  1784  war  sie  als  erste  Sän- 
gerin der  französischen  Oper  in  Kassel  engagirt  und  1786  trat  sie  an  der  Oper 
in  Paris  als  Klytämnestra  in  der  Iphigenie  in  Aulis  von  Gluck  zum  ersten- 
mal auf.  Ihre  Gestalt  soll  für  die  Bühne  nicht  gerade  vortheilhaft  gewesen 
sein,  doch  besass  sie  ein  machtvolles  Organ,  und  war  musikalisch  ungemein 
durchbildet,  so  dass  sie  jegliches  Genre  der  Gesangskunst  mit  gleicher  Sicher- 
heit beherrschte.  Ein  bedeutendes  schauspielerisches  Talent  unterstützte  sie 
noch  darin,  die  Coquette  in  einem  Vaudville  ebenso  vorzüglich,  wie  die  tragische 
Partie  in  einer  Gluckschen  Oper  auszuführen.  1800  verliess  sie  Paris  und 
ging  nach  Brüssel,  wo  sie  in  Didon  von  Piccini  debütirte,  und  mit  Ausnahme 
eines  kurzen  Engagement  in  Rouen,  bis  an  ihr  Ende  verblieb.  Bei  dem  Theater- 
brande in  Reuen,  bei  welchem  mehrere  ihrer  Collegen  in  den  Flammen  um- 
kamen, rettete  sie  sich  durch  einen  glücklichen  Sprung  aus  dem  Fenster.  In 
Brüssel  sang  sie  noch  bis  in  ein  ausnahmsweise  hohes  Alter,  ohne  dass  ihre 
Stimme  erhebliche  Einbusse  erlitten  hätte,  mit  dem  grössten  Erfolg  neben  ihren 
Enkelinnen,  den  späteren  Mmes.  Genot  und  Yolnys.  Erst  1831  verliess  sie 
definitiv  die  Bühne  und  nahm  in  einer  Benefizvorstellung  am  31.  Mai  des- 
selben Jahres  unter  den  üblichen  Ovationen  des  Publicums  von  demselben 
Abschied.  Die  73jährige  Künstlerin  soll  sich  noch  vollkommen  mit  den  ge- 
wählten Rollen  in  den  beiden  Opern  y>Les  voitures  verseesa  und  »Ze  Gamiii  de 
Parisd.  abgefunden  haben.  Sie  starb  in  Brüssel  am  8.  November  1850.  Ihre 
beide  Töchter  Mme.  Fay,  Gattin  des  Sängers  und  Componisten  des  Namens, 
und  Mme.  Lemesle  waren  ebenfalls  gute   Sängerinnen. 

RoDSSelot,  Scipio,  Violoncellist  und  Componist,  geboren  im  Anfange  dieses 
Jahrhunderts,  besuchte  das  Pariser  Conservatoriura,  wo  er  in  der  Classe  Baudiot 
für  Violoncell  1823  den  ersten  Preis  erhielt.  Seine  Compositionsversuche  für 
die  Bühne  glückten  nicht,  jedoch  fanden  seine  Sinfonien  und  die  Kammer- 
musikwerke, die  in  Paris  aufgeführt  wurden,  gebührende  Anerkennung.  Eine 
Sinfonie  für  grosses  Orchester,  ein  Sextett,  fünf  Quintette,  vier  Quartette,  drei 
Trios,  Sonaten  und  eine  Anzahl  Compostioncn  für  Violoncell  mit  Ciavierbe- 
gleitung erschienen  bei  Richault  in  Paris  im   Stich. 

Roxas,  Emanuele  de,  italienischer  Tonkünstler  der  Gegenwart,  spanischer 
Abkunft,  wurde  in  Reggio  in  Calabrien  1827  geboren,  bildete  sich  anfangs  auf 
dem  Conservatorium  in  Neapel  zum  Hoboenbläser  aus,  und  studirte  dann  Ge- 
sang und  Composition.  Mehrere  seiner  Opern  wurden  mit  Erfolg  aufgeführt. 
Gesangs-  und  Kirchencompositionen,  darunter  das  dreistimmige  Oratorium  »die 
sieben  Worte  Jesu  Christi«,  erschienen  in  Mailand  bei  Ricordi.  Als  Gesang- 
lehrer ist  er  sehr  geschätzt  und  hat  ausgezeichnete  Künstler  gebildet,  darunter 
Tiberini  und  den  Baritonisten  L.  Colonnese.  Er  ist  Professor  am  Conser- 
vatorium  in   Neapel. 

Rozkosny,    Josef   Richard,    böhmischer    Operncomponist ,    geboren    den 

26* 


404  Rubenson  —  Rühl. 

21.  September  1833  in  Prag  als  Sohn  eines  Advokaten.  Die  ersten  Studien 
in  der  Musik  machte  er  in  der  rühmlichst  bekannten  Jiranekschen  Musikschule, 
später  wurde  er  Friedr.  Kittl's  Schüler.  Nach  vollendeten  philosophischen  und 
technischen  Studien  widmete  er  sich  gänzlich  der  Musik  und  concertirte  im 
Jahre  1855  als  erster  Pianist  Böhmens  in  Oesterreich,  Ungarn,  Italien  u.  s.  w. 
Er  componirte  zwei  Messen  für  Männerstimmen,  mehrere  Ouvertüren,  viele 
Piano-Salonpieceu,  gegen  200  Lieder  und  Chöre  und  die  Opern:  ^Ave  Maria«; 
nMikuldsn  (St.  Nikolo);  i->Svafojn)iske  jjroudya  (St.  Johannes  Stomschnellen) ; 
Repertoiroper  der  böhmischen  Naiionaloper;  t>Zdvis  z  Falkenstejnaa  (Zavis  von 
Falkenstein) ;  y>Pi/fldci<i  (die  Wildschützen),  und  i^Ehhav.  (die  Tochter  des  Alchi- 
misten). Seine  Compositiouen  zeichnen  sich  durch  besonderen  Melodienreich- 
thum,  ausgezeichnete  Taktur,  kenntnissreiche  und  gewandte  Behandlung  der 
Siugstimmen  und  des  Orchesters  aus. 

Rubenson,  Albert,  in  Stockholm  1826  geboren,  machte  seine  Studien  auf 
dem  Leipziger  Conservatorium  und  wurde  dann  Secretär  der  musikalischen 
Gesellschaft  in  Stockholm.  Von  seinen  Compositionen  sind  bekannt  geworden: 
zwei  Sinfonien,  eine  Operette  (»Eine  Nacht  im  (rebirge«),  Ciavierstücke,  Lieder, 
eine  Ouvertüre  zu  »Julius  Cäsar«  u.  s.  w. 

Bubini,  Griovanni  Battista  (VIII,  454),  gab  heraus:  »i2  Legons  de 
cliant  moderney  pour  tenor  ou  sopranov.  (Paris,  Bernard-Latte,  1839,  mit  Porträt) 
und  ein  Heft,  sechs  Gesangstücke  enthaltend:  -«V Adieu,  Jiommages  et  Souvenirs 
ä  son  eleve  mademoiselle  de  FlaJiauUi  (Paris,  Bernard-Latte).  Die  Glattin  von 
Rubini  war  die  Sängerin,  Französin  von  Geburt,  Mll.  Adele  Chomel,  die  unter 
dem  Namen  Chomelli  in  Italien  und  England  und  später  neben  ihrem  Gatten 
bedeutende  Erfolge  erzielte.     Sie  starb  in  Mailand  Anfang  des   Jahres   1874. 

Rnbiustein,  Nicolaus  (VIII,  457),  wurde  1835  in  Moskau  geboren  und 
starb  nach  kurzer  Krankheit  bei  einer  Anwesenheit  in  Paris  am  23.  März  1881. 
Die  Russische  Musikgesellschaft  in  Moskau,  deren  Direktor  er  war  und  welche 
als  Zweigverein  der  Petersburger  anzusehen  ist,  orgauisirte  sich  1860.  Das 
Direktorium  bildeten  Fürst  Obolensky,  Lostev,  Jacuncikow,  Kiselev  und  Nico- 
laus Rubinstein,  der  zugleich  zum  Direktor  der,  von  der  Gesellschaft  gegebenen 
sinfonischen  Concerte  ernannt  wurde.  Das  Conservatorium,  dessen  Direktor  er 
von  der  Gründung  desselben  bis  zu  seinem  Tode  war,  wurde  von  derselben 
Gesellschaft  1866  errichtet.  In  Russland,  wo  er  auch  als  Clavierspieler  auftrat, 
hatte  er  auch  als  solcher  Ruf  erworben.  Diesen  verwerthete  er  im  letzten 
Orientkriege,  in  den  russischen  Städten,  in  dreissig  Concerten  zum  besten  der 
Verwundeten,  denen  er  namhafte  Summen  zuführte.  Auch  1878  in  Paris,  bei 
Gelegenheit  der  "Weltausstellung,  wo  er  im  Trocadero  drei  russische  Concerte 
dirigirte,  deren  günstiger  Erfolg  ein  viertes  veranlasste,  trat  er  als  Pianist  hervor. 

Kueg',  Benedict,  schweizer  Tonkünstler,  geboren  zu  Uznach  am  Züricher 
See,  lebte  Ende  des  17.  und  Anfang  des  18.  Jahrhunderts.  Er  war  Kapell- 
meister des  Klosters  Weifingen  bei  Baden  und  gab  verschiedene  Werke  heraus, 
darunter:  »Corona  Mariana  stellar  um  duodecim  sei  totidem  Salve  Ite(iina<i  3  Voci- 
hus  2  Violinis  et  2  clarinis  necessariis  5  ripien  vero  et  3  violis  ad  libitum 
una  cum  duplici  Basso  continuo;  compilata  a  R.  P.  F.  Benedicto  Rueg,  celeber- 
rimi  Monast.  B.  v.  de  Maris  Stella  Musicae  Praefecto  ac.  Philos.  Prof.  ordin.«, 
Op.  11,  1703. 

Bübl,  Friedrich  Wilhelm,  ist  am  7.  Februar  1817  geboren,  genoss  den 
ersten  Unterricht  bei  seinem  Vater  und  beim  Conrector  Willich  in  Hanau  im 
Ciavier-  und  Orgelspiel.  Letzterer,  ein  Schüler  von  Eni.  Bach  und  Forkel, 
machte  ihn  mit  den  Werken  von  Joh.  Seb.  Bach  bekannt.  1833  ging  R.  nach 
Frankfurt  a/M.,  studirte  bei  Schelble  und  Andre  weiter,  kurze  Zeit  auch  bei 
Mendelssohn  und  Hess  sich  dann  als  Ciavier-  und  Gesanglehrer  in  Frankfurt 
nieder.  1852  gründete  er  den  Rühlschen  Gesangverein,  der  durch  seine  aus- 
gezeichneten Aufführungen  der  Werke  von  Palestrina,  Carissimi,  Arcadelt, 
Eccard,    Schütz,    Händel,   Bach,   Haydn,   Mozart,    Beethoven,   Mendelssohn  u.  a. 


Ruelle  —  Rummel.  405 

axisgehreiteten  Ruf  gewann.  Bei  diesen  Aufführungen  unterstützte  ihn  auch 
der  Hanauer  Oratorienverein.  R.  schrieb  ausser  der  ergänzenden  Instrumen- 
tation zu  Händelschcn  Oratorien  eine  Messe  und  (Quartette.  Der  Wunsch,  eine 
bessere  Lebensstellung  zu  suchen,  führte  ihn  1861  nach  Mainz,  aber  nach 
wenigen  Jahren  kehrte  er  wieder  nach  Frankfurt  zurück  und  hier  starb  er  am 
6.  November    1874. 

Kuello ,  Charles  Emile,  französischer  Hellenist,  dessen  musikalische 
Kenntnisse  ihn  befähigten,  die  französische  Literatur  durch  mehrere  interessante 
Werke  zu  bereichern.  R.  ist  in  Paris  am  24.  October  1833  geboren.  1856 
wurde  er  Secretär  von  J.  A.  H.  Vincent,  des  gelehrten  Forschers  und  Schrift- 
stellers über  griechische  Musik,  unter  dessen  Augen  er  auch  die  Uebersetzung 
der  Harmonik  des  Aristoxenos  begann.  Er  legte  dies  Werk  fertig  vor  unter 
dem  Titel:  »Elements  harmoniques  (VAristoxene  traduits  en  franrais  pour  la 
jiremiere  fois,  d' apres  un  texte  revu  sur  les  sept  manuscrits  de  la  Bibliotheque 
imperiale  et  sur  celui  de  Strasshoury  par  Ch.  Em.  ßueUe<t  (Paris,  Pottier  de 
Lalaine,  1870,  in  8").  Dem  Werke,  welches  von  der  Gesellschaft  für  griechische 
Studien  gekrönt  worden  ist,  ist  ein  Bericht  des  Uebersetzers  mit  interessanten 
Notizen  über  das  Leben  und  die  Werke  Aristoxenos  beigegeben ,  auch  ist  der 
Text  des  Autors  durch  zahlreiche  und  gelehrte  Anmerkungen  erläutert.  1871 
erschien  die,  zuvor  in  den  Memoiren  der  Akademie  und  schönen  Wissenschaften 
veröffentlichte  Arbeit:  ^J^otices  et  variantes  dun  manuserit  fjrec  relatif  ä  la 
mtmijue  qui  a  peri  pendant  le  bombardement  de  Strassbouryf-  (Paris,  Donnaud, 
1871,  in  8^,  4  jd.).  Vom  französischen  Gouvernement  beauftragt,  in  den  spani- 
schen Bibliotheken  nach  griechischen,  die  3Iusik  betreffenden  noch  uuedirten 
Werken  Nachforschungen  anzustellen,  entledigte  er  sich  des  Auftrags  und  gab 
in  Folge  dessen  noch  heraus:  »Etudes  sur  Vancienne  musique  (jrecque.  Rapports 
ä  Mons.  le  Jlinisfre  de  V Instruction  publique  sur  une  mission  litteraire  en  Espaijne<i 
(Paris,  imprimerie  nationale,  1875);  -oTraduction  de  quelques  textes  (jrecs  inedits, 
recueillis  ä  Madrid  et  ä  VEscurial :  lettres  de  Psellus,  frajments  anonymes  sur  la 
musique  et  sur  V accentuation  yrecque,  table  des  chapitres  du  Dynameron  du  medecin 
Elius  Promotusv  (Paris,  Durand,  1875,  in  8^^).  Neben  diesen  interessanten 
Werken  sind  zahlreiche  Aufsätze  desselben  Verfassers  in  den  Zeitschriften 
rUnivers  musical  —  La  Revue  et  Gazette  musicale  —  Le  Bibliographe  musical 
und   Revue   archeologique  zu  finden. 

RUhlmaun,  Adolf  Julius  (VIII,  460),  starb  in  Dresden  am  27.  Oct.  1877. 

Rugrgi,  Francesco  (VIII,  463),  dieser,  auch  als  Theoretiker  sehr  reuom- 
mirte  Tonkünstler,  wurde  in  Neapel  am  21.  October  1767  geboren  und  starb 
daselbst  am  23.  Januar  1845.  Er  war  Schüler  von  Fenaroli,  und  wurde  be- 
reits 1795  von  der  Stadt  Neapel  zum  ausserordentlichen  Kapellmeister  da- 
selbst ernannt. 

Raggi,  Francesco,  dramatischer  Componist  der  Gegenwart,  wurde  in 
Neapel  1826  geboren.  Er  schrieb  fünf  Opern,  zahlreiche  Kirchenmusik  und 
Gesangstücke. 

Rumniel,  Christian  Franz  (VIII,  464),  wurde  in  Baiern  (nicht  Nassau) 
am  27.  November  1787  geboren.  Zu  seinen  Schülern,  deren  er  einige  nam- 
hafte gebildet  hat,  gehört  auch  seine  Tochter  Josephine,  geboren  in  Man- 
zanares  in  Spanien  am  12.  Mai  1812,  wo  sich  R.  verheiratete,  als  er  von 
1808  —  13  als  Nassauischer  Regimentsmusikdirektor  unter  König  Joseph  den 
Feldzug  in  Spanien  mitmachte.  Sie  war  ausgezeichnete  Pianistin  und  starb 
am  19.  December  1877.  Seine  zweite  Tochter  Franziska,  ist  am  4.  Februar 
1821  geboren,  war  ebenfalls  seine  Schülerin  im  Ciavierspiel,  und  wurde  später 
im  Gesänge  von  Bordogni  in  Paris  und  Lamperti  in  Mailand  unterrichtet. 
1843  war  sie  als  erste  Sängerin  in  Wiesbaden  engagirt  und  begleitete  ihren 
Vater  nachdem  auf  Concertreisen  in  Deutschland  und  Belgien,  bis  sie  sich  mit 
dem   Musikalien  Verleger  P.  Schott  in  Brüssel  verheiratete.     Sein  Sohn: 

Rumiiiol,    .loseph,    geboren    am   6.   October   1818,    Pianist,    lebte    längere 


406  Hummel  —  Kuthardt. 

Zeit  als  Lehrer  in  Paris,  ist  jetzt  in  L  ondon,  wo  er  eine  grosse  Zahl  meistens 
leichtere  Claviercompositionen  veröffentlicht  hat.     Dessen  Sohn: 

Kümmel,  Franz,  geboren  am  11.  Januar  1835  in  London,  war  Schüler 
seines  Vaters  und  dann  des  Brüsseler  Conservatoriums,  wo  er  als  einer  der 
besten  Pianisten  der  belgischen  Schule  1872  die  Classe  L.  Brassin  verliess. 
Nachdem  er  sich  mit  Beifall  in  Belgien,  Frankreich,  England  und  Deutschland 
hatte  hören  lassen,  Hess  er  sich   1878   in  Amerika  nieder. 

Raug',  Heinrich  (VIII,  465,  dän.  Henrik),  nicht  E.,  ist  am  3.  März  1807 
in  Kopenhagen  geboren.  Als  junger  Mann  spielte  er  die  Guitarre  viituostn- 
mässig;  1834  wurde  er  Contrabassspieler  in  der  königl.  Kapelle.  1837  machte 
seine  Musik  (Ouvei'ture,  Gesänge  und  Melodramen)  zu  H.  Hertz  Drama  y>Svend 
I}yrin(js  Huusa  Aufsehen  und  trug  ihm  ein  3jähriges  Beisestipendium  ein.  Er 
studirte  in  Italien  mit  grossem  Eifer  die  italienische  Musik  und  in  Paris  bei 
Garcia  Gesang  und  verwerthete  seine  Studien  bei  seiner  Rückkehr  nach  allen 
Seiten.  1842  wurde  er  Singmeister  am  Hoftheater  und  gründete  1852  den 
Cäcilienverein.  Er  bildete  mehrere  tüchtige  Sänger  und  Sängerinnen  und  com- 
ponirte  acht  Opern,  von  denen  »Die  Erstürmung  von  Kopenhagen«  und  j>Die 
Studenten  von  Salamanca«  besonders  gefielen.  Auch  als  EomanzencomiDonist 
ist  er  sehr  fruchtbar  gewesen  und  viele  seiner  Lieder  sind  populär  geworden. 
Ausserdem  schrieb  er  mehrere  grössere  Werke  für  den  Cäcilienverein  und 
die  Liedertafel  des  scandinavischen  Vereins.  Er  starb  in  Kopenhagen  am 
12.  December   1871. 

Bnta,  Michele,  italienischer  Componist,  Lehrer  am  Conservatorium 
S.  Pietro  a  Majella  in  Neapel  und  Musikschriftsteller,  wurde  in  Caserta  1827 
geboren.  Sein  Vater  Vincenzo  E.  und  sein  Grossvater  Michele  B.  waren  eben- 
falls Musiker  und  wie  er  Schüler  des  Conservatoriums  in  Neapel  gewesen. 
Er  verliess  dasselbe  1848  um  in  den  Beihen  der  Freiwilligen  in  dem  italie- 
nischen Unabhängigkeitskriege  mitzukämpfen  und  ging  nach  der  Lombardei. 
Nach  seiner  Rückkehr  nach  Neapel,  wo  die  politischen  Verhältnisse  ihn  nöthig- 
ten  sich  zurückgezogen  zu  halten,  beschäftigte  er  sich  mit  der  Abfassung  ver- 
schiedener Lehrbücher:  y>Gorso  completo  di  composizionea  (Neapel,  Cottrau) ; 
TüCorso  completo  di  canto  coralev.  (Neapel,  Maddaloni);  »Qrammafiea  elementare 
di  musicati  (Mailand,  Ricordi);  »Breve  metodo  di  canto  (Neapel,  Ti'amater); 
y>Annotazionl  ed  illustrazionia  für  die  Abhandlung  y>Iiegole  e  JPartimentia  von 
Fenaroli  (Neapel,  del  Monaco).  Nach  der  Publication  dieser  Werke  widmete 
er  sich  der  Composition  und  brachte  die  folgenden  Opern  nach  und  nach  zur 
Aufführung  ToLeonildan  1859;  ^y Diana  di  Vitry ;  und  n Impresario  per  progettcs. 
1873.  Ferner  schrieb  er  zwei  Messen  mit  Orchester;  drei  Messen  alla  Palestrina; 
zwei  Messen  für  drei  Männerstimmen,  mit  Begleitung  von  Harfe,  Harmonium, 
Violine  und  Contrabass;  ein  Requiem  für  vier  Stimmen;  Te  Deum;  Motetten; 
die  Musik  zu  dem  Ballet  »Imelda«  und  Gesangstücke  für  verschiedene  Dramen 
und  Schauspiele,  die  in  Neapel  zur  Aufführung  gelangten.  Gedruckt  erschienen 
ein-  und  mehrstimmige  Gesänge  und  Ciavierstücke  in  ungefähr  sechzig  Werken. 
B.  begründete  in  Neapel  die  Fachzeitung  »La  Musica«,  die  er  auch  redigirt, 
verfasste  noch  eine  Harmonielehre,  die  am  Conservatorium  eingeführt  ist,  und 
veröffentlichte  die  Schrift,  welche  Vorschläge  zu  einer  Beorganisation  des  Con- 
servatoriums enthält:  »Sfoi'ia  critica  delle  condizioni  della  musica  in  Italia  e  del 
Conservatorio  di  San  Pietro  a  Majella  di  Ifapolits.  (Neapel,  Detken  und  Bocholl, 
1877,  klein  in  8'^).  Eine  Tochter  B.'s,  Gilda,  ist  durch  ihn  zur  Pianistin, 
Sängerin   und  Coraponistin  ausgebildet. 

Rnthardt,  Friedrich  (VIII,  495),  wurde  1800,  nicht  1810,  in  Stuttgart 
geboren,  und  ist  nicht  der  Sohn  eines  Oboisten,  sondern  selbst  erster  Oboist 
der  Hofkapelle  des  Königs  von  Würtenberg  seit  39  Jahren.  Für  sein  Haupt- 
instrument die  Oboe  schrieb  er:  Concert  für  Oboe  mit  Orchester,  Variationen, 
Fantasien  u.  a.  Drei  seiner  Kinder  erzog  er  für  die  Musik.  Sein  Sohn  Adolf 
der  in  Genf  ansässig  ist  und  die  Tochter  Minna  (Frau  Firth)  leisten  Ausserge- 


Ruthard  —  Saetta.  407 

wohnliches  im  Ciavierspiel,  auch  sind  Clavierstücke  von  ihnen  in  Leipzig  und 
in   Genf  erschienen.     Ein  anderer  Sohn: 

Uutbiird,  Julius,  gehören  am  13.  December  1841  in  Stuttgart,  war  bereits 
im  Alter  von  vierzehn  Jahren  als  Violinist  in  der  Stuttgarter  Hofkapelle  an- 
gestellt und  ging  später  nach  Paris.  Seit  1871  fungirt  er  als  erster  Kapell- 
meister am  ständischen  Theater  in  Kiga.  Er  componirte  unter  andern  die 
Musik  zu  Hulda  von  Bjürnsen,  die  in  Riga  aut'geliihrt  wurde;  gedruckt  bind 
nur  einige  Lieder. 

Rzovuski,  "Wenzeslaus,  Graf,  setzte  die  geschichtlichen  Gesänge  von 
Niemciwicz  in  Musik  und  schrieb  eine  Anzahl  Romanzen,  auch  ein  Requiem 
auf  den  Tod  Thaddeus  Czacki  (1818). 


S. 

Sabadiui,  D.  Bernardo  (IX,  1).  Von  diesem  Componisten  sind  noch  die 
beiden  Opern  y^Circe  abandonnata  da  JTlisse«  (Parma,  1693)  und  »Talestri  inna- 
morafa  di  Alessandro  mafjno<.i  (Parma,  1693)  zu  nennen.  Die  Oper  »ZZ  Favore 
degli  Dein  wurde  nach  dem  noch  vorhandenen  Textbuch  nicht  in  Venedig, 
sondern  in  Parma  1690,  bei  Gelegenheit  der  Vermählung  des  Prinzen  Odoardo, 
aufgeführt.  Das  Textbuch  ist  mit  fünfzehn  Radirungen  geziert.  In  einer  Vor- 
rede ist  unter  anderem  gesagt,  dass  das  Theater  in  Parma  das  bedeutendste 
sei  und  dass  die  Vorstellung  sieben  Stunden  dauern  werde. 

Saboly,  Nicolas,  wurde  am  30.  Januar  1614  in  Monteux  (Kirchspiel 
Carpentras)  geboren  und  starb  am  25.  Juli  1675  in  Avignou,  wo  er  Almosenier 
an  der  Collegial-Kirche  St.  Pierre  gewesen,  an  der  er  auch  viele  Jahre  als 
Kapellmeister  und  Organist  fungirte.  Die  Noels,  von  welchen  viele  noch  heute 
in  der  ganzen  Provence  gesungen  werden,  dichtete  er  in  provencalischer  Sprache 
und  setzte  sie  zum  grössten  Theil  in  Musik.  Das  letztere  unternahmen  jedoch 
auch  andere  Componisten,  so  dass  von  einzelnen  Gesängen  mehrfache  Compo- 
sitionen  vorhanden  sind,  unter  denen  jedoch  die  Melodien  von  S.  immer  den 
Vorzug  beanspruchen  dürfen.  Eine  biographische  Notiz  über  N.  Saboly  gab 
Auguste  Boldin  heraus. 

Sacchiui,  Antonio  Maria  Gasparo  (IX,  5),  ist  am  8.  (nicht  7.)  October 
1786  gestorben. 

Sachs,  Julius,  ist  1830  in  Meiningen  geboren,  war  Schüler  von  Kessler 
und  Rosenhain  und  liess  sich,  nachdem  er  erfolgreiche  Concertrcisen  unter- 
nommen hatte,  in  Frankfurt  a/M.  nieder.  Er  veröffentlichte  Pianofortewerke, 
Lieder  u.  a. 

Sachs,  M.  E.,  ist  am  28.  Februar  1843  in  Mittelsinn  in  Unterfranken  ge- 
boren, besuchte  1863  das  Conservatorium  in  München  und  liess  sich  dann 
hier  nieder.  1868  übernahm  er  die  Direction  des  Männergesangvereins  »Lieder- 
kranz«, den  er  1872  wieder  abgab.  1871  wurde  er  Professor  an  der  königl. 
Musikschule.  Von  seinen  Compositionen:  zwei  Sinfonien,  eine  Oper  u.  a.  sind 
nur  Lieder  und  Clavierstücke  gedruckt.  Bekannt  ist  er  namentlich  als  Vor- 
fechter  der  Neuclaviatur  geworden. 

Sackpfeife  (IX,  8).  Dem  schottischen  Dudelsack  (12)  fehlt  das  F  nicht, 
die  Tonleiter  heisst  dcshall):  y,  a,  ä,  d,  e,  f,  g.  F  ist  gerade  ein  charakteristi- 
scher Ton;    das  Instrument  steht  in  B. 

Sacmanu,  Carl  Heinrich  (IX,  14),  wurde  am  30.  September  1790  in 
Königsberg  geboren  und  starb  daselbst  am   29.  Januar   1860. 

Saetta,  Vincenzo,  Pianist,  Componist  und  Lehrer,  1836  in  Neapel  ge- 
boren,  war   Schüler  von  StafTa  und  Mercadante  und  widmete    sich   vorwiegend 


408  Sagh  —  Saint-Leon. 

dem    Unterricht.      Er    gab    heraus:    y>La  Scienza  estetican    und  eine  vollständige 
theoretisch-praktische  Clavierschule. 

SiVgli,  Joseph,  ist  am  13.  März  1852  in  Budapest  geboren,  war  Schüler 
von  C.  Abrünyi  und  hat  sich  um  die  ungarische  Musik  vielfach  verdient  ge- 
macht. Er  war  lange  Zeit  Mitarbeiter  der  Musikzeitschrift  »Zeneszeti  Lapok« ; 
veröffentlichte  1873  einen  Leitfaden  für  den  Gesangunterricht  in  Volksschulen, 
der  sehr  weit  verbreitet  ist  und  1877  ein  Convei'sations-Lexikon  der  Musik 
in  ungarischer  Sprache. 

Saiu  d'Arod,  Prosper,  Kirchencomponist,  ist  1814  geboren  und  studirte 
Composition  unter  Paer  und  Halevy.  1841  erhielt  er  in  der  Concurrenz 
den,  von  der  Akademie  der  heiligen  Cäcilie  in  Rom  ausgesetzten  Preis  für 
eine  grosse  Messe  für  Soli,  Chor  und  Orchester  oder  Orgel,  bestimmt  für 
die  Feierlichkeiten  der  Kanonisiruug  des  heiligen  Alfonso  von  Liguori.  Unter 
des  Componisten  Leitung  wurde  diese  Messe  mit  feierlichen  Ceremonien  und 
in  Gegenwart  des  Papstes  ausgeführt.  Später  brachte  S.  dA.  sie  auch  in  den 
grösseren  Städten  Frankreichs  zu  Gehör,  den  Ertrag  der  Aufführungen,  gegen 
80,000  Frcs.,  zu  wohlthätigen  Zwecken  verwendend.  Vom  Papste  wurde  er  in 
Folge  dessen  zum  Commaudeur  des  Ordens  vom  heiligen  Gregor  und  zum 
Kapellmeister  ad  honorem  ernannt.  Nachdem  S.  d'A.  in  Paris  den  vergeblichen 
Versuch  gemacht  hatte,  die  Schule  Choron's  wieder  einzurichten,  betheiligte 
er  sich  an  der  Gründung  der  Niedermeyerschen  Kirchenmusikschule  und  errich- 
tete in  den  Provinzen  fünfzehn  Singschulen  an  verschiedenen  Kirchen.  Kurze 
Zeit  bekleidete  er  auch  das  Amt  des  Kapellmeisters  au  der  Kirche  St.  Sulpice 
in  Paris,  das  er  1861  wieder  aufgab,  als  er  zum  Inspektor  der  Kirchensinge- 
schulen  der  Provinzen  ernannt  wurde.  Von  seinen  Compositionen  erschienen: 
•altepertoire  ä  Vusage  du  choeur  et  du  seminaire  de  Saint- Sulince^<-,  Sammlung, 
sechzig  Motetten  enthaltend  (Paris,  Repos,  zwei  Bände  in  8");  zwei  Messen 
für  vier  Männerstimmen  und  Orgel  (Paris,  Regnier-Cauaux) ;  y>Messe  de  chariten, 
Sopran,  Tenor,  Baryten,  Bass  (Paris,  Meissonnier) ;  »Te  Deum  militairevi,  für 
vier  Stimmen  und  grosse  Sinfonie  (Paris,  Benoist);  r>Te  Deum  en  contre  pointa, 
für  vier  Stimmen  über  den  Gesang  der  Liturgie  (Paris,  Rejios) ;  y>Litanie«  (id.  id.)  ; 
y>Regina  coeli«,  Tenor,  Bass,  Orgel  (Turin,  Magrini);  r^Ave  Mariaa,  drei  Stimmen 
und  Orgel;  r>Tantu7n  ergoa,  drei  Stimmen  und  Orgel  (Paris,  Pegiel);  »0  Sahcfarisu 
(Paris,  Richault);  »La  Greation,  Ode,  Oratoriov.  (Paris,  Schoneberger);  r>La 
Fin  du  temps,  ode  oratorioa  (Brüssel,  Katto) ;  Trio  für  Piano,  Violine,  Violon- 
cello ;    Gesangstücke. 

Saing-Hwang'  ist  der  Name  für  das  kleine  Orgelwerk,  das  die  Chinesen 
Tscheng  (Cheng)  nennen  und  das  auch  die  Japanesen  besitzen. 

Saint-Christoph,  französische  Sängerin  des  17.  Jahrhunderts,  wurde  Ende 
1674  von  Lully,  in  dessen  Opern  sie  die  Hauptpartien  sang,  engagirt.  1682 
nahm  sie  ihren  Abschied  vom  Theater  und  begab  sich  in  ein  KJoster,  wo  sie 
bald  darauf  den  Schleier  nahm. 

Saiut-L^ou,  Carl  Victor  Arthur,  Tänzer,  Choreograph,  Violinist  und 
Componist,  war  1815,  nach  anderen  1821,  in  Paris  geboren.  Als  der  Sohn 
des  Balletmeisters  am  Hoftheater  in  Stuttgart  erhielt  er  früh  Ausbildung  in 
der  Tanzkunst,  gleichzeitig  wurde  er  zum  Violinisten  gebildet,  als  welcher  er 
schon  im  vierzehnten  Jahre  in  Concerten  auftrat.  Zu  derselben  Zeit  debütirte 
er  in  München  in  einem  Ballet  von  Pentenrieder  als  Solotänzer.  1838  machte 
er  ausgedehnte  Reisen  durch  Belgien,  Franki-eich,  Italien,  Spanien,  Portugal, 
England,  Ungarn,  Deutschland  und  Russland  und  errang  überall,  als  Tänzer 
und  Geiger,  grosse  Erfolge.  Nachdem  er  sich  in  Italien  mit  einer  der  an- 
muthigsten  Tänzerinnen,  Fanny  Cerrito,  verheiratet  hatte,  trat  er  mit  dieser 
gemeinschaftlich,  meist  in  den  von  ihm  geschaffeneu  Balletten,  auf,  wie:  Marke- 
tenderin und  Postillon  (Italien,  1843);  fLa  ßlle  de  marhrei.  (Paris,  1847); 
»Ze  violon  du  Diable  (1849).  In  diesem  Stück  zeigte  er  sich  gleichzeitig 
als    Choreograph,     Tänzer,    Violinist    und    Componist.      Er    scenirte    noch    die 


Sainton-Dolby  —  Saldoüi.  400 

Ballette  ■nSfellaa  und  r>  Paktier  et  tc^i  und  die  beiden  in  Paris  aufi^eführten  Opern- 
Ballette  »ie  Lutin  de  la  Vallvcvi  und  nLe  JJanseur  du  roia,  zu  welchen  er  auch 
einen  Theil  der  Musik  schrieh,  während  der  andere  von  Eug.  Gautier  herrührt. 
In  späterer  Zeit  trat  er  nicht  mehr  als  Tänzer  auf,  richtete  aber  allein  oder 
in  Gemeinschaft  noch  melirere  in  Paris  viel  gegebene  BaUettc  ein.  Sein  Talent 
als  Violinspieler  war  ein  sehr  angenehmes,  seine  Technik  virtuos  entwickelt. 
Der  talentvolle  Künstler  starb  in  Paris  am   2.  Dccember   1870. 

Saiutou-Dolby,  Charlotte,  Gattin  des  Violinisten  Prosper  Sainton  (IX,  19), 
eine  der  hervon-agendsteu  Concert-  und  Oratoriensängerinnen  in  England,  ist 
1821  in  London  geboren  und  in  der  königl.  Akudcraie  der  Musik  daselbst  ge- 
bildet. Im  Besitze  einer  wundervollen  Contraaltstimme,  verliess  sie  nach  ener- 
gischen Studien,  als  eine  der  besten  Sängerinnen  das  Institut.  Ihr  bedeutendes 
Talent  widmete  sie  von  vornherein  ausschliesslich  dem  Oratoriengesange  und 
der  Pflege  der  englischen  Musik,  namentlich  hat  sie  im  Vortrage  der  Ballade 
keinen  Rivaleu.  Mendelssohn  der  sie  in  seinem  Paulus  hörte,  schrieb  die  Alt- 
partie in  seinem  Elias  speciell  für  diese  schöne  Stimme,  auch  dedicirte  er  ihr 
das  Liederheft  Op.  57.  Im  Jahre  1846  sang  sie  auf  Mendelssohns  Veranlassung 
im  Gewandhause  in  Leipzig  und  auch  in  anderen  Städten  des  Festlandes  unter 
dem  lebhaftesten  Beifall.  1860  vermählte  sie  sich  mit  Sainton  und  gehörte 
noch  bis  1870  der  Oeffentlichkeit  an,  worauf  sie  sich  einen  neuen  Wirkungs- 
kreis in  der  Begründung  einer  Gesangsakademie  schuf,  aus  welcher  vortreffliche 
Künstler  hervorgingen.  Sie  gab  eine  Gesangschule  heraus,  welche  mehrere 
Auflagen  erlebte,  und  ein  Buch  über  Uuterrichtspriucipien,  Auch  veröTient- 
lichte  sie  Lieder  die  allgemeine  Verbreitung  fanden,  und  eine  grosse  Cantate 
für  Soli,  Chor  und  Orchester  »Die  Legende  der  heiligen  Dorothea«,  welche 
1876  in  London  und  nachdem  in  anderen  Städten  mit  Beifall  zur  Auf- 
führung gelangte. 

Salaman,  Charles  Ken  sing  ton,  englischer  Pianist  und  Componist,  ist 
zu  London  am  3.  März  1811  geboren.  Im  zwanzigsten  Jahre  liess  er  sich 
in  England  als  Pianist  hören  und  concertirte  dann  auch  in  Deutschland  und 
Italien.  Er  veröffentlichte  zahlreiche  Ciavier-  und  Gesaugscompositionen  und 
hielt  wiederholt  Vorlesungen  über  Aesthetik  und  Geschichte  der  Musik.  Als 
Mitbegründer  der  Musikgesellschaft  in  London  war  er  jahrelang  der  Secretär 
dieser  Gesellschaft.  Er  ist  als  Lehrer  sehr  geschätzt,  wurde  auch  von  der 
Akademie  Cäcilia  in  Rom  zu  deren  Mitglied  ernannt. 

Salbliuger,  Sigismund  (IX,  23),  auch  Salmiuger,  kam  1527  aus  Bayern, 
wo  er  Klostergeistlicher  war,  nach  Augsburg  und  schloss  sich  den  Wieder- 
täufern an,  weshalb  er  gefangen  gesetzt  wurde,  in  Folge  dessen  er  widen-ief. 
Darauf  blieb  er  in  Augsburg  Schulmeister,  beschäftigte  sich  aber  mehr  mit  Musik 
und  war  deshalb  bei  den  Fuggers  gern  gesehen,  denen  er  auch  einige  seiner 
Werke  widmete.  In  der  Widmung  seiner,  bei  Ulhard  in  Augsburg  1545  ver- 
öftentlichteu  »Cantiones»  an  den  Augsburger  Magistrat,  nennt  er  sich  selbst 
»Musicus«.  Ausser  den,  im  Hauptwerk  angeführten  Werken  von  Salblinger, 
ist  noch  das,  gegen  die  Augsburger  Orthodoxie  gerichtete  unter  dem  Titel: 
»Der  new  Gesang  Psalter,  darinnen  alle  Psalmen  Davids  an  der  Zahl  150  in 
g'sangweiss  gestellt  mit  verzeichnus,  in  was  Melodey  ein  jeder  gehe,  sampt  der 
Litaney  vnnd  allen  Geystlichen  Liedern  so  yetzumal  an  viel  orten  gesungen, 
mertheils  jtz  hin  zu  thon  worden«  1538  zu  erwähnen.  Salblinger  zeigt  sich 
hier  auch  als  Dichter,  indem  er  neben  13  Psalmenliederu  hierzu  auch  vier 
Lieder  frei  »nach  anmutung  des  Geistes«  dichtete. 

Saldoni,  Don  Balthasar  (IX,  24),  schrieb  ausser  den  angeführten  noch 
drei  Upern,  die  in  Spanien  zur  Aufführung  gelaugten,  und  ausser  diesen  sehr 
zahlreiche  religiöse  Compositionen  aller  Art;  ferner  zwei-  bis  achtstiminige 
Vocalcompositionen  mit  Orchester  oder  Ciavier  oder  Orgel  (Messen,  Motetten 
Hymnen  u.  s.  w.).  Orgelfugen,  Sinfonische  Musik,  weltliche  Hymnen  und  Gan- 
taten;   Märsche,    Chöre;    ein-    und   mehrstimmige   Gesänge    mit    Begleitung   von 


410  Salinas  —  Sam-hin. 

Orchester  oder  Ciavier,  Ciavierstücke,  Harmoniemusik,  Schule  der  Solfeggien 
und  Vocalisen,  eingeführt  im  Conservatorium  an  welchem  Saldoni  noch  als 
Lehrer   wirkt. 

Saliuas,  Franciscus  de  (IX,  29),  starb  1590  im  77.  Jahre. 
Salouian,  Henriette  geb.  Nissen  (IX,  31),  starb  am  27.  August  1879. 
In  Petersburg  hatte  sie  als  Gesanglehrerin  eine  Classe  des  Conservatoriums 
übernommen,  die  sie  jedoch  bald  wieder  aufgab  um  sich  nur  den  Privatunter- 
richt zu  widmen.  Ihr  ausgezeichneter  Ruf  als  Gesanglehrerin  ist  durch  die 
vortrefflichsten  russischen   Sängerinnen  die  sie  bildete  gerechtfertigt. 

Saloinon,  Hector,  Componist,  wurde  am  29.  Mai  1838  in  Strassburg 
geboren;  besuchte  von  1850^1855  das  Pariser  Conservatorium,  während  welcher 
Zeit  er  mehrere  Preise  errang.  Da  er  über  Mittel  nicht  zu  gebieten  hatte, 
nahm  er  nach  dem  Austritt  aus  dem  Conservatorium  eine  Stelle  als  Begleiter 
an  der  Oper  Bouffes-Parisiens  an,  wo  er  ein  Ballet  y>Fascination<.i  1856  zur 
Aufführung  brachte.  A'^on  1860 — 70  befand  er  sich  in  derselben  Stellung  am 
Theutre-Lyrique  und  sah  auch  hier  seine  hübsche  einaktige  Oper  y>Les  Dragees 
de  Suzetfe<i  (1866),  und  eine  andere  y>V Aumönier  du  regiment<i,  mit  Erfolg  in 
Scene  gehen.  Von  fünf  grossen  Opern  erblickte  noch  keine  das  Lampenlicht. 
S.,  der  zur  Zeit  Chordirektor  an  der  Grossen  Oper  ist,  schrieb  ausser  den 
dramatischen  Werken  die  Cantate  »ie  genie  de  la  France<s,  aufgeführt  1877; 
zwei  Sinfonien,  ein  Streichquartett,  eine  Sonate  für  Ciavier  und  Violine,  Kirchen- 
und  Ciavierstücke,  Kirchenmusik  und  gegen  zweihundert  Gesangstücke,  die  jedoch 
nur  zum  Theil  gedruckt  sind.  Neuerdings  erschien  die  Sammlung:  •f>20  Melodies 
avec  accompagnetnent  de  piano«.  (Paris,  Brandus). 

Salvayre,  Gervais  Bernardo,  französischer  Componist,  ist  am  24.  Juni 
1847  in  Toulouse  (Haute  Garonne)  geboren,  in  der  Singschule  der  Kathedrale 
daselbst  machte  er  seine  ersten  Musikstudien,  die  er  im  dortigen  Conservatorium 
fortsetzte,  das  er  dann  mit  dem  Pariser  vertauschte.  Hier  wurde  er  Schüler 
von  Benoist  (Orgel),  Amb.  Thomas  und  Bazin  (für  Contrapunkt  und  Fuge). 
Vom  Jahre  1867  erhielt  er  regelmässig  den  einen  oder  den  anderen  Preis,  bis 
er  1871  für  die  Cantate  »Cali/psoa  auch  den  grossen  Pömerpreis  davon  trug.  1872 
ging  er  nach  Rom  und  lieferte  während  der  vier  Jahre  des  Stipendiats  mehrere 
grössere  Compositionen,  die  ihn  in  die  Reihe  der  viel  versprechenden  Künst- 
ler der  jüngsten  französischen  Schule  führten.  Er  schrieb  in  Rom  die  Partitur 
der  Oper  »ie  Bravoa,  aufgeführt  April  1878  in  Paris;  fünf  ital.  Gesänge  (Ricordi, 
Mailand);  Instrumentalscene  y>Les  Bacchantesv,  den  63.  Psalm  und  Stabat  mater. 
Ferner  brachte  er  nach  der  Rückkehr  von  Italien  -»Ouvertüre  symplionique».  zur 
Aufführung,  ein  Divertissement  als  Einlage  für  die  Oper  s^Les  Amour  du  Didble«. 
von  Grisar  und  die  Balletmusik  zu  dem  einaktigen  Stück  »ie  Fandayigovi,  auf- 
geführt an  der  Grossen  Oper  im  November  1877;  »ie  Bravo«  erschien  in  Paris 
bei  Lemoine;  das   Stabat  mater  in   Paris  bei  Hartmann. 

Salvi,  Lorenzo  (IX,  35),  wurde  in  Bergamo  1810  geboren  und  starb 
in  Bologna  im  Februar   1879. 

Salvi,  Matteo  (IX,  35),  ging,  nachdem  er  einige  Zeit  Direktor  einer 
italienischen  Operngesellschaft  in  Berlin  gewesen  war,  nach  Wien,  wo  er  unge- 
fähr dreissig  Jahre  hindurch  thätig  war.  Er  ertheilte  Gesangunterricht  und 
war  von  1861  an  mehrere  Jahre  Musikdirektor  an  der  Hofoper.  Auch  brachte 
er  seine  Oper  »Catarina  Howard«  dort  zur  Aufführung.  1876  wurde  ihm  die 
Direction  des  Lyceums  in  Bergamo  übertragen.  Sein  Bruder  Luigi  ist  an 
demselben  Institut  Gesanglehrer. 

Sanibuca  lyncea  (luchsförmige  Sambuke),  ein  Saiteninstrument  mit  50  Saiten 
(daher  auch  Pentecontachordon  genannt),  erfunden  im  16.  Jahrhundert  vom 
Neapolitaner  Fabio  Colonna.  Der  Erfinder  vermeinte  durch  dieses  sein  Instru- 
ment alle  drei  Tongeschlechter  der  Alten  (das  diatonische,  chromatische  und 
enharmonische)  wieder  in  Ausübung  bringen  zu  können. 

Sam-hin  oder  Sam-jin,    ein    modernes    Lieblingsinstrument   der  Chinesen, 


Sainiseng  —  Santa  Coloma-Sourget.  4 1  1 

das  verrouthlich  von  Miltelasien  nach  China  gekommen  und  mit  dem  Samiseng 
der  Japanesen  wesentlich  übereinstimmt.  Es  ist  ein  hiutenartiges  Griflbrett- 
instrument  mit  Uingem  Halse  und  drei  Darmsaiten  bezogen.  Der  Resonanz- 
kasten ist  viereckig,  mit  abgebrochnen  Ecken.  Ein  Exemi)lar  vom  Sam-hin 
(engl.  Sam-heen)  befindet  sicli  im  Kensington-Mufceum  zu  London ,  davon 
C.  Engels  Catalog  der  Musikinstrumente  daselbst  S.  66  eine  Beschreibung  gi^bt. 
Nach  Chouquet  (»Ze  musie  du  comervatoire  national  de  musique.  Catalotjue 
raisonne  des  insirumentsa,  Paris,  1875,  p.  115)  ist  die  Stimmung  der  drei  Saiten 
sowol  des  chinesischen  Sam-hin,  als  des  japanesischen  Samsin  variabel;  sie  sind 
gestimmt  entweder  in   c^  f^  c-  oder  c^  g^  c^  oder  c^  f^  h^. 

Sainiseng  odir  Samsin,  ist  eine  Laute  der  Japanesen.  Sie  hat  einen 
viereckigen  Schallkasten  ohne  Oefi'nungcn,  daran  einen  sehr  langen  Hals,  der 
schwanenhalsartig  gebogen  ist  und  drei  Darmsaiten,  die  von  einem  Saitenhalter, 
oben  vom  "NVii-belkasten  festgehalten  und  mit  einem  spateiförmigen  Plcctrum 
(Batsi  gennnnt)  gespielt  werden.  Die  Stimmung  der  Saiten  ist  wie  beim  chine- 
sischen Sam-hin  (s.  d.).  Das  Instrument,  welches  die  Länge  von  1,02  Meter  hat. 
dient  zur  Begleitung  des  Gesanges. 

Saucliioli,  Giulia,  geboren  1824  in  Mailand,  war  eigentlich  bestimmt 
Malerin  zu  werden;  der  Vater  Hess  sie  aber,  in  Anbetracht  ihrer  schönen 
Stimme,  von  Yaccaj  ausbilden,  jedoch  ohne  eigentlich  den  Beruf  der  Biihneu- 
siingerin  im  Auge  zu  haben.  Sie  wurde  indessen  jung  zur  Wittwe  und  da  sie 
ohne  Vermögen  war,  debütirte  sie  mit  grossem  Erfolge  in  Rom  als  »Norma«, 
und  saug  dann  auch  in  London  mit  Auszeichnung.  In  Italien  inaugurirte  sie 
den  Propheten,  und  Meyerbeer  wünschte  sehr,  sie  an  der  Grossen  Oper  in  Paris 
engagirt  zu  sehen;  doch  kam  es  nicht  dazu.  Nach  ihrer  Verheiratung  mit  dem 
spanischen  dramatischen  Dichter  Aparici,    lebt    sie    in    Pau  als   Gesanglehreiün. 

Sandr<5,  Gustav,  französischer  Pianist  und  Componist  von  nicht  sehr 
zahlreichen,  aber  interessanten  "Werken,  grösstentheils  für  Ciavier,  lebt  in  Paris. 
Es  sind  bemerkenswerth:  y>FeuiUes  d' Albums«,  Op.  16;  ^JDvuze  valses  ä  quatre 
mains<i  Op.  17;  Ciavierquartett,  Op.  15;  Fantasie,  Rondo  und  Sonate  für  Ciavier 
und  Violine;    Balladen  und  Gesänge. 

Sauelli,  Gualtiero  (IX,  42),  starb  am   15.  December  1861. 

Saugerinauo,  Luigi,  italienischer  Componist,  am  14.  October  1846  in 
Arpino  (Provinz  Caserta)  geboren,  studirte  in  Rom  unter  Filippo  Marchetti 
und  in  Neapel  unter  Mercadante.  Er  schrieb  drei  Opern,  die  in  Neapel  auf- 
geführt wurden:  -aGoretta».,  ytRegina  e  Favoriian  und  nClelia  Olgiafov.  Ausser- 
dem compouirte  er  eine  Sinfonie,  Quartette  u.  A.  Veröffentlicht  sind  verschie- 
dene Vocalcomjiositionen. 

Snnsa,  ein  Musikinstrument  der  ostafrikanischen  Völker,  bei  welchem  nur 
eiserne  Stränge,  die  mit  dem  Daumen  geschlagen  werden,  die  Töne  erzeugen. 
Die  ärmeren  Leute  verfertigen  ein  ähnliches  Instrument  aus  Mapiro-Kornsten- 
geln,  die  einen  leidlichen  Ton  von  sich  geben,  wenn  sie  in  eine  ausgehöhlte 
Kalebassenschale  gestellt  werden.  Die  Kalebasse  ist  mit  Schellen  oder  Zinn- 
stückchen  eingefasst,  deren   Geklingel  das  Spiel  der  Sansa  begleitet. 

Santa  Coloma-Sourget,  Mm.  Eugenie,  geboren  am  8.  Februar  1827  in 
Bordeaux  als  die  Tochter  des  Generalconsuls,  erhielt  bei  auffälliger  Begabung 
Musikunterricht  bei  Zimmermann  und  Bertini  in  Paris  und  trat,  vierzehn  Jahr 
alt  als  Pianistin  auf.  Nachdem  auch  stimmlich  aussergewöhnliche  Veranlagung 
zu  Tage  trat,  erhielt  sie  von  einem  spanischen  ^lusiklehrer  Arregni  in  Bor- 
deaux gesangliche  Ausbildung  und  errang  1847  in  Paris  eine  Reihe  von  Triumphen 
als  Sängerin  und  zugleich  als  Componistin.  Eine  Anzahl  Gesänge,  von  denen 
einige  wirklichen  Erfolg  hatten,  erschienen  in  Paris  bei  Meissonnier,  Escudier 
und  später  verötTcnt lichte,  bei  Gt-rard.  Sie  schrieb  auch  die  einaktige  Oper 
fVImageii  von  Scribe,  nur  iu  einem  Salon  aufgeführt.  Neuerdings  erschien  ein 
Trio  für  Streichinstrumente  (Gerard,  Paris),  welches,  wie  alle  ihre  Compositioneu 
eigenthümlich  reizvoll  ist. 


412  Santley  —  Saro. 

Sautley,  Charles,  englischer  dramatischer  Sänger,  gegen  1835  in  Liver- 
pool geboren,  machte  seine  Gesangsstudieu  in  England  und  in  Italien.  Seine 
Bühnenlaufbahn  begann  er  in  London  an  der  englischen  Oper  daselbst  (s.  Miss 
Pyne  und  M.  Harrison),  wo  er  in  den  Opern  der  englischen  Componisten 
Wallace,  Benedict,  Balfe  u.  a.  durch  seine  aussergewöhnlich  umfangreiche  treff- 
licl>e  Bar^'toustimme  bereits  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  lenkte.  Nach  einigen 
Gastspieleu  an  der  Scala  und  in  Barcelona  gehörte  er  wiederum  in  London 
der  italienischen  Oper  an,  und  zwar  in  den  Theatern  »Her  Majesty«,  »Covent 
Garden«  und  »Drury  Lane«,  wo  er  mit  vielem  Glück  in  den  Opern:  Die  Zauber- 
flöte, Oberon,  Hamlet,  Faust,  Templer  und  die  Jüdin,  Lustige  AVeiber,  Troubadour, 
Rigoletto,  später  auch  im  Figaro,  fliegenden  Holländer  und  Jocondo  von  Nicolo 
u.  a.  auftrat.  Zur  letztgenannten  Oper  übertrug  er  den  Text  ins  Englische, 
als  er  mit  Carl  Rosa  und  dessen  Gattin  Parepa-Rosa  1875  in  London  und 
den  Provinzen  eine  Tournee  englischer  Opernaufi'ührungen  unternahm.  1872 
sang  er  mit  vielem  Beifall  in  New-Yoi'k.  Zu  seinem  begründeten  Ruf  als 
Opernsänger  tritt  noch  der,  des  Oratorien-  und  Concertsängers;  er  ist  bei  den 
vielen  Oratorienaufführungen  und  Festivals  in  London  und  anderen  Städten 
Englands  ein  thätiger  und  gesuchter  Künstler,  so  dass  er  unter  den  englischen 
Sängern  der  Gegenwart  einen  der  ersten  Plätze  einnimmt. 

Sarasate,  Pablo  de,  Martin  Meliton  (IX,  50),  ist  nicht  in  Saragossa, 
sondern  in  Pamplona  (Provinz  Navarra)  in  Spanien  am  10.  März  1844  ge- 
boren. Seine  musikalische  Ausbildung  erhielt  er  ausschliesslich  in  Paris,  wo 
er  im  Januar  1856  ins  Conservatorium  und  zwar  zunächst  in  die  Gesangs- 
und in  die  Violinclasse  von  Alard  eintrat.  1857  erhielt  er  in  beiden  Fächern 
den  ersten  Preis,  1859  in  der  Compositionsclasse  von  Reber  einen  zweiten  Preis, 
zu  welcher  Zeit  er  als   Violinist  bereits  in  die  Oeff'entlichkeit  trat. 

Sarmieuto,  Salvator  (IX,  51),  wurde  in  Palermo  1817  geboren  und  starb 
in  Neapel,  wo  er  1854  vom  König  zum  Kapellmeister  und  Kammermusiker 
ernannt  worden  war,  am  13.  Mai  1869.  Ausser  den  Opern  schrieb  er  zahl- 
reiche Messen  und  andere  Kirchencompositionen. 

Sarria,  Enrico,  dramatischer  Componist,  ist  in  Neapel  am  19.  Februar 
1836  geboren.  Er  war  Schüler  von  G.  Vitale  im  Ciavierspiel  und  von  N.  For- 
uasini  und  G.  Staflfa  in  der  Composition,  Mit  der  ersten  Oper  y>Oarmosi?ia'i, 
mit  welcher  er  1853  einen  bedeutenden  Erfolg  errang,  debütirte  er  siebzehn 
Jahr  alt.  Es  folgten  r,Donna  Manuela^.,  1856  und  yiEstellaa  1858.  Die  1872 
zur  Auff'ührung  gelangte  komische  Oper  y>£abbeo  e  Vintrigantei  erzielte  einen 
durchschlagenden  Erfolg,  erlebte  im  Theätre  Rossini  150  Vorstellungen  und 
wurde  am  Theater  Nuovo  wieder  aufgenommen.  Auch  seine  ferneren  Opern : 
r>Guidetta<i,  1875;  »La  Gampana  clelV  Eremitaggioa ,  1875  und  •oGli  Equivoch, 
wurden  beifällig  aufgenommen.  S.  ist  Accompagneur  am  Theater  Mercadante 
in    Neapel. 

Saro,  J.  H.,  Musikdirektor  im  Kaiser  Franz- Garde- Grenadier-Regiment 
Nr.  2  in  Berlin,  ist  am  4.  Januar  1827  zu  Jessen  (Prozinz  Sachsen)  geboren. 
Von  1841 — 1846  erlernte  er  praktisch  die  Instrumentalmusik  bei  dem  Stadt- 
musikus Seidel  in  Dommitsch.  Nach  absolvirter  Lehrzeit  trat  er,  gut  vorbereitet, 
am  11.  November  1846  als  Posaunist,  resp.  Tubaist,  in  das  Musikchor  des 
Garde-Schützen-Bataillons  als  Hautboist  ein.  Hier,  in  Berlin,  waren  C.  Böhmer 
und  A.  B.  Marx  seine  Lehrer  in  der  Theorie  der  Musik  und  im  Contrapunkt. 
Am  I.Juni  1856  wurde  er  Musikmeister  des  11.  Infanterie-Regiments  zu  Breslau. 
Als  1859  Christoph,  der  Nachfolger  Aug.  Neithardts,  als  Dirigent  des  Kaiser 
Franz-Regiments  starb,  erhielt  S.  dessen  Stelle  am  11.  Mai  genannten  Jahres. 
Mehrere  Märsche  von  ihm  sind  zu  Armeemärschen  bestimmt  worden.  Nachdem 
er  mit  seinem  Musikchore  in  Deutschland  verschiedene  Kunstreisen  unternommen 
hatte,  folgte  er  im  Jahre  1872  mit  seiner  Kapelle  einem  Rufe  nach  Boston  in 
Amerika,  und  erzielte  dort  durch  diese  die  weittragendsten  Erfolge.  Nach 
Wieprechts  Tode  (1872)  erhielt  er  mehrfach  den  Allerhöchsten  Auftrag,  militai- 


Sarnis  —  Sattler.  413 

rische  Massenrnusikaufiiihrungen  und  grosse  Zapfenstreiche  zu  leiten.  107  Com- 
positionen  von  ihm  sind  durch  den  Druck  veiriffentlicht.  ManuBcript  geblieben 
sind:  Mehrere  Concertuuvertureu  und  eine  Sinfonie  für  grosses  Orchester,  ein 
Streichquartett,  Instrumental-  und  Vocalfugen  und  eine  Oper:  »Die  beiden 
Bergknappen«.  Zur  Ausbildung  für  die  Musikmeister  und  Stabstrompeter  der 
deutschen  Armee  hat  er  seit  vielen  Jahren  ein  l'rivatinstitut  ge<,M-ündet.  durch 
welches  bis  jetzt  ö'J  Schüler  von  ihm  Militairmusik-Dirigentenstellen  erhalten 
hüben.  Für  diesen  Zweck  erschien  von  ihm:  »Die  Lehre  vom  musikalischen 
AVohlklang  und  Tonsatz«  und  »Die  Instrumentationslehre  für  Militairmusik«. 
Am  1.  Juni  1881  feierte  er  unter  vielfachen  Ovationen  sein  25 jähriges  Militair- 
musikdirigeuten- Jubiläum.  Ausführlicheres  hierüber  brachte  in  einer  Extra- 
ausgabe die  Deutsche  Mililair-Musiker-Zeitung  vom   1.  Juni   1881. 

Sari'us,  Pierre  Frederic,  französischer  Mathematiker,  gegen  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  in  Saint-Affrique  (Aveyron)  geboren.  Unter  seineu  schätzens- 
werthen  "Werken  ist  die  Dissertation  nEssai  sur  la  thtorie  du  sonn  (Montpellier) 
1821   zu  nennen. 

Sartiro,  Paul  (IX,  55),  eigentlich  Sartorius. 

Satter,  Gustav,  am  12.  Februar  1832  in  AVien  geboren,  war  vom  Vater 
zum  Mediciner  bestimmt  und  vollendete  auch  seine  darauf  bezüglichen  Studien 
auf  den  Universitäten  in  "Wien  und  Paris.  Allein  seine  bedeutende  musikalische 
Begabung  veranlasste  ihn  endlich,  sich  ganz  der  Musik  zu  widmen,  die  er  früh 
geübt  hatte.  Er  war  ein  so  bedeutender  Pianist  geworden,  dass  er  auf  seinen 
Kunstreisen,  die  er  seit  1854  unternahm,  Aufsehen  erregte.  Von  1854  bis 
1861  lebte  er  in  Nord-Amerika,  1861  ging  er  nach  Paris,  1864  nach  Wien; 
dann  wählte  er  Dresden,  später  Hannover  und  endlich  Stockholm  zu  seinem 
AVohnorte.  Von  seinen  Compositionen  eine  Oper:  y>Jolanthe<.<;  "Werke  für  Kam- 
mermusik u.  a.  sind  nur  wenig  gedruckt.  Als  Pianist  gehört  S.  zu  den  be- 
deutendsten der  Gegenwart.      Gegenwärtig  lebt  er  in  Amerika. 

Sattler,  Johann  Heinrich  Ferdinand,  geboren  zu  Quedlinburg  am 
3.  April  1811,  besuchte  das  Gymnasium  zu  Blankenberg  a.  H.  und  später, 
vom  Jahre  1833—36  die  Musikschule  des  Organisten  und  Musikdirektors 
F.  "W.  Liebau  zu  Quedlinburg.  Nachdem  er  verschiedene  grössere  "Werke 
(ungedruckt)  geschrieben  hatte,  munterte  ihn  Mendelssohn  B.  auf,  eine  Aus- 
wahl zunächst  kleinerer  Compositionen  drucken  zu  lassen,  und  nahm  selbst  die 
Dedication  seines  Op.  1  (vierstimmige  Lieder)  freundlichst  an.  Es  erschienen 
bald  darauf  in  der  Leibrockschen  Hof- Musikalienhandlung  in  Braunschweig  seine 
mehrstimmigen  Gesänge  für  höhere  Töchterschulen  (3  Hefte),  einstimmige  Lieder 
mit  Ciavierbegleitung  (Herzensklänge),  bei  Heinrichshofen  in  Magdeburg  ver- 
schiedene Gesänge  für  Männer-  und  gemischte  Stimmen,  bei  Kahnt  in  Eisleben 
jNIotetten  für  INIännerstimmen  (in  »Siona«)  und  kleinere  Sachen,  welche  sämmt- 
lich  von  der  Kritik  sehr  günstig  bcurtheilt  wurden.  Bei  Gelegenheit  der  ersten 
Tonkünstlerversammlung  in  Leipzig  1847  Hess  sich  S.  mit  eigenen  Composi- 
tionen auf  der,  von  Mende  neu  erbauten  Orgel  der  Nicolaikirche  hören,  in  Folge 
dessen  S.  zur  Herausgabe  von  Orgelsachen  Aufforderung  erhielt.  So  erschien 
bei  Körner  in  Erfurt  Sattlers  Orgelschule,  die  D-moll  Fantasie,  ausserdem 
Pianoforteschule,  Chor-  und  Violinschule,  bei  Schmidt  in  Oldenburg  ein  Choral- 
buch und  eine  Harmonielehre,  bei  Kuhn  in  Weimar  ein  Präludienbuch,  eben- 
daselbst eine  Auswahl  Kiuderstücke  für  Ciavier  und  Harmonium.  Besonders 
scheinen  S.  mehrstimmige  Gesänge  anzusprechen,  was  die  Auti'ührungen  der- 
selben in  Leipzig  (Thomaskirche),  Zürich,  Prag  u.  a.  0.  beweisen;  von  letzterem 
Orte  aus  wurden  S.  sogar  für  21  in  dem  Liederbuche  für  Deutsche  in  Böhmen 
aufgenommene  Lieder  eben  so  viele  Ehrenpreise  bewilligt.  Ausser  den  genann- 
ten erschienen  bei  Rieter-Biedermann  in  Leipzig  und  in  verschiedenen  Samm- 
lungen dergleichen  Gesänge,  während  S.'s  grössere  Werke,  Cantaten,  Messen, 
Psalmen,  ein  Oratorium  »die  Sachsentaufe«  noch  nicht  zum  Druck  gelangt  sind. 
Von  Ciaviersachen  erschienen    ausser  den  genannten:   Harzalbum:  sechs  Sceneu 


414  Sauret  —  Schäffer. 

bei  Brüggemann  in  Blankenburg.  Dass  S.  auch  als  musikalischer  Schriftsteller 
einen  geachteten  Namen  errungen  hat,  beweisen  sowol  dessen  bei  Ernst  in 
Quedlinburg,  Geissler  in  Langensalza,  Schmidt  in  Oldenburg,  Peter  in  Leipzig 
herausgegebenen  Schriften  (Gesanglehre)  »die  Orgel«,  »Mozart«,  Harmonielehre, 
Lehrgang  für  den  Gesangunterricht,  (dass  S.  die  Pedalapplicatur  mit  Ziffern, 
sowie  die  natürliche  Entwickelung  des  Violinspiels  von  den  blossen  Saiten  aus 
(Orgel-  und  Violinschule)  eingeführt  hat,  ist  zu  bemerken),  als  die  zahlreichen 
Beiträge,  Correspondenzen  und  Concertberichte  in  den  vorzüglichsten  Fach-  und 
Localblättern.  S.  war  vom  Jahr  1838 — 1861  Organist  und  Musiklehrer  in 
Blankenburg  am  Harz,  von  1861  bis  jetzt  wirkt  er  in  Oldenburg  (Grossherzog- 
thum)   als   Seminarmusiklehrer  in  rüstiger  Weise  fort. 

Säuret,  Emil,  ist  am  22.  Mai  1852  in  Duu  le  Roi  (Dep.  Cher)  geboren, 
war  Schüler  der  Conservatorien  zu  Paris  und  Brüssel  und  erwarb  namentlich 
unter  Beriots  Leitung  jene  meisterliche  Behandlung  der  Violine,  die  ihn  bald 
in  die  erste  Reihe  der  Violinvirtuosen  der  Gegenwart  stellte.  Seit  1866  hat 
er  die  halbe  civilisirte  "Welt  durchreist  und  ist  überall  mit  Enthusiasmus  auf- 
genommen worden.  Er  ist  als  Professor  an  das  Kölner  Conservatorium  berufen. 
SaTOJa,  Paolo,  italienischer  Tonkünstler,  geboren  am  17.  August  1820, 
war  Schüler  des  Consers-atoriums  in  Neapel  (Ruggi,  Donizetti,  Mercadante)  und 
ist  Chef  der  Kapelle  des  Theaters  San  Carlo  in  Neapel.  Zwei  seiner  Opern 
r>Maestro  di  musica  ed  un  Foetav.  und  y>Cristaniella<s.  kamen  zur  Aufführung;  ausser 
diesen  schrieb  er  zahlreiche  Messen,  Hymnen  und  andere  Kirchenmusikstücke. 
Sax,  Charles  Prosper  (IX,  64),  wurde  am  1.  Februar  1791  zu  Dinant 
geboren  und  starb  in  Paris  am   26.  April   1865. 

Scarainelli,  Giuseppe  (IX,  69),  starb  in  Triest  im  Februar  oder  März 
1862.     Er  wurde   1781   (nicht  1761)  geboren. 

Scali^er,  Julius  Cäsar  (IX,  67),  ist  1484  geboren. 

Scalig'er,  Josephus  Justus  (IX,  67),  starb  am  21.  Jan.  (nicht  Juni)  1609. 
Scapitta,    Vincenzio  (IX,  69),   ist   zu  Valenca    am  Po  im   Mailändischen 
und  nicht  zu  Valenzia  geboren. 

Schaab,  Robert,  geboren  am  28.  Februar  1817  in  Rötha  bei  Leipzig, 
lebt  als  Lehrer  an  der  1.  Bürgerschule  und  ist  Organist  an  der  Johanniskirche 
in  Leipzig.  Er  hat  sich  durch  seine  Artikel  in  verschiedenen  Musikzeitschriften, 
wie  durch  eine  Reihe  von  "Werken  und  Arrangements  für  Orgel,  Harmonium, 
Violine  und  Pianoforte  ehrenvoll  bekannt  sfemacht.  Besonders  hervor  zu  heben 
sind:  eine  Harmoniumschule,  ein  Führer  durch  die  Literatur  des  Männergesauges, 
ein  Choralbuch,  ein  kleines  musikalisches  Handwörterbuch  u.  s.  w. 

Schad,  Joseph  (IX,  75),  lebte  zuletzt  in  Bordeaux  als  sehr  gesuchter 
Musiklehrer  und  brachte  am  dortigen  Theater  das  Ballet  »Frantzia«  zur  Auf- 
führung, das  eine  Reihe  von  Vorstellungen  erlebte.  Seh.  starb  in  Bordeaux 
am  4.  Juli  1879.  Seine  gedruckten  Compositionen  erreichen  die  Opuszahl  95. 
SchäflFer,  August,  starb  am  7.  August  1879  in  Berlin. 
Schäffer,  Paul,  nennt  sich  selbst  ordinirten  Musicus  instrumentalis  der 
Republik  Gora.  Auf  der  Bibliothek  der  Ritterakademie  in  Liegnitz  befinden 
sich  folgende  seiner  Werke:  1)  nAcfus  gratulaiorius  oda  harmonica  sereniss.  princ. 
(Job.  Georgio,  Saxoniae,  1615);  2)  -nMelodiannri  hiblicarum  senis  voeihus  Über 
secundus«  (Gorae,  1618);  3)  nCantiones  sacrae  quas  vuhjo  motettas  vocanta  (Gorae, 
1621);  4)  nPratum  musicalea  (Lipsiae,  1622).  Ferner  besitzt  die  Bibliothek 
des  grauen  Klosters  in  Berlin:  5)  y>Promulsis  epuli  musicalis,  continens  Modu- 
lationes  aliquot,  vul(/o  dictas  Canzon.  Padovan.  Intrad.  Ballet.  Courant.  Oalliard. 
Volt.  Bransl.  Älamand  et  Choreae  Polonicae  ad  Musicum  concentum  et  Harmoniam 
ita  adornatus  et  elahoratas,  ut  non  tantum  cum  Base  generali  verum  etiam  ahsque 
illa  modulari  possint  ,'{  voeihus,  non  tarn  in  lucem  emissa  quam  in  gustiim  prae- 
missa  opera  Pauli  Seh.  S.  P.  que  Tratisl.  Musicia  (1626).  David  von  Rohr 
gewidmet,  »equiti  Silesio,   Hered.  in  Mallendorf  und  Metzdorf«.     Endlich  erwähnt 


Schaeken  —  iSchinal.  415 

Becker:  Ton  wirke  p.  1'20  u.  130  noch  zwei  Bände:  JiMelodiarum  Bibliearumtt 
von    1617   und    iGlt». 

iSchaekeu,  Jeau  Hubert,  geboren  zu  Weert  (Lirabur;,')  am  2.  Januar 
1832  als  Sohn  eines  Organisten,  besuchte,  nachdem  er  vom  A'ater  vorgebildet, 
von  1853  an  das  Conservatorium  in  Brüssel.  Nach  beendeten  Studien,  die  ilim 
die  beiden  ersten  l'reise  in  der  Composition  eintrugen,  Hess  er  sich  in  Amster- 
dam als  Lehrer  nieder  und  brachte  dort  eine  dreistimmiLre  INIesse  zur  Auf- 
führung. Einige  Jahre  später  ging  er  nach  Java,  besuchte  Butavia  und  liess 
sich  dann  in  Samarang,  wo  er  eine  Organistenstelle  erhielt,  nieder.  1868  kehrte 
er  nach  Europa  zurük  und  lebt  seitdem  in  Brüssel  als  Gesanglehrer.  Gedruckt 
von  seinen  Corapositionen  sind:  Te  Deum  für  vier  Stimmen  mit  Orgel;  24  Orgel- 
stücke in  allen  Dur-  und  Moll-Tonarten;  24  geistliche  Gesänge;  62  Gesaugs- 
übungen;   0   Salutaris,  für  drei  Stimmen  u.  a. 

Schaffner,  Xicolaus  Albert  (IX,  79),  starb  als  Theaterkapellmeister  in 
Bordeaux   186U. 

Schellenberg,  Hermann  (IX,  95),  starb  am  31.  August  1862  in  Plagwitz 
bei    Leijizig. 

Schiavelli,   Julius   (IX,  102),  lies  Schiavetti. 

Schiedmajer,   Julius  (IX,  105),  starb  im  Februar  1878  in  Stuttgart. 

Schilling,  Gustav  (IX,  108),  starb  in  Nebraska,  Nord- Amerika,  im 
Juni  1880. 

Schladebach,   Julius  (IX,  112),  starb  im  August  1872  in  Kiel. 

Schleiuitz,   Conrad  (IX,  116),  starb  am   13.  Mai   1881   in  Leipzig. 

Schlesinger,  Heinrich  (IX,  117),  starb  in  Berlin  am  14.  December  1879. 
Die  Musikalienhandlung  hatte  er  schon  1864  an  Bob.  Lienau  verkauft,  der 
1879   die  Musikzeitung  »Echo«   eingehen  liess. 

Schlick,  Arnold  (IX,  118),  ist  1460  (nicht  1640)  geboren.  Ausser  dem 
augeführten  AYerk  »Tabulaturen  etlicher  Lobgesänge«  verfasste  er  noch  »Spiegel 
der  Orgelmacher  und  Organisten«  1511,  ebenfalls  in  Mainz  bei  Peter  Schöffer 
erschienen.  Beide  wurden  von  der  Gesellschaft  der  Musikforschuug  in  Berlin 
1869,   aber  nur  für  ihre  Mitglieder,  neu  gedruckt. 

Schmal,  Georg  Friedrich  (IX,  122),  ist  zu  Heilbronn  am  15.  November 
1700  geboren,  lernte  bei  seinen  Vater  Michael  und  kam  1729  als  Orgelbauer 
nach  Ulm.  Seine  erste  Hauptai'beit  hier  war  die  Reparatur  der  Münsterorgel; 
sie  hat  45  klingende  Register,  alle  von  Zinn.  Die  Arbeit  währte  von  1731 
bis  1735  und  bestand  darin,  »dass  er  das  Brust  werk  und  Rückpositiv  ganz  neu 
gemacht,  drei  neue  Manuale  verfertigt,  die  zwei  Principalregister  im  grossen 
"Werk  umgegossen,  die  Mixtur  auf  acht  Pfeifen  und  die  Cymbeln  auf  fünf  Pfeifen 
eingerichtet,  die  quartain  decimam  in  eine  sesquialteram  und  das  Holzflöten- 
register in  eine  frische  Waldflöte  verändert  hat,  zu  dem  Yiolonregister  im  Pedal 
hat  er  noch  eine  Octave  verfertigt  und  alles  Uebrige  durchaus  reparirt  und 
in  brauchbaren  Stand  hergestellt«.  Das  grosse  Manual  und  Pedal  sammt  zu- 
gehörigen Blasbälgen  zusammen  12  Bälge  von  9  Schuh,  Windladen,  Claves, 
Registern  u.  s.  w.  hat  er  1737  theils  neu  gemacht,  theils  reparirt.  Ausser 
verschiedenen  kleinern  Arbeiten  hat  er  43  Orgeln  neu  gebaut,  wie  1761  die 
im  Kloster  Roggenburg  mit  3  Ciavieren  und  37  Registern  und  die  im  Wengen- 
kloster  in   Ulm  mit  2   Ciavieren   und  36   Registern  u.  s.  w.     Sein  Sohn: 

Schmal,  Georg  Friedrich,  lernte  bei  ihm  und  lebte  als  Orgel-  und 
Instrumentenmacher  in  Ulm.     Ein  anderer  Sohn: 

Schmal,  Job.  Matthäus,  geboren  1734,  war  ebenfalls  Schüler  seines 
Vaters  und  starb  in  Ulm  am  24.  Nov.  1793  mit  dem  Rufe  eines  sehr  ge- 
schickten Orgel-  und  Instrumentenmachers.  Ein  Sohn  von  Georg  Friedrich 
dem  Jüngern: 

Schmal,  Christoph  Friedrich,  ist  am  23.  September  1787  in  Ulm  ge- 
boren, etablirte  sich  hier  1825  und  verfertigte  neben  Orgeln  auch  Fortepianos 
in  Tafel-  und  Flügelform,  welche  sich  eines  guten  Rufes  erfreuten. 


416  Schinalholz  —  Schoelcher. 

Schuinlliolz,  Carl  Ferdinand,  geboren  in  Bonndorf  auf  dem  Schwarz- 
walde am  20.  October  1802,  besuchte  die  Realschule  seines  Geburtsorts,  darauf 
das  Gymnasium  in  Donaueschingeu,  dann  das  Lyceum  in  Rastatt  und  bezog 
1819  die  Universität  Freiburg.  Daneben  hatte  er  auch  fleissig  Musik  geübt 
und  so  bedeutende  Fertigkeit  in  Ausübung  derselben  gewonnen,  dass  er  in 
Constanz,  wo  er  bis  1827  Beschäftigung  als  Bautechniker  hatte,  einen,  von  ihm 
gegründeten  Orchesterverein  mit  Erfolg  leiten  und  Ciavierunterricht  ertheilen 
konnte.  1827  übernahm  er  die  Oi'ganistenstelle  an  der  evangelischen  Kirche 
und  ward  1829  Musik-  und  Zeichenlehrer  am  Lyceum.  1831  entwarf  er  dem 
Plan  zu  einem  Gesangverein  am  Bodensee,  den  er  auch  bald  realisirte;  er  ver- 
anstaltete mit  dem  Verein  bis  1839  grossartige  Aufführungen.  Der  Verein 
ging  an  dem  Widerspruch  der  Geistlichkeit  zu  Grunde  und  Seh.  gründete  nun- 
mehr den  Verein  »Sängerrunde  Bodan«.  Besondere  Verdienste  hat  er  sich 
noch  in  seiner  amtlichen  Eigenschaft  als  Orgelbauinspektor  des  Seekreises  er- 
worben. 1854  übernahm  er  das  Amt  eines  Chordirektors  und  Oi'ganisten  in 
Constanz.  Von  seinen  Compositioneu  haben  namentlich  ansprechende  Männer- 
chorgesänge  weitere  Verbreitung  gefunden. 

Schmidt,  Friedrich,  geboren  den  5.  März  1840  zu  Elkeringhausen  an 
den  Quellen  der  Ruhr,  kam  als  Knabe  zu  seinem  Onkel  in  Hartefeld  bei 
Geldern,  welcher  ihm  den  ersten  Unterricht  in  Musik,  Ciavier  und  Orgelspiel 
ertheilte;  später  war  er  Schüler  des  Domvikar  Quante  in  Münster  und  der 
Regensburger  Musikschule,  wurde  dann  Domvikar  und  Domchordirigent  in 
Münster,  stiftete  einen  Diöcesan-Cäcilienverein  und  wurde  Mitglied  des  Referen- 
tenkollegiums. Von  seinen  Compositioneu  und  sonstigen  AVerken  sind  zu  nennen: 
r)Missa  in  honorenw  für  vier  Männerstimmen;  y>Missa  de  Nativitate«  für  gemisch- 
ten Chor;  Orgelstücke;  Anleitung  zur  katholischen  Kirchenmusik  (gemeinschaft- 
lich mit  Diebels),  viele  Artikel  im  Münsterschen  Pastoralblatte;  musikalische 
Beiträge  zu  Sammlungen  u.  s.  w. 

Schmidt,   Johann  Christian  (IX,  126),  lies  Johann  Christoph. 

Schneider,  Louis  (IX,  144),  starb  in  Berlin  am  15.  December  1878. 

Schneitzhoefifer,  Jean  Madelaine  (IX,  145),  ist  in  Toulouse  (nicht  Paris) 
am  13.  October   1785  geboren,  und  starb  in  Paris  am  4.  October   1852. 

Schuitker,  Arp.,  auch  Schnitger  (IX,  145),  wurde  am  2.  Juli  1648  in 
Hamburg  geboren,  wo  er  1718  oder  19  starb. 

Schol)erlechner,  Sophie,  geborene  Dali  'Occa  (IX,  148).  Nach  Paloschi 
{Annuario  musicale«),  wurde  diese  Sängerin  in  Bologna  1709  geboren,  und 
starb  in  Petersburg,  wohin  sie  wegen  veränderter  Vermögensverhältnisse  zurück- 
kehrte und  als   Gesanglehrerin  lebte,  im  Januar   1864. 

Schoelcher,  Victor,  französischer  Politiker  und  Senator,  geboren  in  Paris 
am  21.  Juli  1804,  machte  in  jüngeren  Jahren  ausgedehnte  Reisen  in  Amerika 
und  Afrika,  die  für  die  Musik  auch  nutzbar  wurden,  indem  S.  eine  Sammlung 
primitiver  Instrumente  der  wilden  Völkerstämme,  deren  Länder  er  bereiste, 
heimbrachte.  Er  bereicherte  durch  Schenkung  mit  derselben  das  Museum  des 
Pariser  Conservatoriums.  Die  bewegte  politische  Laufbahn  S.'s  wurde  Ver- 
anlassung, dass  er  noch  einmal  in  anderer  Weise  in  seiner  Thätigkeit  der  Musik 
diente.  Als  er  1851  mit  den  Waffen  in  der  Hand  die  Constitution  verthei- 
digte,  auch  durch  einen  Bajonettstich  verwundet  wurde,  musste  er  aus  Frank- 
reich flüchten,  das  er  erst  1870  nach  Aufhebung  des  Kaiserreichs  wieder  be- 
treten durfte.  Während  seiner  Verbannung  hielt  er  sich  in  England  auf,  und 
richtete  nun  hier  seinen  Sammelfleiss  auf  alle,  Händel  betrefienden  Werke. 
Nachdem  er  eine  ganz  complette  Sammlung  aller  Ausgaben  der  Händeischen 
Werke  vereinigt  hatte,  fügte  er  die  Opern  und  Oratorientexte,  Porträts  und  Docu- 
mente,  Schriften,  und  schliesslich  die  Compositionen  der  Zeitgenossen  Händeis, 
die  ihrerseits  in  England  ebenfalls  hervortraten,  hinzu.  Zu  den  letzteren  ge- 
hören Opern  des  Bonoucini  1720 — 23;  Fragmente  der  Opern  von  Cimarosa; 
«Rosemonde«  von  Clayton;    seltene  Stücke   von  Crotch;    andere   von  Guglielmo^ 


Schollenberger  —  Schreiber.  417 

Paisiello  u.  s.  w.  ]Mit  Hülfe  dioscs  Materials  verfasste  S.  eine  Geschichte 
Händela  in  englischer  Spruche  »2V/t'  Life  of  UandeU  (London,  1H57,  in  8'^). 
Die  betreflende  Sammlung  ist  ebenfalls  dem  Conservatoriura  iu  Paris  einver- 
leibt, wo  sie  in  der  Bibliothek  daselbst  in  ungefähr  hundert  Cartons  aufbewahrt 
ist.  Dieser  Händi-lsaniinlung  fügte  S.  noch  eine  interessante  Collection  eng- 
lischer Lieder  aller  Epochen  hinzu,  l)ereits  1797  von  .Joseph  liaildon  zusammen- 
getragen.    S.  bezeichnet  sie:    -aTlie  Laicrel  a  neio  collection  of  eni/lish  soni/av. 

Soliollenlterjjer,  Caspar  (IX,  150),  ist  zu  Hochstädt  1673  geboren,  besuchte 
in  Augsburg  die  Schulen,  studirte  in  Dillingen,  kam  dann  in  das  AVengen- 
kloster  in   Um,  ward   1713  Dekan   und   starb  am   31.  August   173.J. 

Schollz,  Hermann,  geboren  am  d.  Juui  1845  in  Breslau,  wo  er  seinen 
ersten  Unterricht  durch  M.  Brosig  erhielt;  1866  ging  er  nach  Leipzig  und  dann 
auf  Aurathen  Liszts  nach  München,  wo  er  Schüler  des  Conservatoriums  wurde 
und  dann  als  Lehrer  an  demselben  thiltig  war.  1875  siedelte  er  nach  Dresden 
über.  Von  seinen  Compositionen  sind  eine  Reihe  Ciavierwerke  u.  a.  gedruckt. 
Schondorf,  Johannes,  geboren  1833  in  Rubel  (Mecklenburg),  machte 
1848  seine  wissenschaftlichen  Studien  in  Rostock  und  ging  185U  nach  Berlin, 
wo  er  Privatunterricht  bei  Th.  KuUak  und  R.  "Wurst  nahm.  1855  liess  er 
sich  als  Musiklehrer  in  Neubrandenburg  nieder  und  wurde  1864  nach  Güstrow 
als  Organist  berufen :  hier  entfaltete  er  zugleich  eine  rege  Thätigkeit  als  Musik- 
und  Gesanglehrer.  Seine  Lieder  und  Pianofortewerke  erwarben  ihm  Achtung 
und   Freunde. 

Scboofs,  Fran^ois  Xaver,  Comjionist,  Pianist  und  Lehrer,  ist  in  Saint- 
Trond  1835  geboren,  studirte  in  Lüttich  Musik,  wo  er  AVohnsitz  nahm  und 
noch  als  Lehrer  thätig  ist.  Seine  zahlreichen  ansprechenden  Compositionen 
bestehen  in  Romauzen  (ein  Album,  dreissig  enthaltend),  einer  Sammlung,  fünf- 
zig flämische  geistliche  Gesänge  enthaltend;  eine  andere  Sammlung  Litaneien 
und  französische  Gesänge;  eine  vierstimmige  Messe;  »0  Salutarin«,  für  zwei 
Stimmen;  r>Ecce  panisa,  für  fünf  Stimmen;    -aChant  de  Noel«.;    Ciavierstücke. 

Schott,  Name  einer  der  bedeutendsten  deutschen  Musikalienverlagsfirmen,  die 
in  Mainz  1780  von  Beruh.  Schott  begründet  wurde.  Das  Geschäft  das  zu  einem 
der  ausgedehntesten  in  Europa  zählt,  war  bei  dem  Tode  des  Begründers,  welcher 
1817  erfolgte,  bereits  in  Blüte.  Es  ging  auf  seine  beiden  Söhne  über,  von 
welchen  J.  J.  Schott,  geboren  am  12.  December  1782,  gestorben  am  4.  Febr. 
1855,  bereits  seit  1800  im  Geschäft  mit  thätig  war.  Der  andere  Sohn  war 
A.  Schott.  1840  übernahm  ein  Neffe  Franz  Philij^p  Seh.  die  Handlung,  der 
ihr  durch  intelligenten  Betrieb  noch  neuen  Aufschwung  gab.  F.  P.,  der  auch 
Bürgermeister  von  Mainz  war,  starb  auf  einer  Reise  in  Mailand  am  8.  Mai 
1874.  Zur  Zeit  ist  das  (Geschäft  in  den  Händen  der  Erben,  Peter  Schott, 
geboren  in  Brüssel  und  als  Belgier  nationalisirt,  Louis  Strecker  und  Frauz 
von  Landwehr.  Das  Hauptgeschäft,  das  sich  noch  in  Mainz  befindet,  hat 
Filialen  in  Brüssel,  Paris,  London,  Leipzig  und  Rotterdam.  Die  Firma  besitzt 
gegen  24,000  Werke.  Sie  giebt  in  Brüssel  das  Journal  »Guide  musical«  heraus, 
und  war  die  erste,  welche  die  Lithographie  für  Herstellung  des  Notendrucks 
in  Anwendung  brachte. 

Schreiber,  Friedrich,  geboren  am  6.  September  1824,  der  Besitzer  der 
Musikalienhandlung  gleichen  Namens  in  AVien  (früher  C.  A.  Spina)  übernahm 
das  bedeutende   Geschäft,  das  mit  umfangreichem   A'erlag  versehen  ist,   1872. 

Schreiber,  Johann,  Mönch  und  Componist,  geboreu  in  Arth  in  der  Schweiz 
1716.  Im  Kloster  St.  Urban  legte  er  1738  seine  Gelübde  ab  und  starb  1800. 
Die  Kunst  des  Tonsatzes  lernte  er  im  Kloster.  Er  gab  heraus:  y>Fasciculus 
Ariarum  vigcnti  quatuor  (jloriosae  Vir<jini<i.  y>Quarum  XII,  Ductto  Xllvi.  ^Solo 
2  violin,  viola  e  duplici  bassoa,  Op.  1,  1747.  »Missale  Cistercieuse  mutncum, 
complectens  VI  missas  cum  Appendice  II  Requiem  a  4  voc,  2  viol,  viola,  2  darin, 
vel  coc.a,  Op.  2,  1747.  »Adoratio  Dei  per  XV  Off'crtoria  solemnia  a  4  voc. 
2  viol.  ect.<i,  Op.  3. 

Musikal.  Convere.-Lexikou.    Ergäuzuugtiband.  27 


418  Schrems  —  Schule. 

Schrems,  Joseph,  geboren  am  5.  October  1815  zu  Warmensteinach 
(Diücese  Regensburg),  ist  im  königl.  Studienseminar  zu  Arnsberg  zum  Priester 
ausgebildet,  war  dann  ein  Jahr  lang  Seelsorger  zu  Hahnbach  und  erhielt  am 
24.  December  1839  die  Kapellmeisteratelle  am  Dom  zu  Regensburg,  die  er 
bis  zum  1.  October  1871  bekleidete,  in  welchem  Jahre  er  pensionirt  wurde. 
Ein  Jahr  darauf  starb  er  und  wurde  am  27.  October  1872  beerdigt.  Er  hat 
sich  um  AVicdererweckung  des  altitalienischen  Kirchengesanges  grosse  Verdienste 
erworben,  namentlich  hatte  er  sich  in  den  Geist  der  Werke  von  Palestrina  ein- 
gelebt.    Zu  Proskes  »Musica  divinav.  lieferte  er  vier  Bände  Portsetzungen. 

Schubert,  Franz  (IX,  165),  starb  in  Dresden  am  12.  April  1878.  Seine 
Tochter  Georgine  (IX,  166),  in  demselben   Jahre  am   25.  Dec.  in  Potsdam. 

Schuberth,  Julius  Ferdinand  Georg,  Chef  der  Musikalienverlagshand- 
lung J.  Schuberth  &  Comp.,  wurde  am  14.  Juli  1804  in  Magdeburg  geboren, 
trat  1819  als  Commis  in  das  Geschäft  von  Heinrichshofen  daselbst  und  errich- 
tete 1826  in  Hamburg  eine  Buchhandlung.  Später  Hess  er  sich  in  Leipzig 
als  Musikalienverleger  nieder,  und  eröffnete  nach  mehrfachen  Reisen  in  die 
Vereinigten  Staaten  in  New-York  ein  gleiches  Geschäft,  welches  zu  bedeutender 
Ausdehnung  gelangte.  Seh.  übte  die  Musik  selbst  praktisch  aus,  er  spielte 
Violine  und  schrieb  auch  ein  Sti'eichquartett;  er  gab  in  New-York  Journale 
heraus,  gründete  musikalische  Gesellschaften  und  veröffentlichte:  »Kleines  musi- 
kalisches Conversations-Lexikon  für  Tonkünstler  und  Musikfreunde.  Seh.  starb 
in  Leipzig  am  9.  Juni  1875.  Das  Geschäft  wird  von  seiner  Gattin  Frau 
Bertha  geb.  Praeger  (einer  guten  Pianistin)  weiter  geführt.  1877  trat  ihr 
Neffe  Heinrich  A.  Rüppel  als  Theilhaber  in  das   Geschäft. 

Schuler,  Peter,  geboren  in  Trier  am  10.  November  1820,  einer  der 
intelligentesten  Ciavierbauer  und  Ciavierstimmer,  hatte  zuerst  in  Trier  ein 
kleineres  Ciaviergeschäft,  siedelte  aber  1846  nach  Amerika  über,  bei'eiste  dann 
die  Vereinigten  Staaten  nach  allen  Richtungen,  in  den  Hauptpianofortefabriken 
arbeitend  und  Kenntnisse  sammelnd.  1851  gründete  er  mit  Friedr.  Wilhelm 
unter  der  Firma  Wilhelm  &  Schuler  eine  eigene  Fabrik  und  war  der  Absatz 
ihrer  Instrumente  ein  starker  in  Folge  ihrer  Haltbarkeit  und  Güte,  dieselben 
wurden  bis  nach  Californien  versandt.  Doch  blos  zehn  Jahre  sollte  dieses 
Geschäft  bestehen.  Unglückliche  Umstände  veranlassten,  dass  es  aufgelöst  wurde. 
Seit  der  Zeit  handelt  Schuler  mit  Instrumenten  und  machte  Reisen  mit  seinem 
Sohne  A.  J.  Schuler,  geboren  am  22.  December  1851  in  Philadelphia,  einem 
Pianisten  mit  bedeutender  Technik  und  geschmackvollem  Vortrag.  Er  ist  Schüler 
des  Leipziger  Conservatoriums  und  des  Prof.  Wilh.   Speidel  in  Stuttgart. 

Schule.  Der  vielumfassende  Begriff  wird  in  seiner  ganzen  Mannichfaltig- 
keit  auch  auf  musikalischem  Gebiete  angewendet.  Er  bezeichnet  hier  ebenfalls 
nicht  nur  die  Unterweisung  an  sich,  den  Ort  an  welchem  sie  gegeben  und  die 
Lehrbücher  in  denen  sie  ertheilt  wird,  sondern  auch  die  besondern  Richtungen, 
welche  nach  Anleitung  der  hervorragendsten  Meister  die  ganze  Knnstentwick- 
lung  zu  verschiedenen  Zeiten  nimmt.  Im  letztern  Sinne  sprechen  wir  von 
einer  Schule  der  Niederländer,  von  einer  römischen,  einer  venetianischen,  fran- 
zösischen und  deutschen  Schule.  Die  Vertreter  dieser  einzelnen  Schulen  werden 
damit  noch  nicht  immer  auch  zu  Schülern  des  Begründers  der  Schule,  wie  man 
doch  annehmen  sollte,  um  so  weniger,  als  dieser  nicht  immer  auch  als  das 
Haupt  der  Schule  zu  bezeichnen  ist,  sondern  sie  sind  alle  nur  in  derselben 
Richtung  thätig,  welche  von  dem  Begründer  angei'egt  worden  ist,  die  dann 
von  den  Nachfolgern  auf  diesem  Gebiet  weiter  gebildet  wird  und  dann  erst 
in  einem  Meister  ihren  Gipfelpunkt  findet,  der  so  zum  Haupt  der  Schule  wird. 
So  darf  man  Guilelmus  Dufay  den  Begründer  der  niederländischen  Schule 
nennen,  weil  er  die  ersten  uns  bekannten,  mehr  künstlerisch  organisirten  con- 
trap unktischen  Tonsätze  schrieb,  aber  erst  in  Johannes  Ockenheim  gewann 
die  Schule  einen  Höhepunkt,  um  welchen  sich  die,  im  gleichen  Sinne  thätigen 
Meister   gruppirten   und    Josquin    de  Pres    erst  wurde,   indem    er   die   ganze 


Schule.  4 1 9 

Kiclitung  zu  höchster  Hölie  führte,  das  Hiiui)t  der  Schule  (s.  uiedcrUlndische 
Schule).  Aehnlich  verhält  es  bich  mit  deu  anderen  Schulen.  Etwas  abweichend 
erfolgt  die  Bildung  der  sogenannten  Schulen  bei  den  au8ü1)enden  Künst- 
lern, den  Sängern,  wie  den  Instrumentalisten,  den  Geigern,  Bläsern  u.  s.  w. 
Hier  ist  in  der  Kegel  der  Gründer  eim-r  Schule  zugleich  auch  das  Haujit  der- 
selben und  das  erscheint  in  der  Natur  der  Sache  bedingt.  Bei  den  schaffenden 
Künstlern  bestimmt  der  besondere  Inhalt  die  Richtung,  und  es  ist  ganz  natür- 
lich, dass  es  meist  nicht  dem  Begründer  derselben,  sondern  erst  den,  ihm  nach- 
schaflfenden  Meistern  vollständig  gelingt,  den  neuen  Inhalt  ganz  und  voll  in  die 
Erscheinung  treten  zu  lassen.  Der  ausübende  Künstler  dagegen  wird  vornehm- 
lich dadurch  schulebildend,  dass  er  eine,  dem  gewühlten  Instrument  durchaus 
entsprechende  vollendete  Technik  gewonnen  hat,  zu  deren  Aneignung  sich 
die  Schüler  um  ihn  sammeln  und  wenn  es  ja  einem  oder  dem  andern  gelingt, 
diese  Technik  noch  zu  erweitern,  so  geschieht  das  doch  immer  nur  in  der  be- 
schränkteren vorgezeichueten  Bahn;  verlässt  der  Schüler  diese,  dnnn  hört  er 
damit  auf,  der  Schule  anzugehören  und  er  kann  unter  Umständen  selber  zum 
Gründer  einer  neuen  Schule  werden.  In  demselben  Sinne  haben  sich  auch  ver- 
schiedene Schulen  des  Instrumentenbaues  gebildet.  Die  Principien  des  einen 
Meisters,  nach  denen  er  seine  Instrumente  baut,  werden  auch  von  einer  Reihe 
anderer  angenommen,  nach  denen  sie  ihre  Instrumente  anfertigen,  und  da  diese 
Principien  in  der  Regel  nur  dann  so  impouirend  zu  Tage  treten,  wenn  sie 
durch  die  betreffenden  Instrumente  so  vollendet  dargestellt  sind,  dass  diese  zur 
Nachahmung  anreizen,  so  tritt  auch  hier  der  Eall  ein,  dass  nur  die  vollendet 
gebauten  Instrumente  schulebildend  wirken,  dass  also  der  Giünder  der  Schule 
zugleich  auch  als  Haupt  derselben  zu  betrachten  ist.  Man  ist  zu  sehr  geneigt, 
die  Arbeiten  dieser  nachbildenden  Talente,  dem  neuschaffenden  Genie  gegenüber 
zu  unterschätzen ;  ihre  Arbeiten  vermag  nur  zu  häufig  auch  das  Genie  nicht 
zu  entbehren,  dem  sie  oft  die  Wege  in  emsiger  Arbeit  zu  ebnen  bemüht  sind 
(vergl.  Talent);  aber  auch  die  Bedeutung  der  Werke  an  sich  ist  meist  höher, 
als  der  blendenden  Thätigkeit  des  Genies  gegenüber  anerkannt  wird.  Aus  der 
Summe  der  Arbeit  der  uachschaffenden  Talente  gewinnt  das  Genie  meist  die  nach- 
drücklichste Förderung  seiner  eignen  Entfaltung.  Nachtheilig  wirkt  die  Schule, 
wenn  sie,  was  leider  nur  zu  häufig  der  Fall  ist,  zu  jener  Bornirtheit  verleitet, 
die  alles  ausserhalb  der  Schule  gelegene  missachtet  und  bekämpft;  dann  hemmt 
und  hindert  sie  nur  die   allgemeine   Entwickelung  der  Kunst. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  allgemeine  Ausbreitung  der  Tonkunst 
sind  endlich  die  Unterweisungen  geworden,  die  als  »Schulen«  alljährlich  in 
vielen  Tausenden  gedruckt  durch  den  Buchhandel  verbreitet  werden.  Hierzu 
gehören  im  Grunde  auch  jene  ersten  Abhandlungen  über  die  Praxis  des  Kirchen- 
gesanges und  die  Notation  desselben,  wie  sie  uns  Hucbald  (s.  d.)  in  seiner: 
Musica  enchiriadis  und  Guido  von  Arezzo  (s.d.)  in  seinem  Microlvgus  gehen 
wie  ferner  die  zahlreichen  Schriften  über  die  Solmisation  und  den  Mensural- 
gesang von  Frauco  von  Köln  (Ar.s  catifus  inensurahilis) ,  Marchettus  von 
Padua  {ÄTusica  seu  Lucidarium  in  arte  musicae  plaiiae),  Johannes  de  Muris 
{Tracfatus  de  Musica),  Adam  de  Fulda  {De  Musica),  Tinctoris  (Terminonim 
musicae  Di /finitoi'um);  Franchinus  G&iov  {Musica practica,  theorica  et  insfrumen- 
talis) ,  Pietro  Aaron  {II  Toscanella  in  Musica)  u.  a.  m.  Meist  sind  diese 
Werke  und  Schriften  zum  Theil  recht  gelehrte  Abhandlungen  über  Berechnung 
und  Messung  der  Intervalle,  über  Solmisation,  Contrapunkt  und  die  Yocalmusik 
überhaupt.  Erst  im  16.  Jahrhundert  gewinnen  sie  dann  mehr  Ton  und  Form 
des  Lehrbuchs.  Sebastian  Virdung  {Musica  (jetutscht,  l.'Sll)  und  Martin 
Agricola  {Musica  ins/ ru mentalis,  1529)  zogen  auch  die  Instrumentalmusik  in 
den  Kreis  ihrer  Unterweisung.  Virgil  Hang  {Erotemata  musicae  practicae) 
wie  Wolfgang  Figulus,  Matthäus  Greiter,  Heinrich  Faber  {Ad  Musi- 
cam  practicum  introductio,  1550),  Adrian  P.  Coclicus,  Johann  Zanger 
{Practicae  Musicae,  \bb\),  YievmxinnY'iwcVi  {Practica  musica),  Luccas  Lossius, 


420  Schule. 

Gallus  Di'essler  {Elcmenta  3Iusicae  practicae  in  usum  Scholae  Ilagdehurgensis 
(1571)  u.  V.  A.  schrieben  ihre  Werke  direkt  zum  Schulgehrauch  und  einzelne  wühl- 
ten dabei  auch  bereits  die  katechetische  Form.  Die  Werke  eines  Ornitoparchus 
(Musicae  activae  Microlo(jus,  1519),  oder  des  Steffauo  Yanneo,  des  Nicola 
Vincentino,  Gioseffo  Zarlino  {Istitutioni  harmoniche,  1558),  wie  Glareaus 
(^Dodecacliordon,  1547)  v.  a.  sind  wieder  mehr  wissenschaftliche  Abhandlungen, 
während  Wilphingseder  {Deutsche  Musica ,  1574),  wie  Georg  Rhau 
(EncJiirii/ian  titriusque  mudcae  practicae,  1530)  ausdrücklich  ihre  Abhandlungen 
für  die  Schule  schrieben,  neben  n.  a.  Auch  das  17.  Jahrhundert  bi-ingt  eine 
grosse  Anzahl  derartiger  Werke  von  Harnisch,  Gesius,  Willichius,  Wid- 
mann, Thüringus  u.  a.  Daneben  aber  erscheinen  auch  bereits  Unterwei- 
sungen für  bestimmte  Disciplinen,  wie  von  Walliser  {Musicae  ßguralis  prae- 
cepta  hrcvia,  1611);  das  sich  weniger  mit  dem  Kunstwerk,  als  vielmehr  mit 
seiner  Ausführung  im  Gesänge  beschäftigt.  Eine  wirklich  methodische  Anord- 
nung merkt  man  in  allen  diesen  Werken  noch  wenig;  sie  handeln  die  ein- 
zelnen Materien  in  einer  bestimmten,  aber  nichts  weniger  als  methodischen 
Reihenfolge  ab.  Am  ehesten  zeigt  sich  eine  solche  noch  bei  den  Instrumen- 
talisten.  Schon  Agricola  und  Vir  düng  geben  in  den  erwähnten  Werken 
für  einzelne  Instrumente  eine  Art  methodischer  Anleitung  sie  spielen  zu  lernen. 
Mehr  Fleiss  verwandten  hierauf  die  Lautenisten  wie  Judenkönig  (Utilis 
et  compendiaria  introductio ,  1523),  Arnold  Schlick  (Tabulaturen  Etlicher 
lobgeseng,  1512),  HansGerled.  Aeltere  (Ein  Newes,  sehr  künstliches  Lauten- 
buch, 1552),  M.  Newsiedler  (Ein  Newgeordnet  künstlich  Lautenbuch,  1536), 
Sebastian  Ochsenskuhn  (Tabulaturbuch  auff  die  Lautten,  1558),  Ammer- 
bach (Orgel-  oder  Instrument-Tabulatur,  1571)  u.  a.,  die  mehr  oder  weniger 
ausführliche  und  methodische  angeordnete  Unterweisung  in  dem  Gebrauch  des 
Instruments  für  die  einzelnen  Fälle  geben.  Auch  Besardus  fügt  seiner  Samm- 
lung von  Lautenstücken  {Thesaurus  harmonicus  Colonia,  1603)  eine  Anweisung 
bei,  ebenso  V  all  et  {Le  Secret  des  Muses,  Amsterdam,  1619)  und  M  outhon, 
Michel-Ange,  ein  Tonkünstler  in  Paris,  beschäftigte  sich  mehr  mit  der 
Theorbe  {Methode  pour  la  Theorbe),  ebenso  Campion  {Traite  d'accompagnement 
l)Our  la  Theorbe,  Amsterdam,  1710).  Ausführlich  handelt  noch  von  der  Laute: 
Baron  Ernst  Gottlieb,  ein  Rechtsgelehrter  (Historisch-theoretisch  und  prak- 
tische Untersuchung  des  Instruments  der  Lauten,  1727).  Auch  für  das  ver- 
wandte Instrument  die  Guitarre  wurden  früh  Unterweisungen  veröflfentlicht, 
namentlich  in  Spanien,  wo  schon  1534  ein  Dilettant:  Ludovico  Milan  und 
1547  ein  Tonkünstler:  Valterabano  (Henrico  de)  hierauf  bezügliche  Werke 
drucken  Hessen  und  seitdem  sind  noch  eine  Reihe  von  Guitarrenschulen  in 
Spanien  erschienen  von  Briscenno  {Tanner  et  templar  la  Guitarra,  1575), 
Joh.  Carolus  {Guitarra  Espahola,  1626),  Velasco  {Nueva  modo  de  cifra 
para  taner  la  Guitarra,  1640),  Corbera  {Guitarra  Espanold).  Auch  in  Frank- 
reich fand  das  Instrument  bald  Freunde,  und  schon  1578  veröiFentlichte  Adrien 
le  Roy  {Brief  ve  et  f  adle  Instruction  pour  apprendre  la  tubulature  ä  bien  accorder, 
conduire,  et  disposer  la  main  sur  la  Guiterne).  Doch  erst  das  18.  Jahrhundert 
brachte  auch  hier  zahlreichere  Werke,  von  Derosier  {L'art  de  jouer  de  la 
Guitarre),  Carpentier  {Instructions  pour  le  Cythre  ou  la  Guitarre  Allemande, 
Paris,  1770),  Rieter  {Methode  tres  f adle  pour  la  Guitarre  anglaise  ou  allemande, 
1770),  Merchi  {Traite  des  Agreinens  de  la  Musique,  executes  sur  la  Guitarre), 
Baillon  {Nouvelle  Methode  de  Guitarre  Selon  le  Systeme  des  meilleurs  Auteurs), 
Corbelin  {Methode  de  Guitarre  pour  apprendre  seul  ä  jouer  de  cet  instrumeni), 
Lemoine  de  Limai  {Nouvelle  Methode  courte  et  f adle  pour  la  Guitarre  ä  Vusage 
des  Commengans,  1790,  und  Methode  pour  la  Guitarre  a  5  et  ß  Cordes),  Labarre 
{Nouvelle  Methode  pour  la  Guitarre,  1793),  Alberti  {Methode  et  Sonate,  1796), 
Phillis  {Methode  courte  et  f adle),  Yid&l  {Methode  de  Guitarre),  Doisy  (Prm- 
cipes  generaux  et  raisonnes  de  la  Guitarre,  1801,  erschien  in  deutscher  Ueber- 
setzung  1802  bei  Breitkopf  &  Härtel  in  Leipzig),   Gatayes  {Methode  de  Gui- 


Schnle.  421 

tarre  und  Xouvclle  Methode  de  Gtiitarre  ou  Li/re,  1802,  erschien  auch  iu  deut- 
scher Uebersctzung  hei  Andr»'-  iu  Offenbiich),  Porro  {Inntruction  pour  la  Lyre 
ou  Guitarrc),  Guichurd  {Petite  Methode  de  Guitarrr),  Mulino  (Nouvelle 
Methode  complete  de  Guitarre  und  Grande  Methode  complete  pour  la  Guitarre), 
Meissonier  (Methode  de  Guitarre),  Maresot  {Methode  de  Guitarre),  Cheres- 
saille  (Nouvelle  Methode),  Carulli  {Methode  de  Guitarre  erschien  mehrfach 
ins  Deutsche  übersetzt  unter  andern  bei  Fr.  Kistner  unter  dem  Titel:  Voll- 
ständige Anweisung  um  auf  die  leichteste  und  einfachste  Weise  die  Guitarre 
spielen  zu  lernen.  Eine  italienische  Uebersetzung  erschien  unter  dem  Titel: 
Elementi  di  Musica  e  Frincipij  per  chitarra,  INIilano  presso  Gio.  Ricordi),  La 
Fleche  (Methode  de  Guitarre),  Pacini  (Methode  generale  de  Guitarre),  Fauvel 
(Methode  elementaire  de  Guitarre)  u.   v.  a. 

Geringer  ist  die  Zahl  der  Guitarrenschulen,  welche  in  Italien  erschienen 
oder  von  Italienern  verfasst  sind,  doch  sind  darunter  mehrere  bedeutende.  Als 
die  erste  hier  ei'schienene  darf  wol  die  von  Abbatessa,  Giovanni  Battista 
(Ghirlanda  di  varii  ßori,  ovvero  infavolatura)  gelten,  die  um  1690  in  Mailand 
erschien.  Die  ersten  vier  Seiten  sind  nur  Anweisung  im  Guitarrespielen.  Die 
GuitaiTenschule  von  Bortolazzi  (Nuova  ed  esatta  scuola  per  la  chitarra)  er- 
schien in  mehrfachen,  immer  verbesserten  Auflagen  in  Wien  und  sie  galt  lange 
Zeit  neben  den  Schulen  von  Carulli,  Bathioli  (Gemeinnützige  Guitarren- 
schule und:  Neueste  Wiener  Guitarrenschule)  und  Giuliani  (Studio per  Chitarra) 
zu  den  besten  ihrer  Art.  Ausserdem  wären  noch  zu  nennen  Monzino  (Metodo 
per  Chitarra  Lira,  Milauo),  Calegari  (Elementi  generali  della  Musica  e  Prin- 
cipj  di  Chitarra)  und  Nava  (Metodo  completo  per  Chitarra,  Milauo). 

In  England  veröffentlichte  der  berühmte  Violinvirtuose  Geminiani  auch 
zwei  Anweisungen  für  Guitarre  (Art  of  Playiiig  the  G^ittar  und  Instructions 
for  the  Guitarr);  ausserdem  ein  englischer  Musiker  Ligth  (E.  The  Art  of 
playing  the  Guittar ,  1795),  die  Instrumentenmacher  Preston  (Preston's 
Pocket  Companion  for  the  Guittar,  1797)  und  Bremner  (Instructions  for  the 
Guittar)  u.   s.  w. 

Gross  ist  die  Zahl  der  Guitarrenschulen,  die  in  Deutschland  erschienen. 
Bereits  1569  veröffentlichte  Sixtus  Kargel  in  Mainz  ein  Werk  über  dies 
Instrument  (Renovata  Cythara,  hoc  est,  novi  et  comtnodissimi  exercendae  Cyfharae 
modi).  Später  behalf  man  sich  mit  TJebersetzungen  italienischer  und  fran- 
zösischer Werke.  Erst  in  unserm  Jahrhundert  mehrte  sich  die  Zahl  der 
Guitarrenschulen  auch  in  Deutschland,  durch  Bergmann  (Anweisung  zum 
Guitarrenspielen,  Halle,  1802),  Lehmann  (Neue  Guitarrenschule,  1808)  u.  a. 
1804  war  eine:  Vollständige  Guitarrenschule  bei  Hofmeister,  1806  eine:  Neue 
Guitai-renschule  bei  Kühuel  in  Leipzig  erschienen,  welche  mehrere  Auflagen 
erlebten.  Besonders  gewannen  die  Guitarrenschulcn  von  J.  H.  C.  Bornhardt 
(Anweisung  die  Guitarre  zu  spielen,  1807,  Ansicht  der  Guitarre,  Kurze  An- 
weisung die  Guitarre  zu  spielen.  Gründliche  Anweisung  die  Guitarre  leicht 
spielen  zu  lernen)  Ruf  und  grosse  Verbreitung.  In  mehreren  Auflagen  war 
auch  die,  bei  Spohr  in  Braunschweig  erschienene:  Vollständige  Guitarrenschule 
verbreitet.  Ausser  diesen  sind  noch  zu  erwähnen  die  Schulen  von  Stähl  in 
(Kurz  gefasste  Guitarrenschule  nebst  Uebuugsstücken  und  Gesängen,  Ofi"enbaeh, 
Andi-ü),  Celli  (Neue  gründliche  theoretisch-praktische  Guitarivnschule,  W^ien 
bei  Cappi),  Schneider  (Neue  Guitarrenschule,  München,  bei  Falter),  Grässer 
(Systematische  Guitarrenschule,  Wien),  Härder  (Neue  theoretische  Guitarren- 
schule, Berlin),  Blum  (Neue  vollständige  Guitarrenschule,  Berlin),  Knjze 
(Vollständige  Guitarrenschule,  Prag),  Schacky  (Gründliche,  auf  praktische 
Erfahrung  sich  stützende  Anleitung  die  Guitarre  spielen  zu  lernen,  München), 
Bodstein  (Anweisung  die  Guitarre  zu  spielen,  Braunschweig),  Häuser 
(Guitarrenschule,  Quedlinburg),  Wohlfuhrt  (Neueste  Guitarrenschule,  München), 
Pfeiffer  (Gründliche  Guitarrenschule,  Wien),  Schneider  (Neue  Guitarren- 
schule, München),    Seegner  (Guitarrenschule,   Wien),    Henning  (Vollständige 


422  Schule. 

theoretisch-praktische  Ouitarrenschule,  Magdeburg),  Mertz  (Schule  für  Guitarre, 
Wien),  Padowetz  (Theoretisch-praktische  Guitarreuschule,  Wien),  Eeichhart 
(Neue  Guitarrenschule,  Augsburg),  Siber  (Praktische  Anleitung  für  Guitarren- 
spieler, Stuttgart)   u.  a. 

Spärlich  nur  erschienen  Anweisungen  für  Mandoliue:  von  Fouchetti 
(^Methode  pour  apprendre  facilement  ä  jouer  de  la  Mandoline  ä  4  et  6  Cordes, 
Paris,  1770),  Leone  {Methode  raisonnee  pour  passer  du  Violen  ä  la  Mandoline, 
Paris,  1783),  Denis  {Methode  pour  apprendre  de  la  Mandoline,  Paris,  1792), 
Bortolazzi   (Anweisung  die  Mandoline  von  selbst  zu  lernen,  Leipzig). 

Harfeuschulen  erschienen  namentlich  in  Frankreich  in  grösserer  Anzahl 
von  Meyer,  Philij)p  Jacob  {Methode  sur  la  vraie  maniere  de  jouer  de  la  Marpe, 
Paris,  um  17 70),  Corette  {Nouvelle  Methode  pour  apprendre  ä  jouer  de  la 
Harpe,  1774),  Compan  {Methode  de  Harpe,  Paris,  1783),  Cousineau  {Methode 
de  Harpe),  Cardon  {Uart  de  jouer  de  la  Harpe,  1784),  Krumpholz  {Prin- 
cipes  de  la  Harpe),  Pollet  {Methode  de  Harpe),  Gatayes  {Methode  de  Harpe), 
Burckhöfer,  Bedard,  Laurent,  Blatmann,  Garnier,  Petrini,  Nader- 
maun  veröffentlichten  jeder  eine  Methode  de  Harpe,  Desargus  {Traite  general 
sur  Vart  de  jouer  la  Harpe,  ferner  Cours  compilet  de  Harpe  und  Traite  complet 
et  raisonne  compose  pour  V Enseignement  des  Harpes  ä  simple  et  ä  double  Mou- 
vement),  Bochsa  {Nouvelle  methode  pour  la  Harpe,  und  Petite  Methode  de  Harpe), 
Labarre  u.  a. 

In  Deutschland  veröffentlichten  Harfenschulen  We  mich  (Versuch  einer 
richtigen  Lehrart  die  Harfe  zu  spielen,  Berlin,  1772),  Herbst  (lieber  die  Harfe, 
nebst  einer  Anleitung  sie  richtig  zu  spielen,  Berlin,  1742),  Schwanenberg 
(Vollständiges  theoretisch-praktisches  Lehrbuch  zur  Davids-  und  Pedalharfe, 
Wien,  1797),  Backofen  (Anleitung  zum  Harfenspiel,  (Leipzig,  1802),  Heyse 
(Anweisung  die  Harfe  zu  spielen),  Wenzel  (Neue  vollständige  theoretisch- 
praktische Pedal-  und  Hakenharfenschule,  Wien). 

In  einzelnen  altern  Lautentabulaturen  wurden  auch  zugleich  Anweisungen 
für  das  Spielen  der  Orgel  und  des  Clavichord  gegeben,  wie  z.  B,  in  Ammer- 
bachs: Orgel-  oder  Instrument- Tabulatur  (1571).  Die  ersten  selbständigen 
Unterweisungen  für  diese  Instrumente  dürften  wol  die  von  Lambert  {Traite 
de  V accompacjnement  du  clavecin,  de  lorgue  et  des  autres  Instruments,  Paris,  1680, 
und  Frincipes  du  clavecin,  1702)  und  von  Frangois  Couperin  {L'Ärt  de 
toucher  le  Clavecin   1701)  sein. 

In  Deutschland  erschien  1738  dann  ein  ähnliches  Werk  von  Maichel- 
beck  (Die  auf  dem  Ciavier  lehrende  Cäcilia,  welche  guten  Unterricht  ertheilet, 
wie  man  nicht  allein  im  Partiturschlagen  mit  3  und  4  Stimmen  spielen,  sondern 
auch  wie  man  der  Partitur  Schlagstücke  verfertigen  und  allerhand  Läufer  finden 
könne,  Augsburg,  1738).  In  London  veröffentlichte  1757  Pasquali  ein  solches 
Werk  {Art  of  Fingering  tlie  Harpsichord)  und  in  Kopenhagen  1746  Thilo 
ein  ähnliches  {Tanker  og  Regler  fra  Gründen  af  om  Musiken).  Hauptsächlich 
beschränken  sich  diese  Ciavier-  und  Orgelschulen  darauf,  zu  zeigen,  wie  die 
vocalen  Darstellungsmittel  und  einige,  an  andern  Instrumenten  gewonnenen 
Effecte  auf  die  Tasteninstrumente  zu  übertragen,  und  vor  allem,  wie  die  Ver- 
zierungen auf  dem  Ciavier  auszuführen  sind.  Eine  aus  der  Technik  und  dem 
Klaugwesen  des  Instruments  entwickelte  Theorie  zu  geben,  wird  in  keinem  der 
erwähnten  Lehrbücher  versucht  und  auch  Marpurg  (Die  Kunst  das  Ciavier 
zu  spielen,  erster  Theil,  1750)  vermochte  eine  solche  noch  nicht  zu  bieten. 
Erst  der  Sohn  jenes  grossen  Meisters  des  eigentlichen  Begründers  des  Ciavier- 
spiels, der  Sohn  Joh.  Seb.  Bachs,  des  Meisters  aller  Meister:  Carl  Philipp 
Emanuel  Bach  gab  eine  solche  (Versuch  über  die  wahre  Art  das  Ciavier  zu 
spielen,  mit  Exempeln  und  achtzehn  Probestücken  in  sechs  Sonaten  erläutert, 
1753).  Er  entwickelte  darin  die  Lehre  vom  Fingersatz,  von  den  Manieren 
(Verzierungen)  und  dem  Vortrage  nach  durchaus  naturgemässen,  auf  Spielart 
und  Klangwesen   basirten  Principien    und   gab    somit   die  natürliche  Grundlage 


f 


Schule.  423 

für  die  "Weiterentwickelung  des   Clavierstils    und  für  die  weitere  Unterweisung. 
Alle    bedeutendem    Clavicrscluilon    di«-    nachher    erschienen,    haben    auf  diesem, 
von  Bach  gelegten  Grunde  weiter  geliaut,  so  gleich   Marpurg  (Anleitung  zum 
Ciavierspielen,    der   schönern    Ausübung   der    heutigen    Zeit   gemäss    entworfen, 
Berlin,   1755).     Während  diese  Clavierschulen  nur  den  Stofl'  des  zu  Erlernenden 
möglichst  ausführlich   geben,  ohne   einen  eigentlichen,  den  Bedürfnissen  des  Ler- 
nenden methodisch  geordneten  Lehrgang,  beginnen  mit  der  Schule  von  Löhlein 
(Ciavierschule    oder    kurze    und   gründliche    Anweisung   zur    Melodie    und    Har- 
monie,  1765),    die  Lehrbücher  mit  einer  mehr  stufenweis  fortschreitenden  An- 
ordnung  des    Stofl's.      Die  Ciavierschule    von    Löhlein  war  daher  einst  sehr  be- 
rühmt  und  wurde  wiederholt  in   neuer  Bear])eitung  herausgegeben  von  August 
Eberhard    Müller    1804  u.  a.      Es    erschienen    jetzt    eine   ganze    Reihe    von 
Lehrbüchern  im  Ciavierspiel  für  Anfänger  und  zum  Selbstunterricht  von  Wiede- 
burg,     Töpfer,    Laag,    Riegler,     Schmiedtchen,    Kobrich,    Buchholz, 
A\'olf,    Petschke    u.  a. ,    bis    endlich    wieder    durch    Türk    (Ciavierschule   oder 
Anweisung    zum    Clavierspielen   für   Lehrer   und    Lernende    mit  kritischen  An- 
merkungen, Leipzig  und  Halle,  1789.    Neue  verb.  Auflage  1800)  in  der  Weise 
wie  von  Ph.  E.  Bach,    Theorie  und  Praxis   des  Clavierspiels  auf  dem   Grunde 
der  erweiterten   Technik  und  des  verbesserten   Klanges  des  Instruments  behan- 
delt wurde.     Nunmehr  legten  auch  die  Virtuosen  die  Resultate  ihrer  Erfahrungen 
in  besondern   Schulen  nieder,    wie  Dussek  {Instructions  on  tke  Art  of  Playinrj 
the  Piano  Forte,  London,   1796;   erschien  in  französischer  Uebersetzung  in  Paris 
unter  dem  Titel  y^Methode  jpour  le  Pianofortea  und  in  deutscher  unter  dem  Titel 
Pianoforteschule;     nach    der    englischen    Ausgabe    übersetzt   und    von    den    Ver- 
fasser selbst  verbessert  und  mit  vielen  praktischen  Beispielen  vermehrt,  heraus- 
gegeben Leipzig,    1803)    und    Ignaz   Pleyel   (Nowelle  Methode  de  Piano/orte, 
Paris,    1797,    wurde    ebenfalls    und    zwar    mehrfach  ins   Deutsche   übersetzt  und 
neu   bearbeitet).      Auch    die    grosse  Ciavierschule  von  Louis  Adam  (Xouvelle 
Methode  du   Principe  general  du  doigte  pour   le  Fortepiano ,   Paris,   1798)    wurde 
ins  Deutsche  übertragen,  ebenso  wie  die  Schule  von  Clementi  {^Methode  pour 
le  Pianoforte,  Paris,   1801.      Die    erste    Ausgabe    erschien    übrigens    in  London 
in  englischer  Sprache;  eine  deutsche  Uebersetzung  in  Leipzig,   1802).     Ebenso 
wurden  die   Schulen  von   Steibelt  (^Methode  de  Piano/orte)    und    von    C ramer 
(Instructions  poxir  le  Pianoforte)    die   beide  in  Paris  erschienen,    in   mehrfachen 
deutschen  Bearbeitungen  ausgegeben. 

Daneben  waren  immer  wieder  eine  Reihe  von  Theoretikern  bemüht,  die, 
durch  die  Meister  des  Clavierspieles  gewonnenen  neuen  Mittel,  auch  möglichst 
Anfängern  und  den  weitern  Kreisen  überhaupt  zu  vermitteln,  wie  Albrechts- 
berger  (Clavierschule  für  Anfänger,  Wien,  1800),  Knecht  (Kleine  Ciavier- 
schule für  den  ersten  Anfänger,  1800,  1802  und  Bewährtes  Methodenbuch  beim 
ersten  Clavieruuterricht,  Freiberg),  Hering  (Neue  praktische  Clavierschule  für 
Kinder  nach  einer  bisher  ungewöhnlichen,  leichten  Methode,  Leipzig,  1804  bis 
1807),  Guthmann  (Methodik  des  Ciavier-  und  Pianofortespiels.  Nürnberg, 
1805,  Pianoforte-Schule  nach  einer  neuen  Methode,  Leipzig),  Götz  (Methode 
mehrere  Schüler  zugleich  auf  einem  einzigen  Instrumente  im  Clavierspielen  zu 
unterrichten),  Lauska  (Kleine  praktische  Clavierschule),  Müller,  August 
Eberhard  (Kleines  Elementarbuch,  Leipzig),  Starke  (Wiener  Pianoforteschule, 
mit  Verbindung  einer  leichten  Anweisung  das  Pianoforte  rein  zu  stimmen), 
Czerny,  Joseph  (Der  Wiener  Ciavierlehrer  oder  theoretisch-praktische  An- 
weisung das  Pianoforte  nach  einer  neuen  und  erleichterten  Methode  in  kurzer 
Zeit  richtig,  gewandt  und  schön  sjjielen  zu  lernen,  Wien)  u.  v.  a.,  Johann 
Nepomuk  Hiiramel,  der  ausgezeichnete  Virtuos  fasste  dann  wieder  in  einem 
grossen  erschöpfenden  Werke  (Ausführliche  theoretisch-praktische  Anweisung 
zum  Pianofortespiel  vom  ersten  Elementarunterrichte  an  bis  zur  vollkommenen 
Ausbildung,  Wien)  alles  zusammen,  was  seit  Johann  Seb.  Bach  weiter  in 
Bezug    auf  Technik,    Spielwcise    des    Instruments    und  Vortrag   gewonnen  war. 


424  Schule. 

Mehr  die  Technik  berücksichtigten  Henri  Herz  (Praktische  Pianoforteschule), 
Fr.  Hunten  {Methode  pour  le  Pianoforfe,  Mainz,  Schott),  und  Kalkbrenner 
(Anweisung  das  Pianoforte  mit  Hülfe  des  Handleiters  spielen  zu  lernen).  Eine 
Vorschule  zu  dieser  Kalkbrennerschen  Schule  schrieben  Bert  in  und  Romag- 
nesi  (Praktische  Pianoforteschule  nach  Jacototschen  Grundsätzen),  Bertini 
veröffentlichte  auch  eine  eigne  Schule  {Methode  coynplete  ei  progressive).  Reiches 
Material  namentlich  in  Bezug  auf  Technik  bieten  Moscheies  und  Fetis 
{Methode  des  Methodes  de  Piano).  Unter  den  instructiven  Werken  der  neueren 
Zeit  stehen  immer  noch  die  von  Carl  Czerny  (Neue  jiraktisch- systematisch 
geordnete  Ciavierschule  für  die  Jugend,  Op.  139  —  Die  Schule  der  Geläufigkeit, 
Op.  299  —  Die  Schule  des  Staccato  und  Legato  —  Die  Schule  des  Virtuosen  u.  s.  w.) 
oben  an.  Aussei-ordentliche  Verbreitung  gewannen  zu  verschiedeneu  Zeiten  die 
"Werke  von  W.  A.  Müller  (Erster  Lehrmeister  im  Ciavier-  und  Pianoforte- 
spiel), "Wohlfarth  H.  (Kinder-Clavierschule),  Beyer  (Vorschule  im  Ciavier- 
spiel), Brauer  Fr.  (Praktische  Elementar-Pianoforte-Schule),  Breitung  (Der 
kleine  Ciavierschüler),  Brunner  (Clavierschule),  Kullak  (Die  Schule  des 
Octavenspiels,  —  Die  Schule  der  Fingerübungen),  Reiser  H.  (Clavierschule).  Hier- 
zu gesellen  sich  in  noch  neuerer  Zeit  die  Ciavierunterrichtsbriefe  von  Hennes 
und  die  Ciavierschulen  von  Louis  Köhler,  Rohde,  Hohmann,  Krüger, 
Stein,  Wilhelm  Ruhoff,  Damm,  TJrbach  und  die  umfassende  von  Lebert- 
Stark.  In  seiner  Ciavier-  und  Gesangschule  (Leipzig,  C.  F.  W.  Siegels 
Musikalienhandlung,  R.  Linnemann)  hat  A.  Reissmann  den  ersten  praktischen 
Versuch  gemacht,  mit  dem  Ciavierunterricht  auf  der  untersten  Stufe  gleichzeitig 
die  erste  Unterweisung  im   Gesänge  zu  verbinden. 

Weniger  zahlreich  sind  die  Anweisungen  für  die  Orgel:  Neben  dem  be- 
reits erwähnten  Ammerbach  sind  aus  frühester  Zeit  zu  nennen:  Cruz  {Prado 
Musical  para  Orgaü) ,  Antegnati  {U Arte  Organica,  Brescia,  1608),  Diruta 
{Prima  parte  del  Transilvano,  dialogo  sopra  il  vero  modo  di  sonar  organi  e  in- 
strome?iti,  Venedig,  1612,  Seconda  Parte,  1609),  Scheidt  {Tahulatura  nova,  Ham- 
burg, 1624),  Arauxo  oder  Araujo  {Musica  practica  y  theoretica  de  Organo), 
Samber  {Manuductio  ad  Organum,  oder  sichere  Anleitung  zur  edlen  Schlag- 
kunst, Salzburg,  1704),  Justinus  a  Despons  {Ghirologia  Organica  Musica, 
1711),  Martini  {Pegola  per  gli  Organisti  Bologna).  In  neuerer  Zeit  schrieben 
Anleitungen  zum  Orgelspiel:  Türk  (Von  den  wichtigsten  Pflichten  des  Orga- 
nisten, Halle  und  Leipzig,  1787),  Knecht  (Vollständige  Orgelschule  für  An- 
fänger und  Geübte,  1795),  Kittel  (Der  angehende  praktische  Organist),  Petri 
(Anweisung  zum  regelmässigen  und  geschmackvollen  Orgelspiel,  1802),  Martini 
{Ecole  d'Orgue,  Paris,  1804),  Beauvarlet-Charpentier  {Theorie  d^Orgue, 
1804),  Werner  (Orgelschule,  1805),  Guntersberg  (Der  fertige  Orgelspieler), 
Rink  (Praktische  Orgelschule  in  sechs  Theilen,  1819 — 21),  Becker  (Rath- 
geber  für  Organisten),  Schneider  Fr.  (Orgelschule,  Halberstadt ,  1830), 
Göroldt  (Die  Orgel  und  deren  zweckmässiger  Gebrauch  beim  öffentlichen 
Gottesdienst,  1835),  Gebhardi  (Neue  praktische  Orgelschule,  Meissen),  Gress- 
1er  (Praktische  Orgelschule,  Langensalza),  Kegel  (Orgelschule),  Schütze  F.W. 
(praktische  Orgelschule,  Dresden),  Braun  (Praktische  Orgelschule),  Ritter 
(Die  Kunst  des  Orgelspiels,  Erfurt),  Volckmar  (Orgelschule,  Leipzig)  und 
ausser  ihnen  Frankenberger,  Oberhoffer,  Hohmann  u.  a. 

Wie  für  die  Handhai*monika  (Accordion)  Schulen  geschrieben  wurden  von 
Band  (Accordiouschule  für  das  40  und  44tonige  Accordion,  Crefeld),  Rüdiger 
(Die  Kunst  in  einer  Stunde  auf  dem  Accordion  ohne  Lehrer  und  Notenkennt- 
niss  ein  Stück  spielen  zu  lernen),  T  heb  es  (Anleitung  in  kurzer  Zeit  die  Hand- 
harmonika ohne  Lehrmeister  spielen  zu  lernen),  Zimmermann  (Anweisung 
das  40tonige  Accordion  zu  spielen),  A.  Müller;  so  sind  auch  für  die  Phys- 
harmonika  Schulen  verfasst  worden,  von  Lickl  (Theoret. -prakt.  Anleitung 
zur  Kenntniss  und  Behandlung  der  Physharmonika)  u.  a. 

Die  Methode   für    die  Unterweisung   im  Tiolinspiel    entwickelte  sich  ziem- 


Schule.  425 

lieh  nach  denselben  Grundsätzen  wie  beim  Clavierspiel.  Die  grossen  Meister 
stellten  in  ihren  betroirenden  Werken  in  gewissen  Zcitiibschnitton  di-.n  Stand 
der  jeweiligen  Technik  fest  und  zogen  daraus  die  entsprcchfiiden  Theurien  und 
die  kleinern  versuchten  dann  die  Resultate  dieser  Entwickelung  zu  verallge- 
meinorn.  Schon  1530  gab  ein  Spanier,  Lodovico  de  Narvaez,  in  seinem 
Werke  (Libros  del  Delßn  de  }ruKica ,  pnra  Taner  la  Yignela,  Viilludolid)  auch 
Anleitung  zum  Violinspiel.  In  Deutschland  dürfte  wol  Hans  Gerle  (Jlusica 
teutsch ,  autV  die  grossen  vnd  kleinen  Gcygen,  auch  lautten,  Nürnberg  im  Jar 
1533)  der  erste  sein,  der  eine  derartige  Anweisung  giebt.  Aehnlich  sind  noch 
die  Werke  von  Ortiz,  Cruz,  Zanetti  u.  a.,  welche  im  17.  Jahrhundert  er- 
schienen. Die  Technik  des  Instruments  entwickelte  sich  in  dieser  Zeit  noch 
ziemlich  langsam.  Schon  die  erste  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  bringt  mehrere 
methodische  Werke  wie  von  Monteclair  (^Methode  facile  pour  apprendre  ä 
jouer  du  Violon,  Paris,  1726)  und  einige  Jahre  darauf  erschien  ein  Werk  von 
epochemachender  Bedeutung  von  dem  berühmten  Violinspieler  Francesco 
Geminiani  (T/ie  Art  of  playincj  the  Violon,  containing  all  the  Rulen  necessary 
to  attain  perfection  an  that  instrxment,  London,  1740),  von  dem  auch  eine 
französische  und  eine  deutsche  Uebcrsetzung  (1785)  veranstaltet  wurde.  Gemi- 
niani macht  an  einer  Zeichnung  den  Schüler  mit  Gritlbrett  und  dem  Gebrauch 
des  Bogens  bekannt,  und  entwickelt  dann  die  Regeln  der  Technik  an  12  Sonaten. 
In  Deutschland  veröffentlichte  ein  derartiges  grundlegliches  Werk  zuerst  der 
Vater  unseres  grossen  Meisters  W.  A.  Mozart,  der  Salzburger  Vice-Kapell- 
meister  Leopold  IMozart  (Versuch  einer  gründlichen  Violinschule  entworfen 
und  mit  vier  Kupfertafeln  sammt  einer  Tabelle  versehen,  Augsburg,  1756;  das 
Werk  ist  seitdem  in  mehreren  Auflagen  und  neuen  Ausgaben  erschienen).  Durch 
die  grosse  Klarheit  und  sachgemässe  Gründlichkeit  mit  welcher  Leopold  Mozart 
seinen  Gegenstand  behandelt,  hat  das  Werk  ebenfalls  epochemachende  Bedeutung 
gewonnen.  Tartini,  Giusejipe,  der  grosse  Geiger,  entwickelte  in  einem  Brief 
an  Signora  Maddalena  Lombardini,  eine  bedeutende  Componistin  und  Sängerin, 
namentlich  seine  Ansicht  über  den  Gebrauch  des  Bogens  (Letfera  del  defunto 
Giuseppe  Tartini  alla  Signora  Maddalena  Loinhardini  incerviente  ad  una  impor- 
tante  lezione  peri  Suonatori  di  Violino,  Londra,  1771.  Eine  deutsche  Uebersetzung 
in  J.  A.  Hillers  Lebensbeschreibung  berühmter  Musikgelehrter  und  Tonkünstler 
1784,  p.  278  —  285  und  in  der  Leipziger  Allgemeinen  musik.  Zeitung  Bd.  VI, 
134  — 138).  Von  nun  an  mehren  sich  die  Unterweisungen  für  Anfänger;  deren 
veröffentlichten:  Van  neck  (Petite  Methode  de  Violon,  Paris),  Löhlein  (An- 
weisung zum  Violinspielen  mit  praktischen  Beispielen  und  zur  Uebung  mit 
zwölf  kleinen  Duetten  erläutert,  Leipzig  und  ZüUichau,  1774,  und  seitdem  in 
mehreren  Auflagen  und  umgearbeiteten  Ausgaben),  Kauer,  Ferdinand  (Kurz- 
gefasste  Violinschule  für  Anfänger,  Wien,  1787),  Bornet,  l'aine  (Xouvelle 
Methode  de  Violon  et  de  Musique  dans  laquelle  on  a  observe  toutes  les  gradations 
necessaires  pour  apprendre  ces  deux  arts  ensemble,  suivie  de  nouveaux  airs  d'operas, 
Paris,  1788),  und  von  Galeazzi,  Duport,  Schmitt.  Hiller,  Schweigl, 
Demar,  Cartier,  Bedard,  Perrin,  Dupierge,  Thieme,  Vaillant  u.  a., 
bis  endlich  Baillot,  einer  der  grössten  Violinspieler  seiner  Zeit,  jenes  Wei'k 
veröffentlichte  (Methode  de  Violon  par  Baillot,  Rode  (Pierre)  et  Kreutzer  (Rudolph) 
redigee  par  Baillot  adoptee  par  le  Conservatoire,  Paris,  1803  und  seitdem  auch  in 
mehreren  deutschen  Ausgaben  erschienen) ,  mit  welchem  wieder  ein  Markstein 
in  der  ganzen  Entwickelung  des  Violinspiels  gewonnen  wurde.  Darnach  er- 
schienen wieder  die  mehr  instructiven  Schulen  und  Methoden  von  Woldemar, 
Wranitzky,  Bruni,  Faure,  Hering,  Fröhlich,  Garaude,  Lachnith, 
Baillard,  Campagnoli  (Nouvelle  Methode  de  la  inecanique  progressive  du 
Jeu  du  Violon),  Guhr  (lieber  Paganinis  Kunst  die  Violine  zu  spielen,  ^lainz, 
1829),  Mazas  (Methode  de  Violon  suivie  d'tin  Traite  des  Sons  harmoni'jues  en 
simple-  et  doubles  cordes,  Bonn,  1830)  und  darauf  veröfientlichte  der  deutsche 
Grossmeister   der   Geiger,   Louis  Spohr,  jenes  Werk,   das   eine    neue    Schule 


426  Schule. 

becrründete  (Violinschule.  In  drei  Abtheilungen,  nebst  dem  Porträt  des  Ver- 
fassers und  mehreren  erläuternden  Kupfertafeln,  Wien,  1831).  Ausserdem  sind 
noch  die  entsprechenden  Werke  von  Ries,  Henning,  Abel,  E.  Hofmann, 
Hering,  Zimmermann,  Eichberg,  Alard,  Barnbeck,  Mettner,  Hoh- 
mann,  Witting,  Kastner,  Schoen,  Hermann  Schroedor,  Solle,  Seh- 
ring, Singer  und  Seifriz,  Wichtl  u.  a.  zu  nennen.  Hervorzuheben  aus  den 
letzten  Decennien  unseres  Jahrhunderts  sind  noch  zwei  Violinschulen  von  grosser 
Bedeutung,  die  von  Charles  de  Beriot  {Methode  de  violon  en  trois  Partie, 
Paris,  1858)  und  die  von  Ferdinand  David  (Erster  Theil:  Der  Anfänger. 
Zweiter  Theil:  Der  vorgerückte  Schüler,  Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel),  Werke 
die  sich  den  ähnlichen  von  Bai  Hot  und  Spohr  würdig  anreihen.  Eine  Er- 
gänzung zum  letzterwähnten  Werk  bildet  die:  Hohe  Schule  des  Violinspiels; 
Werke  berühmter  Meister  des  17.  und  18.  Jahrhunderts,  bearbeitet  und  her- 
ausgegeben von  Ferdinand  David  (Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel). 

Auch  die  Bratsche  regte  in  verschiedenen  Zeiten  zu  einer  mehr  virtuosen 
Ausbildung  des  Spieles  an  und  dem  entsprechend  wurden  auch  eingehendere 
Anweisungen  für  das  Instrument  geschrieben,  wie  von  dem  Violinspieler  Jean 
Rousseau  {Principes  pour  la  Viole,  Paris,  1687),  von  Corette  {Methode pour 
appreiidre  facillement  d  jouer  de  la  Quinte  ou  Alto  (Paris,  1782),  Cupis  Decombe 
{Methode  d'Alto,  Paris,  1803),  Bruni  {Methode  pour  ÄU-Violes),  Grebauer 
{Methode  d.Alto),  Woldemar  {Methode  elementaire  pour  VAlto,  Paris),  Fröh- 
lich (Violaschule,  Bonn),  Oxaraude  {Methode  d^Alto  Violo,  Paris),  A.  Schultz, 
Eehbaum  (s.  Hermann  Ritter). 

Für  das  Violoncello  schrieben  Anweisungen  unter  Andern:  Baumgärtner 
{Instruction  de  Musique  theorique  et  pratique  ä  Vusage  du  Violoncelle),  Tilliere 
{Methodede  Violoncelle),  Corrette  {Methode pour  le  Violoncelle),  Cupis  {Methode 
nouvelle  et  raisonnee  pour  apprendre  ä  jouer  du  Violoncelle),  Grunn  {The  art 
and practice  of fingering  the  Violoncelle,  1793),  Münzberge r  {Nouvelle  Methode 
pour  le  Violoncelle),  Breval  {Traite  de  Violo7icelle) ,  Aubert  {Methode  de 
Violoncelle),  Hardy  {Violoncello  preceptor,  with  Scales  for  fingering  in  the 
various  Keys),  Bideaux  {Grande  et  nouvelle  methode  raisonnee  pour  le  Violon- 
celle), Stiasny  {Methode  de  Violoncelle),  Dotzauer  {Methode  de  Violoncelle, 
Violoncelloschule  für  den  ersten  Unterricht,  Wien),  Kummer  (Violoncelloschule), 
Romberg,  Bernh.  (Violoncelloschule),  Alexander  (Anweisung  zum  Violon- 
cellospiel), Baillot,  Levasseur  Catel  et  Baudiot  {Methode  de  Violoncelle 
et  £af<s),  Duport  {Essai  sur  le  Doigte  du  Violoncelle  et  sur  la  Gonduite  de 
VArchei),  Grross  (Elemente  des  Violoncellospiels),  Carl  Schroeder,  S.  Lee, 
Banger  u.  A. 

Schulen  für  den  Coiitr.abass  schrieben:  Mine  {Methode  de  Gontrahasse, 
Paris),  Asioli  {Elementi  per  il  Gontrahasso,  con  una  nuova  maniera  di  digitare, 
Milano,  1838),  Hause  (Contrabassschule  und  Methode  complete  de  Contrehasse), 
Fröhlich  (Contrabassschule),  Slama  (Contrabassschule  in  30  leicht  fasslichen 
und  gründlichen  Lectionen),  ausser  diesen  sind  noch  Contrebassschulen  von 
Franke,  Sturm  und  Karl  Richter  zu  nennen. 

Die  Flöte  gehört  mit  zu  den  Instrumenten,  welche  zuerst  mit  Anweisungen 
bedacht  wurden.  Agricola  giebt  in  seiner  Musica  instrumentalis  (1529)  eine 
ausführliche  Anleitung  »für  der  zungen  bewegung  odder  application  auff  den 
Pfeiflfen«.  Granassi  dal  Fontego  bringt  in:  La  quala  insegna  di  suonare  in 
Flauto  (1535)  ebenfalls  Anleitung  zum  Flötenblasen.  Hotteterre,  Kammer- 
musikus zu  Paris,  veröffentlichte  wahrscheinlich  um  1707  ein  ausführliches 
Werk  über  die  Flöte  {Principes  de  la  Flute  traversiere  etc.),  ebenso  Corette 
{MetJiode  pov/r  apprendre  aisement  a  jouer  de  la  Flute  traversiere,  Paris,  1710), 
Schickhard  {Principes  de  la  Flute,  1730),  Mahaut  {Nouvelle  Methode  pour 
apprendre  en  peu  de  temps  a  jouer  de  la  Flute  traversiere,  Amsterdam).  Eine 
erschöpfende  Flötenschule,  dass  sie  grundleglich  für  alle  weiter  erscheinenden 
werden    konnte,    brachte    erst   der  berühmte  Flötenvirtuose  Johann   Joachim 


Schule.  427 

Quant z  (Versuch   oiner  Anweisung   die  Flöte  traversit-re  zu   spielen,    mit  ver- 
schiedenen   zur    Beförderung    dos    guten   Geschmacks    in    der  praktischen   Musik 
dienlichen  Anmerkungen   begleitet  und  mit  Exempeln  erläutert,  nobst  24  Kupfer- 
tafeln, Berlin,   1752).     Das  treffliche  AVerk  erschien   in  mehreren  Auflagen   und 
wurde  in   verschiedene  fremde  Sprachen   übersetzt.     Von  den   18   Hauptstücken, 
in  die  es    abgetheilt    ist,    beschäftigen    sich    die    ersten   10  nur  mit  dem  Unter- 
richt, die  andern   8   handeln  vom  Vortrage,  von  der  Art  das  AUegro  zu  spielen, 
von    den    zufälligen  Veränderungen  u.   s.  w.      Von    da   an    beeiferten    sich    auch 
die  bedeutenden   Flötisten,  ihre  Erfahrungen  in  Schulen   niederzulegen.     Es  er- 
schienen   noch    in    diesem    Jahrhundert    ähnliche    Werke    von   Dr.   Lorenzini 
{Saqijio  per  hen  snnan-  il  Flaiüo  iraverso,    Vicenza,    1779),    Taillard  l'aine 
{Methode  pour  apprenJre  ä  joner  de  la  Flute  traversiere,  Paris,  1782),   Tromlitz 
(Kurze  Abhandlung  vom  Flötenspiel,   Leipzig,   1786,   die    zweite  Auflage   unter 
dem   Titel:  Ausführlicher  und  gründlicher  Unterricht  die  Flöte  zu  spielen,  1791), 
Eöser    {Methode    de  flute,    Paris),    Gunn    {Art    of  playimj    the    <jerman    Flitte, 
London,    1793),    Devienue    {Methode   de   Flute  iheorique  et  pratique,  confenant 
lous  les  principes,  des  petits  Aim,  Duos  et  Sonates  faciles,  Paris,  1795),  Preston 
{Pocket  Companion  for  the  German  Flute,  London,  1791),  Vanderhagen  {Methode 
claira  et  facile  pour  apprendre  ä  jouer  en  tres  peu  de  temps  de  la  flute,    Paris), 
Cainbini    {Methode  pour    Flute  suivie   de   20  petits  Airs  et  six  Duos  ä  Vusage 
des  Commen^ants,  Paris,  1799),  Kreith  (Schule  für  die  Flöte,  jedem  Spieler  dieses 
Instruments  sehr  nützlich,   sowol  für  die  Finger  als  auch  Zunge,  in  15  Lectionen, 
"Wien).     Auch  unser  Jahrhundert  ist  durch  eine  Eeihe  zum   Theil  bedeutender 
Flötenschulen  vertreten  von  Hugot  und  Wunderlich  {Methode  de  Flute  adoptee 
pour  Venseignement  dans  le  Conservatoire  de   Paris.     Erschien   auch  in   deutscher 
Uebersetzung  und  in  mehreren  Ausgaben).     Wunderlich  {Principes  elementaires 
pour   la   Flute,    suivis   de  Preludes,    Caprices,    Rondeaux   en   II  Parties,   Paris), 
Michel  {Nouvelle  Methode  de  Flute,  Paris,   1802),    und    ausser   diesen  Schulen 
von    Doremieux,    Bochsa,    Perault,    Ame,    Vaillant,    Bordet,     Leroy, 
Fröhlich  (Flötenschule),    Berbiguier  {Methode  pour  la  flute  divisee  en  trois 
parties,  Paris),  Bayr,   Georg  (Praktische  Flötenschule),  James  {A  ward  or  ttco 
Oll    the    Flute,  1826),    Drouet    {Methode  pour    la    FVute,   Paris),    Fürstenau 
(Flütenschulc ,    Op.  42,    Leipzig,    und   Die   Kunst   des   Flötenspiels,   Op.   139), 
Jamme   {Methode  de  Flute  harmonique  ou  a  double  Parties,  YsiTis),  Fahrbach, 
Joseph   (Neueste  Wiener  Flötenschule,  Wien,   1834),    Tulou,    Bärge,    Popp, 
Kummer  (Caspar),  Struth  u.  a. 

Auch  für  die,  in  Frankreich  unter  dem  Volke  noch  gebräuchliche  Flötenart: 
Galoubet  (s.  d.  Bd.  IV,  116),  sind  Schulen  veröffentlicht  von  Marchand  {Prin- 
cipes de  Galouhet,  ou  Flute  de  Tamhourin,  Paris,  1787),  Carbonel  {Methode 
de  Galouhet,  Paris),  Chatominois,  Chedeville,  Abraham,  eben  so  wie  für 
die  in  Oesterreich  beliebte  Stockflöte  (Csakan),  Klingenbrunner  (Neue  theore- 
tisch-praktische Csakan-Schule  nebst  40  zweckmässigen  Uebungsstücken,  Wien), 
Matiegka  (Kurzgefasste  Csakanschule),  Krähmer  (Neueste  theoretische  und 
praktische  Csakanschule,  Wien). 

Auch  für  die  Flagreolet  (s.  d.  Bd.  III,  551),  genannte  kleinste  Flötenart, 
sind  Anweisungen  erschienen  von  Greating  {The  pleasant  companion,  or  new 
Icssons  and  Instructions  for  the  Flarjeolet,  1675),  Claveau  {Nouvelle  Methode 
pour  le  Flajeolet,  Paris,  1798),  ferner  von  Abraham,  Demar,  Collinet 
Pere,  Chalon,  Davin.  Durand,  Gaveaux,  Cambini,  Porro,  Vaillant, 
Leroy,  Matthieu,  Bellay  et  Vizien,  Weber,  Roy,  Metzler  u.  a. 

Die  Oboe  ist  ein  jüngeres  Instrument,  und  erst  das  vorige  Jahrhundert 
hat  Oboeschulen  aufzuweisen  von  Schickhard  {Principes  du  Haufbois,  Amster- 
dam, um  1730),  Vanderhagen  {Methode  nouvelle  et  raisonnee  powr  le  Haut- 
bois,  Paris,  1798),  Garnier  {Methode  pour  le  Hauthois,  Paris,  1800),  ferner 
Chalon,  Brahim,  Brod  {Grand  Methode  complete  pour  le  Sautbois),  Seilner 
(Theoretisch-praktische  Oboe-Schule,  Wien),  AViep recht  u.  a. 


428  Schule. 

Für  das  englische  Horu  schrieben  Schulen:  Chalon  {Methode  pour  le 
Cor  mujlais,  avec  des  Airs  et  Cors,  Paris)   u.  A. 

Auch  die  Clarinetto  ist  ein  jüngeres  Instrument,  für  das  ebenfalls  erst  im 
vorigen  Jahrhundert  Anweisungen  geschrieben  wurden,  von  Vanderhageu 
(Nouvelle  Methode  de  Glarinette,  Paris,  1785),  De  mar  {Nouvelle  Methode  pour  la 
Olarinette,  Paris,  1795),  Blasius  {Nouvelle  Methode  de  Olarinette,  Paris),  ferner 
von  Michel,  Abraham,  Bochsa,  Woldemar,  Lefebre,  Backofen  (An- 
weisung zur  Olarinette,  nebst  einer  kurzen  Abhandlung  über  das  Bassethorn), 
Leroy,  Yaillant,  Rybicki,  Röderer,  Fröhlich,  Küffner,  Adami,  Iwan 
Müller  {Methode  pour  la  nouvelle  Olarinette  ä  13  Glefs  et  Olarinette  Alto,  Paris), 
ferner  von  Bender,  Fleissner,  Baermanu,  Carl  u.  a. 

lieber  das  Fagrott  giebt  Albonesio,  Kanonikus  am  Lateran,  zuerst  Kunde 
{Introductio  in  Chaldaicam  linguam,  Si/riacum  atque  Armenicam  et  decem  alias 
linguas,  Pavia,  1539).  Ausführlichere  Unterweisungen  bringt  ebenfalls  das 
vorige  Jahrhundert  von  Cugnier  {Methode pour  le  Basson):  eine  sehr  berühmte 
Fagottschule  veröffentlichte  Ozi  {Methode  nouvelle  et  raisonnee  pour  le  Basson, 
Paris,  1787),  ferner  Abraham,  Blasius,  Fröhlich,  Almen räder  {Traite 
sur  le  perfectionnement  du  Basson,  Fr.  Heinr.  Hof  mann  u.  a. 

Erst  nachdem  das  Horu  (eins  der  ältesten  Instrumente)  in  das  Orchester 
mit  aufgenommen  worden  war,  erschienen  auch  Anweisungen  für  seine  Behand- 
lung von  Haupt  {Methode  pour  apprendre  les  elemens  des  1  et  2  Oors,  Paris, 
1796),  Yan  derb  rock  {Nouvelle  Methode  et  raisonne  pour  apprendre  ä  sonner 
du  Cor,  Paris,  1787),  Punto  (eigentlich  Stich:  Methode  pour  apprendre  faci- 
lement  les  elemens  des  premier  et  second  Oors  aux  jeunes  Eleves,  Paris,  1798), 
Domnich  {Methode  pour  premier  et  second  Cor,  Paris,  1808),  Duvernoy 
{Methode  pour  le  Cor,  Paris),  Klein  {Nouvelle  Methode  de  premier  et  second 
Cor),  Fröhlich  (Hornschule) ,  Dauprat  {Methode  Cor  alto  et  de  Cor  hasse, 
Paris,  1824),  Nemetz  (Hornschule  für  das  einfache,  das  Maschinen-  und  das 
Signalhorn),  Jahn  (Anweisung  zum  Gebrauch  des  Waldhorns,  sowol  in  der 
Orchester-  als  Harmonie musik),  Grörold  (Ausführliche  theoretisch-praktische 
Hornschule),  ferner  von  Franz  (Oscar),  Grumbert  (Friedr.) ,  Kling,  Hof  - 
mann, (R.)  Wirth   u.  a. 

Auch  Anweisungen  für  das  Signalhorn  wurden  geschi-ieben  von  Leroy 
{Methode  pour  le  Cor  de  signal  ä  6  et  7  Clefs  et  Gamme  du  Cor  de  Basse  ä 
12  Glefs)  und  Instructionen  und  Tabellen  für  das  Kent-  oder  Signalhorn  er- 
schienen in  Amsterdam,  Berlin  und  Hamburg. 

Die  erste  ausführlichere  Anweisung  für  Trompete  giebt  Altenburg  (Ver- 
such einer  Anleitung  zur  heroisch-musikalischen  Trompeter-  und  Paukerkunst, 
zu  mehrerer  Aufnahme  derselben  histoi'isch,  theoretisch  und  praktisch  beschrie- 
ben und  mit  Exempeln  erläutert,  Halle,  1795).  Trompetenschulen  schrieben 
ferner:  Leroy  {Methode  de  Trompette  simple),  Fröhlich  (Trompeteuschule), 
Buhl  {Methode  de  Trompette),  Nemetz  (Neueste  Trompeteuschule,  Wien), 
Arban,  Hofman,  R.,  Wirth,  Soussmann  u.  A.  Für  Cornet  ä  piston:  Ar- 
ban,  Wurm,  Fahrbach,  Joseph  u.  A. 

Die  Posannen  wurden  früh  in  einem  besondern  Chor  angewendet,  nament- 
lich in  der  protestantischen  Kirche  schon  Ausgangs  des  16.  Jahrhundei'ts ;  so 
lange  sie  sich  streng  an  den  Vocalsatz  hielten,  nur  die  Singstimmen  aus- 
führten, bedurfte  es  keiner  besondern  Anweisung  für  diese  Instrumente.  Erst 
als  diese  Instrumentengattung  als  besonderer  Chor  im  Orchester  eingeführt 
wurde,  galt  es  ihn  selbständiger  zu  entwickeln  und  in  Folge  dessen  wurden  auch 
Anweisungen,  die  Posaunen  zu  erlernen,  veröffentlicht  von  Braun  {Methode 
pour  les  Tromhones  alto,  tenore  et  Basse,  Paris),  Sturm  {Methode  complete  pour 
les  Tromhones  hasso  tenore  et  alto).  Fröhlich  (Posaunenschule,  Bonn),  Nemetz 
(Neueste  Posaunenschule),  Ellenrieder  (Unterricht  für  die  ßass-,  Tenor- und 
Altposaune),   Cornette  {Methode  de  Tromhone,  Paris),   Hofmann,  R.,   Wirth. 

Anweisungen  zum  Paukenschlagen  ertheilen  Altenburg  (in  dem  erwähnten 


Schule.  429 

AVerk:  Versuch  eiiur  Anleitung  zur  heroißcli-inusikiilischeii  Trora))eter-  und 
Puulierkunbt) ,  und  Pfund  (Die  Paukt  n.  Eine  Ank-itunj,»-  das  Instrument  zu 
erlernen,  Leipzig). 

Ferner  erschienen  Schulen  für  das  Scrpoiit  von  Hardy  {Methode  de  Serpent 
contenant  des  priiicijjex  et  des  exemplrn  pour  le  plaiiirJiaiit  et  pour  la  Musique, 
Paris),  Fröhlich  (Serpentscliule),  Ht-rmenge  (Mi'i/iode  pour  le  Serpmt  ordinaire 
et  ä  Clefs,  Paris);  für  die  Trommel  von  Ciofan o  (Praktische  Trommel-  und 
Pfeifenschule  oder  Vorschrift  zur  Anlernung  und  Ausbildung  der  Tambour 
und   Querpfcifor). 

Ein  umfassendes  A\  erk  in  Bezug  auf  diese  Instrumente  veröffentlichte 
Friedrich  AVagn er,  IMilitärmusikdirektor  in  Dresden,  unter  dem  Titel:  Schule 
der  Geläufigkeit.  Von  den  Anfangsgründen  bis  zur  vollendeten  Fertigkeit 
für  sämmtliche,  in  der  Militärmusik  vorkommenden  Holz-,  Messing-  und  Metall- 
instrumente in   25   verschiedenen   Schulen. 

Am  zahlreichsten  sind  selbstverständlich  die  Gcsnug'schuleu  vertreten  Die 
früher  erwähnten  Anweisungen  zur  Musik  im  Allgemeinen  sind  im  Grunde 
auch  Gesangschulen.  Die  Unterweisungen,  welche  seit  der  Einführung  des 
Christenthums  in  Deutschland,  Frankreich  und  England  in  den  Klöstern  ge- 
geben wurden,  bezogen  sich  direkt  nur  auf  den  Gesaug  und  auch  die  erwähnten 
Schriften  des  Hucbald,  Guido  von  Arezzo  und  der  nachfolgenden  Theore- 
tiker sind  immer  in  Bezug  auf  den  gregorianischen  Kirchengesang  abgefasst, 
auch  wenn  sie  keine  direkte  Anleitung  für  die  Ausführung  durch  die  Sing- 
stimmen geben.  Eine  solche  finden  wir  noch  früher,  bei  der  Neumennotation, 
durch  welche  in  einzelnen  Fällen  auch  die  besondere  Weise  des  Vortrags  an- 
gedeutet wurde.  Bei  den  Mensuralisten  finden  sich  dann  weniger  derartige 
Vorschriften;  für  sie  galt  es  immer  als  Hauptaufgabe,  die  neuen  Disciplinen: 
Harmonielehre,  Notenschrift  und  Zeitmaass  in  ihrer  allgemeinen  Bedeutuug 
festzustellen.  Auch  die,  seit  dem  Beginne  des  16.  Jahrhunderts  erscheinenden 
Schriften,  welche  sich  hauptsächlich  mit  dem  Choralgesange  beschäftigen, 
wie  den  von  AVollik  (WoUicius,  Vouillick:  Opus  aureum  Musice  castiyatissimum 
de  Gregoriana  et ßgurativa  atque  Contrapuncto,  1501,  Coloniae),  Zaberu  {Ars 
hene cantandi choralem  cantum  1500),  'S o uav entnr a,  (Regula Musicae planae,  1501). 
Praspergius  {Glarissima  plane  atque  choralis  musice  interpretatio,  Basel,  1501). 
Quercu  {Opusculum  Musices  p)er  quam  hrevissimum:  de  Gregoriana  et  ßgurativa, 
AVinterburg,  1509),  Viscargui  {Arte  de  Causo  llano,  Saragossa,  1512), 
Bogentanz  {Collectaneis  untriusque  cantus,  Münster,  1515),  Gendre  {Briefue 
Introduction  en  la  Musique  taut  en  plein  chant  que  choses  faietes,  Paris,  1554), 
Agricola  {Musica  choralis,  Wittenberg,  1533)  u.  a.  geben  meist  nur  die  all- 
gemein musikalischen  Unterweisungen  über  die  Ausführung  des  Gregorianischen 
Gesanges.  Einzelne  darunter  werden  bereits  als  direkt  für  die  Jugend  be- 
zeichnet, wie  das  von  Gottingus  (Catechismus  Luthers  von  Wort  zu  Wort 
in  vier  Stimmen,  schön  und  lieblich  componirt,  daneben  einem  Bericht,  wie 
junge  Knaben  und  Mägdlein  innerhalb  12  Stunden  die  Music  an  begreifen 
können,  Frankfurt,  1605),  oder  Quitsch reiber  (Ein  kurz  Musikbüchlein,  in 
teutschen  und  lateinischen  Schulen  für  die  Jugend  zu  gebrauchen  mit  Beweiss 
wie  man   Gesänge  anstimmen  solle,  Jena,   1607). 

Besondere  Noth  machte  den  Gesangschülern  die  sogenannte  Solmisation 
(s.  d.),  namentlich  durch  die  allmälige  Erweiterung  des  Figuralgesauges  (s.  d.). 
Die  Anweisungen  zum  Figuralgesange  bringen  deshall)  auch  meist  sehr 
ausführliche  Anleitung  über  den  Gebrauch  der  sogenannten  Solmisationssilbeu 
und  zugleich  auch  mit  Rücksicht  auf  die  verschiedenen  Stimmen,  wie  Agri- 
cola (Eine  kurz  deutsche  Musica,  mit  63  schönen  lieblichen  Exempeln,  in  vier 
Stimmen  verfasst.  Gedruckt  zu  Wittenberg  1528),  Heyden  oder  Hayden, 
Sebald  {De  arte  canendi  ac  vero  Signorum  in  vantibus  usu,  Norimbergae,  1537), 
Faber  {Compendium  musicae  pro  incipientihus,  Brunsuigae,  1548),  Gumpeltz- 
haimer    {Compendium    Musicae    latina-germanicum ,    1595)    u.    v.    a.      Mit    dem 


480  Schule. 

Beginne  des  17.  Jahrhunderts  schon  tritt  allmälich  die  Singkunst  als  solche 
in  den  Vordergrund,  was  auch  in  den  Titeln  angedeutet  wix'd.  So  erschien 
bereits  1602  ein  derartiges  "Werk:  Musica  novo  neue  Singkunst,  da  sowol 
Frauen  als  Mannspersonen  in  einem  Tage  können  lernen  mit  singen  (Steinfurt, 
1602).  Aehnlich  verfuhren  Orgosini  (Neue  Singkuust,  der  lieben  Jugend 
zum  Besten  in  Frag'  und  Antwort  verfasst,  Nürnberg,  bei  Fuhrmann,  1606), 
Demantius  {Isa^oije  artis  Musicae  ad  incipientium  captum  maxime  accom)>iodatae. 
Kurze  Anleitung  recht  und  leicht  singen  zu  lernen,  Freiberg,  1607),  Beringer 
(Musica,  d.  i.  die  Singkunst  der  lieben  Jugend  zum  Besten  in  Frag'  und  Ant- 
wort verfasst,  Nürnberg,  1606,  und:  Musicae  der  freien  lieblichen  Singkunst, 
erster  und  anderer  Theil,  1610),  Friederici  {Musica  ßguralis,  oder  neue,  klär- 
liche,  richtige  und  verständliche  Unterweisung  der  Singkunst,  mit  gewissen 
Regeln,  klaren  und  verständlichen  Exempeln,  Rostock,  1641),  Grengenbach 
(Neue  Singkunst,  Leipzig,  1626),  Pfreumder  (Richtige  Unterweisung  zur  Singe- 
kunst, Strassburg,  1629),  Stenger  {Manuductio  ad  Musicam  theoreticam,  d.  i. 
Kurze  Anleitung  zur  Singekunst,  darinnen  die  nothwendigsten  und  führnehm- 
sten  Stück  zum  Singen  gehörig.  Vor  die  Anfahenden  ordentlich  beschrieben 
und  zur  Uebung  derselben  etliche  schöne  und  liebliche  Fugen  aus  berühmten 
Musicis  colligirt,  Erfurt,  1635),  Staden  {Rudimentum  Musicum,  d.  i.  Kurze 
Unterweisung  des  Singens,  für  die  liebe  Jugend  und  die  so  noch  keinen  Anfang 
haben,  auf  das  einfältigste  und  kürzeste  zusammengetragen,  Nürnberg,  1636), 
Ribovius  {Enchiridioii  musicum,  oder  kurzer  Begriff  der  Singkunst,  1638), 
Herbst  {Musica  Practica  sive  Instructio  pro  Symphoniacis  d.  i.  eine  kurze  An- 
leitung, wie  die  Knaben  und  Andere  so  sonderbare  Lust  zum  Singen  tragen, 
auf  jetzige  italienische  Manier,  mit  geringer  Mühe  und  kurzer  Zeit  doch  gründ- 
lich können  informiret  und  unterrichtet  werden),  Hase  (Gründliche  Einführung 
in  die  edle  Musik  oder  Singkunst,  1643),  Gibel  {Seminarium  modulatoriae 
vocalis,  d.  i.  ein  Pflanzgarten  der  Singkunst,  in  welchem  derohalben  erst  an- 
fahende  Schüler  ganz  leicht  uud  vortheilhaft  können  erzogen  und  fürs  erste 
gleichsam  auf  die  Beine  gebracht  werden,  dessen  Methodus  in  vorgehefter  Prä- 
fation  ordentlich  beschrieben.  Für  alle  vier  Menschenstimmen  und  Sänger  also 
je  gerichtet  und  publicirt,  1645),  Weichmann  (Musica  oder  Singkunst,  1647), 
Ahle,  Johann  Rudolph  {Compendium  pro  tenelUs,  1648,  Zweite  von  seinen 
Sohne  Johann  Georg  besorgte  Ausgabe  unter  dem  Titel:  Teutsche  kurze  und 
deutliche  Anleitung  zu  der  lieblich  und  löblichen  Singekunst,  1690),  Heinrici 
{Myrtiramus  pro  discentihus  oder  deutsche  Singkunst,  1665),  Printz  (Anwei- 
sung zur  Singkunst,  1666,  und  Modulatoria  vocalis,  oder  zierliche  und  manier- 
liche Singkunst,  1678,  und  Gompendiimi  Musicae  signatoriae  et  modulatoriae 
vocalis,  d.  i.  kurzer  Begriff  aller  derjenigen  Sachen,  so  einem,  der  die  Vocal- 
musik  lernen  will,  zu  wissen  von  nöthen  sein,  1689),  Grub  er  {Synopsis  musica, 
oder  kurze  Anweisung,  wie  die  Jugend  kürzlich  und  mit  geringer  Mühe  in  der 
Singkunst  abzurichten,  1673),  Quirsfeld  {JBreviarium  Musicum,  oder  kurzer 
Begriff,  wie  ein  Knabe  leicht  und  bald  zur  Singekunst  gelangen,  und  die  nöthig- 
sten  Dinge  dazu  kürzlich  begreifen  und  erlernen  kann,  Pix-na,  1675),  Graden- 
thaler {Horologium  Musicum,  Treu  wohlgemeinter  Rath  vermittelst  welches 
ein  junger  Knab  von  neun  oder  zehenthalb  Jahren  mit  Lust  und  geringer  Mühe 
in  kurzer  Zeit  den  Grund  der  edlen  Musik  und  Singkunst  lernen  und  fassen 
kann,  1676).  Aehnliche  Werke  veröffentlichten:  Ulich,  Fischer,  Mylius, 
Falke,  Hofmann,  Feyertag,  Martini,  B  eyer,  Fuhrmann  (Musikalischer 
Trichter,  1706,  und  Musica  Vocalis  in  Nuce,  d.  i.  Richtige  und  völlige  Unter- 
weisung zur  Singekunst,  in  wenig  Blättern,  nach  welcher  ein  Informator  seinen 
Informandis  die  ganze  Vocal-Musik  nach  heutiger  Manier  bald  und  leicht  ein- 
bringen kann,  1715),  Ammerbacher,  Münster,  Marpurg  (Anleitung  zur 
Musik  überhaupt  und  zur  Singkunst  besonders,  mit  Uebungsexempeln  erläutert 
und  den  berühmten  Herren  Musikdirektoren  und  Cantoren  Deutschlands  zuge- 
eignet,  1763),  Kürzinge r  (Getreuer  Unterricht  zum  Singen,  mit  Manieren  und 


Schule.  431 

die  Violine  zu  sinclen,  1703),  lliller  (Kurze  und  erleichterte  Anweisung  zum 
Singeu,  für  Scliuleu  in  Städten  und  Dörfern,  Leipzig,  1792),  Nopitscli,  Wolf, 
"Widder,  Höpfner  u.  v.  a. 

Für  den  Schul-  und  Volksgesang  wurde  in  unserm  Juhrhunderi  Nägeli 
(Die  Pestulozzische  Gesantrljüdungslehre  nach  Pfeifers  Erliiidunf,'  kunstwissen- 
schaftlich dargestellt  im  Xaimn  Pestalozzis,  Pfeifers  und  ihrer  Freunde,  1809, 
und  Gesangbildungslehro  nach  Pestalozzischen  Grundsätzen ,  pädagogisch  be- 
gründet von  Michael  Traugott  Pfeifer,  methodisch  bearbeitet  von  Haus  Georg 
Nägeli,  1810)  einilussreich,  und  seitdem  sind  eine  Reihe  Unterweisungen  für 
den  Schulgesang  veroßentlicht  worden  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  von 
Carl  Schulz  (Leitfaden  bei  der  Gesangslehre  nach  der  Eleraentarraethode, 
1812),  AVilke  (Leitfaden  zum  praktischen  Gesanguntei-richt  besonders  auf  dem 
Land--,  Berlin,  1812),  Natorp  (Anleitung  zur  Unterweisung  im  Singen  für 
Lehrer  in  den  Volksschulen,  1816,  seitdem  in  mehreren  Auflagen  erschienen), 
Koch  (Gesanglehre.  Ein  Hülfsmittel  für  EleraentarschuUehrer,  durch  eine  ein- 
fache Bezeichnungsart  und  Lehrmethode,  und  durch  eine  zweckmässige  Samm- 
lung von  Singstücken  einen  reinen,  mehrstimmigen  Volksgesang  zu  bilden,  1814. 
Der  Verfasser  ist  einer  der  ersten,  der  den  Gesang  in  Volksschulen  nach  Ziffern 
und  nicht  nach  Noten  ausgeführt  sehen  wollte).  Hering,  Heinroth  (Gesangs- 
unterrichtsmethode für  höhere  und  niedere  Schulen),  Gläser,  Wachsmann 
(Praktische  Singschule,  1821),  Löwe,  Carl  (Gesanglehre,  praktisch  und  theore- 
tisch für  Gymnasien,  Seminarien  und  Bürgerschulen),  Jacob  (fassliche  Anwei- 
sung zum  Gesangunterricht  in  Volksschulen,  1828),  Henkel,  Immler,  Georgi, 
Hientzsch,  Hahn  (Handbuch  beim  Unterricht  im  Gesänge  für  Schulen  und 
Gymnasien  und  Bürgerschulen,  1829),  Hoppe,  Guhr,  Georgi,  Schade, 
Schiirtlich,  Erk  (Methodischer  Leitfaden  für  den  Gesangunterricht),  Sering 
(Gesanglehre  für  Volksschulen),  Rode  (theoretische  und  praktische  Gesang- 
lehre), Kotzolt  (Gesangschule  höherer  Unterrichtsanstalten),  Widmann 
(Elementar-Cursus  der  Gesanglehre  nach  rationeller  Methode  für  Volks-  und 
Bürgerschulen),  Müller-Hartung  (Grundlage  für  den  Gesangunterricht  in 
der  Volksschule)   u.  v.  a. 

Mit  der  beginnenden  Ausbildung  des  Sologesang-es  seit  Ende  des  16.  und 
Anfang  des  17.  Jahrhunderts  erschienen  dann  auch  Anleitungen  für  Sologesang. 
Eine  solche  bietet  schon  Giulio  Caccini  in  seiner  Nuove  musiche ,  1601. 
Gedrängter  giebt  eine  ähnliche  Anweisung  zur  Ausführung  des  Einzelgesanges 
jener  Zeit  mit  seinen  reichen  Verzierungen  Dur  ante  {Arie  devote,  le  quali 
contengono  in  se  la  Maniera  di  cantar  con  grazia  V imitazioni  delle  parole,  ed  il 
modo  de  scriver  passaggi  ed  altri  affeiti,  Rom,  1608).  Ihnen  folgten  auf  dieser 
Bahn  Carissimi  (Ars  cantandi)  und  dann  mit  einem  umfassenden  Werk  Tosi 
{Opinioni  de'  Cantori  antichi  e  moderni  o  sieno  Osservazioni  sopra  il  canto  figurato, 
Bologna,  1723),  ein  Werk  das  mehrfach  übersetzt  ist,  und  grundlegliche  Be- 
deutung für  den  Gesangunterricht  gewann.  Ferner  verötVentlichten  Schulen  für 
den  Sologesang  Berard  {Vart  du  chant,  1755),  Hiller,  Joh.  Ad.  (Anweisung 
zum  musikalisch  richtigen  Gesauge,  Leipzig,  1774  und  Anweisung  zum  musi- 
kalisch-zierlichen Gesänge,  1780),  Mancini  {Fensieri  e  Rißessioni  pratiche 
sopra  il  Canto  ßyurato,  1774),  Vogler  (Stimmbildungskunst,  1776),  Aprile 
Giuseppe  {The  Italian  Method  of  Siugimj),  Durieu  {Xouvelle  Methode  de  chantj 
1793),  Gossec  {Princij/es  elementairen  de  Muai(^ue  arretes  par  les  Membres  du 
Conservatoire  pour  servir  ä  Vetude  dans  cet  etaUissement  suivies  de  Solfeges  par 
les  Cit.  Agus,  Catel,  Cherubini,  Oossec,  Mchul,  Langte,  Lesueur  et  Eicher  le  P. 
1800.  In  demselben  Jahre  erschien  auch  noch:  Methode  de  Chant  du  Conser- 
vatoire de  Musi(jue),  Perrino  {Ossercazioiii  ml  canto),  Pellegrini  {Grammatica 
0  siano  regole  per  ben  cantare,  Rom,  1810.  Ins  Deutsche  übertragen  von 
Joh.  Gottfr.  Schicht),  Benelli  {Regole  i)er  iL  canto  ßgurato,  Dresden,  1814), 
Winter  (Vollständige  Singschule,  Mainz  und  Paris,  1824),  Mainzer  (Sing- 
schule,  1831),   Garaude  {Methode  cotnplete  de  Chant),  Mannstein   (Das  System 


432  Schulze  —  Schwarz. 

der  grossen  Gesaugschule  des  Bernacchi  von  Bologna,  1835).  Die  bedeutendste 
Gesangschule  aus  neuester  Zeit  ist  wol  die  von  Manoel  Garcia,  1847  ver- 
öffentlichte {Traitt-  complet  de  Vart  du  chant).  Ausserdem  sind  noch  zu  nennen 
die  Schulen  von  Lablache,  Concone  (Anleitung  zur  Gesangskunst),  Panofka, 
Scharfe,  Koch,  Lamperti,  Nehrlich,  Panseron,  Hauptner  (Methode 
der  Gesangskunst  und  Ausbildung  der  Stimme),  Sieber,  Nava  {Metodo 
pratico),  Schmitt  (Grosse  Gesangschule),  Weiss,  Marchesi  (Mathilde  de 
Castrone)  u.  a. 

Schulze,  Josephine,  geb.  Killitschgy  (IX,  182),  starb  am  1.  Januar 
1880  in  Preiburg  in  Breisgau,  90  Jahr  alt. 

Schuuke,  Karl  (IX,  187),  starb  am  30.  April  1879  in  Berlin. 

Schurig',  Jul.  Wilh.  Volk  mar,  geboren  den  24.  März  1822  in  Aue  im 
Sachs.  Erzgebirge,  erhielt  den  ersten  Unterricht  in  der  Musik  (Ciavier,  Orgel, 
Harmonielehre)  von  seinem  Vater,  dem  Cantor  Ad.  Wilh.  Schurig  daselbst. 
1837 — 1841  besuchte  er  das  SchuUehrerseminar  zu  Friedrichstadt  Dresden, 
blieb  dann  in  der  Residenz,  um  sich  in  den  musikalischen  Fächern  weiter  aus- 
zubilden und  erhielt  von  Jul.  Otto  und  später  von  Th.  Uhlig  Unterricht  in 
der  Theorie,  von  Moritz  Siering  im  Pianoforte-  und  Joh.  Schneider  im  Orgel- 
spiel, von  C.  Näke  im  Gesang.  1842  — 1852  war  S.  thätig  als  Chordirektor 
bei  der  israelitischen,  1845  — 1856  als  Organist  bei  der  englischen  Gemeinde 
in  Dresden ;  dabei  wirkte  er  als  Liedermeister  der  Männergesangvereine  Arion 
und  Germania.  Im  Juli  1856  folgte  er  dem  Kufe  als  Cantor  und  Organist 
der  evangelischen  Gemeinde  nach  Presburg  und  wurde  dort  Mitgründer  der 
noch  blühenden  Liedertafel,  gab  aber  Michaelis  1861  seine  Stellung  auf,  um 
sich  wieder  in  Dresden  als  Musiklehrer  niederzulassen.  1871  wurde  S.  Nach- 
folger Näke's  als  Gesanglehrer  an  der  königl.  Landes-Blindenanstalt  und  war 
in  dieser  Stellung  bemüht,  den  ausgezeichneten  Ruf  des  Chores  hinsichtlich  des 
feinnuaucirten  und  warmen  Vortrages  zu  erhalten.  1873  trat  er  das  Cantorat 
an  der  Annenkirche  an,  wo  er  sich  Verdienste  um  die  Reorganisation  des  Chores 
erwarb.  1876  ward  er  Nachfolger  von  Ed.  Kretschmer  als  Lehrer  der  Theorie 
der  Musik  an  der  Musikacademie  für  Damen  von  B.  Rollfuss.  Von  seinen 
gedruckt  erschienenen  Werken  sind  zu  erwähnen:  Op.  1,  Fantasie  und  Fuge 
(Fmoll)  für  Orgel;  Op.  4,  24  Kinderstücke  zur  leichten  Erlernung  des  Bass- 
schlüssels; Op.  6,  16  zwei-  und  dreistimmige  Lieder  für  die  Jugend;  Op.  8, 
5  geistliche  Gesänge  für  gemischten  Chor,  1868  —  1871  gab  er  das  über  ganz 
Deutschland  verbreitete  zweibändige  Sammelwerk:  »Liederperlen  deutscher  Ton- 
kunst«  (Dresden,  Weinhold)  heraus. 

Schurmauu,   Georg   Caspar  (IX,  188),  heisst  Schürmann. 

Schwarz,  Wenzel,  geboren  am  3.  Febr.  1830  zu  Brunnersdorf  in  Böhmen, 
widmete  sich  anfangs  dem  Volksschullehrerstande,  verliess  denselben  aber  nach 
dreijähriger  Thätigkeit  und  ging  im  Jahre  1851  nach  Prag,  wo  er  zwei  Jahre 
später  die  dortige  Orgelschule  unter  Pietsch  mit  erstem  Prämium  absolvirte, 
lernte  dann  durch  mehrere  Jahre  in  dem  berühmten  Jiranek'schen  Musikinstitute 
als  Clavierlehrer  das  Proksch'sche  Clavierunterrichtssystem  kennen,  gründete 
im  Jahre  1858  in  Eger  ein  selbständiges  Musikinstitut,  und  übersiedelte  im 
Jahre  1862  nach  Wien,  wo  er  seit  dem  Jahre  1864  ein  vielbesuchtes  Ciavier- 
institut besitzt.  In  seiner  freien  Zeit  arbeitete  er  neben  anderen  Ciavier-  und 
Gesangscompositionen  ernsterer  Art,  die  auch  theilweise  im  Drucke  erschienen, 
an  einem  grossen  theoretisch-praktischen  und  methodischen  Clavieruuterrichts- 
werk,  das  1873  bei  der  Wiener  Weltausstellung  unter  allen  vorhandenen  Clavier- 
schulen  allein  prämiirt,  von  der  Kritik  sehr  günstig  besprochen  wurde,  und 
sich  bereits  einer  grossen  Verbreitung  ei'freut.  Eine,  von  ihm  im  Jahre  1879 
erschienene  Broschüre,  betitelt:  »Die  Misere  des  Wiener  Ciavierunterrichtes«, 
macht  auf  die  Mängel  und  Vorzüge  des  österreichischen  Ciavierunterrichtes 
aufmerksam,  befürwortet  die  Vorzüge  desselben  als  Muster  im  Unterricht  und  Lehr- 
plan, und  drängt  auf  die  Errichtung  eines  Staats-Unterrichts-Pädagogiums  hin. 


Schwarz  —  Semet.  433 

Schwarz,   Wilhelm,    Dr.  (IX,  193),    starb  in  Berlin  um  4.   Januar   1878. 

Schwegrel  (IX,  104),  iindct  sich  mich  als  ein  Orgelrcgister  in  alten  (Jrgeln 
vor.  Es  ist  eine  gedeckte  Flütenstimmo  von  8  und  4  Fua«ton,  deren  Pfeilen 
in  der  Mitte  dicker  sind  und  oben   in  der  Spitze  das  SchalUoch   haben. 

Sebastian!,  Claudius  (IX,  2Ü0),  sein  Werk:  nBellujn  musicalea ^  ist  von 
R.   Schlecht  übersetzt  in  der  »Cäcilia«   von   HermesdorH'  (Trier,  1875). 

Sedlazck,   Johann   (IX,  2u3),  starb   in   Wien  den   11,  April   1866. 

Seelen,  Job.  Heinr.  von  (IX,  204),  heisst  Job.  Friedrich. 

Seidl,  Anton,  am  6.  Mai  1850  in  Budapest  geboren,  war  anfangs  für 
das  Studium  der  Rechtswissenschaft  bestimmt.  Nach  dem  Tode  des  Vaters 
verliess  er  indess  die  Universität  und  wandte  sich  der  Musik  zu,  für  welche 
er  bereits  als  Kapellsünger  und  Clavierspieler  die  entschiedensten  Fähigkeiten 
gezeigt  hatte.  Er  ging  nach  Leipzig,  wurde  Schüler  des  Conservatoriums  und 
studirte  namentlich  bei  Professor  0.  Paul  und  Musikdirektor  E.  F.  Richter 
Theorie.  Seine  grosse  Vorliebe  für  die  Musik  Richard  Wagners  führte  ihn 
dann  zu  Hans  Richter,  der  mittlerweile  in  Pest  Kapellmeister  am  National- 
theater geworden  war  und  unter  dessen  Leitung  namentlich  bildete  er  seine 
aussergewöhnliche  Directionsbefähigung  aus.  Ende  August  1872  ging  er  dann 
nach  Bayreuth  zu  Richard  Wagner,  um  unter  seiner  Leitung  ausser  dessen 
Werken  auch  die  der  klassischen  Musik  zu  studiren.  Zugleich  nahm  er  den 
thätigsten  Antheil  am  Einstudiren  der  »Nibelungen«;  er  führte  die  darauf  be- 
zügliche Correspondenz  und  begleitete  den  Meister  auch  auf  seinen  Concert- 
reisen  im  Jahre  1875  nach  Wien,  Pest  und  Berlin  und  1878  nach  London. 
In  demselben  Jahre  wurde  er  nach  Leipzig  gesandt,  um  »Siegfried«  und  »Die 
Götterdämmerung«  dort  einzustudiren  und  dann  wurde  er  Correpetitor  am  Hof- 
theater in  Wien.  Im  folgenden  Jahre  folgte  er  einem  Ruf  als  Kapellmeister 
an  das  Leipziger  Stadttheater  und  hier  erwarb  er  sich  bald  den  Ruf  eines  der 
bedeutendsten  und  intelligentesten  Dirigenten  der  Gegenwart.  In  den  weitesten 
Kreisen  machten  ihn  die  Aufführung  der  Nibelungen  in  Berlin  im  Mai  1881 
bekannt,  die  er  so  gewissenhaft  vorbereitet  hatte,  dass  sie  unter  seiner  Leitung 
zu  Musteraufführungen  wurden.  Neben  seiner  tiefen  und  wahren  Werthschätzung 
der  Wagnerschen  Musik  hat  er  sich  aber  auch  einen  unbefangenen  Blick  für 
alle  andere  Musik  erhalten,  was  ihm  zum  besondern  Ruhm  gereicht. 

Seidelmann,  Eugen  (IX,  209),  starb  am  31.  Juli  1864. 

Seidler,  Caroline,  geb.  Wranitzki  (IX,  210),  wurde  in  Wien  1794 
geboren  und  starb  in  Berlin  am  4.   September   1872. 

Seiss,  Isidor,  Pianist,  Componist  für  sein  Instrument  und  Lehrer  des 
Ciavierspiels,  machte  sich  in  Deutschland  und  Belgien  auf  Concertreisen  als 
Pianist  vortheilhaft  bekannt,  und  ist  in  Köln  am  Conservatoriura  daselbst  als 
Professor  angestellt.  Ausser  Claviercompositionen  veröffentlichte  er  ein  Adagio 
für  Violoncell  mit  Orchester,  Op,  13;  Cadenz  für  das  Clavierconcert  von  Weber, 
Op.  32;   Scene  und  Marsch  für  grosses   Orchester,  Op.  16   u.  a. 

S^jan,  Louis  (IX,  212),  starb  in  Paris  im  April   1849. 

Sellner,   Joseph  (IX,  213),  starb  in  Wien  am   17.  Mai   1843. 

Semet,  Theophile  Aime  Emile,  geboren  in  Lille  (Nord)  am  6.  Sept. 
1824,  besuchte  das  Conservatorium  daselbst  um  Violoncello  und  Composition 
zu  studiren,  und  erwarb  durch  einige  Orchestercompositioneu  die  er  vorlegte, 
von  seiner  Vaterstadt  ein  Stipendium  in  Paris  seine  Studien  zu  vollenden. 
1845  wurde  er  daselbst  im  Conservatorium  aufgenommen  und  trat  in  die  Classe 
Halevy  ein.  Als  dramatischer  Componist  versuchte  er  sich  nach  einigen  Jahren 
zuerst  mit  einigen  Arien  für  das  Vaudville  »La  petite  Fadetta«,  gab  Unterricht 
und  nahm  zugleich  die  Stelle  eines  Paukenschlägers  im  Orchester  der  Grossen 
Oper  an,  einen  Platz  auf  dem  er  sich  noch  befand,  als  er  bereits  als  Componist 
mehrere  Erfolge  errungen.  Diese  trugen  ihm  hauptsächlich  zwei  seiner  Opern 
ein.  Die  komische  Oper  ytLes  uuits  d' Ettpagna,  aufgeführt  1857,  erzielte  einen 
sehr   bemerkenswcrthen    Erfolg.      Nicht   so    das    folgende  Werk    »Za    Vemoiseüe 

Musikal.  Converp.-Leiikon.    Erf^änzungsband.  28 


434  Serassi  —  Serenade. 

d'honneura,  deren  Aufführung  aber  auch  an  misslichen  Umständen  zu  leiden 
hatte.  Die  nächstfolgende  komische  Oper  in  fünf  Akten  »Gil  Blasa,  dagegen 
erfreute  sich  eines  ganzen  Erfolges.  Eine  Serenade  daraus  wurde  schnell  populär 
und  in  Tausenden  von  Exemplaren  verkauft.  Er  schrieb  noch  y>Undine<i,  in 
drei  Akten  und  »ia  petite  Fadette<i,  die  nicht  weniger  als  die  vorhergehenden 
Zeugniss  eines  sehr  ansprechenden  Talentes  geben.  Ausser  diesen  Opern  schrieb 
S.  noch  eine  Cantate  »io  Fete  de  Napoleon  Ill.a  und  die  Musik  zu  einem 
Tanz-Divertissement.     Er  ist  Ritter  der  Ehrenlegion. 

Serassi,  Giuseppo  (IX,  229),  starb  am  19.  Februar  1817.  Er  hatte 
1815  einen  Catalog  der,  von  der  Familie  Serassi  angefertigten  Orgeln  heraus- 
gegeben r>Catalogo  degli  organi  fabricati  da  Serassia.  Der  erste  der  Orgelbauer, 
unter  seinen  Vorfahren  ist 

Serassi,  Giuseppo,  genannt  ü  vecchio,  wurde  1694  in  Gordano  am  Comersee 
geboren,  kam  aber  zeitig  nach  Bergamo,  wo  er  sich  anfangs  mit  dem  Studium 
der  Blasinstrumente,  dann  der  Orgel  beschäftigte.  Auf  dem  letzteren  Instru- 
ment erlangte  er  angemessene  Fertigkeit  im  Spielen,  interessirte  sich  aber  für 
die  Construction  des  Instrumentes  so,  dass  er  sich  in  der  Folge  mit  dem  Bau 
von  Orgeln  beschilftigte.  Bei  der  Sorgfalt,  die  er  hierbei  anwendete,  kam  er 
auch  auf  Verbesserungen.  Von  ihm  sind  unter  anderen  die  Orgeln  in  San 
Pelegrino  (Thal  Brambana),  in  der  Dominikanerkirche  in  Lodi  und  in  der  der 
Gebenedeieten  Jungfrau  in  Caravaggio,  in  welcher  ein  neuer  Gebrauch  der 
B-egister  angewendet  ist.  S.  starb  1760  in  Crema,  wo  er  sich  eben  mit  dem 
Bau  einer  Orgel  beschäftigte.     Sein  Sohn: 

Serassi,  Andrea  Luigi,  geboren  in  Bergamo  am  19.  Mai  1725,  erhielt 
eine  vortreffliche  und  auch  musikalische  Erziehung.  In  seiner  Jugend  com- 
ponirte  er  Messen,  Hymnen,  Psalmen  und  andere  religiöse  Musik,  die  mit 
Erfolg  aufgeführt  wurde.  Später  jedoch  theilte  er  die  Beschäftigung  seines 
Vaters,  und  seine  Intelligenz  und  Liebe  zur  Sache  führte  auch  ihn  auf  Ver- 
besserungen im  Orgelbau.  Von  den  zahlreichen  Instrumenten  die  aus  seiner 
Hand  hervorgingen,  sind  die  hervorragendsten  die  Orgeln  der  Kathedrale  in 
Crema,  im  Dom  zu  Parma,  für  welche  er  eine  goldene  Medaille  und  ein  Ge- 
schenk von  200  Unzen  Silber  erhielt,  die  Orgel  in  San  Bartolomeo  in  der- 
selben Stadt.  Bei  der  letzteren  war  sein  Sohn  Guiseppo  (IX,  229)  mit  be- 
schäftigt; eine  Marmortafel  mit  einer  lobenden  Anerkennung  für  den  Erbauer 
ist  in  der  Kirche  daselbst  angebracht.  1756,  nach  dem  Tode  seiner  Frau,  trat 
er  in  einen  Orden  ein,  beschäftigte  sich  jedoch  ferner  mit  dem  Orgelbau,  unter 
wachsender  Anerkennung.     Er  starb   1799.     Sein  Bruder: 

Serassi,  Giovanni  Battista,  Abbe,  geboren  in  Bergamo  am  9.  Mai 
1727,  trat  frühzeitig  in  den  Orden,  beschäftigte  sich  jedoch  leidenschaftlich  mit 
der  Musik,  und  wurde  ein  ausgezeichneter  Orgelspieler.  Als  Componist  schrieb 
er  zahlreiche  Sonaten  für  die  Orgel,  auch  mehrere  Vocalwerke.  Dies  hinderte 
ihn  jedoch  nicht,  den  Traditionen  der  Familie  getreu  sich  auch  mit  dem  Orgel- 
bau zu  beschäftigen  und  sich  bei  den  Orgeln,  die  sein  Bruder  Andre  erbaute, 
zu  betheiligen.     Er  starb   am   13.  Mai   1808. 

Serenade,  Serenata  (IX,  230).  In  Italien  bezeichnete  man  mit  Serenata 
auch  eine  dramatische  Form,  die  meist  als  Festspiel  verwendet  wurde.  Es 
war  im  18.  Jahrhundert  an  den  Höfen  allgemein  Sitte  geworden,  den  Namens- 
oder Geburtstag  oder  auch  andere  wichtige  Tage  des  fürstlichen  Herrn  und 
seiner  nächsten  Angehörigen  durch  solche  Festspiele  auszuzeichnen,  oder  an- 
wesende, erlauchte  Gäste  damit  besonders  zu  ehren.  Man  wählte  dazu  meist 
Begebenheiten,  die  sich  leicht  dramatisiren  Hessen  und  zwar  so,  dass  sie  zur 
direkten  Huldigung  für  die  ausgezeichnete  Person,  welcher  die  Feier  galt,  wurde, 
oder  dass  sich  eine  solche  leicht  anfügen  Hess.  So  dichtete  der  bedeutendste 
Hofdichter  des  vorigen  Jahrhunderts  Metastasio  eine  Reihe  von  solchen  Fest- 
spielen, wie  t>Orti  Esperidia  (Der  Garten  der  Hesperiden),  das  er  im  Auftrage 
des  Vicekönigs  von  Neapel  zur  Geburtstagsfeier  der  Kaiserin  Elisabeth  Christina 


Serra  -  Shudi.  435 

Gemahlin  Kaiser  Karl  YI.  .schrieb,  und  die  berühmtesten  Meister  der  Tonkunst 
jener  Zeit  setzten  sie  in  Musik.  Bald  fand  diese  neue  leichtere  (jattung 
dramatischer  Musik  auch  in  den  engern  Zirkeln  des  Hofes  Eingang,  und  die 
hohen  Herrschaften  betheiligten  sich  selbst  an  der  Darstellung  derselben.  In 
den,  gleichfalls  von  Metastasio  gedichteten  derartigen  Spielen:  nFalladio  Con- 
servatac  (Das  erhaltene  Paladium)  und  in  nGrazio  Vendicatea  (Die  gerächten 
Grazien  1735)  spielten  die  beiden  Erzherzoginnen  Maria  Theresia,  die  nach- 
malige Kaiserin,  und  Marianna  mit.  Bei  solchen  Privataufführungen  gab  man 
wol  auch  zuerst  die  scenische  Darstellung  mit  Kostüm,  Decorationen  und  Action 
auf  und  führte  diese  Seronaten  nach  Art  der  C antäte  aus,  indem  die  ein- 
zelnen Partien  nur  gesungen,  nicht  auch  gespielt  wurden.  Diese  AVeise  der 
Ausführung  fand  dann  auch  auf  den  öffentlichen  Bühnen  Eingang.  Die  Sänger 
Sassen  im  Gesellschaftsanzug  auf  Stühlen  in  einem  Halbkreis  auf  der  Bühne, 
und  erhoben  sich  nur  um  ihre  Gesänge  zu  singen.  Diese  verschiedene  Weise 
der  Ausführung  ist  wol  zumeist  Ursache,  dass  der  Begriff  »Serenata«  so  sehr 
schwankend  wurde,  dass  man  auch  die  blosse  Cantate  damit  bezeichnete,  Haupt- 
erforderniss  scheint  übrigens  immer  gewesen  zu  sein,  dass  das  Ganze  in  dem, 
im  Anfange  erörterten  Sinne  zu  einer  Huldigung  wurde.  So  belegte  auch 
Bach  seine  Huldigungscantaten  mit  diesem  Namen,  wie  die,  welche  er  in  Anhalt- 
Cöthen  schrieb:  »Serenada  AufF  hochf.  Geburtstag  des  Durchl.  Fürsten  und 
Herrn  Leopolds,  Fürst  zu  Anhalt-Cöthen,  ä  due  Voci  Soprano  e  Boss,  due 
Traversieri,  due  Violini,  una  Viola.  Bassono,  Violoncello  e  Continuoi.  Auch 
Händel  componirte  mehrere  derartige  Serenaden,  wie  y>Il  trionfo  del  Tempo<i 
und  als  der  jugendliche  Mozart  1771  in  Italien  weilte,  erhielt  er  von  der 
Kaiserin  Maria  Theresia  den  Auftrag,  die  grosse  theatralische  Serenata  zur 
Vermählung  des  Erzherzogs  Ferdinand  zu  schreiben  und  diese:  nAscanio  in  Albaa 
wurde  am  17.  October  1771  mit  ausserordentlichem  Beifall  aufgeführt.  Mit 
dem  Ausgange  des  vorigen  Jahrhunderts  schon  verschwand  die  Form  allmälig 
wieder  und  wie  sie  auch  instrumental  erst  wieder  in  der  neuern  Zeit  lebendig 
gemacht  wurde,  ist  bereits  im  Hauptwerk  gezeigt  worden. 

Serra,   Giovanni  (IX,  236),   starb  in   Genua  im  December  1878. 

Serrao,  Paolo,  italienischer  Componist,  ist  in  Philadelphia  in  Oalabrien 
(Provinz  Catanzaro)  gegen  1830  geboren.  Als  achtjähriger  Knabe  erwarb  ihm 
die  Ausführung  eines  Steibeltschen  Clavierconcertes  in  einem  Concert  des 
Theaters  ein  Stipendium,  das  ihm  den  Besuch  des  Conservatoriums  in  Neapel 
ermöglichte.  Er  war  Schüler  desselben  von  1839  — 1852,  mit  einer  Unter- 
brechung während  der  revolutionären  Bewegung  der  Jahre  1848 — 49,  an  welcher 
er  sich  lebhaft  betheiligte.  In  Folge  dessen  gelang  es  ihm  auch  erst  1857 
eine  seiner  Opern  zur  Aufführung  zu  bringen:  nGiamhattista  Ber^olesia,  welche 
eine  günstige  Aufnahme  fand.  Noch  mehr  Erfolg  hatte  nDuchessa  di  Guisaa, 
im  April  1868  aufgeführt.  Eine  dritte  Oper  ml  Fifjliuol  prodii/oa,  erlebte  nur 
wenige  Vorstellungen.  Seitdem  schrieb  S.,  der  als  Lehrer  des  Contrapunkts 
am  Conservatorium  und  als  Kapellmeister  am  Theater  San  Carlo  wirkt,  keine 
dramatischen  Werke  mehr.  Es  sind  von  seinen  Cömpositionen  noch  zu  ver- 
zeichnen: yiGli  Ortonesi  in  Scioa,  Oratorium;  Hymne  für  den  König  Emanuel  II., 
für  zwei  Chöre  und  Orchester;  r>Omaggio  a  Mercadante«.,  Trauersinfonie;  Messe 
für  vier  Stimmen  und  Orchester;  Requiem;  Magnificat;  Salve  Regina;  Tantum 
ergo;  Te  Deum;  »i<?  tre  Ore  d'agoniaa,  sämmtlich  für  vier  Stimmen  und  Or- 
chester; Motetten  mit  Orgel-  und  Ciavierbegleitung;  eine  Ouvertüre  für  grosses 
Orchester;    Ciavier-  und   Gesangstücke. 

Sgambati,   Giovanni   (IX,  245),   nicht  Sgambetti. 

Shudi,  Burkhart,  eigentlich  Tschudi,  ein  Schweizer,  stammt  aus  einer 
adeligen  Familie  des  Schwandner  Geschlechts,  kam  als  mittelloser  Tischlerge- 
selle nach  England  und  trat  in  die  Ciavierfabrik  des  Tabel  (s.  d.)  ein,  nach 
dessen  Tode  er  sich,  um  1732,  auf  eigene  Rechnung  etablirte.  Bald  wusste 
er  sich  durch   seine  grosse   Geschicklichkeit  zu   einem  der  ersten  Instrumenten- 

28* 


436 


Siboni  —  Sierakowski. 


macher  empor  zu  schwingen.  Er  wurde  -oHarpsichordmaker  to  her  B.  H.  the 
Princess  Daicager  of  Wales<i  und  lieferte  unter  anderen  auch  ein  prachtvolles 
Ciavier  nach  Berlin  für  Friedrich  d.  Gr.  Sein  früherer  College  Kirkmänn, 
hatte  ihn  anfangs  überholt,  allein  durch  G.  Fr.  Händel,  der  mit  ihm  befreundet 
war,  kam  er  immer  mehr  in  Ruf  und  1769  nahm  er  auf  eine  Verbesserung 
ein  Patent.  Burney  fand  auf  seinen  Reisen  in  Italien  viele  Claviere  von  Kirk- 
männ und  Shudi,  die  von  den  Italienern  allgemein  bewundert  wurden.  Shudi 
verheiratete  1769  seine  älteste  Tochter  an  John  Broadwood  (s.  d.),  einen  schotti- 
schen Zimmermann  und  Schreiner,  der  seit  1751  bei  ihm  in  Arbeit  stand  und 
als  Begründer  der  Pianofortefabrik  des  Namens  Weltruf  erlangte.  Shudi  starb 
1773  oder  1775. 

Siboni,  Giuseppe  (IX,  248),  ist  am  27.  Januar  1780  in  Forli  im  Kirchen- 
staat geboren,  wurde  1819  Direktor  der  Gesangschule  des  Hoftheaters  in  Kopen- 
hagen und  erwarb  sich  als  Gesanglehrer  grosse  Verdienste  um  den  Kunstgesang 
in  Dänemark.  1827  gründete  er  ein  Conservatorium  als  Pflanzschule  für  die 
Oper,  das  indess  bald  nach  seinem,  am  28.  März  1839  erfolgten  Tode  wieder 
einging.     Sein  Sohn: 

Siboni,  Erik  (IX,  248),  ist  am  26.  August  1828  geboren,  wurde  1865 
P.  Heises  Nachfolger  als  Lehrer  an  der  Akademie  in  Sorö.  Ein  Stabat  mater 
von  ihm  erwarb  bei  einem  Concurse  in  Frankreich  den  Preis  und  wurde  1873 
vom   Cäcilienverein  in   Kopenhagen  aufgeführt. 

Siebenspruug  (IX,  250).  Ein  Freund  unseres  Lexikon,  Herr  Carl  Stiebler 
in  Baltimore  (geboren  am  18,  Mära  1827  in  Düsseldorf)  theilt  uns  die  Melodie, 
nach  welcher  der  Siebensprung  in  seiner  Jugend  in  der  Umgegend  von  Düssel- 
dorf getanzt  wurde,  mit,  die  wir  hier  folgen  lassen: 


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Erster  Sprung. 

Dabei  giebt  Herr  Stiebler  eine  etwas  abweichende  Darstellung  über  die  Aus- 
führung des  Tanzes.  Er  schreibt:  Gewöhnlich  tanzte  ihn  einer  von  den  Alten 
zum  Schluss  einer  Hochzeit  oder  einer  Kirmes,  und  zwar  abwechselnd  auf  den 
Absätzen  und  Fussspitzen  und  mit  dem  Körper  wiegend  bald  rechts  oder  links, 
bald  nach  vorn  oder  hinten  sich  beugend,  bis  der  erste  Sprung  kam,  welcher 
auf  dem  rechten  Absatz  gemacht  wurde.  Dann  fing  der  Tanz  wieder  von  vorn 
an,  der  Tänzer  Hess  ihm  aber  zwei  Sprünge  folgen,  der  erste  wurde  auf  dem 
rechten,  der  zweite  auf  dem  linken  Absatz  gemacht,  und  in  dieser  Weise  wird 
der  Tanz  weiter  geführt,  es  kam  noch  ein  dritter  Sprung  mit  dem  rechten 
und  dann  ein  vierter  mit  dem  linken  Knie  hinzu,  ein  fünfter  mit  dem  rechten 
und  ein  sechster  mit  dem  linken  Ellenbogen;  beim  siebenten  Sprung  musste 
der  Tänzer  mit  der  Stirn  die  Erde  berühren;  darauf  wurden  in  derselben  Reihen- 
folge die  Sprünge  wieder  zurück  gemacht,  so  dass  der  Tänzer  mit  dem  siebenten, 
wobei  er  den  Boden  mit  der  Stirn  berührt  anfing  und  mit  dem  ersten  und 
dem  rechten  Absatz  aufhörte.     Der  Tanz  war  natürlich  sehr  anstrengend. 

Siegfried,  Othon  (IX,  258),  unzweifelhaft  identisch  mit  Harnisch,  Otto 
Siegfried   V,  67. 

Sierakowski,  Graf  Wenzeslaus  von  Boguslav,  wurde  in  Polen  1741  ge- 
boren und  starb  1806  in  Krakau  als  Stiftsherr  und  Probst  der  Kathedrale. 
Hier  gründete  er  auf  Anregung  des  Bischofs  von  Krakau,  Cajetan  Saltyk,  eine 
Gesangschule,  aus  der  sehr  gute  Künstler  hervorgingen.  Auf  seine  Kosten 
berief  er  ausgezeichnete  Lehrer  von  auswärts,  hauptsächlich  aus  Böhmen,  an 
diese  Schule,  die  sehr  bald  in  Blüthe  kam.  S.  gab  eine  kleine  Schrift  »die 
Musikalische  Kunst,  für  die   Jugend  des  Landes«  heraus,  Krakau,  1795 — 96. 


Sievcrs  —  Signal. 


437 


Sieyers,  Jacob  Ferdinand,  Clavicrbauer,  geboren  iu  Petersburg  am 
10.  .Juni  1809  (wabrschoinlich  der  ISohn  des  deutschen  MusikschriftHtcUers  Georg 
Lud,  Peter  S.,  der  später  in  Rom  lebte),  erlernte  die  Behandlung  verschiedener 
Instrumente,  wurde  dann  Ciavierbauer  und  errichtete  eine  Pianofortefabrik  gegen 
1835  in  Neapel.  Durch  die  guten  Instrumente,  welche  er  verfertigte,  erwarb 
er  ausgebreiteten  Kuf;  auch  veröffentlichte  er  ein  sehr  praktisch  abgefasstes 
AV'erk  über  den  Ciavierbau,  in  zwei  Bänden  mit  Abbildungen  der  zur  Con- 
structiou  des  Claviers  gehörigen  Theile  in  natürlicher  Grösse,  unter  dem  Titel: 
»//  Fianoforte,  (juida  pratica  per  costruttori,  accordatori,  diletlanti  e  possessori  di 
pianofortiv.,  Neapel,   1868). 

Sigl-Vespermanu,  Katharina(lX,255),  starb  in  München  am  30.  Juli  1877. 
Signal    (von    Signum    =    das    Zeichen).      Schon    in    den    frühesten    Zeiten 
wurden  die  Hörner  oder  Trompeten  dazu  benutzt,    um  den  Beginn  bestimmter 
Verrichtungen  bei  Massenunternehmungen  anzuzeigen.     Bei  den  Juden  bedienten 
sich  die  Priester  früh  der  Trompete,  um  den  Anfang  und  Fortgang  der  gottes- 
dienstlichen  Handlungen   zu  verkündigen.     Beim   Centralheiligthum  waren  zwei 
silberne  Trompeten,  die  nur  von  den  Priestern  bei  den  Opferfeierlichkeiten  ge- 
blasen werden  durften.     In  ähnlichem  Sinne  wurden  diese  Instrumente  auch   im 
Kriege  verwendet;   der  Befehlshaber  hatte  zu  diesem  Zwecke  immer  einen  oder 
mehrere  Hornisten  oder  Trompeter  in  seiner  Begleitung,   um  durch  sie  in  der 
angegebenen    Weise   den    Truppen    die    auszuführenden    Bewegungen    anzugeben 
und  seinen  "Willen  auch  dorthin  zu  verkündigen,  wo  das  Kommandowort  nicht 
mehr  hinreicht.     Als  dann  die  Kriegführung  immer  mehr  zur  Kriegskunst  wurde, 
gewannen    auch    diese,    das    Kommando  wort   ersetzende    Signale,    immer   höhere 
Bedeutung;  bald  wurden  alle  Gesammtunternehmungen  der  Soldaten  durch  solche 
Trompeten-   oder  Hornsignale  geregelt.     Seit  mehreren  Jahrhunderten  bezeichnet 
man  sie  auch  als  Feldstücke.     Es  sind  dies  kurze,    bestimmt    charakterisirte 
Sätzchen,    von    denen    das    eine    zum    »Sammeln«,    das    andere  zum  »Fertig  zum 
Angriff  machen«,  ein  drittes  zum  »Angriff«,   ein  viertes  zum  »Rückzug»   u.  s.  w. 
auffordert.      Um    ihre  Ausführung   zu    erleichtern  und  sie  möglichst  schallstark 
werden    zu   lassen,    beschränken    sie    sich   auf  die  Naturtöne  der  Trompete  auf: 
c — g — c^ — e^ — g^ — c^  und  sie  sind  nur  melodisch  rhythmisch  von  einander  unter- 
schieden.    Sie  sind  also,    da  sie  auf  den  Accord  basirt  sind,    Accordsignale 
im  eigentlichen  Sinne.     Selbstverständlich  finden   solche  Trompetensignale  auch 
bei  anderen  Angelegenheiten  Anwendung.     Die  sogenannte  Fanfare  ist  nur  ein 
etwas  erweitertes  Signal,  das  die  Ankunft  hoher  Herrschaften,  oder  den  Beginn 
einer  Festlichkeit  und  dergl.  ankündigt.      Da  alle  diese  Signale  einer  ganz  be- 
stimmten Deutung  unterliegen,  so   sind  sie  vielfach  von  den  Meistern  der  Ton- 
kunst in  ihren  instrumentalen  Tongemälden  echt  künstlerisch  verwendet  worden. 
In  den  sogenannten  »Schlachtgemälden«  sind  sie  selbstverständlich   nicht  zu  ent- 
behren, aber  auch  in  vielen  andern  Fällen  sind  sie,  und  meist  viel  mehr  künst- 
lerisch   eingeführt    worden.       Geniale    Beispiele    bieten    Beethovens    Leonoren- 
(Fidelio)    Ouvertüren.      Schon    in    der    kleinern    (in    E-dur)    findet    eine    solche 
Fanfare  ihren  bedeutsamen  Platz: 


Viel   treffender    noch    ist    die    Trompetenfanfare    in    der    grossen    Leonoren- 
Ouvertüre  verwendet,  so  dass  durch  sie  die  Katastrophe  angedeutet  wird: 


^^^3i5sf^i3ii^s 


438 


Silva-PoU  —  Sinico. 


In  ähnlich  geistvoller  Weise    hat   der  Meister    auch    die   eine  Trompetenfanfare 
in  seiner  Musik  zu  der  Traurascene  in  Groethe's  Egmont  eingeführt: 

Flöten, 

Oboen, 

Klarinetten, 

Fagotte, 


Tromba 
inD. 


,=E^äS^ä^^  E3^=P^g^^jTlli-?^=:^S 


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I 


u.  s.  w. 


=^m^^^:^^^i^^s^^^ 


Häufig  werden  sie  selbstverständlich  bei  dramatischen  Darstellungen  durch  Scene 
und  Situationen  bedingt;  wie  in  Glucks  »Alceste«,  wo  durch  sie  in  der  ersten 
Scene  der  Herold  angekündigt  wird.  In  solchen  Fällen  werden  sie  dann  wol 
auch  mehrstimmig  behandelt,  wie  von  Wagner  in  seinem  »Lohengrin«, 
Eine  prachtvolle  Verwendung  und  Verarbeitung  einer  mehrstimmigen  Fanfare 
bietet  Beethovens  grandiose   Ouvertüre   Op.   124. 

Silva-Poll  de,  David  (IX,  261),  erblindete  völlig,  und  seine  Mutter  Anäis 
S.  schrieb  seine  Compositionen  nach  seinem  Dictat  nieder.  In  Folge  einer 
schweren  Krankheit  starb  er  in  Clermont  (Oise),  wohin  er  gebracht  worden 
war,  am  9.  Mai  1875.  Er  hinterliess  ausser  den  gedruckten  noch  sehr  zahl- 
reiche grössere  Compositionen  im   Manuscript. 

Simon,  Jean  Henri,  belgischer  Componist  und  Violinist,  wurde  in  Ant- 
werpen im  April  1783  geboren  und  starb  daselbst  1861.  Seine  musikalischen 
Anlagen  die  sehr  früh  hervortraten,  erhielten  ihre  Ausbildung  in  Paris,  wo  er 
bei  Houssaye  und  Rode  im  Violinspiel,  bei  Qossec,  Catel  und  Lesueur  in  der 
Composition  Unterricht  erhielt.  In  Antwerpen,  wohin  er  zurückkehrte,  erwarb 
fir  sich  als  Violinist  und  Componist  eine  sehr  geachtete  Stellung.  Hauptsäch- 
lich fanden  seine  Kirchencompositiouen,  die  wiederholt  zur  Aufführung  gelangten, 
viel  Anklang.  Es  sind  zu  nennen:  drei  Messen;  mehrere  Oratorien;  sieben 
Violinconcerte;  eine  Ouvertüre;  eine  Cantate;  Chöre;  verschiedene  Compositionen 
für  Violine  und  für  Gesang.  Zu  den  Schülern  Simons  gehören  unter  anderen 
Meerts,  Prof.  des  Violinspiels  in  Brüssel,  Janssens  und  Vieuxtemps. 

Singel^e,  Jean  Baptiste  (IX,  266),  war  auch  in  München  eine  Zeitlang  Or- 
chesterdirektor. Er  veröffentlichte  weit  über  100  Compositionen.  Mit  seiner  Toch- 
ter Louisa,  Schülerin  des  Brüsseler  Conservatoriums,  durch  ihn  zur  Violinistin  ge- 
bildet, unternahm  er  Concertreisen.  Später  ging  diese,  da  sie  auch  zur  Sängerin 
ausgebildet  war,  zur  Bühne.  Von  1872 — 77  gehörte  sie  den  Theatern  »Athenee« 
und  »Lyrique«  in  Paris  an,  unter  dem  Namen  Singelli  auch  einige  Zeit  der 
italienischen  Oper  in  London.     S.  starb  in  Brüssel  am   29.   September  1875. 

Sinico,  Giuseppo  (IX,  272),  war  Tenorsänger  und  als  solcher  in  Madrid, 
Oporto,  Florenz  und  Mailand  thätig;  der  Componist  und  Begründer  von  Gesang- 
schulen ist  sein  Bruder,    mit  dem  er  gemeinschaftlich  ausgebildet  worden  war: 

Sinico,  Francesco,  ebenfalls  in  Triest  am  12.  December  1810  geboren, 
war  Schüler  des  Organisten  Andreuzzie  und  des  Kapellmeisters  Farinelli.  Er 
übernahm  noch  ziemlich  jung  die  Direction  der  Philharmonischen  Concerte  in 
Triest,  wobei  er  sich  sehr  geschickt  zeigte.  Nachdem  er  auch  mit  einigen 
Chören  und  der  Musik  zur  Tragödie  von  Somma:  »Parisina«  debütirt,  die 
Oper:  »t  Virtuosi  di  Barcelona«  und  mehrere  Kirchenmusiken  zur  Aufführung 
gebracht,  erhielt  er  1843  die  Kapellmeisterstelle  an  der  Jesuitenkirche  in  Triest. 
Von   dieser  Zeit  an  widmete  er  seine  ganze  Zeit,  die  ihm  seine  Amtsthätigkeit 


Sinico  ~  Smart.  439 

übrig  Hess,  der  Begründung  von  Volks-Gesangschulen  in  seiner  Vaterstadt. 
Zuerst  gelang  es  ihm  unter  dem  Schutze  der  Muuicipulität,  eine  Gesangschule 
für  Kinder  ins  Leben  zu  rufen.  Nachdem  er  mit  einem  Chor  von  achtzig 
Kindern  in  kurzer  Zeit  nach  der  Methode  Wilhem  sehr  gute  Resultate  erzielt 
und  diese  öflontlich  dargelegt  hatte,  eröffnete  er  eine  zweite  Schule  für  Kinder 
und  eine  andere  Chorschule  für  Arbeiter  beiderlei  Geschlechts.  Eine  Folge 
seiner  rastlosen  Bemühungen  war  ferner  die  Einführung  des  Gesangunterrichts 
in  acht  Volksschulen  unter  seiner  Oberleitung.  Er  veranstaltete  viele  Concerte, 
meist  zu  wohlthiitigen  Zwecken,  wo  er  oft  an  der  Spitze  eines  Chors  von 
tausend  und  mehr,  von  Männern,  Frauen  und  Kindern  stand,  den,  mit  den 
besten  Compositionen  bekannt  zu  machen,  er  unaufhörlich  bestrebt  war.  Er 
führte  unter  anderen  Oratorien  von  Händel  und  Haydn,  die  Messen  von  Cheru- 
bini und  Beethoven  auf.  Er  selbst  componirte  auch  Messen,  Hymnen  u.  dergl. 
zum  Gottesdienst  für  seine  Kapelle.  S.  starb  in  Triest  am  18.  August  1865. 
Sein    Sohn : 

Sinico,  Giuseppe,  geboren  zu  Triest  am  10.  Februar  1836,  schrieb  die 
Opern:  -aMoscheltieriti  und  -aMarinellaK,  die  mit  Beifall  gegeben  wurden,  im 
Uebrigen  widmete  er  sich  wie  sein  Vater  dem  Unterricht.  Er  gab  das  darauf 
bezügliche  Buch  heraus:  nBreve  Metodo  teorico  pratico  di  canto  elementare  per 
uso  delle  scuole  popolari  di  canto  per  adulti. 

Sivori,  Ernest  Camille  (IX,  277),  wurde  am  25.  October  1815  (nicht 
6.   Juni   1817)   geboren. 

Skaudinavische  Musik  s.  »Nachtrag«. 

Skibiuski,  Luibitch,  Hofpianist  von  Rumänien  und  Componist,  schrieb 
die  erste  Oper  über  einen  rumänischen  Text  »  Verful  cu  dora,  welche  in  Bukarest 
am  6.  Februar  1879  aufgeführt  wurde.  Das  Libretto  ist  (unter  dem  ange- 
nommenen Namen  P.  de  Laroc)  von  der  Prinzessin  Elisabeth  von  Rumä- 
nien verfasst. 

Skranp,  Job.  Nep.  (IX,  280),  starb  in  Prag  am  18.  November  1865.  Er 
gab  auch  einige  theoretische  Werke  in  böhmischer  Sprache  heraus,  darunter 
»Theoretisch  und  praktischer  Lehrgang  der  Musik,  für  Lehrer  und  Direktoren 
von  Kirchen-Gesangschulen  (Prag,   1862,  254   S.) 

Skuhersky,  Franz,  geboren  im  Jahre  1830  zu  Opocno  in  Böhmen,  ab- 
solvirte  neben  den  Gymnasialstudien  in  den  Jahren  1845  und  1846  die  Prager 
Organistenschule,  und  genoss  dann  noch  bei  Direktor  C.  J.  Pitsch  und  Direktor 
J.  Fried.  Kittl  Privatunterricht.  Dadurch  gedieh  er  zu  einem  tüchtigen  Ciavier- 
spieler und  geschmackvollen  Componisten.  Im  Jahre  1852  gab  er  die  medic. 
Studien ,  die  er  auf  der  Universität  zu  Prag  und  Wien  kultivirte ,  auf  und 
widmete  sich  nun  ganz  der  Kunst.  Durch  Aufführungen  von  Compositionen  aller 
Gattungen,  machte  er  sich  einen  guten  Namen  und  1854  wurde  er  als  Kapell- 
meister des  Musikvereins  und  Chordirektor  der  Universitätskirche  nach  Inns- 
bruck berufen.  Hier  erwarb  er  sich  durch  Hebung  der  Musikzustände  Ver- 
dienste, weshalb  ihm  von  Sr.  Majestät  dem  Kaiser  von  Oesterreich  im  Jahre 
1866  die  grosse  goldene  Medaille  für  Kunst  und  Wissenschaften  verliehen 
wurde.  Im  selben  Jahre  folgte  er  dem  Rufe  als  Direktor  der  Lehranstalt  für 
Kirchenmusik  nach  Prag.  Im  Jahre  1868  wurde  er  zum  Chordirektor  bei 
St.  Triuitas  und  bald  darauf  zum  Vorspieler  Sr.  Maj.  des  Kaisers  Ferdinand 
und  zum  Direktor  der  k.  k.  Hofburgkapelle  ernannt.  S.  gehört  unter  die  all- 
seitig gebildeten,  denkenden  Musiker.  Von  seinen  zahlreichen  Compositionen 
(vier  Opern,  zwanzig  Messen,  Sinfonien,  Ouvertüren,  Lieder  u.  s.  w.),  von 
denen  sich  die  dem  kirchlichen  Gebiete  angehörenden,  wie  die  Motetten,  die 
Messe  B.  Agnetis,  y>Ferdinandi  imperatorisa,  ungetheilter  Anerkennung  erfreuen, 
sind  über  vierzig  Werke  bis  jetzt  im  Druck  erschienen.  Auch  als  Pädagog 
steht  S.  in  gutem   Ruf. 

Slam»  (IX,  281),  starb  am  .30.  April   1879  in   Wien. 

Smart,   George  Thomas,  Sir  (IX,  282),  ist  am   10.  Mai  1776  zu  London 


440  Smart  —  Sokolovka. 

geboren,  machte  als  Sängerknabe  der  königl.  Kapelle  St.  James  seine  musi- 
kalischen Studien  unter  Dr.  Ayrton  und  später  unter  Dr.  Arnold  (Westm.- 
Abtey).  Dr.  Dupuis  war  sein  Lehrer  im  Orgelspiel  und  ernannte  ihn  dann 
zu  seinem  Substituten,  Gramer  unterrichtete  ihn  im  Clavierspiel,  bei  Salomon 
war  er  als  Violinist  thätig.  1822  ward  er  Organist,  1833  Componist  der  königl. 
Kapelle  St.  James  wie  auch  Organist  des  Freimaurerordens  und  Ritter.  Bedeu- 
tend ward  er  nur  als  Dirigent.  Seit  1813  dirigirte  er  13  Jahre  lang  die 
Oratorien  in  Covent-Garden  und  Drury-Lane.  In  letzterem  führte  er  1814 
Beethovens  »Christus  am  Oelberg«  in  England  zum  ersten  Male  auf.  Von 
1816 — 44  dirigirte  er  49  Concerte  der  Philharmonie-Society  und  25  Provinz- 
Musikfeste.  Am  21.  März  1825  brachte  er  in  London  erstmals  Beethovens 
9.  Sinfonie.  Smart  besuchte  darauf  den  Meister  in  Wien.  Auf  der  Rückreise 
besuchte  er  Mendelssohn  in  Berlin  und  lud  diesen  nach  London  ein,  1835 
brachte  er  dessen  »Paulus«  in  Liverpool  zur  Aufführung.  Weber  vollendete 
seinen  Oberon  in  Pmarts  Hause,  und  starb  dort  bald  nach  der  Aufführung  am 
5.  Juni  1826.  Durch  Joah  Bates  angeregt,  führte  Smart  auch  viele  Händeische 
Werke  auf,  zeichnete  sich  ferner  durch  Heranbildung  vieler  Zöglinge  aus  und 
starb  am  23.  Februar   1867,   91   Jahr  alt. 

Smart,  Henry  (IX,  282),  war  der  Neffe  des  George  Thomas  Smart, 
wurde  in  London  am  25.  October  1812  geboren  und  starb  daselbst  am  6.  Juli 
1879.  Er  gehörte  als  Organist  zu  den  besten  seines  Faches,  und  war  auch 
talentvoller  Improvisator,  Obgleich  erblindet,  entwickelte  er  auch  als  Componist 
eine  ungemeine  Thätigkeit.  Er  schrieb  die  Cantate  mit  Orchester  »Bride  of 
Dunkeron<f.\  Cantate  für  Frauenstimmen  r>The  Fischermaidensa;  eine  dritte  y>King 
Pornes  Daughter<.<. ,  sämmtlich  aufgeführt;  mehrere  Messen  für  Orgel  und  eine 
erhebliche  Anzahl  ein-  und  mehrstimmiger  Lieder  (Songs),  die  in  England 
weit  verbreitet  und  theilweise  sehr  beliebt  sind.  S.  war  Organist  an  der  Pan- 
kratiuskirche  in  London  und  Mitglied  des   Organisten-Collegiums. 

SmitS)  Willem,  geboren  am  22.  October  1804  in  Amsterdam,  ist  Com- 
ponist sehr  zahlreicher  Chorcompositionen,  auch  solcher  für  den  Schulgebrauch 
und  für  Männerstimmen,  einer  Oper  y>De  Geloftea^  (Amsterdam,  1840),  mehrere 
Cantaten,  Messen  u.  s.  w.  Für  die  Hebung  des  Volksgesanges  hat  er  sich  in 
den  Niederlanden,  speciell  in  Amsterdam,  sehr  verdient  gemacht.  Er  verfasste 
das  Buch  y>IIandleidi7ig  en  schoolboeJc  voor  het  volJczanga  u.  s.  w.,  welches  sehr 
verbreitet  ist.  S.  erhielt  mehrere  Orden  und  ist  Ehrenmitglied  zahlreicher 
Gesellschaften. 

Snoeck,  Cesar,  Musikliebhaber,  geboren  gegen  1825  in  Belgien,  lebt  in 
Renaix  als  Notar.  Er  besitzt  eine  der  umfangreichsten  vollständigsten  und 
schönsten  Sammlungen  von  Musik-Instrumenten ,  die  er  durch  eignen  Sammel- 
fleiss  in  mehr  als  fünfundzwanzig  Jahren  zusammengebracht  hat.  Alle  Instru- 
mente, von  der  Pan-Flöte  bis  zu  unseren  modernen  Instrumenten  sind  vertreten; 
sie  sind  sehr  gut  erhalten  und  in  zwei  Sälen  aufgestellt,  wo  denjenigen,  die 
sich  dafür  interessiren ,  die  Besichtigung  der  Schätze  vom  Besitzer  keineswegs 
vorenthalten  wird. 

Sobolewski,  Eduard  (IX,  285) ,    starb    am  23.  (nicht  28.)  Mai  1872  in 
St.  Louis  in  Amerika. 

Soffl,  Pasquale,  geschätzter  Kirchencomponist,  der  gegen  1732  in  Lucca 
geboren  wurde  und  dort  gegen  1810  starb.  Er  war  als  Organist  und  Lehrer 
ausgezeichnet  und  bildete  treffliche  Künstler,  darunter  Domenico  Quilici  und 
Donato  Barsanti.  S.  schrieb  auch  zahlreiche  Compositiouen ,  darunter  das 
Oratorium  »Der  Apostel  Thomas«.  Zur  Feier  des  Cäcilientages  wurden  in 
Lucca  in  den  Jahren  1761 — 1807  einundzwanzig  Messen  seiner  Composition 
aufgeführt.  Andere  für  die  heilige  Woche  geschriebene  gelangen  noch  heute 
dort  zur  Aufführung. 

Sokolovka  nennt  Cerveny  ein,  von  ihm  construirtes  Turnerhorn,  das  in 
F  steht  und  einen  angenehmen,  aber  durchdringenden   Ton  besitzt. 


Soliva  —  Staffa.  441 

Soliva,  Carlo  Evasio  (IX,  293),  starb  in  Paris  am  23.  Dec.  1853. 

Soitiis  (IX,  298),  der  Ijoriilimte  italieuische  Violinist,  dem  der  betreffende 
Artikel  im  Hauptwerk  gilt,  heisst  mit  Vornamen  Giovanni  Battista  (nicht 
Lorenz).  Er  starb  in  Turin  am  14.  August  1763.  Sein  Bruder  ebenfalls 
Violinist,  dir  aber  nicht  hervortrat,  hicss  Lorenzo.  Die  Bildnisse  in  Oel 
beider  Brüder  liofiiiden  sich  in  der  i'orträt-Samnilung  des  musikalischen  Lyce- 
ums  in  Bologna. 

Sor,  Fernando  (IX,  312),  wurde  nicht  in  Barcelona,  sondern  in  ^ladrid 
und   zwar  am   14.  Februar   1778   geboren. 

Soriauo  Fuertes,  Mariano  (IX,  315),  starb  in  Madrid  im  April  1880. 
Er  veröffentlichte  noch:  n Memoria  sohre  las  sociedates  corales  en  Espanat;  und 
iiEspaha  artistica  e  industrial  en  la  Exposicion  de  J807<t. 

Soubre,  Etienne  Joseph  (IX,  318),  starb  in  seiner  Vaterstadt  Lüttich 
am  8.  September  1871.  Von  Henri  Vieuxteraps  erschien  eine  biographische 
Notiz  über  ihn  in  »Annuaire  de  VÄcaJemie  royale  de  Belgique<i  und  im  Separat- 
Abdruck   (Brüssel,  Hayes,   1872,  in   12). 

Sourindro,  Mohun-Tagoro,  indischer  Rajah,  leidenschaftlicher  Musik- 
freund, der  sich  auch  mit  dem  Studium  der  Musik  angelegentlich  beschäftigt, 
und  mehrere  unten  augeführte  Werke  veröffentlichte,  gründete  in  Calcutta  die 
erste  Musikschule  in  Bengalen.  Das  Institut,  in  der  Art  unserer  europäischen 
Conservatorien  eingerichtet,  wurde  am  3.  August  1871  eröffnet.  Die  Kosten 
desselben  bestreitet  S.  fast  ausschliesslich.  Es  sind  nur  einheimische  Lehrer 
angestellt,  welche  in  der  Theorie,  dem  Gesang,  dem  Bahoolin  (Violine),  dem 
Mrdunga  (Blasinstrument)  und  der  Sitara  unterrichten.  Vor  mehreren  Jahren 
waren  acht  Lehrer  und  sechzig  Schüler  an  dem  im  Aufblühen  begriffenen  In- 
stitut thätig.  Der  Schüler  hatte  monatlich  eine  Ruppie  zu  zahlen.  Die  Preise 
welche  alljährlich  ausgetheilt  werden,  bestehen  wie  bei  uns  in  Büchern  und  In- 
strumenten. S.  veröffentlichte  nSayigita-Sära-Sangrahasa  (Calcutta,  1875),  ein  Werk 
welches  mit  Anmerkungen  versehene  theoretische  ältere  Abhandlungen  über 
Tonarten,  Rhythmus,  über  Takt,  über  die  Instrumente  und  den  Tanz  enthält. 
Ferner  ^Victoria  Gitika<i  (Calcutta,  1875,  in  8^),  eine  Sammlung  von  118  Ge- 
sängen in  der  Sanskritsprache,  Worte  und  Musik  von  Rajah  S.  Den  Inhalt 
der  Dichtung  bilden  meistens  Vorgänge  aus  der  englischen  Geschichte;  der 
Musik  in  Hindostanischer  Schreibweise  ist  auch  eine  Notation  in  der  Euro- 
päischen beigegeben.  Ein  anderes  Werk  von  ihm  enthält  fünfzig  Gesänge  in 
Sanscrit  zur  Ehre  des  Pi'inzen  von  Gallien,  Dichtung  und  Musik  von  Sourindro- 
Tagore.  Dem  Brüsseler  Conservatorium  machte  derselbe  eine  complette  Samm- 
lung Hindostanischer  Musikinstrumente  zum  Geschenk,  und  der  köuigl.  Bel- 
gischen Akademie  eine  Reihe  von  Schriften  und  Werke  über  indische  Musik. 
S.  ist  Mitglied  der  Akademie  der  heil.  Cäcilia  in  Rom. 

Sowiusky,  Albert  (IX,  319),  starb  in  Paris  am  5.  März   1880. 

Spang-enberg,  Johann  (IX,  347),  dessen  Geburtsort  heisst  Hardegsen 
nicht  Hardeiseu. 

Speyer,  Wilh.  (IX,  351),  starb  in  Frankfurt  a/M.  am  4.  April  1878. 

Speranza,  Antonio  (IX,  352),  ist  nach  Franc.  Regli  (Dizioriario  hiograßco) 
in  Mantua   1812   geboren  und  starb  geisteskrank   1850  in  Mailand. 

Spindler,  Franz  Stanislaus  (IX,  372),  starb  am  8.  September  1819  als 
Domkapellraeister  in  Strassburg  im  Elsass. 

Spittel,  Wilhelm,  geboren  am  23.  Februar  1838  in  Molsdorf  bei  Erfurt, 
besuchte  durch  drei  Jahre  die  Universität  und  zugleich  das  Conservatorium  in 
Leipzig  und  wurde  dann  Direktor  der  Musikschule  und  1876  Hoforganist  und 
Seminarlehrer  in  Gotha.  Er  hat  sich  namentlich  als  Orgelvirtuos  bekannt  ge- 
macht und  veröffentlichte  auch  einige   Compositionen. 

Staffa,  Giuseppo,  Baron,  geboren  in  Neapel  im  December  1807,  starb 
daselbst  am  18.  Mai  1877.  Er  machte  unter  Franc.  Ruggi  und  Giacomo  Tritto 
gründliche  Musikstudien,   brachte    sieben  Opern  zur  Aufführung,    schrieb  auch 


442  Stainer  —  Stefien. 

Kirchenmusik  und  verfasste  eine  Harmonie-  und  eine  Compositionslehre.  Als 
Compositionslehrer  bildete  er  mehrere  gute  Tonkünstler,  auch  war  er  an  den 
Theatern  »Fondo«  und  »Nuovo«  in  Neapel  als  Orchesterdirektor  thätig;  alles 
aus  grosser  Vorliebe  für  die  Musik,  denn  er  befand  sich  im  Besitze  eines  Ver- 
mögens, das  ihn  ganz  unabhängig  machte.  Er  war  Mitglied  und  Präsident 
der  Akademie  der  Wissenschaften  und  Künste  in  Neapel. 

Staiuer,  John,  englischer  Theoretiker,  Musikschriftsteller  und  Componist, 
Doktor  der  Musik,  veröffentlichte  zahlreiche  Werke,  zu  welchen  die  folgenden 
gehören:  »Music  of  ihe  ^iblea;  »Dictionary  of  musical  termsa,  in  Gemeinschaft 
mit  W.  A.  Barrett  (London,  Novello,  in  8^);  »A  Treatise  on  harmonya  (London, 
Novello,  vier  Auflagen) ;  y>Christmas  Carolsv.  (alte  und  neue  Weihnachtsgesänge, 
die  Worte  von  Rev.  Henry  Eamsden  Bramley,  die  Musik  von  St.  edirt  (London, 
Novello);  »Tä<?  School  round  booka,  Sammlung  von  hundert  Rondos,  Catsches 
und  Canons,  Woi'te  von  Powell  Metcalfe,  Musik  von  Stainer.  Ferner  gab  St. 
von  seinen  Compositionen :  Gesänge,  Magnificat,  die  Cantate  »The  Daugter  of 
jairus«  u.  a.  heraus. 

Stangre,  Hermann,  ist  am  19.  December  1835  in  Kiel  geboren  und  wurde 
dort,  nachdem  er  längere  Zeit  in  Hannover,  Neuried  und  England  und  von 
1866 — 76  als  Domorganist  in  Schleswig  thätig  gewesen  war,  Organist  an  der 
heil.  Geistkirche  und  Dirigent  des  Gesangvereins.  Er  ist  namentlich  als  Orgel- 
virtuose und  als  Dirigent  rühmlichst  bekannt. 

Stainleiu,  Saaleinstein,  Louis  Charles  Corneille,  Graf  tou,  geboren 
am  3.  Juli  1819,  erlangte  auf  dem  Violoncello  so  bedeutende  Fertigkeit,  dass 
er  sich  in  Deutschland  und  Frankreich  mit  Anerkennung  öffentlich  hören  lassen 
konnte.  In  Paris  gab  er  mit  Sivori,  Casim.  Ney,  Van  Gelder  und  Ernst 
Lübeck  vier  Kammermusiksoireen,  in  welchen  auch  von  seiner  Composition 
zwei  Quartette,  ein  Trio  und  eine  Sonate  für  Violoncello  und  Ciavier  zur  Aus- 
führung kamen.  Er  liess  sich  später  in  Belgien  nieder  und  starb  am  22.  Nov. 
1867  in  Angleur-les  Lieyes. 

Stanistreed,  Henry  Dawson,  englischer  Pianist,  Organist  und  Componist, 
machte  seine  Musikstudien  an  der  Singschule  der  Kathedrale  von  York,  wurde 
Baccalaureus  und  Dr.  der  Musik,  und  übernahm  in  Bandon  in  der  Grafschaft 
York  eine  Organistenstelle.     Er  schrieb  Kirchenmusik. 

Stark,  Humphrey  John,  englischer  Pianist,  Organist  und  Componist, 
Mitglied  des  Organisten- Collegiums,  erwarb  1875  den  Grad  eines  Baccalaureus 
an  der  Universität  Oxford.  Er  ist  gegenwärtig  als  Organist  und  Chordirigent 
an  der  Trinity-Kirche  und  als  Lehrer  der  Harmonie  am  Trinity-CoUegium 
thätig.     Er  schrieb  Orgelstücke  und  Kirchenmusik,  auch  mit  Orchesterbegleitung. 

Steenhuis,  Tjerko,  niederländischer  Tonkünster,  in  Appingedan  1840 
geboren,  studirte  in  Leipzig  unter  Moscheies,  Richter  und  Carl  Reinecke  und 
wurde  nach  seiner  Rückkehr  ins  Vaterland  als  Organist  in  Groningen  angestellt. 
Er  schrieb  Lieder  und  Ciavierstücke. 

Stefaui,  Johann  (IX,  410),  starb  am  22.  Februar  1829  (nicht  1819). 

Steffen,  Hans  (zuweilen  schrieb  er  sich  auch  Johannes  Stephan),  war  der 
Sohn  des  königl.  Raths  Heinr.  Steffen  zu  Itzehoe  und  ein  tüchtiger  Musiker 
und  Componist,  der  grosse  Berühmtheit  erlangte.  Im  jugendlichen  Alter  noch, 
nachdem  »er  mit  vielen  Unkosten  ausgebildet  worden,  zu  dem,  dass  er  eine 
Zeit  lang  bei  einem  Orgelmacher  gewesen«,  war  von  dem  Rathe  als  Nachfolger 
des  1589  verstorbenen  Organisten  an  St.  Lamberti  Franz  vorgeschlagen  worden, 
musste  aber  seinem  Nebenbuhler  Herm.  Segebade,  Sohn  des  Hofpredigers  der 
Herzogin  Dorothea  von  Braunschweig-Lüneburg,  weichen.  Nicht  lange  darauf 
ward  der  alte  Johannis-Cantor  Jobst  Funke  dienstunfähig,  Steffen  übernahm 
einstweilen  dessen  Stelle  und  ward  dann  als  Organist  provisorisch,  seit  1595 
definitiv  auf  zwanzig  Jahr  angestellt.  Er  gehörte  zu  den  53  Organisten,  die 
1595  nach  Groningen  berufen  wurden,  um  das,  in  dortiger  Schlosskirche  neu 
erbaute  Orgelwerk   zu    spielen.      Von    der   hohen  Achtung  die  er  in  Lüneburg 


Stcgpnl  -  Stil.  443 

genoes,  zeugt  die  Fassung  des,  am  Montage  nach  Estoraihi  1615  erneuerten 
Contractß  in  dem  er  der  »kunstreiche  .lohannes  Slephana  genannt  wird.  Darin 
gedenkt  der  Eath  auch  der  grossen  Anzahl  der  »iJiscipulen,  welche  nach  der 
Orgel-  auf  und  ablaufena.  St.  starb  1G16.  Nach  seinem  Tode  erschienen: 
Neue  Teutsche  weltliche  Madrigalen  und  Ballaten  von  ihm.  Dem  Käthe  der 
Stadt  widmete   er   1600  etliche  deulsche  Gesänge. 

Steggnl,  Charles,  englischer  Pianist,  Organist  und  Componist  der  Gegen- 
wart, besuchte  als  Schüler  die  köuigl.  Akademie  in  London  unter  Sterndal- 
Bennett.  Er  wurde  1851  Doktor  der  Musik  und  im  folgenden  Jahre  Lehrer 
des  Orgelspiels  und  der  Harmonie  an  der  künigl.  Akademie  und  Organist  an 
der  Christ-Kirche;  die  letztere  Stelle  übernahm  er  später  auch  an  anderen 
Kirchen.  Man  hat  von  ihm  Anthems  für  Singstimmen  und  Orchester,  eine 
geistliche  Cantate  ebenfalls  mit  Orchester,  den  33.  Psalm,  Messen  und  andere 
Kirchencompositionen  und  eine  Concertouverture. 

Steinkühler,  Emil  (IX,  419),  musste  Lille,  den  Ort  seiner  "Wirksamkeit, 
1870 — 71  wegen  der  Kriegsereignisse  verlassen,  worauf  er  sich  in  Gent  nieder- 
liess,  dort  starb  er  bereits  am   22.  November   1872. 

Stehle,  Sophie,  königl.  bayr.  Hof-  und  Kammersängerin,  ist  1835  in 
Sigmaringen  geboren  und  wurde  zur  Sängerin  ausgebildet.  Bei  ihrem  ersten 
Auftreten  in  Stuttgart  stellte  man  ihr  kein  günstiges  Prognostikon,  allein  Franz 
Lachner  wusste  ihre  bedeutenden  Mittel  sofort  zu  schätzen  und  eröffnete  ihr 
an  der  Münchener  Bühne  einen  Wirkungskreis,  in  welchem  sich  sehr  bald  ihr 
herrliches  Talent  entfaltete.  Durch  Gastspiele  wurde  sie  auch  im  übrigen 
Deutschland  bekannt  und  überall  fanden  ihre  trefflichen  Stimmmittel,  wie  ihre 
Schule  und  ihr  durchdachtes  Spiel  lebhafteste  Anerkennung.  Sie  war  im  Con- 
certsaal  nicht  minder  beliebt  und  gefeiert,  wie  auf  der  Bühne.  1874  verheiratete 
sie  sich  mit  dem  ehemaligen  Hannoverschen  Gesandschafts-Attache  Baron  von 
Knigge  und  entsagte  der  Bühne. 

Stengel,  Gottfried  (IX,  424),  starb  1868  im  December  in  Dessau. 

Steuzell,  Johann,  Edler  von  Pflichten,  Ritter,  der  Römischen  Kayser- 
lichen  Maystät  gewesener  Fendrich  in  Ober-  und  Unter-Ungarn,  auch  der 
gnädigen  Stadt  Danzig  durch  der  gnädigen  72  Hansestädte  Intercession  be- 
stallter Rittmeister  über  100  Pferde«,  ward  durch  eine  schmeichelhafte  Bestallung 
des  Churfürsten  Johann  Sigismund  vom  4.  Februar  1611  als  Rittmeister  und 
Fiolist  im  Hoflager  zu  Cöln  an  der  Spree  ausgezeichnet.  In  der  Bestallung 
heisst  es:  wie  Ingleichen  dahero  dass  von  Menniglich  er  vor  den  fürtrefflichsten 
Fiolisten  und  Geiger  in  ganz  Europa  geachtet  und  gehalten. 

Stephen  de  la  Madeleine  (IX,  425),  starb  am  3.  Sept.   1868  in  Paris. 

Steruberg,  Constantin,  geboren  1850  in  Petersburg,  machte  seine  Musik- 
studien seit  1864  am  Leipziger  Conservatorium,  war  dann  mehrere  Jahre  als 
Musikdirektor  thätig,  und  ging  darauf  nach  Berlin,  um  den  Unterricht  von 
Th.  Kullak  noch  zu  geniessen.  Seit  1875  concertirte  er  mit  vielem  Erfolg  als 
Pianist,  bis  er  sich  in  Schwerin  niederliess,  wo  er  ein  Musikinstitut  gründete. 
Er  hat  mehrere  Werke  für  Ciavier  veröffentlicht. 

Stiava,  Francesco  Maria  (IX,  431),  wurde  1640  in  Lucca  geboren,  wo 
er  1702  auch  starb. 

Stierlein,  Ambrosius,  Kirchencomponist,  geboren  1767  in  Säckingen  in 
der  Schweiz,  trat  1767  ins  Kloster  Mariaschein,  in  dem  er  1809  starb.  Er 
war  guter  Organist  und  Componist  von  zwölf  drei-  und  vierstimmigen  Messen, 
sieben  Vespern,  Magnificat,  Offertorien  und  Motetten.  Sein  Bruder  Augustin 
auch  Organist,  legte  1801  in  demselben  Kloster  seine  Gelübde  ab.    Er  starb  1822. 

Stil  (IX,  433),  der  Stil,  als  die  besondere  Art  der  Verwendung  des  künst- 
lerischen Darstellungsmaterials,  wird  hauptsächlich  durch  die  Individualität  des 
schaffenden  Künstlers  bedingt.  Allerdings  ist  dieser  dabei  an  die  besondere  Natur 
des  Materials  ebenso  gebunden,  wie  an  die  besondere  Form,  in  welcher  der 
allgemeine    Inhalt    bereits   Ausdruck   gefunden    hat,    aber    nur   indem    er   diese 


444  S^il' 

in    bestimmter  Richtung    entwickelten   Formen    und   Kunstmittel  in  eigenthüm- 
licher  Weise  verwendet,  kommt  er  zu  einem  besondern  Kunststil,  durch  den  er 
erst  durchgreifend  bedeutungsvoll  für  die  Kunstgeschichte  und  Kunstentwickelung 
wird.      Es    ist   gezeigt   worden,    dass    die    Nachahmungsformen    im    Grunde 
nicht    einem    besondern    Inhalt    ihre    Entstehung    verdanken,    sondern   aus    der 
Gesangspraxis  der  früheren  Jahrhunderte  hervorgingen.     Das  christlich  religiöse 
Empfinden  fand  in  ihnen  aber  den  entsprechendsten  Ausdruck,  und  so  wurden 
Canon    und   Fuge    und    die    verwandten  Formen    zur   charakteristischen   Grund- 
lage  für   den    Kirchenstil.      Ohne    sie    in    den    Grundzügen     irgendwie    zu   ver- 
ändern, gestalten  sie  dann  ganze  Völker  und  einzelne  Meister  wesentlich  anders, 
nach  ihrer  abweichenden    religiösen  Anschauung.      Die   Niederländer    behandeln 
sie    anders   als    die    Italiener   und   die    Deutschen,    und    auf  dem   Grunde  dieser 
nationalen  Sündergestaltung  gewinnen  auch  die  einzelnen   Meister  der  Nationa- 
litäten   ihre    Sonderstellung    durch    einen    eigenthümlichen    Stil.      Obgleich   die 
Fugen    und    Canons    der  Niederländer   genau  denselben  Organismus  haben,    wie 
die   eines   Job.  Seb.  Bach,  so   sind  sie  doch  in  ihrer  Wirkung  grundverschieden. 
Das,   allen   Gemeinsame,    ist   der  allgemeine   Stil  der  Nachahmungsformen,   und 
das,    wodurch    sie    sich  unterscheiden,    der  besondere  der  Nationen    und  der  In- 
dividuen.    Die   Nachahmungsformen    sind    deshalb   die  entsprechenderen  für  die 
Kirchenmusik  geworden,  weil  sie  am   ehesten  jene  ernste  Stimmung  hervorrufen, 
welche    das  ßewusstsein    von    der    Nähe  Gottes   erzeugt.      Selbstverständlich  ist 
diese  ernste  Stimmung  auch  in  anderer  AVeise  zu  erzeugen ,    durch  eine  freiere 
Polyphonie  und  selbst  durch  eine  entsprechende  Homophonie.     Sobald  aber  die 
Kirchenmusik  diesen  ernsten,  würdigen  Charakter  aufgiebt,  den  selbst  die  freu- 
dige, jubelnde  religiöse  Stimmung  trägt,  wird  sie  entweder  stilwidrig   oder   stil- 
los.   Das  Bewusstsein  der  Nähe  Gottes  bändigt  den  Ausdruck  höchster  Freude 
und  lautesten  Dankens,    deshalb  erscheinen  die  meisten  kirchlichen  Werke  von 
Joseph  Haydn  selbst  stilwidrig,  weil  in  ihnen  meist  die  Stimmungen  ohne  die, 
durch  das   Gotteshaus  gesetzten   Schranken  zum  Ausdruck    kommen  und  Werke 
wie  »Der  Tod  Jesu«  von  Graun  sind  stillos,  weil  hier  weltliche  und  kirchliche 
Ausdrucksweisen  bunt  durch   einander  gemischt  sind.     Die   Wahrung    der    Stil- 
einheit  ist   das    erste    Erforderniss    für    die  künstlerische  Gestaltung;    die  Aus- 
prägung   eines    individuellen    Stils    aber    verleiht   dem    Künstler    historische  Be- 
deutung,   wenn    dieser   von    innen    heraustreibt,    und   nicht    aus    der    einseitigen 
Pflege  besonderer  Darstellungsmittel   erzeugt    wird.      Diese    führt    zur  Manier 
(s.  d),  welche  nur  vorübergehend  interessiren  kann.      Den   Stil  schafft  sich  eine 
allseitig  reich  ausgestattete  Künstlerpersönlichkeit;    in  Manier  zerfällt  das,  nur 
einseitig  begabte  Geschick,  das  nur  in  einer  engbegrenzten  Richtung  erfolgreich 
zu    arbeiten    versteht,    und    nur    so    lange    interessirt,    als    die  besondere  Pflege 
specieller    Ausdrucksmittel    neu    erscheint.      Daher    können    auch   nur    einzelne 
Arbeiten  dieser  Manieristen,  in  denen  die  Manier  besonders  scharf  oder  zuerst 
eclatant  ausgeprägt  erscheint,  auf  Beachtung  Anspruch  machen ;   alle  andern  ver- 
fallen nur  zu  früh  der  Vergessenheit.     Auch  die  bewusste  Nachahmung  eines  be- 
stimmten Stils   erzielt  bei  den  Meistern  andere  Resultate,  als  bei  den  blossen 
Manieristen.      Es    sind    bekanntlich    eine    Reihe    deutscher   Meister   zu    nennen, 
welche  die  verschiedenen  Stilarten  der  Italiener  wie  der  Franzosen  sich  aneig- 
neten,  und  ganz  bewusst  Tonstücke  in  dem  einen   oder  anderen  Stil  schrieben; 
allein  sie   thaten  dies   doch  auch  nur  so,    dass    sie  diesen  wesentlich  anders  ge- 
stalteten.     Die    Opern,    welche    Händel    und    Gluck   und   auch  noch  Mozart  im 
italienischen   Stil  schrieben,    unterscheiden    sich    doch    im    wesentlichen    Punkte 
von  denen  der  Italiener,    obgleich  sie  nach  den  auch  von   diesen  festgehaltenen 
Gesichtspunkten    gearbeitet    sind,    und    welche   Bedeutung    diese    verschiedenen 
Stile  dann  für  die  Weiterentwickelung  des  betreffenden  Meisters  gewinnen,   ist 
an  verschiedenen  Stellen  weitläufig  gezeigt  worden.     Der  blosse  Nachahmer  der 
besondern     charakteristischen     Züge    einer    Stilart    kommt    niemals    über    diese 
hinaus,  er  gelangt  nur  zur  Manier. 


Stockhausen  —  Strauss.  445 

Stockhausen,  Franz  (IX,  458),  starb  in  Colmar  gegen  1868.  Seine  Gattin, 
geborene   »Sclimuck  (IX,  458),  elienfulls  in   Colmar  am   6.  October   1877. 

Stössel,  Niculaus  (IX,  464),  starb  in  Ludwigslust  am   13.  Mai   1839. 

Stoltz,  Jules,  Pianist,  Organist  und  Coraponist,  ist  in  Frankreich  gegen 
1850  geboren  und  war  Schüler  der  Niedermeierschen  Schule  für  Kirchenmusik, 
an  welchem  Institut  er  zur  Zeit  Professor  des  Gesanges  ist.  Als  Orgelspieler 
machte  er  sich  vortheilhaft  bekannt  durch  Orgelconcerte  nach  Art  der  eng- 
lischen »recitals«.  Ausser  Compositionen  für  Orgel  kennt  man  von  ihm  ein 
grosses  Oratorium  T>Pythonisse  cVEndor  ou  Saul  evoquant  Votnhre  de  Samueh 
aufgeführt  im   April   1880. 

Stolz,  Teresina,  ausgezeichnete  dramatische  Sängerin,  geboren  in  Triest 
1840,  trat  zuerst  in  Mailand  auf  und  errang  dann  auch  auf  anderen  grossen 
Bühnen  Italiens  bedeutende  Erfolge,  besonders  als  Aida  in  der  Verdischen 
Oper,  die  sie  in  Mailand,  später  in  Paris  zuerst  sang.  Sie  inaugurirte  auch 
andere  Partien  Yerdischer  Opern  in  Italien  und  in  Paris. 

Stonmon,  Oscar,  belgischer  Componist,  ist  zu  Lüttich  am  20.  August 
1835  geboren,  verliess  das  Studium  der  Rechtswissenschaft  um  das  der  Musik 
zu  betreiben.  Nachdem  er  einen  vollständigen  Cursus  in  der  Composition  durch- 
gemacht hatte,  trat  er  als  dramatischer  Componist  auf.  In  dem  Zeitraum  von 
1860 — 75  wurden  in  Brüssel  und  Lüttich  fünf  komische  Opern,  zum  Theil  in 
einem  Akt,  Worte  und  Musik  von  St.  und  sieben  Ballette  aufgeführt.  St.,  der 
auch  drei  Schauspiele  zur  Aufführung  brachte,  ist  zur  Zeit  Direktor  des  Theaters 
La  Monnaie  in  Brüssel. 

Stradella,  Allessandro  (IX,  467),  wurde  in  der  Zeit  zwischen  dem 
6.  und  16.  Juni  1681  ermordet  und  zwar  zu  Genua,  wohin  er  gereist  war,  um 
zur  Trauung  eines  vornehmen  Paars:  Carlo  Spinola  mit  Paola  Brignole  eine 
Serenata- aufzuführen.  Diese  Trauung  fand  am  6.  Juni  1681  statt.  Die  Serenata 
führte  den  Titel:  »7Z  Barcheggioi,  und  die  auf  der  Bibliothek  zu  Modena  vor- 
handene Partitur  trägt  auf  dem  letzten  Blatt  die  Bemerkung:  »16SJ.  16  giugno, 
Vutima  composizione  del  Sigti.  Stradellaa.  Von  seinen  Compositionen  sollen  noch 
vorhanden  sein:  11  dramatische  Werke;  6  Oratorien;  20  verschiedene  kirch- 
liche Werke;  8  Cantaten;  3  Motetten:  2  Sinfonien.  lieber  Stradella  sind  zwei 
Schriften  herausgegeben,  die  wichtigere  in  italienischer  Sprache:  y>DeUe  Opere 
di  Allessandro  Stradella  esistenti  nelV  Archivio  musicale  della  H.  Bihlioteca  Pala- 
tina  di  Modena  eleuco,  co?i  prefazione  of  e  note  di  Angelo  Catelanid  (Modena, 
Vincenzi,  1866,  in  4*^).  Ausserdem  veröffentlichte  P.  Richard,  Conservator  der 
kaiserl.  Bibliothek  in  Paris,  im  Journal  »Le  Menestrel«,  ziemlich  zu  derselben 
Zeit,  eine  kleine  Studie  über  Stradella. 

Strangs,  Joseph  (X,  7),  der  zweite  Sohn  des  beliebten  Walzercomponisten 
Joh.  Strauss,  wurde  in  Wien  am  20.  August  1827  geboren.  Obwol  für  den 
Beruf  eines  Ingenieurs  bestimmt,  studirte  er  doch  mit  Eifer  Musik  und  erlangte 
besonders  als  Ciavierspieler  bedeutende  Fertigkeit.  Nachdem  er,  während  sein 
Bruder  Joh.  sich  auf  einer  Reise  befand,  dessen  Kapelle  mit  sehr  vielem  Ge- 
schick geleitet  hatte,  wendete  er  sich  ausschliesslich  zur  Musik  und  dirigirte 
zunächst  abwechselnd  mit  seinem  Bruder  Joh.  dessen  Kapelle,  und  leitete,  nach- 
dem dieser  sich  ganz  von  der  Directionsthätigkeit  zurückgezogen  hatte,  sie  in 
Gemeinschaft  mit  dem  jüngsten  Bruder  Eduard.  Er  unternahm  mit  der  Kapelle 
Reisen  nach  Deutschland  und  Russland.  1870,  im  Begriff  die  Direction  der 
Concerte  im  Schweizergarten  in  AVarschau  zu  übernehmen,  erkrankte  er  gleich 
nach  seiner  Ankunft  daselbst  heftig,  und  starb  in  Folge  eines  Gehirnschlages 
nach  einer  beschleunigten  Rückkehr  in  seiner  Vaterstadt  am  22.  Juli  1870. 
Als  Componist  von  Tänzen  hat  er  sich  gleich  seinem  Vater  und  Bruder  viele 
Freunde  erworben.  Seine  Walzer  haben  jedoch  mehr  den  träumerischen  Charakter 
der  Lannerschen   Tänze.      Sein  jüngerer  Bruder: 

Stranss,  Eduard,  geboren  am  15.  März  1835,  bildete  sich  auf  seinen 
Wunsch  für  den  Beruf  des  Musikers    aus,    er   wurde  Schüler  vom  Hof-Kapell- 


446  Streioliinstrumente  —  Stumme  Violine. 

meistei-  Gottfried  Preyer  und  entwickelte  sowol  als  Clavierspieler  wie  als 
Violinist  und  Harfenist  sehr  ansprechendes  Talent.  1861  übernahm  er  die 
Leitung  von  Concerten,  theilte  dann  wie  schon  erwähnt,  die  Direction  der 
Strauss'schen  Kapelle  mit  seinem  Bruder  Joseph  und  behielt  dieselbe  nach 
dem  Tode  desselben  allein  bei.  Die  Kapelle  verstärkte  er  hierauf  bis  auf  fünf- 
zig Mann.  Durch  schwungvolle  Direction  erhält  er  zur  Zeit  den  Ruf  der,  in 
Wien  so  beliebten  Strauss'schen  Concerte  aufrecht,  in  denen  er  ausser  den 
klassischen  Werken,  die  er  in  das  Programm  aufnimmt,  die  Composition  seines 
Vaters,  seiner  Brüder  und  seine  eigenen  zur  Geltung  bringt.  Die  Zahl  der 
Letzteren  beläuft  sich  auf  ungefähr  einhundertundvierzig. 

Streicbinstrumento  (X,  9).  In  dem  Bau  und  der  Einrichtung  einzelner 
Streichinstrumente  sind  in  neuerer  Zeit  wieder  einige  Veränderungen  versucht 
worden.  Für  den  entsprechenderen  Bau  der  Bratsche  (Viola  alta)  hat  Hermann 
Ritter  (s.  d.)  neue  Gesichtspunkte  entwickelt  und  sie  auch  praktisch  durchge- 
führt; mit  dem  Contrabass  aber  hat  das  Mitglied  des  Leipziger  Theater-  und 
Gewandhausorchesters  Carl  Otho  einige  wichtige  Neuerungen  vorgenommen. 
Er  hat  dem  Instrument  zunächst  die  fünfte  tiefere  (7-Saite  zugegeben,  wodurch 
die  Töne: 


gewonnen  werden.  Die  Saite  hat  einen  Durchmesser  von  10  mm.  Ein  circa 
2  mm  starker  Stahldraht  ist  seiner  Länge  nach  mit  Seidenfäden  belegt,  auf 
die  Seidenschicht  ist  dann  ein  einfacher  Eisendraht  gesponnen;  die  Eisendraht- 
schicht ist  dann  wieder  der  Länge  nach  mit  Seidenfäden  belegt,  und  darüber 
ist  nochmals  einfacher  Eisendraht  dicht  gewickelt,  dieser  dann  wieder  mit 
einer  Schicht  Seide  dicht  überlegt  und  als  letzte  Hülle  ist  über  diese  versil- 
berter oder  vernickelter  Kupferdraht  gesponnen.  Der  Contrabass,  dessen  Bau- 
art breiter  und  kräftiger  als  gewöhnlich  ist,  hat  ferner  eine  verstellbare  Stütze, 
durch  welche  er  höher  und  tiefer  gestellt  werden  kann,  erhalten.  Sie  besteht 
aus  einer,  in  einen  Holzkloben  eingelassenen  eisernen  Hülse,  in  welcher  sich 
eine,  mit  einer  Spitze  versehene  eiserne  Stange  befindet,  die  innerhalb  derselben 
leicht  verschiebbar  ist,  und  mit  einer  Schraube  festgehalten  werden  kann,  damit 
beim  Losschrauben  die  Stange  nicht  ihrer  ganzen  Länge  nach  in  die  Hülse 
fahren  kann,  ist  ein  Ansatz  angebracht. 

Streit,  Robert,  Sohn  des,  in  Brunn  lebenden  Regens  chori  Eduard  Streit, 
geboren  den  4.  März  1851,  wurde  in  Folge  seiner  guten  musikalischen  Anlagen 
von  seinem  Vater  für  das  Musikstudium  bestimmt.  Er  genoss  deshalb  im 
Ciavier-  und  Violinspielen  und  auch  in  der  Theorie  einen  gründlichen  Unter- 
richt. In  seinem  18.  Jahre  trat  er  mehrmals  als  Clavierspieler  mit  Erfolg  in 
die  Oeflfentlichkeit  und  wurde  in  Folge  dessen  als  Musiklehrer  bei  dem  Erz- 
herzog Karl  Ferdinand,  wo  er  die  Prinzen  zu  unterrichten  hatte,  eingeführt. 
Er  stellte  einen  sogenannten  Gelenkstützer  zur  Befestigung  des  Handgelenkes 
bei  den  ersten  mechanischen  Studien  zusammen.  Als  guter  Geiger  wurde  er 
im  Jahre  1870  für  die  Violinclassen  der  Brünner  Musikschule  gewonnen,  und 
mit  dem  Rücktritt  des  Lehrers  Carl  Brand  übernahm  er  die  Leitung  des  ganzen 
Violinunterrichtes  der  Anstalt.  Für  den  Violinunterricht  stellte  er  ein  Riem- 
zeug  zur  Regelung  der  Bewegung  des  rechten  Armes  zusammen,  welches  jedoch 
wenig  Anwendung  findet.  Von  seinen  Compositionen;  Ciavier-  und  Violin- 
stücke und  Vocalwerke  ist  bis  jetzt  nur  wenig  gedruckt. 

Strepponi,  Josefina  Guiseppina  (X,  13),  wurde  in  Lodi  (nicht  Monza) 
am  8.   September   1815  geboren;    sie  ist  die   Gattin  des   Componisten  Verdi. 

Stumme  Violine,  eine  Erfindung  der  Gebrüder  Wolff  in  Kreuznach,  durch 
welche  eine  Geige  gewonnen  wird,  die  wenig  klingt  und  deshalb  Andere  nicht 
belästigt,  für  den  Spieler  aber  bei  seinen  Hebungen  die  Geige  vollständig  er- 
setzt.     Die    stumme  Violine    entspricht  in  ihrer  Einrichtung  der  gewöhnlichen 


Suabile  —  Snnger. 


447 


Violine  vollständig,  es  fehlt  ihr  nur  der  hohle  Körper  und  damit  das,  in  ihm 
abgeschlossene  Luftvolumen,  welches  huui»taüchlich  tonverstürkend  wirkt.  Die 
stumme  Violine  besteht  nur  aus  einem  Holzrahmen  von  Mahagoni,  in  Form 
und  Grösse  des  Geigenkörpers  und  ist  mit  Hals,  Saitenhalter,  Griffbrett  und 
Steg  versehen.  In  der  Nähe  des  Saitenhalters,  wo  das  Kinn  aufliegt  und  auch 
am  Halse,  sind  Holzstücke  aufgeleimt,  um  an  diesen  Stellen  genau  die  Form 
und  Grösse  wie  bei  der  Geige  herzustellen,    damit    das    Spiel    ganz    genau    wie 


Stumme  Violine. 

bei  dieser  erfolgt.  Der  Holzrahmen  vibrirt  nur  sehr  wenig  und  die  Saiten 
klingen  deshalb  sehr  abgedämpft,  so  dass  der  Spieler  jeden  Ton  hat,  dass  aber 
sein  Spiel  die  Nachbarschaft  gar  nicht  stört  und  belästigt.  Da  die  Technik 
genau  die,  der  gewöhnlichen  Geige  ist,  so  erfüllt  die  stumme  Violine  vollstän- 
dig den   Zweck  bei   der  Uebung. 

Suabile  ist  ein  achtfüssiges  Flötenregister  von  Holz,  offen  und  von  sehr 
gutem  Ton. 

Suarcialapns,  Ant.  (X,  22),  wol  identisch  mit  Squarcialupus  X,  389. 

Sub-Contrabass,  nennt  der  Erfinder  Cerveny  ein,  von  ihm  1873  construir- 
tes  Metallblasinstrument  mit  starkem  Ton  und  gewaltiger  Tiefe. 

Sub-Contrafagott  in  JB ,  ist  ein  von  Cerveny  1867  erfundenes  Metallin- 
ßtrument,  das  mit  Rohrmundstück  geblasen  wird;  es  steht  eine  Quart  tiefer  als 
sein  Contrafagott.  Die  Klappen  sind  wie  die  Tasten  beim  Ciavier  angeordnet, 
so  dass  sich  die  Bläser  leicht  damit  zurecht  finden.  Das  Instrument  ist  ver- 
möge seines  vollen  und  kräftigen  Tons    eins    der   besten  Metallblasinstrumente. 

Sacco,  Franz  Adolf,  ist  geboren  am  26.  November  1802  zu  Stargardt 
in  Pommern,  als  jüngster  Sohn  des  Superintendenten  und  Pastor  prim.  der 
St.  Marienkirche  daselbst.  Die  Neigung  zur  Musik  zeigte  sich  bei  dem  Knaben 
schon  früh,  aber  erst  nachdem  er  das  Gymnasium  seiner  Vaterstadt  bis  zur 
Prima  durchgemacht  hatte,  gestattete  ihm  der  Vater  sich  seinem  Lieblings- 
studium hinzugeben.  Er  ging  1819  nach  Berlin  und  wurde  hier  Schüler  des 
neugegründeten  königl.  akademischen  Instituts  für  Kirchenmusik.  Unter  Zelter, 
Bernhard  Klein  und  A.  W.  Bach  studirte  er  hier  mehrere  Jahre  die  ernsten 
Formen  der  Kirchenmusik;  bei  Ludwig  Berger  hatte  er  Pianoforteunterricht. 
1826  folgte  er  einem  Rufe  nach  Görlitz  in  Schlesien  als  Organist  an  die  dortige 
Haupt-Pfarrkirche  und  hier  gründete  er  auch  seinen  Hausstand.  Allein  die 
Verhältnisse  seiner  Stellung  konnten  ihm  auf  die  Länge  nicht  genügen  und 
so  ging  er  1840  nach  Berlin  zurück  und  lebte  hier  als  Musiklehrer  bis  1846, 
in  welchem  Jahre  er  als  Organist  und  städtischer  Musikdirektor  nach  Lands- 
berg a.  d.  "W.  ging.  Hier  wirkte  er  mit  bedeutenden  künstlerischen  Erfolgen 
bis  an  seinen  am  20.  Januar  1879  erfolgten  Tod.  1864  war  er  zum  königl. 
Musikdirektor  ernannt  worden.  Von  seinen  Compositionen  ist  nur  wenig  ge- 
druckt. Sein  Sohn  Reinhold  Succo  lebt  als  königl.  Musikdirektor  und 
Lehrer  der  königl.  Hochschule  in  Berlin  und  hat  sich  durch  mehrere  Werke 
im  a  capella-Stil  bekannt  gemacht.  Zwei  Töchter  von  Fi".  Ad.  S.  sind  in 
Landsberg  verheiratet,  zwei  wirken  daselbst  als   Musiklehrerinnen. 

Sangrer,  R.  Leandro,  geboren  zu  Mastorell  in  der  Provinz  Barcelona  in 
Spanien  am  13.  März  1833,  erhielt  schon  als  Knabe  Musikunterricht  von  aus- 
gezeichneten Lehrern,   hauptsächlich   von  Mateo  Ferrer,   unter   dessen  Leitung 


448  Supp^  —  SzczpanowBki. 

er  seine  musikalische  Erziehung  vollendete.  Kaum  neunzehn  Jahr  alt,  erhielt 
er  im  Concurse  den  Platz  des  Kapellmeisters  der  Kirche  Santa  Maria  del  Pino, 
den  er  aber  nach  Jahresfrist  wieder  aufgeben  musste,  da  er  nicht  in  den  Orden 
eintreten  wollte,  wie  es  für  dieses  Amt  Bedingung  ist.  Er  wendete  sich  nun 
mehr  dem  Unterricht  und  der  Composition  zu;  schrieb  Motetten,  Psalmen, 
viele  andere  geistliche  Musikstücke  und  ein  fugirtes  Te  Deum  für  zwei  Chöre. 
Sehr  viel  Erfolg  erzielte  S.  auch  mit  einigen  Zarzuelas,  die  in  Barcelona  und 
in  Madrid  zur  Aufführung  gelangten,  z.  B.  -^Tios  de  sus  sohrinosa  (die  ünkel 
ihrer  Neffen) ;  t>Las  Mu<jeres  del  svjloa.  (die  Frauen  des  Jahrhunderts)  und 
i>Politicomania<i.  Das  von  S.  in  Barcelona  gegründete  Conservatorium,  welches 
einen  glänzenden  Aufschwung  zu  nehmen  schien,  ging  nach  seiner  Berufung 
als  Professor  an  das  Conservatorium  in  Madrid  wieder  ein. 

Suppe,  Franz  von  (X,  31),  wurde  am  18.  April  1823  (nicht  1820)  geboren. 

Suremont,  Pierre  Jean,  belgischer  Componist,  wurde  in  Antwerpen  1762 
geboren  und  widmete  sich  nach  beendeten  Studien  der  Composition  und  dem 
Unterricht.  1804  wurde  von  ihm  eine  y>Missa funer ale<i,  bei  den  Beerdigungsfeier- 
lichkeiten seines  Freundes  Pauwels  aufgeführt,  welcher  in  den  nächsten  Jahren 
vier  andex'e  Messen  folgten.  1816  erhielt  er  zugleich  mit  Yerheyen  den  ersten 
Preis  von  der  königl.  Akademie  der  Künste  in  Gent,  ausgesetzt  für  eine  Cantate 
über  die  Schlacht  von  Waterloo.  Auch  eine  andere  Cantate  »Z>e  Toonkunst<i. 
wurde  von  der  Niederländischen  Gesellschaft  mit  dem  ersten  Preise  gekrönt. 
1824  gelangte  in  Antwerpen  eine  dreiaktige  komische  Oper  i>Les  trois  Cousines, 
zur  Aufführung.  Ausserdem  sind  noch  zu  nennen:  nlnvocation  ä  Ja  paia:«,  Chor 
für  Frauenstimmen;  -nNederlandsch  Zegepraala,  Cantate;  eine  Sinfonie  für  Har- 
moniemusik u.  a.  Ferner  die  Schrift:  nOpiiscule  apologetique  sur  les  merites 
des  celebres  musiciens  beiges  aux  quatorzieme,  quinzieme  et  seizieme  siecles«.  (Anvers, 
Schoesetters,  1828),  welche  indessen  keine  günstige  Beurtheilung  erfuhr.  S. 
starb  in  Antwerpen  am  8.   März  1831. 

Sylvestre,  Frangois  Xavier,  geboren  zu  Lacoste  (Vaucluse)  gegen  1793, 
starb  in  Aix  (Bouches-du  ßhone)  am  27.  Juli  1856.  1829  wurde  ihm  in  dieser 
Stadt  die  Direction  der  Gesangschule  an  der  Metropolitankirche  übertragen 
und  diese  Function  als  Kapellmeiser  der  Kirche  übte  er  bis  zu  seinem  Tode 
aus.  Er  schrieb  zahlreiche  kirchliche  Tonstücke,  die  ihn  in  der  Provence  vor- 
theilhaft  bekannt  machten. 

Szamotnlski,  Wenceslaus  (latinisirt  Venceslaus  Samotuliensis),  berühmter 
Musiker  Polens  des  16.  Jahrhunderts,  wurde  in  Szamotuly  geboren  und  machte 
seine  wissenschaftlichen  Studien  auf  dem  Collegium  Lukzanki  in  Posen,  später 
in  Krakau,  wo  er  an  der  Universität  daselbst  den  Doctor  phil.  erwarb.  Nach- 
dem er  bei  J.  Chodkiewicz  Hatman  von  Littauen  Secretär  gewesen,  widmete 
er  sich  ausschliesslich  der  Literatur,  Musik  und  Mathematik.  Später  wurde 
er  zum  Musikdirektor  des  Königs  von  Polen  Sigismund  August  ernannt.  Seine 
schönen  Compositionen  erweckten  die  ganze  Bewunderung  seiner  Landsleute. 
Er  setzte  die  Klagelieder  Jeremiae  in  Musik  und  schrieb  zahlreiche  religiöse 
Gesänge.  Alle  im  16.  Jahrhundert  in  Polen  erschienenen  Sammlungen  enthalten 
dergleichen,  meistens  mit  den  Initialen  V.  S.  versehen.  Von  seinen  Compo- 
sitionen sind  zu  nennen:  r>Alleluia<i  (Krakau,  Andrysoric);  -aChriste  qui  lux  es 
et  dies«,  Motette  für  vier  Stimmen  über  polnische  Worte  (ebenda) ;  Gesang  von 
Andreas  Trzycyeski  y>Ach  noy  niehieski  panie«,  für  vier  Stimmen  (ebenda); 
r>Inclina  Domine,  aurem  tuama,  85.  Psalm,  über  polnische  Worte;  »Beatus  vir 
qui  non  ahiit  in  concilio  impiorum«,  vierstimmige  Motette,  über  polnische  Worte; 
■»Domine  quis  halitahit  in  tabernaculo  iuoa,  Psalm  14,  für  vier  Stimmen,  über 
polnische  Werte  (ebenda);  Abendgebet  für  vier  Stimmen  (ebenda).  S.  starb 
im  Alter  von  einigen  vierzig  Jahren. 

Szczpanowski,  Stanislaus,  einer  der  bedeutendsten  Virtuosen  dieses  Jahr- 
hunderts auf  der  Guitarre,  wurde  1814  in  der  Woiwodschaft  Krakau  geboren. 
In   Edinburg,    wohin   er   in    seiner    Jugend    kam,    begann    er  das  Studium  der 


Szczurowski  —  Szcmelc-nyi.  449 

Guitarre  bei  Horecki,  der  sich  damals  dort  aufhielt.  In  Paris  nahm  er  noch 
bei  Sor  auch  in  der  Composition  Unterricht.  Hierauf  ki'hrte  er  nach  Edinburg 
zurück  und  gab  mit  sensatinonellcm  Erfolge  sein  erstes  Concert.  Auf  den 
Reisen,  die  er  seitdem  durch  alle  Theile  Europas  machte,  erregte  er  ein 
gleiches  Aufsehen,  und  erhielt  mancherlei  Auszeichnungen.  1852  bei  seinem 
zweiten  Besuch  in  Deutschland,  erschien  sein  Porträt  und  eine  Lebensbeschrei- 
bung in  der  »Illustrirten  Zeitung«.  Er  spielte  auch  gut  das  Violoncell,  auf 
dem  er  sich  auch  hören  liess;  Compositionen  schrieb  er  jedoch  nur  für  die 
Guitarre,   deren   einige   bei  Cocks   in  London   erschienen   sind. 

Szczurowski,  Joh.  Nepomuk,  einer  der  ausgezeichnetsten  Sänger,  welche 
Polen  hervorgebracht  hat,  ist  1771  in  Pinezow  im  Krakauischen  geboren. 
Nachdem  er  in  seiner  Vaterstadt  Gesangstudien  gemacht  hatte,  debütirte  er  aa 
der  Krakauer  Oper  bereits  1787.  Nach  einem  mehrjährigen  Aufenthalt  in 
Dubno  und  Lublin  trat  er  dann  1793  in  »Frascatana«  von  Puisiello  in  War- 
schau auf,  seitdem  war  er  mehrere  Jahre  hindurch  eine  Zierde  der  dor- 
tigen Oper,  der  er  nach  einer  neuen  Reise  nach  Dubno,  Tulczyn,  Kunienioc, 
Podolski  dauernd  angehörte.  S.  besass  eine  trefflich  geschulte  ausgezeichnete 
sonore  Bassstimme,  und  beherrschte  ein  sehr  umfängliches  Repertoir  italienischer, 
deutscher,  französischer  und  polnischer  Opern.  Die  Gunst  des  Publicums,  welche 
er  gleich  anfangs  errang,  blieb  ihm  während  der  ganzen  Dauer  seiner  Bühnen- 
thätigkeit  erhalten  und  der  beliebte  Sänger  sah  sich  bei  seinem  fünfzigjährigen 
Sängerjubiläum  am  Theater  in  Warschau  aufs  ehrenvollste  gefeiert.  Noch  1845 
im  Alter  von  vierundsiebzig  Jahren  saug  er  bei  einer  Festlichkeit  in  einem 
Concert.     Er  starb  wenige   Jahre  später. 

Szenielenyi,  Em  est,  geboren  im  Jahre  1823  bei  St.  Gotthard  in  Ungarn, 
wurde  von  seinen  sehr  musikalischen  Eltern  für  den  Civil-  und  ^Militär- Staats- 
dienst erzogen  und  hatte  in  Erwartung  einer  Anstellung  im  öflFentlichen  Dienst, 
sich  für  eine  Zeit  an  dem,  in  deutscher  und  magyarischer  Sprache  erscheinenden 
Journal  Honderü  betheiligt,  als  im  Jahre  1848  der  Krieg  zwischen  Oesterreich 
und  Ungarn  ausbrach,  an  welchem  er  sich  auf  ungarischer  Seite  thätigst  be- 
theiligte und  mit  so  vielen  Andern  im  Herbst  1849  über  Bremen  nach  Holland 
und  Amerika  fliehen  musste.  Da  die  Dringlichkeit  der  Umstände  eine  lange 
Wahl  nicht  gestattete,  so  ging  er  auf  das  erste  beste  Schiff,  welches  nach 
Baltimore  segelte.  Er  hatte  im  väterlichen  Hause  von  wenig  bekannten,  aber 
tüchtigen  Lehrern  Unterricht  erhalten,  später  durch  Bekanntschaft  mit  Fischhof, 
Carl  Czeruy,  Kessler  (in  Lemberg)  und  Ignatz  Ritter  von  Seyfried,  auch  Kapell- 
meister Drexler  seine  Kenntnisse  im  musikalischen  Felde  erweitert,  wozu  die 
Sonntagsmusiken  im  Vaterhause  —  sein  Vater  war  Schüler  von  Spangler  und 
Salieri,  die  Mutter  von  Abbe  Gelinek  und  Hummel  —  nicht  wenig  beitrugen. 
Die  Esterhazysche  Kapelle  und  die  Concerte  in  Wien  blieben  auch  nicht 
ohne  Einfluss,  In  Amerika  angekommen,  wurde  sofort  Musik  als  Beruf  er- 
fasst  und  beharrliche  technische  Studien,  sowie  eine  hing  -beude  enthusiastische 
Vertiefung  in  die  Werke  der  grossen  Meister  auch  der  Neuzeit,  stellten  ihn 
in  Kürze  in  die  Reihe  der  Musiker  von  Bedeutung.  Er  war  jedenfalls  in 
Amerika  in  den  Jahren  1854  und  auch  noch  später  der  Erste  und  Einzige, 
der  die  grossen  Sonaten  von  Beethoven  wie  Op.  24,  oder  die  Kreutzer-Sonate, 
oder  die  Trios  Op.  11,  Op.  1  in  G,  Op.  70  in  I^s  und  Op.  97  in  B  öfl'entlich 
auswendig  vortrug.  Als  Lehrer  wirkte  er  in  Baltimore  höchst  anregend,  indem 
er  seine  Schülerinnen  in  bedeutender  Anzahl  zum  Vortrage  von  Kammermusik 
(Trios,  Quartetten,  Quintetten)  und  grossen  Concertstücken  mit  Orchester  an- 
leitete; sein  Unterricht  wird  als  sehr  gewissenhaft  und  namentlich  in  Bezug 
auf  Klarheit  und  fassliche  Darstellung  der  Harmonielehre  gerühmt.  Als  Com- 
ponist  hat  er  noch  wenig  veröfl'entlicht,  es  sind  Werke  für  Pianoforte  und 
für   Gesang. 


Musikal.  ConTeri.-LexikoB.    Ergänzungsband.  29 


4g0  Tabel  —  Tactuhr. 


T. 

Tabel)  ein  geschickter  Meister  im  Ciavierbau,  eignete  sich  seine  Kunst- 
fertigkeit bei  den  Nachfolgern  der  Ruckers  in  Antwerpen  an,  und  wirkte  darauf 
in  den  Jahren  1680  bis  über  1720  hinaus  in  London,  wo  er  als  der  erste 
bedeutende  englische  Ciavierbauer  zu  grossem  Ruf  gelangte.  Er  starb  um  das 
Jahr  1732.  Aus  seiner  Werkstatt  gingen  Tschudi  (s.  d.)  und  Kerkmann  (s.  d.) 
hervor.  Der  letztere  heiratete  die  AVitwe  Tabel  und  setzte  das  Geschäft,  das 
in  grösserer  Ausdehnung  heute  noch  besteht,  fort. 

Taborinum,  Tahorum,  Taburcinum,  Taburium,  waren  im  Mittelalter  (bes.  im 
10 — 14.  Jahrhundert  gebrauchte)  kleine  flache  Trommeln,  welche  die  Spielleute, 
mit  einem  Bande  um  den  Hals  gehängt,  vor  der  Brust  trugen  und  mit  zwei 
Schlägeln  bearbeiteten.  Einige  Abbildungen  versinnlichen  diese  jetzt  ganz  un- 
gewöhnliche Behandlungsart;  die  eine  stellt  einen  von  den  Spielleuten  des  Mark- 
grafen Friedrich  von  Brandenburg  mit  dem  Tamborinum  dar;  das  Original 
des  Bildes  befindet  sich  in  der  Manesseschen  Handschrift  (Anfang  des  14.  Jahrh.) 
und  ist  zuerst  mitgetheilt  vom  Professor  v.  d.  Hagen  in  seiner  Abhandlung  in 
der  Berliner  Akademie   1844,  Taf.  III. 

Taborelles,  kleine  Pauken,  die  im  Mittelalter  im  Abendland  genannt  werden 
und  vermuthlich,  weil  das  Wort  an  den  arabischen  Namen  Tabl  (Kesselpauke) 
erinnert,  auch  diesen  von  den  Mauren  herübergekommenen  kesseiförmigen  Schlag- 
instrumenten in  der  Form  nachgebildet  waren,  also  »Päukleina,  nicht  aber  von 
Cestalt  des  Tambourins,  sondern  halbkugelförmig. 

Tacchinardi,  Nicolas  (X,  72),  sein  Geburtstag  ist  der  3.  Sept.  1772  und 
sein  Todestag  der  14.  März   1859. 

Tactuhr,  ein  von  Carl  Gley  in  Berlin  erfundener  Apparat,  durch  den  man 
in  den  Stand  gesetzt  wird,    die   richtige  Ausführung    einer  jeden    Tacttheilung 
und  ferner  in  jedem  Tempo  auf  das  Genaueste  zu  messen.     Die  Tacttheilungen 
werden  durch  geometrische  Figuren  und  durch  einen,    dieselben  durchlaufenden 
Zeiger  dem  Auge,   und  durch  Glockenschläge  dem   Ohr  gleichzeitig  bemerkbar 
gemacht.    Die  Tactuhr  hat  an  ihrer  Aussenseite  ein  Zeigerblatt  von  schwarzem 
Schiefer,    an  dessen  Peripherie  die  5   Notenlinien    angebracht  sind.     Die  ganze 
Tafel  (genannt  »Tacttabelle«),  ist  durch  Radien  in  drei  gleiche  Theile  getheilt, 
und  es  ist  angenommen,  jeder  dieser  Theile  sei  ein  ganzer  Tact  (3  ganze  Tacte 
sind  deshalb  bezeichnet,  weil  darin  alle  gebräuchlichen  Tactarten  aufgehen.     Aus 
drei  */^  Tacten  lassen  sich  bilden:  sechs  '^/^,  vier  ^/^  oder  ^/g,  oder  acht  ^/g  Tacte). 
Jeder  dieser  Tacte  ist  nach  Art  eines  Gradmessers  durch  immer  kürzer  werdende 
Striche  nach  Innen  in   Ya»   Vi»   Vs»  Vie  ^^^  V32  getheilt,    während  die   ^j^,  Ys 
und  ^/jß  Triolen  in  eben  der  Weise  ausserhalb  der  Notenlinie  angebracht  sind. 
Jeder  dieser  Grade  ist   durchlocht.      Ausserdem    befinden    sich   nach    der  Mitte 
der  Tabelle  zu,  in  jedem  Tacte  noch  8  Löcher,  welche  bestimmt  sind,  den  Tact 
(Y4  oder   Ys)   ^^^^  -A-rt  des  gewöhnlichen  Metronoms  anzugeben.     Ein  wesent- 
licher Yortheil  der  Tactuhr  besteht  darin,  dass  durch  die  letztgenannten  Löcher 
der  gute  Tacttheil  »marcato«  angegeben  werden  kann,  und  somit  der  monotone 
Schlag  des  gewöhnlichen  Metronoms  fortfällt.    Die  äusseren  Lochreihen  dienen 
dazu,    jede    Tacttheilung,    die    sich    aus   7i   ^is  732»   V*  ^^^   Vie  Triolen  bilden 
lässt,  durch  Glockenschläge  auf  das  genaueste  zur  Darstellung  zu  bringen.    Man 
nehme  einen  von  den,  dem  Apparat  beigegebenen  Stiften   (der  Knopf  desselben 
stellt  gewissermaassen  die  Note  vor),  stecke  ihn  durch  ein  beliebiges  Loch,  setze 
das    Uhrwerk   durch    nach    Linksschieben    des    unten    befindlichen  Hebels  (nach 
rechts    geschoben    steht    das   Uhrwerk    still)    in    Bewegung,    so    wird   jedesmal, 
wenn    der    aussen    rotirende    Zeiger   einen    Knopf  (Note)   passirt,    ein  Glocken- 
schlag erfolgen.      Daraus    geht  hervor,    dass  man  jede  gewünschte   Tacttheilung 
durch  Yersetzen   der   Stifte   und   dadurch   bewirkten   Glockenschlag   dem   Ohre, 


Tadolini  —  TatjUoni. 


451 


und  durch  den,  die  Tacttabelle  durchlaufenden  Zeiger  zu  gleicher  Zeit  auch 
dem  Auge  vermitteln  kann.  Der  Apparat  wird,  wie  jede  Ihr,  hinten  aufge- 
zogen. Die  Laufgeschwindigkc'it  ist  dieselbe,  wie  bei  dem  Metronom,  und  durch 
einen,  hinten   angebrachten,  verstellbaren  Windfang  auf  das  genaueste  zu  regu- 


liren.  Man  achte  beim  Gebrauch  der  Stifte  auf  die  Länge  und  Farbe  der- 
selben; die  längsten  (weiss)  sind  stets  für  die  Aussen-,  die  kürzeren  (gelb) 
für  die  Mittel-   und  die  schwarzen  für  die  Innen-Reihe  anzuwenden. 

Tadolini,  Giov.  (X,  72),  starb  am  29.  November  1872. 

Taglioni,  Ferdinando,  Componist,  Musikschriftsteller  und  Gesanglehrer, 
wurde  in  Neapel  am  14.  SL'ptember  1810  als  der  Sohn  des  berühmten  Choreo- 
graphen T.  geboren.  Musik  und  Clavierstudien  begann  er  schon  zeitig  und 
setzte  dieselben  in  Lucca,  wohin  er  zum  Zwecke  schulwisscnschaftlicher  Studien 
ging,  unter  Leitung  von  Massimiliano  und  Domenic.  Quilici  fort.  Nach  seiner 
Rückkehr  nach  Neapel  wurden  noch  Raimondi  und  (üraf  (lallemberg  seine 
Lehrer.      Als    Componist    betrat    er    zuerst    das    dramatische    Gebiet    mit   zwei 

29* 


452  Talexy  —  Tanz. 

Opern,  die  günstige  Aufnahme  fanden:  »7  Gualderano<i  (1838)  und  »J  due 
Marifm  (1839).  1842  zum  Kapelldirektor  der  S.  Casa  di  Lanciano  ernannt, 
schrieb  er  zahlreiche  Kirchenstücke  a  capella  und  mit  grossem  Orchester, 
darunter  eine  Miserere,  ein  Te  Deum  und  das  Oratorium  »Maria«.  Von  1849 
bis  1852  befand  er  sich  in  Neapel  als  »maestro  concertatorea  am  Theater  San 
Carlo.  "Wegen  politischer  Verurtheilung  musste  er  um  diese  Zeit  Neapel  ver- 
lassen, durfte  jedoch  später  zurückkehren,  und  übte  nun  nicht  allein  eine  aus- 
gebreitete Thätigkeit  als  Gesanglehrer,  sondern  führte  auch,  der  erste  in  Italien, 
historische  Concerte  ein.  1865  errichtete  er  in  Neapel  die  erste  Chorgesang- 
schule. Unter  den,  von  ihm  veröffentlichten  Compositionen  befindet  sich  auch 
eine  Sammlung  von  Uebungen  und  Melodien  für  den  Chorgesang.  Die  E,eihe 
seiner  schriftstellerischen  Arbeiten  ist  grösser.  Es  gehören  zu  diesen:  y>Progetto 
di  riforme  musicali  didattiche,  chiesastiche,  teatralw  (1861);  y>Discorso  inaugurale 
della  Societä  del  Quarfetto«  (1862);  y>Proposta  di  un  regolamento  per  Vinsegnamento 
ohhligatorio  della  musica  nelle  scuole  primarie  e  normalin  (1865);  ^Discorso  iri' 
augurale  del  1^  TCongresso  musicale  italianoa  (1865);  ».La  Questione  del  collegio  di 
musieau.  (1866);  »Osservazioni  intorno  alla  relazione  della  commissionne  dHnchiesta 
per  le  scuole  di  musica  nel  R.  Älbergo  de'  Poverii  (1867);  y>Lezioni  popolari  di 
lettura  musicale  dettale  per  Vi7isegnamento  simultaneon  (1868);  r>VOrganico  del 
collegio  di  musica  osservazioni  e  pensieria  (1869);  »Metodo  razionale  per  Vinseg- 
namento del  canto  corale  nelle  scuole  infantili  e  popolariv.  (1871);  -o Manuale  per 
Vinsegnamento  pratico  c?e'  canti  per  udizione«  (1870);  »Manuale  di  rudimenti 
elementari  per  Vinsegnamento  teorico  del  canto  corale  nelle  scuole  popolari«  (1870)', 
y>Disegno  di  un  corso  di  estetica  musicale«  (1873). 

Talexy,  Adrien,  Pianist  und  Componist,  in  Frankreich  gegen  1820  ge- 
boren, war  als  Lehrer  thätig  und  veröffentlichte  eine  grosse  Anzahl  Clavier- 
compositionen,  vielleicht  einhundertundfünfzig,  die  durch  ihre  leichte  Grazie 
ein  Publicum  gewannen.  Er  schrieb  auch  eine  y>Met]wde  elementaire  et  progres- 
sive de  piano«  (Paris ,  Colombier)  und  » Vingt  Etudes  expressives« ,  Op.  80 
(ebenda).  T.,  der  auch  kurze  Zeit  Direktor  eines  Theaters  in  London  ge- 
wesen, componirte  in  den  letzten  Jahren  auch  eine  Anzahl  Operetten,  die  in 
Paris  zur  Aufführung  gelangten. 

Tämerlin  (X,  90)  oder  Tamerlin,  bezeichnete  im  Mittelalter  nicht  eigent- 
lich die  Trommel,  sondern  die  Verbindung  von  Trommel  und  Pfeife  in  den 
Händen  eines  Spielers.  Dieser  schlug  mit  der  rechten  Hand  die  Trommel 
und  dabei  blies  er  eine  Art,  mit  zwei  oder  drei  Tonlöchern  versehene  Lang- 
flöte, welche  er  mit  der  linken  Hand  hielt.  Zahlreiche  Bilder  aus  jener  Zeit 
bezeugen  es,  dass  diese  Zusammenstellung  der  beiden  Instrumente,  namentlich 
beim  Tanz  sehr  beliebt  war.  Auch  bei  den  Begleitern  der  Minnesänger  finden 
wir  sie  und  der  Triumphzug  Maximilians  I.  enthält  ebenfalls  noch  ein  »Tamer- 
lin« (Abb.  79,  s.  ßeissmann:  Illustrirte  Geschichte  der  deutschen  Musik,  p.  229, 
auch  153  u.  s.  w.).  Nur  diese  Vereinigung  von  Pfeifer  und  Trommler  in 
einer  Person  nannte  man  Tamerlin;  waren  beide  geschieden,  wie  in  der  Regel 
beim  Kriegsvolk,  dann  bearbeitete  der  Trommler  sein  Instrument  mit  zwei 
Trommelschlägeln,  dafür  aber  galt  die  erwähnte  Bezeichnung  nicht  mehr; 
Trommel  und  Pfeife  waren  beim  Tamerlin  immer  durch  einen  Spieler  vertreten. 

Tanz  (X,  93).  Als  Musikform  hat  der  Tanz  eine  ganz  ausserordentliche 
Bedeutung,  sowol  an  sich,  wie  auch  in  seiner  Einwirkung  auf  die  übrigen 
Instrumentalformen  gewonnen.  Ganz  besonders  unter  seinem  Einfluss  ent- 
wickelte sich  die  instrumentale  Rhythmik,  die  ein  Haupterforderniss  des  in- 
strumental dargestellten  Kunstwerks  ist.  Auch  die  metrische  Anordnung  der 
Sprache  dürfte  zunächst  durch  den  Tanz  bedingt  und  hervorgerufen  sein,  aber 
ihre  weitere  Entwickelung  erfolgte  dann  nach  wesentlich  andern  Gesichtspunkten. 
Für  die  Bildung  von  Tonformen  wurde  das,  im  Tanz  lebendig  sich  wirksam 
zeigende  rhythmische  Princip  viel  unmittelbarer  schaffend  bedeutsam,  als  bei 
der   weitern    Entwickelung   der   Sprachmetrik.      Diese   folgt   nur   in    ihren   An- 


Tanz.  453 

fangen    dem    gleichen    ordnend    schöpferischen    Zuge,    der   sich    im    Tanz   kund 
thut,  während  die  begleitende  Musik  auch  bei  der  weitern  Anordnung  sich   der 
engen    äussern   Tunzbewegung   anschliesst.      Uanz    in   derselben   Weise,    wie  die 
verschiedenen    Tänze    aus   der    niannichfaltigen   Zusammensetzung   der,    aus    be- 
stimmten,   zum   Pas    zusammengefügten    Tanzschritten    gebildet    wurden,    fügte 
sich  auch   die  begleitende  Musik  zusammen.     Es  genügt  zur  Regelung  der  Tanz- 
bewegung und  zu  ihrer  gleichraässigen  Fortdauer,   dass  nur  einfach  der  ursprüng- 
liche llhythmus    ununterbrochen    markirt    wird,    und  daher  ist  es  möglich,    mit 
einfachen  Trommelschlägen  die  Tanzbewegung  zu   ordnen.     Allein  auch   hierbei 
schon  macht  sich  das  früh  hervortretende  Bestreben,  die  ursprünglichen   Tanz- 
pas'   mannichfaltiger   zusammen    zu    setzen,    geltend,    es    werden   auch  selbst  die 
Trommelrhythmen  in  vielfältigster  "Weise  zusammengestellt.     Die  hinzutretende 
Melodie  aber  und  die  Harmonie    dienen    der  äussern  Bewegung  des  Tanzes 
schon  nicht  mehr  unmittelbar,    diese    kann    ihrer   im    Grunde  ganz  entbehren; 
sie  wirkt  zunächst  erfrischend  und  belebend,    erhöht   die    Freude  und  Lust  am 
Tanz  uud  gewinnt  so  auch  Einfluss  auf  die  Bewegung,    aber   nicht   direkt   auf 
die  bestimmte  des  betreffenden  Tanzes,  wie  der  llhythmus  der  ganz  genau  der 
äussern  Bewegung  angepasst  ist.     Durch  die  rhythmische  Anordnung  und  Ver- 
knüpfung  des    ursprünglichen    einfachen    rhythmischen  Tanzmotivs  zu  grössern, 
rhythmischen  Formen    wie    in   dem  Hinzutritt  der  Melodie  und  des  Rhythmus, 
wird  die   Tanzform  zu  einer  Kunstform,  in  welcher  sich  ein  bestimmter  Inhalt 
offenbart.      So    lange    die    Tanzmusik   nur   die  Bewegung  der  Beine  regelt,    ist 
sie  ohne  künstlerischen  Werth,  erst  wenn  sie  auch  der   Stimmung  der  Tanzen- 
den   Ausdruck   glebt,    gewinnt   sie   künstlerische    Bedeutung.      Früh    kam    man 
dazu,  einen  besondern   Theil  des   Tanzes,  das  sogenannte  Trio,    dem  Ausdruck 
für    die    weichere    Stimmung    der   Tanzenden    zuzuweisen ;    während    die    ersten 
beiden  Theile  ausschliesslicher  der  Bewegung  dienen,    oder    dem  Ausdruck    der 
freudigen  Gefühle,    durch  welche  sie  hervorgerufen  ward,    spricht  sich  im  soge- 
naunten   Trio   mehr  die  innigere  Empfindung  der  Tanzenden  aus,    ohne  selbst- 
verständlich   die    Tanzbewegung   aufzugeben.       Von    hieraus    nun    erfolgte  dann 
die  weitere   Pflege    der    Tanzmusik   in   künstlerischer  Weise,    der    Tanz 
wird  Kunstform  und  damit  zugleich  beginnt  auch  sein  Einfluss  auf  die  Ent- 
wickelung    der    Instrumentalmusik.      Dieser   fehlt   das    formelle  Band,    das    der 
Vocalmusik  im  Text  gegeben  ist;  sie  lehnte  sich  deshalb  an  den  Tanz  an,  und 
adoptirte  von  diesem  die  rhythmische  Gliederung  und  Anordnung  des  gesammten 
Materials.      Die    Meister    des    Lautenspiels    und    dann    des    Orgel-  und  Clavier- 
spiels    im    16.   Jahrhundert    schon   versuchten,    ein   jeder    nach    seiner   Art,    die 
verschiedenartigste    Darstellung    der   Allemande,    Sarabande,    Gavotte,    Bourre 
u.  s.  w.  unter  treuestem  Festhalten    des    ursprünglichen  rhythmischen  Schemas, 
wie  es  durch  die   Tanzbewegung  bedingt  ist;   und  auch  die  Meister  der  folgen- 
den   Jahrhunderte    bis    auf    Job.    Seb.    Bach    beobachten    dies    selbst    in    ihren 
Orchestertänzen    mit   äusserster  Strenge    und  Gewissenhaftigkeit,    aber   sie    ent- 
hüllen darin  zugleich  auch  einen  immer  neuen,  anmuthend  veränderten  Inhalt; 
ganz  in  derselben  Weise  wie   in  unserm   Jahrhundert  Schubert  und  Chopin 
dem  Walzer  und  der  Polonaise  und  selbst  Strauss,  Lanner,  Labitzky  u.  a. 
dem  Walzer    neuen  Inhalt   zu    geben  vermochten.      Namentlich  durch   Schubert 
und    Chopin    sind    diese    Tänze    zur    höchsten    Kunstform    ausgebildet    worden, 
ohne   dass    sie    ihrer   ursprünglichsten  Bestimmung    ganz  entrückt  wurden.     Es 
sind  im   Grunde  keine  Tänze  mehr,    sondern    Kundgebungen    innerer   Zustände 
in   Tanzform. 

Von  entscheidender  Bedeutung  für  die  Entwickelung  der  Instrumental- 
musik wurde  dann  die  Zusammenstellung  der  Tanzformen  zur  Suite,  die  im 
17.  Jahrhundert  bereits  erfolgte.  Hierbei  machte  sich  die  Wirkung  durch  den 
Contrast  geltend,  auf  welchem  hauptsächlich  der  Erfolg  der  Instrumentalmusik 
beruht.  Diese  Zusammenstellung  schon  erfolgte  nicht  willkürlich,  sondern  man 
beobachtete  dabei  die  Wirkung  der  einzelnen  Tänze,    um    diese  durch  die  An- 


454  Tarisio  —  Technik. 

ordnuDg  nicht  zu  stören,  sondern  im  Gegentheil  zu  erhöhen,  und  das  führte 
dann  auf  jene  zusammengesetzten  Instrumentalformen,  Sonate  und  Sinfonie, 
welche  den  Gipfelpunkt  der  ganzen  instrumentalen  Entwickelung  bilden.  Auch 
für  den  Allegrosutz  und  das  Adagio  der  neuen  Formen  blieb  der  Tanz  nicht 
einflusslos,  obgleich  beide  ursprünglich  mehr  durch  die  vocalen  Formen: 
die  Motette  und  das  Lied  hervorgerufen  wurden.  Das  Allegro  in  seiner  ur- 
sprünglichen Gestalt,  wie  es  seit  Gabrieli  bis  auf  Scarlatti  und  selbst  Bach 
ausgebildet  wurde,  ist  direkt  aus  der  Motette  hervorgegangen,  aber  erst  nach- 
dem es  nach  dem  Princip  der  Wirkung  durch  Entgegensetzung,  wie  es  in  der 
Suite  sich  geltend  erweist,  organisirt  wurde,  konnte  es  zum  ganz  entsprechen- 
den Sonaten-  und  Sinfoniesatz  werden  und  das  gilt  zum  Theil  auch  von  dem 
Adagio,  das  aus  dem  Liede  oder  dem  Hymnus  instrumental  entwickelt  ist. 
Werden  auch  hier  die  Gegensätze  nicht  so  entscheidend  wirksam,  so  müssen 
sie  dennoch,  wegen  der  grössern  Ausdehnung  welche  die  Form  gewinnt,  schärfer 
hervortreten  als  beim  Liede.  Von  entscheidendster  Bedeutung  aber  wurde  der 
Tanz  für  die  andern  Sätze  in  der  Sinfonie  und  Sonate.  Als  dritten  Satz  nahm 
bekanntlich  Haydn  die  Menuett  ganz  direkt  herüber  und  auch  auf  sein  Finale 
wurde  die  Tanzform  ganz  entschieden  einflussreich.  Wie  Mozart  hier  dann 
weiter  bildend  verfährt  und  wie  Beethoven  die  Menuett  zum  Scherzo  er- 
weitert und  das  Finale  grossartig  ausbildet,  ist  an  den  betrefi"enden  Orten  ein- 
gehend nachgewiesen  worden.  Das  ist  die  hohe  Bedeutung  des  Tanzes  als 
Kunstform.  '  Ueberall  wo  es  gilt,  die  natürlichste,  ursprünglichste  Poesie  des 
gemeinsamen  Lebens  zum  Ausdruck  zu  bringen,  wird  der  Tanz  sich  immer  als 
die  bequemste  Form  desselben  erweisen.  Am  realen  Leben  erzeugt,  muss  er 
schon  als  unmittelbarste  Kundgebung  desselben  gelten  und  wer  ihn  dann  mit 
den  entsprechenden  rhythmischen,  melodischen  und  harmonischen  Darstellungs- 
mitteln auszustatten  versteht,  ofi"enbart  in  ihm  ein  köstliches  Stück  warmpul- 
sirenden  Volkslebens,  wie  das  die  erwähnten  Meister  in  anziehendster  und  hin- 
reissendster  Weise  gethan  haben. 

Tarisio,  Luigi  (X,  109),  wurde  in  Fontanetto  bei  Mailand  geboren. 

Taskln,  Pascal  (X,  114),  ist  1723  (und  nicht  1730)  und  in  Theux  in 
der  Provinz  Lüttich  geboren. 

Tandon,  Antoine  Barthelemy,  Violinist  und  Compouist,  wurde  in  Per- 
pignan  am  24.  August  1846  als  Sohn  eines  Lehrers  geboren.  Wegen  seiner  her- 
vortretenden musikalischen  Anlagen  brachten  ihn  die  Eltern  früh  nach  Paris, 
wo  er  ins  Conservatorium  eintrat.  Er  studirte  dort  unter  Massart,  Savard 
Reber  und  hatte  bis  zum  zweiundzwanzigsten  Jahre  alle  Preise,  die  auf  dieser 
Schule  zu  erwerben  sind,  erhalten,  mit  Ausnahme  des  grossen  Bömerpreises, 
den  er  1869  bei  seiner  ersten  Mitbewerbung  darum  auch  erhielt.  Wegen  seiner 
schwankenden  Gesundheit  wurde  ihm  gestattet,  in  Paris  seine  Studien  fort- 
zusetzen. Zu  den  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Compositionen  gehören:  y>MarcTie- 
balleta;  die  Instrumentalstücke  »Chant  d'automnea  und  y>Marche  nocturnea;  zwei 
Trios;  ein  Violinconcert;  eine  Cantate  zur  Enthüllung  des  Arago- Denkmals 
in  Perpignan :  Gesangstücke  u.  s.  w. 

Taylor,  John,  englischer  Theoretiker  und  Musiklehrer,  veröfi'entlichte  ein, 
in  England  sehr  geschätztes  Werk:  y>Text-Book  of  the  science  qf  musica  (London, 
Georg  Philipp,  in  8°).  Es  behandelt  in  drei  Theilen  die  Lehre  von  der  Melodie, 
der  Harmonie,  dem  Contrapunkt  und  der  Composition. 

Taylor,  William,  englischer  Tonkünstler  der  Jetztzeit,  Baccalaureus  der 
Musik,  schrieb  unter  anderen  auch  das  Oratorium  »Johannes  der  Täufer«. 

Technik  (X,  123).  Die  Technik  beschäftigt  sich  zunächst  mit  den  Aeusser- 
lichkeiten  des  Kunstwerks,  dem  mehr  Handwerksmässigen  der  Kunst.  Sie  be- 
zeichnet den  besondern  Grad  der  Fähigkeit  oder  Fertigkeit  mit  einem  bestimm- 
ten Material  zu  formen  und  zu  gestalten.  Wie  der  Maler  Pinsel  und  Palette 
beherrscht,  wie  er  zu  zeichnen,  Schatten  und  Licht  zu  vertheilen  versteht,  wie 
er  die  Farben  mischt   und   verwendet,    das  ist  seine  Technik.      Das    veränderte 


Technik.  455 

Material,  in  welchem  die  andern  Künste  bilden,  erfordert  selbstverständlich  ebenfalls 
eine  eigene  Technik,  deren  vullstündige  Beherrachung  allein  zur  Schöpfung  eines 
Kunstworks  belllhigt.  Für  die  Tonkunst  wird  sie  in  doppelter  Hinsicht  be- 
deutungsvoll, erst  für  die  Schöpfung  und  dann  für  die  Ausführung  des  Kunst- 
werks. Der  schallende  Tonkünstler  rechnet  auf  bestimmte  ausführende  Organe, 
deren  besondere  Natur  und  Leistungsfähigkeit  er  ganz  genau  kennen  niuss. 
Er  muss  mit  der  besondern  Art  der  Töne  genau  vertraut  sein,  muss  wissen, 
unter  welchen  Bedingungen  sie  sich  zu  künstlerischen  Formen  verbinden  lassen. 
Durch  rein  beziehungslose  Studien,  ohne  direkt  künstlerische  Absichten,  muss 
er  sich  eine  vollständige  Kenntniss  der  Singstimme  und  ihren  Gattungen  ange- 
eignet haben,  wenn  er  sie  zu  Trägern  seiner  künstlerischen  Idee  machen  will; 
sollen  ihm  aber  die  Instrumente  als  solche  dienen,  dann  muss  er  sie  ganz  in 
derselben  Weise  nach  ihrer  eigensten  Natur  und  Leistungsfähigkeit  zu  erkennen 
und  zu  ergründen  suchen.  Nur  indem  er  so  das  ganze  Material  beherrschen 
und  verarbeiten  lernt,  gewinnt  er  die  Technik,  welche  als  unterste  Voraus- 
setzung für  das  Kunstwerk  gilt.  Im  weitern  Verlauf  gehört  aber  dann  auch 
noch  dazu,  dass  er  sich  die  Herrschaft  über  die  organisch  gewordenen  For- 
men, in  welchen  das  Material  bereits*  Grestalt  gewonnen  hat,  aneignet,  um 
sie  in  seiner  eignen  "Weise  anzuwenden,  zu  erweitern  und  zu  erneuern,  oder 
neue  aus  ihnen  heraus  zu  gestalten,  wie  es  seiner  eigenen  Individualität  ent- 
spricht. Nur  dann,  wenn  die  Technik  sich  zu  dieser  Erneuerung  und  Neuge- 
staltung heraus  arbeitet,  gelangt  sie  zu  höchster  künstlerischer  Bedeutung; 
ausserdem  führt  sie  zur  Nachahmung  und  zur  Virtuosität.  Gefährlicher  für 
die  Entwickelung  der  Kunst  als  die  einseitige  Uebung  der  Technik,  ist  jeden- 
falls die  Vernachlässigung  und  Verachtung  derselben.  Jene  führt  doch  immer 
nur  zu  nicht  gerade  unkünstlerischen  Kopien,  deren  Bedeutung  nur  durch  das 
Original  geschmälert  wird,  während  die  Vernachlässigung  der  Technik  zur  Ver- 
wilderung und  zur  Verrohung  der  Kunst  führt,  und  die  Kunstentwickelung 
aufzuhalten  im  Stande  ist.  Selbstverständlich  ist  auch  für  den  ausführenden 
Künstler  die  Technik  erste  Hauptbedingung.  Der  schaffende  Künstler  hat  sein 
Werk  in  bestimmten  Zeichen  —  in  Noten  —  niedergeschrieben  und  er  rechnet 
darauf,  dass  die  ausführenden  Künstler  diese  dann  in  Klängen  vernehmbar 
machen.  Dazu  gehört  zweierlei,  das  vollständige  Verständniss  jener  Schrift- 
zeichen und  die  Fertigkeit,  alles  was  in  ihnen  vorgezeichnet  ist  mit  den  betreflfen- 
den  Musikorganen  auszuführen.  Um  diese  Fertigkeit  zu  gewinnen,  machen 
die  angehenden  ausführenden  Künstler  ebenfalls  energische,  rein  technische 
Studien.  Es  bedarf  besonderer  Uebungen,  um  den  Instrumenten  einen  schönen, 
grossen,  vollen,  edlen  und  der  mannichfachsten  Nuancen  fähigen  Ton  zu  er- 
zeugen, der  natürliche  Organismus  der  Singstimmen  und  der  meisten  Blas- 
instrumente erschwert  eine,  in  allen  Lagen  gleichmässige  Behandlung  der  Organe 
und  so  werden  besondere  rein  technische  Studien  nothwendig,  um  diese  Uneben- 
heiten in  der  Tonbildung  auszugleichen.  Aber  auch  die  andern,  als  die  eigent- 
lich klingenden  Organe,  bedürfen  besonderer  energischer  Uebungen,  um  ihre 
Funktionen  im  Sinne  des  Kunstwerkes  verrichten  zu  können.  Die  Lungen  der 
Sänger  gewinnen  meist  erst  durch  besondere  Athemstudien  die  Fertigkeit  in 
allen  Fällen  den  entsprechenden  Athem  zu  geben;  Clavierspieler,  Geiger  und 
Bläser  gelangen  meist  nur  durch  besondere  Fingerübungen  dahin,  alle  tech- 
nischen Schwierigkeiten  zu  überwinden;  es  werden  bei  dem  Clavierspieler  noch 
besondere  Anschlags-  oder  auch  Handgelenkstudien  nöthig,  um  Hände  und 
Arme  zur  künstlerischen  Ausführung  der  betrefi'euden  Tonstücke  fähig  zu  machen. 
So  gehören  eine  Menge  rein  äusserlicher  Studien  dazu,  wenn  der  ausführende 
Künstler  die  Technik  gewinnen  soll,  welche  zur  Ausführung  bestimmter  Kunst- 
werke nothwendig  ist.  Auch  das  Zusammenwirken  bei  mehrstimmigen  Ton- 
stücken, wird  nicht  ohne  Weiteres  im  Sinne  des  Kunstwerks  erreicht;  auch 
hierzu  gehört  Uebung  und  ein  fleissiges  Erwägen  der  Wirkung  nach  rein  tech- 
nischer   Seite.      Auch    der   Ensemble-    und    der    Chorgesang   haben   ihre  eigene 


456  Teichman    —  Teniers. 

Technik,  ebenso  wie  das  instrumentale  Ensemble-  und  das  Orchesterspiel.  Mit 
der  blossen  Technik  wird  aber  auch  hier  noch  nicht  alles  gewonnen,  was  zur 
entsprechenden  Reproduktion  eines  solchen  Kunstwerks  gehört.  Eine  technisch 
bis  in  die  kleinsten  Theile  correkte  Ausführung  bringt  meist  noch  nicht  den 
ganzen  poetischen  Inhalt  des  Kunstwerks  zum  Ausdruck.  Viele  Zeichen  und 
Formen  in  denen  dies  sich  darstellt,  unterliegen  verschiedener  Auffassung  und 
es  ist  Sache  des  Künstlers,  diese  im  Sinne  und  Geiste  dessen,  der  es  schuf,  zu 
deuten  und  dem  entsprechend  auszuführen.  Bei  aller  Schärfe  der  Bestimmung 
des  Zeitmasses  lässt  auch  dies  selbst  eine  individuelle  Auffassung  zu  und  ebenso 
die  Ausführung  der  Melodie  und  der  verschiedenen  andern  Darstellungsmittel, 
so  dass  der  individuellen  Anschauung  des  Ausführenden  ein  weites  Feld  der 
Thätigkeit  sich  eröffnet  (siehe  Vortrag). 

Teichman,  Anton,  Violoncellist,  Sänger  und  Componist,  im  Anfang  dieses 
Jahrhunderts  in  Warschau  geboren,  war  daselbst  am  Theaterorchester  als 
Solo-Violoncellist  angestellt,  Hess  sich  auch  sehr  vortheilhaft  im  Vortrage  seiner 
eigenen  Lieder  als  Sänger  hören.  Er  schrieb  viele  Einzelgesänge  und  geist- 
liche Gresänge  mit  Begleitung  von  Instrumenten. 

Teile,  Friedrich  Wilhelm  (X,  131),  starb  am  10.  Mai  1862  in  Berlin. 

Tellefsen,  Thomas  Dyke  Acland  (X,  131),  starb  in  Paris  im  Oct.  1874. 

Teuipia,  Stefano,  italienischer  Violinist,  Componist,  Lehrer  und  Kritiker, 
geboren  in  Bacconigi  im  Piemontesischen  am  5.  December  1832  als  Sohn 
eines  Militärmusikers,  war  Schüler  seines  Vaters  und  des  Luigi  Feiice  ßossi, 
wurde  1853  Kapellmeister  und  übernahm  1859  in  Turin  die  Direction  des 
Theaterorchesters ,  später  auch  den  Violinunterricht  am  Lyceum  der  Musik 
und  die  Direction  der  Chorgesangschulen  der  Stadt.  Als  Componist  trat  er 
zuerst  1864  mit  einer  Messe  zur  Wiederkehr  des  Todestages  des  Königs  Carl 
Albert,  für  die  königl.  Kapelle  in  Lissabon  geschrieben,  hervor.  Ferner  sind 
von  seinen  Compositionen  zu  nennen:  yt Hymne  alla  Palestrinaa;  r)Ave  virgo 
Singular isa;  Sinfonische  Fantasie  »die  Caravane«;  viele  Violinstücke,  darunter 
»Zwölf  Etüden«   u.  a. 

Ten  Brink,  Eugene,  Componist,  geboren  am  4.  Nov.  1838  in  Amster- 
dam, erhielt  von  Koch,  Tuijn,  Smits  und  Heinze  seine  erste  musikalische  Aus- 
bildung, an  welcher  dann  in  Brüssel  Dupont  und  in  Leipzig  Richter  fördernd- 
sten  Antheil  nahmen.  Nach  einem  mehrjährigen  Aufenthalt  in  Lyon,  wo  er 
einen  Gesangverein  leitete,  Hess  er  sich  in  Paris  nieder.  Er  versammelte  zahl- 
reiche Schüler  um  sich  und  entwickelte  eine  grosse  Thätigkeit  als  Componist. 
Eine  Orchestersuite  1874  in  den  Concerts  populaires  aufgeführt  und  »Poeme 
symphonique^i  (1876)  erwarben  ihm  allgemeine  Anerkennung,  ebenfalls  die  später 
zu  Gehör  gebrachten  Compositionen,  eine  Sinfonie,  eine  zweite  Orchestersuite, 
Kammermusikwerke  u.  v.  a.  Im  Theater  Athenee  wurde  die  einaktige  komische 
Oper  y>Galonice<i  mit  günstigem  Erfolge  aufgeführt.  Eine  Oper  in  fünf  Akten 
gelangte  noch  nicht  zur  Aufführung. 

Ten  Cate,  Andre,  niederländischer  Violoncellist  und  Componist,  geboren 
in  Amsterdam  1796,  wurde  Schüler  von  Bertelmann.  Er  schrieb  Streichquartette 
und  Quintette,  Cello-Concerte  und  mehrere  Cantaten  für  Chor  und  Orchester. 
1831  gelangte  in  Amsterdam  das  Opern-Ballet  y>Se'id  et  Palmire«,  und  1835 
eine  zweite  Oper  nConstajitiaa  mit  Erfolg  zur  Aufführung.  Ausserdem  ist  noch 
die  ebenfalls  in  Amsterdam  aufgeführte  Oper  y>Numa  Pompiliusa  zu  nennen. 
Veröffentlicht  sind  von  Ten  Cate,  der  für  die  Pflege  der  Musik  in  den  Nieder- 
landen mit  Eifer  wirkte,  Schulgesänge,  vierstimmige  Chöre  und  kirchliche  Ge- 
sänge.    T.  starb  in  Harlem  am  27.  Juli   1858. 

Teniers,  Guillaume  Albert,  belgischer  Violinist  und  Componist,  geboren 
1748  in  Löwen,  lebte  in  den  ersten  Jahren  des  Jahrhunderts  in  Amsterdam, 
wo  er  als  erster  Violinist  am  französischen  Theater  angestellt  war.  Er  starb 
dort  am  12.  Februar  1820.     Sonaten  für  Alt,  Viola  und  mehrere  Violinconcerte 


Terby  —  Thoinan.  457 

sind  bei  Böhme  in   Hiunburg  erschienen.      Ausserdem  componirte  er  Fantasien 
und  Viiriationen  für   A'ioline  u.  a.  w. 

Torby,  Josej)h,  Violinist  und  Kapellmeister  in  Löwen,  wo  er  am  25.  Dec. 
1780  geboren  wurde,  starb  daselbst  am  23.  Februar  186U.  In  Brüssel  machte 
er  unter  Leitung  des  Violinisten  Pauwels  seine  Studien  und  Hess  sich  nach 
Beendigung  derselben  dauernd  in  seiner  Vaterstadt  nieder.  1809  gründete  er 
daselbst  eine  Musikschule,  zunächst  für  Violinspiel,  später  auch  für  Gesang, 
für  welchen  bis  dahin  in  Löwen  der  Geschmack  nicht  sehr  entwickelt  war. 
1833  wurde  T.  Kapellmeister  an  der  Peterskirche  und  gründete  1842  den 
Lyrischen  Chorverein.  Er  hinterliess  eine  bedeutende  Sammlung  von  Instru- 
menten, hauptsächlich  von  Musikalien,  unter  welchen  die  Instrumentalmusik, 
von  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  bis  in  die  Neuzeit  in  chronologischer  Folge 
vertreten  war.  Zu  den  zahlreichen  Schülern  T.'s  gehören  seine  Sühne  Joseph 
und  Fran^ois,  beide  ausgezeichnete  Violinisten: 

Terby,  Joseph,  geboren  am  4.  Juli  1808,  war  in  Paris  Schüler  von 
Robberechts  und  erhielt  nach  seiner  Rückkehr  in  Belgien  den  Titel  Violinist 
des  Königs  der  Niederlande.  Nach  dem  Tode  seines  Vaters  erhielt  er  dessen 
Stelle  als  Kapellmeister  in  Löwen.  Er  starb  daselbst  am  19.  Mai  1879.  Auch 
er  hinterliess  eine  Sammlung  von  Instrumenten  und  werthvoUen  Manuscripten. 

Terby,  Frangois,  geboren  1813,  ist  Lehrer  des  Violinspiels  au  der 
Musik-Akademie  in  Löwen.  Compositionen  für  die  Violine  sind  bei  Schott 
in  Brüssel  veröffentlicht. 

Tettamanzi,  P.Francesco  Fabriccio,  nicht  wie  (X,  155)  geschr.  Tetaraanzi. 

Theras,  Pierken,  holländischer  Componist  aus  der  letzten  Hälfte  des 
15.  und  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts,  von  welchem  in  den  Manuscripten 
der  k.  k.  Ambraser  Sammlung  in  Wien  in  einem  Pergament-Codex  aus  dem 
Ende  des  15.  Jahrhunderts  eine  Messe  »O  vos  omnes  qui  transitus  per  viam 
istama  vierstimmig  befindet.  Dass  er  mit  Petrus  de  Therache  (X,  175)  iden- 
tisch ist,  muss  noch  stark  bezweifelt  werden. 

Thiebanlt,  Paul  Charles  Frangois  Adrien  Henri  Dieudonne 
(X,  177),  starb  in  Paris  am  14.  October  1846. 

Thimns,  Albert,  Baron  von,  Hof-  und  Appell. -Rath  in  Cöln,  geboren 
1806,  gab  heraus:  Die  harmonikale  Symbolik  des  Alterthums,  Cöln,  2  Bände, 
1868—1876.     Th.  starb  in  Cöln  am  6.  November  1878. 

Thoinan,  Ernest  (Autorname  des  französischen  Musikschriftstellers  Antoine 
Ernest  Roquet),  wurde  in  Nantes  am  23.  Januar  1827  geboren  und  kam  1844 
nach  Paris,  um  eine  kaufmännische  Carriere  zu  verfolgen.  Später  ging  er  nach 
London,  machte  dann  grosse  Reisen  und  kehrte  darauf  nach  Frankreich  zurück. 
Neben  seinem  Beruf  betrieb  er  mit  Eifer  Studien  der  Musikgeschichte,  denen 
man  folgende  interessante  Schriften  verdankt:  »Xa  Musique  ä  Paris  en  JS02<i 
(in  Gemeinschaft  mit  Alb.  Lasalle,  Paris,  Morizot,  1863,  in  12);  »Zes  Origines 
de  la  chapelle-musique  des  souverains  de  France«  (Paris,  Claudin,  1864,  in  12**); 
nLa  Defloration  de  Guillaume  Orestin  sur  le  trepas  de  Jean  Ockeghem,  miisicien, 
premier  chapelain  du  roi  de  France  (Paris,  Claudin,  1864,  in  8*^);  y>Maugars, 
celehre  joueur  de  viole,  musicien  du  cardinal  Richelieu  etc.  sa  biograjdiie,  suicie 
de  sa  Response  faite  ä  un  curieux  sur  le  sentiment  de  la  musique  d'Italie,  avec 
notes  et  eclaircissements«  (Paris,  Claudin,  1865,  in  8'^');  tiÄntoine  de  Oousu  et  les 
singulieres  destinees  de  son  livre  rarissime:  la  Musique  universelle«  (Paris, 
Claudin,  1866,  in  12*^);  nCuriosites  musicales  et  aufres,  frouvees  dans  Ics  oeuvres  de 
Michel  Coyssard  de  la  Compagnie  de  Jesus«  (Paris,  Claudin,  1866,  12");  i>Un 
Bisaieul  de'  Moliere.  Recherches  sur  les  Mazuel  tnusiciens  des  XVI  et  XVII 
siecles,  allies  de  la  famille  Poguelin«  Paris,  Claudin,  1878,  in  12",  Elzevier); 
r>Louis  Constantin  roi  des  riolons ,  avec  un  facsimile  de  hrevet  de  maitre  joueur 
dHustruments  de  la  ville  de  Paris«  (Paris,  Baur,  1878,  in  4");  r>Notes  bibliographiques 
sur  la  guerre  musicnle  des  gluckistes  et  des  piccinnistes«  (Paris,  Baur,  1878,  in 
8").     Ferner  veranstaltete   Th.  den  Neudruck  eines   der  seltensten   musikalischen 


458  Thomas  —  Thurner. 

Bücher  der  französischen  Literatur,  den  er  mit  einer  Vorrede  und  Anmer- 
kungen versah:  -aV Eyitretien  des  Musiciens,  par  Annibal  Oantezv.  (Paris,  Claudin, 
1878,  in  12").  Seine  musikalische  Bibliothek  ist  auf  dem  Gebiete  der  fran- 
zösischen Literatur  eine  der  bedeutendsten  und  umfangreichsten. 

Thomas,  Georg  Sebastian,  Kapellmeister  und  Musikdirektor  des  Gross- 
herzogs von  Hessen-Darmstadt,  war  in  Pirmasens  am  17.  December  1788  ge- 
boren. Bereits  im  elften  Jahre  gab  er  Concerte  als  Violinist  und  Waldhornist, 
auf  welchen  Instrumenten  er  Bedeutendes  leistete.  Bei  Abt  Vogler  war  er 
Mitschüler  von  Meyerbeer  und  C.  M.  v.  Weber.  Er  starb  zu  Darmstadt  am 
4.  September  1866  und  hinterliess  Sinfonien,  Ouvertüren,  Quartette  und  andere 
seiner  Compositionen. 

Tbomeliu,  J.,  ausgezeichneter  Organist  des  18.  Jahrhunderts,  einer  Orga- 
nistenfamilie zugehörend,  die  aus  La  Brie  stammt.  Er  war  1667  einer  der 
Organisten,  die  zur  Kapelle  Ludwig  XIV.  gehörten.  Zur  selben  Zeit  hatte  er 
auch  die  Organistenstelle  an  der  Kirche  Saint  Jacques  la  Boucherie  inne.  Bemer- 
kenswerth  ist  er  namentlich  als  erster  Lehrer  von  FranQois  Couperin,  später 
Couperin  le  Grand  genannt.  Titon  du  Tillet  (Parnasse  Frangois)  bezeichnet 
Louis  und  Charles  Couperin  und  Thomelin  als  diejenigen,  die  an  Festtagen 
durch  ihr  Orgelspiel  alles  in  die  Kirche  lockten.  Er  hinterliess  werthvolle 
Orgel-  und  Claviercompositionen  im  Maiiuscript. 

Thooft,  Willem  Frans  (X,  184),  (nicht  W.  E.),  ist  am  10.  Juli  (nicht 
Juni)  1829  geboren,  war  Anfangs  für  die  juristische  Laufbahn  bestimmt,  die 
er  indess  aufgab,  um  sich  der  Musik  zu  widmen.  Er  machte  1851 — 52  einen 
Cursus  in  der  Composition  bei  Dupont,  damals  Musikdirektor  in  Amsterdam, 
durch  und  ging  dann  nach  Leipzig,  wo  er  während  der  Jahre  1852 — 55  seine 
Studien  bei  Hauptmann  und  Richter  vollendete.  Er  ging  dann  nach  Holland 
zurück  und  1860  gründete  er  die  deutsche  Oper  in  Rotterdam.  Hier  wurde 
auch  eine  Oper  von  ihm  »Aleida«  mit  Beifall  1866  aufgeführt.  Von  der  Sin- 
fonie mit  Chor,  nach  Anleitung  der  Gedichte:  Kaiser  Carl  V.,  ist  nur  der 
Ciavierauszug  gedruckt;  ausserdem  veröffentlichte  er  noch  Ciavierwerke  und 
Lieder,  darunter  die  beliebt  gewordene  Romanze  für  Baryton  aus  der  Oper 
Aleida,  und  eine  Fantasie  für  Orchester  »In  Leid  und  Freud«. 

Thurner,  Theodor,  Pianist,  Organist  und  Componist,  wurde  in  Pfaffens- 
heim  am  Oberrhein  am  13.  December  1833  geboren.  Einer  Familie  angehörend, 
die  viele  Künstler  zählt,  erhielt  er  schon  früh  Musikunterricht  und  wurde  mit 
dreizehn  Jahren  ins  Pariser  Conservatorium  aufgenommen.  In  der  Classe 
Zimmermann  war  er  der  Mitschüler  von  Bizet,  Plante  Joseph  Winiawski  und 
Ketterer  und  erhielt  1848  den  zweiten,  1849  in  Gemeinschaft  mit  Joseph 
Winiawski  den  ersten  Preis  im  Clavierspiel.  Nachdem  er  noch  bei  Alkan,  der 
ihn  mit  den  Werken  Seb.  Bachs  bekannt  machte,  und  bei  Bazin  Compositions- 
unterricht  genommen  hatte,  Hess  er  sich  1850  in  Toulon  nieder.  Er  fungirte 
hier  neun  Jahre  als  Organist,  erst  an  der  Kirche  Saint  Jean,  dann  an  der 
Kathedrale.  Hierauf  ging  er  nach  Marseille,  wo  er  sich  seitdem  im  Mittel- 
punkte des  Musiklebens  bewegt.  Von  1864 — 1874  war  er  als  Professor  des 
Conservatoriums  dort  angestellt  und  eröffnete  gleichzeitig  Triosoireen,  in  welchen 
vornehmlich  neuere  Werke  zur  Geltung  gebracht  wurden.  Th.,  der  trefflicher 
Orgelspieler,  übernahm  die  Orgel  St.  Charles,  später  die  zu  St.  Josephe.  Als 
Pianist  wird  er  mit  Plante  verglichen.  Als  Componist  ist  die  Richtung  Men- 
delsohns  und  Schumanns  von  Einfluss  auf  ihn  gewesen.  Veröffentlicht  wurden 
von  ihm  bis  jetzt:  s^Six  romances  sans parolesa;  y>Barcarolle<s.;  r>TarenteUe<i ;  ttSat'ak, 
la  bai(/neuse(i;  »Souvenir  de  Guebvillera  (Lemoine);  »Moderator;  y>Deux  Valses 
dans  le  style  de  Ohopin«;  Wiegenlied  (Meissonnier);  Polonaise;  »Etüde  Toccata<s.', 
»Chansons  de  matelots«,  »Polonaise  en  re  bemolh ;  »Souvenir  de  Valfrais».  (Richault), 
andere  bei  Carbonel  in  Marseille.  Von  den  nicht  gedruckten  sind  hervorzu- 
heben: Pastorale  für  Orchester,  »Grand  Trio  en  re  majeiir,  Concerto  en  sol 
mineur  pour  piano  et  orchestrea. 


Thys  —  Tinttoris.  459 

Thys,  Alphon se  (X,  186),  starb  in  Bois-Guillaume  bei  Ronen  im  Sep- 
tember 1879. 

Thys,  Mad.  Scbault,  Pauline,  Tochter  von  Alphonse  Thys  (X,  186), 
wurde  gegen  1836  geboren.  Sehr  jung  trat  sie  als  Componistin  von  Chan- 
sonnetteu  und  Komanzen  hervor,  welche  in  den  Salons  zu  einigen  Erfolge  ge- 
langten. In  der  Folge  schrieb  sie  noch  eine  Anzahl  von  Operetten  und 
komischen  Opern,  zu  welchen  sie,  mit  der  einen  Ausnaiime  der  komischen 
Oper  »Ze  Pays  de  cocagneo.  von  Forges,  auch  die  Texte  verfasste.  Es  sind: 
»ia  Pomme  de  Turquieu;  -nQuand  Dieu  est  dans  le  menar/e,  Dieu  le  gardei ;  nLa 
Perruque  du  Baillia;  y>Manette<i  und  r>Le  Caharet  du  Pot  Cassea,  Operette  in 
drei  Akten,  gelangten  sümmtlich  in  Paris,  die  letztgenannte  in  Brüssel  zur 
Aufführung. 

Tibaut,  Vincent,  Ciavierbauer,  der  in  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts in  Toulouse  in  Thätigkeit  war,  und  von  dessen  Geschicklichkeit  ein 
reizendes  Ciavier  mit  zwei  Claviaturen  noch  Zeugniss  giebt.  Es  gehört  zu  der 
Tolbecqueschen  Instrumentensamniluug  in  Paris.  Das  Instrument  trägt  die 
Inschrift:    -»Fait  par  moy,    Vincent  Tibaut,  ä  Tolose  1670». 

Tilnian,  Alfred,  belgischer  Componist  und  Pianist,  ist  in  Brüssel  am 
3.  Februar  1848  geboren.  Seine  Studien  absolvirte  er  auf  dem  dortigen  Con- 
servatorium  in  den  Jahren  1866 — 1870,  erwarb  die  ersten  Preise  für  Ciavier, 
Contrapunkt  und  Fuge,  und  wurde  ehrenvoll  erwähnt  bei  seiner  Bewerbung 
um  den  Eömerpreis.  Hauptsächlich  als  Componist  von  Kirchenmusik  hat  er 
sich  vortheilhaft  hervorgethan.  Es  sind  zu  nennen:  Ein  »0  Sacrum«;  ein 
Requiem  in  der  Kirche  Notre-Dame  de  Lacken  in  Brüssel  1875  zum  Gedächt- 
niss  der  Königin  aufgeführt  und  mehrfach  wiederholt;  ein  grosses  Te  Deum; 
vITymne  ä  la  naturea,  für  vierstimmigen  Chor;  »ia  cJiute  des  feuilles«,  Solo  mit 
Chor;  r)Les  Ples  sont  mursa ;  y>Deux  Pallades  caracteristiquesa ;  y>Äve  Älariaa, 
eine  Sammlung  von  vierundzwanzig  Fugen  für  zwei  und  drei  Stimmen;  nMarnixa, 
Scene  für  eine  Bassstimme;  y>Chänt  sacre«,  in  Löwen  aufgeführt  1874;  Quartett 
für  vier  Hörner  u.  A. 

Tilmant,  Theodore  Alexandre,  Violinist  und  Orchesterchef,  geboren 
in  Valenciennes  am  8.  Juli  1799,  machte  seine  Studien  am  Conservatorium  zu 
Paris,  wo  er  als  Schüler  Kreutzers  den  ersten  Preis  für  Violinspiel  erhielt. 
Bald  darauf  trat  er  als  erster  Violinist  ins  Orchester  des  Theätre  Italien,  1825 
in  das  der  Grossen  Oper.  1834  wurde  er  zweiter,  1838  erster  Orchesterchef  am 
italienischen  Theater.  1849,  nach  dem  Rücktritt  Labarres,  übernahm  er  die 
Kapellmeisterstelle  an  der  Opera  comique,  und  leistete  als  solcher  sehr  Bemer- 
kenswerthes.  Er  behauptete  diesen  Platz  zwanzig  Jahre  hindurch.  1838  schon 
hatte  er  mit  seinem  Bruder  Alexander,  einem  geschickten  Violoncellisten, 
Kammermusiksoireen  eingerichtet,  in  denen  die  klassischen  Meisterwerke  Haydns, 
Mozarts  und  Beethovens  zur  Aufführung  kamen;  auch  die  Concerte  im  Gymnase 
musical,  gegründet  1834,  leitete  er  und  führte  in  denselben  die  Werke  von 
Berlioz  und  Turbry  u.  A.  auf.  1868  gab  er  seine  Functionen  in  Paris  auf 
und  zog  nach  Asnieres  bei  Paris,  wo  er  am  7.  oder  8.  Mai  1878  starb.  Sein 
Bruder  Alexander,  der  zu  den  Begründern  der  Concertgesellschaft  des  Conser- 
vatoriums  gehörte,  und  Mitglied  des  Orchesters  der  italienischen  Oper  war, 
starb  in  Paris  am   13.   Juni   1880. 

Timpe,  Job.  Willem,  niederländischer  Orgelbauer,  wurde  1760  im  Dorfe 
Glaan  geboren,  er  erbaute  Orgeln  von  grossen  Dimensionen,  auch  viel  kleine 
Orgeln  in  Zutphen,  Groningen,  Embdcn,  Veendam,  Amsterdam,  Duiven,  de 
Bedam,  Middelbert  u.  a.   0.     T.  starb  gegen   1840. 

Tinctoris  (X,  195).  Nach  Vanderstraeten  (r>La  Musique  aux  Pays-Basdy 
Bd.  IV)  ist  der  eigentliche  Name  dieses  Tonkünstlers  »Jean  de  Vaerwere«,  der 
dem  Gebrauch  jener  Zeit  gemäss  lateinisirt  worden.  Nach  derselben  Quelle 
wäre  T.  nicht  in  Nivelles,  sondern  in  Poperinghe  1446  geboren.  Sein  Tod 
erfolgte  vor  dem  12.  October  1511. 


4ßQ  Tinel  —  Tolbecque. 

Tinel,  Edgar,  belgischer  Pianist  und  Componist,  geboren  am  27.  März 
1854  zu  Sinay,  wo  sein  Vater  als  Lehrer  und  Organist  angestellt  war,  erhielt 
als  Schüler  des  Brüsseler  Conservatoriuras  in  der  Clavierclasse  Brassin  den 
ersten  Preis,  nahm  noch  Unterricht  bei  Gevaert  und  Kufferath  in  der  Com- 
position  und  erwarb  1877  den  Römerpreis  für  seine  Cantate  »De  Klohhe  Roe- 
land«.  über  flämischen  Text  für  Soli,  Chor  und  Orchester,  die  bei  der  öffent- 
lichen Aufführung  allgemeinen  Beifall  fand.  Seitdem  veröffentlichte  er  Ciavier- 
stücke und  Lieder  über  flämisch  und  deutschen  Text  (Sämmtlich  bei  Schott 
in    Brüssel). 

Tintorer  y  Se^arra,  Pedro,  spanischer  Componist,  in  Palma  am  12.  Febr. 
1814  geboren,  studirte  Musik  in  Barcelona  bei  ßamon  Vilanova  und  besuchte 
dann  das  Conservatorium  daselbst,  und  zwei  Jahre,  von  1834 — 36,  das  Pariser 
Conservatorium  unter  Direction  von  Zimmermann.  Hierauf  ging  er  nach  Lyon, 
wo  er  vierzehn  Jahre  als  Lehrer  und  Componist  thätig  war.  In  gleicher  Eigen- 
schaft lebte  er  von  dieser  Zeit  an  in  Barcelona.  Er  schrieb:  zwei  Messen  für 
vier  Stimmen,  Chor  und  Orchester;  ein  Stabat  mater  für  vier  Stimmen  und 
Orchester;  ein  Te  Deum  desgl.;  zwei  Sinfonien  für  Orchester;  drei  Quartette 
für  Ciavier,  Violine,  Bratsche  und  Violoncello  (Paris,  Richault);  ein  Streich- 
quartett; ein  Trio  für  Ciavier,  Violine  und  Violoncello  (Paris,  Gerard);  Duos 
für  Ciavier,  Violine  und  Violoncello,  und  viele  Etüden  für  Ciavier. 

Tirpenue,  Victor,  französischer  Pianist  und  Theoretiker,  der  seit  Jahren 
als  Lehrer  des  Clavierspiels  thätig  ist,  gab  ein  Werk  heraus,  welches  einen 
umfänglichen  Lehrgang  des  Clavierspiels  darstellt  und  zugleich  Theorie,  Har- 
monie, Transposition  und  den  Choralgesang  berührt.  Das  anerkannte  Werk 
erschien  unter  dem  allgemeinen  Titel:  -^Cours  complet  de  musique  applique  au 
pianoa  (Paris,  Brandus)  und  enthält  Methode  de  piano  (trois  parties),  Solfege 
elementaire;  Cent  Etudes  graduees  (cinq  livres).  Ausserdem  gab  T.  heraus: 
DGrammaire  musicalea  und  «Peiits  Solfeges«.. 

Tisza,  Aladär  (eigentlich  Victor  Langer),  ist  am  14.  October  1842  in 
Budapest  geboren,  war  zum  Kaufmann  bestimmt,  wählte  dann  aber  die  Musik 
zu  seinem  Lebensberuf.  Er  wurde  Schüler  von  Pob.  Volkmann  und  dieser 
bestimmte  ihn,  das  Leipziger  Conservatorium  zu  besuchen,  und  hier  wurden 
Hauptmann,  Richter  und  Reinecke  seine  Lehrer.  Nach  seiner  Heimath  zurück- 
gekehrt, entwickelte  er  eine  ausgebreitete  Thätigkeit  als  Componist,  Musik- 
lehrer, Theater-Kapellmeister  und  Schriftsteller,  welche  namentlich  Hebung  der 
ungarischen  Nationalmusik  sich  als  Ziel  setzte.  Seine  ungarischen  Tänze  wurden 
bald  beliebt;  ausserdem  arrangirte  er  ungarische  Volkslieder,  Stücke  aus  unga- 
rischen Opern  u.  s.  w. 

Tobin,  Richard,  Lautenmacher,  der  im  Anfang  des  Jahrhunderts  in 
London  thätig  war  und  zu  der  Zeit  zu  den  gesuchtesten  Instrumentenmachern 
Englands  gezählt  wurde.     Sein   Sohn  war  ebenfalls  Lautenmacher. 

Tofano,    Gustav,   Pianist,    Componist   und   Lehrer,    wurde  in  Neapel  am 

22.  December  1844  geboren  und  bildete  sich  unter  der  Leitung  verschiedener 
Lehrer  in  Pisa,  Turin,  Bologna  und  Neapel,  wo  ihn  G.  Lillo,  A.  Coop  und 
Luigi  Siri  unterrichtete,  zu  einem  Pianisten,  der  in  Italien  mit  in  der  ersten 
Reihe  steht  und  besonders  in  Neapel  sehr  geschätzt  ist.  1872  wurde  er  als 
Professor  des  Clavierspiels  am  Lyceum  in  Bologna  angestellt.  Er  veröffent- 
lichte sehr  zahlreiche  Compositionen  für  Ciavier  und  für  Gesang;  auch  die 
Cantate  yiMargherita  delle  Alpiv-,  Hymne  für  Chor,  aufgeführt  in  Neapel,  und 
in  Gemeinschaft  mit  anderen  Tonkünstlern  das  Ballet  y>Alpha  et  Omegav..  Die 
von  ihm  (Text  und  Musik)  verfasste  Oper  y>Amore  e  suo  tempo«  (Neapel,  1875) 
fand  nur  geringen   Beifall. 

Tolbecque,     Jean    Baptiste     Josephe    (X,    208),    starb    in    Paris    am 

23.  October  1869. 

Tolbecque,    August  Joseph  (X,  208),  starb  in  Paris  am  27.  Mai   1869. 
Tolbecque,    August  (X.  208),    Sohn   des    oben    genannten,   war  von   1865 


Tomasiiil  —  Ton.  461 

bis  1871  Professor  am  Conservatorium  in  Mnrseille,  lebte  dann  in  Paris,  wo 
er  zur  Concertgesellscliaft  cUs  Conservatoriuras  gehörte.  Er  hatte  eine  vor- 
zügliche Sammlung  von  musikalischen  Instrumenten  /.usamraengebracht,  die  er  zur 
Bereicherung  des  Museums  des  Conservatoriuras  der  französischen  Regierung 
anbot,  welche  aber  von  der  Belgischen  Eegierung  erworben  wurde.  Sein  Sohn 
Jean,  geboren  zu  Noit  am  7.  Uctober  1857,  ist  ebenfalls  Violoncellist.  Er 
gehört  zum   Orchester  der  italienischen  Oper. 

Toinasini,  Luigi  (X,  210),  ist  1741  geboren  und  starb  am  25.  April 
1808.  1761  war  er  in  die  Esterhazysche  Kapelle  getreten.  Zwei  seiner  Töch- 
ter waren   hier  als  Discantistiunen   engagirt.      Sein   Sohn: 

Toinasiui,  Anton  (Luigi),  ist  am  17.  Februar  1775  zu  Eisenstadt  geboren, 
wurde  von  Joseph  Haydn  aus  der  Taufe  gehoben,  trat  1796  in  die  fürstliche 
Kapelle,  nachdem  er  schon  in  Wien  öffentlich  aufgetreten  war.  Doch  kam, 
in  Folge  seines  leichtsinnigen  Lebenswandels,  sein  Talent  nicht  zur  Entfaltung; 
er   starb   am   12.   Juni   1824  zu  Eisenstadt,  leiblich   und  geistig  verkommen. 

Tomeoni,  Pelegrino  (X,  211),  wurde  1729  (nicht  1759)  geboren.  Er 
war  Kapellmeister  an  mehreren  Kirchen,  zuletzt  am  Dom  zu  Pietra  santa.  Er 
schrieb  sehr  zahlreiche  Kirchenmusikstücke  und  auch  einige  dramatische  Stücke 
und  Recitative  für  die  »Zenobia«  von  Metastasio,  welche  1761  in  Lucca  auf- 
geführt wurde.  Zu  dieser  Zeit  versah  er  am  Theater  die  Stelle  eines  maestro 
al  Cembalo. 

Ton  (X,  212).  Die  Unmittelbarkeit  der  Wirkung  des  Tones  auf  unsere 
Empfindung,  beruht  hauptsächlich  darauf,  dass  er  im  Grunde  als  ein  natürliches 
Produkt  derselben  erscheint.  Dass  das  vom  Gesangton  ohne  weiteres  zuge- 
geben werden  muss,  bedarf  keines  Beweises  mehr.  In  der  Stimme  hat  die 
Natur  dem  Menschen  das  Organ  gegeben,  durch  das  er  die  Veränderungen  in 
seinem  Innern  direkt  kund  zu  thun  im  Stande  ist.  Freude  oder  Schmerz, 
Jubel  oder  Klage,  lebensfreudige  Hoffnung  oder  todwünschende  Verzweitlung 
werden  gern  ganz  direkt  einwirkend  auf  das  Stiramorgan,  so  dass  dies  Kunde 
giebt  von  der  jeweiligen  Stimmung  in  freudigem  oder  schmerzerfülltem,  jubeln- 
dem oder  klagendem,  hoffnungsfreudigem  oder  verzweifelndem  Gesänge.  Die  Töne 
erscheinen  demnach  als  das  unmittelbare  Produkt  dieser  Stimmungen  und  sind 
dem  entsprechend  auch  geeignet,  dieselbe  Stimmung  in  dem  Hörenden  hervor- 
zubringen. Da,  wo  dieser  natürliche  Ursprung  fehlt,  wo  dieser  Zusammenhang 
mit  den  innern  erzeugenden  Mächten  nicht  mehr  zu  verspüren  ist,  wie  häufig 
im  Kunstgesange,  wirkt  dieser  nur  rein  sinnlich  oder  höchstens  durch  die  geist- 
volle Form.  Daher  verfehlt  das  Volkslied  diese  Wirkung  auf  unser  Gemüth 
nicht,  weil  es  diesen  Ursprung  zeigt.  Das  Volk  singt  nie,  wenn  sein  Herz 
nicht  voll  ist  und  wäre  es  auch  nichts  weiter  als  übersprudelnde  Sangeslust, 
durch  die  es  bewegt  wird  und  die  in  dem  entsprechenden  Gesänge  dann  auch 
Ausdruck  erlangt;  das  Volk  singt  aber  auch  nur  von  dem,  w'ovon  sein  Herz  voll 
ist;  und  daher  findet  das  Volkslied  auch  immer  wieder  den  Weg  zum  Herzen. 
Der  Kunstgesang  aber  erreicht  dieselbe  Wirkung  nur  unter  den  gleichen  Be- 
dingungen; wenn  auch  er  nur  als  der  Herold  des  bewegten  und  erregten  Innern 
erscheint.  Ganz  vermag  der  Gesangton  selbst  unter  den  ausgeklügelten  und 
erkünstelten  Spielen  der  Virtuosität  seine  ursprüngliche  Bedeutung  als  un- 
mittelbarer Ausdruck  der  Innerlichkeit  nicht  aufzugeben,  und  so  entwickeln 
auch  die  vocalen  Kunststückchen  immer  noch  grössern  Reiz  der  Wirkung,  als 
die  ähnlichen  instrumentalen,  allein  die  höchste  Aufgabe  erfüllt  doch  der  Kunst- 
gesang auch  nur  dann,  wenn  er  Ausdruck  des,  von  den  höchsten  Idealen 
erfüllten  Innern  ist;  wenn  ihn  der  schaffende  Künstler  nur  in  diesem  Sinne 
in  seinem  Kunstwerk  anwandte  und  nicht  um  irgend  welche  nichtige  Effekte 
zu  erreichen,  so  dass  ihn  der  ausführende  Künstler  nur  in  einem  Sinne  aus- 
zuführen gezwungen  ist.  Ein  so  direkter  Zusammenhang  ist  zwischen  dem 
Instrumentalen  und  der,  den  Ausdruck  suchenden  Innerlichkeit  des  Menschen 
nicht  vorhanden ,    obgleich    auch    er  zum  grossen   Theil  auf  dasselbe  Bedürfniss 


462  Tonanzeiger. 

zurückgeführt  werden  muss.  Seiner  Natur  nach  ist  der  Instrumentalton  mehr 
sinnlich  reizvoll,  aber  er  wird  doch  auch  früh  schon  dem  Ausdruck  der  Empfin- 
dung uud  innerer  Zustände  überhaupt  dienstbar  gemacht.  Es  ist  weder  die 
Unterweisung,  noch  klares  Bewusstsein  von  der  zu  erreichenden  Wirkung, 
welche  den  Schalmeybläser  sein  Instrument  behandeln  lässt,  die  dem  Volks- 
geiger Bogen  und  Finger  führt  und  durch  welche  das  ganze  Mittelalter  hin- 
durch die  Instrumentalmusik  allmälig  immer  ausgebreitetere  Pflege  fand.  Jene 
Alpenhornmelodien,  oder  die  verkräuselten  Geigen-  oder  Flötenmelodien  der 
Spielleute  im  untern  Volk  bei  allen  Nationen  sind  eben  so  als  Produkte  des 
Volksempfindens  zu  betrachten,  wie  die  Volksmelodien,  wenn  sie  diesem  auch 
nicht  so  unmittelbar  treffenden  Ausdruck  zu  geben  vermögen,  wie  der  Gresang. 
Dabei  waren  diese  Volksmusiker  auch  bemüht,  die  Gesangsweise  auf  ihren 
Instrumenten  nachzubilden  und  so  gelangte  auch  der  Instrumentalton  zu 
grösserer  Innigkeit  und  Wärme  des  Ausdrucks.  In  dem  Bestreben,  von  den 
reichei'n  Mitteln  des  Ausdrucks,  Vfelche  das  Instrumentale  bietet,  allmälig  immer 
umfassendem  Gebrauch  zu  machen,  kamen  die  Instrumentalisten  dann  weiter- 
hin dazu,  wieder  die  sinnliche  Seite  des  Instrumentalen,  das  Reizvolle  des 
Klanges  mehr  zu  berücksichtigen  und  den  grössern  Tonreichthum  einzelner 
Instrumente  zu  verwertheu;  damit  gewann  die  Virtuosität  allmälig  einen  viel 
bedeutenderen  Einfluss  bei  der  Weiterentwickelung,  als  wie  oben  bereits  er- 
wähnt, bei  der  Vocalmusik.  Die  grössere  Beweglichkeit  des  Instrumental tons 
im  Allgemeinen  und  der  mehr  sinnlich  reizvolle  Klang  der  Instrumente  führte 
sie  allmälig  mehr  in  den  Dienst  der  Phantasie  und  selbst  des  blossen,  wenig 
inhaltsvollen  Spieltriebes.  Die  blosse  Lust  am  Instrumentalklange  hat  einen 
bedeutenden  Theil  der  Entwickelung  der  Musik  beeinflusst,  sie  namentlich  hat 
verschiedene  Stilarten  erzeugt,  und  selbst  manches  hochbedeutsame  Kunstwerk 
hervorgebracht.  Daneben  aber  hat  auch  die  tiefste  und  leidenschaftlichste 
Empfindung  ihren  überwältigenden  Ausdruck  mit  rein  instrumentalen  Mitteln 
gefunden,  und  zwar  so  reich,  wie  er  mit  vocalen  Mitteln  kaum  erreicht  worden 
ist.  Deshalb  aber  wird  die  Verbindung  von  vocalen  und  instrumentalen  Mitteln 
immer  die  höchste  Wirkung  erreichen;  mit  den  vocalen  wird  der  Ausdruck  in 
überzeugendster  und  überwältigender  Deutlichkeit  und  Treue  gewonnen,  so  dass 
er  nicht  misszuv^erstehen  oder  verschieden  zu  deuten  ist,  mit  den  instrumen- 
talen ist  er  dann  auszuweiten  und  bis  zum  letzten  B-est  zu  erschöpfen.  So 
werden  die  Töne,  der  Vocalton,  wie  der  Instrumentalton  zu  treffendsten 
und  unmittelbar  wirkenden  Ausdrucksmitteln  für  die  ganze  Welt  und  das  ge- 
sammte  Leben  des  menschlichen  Geistes  und  die  Tonkunst  wird  zu  der  Kunst, 
in  welcher  die  Innerlichkeit  des  Menschen  am  Unmittelbarsten  zur  Erschei- 
nung kommt. 

Die  Naturgewalt  des  Tones  wird  auch  noch" durch  jene  Melodie,  welche 
die  Sprache  durchzieht  und  die  wir  schlechtweg  mit  Eedeton  bezeichnen,  be- 
zeugt. Die  geistvollst  zusammengestellte  Bede  verliert  viel  an  ihrer  Wirkung, 
wenn  sie  in  tonloser,  trockner  Weise  vorgetragen  wird,  wenn  ihr  jene  Sprach- 
melodie fehlt,  während  selbst  nur  klingende  Phrasen  mit  klangvoller  Stimme  vor- 
getragen, oft  selbst  nachhaltigere  Wirkung  zu  erzeugen  vermögen.  Der  »Ton«  der 
Rede  wirkt  in  vielen  Fällen  überzeugender  als  diese  und  hat  nicht  selten  schon 
die  Worte  geradezu  Lügen  gestraft. 

Tonanzei^er,  nennt  der  Erfinder  W.  Bartmuss  in  Bitterfeld  ein  vorzüg- 
liches Veranschaulichungsmittel  für  den  ersten  Musikunterricht.  Es  ist  ein 
einfacher,  aus  einer  kleinen  gedeckten  Orgelpfeife  bestehender  Apparat,  der 
durch  ein,  an  einem  Gummischlauch  befestigtes  Mundstück  angeblasen  wird, 
und  dann  einen  flötenartigen  Ton  angiebt.  Die  verschiedenen  Töne  werden 
durch  das  Verschieben  eines,  in  der  Pfeife  auf-  und  niedergehenden  Filzkolbens 
gewonnen.  An  der  Kolbenstange  befindet  sich  ein  Messingdraht,  welcher  in 
zwei  seitwärtsgebogenen  Spitzen  ausläuft,  die  links  und  rechts  auf  der,  an  der 
Pfeife  aufgezeichneten   chromatischen   Scala,   den   angeblasenen  Ton   bezeichnen. 


Tonart. 


463 


Dadurch  werden  dem  Schüler  nicht  nur  die  IntervallenverhältnisBe  der  Ton- 
leiter zur  Anschauung  gebracht,  sondern  er  lernt  aus  dem  Standort  des  Kolbens 
auch  die  Länge  der  schwingenden  Luftsäule  kennen. 


Tonanzeisrer. 


Tonart  (X,  217).  In  seltsamster  Verkennung  der  eigentlichsten  Natur  des 
Darstellungsmaterials  wie  der  besondern  Art  seiner  künstlerischen  Verwendung 
und  in  dem  Bestreben  nach  höchster  Ungebundenheit  der  Kunstgestaltung,  hat 
die  Neuzeit  auch  den  Versuch  gemacht,  die  Tonart  zu  beseitigen  und  die  Har- 
monik ganz  willkürlich  oder  nur  in  dem  Bestreben  zu  wählen,  bestimmte  reiz- 
volle Klänge  zu  erzeugen,  um  damit  gewisse  Effekte  zu  erzielen.  Der,  nur 
auf  nervenreizende  Wirkung  bedachten  neuen  Richtung  konnte  nur  wenig  noch 
daran  liegen,  die  Tonart  harmonisch  auszuprägen  und  so  ist  es  auch  nicht  zu 
verwundern,  dass  man  sie  einfach  für  beseitigt  erklärte  und  sie  schliesslich 
nicht  einmal  mehr  äusserlich  durch  die  Vorzeichnuncr  andeutete.  Es  ist  an  ver- 
schiedenen  Orten  dieses  Werkes  ausführlich  gezeigt  worden,  dass  der  Kunst- 
gestaltung des  Materials  nothwendiger  Weise  die  Einfügung  in  ein  bestimmtes 
System  vorausgehen  muss.  Die  Töne  müssen  nach  ihrer  eigensten  innern  Ver- 
wandtschaft zusammengestellt  werden,  so  dass  sie  in  genau  abgewogene  Be- 
ziehungen zu  einander  treten,  wenn  sie  als  Bausteine  zu  Kunstformen  benutzt 
werden  sollen;  es  wurde  nachgewiesen,  wie  mit  dieser  Einreihung  des  Materials 
die  künstlerische  Thätigkeit  beginnt  und  wie  es  dadurch  erst  geeignet  wird, 
gewissen  Ideen  fassbare  Gestalt  zu  geben.  Eine  schöpferische  Thätigkeit,  welche 
darauf  verzichtet  und  diesen,  durch  die  Natur  gesetzten  Organismus  missachtet, 
kann  nichts  weiter  als  nervenreizende  Wirkungen  erreichen,  nimmer  aber  uns 
in  fassbarer  Form  einen  Inhalt  offenbaren.  Dabei  verliert  aber  auch  ganz  ent- 
schieden das  harmonische  Material  an  Mannichfaltigkeit  der  Wirkung.  Der 
Dreiklang  gewinnt  in  seinen  verschiedenen  Stellungen  als  Tonika,  Domi- 
nant und  Unterdominant  jedesmal  eine  andere  Wirkung  und  diese  wird 
wiederum  wesentlich  verändert,  wenn  der  betreffende  Dreiklang  nicht  formbil- 
dend, sondern  nur  ausschmückend  und  ausgestaltend  wirkt.  Der  Des-dur  Drei- 
klang beispielsweise  macht  als  Tonika  der  Des-dur  Tonart  einen  ganz  andern 
Eindruck,  als  wie  als  Dominant  von  Ges-dur  oder  als  Unterdominant  von 
As-dur;  und  wieder  wirkt  er  anders  wenn  er  die  C-dur-  oder  die  F-dur,  die 
A-dur-  oder  B-dur-,  die  C-moU-  oder  F-moll-,  die  Des-moll-  oder  eine  andre 
Tonart  nur  ausschmücken  oder  vertiefen  helfen  soll.  Wie  die  Chi'omatik,  wenn 
sie  das  System  auflösend  eintritt  ganz  charakterlos  wird,  so  wird  es  auch  die, 
auf  sie  basirte  Harmonik.  Die  feinsten  harmonischen  Effekte  werden  immer 
nur  mit  der  fein  abgewogenen  Verwendung  jener  intimen  Beziehungen,  in 
welche  die  Töne  in  der  diatonischen  Tonleiter  gesetzt  sind  und  zu  deren 
mannichfaltigeren  Gestaltung  dann  die  chromatische  Tonleiter  mit  herbeigezogen 
wird,  gewonnen.  Die  harmonisch  feststehende,  in  Tonika,  Dominant  und  Unter- 
dominant sich  darstellende  harmonische  Gestaltung  der  Tonart  ist  durch  die 
Chromatik  so  mannichfaltig  darzustellen,  dass  sie  unerschöpfliche  Mittel  zu  in- 


464  Torri  —  Towers, 

dividuellster  Charakteristik  gewährt.  Die  grössten  und  frühesten  Harmoniker 
Johann  Sebastian  Bach  und  Franz  Schubert  haben  dies  glänzend  dar- 
gcthan.  Es  erscheint  deshalb  selbst  von  dem  Standpunkt  der  sogenannten 
Neuromantiker  aus  als  ein  B-ückschritt,  diese  Mittel  der  Charakteristik  damit 
aufzugeben,  dass  man  ihnen  in  der  fest  ausgeprägten  Tonart  ihren  eigentlichen 
Grund  und  Boden  entzieht.  Mit  den  ausgesuchtesten,  fein  erwogenen  Klang- 
efifekten  wird  nicht  erreicht,  was  jenen  Meistern  oft  mit  den  einfachsten  Harmo- 
nien gelingt,  die  sie  jenem  einheitlichen  Grunde  einwirken  und  in  ihrer,  noth- 
wendig  ohne  Stütz-  und  Zielpunkt  erfolgenden  Häufung  wirken  die  pikanten 
Harmonien  der  Neu-Komantiker  leicht  ermüdend,  während  die  kühnen  Harmonien 
dem   Organismus  der  Tonart  eingefügt,  immer  anregend  und  belebend  wirken. 

Torri,  Pietro  (X,  272),  stand  bereits  1689  als  Kammer-Organist  in  kur- 
fürstlichen Diensten  in  München  und  erwies  sich  hier  schon  1690  als  drama- 
tischer Componist  sehr  thätig.  1692  ging  der  Kurfürst  Maximilian  zur  Ueber- 
nahme  der  Statthalterschaft  der  spanischen  Niederlande  nach  Brüssel  und  ein 
grosser  Theil  der  Hofmusik  erhielt  Befehl,  dorthin  zu  folgen;  1694  im  October, 
ward  auch  der  Organist  P.  Torri  als  Hofkapellmeister  dorthin  befohlen  und  er 
blieb  hier  bis  1701,  in  welchem  Jahre  er  mit  dem  Kurfürsten  zurück  nach 
München  ging.  Im  spanischen  Erbfolgekriege  erklärte  sich  der  Kurfürst  Max 
Emanuel  bekanntlich  für  Frankreich,  brach  mit  Oesterreich  und  musste  nach 
der  Schlacht  von  Holstein  (13.  August  1704)  flüchten,  wurde  1706  geächtet 
und  erst  im  Frieden  zu  Baden  (1714)  wieder  in  seine  Länder  eingesetzt.  T., 
der  seit  1704  den  Titel  eines  Kammermusikdirektors  führte,  ging  mit  dem 
Kurfürsten  zum  zweiten  Mal  1704  nach  Brüssel  und  hielt  auch  wieder  im 
Gefolge  desselben  am  10.  April  1714  seinen  Einzug  in  München.  Nach  dem 
am  9.  März  1732  erfolgten  Tode  des  Hofkapellmeisters  G.  Ant.  Bernabei,  trat 
T.  an  dessen  Stelle  und  behielt  dieselbe  bis  an  seinen,  am  6.  Juli  1737  er- 
folgten Tod.  Von  seinen  zahlreichen  Opern  gelangten  in  München  zur  Auf- 
führung: y>Gli  Oracoli  di  Pallade  e  di  Nemesi«,  am  6.  Februar  1690  (es  war 
dies  nur  eine  musikalisch  dramatische  Indroduction  zu  einem  Tournier),  ytMeropea 
(1719),  y>Ädelaide<i  (1722),  r>Pariatü<-  (1722),  r>Lucio  Vero«.  (1723),  y>Ainadisa 
(1724),  »Venzeslao«  (1725),  y>Epaminondaa  (1727),  »Mcomedea  (1728),  ^Edippov. 
(1729),  y>Ippolito  (1731),  y>Griseldm  (1735),  y>Catonea  (1736)  u.  A.  Ueber  seine 
Thätigkeit  in  Brüssel  ist  wenig  bekannt.  Van  der  Straeten  citirt  ihn  als  den 
Vorgänger  von  P.  Ant.  Fioceo  und  spricht  besonders  von  einem  Oratorium 
Torri's:  r>Les  vanites  du  mondea,  das  unter  ungeheurem  Beifall  im  Jahre  1706 
wiederholt  aufgeführt  wurde.  Dass  übrigens  sowol  der  Kurfürst  Maximilian 
Emanuel,  wie  dessen  Nachfolger  Carl  Albert  den  Künstler  sehr  hoch  schätzten, 
wird  durch  viele  Gunstbezeugungen  bestätigt.  Ein  Passus  eines  Dekrets  d.  d. 
Namur  13.  Juli  1712  lautet:  »dem  Rath  und  Kapellmeister  P.  Torri  in  sonder- 
barer Consideration  der  zur  vollsten  Satisfaktion  geleisteten  Dienste  täglich 
zwei  Bouteillen  Burgunderwein  bewilligt.  Nach  seinem  Tode  wurden  seinen 
beiden  Töchtern  bis  zu  ihrer  etwaigen  Versorgung  jährlich  200  fl.  Pension 
bewilligt,  dem  Sohne  waren  schon  seit  1719  für  die  Studienzeit  jährlich  200  fl. 
ausgesetzt  worden. 

Tosti,  F.  Paoli,  italienischer  talentvoller  Componist  von  Einzelgesängen 
mit  italienischen  und  französischen  Texten,  welche  bei  Ricordi  in  Mailand  er- 
schienen ;  er  gab  auch  eine  sehr  interessante  Sammlung  von  Volksliedern  aus 
den  Abruzzen  heraus.  Diese  höchst  eigenthümlichen  Melodien,  zu  denen  die 
Worte  aus  dem  Dialekt  ins  Italienische  von  Petrosemolo  übertragen  wurden, 
sind  veröffentlicht  unter  dem  Titel:  r>Ganti  popolari  abruzzesi«. 

Towers,  John,  englischer  Musiker,  studirte  in  Manchester,  auf  der  königl. 
Akademie  in  London  und  drei  Jahre  in  Berlin  bei  A.  B.  Marx  Musik.  Hierauf 
kehrte  er  nach  Manchester  zurück,  wo  er  eine  Anstellung  als  Organist  erhielt. 
Er  leitet  dort  auch  mehrere  Gesangvereine  und  veröffentlichte  Ciavier-  und 
Gesangscompositionen. 


Treu  -  Tutilo.  465 

Tren,  Abndias  (X,  294),  geboren  am   29.  (nicht   22.)  Juli   1597. 

Trlebert,  Charlos  Louis  (X,  298),  wurde  1860  Prolessor  der  Oboe  am 
Conservatorium  in  Paris  und  starl»  am  18.  Juli  1867  auf  der  Rückkehr  von 
Hveres,  wo  er  Genesung  von  einem  Brustübel  suchte,  in  Gravelle  St.  Maurice 
bei  Joinville-le-Pont.  Sein  Bruder  Frederic  war  auch  Oboenbläser  und  zugleich 
Instrumentenbauer  von  Blasinatrunieuten,  er  starb   in   Paris  im   März   1878. 

Tritto,  Giacomo  (X,311),  nach  Adrien  de  la  Fage  (DMiscellanees  musicalesa) 
der  die  Notizen  direkt  von  dem  Sohne  erhalten  hatte,  ist  der  eigentliche  Name 
Tritto's  »Giac.  di  Turitto«,  und  sein  Geburtsjahr  1735  oder  1736.  Den  Todes- 
tag giebt  derselbe  als  den   16.   (nicht   17.)   September   1824  an. 

Trojano,  Massimo  (X,  312).  Im  Jahre  1570  ermordete  er  in  Gemein- 
schaft mit  einem  andern  Hofmusiker,  Canillo  aus  Parma,  in  Landshut  aus  Hass 
und  Neid  einen  seiner  Collegen  und  rausste  mit  seinem  Complicen  aus  Baiern 
flüchten,  seitdem  verlor  man  jede  Spur  von  ihm. 

Troman,  Thomas,  englischer  Musiker,  geboren  gegen  1828,  lebt  in  Bir- 
mingham, wo  er  als  Pianist  bekannt  ist  und  als  Organist  an  verschie- 
denen Kirchen  thütig  war.  Er  gab  eine  Anzahl  Orgel-  und  Ciavierstücke 
heraus,  ferner  Anthems  und  andere  Kirchenstücke  und  schrieb  die  Cantate:  »5y. 
the   waters  of  Babylona. 

Trombetti,  Ascanio  (X,  312),  war  von  lc83 — 89  Kapellmeister  der  Stifts- 
kirche San- Giovanni  in  Monte.  Es  sind  noch  folgende  Werke  von  ihm  be- 
kannt: »//  Primo  Lihro  de  Madrüjali  a  5  vociv.  (Venedig,  Gardano,  1583); 
«Jl  Frimo  Libro  de  Madrigali  a  4  vocüi  (Venedig,  Gardano,  1586),  enthält 
21  Madrigale;  »JZ  Frimo  Libro  de  Motefti«  ä  5,  6,  7,  8,  10  und  12  Stimmen 
(Venedig,  (^ardano,  1589),  ist  dem  Herzog  Alfons  von  Este  dedicirt  und  ent- 
hält achtunddreissig  Corapositionen;  ein  vierstimmiges  Madrigal  (gedruckt  1587 
bei  Giovanni  Rossi).  Tr.  gehörte  als  Instrumentalist  einer  Kapelle  in  Bologna 
an.     Sein  Bruder: 

Trombetti,  Girolamo,  geboren  in  Bologna,  war  Virtuose  auf  der  Posaune 
und  gehörte  zu  derselben  Kapelle  in  welcher  sein  Bruder  thütig  war;  folgte 
auch  diesem  alrj  Kapellmeister  an  San  Giovanni  in  Monte.  Man  kennt  von 
ihm:  einige,  in  die  Sammlungen  seines  Bruders  mit  aufgenommene  Compo- 
sitionen  und:  y>Il  Frimo  Libro  de  Madrüjali  a  5  voci(f  (Venedig,  Gardano,  1590), 
enthält  dreiundzwanzig  Stücke. 

Tschirch,  Adolph  (X,  329),  starb  am  27.  August  1875  in  Guben. 

Talou,  Jean  Louis  (X,  333),  starb  in  Nantes,  wohin  er  sich  zurückge- 
zogen hatte,  am  23.  Juli  1865.  Die  von  ihm  für  die  Flöte  componirten  Stücke 
erreichen  die   Zahl  hundert. 

V 

Turnerhorn  heist  ein  von  Cerveny  erfundenes  Metallblasinstrument,  ähn- 
lich dem  Jägerhorn  mit  i*^- Stimmung. 

Turnboat,  Jean  (X,  353),  der  eigentliche  Name  dieses  Musikers  ist  zufolge 
der  Forschungen  des  belgischen  Musikforschers  Leon  de  Burbure,  »Jean  Jacqueso. 
Das  Dokument  aus  den  Archiven  des  Vormundschaftsgerichts  auf  das  sich  B. 
stützt,  datirt  vom  19.  März  1589,  nennt  ihn  Jean  Jacques,  fils  de  Gerard 
maitre  de  la  chapelle  de  Son  Altesse  (meester  Jan  Jacques  Gheerts  'sone,  sang- 
meester  von  Zyne  Hoochlyt).  L.  de  Burbure  hat  über  den  Gegenstand  in  der 
königl.  belgischen  Akademie  eine  Vorlesung  gehalten,  welche  in  den  Abhand- 
lungen derselben  (2.  Serie  T.  XLVI  Nr.  12,  1878)  und  in  Separatabdrücken 
veröffentlicht  ist. 

Tutilo  (auch  Tuotilo),  ein  Mönch  in  St.  Gallen,  war  ein  Universalgenie; 
er  galt  in  der  Schnitzkunst  und  im  Baufach  für  einen  Meister,  hiess  wegen 
seines  Muthes  und  seiner  Tapferkeit  ein  Haudegen  und  war  auch  als  Redner, 
Goldschmidt  und  Musiker  ausgezeichnet.  "Wie  Notker  durch  seine  Sequenzen, 
so  hat  sich  Tutilo  durch  seine  Tropen  (s.  d.)  einen  Platz  in  der  Geschichte 
des  Kirchengesanges  erworben.  Zwei  seiner  Melodien  hat  Schubiger  (Die  Sän- 
gerschule  St.   Gallen)  in  neuerer  Zeit  veröflentlicht.     Auch   mit  den,  jener  Zeit 

Musiknl,  Ct  nrers.-Lexikon.    Er^SnzungübaDd.  30 


466  Tyndall  —  Urio. 

geübten  Instrumenten:  Flöte,  Organum,  Rota,  Cimbal  u.  s.  w.  war  Tutilo  wol 
vertraut.  Er  starb  geliebt  und  bewundert  am  27.  April  915.  Die  Katharinen- 
kapelle,  in  welcher  er  bestattet  wui*de,  nannte  man  in  der  Folgezeit  Tutilokapelle. 

Tjudall,  John,  berühmter  Physiker  Grossbritauiens,  gegen  1820  in 
Leighliu-Bridge  bei  Carlow  in  Irland  geboren,  gab  in  sehr  klarer  Darstellung' 
ein  Buch  »Ueber  den  Ton«  heraus  (Acht  Vorlesungen  welche  er  im  königl. 
Physikalischeu  Institut,  dessen  Direktor  er  ist,  gehalten  hat).  Das  Buch  unter 
dem  Titel:  »ie  Soni,  von  Abbe  Moigno  ins  Französische  übersetzt,  erschien 
(Paris,  Gautier  Villars,   1869)  mit  vielen  Abbildungen. 

Tyrell,  Agnes,  geboren  1848  in  Brunn,  ist  durch  Prof.  Pacher  in  "Wien 
zur  trefflichen  Pianistin  ausgebildet.  Ihre  theoretischen  Studien  leitete  Otto 
Kitzler  in  Brunn  und  mehrere  veröffentlichte  Werke  wie:  zwölf  grosse  Etüden 
für  Pianoforte,  zwei  Nocturnes  und  eine  Mazurka  zeugen  von  bedeutendem 
Talent  und  Geschick.  Ausserdem  componirte  sie  auch  Werke  für  Orchester: 
drei  Ouvertüren,  eine   Sinfonie  u.   s.  w. 

Tywersas,  Lautenmacher  des  16.  Jahrhunderts,  befand  sich  1520  im  Dienste 
der  Prinzen  von  Lothringen  und  wohnte  auf  dem  Schlosse  Ravenel,  der  Residenz 
seiner  Gönner.  Seine  Instrumente  sollen  in  der  Bauart  mit  denen  des  Andre 
Amati  einiges  gemein  haben. 

Tzartzelew,  Prinzessin,  s.  Lavrowska  Elisabeth, 


U. 

Uccelli,  Mad.  Carolina  (X,  360),  starb  gegen  1855. 

Ungarische  Masik  (X,  390).  Csardas  wird  von  dem  Wort  »Csärdä«  = 
die  Haideschenke  abgeleitet.  Bis  zur  Revolution  des  Jahres  1848  wurde  der 
Csardas  zumeist  nur  in  den  untersten  Schichten  der  Bevölkerung  Ungarns  ge- 
tanzt, erst  seit  dieser  Zeit  gewann  er  auch  in  den  Salons  der  Aristokraten  und 
bei  öffentlichen  Bällen  Eingang.  Er  besteht  aus  einem  Lassü  (sprich:  Laschuh), 
ein  im  */g  Takt  gehaltener  und  mit  Andante  con  moto  bezeichneter  Tanz,  der 
aus  mehreren  meist  8taktigen  Theilen  zusammengesetzt  ist.  Er  wird  so  oft 
wiederholt,  als  es  dem  Dirigenten  oder  den  Musikern  beliebt.  Diesem  schliesst 
sich  der  sogenannte  Czifra  an,  der  in  raschen,  Sechzehntel-  oder  Zweiund- 
dreissigstel-Noten  gehalten  ist  und  gegen  den  Schluss  im  Tempo  stringendo 
zum  Fris  überleitet.  Der  Fris  (sprich:  Frisch)  ist  der  zweite  Haupttanz  des 
Csardas,  er  ist  im  ^/^  Takt  im  Allegro-Tempo  gehalten  und  besteht  wieder 
aus  mehreren  Theilen,  die  ebenfalls  mehrmals  wiederholt  werden.  Um  den 
Tänzern  nach  diesem  schnellen  und  ermüdenden  Tanz  einige  Ruhe  zu  gönnen, 
lässt  der  Dirigent  den  Lassü  folgen  und  schliesst  dann  mit  dem  Fris  dem  ein 
Czifra  als  Coda  beigefügt  wird.  Im  beschleunigten  Tempo  wird  dann  das 
Ende  herbeigeführt.  Die  beliebtesten  Csardas  sind:  y>Tolnay  lakadalmasa ;  r>Makoi 
Csdrddsa;  y>Luiza<i;  -aldaa;  y>8zegeny  'paraszH ;  nUartfai  emlek«-;  •aTeclmikusv. ;  nisteni 
Csdrddsa;  n Rozsahokora  u.  a.  Die  hervorragendsten  Csärdäs-Componisten  sind:  Josef 
Rizner,  Rozsavölgyi,  Egressy,  Dobozy,  Tormäsy,  Swasztics,  Ignaz  Frank,  Keler 
Bela,  Thern,  Dome,  Moritz  Windt,  Joh.  Veszter,  Konkolyi  Thegem,  Joh.  Kirch, 
Rupp,  Bartay,  Merty,  Nittinger,  Tisza  u.  a.  Der  Zigeuner-Race  gehören  fol- 
gende Componisten  an:  Kälozdy,  Farka,  Bunko,  Särkozy,  Kecskemety,  Pecseny- 
änszky,  Räcz  Pal,  Patikarins  u.  a.  m. 

Unger,  Caroline,  Frau  Sabatier  (X,401),  starb  am  23.  März  1877  auf 
ihrer  Villa  della  Concezione  bei  Florenz. 

Urio,  Francesco  Antonio  (X,  429),  es  sind  folgende  noch  nicht  er- 
wähnte Compositionen  desselben  bekannt:  Eine  »Ganfafa  da  camerav.  1696  (dem 
Prinzen  Ferdinand  von  Medicis  gewidmet);  die  Oratorien  y>Samsone(i  1701  und 
*Madalena  converUtaa.   1706. 


Urqiihart  —   Urdprünglich.  467 

Urqahart,  Thoinas,  geschickter  Lautunraacher,  der  Ende  des  17.  Jahr- 
hunderts in  London  arbeitete  und  dessen  Instrumente  mit  denen  des  Jacob 
Rayraan  Aehnlicbkeit  haben.  Einer  seiner  Schüler  war  Norman,  dessen  In- 
strumente in   Enghmd   im   18.   Jahrliundert  geschätzt  wurden. 

Ursillo,  Kabio  (X,  430),  verbrachte  den  grössten  Theil  seines  Lebens  in 
den  Niederlanden,  denn  er  gehörte  vom  Jahre  1725  an  zur  Privatmusik  des 
Bischofs  von  Tournai,  und  zwar  vierunddreissig  Jahre  hindurch,  bis  1759, 
wahrdciieinlich  das  Jahr  seines  Abstorbens  (s.  La  Musique  aux  Pays-Bas, 
Vander  Straeteii). 

Urso,  Camilla,  geboren  1842  in  Nantes  in  Frankreich,  bildete  sich  unter 
Massart  in  Paris  zu  einer  ausgezeichneten  Pianistin.  1862  ging  sie  mit  ihrem 
Vater  nach  Amerika,  wo  sie  in  den  bedeutendsten  Städten  mit  ausserordent- 
lichem   l']rf()lge   spielte. 

Ursprllugrlich    (X,  437).      Selbst     dem    Wortsinn     nach    wird    der    Begriff 
»ursprünglich«  nicht  so  eng  gefasst,    wie  im   Hauptwerk  geschieht.     Im  Allge- 
meinen  bezeichnet  man  mit  »ursprünglich»   beim  Kunstschaffen  das,  was  seinen 
Ursprung  im  Künstler  hat,  diesem   nicht  von   aussen  zugeführt  worden   ist.     In 
diesem  Sinne  dürfte    es    nur  wenig  Kunstwerke    geben,    die  in  allen  ihren  ein- 
zelnen  Theilen    als    ursprünglich    gelten  können.      Wiederholt  ist  darauf  hinge- 
wiesen worden,  dass  der  schaffende  Künstler  an  verschiedene  Bedingungen,  unter 
denen  das  Kunstwerk  überhaupt  erst  entsteht,  gebunden  ist;  er  muss  die  Gesetze, 
nach   denen    das   Material  zum  Kunstwerk  zusammen   zu  fügen  ist,    beobachten, 
ebenso  wie  die,    durch   unsere  Siunesthätigkeit  und  Empfänglichkeit  gebotenen, 
und   so    ist   er   genöthigt,   an  gewissen  Formen  der  Darstellung  fest  zu  halten, 
die  ausserhalb  seiner  Innerlichkeit  entstehen,  also  ihm  nicht  eigentlich  ursprüng- 
lich sind.      Erst   in  der  besoudern  Weise,   in  welcher  er  sie  durch  seine  Inner- 
lichkeit beseelt,  und  so  zum   Träger  seiner  Individualität  macht,   zeigt  sich  die 
Bedeutung   und    Grösse    seiner    eigenen  Ursprünglichkeit.      Es    ist   an  den  ver- 
schiedensten Formen  nachgewiesen  worden,    dass   sie  selten  durch  eine  gestal- 
tende,   geniale  Kraft  geschaffen  wurden,    sondern    dass   sie  sich  aus  der,    durch 
eine  Reihe  schaffender   Genies  repräsentirten  Praxis  ergaben.     Auch  jene  Melo- 
dien   des    gregorianischen    Kirchengesanges,    die    im    Hauptwerk    als    durchaus 
ursprünglich  bezeichnet  wurden,  entstanden  auf  diese  Weise  und  sie  beherrschten 
die  gesammte  Musik  ein   Jahrtausend  und  erzeugten  eine  unübersehbare  Reihe 
durchaus  ursprüuglicher  Werke.  Auch  die  künstlichen  contrapunktischen  Formen, 
in  denen   diese    sich  darstellen,    sind  nicht  durch  das   Genie  einzelner,    sondern 
durch    die    speculirende    Thätigkeit   einer    Gesammtheit    geschaffen.      Aber    aus 
diesen  gegebnen   Melodien  und  innerhalb  der  überkommenen   contrapunktischen 
Formen,    haben    die    Meister    in    Italien,    Deutschland    und    in  andern  Ländern 
eine    Reihe    durchaus     eigenthümlicher    und    ursprünglicher    Werke    geschaffen. 
Die  späteren   Meister    schöpften    dann    aus    dem    andern    Quell    ursprünglicher 
Melodik,  der  ihnen   im  Volksliede   sich  erschloss  und  unter  der  emsigen  Arbeit 
der  Musikpraxis     entstanden    wiederum    neue    Formen    und  gleichfalls  nicht  als 
unmittelbares  Ergebniss  genialer  Schöpferkraft,    aber  diese  bemächtigt  sich  der 
neuen  Melodik  ebenso  wie  der  neuen  Formen  um  wieder  neue  durchaus  ursprüng- 
liche Kunstwerke  auf  dieser  veränderten  Grundlage  aufzubauen.     Weder  Händel 
noch  Bach   haben   im  Grunde  neue  Formen  geschaffen   und  ihre   Melodik  verräth 
überall,  dass  sie  aus  dem  allgemeinen  Quell  derselben  schöpfen,  aber  indem  sie  die 
Motive    und    die,    aus    ihnen    heraustreibenden  Formen    mit    ihrer  Innerlichkeit 
erfüllen,    werden    diese    ursprünglich    in    dem    angegebenen    Sinne.      Auch    die 
Vollender    des    eigentlichen    Instrumentalstils,    Haydn .    Mozart    und    Beethoven, 
haben,  wie  an   verschiedenen  Orten   gezeigt  wurde,  keine  eigentlich  neue  Formen 
gebildet,    aber   sie    haben    diese    nicht  nur  mustergültig  organisirt,    sondern   sie 
zugleich    mit    dem    entsprechenden,    ewig   verständlichen  Inhalt    erfüllt,    und    so 
schufen   auch   sie  Werke  von  durchaus  ursprünglicher  Bedeutung.     Nur  in  diesem 
Sinne   wurde   Schubert  der  Schöpfer  der  modernen  musikalischen  Ijyrik.     Seine 

30* 


468  Utendal  —  Valentino. 

Melodik  und  seine  Formen  weisen  gleichfalls  auf  frühere  Jahrhunderte  zurück, 
aher  sie  sind  doch  auch  wieder  in  seinem  eigenen  Innern  so  erneut  und  um- 
gestaltet, dass  sie  als  durchaus  ursprünglich  gelten  müssen.  Aus  diesen  Unter- 
suchungen, die  auf  alle  grossen  und  kleinen,  bedeutenden  und  unbedeutenden 
Meister  ausgedehnt  werden  könnten,  und  immer  zu  demselben  Resultat  führen, 
ergiebt  sich,  dass  es  eine  TJrsprünglichkeit,  die  einzig  in  ihrer  Art  ganz 
selbständig,  nicht  nachgebildet  oder  von  anderen  Kunstschöpfungen  abgeleitet  ist, 
im  strengsten  Sinne  kaum  geben  kann.  Das  ewig  Gesetzmüssige  am  Kunst- 
werk ist  eben  Allen  eigen  und  Keinem  daher  ursprünglich  und  dies  wird  immer 
mehr  oder  weniger  nachgebildet  erscheinen.  Erst  in  der  besondern  Weise  der 
Anwendung,  in  der  eigenthümlichen  Art  der  Ausstattung,  in  der  Besonderge- 
staltung der  ursprünglichen  Formen  überhaupt  zeigt  der  einzelne  schaffende 
Künstler,  wie  weit  seine  eigene  Ursprünglichkeit  reicht.  Jene,  im  Hauptwerk 
erwähnte,  welche  nur  durch  die  Verletzung  der  ewigen  Gesetzmässigkeit  erreicht 
wird,  hat  geringe  Bedeutung,  kann  höchstens  zeitweise  interessiren ;  einzig 
jene,  innerhalb  dieser  Gesetzmässigkeit  erreichte,  erlangt  Bedeutung  für  die 
Kunstentwickelung. 

Utendal,  Alexander  (X,  438,  nach  Vander  Straeten  »Musique  aux  Pays- 
Bas«  ist  Uutendal  die  richtige  Schreibart  dieses  Namens).  Nach  dessen  Unter- 
zeichnungen ist  er  nicht  in  der  Kapelle  Kaiser  Ferdinands  I.  und  dessen 
Nachfolger  Maximilian  thätig  gewesen,  sondern  stand  im  Dienste  des  Erz- 
herzogs Ferdinand  von  Oestreich,  Grafen  von  Tyrol,  und  starb  in  Insbruck 
am  8.  Mai  1581. 


V. 

Vaccaj,  Nicolo  (X,  439),  starb  am  6.  August  1848  (nicht  1849)  in  Pesaro. 
Seine  berühmte  Gesangschule  erschien  bei  Eicordi  in  Mailand  in  einer  italienischen 
und  einer  französischen  Ausgabe;  die  italienische  unter  dem  Titel:  -oMetodo  di 
canto  italiano  per  cameraa.  Ebenda  erschienen  noch  von  ihm:  »i2  Ariette  per 
Camera,  per  Vinsegnamento  del  Bel-Canto  italiano«;  eine  Sammlung  von  vier 
Bomanzen   (nachgelassene)  und  mehrere  Einzelgesänge. 

Vacher,  Louis,  Arzt  in  Paris,  der  auf  dem  Conservatorium  in  Lyon 
gründliche  Gesangstudien  gemacht  hat,  veröffentlichte:  y>De  la  voix  chez  VJiomme 
au  point  de  vue  de  sa  formation,  de  son  efendue  et  de  ses  registresi  (Paris, 
G.  Masson,  1877,  in  ^^). 

Valdrighi,  Graf  Luigi  Francesco,  veröffentlichte  eine  Geschichte  der 
Lautenmacher- Schule  von  Modena  in  dem  Schriftchen:  liRicherche  sulla  luiteria 
e  violineria  modenese  antica  e  moderna«.  In  einem  zweiten  Werkchen  »Musurgiana« 
beschreibt  er  die  zwei  alten  Instrumente  »Scrandola«  und  »Psalterion«  (Modena, 
Olivar,  1879,  in  12°).  Eine  dritte  seiner  Arbeiten  ist:  »i)i  una  hnsta  di  antichi 
e  rari  strumenti  di  ßatoa  (Florenz,  Guidi,  in   12°). 

Talentini,  Carlo  (X,  443),  starb  am  1.  April  1853.  Er  schrieb  ausser 
den   Opern  auch  viel  Kirchenmusik. 

Yalentino,  Henri  Justin  Joseph,  einer  der  ausgezeichnetsten  Orchester- 
dirigenten, die  Frankreich  besass,  wurde  am  15.  October  1785  in  Lille,  wo  seia 
Vater,  Italiener  von  Geburt,  Hospitalarzt  war,  geboren.  Bereits  im  vierzehnten 
Jahre  dirigirte  er  in  der  Provinz  kleinere  Orchester.  1820  wurde  er  am 
Theater  in  Metz  neben  Kreutzer  als  zweiter  Kapellmeister  engagirt,  und  nach 
Abreise  desselben  theilte  er  die  Opernleitung,  während  welcher  viele  neue  Opern 
in  Scene  gingen,  mit  Habeneck.  V.  fand  indessen  Grund,  1830  seine  Stellung 
aufzugeben,  und  wurde  hierauf  für  die  Opera  comique  in  Paris  gewonnen,  wa 
er  gleichfalls  als  Dirigent  ausgezeichnetes  leistete.  1837  gab  er  auch  diese 
Stellung  auf  und  gründete  im  »Salle  Saint-Honore   (jetzt  noch  Salle   Valentino 


Van  den  Berghe  —  Van  der  Ghinste.  469 

genannt)  Yolksconcerte  für  classische  Musik,  die  ersten  in  Frankreich.  Er 
bildete  ein  Ürchester  aus  fiinfundachtzig  jungen  Künstlern,  von  welchen  mehrere 
sich  später  einen  Namen  machten.  Die  classischen  Concerte  fanden  viermal 
in  der  Woche  statt.  Die  Virtuosenstücke,  die  zur  Ausführung  gelangten,  dirigirte 
Joseph  Habeneck  der  Bruder  des  Dirigenten  der  Oper,  die  leichtere  Musik, 
welche  an  einigen  Abenden  der  Woche  ausgeführt  wurde,  ein  dritter  Kapell- 
meister. Das  Entree  betrug  für  die  classischen  Abende  2  Frcs.,  für  die  anderen 
1  Frc,  aber  die  Zeit  war  noch  nicht  reif  für  das,  mit  aller  Sorgfalt  geleitete 
Unternehmen.  Nach  einer  kurzen  Glanzzeit  mussten  die  Sinfonien  Beethovens, 
den  Quadrillen  von  Musard  u.  s.  w.  weichen.  Valentino  trennte  sich  jetzt  von 
dem  Unternehmen  und  zog  sich  1841  nach  Versailles  zurück.  Noch  1846  wurden 
ihm  15,000  Frcs.  und  eine  Benefiz- Vorstellung  (vom  Direktor  der  Oper  Leon 
Pillet)  geboten,  wenn  er  die  Stelle  Habenecks  einnehmen  wolle,  was  V.  jedoch 
ablehnte.  Er  starb  in  Versailles  am  28.  Januar  1865,  gleich  hochgeschätzt 
als  Künstler  wie  als  Mensch. 

Tan  den  Berghe,  Philipp,  belgischer  Componist  und  Ciavierspieler, 
besuchte  das  Collegium  zu  Namur  und  die  Universität  Löwen.  Als  Pianist 
erhielt  er  Anleitung  von  Thalberg,  Herz,  Kühmstedt,  Schulhoff  und  Dreyschok, 
in  der  Composition  von  F.  Hiller.  Er  Hess  sich  in  Belgien,  Paris  und  London 
hören.  VeröflFentlicht  hat  er:  Achtundvierzig  Etüden  für  Orgel,  Präludien  und 
Fugen  für  die  Orgel,  Clavierconcert,  viele  Ciavierstücke,  ein  Te  Deum,  sechs 
Messen,  mehrere  Cantaten,  Motetten  u.  a. 

Van  den  Boom,  Jean,  geboren  iu  Gronsfeld  1826,  besuchte  das  Conser- 
vatorium  zu  Lüttich  unter  Desoigne-Mehul  und  bildete  sich  zu  einem  trefflichen 
Pianisten.  Nach  längerem  Aufenthalt  in  Paris,  concertirte  er  zunächst  in 
Lüttich,  wo  er  auch  mit  Prume  und  Massert  Kammermusiksoireen  eröffnete, 
und  dann  in  Belgien,  Holland,  Deutschland,  der  Schweiz  und  m  England. 
Nachdem  Hess  er  sich  in  Lüttich  nieder.  Er  schrieb  hauptsächlich  Duos  für 
Ciavier  und  Harmonium,  welche  Beifall  fanden.  Sein  Bruder  Edouard, 
geboren  1829  in  Gronsveld,  war  auch  Schüler  des  Lütticher  Conservatoriums 
und  ist  ebenfalls  Pianist  und  geschickter  Harmoniuraspieler,  für  welches  In- 
strument er  auch   schrieb. 

Van  den  Eeden,  Jean  Baptiste,  belgischer  Componist,  zur  Zeit  Direktor 
der  Musikschule  in  Mons,  geboren  in  Gent  am  26.  December  1842,  war  Schüler 
des  Brüsseler  Conservatoriums,  auf  welchem  er  1869  den  Römerpreis  für  die 
flämische  Cantate:  y>Faust  laatsie  NacliU  erwarb.  Es  gelangten  seitdem  grössere 
Compositionen  von  ihm  zur  Aufführung,  darunter:  eine  Cantate  zur  Enthüllungs- 
feier der  Statue  Grisar's  im  Theater  zu  Brüssel,  ein  sinfonisches  Scherzo 
y>Marches  des  esclaves«,  Orchesterstück,  Brutus,  historisches  Oratorium  u.  a. 
Gedruckt  erschienen:  n Judith  ou  le  Siege  de  Bethuliea,  grosse  Scene  für  drei 
Stimmen,  r>Les  Oouronnesu,  Chor,  »  Vaderlandsche  Volksliederen«,  sechs  patriotische 
Gesänge,  Sonate  für  Orgel,  Orgelpräludien,  Ciavierstücke. 

Van  den  Gheyn,  Matthias  (X,  450).  Eine  Auswahl  der  Compositionen 
des  berühmten  Organisten  wurde  unter  dem  Titel:  nMaUhiäs  Van  den  Gheyn 
le  plus  grand  organiste  helge  du  XVIII  siede,  recueil  de  produciions  legeres  pour 
piano  ou  pour  orguea,  durch  Xavier  Van  Elewyck  (Brüssel,  Schott,  in  4^*) 
veröffentlicht.  Ebenso  enthält  der  erste  Band,  das  von  X.  van  Elewyk  heraus- 
gegebenen Werkes:  nCollection  d'oeuvres  d'anciens  et  celebres  clavecinistes  ßamandsa 
(Brüssel,  Schott),  ausschliesslich  Werke  desselben  Componisten,  nämlich:  r>Six 
swites  de  pieces  de  clavecin«,  Op.  3,  y>Six  Divertimenti  pour  le  memc  instrument. 
Deux  preludes  pour  orgue,  et  deux  preludes  pour  carillona. 

Van  der  Ghiuste,  Pierre,  belgischer  Componist,  1789  in  Courtrai 
geboren,  schrieb  die  Oper:  y>IIet  pruissiach  Soldaten  Kwartiera,  die  erste 
über  flämischen  Text  coraponirte  Oper,  welche  zur  Aufführung  gelangte  (1810 
in   Courtrai).     Van  d.  Gh.  war  Kapellmeister  der  Kirche  in  Coui'trai  und  starb 


470  ^^^  <^cr  Plancken  —  Van  Lamperen. 

in    seiner  Vaterstadt    am    21.  Octobcr   1861.      Er    schrieb    eine  Anzahl    Messen 
und  andere  Kirchenstücke  und  einige   Claviercompositionen. 

Tan  der  Plaucken  (X,  452),  heisst  Correille  nicht  Charles. 
Tander  Straeten  (X,  452),  nicht  Straetten  wie  gedruckt  ist. 
Van  Dinter)  P.  F.,  das  älteste  Mitglied  einer  Orgelbauerfamilie,  die  in  den 
Niederlanden    seit    bald  einem   Jahrhundert  thätig  ist,    wurde   1785    in   Rotter- 
dam   geboren    und    starb    in    Teyelen   in    Limburg  am   18.  August  1854.     Sein 
Sohn  und  wahrscheinlich  Schüler: 

Van  Dinter,  P.  A,,  etablirte  sich  in  Tirlemont  und  arbeitete  später  in 
Maeseyck.  Er  lieferte  zahlreiche  schätzenswerthe  Instrumente,  unter  welchen 
das  beste  Orgelinstrument  1854  für  die  Kirche  St.  Martin  in  Courtay  erbaut, 
mit  der  Kirche  zugleich  durch  Feuersbrunst  zerstört  wurde.  Drei  Brüder  van 
Dinters  sind  ebenfalls  Orgelbauer:  Matthias  in  Weert  ansässig,  Fran9ois 
in  Monhein-sur-le-ßhin  und  P.  F.  zur  Zeit  in  der  Schweiz. 

Van  Eijsden,  auch  Eysden,  Jacques,  niederländischer  Musiker,  geboren 
am  18.  Februar  1839,  betrieb  seine  musikalischen  Studien  in  Rotterdam,  auf 
dem  Conservatorium  in  Brüssel  und  in  Leipzig.  Er  lebte  in  Utrecht,  wo  er 
auch  Quartettsoireen  gründete,  bis  er  1862  in  Gothenburg  in  Schweden  die 
Direction  eines  Orchesters  übernahm.  Eines  seiner  Quintette  wurde  von  der 
Musikgesellschaft  der  Niederlande  mit  dem  Preise  gekrönt,  auch  erhielt  er  für 
eine,  unter  seiner  Leitung  in  Rotterdam  ausgeführte  Cantate,  die  goldene  Medaille. 
Er  schrieb  ausserdem  Lieder,  eine  Ouvertüre  für  Orchester,  Polonaise  für  Violine 
und  Orchester  u.  a. 

Van  Eyken,  Jean  Albert,  s.  Eyken  van,  Hauptwerk  (III,  445). 
Van  Eysden  s.  v.  Eijsden. 

Van  Geertsom,  Jean,  Notendrucker,  der  um  die  Mitte  des  siebzehnten 
Jahrhunderts  in  Rotterdam  thätig  war,  und  unter  dessen  Publication  auch  eine 
Motettensammlung  sich  befindet,  die  seinen  Namen  als  Componist  trägt. 

Van  Gheluwe,  Leon,  belgischer  Componist,  ist  am  15.  September  1837 
in  Wanneghem-Lede  bei  Audenarde  geboren,  studirte  in  Gent  Musik,  nahm  am 
Concurse  in  Brüssel  theil,  erhielt  den  zweiten  Preis,  und  vom  Gouvernement 
die  Mittel,  eine  Reise  durch  Italien  und  Deutschland  zu  machen.  Der  Bericht, 
den  er  bei  dieser  Gelegenheit  über  den  Stand  des  Musikunterrichts  in  den 
Elementarschulen  abstattete,  erwarb  ihm  die  Stelle  eines  Inspektors  der  Musik- 
schulen Belgiens.  Einige  Jahre  war  er  auch  Lehrer  am  Conservatorium  in 
Gent,  später  Direktor  der  Musikschule  in  Brügge.  Van  d.  G.  veröffentlichte 
Kirchencompositionen  (unter  einem  Pseudonym),  Vocalsachen  unter  seinen  Namen. 
Er  schrieb  das  Oratorium  »  Venise  sauvee«  und  die  flämische  Oper  nPhilippinne 
van  Vlanderena ,  aufgeführt  in  Brüssel  1876.  G.  ist  mit  der  Pianistin  Marie 
Simonis  verheiratet. 

Van  Hoey,  Gustave  Jean  Constant  Marie,  belgischer  Componist,  ist 
zu  Malines  am  26.  October  1835  geboren,  machte  erst  Studien  in  der  Malerei, 
wendete  sich  dann  aber  der  Musik  zu  und  bezog  das  Brüsseler  Conservatorium, 
auf  dem  er  mehrere  Preise  erwarb.  Es  wurden  vier  Opern  von  ihm  aufgeführt: 
y>£en  Schilders  mesdag«  (Brüssel,  1866);  »iö  Saint  Luca  (Brüssel,  1865);  y)I£et 
Eerekruisv.  (Löwen,  1868);  •f>Le  VioUer<i  (Malines,  1872).  Ferner  Cantaten, 
Ouvertüren,  Messen,  Chöre  u.  a. 

Van  Hülst,  Felix  Alexander  (X, 454),  starb  als  Professor  der  Universität 
Lüttich  in  dieser  Stadt  am   12.  April   1872. 

Van  Lamperen,  Michel,  belgischer  Bibliograph  und  Tonkünstler,  in 
Brüssel  am  26.  December  1826  geboren,  machte  am  Conservatorium  daselbst 
seine  Studien.  Später  wurde  er  auf  Empfehlung  von  Fetis  zum  Bibliothekar 
der  damals  noch  ungeordneten  und  erst  im  Entstehen  begriffnen  Bibliothek 
des  Conservatoriums  ernannt.  Er  vervollständigte  und  ordnete  diese  und  gab 
einen  5000  Nummern  umfassenden  Catalog  derselben  heraus:  t)Catalo(jUe  de  la 
bibliotheque   du  Conservatoire  royal  de  musique  de  Bruxelles,   dresse  par  ordre  de 


Van  Maldere  —  Vaucorbcil.  471 

matieres,  alphahttique  et  chronologiquet  (Brüssel,  Püot  ot  Comp),  Der  zweite 
Theil  (4000  N.)  ist  in  Vorbereitung.  L,  veröffentlichte  auch  mehrstimmige 
rtligiüse  Gesilnge  mit  Orgellj(  gleitung. 

Vnn  Maldere,  Pierre  (X,  454),  starb   1708  um  3.  November, 

Van  Keysschoot,  D.  L.  H.,  Organist  und  belgischer  Componist,  X'^renkel 
des  gleichnamigen  Malers,  wurde  in  Gent  1832  geboren,  und  begann  seine 
musikalische  Laufbahn  als  Chorknabe,  besuchte  dann  die  Genter  Musikschule 
und  wurde  später  Urganist  an  der  Kirche  d»  s  Jesuittn-CoUegiunis  Sainte  Barbe. 
Er  schrieb  und  veröffentlichte  zahlniche  Kirchencompositionen,  auch  ein  Trio 
und  Ciavierstücke.  In  Gent  gelangte  1864  seine  komische  Oper  in  einem 
Akt  -oNi  roi,  ni  reiiita  zur  Aufführung. 

Vaunucci,  P.  Domenico  Francesco,  geboren  zu  Lucca  1718,  wurde 
1743  Kapellmeister  an  der  erzbischöflichen  Kirche,  und  unterrichtete  daselbst 
im  Choralgeeange  und  im  Violoncellspiel;  auch  Boccherini  gehörte  zu  seinen 
Schülern.  Er  starb  in  Lucca,  wo  er  sehr  in  Ansehen  stand  1776.  Seine 
Compositionen  sind  in  den  Archiven  der  Ordensgesellschaft  der  Schutzengel 
und  der  erzbischöflicheu  Kirche  aufbewahrt.  Es  sind  sechs  Oratorien,  eine 
vier-  und  eine  achtstimmige  Messe,  Motetten  für  die  heilige  AVoche,  und  neun 
Seelenmessen  für  grosses  Orchester,  geschrieben  1740 — 1771  für  die  Feste  der 
heiligen   Ciicilia. 

Varney,  Pierre  Joseph  Alphonse  (X,  461),  starb  in  Paris  am  7.  Febr. 
1879.  Er  übernahm  1865  die  Direction  des  Theaterorchesters  in  Bordeaux 
und  wurde  ein  Jahr  später  Präsident  der  Gesellschaft  der  heil.  Cäcilia  daselbst. 
1868  kam  die  einaktige  Oper  »  Une  legon  d^amour«  zur  Aufführung.  Von  ihm 
ist  auch  der,  in  Frankreich  populär  gewordene  yiChant  des  Girondins:  Mourir 
j/Our  la  pdtriea,  ursprünglich  für  ein  Drama  von  A.  Dumas,  »ie  chevalier  de  la 
maison  rouget,  geschrieben,  welches  1847  im  Theätre  historique  zur  Auf- 
führung gelangte. 

Vascoucellos,  Joaquim  de,  ausgezeichneter  portugiesischer  Musikschrift- 
steller, hat  auf  dem  Gebiete  der  Historie  und  der  Bibliographie  einige  sehr 
wichtige  Werke  geliefert.  Das  eine  ist  ein  biographisch -bibliographisches 
Lexikon  der  portugiesischen  Tonkünstler:  i>Os  Musicos  jporivf/uezesa  (1870,  2  B., 
in  8^^),  ein  sorgfaltig  gearbeitetes  Werk,  welches  eine  Lücke  in  der  musikalischen 
Literatur  ausfüllt.  Ein  anderes  gab  er  unter  dem  Titel:  nArcheoloyia  artisticaa 
heraus.  Einen  der  Abschnitte  im  ersten  Theile  desselben,  bildet  eine  Studie 
über  die  berühmte  Sängerin  Todi,  welche  Portugal  als  die  ihrige  reklamirt. 
»Luiza  Todi  estudio  critice«.  (Porto,  1873,  kl.  in  4*^,  157  p.).  Einen  anderen 
Abschnitt  dieser  Veröffentlichungen  bildet  der  kritische  Catalog  der  berühmten 
musikalischen  Bibliothek  des  Königs  D.  Joäo  IV.  von  Portugal.  Diese 
interessante  Arbeit,  herausgegeben  unter  dem  Titel:  y>Ensaio  critico  mhre  o 
catalogo  drl-Rey  D.  Joao  IV.  (Porto,  1873,  kl.  in  4*^,  102  p.)  wurde  nur  in 
wenig  Exemplaren  ausgegeben,  auch  veranstaltete  V.  einen  Neudruck  desjenigen 
ersten  Theiles,  eines  Cataloges,  welcher  auf  Veranlassung  des  Königs  Joäo  IV. 
seinerzeit  veröffentlicht  worden  war.  Der  Titel  dieses  Werkes  ist:  -aCatalogo 
da  livraria  de  mussica  del  rey  D.  Joäa  IV  primeira  a  parte  unica  puhlicada, 
novo  edicao  critica  segundo  a  de  1640  precedida  d^una  exposigao  historica  du  arte 
ate  mendo  do  secvlo  XVII  e  enrique  cida  cotfi  um  hello  retrato  de  D.  Joao  IV 
com  um  volume  sujiplemeiitaride  notas  e  additamenlos  ineditos.  V.,  der  zum  Zwecke 
seiner  Studien  grössere  Reisen  machte  und  sich  auch,  um  die  bedeutenden 
Bibliotheken  von  Berlin  und  Paris  zu  benutzen,  in  diesen  Städten  längere  Zeit 
aufhielt,  lelit  in  unabhängiger  Stellung  in   Porto   in  Portugal. 

Vaucorbeil,  August  Emmanuel,  französischer  Componist,  ist  zu  Rouen 
im  December  1821  geboren.  Er  i  rhielt  von  Mlle.  Vigano  Gesangunterricht 
und  besuchte  das  Couservatorium  in  Paris,  wo  er  einer  der  letzten  Schüler 
Cherubinis  war.  Nach  Beendigung  seiner  Studien  trat  er  mit  Vocalcom- 
positionen,    Sonaten  für  Clavicr  und   Violine    und    dann    mit    zwei  Streichquar- 


472  Veitheim  —  Verzierungen. 

tetten  hervor,  welche  allgemeinen  Beifall  fanden.  Freundlich  aufgenommen 
wurde  auch  die  komische  Oper  in  drei  Akten  nBataille  d'amouri  (1865,  Opera 
comique),  die  Cantate  »La  Mort  de  Dianei,  in  einem  der  Conservatoriums-Con- 
certe  aufgeführt,  erfreute  sich  gleichfalls  der  Zustimmung  von  Kritik  und 
Publicum.  1872  wurde  V.  von  der  Regierung  zum  Commissar  der  subven- 
tionirten  Theater  ernannt.  Darauf  erwählte  ihn  der  Verein  der  Componisten 
zu  ihrem  Vorsitzenden,  und  er  wirkte  als  solcher  ungemein  für  Förderung  der 
Interessen  der  Gesellschaft.  Es  sind  von  seinen  Werken  noch  geistliche  Com- 
positionen  zu  nennen  und  die  Oper  •s>Ma}iometv.,  welche  bis  jetzt  noch  nicht 
aufgeführt  wurde.     V.  ist  Ritter  der  Ehrenlegion. 

Veitheim,  Charlotte  (XI,  1),  starb  als  sächsische  Kammersängerin  am 
27.  April  1873. 

Tenua,  Fr.  Marc-Antoine  (XI,  6),  starb  in  Heavytren  bei  Exeter  im 
October  1872. 

Vermenlen,  A.  C.  C,  Musikdilettant  und  eifriger  Förderer  der  Tonkunst, 
ist  der  eigentliche  Begründer  der  Gesellschaft  zur  Beförderung  der  Tonkunst 
in  den  Niederlanden,  welche  am  20.  April  1829  ihre  Thätigkeit  begann  und 
deren  Generalsekretär  er  bis  zu  seinem  Tode  blieb.  Er  wurde  1798  in  Rotter- 
dam geboren  und  starb  daselbst  im  Juli   1878. 

Verstorsky,  russischer  Componist,  war  Inspektor  des  Theaters  in  Moskau. 
Seine  Oper:  »Das  Grab  des  Ashold«,  blieb  zwanzig  Jahre  auf  dem  Repertoir; 
eine  andere   Oper  führte  den   Titel :   ^^Gromotoi«. 

Verzierungen  (XI,  33).  In  unserer  Zeit  haben  diese  Verzierungen  ihre 
ästhetische  Bedeutung  zum  Theil  eingebüsst.  Sie  sind  bekanntlich  im  17.  Jahr- 
hundert namentlich  in  dem  Bestreben  ausgebildet  worden,  der  monotonen,  gleich- 
massig  rhythmisirten  Gesangsmelodie  erhöhten  Reiz  zu  geben.  In  diesem 
Sinne  wurden  einzelne,  namentlich  trillerartige  Figuren  schon  beim  Vocalgesange 
in  den  früheren  Jahrhunderten  angewendet  und  weiter  gebildet ;  durchgreifende 
Pflege  fanden  sie  indess  erst  als  die  Instrumentalmusik  zu  einer  Auflösung  der 
langwerthigen  Töne  in  solche  von  geringerem  Werth  Veranlassung  gab;  es 
kamen  zunächst  namentlich  der  Triller,  die  Bebung,  Arpeggien  u.  s.  w.  zur 
Anwendung  und  zwar  auch  in  erhöhterem  Maasse  als  früher  beim  Gesänge, 
und  im  18.  Jahrhundert  bereits  überboten  sich  oft  Sänger  und  Instrumen- 
talisten  in  der  virtuosen  Ausführung  solch  reich  verzierter  Tonsätze.  Die  Arie 
der  italienischen  Oper  wurde  diesem  Streben  geradezu  direkt  dienstbar  gemacht. 
Es  lag  nahe,  diese  so  dreitheilig  zu  construiren,  dass  einem  ersten  Theil  ein 
zweiter  folgte  und  diesem  dann  als  dritter  die  Wiederholung  des  ersten;  und 
dieser  dritte  Theil  namentlich  wurde  besonders  reich  mit  Verzierungen  ausge- 
stattet und  zwar  meist  durch  die  Sänger;  der  Componist  gab  in  der  Regel  nur 
die  Umrisse  der  Arie,  und  überliess  es  dem  Sänger,  diese  nach  seinen  besondern 
Fähigkeiten  mit  eigenen  Figuren  zu  verzieren.  Hauptsächlich  durch  die 
neapolitanische  Schule  wurde  diese  Praxis  stark  geübt,  und  zwar  hauptsächlich 
in  dem  Bestreben,  möglichsten  Efi'ekt  zu  erreichen,  durch  Virtuosität  zu 
glänzen.  Doch  wurden  auch  früh  diese  Verzierungen  von  den  grossen  Meistern 
in  echt  künstlerischer  Weise  verwendet,  um  einen  besondern  Inhalt  dadurch 
entschiedener  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Instrumental  waren  sie  zunächst 
hauptsächlich  durch  die  besondere  Technik  und  das  Klangwesen  der  betreffenden 
Instrumente  bedingt.  Das  C lavier  des  vorigen  Jahrhunderts  noch  war  weniger 
für  den  Vortrag  getragenen  Gesanges  geeignet,  deshalb  war  man  unablässig 
bemüht,  einen  solchen  auszuschmücken  und  so  entstand  jene  Unzahl  von  Ver- 
zierungen, die  heut  nicht  mehr  in  Anwendung  sind.  Beim  Gesänge  ist  dieser 
Gruud  für  die  Einführung  der  Verzierungen  selbstverständlich  nicht  vorhanden, 
hier  erfolgt  diese  zunächst,  um  ihm  erhöhten  Reiz  zu  geben.  Früh  aber  auch 
wussten  die  Meister  sie  zu  besondern  Ausdrucksmitteln  zu  machen.  So  charak- 
terisirt  Händel  das  Trillern  der  Lerche: 


Viadana  —  Vicecoute.  473 

tr.  tr.  tr.  tr. 


^^m^^^ä=£t^i^^^^^ 


in  einer  Arie  aus  »Semele«  und  in  iihnlicher  Weise  sind  trillerartige  Figuren 
auch  später  angewendet  worden,  wie  bei3])ielsweise  von  Hiiydn.  Dass  dieser 
Meister  auch  das  Kollen  des  Donners  oder  das  Brüllen  des  Löwen  damit  zu 
malen  versucht,  ist  hinliinglich  bekannt.  Der  Mordent  wie  der  kurze  Vorschlag 
entsprechen  mehr  dem  Ausdruck  neckischer  Lust,  leicht  beschwingter  Freude 
am  Scherz  und  sind  in  diesem  Sinne  instrumental  wie  vocal  bis  auf  die  neuere 
Zeit  vielfach  von  uusern  Meistern  verwendet  worden.  Beide  finden  d;iher 
namentlich  auch  um  komische  AVirkung  zu  erreichen  Verwendung.  Dass  Mozart 
auch   mit  dem  Triller  solche  erzielte,    ist    bekannt   wie   in  der  Arie  des  Osmin: 

tr.  tr. 


as^^g^^g^^^^^^FS^^^^ 


Sei-    che      her-  ge-    lauf-  ne      Laf 


Der  lange  Vorschlag  dient  mehr  dem  Ausdruck  tieferer  Empfindung  und  der 
Doppelschlag  dem,  einer  gewissen  überschwänglichen  Rührung.  Von  grossem 
sinnlichem  Reiz  kann  das  Tremolo  werden ,  wenn  es  sparsam  und  am  rechten 
Orte  angewendet  wird.  In  der  modernen  Musik  sind  die  Verzierungen  nur 
noch  sparsam  eingeführt;  die  vorwiegend  declamatorische  Weise  des  Gesanges 
verträgt  sie  weniger;  aber  auch  in  der  Instrumentalmusik  sind  sie  auf  das 
geringste  Maass  beschränkt,  wol  kaum  zu  ihrem  Vortheil;  bei  entsprechender 
Verwendung  verleihen  sie  einem  Tonstück  nicht  nur  grössern  Heiz,  sondern 
auch   wie  oben   angedeutet  wurde,  charakteristisches   Gepräge. 

Yiadana,  Ludovico  (XI,  45).  Vom  italienischen  Schriftsteller  Antonio 
Parazzi  ist  über  die  Lebensumstände  und  Werke  des  V.'s  eine  eingehende 
Schrift  herausgegeben  worden:  r>Della  vita  e  delle  opere  musicali  di  Lodovico 
Grossi- Viadan aa  (1876),  vorher  wurde  sie  (1876 — 77)  in  der  Gazzetta  musicale 
(Mailand)  veröflFentlicht.  Nach  diesen  ist  der  eigentliche  Familienname  des 
Tonkünstlers  Grossi  und  Viadana  der  Name  seines  Geburtsortes  im  Man- 
tuaschen;  das  Geburtsjahr  nimmt  Parazzi  gegen  1564  an.  Die  Schrift  giebt 
auch  ein  Verzeichniss  sämmtlicher  Corapositionen  Viadanas. 

Viardot-Garcia,  Pauline  Michelle  Ferdinande  (XI,  48),  die  drei 
Operetten  zu  denen  sie  die  Musik  schrieb  sind:  y>Le  Dernier  Sorciera;  r>VOyre<i 
und  vTrop  de  femmes«.  Ihre  Tochter,  Mme.  Louise  Henritte-Viardot,  widmete 
sich  der  Musik.  Sie  schrieb  ein  Clavier-Quartett,  ein  Terzett  für  Frauen- 
stimmen und  eine  grosse  Anzahl  von  ein-  und  zweistimmiger  Gesänge;  ferner 
in  Worten  und  Musik  zwei  komische  Opern  »Lindoroa,  ein  Akt,  in  deutscher 
Uebersetzung  in  Weimar  (1879)  aufgeführt  und  nLes  Fetes  de  Bacchusa,  in 
Fragmenten  unter  ihrer  Leitung  in  Stockholm  aufgeführt  (1880).  Zwei  andere 
Töchter  Mme.  Chamerot-Viardot  und  MUe.  Marianne  V.  sind  zu  Sängerinnen 
ausgebildet.  Ihr  Sohn  Paul  Violinist,  Schüler  Leouard's  in  Brüssel,  trat 
in  Paris  (1876),  dann  in  London,  Brüssel  und  Stockholm  mit  Erfolg  iu 
Concerten  auf. 

Ticeconte,  Ernesto,  italienischer  Componist,  geboren  in  Neapel  am 
2.  Januar  1836,  begann  mit  acht  Jahren  das  Studium  der  Musik,  besuchte 
das  Conservatorium  in  Neapel  und  trat  1826  mit  der  Oper  ^Evelinea  vor  das 
Publicum,  bei  welchem  diese  Oper  viel  Erfolg  errang.  Er  schrieb  noch  nLuisa 
Strozzut  (1862)  und  y>Selva(jgioi.  Ausserdem  componirte  er  viele  Kirchenmusik: 
Messen  mit  und  ohne  Orchesterbegleitung,  Cantaten,  Magnifikat,  geistliche  und 
weltliche  Einzelgesänge;  auch  eine  Ouvertüre  für  Orchester  und  ein  Clavier- 
concert.  Er  starb  plötzlich  einundvierzig  Jahre  alt  am  18.  März  1877.  Unter 
seinen  hinterlassenen  Manuscr.  befindet  sich  auch  die  Oper:  r>Benvenuto  Oellini«^ 


474  Vidal  —  Villanis. 

Yidal,   Jean   Joseph   (XI,  54),  starb  in  Paris  am   14.   Juni  1867. 

Yidal,  Louis  Antoine,  französischer  Musikgelehrter,  wurde  am  10.  Juli 
1820  in  Ronen,  wo  sein  Vater,  der  einer  alten  Juristenfamilie  in  Nimes  an- 
gehörte, Bankdirektor  war,  geboren.  Er  studirte  früh,  obwol  nur  zu  seinem 
Vergnügen,  Musik,  erlernte  das  Violoncellspiel  bei  Franchomme,  beschäftigte 
sich  aber  später  vorwiegend  mit  der  Litterat ur  der  Musik,  und  bereicherte 
dieselbe  in  der  Folge  mit  dem  interessanten  Werke,  das  in  seiner  Art  das 
erste  ist,  welches  veröflFectlich  worden:  »Les  Instruments  ä  archi't  les  feseurs,  les 
joueurs  d'mstruments,  leur  histoire  sur  le  continent  europeen,  suivi  d'un  cafalogue 
yeneral  de  la  musique  de  cTiamhren  (Paris,  J.  Claye,  in  4*^).  Das  Werk,  das 
aus  drei  Bänden  besteht,  die  1876,  77  u.  78  erschienen,  ist  auf  das  glänzendste 
ausgestattet  und  mit  Illustrationen  geschmückt,  die  seine  Bedeutung  wesent- 
lich erhöhen.  Es  sind  ungefähr  120  Stahlstiche,  die  von  dem  Kupferstecher 
Frederic  Hillenmr.cher  herrühren,  einem  Freunde  des  Autors  von  dem  der 
Gedanke,  das  Werk  mit  Illustrationen  zu  versehen,  ausging. 

Yidal,  Franko is,  geboren  in  Fix  am  14.  Juli  1832,  gab  ein  Werk  in 
provenzalischer  Sprache  nebst  einer  buchstäblichen  Uebersetzung  ins  Französische 
heraus  unter  dem  Titel:  f>Lou  Tambourin,  Musique,  Poesie  et  Prose  provengalesa 
(Aix,  Bomondet-Aubin;  Avignon,  J.  Bomanille),  ein  Band  in  drei  Abtheilungen. 
Die  erste  enthält  eine  Geschichte  des  Tambourin  (s.  d.)  und  des  Galoubet  (s.  d.). 
Nachrichten  über  den  Ursprung  der  Instrumente  und  der  Länder  in  denen  sie 
bevorzugt  wurden  und  was  sich  sonst  an  sie  knüpft.  Der  zweite  Theil  ist 
eine  Schule  für  das  Galoubet  nebst  Uebungen;  der  dritte  bildet  eine  Samm- 
lung Provenzalischer  Volkslieder,  die  ehemals  bei  kirchlichen  und  weltlichen 
Festen  im  Gebrauch  waren.  Das  Buch  enthält  eine  Fülle  interessanter  Nach- 
richten über  die  beiden  Instrumente.  Der  Verfasser  wurde  als  Provenzalischer 
Schriftsteller  mehrmals  durch  Preise  gekrönt. 

Vidal  y  Roy  er,  Andres,  der  älteste  Musikalienverleger  in  Spanien,  ist 
am  19.  Juni  1807  in  Barcelona  geboren  und  gründete  den  Verlag  1826. 
Ausserdem  leitet  er  eine  Eeihe  von  Jahren  das  wichtige  Journal  rt  La 
Espana  musicaU. 

Yidal  y  Llimoua,  Andres,  Sohn  des  Vorigen,  geboren  in  Barcelona  am 
5.  Juni  1844,  machte  musikalische  Studien  in  Frankreich  und  Deutschland, 
und  schrieb  mehrere  komische  Operetten  (Zarzuelas),  die  in  Barcelona  mit 
vielem  Erfolg  aufgeführt  wurden.  1874  errichtete  er  in  Madrid  ein  Musikalien- 
Verlags-Geschäft,  welches  zur  Zeit  das  Bedeutendste  in  Spanien  ist. 

Vietti,  Carolina  (XI,  63),  wurde  zu  Turin  am  3.  Febr.  1820  geboren. 

Vieuxtemps,  Henri  (XI,  63),  starb  am  6.  Juni  1881.  Sein  Bruder  Jean 
Joseph  Lucien,  geboren  am  5.  Juli  1828  zu  Verviers,  wurde  durch  Ed.  Wolf 
zum  Pianisten  ausgebildet.  Er  lebt  als  Ciavierlehrer  in  Brüssel,  wo  er  Capricen, 
Mazurkas,  Walzer,  Balladen,  Romanzen  u.  s.  w.  veröffentlichte.  Ein  jüngerer 
Bruder:  Jules  Joseph  Ernest  zu  Brüssel  am  18.  März  1832  geboren,  ist  Solo- 
Violoncellist  der  Concerte  Halle  in  Manchester. 

Vilanora,  Ramon,  spanischer  Kirchencomponist,  geboren  in  Barcelona 
den  21.  Januar  1801,  studirte  daselbst  Musik  und  hielt  sich  zu  demselben 
Zwecke  auch  einige  Zeit  in  Mailand  auf  Nach  seiner  A^aterstadt  zurückgekehrt, 
wurde  er  dort  Kapellmeister  der  Kathedrale,  welches  Amt  er  1833  mit  dem 
eines  Theaterkapellmeisters  in  Valenzia  vertauschte.  Er  kehrte  jedoch  bald 
nach  Barcelona  zurück,  wo  er  in  der  Musik  unterrichtete.  Dort  starb  er  im 
Mai  1870,  als  Lehrer  wie  als  Componist  sehr  geschätzt.  Von  seinen  Com- 
positionen  werden  hauptsächlich  mehrere  Requiem  hervorgehoben. 

Vilhar,  Miroslaw,  ungarischer  Componist  und  Dichter,  schrieb  die  Oper 
fJamska  Ivankaa  und  eine  grosse  Zahl  von  Gesängen,  durch  welche  er  sich  in 
seinem  Vaterlande  bekannt  machte.  Er  starb  auf  seiner  Besitzung  Kalz  bei 
Pest  am   6.  August  1871. 

Yillanis,    Angelo,    dramatischer    Componist,    ist   zu  Turin   1821    geboren 


Vülarosa  —  Vitzthumb.  476 

und  starb  am  7.  September  18B5.  Er  schrieb  aclit  meist  f^rosi-e  Opern,  die 
zum  Theil  entschiedenen  Erfolg  hatten,  wie:  stl.aßijlia  del  I'roscrifOd  und  »Za 
Regina  di  Leonen^  und  auch  Vocalcompoßitionen.  Der  Schrecken  den  er  erlitt 
als  sein  Sohn  durch  einen  Unfall  zu  einem  Fenster  hinunterstürzte  und  in 
Folge  dessen  die  Amputation  eines  Armes  übernt(  hen  sollte,  versetzte  ihn  in 
Geistesstörung,   der  er   nach   sehr  kurzer  Zeit  erlag,  erst  44    Jahr  ult. 

Villurosa,  Marquis  de,  italienischer  Musikschriftsteller,  gab  eine  Sammlung 
von  Biographien  der  Tonkünstler  der  neapolitanischen  Schule  heraus,  unter 
dem  Titel:  •oMemorie  Jei  compositori  di  musica  del  reyno  di  \apoha  (Neapel, 
königl.  Druckerei,  1840,  in  8°).  Ferner  veröllentlichte  er  ein  Schriftchen  über 
Pergolese:  nLettera  hiografica  intorno  alla  patria  ed  alla  vita  di  Gio.  Botti^ta 
Pergolexe,  celebre  compositore  di  musicaa   (Neapel,   1843,  2.  Aufl.,  in  8*^). 

Yillars,  Franz  de,  geboren  auf  der  In&el  Bouibon  am  26.  Januar  1825, 
erzogen  in  Fraiikreich,  l)eschiiftigte  sich  als  Liebhaber  auch  viel  mit  Musik 
und  Malerei.  Er  war  musikalischer  Mitarbeiter  an  mehreren  Journalen  und 
gab  auch  einige  Schriften  heraus,  unter  denen:  nNotices  sur  Luigi  et  Federico 
jRiccia  (Paris,  Michel-Levy,  1866,  in  12*^)  erwähnenawerth  ist.  Es  enthält 
Mittheiluugen  und  Dokumente,  die  von  dem  übei lebenden  Bruder  selber  her- 
rühren; de   V.  starb  in  Paris  im   April   1879. 

Villiers  Stuudford,  C,  englischer  Tonkünstler,  Pianist  und  Organist  des 
Trinity  College  in  Cambridge,  wo  er  auch  Direktor  des  Gesangvereins  ist.  Er 
schrieb  eine  Sinfonie  (1876  von  den  Direktoren  des  Alexander-Palastes  preis- 
gekrönt), Gesänge  und  Entre-akt  zur  Tragödie  von  Tennyson  »Queen  Marge, 
eine  Ouvertüre  zum  Festival  in  Glouccster  1877,  Kammermusik,  Yocalcom- 
positionen,  den  Psalm  46  für  Solo,  Chor  und  Orchester. 

Villoing',  Alexander,  Pianist  und  Musiklehrer,  in  Russland  geboren, 
bildete  in  Petersburg  eine  grosse  Anzahl  von  Schülern,  zu  denen  Anton  und 
Nicolas  Rubinstein  gehören.  Er  veröffentlichte:  ein  Clavierconcert,  ein  Violin- 
concert,  beide  mit  Orchesterbegleitung  und  eine  praktische  Ciavierschule:  »Ecole 
pratique  du  pianoa.  (Paris,  Heugel).  V.  starb  in  Petersburg  im  September  1878. 
Vincent,  Alexandre  Joseph  Hydulphe  (XI,  73),  starb  in  Paris  am 
26.  November  1868. 

Vinyals  y  Gali,  P.  Joseph,  spanischer  Mönch  und  Musiker,  geboren  1770 
oder  1771  in  Tarrasa  im  Kirchspiel  von  Barcelona,  war  Musikschüler  der  Abtei 
Montserrat,  in  welcher  er  Kapellmeister  wurde,  nachdem  er  1791  in  den  Orden 
eingetreten  war.  Seine  Compositionen  sind  nicht  erhalten.  Er  starb  in  seiner 
Vaterstadt  am  10.  Januar  1825. 

Viol,  Friedrich  Wilhelm  (XI,  76),  starb  in  Breslau  am  30.  Mai  1874. 
Yiola,    Pater   Anselmo,    spanischer    Priester    und    Musiker,    geboren    in 
Torruela    im    Bisthum    Gerone    gegen    1739,    war    Schüler  des   Pater   Marti    im 
Kloster  Monserrat.     1756  trat  er  in  den  Orden  und  wurde  bald  darauf  in  die 
Abtei,  welche  das  Kloster  in  Madrid  besass,   geschickt.      Er   schrieb    hier  sehr 
zahlreiche   Kirchencompositif nen,    die    gern    gehört    wurden,    bis    er  als  Lehrer 
des   Collegiunis  nach   Monserrat    zurückberufen    wurde,    wo    er  in  dieser  Eigen- 
schaft erfolgreich  wirkte.  Er  starb  nach  längerer  Kränklichkeit  am  25.  Jan.  1798. 
Viret,  Frederic,  Componist  und  Kapellmeister  der  Kirche  Saint-Germain- 
l'Anxerrois  in  Paris,    erhielt    seine  Au&bildung  an  der  Singschule  der  Kirchen 
Saint-Merry    und    Saint-Roch    und    durch   J.  B.   Stiegler,    welchen    er   auch    auf 
einer    Reise    nach    Deutschland    begleitete.       Seine     zahlreichen    Compositionen 
bestehen    in:    Sechs   Messen,    sechzig  Motetten    für  eine  und  mehrere  Stimmen, 
■oMecueil  de  cantiques  ä  Marita,    für  vier  Männnerstimmen,    DVEgg^tei,  Ode   für 
vier    Männerstimmen,    »ie«   Fionniers  du  genre  humainu,    Cantate    für    Männei- 
und    Frauenstimmen    ohne    Begleitung;    eine    Sammlung    vierstimmiger  Psalmen 
für  vier  Männerstimmen   rtChants  du  psalmistea. 

Titzthnmb,    Ignace,    belgischer    Theoretiker    und    Componist,    wurde    am 
20.  Juli   1723   geboren.      Er  war    ein    sehr  verdienter  Theoretiker  und   für  die 


476  Viviani  —  Vuillaume. 

Entwickelung  der  Musik  in  Belgien  nach  den  verschiedensten  Richtungen  hin 
ungemein  thätig.  Auch  bildete  er  als  Compositionslehrer  mehrere  treffliche 
Künstler,  darunter  seinen  Schwiegersohn  H.  Mees,  ferner  Ferdinand  Staes, 
Verheyen,  Englebert  Pauwels  u.  a.  Als  Componist  ist  er  von  geringer  Bedeu- 
tung; er  schrieb  mehrere  Opern,  die  in  Brüssel  aufgeführt  wurden,  Sinfonien, 
Messen,  Motetten  u.  a.,  von  denen  jedoch  nichts  zum  Druck  gelangte.  Es  ist 
von  diesem  Tonkünstler  ein  gutes  Porträt,  im  Stahlstich  von  Cardot  vorhanden, 
mit  einer  seinen  Tugenden  und  seine  Talente  rühmenden  Unterschrift  in  Versen, 
Von  Charles  Piot  erschien:  y>Quelques  lettres  de  la  Gorrespondance  de  Gretry 
avec  Vitzthumb<i  (Brüssel,  1875).  In  einer  Schrift  von  Papeliers:  nPrecis  de 
Vhistoire  des  chambres  de  rheforique  et  des  societes  dramatiques  lelf/esa  (Brüssel, 
"Wouters,  1864)  ist  der  Name  Vitzthumb  in  Fiston  verwandelt.  Ein  Sohn  von 
V.,  Paul  Joseph,  geboren  am  3.  März  1751  in  Brüssel,  gestorben  daselbst  am 
21.  März  1838,  war  Pauker  der  Kapelle  des  Prinzen  Carl  von  Lothringen  und 
des  königlichen  Theaters  von  1769 — 1831.  Seine  Tochter  Marie  Fran§oise 
Ghislaire,  geboren  in  Brüssel  am  24.  October  1753,  war  erste  Sängerin  des 
Theaters,  folgte  später  ihrem  Gatten  Mees  nach  Bussland,  wo  sie  starb.  Ihr 
Sohn  Joseph  Henri  Mees,  geboren  in  Brüssel  am  28.  Mai  1777,  musikalisch 
sehr  veranlagt,  war  im  Contrapunkt  noch  Schüler  seines  Gross vaters  Vitz- 
thumb. Er  lebte  in  Paris,  einige  Zeit  in  Petersburg  und  Moskau  und  Hess  sich 
dann  in  Kiew  nieder,  wo  er  eine  Musikschule  leitete. 

Tiyiani,  Pater  Felician,  Kirchencomponist,  ist  in  Lucca  gegen  1672 
geboren  und  starb  1751.  Er  schrieb  viel  Psalmen,  Motetten,  Messen  mit  und 
ohne  Orchesterbegleitung.  An  den  Cäcilienfesten  wurden  von  1701 — 1723 
zwölf  grosse  Messen  seiner  Composition  aufgeführt. 

Vog-t,  Gustav  (XI,  139),  starb  in  Paris  am  30.  Mai  1879.  Seine  Pen- 
sionirung  erfolgte   1853   (nicht  1844). 

Yogt,  Carl  (XI,  140),  starb  am  6.  Februar  1879  in  Hamburg. 

Voigt,  Valentin,  geboren  1487,  war  Bürger  und  Meistersinger  zu  Mag- 
deburg. Handschriftlich  finden  sich  von  ihm  auf  der  Universitäts-Bibliothek 
zu  Jena:  »Die  postill  in  Gesangsweiss«;  »Das  erste  Buch  Mose  in  Meister- 
gesangk«  gesetzt  und  »Der  ganze  Psalter  in   Meistergesang«  gesetzt. 

Voirin,  Frangois  Nicolas,  französischer  Instrumentenmacher,  haupt- 
sächlich Fabrikant  von  Bögen,  deren  er  sehr  vorzügliche  liefert,  ist  zu  Mirecourt 
am  1.  October  1833  geboren.  V.,  ein  Verwandter  des  Lautenmachers  Jean 
Bapt.  Vuillaume,  erlernte  in  dessen  Atelier,  in  das  er  1855  eintrat,  die  Lauten- 
macherkunst.  1870  machte  er  sich  in  Paris  selbständig  und  lieferte  seitdem 
eine  grosse  Anzahl  Bögen,  durch  die  er  sich  den  berühmten  Bogenfabrikanten 
Tourte,  Luport  und  Peccate  würdig  anschliesst  und  die  ihm  zahlreiche  Aus- 
zeichnungen auf  den  verschiedenen  Industrie-  und  Weltausstellungen  eintrugen. 

Totiy-Timpani  nennt  Cerveny  die,  von  ihm  neu  construirten  Pauken,  bei 
welchen  der  Kessel  nicht  wie  gewöhnlich  auf  den  drei  ausgespreitzten  eisernen 
Füssen  festgenietet  ist,  sondern  in  einem  Reifen  frei  hängt,  so  dass  die  Vibration 
des  Kessels  nicht  durch  die  Füsse  gehemmt  wird.  Der  Kessel  ist  ferner  aus 
Messing  und  nicht  wie  bisher  aus  Kupfer,  das  weniger  klangreich  ist  als  jenes. 

Vroye,  Theodore  Josephe  de  (XI,  226),  starb  zu  Lüttich  den  29.  Juli 
1873.  Erwähnenswerth  ist  noch  das  Werk,  welches  er  in  Gemeinschaft  mit 
Elewyk  herausgab:  -»De  la  musique  religieuse,  les  corKjres  de  Malines  (1863  und 
1864)  et  de  Paris  (1860)  et  la  Ugislation  de  V Eglise  sur  cette  matiere«  (Paris, 
Löwen  und  Brüssel,  1866,  in  8°). 

Vaillaume,  Nicolas  (XI,  229),  starb  1871. 

Vuillaume,  Nicolas  Frangois  (XI,  230),  starb  in  Brüssel  1876  am 
14.  Januar. 


Wackcnthaler  —  Wanaki.  477 

W. 

Wnckenthaler,  Joseph  (XI,  233),  starb  in  Strassburg  am  3.  März   1869. 

Waelput,  Henri,  belgischer  Coiuponist,  wurde  am  26.  October  1845  in 
Gent  geboren  und  erhielt  in  derselben  Stadt  seine  erste  musikalische  Erziehung, 
die  er  in  Brüssel  auf  dem  Conservatorium  fortsetzte.  Er  erwarb  hier  1866 
den  ersten  Compositionspreis  und  1867  den  Röraerpreis  für  die  flämische  Cantate 
■oHet  Jl'ouih.  1869  bereits  übertrug  man  ihm  die  Direction  des  Conservatoriums 
in  Brügge.  Hier  übernahm  er  auch  die  Direction  des  Theaterorchesters  und 
gründete  Volksconcerte,  die  sehr  in  Aufnahme  kamen.  1871  vertauschte  er 
Brügge  mit  Dijon  bis  er  1875  nach  Belgien  zurückkehrte  und  in  Gent  wieder 
die  Leitung  eines  Theaterorchesters  übernahm.  Grössere  Compositionen  führte 
er  1876  in  Brüssel  in  einem  eigenem  Concerte  vor:  Zweite  Sinfonie,  Bruch- 
stücke einer  dritten  und  vierten  Sinfonie;  aus  der  Oper  »Berkun  der  Diamant- 
slijper«  (Berken  der  Diamantenschleifer),  ebenfalls  Fragmente,  und  eine  Cantate 
uZegens  der  Wapensix  (für  die  Geh  genheit  eines  Besuchs  der  englischen  Scharf- 
schützen in  Gent),  in  welcher  der  belgische  Nationalgesang  die  i>Brabanro7ine(i 
und  die  englische  Nationalhymne  T)God  save  the  Queena  verwendet  sind.  Alle 
diese  Werke  fanden  viel  Beifall.  W.  schrieb  noch  eine  andere  in  Gent  auf- 
geführte Cantate  »ia  Tacißcation  de  Gant«,  den  Festmarsch  »Hans  Memling« 
und  die  Cantate  (Soli  und  Chor)   »Memling«,  Lieder. 

Waelrant,  Hubert  (XI,  233),  in  der,  aus  sechs  Büchern  bestehenden  Samm- 
lung des  Pierre  Phalese  (Löwen,  1555 — 1556)  sind  neun  Gesänge  auch  von 
"Waelrant  enthalten.  Nach  neueren  Forschungen  ist  Tongerloo,  ein  Dorf  bei 
Campine  im  früheren  Herzogthum  Brabant,  der  Geburtsort  Waelrant's. 

Wale,  Henri  "William,  englischer  Componist  und  Organist,  Baccalaureus 
der  Musik,  Mitglied  der  Akademie  Oxford  und  des  Collegiums  der  Organisten, 
ist  Organist  und  Chordirektor  der  Peterskirche  in  Leicester.  Er  schrieb  eine 
Sinfonie,  eine  geistliche  Cantate  y>Joela,  Vocal-  und  Orgelcorapositionen  und 
Kammermusik. 

Walker,  Eberhard  Friedrich  (XT,  250),  starb  in  Ludwigsburg  in  Baiern 
am  4.  October  1872. 

Walkiers,  Eugen  (XI,  251),  starb  in  Paris  am  1.  September  1868. 

Wambach,  Emil,  geboren  1854  zu  Arion  im  belgischen  Luxenburg,  bildete 
sich  bei  früh  hervortretenden  Anlagen  zum  Tonkünstler.  Er  erhielt  zuerst 
in  Antwerpen,  wohin  seine  Eltern  übergesiedelt  waren,  (von  Hoeben)  Unter- 
richt und  trat  mit  elf  Jahren  in  Brüssel  ins  Conservatorium.  In  Antwerpen 
besuchte  er  noch  die  Musikschule  von  Pierre  Benoit.  Er  machte  sich  als 
Pianist,  Violinist,  Organist  und  Componist  bekannt.  Es  sind  von  seinen 
Werken  zu  nennen;  Fest- Marsch  für  Orchester,  1870  im  Theater  zu  Antwerpen 
aufgeführt.  Cantate  zur  Rubensfeier  (1877)  y>Aan  de  Voorden  van  de  Scheide«, 
sinfonisches  Gedicht;  Fest- Cantate;  Nathans  Parabel,  Drama  über  flämische 
"Worte;  y>Hi/m>ie  sacris  solemniis«  für  Orchester  und  Chor;  »De  Lentea,  Chor 
für  Frauenstimmen  mit  Orchester;  Memorave  für  Chor  und  Orchester;  Vlaander- 
land,  Männerchor  und  Orchester;  Burlesca,  humoristische  Fantasie  für  Orchester; 
Ave  verum;  0  Salutaris;  Tantum  ergo;  Fantasie  für  Violine  und  Orchester; 
Lieder;  Ciavierstücke. 

Wanisley,  Peter,  einer  der  besten  englischen  Lautenmacher  dieses  Jahr- 
hunderts, arbeitete  in  London  und  seine  Instrumente,  besonders  die,  welche  er 
nach   dem  Vorbilde  der   Stainerschen  arbeitete,  wurden  daselbst  geschätzt. 

Waneki,  Johann,  polnischer  Componist  und  Violonist,  wurde  in  Polen 
1762  geboren  und  war  besonders  als  nationaler  Componist  seiner  Zeit  hoch- 
geschätzt, er  galt,  wie  sein  Neffe  Carl  Kurpinski,  während  einer  Reihe  von 
Jahren  für  den  besten  Componisten  Polens.  Ausser  Liedern,  Mazurken,  Polo- 
naisen und  Militärmärschen  schrieb  er  mehrere  Opern,  die  in  Posen  aufgeführt 


478  Wanskl  —  Weinert. 

wurden  und  ebenso  wie  seine  Sinfonien  und  Messen  viel  Beifall  fanden. 
Sein   Sohn: 

Wauski,  Johann  Nepomuk,  geboren  im  G-rossherzogthum  Posen,  bildete 
sich  in  Kaiisch  und  Warsch.iu  zum  Violinisten  und  Componisten.  Nach  vielen 
Reisen  durch  Frankreich,  Belgien  und  Italien  nahm  er  ans  Gesundheitsrück- 
sichten in  Aix  in  der  Provence  seinen  Wohnsitz.  Er  ertheilte  dort  Unterricht 
und  veröÖ'entlichte  ausser  seinen  eignen  Compositionen  eine  grosse  Anzahl 
Studienwerke  für  die  Violine. 

Warot,  Charles,  Violinist  und  Componist,  geboren  zu  Dänkirchen  am 
14.  November  1804,  erhielt  von  seinem  Vater  und  einem  blinden  Musiker 
Namens  Fridzeri  Unterricht.  Er  erlangte  bald  bedeutende  Fertigkeit  im 
Violinspiel,  widmete  sich  aber,  nachdem  er  einigemal  öffentlich  gespielt,  der 
Composition.  Seine  erste  Oper  r>VAoeugle  de  Glarensi  wurde  mit  vielem  Beifall 
1829  in  Antwerpen  aufgeführt,  der  noch  mehrere  andere  Opern  folgten.  Ferner 
schrieb   er  eine  Anzahl  Kirchenmusikstücke.     Er  starb  schon  am   29.  Juli  1836. 

Warot,  Victor,  Bruder  des  Vorigen,  wurde  in  Grent  1808  geboren,  gewann 
Fertigkeit  auf  fast  allen  Instrumenten  und  wirkte  als  Orchesterdirektor  erst 
in  Amsterdam,  dann  in  mehreren  Städten  Frankreichs.  1855  Hess  er  sich  in 
Paris  nieder  und  starb  auf  seiner  Besitzung  in  Bois-Colombes  (Seine)  im 
Juli  1877.  Er  schrieb  mehrere  Opern  (Dijon,  1834),  Cantaten,  Kammer- 
musik, Orchesterwerke.  Sein  Sohn  Victor  Alex.,  geboren  in  Verviers  am 
18.  September  1834,  war  als  Tenorsänger  in  Paris  und  Brüssel  (Theätre  la 
Monnaie)  thätig. 

Warot,  Constant  Noel  Adolph,  Bruder  des  Vorigen,  geboren  in  Ant- 
werpen am  28.  November  1812,  war  talentvoller  Violoncellist,  er  starb  am 
10.  April  1875  zu  Saint-Josse-ten-Noode-les  Bruxelles.  Hauptsächlich  veröffent- 
lichte er  Vocalcompositionen  und  eine  Violoncelloschule,  die  am  Brüsseler 
Conservatorium,  an  welchem  er  als  Lehrer  wirkte,  eingeführt  wurde. 

Wartel,  Terese  (XI,  269),  ist  am  2.  Juli  1814  zu  Paris  geboren,  wo  sie 
am  6.  November  1865  starb.  Es  erschien  von  ihr:  lyLegons  ecrites  sur  les 
sonates  pour  piano  seul  de  L.  van  Beethoven«. 

Weber,  Rudolf,  ist  am  29.  September  1819  im  zürcherischen  Oberlande 
in  "Wetzikon  geboren.  Hier  war  der  Bruder  von  Hans  Georg  Nägeli  Pfarrer 
und  dieser  bestimmte  den  Vater  des  jungen  Weber,  da  er  sein  Talent  erkannte, 
ihm  ein  Ciavier  anzuschaffen  und  ihn  in  Musik  unterrichten  zu  lassen.  In 
Zürich,  wohin  der  Knabe  als  er  13  Jahr  alt  geworden  war  ging,  wurde  Hans 
G.  Nägeli  sein  Lehrer  und  Gönner.  In  den  Jahren  von  1835 — 37  war  er 
dann  Schüler  des  Seminars  und  versah  zugleich  die  Musiklehrerstelle.  Dann 
ging  er  nach  Hinslanden  als  Lehrer  und  hier  bereits  machte  er  sich  um  die 
Pflege  des  Volksgesanges  verdient;  er  veröffentlichte  eine  Musik-  und  Gesangs- 
Anleitung,  welche  in  mehreren  Auflagen  erschien.  Nach  einer  l^o jährigen 
Studienreise  durch  Deutschland,  siedelte  er  sich  in  Bern  als  Musiklehrer  an, 
zog  aber  1842  nach  Münchenbuchsen  und  in  dieser  Zeit  schrieb  er  seine 
»Methode  der  Gesaaglehrecc  in  4  Bänden,  welche  sehr  weite  Verbreitung  fand  und 
mehrfach  in  fremde  Sprachen  übersetzt  ist.  1847  wurde  er  Direktor  des  kan- 
tonalen Gesangvereins  und  bald  darauf  gründete  er  in  Bern  eine  Musikschule, 
welche  rasch  in  Ruf  kam.  Eine  Stelle  am  Grunholzer'schen  Seminar,  die  er 
in  Folge  der  Auflösung  desselben  verloren  hatte,  erhielt  er  1860  wieder  und 
zugleich  wurde  er  zum  Hauptlehrer  ernannt.  Gleichzeitig  machte  ihn  der  eid- 
genössische Sänger  verein  zu  seinem  Ehrenmitglied,  er  kam  ins  Kampfgericht 
und  in  das  Musik-Comite  und  wirkte  in  dieser  Stellung  ohne  Unterbrechung 
bis  an  seinen  Tod.  1861  gründete  er  sein  Sängerblatt  und  führte  die  wich- 
tigen musikalischen  Curse  für  Lehrer  ein.      Er    starb  zu  Bern  im  Sept.  1875. 

Weinert,  Anton,  Tonkünstler,  der  aus  Böhmen  stammt,  wo  er  1750  oder 
1751  geboren  wurde,  kam  als  Masiklehrer  sehr  jung  in  die  Familie  des  Grafen 
Raczynsky  und  Hess  sich  dann  in   Warschau  nieder,  wo  er  bald  hervorragende 


Weitzmann  —  Widor.  479 

Bedeutung  gewann.  Er  wurde  Kapellmeister  des  Kiliiigs  von  Polen,  Stanislaus 
August  Poniatowski,  J^ohror  an  der  Musikschule  und  Mitglied  des  Theater- 
orchesters. Es  kamen  drei  seiner  Opern  zur  AulFiihrung:  nNiejiotrzehity  Skn/puh 
(Unnöthiges  Bedenken),  n  Donerwetera  und  r>Diabel  alchiminta.  Er  schrieb 
auch  Kircheurausik,  darunter  ein  0.1'ertoriura,  welches  zu  seinem  besten  Werken 
gehört.  W.,  der  erst  1H50  starb,  erreiclite  das  Alter  von  beinah  hundert 
Jahren.  Von  seinen  sechzehn  Kindern  wurden  nur  zwei  Söhne,  von  welchen 
der  eine  jung  starb,  Musiker.  Der  andere  Philipp  W.,  in  Ragolin  1798  ge- 
boren, war  talentvoller  Tenorsänger,  der  in  Polen  für  einen  der  besten  drama- 
tischen Sänger  g:ilt.  Er  verliess  später  das  Theater,  verlor  auch  seine  Stimme 
und  starb  in  dürftigen  Umstünden    1843. 

Weitzmann,  Carl  Friedrich   (XI,  317),  starb  in  Berlin  am  7.  Nov.  1880. 

Weller,  Friedrich  (XI,  319),  starb  in  Zerbst  am  30.  Mai   1870. 

Weutzel ,  Ernst  Friedrich  (XI.  322),  starb  im  Bad  Kosen  am 
16.  August  1880. 

Wery,  Nicolaus  Lambert  (XI,  328),  starb  in  Bande  im  Luxenburgischen 
am  6.  October   1867.      Sein   Geburtstag  ist  der  9.  Mai   1787. 

Wesley,  Samuel  (X,  328).  Neuerdings  wurden  von  der  Tochter  dieses 
Tüukiinstlers  Miss  Eliza  Wesloy  unter  dem  Titel:  rthettera  referrintj  to  the  works 
of  John  Sebastian  Bach«,  eine  Sammlung  von  Briefen  ihres  Vaters  S.  Wesley 
an  den  Organisten  Jacobs,  seinen  Freund  und  Gollegen  gerichtet,  herausgegeben. 
Der  Briefwechsel  beginnt  im  Jahre  1808  und  giebt  Zeugniss  von  der  Beharr- 
lichkeit und  Anstrengung,  die  W.  entwickelte,  um  die  in  England  jener  Zeit 
noch  unbekannten  Werke  Joh.  Seb.  Bach's  seinen  Landsleuten  bekannt  und 
werth  zu  machen,  nach  seiner  eignen  Ueberzeugung.  Die  Briefe  bieten  auch 
sonst  Interessantes  genug,  besonders  ist  in  Bezug  auf  die  Gebräuche  und 
Traditionen  bei  der  Pflege  der  Musik,  welche  am  Anfang.;  dieses  Jahrhunderts 
in  England  herrschten,  manches  in  diesen  Briefen  enthalten. 

Wesley,  Samuel  Sebastian,  Organist  und  Kirchencomponist,  Neffe  von 
Samuel  W.  und  Sohn  von  Charles  AV.  (XI,  328),  wurde  Ende  des  18.  Jahr- 
hunderts geboren  und  starb  in  Gloucester  am  19.  April  1876.  Er  erwarb  den 
Titel  Doctor  der  Musik  und  war  wie  sein  Vater  ein  sehr  anerkannter  Musiker. 

Westmeyer,  Wilhelm  (XI,  331),  starb  am  4.  September  1880  in  einer 
Heilanstalt  bei  Bonn. 

Wickede,  Friedrich  von,  geboren  am  28.  Juli  1834  zu  Dömitz  a.  d.  Elbe, 
ergrifi',  trotz  seines  ausgesprochenen  musikalischen  Talents  die  militärische 
Laufbahn,  aus  welcher  er  jedoch  nach  zehnjährigem  Dienste  wegen  mangel- 
hafter (jesundheit  als  Offizier  ausscheiden  musste.  Er  wurde  durch  eine  An- 
stellung in  der  Postverwaltung  versorgt  und  arbeitet,  unausgesetzt  alle  seine 
Musestunden  der  Composition  widmend,  noch  gegenwärtig  bei  der  Kaiserl. 
Ober-Postdirection  in  Leipzig,  wohin  iha  d.jr  geniale  Postchef  Stephan  wegen 
seinen  Beziehungen  zur  Musik  i.  J.  1873  versetzte.  W.  erfreut  sich  des  Rufes 
als  eines  begabten  deutschen  Liedercomponisten  und  hat  bereits  über  hundert 
Lieder  und  Gesänge,  ferner  eine  Anzahl  Ciaviersachen  meist  populärer  Natur 
veröffentlicht.  Daneben  hat  er  auch  Orchestersachen  geschrieben,  von  denen 
besonders  eine  heroische  Ouvertüre  -aPer  aspera  ad  asfraa  bereits  an  verschie- 
denen Orten  mit  bedeutendem  Erfolge  aufgeführt  worden  ist.  Auch  als  Kritiker 
für  Opi-r   und   Concerte   war  W.   in   Leipzig  während  mehrerer   Jahre  thätig. 

Widor,  Charles  Marie,  französischer  Pianist,  Organist  und  Componist, 
wurde  in  Lyon  am  22.  Februar  184ö  geboren  und  erhielt  auch  dort  die  erste 
musikalische  Ausbildung,  bis  er  nach  Brüssel  kam,  wo  er  die8ell)e  unter  Fetis 
und  Ijemmens  vollendete.  1860  erhielt  er  die  Organistenstelle  an  der  Kirche 
Saint-Frau^ois  in  Lyon,  und  wurde  entsprechend  seinem  Talent,  später  an  die 
Orgel  St.  Sulpice  nach  Paris  l)erufen.  Auch  als  Componist  nimmt  er  eine  sehr 
geachtete  Stellung  ein.  Er  schrieb:  »La  Ntiit  de  IValpurgisa.  symphonische  Com- 
position: Clavierconcert  mit  Orchester  in  F-moll;  vMarche  nupfialev  für  Orchester; 


480  Wielhoraky  —  VVouters. 

Quintett,  Serenade,  Trio,  Stücke  für  Violoncell  und  Ciavier,  sechs  Sinfonien  für 
Orgel,  viele  Ciavierstücke,   Chorsachen  u.  a. 

Wielhorski,  Michael  (XI,  345),  wurde  am  31.  October  1789  in  Volhinien 
geboren  und  starb  in  Moskau  am  9.  September  1856.  Sein  Bruder  Joseph, 
ebenfalls  grosser  Musikliebhaber,  war  ausgezeichneter  Violoncellist  und  Ciavier- 
spieler und  hat  auch  zahlreiche  Claviercompositionen  (Berlin,  Schlesinger, 
Bote  &  Bock;  Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel,  Kistner,  Hofmeister  und  in  War- 
schau) veröffentlicht.  Der  im  bezeichneten  Artikel  erwähnte  Graf  Mattieu  war 
der  Onkel  dieser  beiden,  ein  Schüler  Bernhard  Romberg's  auf  dem  Violoncell 
und  derjenige  von  ihnen,  welcher  sein  eigenes  treffliches  Orchester,  unter 
Direction  von  Estrowski,  hielt. 

Wieuiawski,  Henri  (XI,  345),  nicht  Wieniawsky,  starb  in  Moskau  am 
2.  April  1880. 

Wieprecht,  Friedrich  (XI,  348),  starb  am  17.  Sept.  1880  in  Berlin. 

Wilhelm  III.,  König  der  Niederlande,  Prinz  von  Oranien  und  Nassau, 
Grossherzog  von  Luxemburg,  geboren  zu  Brüssel  am  19.  Februar  1817,  um 
die  Tonkunst  verdient  durch  Schutz  und  Förderung,  die  er  derselben  seit  dem 
Beginn  seiner  Regierung  angedeihen  lässt.  In  der  Musik  selbst  sehr  wol 
unterrichtet,  hat  sich  dieser  Fürst  ein  sicheres  Urtheil  in  musikalischen  Fragen 
erworben,  wodurch  seine  warme  Protektion  der  Tonkunst  und  Künstler  in 
den  Niederlanden  an  "Wichtigkeit  noch  gewonnen.  1871  errichtete  der  König 
in  Brüssel  eine  Musikschule,  in  welcher  die  Zöglinge  auf  seine  Kosten  die 
vollständige  miisikalische  Ausbildung  im  Gesänge,  Ciavier,  Violine,  Violoncell 
und  Composition  empfangen  können.  Er  erwarb  auch  in  Brüssel  ein  Grund- 
stück, in  welchem  die  Gesangsschülerinnen  unter  dem  Schutze  einer  Vorsteherin 
zugleich  Wohnung  finden.  Aufgenommen  als  Pensionäre  des  Königs  in  das 
Institut  werden  diejenigen,  welche  nach  einer  Prüfung  durch  den  Commissar 
des  Königs  (z.  Z,  vander  Does)  dazu  bezeichnet  werden.  Eine  Prüfung  der 
Gesangsschülerinnen  findet  nach  einer  Bestimmung  des  hohen  Protektors  alle 
drei  Jahre  statt,  und  hat  der  König  für  die  beste  Schülerin  der  ersten  Classe 
einen  Preis,  bestehend  in  einer  goldenen  mit  Brillanten  verzierten  Medaille 
(Medaille-Malibran)  ausgesetzt.  Auch  für  die  Pensionäre  der  anderen  Zweige 
ist  für  die  beste  Composition  einer  Sinfonie  oder  Ouvertüre  eine  goldene 
Medaille,  für  ein  Kammermusikstück  eine  silberne  und  für  das  beste  Clavier- 
oder  Gesangstück  eine  bronzene  Medaille  ausgesetzt.  Alljährlich  veranstaltet 
der  König  in  seinem  Schlosse  Loo  prächtige  Musikfestlichkeiten,  in  welchen 
sich  die  vorzüglichsten  der  Schüler  vor  einem  Kreise,  vom  König  geladener 
einheimischer  und  auch  fremder  Künstler,  hören  lassen  dürfen. 

Wilson,  Miss,  englische  Sängerin,  geboren  in  den  ersten  Jahren  dieses 
Jahrhundert,  war  eine  Schülerin  des  Sängers  und  Componisten  Thomas  Welsh. 
Sie  trat  1821  im  Drury-Lane  Theater  zum  erstenmal  auf  und  erzielte  sensa- 
tionellen Erfolg,  wie  ihn  die  Sängerinnen  Sontag  und  Jenny  Lind  kaum 
errangen.  Ihre  Einnahme  während  des  ersten  Jahres  ihres  Auftretens  soll 
10,000  Pf.  Sterling  betragen  haben.  Ueberanstrengung  jedoch  machte  einen 
längeren  Aufenthalt  in  Italien  nöthig,  worauf  sie  sich  mit  F.  Welsh  verheiratete 
und  zur  Bühne  nicht  zurückkehrte.  Sie  starb  als  Wittwe  Ende  des  Jahres 
1867.     Ihre  Tochter  war  an  den  Violoncellisten  Piatti  verheiratet. 

Woeltje,  C.  L.  H.  (XI,  399),  wurde  1785  geboren  und  starb  in  Celle  am 
23.  Juli  1864. 

Wolff,  Eduard  (XI,  406),  starb  in  Paris  im  October  1880. 

Woronieg,  Arnulph,  Abbe,  Priester  und  Musiker,  in  Polen  geboren, 
lebte  gegen  Ende  des  18.  und  Anfang  des  19.  Jahrhunderts.  Er  gab  ein  Werk 
über  den  figurirten  Choralgesang  heraus:  r,Poc  zoniki  muzyhi  tak  ßguralnego 
jak  i  clioralnego  Kantu  (Vilna,   1806). 

Wouters,  Adolphe  Frangois,  belgischer  Componist  und  Lehrer  des 
Ciavierspiels  am  Conservatorium  in  Brüssel,  bekleidet  zugleich  die  Stelle  eines 


Wüerst  —  Zaremba.  481 

Kapellmeisters  an  der  Kirche  Saint-Nicolas  und  die  eines  Organisten  an  Notre- 
Dame-de-Finisterre  in  derselben  Stadt.  Zu  seinen  Hauptwerken  in  der  Com- 
position  gehören:  n Messe  solennelU'  de  Sainfr-Ct'cile«  für  Solo,  Chor,  Orchester 
oder  Orgel  und  Harfe  (hei  Schott);  1878  in  Brüssel  aufgeführt;  eine  vier- 
stimmige Messe  mit  Orchester  oder  Orgel:  eine  kleine  IMesse  für  drei  gleiche 
Stimmen;  ein  Te  Deum  für  grosses  Orchester:  vierstimmige  I^lünncrchüre; 
■nEtudes  principales  poiir  piano«.  (Brüssel,  Schott)  und  andere  Studien,  die  in 
mehreren  Conservatorien  für  den  l'nterricht  angenommen  sind. 

Wüorst,  Kichard   (XI,   418)  starb  am   9.   October   1881   in  Beilin. 

Wurda,   Joseph   (XI,  420),  starb  in  Hamburg  am   28.  April   1875. 


Y. 

Yradier,  Sebastian,  ein  spanischer  Componist  von  Gresängen,  von  denen 
der  eine  y>Ay  CJiiquita«  eine  ganz  allgemeine  Verbreitung,  auch  in  aussersjjani- 
schen  Ländern,  gefunden  hat.  Yradier,  von  dessen  Lebensumständen  nichts 
weiter  bekannt  ist,  starb  in  Yittoria  im  November  1865.  Bei  Heugel  in  Paris 
erschien  eine  Sammlung  von  fünfundzwanzig  seiner  Gesänge  mit  Clavierbe- 
gleituncr  und  mit  französischem  Text  von  Paul  Bernard  und  Tagliafico. 


Z. 

Zahn,  Joh.  Georg,  geboren  am  9.  März  1856  in  Fürth  in  Bayern,  absol- 
virte  1874  das  k.  Lehrerseminar  in  Bamberg,  war  1"^/^  Jahr  Lehrer  in  einem 
Dörfchen  des  Fichtelgebirges,  ging  im  April  1876  nach  Leipzig,  studirte  unter 
E.  F.  Richter  Coutrapunkt  und  Dr.  E,.  Papperitz  Orgel,  und  wurde  des  Letz- 
teren Stellvertreter  im  Organistenamt  an  der  Nicolaikirche  zu  Leipzig.  Er 
spielte  mit  grossem  Erfolge  auf  den  Tonkünstlerversammlungen  zu  Erfurt  1878 
und  AViesbaden  1879  Orgel,  ist  der  vielbeschäftigte  Organist  des  Bach- Vereins 
und  des  Riedelschen  Vereins  in  Leipzig,  ebenso  des  Hasslerschen  Vereins  in 
Halle  und  hat  hier  wie  auch  in  selbständigen  Concerten  in  Leipzig,  Bayreuth, 
Regensburg.  Frankfurt  seine  Fertigkeit  im  Orgelspiel  gezeigt.  Bei  F.  E.  C.  Leuckart 
erschien  von  ihm  eine  Bearbeitung  der  Präludien  und  Fugen  aus  Seb.  Bachs 
wohltemperirtem  Ciavier  für  die  Orgel  im  Herbst  1879.  Zahn  ist  auch  Dirigent 
des  Breitkopf  &  Härteischen   Gesangvereins  in  Leipzig. 

Zaui  de  Ferranti  (siehe  Ferrani,  III,  495),  starb  in  Brüssel  am 
28.  November  1878. 

Zapater,  Rosaria,  ausgezeichnete  spanische  Künstlerin,  Sängerin,  Pianistin 
und  Dichterin,  war  Gesangsschülerin  von  Valdemosa,  Concertdirektor  der  Königin 
Isabella.  Gegen  1860  trat  sie  als  Concei'tsängerin  und  fast  gleichzeitig  als 
Dichterin  hervor.  Sie  verfasste  den  Text  der  italienischen  Oper  nGIi  amanti 
di  TerueU,  welche  ihr  Landsmann  Avelino  de  Aguirre  in  Musik  setzte  und  welche 
1865  aufgeführt  einen  sehr  bedeutenden  Erfolg  erzielte.  Das  Textbuch  wird 
nach  allen  Seiten  hin  als  bedeutend  bezeichnet.  Rossini  und  Meyerbeer  wür- 
digten ihre  Gesangskunst  sehr;  der  Letztere  hat  auch  eines  ihrer  Gedichte:  »7/ 
Primo  Amoreu.  in  Musik  gesetzt.  Frl.  Zapater,  die  auch  als  Gesanglehrerin 
thätig  ist,  veröffentlichte  auch  bei  Brandus  eine  ausgezeichnete  complette  Ge- 
sangschule und  ausserdem  eine   Ciavierschule. 

Zaremba,  Nicolas,  russischer  Musiker,  geboren  im  Gouvernement  AViteb, 
war  Direktor  des  Petersburger  Conservaturiums  als  Nachfolger  Anton  Rubin- 
steins, ihm  selber  folgte  Asantschewski  in  dieser  Stellung.  Namentlich  ist  er 
durch  das  Oratorium  »Johannes  der  Täufera  bekannt  geworden.  Er  starb  in 
Petersburg  am   8.  April   1879. 

Musikal.  Convers.-Leiikon.    Er)räi)zunp8band.  31 


482  Zaytz  —  Zeitschriften. 

Zaytz,  Johann,  Componist  und  Orchesterdirektor,  wurde  1834  in  Fiume 
geboren,  wo  sein  Vater,  der  aus  der  Gegend  von  Prag  stammte,  als  Regiments- 
musiker stationirt  war.  Schon  im  sechsten  Jahre  konnte  der  kleine  vom  Vater 
unterrichtete  Sohn  sich  im  Theater  auf  dem  Ciavier  und  der  Violine  und  im 
zehnten  mit  einigen  Probestücken  seiner  Composition,  zwei  Ouvertüren  und  einer 
Fantasie  über  Verdische  Motive  für  die  Violine  hören  lassen.  Trotzdem  musste  er 
sich  auf  des  Vaters  Wunsch  für  den  Stand  des  Advokaten  vorbereiten,  und  durfte 
erst,  nachdem  er  die  hierzu  erforderlichen  Studien  vollendet  hatte,  1850  ins  Conser- 
vatorium  in  Mailand  eintreten.  Nachdem  er  dasselbe  1856  verlassen  hatte,  wurde 
er  Musikdirektor  am  Scala- Theater  in  Mailand,  lebte  dann  einige  Zeit  in 
Fiume,  und  ging  1862  nach  Wien.  Er  hatte  bereits  gegen  hundertfünfzig  Com- 
positionen  veröfl'entlicht,  darunter  Sinfonien,  Ouvertüren,  vier  Messen  und  drei 
Opern:  »Za  S2)osa  di  Messina'.'-,  -nAJeliwi  und  y>Amelia(i.  In  Wien  wurde  er  von 
einer  schweren  Lungenkrankheit,  die  ihn  schon  einmal  heimgesucht  hatte,  be- 
fallen. Nach  seiner  Genesung  schrieb  er  zwölf  Operetten  die  in  Wien  fast  alle 
mit  Beifall  aufgeführt  wurden.  Er  folgte  dann  einem  ßuf  nach  Agram  in 
Croatien,  wo  er  Direktor  und  Lehrer  der  Musikschule  wurde.  Er  schrieb  hier 
noch  vier  Opei'etten  und  die  grosse  Oper  f>Fan  Twardowsky.'.  Ausser  den 
dramatischen  Compositionen  sind  noch  Messen,  Gesangs-  und  Tanzstücke  zu 
verzeichnen,  im  Ganzen  vierhundertsiebzig  Werke. 

Zdenko,  Fibich,  böhmischer  Componist  in  Prag,  ist  1851  geboren,  erhielt 
seine  höhere  Ausbildung  in  Paris  und  Leipzig,  wirkte  dann  in  Prag  anfangs 
als  Musiklehrer  und  dann  als  Kapellmeister  am  böhmischen  Theater  in  Prag. 
Ausser  drei  Sinfonien,  verschiedenen  Ouvertüren,  einer  sinfonischen  Dichtung 
y>Othello<i,  Liedern,  Chören  u.  dergl,  mehr  allgemeinen  Stils,  componirte  er  auch 
eine  Reihe  von  Werken  slavischen  Charakters,  wie  die  sinfonischen  Dich- 
tungen yyTomaji"  und  y^Zaboja;  ein  Streichquartett;  zwei  Violinsonaten;  eine 
grosse  Oper  •f>JBlanch"  u.  s.  w. 

Zeerloeder,  Nicolas,  Musiker  des  17.  Jahrhunderts,  aus  Bern  in  der 
Schweiz  gebürtig,  war  um  1649  Lehrer  des  lateinischen  Collegiums,  später 
Prediger  und  Stiftsherr  zu  Kilchberg.  Man  kennt  von  ihm  eine  Abhandlung 
über  die  Anfangsgründe  in  der  Musik,  betitelt:  »Ein  Musikbüchlein«.  Bern, 
1678,  in  8°. 

Zeitschriften  (XI,  443),  Den,  im  elften  Bande  genannten  Zeitschriften 
für  Musik  und   Theater  sind  noch  hinzuzufügen: 

1.  Neue  Musikzeitung,  erscheint  in  Köln  unter  Redaktion  von  A.  Reiser, 
im  Verlage  von  P.   J.  Tonger,  monatlich  zweimal  (Jahrg.  3). 

2.  Musikalisches  Centralblatt,  erscheint  im  Verlage  und  unter 
Redaktion  von  R.  Seitz  in  Leipzig,  wöchentlich   (Jahrg.  2). 

3.  Deutsche  Militär-Musiker-Zeitung,  erscheint  unter  Redaktion 
und  im  Verlage  vom  Em.  Prager  (Jahrg.  4). 

4.  Orgelbau -Z  eitung,  erscheint  unter  Redaktion  von  Dr.  Mor.  Reiter, 
im  Verlage  von   W.  Peiser  in  Berlin,  wöchentlich   (Jahrg.  4). 

5.  Zeitschrift  für  Instrumentenbau,  erscheint  unter  Redaktion  und  im 
Verlage  von  Paul  de  Wit  in  Leipzig,  monatlich  zweimal  (Jahrg.  3). 

6.  Harmonie,  erscheint  in  Leipzig  unter  Redaktion  und  im  Verlage  von 
Emil  Eulenburg,  als  Centralblatt  für  die  Interessen  des  Zitherspiels, 
wöchentlich   (Jahrg.  2). 

7.  Centralblatt  deutscher  Zithervereine,  erscheint  wöchentlich  in 
Hamburg  bei  R.  Wächter  (Jahrg.  5), 

8.  Ziehrer's  Deutsche  Kunst-  und  Musikzeitung,  erscheint  in 
Wien  bei   J.  Kiebeck,  wöchentlich  (Jahrg.  8). 

9.  Schweizer  Sängerblatt,  ei'scheint  in  Zürich  bei  Gebr.  Hug,  unter 
Redaktion  von  G.  Weber,  monatlich  zweimal  (Jahrg.  22). 

10.  Musikalischer  Anzeiger,  Leipzig,  C.  W.  Leipner  (Jahrg.  1). 
Ist  nur  Anzeigeblatt,  ebenso: 


Zeitschriften.  483 

11.  Die   Ct locke.   Neiulamm   bei   F.  Kümmerer. 

l'i.  Wiener  Signale,  erscheinen  in  Wien  V)ei  Ignaz  Kugel,  meist 
wöchentlich   (Jahrg.   4). 

13.  Halleluja.  Organ  für  ernste  Hausmusik,  redigirt  von  Dr.  Fr.  Zim- 
mer, Verlag  von   Vioweg  in   Quedlinburg. 

14.  Bayreuther  Blätter,  erscheinen  in  Bayreuth  im  \'erlage  des  l'atru- 
natvereins  der  Waguerauffiihrungen  unter  Jiedaktion  von  H.  von  AVolzogen, 
monatlich   einmal   (Jahrg.   3). 

15.  Zeitschrift  für  die  musikalische  Welt,  erscheint  in  Wien  bei 
Anton  August  Naaff,  wöchentlich   (Jahrg.   5). 

IG.  Fliegende  Blätter  für  evangelische  Kirchenmusik,  erscheinen  in 
Oels  in  Schlesien. 

17.  Fliegende  Blätter  für  katholische  Kirchenmusik.  Zugleich 
Organ  des  Cäcilienvereins  für  alle  Länder  deutscher  Zunge;  redigirt  von  Dr. 
Frz.  W^itt,  Kanonikus  z.  Z.  in  Landshut,  erscheint  im  Verlage  von  F.  Pustet 
in   Regensburg,  monatlich  einmal. 

18.  Musica  sacra.  Beiträge  zur  Reform  und  Förderung  der  katholischen 
Kirchenmusik,  herausgegeben  von   Dr.  Frz.  Witt  im  Selbstverlage  (Jahrg.  15). 

19.  Der  Kirchenchor.  Eine  gemeinverständliche  Zeitschrift  für  Kirchen- 
musik. Zugleich  Organ  der  Cäcilienvereine  der  Diöcese  Brixen:  redigirt  von 
F.  J.  Battlogg,  Expositus  in  Gurtis  (Vorarlberg),  herausgegeben  vom  Vorarl- 
bergisehen  Cäcilienverein,  monatlich. 

20.  Sendbote  der  heil.  Cäcilia.  Monatsschrift  für  Kirchensänger. 
Zugleich  Organ  des  Diöcesanvereins  Speier,  redigirt  vom  Domvicar  C,  Ln.  Mairn. 
Verlag  der  Kleeberger"schen  Buchhandlung;  erscheint  monatlich. 

21.  Zeitschrift  für  kath.  Kicheumusik.  Organ  des  oberösterreichischen 
Diöcesan  -  Cäcilien- Vereins;  herausgegeben  von  demselben,  redigirt  von  Joh. 
Evangelist  Habert,  Organist  iu  Gmunden  am  Traunsee.  Selbstverlag,  monatlich. 
Jahrgang   11. 

22.  Cäcilia.  Vereiusorgan  des  amerikanischen  Cäcilienvereins.  Monats- 
schrift für  kath.  Kirchenmusik  in  St.  Francis-Station  (Milwaukee),  Verleger 
Pustet  &   Comp.   New-York,  monatlich. 

23.  Der  Chorwächter,  erscheint  unter  Redaktion  von  dem  Domchor- 
direktor G-.  E.  Stehle  in  St.  Gallen,  im  Verlage  von  F.  J.  Moriell  in 
St.  Gallen  (Jahrg.  5). 

24.  Ambrosiusblatt,  erscheint  unter  Redaktion  von  A.  Podrabsky,  in 
der  Hofl)Uchdruckerei  von   C.  Fromme  in  Wien   (Jahrg.   2). 

25.  St.  Gregoriusblad,  Tydschrift  tot  bevordering  van  kerkelijk  Toon- 
kunst,  Redakteur  J.  A.  Lans,  Haarlem.  VII. 

26.  Musica  sacra,  Revue  de  chant  d'eglise  et  de  musique  religieuse,  Red. 
le  Chanoine  Van  Damme.     Verleger  C.  Poelmann  ä  Gand. 

27.  Wiener  Blätter  für  kath.  Kirchenmusik. 

28.  Lyra  ecclesiast  ica.  Monthly  bulletin  of  the  irish  society  of  St.  Caecilia, 
Dublin,   H.   Gill   &  Sohn. 

29.  Caecilia.  Journal  de  Musique  religieuse  quatrieme  annee.  Librairie. 
J.   Gurtler  ä   Purrentruy  (Suisse). 

30.  Harmonia.  Ungarische  Musikzeitung,  erscheint  in  Budapest  monat- 
lich  zweimal  (Jahrg.   1). 

31.  Dalibor,  eine  böhmische  Musikzeitung,  erscheint  in  Prag  unter 
Redaktion  von   Novotny,  im  Verlage  von  Urbanek. 

32.  La  Renaissance  musicale.  Paris,  Brandus,  Directeur.  Gerant: 
Edmond  Hippeau.     Annee   2. 

33.  Revuedumondemusicalet  dramat.  Paris.  Armand  Roux.  Annee  5. 

34.  Questionnaire  de  Tassoc.  internationale  des  musiciene- 
ecrivains.      G.  Becker  annee   7.     Geneve. 

35.  L'echo   musical.     Bruxelles.     Mahillon.     Annee   14. 

31* 


484  Zenger  —  Zublaurre. 

36.  La  Musique  populaire.  Journal  hebdomadaire  illustre.  Redacteur 
en  Chef:  Arthur  Pougin.     Paris. 

37.  LeProgresartistique. Musique, Litterature,Beaux-Arts,Fiuauce, Paris. 

38.  Napoli  musicale.     Neapel.    Umb.  Mazzoue. 

39.  Caecilia.  Allgemeen  Musikaal  Tijdschrift  van  Neederland.  Haag. 
Redakteur  Nicolai. 

40.  The  London  and  proviucial.     Music  Trades  review.     London. 

41.  The  Orchestra  and  the  Choer.     London.     Vol  8. 

42.  The  Americain  Art  Journal.    New- York.  Thoms  &  Delano.  Vol.  36. 

43.  Music  et  Dramatic  Courier.     New- York.     J.  Freund.     Yol.  2. 

44.  The  Score.    A  Journal  of  Musik.    Islington.    Vol.  8. 

45.  New- York  er  Figaro.     New-Y''ork  (Deutsch  mit  Portraits). 

46.  Das  Telephon.    New-Y''ork.     G.  Stein,  mit  Portraits. 

47.  Dwight's   Journal  of  Music.     Boston. 

48.  Folie.     A  Journal  of  Music,  Drama,  Art  and  Literatur.     Boston. 
Die  »Tonkunst«   (XI,  460),    ging  nach  ihres  Begründers  Tode  Albert 

Hahn,  in  den  Verlag  von  Frantz  in  Demmin  über,  wo  sie  unter  Redaktion 
von  0.  Wangemann  weiter  erscheint. 

Die  »Allgemeine  deutsche  Musikzeitving  (XI,  460)  ging  1879  in 
den  Verlag  von  Raabe  &  Plothow  in  Bei'lin  über  und  erscheint  gegenwärtig 
unter  Redaktion  und  im  Verlage  von  Otto  Lessmann  in  Charlottenburg. 

Eingegangen  sind  unter  anderen:  »Echo«  (XI,  457);  Revue  et  Grazette 
musicale  (XI,  461)  und  nach  kurzem  Bestände  die,  von  Max  Goldstein  in 
Berlin  begründete  und  i'edigirte  »Musik weit«. 

Zenger,  Max,  Componist,  geboren  am  2.  Februar  1837  in  München, 
studirte  bei  Prof.  Stark  und  auf  dem  Conservatoi-ium  in  Leipzig  Musik,  worauf 
er  als  Kapellmeister  in  Regensburg,  München  und  Karlsruhe  fungirte.  1863 
gelangte  in  München  seine  Oper  y^Foscarm,  1867  das  Oratorium  r>Cdin<.<.  und 
1868  die  Oper  r>Euy  Blas<i  zur  Aufführung.  Er  schrieb  noch  ausserdem  die 
Oper  »  Wiland  der  Schmiede  und  Vokal-   und  Instrumentalwei-ke. 

Zichi,  Geza,  ungarischer  Musiker,  und  obgleich  der-rechten  Hand  beraubt, 
ein  bedeutender  Ciaviervirtuose.  Er  entstammt  einer  alten  berühmten  unga- 
rischen Grafenfamilie,  wurde  in  Sztara  am  22.  Juli  1842  geboren  und  verlebte 
Kindheit  und  Jugend  in  Pressburg,  wo  er  auch  die  Rechte  studirte.  In  seinem 
fünfzehnten  Jahre  führte  ein  Jagdunglück  den  Verlust  seines  rechten  Armes 
herbei.  Er  liebte  so  leidenschaftlich  das  Ciavierspiel,  dass  er  nunmehr  die 
energischesten  Studien  mit  der  linken  Hand  vornahm  und  so  brachte  er  es  mit  dieser 
zu  einer  ganz  ungewöhnlichen  Virtuosität,  durch  die  er  bei  seinem  Auftreten  in 
"Wien,  Pest  und  Paris  Sensation  erregte.  Er  versteht  nicht  allein  mit  der 
einen  Hand  den  Mangel  der  zweiten  zu  verdecken,  sondern  sein  Spiel  ist  auch 
aller  Nuancen  mächtig,  vom  Seelenvollsten  bis  zur  grössten  Bravour.  In  der 
Composition  erhielt  er  vom  Kapellmeister  der  Kathedrale  in  Pressburg,  Meyer- 
berger,  und  von  Robert  Volkmann  in  Budapest  Unteriicht.  Es  erschienen  von 
ihm:  ein  Ave  Maria  für  Sojjran;  Lieder  (Kahnt,  Leipzig)  und  ein  Heft  Etüden 
für  die  linke  Hand,  seinem  Lehrer  Fr,  Liszt  zugeeignet,  welcher  von  denselben 
sagt:  dass  sie  in  gutem  Stil  und  Geschmack  geschx'ieben  seien,  auch  die  Wir- 
kung mancher  zwei-  oder  vierhändiger  Com^jositionen  hervorbringen,  aber  so 
schwierig  seien,  dass  nur  der  Componist  allein  das  Wunder  sie  zu  spielen  fertig 
bringe.  Z.  lebt  in  Budapest,  wo  er  an  der  Spitze  mehrerer  Musikgesell- 
schaften steht. 

Zubiaurre,  Valentin,  ausgezeichneter  spanischer  Componist,  wurde  in 
Garay  am  13.  Februar  1837  geboren,  trat,  nachdem  er  bei  einem  Dorfcautor 
den  ersten  Unterricht  erhalten  hatte,  als  Chorknabe  in  die  Basilika  Santiago 
in  Bilbao,  wo  er  vom  Kapellmeister  Nicolas  Ledesma  in  den  vei'schiedeiaen 
Disciplinen  der  Musik  Unterricht  erhielt.  Schon  1852  erwarb  er  einen  Platz 
als    Organist,    ging    aber    bald    darauf  nach    Amerika,    wo    er    sich  in  Caracas, 


Zuccholli  —  Zur  Lauben.  485 

später  in  Guayra  niederlioss  und  Unterricht  ertheilte.  Nach  Spanien  zurück- 
gekehrt, trat  er  noch  als  Schüler  ins  Conservatorium  in  INIndrid  und  erwarb 
unter  Eslava  1866  den  ersten  Preis  in  der  Compositiun.  Kurze  Zeit  nachher 
erhielt  er  gleichzeitig  mit  Barreras  für  die  spanische  Oper  »Don  Fernando  il 
Emplazado<f.  den  Preis.  Diese  Oper  wurde  1873  mit  Beifall  in  Madrid  auf- 
geführt (Tamberlik  in  der  Titelrolle).  Als  Pensionär  der  spanischen  Akademie 
ging  Z.  nun  zwei  Jahre  auf  Reisen.  Er  besuchte  Italien,  Frankreich.  Deutsch- 
land, Oesterreich  und  Belgien,  und  legte  seine  Wahrnehmungen  in  den  Schrift- 
chen nieder:  »Aufsatz  über  den  Stand  der  Kunst  in  Italien  und  in  Europa«. 
Auch  schrieb  er  in  dieser  Zeit  ein  Oratorium  nach  "Worten  der  Matthäus- 
passion. Ferner  zwei  Messen  für  die  königl.  Kapelle,  zu  deren  zweiten  Kapell- 
meister er  ernannt  wurde.  Im  April  1877  gelangte  seine  Oper  nLedian  im 
königl.  Theater  zur  Aufführung,  die  seinen  Kuf  als  Componist  feststellte,  so 
dass  er  zu  den  berufensten  Componisten  der  Gegenwart  in  Spanien  zählt.  1879 
ging  seine   zweiaktige   Oper  r>Tigre  de  mara  in   Scene. 

Zucchelli,  Carlo  (XT,  505),  wurde  in  London  am  28.  Januar  1793  ge- 
boren  und  starb   in  Bologna  im   Februar   1879. 

Zugrposauue  heisst  bekanntlich  die  Art  Posaune,  bei  welcher  die  A^er- 
äuderung  der  Tonhöhe  durch  den  sogenannten  Auszug  und  nicht  wie  bei 
der  Ventil-  oder  chromatischen  Posaune  durch  Ventile  herbeigeführt 
wird.  Weil  in  den  verschiedenen  Orchestern  immer  noch  keine  Ueberein- 
stimmung  in  Annahme  eines  Normaltons  herrscht,  die  Zugposaune  aber  für 
eine  bestimmte  Stimmung  gebaut  ist,  so  musste  der  Posaunenbläser  jür  jede 
Stimmung  ein  entsprechendes  Instrument  haben,  bis  man  durch  einen,  zwischen 
Zug-  und  Schallstück  angebrachten  Aufsatz  die  Stimmung  reguliren  lernte. 
Dadurch  aber  verliert  das  Verhältniss  der  einzelnen  Theile  zu  einander  das 
nöthige  Gleichmaass,  die  Zugstücklänge  wird  der  Länge  des  Schallstücks  gegen- 
über verändert  und  das  erschwert  es,  die  Sauberkeit  und  Tonreinheit  beim  Blasen 
zu  erreichen.  Dem  abzuhelfen  hat  E.  Schiott  in  Gohlis  bei  Leipzig  einen 
Stimmzug  sowol  am  Schallstück  wie  am  Zugstück  angebracht,  durch  welchen 
die  tiefe  wie  die  hohe  Stimmung  hervorgebracht  werden  können,  ohne  die  Ver- 
hältnisse der  einzelnen   Theile  des  Instruments  zu  verändern. 

Znliani,  Prospero,  italienischer  Musikschriftsteller,  als  Professor  der 
Geschichte  und  Aesthetik  am  Lyceum  der  Musik  in  Rom  angestellt,  auch 
Redakteur  des  musikalischen  Theiles  am  Journals  l'Italia  in  Rom,  gab  heraus: 
1)  nOsservazioni  suUe  riforme  proposte  del  R.  CoUer/io  di  musica  di  Napoli«.  Rom, 
1877,  in  8*^;  2)  nHoma  musicale  appunti,  osservazioni,  notiziea,  Rom,  Botta, 
1878;  3)  nLoliengrin  di  Riccardo    IJ'ajner«,  Rom,  Botta,   1880. 

Zur  Lauben,  B.  Fid.  Ant.,  veröß'entlichte  in  den  Memoiren  der  Akademie 
der  schönen  Wissenschaften  und  Künste  in  Paris  Tbl.  XLI,  1780:  "Obser- 
vations  sur  un  manuscrit  de  la  hihliotheque  du  roi  qui  contient  les  chansons  des 
trouveres  ou  trouhadours  de  la  Souabe  ou  de  VÄllemagne  de  la  fin  du  douxieme 
siede  jusque  vers  Van  J.330«. 


Nach  t  r  a  g\ 


Adler,  Gruido,  ist  am  1.  November  1855  in  Eibenschütz  in  Mähren  ge- 
boren. Schon  nach  seinem  kaum  vollendeten  ersten  Lebensjahr  verlor  er  den 
Vater  und  die  Mutter  zog  mit  ihren  unmündigen  sechs  Kinder  nach  Iglau, 
wo  der  heranwachsende  Guido  auch  den  ersten  Musikunterricht  genoss.  1864 
ging  dieser  nach  Wien  und  besuchte  hier  das  akademische  Gymnasium,  an 
welchem  auch  die  Musik,  unter  Direktor  Hochegge r  bedeutend  gepflegt  wurde, 
und  später  auch  das  Conservatorium,  hier  den  Unterricht  im  Claviei'spiel  von 
den  Professoi'en  Schenner  und  Dachs  und  in  der  Theorie  von  Brückner 
und  Dessof  geniessend.  1874  verliess  er  das  Conservatorium  preisgekrönt. 
Mittlerweile  hatte  er  auch  die  Universität  bezogen  um  Jura  und  Philosoj^hie 
zu  studlren.  1878  erwarb  er  die  juridische  und  1880  die  philosophische 
Doctorwürde.  Seine  Dissertation:  »Die  historischen  Grundklassen  der  christlich 
abendländischen  Musik  bis  1600«  erschien  in  der  »Allgemeinen  Musikalischen 
Zeitung«,  Jahrgang  XY  Nr.  44 — 47.  1881  habilitirte  er  sich  an  der  Wiener 
Universität  und  liest  hier  historische  und  systematische  Spezialkollegia  über 
Musikwissenschaft.  Seine  Habilitationsschrift:  »Eine  Studie  zur  Geschichte  der 
Harmonie«  (speciell  über  den  Fauxbourdon),  wurde  von  der  kaiserl.  Akademie 
der  Wissenschaften  in  den  Sitzungsberichten  der  philos.histor.  Classe  (XCVIII.Bd. 
III.  Heft  p.  781)  und  in  einem  Separatabdruck  bei  Carl  Gerold  in  Wien 
veröffentlicht. 

Barberean,  Mathurin  Auguste  Balthasar  (1,447),  starb  am  18.  Juli  1879 
zu  Paris. 

Bärge,  W.,  einer  der  trefflichsten  Flötisten  der  Gegenwart,  ist  am  23.  Nov. 
1836  in  Wulfsahl  (Amt  Dannenberg,  Prov.  Hannover)  geboren.  Seine  Eltern, 
unbemittelte  Landleute,  vermochten  wenig  für  seine  Ausbildung  zu  thun,  so 
dass  er  meist  auf  eigenes  Studium  angewiesen  war.  Doch  hatte  ihn  dies  so 
weit  gefördert,  dass  er  im  18.  Lebensjahr  als  Flötist  in  eine  Militärkapelle 
eintreten  konnte,  mit  welcher  er  nach  Hannover  kam.  Hier  suchte  er  den 
Unterricht  des  weltberühmten  Flötisten  Heinemeyer,  jedoch  vergeblich,  und 
da  auch  ein  andei'er  Flötist  der  Hofkapelle  es  ablehnte  ihn  zu  unterweisen, 
so  war  er  auch  hier  genöthigt,  sich  durch  eigenes  Studium  weiter  zu  bilden, 
was  ihm  in  solchem  Maasse  gelang,  dass  er  bald  ein  beliebter  Solosjneler 
wurde.  Nach  Beendigung  seiner  Dienstzeit,  im  Mai  1861,  wurde  er  Mitglied 
der  sogenannten  sächsischen  Concertkapelle  von  Lopitsch;  schon  nach  vier 
Monaten  erhielt  er  einen  Ruf  als  erster  Flötist  in  die  Hofkapelle  zu  Detmold. 
Hier  hatte  er  vollauf  Gelegenheit  sich  weiter  zu  bilden,  neben  dem  Flötenspiel 
auch  das  Ciavierspiel  zu  üben  und  theoretische  Studien  zu  machen.  1867 
wurde  er  erster  Flötist  im  Gewandhaus-  und  Theaterorchester  in  Leijjzig,  dem 
er  noch  als  eins  der  trefflichsten  Mitglieder  angehört.    Ausser  einer  ausgezeich- 


Häumker  —  Dvorak.  487 

ueten  Flöteuscliule  veiöftVntlichte  er  eine  Reihe  trefllicher  Arrangements  ein- 
zelner Toustücke  von  Händel,  Mozart,  Haydn,  Schubert,  Mendels- 
sohn,  Chopin   u.   A. 

BUiiiuker,  Friedrich  Wilhelm,  geboren  am  LT).  October  1842  zu  Elber- 
feld,  besuchte  nach  Vollendung  seiner  Studien  am  Gymnasium  daselbst  die 
Akademie  in  Münster  und  die  ITuiversität  in  Bonn,  um  Theologie  und  Philo- 
logie zu  stiidireu.  Am  1.  September  1867  wurde  er  in  Köln  zum  Priester 
geweiht;  gegenwärtig  wirkt  er  als  Kaplan  und  Schulinspektor  in  Niedeikrüchten, 
Regierungsbezirk  Aachen.  Die  Keformbestrebungen  auf  dem  Gebiete  der  kath. 
Kirchenmusik  veranlassten  ihn,  sich  eingehender  mit  der  geschichtlichen  Ent- 
wickeluiig  der  Tonkunst  zu  beschäftigen.  Als  Frucht  dieser  Studien  veröffent- 
lichte er:  »Pulestrina«.  Ein  Beitrag  zur  (leschichte  der  kirchenmusikalischen 
Reform  des  16.  Jtdnhunderts  (Freiburg,  1877);  vOrlandus  de  Lassusn  (daselbst 
1878)  und:  »Zur  Geschichte  der  Tonkunst  in  Deutschland«  (daselbst  1881). 
Ausserdem  jjublicirte  derselbe  eine:  »Studie  über  den  Todt  entanz«  (Frank- 
furt a/M.,   1881).     Dabei  ist  er  fleissiger  Miturbeiter  verschiedener  Zeitschriften. 

Beuuewitz,  AVilhelm  (1,548),  starb  am  21.  Februar  1880  in  Berlin. 

Iteruard,  "S'incenzia,  Clavierlehrei-in,  wurde  um  das  Jahr  1840  in  dem 
kleinen  Dort'e  Krischanowitz  (bei  Austerlitz)  in  Mühren  geboren:  ihr  Vater, 
Schullehrer  des  genannten  Dorfes,  war  ihr  einziger  musikalischer  Lehrmeister; 
er  hielt  sie  meist  zum  Orgelspiel  an,  und  bald  musste  sie  ihr  kaum  erwor- 
benes Wissen  an  die  Unterlehrer  übertragen.  Der  Vater,  ein  guter  Organist 
und  Violinspieler,  hatte  nicht  die  Fähigkeit,  von  seinem  Wissen  in  systema- 
tischer Folge  etwas  abzugeben,  seine  grosse  Strenge  trug  dazu  bei,  dass 
seine  Tochter  die  Verwirrung,  welche  die  Accordlehre  in  ihrem  Kopfe  hervor- 
brachte, dem  Vater  gegenüber  nie  eingestanden  hätte.  In  ihrem  15.  Jahre 
wurde  sie  Clavierlehrerin  in  Austerlitz.  Später,  als  sie  die  AVerke  grosser 
Meister  verstehen  lernte,  begann  sie  ernstlich  darüber  nachzudenken,  wie  es 
möglich  zu  macheu  wäre,  dass  ein  Lehrer,  dem  noch  Unterrichtspraxis  mangelt, 
den  Schüler  dennoch  so  leite,  dass  dieser  nicht  erst  auf  Umwegen  sein  Ziel 
erreiche  und  kam  zu  der  Ansicht,  dass  man  schon  die  ersten  Fingerübungen 
stets  mit  regem  Denken  verbinden,  d.  h.  sie  in  ihre  möglichen  Bestaudtheile 
vom  Schüler  zergliedern  lassen  sollte.  Auf  ihre  Erfahrungen  gestützt,  stellte 
sie  ein  praktisches  »Hilfsbuch  für  den  Ciavier  Unterricht«  zusammen, 
welches  (1881)  bei  M.  Perles  in  Wien  erschien.  Sie  wirkte  zumeist  in  Brunn, 
wo  sie  sich  den  Ruf  einer  eifrigen  und  äusserst  geduldigen  Lehrerin  erwarb, 
gegenwärtig  lebt  sie  in   Wien. 

Berthold,  Carl  Friedrich  Theodor  (1,569),  starb  am  28.  April  1882 
in  Dresden. 

Billeter,  Agathon  (I,  6),  starb  am  8.  Februar  1881  in  Burgdorf  in 
der  Schweiz. 

Blieseuer,   Louis  (I,  49),  starb   am   22.  August   1880  in   Berlin. 

Boeklet,  Carl  Maria  von  (II,  62),  starb  am   15.  Mai  1881   in  Wien. 

Bradsky,  Wenzel  Theodor  (II,  162),  starb  am  9.  August  1881  in 
Rackonitz  in  Böhmen. 

Brede,  Albrecht,  geboren  am  19.  December  1834,  Schüler  des  Professor 
Dr.  Volckmar,  wurde  1869  als  Musiklehrer  an  das  Lehrerinnen -Seminar  und 
die  höhere  Töchterschule  nach  Kassel  berufen;  hier  wirkt  er  zugleich  als  Orga- 
nist und  als  Dirigent  des  Oratorienvereins.  Wegen  seiner  A'erdienste  um  die 
Musik  (grosse  Oratorien- Auflührungen  und  Herausgabe  werthvoUer  Compo- 
sitionen  für  Ciavier,  Orgel  und  Gesang)  erhielt  er  von  der  Akademie  der  Künste 
in  Berlin  den   Titel  eines  »Königl.   INIusik-Direktors«. 

Cauipaua,  Fabricio  (II,  287),  starb  Mitte  Februar  1882  in  London. 
Cnuthnl,  August  (II,  301),  starb  am   31.  December  1881   in  Hamburg. 

üvorÄk,  Anton,  1842  geboren,  gehört  zu  den  hervorragendsten  böhmischen 


488  Eberlin  —  Hagen. 

Compouisteu  der  Gegenwart;  namentlich  in  seinen  Clavierconcerten,  zwei 
Streichquartetten,  einem  Sextett  und  vor  allem  in  der  komischen  Oper: 
»Der  schlaue  Bauer«  (1877),  wie  in  den  »Slavischen  Tänzen«  machen  sich 
nationale  Einflüsse  bei  ihm  geltend.  Ausserdem  componirte  er  drei  Sinfonien, 
ein  Stabat  mater  für  Soli,   Chor  und  Orchester  u.  v.  a. 

Eberliu,   Johann  Ernst   (111,311),   starb  am   19.   Juni   1762. 
EngelbrecM,   Karl   Friedrich   (III,  373),    starb  am  10.  December  1879 
in   Havelberg. 

Eseudier,  Leon  (111,422),  starb  am  22.  Juni  1881   in  Paris. 

Fischer,  Adolph,  ist  am  23.  Juni  1827  zu  Uckermünde  in  Pommern 
geboren;  seine  frühere  Jugendzeit  verlebte  er  in  Strassburg  in  der  Uckermark; 
in  seinem  zwölften  Lebensjahre  kam  er  in  das  Haus  seines  Onkels,  eines  Kauf- 
manns, nach  Frankfurt  a/0.  Dem  Wunsch  der  Eltern  gemäss  sollte  er  sich 
dem  Baufach  widmen;  seine  unbezwingliche  Neigung  zur  Musik  aber,  die  sein 
Onkel  bekämpfte,  veranlassten  ihn  1845  das  Haus  desselben  zu  verlassen  und 
nach  Berlin  zu  gehen,  um  sich  ganz  der  geliebten  Kunst  zu  widmen.  Er 
nahm  bei  dem  Chordirektor  der  Königl.  Oper  Elssler  Oesangunterricht  und 
wirkte  auch  im  Opernchor  mit.  Bald  darauf  wurde  er  auch  in  das  königl. 
Institut  für  Kirchenmusik  aufgenommen  und  hier  genoss  er  bis  1850  den 
Unterricht  von  A.  "W.  Bach  im  Orgel-  und  von  Killitschgy  im  Clavierspiel, 
von  E.  Grell  im  Contrapunkt.  1850  wurde  er  Schüler  der  Compositiousklasse 
der  königl.  Akademie  der  Künste;  er  genoss  als  solcher  den  Unterricht  von 
ßungenhagen  und  Grell,  und  erhielt  1851  in  der  öffentlichen  Sitzung  die  grosse 
akademische  »Medaille«.  Mitlerweile  war  er  auch  schon  mehrere  .Jahre  als 
Organist  thätig  gewesen:  1847  als  officieller  Vertreter  des  erkrankten  Organisten 
der  Dreifaltigkeitskirche  Kuhnau  und  seit  1848  als  Organist  der  Johannes- 
Kirche.  1851  wurde  er  Cantor  und  Organist  am  Grossen  Friedrichs- Waisen- 
hause und  1853  ging  er  als  Hauptoi'ganist  und  Dirigent  der  Singakademie  und 
Liedertafel  nach  Frankfurt  a  0.  1865  erhielt  er  das  Prädikat  eines  königl. 
Musikdirektors.  Vom  preussischen  Cultusminister  v.  Mühler  unterstützt,  ging 
er  1867  zur  Ausstellung  nach  Paris  und  hier  erwarb  er  als  Orgelvirtuose  auch 
die  Anerkennung  der  ersten  Meister,  Auber  und  Eossini.  Sein  Bericht  über 
die  Orgeln  ist  in  der,  von  der  Regierung  herausgegebenen  Sammlung  von 
Berichten  mit  aufgenommen.  1870  wurde  er  nach  Breslau  als  Oberorganist 
an  die  Elisabethkirche  berufen  und  1880  errichtete  er  das  »Schlesische  Conser- 
vatorium« ,  das  im  schönsten  Wachsthum  begriffen  ist.  Von  seineu  Compo- 
sitionen  sind  Motetten,  Lieder  und  Werke  für  Orgel  gedruckt;  drei  Sin- 
fonien von  ihm  sind  mehrfach  mit  Erfolg  aufgeführt  worden. 

Fortlage,  Carl  (III,  601),  ist  am  12.  Juni  1806  in  Osnabrück  geboren; 
widmete  sich  den  Wissenschaften  und  habilitirte  sich  1829  in  Heidelberg.  Seit 
1864  gehörte  er  als  Professor  der  Philosophie  der  Universität  Jena  an;  hier 
starb  er  am  8.  November  1881.  Ausser  seinen  epochemachenden  Werken  auf 
dem  Gebiete  der  Philosophie  und  Psychologie  schrieb  er  ein  bedeutendes  Werk 
über:  »Das  musikalische  System  der  Griechen  (Leipzig,  1847),  das  er 
dem  grossen  Philologen  Böckh  widmete.  Einen  Auszug  daraus  bringt  der 
Artikel:  »Griechische  Musik«  in  der  »Allgemeinen  Encyclopädie  von 
Er  seh  und  Gruber«.  Ausserdem  enthalten  seine,  bei  Fischer  in  Jena 
erschienenen  »Sechs  philosophischen  Vorträge«  einen  Aufsatz  »Ueber 
die  Anfänge  der  Musik«  und  die:  »Beiträge  zur  Psychologie«  (Leipzig, 
1875),  gehaltvolle  Darlegungen  über  das  Verhältniss  der  Tonempfinduugen  zu 
ihren  physikalischen  Reizen. 

Jagen,  Edmund  von,  ist  am  10.  Aug.  1850  in  Gieboldshausen  geboren, 
studirte  in  Berlin  und  Göttingen  Philosof)hie  und  Jurisprudenz  und  widmete 
sich    auch    dem    Studium    der   Musik.      Er    componirte   ausser  einem  Oratorium 


Hasselt-Barth  —  llorinesdorlV.  489 

nOchonnaa,  Lieder  u.  a,  und  verüti'entlichte  mehrere  Scliriften,  von  denen  hier 
S5U  erwühnou  sind:  »Uchor  die  Dichtung  der  i  rstcn  Sceno  des  ]{ht'ingold  von 
Richard  Wagner«  (München,  Kaiser);  »Ricliard  Wagner  nls  Dichter  in  der 
zweiten  Scene  des  Rheingold«  (München,  Kaiser);  »Das  Wesen  der  Senta  in 
Richard  Wagners  Dichtung:  Der  fliegende  Holländer  (Hannover,  8chüssler,  1880). 

Hassclt-Unrth,  Anna  IMarie  Wilhelmine  (V,  90),  starb  am  4.  Januar 
1881   in   Mauuhciin. 

Heise,  Peter  Arnold  (Ergi^nzungsband  154),  starb  am  ö.  Juli  1879 
in  Kopenhagen. 

Herintr,   Karl   Ed.  (V,  209),  starb   am    25.   November   1S79   in   Bautzen. 

llerMiesdorir,  ^lichael,  geboren  zu  Trier  den  4.  März  1883,  wurde  sehr 
frühe  durch  den  älteren  Bruder  J.  M.  Hermesdorff,  Organist  an  St.  Gangolpf 
und  Musiklehrer  daselbst,  in  die  Kenntniss  der  Musik  eingeführt.  Schon  mit 
seinem  zehnten  Jahre  konnte  ihm  das  Orgelspiel  beim  öll'entlichen  Gottesdienste 
überlassen  werden.  Im  Herbste  1844  besuchte  H.  das  (Tymnasiura  seiner 
Vaterstadt,  nebenbei  die  theoretische  und  praktische  Ausbildung  in  der  Musik 
fleissig  fortsetzend.  Als  im  Sommer  1851  seine  geschwächte  Gesundheit  eine 
Unterbrechung  der  Studien  nothweudig  machte,  ging  er  im  Januar  1852  nach 
Ettelbrück,  um  dort  eine  Stelle  als  Organist  und  Musiklchrer  zu  übernehmen, 
womit  der  Gesangunterricht  an  den  Privatschulen,  der  höheren  Stadtschule  und 
dem  Töchterpensionate  und  zugleich  die  Direktion  des  Männer-Gesangvereins 
und  des  städtischen  Musik-Vereins  verbunden  war.  Viele  (4elegenheits-Com- 
positionen,  eine  Reihe  Männerquartette,  Motetten  und  Chöre  für  gemischten 
Chor,  Lieder,  kleinere  Ciavier-  und  Orgelcompositionen,  Potpourris  und  Arran- 
gements für  Orchester ,  eine  Männermesse  in  O,  eine  Instrumentalmesse  in  D, 
desgleichen  in  F,  in  welchen  eine  ruhigere,  kirchlichere  Behandlung  der  Instru- 
mente angestrebt  wurde,  fallen  in  diese  Zeit.  Im  Herbste  1855  kehrte  H. 
nach  Trier  zurück,  um  am  dortigen  Priesterseminare  die  theologischen  Studien 
zu  beginnen.  Die  musikalische  Thätigkeit  beschränkte  sich  während  dieser 
Zeit  besonders  auf  das  Studium  der  altklassischen  Kirchenmusik  und  des 
Chorals.  Eine  Frucht  dieser  Arbeiten  ist  die  1861  erschienene  Messe  in  £. 
Am  28.  August  1859  zum  Priester  geweiht,  feierte  H,  am  5.  September  seine 
Primiz,  bei  welcher  die  Instrumentalmesse  in  F  und  ein  Motett  in  C  zur  Auf- 
führung kam.  Zum  Kaplan  in  Cues  ernannt,  bot  ihm  die  dortige  Bibliothek 
des  Nicolaus  v.  Cusa  werthvolles  Material  für  die  bereits  vorbereitete  Heraus- 
gabe der  bisher  ungedruckten  trier'schen  Chorbücher  nach  den  Pergament- 
Handschriften  der  Doni-Bibliüthek  zu  Trier.  Das  Graduale  (5.3  Bogen  8") 
erschien  bereits  1863,  das  Antiphonale  (64  Bogen  8")  1864.  Im  Herbste  1862 
war  H.  zum  Domorganist  und  Lehrer  des  liturg.  Gesanges  am  BischöH.  Priester- 
seminare nach  Trier  berufen  worden,  und  hatte  auch  den  Gesangunterricht  und 
später  die  Direktion  der  Dom-Musikschule  übernommen.  So  in  seine  frühere 
volle  musikalische  Thätigkeit  wieder  eingeführt,  besorgte  er  nun  zunächst  die 
Herausgabe  der  trierschen  Präfationen,  die  Harmonisirung  der  Haupttheile  des 
Graduale  und  Antiphonale  für  Orgel  und  mehrstimmigen  Gesang  in  sechs 
Bänden  (1865 — 1867),  die  Revision  und  Neubearbeitung  des  Diözesan-Gesang- 
buches  nach  den  Originalquellen  (1869  — 1871),  die  vierstimmige  Bearbeitung 
desselben  1872,  daneben  schrieb  er  verschiedene  Gelegenheits-Compositionen  kirch- 
licher und  weltlicher  Art.  In  den  Herbst  1869  fällt  die  Gründung  des  Diözesan- 
Cäcilien-Vcreins  Trier,  dessen  Präses  H.  bis  heute  geblieben  ist.  Die  General- 
versammlungen und  jährlichen  Vereinsgaben  waren  Veranlassung  zu  verschie- 
denen Arbeiten;  hierher  gehören:  zwölf  Motetten  älterer  Meister  in  leichtem 
Arrangement  (1870);  n  Ves-prrao  in  fest.  Corp.  C/ir.a  (1871);  J>Missa  a  lleredia 
JRom.«  (1872);  Alia.'<a  nSaccrdotes  tuU  (1873);  Gesangschule  zum  systematischen 
Unterricht  der  Kirchenchöre  (1874);  nMicroloyus  (iuulonisa,  übersetzt  und 
erklärt  (1875);  zwölf  kirchliche  Gesänge  (1877);  zehn  Orgelstücke  nebst  Fuge 
(1878);  Lamentationes  für  die  Charwoche,  Requiem  u.  a.     3Iit  1S72   übernahm 


490  Hesse  —    Lackowitz. 

H.  die  Reduktion  der,  von  Oberlioffer  gegründeten  Zeitschrift  »Cäcilia«,  die 
zunächst  als  Ox'gan  des  Diözesan-Cücilien-Vereins  dienen  sollte.  Da  aber  durch 
das  Erscheinen  der  sogenannten  »officicllen«  Regensburger  Choralbücher  die 
Choralfrage  in  den  Vordergrund  getreten  war,  so  suchte  H.  durch  die  regel- 
mässige Veröffentlichung  von  Facsimile's  alter  Choral  -  Handschriften  des 
10 — 15.  Jahrhunderts  in  autographisch  hergestellten  Beilagen  zur  Cäcilia  das 
Interesse  für  das  Studium  alter  Choral-Codices  in  weiteren  Kreisen  anzuregen, 
um  damit  der  dem  Choralgesange  drohenden  Gefahr  einer  gänzlichen  Entartung 
zu  begegnen.  In  Folge  hiervon  bildete  sich  bereits  im  Juli  1872  auf  Vor- 
schlag des  Herrn  geistlichen  Rathes  Schlecht  in  Eichstädt  ein  Verein  »zur 
Erforschung  alter  Choi'al- Handschriften  behufs  "Wiederherstellung  des  cantus 
S.  Gregorii«,  dem  sehr  bald  die  hervorragendsten  Kenner  auf  diesem  Gebiete 
sich  anschlössen.  Mit  vereinten  Kräften  wurden  die  Zwecke  des  Vereins  der 
Art  gefördert,  dass  H.  bereits  im  Jahre  1876  auf  Grund  der  Forschungs- 
Resultate  mit  der  Herausgabe  eines  -oGraduale  ad  normam  cantus  S.  Gregorih 
beginnen  konnte,  wovon  acht  Lieferungen  bis  jetzt  erschienen  sind.  In  diesem 
Graduale  sind  die  Choralmelodien  nach  den  ältesten  und  zuverlässigsten  Hand- 
schriften in  zweifacher  Schrift  notirt,  nämlich  in  den  ursprünglichen  Neumen- 
zeichen,  welche  hier  zum  ersten  Male  nach  einem,  von  H.  selbst  erfundenen 
Systeme  durch  Typendruck  hergestellt  sind,  und  in  moderner  Choralschrift,  in 
welcher  die  Uebersetzung  den  neumirten  Melodien  beigefügt  ist.  Das  steigende 
Interesse,  welches  allenthalben  sich  kund  giebt,  kann  als  ein  weiterer  Erfolg 
dieser  Arbeiten  betrachtet  werden.  Der  eifrigen  Thätigkeit  H.'s  und  seiner 
Vereinsgenossen  kann  jetzt  schon  das  Verdienst  nicht  abgesprochen  werden, 
auch  in  Deutschland  dem  Verständnisse  des  gregoi'ianischen  Gesanges  Bahn 
gebrochen  zu  haben. 

Hesse,  Julius  (V,  224),  starb  am  5.  April  1881. 

Jaell,  Alfred  (V,  354),  starb  Ende  Februar  1882  in  Paris. 

Klauwell,  Adolph   (VI,  89),  starb  am   21.  November   1879  in  Leipzig. 
Kotzolt,  Heinrich   (VI,   133),  starb  am  2.   Juli  1881   in  Berlin. 
Krause,   Julius   (VI,  142),  starb  am   18.   März   1881   in  Berlin. 
Rrejci,   Joseph  (V,  149),  starb  am  19.   October  1881. 
Kückeu,  Friedrich  Wilhelm  (VI,  175),  starb  am  3.  April  1882  in  Schwerin. 
Kufferath,   Louis  (VI,  183),  starb  am   2.  März   1882   in  Brüssel. 
Kullak,   Theodor  (VI,  188),  starb  am   1.   März   1882  in  Berlin. 

Labitzky,   Joseph  (VI,  208),  starb  am   18.  August   1881   in   Carlsbad. 

Lackowitz,  Wilhelm  Aug.,  geboren  am  13.  Januar  1837  zu  Trebbin, 
Sohn  eines  Stadtmusikers,  widmete  sich  dem  Lehrberuf  und  war,  nachdem  er 
an  der  Universität  Berlin  noch  naturwissenschaftliche  Disciplinen  gehört,  mehrere 
Jahre  hindurch  als  Lehrer  an  Berliner  Schulanstalten  thätig.  Die  ursprüng- 
liche praktische  musikalische  Bildung  aber,  die  in  Berlin  unter  Ludwig  Erk, 
an  der  Kullak'schen  Akademie  und  privatim  daneben  vielseitig  erweitert  worden 
war ,  sowie  die  reichen  musikalischen  Anregungen  der  Hauptstadt  liessen  die 
Beschäftigung  mit  der  Kunst  mehr  und  mehr  wieder  in  den  Vordergrund 
treten.  Als  Mitarbeiter  an  den  gelesensten  Zeitungen  und  Zeitschriften  bald 
gesucht,  wandte  sich  L.  endlich  ganz  der  Literatur  zu.  Es  konnte  nicht  aus- 
bleiben, dass  seine  gewandte  Feder  vornehmlich  auch  der  Musik  dienstbar 
wurde,  und  so  gehöi't  er  seit  einigen  Jahren  zu  denjenigen  Referenten  Berlins, 
auf  deren  Urtheil  etwas  gegeben  wird.  Die  ehemalige  »süddeutsche  Musik- 
zeitung«, »Neue  Berliner  Musikzeitung«,  »Deutsche  Musiker-Zeitung«,  welch' 
letztere  er  seit  1876  redigirt,  enthalten  eine  lange  Reihe  von  Aufsätzen,  die 
ebenso  sein  gediegenes  Wissen,  wie  die  Klarheit  seines  Urtheils  bekunden. 
Eine  kleine  Zahl  dieser  Aufsätze,  meist  historisch -biographischen  Inhalts, 
erschien  unter  dem  Titel:  »Berühmte  Menschen«  bei  Matthes  in  Leipzig. 


Lemmens  —  Palme.  491 

Lonnnens,  Jaques  Nicolas  (VI,  295),  starb  am  31.  Januar  1881  auf 
Schlüss   Linterpoül   bei   Mechelu. 

Lewy,  Josei^h  Hudolf  (VI,  313),  starb  am  l'J.  Fel)ruar  18bl  zu  Ober- 
lössnitz  bei  Dresden. 

Lobe,   Johann  Christian  (VI,  415),  starb  am   27.  Juli  18H1  in  Leipzig. 

Mar(iues,  Jouijuim  Jose  (Ergänzungsband  S.  2G2),  in  dem,  diesen  i)or- 
tugiesischen  Schriftsteller  betreffenden  Artikel  ist  demselben  unrichtiger  Weise 
ein  Abriss  über  die  (beschichte  der  Musik  in  Portugal  y>E.<<tudos  sohre  a  historia 
em  l'orlugaU'^  zugeschrieben.  Der  Autor  dieser  Arbeit  ist  Platon  von  "Waxel 
(s.  d.  Art.). 

Marx,  Pauline  (VII, 'J5),  starb  am  19.  Juni  1881  in  Potsdam. 

Meister,  Carl  Severin  (VII,  110),  ist  am  23.  Oktober  1818  zu  König- 
stein am  Taunus  geboren,  besuchte  von  1^35  —  37  das  Lehrerseminar  zu  Idstein, 
wirkte  von  1837 — 1842  als  Lehrergehülfe  und  Organist  in  Montabaur,  bis 
1849  in  "Wiesbaden,  bis  1851  in  Eibingeu  und  seit  November  1851  als  Musik- 
lehrer am  Seminar  zu  Montabaur  und  starb  als  solcher  am  30.  September  1881. 
Er  hat  sich  als  Musik-  und  Gesanglehrer  bei  seinen  Schülern  ein  bleibendes 
Andenken  gesetzt  und  auch  seine  Orgelcompositionen  haben  viel  Freunde  er- 
worben. Das  Werk,  das  ihn  auch  als  gewissenhaften  Forscher  weit  und  breit 
bekannt  machte:  »Das  kath.  deutsche  Kirchenlied  in  seinen  Siugweisen  von 
den  frühesten  Zeiten  bis  gegen  Ende  des  17.  Jahrhunderts«,  von  dem  er  nur  den 
ersten  Band  veröfi'entlichte,  wird  nunmehr  von  Wilh.Bäumker  (s.d.)  fortgeführt. 

>'ie(l/ielski,  Stanislaw  Karl  von  Prus,  geboren  zu  Rudki  in  Galizien 
am  13.  Juli  1842.  Er  war  anfangs  Schüler  des  Karl  Mikuli  in  Lemberg, 
ging  im  Herbst  1863  nach  Wien,  und  wurde  als  Zögling  in  die  k.  k.  Hof- 
opernschule aufgenommen.  Den  Gesang  studii'te  er  bei  Gentiluomo  und  Alexander 
Arlet ,  Harmonie  und  Contrapunkt  bei  J.  Krehn.  Seit  dem  Jahre  1867  war 
er  als  erster  Bariton  an  einigen  deutschen  Bühnen  thütig;  im  Jahre  1873 
stiftete  er  die  j^oluische  Oj^er  in  Lemberg,  deren  Direktor  er  durch  zwei  Jahre 
war.  N.  gehört  zu  den  ersten  und  berühmtesten  Sängern  Polens.  Seit  dem 
Jahre  1876  ist  er  Direktor  des  Musikvereins  in  Krakau.  Von  seinen  Com- 
positioneu  sind  noch  wenige  bekannt.  Die  von  diesem  Musikvereine  aufge- 
führten Chöre  wui'den  vom  Publikum  mit  grossem  Beifall  aufgenommen.  Seine 
bekannten  Lieder  sind  sehr  originell  und  haben  einen  polnisch  nationalen 
Charakter. 

Jfissen-Salomou,  Henriette  (VII,  282  und  IX,  31),  starb  am  27.  August 
1879  in  Harzburg. 

Orchestrionette  nennen  die  Erbauer  (Fabrik  Leipziger  Musikwerke, 
vorm.  Paul  Ehi-lich  &  Comp,  in  Gohlis  bei  Leipzig)  eine  kleine  Art  Dreh- 
orgel. Während  indess  bei  dieser  verschiedene  Walzen  uothwendig  sind,  um 
eine  grössere  Anzahl  verschiedener  Stücke  darauf  spielen  zu  können,  bedarf 
das  Orchestrionette  nur  einer  Walze;  über  diese  gehen  Papierstreifen  von  feiner 
Pappe,  die  den  Tönen  des  betreffenden  Tonstücks  genau  entsprechend  durch- 
brochen sind  und  die  Stifte  der  AValze  ersetzen.  Um  ein  neues  Tonstück 
erklingen  zu  machen,  darf  nur  ein   neuer  Papierstreifen  eingesetzt  werden. 

Palme,  Rudolph,  königl.  Musikdirektor  und  Organist  au  der  Heil.  Geist- 
kirche zu  Magdeburg,  geboren  den  23.  October  1834  zu  Barby.  war  Schüler 
von  A.  G.  Ritter  und  bildete  sich  zum  vorzüglichen  Orgelspieler  und  Orgel- 
comj^onisten.  Er  veröffentlichte  Choralvorspiele,  Op.  7,  11,  23;  zwei  Sonaten, 
Op.  22  u.  27;  Orgeltransscriptionen.  Op.  22;  Concertfantasie,  Op.  5;  Orgelweihe 
für  Orgel  und  gemischten  Chor,  Op.  19.  Seine,  bei  Max  Hesse  in  Leipzig 
erschienenen  Sammlungen:  Allgemeines  Liederbuch  für  deutsche  Männerohöre. 
»In  Freud  und  Leid«,  leicht  ausführbare  Männerchöre;  Liederbuch  für  gem. 
Chor;    fünfuudvierzig   Festmotetten    für   gem.    Chor,    Op.  25    etc.    haben    weite 


492  Portugiesische  Musik. 

Verbreitung  gefunden.  Auch  seine  Gesangscompositionen  sind  von  musi- 
kalischem Werthe. 

Portngiesische  Musik.  Zur  Ergrüudung  der  Thatsachen,  welche  sich  auf 
die  früheren  Epochen  der  Geschichte  der  Musik  in  Portugal  beziehen, 
besitzen  wir  als  Quellen  nur  die  Sammlungen  historischer  und  gesetzgebender 
Dokumente,  die  Chroniken,  einige  Memoiren,  die  Akten  der  Kirchenversamm- 
lungen, Liedersammlungen  i;nd  Theaterstücke  und  noch  eine  beschränkte  Anzahl 
musikalischer  AVerke  des  16.,  17.  u.  18.  Jahrhunderts,  die  durch  den  Druck 
erhalten  sind.  Die  portugiesischen  musikalischen  Werke  waren  fast  in  ihrer 
Gesammtheit  Manuscript  geblieben:  ein  Theil  derselben  ging  bei  dem  Erdbeben 
von  1755  zu  Grunde,  der  andere  ist  zur  Zeit  der  Aufhebung  der  Klöster,  in 
den   Jahren,  welche  der  Revolution  von   1834  folgten,  verstreut  worden. 

Was  die  neuere  Epoche  betrifft,  so  ist  es  die  Journalistik  fast  allein, 
welche  eine  Quelle  für  die  weitere  Forschung  abgiebt,  und  zwar  sind  es  die 
politischen  Blätter,  von  der  -nGazeta  de  Lishoa<s.  des  18.  Jahrhunderts  bis  zum 
r>Jornal  do  Commercio«  unserer  Zeit,  viel  mehr  noch,  als  die  Zeitschriften,  welche 
im  besonderen  der  Musik  und  dem  Theater  gewidmet  sind.  Man  wird  gleichwol 
mit  Nutzen  folgende  zu  Rathe  ziehen:  yUevista  dos  especfaciilos«  (1852 — 55), 
welche  die  Mphemerides  musicaes  des  Thomaz  Oom  Junior  enthält,  die  acht 
Jahrgänge  der  Chronica  dos  Theatros  (1860 — 68)  von  Pereira  Rodrigues  und 
vornehmlich  die  beiden  Jahrgänge  Ä  arte  musical  (1873 — 75)  von  Joaquim 
Jose  Marques,  welcher  hier  seine  y>01ironologia  da  opera  em  Portugal<i,  geführt 
bis  zum  Jahre  1793,  zum  Abdruck  gebracht  hat.  Marques  hat  zur  Kenntniss 
der  Geschichte  der  portugiesischen  Musik  seit  dem  17.  Jahrhundert  viel  bei- 
getragen, indem  er  die  Materialien  für  dieselben  zusammentrug,  um  sie  den- 
jenigen Schriftstellern,  welche  sich  speciell  mit  diesem  Zweige  beschäftigen,  zu 
überlassen.  Er  selbst  veröffentlichte  von  diesem  Material  einiges  im  y>Jornal 
do  Commercioi^  (von  Lissabon),  in  welchem  Blatte  auch  einige  musik-historische 
und  biographische  Artikel  des  Dr.   Guimaräes  (f  1878)   abgedruckt  sind. 

Der  erste  Versuch,  all  dies  verstreute  Material  zur  Benutzung  heran 
zu  ziehen,  um  es  in  ein  System  zu  bringen,  fällt  in  das  Jahr  1866  und  ent- 
stammt der  Feder  eines  russischen  Schriftstellers,  Piaton  von  AVaxel  (s.  d.),  damals 
im  Alter  von  zweiundzwanzig  Jahren.  Seine  Arbeit  veröffentlichte  er  in  der 
Gazeta  da  Madeira^)  und  betrieb,  in  Funchal  wohnend,  während  der  nächst- 
folgenden Jahre  die  Weiterförderung  seiner  musikgeschichtlichen  Arbeiten, 
indem  er  für  diesen  Zweck,  gleichzeitig  die  ganze  alte  Literatur  der  Halb- 
insel zu  seinem  Studium  machte.  Schon  1869,  ein  Jahr  früher  als  er  Madeira 
verliess,  hatte  er  an  Marques  in  Lissabon  das  Manuscript  einer  beträcht- 
lichen Arbeit  über  seinen  Gegenstand,  eingesendet.  Diese  bestand  in  einer 
Geschichte  und  in  einem  Biographischen  Dictionnär.  Von  der  Ge- 
schichte veröffentlichte  Marques,  in  der  Zeitschrift  Arte  musical  (1874 — 75)**) 
nur  den  ersten  Theil,  das  Diktionnär  wurde  Joaquim  de  Vasconcellos 
übergeben,  welcher  es  für  den  letzten  Theil  seines  Werkes,  Portugiesische 
Musiker***),  von  dem  der  erste  Theil  sich  bereits  unter  der  Presse  befand, 
benützte.  Seitdem  jedoch  ist  es  Vasconcellos,  ein  gewissenhafter  aber  weit- 
schweifiger Schriftsteller,  welcher  am  thätigsten  auf  dem  Gebiete  der  Geschichte 
der  Kunst  seines  Vaterlandes  gearbeitet  hat.  Er  veröffentlichte  einen  kritischen 
Essay  über  die  Sängerin  Todi  und  eine  Studie  über  die  Epoche  D.  Joäo  IV., 
welche    an    authentischen    Nachi'ichten    i'eich    ist,    eines   Systems  aber  leider  er- 


*)  Ä  musica  em  Portugal,  neun  Artikel. 
**)  Esttidos  sohre  a  hisioria  da  musica  em  Portugal,  neunzehn  Artikel. 
***)  Os  musicos  portuguezes,  biographia-bibliographia.  Porto,  1870,  2  Bände  in  8". 
Es  war  nach  seiner  Rückkehr  aus  Deutschland,  wo  er  sich  sechs  Jahre  aufliielt  (1859 
bis  1865)  als  er  seine  musikschriftstellerischen  Arbeiten  begann.  Sein  Dictionnär  enthält 
400  Namen,  man  muss  es  jedoch  mit  Vorsicht  benutzen,  denn  es  sind  ausser  den,  im  Druck- 
fehlerverzeichniss  angegebenen,  noch  viel  Druck-  und  Unachtsamkeitsfehler  stehen  geblieben. 


Portufjiesische  Musik.  493 

mangelt.  Zur  sell^eu  Zeit  ^chiieh  Tbcophil  Braga,  einer  der  Iterühintesten 
heutigen  Schriftstoller,  eine  Geschichte  des  portuij^iesischen  Theaters*)  ein  Werk, 
zwar  etwas  leichthin  geurbeitet,  aber  immerhin  das  einzige,  über  diesen  Gegen- 
stand vorhandene.  Ein  ausgezeichnetes  Resume  der  Geschichte  der  ISIusik  in 
Portugal  verdanken  wir  der  leichten  Feder  Martin  lioeder's.  Er  schrieb  diesen 
Abriss  1877  wiihrend  eines  Aut'entlialtes  auf  den  Azoren  und  verüfifentlichte 
ihn  in  Italien.**) 

Die  portugiesische  musikalische  Biographie  besitzt  als  Grundlage  das  kost- 
bare biographisch  und  bibliographische  portugiesische  AVürterbuch  von  Diogo 
Barbosa  Machado***),  eines  der  grössten  Werke  des  Gelehrtenfleisses  aus 
der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts.  In  Betreff  der  Tonkünstler  vor  dem 
Erdbeben,  ist  der  Gegenstand  fast  erschöpft:  Forkel,  Gerber,  Fetis,  Innocencio 
Francisco  da  Silva  t),  selbst  Vasconcellos  in  seinen  »3fusicos<(  und  im  ersten 
Bande  (1878)  des  Nachtrags  von  Pougin  zur  »Bior/rap/iie  unioersrlle  des 
musiciensu  von  Fetis,  haben  nur  wenig  hinzugebracht.  Für  den  Zeitaljschnitt 
nach  1755  verdankt  man  einiges  Fetis,  Balbi,  dem  Cardinal  Saraiva  (D.  Fran- 
cisco de  S.  Luiz)tt),  Silva  und  hauptsächlich  Vasconcellos,  obgleich  er  in 
seinem  Buche  davon  Abstand  nahm,  die  Lebenden  aufzuführen,  während  diese 
in  dem  handschriftlichen  Diktionuär  von  Waxel,  welches  ihm  überlassen  worden 
war,  zu   finden   sind. 

Dieser  ist  es  nun  auch,  dem  man  die  Theilung  der  Geschichte  der  portu- 
giesischen Musik  in  Perioden  verdankt.  Seine  Eintheilung,  welcher  der  berühmte 
Dichter  Antonio  Feliciano  de  Castilho:  »Freludio  da  Lyra  j)Ortut/uezaa  von 
1868  und  Martin  Reeder  in  seiner  bereits  erwähnten  italienischen  Arbeit, 
folgen,  stellt  drei  Zeitabschnitte  dar,  welche  mit  dem  heri'schenden  Charakter 
der  drei   Hauptepochen  der  portugiesischen   Geschichte  zusammenhängen: 

1)  Die  volksthümlicheEpoche  welche  jene  vier  Jahrhunderte  umschliesst 
die  zwischen  Don  Affonso  Henriques,  dem  Begründer  der  Monax'chie  und 
D.   Joäo   III.   dem  Einführer  der  Inquisition,   verflossen ; 

2)  die  kirchliche  Epoche,  umfassend  die  Regierungsjahre  der  letzten 
Könige  der  Dynastie  Aviz,  die  Herrschaft  der  Philipps  von  Spanien  und  die 
AViederherstellung  von  1640  bis  zum  Erdbeben  von  1755,  welches  die  musi- 
kalische Bibliothek  des  D.  Joäo  IV.,  das  einzige  Hauptarchiv  der  portugiesischen 
Kirchenmusik  vernichtete;  und 

3)  die  weltliche  Epoche,  das  heisst  die  Geschichte  der  italienischen 
Oper  in  Lissabon,  des  einzigen  Zweiges  der  musikalischen  Kunst,  welche  seit 
der  Katastrophe  von   1755,  daselbst  zur  Blüthe  gelangte. 

Für  die  erste  dieser  Perioden  werden  wir  unsere  Nachrichten  dem  ge- 
druckten Abschnitt  der  nEstudom  von  Waxel  entnehmen,  welcher  allein  diese 
Periode  erschöpfend  behandelt  hat;  für  die  zweite  Periode  der  Bibliot/ieca  lusita?ia 
von  Barbosa  Machado  und  den  Schriften  derjenigen,  welche  diese  durchgesehen 
und  vervollständigt  haben,  Vasconcellos  an  der  Spitze;  für  die  dritte  endlich 
werden  wir  aus  der  Geschichte  des  Theaters  von  Theoph.  Braga,  dem 
ersten  Essay  von  Waxel,  den  Schriften  des  Marques,  Vasconcellos,  Roeder  und 
anderer  schöpfen. 

Die  »Estudos«  von  Waxel  greifen  in  eine  viel  frühere  Epoche,  als  die  der 
Gründung  der  portugiesischen  Monarchie  ist,  zurück.  Man  weiss,  dass  Portugal 
geographisch  nahezu  die  Stelle  des  alten  Lusitanien  einnimmt.  Die  Bewohner 
desselben,  celtischeu  Ursprungs,  waren  nicht  ohne  Neigung  zur  Musik.    Mehi'ere 


*)  Hisioria  do  tluatro  poi'tuguez.    Porto,  1870—71,  ;^  Baude. 
**l  Dal   Taccuino  di   un   Direttore  d'urchestra.    Milauo,  1681:    La  Mu^ica  in  Por- 
togallo.    Cenni  storici-critici  pp.  69 — 169. 

***)  BibUütheca  lusitana.  Lisboa  1741 — 50,  4  Baude. 

7)  Biccionario  hibliographico  pordtguez.    Lisboa,   1856 — 70,  9  Baude. 
77)  Lista  de  alguns  arlistas  portuguezes.    Lisboa,  1839.    Mau  tindet  darin  57  Notizen 
über  portugiesische  Toukünstler. 


494  Portugiesische  Musik. 

classische  Schriftsteller  erwilhnen  dies.  Führen  wir  zunächst  einen  Text  des 
Strabo,  über  die  Tänze  und  Gresänge  der  Bewohner  dieses  Landes  an:  Inter 
potandum  ad  iiliam  saltant ,  et  ad  tubam  choreas  dvcunt:  Interim  exilientes,  et 
popUtibus  ßexis  rectum  corpus  demittentes.  In  Bastetania  id  etiayn  mulieres 
faciunt,  una  alteram  manu  tenentes«.  Derselbe  Schriftsteller  spricht  auch  von 
Gesetzen  in  Versen  (der  Turditaner),  die  folglich  auch  gesungen  wurden,  Silius 
Italiens  schrieb   Verse  auf  die  Wehklagen  der  galizischen   Conscribirten: 

Fihrarum  et  pennae  divinarum  que  sagacem 
Flammarum  misit  dives  Gallaecia  pubem 
Barbara  nunc  pafriis  ididantem  carmina  Unguis 
Nunc  pedis  alferno  percussa  verber e  terra. 

Alte  portugiesische  Chroniken  enthalten  eine  Unzahl  auf  diese  fernliegende 
Epoche  bezügliche  Legenden:  den  düstern  Gesang  der  Soldaten  von  Viriato, 
die  den  Scheiterhaufen  umstehen,  der  die  Reste  ihres  Hauptmanns  verzehrt, 
der  Trommelschläger  von  dessen  Armee  und  besser  noch,  »Musik  und  Folias« 
(musicas  e  folias)  des  guten  alten  Bacchus,  welcher  sich  1340  Jahre  vor  der 
christlichen  Aera,  der  Halbinsel  bemächtigt  haben  würde.*) 

Lassen  wir  diese  Fabeln  bei  Seite,  wir  werden  uns  mit  anderen  mehr  that- 
sächlichen  Einfällen  zu  beschäftigen  haben  und  zwar  derjenigen  Völker,  welche 
nach  und  nach  auf  der  Halbinsel  erschienen  und  aus  deren  Verschmelzung  die 
spanische  Nation  hervorging.  Diese  theilt  sich  in  mehrere  Zweige.  Einer 
derselben,  der  portugiesische  Zweig,  ist  berufen  worden  in  den  Jahrbüchern 
der  Welt,  durch  eine  geschichtliche  Mission  und  durch  seine  besondere  Xatur- 
anlage  seine  Rolle  zu  spielen.  Jener  Schriftsteller  welcher  eben  hier**)  die 
Geschichte  der  spanischen  Musik  aufzeichnete,  hat  dies  mit  so  genügender  Aus- 
führlichkeit gethan,  dass  auf  diese  wieder  zurück  zu  kommen  wir  uns  wol 
enthalten  dürfen.  Die  Geschichte  der  Entwicklung  des  christlichen  Kirchen- 
gesanges auf  der  Halbinsel,  die  für  das  richtige  Verständniss  der  anderweitigen 
Vorgänge  in  der  Geschichte  der  Musik  des  portugiesischen  Volkes  so  nöthig 
ist,  dürfen  wir  indessen  nicht  vergessen. 

Ursprünglich  war  die,  in  diesen  Ländern  gebräuchliche  Liturgie  latei- 
nisch, ganz  wie  die  in  Rom***);  aber  es  blieb  nicht  aus,  nachdem  sie  von 
den  Neuerungen  der  Leo's,  der  Gelasius  und  Gregor' s  des  Grossen 
wenig  berührt  worden  war,  dass  sie  durch  fremde  Einflüsse  doch  noch  ver- 
ändert wurde.  Die  Barbaren  brachten  die  arianische  Lehre  in  das  Land 
und  die  griechischen  Priester  der  Halbinsel  führten  gegen  das  4.  Jahrhundert 
die  Gebräuche  der  orientalischen  Kirche  hier  ein.  Vom  folgenden  Jahrhundert 
an  nahmen  die  Päpste  das  spanische  Bisthum  in  Schutz  gegen  die  Eingriffe 
der  Griechen!)  und  versahen  538  die  Galizische  Kirche  mit  einer  Abschrift 
des  römischen  Messbuchs  ff),  welches  dreiundzwanzig  Jahre  später  auf  dem  ersten 
(rechtsgültigen)  Concil  zu  Braga  (can.  IV)  adoptirt  wurde.  Diese  berühmte 
Versammlung  bestrebte  sich  eine  Einheit  des  Ritus  herzustellen,  ganz  so,  wie 
viel  später,  im  Jahre  666  das  Concilium  zu  Merida  (die  ehemalige  Hauptstadt 
von  Lusitanien)  es  gleichfalls  anempfohlen  hatte  (can.  II).  Das  Concilium  zu 
Braga,  in  der  Weise  desjenigen  von  Laodicea,  hatte  für  die  Kirche  jeglichen 
Gesang  von  Versen,  mit  Ausnahme  desjenigen  der  Psalmen  und  der  Bibelverse 
untersagt.     Dieses  Verbot  war  gegen  die  Hymnen  der  Priscillianisten  gerichtet; 


*)  Man  sehe:  Bernardo  Brito.    Monarchia  lusitana. 
**)  Man  sehe:  B.  IX  des  vorliegenden  Coii vers.-Lex.  p.  321  u.  folg. 
***)  Der  Papst  St.  Damasius  (t  384),  welchem  man   die  Einführung  des  Psalmen- 
gesanges   in    die    römisch-katholische   Kirche   zuschreibt,    wird   aus  Lusitanien  stammen. 
Ein  anderer  Papst,  Johann  XXI.  (t  1277),  war  ebenfalls  portugiesischer  Abstammung  und 
zugleich   der  Verfasser   einer   Dissertation   über   die   Musik,   welches  Manuscript  auf  der 
Universitätsbibliothek  in  Leipzig  noch  aufbewahrt  sein  wird. 
t)  Florez.    JEspana  sagroda  t.  III  p.  192  u.  folg. 
tt)  Argote.    Memorias  para  a  histor.  do  arceh.  de  Braga,  tit.  11  t.  I,  p.  414  u.  folg. 


Portugiesische  Musik.  495 

nachdem  abei*  diese  Sectc  im  Laufe  des  folgenden  Jnhiluindcrts  verschwunden 
war,  befalil  das  IV.  Concilium  von  Toledo,  abgehalten  (J.'M ,  von  neuem  den 
Gebrauch  der  Hymnen  in  den  Kirchen  von  (-ralizien  und  Spanien  (can.  XII), 
Bei  dem  Erklingen  der  Psalmen  begrub  man  die  Todten  und  die  geistliche 
"Würde  war  dem  versagt,  der  sein  Psalmonbuch  und  den  Gebrauch  der  geist- 
"lichon  Gesänge  und  Hymnen  nicht  kannte  (can.  VIII  des  H.  Concils  zu 
Toledo  G58).  Der  Unterricht  hierin  wurde  ihnen  nur  während  der  Dauer 
eines  Jahres  ertheilt,  was  vielleicht  als  Beweis  einer  grossen  p]infachheit  im 
Ritus  und  der  gebriluchlichen   Musik  gelten  könnte. 

Dies  war  die  Beschaffenheit  des  Kirchengesanges  auf  der  Halbinsel,  zur 
Zeit  der  arabischen  Invasion,  im  ersten  Viertel  des  VIII.  Jahrhunderts.  Ein 
Theil  der  christlichen  Bevölkerung  flüchtete  sich  in  die  nördlichen  Gebirge, 
während  der  andere  sich  unter  die  Eroberer  mischte,  die  ihnen  volle  Freiheit 
des  Cultus  gewährten.  Die  den  Mauren  unterworfenen  Christen  erhielten  den 
Namen  Mostarabuna  (Mostarabier)  und  ihre  Liturgie,  bis  dahin  die  gothische 
genannt,  wurde  als  die  mostarabische  oder  mosarabische*)  bezeichnet. 
Dieser  Ritus,  obgleich  in  lateinischer  Sprache  abgehalten,  näherte  sich  sehr 
der  ambrosianischen  und  griechischen  Liturgie,  vornehmlich  im  Messkanon. 
Bei  dem  mosarabischen  Gottesdienst  war  dem  A'olkc  seine  Rolle  fest  be- 
stimmt; es  wechselte  mit  dem  Chore,  beim  Gesänge  der  Responsorien,  an 
den  messelesenden  Geistlichen.**)  In  den  Werken  des  heiligen  Isidor  von 
Sevilla***)  lindet  man  eine  Stelle  über  Harmonie,  welche  den  Gebrauch  des 
diatonischen  Geschlechts  in  der  Musik  des  mosarabischen  Ritus  bezeugen  würde, 
was  um  so  mehr  erklärlich  ist,  als  man  die  Einwirkung  kennt,  welche  ehemals 
die  griechischen  Priester  auf  den  gothischen  Ritus  ausübten.  Zuweilen  ist  der 
mosarabische  Ritus  zur  Ehre  des  ebengenannten  Bischofs  auch  isidorischer 
Ritus  genannt.  Derselbe  präsidirte  im  Jahre  633  dem  IV.  Concilium  zu  Toledo, 
bei  welcher  Gelegenheit  ihm  die  Erfindung  dieses  Ritus  zugeschrieben  wurde, 
eine  Absurdität,  denn  dieser  Ritus  war  ja  nur  die  Verschmelzung  aller  auf 
der  Halbinsel  gebräuchlichen  gottesdienstlichen  Ordnungen  in  eine.  Es  war 
das  Resultat  der  gemeinsamen  Arbeit  von  der  wir  vorher  gesprochen  haben. 

Der  mosarabische  Ritus  verlor  inzwischen  in  denjenigen  Theilen  Spaniens 
die  ausserhalb  des  arabischen  Einflusses  geblieben  waren,  mehr  und  mehr  an 
Terrain.  Dem  Papstthum  gelang  es  von  1071  an,  den  gregorianischen  Ritus 
in  Aragonien  und  acht  Jahre  später  in  Kastilien  einzuführen.  Die  Verdrängung 
des  mosarabischen  Gottesdienstes  durch  den  gregorianischen  Ritus,  vollzog  sich 
im  Volke  jedoch  nicht  ohne  Gährung  und  es  ist  manche  Legende  erhalten,  welche 
von  den  "Wundern  berichtet,  die  um  die  Uebermacht  der  nationalen  Liturgie 
zu  erweisen,  sich  ereignet  haben  sollen.f)  Heinrich  von  Burgund,  der 
Vater  des  ersten  Königs  von  Portugal,  wird  dem  einen  derselben  in  Toledo 
selbst  beigewohnt  haben,  was  Alfons  VI.  von  Kastilien  aber  nicht  verhin- 
derte, die  Beibehaltung  der  mosarabischen  Liturgie  in  dieser  Stadt  auf  sechs 
Kirchspiele  zu  beschränken.  Bekannt  ist  es,  dass  sie  sich  in  Toledo  bis  heute 
erhalten  hat.  und  dass  dies  der  einzige  Ort  ist,  an  welchem  sie  überhaupt  noch 
fortbesteht. 

Man  sieht,  dass  in  dem  Augenblick,  in  welchem  Portugal  im  Range  der 
selbstgesetzgebenden  Nationen  erscheint,  der  gregorianische  Ritus  auf  der 
ganzen  Linie  siegte.  Papst  Gregor  VII.  suchte  in  Spanien  wie  überall  anderswo 
die  nationalen  Eiuzelbestrebungen  unter  das  Joch  der  katholischen  Gemein- 
schaft zu  zwängen. 


*)  Hefele,    Der  Cardinal  Ximenes,  \).  153. 

**)  Silva  Leal.    Memoviait  pora  a  bist,  crcles.  do  hinpado  (h    Omirthi,  p.  161   u.  folg. 
***)  "Marmonica  est  modulatio  i'oci'i,  et  coiicordanfia  pluriniuruni  sunonnn,  et  coaptaiio. 
Sentent.  de  Mus.  cap.  IV  der  Sammlung  des  Abbe  Gerbert,  Script,  eccles.  de  mus.  t.  I,  p,  21. 
t)  Mariana,    Kist.  de  Esp.    T,  I.    Fr.  Antonio  Brandao,  Mon.  lusit  T,  III, 


496  Portugiesische  Musik. 

Welcher  Sprache  bediente  sich  nun  aber  das  Volk,  das  in  der  Kirche 
sang?  Nach  der  Hypothese  des  Yico  war  es  das  Latein  welches  sie  sangen, 
nebenbei  verdarben  und  so  die  neuen  Mundarten  der  Halbinsel  hervorbrachten. 
Theophil  Braga*)  hat  in  den  alten  Volksliedern  die  achtsilbigen  Verse  der 
Kirchenhymnen  wiedergefunden. 

AVar  dieser  Gesang  immer  von  erhabenem  und  kirchlichem  Charakter? 
Die  Geschichte  beweist  uns  das  Gegentheil  und  zeigt  uns  diese  bekehrten  Völker 
wenig  geneigt,  ihre  alten  heidnischen  Gewohnheiten  zu  vergessen.  Die  Geist- 
lichkeit erklärte  gegen  diese  XJeberbleil)sel  des  Heidenthums  einen  Krieg  auf 
Leben  und  Tod,  machte  sie  dadurch  aber  erst  recht  lebendig,  denn  das, 
beim  heiigen  Amt  mit  Gewalt  aufrecht  erhaltene  Latein,  blieb  von  der 
Menge  unverstanden.  Diese,  verführt  durch  das  üusserlich  Reizvolle  der  kirch- 
lichen Ceremonien,  verband  mit  diesen  bei  den  Festesfeiern  die  alten  profanen 
Gesänge  und  Tänze  von  zuweilen  unzüchtiger  Art.  Noch  heute  ist  in  der 
Religion  des  Portugiesen  weniger  heiliger  Ernst  als  vielmehr  naive  strah- 
lende Freudigkeit. 

Es  ist  klar,  dass  das  dritte  Concilium  zu  Toledo  (589),  als  es  diese 
Volksgebräuche  mit  dem  Bannfluch  belegte  und  die  Ersetzung  der  volksthüm- 
lichen  Leichengesänge  durch  Psalmen  und  christlichen  Kirchengesang  in  einer 
wenig  verständlichen  Sprache  anordnete,  den  wahren  Bedürfnissen  der  Bevöl- 
kerung nicht  entgegenkam. 

Vergeblich  versuchte  die  Geistlichkeit  das  Volk  von  seinen  alten  Gebräu- 
chen dadurch  abzuziehen,  dass  es  ihm  die  Vorstellungen  der  Mysterien**), 
später  sogar  in  der  Volksmundart,  bot;  das  weltliche  Element  gewann  mehr 
und  mehr  die  Oberhand  und  wir  sehen  um  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts***) 
satyrische  Possenspiele  voll  Plumpheit  und  Unschicklichkeiten,  sogar  bis  in  die 
Kirche  dringen.  Dies  war  übrigens  in  jener  finstex^n  Zeitepoche  in  allen  Län- 
dern der  Fall;  man  weiss  es  aus  den  Verdammungsurtheilen  der  Concilien  zu 
Basel  und  Trient.f) 

Da  wären  wir  nun  inmitten  der  volksthümlichen  Epoche  der  Ge- 
schichte der  Musik  in  Portugal.  Die  ersten  Könige  der  Dynastie  waren  noch 
ausschliesslich  durch  ihren  Kampf  mit  den  Mauren,  denen  sie  die  Elemente 
für  ihr  zukünftiges  Königsthum  Stück  um  Stück  entrissen,  beschäftigt.  Unter 
diesen  Umständen  war  es  geboten  in  festen  Schlössern  (solares),  wo  Volk 
und  Aristokratie  noch  Hand  in  Hand  gingen  und  an  gleichen  Vergnügungen 
Theil  nahmen,  Schutz  zu  suchen.  Das  bäuerische  und  volksthümliche  Element 
findet  man  in  den  ältesten  galizischen  oder  portugiesischen  Versen  noch  wieder, 
ebenso  in  der  Zeit,  die  man  mit  Recht  oder  Unrecht  dem  Gon^alo  Hermigues 
und  Egas  Moniz  Coelho,  dem  berühmten  Vetter  des  D.  Affonso  Henriquesft) 
zuschreibt. 

Der  Einfluss  der  Troubadours  und  der  pro venzalischen  Jongleurs 
(jograes),  welche  in  Spanien  seit  dem  Ende  des  11.  Jahrhunderts  erschienen 
waren  und  die  ihre  profanen  Stimmen  selbst  mit  dem  gregorianischen  Gesang 
der  Kirchenchöre  mischten,  hatte  sich  unter  dem  ersten  Könige  noch  nicht 
befestigen  können;  von  dem  Beginne  der  folgenden  Regierung  an,  findet  man 
aber  die  Spuren  derselben.  Ein  Dokument  von  1193ttt)  spricht  von  der  Ge- 
bietsschenkung, die  der  König  seinem  Possenreisser  (fargante  oder  bobo),  genannt 
Bonamis  (deutet  dieser  Name  nicht  auf  provenzalische  Abstammung?)  und 
dessen  Bruder  Acompaniado  machte. 

Zu   dieser  Zeit  herrschte  der  mosarabische  Ritus  noch  ungetheilt  und  unbe- 


*)  Sist.  da  poesia  popidar  fort.,  p.  147, 
**)  Baret.    Histoire  de  la  litt,  esp.,  p.  208  und  ft'. 
***)  Le-i/es  de  Partidas,  parte  I  tit.  VI,  liv.  34. 

"1")  Clement.    Hisf.  g^n.  de  la  mus.  relig.,  p.  45. 
tt)  Bouterwek.    Hist.  of  spanisli  and  fort,  liter.  t.  II,  p.  6. 
tttj  Viterbo.    Elucidario,  t.  I,  p.  139. 


Portugiesische  Musik.  497 

stritteu  in  GaHzicn  und  den,  südlich  dieser  Provinz  gelegenen  Ländern,  in  Braga, 
Coimbrn.  Porto  und  Lumego.  Die  Geistlichkeit  war  hier  stärker  als  die  burgun- 
dischen  Eroberer  und  diese  mussteu,  um  ihnen  zu  schmeicheln,  Klöster  und 
Kirclien  erbauen.  Diese  entfalteten  schon  unter  D.  Affonso  Henriques, 
welcher  mit  den  Mönchen  von  Sta.  Cruz  zu  Coinibra*)  im  Chore  sang,  einen 
grossen  Pomp.  Während  der  Regierung  desselben  ist  auch  vom  Bischof 
D.  Giraldo  von  England  in  Lissabon  der  Ritus  von  Salisbury,  welcher  lange 
Zeit  hindurch  dem  römischen  Kitus  die  Spitze  bot**),  eingeführt  worden.. 

Derselbe  König  war  nichts  destoweuiger  vor  allem  Krieger  und  obgleich 
er  aus  einem  Nach])arlandc  Frankreichs  stammte,  wo  gewisse  musikalische 
Instrumente  schon  in  der  frühesten  Zeit  im  Gebrauch  waren***),  ist  doch  anzu- 
nehmen, dass  in  der  Armee  dieses  D,  Affonso  Henriques  keines  davon 
zur  Anwendung  kam.  In  den  zeitgenössischen  Dokumenten  sind  sie  niemals 
erwähnt,  vielmehr  sind  Hinweiset)  darin  vorhanden,  dass  der  König  die 
Tru})pen  schreien  Hess  und  mit  den  AVaffen  aneinander  schlagen,  wenn  es 
nöthig  war  den  Feind  glauben  zu  machen,  sie  seien  zahlreich.  Indessen  wird 
er  doch  nicht  haben  zögern  dürfen,  von  den  Mauren  ihre  Trommeln,  ihre 
busina  (bucina,  bussina,  Hirtenhorn),  ihr  clarim  (darin,  alte  Trompetenart) 
zu  entlehnen,  welche  von  Portugal  aus  in  die  anderen  Länder  Europas  ge- 
langten.tt)  Auch  die  Kreuzfahrer  welche  zweimal  (1147  und  1189)  Portugal 
durchzogen,  entlehnten  von  den  Mauren  ihr  kriegerisches  Orchesterfff):  und 
wiederum  den  Mauren  verdankten  die  Bewohner  der  Halbinsel  den  Gebrauch 
der  Saiteninstrumente,  unter  anderen  den  der  Laute  und  des  kleineu 
Rebec,  welch  letzterer  Name  in  der  portugiesischen  Sprache  für  die  ganze 
Familie  der  Violinen  gilt  (rabeca). 

Das  13.  Jahrhundert  ist  noch  eine  Epoche  der  Dunkelheit  im  entstehenden 
Königreich.  Die  Folgen  der  Kämpfe  mit  den  Mauren  waren  noch  verschlimmert 
durch  innere  Misshelligkeiten  zwischen  Kirche  und  Königthum.  Erst  gegen 
Ende  des  Jahrhunderts  machte  der  VI.  König  von  Portugal  D.  Diniz  (1279 
bis  1325)  Anstrengungen,  Licht  in  seinem  Königreiche  zu  verbreiten,  indem 
er  den  Ackerbau  und  die  Industrie  entwickelte  und  1288  in  Lissabon  eine 
Hochschule  (Estudos  geraes)  gründete,  die  er  bald  darauf  nach  Coimbra 
verlegte  und  dort  errichtete  er,  wie  wir  in  der  Folge  sehen  werden,  einen 
Lehrstuhl  für  Musik.  Der  König  selbst  war  nicht  etwa  gelehrt,  sein  fran- 
zösischer Erzieher  Aymeric  d'Ebrard  hatte  ihm  nicht  einmal  Latein  gelehrt. 
Es  war  dies  möglicherweise  der  Grund,  dass  zu  dieser  Zeit  die  Einführung 
der  Nationalsprache  bei  officiellen  A^erhandlungen  stattfand,  eine  der  vortheil- 
haftesten  Neuerungen  für  den  Fortschritt  der  portugiesischen  Literatur. 

Verstand  D.  Diniz  kein  Latein,  so  war  er  in  der  heiteren  Kunst  der 
Proveuzalen  desto  geschickter.  Ein  Enkel  Alfons  des  Weisen  von  Kastilien, 
war  er  wie  dieser  ein  grosser  Verskünstler,  r>de  diez  siUahas  a  la  manera  de 
los  limodsK,  wie  der  Marquis  von  Santillana  in  seinem  berühmten  Briefe  an 
den  Counetabel  von   Portugal  sich  ausdrückte. 

Man  weiss,  dass  mau  in  der  Volkspoesie,  sich  zu  jener  Zeit  des  acht- 
silbigen  Verses  bediente.  Die  Verschiedenheit  des  Metrums,  setzt  eine  Verschie- 
denheit der  Melodien  voraus,  die  bei  D.  Diniz  sich  denen  der  provenzalischen 
Troubadours  nähern  sollen.  Dem  Refrain  (estribilho)  begegnet  man  darin 
vielfach.  In  seiner  zweiten  Manier  ist  indessen  der  Anschein  einer  Rückkehr 
zum  volksthümlichen   Element  vorhanden. 


*)  Monarc/iia  lusif.,  parte  III,  p.  'M)4. 
**)  Waxel.    Alquius  frmv/i  da  hist.  da  musica  na  Madeira,  drei  Artikel  des  Jornaf 
do  Commerciu  von  1869. 

***)  Kästner.    Ma/iuc!  at'ii.  de  mux.  vidi  f.,  p.  63, 

+  1  Alexander  Hercnlano.    Jlisf.  de  Fort.  t.  I,  p.  365. 
++I  Bachelet.     Dicf.  des  I  et  (res,  dr.i  beaiw  arts  etc.,  p.  540. 
+++)  Siehe  Band  IX  des  vorliegenden  Werkes,  p.  329. 
Musikal.  Convers.-Lexikou.    Ergänzungsband.  3,i 


498  Portugiesisclic  Musik. 

D,  Diuiz  wai*  von  eiuem  ganzen  Kreise  aristokratischer  Poeten  umgeben, 
unter  denen  sicli  sein  Sohn  und  Nachfolger  D.  Affonso  IV.  und  vor  allem  seine 
beiden  Bastardsöhne  D.  Affonso  Sanches  und  D.  Pedro,  Graf  von  Barcellos 
(f  1354)  hervoi'heben.  Dieser  Letztere,  von  dem  noch  neun  trovas  erbalten  sind, 
ist  hauptsächlich  bekannt  durch  die  Bildung  eines  Cancioneiro,  zusammen- 
gestellt aus  den  Werken  seines  Vaters  und  einhundertsiebenundzwanzig  anderer 
portugiesischer  Troubadours,  welche  den  Höfen  von  drei  Königen:  D.  Affons  o  III., 
D.  Diniz  und  D.  Affonso  IV.  zugebörten.  Zwei  Abschriften  sind  davon 
vorhanden,  in  der  Bibliothek  des  Vatikan  und  in  der  Ajuda*)  in  Lissabon, 
die  erstere  mit  der  Angabe  des  Thema's  (solfa)  für  jede  erste  Strophe  des 
Gesanges**),  die  zweite  geschmückt  mit  Vignetten,  welche  die  in  jener  Zeit 
gebräuchlichen  Instrumente  darstellen. 

Es  werden  nach  dem  berühmten  Schriftsteller  Alexander  Herculano***), 
den  heutigen  ähnliche  Sistrum's  (adufes)  und  kleine  Castagnetten  in 
Form  von  Parallelogrammen  gewesen  sein.  Bemerkt  muss  indessen  werden,  dass 
in  allen  gedruckten  Poesien  des  Cyklus  des  Don  Diniz  kein  einziges  Musik- 
instrument genannt  ist,  obwol  die  Troubadours  jener  Epoche  allgemein  sich 
der  Laute  und  der  Theorbe  bedienten. 

In  Betreff  der  damaligen  Notation  wissen  wir,  dass  in  einer  eigenhändigen 
Abschrift  der  Gesänge  Alfons  des  Weisen,  welche  in  Toledo  aufbewahrt 
ist,  das  Notensystem  und  die  Notenzeichen  angewendet  sind,  welche  gemeinig- 
lich dem  Guido  von  Arezzo  zugeschrieben  werden. f) 

TJm  die  Geschichte  der  Musik  und  der  Entstehung  des  Theaters  in  Por- 
tugal wol  zu  verstehen,  muss  man  die  Gesäuge,  die  Tänze  und  Gebräuche  des 
Volkes  und  die  Hofsitten  der  ersten  Jahrhunderts  der  Monarchie  kennen. 
Waxel  in  seinen  »Estudos«  (Kap.  III  u.  IV)  giebt  uns  hiervon  ein  vollstän- 
diges Bild. 

Ein  Vermächtniss  des  Heidenthums  waren  Gesänge,  bestimmt  gewisse 
Monate  des  Jahres  zu  feiern,  die  sogenannten  maias  und  janeiras.  Die 
letzteren  waren  in  Porto  noch  1835  gebräuchlich  ff),  obgleich  die  Behörden 
von  Lissabon  sie  seit  dem  Jahre  1385  verboten  hatten,  als  -»descendetido  dos 
(/efitiosa  (von  den  Heiden  herrührend) fff).  Die  Weihnachtsgesänge,  zum 
Tage  der  heil,  drei  Könige,  und  zu  andez'en  grossen  Pesten,  genannt  vilhan- 
cicos,  waren  nur  Umdichtungen  und  Nachahmungen  der,  an  das  Heidenthum 
erinnernden  Gesänge.  Neben  diesen  vilhancicos,  welchen,  wie  wir  sehen 
werden,  eine  beträchtliche  Entwickelung  vorbehalten  war,  besass  das  Volk  noch 
trovas,  gesungene  Improvisationen,  die  noch  heute  geübt  werden.  Ferner 
kennt  man  den  stets  achtsilbigen  descante  mit  dem  Refrain  (estribilho); 
die  cantiga  und  die  cangao;  die  xacara  (sjarich:  schakara),  ein  Zigeuner- 
gesang und  der  Ursprung  des  modernen  fado;  die  romance  welche  nur  selten 
gesungen  wurde.*t)  Camoens  in  seinen  »Lusiadas«  (II,  15)  spricht  von  der 
lohen  celeuma  Matrosengesang,  ebenso  von  der  barca,  eine  Art  Schifferlied. 
Es  folgen  noch  die  Wiegenlieder  cantigas  do  berge  und  die  Leichengesänge 
endexas  oder  nenias,  welche  in  unseren   Tagen  nicht  mehr  bekannt  sind. 

Einer  der  Haupttänze  dieser  fernliegenden  Epoche  war  die  chacota 
(sprich  schakota),  sie  wurde  von  vielen  Tänzern  gleichzeitig  ausgeführt;  der 
Text    des    Chores    war    satyrisch   und  die  Musik  ein  gemessener  Gesang  (canto 


*)  Th.  Braga.    Sist.  da.  litter.  po)'f,,    1875,   p.  58  u.  ft'.     Siehe   auch:    Cancioneiro 
d'El-rei  D.  Diniz,  ed.  von  Lopes  de  Moura  1847,  und  von  Moüaci,  1875. 

**)  Siehe:   Trovas  e  cantares  des  Grafen  von  Barcellos,   herausgegeben  vom  brasi- 
lianischen Geschichtsschreiber  F.  A.  de  Varuhageu,  Madrid  1849. 
***)  Monge  de   Cister,  t.  11,  p.  225. 
t)  L.  Viardot.    Mtudes  sur  l'Esp.,  p.  397  der  portug.  Uebersetzung. 
tt)  J.  P.  ßibeiro.    Reflex,  histor.  Tbl.  I.  p.  26. 
ttt)  Soares  da  Silva.  Mem.   de  D.  Joäo  1,  Thl.  IV,  p.  362. 
*t)  Theoph.  Braga.    Hist.  da  poesia  pop.  port,  p.  40  und  if. 


Portugiesische  Musik.  4951 

d'orgiTu).*)  In  demselben  Genie  war  auch  die  Ijeriihmtc  folia,  welche  die 
Legende  bis  in  die  Zeit  des  Bacchus  ziirückverlegL  und  die,  im  16.  Juhr- 
huudert  wenigstens,  in  Pirouetten  bestand,  welche  acht  Männer  um  einen 
Tambour  herum  ausführten,  sie  selbst  sangen  und  spielten  den  Dudelsack  und 
das  Tambouriu   (gaitas  o  pandeiios). 

Es  gab  noch  drei  Arten  orientalischer  Tänze:  die  captiva  oder  mourisca, 
welche  bis  in  die  Zeit  der  Mosar abier  zurückreicht  und  welche  ])ei  den  prunk- 
vollen Hochzeitsfeierlichkeiten  in  Evora,  1490,  von  zweihundert  Männern  aus- 
geführt wurde**);  die  gitana,  Zigeunertanz  und  die  judenga,  jüdischer 
Tanz***),  welche  alle  drei  —  eine  seltene  Anomalie  —  bis  ins  \ö.  Jahrhundert 
hinein,  nicht  allein  bei  Hoffesteu,  sondern  auch  bei  christlichen  Prozessionen 
getanzt  wurden,  was  bis  zur  Vertreibung  der  Juden  und  Mauren  in  Folge 
Befehls  des  Königs  D.  Manuel  (1496)  t)   ganz  allgemein  Sitte  war. 

Zur  selben  Zeit  erschienen  auch  diu  afrikanischen  Neger,  deren  Tänze  und 
Gesänge  jedoch  in  Lissabon  und  eine  Meile  im  L'^mkreis  untersagt  wurden.ff) 
Die  Trompete  war  das  einzige  Instrument  welches  bis  zur  zweiten  Hälfte 
des  15.  Jahrhunderts,  bei  den  Festen,  die  im  Freien  gefeiert  wurden,  in  An- 
wendunff  kam.  Es  erklärt  sich  dies  durch  das  Verbot  Don  Pedro's  des 
Grausamen,  irgend  ein  anderes  Instrument  als  die  trompa  oder  trombetta 
zu  benutzen.  Man  weiss  dass  dieser  König,  berühmt  durch  sein  Liebesver- 
hältniss  zur  unglücklichen  Ines  de  Castro,  nach  den  Klängen  silberner  Trom- 
peten in  den  Strassen  von  Lissabon  selber  tanzte,  ftt) 

Unter  der  Eegierung  seines  Bastardsohnes  Don  Joäo  I.,  dem  grossen 
Begründer  der  Dynastie  Aviz  (1385),  gab  es  dieser  Instrumente  so  viel  in 
der  Armee,  dass  zu  Genta  um  1415  am  Schlüsse  eines  Te  Deum's,  welches 
dort  gesungen  wurde,  zweihundert  Trompeten  erklangen.*!)  Wenn  man  dem 
Herculano**t)  Glauben  schenkt,  so  war  am  Hofe  dieses  Königs  ein  Orchester 
vorhanden,  welches  aus  Orgeln,  Lauten,  Guitarren,  Harfen,  ayabebas, 
anafils  (maurische  Trompeten),  charamelas  (Schalmeien)  und  Violinen 
bestand.  Das  letztere  Instrument  würde  demnach  in  Poitugal  bekannt  gewesen 
sein,  bevor  es  am  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  von  Italien  nach  Frankreich 
kam.***t)  Man  weiss  dass  der  zweite  Sohn  des  Don  Joäo  I.,  D.  Pedro, 
Herzog  von  Coimbra,  Italien  bereist  hatte.  Er  wird  dort,  nimmt  man  an, 
mehrere  Instrumente  gespielt  und  selbst  vervollkommt  haben.*tt)  Die  Königin 
D.  Leonor,    Gattin    des    Königs  D.  Duarte,    Bruder  des  Vorherigen,    spielte 


*)  Gil  Vicente.    Obras.    Ausgabe  von  1852,  t.  II,  p.  440. 
**)  Garcia  de  Eesende.     Cliron.  del-rey  D.  Juam  II,  p.  117  u.  ff. 
***)  Garcia  de  Resende  beschreibt  sie'also  in  seiner  berühmten  Mi'ceUania: 
Vimos  grandes  juJarias 
Judeus,  quinolas,  e  iouras, 
Tambem  mouros,  mourarias 
Seus  baiJes,  f/alanfarias 
De  muytas  fermosas  mouras  ... 
tl  Inzwischen   findet   man   noch  die  judenga   bei  einer  Prozession  zu  Coimbra 
um   1517,   und   die   mourisca  bei  einer  in  Porto  1621.     Diese,  ebenso  wie  die  gitana, 
tigurirten  bei  den  Empfangsfeierliclkeiten  eines  ai>obt()lischen  Legaten  zu  Elvas  im  Jahre 
1571.    Bei  einer  Prozession  in  der  rmgegend  von  Coimbra,  1612,  nahm  man  die  Zigcuntr- 
tänze  nicht  mehr  auf,   wie   es  Miguel  Leitäo  de  Andrade,   Ml^ceUanea,   Ausg.  von  1SÜ7, 
p.  240  nachweist.     Man  sehe  auch  Panorama  von  1841,  p.  309  und  Theoph.  Braga.  Ifisf. 
do  Theatro  port.  Bd.  II,  p.  242  u.  flg.  ,  .     ^ 

ttl  Orden.  Filippina,  liv.  V,  t.  LXX.  ^.  1.  Im  16.  Jahrhundert  war  in  Europa 
ein  Gesellschaftstanz  gebräuchlich,  Foffutjalohe  genannt.  E.  Fetis.  U.t  mun.  lelqes. 
vol.  I,  p.  121. 


ttt)  F-  Lopes.    Chron.  del  rei)  D.  Pedro  I.  p.  76  u.  ff. 
*t)  Azurara.    Chron.  d'el  rti  D.  Joao  I,  p.  259. 


**t)  Monge  de  Cister,  t.  II,  i).  257.  _ 

***t)  Cellcr.    Les  originea  de  Lopera,  p.  247.    Eine  Art  der  portugiesischen  \  lohnen 
nannte  man  arrahil.    Viterbo  Elucidnrio  Bd.  I,  S.   1S6. 
*tt)  Ferd.  Denis.    Portugal,  p.  110. 

32* 


5QQ  Portugiesische  Musik. 

ein  lustrumeut,  welches  man  monocordio*)  nannte.  Bei  den  grossen  öffent- 
lichen Festlichkeiten  zur  Zeit  D.  Joäo  II.  und  bei  dessen  Aufzügen  zu 
Pferde  durch  die  Stadt  hörte  man  mannichfache  Blasinstrumente,  wie  trombetas 
bastardes,  charamelas,  sacabuxas,  und  die  Schlaginstrumente  atombores, 
atabales  oder  a  t  ab  a  que  s.**)  Derselbe  Gebrauch  bestand  noch  unter 
D.  Manuel.  Die  charamelas  und  sacabuxas  (sprich  scharamelas  und 
sakabuschas)  wurden  damals  in  Yerbinduug  mit  der  Orgel  beim  Gottesdienst 
angewendet.  Die  Städte  unterhielten  musicos  da  camara  (Stadtmusikanten), 
die  nur  Trompeter  waren.  Nach  Bischof  Osorio  (f  1580)  begleitete  man  zu 
seiner  Zeit  den   Gesang  mit  der  Theorbe. 

AVas  die  Dorfmusik  anbetrifft,  so  scheint  sie  gegen  den  Anfang  des  16.  Jahr- 
hunderts etwas  entartet  gewesen  zu  sein,  nach  dem  zu  urtheilen  was  Gil  Vicente 
in  dem   Prologe  einer  seiner  Stücke,  geschrieben   1530***),  davon  sagt: 

Em  Portugal  vi  eu  ja 

Em  cada  casa  pandeh'o, 

E  gaita  em  cada  palheiro; 

E  de  vinte  annos  a  ca 

Nao  ha  hi  gaita  nem  gaiteiro  .... 

Im  Gegensatz  hierzu  jedoch  nahm  der  Volksgesang,  bei  mehreren  Dich- 
tern und  Männern  aus  dem  Volke  eine  ausgebildetere  Form  an.  Der  berühmte 
Bandarra  (f  1556),  der  Schustei;- Prophet  von  Trancoso  und  der  Mönch 
Antonio  ßibeiro  (f  1591)  genannt  Chiado,  nehmen  unter  diesen  die  ersten 
Stellen  ein.  Sie  sangen  ihre  trovas,  indem  sie  sich  auf  der  Guitarre  (viola) 
begleiteten. 

Herumziehende  Blinde  bedienten  sich  eines  kleinen  Instrumentes  mit 
Saiten  und  Tasten,  das  sanfonina  hiess.f)  Sie  sangen,  ganz  nach  Studenten- 
art, Nachtgesänge,  der  Ursprung  jener  Serenaden,  welche  seit  dem  15.  Jahr- 
hundert auf  der  Halbinsel  so  im  Schwange  waren  und  trotz  vielfältiger  Ver- 
boteft)  noch  jetzt  bestehen. 

Den  Clerus  sahen  wir  dem  Volke  die  lateinischen  Hymnen  aufdrängen, 
und  dieses  mischte  den  heiligen  Textesworten  Ausdrücke  in  der  gemeinen 
Sprache  bei,  derart,  dass  der  Priester  lateinisch  sang,  während  das  Volk  ihm 
portugiesisch  antwortete.  Diese  Art  Gesang  wurde  im  11.  und  12.  Jahrhundert 
mit  farcis  bezeichnet.  Gil  Vincente  hat  uns  zwei  Pater  noster,  ein 
Miserere  und  ein  Ave  farcis ftt)   aufbewahrt. 

"Wir  sahen  auch  die  morgenländischen  Tänze  bei  Prozessionen  zur  Ausführung 
kommen.  Volksgesänge  und  Tänze  aller  Art  wurden  reichlich  bei  den- 
selben geübt,  vor  allem  bei  der  Prozession  des  Frohnleichnamsfestes  (Corpus 
Christi)  das  zu  Evora  um  1264 *t)  zum  erstenmal  gefeiert  wurde.  Später  als 
man  die  Vorstellung  der  autos  sacramentaes  bei  den  Stationen  der  genann- 
ten Prozessionen  verboten  hatte,  duldete  man  zur  selben  Zeit  die  Tänze  und 
folias,  vorausgesetzt,  dass  man  die  Kreuze  vorauftrug  und  die  Gesänge  keine 
unzüchtigen  waren.  Der  Chronist  der  Carmeliter**t)  ei-zählt  sogar,  dass  Pilger 
von  Lissabon  inmitten  der  Kirche,  um  den  Sarkophag  des  heiigen  Connetabel 
Tänze  ausführten,  die  sie  mit  Tambourins  und  Sistrums   (adufes)  begleiteten. 

In  Bezug  auf  die  Geschichte  des  Kirchengesanges  während  der  ersten  vier 


*)  Sousa.    Provas  da  Hist.  genealogica,  Bd.  VI,  S.  350. 
**)  G.  de  Resende.     Chron.  pp.  21  u.  118. 
***)  Triumpho  do  inverno.  Obras,  t.  II,  p.  442. 
t)  Pacheco.    Divert.  erudito,  t.  III,  S.  352.    Siehe  auch  Sa  de  Miranda:  »O  Encan- 
tamento«,  ecloga. 

tt)  Orden.  3Ianuelina,  liv.  V,  tit.  103.  Orden.  Eilipp.,  liv.  V,  tit.  81.  Constit. 
synodaes  (de  Lisboa)  1737,  p.  233.  Es  ist  darin  ein  Verbot  gegen  die  Jesuiten,  sich 
an  Serenaden  zu  betheiligen,  enthalten. 

ttt)   Ohras  t.  I,  p.  367;  t.  III,  pp.  62,  325. 
*t)  Fouseea.    Evora  gloriosa,  p.  274. 
**t)  Pereira  de  S.  Auna.    Chron.  dos  carmelitas  t.  I,  p.  466. 


Portugiesische  Musik.  501 

Jahrhunderte  der  Monarchie  lierrscht  eine  gewisse  Verwirrung.  Waxcl  in 
seiner  oben  genannten  Studie  über  die  Musik  in  Madeira  stellt  fest,  sich 
stützend  aiif  'eine  Oeschichtd  der  Kirche  zu  Funchal  (Manuscript  Ijis 
1794  reichend),  dass  in  der  Kathedrale  zu  Lissabon  der  Ritus  von  Salisbury 
von  1150 — 1586  in  Uebung  war,  dem  Jahre,  in  welchem  der  römische  Ritus 
dort  eingeführt  wurde.  In  der  Kathedrale  zu  Funchal  wurde  dieser  letztere 
Ritus   erst   1G"J9   angeordnet,  während  l)is  dahin  der  englische   üblich   war. 

Auf  der  anderen  Seite  ist  es  gewiss,  dass  in  der  königlichen  Kapelle  zu 
Portugal,  welche  1299  unter  dem  Patronate  des  heil.  Michael*)  im  Castello 
zu  Lissabon  definitiv  eingerichtet  wurde,  von  der  Regierung  ihres  Begründers 
des  Königs  D.  Diniz  an,  die  kirchengesetzlichen  Stundengebete  nach  dem 
römischen  Ritus  gesungen  wurden.  Ein  Breve  des  Papstes  Eugen  lY.  befahl 
im  Jahre  1439  den  ausschliesslichen  Gebrauch  dieses  Ritus  in  der  Kapelle 
der  Könige  von  Portugal.  Nach  dem  Chronisten  Francisco  Brandäo**) 
hätte  nun  aber  der  König  D.  Affonso  Y.  um  die  !Mitto  des  15.  Jahrhunderts  das 
Ceremoniel  der  königlichen  Kapelle  in  England  angenommen.  Im  allgemeinen 
ist  diese  Thatsache  bestritten  worden,  sollte  sie  aber  auf  ein  gleichzeitiges 
Bestehen  des  römischen  und  englischen  Ritus  nicht  um  so  mehr  hinweisen,  als 
—  wie  wir  gesehen  haben  —  alle  L^rsache  vorhanden  ist  zu  glauben,  dass  in  der 
Kathedrale  von  Lissabon  der  englische  Ritus  noch  während  eines  ganzen  Jahrhun- 
derts in  L'ebung  war  und  dass  in  Madeira  der  römische  Ritus  erst  1629  eindrang. 

"Wie  dem  auch  sei,  die.  königliche  Kapelle  gerieth  unter  den  unmittelbaren 
Nachfolgern  des  D.  Diniz  sehr  in  Verfall.  Der  König  D.  Duarte  ernannte  1437 
Affonso  Yicente  zum  Capelläo  Mor,  in  der  Absicht,  die  vom  Begründer 
festgesetzte  Ordnung  wieder  herzustellen.  In  seinem  berühmten  Buche  Leal 
Conselheiro***)  empfiehlt  D.  Duarte  seinem  Nachfolger  D.  Affonso  V.  die 
Zahl  der  Sänger  zu  vermehren  und  giebt  gute  Rathschläge  über  die  Art  den 
Chor  zu  leiten;  er  empfiehlt  ferner  die  Sänger  vom  siebenten  bis  achten  Jahre 
an  bereits  zu  unterrichten,  die  Stimmen  nur  in  den  ihnen  gemässen  Lagen 
singen  zu  lassen  und  die  Knaben  zu  verhindern,  dass  sie  während  der  Mutation 
singen.  Nichtsdestoweniger  nahm  die  Zerrüttung  unter  D.  Affonso  Y.  noch 
mehr  überhand,  denn  zu  dessen  Zeit  —  wie  uns  Garcia  de  Resende  be- 
richtet —  wurden  die  Stundengebete  von  den  Kaplänen  nicht  allein  in  ihrer 
Wohnung,  sondern  sogar  in  den  Ställen  -nvendo  eurar  suas  mulas«  (während 
sie  der  "Wartung  ihrer  Mauleselinnen  zuschauten)  hergesagt.  Eine  "Wiederher- 
stellung fand  in  den  letzten  Jahren  des  15.  Jahrhunderts  unter  D.  Joäo  IL 
statt.  Die  Grebetstunden  wurden  hier  feierlich  wie  in  den  Kathedralen  abge- 
halten; gute  Sänger  angestellt,  und  nach  dem  Ausspruche  desselben  G-arcia  de 
Resendet),  war  die  Kapelle  dieses  »vollkommenen«  Königs,  die  best  gehal- 
tene aller  Könige  der  Christenheit.  D.  Manuel  verlegte  sie  in  den  Palast 
da   Ribeira;    D.    Joao  III.    vermehrte    die    Zahl    der  Ausführenden ft);    eine 


*)  "Vasconcellos  Musicos  port.,   Bd.  T,  p.  151  u.  flj?.,  verlegt  den  Ursprung  dieser 
Kapelle  in  die  Epoche  der  Sueven  (569). 


**)  Monarchia  lusit.,  parte  V,  p.  441. 
***)  Ausgabe  des  Visconde  de  Santareni,  S.  449  u.  flg. 


t)   Chron.  cap.  192. 

tt)  Sousa.  Provax.  Bd.  II,  S.  78  u.  flg.  Es  gab  daselbst  einen  Kapellmeister  Joäo 
de  Villa  Castim,  52  Sänger,  darunter  mehrere  Spanier,  einen  früheren  Sänger  der 
Kaiserin  (Pero  de  Ferreira),  des  Erzbischofs  von  Braga  u.  s.  w.  Sechs  Instrumeu- 
talisten,  darunter  der  Organist  Mestre  Joäo  und  der  Harfenist  Nicoiao  d'Escobar;  15  Mini- 
strels  (charamelas,  sacabuxas,  tambouril)  mit  einem  charamela  nior;  12  Trompeten, 
9  Tambom-s  ( atabaleiros),  ohne  der  S  Tänzer  der  mourisea  mit  ihren  Frauen  zu 
gedenken.  An  den  Kirclien  Sj)auions  fjab  es  zu  jener  Zeit  viel  Ca.-<traten.  wahrem!  srolche 
in  Portugal  noch  keine  Erwähnung  finden.  An  der  Kapelle  des  Kiinigs  D.  Seba.stiäo 
erhob  man  sehr  den  Sänger  Domingos  Madeira,  den  Organisten  Antonio  da  Silva 
und  v()rnehmlich  den  Hornisten  Alexandre  de  Aguiar.  Man  sehe  ein  zeitgenössisches 
Manuscript,  dem  Visconde  de  Juromcnha  aufiehörig,  von  welchem  auch  ein  Auszug  im 
IV.  Kap.  der  "JSstudos^i  von  Waxel  veröftentliclit  wurde. 


5Q2  Portugiesisclie  Musik. 

ffründliche  Umgestaltung  erfulir  sie  jedocli  erst  unter  der  spanischen  Herr- 
schaft, als  D.  Philipp  II.  ihre  ersten  Statuten  hewilligte  (1592)*),  deren 
X.Kapitel,  einen  Kapellmeister  (mit  80  milreis),  vierundzwanzig  Sänger 
(tiechs  für  jede  Stimme,  und  mit  fünfzig  milreis  Gehalt  für  jeden),  zwei  Fagot- 
tisten, einen  Hornisten  und  zwei  Organisten  festsetzten.  1608  wurde 
die  Zahl  der  Sänger  auf  siehzehn  reducirt.  Privatkapellen  wurden  noch  einige 
von  Mitgliedei'n  der  königlichen  Familie  unterhalten.  Yoran  D.  Diniz  zu 
Torres  Vedras;  zur  selben  Zeit  die  dos  Grrafen  Barcellos;  später,  von  1505  an, 
die  der  Herzöge  von  Braganga  zu  Villa- A'^igosa.  Der  berühmte  heilig  ge- 
sprochene Connetabel  D.  Nuno  Alvares  Pereira  besass  die  seinige  am  Anfang 
des   15.   Jahrhunderts.**) 

Es  befand  sich  bei  dei'  königlichen  Kapelle,  wie  es  das  Leal  conselheiro 
beweist,  eine  Siugeschule.  Die  geistlichen  Schulen  waren  auf  der  Halbinsel, 
vom  6.  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung  an  häufig.  Das  Concil  zu  Merida 
hatte  666  das  Amt  der  Sänger  gestiftet,  welche  damit  betraut  waren,  in  den 
geistlichen  Sclurleu  den  Gesangunterricht  zu  leiten,  während  der  Unterricht  in 
der  Grammatik  den  Schullehrern  oblag.***)  Im  12.  Jahrhundert  hiess  der  Sänger 
cabiscol.f)  Zur  Zeit  des  D.  Afi'onso  Henriques  wurde  das  gesammte  Personal 
des  Hofes  Scolaff)  genannt,  eine  Benennung,  die  sich  durch  die  Thatsache 
erklärt,  dass  man  lange  vor  D.  Diniz  im  königlichen  Palast  »o*  donzeis  ou 
ßllios  de fidalrjosi.  erzog.ftt)  Mau  lehrte  den  (-Jesang  in  vielen  bischöflichen  Palästen, 
in  den  Kathedralen  und  in  den  Klöstern.  Die  Schule  der  Kathedrale  in  Coimbra 
bestand  seit  1086  und  gegen  1200  zählte  die  Kathedrale  von  Lissabon  zu  ihren 
Schülern  den  berühmten  Antonio  von  Padua,  welcher  dort  die  Grammatik 
und  die  Musik  studirte.*t)  Die  Mönche,  vornehmlich  die  Dominikaner**!), 
unterhielten  zahlreiche  Schulen  und  das  Kloster  von  Alcoba^a  war  es,  in 
welchem  1269  die  ersten  öffentlichen  Vorlesungen  über  Grammatik,  Logik  und 
Theologie  gehalten  wurden.***!)  Von  der  Musik  war  hier  noch  nicht  die  Rede, 
so  wenig  wie  in  dem  ersten  Programm  der  Estudos  geraes,  welche  1288 
in  Lissabon  durch  die  Bemühungen  des  D.  Diniz  ins  Leben  gerufen  wurden 
und  für  die  derselbe  zwei  Jahre  später  von  Rom  die  päpstliche  Sanction  er- 
hielt. 1309  nach  Coimbra  verlegt,  besass  die  hohe  Schule  auch  noch  keinen 
Lehrstuhl  für  Musik,  wie  es  ein  Register  der  Vorlesungen,  welches  bis  zum 
gedachten  Jahre  zurückreicht,  erweist.f*) 

An  der  Universität  Oxford  bestand  inzwischen  ein  Lehrstuhl  für  Musik 
schon  seit  geraumer  Zeit  und  in  Salamanka  in  Spanien  ein  solcher  seit  länger  als 
einem  halben  Jahrhundert.  Man  wird  nun  auch  nicht  mehr  gezögert  haben,  ihn 
an  der  Hochschule  zu  Coimbra  aufzurichten,  den  Zeitpunkt  jedoch,  in  welchem 
diese   Gründung  stattfand,  genau  festzustellen,  ist  schlechterdings  unmöglich. 

Gewiss  ist  nur,  dass  er  1323  bereits  bestand,  denn  in  diesem  Jahre  hatte 
der  König  D.  Diniz  einen  Gehalt  von  65  Libras  (sechs  bis  siebenhundert  Mark 
in  heutiger  Münze)  für  den  Professor  der  Musik  an  der  Universität  festgesetzt; 
alle  anderen  Lehrer  erhielten  viel  mehr,  die  Einkünfte  eines  Professors  der 
Rechte  z.  B.  beliefen  sich  bis  auf  600  Libras.  Der  Lehrstuhl  für  Musik 
ertheilte  keine  Diplome  und  gelangte  auch  zu  keiner  Blüte  während  der  160  Jahre, 
in  denen  die  Universität  sich  zu  Lissabon  befand,  bevor  sie  (1537)  nach  Coimbra 


*)  Siehe  den  Text  dieser  Statuten  iu  Yasconcellos  Mus.  2iort.,  Bd.  I,  S.  157. 
**j  F.  Lopes.    Chrou.  d'El-rei  D.  Joäo  I.,  Kap.  93. 
***)  Im  Seminar  zu  Fuuchal,  gegi'üudet  1556,   war  der  Unterricht  im  Gesänge  und 
in  der  Grammatik  in  der  Person  eines  Lehrers  vereinigt.    Siehe  Waxel.    Alguns  tragos  etc. 
t)  Viterbo.    Elucidario  Bd.  I,  S.  222. 
tt)  Item.    Bd.  II,  S.  306. 
ttt)  Aut.  Brandäo.  JSIonarchia  liisit.,  Bd.  IV,  S.  31. 
*t)  Abreu.    Sol  nascido  no  Occidente,  Ausg.  1753,  S.  10  u.  d.  flg. 
**t)  Fr.  Luiz  de  Sousa.    Rist,  de  S.  Domingo.^,  Thl.  I,  S.  363. 
***t)  Fr.  Man.  dos  Sauctos.    Alcoha^a  ülustrada.  parte  I,  p.  100  u.  flg. 
t*)  Leitäo  Ferreu-a.  Noticias  chronol.  da  univers.  de  Coinibi-a,  S.  100. 


Portugiesische  Musik.  503 

verlegt  wurde.  Selljst  in  den  Statuten  vom  Jahre  1503  findet  dieser  Lehrstuhl 
keine  Erwähnung.*)  Dessenungeachtet  unterliegt  es  aher  keinem  Zweifel, 
dass  man  zu  Jener  Zeit  daselhst  den  Mcnsuralgesang  (canto  d'  orgao)  lehrte, 
denn  von  1520  au  lehrte  man  ihn,  auf  Befehl  des  Königs  Manuel,  schon  an 
der  Schule  der  Kathedrale  zu  Funchal.**) 

Aus  dieser  ganzen  Periode  ist  kein  Name  eines  der  Musikprofessoren  dieser 
l^niversität  erhalten  worden.  Der  erste,  welcher  genannt  wird,  ist  Mathias 
de  A  ran  da.  Er  war  erst  Kapellmeister  an  der  Kathedrale  zu  Lissabon,  wo 
er  1533  eine  Abhandlung  über  den  gregorianischen  Gesang  und  den  Contra- 
punkt veröffentlichte,  und  dann  von  1544  an  Professor  der  Musik  zu  Coimbra. 
Fünf  Jahre    S2)äter    hatte   diesen  Platz    ein    gewisser   Balthasar  Teiles   iune. 

Ar  an  da  ist  nicht  der  älteste  portugiesische  Schriftsteller  von  dem  wir 
Kenntniss  haben.  In  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  blühte  Tristao  da  Silva, 
der  Lehrer  des  Königs  D.  Affonso  Y.,  welcher  selbst  für  die  Musik  sehr  begabt 
war,  und  wie  man  sagte,  mit  seinem  Meister  rivalisirte.***)  Dieser  nun 
war  der  Verfasser  eines  Buches  über  die  Musik,  betitelt:  nÄmahles  de  musica», 
dessen  Mauuscrijjt  mit  der  königlichen  Bibliothek  in  Lissabon  zugleich  zerstört 
wurde.  In  demselben  Jahrhundert  citirte  Francisco  Vellez  de  Guevara 
das  AVerk  Tristäo's  in  seiner  Abhandlung:  »De  Ja  realidaJ  y  experiencia  de  la 
musica«,  die  gleichfalls  verloren  ging. 

Die  ältesten  j^ortugiesischen  Kirchencorapositionen,  deren  Titel  erhalten 
blieben,  sind  die  Psalmen  für  das  Todtenamt  {ji^Psalmos  certos  para  finados«)] 
sie  werden  dem  König  D.  Joäo  I.  durch  seinen  Sohn  D.  Duarte,  in  dessen 
nLeal  conselhcirois.,  zugeschrieben. 

^Yährend  dieser  grossen  Regierung,  hatte  sich  das  Genie  der  portugiesischen 
Nation  auf  das  vollkommenste  offenbart.  Um  davon  zu  überzeugen,  wird 
es  genügen,  an  die  militärischen  Talente  des  Königs  und  seines  heilig  gespro- 
chene n  Connetabel  D.  Nunc  Alvares  Pereira  zu  erinnern:  an  die  Kenntnisse 
des  Eechtsgelehrten  Joäo  das  Eegras;  an  das  hellsehende  Genie  des  grossen 
D.  Henriques,  des  Seefahrers;  an  die  naive  Freimüthigkeit  der  berühmten 
Chronisten  Fernäo  Lopes;  endlich  an  das  hohe  Talent  des  Affonso  Domingues, 
Baumeister  des  Klosters  Batalha,  dem  Ausdrucke  der  reinsten  portugie- 
sischen Kunst. 

AYenn  die  Dichtkunst  erst  zwei  Jahrhunderte  später,  in  Camoens 
ihren  Höhepunkt  erreichte,  so  geschah  dies,  w^eil  das  Erblühen  der  Literatur 
fast  immer  den  grossen  historischen  Eijochen  folgt.  Was  die  Musik  betrifft, 
diese  Kunst,  welche  sich  auch  in  Europa  erst  als  die  letzte  entwickelte,  so 
darf  es  nicht  verwundern,  wenn  sie  sich  in  Portugal  im  Anfange  des  15.  Jahr- 
hunderts noch  in  der  Kindheit  befand. 

Der  Name  des  Begründers  der  Dynastie  Aviz  ist  nicht  der  einzige  seiner 
Familie,  welcher  in  der  Geschichte  der  Musik  seines  Vaterlandes  eine  EoUe 
spielt.  Sein  Enkel  D.  Affonso  V.  (1438—1481)  war,  wie  wir  gesehen  haben, 
ein  unterrichteter  Musiker;  unter  seiner  Regierung  gab  es  an  der  Seite  des 
Tristao  da  Silva  noch  andere  Musiker:  es  ist  die  Rede  von  einem  Officium 
in  der  AVeise  des  gregorianischen  Gesanges,  mehrstimmig  componirt  vom  Licen- 
tiaten  Alvaro.  Ein  portugiesischer  Musiker,  Fr.  Affonso  de  Palma,  Componist 
vieler  Kirchenstücke,  verbrachte  den  Haupttheil  seines  Lebens  in  Cordova,  wo 
er  auch  im   Jahre   1450  starb.f) 

Die  Kammermusik  des  Königs  D.  Joao  II.,  Sohn  und  Nachfolger  des 
D.  Affonso  V.,  stand  ziemlich  in  Blüte.     Für  die  Hochzeitsfeierlichkeiteu  von 


)  Leitäo  Ferreira.    Not.  pp.  115,  435. 
)  Waxel,  Alffuns  fra^os  etc. 


Itisit,  Bd 


***)  Ruy  de  P'ina.     C'/iron.    de  D.  Affonso   V.,    p.   609.      Barbosa  Machado.     Bihl. 
.  III. 


f)  Wie  wir  schon  gesagt  haben,  ist  Barbosa  Machado,  Bihliutheca  lusit.,  die  Hauiit- 
quelle  der  biograi)hischen  Angaben,  portugiesischer  Musiker  bis  zur  Mitte  des  IS.  Jahrh. 


504  Portugiesische  Musik. 

Evora,  14:90,  Hess  der  König,  den  Woi-ten  des  Chronisten  zufolge*)  mit  grossen 
Kosten  aus  fremden  Ländern,  mit  den  Köchen  zugleich  auch  »muytos  menistres 
altos  e  bayxos«  kommen.  Man  soll  daselbst  eine  Musik  gehört  haben  »von 
fremdartigen  Instrumenten  und  süsse  Gesänge«.  Viel  früher,  als  der  Infant 
D.  Manuel,  Vetter  und  Nachfolger  des  Königs,  1483  eine  Reise  durch  Kasti- 
lien  machte,  hat  man  keinen  Anstand  genommen,  ihn  von  Sängern  und  Meuestrels 
des  portugiesischen  Hofes  begleiten  zu  lassen.**) 

Unter  D.  Joäo  IL  fand  eine  Art  von  Wiederaufblühen  der  heiteren 
Künste  statt.  An  seinem  Hofe  wurden  zu  bestimmter  Zeit  wiederkehrende 
Versammlungen  eingerichtet  (seröes),  in  welchen  man  recitirte  und  trovas 
sang.  Garcia  de  Resende  (1470 — 1554),  der  gefeierte  Dichter  und  Chronist, 
auch  als  Sänger  und  Lautenspieler  wol  berufen  (er  hatte  auf  Kosten  des 
D.  Joäo  IL  die  Musik  studirt).  Resende  sagen  wir,  hat  die  Verse  von  286 
portugiesischen  fidalgos***),  die  fast  sämmtlich  dem  Hofe  des  »vollkommenen« 
Königs  angehörten,  der  Vergessenheit  entrissen.  Er,  welcher  direkte  Beziehungen 
mit  Angelo  Poliziano  unterhielt,  that  den  Ausspruch,  dass  es  für  einen  Edelmann 
ebenso  unerlässlich  sei,  die  besten  trovas,  als  wie  das  Pater  noster  zu 
kennen.|).  Unter  den  Dichtungen  des  Cancioneiro  von  Re sende  befinden 
sich  einige  des  D.  Joäo  de  Menezes,  welche  —  wie  es  daselbst  heisst  —  für 
drei  Stimmen  r>de  canto  cVorgama  in  Musik  gesetzt  waren. 

Der  Hof  des  D.  Joäo  IL  war  auch  reich  an  ausführenden  Künstlern, 
deren  Namen  uns  durch  die  Miscellanea  des  Garcia  de  Resende  aufljewahrt 
sind,  welcher  nicht  ansteht  die  Behauptung  auszusprechen,  dass  in  dieser  Epoche 
die  Musik  den   Gipfel  der  Vollkommenheit  erreicht  habe.ft) 

Der  König  D.  Manuel  umgab  sich  nach  seiner  Thronbesteigung  mit  ge- 
schickten Musikern,  sowol  Sängern  wie  Instrumentalisten,  welche  er  nach  dem 
Zeugniss  des  berühmten  Damiäo  de  Goesftt)  aus  allen  Theilen  Europas  an  seinen  « 
Hof  kommen  Hess.  Es  war  eine  der  besten  Kapellen  ihrer  Zeit,  und  Goes 
hatte  fast  alle  gehört.  Dieser  »beglückte«  König,  dessen  Regierung  durch 
Vasco  de  Gama,  Albuquerque  und  Gil  Vicente  Glanz  erhielt,  nahm  an 
Festtagen  seine  Mahlzeiten  beim  Klange  der  Musik  ein,  während  er  zugleich 
von  seinem  Zimmer  aus  dem  Tanze  der  Edelleute  seines  Hofes  zusah !  Bei 
Musik  legte  er  sich  zu  Bett,  und  sie  begleitete  ihn  bei  seinen  Schiffswett- 
fahrten und  auf  die  Jagd,  ja  selbst  bei  seinen  Audienzen  liebte  er  es  Musik 
zu  hören. 

Der  König  war  jedoch  nicht  der  einzige,  welcher  Sänger  und  Instrumen- 
talisten hielt,  die  grossen  Herren  des  15.  Jahrhunderts  machten  sich  die  Besten 
derselben  einander  streitig,  und  wie  uns  einer  der  Poeten  des  Cancioneiro 
von  Resende  mittheilt,  sah  man  ausgezeichnete  Sänger  durchaus  nicht  immer 
bei  einem  Herren  verweilen. *t)     Von  den  Mitgliedern  der  königlichen  Familie 


*)  G.  de  Resende.    Chron.  S.  117  u.  flg. 

**)  Damiäo  de  Goes.    Chron.  do  felic.  rey  D.  Emanuel^i  Ausg.  von  1749  p.  6. 
***)  Siehe  sein  Cancioneiro  geral,  Ausg.  von  Kausler,  Stuttgart  1846 — 52,  3.  Bd. 

t)  G.  de  Resende.    Chron.  p.  269. 
tt)  Siehe  die  bezüglichen  Verse  (Miscellanea,  Ausg.  von  1798,  p.  362): 

Musica  vimos  chegar 
a  mais  alta  perfei^am 
Sarzedo,  Fönte  cantar, 
Francisquilho  assi  juntar 
langer,  cantar,  sem  razam: 
Arriaga  qiie  tanger! 
ho  cego  que  gram  saher 
nos  orgaos .'  e  o   Vaena! 
Badajoz!  outros  que  a  penna 
deixa  agora  descreuer. 
ttt)   Chron.  p.  595  u.  flg. 
*t)  Nao  vi  esmerados  cantores 

serem  sempre  de  hum  Senhor. 


Portugiesische  ilusik.  505 

hatte  eiue  der  Töchter  des  D.  I\Ianuel,  die  Infantin  D.  Maria,  ihren  Hof 
in  eine  wahre  «Acadcmia  de  coiisonanciasu*)  umgewandelt.  Die  geschickteste 
Musikerin  ihrer  Umgebung  war  Angehi  Sigfa.  Man  spricht  auch  mit  Be- 
geisterung von  einer  Nonne,  Namens  D.  ^Nlargarida  de  Noronha.  Die  Prin- 
zessin D.  Joanna,  Tochter  Karl 's  des  V.  und  Mutter  des  Königs  D.  Sebas- 
tiao,  hatte  ebenfalls  ihre  Musik  aus  fünfzehn  Personen  zusammengestellt.**) 
Einer  der  Söhne  des  D.  Manuel,  der  Infant  D.  Luiz  (f  1555),  ein  Schüler 
des  berühmten  Mathematikers  Pedro  Nunes,  und  sehr  geschickt  im  Contra- 
puukt,  unterhielt  eine  Kapelle  von  47  Musikern,  seine  acht  Trompeter  unge- 
rechnet.***) 

Ein  hervorragender  Zeitgenosse  des  D.  Luiz,  der  berühmte  Poet,  Sä  de 
Miranda  war  ein  grosser  Liebhaber  der  Musik  und  spielte  die  viola  d'arco. 
Die  letzten  Jahre  seines  Lebens  brachte  er  auf  einem  Landsitze  zu,  zwischen 
Douro  und  Minho  gelegen,  und  erhielt  auch  dort  den  Besuch  eines  anderen, 
nicht  minder  berühmten  Dichters  des  Jorge  de  Monte-Mor,  Verfasser  der 
Diana,  welcher  in  seiner  Jugend,  in  Spanien  und  den  Niederlanden,  als 
Musiker  von  Beruf  gelebt  hatte.  Der  Sohn  des  Sä  de  Miranda,  Jeronymo 
de  Sä,  spielte  fertig  mehrere  Instrumente  und  der  Schwager  des  Dichters 
Manuel  Machado  de  Azevedo,  excellirte  auf  der  Laute.  AVeun  man  diesen 
Namen  noch  einige  von  anderen  Zeitgenossen  hinzufügt,  den  des  grossen 
Historikers  Joäo  de  Barros  und  des  Bischofs  Osorio,  welche  über  den 
Nutzen  der  Musik  schrieben j);  des  Hellenisten  Ayres  Barbosa,  Professor 
von  Salamanka,  welcher  in  seiner  Epometria  (1515)  die  Erzeugung  der  Töne 
behandelt;  des  berühmten  Archäologen  Andre  de  Resende  (f  1573,  nicht 
zu  verwechseln  mit  Garcia  de  Resende)  und  des  Greschichtsschreibers  Damiäo 
de  Goes  (1501  — 1573),  welche  beide  geschätzte  Kirchencomponisten  warenft)? 
so  sehen  wir,  dass  die  Ausübung  dieser  Kunst  im  16.  Jahrhundert  in  der 
portugiesischen   Gesellschaft  sehr  verbreitet  war. 

Welches  war  nun  der  Charakter  der  Musik,  die  in  dieser  Epoche  in 
Portugal  geübt  wurde?  Es  ist  aller  Grund  vorhanden  zu  glauben,  dass  dies 
Land  an  der  musikalischen  Bewegung  des  übrigen  Europa  theilnahm.  "Wir 
haben  gesehen,  dass  vom  Beginn  der  Regiei'ung  des  D.  Joäo  II.  an  (1490), 
der  Hof  von  Portugal  mit  grossen  Kosten  gute  Künstler  aus  der  Fremde 
kommen  Hess.  Die  Flamänder  und  Spanier  wären  es,  die  zu  jener  Zeit 
am  meisten  in  Ansehen  standen;  unter  D.  Joäo  IL  citirt  bereits  Garcia  de 
Resende  einen  Musiker  Badajoz,  ein  Name,  der  auf  spanische  Abkunft 
deutet:  unter  D.  Joäo  III.  gab  es  deren  viele  unter  den  Sängern  der  Kapelle 
(einer  hiess  Castelhano,  ein  anderer  de  Madrid,  ein  dritter  de  Burgos), 
und  mehrere  noch  unter  den  Kammermusikern:  drei  Baena,  Juan  de  Badajoz, 
Antonio  de  Madridftt)  und  sogar  einen  gefeierten  Violinisten  D.  Luiz  Milan, 
welcher  zu  den  Edelleuten  gerechnet  wurde  und  7000  »cruzados«  Einkünfte 
bezog.*t)      Es    gab    auch    einen    Joäo  de  Borgomäo  Flamengo,    und   unter 


*)  Frocs  Peiyni.     Theairo  herohw  etc.  das  muH/eres  illustres,  Tid.  II,  p.  00. 
**)  Der  Kapellmeister  war  Ainbrosio  Vaz;  man  nennt  noch  Francisco  .Martins  und 
den  Organisten  Souto.     Siehe  Sousa.    Provas  IUI.  II,  p.  69. 

***)  Co.sta  e  Silva.    Ensaio  biogr.-critico,  Bd.  II.  p.  328.    Panorama,  Bd.  II,  p.  320. 

tl  Für  Barros,  sehe  man  den  Panegyrikus  der  Infautin  D.  Maria. 
+t)  Einige    "Werke    dieser    beiden    sind    sogar   gedruckt:    von  Andr«5  de  Resende 
ein    OXficium  und   Missa   Sanctae  Elisaheihae,    in   Lissabon   1551,   in   (>*'   (es  ist  dies  das 
früheste    Zeichen    des    Notendrucks    in    Portugal;     im    17.   .Fahrhundert    war    das    Haus 
Crae^beck   in  Lissabon    berühmt l,    inid    von    Goes    eine    Motette    für  drei  Stimmen,    im 
Dodecachordon  des  Glarean  (1547),  eine  andere  in  einer  Madri":alensammluii|c  von  1545. 
Die  Mutter  des  Goes  stammte   aus  Flandern  imd   er  selbst   lebte  in  den  Niederlanden 
vom   zwanzigsten  bis  dreis.«igsten  Jahre.     Er  .stand    in   Beziehung  zu  Luther  und  Caivhi; 
und  fand  in    den  Kerkern    der    hKiuisition    zu    Batalha    seinen    Tod.      Siehe    Lopes    de 
Mendonga.    D.  de  Goes,  cstudu  hiugr.    Lisb.  Ib49,  iu  4". 
++tl  Sousa.    Provas.    Bd.  II,  p.  78. 
*tj  Soriano  Fuert^s.    Historia  de  la  mus.  esp.  vol.  II,  j).  176. 


r-jQQ  Portugiesische  Musik. 

den  Minestreis  welche  1553  mit  der  Prinzessin  D.  Joanua  nach  Portugal 
kamen,  zwei  Burgunder  und  einen  Milaneser.*)  D.  Sebastian  und  der 
Ivöuig-Cardinal  D.  Henrique  hatten  zum  Kapellmeister  den  jungen  belgischen 
Componisten  Renaut  de  Melle,  welcher  gegen  1580**)  Portugal  verliess,  um 
iu  Eom,  wo  er  sich  einen  Namen  als  Madrigaleu-  und  Motetten-Com- 
ponist  erwarb,  seine  Studien  fortzusetzen.  Noch  weitei-e  Hindeutungeu  auf 
die  Anwesenheit  flämischer  Musiker  von  Ruf  sind  nicht  vorhanden.***) 

Während  dem  sollte  der  Einfluss  der  gallo-belgischen  Schule  der  vor- 
herrschende werden ;  der  französischen  Gesänge  nicht  zu  gedenken,  von  denen 
einer  für  vier  Stimmen,  zwei  Autos  von  Gil  Vicente,  d;itii't  1504  und  1505 f) 
angepasst  wurde;  der  bei'ühmte  Barrosft)  führte  1530  die  Theorie  von  Reguem 
(sollte  nicht  Jean  Regis  gemeint  sein?)  und  Josquim  (Josquin  Depres)  an, 
welche  er  beide  als  französische  Musiker  bezeichnet.  Einige  zwanzig  Jahre 
später  erwähnt  der  humoristische  Schriftsteller  Antonio  Prestesftt)  des  Jos- 
quim und  des  Morales  (der  berühmte  spanische  Componist  Chi'ist.  Moiales) 
beiläufig,  jedoch  in  Ausdrücken,  die  ihre  Popularität  im  Lande  beweisen.  Die 
Beziehungen  Portugals  mit  dem  Burgunderlaude  datiren  vom  Anfang  des 
15.  Jahrhunderts,  der  Vermählung  der  Donna  Isabel,  Tochtt^r  D.  Joao  I.,  mit 
Philipp  dem  Guten.  Der  Maler  Johann  van  Eyck  kam  1428  in  Person 
nach  Portugal  und  eine  Anzahl  anderer  flämischer  Künster  folgte  ihm  dahin.*j-) 
Auffallend  ist  es  demnach  nicht,  dass  die  Musik  ihres  Landes  daselbst  auch 
Eino-ang-  fand.  Wir  wissen  ausserdem,  dass  Damiao  de  Goes  in  den  Nieder- 
landen,  von  1521 — 1531  lebte  und  studirte;  genau  der  Zeitraum  in  welchem 
Josquin  die  grösste  Popularität  genoss. '  Dieser  wird  Einfluss  auf  ihn  geübt 
haben.  In  der,  durch  Glarean  veröffentlichten  Motette:  »iVe  laeteris  inimica 
meav.  findet  Fetis**t)  die  Art  und  Weise  des  Josquin  wieder.  Unter 
D.  Joao  III.  gegen   1546  war  Goes  sicher  nach  Portugal  zurückgekehrt. 

Die  spanischen  Componisten  des  16.  Jahrhunderts  waren  gleichfalls  dort 
sehr  geschätzt.  Der  Poet  Caminha  verfasste  sogar  Grabschriften  zur  Ver- 
herrlichung dreier  Tonkünstler,  von  denen  einer  der  berühmte  Luis  de  Vit- 
toria  ist.***t)  Von  englischen  Musikern  lebte  nur  einer  in  Portugal:  einer  der 
Musiklehrer  des  Königs  D.  Joao  des  IV.,  Roberto  Tornar  (Turner?),  ein 
Schüler  von   Gery  de   Ghersem.f*) 

Es  sind  demnach,  wie  wir  sehen,  die  gallo-belgischen  und  die  spanischen 
Schulen,  welche  den  portugiesischen   Componisten  zum  Vorbild  dienten. 

Die    Glut    der    Scheiterhaufen    der   Autodafe's    des    Joao  III.    (1536)    und 


*)  Provas.  Bd.  II,  p.  69. 
** I  Baini,  Mem.  stov.  crit.  della  v'ita  e  delle  op.  di  G.  P.  da  Paleslniia.  Bd.  II,  p.  126. 
***!  Vascoucellos  [Ensaio,  p.  23  u.  flg.l  meint,  dass  Philippe  Eogier  (welcher  ebenso 
wie  sein  Schüler  Gery  de  Ghersem  zur  Kapelle  Philipps  II.  gehörte),  Nicolas  du  Pont 
(den  man  nur  durch  den  Catalog  des  D.  Joao  IV.  kennt)  und  selbst  der  berühmte  Pierre 
de  la  Eue  (der,  es  ist  aller  Grund  zu  glauben,  sein  Vaterland  niemals  verlassen  hat) 
iu  Lissabon  sich  aufhielten  —  eine  blosse  auf  nichts  gee;vündete  Hypothese  —  denn  die 
Thatsache,  dass  sich  ihre  Werke  in  der  Bibliothek  des  D.  Joao  IVl  befanden,  steht  mit 
der  Art  und  Weise,  iu  welcher  die  Werke  aller  grossen  und  kleinen  Meister  jener  Epoche 
gesammelt  wurden,  in  gar  keiner  Beziehung. 

tj  Ohras  t.  I,  pp.  75  u.  92.    Auto  da  fe  und  Auto  dos  quatro  tempos. 
tt*  Rhopica  pneuma,  Moralisches  Gespräch  Ausg.    Porto  1859. 
tif)  Auto  do  mouro  encantado.    Neue  Ausg.    Porto  1871,  p.  353. 

*t)  Siehe  ßaczyuski.    I)ict.  hist.-artisf.  du  Portugal. 
**t)  Biogr.  univ.  des  mus.    2.  Ausg.    T.  IV,  p.  46.    Fetis  findet  die  Motette  in  Rede 
gut  geschrieben,  und  an  derselben  keinen  anderen  Fehler  als  den,  einer  gewissen  Nüch- 
ternheit in  der  Harmonie. 

***f)  Poesias,  p.  272.     Die    beiden    anderen  Musiker  hiessen  Francisco  Mendes 
und  Eodrigo  Velho. 

t*)  Er  war  es  in  Madrid  oder  etwa,  nach  1607  in  Brüssel,  wohin  Gery  nach  dem 
Tode  Philipp  II.  zurückgekehrt  war.  Nach  Suriano  Fuertes  gab  es  nach  dem  Tode  dieses 
Königs  an  der  königlichen  Kapelle  in  Madrid  fremde  Musiker  nicht  mehr. 


Portagicsiache  Musik.  507 

die  Unglücksfälle  des  J).  Sebastifio  zu  Alcficer  Quebir  (1578)*),  zwei  Jahre 
vor  dem  jnnimervuUen  Tode  des  Sängers  der  Lusiadas,  welcher  mit  dem 
Verlust  der  Unnbhiingigkeit  Portugals**)  zusiinimeiitrifTt ,  waren  Missge- 
schicke ernster  Art  genug,  um  die  portugiesische  Gesellschaft  für  den  Augen- 
blick wenigstens  in  eine  neue  Kichtung  zu  werfen.  Die  Hoffestlichkeiteu  und 
die  Volksfeste  machten  denen  der  Kirche  Platz,  und  mit  diesem  jNIomente 
l)eginut  auch  die  Eijoche,  in  welcher  die  Kirchenmusik  zur  Erhebung  gehingt. 
Das  geistliche  Element  in  allen  seinen  Formen,  ob  kirchlich  oder  welt- 
lich (Vorstellungen  der  Vilha  ncicos) ,  praedominirte  länger  als  zwei  Jahr- 
hunderte hindurch,  von  der  Regierung  des  D.  Joäo  III.  an,  bis  zu  der  des 
D.  Jose  I.  Die  Fruchtbarkeit  ist  beträchtlich,  aber  ohne  Originalität.  "Während 
des  IG.  Jahrhunderts  überwiegt  der  Einilu-s  der  Hämischen  Musik,  der  in  den 
l.ieideu   nächstfolgenden  Jahren  durch  den  der  italienischen  Schulen  ersetzt  wird. 

Unterwerfen  wir  die  portugiesischen  Componisten,  ausführenden  Musiker 
und  die  Theoretiker  der  fünfzig  Jahre,  welche  der  spanischen  Grewaltherrschaft 
vorangingen,  einer  Musterung.  Ein  Theil  derselben  blieb  im  Lande  selbst,  während 
ein  anderer  sich  in  Sj^auien  niedcrliess.  Unter  den  letzteren  ist  Pedro  do  Porto, 
Kapellmeister  iu  Sevilla,  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts,  bekannt  durch 
eine  Motette,  die  der  Historiker  Barros  »den  Fürsten  der  Motetten«  nennt. 
Vor  dem  Erdbeben  von  1755  waren  die  Kirchencompositionen  der  beiden 
Antonio  Carreira,  von  denen  der  eine  Kapellmeister  in  Compostella  war, 
sehr  geschätzt;  ebenso  die  des  Affonso  Vaz  da  Costa,  der,  nachdem  er  seine 
Studien  iu  Eom  vollendet  hatte,  Kapellmeister  zu  Badajoz  und  zu  Avila  geworden 
war;  des  Manuel  Macedo,  der  iu  Madrid  lebte.  Der  Organist  Gregorio 
Silvestre  (f  1570),  der  Freund  des  Monte-Mör  und  wie  dieser  Dichter, 
war  berühmt  in  Granada.  Im  Escurial  hatte  mau  1500  Lamentationen  des 
D.  Francisco  Castelhauo,  Kapellmeister  des  Klosters  Sta.  Cruz  zu  Coimbr;» 
aufgeführt.  Dort  lebte  auch  ein  anderer  Mönch,  D.  Heliodoro  de  Paiva 
(t  1552),  dem  man  den  Namen  der  Orpheus  seines  Jahrhunderts  bei- 
legte; er  hatte  sich  als  Compouist,  Sänger  und  Instrumentalist  ausgezeichnet, 
spielte  die  viola  d'arco,  die  Harfe,  das  claviorgao  und  die  Orgel.  Heitor 
Lobo  war  gleichfalls  ein  berühmter  Organist  von  Coimbra,  und  auch  Andre 
de  Escobar,  Virtuose  auf  der  charamelinha,  einer  Art  Schnabelflöte,  wurde 
sehr  gefeiert.  Zwei  »Passionarium«  wurden  durch  Fermoso  iu  Lissabon 
(1543)  und  durch  Manuel  Cardoso  in  Leiria  (1575)  veröffentlicht.  Der 
Organist  Pimentel  (f  1599)  hatte  für  sein  Instrument  Compositionen  ge- 
schrieben.***) Mau  nennt  auch  in  der  zweiten  Hälfte  des  Jahrhunderts  zwei 
berühmte  Guitarristen:  den  Franziskaner  Peixoto  da  Pena,  welcher  am  Hofe 
Karl  V.  Begeisterung  erweckte,  und  Alexander  de  Aguiar,  welcher 
sich  am  Hofe  Philipps  IL  auszeichnete;  der  Letztere  ertrank  1603  auf  der 
Rückreise  von  Madrid  nach  Lissabon.  Viel  später,  um  1640,  Hess  der  Gui- 
tarrist  Dias  Velasco  sich  am  Hofe  Philipps  IV.  hören. 

Unter  den  Theoretikern  der  Epoche  muss  Fr.  Joäo  Rodrigues,  der  in 
der  Gegend  von  Portalegrc  lebte,  genannt  werden;  er  widmete  vierzig  Jahre 
seines  Lebens  der  Abfassung  eines  Tractats  über  deu  kirchlichen  Gesang 
(1560),  der  Manuscript  blieb,  aber  in  Rom  von  Palestriua  anerkannt  wurde.  In 
Sevilla  lebte  um  dieselbe  Zeit  ein  portugiesischer  Kapellmeister,  Joäo  Martins, 
Avelcher    den    mehrstimmigen    Gesang    öffentlich    lehrte    und   einen    Lehrgang  in 


*)  Während  der  Ueberfahrt  des  Königs  naeli  Afrika  sang  Jemand  in  seiner  Gegen- 
wart eine  Romauze  von  böser  Vorbedeutung.  Fr.  J?eniardo  da  Cruz  (  C/iro>i.  de  D.  ISehasficw) 
sagt,  dass  man  dies  für  ein  Vorzeiclien  des  Unglücks  ansah.  Viele  Khigelieder  wurden 
au^"  die  Katastrophe  geschrieben.  Eines  dcrselbeu,  für  drei  iStimnien  von  .sehr  ernstem 
Charakter,  ist  erhalten,  in  deu  AlisceUanea  (neue  Ausgabe,  p.  164)  von  Miguel  Leitäo 
de  Andrade,  welcher  sieh  den  Text  und  die  Musik  zuschn-ibt. 

**)  Die  Herrschaft  der  drei  Pliili])i)e  von  Spanien  währte  von  15S0— 1640. 
***)  1551  bestanden  in  Lissabon  angeblich  areizehu  ötieutliche  Organisteuschuleu. 


508  Portugiesische  Musik. 

spanischer  Sprache  über  denselben  veröffentlichte  (1560);  dieser  erschien  im 
ersten  Viertel  des   17.  Jahrhunderts  in  drei  portugiesischen  Ausgaben. 

Demselben  Zeitabschnitt  gehört  auch  Vicente  Lusitano,  Theoretiker 
von  portugiesischer  Abstammung  (geboren  in  01iven9a),  der  einen  Platz  in 
der  Musikgeschichte  einnimmt,  an.  Den  grössten  Theil  seiner  Lebenszeit  ver- 
brachte er  in  Italien,  erst  in  Viterbo  und  Padua,  dann  in  Rom  und  vielleicht 
auch  in  Venedig,  wo  1558  und  1561  die  zweite  und  dritte  Ausgabe  seines 
italienischen  Werkes  erschien,  das  verschiedenen  Fragen  der  musikalischen 
Theorie  gewidmet  ist,  hauptsächlich  der  Verwendung  des  gregorianischen  Ge- 
sanges als  Fugenthema  für  mehrere  Stimmen.*)  Dies  ist  alles,  was  er  uns 
als  Theoretiker  hinterlassen  hat  und  auch  als  Componist  kennen  wir  ihn  nur 
durch  eine  Sammlung  von  Motetten  (sehr  selten)  für  sechs  und  acht 
Stimmen,   1551   in  Rom  herausgegeben. 

Sein  öffentliches  Bekanntwerden  datirt  indessen  von  einer  musikalischen  Strei- 
tigkeit her,  die  1551  in  Eom  ausgefochten  wurde,  und  bei  der  es  sich  um  das, 
der  modernen  Musik  entsprechende  Geschlecht  handelte.  Sein  Gegner  Nicolas 
Vicentino,  ein  Schüler  Willaert's,  behauptete,  dass  das  diatonische,  chroma- 
tische und  enharmonische  Geschlecht  der  Griechen  ihr  anzupassen  wäre,  während 
der  portugiesische  Tonkünstler  nur  das  diatonische  Geschlecht  darin  entdecken 
wollte.  Das  Tribunal  der  Schiedsrichter,  für  diesen  Zweck  berufen  (der  Holländer 
Danke rts  und  der  Spanier  Escobedo)  gaben  ihm  natürlich  Recht;  Vicen- 
tino aber  hielt  sich  nicht  für  besiegt,  und  veröffentlichte  vier  Jahre  später 
eine  Gegenschrift,  auf  welche  Vicente  indessen  nicht  antwortete. 

Dies  gab  ohne  Zweifel  den  Grund  zu  der  falschen  Auslegung  des  Jesuiten 
Arteaga,  welcher  in  einem,  1789  gedruckten  Buche  den  Vicentino  als 
Sieger  bezeichnet.  Dieser  Irrthum  ist  auch  von  anderen  Musikographen ,  bis 
zu  dem  Augenblick,  in  welchem  der  berühmte  Abt  Baini**)  die  "Wahrheit 
wiederherstellte,  wiederholt  worden. 

"Während  der  spanischen  Herrschaft  thaten  sich  in  Portugal  mehrere  Musik- 
schulen auf,  von  denen  in  Evora  zwei  rivalisirten.  Die  eine  derselben  wurde 
von  dem,  seiner  Zeit  sehr  angesehenen  Componisten  Antonio  Pinheiro  (f  1617), 
einem   Schüler  des  berühmten  spanischen  Musikers   Guerrero***),  geleitet. 

Die  Schule  des  Pinheiro  bildete  mehrere  ausgezeichnete  Schüler:  Nun  es 
Pegado  und  Dias  de  Vilhena  (f  1617),  beide  Kapellmeister  in  Evora; 
Fr.  Francisco  Baptista  (f  1660)  zu  Cordova,  und  zu  Lissabon  Fr.  Manuel 
Pousao  (t  1683),  von  welchem  sogar  ein  y>Liher passionum«,  das  1676  zu  Lyon 
veröffentlicht  wurde,  erhalten  ist. 

Die  zweite  Schule  zu  Evora  gewann  noch  mehr  Bedeutung.  Ihr  Leiter 
Manuel  Mendes  (f  1605)  hiess  bei  seinen  Landsleuten  der  .Fürst  der  Musik, 
In  der  That  hat  er  die  besten  portugiesischen  Musiker  jener  Epoche  gebildet, 
Duarte  Lobo   (1567 — 1670)  an  der  Spitze. 

*)  Introduttione  facilissima  e  novissima,  di  canto  fermo,  figurato^  contraponto  simplice, 

e  in  concerto  con  regole  generali  per  fare  fugJie  differenti  sopra  il  canfofenno  a  2,  3  e  4  voci, 

e  compositioni  proporfioni,  generi  Diatonico,  Cromatico,  Enarmonico.  Roma,  1553,  46  p.,  in  4". 

Bernardo  da  Fonseca  hat  davon  eine  portugiesische  Uebersetzung  geliefert.    Lissabon  1603. 

**)  Mem.  stor.-crit,  Bd.  I,  p.  322  u.  flg. 

***)  In  Bezug  auf  den  berühmten  Guerrero,  giebt  es  einen  streitigen  Punkt.  Er 
gilt  für  einen  Spanier,  geboren  in  Sevilla.  Barbosa  Machado  (^Bihl.  lusit.  Bd.  II,  p.  160) 
sagt  indess  in  deutlichen  Worten,  dass  er  in  Beja,  in  Portugal,  1528  geboren  ist,  und 
dass  er  von  da  aus  mit  seinen  Eltern  nach  Estramadura  in  Spanien  kam.  Er  gehört 
dessenungeachtet  der  Schule  Spaniens  an,  dem  Lande  in  welchem  er  studirte  und  sein 
Leben  zubrachte.  Sein  erstes  Messbuch  ist  dem  König  D.  Sebastiao  von  Portugal 
gewidmet;  Pinheiro  war  sein  Schüler.  Vasconcellos  {Jh'nsaio,  Appendix  p.  IV)  setzt 
voraus,  dass  dieser  das  Königreich  niemals  verlassen  habe,  und  schhesst  daraus,  dass 
Guerrero  zu  ihm  gekommen  sei.  Es  ist  dies  nur  die  Hypothese  eines  Autors,  welcher 
deren  beständig  gebraucht  oder  missbrancht.  Barbosa  Machado  beansprucht  gleicher- 
weise die  Vaterschaft  Portugals,  für  den  Vorgänger  des  Guerrero  an  der  Kathedrale  von 
Sevilla  —  Pedro  Fernandes  —  eines  gescliätzten  Componisten,  der  ein  Andalusier 
sein  sollte. 


PortugioBiache  Musik.  509 

Von  den  "Werken  diesea  Coinponiöten,  der  fünfundvierzig  Jahre  Kaijell- 
meister  au  der  Kiithedrale  zu  Lissabon  war,  kann  man  mit  Suchkenntniss 
sprechen,  da  er  einer  der  wenigen  portugiesischen  Componisteu  war,  deren 
Werke  gedruckt  wurden:  zwei  Bücher  Magnificat  und  zwei  Bücher  Messen, 
welche  in  Antwerpen  von   16U5 — 1639  erschienen. 

Ohne  gerade  grosse  Reinheit  des  Stils  zu  zeigen,  erscheinen  die  Compositiouen 
des  Duarte  Lobo,  die  ausserordentlich  complicirt  sind,  vor  allem  als  AVerke  der 
Factur.  Das  Beispiel  des  Benevoli  scheint  ebensowol  dem  Meister,  wie  seinen 
Schülern  den  Kopf  verdreht  zu  haben,  welche  diese  Tendenzen  bis  in's  Aeusserste 
führten.  Es  waren  unter  ihnen  solche,  welche  Messen  für  16  Stimmen  (Nicolau 
da  Fonseca)  und  für  36  Stimmen  —  in  neun  Chören  —  (Fr.  Miguel  Leal) 
schrieben.  Die  Schüler  des  Duarte  Lobo  waren  zahlreich  und  es  befanden  sich 
unter  ihnen  als  Kirchencomponisten  sehr  wol  bekannte:  der  eine  von  ihnen, 
Manuel  Machado,  gehörte  zur  königlichen  Kapelle  von  Madrid,  ein  anderer 
Fr.  JoEo  Foga^a   (f  1658)  wurde  vom  König  Joäo  IV.  pensionirt. 

Als  Pädagoge  war  Duarte  Fortschrittler  und  Neuerer,  denn  bei  der  Lehre 
seiner  Kunst,  hatte  er  die  empirische  Methode,  welche  bis  dahin  die  herrschende 
war,  verlassen.  Die  seinige  war  auf  Erfahrung  und  Berechnung  basirt.  Wir 
finden  hiervon  den  Beweis  in  zwei  Abhandlungen,  1626  und  1662  von  zweien 
seiner  Schüler  veröflfentlicht:  Antonio  Fernandes*)  und  Joäo  Alvares 
Frovo  (t  1682),  zwei  renommirte  Theoretiker,  der  erste  Direktor  einer  i\Iusik- 
schule  in  Lissabon,  der  andei-e  Bibliothekar  des  Königs  Don  Joäo  IV.  und 
später  Kapellmeister  an  der  Kathedrale  in  Lissabon. 

Duarte  Lobo  war  nicht  der  einzige  hervorragende  Touküustler  aus  der 
Schule  des  Manuel  Mendes.  Von  seineu  Schülern  muss  noch  Felipe  de 
Magalhäes,  Hofkapellineister  in  Lissabon,  genannt  werden,  von  dem  ebenfalls 
gedruckte  Compositionen  vorhanden  sind:  ein  Gesang  an  die  Jungfrau 
(Lissabon,  1636),  ein  Buch  Messen  (Antwerpen,  1635)  und  eine  Litanei 
für  vier  Stimmen,  abgedruckt  in  einer  Sammlung  von  1691.  Auch  Magalhäes 
besass  Schüler,  von  denen  sich  zwei  in  Spanien  kekannt  machten:  Fr.  Manuel 
Correa  in  Saragossa  und  Esteväo  de  Brito  zu  Badajoz  und  zu  Malaga. 
Ein  anderer  Schüler  von  Manuel  Mendes,  Joäo  Mendes  Monteiro,  war 
Hofkapellmeister  in  Madrid.  Die  "Werke  dieser  Componisteu  sind  nicht  er- 
halten. 

Die  Musikschule  des  Manuel  Mendes  zu  Evora  wurde  von  einem  anderen 
seiner  Schüler:  Manuel  E-ebello,  weitergeführt,  der  neben  anderen,  auch 
Antonio  Vieira,  Kapellmeister  in  Crato  —  nicht  zu  verwechseln  mit  dem  ge- 
feierten Kanzelredner  dieses  Namens  —  ausbildete. 

Gleichzeitig  mit  den  Schulen  des  Mendes  und  des  Pinheiro  in  Evora, 
nennt  mau  noch  die  Schule  des  Theoretikers  Antonio  Ferro  in  Portalegre, 
dem  Spanien  auch  einige  Kapellmeister  zu  verdanken  hat,  Avilez  und  Tavares. 
Im  Allgemeinen  muss  zu  dieser  Zeit  im  Laude  ein  Ueberfluss  von  musikalischen 
Kräften  vorhanden  gewesen  sein,  nach  der  Zahl  wenigstens  der  portugiesischen 
Künstler  zu  schliessen,  die  in  Spanien  Anstellung  nahmen.  Vascoucellos**) 
zählt  neunzehn,  im  Laufe  des  15.,  16.  und  17.  Jahrhunderts,  und  man  darf 
diese  Zahl  getrost  noch  erhöhen,  da  ein  Componist  von  der  Bedeutung  des 
D.  Afi'ouso  Lobo,  ansässig  in  Toledo  und  sehr  gelobt  von  Lope  de  Vega***J, 
nicht  einmal  genannt  ist. 

Es  befanden  sich  zu  derselben  Zeit  auch  Spanier  in  Portugal.  So  war 
Pedro  Thalesio  ein  Spanier,  welcher  den  Unterricht  in  der  Musik  an  der 
Universität    zu    Coimbra    wieder    belebte,     doch     auch    diese    hat    bemerkeus- 


*)  Siehe  die  Analyse  der  Arte  de  musica  von  Fernandes  in  Vaseoncellos,  Miisicos 
port.,  Bd.  I,  p.  iUi  u.  ^^.  Von  Lobo  selbst  erscliien  in  Antwerpen  160'2:  Opuscula  vuifica 
nunc  primum  edifa.  in  4". 

**)  Jitisaiu,  Ajipendix. 
***)  Eslava  hat  eines  seiner  "Magnißcat-  fiir  aciit  Stiuiinen  veröftentlicht. 


510  Portugiesische  Musik. 

wertho  Schüler  nicht  gebildet.  Dieser  Lehrstuhl  erhielt  im  Jahre  1612 
erneute  Statuten,  und  ein  Jahr  später  nahm  Thalesio  denselben  im  Besitz, 
den  gregorianischen  Gesang,  den  Meusuralgesang  und  den  Contrapunkt  lehrend. 
Sein  Arte  de  Canto  Chao  (1617,  neugedruckt  1628)  gleit  Zeugniss  seines 
umfangreichen  "Wissens;  er  erwähnt  darin  mehr  als  siebzig  Theoretiker  aller 
Epochen.*)  Sein  Nachfolger  wurde  163G  Fr.  Antonio  de  Jesus,  ein  Schüler 
des  Duarte  Lobo,  welcher  sechsundvierzig  Jahre  an  dieser  Universität  lehrte 
und  dem  wiederum  Fr.  Nuno  da  Couceigao  folgte,  dessen  Professorat  gleichfalls 
sechsundvierzig  Jahre  währte  (von   1691 — 1737). 

Ein  anderer  Spanier,  der  Componist  Francisco  Garro**),  gehörte  seit 
1591  zur  königlichen  Kapelle  in  Lissabon,  an  welcher  er  von  1609  an  als 
Kapellmeister  fungirte.  Zur  letztgenannten  Zeit  scheint  das  Musiktreiben  in 
der  portugiesischen  Gesellschaft  ein  ganz  allgemeines  gewesen  zu  sein.  Man 
Hess  sich  rühi'en  von  Kirchensängern,  wie  z.  B.  vom  jugendlichen  Antonio  da 
Coucei^ao,  welcher  bald  seine  Stimme  verlor,  oder  der  Nonne  Ignez  do  Menino 
Jesus.  Der  Gesangsprofessoren  waren  in  Lissabon  gegen  1610  ungefähr 
siebzig.  Der  geschickte  Ciavierspieler  Rodrigues  Coelho  gab  zur  selben 
Zeit  eine  Sammlung  Ciavierstücke  von  bedeutender  Schwierigkeit  heraus. 
Lissabon  besass  damals  sechs  Verfertiger  von  monocordios  und  fünf  Orgel- 
bauer.***) Zweihundertundfünfzig  Jahre  später  glänzen  die  Pianofortefabrikan- 
ten daselbst  durch  ihre  Abwesenheit! 

Kehren  wir  jedoch  zur  Epoche  der  Philippe  zurück.  Diejenigen  Meister, 
welche  aus  den  Schulen  von  Evora  und  Lissabon  hervorgingen,  erschöpfen 
die  vollständige  Liste  der  Kirchencomponisten  der  Epoche  nicht.  Sie  alle 
anzuführen  würde  überflüssig  sein,  da  die  Werke  der  meisten  von  ihnen  ver- 
loi'en  sind.  Eben  deshalb  werden  wir  auch  nur  die  hervorragendsten  und  die- 
jenigen nennen,  deren  Wei'ke  nicht  vollständig  verschwunden  sind.  Unter 
diesen  letzteren  ist  Fr.  Esteväo  de  Christo  (f  1609),  der  Componist  eines 
Passionarium,  das  zwei  Auflagen  erlebte  (Lissabon,  1593  und  1595); 
Pedro  Alvares  de  Moura,  Stiftsherr  zu  Coimbra,  gab  1594  zu  ßom  eine, 
dem  Paolo  Sforza  zugeeignete  Sammlung  von  Motetten  heraus.  Joilo  de 
Es  CO  bar  liess  eine  andere  um  1620  in  Lissabon  erscheinen.  Auch  kennt  man 
ein  Buch  Messen,  1609  von  Francisco  Garcia  in  derselben  Stadt  heraus- 
gegeben. Der  Violinist  D.  Agostinho  da  Cruz  war  gleichermaassen  als 
Organist,    Componist  und  Theoretiker  gepriesen. 

Neben  diesen  Tonkünstlern  zweiten  Pianges  sind  aus  der  ersten  Hälfte 
des   17.   Jahrhunderts  noch  drei  berühmte   Componisten  zu  nennen: 

Fr.  Manuel  Cardoso  (1569 — 1650)  —  nicht  zu  verwechseln  mit  dem 
früher  erwähnten  Autor  des  Passionarium  —  war  Schüler  des  Musikseminars 
zu  Evora,  die  Stadt  in  welcher  er  Kapellmeister  der  Kathedrale  wurde. 
Später  trat  er  in  derselben  Eigenschaft  in's  Kloster  der  Karmeliter  in  Lissabon. 
Während  seiner  Anwesenheit  in  Madrid  verehrte  ihm  der  König  Philipp  IV. 
den  Titel  eines  königlichen  Kapellmeisters.  Der  König  D.  Joäo  IV.  über- 
häufte ihn  mit  Gun&tbezeugungen,  er  besuchte  ihn  zweimal  und  lies  sein  Bild- 
niss  in  der  königlichen  Bibliothek  aufhängen.  Sein  Ruf  ist  durch  den  Werth 
seiner  musikalischen  Werke,  die  in  Lissabon  veröffentlicht  wurden,  gerecht- 
fertigt: Magnificat  (1613),  drei  Bücher  Messen  (1625,  1636  und  1646)  und 
ein  Buch   Gesänge  für  die  Charwoche   (1648). 

Joäo  LoureuQO  Pebello  (1609  —  1661)  —  ebenso  bekannt  unter  dem 
Namen  Soares  Rebello  —  galt  für  einen  der  begeistertesten  Meister  der  alten 
portugiesischen  Schule.  Man  weiss  nicht  wessen  Schüler  er  gewesen  ist,  die  That- 


*)  Vasconcellos.    Ensaio  p.  38  u.  flg. 
**)  Item,  p.  34  u.  flg. 

***)  Die  grossen  Orgeln  kamen  aus  Spanien.  Ebenso  wurde  die  Orgel  der  Kathedrale 
von  Funchal  1636  aus  Cordova  gebracht.  Sie  ist  in  Versen  in  der  Insulana  des  Manuel 
Thomaz  beschrieben.     Siehe  Waxel,  Alguns  tra^os  u.  s.  w. 


l'ortugiesisehc  Musik.  51 1 

Sache  aber,  dass  sioli  unter  seinen  Werken  Stücke  für  12,  16,  17  und  selbst  für 
39  Stimmen  befaudeu,  würde  beweisen,  dabs  er  sich  nicht  ganz  ausserhalb  des 
Einflusses  der  Schule  des  Duarte  Lobo  befunden.  \''on  seinen  Werken  ist  uns 
nur  eine  Sammlung  von  Motetten  für  16  Stimmen,  in  Rom  1657  hurausgegebeu, 
durch  den  Druck  erhalten  worden.  Die  ^lusik  des  Palesti  ina  war  sehr  geschützt 
am  Hofe  des  Don  Joäo  IV.,  dessen  einer  Lehrer  und  (iüustling  ]^ouren\;o 
Rebello  gewesen  war,  und  sie  musste  sowol  Einlluss  auf  die  Werke  des  Meisters 
wie  seines  königlichen  Schülers  ausüben. 

D.  Joao  lY.  (1604  — 1656),  der  Wiederhersteller  der  ])ortugiesischen 
Monarchie  und  der  erste  König  aus  dem  Hause  Bragau^a,  ist  einer  der  besten 
Componisten  seiner  Nation  gewesen.  Er  war  sogar  mehr  Musiker  wie  König. 
Nur  eine  sehr  kleine  Zahl  der  Compositionen  des  D.  Joüo  IV.  ist  auf  uns 
gekommen,  im  ganzen  zwei  Motetten,  die  in  der  oben  angeführten  Sammlung 
des  Louren(,o  Eebello  veröffentlicht  wurden.  Diejenige  über  die  Worte  »Crux 
fidel is«   ist  in  Paris   mit  Erfolg  aufgeführt  und  daselbst  gestochen  worden.*) 

Ohne  ausführender  Künstler  zu  sein,  war  D.  Joäo  IV.  ein  sehr  gelehrter 
Musiker,  wovon  seine  Dissertationen  über  Musik  Zeugniss  geben.  Er  schrieb 
deren  vier  in  spanischer  Sprache,  von  denen  jedoch  nur  zwei  ans  Licht  traten: 
y>Defensa  de  la  Musica  modcrnaa  (seinem  Lehrer  Rebello  dedicirt) ,  ein  ^\  erk- 
chen  von  einigen  sechzig  Seiten,  auch  in's  Italienische  übersetzt,  und  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  1649  zum  Druck  befördert;  ferner  eine  Analyse  der 
Messe:  r,Panis  quem  ego  drtboa  von  Palestrina,  Broschüre  von  einigen  dreissig 
Seiten,  gleichfalls  in's  Italienische  übertragen,  und  fünf  Jahre  später  als  die 
erste  gedruckt.**) 

Vornehmlich  aber  begründete  D.  Joäo  IV.  seineu  Ruhm  durch  seine 
musikalische  Bibliothek***),  eine  der  reichsten  die  bekannt  geworden 
sind,  und  die  zum  grösbten  Theil  vom  Könige  selbst  zusammengestellt  wurde, 
dessen  Vertreter  in  fremden  Landen  mit  dem  Erwerb  der  werthvollsten  Musik- 
stücke, sowol  gedruckter  wie  handschriftlicher,  betraut  waren.  Die  Bibliothek 
von  Villa- Vi 50sa,  ein  Jahrhundert  früher  durch  seinen  Vorfahren  D.  Theo- 
dosio  de  Bragan^a  begründet,  ebenso  wie  die  Archive  der  königlichen  Kapelle 
zu  Lissabon,  besassen  ohne  Zweifel  die  Abschriften  der  besten  musikalischen 
Werke,  und  es  ist  wahrscheinlich,  dass  seit  der  Regierung  des  D.  Sebastiäo 
die  Kapelle  sich  im  Besitze  einer  gewissen  Anzahl  der  Composition  Palestrinas 
befand.!)  D.  Joäo  IV.  suchte  die  Sammlung  der  Werke  des  grossen  römischen 
Componisten  zu  vervollständigen.ft)  Ein  Gegenstand  der  Bew^underung  dieser 
Bibliothek  war  auch  das  Original  des  Micrologus  des  Guido  vonArezzo, 
ein  Geschenk  der  Königin  Christine  von  Schweden;  die  handschriftlichen  Ab- 
handlungen des  Jean  de  Muris  und  des  Tinctoris;   eine  enorme  Sammlung 


*l  Die  Ausführung  fand  1867  in  einem  Coucerte  der  Schule  für  Kirchenmusik 
in  Paris  statt.  Man  sehe  das  Stück  selbst  in  dar  Anfholoqie  universelle  de  musique  sacree 
von  G.  Schmidt.  Paris,  1869,  1.  Serie,  15d.  VII. 

**i  Man  sehe  die  Analyse   dieser  Schriften  in  Vasconcellos  Jlusicos  port.,   Bd.  I, 
p.  131  u.  flg. 

***l  Diese  Bibliothek  wurde  von  D.  Joäo  IV.  als  Majorat  zu  Gunsten  der  köuighchen 
Kapelle  errichtet,  und  mit  einem  besonderen  Fond  dotirt.  Sie  war  in  42  Kästen  im  könig- 
lichen Palast  (^Caza  do  Pa(,oi  zu  Lissabon  verwahrt.  Paul  Craesbeek  verötlentliehte  auf 
Befehl  des  Königs,  über  den  Inhalt  von  40  Kästen,  den  Catiüog:  Primeira  jmrte^  do 
Index  da  Livraria  de  Musica  de  m.  a.  e.  ji).  Jif-y  Dom  Joito  o  II',  Ui4;»,  XIX.  525  S. 
in  4°.  Das  einzige  noch  vorhandene  Exemplar  befindet  sich  auf  der  National-Bibliothek 
zu  Paris.  Vasconcellos  anuoneirtc  ISTH  einen  Neudruck  desselben,  der  aber  noch  nicht 
erschienen  ist.  Dieser  I)ide.r  enthält  tausend  und  eiiiiice  Namen  von  portugiesischen, 
spanischen,  italienischen,  französi.schcn .  flämisclien,  englischen  uutl  deutsclien  Autoren 
(nicht  aliein  von  H.  L.  llassler.  H.  Schütz,  M.  Praeturius  und  S.  Scluidt,  sondern  auch 
von  Bodensehatz,  H.  Fink,  .1.  Frosch,  Kapsberger,  Lechner,  J.  Schoppen  etc.)  und  unter 
dieser  Zahl  420  Namen,  die  Fetis  unbekannt  waren.  Man  sehe  Vasconcellos,  I.'maio 
critico  sohre  o   Catalogo  iVel  Hey  D.  Joa»  IV.,  Porto,  1873,  in  4". 

7)  Baini.    Mem.  stor.-cHt.  t.  II,  ji.   126. 
tt.)  Vasconcellos.    Musicos  porf.    t.  I,  p.  141. 


512  Portugiesische  Musik. 

von  Kirchenmusikstiicken  seit  Hobrecht  und  Ockeghem,  und  viel  Kammer- 
musik, sowol  für  Gesang,  als  für  Instrumente  (Orgel,  Ciavier,  Spinett,  Harfe, 
Laute,  Theorbe,  Violine,  Flöte  u.  a.),  ja  selbst  einige  der  ersten  Versuche  der 
italienischen  dramatischen  Musik,  darunter  ein  Fragment  der  Ariana  von 
Monteverde.  Der  König  erwähnt  übrigens  der  Neuerungen  dieses  Meisters 
in  seiner  Defensa.  Was  aber  diese  Bibliothek  einzig  machte,  ist,  dass  sie 
in  einem  Lande,  wo  beinahe  nichts  zum  Druck  gelangte,  das  einzige  De^^ot 
der  ganzen  musikalischen  Production  des  Königreiches  war.  Man  kann  sagen, 
dass  mit  dem  Untergange  dieser  Bibliothek  im  Jahre  1755,  die  Werke  der 
portugiesischen  Meister  dieser  Epoche  der  Kiixhenmusik,  fast  sämmtlich  verloren 
gingen  und  zwar  ohne  Wiederkehr.*)  Die  musikalische  Bibliothek  war  zur 
Zeit  ihres  Gründers,  kein  todter  Begriff.  Man  erzählt,  dasa  der  König  nach 
dem  Anhören  eines  Werkes  selbst  entschied,  ob  es  in  das  Eepertoir  der  Kapelle 
aufgenommen  werden  durfte. 

Die  Kirchenmusik  hatte  seine  ganze  Gunst;  der  Prediger  Vieira  sagt 
es  mit  deutlichen  Woi'ten,  dass  D.  Joäo  keine  Kammermusik  unterhielt,  weil 
er  nur  die  Kirchenmusik  liebte.  Nichts  destoweniger  bereicherte  er  seine 
Bibliothek  auch  mit  Madrigalen,  französischen  Liebesliedern,  Tanz- 
weisen  u.  s.  w.**)  Die  an  seinem  Hofe  am  meisten  geschätzten  portugiesischen 
Componisten  —  Louren§o  ßebello  selbst,  und  sein  Bruder  Marcos  Soares 
Pereira  (f  1655)  —  übten  fleissig  die  Composition  der  tonos,  eine  Art  zwei-, 
drei-  und  vierstimmiger  Madrigale.  Waren  es  nun  die  Sänger  der  königlichen 
Kapelle,  welche  diese  profanen  Musikstücke  ausführten?  Wenn  wir  einem  seiner 
Biographen  Glauben  schenken***),  so  gestattete  ihnen  der  König  nicht  leicht, 
viel  in  einem  andern,  als  dem  Kirchenstil  zu  singen,  »um  die  Stimmen  nicht 
zu  verweichlichen«,  eine  sehr  scharfsinnige  Empfehlung,  welche  der  Einsicht 
des  Musik-Königs  die  grösste  Ehre  macht.f) 

Seine  unmittelbaren  Nachfolger  thaten  sehr  wenig  für  die  Musik  und  er- 
füllten selbst  nicht  einmal  seine  letzten  Wünsche,  welche  darin  bestanden,  seine 
ungedruckten  Schriften  und  den  zweiten  Theil  des  Cataloges  drucken  zu  lassen. 
D.  Affonso  VI.  stellte  zum  wenigsten  die  Kammermusik,  welche  seit  der 
spanischen  Eroberung  aufgehoben  war,  wieder  her  und  ernannte  Fr.  Felipe 
da  Madre  de  Dens,  als  Componist  von  tonos  meist  bekannt,  zum  Direktor 
derselben.  Die  Ausbildung  der  Kirchenmusik  hatte  inzwischen  fast  alle  musi- 
kalischen Kräfte  des  Landes  für  sich  in  Ansjjruch  genommen,  sowol  während 
der  Eegieruug  des  unglücklichen  D.  Affonso  VI.  und  D.  Pedro  IL  als 
unter  D.  Joäo  VI.  (1706 — 1750),  obwol  eine  neue  Tendenz  damals  durchzubrechen 
begann.  Wir  kommen  auf  diese  zurück.  Einstweilen  wollen  wir  die  Periode  der 
Kirchenmusik  durch  jene  Thatsachen,  welche  sich  auf  die  kirchlich-musikalische 
Thätigkeit  der  Begierungszeit  D.  Joäo  V.  beziehen,  abschliessen,  jenes  ver- 
schwenderischen und  bigotten  Königs,  von  welchem  Friedrich  der  Grosse 
sagte:  »Seine  Zerstreuungen  wären  priesterliche  Amtsverrichtungen  gewesen,  seine 
Bauwerke    Klöster,    seine    Armeen    Mönche  und  seine  Maitressen  Nonnen.«ff). 


*)  Die  Archive  der  Kathedrale  von  Evora  soUen  indessen  Manuscripte  aus  der 
Zeit  vor  dem  Erdbeben  enthalten,  doch  nur  von  Werken  solcher  Meister  wie  Fi-.  Antonio 
de  Belem  (y  1700),  Melga9o  (-[  1700),  dessen  Schüler  Vaz  Rege  (t  1736)  u.  s.  w.,  alle  einer 
Epoche  nach  der  Regierung  D.  Joäo  IV.  angehörend.  Die  Bibliotheken  der  Klöster  wurden 
seit  1834  aufgelöst;  Vasconcellos  giebt  empörende  Schildermigeu  von  dem  Vandalismus 
mit  welchem  man  liierbei  verfuhr  {Ensaio,  p.  40).  Auch  die  reiche  musikalische  Bibliothek 
des  Francisco  de  Valhadolid,  Kapellmeister  in  Lissabon  (v  1700)  ist  verschwunden  ohne 
eine  Spur  zu  hinterlassen. 

**)  Sermbes  varios,  1748,  Bd.  XI,  p.  293. 

***)  Sousa.    Hisi.  cienealog.    Bd.  VII,  p.  240  u.  Hg. 
t)  Die  Tochter  des  D.  Joäo  IV.,   Donna  Catharina,  war  die  Gemahlin  Carls  II. 
von  England.     Sie  hatte  an  ihrem  Hofe  einige  portugiesische  Tonkünstler. 

77)  Histoire  de  mon  temps.  Was  übrigens  seine  Liebhaberinnen,  die  Nonnen  von 
Odivellas  betrifft,  so  sind  sie  doch  einmal  und  zwar  durch  die  zweite  Sängerin  des  Theaters 
da  Rua  dos  Condes,  der  Petronilla  Trabo  Basili,   eine  Römerin,  entthront  worden  (1738j. 


I'urtugiesische  Musik.  513 

Es  war  17 IG  als  D.  Joäo  V.  vom  römischen  Stuhle  als  Tauscii  l'iir  seine, 
mit  brasilianischem  Golde  beladeneu  Schifle,  die  Institution  des  Patriarchats 
in  Lissabon  erhielt,  und  er  verausgabte  für  die,  mit  der  königlichen  vereinigte 
patriarchalische  Kapelle  alljährlich  50,UÜO  cruzados.  (iregen  das  Ende  seiner 
Kegierung  kostete  ihn  seine  Kirchenmusik  jährlich  gegen  200,000  Francs.  Der 
Chor  welcher  1728  nur  aus  ungefähr  vierzig  Stimmen,  zum  grössten  Theil 
Italienern  bestand,  zählte  175-1  einhundertdreissig  Stimmen.  172H  befand  sich 
unter  den  Sängern  der  Castrat  Floriani  und  der  Tenor  Massi*);  Organisten  zählte 
die  Kapelle  vier;  die  Instrumentalisten  waren  nicht  sehr  zahlreich,  aber  unter 
ihnen  der  berühmte  spanische  Hornbläser  D.  .fuan  Plü**)  und  der  italienische 
Violoncellist  Domenico  Bonoucini,  der  1737,  im  Alter  von  fünfundachtzig 
Jahren  noch  in  Lissabon  wohnte.***)  Von  den  Kirchencomponisten  Portugals, 
nach  der  Epoche  des  D.   Joäo  IV,  werden  wir  nur  einige  nennen. 

Antonio  Marques  Lesbio  (1639 — 1709),  Kapellmeister  des  Königs 
D.  Pedro  IL,  der  in  seinem  Lande  bedeutenden  Ruf  hatte,  den  zu  con- 
troliren  uns  jedoch  nicht  möglich  ist,  da  seine  Werke  nicht  erhalten  sind. 
Seine  Gesangscompositionen,  sowol  kirchliche  wie  weltliche,  waren  äusserst 
zahlreich.  Die  Mode,  für  eine  sehr  grosse  Anzahl  von  Stimmen  zu  schreiben, 
hatte  sich  während  des  17.,  ja  sogar  bis  ins  18.  Jahrhundert  hinein  immer 
noch  erhalten.  Barbosa  Machado  citirt  von  Marques  Lesbio  zwölf- 
stimmige Werke:  Francisco  de  Valhadolid  von  Madeira  schrieb  Messen 
für  sechzehn  und  Antonio  Teixeira  eine  für  zwanzig  Stimmen,  ausgeführt 
in  Lissabon   1734. 

Wir  haben  früher  in  einer  Anmerkung,  die  besten  Kirchencomponisten 
der  Epoche  von  Evora  genannt;  in  Lissabon  standen  in  hoher  Achtung 
Sebastiäo  da  Costa  (f  1696),  Fr.  Diniz  dos  Anjos  (f  1709),  Christovuo 
da  Fonseca  (f  1728),  Nunes  Pereira  (f  1729),  Henrique  Carlos  Correa, 
Fr.  Manuel  dos  Santos  (f  1737),  Schüler  von  Lesbio,  Manuel  Soares 
(f  1756),  der  fruchtbare  Silva  Moraes,  Kapellmeister  der  Kathedrale,  und  noch 
mancher  andere,  darunter  der  vielbeklagte  Pedro  da  Conceieao,  ein  junger 
Künstler  von  hervorragender  Begabung,  gestorben  1711  im  Alter  von  einund- 
zwanzig Jahren. 

Als  aussergewöhnliches  Talent  muss  noch  Carlos  de  Seixas  (1704  bis 
1742)  genannt  werden,  welcher  an  der  Basilika  des  Patriarchen  in  Lissabon, 
bereits  mit  sechzehn  Jahren  das  Amt  des  Organisten  versah  und  an  dessen 
Leicheubegängniss,  zweiundzwanzig  Jahre  später,  ganz  Lissabon  theiluahm. 
Ausser  Kirchenmusik  schrieb  er  hunderte  von  Toccaten  für  Ciavier  und 
achtundzwanzig  dergleichen  für  die  Orgel.  Diese  letzteren  werden  auf  der  Univer- 
sität zu  Coimbra  noch  vorhanden  sein.  Genannt  sei  noch  Seixas  da  Fonseca, 
ein  brasilianischer  Bischof,  welcher  in  Florenz  1732  Sonaten  für  Ciavier  herausgab. 

D.  Joäo  V.  hatte  zu  S.  Jose  de  ßiba  Mar  eine  Schule  für  den  Choralgesang 
(Cantus  planus)  gestiftet,  an  deren  Spitze  er  einen  venetianischen  Mönch  stellte. 
Zu  derselben  Zeit  fand  auch  der  mehrstimmige  gregorianische  Gesang  viel 
Pflege.  Methoden  und  Officicn  für  den  Choralgesang  wurden  unter  dieser 
Regierung  veröß'entlicht,  von  Villa  Lobos,  Vaz  Barradas,  Fr.  Luiz 
de  S.  Caetano  und  Fr.  Domingos  do  Rosario,  dessen  nTJitatro  ecclesiasticoa 
von   1743  acht  aufeinanderfolgende  Auflagen  erlebte. 

Eine  besondere  Erwähnung  verdient  der  Jesuit  Thomaz  Pereira  (t  1692), 
welcher  seine  ganze  Kraft  dafür  opferte,  den  Geschmack  an  der  christlichen 
Musik  unter  den  bekehrten  Chinesen  zu  verbreiten.  Er  schrieb  in  ihrer  Sprache 
Kirchengesänge  und  sogar  eine  musikalische  Abhandlung,  welche  der  Kaiser 
von   China  ins   Tartarische  übersetzen  Hess. 


*)  Vasconeellos.    Music.  port.    t.  I,  p.  IUI  u.  Hg.    ]£)isaio,  p.  74. 
**)  Soi-iano  Fuertes.    Hht.    X.  IV,  p.  83. 
***)  Fetis.    Biofjraphie  uiiir.    t.  II.  p.  23. 

Musikal.  Convers.-Lexikou.    Ergänzungisband.  33 


514  Portugiesische  Musik. 

Bevor  wir  zu  der  dritten  und  letzten  Epoche  der  Geschichte  der  portu- 
giesischen Musik  übergehen,  zur  weltlichen  Epoche,  beherrscht  durch  die 
italienische  dramatische  Musik,  müssen  wir  den  Symptomen  nachforschen,  welche 
im  Laufe  der  Jahrhunderte,  als  Vorläufer  dieser  neuen  Phase  in  der  künst- 
lerischen Entwicklung  des  Landes  erschienen.  Der  Ursprung  und  die  Ent- 
wickelung  des  nationalen  Theaters  ist  überdem  einer  der  anziehendsten  Ab- 
schnitte der  Literatur  und  Kunstgeschichte  der  Halbinsel. 

Die  ersten  Spuren  davon  haben  wir  in  den  Gesängen  des  Heidenthums 
wahrgenommen,  die  unter  der  Form  der  Volkshymnen  der  Arianer  und  der 
Priscillianisten,  welche  später  einen  integrirenden  Theil  der  mosarabischen 
Religion  ausmachten,  Einbruch  in  den  christlichen  Cultus  thaten.  Da  ist  der 
Ursprung  der  volksthümlichen  Loa  zu  suchen,  welche,  nach  Theoph.  Braga, 
in  der  Provinz  Minho  noch  zu  finden  sein  dürfte.  Neben  den  Loas  kam  die 
Vilhancete  auf,  eine  Variante  der  heidnischen  Gesänge  auf  die  Monate  des 
Jahres  (maias  und  janeiras)  christlich  gewendet,  welche  später  in  die  ersten 
dramatischen  Versuche  des  Juan  de  la  Encina  und  des  Gil  Vicente  mit 
überging. 

Dies  sind  die  Früchte  der  volksthümlichen  Schöpferkraft  der  ersten 
Jahrhunderte.  Zur  Bereicherung  des  katholischen  Cultus  trugen  noch  die 
Neuerungen  von  aussen  bei.  Man  rechnet  sie  und  mit  Recht  unter  die  con- 
stituirenden  Elemente  der  dramatischen  Kunst  in  Portugal.  Schon  früh  führte  die 
Geistlichkeit  die  Mysterien  ein,  welche  ohne  Zweifel  nichts  anderes  als  die  au  tos 
sacramentaes  der  nachfolgenden  Jahrhunderte  waren.  Zu  diesen  andächtigen 
Vorstellungen  gesellten  sich  bald  die  Possenspiele  der  Jongleure  provenzalischer 
Abstammung,  welche  sich  in  Spanien  schon  lange  vor  der  Regierung  Alfons 
des  "Weisen  vorfanden.  Dieser  nun  versuchte  durch  eines  seiner  schon  früher 
erwähnten  Gesetze,  die  profanen  Schauspiele  aus  der  Kirche  zu  verbannen,  und 
nur  die,  von  Geistlichen  ausgeführten  Vorstellungen  der  Geburt,  Anbetung 
und  der  Auferstehung  aufrecht  zu  erhalten.  Unter  dem  zweiten  König 
D.  Sancho  I.  (1185 — 1211)  gab  es  in  Portugal,  wie  wir  gesehen  haben, 
Bob  OS  und  Fargantes,  welche  wahrscheinlich  ausserhalb  der  Kirche  arre- 
m'edilhos,  eine  Art  von  Possenspielen  aufführten. 

Bobo  und  Far^ante  war  gleichbedeutend  mit  maninello,  chocarreiro, 
bufäo  (für  die  Frauen  bufana  oder  die  spanische  soldadera),  trejeitador 
und  truäo  (es  gab  auch  maurische)*).  Diese  bildeten  auf  der  Stufenleiter  der 
herumziehenden  Komödianten  die  niedrigste;  der  jogral**)  (Jongleur),  der  zuweilen 
aber  mit  dem  gewöhnlichen  Possenreisser  verwechselt  wurde,  die  höchste  Stufe. 
Im  allgemeinen  wurde  der  Stand  der  Jongleurs  als  vollständig  herabwürdigend 
nicht  angesehen.  Die  Musiker  der  Kirche  hiessen  zur  Zeit  D.  Affonso  V. 
jograes  clerigos. ***)  Es  gab  sogar  unter  ihnen  solche,  die  an  den  Tänzen 
und  Vorstellungen  der  au  tos  theilnahmen,  eine  Praxis  die  ihnen  aber  später 
untersagt  wurde,  f) 

"Während  der  Prozessionen  der  grossen  Festtage  ("Weihnachten,  drei  Könige, 
Ostern)  und  auch  in  der  Kirche  fanden  die  Vorstellungen  der  autos  sacra- 
mentaes statt.  In  einer  seiner  bewundernswürdigen  Novellen  (a  Abobada)"j*f ), 
beschreibt  Alexander  Herculano  eine  dieser,  den  Königen  Mages  geweihten 
Vorstellungen,  welche  im  Jahre  der  Gnade  1401  im  Innern  des  Tempels  von 
Batalha  auf  einer  daselbst  aufgerichteten  Estrade  stattfand.  Man  sang  dabei 
zwei  Löas,  componirt  von  einem  der  berühmtesten  Jongleure  der  Epoche.  In 
Spanien  wurden  im  14.  Jahrhundert,  nach  Hita,  diese  Loas  mit  Begleitung 
der  Laute  gesungen.      So  war  der  Jongleur  Autor,   Darsteller  und  Musiker  in 


*)  Viterbo.    Elucidario. 

**)  Herculano.    Mojige  de  Cister,  t.  II,  p.  256. 
***j  Ordena^ao  Affonsina  1446,  Buch  III,  Tit.  85,  §.  18. 

t)  Const.  synod.  (von  Lissabon)  Ausg.  1737,  p.  238. 
tt)  Lendas  e  narrativas. 


l'ortugiesisclio  Musik.  515 

einer  Person,  uud  nacli  der  Forschung  von  \\'iixel*)  nliegegiiet  man  in  Gil 
Vicente  dem  letzten,  zugleich  auch  dem  volkbthüiulichsten  und  liervurragendbten 
Repräsentanten  derselben.« 

Man  weiss,  dass  die  Werke  dieses  Poeten,  für  welche,  um  sie  lesen  zu 
können,  Erasmus  das  rortugiosischo  erlernt  hatte,  in  der  That  das  kostbarste 
Denkmal  für  das  Studium  des  Geistes  und  der  Geliräuche  des  portugiesischen 
A'olkes,   im   Anfange  des   IG.   Jahrhunderts,   bilden. 

Bevor  wir  auf  dem  Theater  dieses  Poeten  verweilen,  müssen  wir  über 
eine  andere  Gattung  scenischcr  Vorstellungen,  die  an  den  Höfen  der  Könige 
D.  Affonso  Y.  und  D.  Joäo  II.  sehr  beliebt  waren,  noch  einige  Worte  sagen. 
Wir  meinen  die  mumos,  welche  allgemein  für  mimische,  mit  Musik  uud  Tanz 
begleitete  Vorstellungen  galten.**)  Die  frühesten  fanden  bei  den  Hochzeits- 
feierlichkeiten zu  Lissabon  (1451)  und  zu  Evora  (149U)***)  statt.  Der  König 
und  die  Mitglieder  seines  Hofes  nahmen  in  Person  an  dieser  Art  von  Schauspiel 
theil.  Jedoch  nicht  immer  waren  die  mumos  Pantomimen.  Man  icennt 
beispielsweise  ein  mömo  aus  der  Eegierungszeit  D.  Joäo  II.,  welches  dem 
Grafen  Vimioso  zugeschrieben  wird,  und  bei  welchem  ein  Engel  kam  um  eine 
cantiga  zu  singen.  Es  war  dies  ein  der  Pantomime  eingeschaltetes  Zwischen- 
spiel (intermez).  Garcia  de  Resende  spricht  auch  von  »mumos  reaes«,  reich 
an  Erfindung  und  »differenqas  de  intremezes«  (Verschiedenartigkeit  der 
Zwischenspiele).  In  der  That  waren  die  Zwischenspiele  in  Spanien  seit  den 
letzten  Jahren  des  14.  Jahrhunderts  f)  bekannt,  und  wenige  Jahre  später, 
wie  es  in  den  alten  portugiesischen  Versen  des  Alvaro  de  Brito  heisstyi'),  durch 
Flamengos,  Genovezes,  Frorentyns  e  Castelhanos  nach  Portugal  ge- 
bracht worden.  Man  weiss,  dass  D.  Joiio  IL  ijortugiesische  dramatische  Künst- 
ler, damit  sie  sich   vervollkommneten,  nach  Italien  geschickt  hatte. 

Zu  derselben  Zeit,  um  1492,  war  das  spanische  Publikum  eingeladen  worden, 
den  Eklogen  des  D.  Juan  de  la  Enciua  beizuwohnen,  die  ersten  theatralischen 
Erzeugnisse,  werth  dieses  Namens,  welche  auf  der  Halbinsel  Fuss  fassten.ftt) 
Sie  wurden  1496  veröfl'entlicht.  Ein  Jahr  früher  bestieg  D.  Manuel  den  Thron 
von  Portugal.  Er  unterhielt  an  seinem  Hofe  spanische  Schauspieler  (chocar- 
reiros  castelhanos. *t)  Erst  1502  war  es,  als  ein  früherer  Student  der 
Rechte,  genannt  Gil  Vicente  (1470 — 1536)  am  Hofe  zu  Lissabon  seinen 
Monolog  des  Hirten  (monologo  do  Vaqueird)  aufführte,  ein  in  Portugal  ganz  neues 
Schauspiel,  dem  bis  1536  eine  ganze  Reihe  weiterer  Stücke  folgten,  die  ebensowol 
in  der  königlichen  Kapelle,  wie  bei  den  Prozessionen  und  in  den  Gemächern 
des  Königs  aufgeführt  wurden,  in  Lissabon,  in  Evora  oder  Coimbra,  denn 
der  berühmte  Poet  folgte  dem  Hofe,  wohin  er  sich  auch  begab. 

Gil  Vicente  ist  ein  sehr  viel  bedeutenderer  Autor  als  sein  spanischer 
Vorgänger,  welcher  aber  trotzdem,  wenn  es  auch  Herrn  Theophil  Braga**T) 
missfallen  sollte,  Einfluss  auf  ihn  geübt  haben  wird.  Die  oben  augeführten  That- 
sachen  beweisen,  dass  Gil  Vicente,  Encina  gekannt  haben  muss,  um  so  mehr, 
als  er  sich  vielfach  der  castilischen  Sprache  bedient,  und  in  seinen,  für  den 
Gesang  bestimmten  Fragmenten,  diese  sogar  fast  ausschliesslich  zur  Anwendung 


**\ 


*)  Estudox,  cap.  \'. 

**)  Trigoso.    Memor.  sohre  u  theafro  poH.,  p.  45. 
***)  Ruy  de  Pina.    Chrou.  d'elrei  D.  Joäo  IL,  p.  126  vmd  fiarcia  de  Rosende  Chron. 
p.  178,  nahezu  dieselbe  Jieschreibuug  gebend, 
j)  Haret.    Kist.  de  la  litt,  esp.,  p.  235. 
■\-\S   Cancioneiro  gerat. 
ttt)  Garcia  de  Resende  hatte  gesagt: 

Posto  que  Juan  del  Encina 
O  Pastoril  comeiou  .... 
*t)  D.  de  Goes.    Ohm^  t.  I,  j).  H. 

**-!-)  Hist.  do  iheatro  vort.,  t.  1,  p.  31.  Man  sehe  Anhang  VI  dir  Hamburger  Aus- 
gabe des  Gil  Vicente,  welche  Thatsaclien  enthält,  die  den  Ansichten  des  Th.  Draga 
widersprechen. 

33* 


516  Portugiesische  Musik. 

bringt.*)  Theoph.  Braga,  verführt  durch  das  Aehnliche  der  Persönlich- 
keiten des  Gil  Vicente  mit  den  französischen  bazochit-ns,  gleichzeitig 
Autoren  und  Schauspieler,  war  geneigt,  in  seinen  "Werken  den  EiuÜuss  der  fran- 
zösischen Dramen  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  zu  entdecken.  Wir 
sind  mehr  geneigt,  spanischen  Einfluss  anzunehmen,  obwol  hinwiederum  die 
Superiorität  der  Werke  des  portugiesischen  Autors  diese  den  Dramaturgen  des 
Nachbarreiches  zu  Mustern  werden  liess. 

Die  Musik  nahm  auf  dem  Theater  des  Gil  Yicente  einen  wichtigen 
Platz  ein.  Ueber  die  musikalischen  Formen,  welche  dabei  zur  Anwendung 
kamen,  hat  Waxel  in  seinen  Werken**)  alle  vorhandenen  Hindeutungen  in 
Betrachtung  gezogen.  Wenn  in  den  Farcen  und  Komödien  die  Musik  nur 
geringeren  Antheil  hat  (im  Auto  dalndia  gar  keinen),  so  nimmt  sie  dagegen 
in  den  Werken  der  Andacht,  in  den  Tragikomödien  einen  breiten  Platz  ein. 
Fast  jedes  Stück  endigt  mit  einem  Tanze  (bailado)***)  oder  einem  Gesänge. 
Theophil  Braga  entdeckt  hierin  eine  Entlehnung  aus  den  französischen 
Mysterien.  Thatsache  ist,  dass  die  portugiesischen  Volksgesänge  eine  Haupt- 
rolle darin  spielen,  obgleich  ebenfalls  mehrstimmige  Stücke  im  Mensural- Gesang 
(canto  d'orgäo)  darin  enthalten  sind.  So  begegnet  man  in  der  Nau  d'amores 
einer  Musik  dieser  Art  für  vier  Stimmen;  gleicherweise  in  anderen  Gesangs- 
stücken für  drei  und  vier,  gleichzeitig  gesungener  Stimmen.  In  Farga 
dos  fisicos  haben  vier  Sänger  »a  vozes  esta  ensaiada»  auszuführen:  En 
el  mes  era  de  Maio  .... 

In  der  Tragikomödie  o  Tempi o  de  Apollo  findet  man  ein  Duo;  die  Tänze 
sind  zuweilen  von  zwei  Chören  begleitet,  die  miteinander  abwechseln,  sich 
jedoch  niemals  vereinigen.  In  den  Dialogen  und  Monologen  ist  der  Gesang 
oft  der  Eecitation  untermischt  ganz  in  der  Art  der  Couplets  in  den  modernen 
Yaudevilles.  Die  Soli,  welchen  man  darin  begegnet,  sind  vilaneetes,  can- 
gojietas,  cantigas,  romances,  cangöes  <pastoris^  cantigas  de  hergo,  cantigas  maritimas, 
canügas  de  negros,  »in  der  Sprache  ihres  Landes«,  ein  Gesang  der  Teufel 
r>muito  desacordadav ,  ferner  lateinische  Gesänge  und  farcis.  In  der  Farce 
Quem  tem  farellos  singt  und  spielt  Hosado  vor  der  Thür  der  Isabella  eine 
Serenade;  in  der  Komödie  die  Comedia  da  Ruhena  singt  Dario  und  spielt  die 
Guitarre  (viola).     Auch  fehlt  es  an   Trompeten  nicht. 

Wer  nun  schrieb  die  Musik  zu  jenen,  zuweilen  enselladas  genannten 
Gesängen,  von  denen  uns  nur  die  Texte  bekannt  sind?  Einige,  wie  wir  gesehen 
haben,  kamen  aus  Frankreich f),  andere  wurden  vom  Autor  selbst  in  Musik 
gesetzt;ff)  deutlich  erklärt  derselbe:  in  Auto  da  Sihilla  y>cantiga  feita  e  ensoada 
pelo  autor&  und  in  der  Sistoria  de  Dens  »romance  que  fez  o  mesmo  autor  ao 
mesmo  propositov..  Die  Tochter  Vicente's,  Paula  Vicente,  war  eine  gute  Musikerin 
und  da  sie  bei  den  Werken  ihres  Vaters  mitarbeitete,  wäre  es  wol  möglich, 
dass  die  Musik  von  ihr  herrührte. 

Der  Einfluss  des  Conciliums  zu  Trient  begann  nun  aber  bald  sich 
fühlbar  zu  machen.      1538  wurde  durch  ein  Decret  des  D.  Joäo  III.,  jegliches 


*)  Seit  zwei  Jahrhunderten  war  das  Kastilische  in  der  Literatur  Portugals  in  der 
Mode,  vornehmlich  für  die  Dichtungen,  die  für  die  Musik  bestimmt  waren.  Einer  der 
Nachahmer  des  Gil  Vicente  —  Jorge  Ferreira  de  Vasconcellos  —  beklagt  sich, 
dass  man  die  portugiesischen  trovas,  obgleich  sie  den  kastilischen  oft  voranstäuden, 
verachte  [Äuleqraphia,  Ausg.  von  1619,  p.  661,  und  später  entschuldigt  sich  Manuel  de 
Pinho  in  der  Vorrede  des  zweiten  Theiles  seiner  rilhancicos  (1618)  zwei  oder  drei  vil- 
hancicos  über  portugiesische  Worte  in  Musik  gesetzt  zu  haben,  indem  er  anerkennt,  dass 
»der  Christus  U.  H.  weder  portugiesisch  noch  castilisch  sei!« 

**)  Estudos,  cap.  V. 
***)  Es  sind  folias,  chacotas  und  im  Auto  da  Sihilla  Cassandra  ein  hailado  de  ter- 
reiro  de  tres  por  tres. 

j)  Eine  französische  chanson  fing  an:  Ay  de  la  noble  villa  de  Paris  ....  Obras 
Bd.  I,  p.  92. 

tf)  Vasconcellos.    3Ius.  port.,  t.  I.  p.  118,  glaubt  zu  wissen,  dass  Gil  Vicente  auch 
Kirchenmusikstücke  geschrieben  habe. 


Portugiesische  ^[u.sik.  517 

auto  profanen  Inhalts  bei  religiösen  Ceremonien  verboten,  auch  erschienen 
von  dieser  Zeit  bis  1585  eine  ganze  Reihe  Verordnungen  der  Geistlichkeit, 
welche  diese  in  mehreren  Diöcesen  des  Königreiches  und  der  Inseln  bekannt 
machten,  und  durch  welche  sie  ihrerseits  ganz  wie  es  1505  das  Conciliuin  zu 
Toledo   in   S2)anien*)   gethan  hatte,  die  Auto's   untersagte. 

Die  Verfassung  des  Bisthuras  zu  Coimbra  (1591)  ging  noch  weiter  und 
verdammte  in  gebieterischer  Form  sogar  die  hieratischen  au  tos.  Ungeachtet 
dessen  bestand  der  Gebrauch  weiter  fort  und  die  Iiisulana**)  theilt  uns  mit, 
dass  zu  Madeira  im  17.  Jahrhundert  die  Prozessionen  zusammengesetzt  waren 
aus:  ....  joijos,  danpas,  mascaras,  J'olias,  canas,  toitros,  comedias,  sacros  cantos, 
artißciosos  fogos  e  actos  sanctos  .... 

Zu  Braga  in  Minho  führte  1729  eine  Prozession  unter  Anderem  einen 
Tanz  (bayle)  mit  Menuetten,  Arien,  Duos  u.  s.  w.  aus,  und  nach  Theoph. 
Braga***)  hätte  sich  der  Gebrauch  der  autos  sacramentaes  unter  dem  Land- 
volk auf  den  Azoren,  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten. 

Den  Verfolgungen,  welche  gegen  die  weltlichen  Theatervorstellungen  ge- 
richtet waren,  folgte  sehr  bald,  1536,  die  Einführung  der  Inquisition.  Die 
ersten  drückenden  Massregeln  reichen  bis  in's  Jahr  1541  zurück,  und  durch 
den  Index  der  vom  römischen  Hofe  verbotenen  Bücher  von  1564,  1581  und 
1597,  und  vor  allem  des  von  1624  t)  wurde  ein  guter  Theil  der  dramatischen 
Literatur  des  Landes  unterdrückt.  Aber  trotz  dieser  Verfolgungen  blühte  die 
Schule  des  Gil  Vicente  während  der  ganzen  Dauer  des  16.  Jahrhunderts 
fort,  soviel  Saft  und  Lebensfähigkeit  war  in  der  National-Literatur  vorhanden. 
Im  folgenden  Jahrhundert  warf  seine  Schule  noch  einige  Strahlen  auf  die 
öffentliche  Schaubühne  in  Lissabon,  genannt  Pateo  das  Areas  (1591 — 1755) 
und  zu  Santa  rem  mit  den  Stücken  des  Mulatten  Pires  Gonge.  Als  letztes 
L'eberbleibsel  des  portugiesischen  nationalen  Theaters  ist  das  Stück  des  berühm- 
ten D.  Francisco  Manuel  de  Mello  anzusehen,  betitelt:  Auto  do  Fidahjo  Aprendiz 
(1641).  Vom  Ende  des  17.  Jahrhunderts  an  prädominirt  der  spanische  Ein- 
fluss,  was  ohne  Zweifel  mit  der  Ankunft  der  besten  Truppe  von  Madrid,  in 
Lissabon   1672,   im   Zusammenhange  steht. 

Gleichlaufend  mit  dieser,  im  eigentlichen  Sinne  komischen  Schaubühne, 
bestand  in  Portugal  noch  ein  Genre  dramatischer  Vorstellungen,  die  zu 
gleicher  Zeit  weltlich  und  kirchlich  waren,  und  eine  der  originellsten  Seiten 
in  der  Geschichte  des  musikalischen  Dramas  bilden.  Wir  wollen  vom  drama- 
tisirten  vilhancico  sprechen,  sehr  verschieden  von  der  italienischen  Oj^er, 
deren  Ursprung  klassisch  ist,  während  derjenige  des  vilhancico  rein  volksthüm- 
licher  Natur  ist,  im  Dunkel  der  Zeiten  sich  verlierend.  Später  unterlag  das 
vilhancico  ein  wenig  den  Einflüssen  der  Formen  des  modernen  lyrischen 
Dramas,  welches  seinerseits  damit  endigte,  es  schliesslich  völlig  und  zwar  in 
ziemlich  ungestümer  Weise  zu  verdrängen.  Theoph.  Braga  ff)  schreibt  dem 
religiösen  Charakter  des  vilhancico  den  Umstand  zu,  dass  es  sich  zu  einer 
wirklichen  nationalen  Oper  nicht  hat  entwickeln  können.  Diese  Ansicht  ist 
indessen  um  so  weniger  annehmbar,  als,  wie  wir  sehen  werden,  das  vilhan- 
cico sich  verweltlichte,  nicht  allein  unter  der  Form  der  volksthümlichen 
loa,  sondern  auch  unter  derjenigen  rein  artistischer  Versuche,  die  vornehmlich 
in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  glücklich  zu  Stande  kamen.  Der 
Kampf  gegen    ein    so    entwickeltes    Genre,    wie    es    das    der    italienischen   Oper, 


*)  Acta  II,  cap.  2. 

**)  Waxel.  Alauns  frafos  etc.,  III.  Artikel. 
***)  J//.S-/.  do  theatro  fort.,  t.  II.  p.   119. 
7)  Die  Wirkung  diet^es  Index   wurde  1772  durch  den  Marquis  von  Pombal  auf- 
gehoben,   welcher   an    Stelle   desselben  ein  permanentes  Bureau   für  Censur   einrichtete 
(real  mesa  censoriai. 

tt)  Rist,  do  Tlieatro  port.,  t.  II,  p.  356. 


513  Portugiesische  Musik. 

im  Augenblicke  ihrer  Eiuführuug  in  Portugal  war,  verlangte  vom  Mitbewerber 
eine  grosse  musikalische  Befähigung,  die  sich  auf  eine  nationale  Musik  von 
ursprünglichem  Charakter  gründen  durfte.  Dies  ist  es,  was  zu  allen  Zeiten 
Portugal  gefehlt  hat;  daher  ist  auch  seine  dramatische  Musik  nicht  aus  den 
Windeln  gekommen  und  konnte  in  diesem  primitiven  Zustande  neben  der 
italienischen  Oper  eine  Mitexistenz  nicht  haben.  Die  Einführung  dieser  war 
das  Signal  für  das  Verschwinden  des  vilhancico,  sowol  des  kirchlichen,  wie 
des  weltlichen,  und  die  vorhandenen  Kräfte  des  Landes  begaben  sich  von  da 
an  in  den  Dienst  der  fremden   Schaubühne. 

Das  vilhancico  als  musikalisch  dramatische  Vorstellung  ist,  wie  Theoph. 
Braga*)  meint,  ein  Nachkomme  der  italienischen  Schäferspiele.  Wir  sind  nicht 
dieser  Ansicht,  sondern  glauben  vielmehr  dass  es  von  den  alten,  durch  die 
ungenannten  Autoren  der  aiitos  sacramentaes  und  durch  Gril  Vicente  er- 
weiterten  loas  und  villi ancetes  abstammt.  Das  zweite  Stück  von  diesem: 
Auto  pasioril  castelhmio  (1502)  wurde  bei  den  Weihnachtsfrühmessen  aufgeführt, 
ganz  wie  später  die  vilhancicos  und  enthielt  nicht  allein  am  Schlüsse  des 
ersten  Monologs  des  Gil  ein  Gesangstück,  sondern  auch  eine  cangoneta  und 
ein  spanisches  villancico. 

Aehnliche  Beispiele  sind  in  den  Werken  des  Schöpfers  des  portugiesischen 
Theaters  und  in  denen  seines  Nachfolgers  sehr  zahlreich  vorhanden.  Unter 
D.  Sebastiao  **)  führte  man  zwischen  jeder  Gebetsstunde  (Hora),  eine 
chan^oneta  aus,  und  nach  jedem  Nocturn  eine  comedia  oder  eine  farga; 
diese  wurde  immer  mit  Musik  beschlossen,  sogar  mit  einem  Gesänge  mit  Be- 
gleitung der  Guitarre.  Während  der  Reise  desselben  Königs  in  Spanien,  wurden 
die  Rollen  der  Priester  in  diesen  Stücken  von  Castraten  ausgeführt,  welche 
beispielsweise  bei  Gelegenheit  einer  Abendgesellschaft  beim  Herzog  von  Alba 
irmnitos  modos  de  vilancicos  e  chacotasa  ausführten.  Ist  dies  nicht  der  Keim 
zum  dramatisirten  vilhancico?  In  den  ersten  Jahren  der  spanischen  Herr- 
schaft erschien  dieses  nur  noch  wie  ein  losgelöstes  lyrisches  Stück,  so  wird  es 
in  den  verloren  gegangenen  Compositionen  von  Ledesma,  Juan  de  Luque 
und  Fernandes  gewesen  sein,  so  ist  es  aufbewahrt  (wenigstens  was  den  Text 
betrifft)  in  den  beiden  Sammlungen  der  vilhancicos  und  romances  des 
ministril  Manuel  de  Pinho,  gedruckt  zu  Lissabon   1615  und   1618. 

Während  der  spanischen  Herrschaft  kam  noch  ein  anderes  Genre  sceni- 
scher  Vorstellungen,  mehr  als  die  andern  in  Aufnahme.  Die  tragicome- 
dias,  welche  die  Jesuiten  in  ihren  Collegien  zu  Lissabon,  Evora,  Coimbra, 
Braga  und  auf  den  Inseln,  selbst  in  Brasilien***)  aufführen  Hessen.  Diese 
Geistlichen,  nachdem  sie  1578  die  italienischen  Schauspieler  aus  Lissabon f) 
hatten  vertreiben  lassen,  entfalteten  eine  der  prunkvollsten  Inscenesetzungen 
bei  den  grossen  von  ihren  Schülern  aufgeführten  Schauspielen,  ff)  Sie  nahmen 
darin  Tänze  und  Gesänge  in  portugiesischer  Sprache  auf,  während  die  Verse 
lateinisch  recitirt  wurden. 

1570  schrieb  der  Jesuit  Luiz  da  Cruz  den  Text  und  die  Musik  der 
Tragicomödie  Sedecias,    welche    erst   füufunddreissig  Jahre  später  veröffentlicht 


*)  Eist,  do  th.  fort.  t.  n,  p.  348. 

**)  Man  sehe  das  Fragment,  des,  dem  Viscondc  de  Juromenha  zugehöreudeu  Manu- 
scripts,  aufgenommen  in  den  Estudos  von  Waxel  ain  Ende  des  IV.  Cap. 

***l  Jose  Silvestre  Ribeiro.  Eist,  dos  estabelecimentos  scientißcos  etc.  t.  IV  (1874), 
\).  322.  Von  1559  an  führten  die  Jesuiten  zu  I5ahia  den  Unterricht  in  der  Musik  ein. 
In  den  Kirchen  der  Dörfer  indischer  Bekehrter,  war  seit  dem  17.  Jahrhundert  der  Men- 
suralgesang geübt  {canto  d'orgao).  Die  Flöten  und  die  Guitan-en  waren  daselbst  verbreitet. 
-f)  Man  sehe  Tragicae  comicaeque  actiones,  1605. 
tt'  Das  Prototyp  dieser  Stücke  waren  die  kastilischen  Zauberkomöilien  des  Portu- 
giesen 8imäo  Machado:  Comedia  de  Diu  und  Encanfos  de  Älfea,  welche  Theoph.  Braga 
{Eist,  do  th.  port.,  t.  I,  p.  293  u.  flg.)  als  unvollendet  und  nnaufführbar  bezeichnet,  während 
dem  nach  Alphonse  Royer  (Eist.  univ.  du  theutre,  t.  II,  p.  312)  das  zweite  dieser  Stücke 
in  Porto  mit  viel  Verwandlungen,  Maschinerien,  Ballets  und  Musik  aufgeführt  worden  ist. 


Portugic'dische  Musik.  519 

■wurde.  Der  Verfasser  sagt  in  der  Vorrede  seiner  Sammlung,  dass  bei  den 
Tragikomödien  immer  Flöten  zur  Anwendung  kamen  und  dass  diese  Stücke 
gewöhnlich  mit  grossen  Chören  beschloä.sen  wurden.  In  der  berühmten  Tragi- 
komödie, die  königliche  genannt,  aufgeführt  1610  im  Collegium  St.  Antonio  zu 
Lissabon  bei  Gelegenheit  des  Einzugs  Philipps  III,  in  diese  Stadt,  war  ein 
Chor  von  dreihundert  Stimmen  vorhanden.  Die  Musik  dieses  Stückes  wurde, 
wie  INI  im  OSO  Sardinha,  der  Geschichtsschreiber  dieser  Feste,  mittheilt,  von 
den  besten  IMusikern  Lissabons,  zu  denen  jedenfalls  der  Jesuit  Jose  Leite, 
selbst  Autor  der  allegorischen  ein  Jahr  später  aufgeführten  Tragikomödie  Anyola 
triumphantc,  gehörte,  in  sechsuudzwanzig  Tagen  compouirt.  In  dieser  letzteren 
ist   ein   Chor  bezeichnet:    »^e  vozes  e  de  instrumentos  muito  ajustadosa*^ 

Während  der  spanischen  Herrschaft  war  es  auch,  dass  die  villi ancicos 
sich  bis  zu  jenem  Punkte  entwickelten,  wirkliche  in  Musik  gesetzte  Comödien 
zu  sein.  Die  volksthümliche  Sphäre  verlassend  aristokratisirten  sie  sich,  und 
drangen  in  die  Kapellen  der  Paläste  ein.  Der  Herzog  von  Braganya  hatte 
sie  bereits  1637  oder  vielleicht  noch  früher,  in  seine  Privatkapelle  zu  A'illa 
Vi^osa  bei  Elvas,  aufgenommen,  indem  er  sie  bei  den  "Weihnachtsfrühmessen 
ausführen  Hess. 

Drei  Jahre  sjjäter  nahm  sie  D.  Joäo  IV.  von  Braganra,  als  er  König  von 
Portugal  wurde,  auch  in  die  königliche  Kapelle  zu  Lissabon  auf. 

Nach  der  Meinung  eines  spanischen  Aesthetikers**),  ist  das  vilhancico 
zu  allen  Zeiten  eine,  für  die  Musik  bestimmte  Dichtungsform  gewesen.  Theo^jh. 
Braga***)  setzt  indessen  voraus,  dass  gewisse  coplas  darin  recitirt  worden 
wären,  vornehmlich  alle  diejenigen  von  regelmässig  metrischer  Form.  Xach 
dem  äusseren  Ansehen,  so  wie  es  sich  schliesslich  in  der  zweiten  Hälfte  des 
17.  Jahrhunderts  darstellte,  war  das  vilhancico  aus  drei  Nocturnos  zusammen- 
gesetzt, deren  jedes  aus  zwei  vilhancetos  gebildet  war,  die  \vieder  aus  einer 
lutroduction,  einer  Romanze,  einem  estribilho  und  coplas  bestanden;  jede 
vilhancete  war  von  der  andern  durch  ein  Responsorium  geti'ennt. 

Die  Anzahl  der  Compositionen  dieses  Genres,  von  denen  man  nur  die 
Libretti  aufbewahrt  hatj),  war  sehr  gross;  in  dem,  1649  veröfientlichten 
Catalog  D.  Joäo  IV.  sind  2250  derselben  verzeichnet.  Beinah  die  Hälfte  ent- 
stammte der  Feder  nur  zweier  Componisten:  Fr.  Francisco  de  Santiago 
(f  1646),  ein  Barfüssermönch  von  Lissabon,  der  in  Sevilla  lebte,  und  574 
diese  Stücke  mit  Musik  versah,  und  Gabriel  Diaz,  wahrscheinlich  ein 
Spanier,  der  an  der  Kapelle  Philipps  IV.  Sänger  gewesen  warft)  und 
welcher  deren  497  in  Musik  setzte.  Die  andere  Hälfte  der  Sammlung  der 
vilhancicos,  welche  mit  der  königlichen  Bibliothek  zugleich  verschwand, 
war  aus  den  "Werken  von  vierundneunzig  Musikern  zusammengestellt,  von 
denen  einige  fünfzig  Portugiesen  waren,  die  übrigen  Spanier  und  einige 
Flamänder,  darunter  Gery  de  Ghersem.ffj)  Auch  in  den  vilhancicos  trat 
die  der  Schule  des  Duarte  Lobo  anhängende  Tendenz,  der  verwickelten  Formen, 
zu  Tage;  einige  des  Felipe  de  Magalhäes,  die  sich  iu  der  königl.  Bibliothek 
befanden,  waren  siebenstimmig.  Gegen  das  Ende  der  Regierung  des  D.  Joäo  IV. 
componirte,  dessen  Bibliothekar  Frovo  dergleichen  für  vier  und  sechs  Stimmen; 
unter   D.   Pedro  IL,   der   Epoche,    in   welcher   das   vilhancico   sich    in   seiner 


'1  Dies  Genre  von  Stücken  war  in  den  Jesuiten-CoUegion  bis  zur  Vertreibung  des 
Ordens  durch  I*ombal  üblich.  1753  wuivle  nocli  eines  derselben  im  Collegium  zu  Coimbra 
aufgeführt. 

**)  Reugifo.    Arte  poet.  esp.  cap.  29. 
***)  Hist.  do  fhcatro  porf.,  t.  II,  p.  H57. 
fl  Eine  enorme  Sammlung  dieser  Libretti    besitzt  die  Universitätsbibliothek  zu 
Coimbra;  cini'  andere  Marques.    Nach  der  Rechnung  Vasconeellos  hat  man  nicht  weniger 
als  532  Te.xte  von  rilhancicvs,  dii-  meisten  zu  Lissabon  und  zu  Evora  veriirtentliclit. 

77)  Soriano   Fuertes.     Ilint.   de  la   mux.  esp.,   vol  II,  ]).   l!S5.     D.  Joäo  IV.   lobt  iu 
seiner  Defensa  sehr  eine  Motette:  'Asstanpsif  Jesus>   von  Diaz. 
ftt)  Vasconeellos.    Ensaio,  ]t.  18. 


520  Portugiesische  Musik. 

besten  Blüte  befand,  schrieb  der  königliche  Kapellmeister  Lesbio  eine  beträcht- 
liche Menge  für  acht,  elf  und  sogar  zwölf  Stimmen. 

Der  Text  der  meisten  vilhancicos  war  kastilisch:  Von  denen  die  sich 
auf  der  königlichen  Bibliothek  befanden,  waren  von  2259,  2191  kastilisch.*) 
Manchmal  indessen  ist  spanisch  mit  portugiesisch  untermischt;  in  dieser 
Sprache  allein  waren  auf  der  Bibliothek  nur  37  vilhancicos  vorhanden,  beinah 
die  gleiche  Anzahl  in  einem,  mit  dem  galizischen  gemischten  Jargon,  58  die 
Sprache  der  Neger  parodirend,  14  baskische,  ein  maurisches  und  ein  franzö- 
sisches vilhancico.  Diese  Jargons,  welche  etwas  an  das  Latein  der  Mediziner  des 
Moliere  erinnern,  geben  sie  nicht  Zeugniss  von  dem  TJebergewicht  des  burlesken 
Elements  der  Stücke,  die  in  der  Kii-che,  in  den  Intervallen  der  verschiedenen 
Abtheilungen  des  Abendgottesdienstes  gespielt  wurden? 

Die  durch  das  Concilium  zu  Trient  erweckten  religiösen  Bedenken  waren, 
wie  wir  schon  erwähnten,  die  Quelle  jenes  Krieges,  der  gegen  das  profane 
Element  der  Volksvorstellungen  erklärt  wurde;  man  endigte  damit,  die  Angriffe 
auch  auf  die  kirchlichen  Stücke  auszudehnen,  die  trotz  des,  sie  auszeichnenden 
lasciven  Charakters  vom  Hofe  sehr  begünstigt  wurden.  Die  Thronbesteigung 
des  bigotten  Königs  D.  Joäo  V.  sollte  diesen  rigoristischen  Tendenzen  freien 
Lauf  verschaffen,  und  es  währte  nicht  lange,  so  wurde  dies  Genre  von  Vor- 
stellungen auf  seinen  Befehl  untersagt.  1723  wäre  nach  Marques**)  das  letzte 
vilhancico  in  Lissabon,  wo  dieses  Genre  von  1702 — 1722  auch  von  der  Brüder- 
schaft der  heil.  Cäcilie  sehr  cultivirfc  worden  war***)  gesungen  worden.  Von  1709 
an  waren  diese  Stücke  einigermassen  den  Formen  der  italienischen  dramatischen 
Musik  unterworfen;  man  nahm  arias  und  arietas  auf,  selbst  recitatifs, 
welche  übrigens  in  Portugal  schon  seit  der  Zeit  D.  Joao  IV.  bekannt  waren. 
Das  rein  kirchliche  vilhancico  oder  oratorio,  wie  man  es  nach  1722  nannte, 
welches  jedoch  mit  den  italienischen  Oratorien,  die  später  in  den  königlichen 
Theatern  zur  Aufführung  gelangten,  nicht  verwechselt  werden  darf,  bestand 
noch  einige  Zeit  fort. 

In  dem  Augenblick,  in  welchem  die,  gegen  das  weltliche  Element  der 
für  die  Kirche  bestimmten  Stücke  gerichteten  Verfolgungen  erneuert  wur- 
den, kehrte  das  vilhancico  in  der  Form  der  volksthümlichen,  dramatisirten 
loa,  welche  immer  gesungen  wurde,  zu  seiner  Quelle  zurück;  man  findet  diese 
im  18.  Jahrhundert  in  den  Klöstern  und  in  den  Collegien.  Auch  auf  die  ersten 
Versuche  der  dramatischen  Musik,  welche  in  Portugal  auftauchten,  übten  die  Tragi- 
komödien gleichen  Einfluss.  Die  Stücke  der  Jesuiten  lieferten  ihnen  die  Vorbilder 
für  die  Inscenirung,  so  wie  die  vilhancicos  die  für  die  Musikformen.  Die  Tänze 
welche  sowol  bei  den  Prozessionen  wie  bei  den  momos,  den  autos  des  Gil 
Vicente  und  den  Tragikomödien  der  Jesuiten  seit  langer  Zeit  gebräuchlich 
waren,  werden  wol  die  Kosten  aller  jener,  unter  D.  Joäo  IV.  unter  der  Benennung 
ballets  (bayles)  aufgeführten  Stücke,  bestritten  haben.  Thome  de  Tavora 
de  Abreu  schrieb  deren  vier,  unter  folgenden  spanischen  Titeln:  -oel  Marinero 
ferdidod;  »las  Quexas  de  Cynthiaa.;  -ola  Justicia  que  hiso  Parisa ;  «el  Galan  en 
SU  reHro(i;-f)  ob  sie  zur  Darstellung  gelangten  ist  jedoch  keineswegs  erwiesen, 
ebensowenig  von  jenen  Opern,  für  welche  in  derselben  Epoche  (gegen  1641) 
D.  Francisco  Manuel  de  Mello,  als  er  von  einer  Reise  nach  Italien  zurück- 
kam, die  Dichtungen  schrieb.  Theoph.  Braga  giebt  die  Analyse  eines  dieser 
Libretti,    betitelt  »Juicio  de  Paris«.jf)      Erst   im    18.  Jahrhundert   findet    man 

*)  Vasconcellos,  Ensaio,  p.  19. 
**)  A  Arte  musical  von  1875,  Nr.  56. 

***)  Die  Gründung  dieser  musikalischen  Gesellschaft,  welche  noch  besteht,  wird  dem 
Pedro  Thalesio  zugeschrieben.  Er  wird  sie  vor  seiner  Ernennung  zum  Professor  der 
Musik  in  Coimbra,  1613,  ins  Leben  gerufen  haben.  Siehe  Vasconcellos.  Mus.  porf.  t.  II,  p.  191. 
t)  Th.  Braga.  Hist.  do  th.  fort,  t.  II,  p.  349. 
tt)  Item  p.  351  u.  flg.  Derselbe  Autor  bringt  (ö.  350)  eine  der_  seltsamsten  That- 
sachen  zum  Vorschein,  die,  wüsste  man  ihren  Ursprung,  Licht  auf  eine  der  dunkelsten 
Partien  in  der  Geschichte  der  Entstehung  der  Opern  werfen  würde.     Bis  dahin  kannte 


Portugiesische  Musik.  521 

bestimmte  Hinweise,  iibei-  Darstellungen  lyrischer  Stücke,  die  dem  Typus  der 
dramatisirten  10a  sehr  nahe  kommen.  Ihr  Verfasser  war  der  Abt  Luiz 
Calisto  da  Costa  e  Faria,  ein  Portugiese  (geboren  in  Guarda  1679),  die 
Libretti  jedoch  waren  kastilisch,  ganz  wie  diejenigen  der  vilhancicos.  Das 
erste  Stück  von  Costa  e  Faria  wurde  zum  Namenstage  des  Königs  D.  Joao  V. 
am  24.  Juni  1712  am  Hofe  der  Königin  Marie  von  Ocstreich  aufgeführt  und 
hiess:  vFahula  de  Alfeo  e  Arcfusa«.  Auf  dem  unteren  Titelblatt  des  erhaltenen 
Libretto  steht:  yyj'esta  harmonica  con  toda  la  variedad  de  insfrumienlox  tnusicos«. 
Am  22,  Oktober  des  folgenden  Jahres,  dem  Geburtstage  des  Königs,  führte 
man  im  königlichen  Palast  ein  "neues  Stück  desselben  Autors  auf:  nEl  poder 
de  la  Harmoiiiaa,  bezeichnet  als  nfiesta  de  zarzuda<i.  Theoph.  Braga*)  giebt  an: 
noch  Kenntniss  von  einer  anderen  zarzuela  desselben  ^Musikers  zu  haben, 
welche  1716  im  Kloster  der  Sta.  Clara  in  Lissabon  aufgeführt  wurde.  Man 
darf  aber  auch  nicht  vergessen,  dass  nach  Barbosa  Machado  dieser  Componist 
gleicherweise  auch  die  Musik  zu  den  letzten  vilhancicos  schrieb,  welche  in 
Lissabon  von   1710 — 1723  gesungen  wurden.**) 

Der  Eiufluss  der  Tragikomödie  der  Jesuiten,  vereinigt  mit  dem  ersten 
Leixchten  der  italienischen  Oper  im  Lande,  liess  etwas  später  ein  neues  Genre 
von  lyrischen  Vorstellungen,  diesmal  in  portugiesischer  Sprache  entstehen, 
welche  bis  zum  heutigen  Tage  in  der  Geschichte  des  portugiesischen  Theaters 
unter  dem  Xamen  y>Operas  do  Judeui  (Opern  des  Juden)  berühmt  sind.  Der 
Verfasser  dieser  Stücke  war  der  Advokat  Antonio  Jose  da  Silva  (1705  bis 
1739),  ein  getaufter  Jude  aus  Brasilien,  welches  Land  er  im  Alter  von  acht 
Jahren  verlassen  hatte.  Seine  Familie  war  von  der  Inquisition  verfolgt  worden, 
er  selbst,  nachdem  er  zwei  Jahi'e  in  den  Kerkern  des  Ketzergerichts  in  Lissabon 
zugebracht,  wurde  lebendig  verbrannt.  Und  dies  war  im  18.  Jahrhundert,  das 
bedeutendste  Talent  des  portugiesischen  Theaters! 

Ira  Theatre  do  Bairro  Alto  wurden  von  1733 — 1738  acht  Stücke  dieses 
Antonio  Jose  da  Silva***),  welche  einen  allgemeinen  Erfolg  errangen,  aufgeführt; 
das  eine  derselben  -nGuerras  de  Alecrim  e  Mangeronaa,  ein  ausgezeichnetes  Bild 
portugiesischer  Sitten,  erhielt  sich  bis  1787  auf  dem  Repertoir.  Diese  Stücke 
waren  grosse  Ausstattungsstücke,  wie  die  Tragikomödien  der  Jesuiten;  die 
besten  Dekorateure  von  Lissabon,  Simäo  Nunes  an  der  Spitze,  sorgten  für 
Dekoration  und  Maschinerie.  Jedoch  waren  die  Judenopern  Komödien,  in 
denen  der  Musik  ein  breiter  Platz  eingeräumt  war.  Wie  die  spanischen  aus  zwei 
oder  drei  Akten  bestehend,  unterschieden  sie  sich  von  den  kastilischen  Komödien 
durch  die  Verbindung  der  Recitation  mit  dem  Gesänge:  man  schaltete  modin- 
has  ein,  portugiesische  Romanzen,  welche  sich  in  Brasilien  unberührt  von  jedem 
fremden  Einfluss  erhalten  haben.       Die  Popularität  der  italienischen   Oper  seit 


man  die  Autoren  von  Orfeo  ed  Euridice,  1647  am  Hofe  Ludwig  des  XIV.  aufgeführt, 
nicht.  Chouquet  {Rist,  de  la  mus.  dram.  en  France,  p.  92)  beweist,  dass  es  Oifeo  von 
Montevorile  nicht  gewesen  ist.  Th.  Ikaga  nun  orklärt,  dass  der  Autor  tlieser  "musika- 
lischen Tragödie .  der  berühmte  portugiesisrhe  Franziskaner  Fr.  Fraucisco  de  St.  Agostinho 
de  Macedo,  Professor  der  Philosophie  in  Padua,  gewesen  sei. 
*l  Eist,  do  th.  port.  t.  III,  p.  330. 

**  I  Ebensowol  am  Pateo  da  Rua  dos  Condes  als  am  Theater  do  Bairm  Alto,  befanden 
sich  in  jener  Epoche  Truppen  spanischer  Schauspieler.  Zu  der  einen  derselben  gehörte 
wahrscheinlich  eine  Schauspielerin  von  Madrid,  Namens  Ganiarra,  berühmt  in  Lissabon 
durch  ihre  Schönheit  und  galanten  Abenteuer.  Sie  wird  —  und  das  ist  eins  der  urifiinell- 
sten  Zeichen  der  Zeit  —  den  Schleier  genommen  haben,  um  die  Maitresse  eines  Marciuis 
de  Gouvea  zu  werden,  denn  nach  dem  Tode  desselben  verliess  sie  das  Kloster  wieder, 
um  nach  Maih-id  zurückzukehren  und  ihre  Kiiustlercarriere  wieder  aufzunelmien.  Was 
die  portugiesischen  Schauspieler  dieser  Epoche  anbetrifft,  so  nennt  man  wol  einige,  aber 
Antonio  Jos6  beklagt  sich  über  ihre  Rohlieit  und  ihren  Mangel  an  Cultur. 

***)  ll  Vida  do  grande  D.  Qui.rofe  de  la  MaiicJni  (17331;  21  JCsupiada  (11341;  3)  os 
Encantos  de  Medea  (1735);  4)  Anip/ii/friöen;  b)  Lahyrintho  de  Creta  (1786);  6)  Guerra^ 
de  Alecrim  e  Manqerona;  7i  as  Var'iedades  de  Prof'eo  (17371;  8)  Preripicio  de  Phaefonfe 
(1738).  Wahrend 'der  Arbeit  dieses  letzten  Stückes  wurde  Antonio  Jose  in  den  Kerker 
geworfen. 


522  Portugiesische  Musik. 

1735  durch  die  Truppe  Paghetti's,  bewirkte  übrigens,  dass  Antonio  Jose 
auch  seinerseits  von  der  nationahjn  Fährte  ablenkte:  seine  letzten  Stücke  ent- 
halten bereits  Arien  im   italienischen  Geschmack. 

Diese  Tendenz  nahm  an  demselben  Theater,  in  den  Jahren  welche  dem 
Martertode  des  Autors  der  Opern  des  Juden  folgten,  sehr  bedeutende 
Dimensionen  an:  Alexander  de  Lima  und  andere  Arrangeure,  brachten 
daselbst  Nachbildungen  der  Libretti  von  Metastasio  und  von  Apostolo  Zenp 
zur  Aufführung,  indem  sie  ab  und  zu  ein  vollksthümlich  komisches  Element 
mit  aufnahmen.  Schon  vor  dem  Erdbeben  beklagte  der  Dichter  Glar^ao  in 
seinem  Theatro  Novo  die  leidenschaftliche  Liebhaberei  für  das  Melodramatische, 
als  etwas  aus  der  Fremde  herstammendes  und  seufzte  um  die  Existenz  eines 
nationalen  Theaters;  aber  weder  sein  Protest  noch  die  Anstrengungen  der 
Arcadia,  einer  literarischen  Gresellschaft,  welche  während  der  zwanzig  Jahre, 
die  dem  grossen  Zusammensturz  von  1755  folgten,  bestrebt  war,  das  nationale 
Theater  wieder  zu  erneuern,  konnten  die  Strömung  auflialten,  und  die  Nach- 
ahmung des  Italienischen  herrschte  beinahe  ungetheilt,  einmal  in  den,  in  Prosa 
geschriebenen  Stücken  des  Rocha  e  Saldanha,  geschmückt  mit  modin has, 
aber  sehr  entartet  durch  den  herrschenden  italienischen  Stil,  und  dann  durch 
die  grossen  Spektakel- Stücke  des  Nicolau  Luiz.  Das  nationale  Schauspiel  ging, 
wie  man  sieht,  nicht  aus  dem  Vaudeville  oder  der  Feerie  mit  Musik  hervor. 
Selbst  viel  später  noch  als  Marcos  Antonio  den  Versuch  machte,  an  dem  neuen 
Theater  des  Salitre,  welches  1782  von  Simäo  Nunes  erbaut  wurde,  portugiesisch 
singen  zu  lehren,  gelangte  man  nicht  dazu,  eine  ursprünglich  portugiesische 
Oper,  sei  es  auch  nur  eine  komische,  zu  schaffen.  Wir  werden  in  der  Folge 
noch  darauf  zurückkommen,  nachdem  wir  uns  zuvor  noch  mit  dem  Historischen 
der  Einführung  und  der  Entwickelung  der  italienischen  dramatischen  Musik 
in  Portugal  beschäftigt  haben. 

Theophil  Braga,  welcher  die  italienischen  Schäferspiele  aus  dem  Ende 
des  15.  Jahrhunderts  für  die  Vorläufer  der  Oper  ansieht,  nimmt  an,  dass  Sä  de 
Miranda,  indem  er  gegen  die  Mitte  des  16.  Jahi'hunderts  im  solar  von  Perei- 
ras  eine  seiner  Eklogen  (Nr.  7)  zur  Aufführung  brachte,  die  dramatische 
Musik  im  Genre  der  Schäferspiele*)  in  Portugal  eingeführt  habe,  was  eine 
reine  Hj'pothese  ist.  Eine  andere,  noch  weniger  annehmbare,  würde  die  sein, 
dass  die,  gegen  1578  durch  den  Einfluss  der  Jesuiten  vertriebene  italienische 
Truppe,  Opern  aufgeführt  hätte.  Man  darf  nicht  vergessen,  dass  Dafne  von 
Peri  erst  1594  gespielt  wurde  und  dass  diese  Art  von  Schauspiel  dem  Publikum 
erst  im  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  zugänglich  wurde.  Die  vocale  Kammer- 
musik der  Italiener  war  längst  in  Lissabon  bekannt  und  die  "Werke  (1665) 
von  Francisco  Manuel  de  Mello  enthielten  yi Madriffales  para  musica  al  modo 
ifalianoa,  ebenso  wie  nGancionetasa  und  nBalalas  al  modo  iialiano.v  Padilha**) 
erklärt,  dass  1682  bei  Gelegenheit  der  Anwesenheit  des  Herzogs  von  Savoyen 
in  Lissabon  »man  zum  erstenmale  italienische  Musik  gehört  habe,  die  damals 
so  verlacht  worden  wäre,  wie  sie  seitdem  beliebt  wurde«.  Das  werden  vielleicht 
Fragmente  von   Opern  gewesen  sein. 

Im  ersten  Viertel  des  18.  Jahrhunderts  findet  man  sehr  bestimmte  Hin- 
deutungen auf  italienisch-lyrische  Vorstellungen,  die  jenen  spanischen  Zarzuelas, 
welche  am  Hofe  des  D.  Joäo  V.  an  den  Geburtstagen  von  den  Mitgliedern  der 
königl.  Familie  aufgeführt  wurden,  auf  dem  Fusse  folgten.  Dieser  Gebrauch 
wurde  im  Laufe  des  ganzen  Jahrhunderts  aufrecht  erhalten,  nur  dass  von 
1720  an  die  spanischen  Stücke  durch  italienische  Cantaten  und  Serenaden 
ersetzt  wurden.***)  1724  sang  der  berühmte  Castrat  Farinelli  bei  der  portu- 
giesischen   Gesandtschaft    in    Rom    eine    Oper    von     Gasparini;    der    Hof    von 

*)  jffist.  do  theatro  port.,  t.  II,  p.  335. 

***)  //  Trionfn  della  virtu  1,1120)^  le  Ninfe  del  Tago  (^1123),  Dramma  pasforale  (1126) 
und  gli  Sogni  amorosi  (1728). 


rortugiesischo  Mu-ik.  523 

Portugal  wird  davon  Kenntnlss  erhalten  haben ;  auch  uiiterniihra  im  darauf- 
folgenden Jahre  der,  seit  1721  in  Lissabon  wohnhafte  grosse  Clavierspicler 
Domenico  Scarlatti  eine  Reise  nach  Italien*).  Bald  darauf  kam  er  wieder 
zurück  und  befand  sich  in  der  Eigenschaft  eines  königlichen  Kapellmeisters 
noch  1728  dort.  Er  stand  an  der  Spitze  eines  Orchesters  von  einigen  dreissig 
Musikern,  fast  siimmtllch  Fremde  (Italicner,  Spanier,  Czechen,  Franzosen)  und 
eines  Chores  von  dreissig  bis  vierzig  Stimmen,  meistens  Italienern.**) 

Nach  der  Ansicht  von  Yasconcellos***)  wäre  es  Domenico  Scarlatti 
gewesen,  welcher  in  Portugal  die  wirkliche  italienische  Oper  eingeführt  hättet), 
es  ist  uns  jedoch  kein  Titel  eines,  unter  seiner  Direktion  zur  Aufführung  ge- 
kommenen lyrischen  Dramas  bekannt  geworden  (die  vorerwähnten  "Werke  waren 
nur  Cantaten).  Barbosa  INIachadott)  erw.ihnt,  ohne  sie  namhaft  zu  machen, 
sieben  Opern  »für  sechs  Stimmen  und  Orchester«,  componirt  von  einem  "Würden- 
träger der  Kirche  des  Patriarchen  zu  Lissabon,  Antonio  Teixeira,  der  in  Rom 
seine  Ausbildung  erhalten  hatte.  Diese  Opern  wurden  mit  vielem  Erfolg  in 
den  Jahren  von  1728 — 1740  aufgeführt.  Aus  derselben  Zeit  sind  noch  die 
Titel  zweier  Opern  eines  anderen  portugiesischen  dramatischen  Componisten, 
Francisco  Antonio  d'Almeida  (in  Musicos  portuguezes  von  "Vasconcellos 
weggelassen),  erhalten:  y>la  Finta  pazzaa  und  r>la  Spinalba  o  vero  il  vecchio 
matOK,  die  erstere  wurde  am  Hofe  im  Carueval  1735  und  die  zweite  am 
4.  November  1739  zur  P^inweihung  des  königlichen  Theaters  von  Ajudaftf) 
aufgeführt.  Dies  wäre  alles  was  wir  von  der  königlichen  Bühne,  vor  der  An- 
kunft  des   David  Perez    im  Jahre  1752,  zu  berichten  wüssten. 

Gerade  in  diesen  Zeitabschnitt  füllt  das  Erscheinen  einer  ersten  öflfent- 
lichen  und  privaten  italienischen  Opern-Truppe  in  Lissabon,  die  daselbst  glänzte. 
Dieser  Umstand  dürfte  zur  Genüge  beweisen,  eine  wie  geringe  Thätigkeit  in 
dieser  Epoche  von  der  königlichen  Hofbühue  entwickelt  wurde.  Ganz  Lissabon 
scheint  von  diesen  italienischen  Vorstellungen  völlig  hingerissen  worden  zu 
sein  und  wie  wir  schon  gesagt  haben,  wählte  der  König  aus  dieser  Truppe 
eine  der  untergeordneten  Sängerinnen  zu  seiner  Geliebten.  Diese  Truppe  nun 
kam  1735  von  Madrid*!)  und  richtete  sich  alsbald  im  Theater  da  Trindade, 
einem  Kloster  gegenüber  gelegen,  welches  denselben  Namen  führte,  ein.  Das 
unternehmen,  welches  von  einem  Alessandro  Paghetti  aus  Bologna  geleitet 
wurde,  nannte  sich  Academia  de  musica,  während  das  Volk  kurzweg  Companhia 
das  Faquefas  sagte.  In  der  That  befanden  sich  an  der  Spitze  der  Truppe 
vier  Sängerinnen,  mit  dem  Namen  Paghetti  (die  besten  von  ihnen  waren  Elena 
und  Angela).**!)     Die  erste  von  der   Truppe   aufgeführte    Oper  hiess   Farnace 


*l  Fetis.    Biof/r.  univ.  t.  "VII,  p.  432. 

**l  "Walter.  ]\lus.  Lex.  Leipzig  1732,  p.  488.  Wir  haben  gesehen,  dass  fünfzehn 
Jalire  später  die  königliche  Kapelle  bereit«  einen  Chor  von  130  Siuimen  besass.  Was 
das  Orchester  des  Hofes  während  der  Epoche  der  riUiancico-f  betrifft,  so  besttiml  es  nur 
aus  zwei  Orgeln,  einer  kleinen  Anzahl  Saiteninstrumente  und  einen  oder  zwei  Blas- 
insb-umenten  (Hörn  mid  Trompete).  1761  unter  Direktion  von  Perez  bestand  das  Orchester 
aus  48  Musikern.  Hundert  Jahre  später  bestand  das  von  S.  Carlos  aus  .ö4  Musikern, 
24  Militairumsikern  und  45  Choristen  beiderlei  Geschlechts. 

***)  Eiixaio  p.  74. 
YI  1729  folgte  Dum. Scarlatti  seincrSchülerin,  der  Infantin  1).  Barbara  von  Portugal, 
Prinzessin  von  Asturien,  spätere  Königin  von  Spanien,  Proteetorien  desFarinelli.  nach  Madrid. 

tt)  Bibl.  hisif.,  liil.  IV.  p.  ()1. 
777)  1738  führte   mau  von  Almeida  in  der  itidienischcn  Oper  der  Rua  dos  Cordes, 
eine  Serenade  auf:    la    l'irfu   frionfaiife.     Es  scheint  dass  la  Spinalha  daselbst  ebenfalls 
zur  Aufführung  kam. 

*Yi  Fonseca  Benevides.    A  JUusica  in  Arch.  pitt.  von  1866. 

**-;-)  Die  italienisclie  Piivatbiihne  besa.ss  bis  1740  zahlreiche  Sänger,  unter  denen 
sich  aber  berühmte  nicht  befanden.  Valleti  nannte  sich  nichts  destoweniger  Kaunner- 
sänger  des  Herzogs  von  Toscaua.  1740  erschien  l'io  Fabri,  der  kein  anderer  als  der  be- 
rühmte bolognesische  Tenor  Balino  war,  ein  Sclüiler  I'istocehi's  und  später  zur  königl. 
Kajjelle  gehörend.     Er  starb  17G0  in  Lissabon. 


524  Portugiesische  Musik. 

(1735),  wahrscheinlich  von  der  Composition  des  Caldara.*)  Der  Tod  einer 
Infantin  wurde  Veranlassung  zu  einer  Unterbrechung  der  Vorstellungen  von 
IMitte  des  Jahres  1736  an,  die  dann  mit  um  so  mehr  Geräusch,  mit  Alessandro 
neir  In  die  von  dem  Bologneseu:  Gaetano  Maria  Schiassi,  Kammercompositeur 
des  Herzogs  von  Darmstadt,  der  der  Truppe  als  Kapellmeister  zugehörte, 
wieder  aufgenommen  wurden.  Noch  zwei  andere  Opern  dieses  Kapellmeisters 
gelangten  zur  Aufführung:  Demofoonte  (1737)  und  Demetrio  (1739).  Im 
Ganzen  kennt  man  neunzehn  Opern,  die  bis  zum  Eintritt  des  Erdbebens  von 
dieser  Truppe  gesungen  wurden;  zwei  derselben  gehören  dem  Leonardo  Leo 
an  (Siface,  1737,  und  Sesostris,  1738),  zwei  oder  drei  dem  Caldara,  zwei 
dem  Rinaldo  di  Capua,  andere  den  Sala,  Giacomelli  u.  s.  w.  Die  meisten 
dieser  Opern  wurden  in  den  Jahren  von  1736 — 1741  gegeben.  Zu  dieser  Zelt 
spielte  auch  eine  beständige  Truppe,  welche  zuerst  von  Paghetti,  dann  von  1740 
an  von  Antonio  Ferreira  Carlos  geleitet  wurde.  Diese  Impresarii  zahlten 
seit  1737  jährlich  siebenhundert  Milreis  an  das  Allerheiligen-Hospital,  das  von 
1588 — 1762  den  Nutzen  eines,  ihm  von  Philipp  II.  octroyirten  Privilegiums 
genoss.**)  Die  Truppe  Pagbettis  verliess  1738  das  Theater  Trindade  und 
richtete  sich  im  alten  Pateo  dos  Condes,  später  Theater  das  Hortas  oder 
da  Rua  dos  Condes  genannt,  ein.  (Vorübergehend  fanden  auch  italienische 
Opernvorstellungen  im  Theater  do  Bairro  Alto   statt,  namentlich   1754). 

Hier  sind  wir  nun  bei  der  Glanzepoche  der  italienischen  Oper  in  Lissabon 
angelangt,  welche  unter  der  Regierung  D.  Jose  I.  (1750 — 1777)  zu  einer 
Höhe  des  Glanzes  gelangte,  welche  beinahe  ohne  Beispiel  ist.  Der  Marquis 
von  Pombal  um  seine  Machtstellung  sehr  besorgt  und  bestrebt,  sowol  den  König 
wie  die  Aristokratie  von  den  Staatsangelegenheiten  abzulenken,  versäumte 
nichts,  um  durch  den  Prachtaufwand  der  Schauspiele,  die  er  bot,  den  Hof  zu 
blenden  und  zu  verführen.  1752  Hess  er  in  der  Eigenschaft  eines  königlichen 
Kapellmeisters  einen  neapolitanischen  Componisten  David  Perez  (1711  bis 
1778),  welcher  zu  dieser  Zeit  in  Italien  eine  aussergewöhuliche  Beliebtheit 
genoss,  nach  Lissabon  kommen.  Er  führte  sich  mit  der  Oper  Demofoonte  ein, 
und  setzte  sich  mit  einem  Schlage  an  die  Spitze  des  Musiklebens  in  Lissabon. 
Wenn  man  die  Stufe  des  Talentes  beider  Meister  ganz  ausser  Vergleich  lässt, 
so  darf  man  sagen,  dass  David  Perez  der  Hauptstadt  Portugals  das  war, 
was  Händel  der  Englands  gewesen  ist.  Er  consolidirte  die  italienische  Oper, 
brachte  fünfzehn  neue  Oj^ern  seiner  Composition  zur  Aufführung***)  und  zeichnete 
sich  zugleich  auf  dem  Gebiete  der  Kirchenmusik  aus,  für  welches  Genre  er 
überhaupt  mehr  Talent  gehabt  zu  haben  scheint,  als  für  die  dramatische 
Musik.  Wie  Händel  in  England,  so  blieb  Perez  in  Portugal  bis  zu  seinem 
Tode  im  Dienste  seines  Adoptivvaterlandes,  in  welchem  er  sechsundzwanzig 
Jahre  hindurch  gelebt  hatte.  Dem  grossen  deutschen  Meister  war  er  noch 
ähnlich  durch  seine  Corpulenz  und  seine  Vorliebe  für  eine  gute  Tafel;  er  starb 
in  Lissabon  erblindet,  jedoch  ohne  dass  dieses  Gebrechen  ihn  daran  verhindert 
hätte  zu  arbeiten,  da  er  ein  Mittel  entdeckt  hatte,  Musik  schnell  zu  diktiren. 
Portugal  verdankt  dem  David  Perez  die  Ausbildung  mehrerer  vorzüglicher 
Schüler,  darunter  Luciano  Xavier  und  Jose  Joaquim  dos  Santos,  sowie 
Antonio  da  Silva.  Auch  die  berühmte  Todi  wird  von  seinen  Rathschlägen 
Nutzen  gezogen  haben.      Er  erhob  die  königliche  Kapelle  wieder,   welche  nach 


*)  Es  ist  nicht  immer  möglich  die  Namen  der  Autoren  aufgeführter  Opern  anzu- 
geben, die  Libretti  kommen  nicht  in  Frage  und  derselbe  Text  diente  einer  Unzahl 
von  Componisten. 

**)  Nogueira.  Archeologia  do  theatro  portuguez  im  Jornal  do  Commercio  von  1866. 
***)  1)  nemofoonte  (1752);  2)  VEroe  cinese;  31  Ärtaserse  (1753);  4)  Adriane  in 
Siria;  b)  Ipermestra:  6)  Olimpiade  {1154) -^  1]  Alessandro  nelV  Indie  [llbb];  8)  Ä/roi?  ( 1756); 
9)  Enea  in  Italia  (1759);  10)  Giulio  Cesare  (1762);  11)  l'Isola  desahitata  (1767);  12)  Solimano 
(1768);  13)  Creusa  in  Belfo  und  141  Ritorno  di  Ulysse  in  Itaca,  Balletten  (1774)  und 
15)  VEroe  coronato  cantate  (17751.  Von  seinen  älteren  Opern  gab  man  noch  in  Lissabon : 
Didone  ahhandonata  (1753)  und  Demetrio  (1765).    Er  schrieb  im  Ganzen  25  Opern. 


Portugiesische  Musik.  525 

der  Katastrophe  von  1755  für  den  Augenblick  etwas  iu  l'norduuug  gerathen 
war,  und  brachte  daselbst  die  "Werke  Palestrinas  und  Handels  zur  Auf- 
führung. Auch  eine  Messe  von  Jomelli  wurde  gesungen,  von  ihm  selbst 
Responsorien,  Frühmessen  für  das  Todtenamt  (Matutini  de'  Morti,  gL'stochen 
iu  London    177-i)    und  ein   Te   Deutn,   welches   iu   Portugal   berühmt   blieb. 

Während  dieser  Epoche  stand  die  dramatische  Musik  allein  in  Blüthe, 
die  wunderbaren  Sänger  jedoch,  welche  Perez  vereinigt  hatte,  vertraten  Theater 
und  die  Kapelle.  Dies  war  vielleicht  einer  der  Gründe,  weshalb,  entgegen  der, 
bei  der  öHentlichen  Bühne  herrschenden  Praxis,  Frauen  am  Hoftheater  nicht 
auftraten.  Ihre  Partien  wurden  von  Castraten  gesungen,  welche  dort  eine 
bevorzugte  Stellung  einnahmen.  Mau  bezahlte  sie  sehr  hoch*)  und  die  berühm- 
testen haben  auf  der  Bühne  von  Lissabon  während  einer  Periode  von  fünfzehn 
bis  zwanzig  Jahren  fast  sämmtlich  gesungen,  mit  Ausnahme  von:  Senesino, 
Farinelli,   J'acchierotti   und  L.  Marchesi. 

Die  ersten  berühmten  Sänger,  welche  daselbst  erschienen,  waren:  der  schon 
früher  erwähnte  Tenor  Balino;  Giovanni  Angeli,  mit  dem  Beinamen 
Lesbina,  weil  er  nur  an  der  Kapelle  zu  Lissabon  gesungen**)  und  Giovac- 
chiuo  Conti,  berühmt  unter  dem  Namen  Gizzi eil o,  einer  der  grössten  Castraten 
des  18.  Jahrhunderts.  Das  erstemal  erschien  er  1743,  worauf  er  nach  Italien 
zurückreiste  und  iu  Neapel  mit  Caffarelli  rivulisirte.  1752  kam  er  nach 
Lissabon  zurück  uud  saug  im  Theater  da  Ajuda  in  nDemofoojitea  von  Perez  mit 
Anton  liaff,  dem  berühmten  deutschen  Tenor  (welcher  sich  am  Hofe  zu  Por- 
tugal von  1752  bis  zum  Monat  August  1755  aufhielt).***)  Gizziello  wird  Lissabon 
und  die  Bühne  Ende  des  Jahres  1753,  vor  der  Katastrojjhe,  verlassen  haben, 
um  sieb  in  Rom  niederzulassen.  Er  starb  daselbst  1761.  Dies  ist  die  Lesart 
von  Fetis.t)      Sie  scheint  uns  jedoch  nicht  exact. 

Mau  weiss,  dass  Gizziello  den  jungen,  später  sehr  berühmt  gewordenen 
Contraltisten  Guadagni,  nach  Lissabon  gezogen  hatte;  dieser  hatte  in  den 
Concerts  spirituels  zu  Paris  1754  geglänzt,  und  kam  hierauf  nach  Lissabon, 
wo  er  sich  während  des  Erdbebens  befand.  Es  wäre  demnach  möglich,  dass 
die  von  Burghf  j)  mitgetheilte  und  von  Fetis  widerlegte  Thatsache  dennoch 
glaubwürdig  sei:  das  Erdbeben  hatte,  wie  der  englische  Schriftsteller  angiebt, 
auf  Gazziello  einen  solchen  Eindruck  gemacht,  dass  er  die  Bühne  aus  freien 
Stücken  verliess  und  in  ein  Kloster  trat,  in  welchem  er  kurze  Zeit  darauf 
verstarb.  Auf  jeden  Fall  war  dieser  Sänger  einer  von  denjenigen,  die  in 
Lissabon  die  grösste  Sensation  hervorriefen.  Nach  der  Ausführung  einer 
Cantateftt)  beschenkte  ihn  der  König  D.  Jose  mit  einer  Henne  nebst  zwanzig 
Küchlein   aus   Gold. 

Auch  Caffarelli  erschien  in  Lissabon,  obgleich  seine  Biographen  davon 
nichts  sagen.  Es  ist  dieses  Stillschweigen  durch  den  Umstand  vielleicht  zu 
erklären,    dass  das  Erscheinen   Caffarellis  in  Lissabon  iu  die  Zeit  nach   seinem 


*1  Burney.  A  qen.  hisl.  qf  Mus.  t.  IV,  p.  570.  Caffarelli  und  Gizziello  erhielten 
jährlich  jeder  72,000  francs;  sie  sangen  nur  zwei  oder  drei  Monate  im  Jahre.  Der  Tenor 
Balbi  (oder  vielmehr  Baldi)  wird  für  zwei  Saisons  132,000  francs  erhalten  haben.  D.  Perez 
selbst  erhielt  50,000  francs  jährUch. 

**l  Fetis.    Bioffr.  univ.,  t.  I,  p.  107. 

***)  Mau  sehe  das  vorliegende  Mus.  Couvers.  Lexikon  t.  VIII.  i>.  226.    In  Por- 
tugal scluieb  man  Kaaf. 

j)  Biogr.  univ.,  t.  II,  p.  351. 
77)  Anecdotes  of  music,  t.  III,  p.  169. 
^77)  Fetis,  ebenso  wie  Vasconcellus,  Mus.  jiurt.,  t.  I,  p.  185,  sagen,  es  wäre  dies  bei 
Gelegenheit  der  Geburt  eines  der  Söhne  des  Köni^rs  gewesen:  D.  Jo.se  I.  hatte  aber  p\r 
keinen  Sohn.  Vasconcellos  begeht  auch  noch  i-inen  anderen  unbegreiHichcn  Irrthum. 
indem  er  ausführt,  die  besagte  Cantate  wäre  wahrscheinlich  die  von  Jomelli,  naeh  seinem 
Rücktritt  aus  seiner  Stellung  als  Ht)fka|)ellmi'i.ster  von  Würtemberg,  verlangte  gewesen. 
Dies  Ereigiiiss  fand  aber  1T6S  statt  (sielie  das  vorUegende  Miui.  Cunrcrx.  Le.rikon,  t.  V, 
p.  4731:  mindestens  dreizehn  Jahre  nach  der  Abreise  Gizziello's  aus  Lissabon  uud  sieben 
Jahre  nach  seinem  Tode. 


526  Portugiesische  Musik. 

Rücktritt  vom  Theater  fällt,  welcher  kurze  Zeit  nach  seiner  Reise  nach  Paris, 
im  Jahre  1750,  stattfand.  Nach  Buruey  war  es  gegen  1755  als  er  auf  dem 
königlichen  Theater  zu  Lissabon  erschien.*) 

Die  berühmte  Truppe,  welche  David  Percz  zusammengebracht  hatte,  bestand 
noch  aus  den  Tenören  Balino,  Elisi  (wahrscheinlich  der,  welcher  nachdem  in 
London  sang)  und  Balbi  (oder  vielmehr  Baldi,  vorher  in  London  bekannt.)**) 
Dieser  letztere  blieb  zwei  Jahre,  von  1753 — 55,  in  Lissabon.  Ferner  fanden 
zwei,  ihrer  Zeit  sehr  berühmte  Castraten  viel  Beifall:  Tommaso  Guarducci, 
ein  Schüler  des  Bernacchi,  dessen  einfacher  und  ausdrucksvoller  G-esang  in 
Lissabon,  Italien  und  London  viel  bewundert  wurde,  und  der  junge  Griovanui 
Manzuoli,  ein  Sopranist  von  vieler  Bravour,  der  sich  1753  noch  in  Madrid 
befand  und  zehn  Jahre  später  in  London  viel  Aufsehen  machte.  Es  ist  der- 
selbe, für  den  der  kleine  Mozart  in  Mailand  eine  Serenade  schrieb.***) 

Der  Gebrauch,  die  Geburtstage  der  königlichen  Familie  durch  dramatische 
YorstelluDgen  zu  feiern,  und  die  häufige  Verlegung  des  Hofes  aus  einem  Palast 
in  den  anderen,  Hess  das  Bedürfniss  hervortreten,  Schauspielhaussäle  in  den 
meisten  der  königlichen  Residenzen  zu  unterhalten.  Man  Hess  deshalb  1753 
den  berühmten  Dekorateur  Bibiena  (aus  Bologna)  von  Italien  kommen,  welcher 
mit  Hülfe  des  Azolini,  Berardi,  Ignacio  de  Oliveira,  Narciso,  Cunha,  Petronio 
Manzoni  und  den  berühmten  Maschinisten  Nicolas  Servandoni,  das  Theater 
Ajuda  wieder  aufbaute  und  das  Theater  Salvaterra,  in  der  Umgegend  von 
Santarem  gelegen,  neu  errichtete.  Endlich,  um  die  Vorstellungen  nicht  zu 
unterbrechen,  improvisirte  Bibiena  ein  Theater  in  der  Casa  da  India,  wo 
man  die  Oper  Demofoonte  von  Perez  wieder  aufnahm  und  Artaserse  desselben 
Componisten  neu  in  Scene  setzte.  Im  Laufe  des  Jahrhunderts  wurde  für 
derartige  Vorstellungen  noch  mehr  als  einmal  zu  dieser  improvisirten  Bühne 
Zuflucht  genommen. 

Das  Theater  von  Ajuda  wurde  in  demselben  Jahre  (1753)  mit  y>IEroe 
cinese<i-  von  Perez  feierlich  eingeweiht;  die  Eröffnung  des  Theaters  Salvaterra 
fand  ebenfalls  im  Jahre  1753  mit  y>Didone  abbandonata<.<~  desselben  Meisters  statt, 
welcher  sehr  bald  Fantesca  von  Hasse  folgte.  Das  Wunder  aller  "Wunder  war 
indessen  die,  von  Bibiena  im  königlichen  Palast  Pacos  da  Ribeira  zu  Lissabon 
erbaute  Bühne,  gewöhnlich  Opera  do  Tejo  genannt,  weil  sie  solcher  Gestalt 
am  Ufer  des  Tajo  gelegen  war,  dass  man,  nachdem  ein  Vorhang  aufgezogen 
worden  war,  eine  Scene  am  wirklichen  Meeresufer  darstellen  konnte.  Die  Opera  do 
Tejo  wurde  am  Geburtstage  der  Königin  am  31.  März  1755  t)  ™it  Älessandro 
nelV  Indie,  von  Perez  mit  einer  neuen  Musik  versehen,  eröffnet.  Es  zeichnete 
sich  dies  Theater,  dessen  Existenz  nur  sieben  Monate  gewährt  hatff),  durch 
einen  wunderbaren  Reichthum  scenischer  Ausstattungen  aus.  Die,  von  den 
berühmtesten  Kupferstechern  (Berardi,  Le  Bouteux,  Dourneau)  illustrirten 
Libretti  der  beiden  Opern  Metastasios;  Älessandro  nelV  Indie  und  la  Clemenza 
di  Tito,  welche  unter  Mitwirkung  der  grössten  Sänger  der  Epoche  aufgeführt 
wurden,  geben  eine  Vorstellung  jener  Pracht.ftt  I^i  der  ersteren  dieser  Opern 
erschien  ein  macedonischer  Zug,  der  nach  dem  Zeugniss  des  Cyrillo  Volk- 
mar  Machado*f),  vierhundert  Pferde  zählte! 

*)  Cyrillo  Volkmar  Machado.  Collecgäo  de  Memorias,  p.  129  cfiebt  es  ebenso  an. 
**)  Elisi  und  Baldi,  siehe  Grove,  A  Dict.  qf  music,  t.  I,  pp.  486  und  126. 
***)  Gegen  1755  befanden  sich  in  der  Truppe  des  Perez  noch  Domenico  Luciaui, 
Veroli,  Raina,  Gallieni,  Cinci,  Sänger  für  welche  biographisches  Material  fehlt.  Wir 
bedauern  den  ersten  Thcil  der  Chronoloqia  da  opera  em  Portugal  von  Marques  nicht  zur 
Hand  zu  haben,  welcher  es  uns  möglicn  gemacht  hätte,  mehrere  unbestimmt  gebliebene 
Thatsachen  festzustellen. 

j)  Bumey.    A  cjen.  Hisf.  of  mus.,  t.  IV,  p.  570. 
tt)  Man  hat  daselbst  nur  cfrei  Opern  gegeben:  Älessandro  von  Perez,  la  Clemenza 
di  Tifo,  des  jungen  bolognesischen  Componisten  Mazzoni,  und  Antigono,  von  einen  nicht 
genannten  Componisten  (vielleicht  Cafaro). 

ttt)  Vasconcellos.    Mus.  port.,  t.  I,  p.  182  und  flg. 
*t)    Collect,  p.  187. 


Portugiesisflie  Musik.  527 

Am  1.  November  1755  fand  das  schreckliche  Erdbeben  statt,  welches  einen 
grossen  Theil  der  Stadt  mit  sämmtlichen  Theatern  zerstörte  und  in  der  Kunst- 
geschichte Portugals  eine  so  düstere  Stelle  einnimmt.  Indem  das  Ereigniss 
die  musikalische  künigliche  Bihliothek  verschlang,  wurden  die  mu.sikalischen 
Compositionen  des  17.  Jahrhunderts  last  in  ihrer  (Tcsaniratheit  vernichtet  und 
verfielen  der  Vergessenheit.*)  Der  (ilanz  der  fremdländischen,  in  dies  Land 
verpflanzten  Kunst,  wurde  ebenfalls  verlöscht  und  zwar  dergestalt,  dass  trotz 
der  Anstrengungen  des  Hofes,  die  Oper  von  Lissabon  den  Glanz  der  letzten 
Tage  sobald  nicht  wiederfand.  Die  relative  Blüte  der  Jahre,  welche  der 
Katastrophe   folgten,  war  auch   nur  von  kurzer  Dauer. 

Der  Hof  hatte  sich  nach  Coimbra  geflüchtet,  seine  Architekten  jedoch 
machten  sich  an's  ^Verk  und  schon  vom  nächsten  Jahre  an  konnten  auf  einer 
improvisirten  Bühne  gemeinhin  o  barracäo  iVAjuda  genannt,  die  Vorstellungen 
wieder  aufgenommen  werden.  AVenigstens  wurde  »Siroe«  von  Perez  1756  am 
Hofe  zu  Lissabon  gespielt,  im  folgenden  Jahre  nSolimanoa  und  von  demselben 
Componisten  1759  »JEnea  in  Italiav  und  1762  y>Giulio  Cesare«^**)  Es  scheint 
indessen  als  habe  man  bis  1763  sich  der  provisorischen  Bühnen  bedient,  denn 
in  den  drei  königlichen  Theatern  von  Ajuda,  Siilvaterra  und  Queluz  fanden 
regelmässige  Vorstellungen  nicht  statt.  Das  königliche  Theater  zu  Queluz, 
erbaut  von  Ignacio  de  Oliveira,  wurde  1763  mit  y>Amante  ridicolo  deiusoit. 
von  Piccinni  eröff"net.  Die  Musik  dieses  Componisten  war  in  Lissabon 
sehr  beliebt;  in  Ajuda  und  Salvaterra  wurden  noch  acht  andere  seiner 
Opern  aufgeführt.  Die  beiden  letztgenannten  Theater  waren  während  der  letzten 
Regierungsjahre  des  Königs  D.  Jose  L  (f  24.  Februar  1777)  der  Pflege  der 
Musik  italienischer  Meister  gewidmet,  während  das  Theater  von  Queluz  von 
seiner  Entstehung  an  den  Erzeugnissen  der  portugiesischen  Tonkünstler  vor- 
behalten  wurde. 

Ehe  wir  uns  mit  diesen  letzteren  beschäftigen,  widmen  wir  dem  eigentlich 
italienischen  Repertoir  und  deren  Interpreten  einige  Zeilen.  Von  Gizziello, 
Caffarelli  und  Raff  ist  keine  Rede  mehr;  es  sind  mehr  oder  weniger  unbe- 
kannte Sänger,  welche  diese  grossen  Virtuosen  jetzt  ersetzen.  Unter  der  Truppe, 
welche  1765  am  königlichen  Theater  thätig  war,  findet  man  nur  einen  einiger- 
maassen  bekannten  Namen,  den  des  alten  Sopranisten  Jozzi,  der,  nachdem  er 
zwanzig  Jahre  in  London  gesungen  hatte,  sich  in  Amsterdam  als  Gesang-  und 
Clavierlehrer  nicderliess.***)  Alle  anderen  Künstler  befanden  sich  nicht  ein- 
mal im  Besitze  eines  vergangenen  Ruhmes.  Nichts  desto  weniger  blieben  mehrere 
lange   Zeit  in  Lissabon   und   erfreuten  sich  einer  gewissen  Popularität. t) 

Was  das  Repertoir  der  königl.  Bühnen  unter  der  Regierung  D.  Jose  I. 
betriff't,  so  bestand  es  ausser  den  Werken  des  Perez  und  Piccinni's  aus 
zwei  Opern  von  Paisiello  (y>i  Francesi  hriUautia,  1765,  »Lucio  Fapirioa,  \llb), 
einer  von  Galuppi  {r>V Inimico  delle  Don7ie«,  1774),  meist  komischer  Stücke 
von  P.  Guglielrai,  Scolari,  Bertoni,  Alessandri,  Borghi  u.  a.,  sowie 
Balletten  von  Perez,  P.   Guglielmi,  Florian   Gassraann   u.  a. 

Der  Tonkünstler  jedoch,  der  den  meisten  und  nachhaltigsten  Erfolg  errang, 
war  der  berühmte  Nicolas  Jomelli.  Als  die  Rührigkeit  des  Perez  abzu- 
nehmen begann,  wünschte  der  König  den  Componisten  der  Merope  nach 
Lissabon  zu  ziehen,  was  ihm  jedoch  nicht  gelang,  da  dieser  den  Hof  von 
Würtemberg  nicht  meiden  wollte.  D.  Jose  setzte  ihm  nun,  auf  die  Bedingung 
hin,  dass  er  ihm  die  Abschriften  seiner  neuen  AVerke  liefere,  einen  Jahrgehalt 


*)  Es  kami-n  mehrere  Timkünstler  bei  der  Katastrophe  um,  unter  ihnen  die  Com- 
ponisten von  Kirchenmusiken:  Vi:  Jdäo  de  S.  Felix,  Fr.  Duniingos  de  Sant'  Anna  und  (ier 
Organist  Fr.  Joaquim  von  Sant'  Anna. 

**)  Fötis.    Bioff):  uuiv.    t.  VI,  p.  484, 
***)  Fetis.    Biogr.  uuiv.    t.  IV,  p.  451. 
7)  Orti  (1764-811,  Ripa  (1779-85),  Rejna  (1779—91),  Gelati  (1779—93)  und  haupt- 
sächlich der  Castrat  Ferracuti  (1778—93). 


528  Portugiesische  Musik. 

aus.*)  Auf  den  verschiedenen  Bühnen  Lissabons  hörte  man  von  1767 — 1776 
siebzehn  Opern  von  Jomelli,  fast  alle  diejenigen,  welche  er  für  den  Hof  von 
Stuttgart  schrieb  und  ferner  einige,  welche  auf  Bühnen  Italiens  vor  und  nach 
seinem  Aufenthalt  in  Deutschland  aufgeführt  worden  waren,  endlich  eine  Oper: 
ml  Trionfo  di  Clelia«  (Ajuda,  6.  Juni  1774)  und  zwei  Divertissements:  y>VAcademia 
di  miisicaa  und  y>la  Conversazione«  (Salvaterra,  1775),  speciell  für  den  Hof  von 
Portugal  geschrieben.**) 

Wir  haben  schon  erwähnt,  dass  das  Theater  Queluz  zum  grössten  Theil 
der  Vorführung  von  Werken  portugiesischer  Componisten  bestimmt  war.  David 
Perez  hatte,  wie  wir  gleichfalls  wissen,  drei  hervori-agende  Schüler  ausge- 
bildet: Jose  Joaquim  dos  Santos,  Professor  am  patriarchischen  Seminar 
in  Lissabon***),  hauptsächlich  als  Kirchencomponist  bekanntgeworden;  Luciano 
Xavier  dos  Santus,  Organist  der  Kapelle  des  Palais  Bemposta;  und  Antonio 
da  Silva,  Organist  von  Ajuda.  Joäo  Cordeiro  da  Silva,  sein  College  zu 
Ajuda,  wurde  in  Neapel  ausgebildet f)  ohne  aber  zu  jenen  vier  portugie- 
sischen Musikern  zu  gehören,  welche  1760,  auf  Kosten  des  Königs  D.  Jose  I., 
in  dieselbe  Stadt  geschickt  wurden.  Drei  von  diesen  machten  sich  als  drama- 
tische Componisten  bekannt:  Jeronimo  Francisco  de  Lima  (1743 — 1822), 
früher  Schüler  und  dann  Lehrer  des  Seminars;  sein  Bruder  Braz  Fran- 
cisco de  Lima,  ebenfalls  Professor  am  Seminar,  und  endlich  der  berühmteste 
von  allen  Joäo  de  Sousa  Carvalho,  Professor  des  Contrapunkts  an  dem- 
selben Institut  und  nach  dem  Tode  von  Perez  Musikmeister  der  königlichen 
Familie.  Er  war  auch  der  Lehrer  des  Antonio  Leal  Moreira,  Professor 
am  patriarchischen  Seminar  und  des  berühmten  Marcos  Antonio  da  Pon- 
seca  Portugal,  welche  beide  der  folgenden  Regierung  zugehören  und  mit 
welchen  die  Liste  der  portugiesischen  dramatischen  Componisten  der  zweiten 
Hälfte  des  18.  Jahi'hunderts  erschöpft  ist. 

Von  diesen  Tonkünstlern  versuchten  sich  in  der  Composition  italienischer 
Opern  zuerst  Luciano  Xavier  und  Cordeiro  da  Silva;  der  erste  debütirte 
1762,  der  zweite  1764.  Luciano  Xavier  Hess  seiner  ersten  Partitur  eine 
Beihe  von  Opern  und  Oratorien  folgen,  deren  letzte  vom  Jahre  1793  datirtff); 
Cordeiro  da  Silva  entwickelte    nach  einem  vierzehnjährigen  Schweigen  noch 


*)  Balbi.  Essai  staust,  t.  II.  Die  jährliche  Pension  wird  tausend  Thaler  betragen 
haben.  Nach  seiner  Eückkehi-  von  Neapel  1768  lieferte  Jomelli  noch  andere  Werke. 
Nach  Fetis,  Biogr.  nniv.  t.  IV,  p.  445,  hatte  ihm  der  Hof  von  Portugal  für  zwei  Opern 
imd  eine  Cantate  1200  Dukaten  bezahlt.     (Sollte  es  nicht  eine  Oper  und  zwei  Cantaten 

fewesen  sein?)    Perez  erhielt  mehr  als  2000  Francs  für  die  Cantate,  welche  er  1775  zur 
eierlichkeit  der  Enthüllung  der  Reiterstatue  des  Königs  D.  Jose  I.   schrieb.     Man  sehe 
Fr.  Claudio  da  Concei^'äo.     Gabinete  histor.,  t.  XVII. 

**)  Siehe  Marques.  Chronol.  da  Op.  em  Port,  in  Arte  mus.  von  1874,  Nr.  42.  Die 
in  chronologischer  Folge  genannten  Opern  Jomelli's,  welche  in  Lissabon  aufgeführt  wm-den, 
sind  folgende:  1)  Enea  nel  Lazio  (1767):  2)  Fenelope  (1768);  3)  Vologeso;  4)  il  Fedonte 
(1769);  5)  il  Be  Pastore;  6)  la  Schiava  liherata  (1770);  7J  la  Clemenza  di  Tito-,  8)  Niceti; 
9)  Semiramide ;  10)  il  Cacciatore  deluso  (1771);  11)  Ezio  (1772);  12)  Armida  ahhandonata ; 
1^)  la  Pastorella  illustre  (1773);  14)  Olimpiade;  15]  il  Trionfo  di  CZeZ/a  (1774);  16)  Demo- 
foonte  (1775)  und  17)  Ifigenia  in  Tauride  (1776);  ein  Oratorium;  18)  Passioiie  de  Gesu 
Christo  (1786).     Jomelli  ist  1774  gestorben. 

***)  Das  Seminario  musical,  der  Kirche  des  Patriarchen  zu  Lissabon,  wurde  von 
D.  Joäo  V.  gegründet  und  vom  Papste  1741  sanctionirt.  Anfangs  war  es  im  bisehöf- 
lichen Palast  zu  Lissabon  gelegen,  wurde  aber  in  der  Folge  in  den  Palast  von  Ajuda 
verlegt,  wo  es  bis  zum  Jahre  1834  verblieb.  Die  Zahl  der  Schüler  bewegte  sich  zwischen 
fünfzehn  und  zwanzig.  Man  sehe  Innoceucio  in  Archivo  pittor.  von  1868,  p.  291. 
t)  Pougin.    Supplem.  zu  Fetis.    t.  II,  p.  112. 

tt)  Hier  das  Verzeichniss  seiner  Opern  und  Cantaten:  1)  le  Grazie  vendicate  (1762); 
2)  Isaacco  (1763);  3)  gli  Orti  esperidi  (1764);  4)  la  Danza  (1766);  5)  il  Sogno  di  Scipione 
(1768);  6)  il  Palladio  eonservato  (1771);  7)  Aleide  Albino  (1778);  8)  Ali  a  Sangaride, 
Serenade  (1779);  %)  Palmira  di  Tehe,  Serenade  (1781);  10)  Ezione  (1784);  und  \\)  Ercole 
sid  Tago  (1785). 


Portiigicsiache  Musik.  529 

von  1778  — 1789  eine  grosse  Thätigkeit.*)  Soukh  Carvullio  erschien  erdt 
17G9  zu  Ajudu  mit  der  (Jper  »l'Amore  imlunfriosoa,  welcher  vierzehn  nnderc 
drauuitische  Werke  folgten**),  von  denen  einige  auch  in  Italien  zur  Aufführung 
gelangten.***)  Seine  ('antäte:  »o  Moiiuini'iito  imrnarfdU  (iihcr  einen  portugie- 
sischen Text  von  (iome.s  Carvalho)  wurde  gleichzeitig  mit  r> DetnoJ'oo/i/ea  von 
Jomelli  und  y)Eroc  coronatoa  von  Perez  hei  (Telcgcnheit  der  Feierlichkeiten 
von  1775"|")  ausgeführt.  Der  ältere  der  Brüder,  Lima,  welcher  1772  in  die 
Oeffcntlichkeit  trat,  war  weniger  iVuchthnr  als  seine  Nehenhuhler"j"|"),  und  noch 
weniger  Braz  der  jüngere,  welcher  mir  eine  <>per:  »i7  Trionfo  di  JJariddea 
(Queluz,  1787)  schriel),  chenso  wie  J  ose  Joatju  i  m  dosSantos,  von  welchem  nur 
~eine  lilndliche  Cantate  (1787)  hckannt  ist.  Antonio  da  Silva  galt  für  einen 
der  hegahtcsteu  Componisteii  der  Epoche;  er  scluieh  nicht  viel  ff  f),  seine 
Popularität  war  aher  dennoch  von  lunger  Dauer.  Eine  Arie  (»A/i  iacia)  aus 
seiuem  ersten  dramatischen  Versuch:  »la  Galateav.  ((^ueluz,  1779),  wurde  vom 
Castrateu  Ferr:icuti*f)  noch  1793  mit  grossem  Erfolg  gesungen.  Es  hleil)en 
uns,  da  Lehen  und  Werke  des  Marcos  Antonio,  später  Erwähnung  finden 
werdi'n,  nur  noch  die  dramatischen  Compositionen  des  Leal  Moreira  zu 
nennen  ülirig,  der  durch  seiu  hohes  Alter  weit  in  unser  Jahrhundert  hinein 
reicht,  während  seine  erste  Oper  aus   Qneluz  von   Jahre   1782  datirt.**f) 

Hiermit  befinden  wir  uns  nun  mitten  in  der  Regierungszeit  der  D.  Maria  I., 
müssen  uns  aber,  bevor  wir  eine  Charakteristik  derselben  entwerfen,  einen 
Augenblick  bei  dem  erneuten  Versuch,  der  zur  Begründung  eines  öffentlichen 
italienischen  Theaters  unter  der  vorhergehenden  Regierung  gemacht  worden 
war,  aufhalten.     (Die  königlichen  Bühnen  waren   nur  dem  Hofe  zugänglich.) 

Es  war  1770  als  das  neue  Theater  da  Rua  dos  Condes  errichtet  wurde 
(mit  dem  alten  Pateo  desselben  Namens  hatte  es  nichts  geraein),  und  in  dem- 
selben Jahre  noch  richtete  sich  daselbst,  geführt  von  einem  gewissen  (ralli, 
eine  italienische  lyrische  Opern-Trupjie,  zu  der  einige  Sänger  zweiter  Ordnung 
gehörten  und  welche  viel  Erfolg  erzielten,  dort  ein.  Nicodemo  Calcina 
wurde  1772  in  »Anello  ineantado«  von  Bertoni  sehr  applaudirt,  und  die  Sängerin 
Zamperini  nicht  nur  in  den  Opern  von  Sarti,  Paisiello,  P.  (luglielmi 
und  Scolari,  sondern  auch  in  -»Isola  d'ainorevi.  von  Sacchini  (1774).  Diese 
Truppe  bliel)  vier  Jahre  in  der  Rua  dos  Condes,  das  Andenken  an  ärger- 
liche Auftritte,  zu  denen  sie  Veranlassung  gegeben,  hinterlassend.  Man  hatte 
in  Lissabon  seit  langer  Zeit  keine  Säugerin  gehört  und  die  Zarapex'ini  verdrehte 


'•y  1)  Arcadia  in  ßrenia  (1764);  2)  il  Na/ale  di  Giove  (1778);  3)  il  Itatfo  di 
Proserpina  (1784);  4)  Archeiao  (1785);  5)  Telcmaco  (1787);  G)  Edalide  e  Camhise  (17öO); 
7)  Megara  tehana  (1788);  8)  Lindane  e  Dalmire;  ü)  PhUemone  e  Bauce-,  und  10)  Jiiaitca 
e  Palemone  (1789). 

**l  1)  Amore  industrioso  (1769);  2)  Eumene  (1773);  3)  o  Monumente  immorlal, 
Cantate  [lll^)\  4)  Anrjelica  (1778);  5)  Perseo  (1779);  6)  Testuride  argonauta  (1780); 
7)  Seleuco,  re  di  Siria  (1781);  8)  Penelope;  9)  Everardo  IL,  re  degli  Lituani  (1782); 
10)  Endemione;  11)  Tomiri  (1783);  12)  Adrasto,  re  degli  Argivi;  VS)  Alcione  ^1784); 
14)  Neffuno  cd  Eglc  (1785);  und  15)  Numa  PompiUo,  Serenade  (1789). 

***)  Pougin.    Supplem.,  T.  I,  p.  155. 
f)  Fonseca  Benevidcs  im  Archivu  pitt.  von  1866,  p.  148. 

ff)  1)  Lo  Sj/irifo  di  contradizione  (1772);  2)  gli  Orfi  esperidi  (1779);  3)  Enea  in 
Tracia,  Serenade  (1781);  4)  o  Jlyinineo;  5)  Teseo  (1783);  6)  la  Vera  Costanza  (1785); 
7)  le  Nozze  d' Ercolc  e  d'Ehc  (1787)  bei  der  spanischen  Gesandtschaft. 

fff)  1)  la   Galalea,    Serenade   (1779);    2)   Calliroe  in   Siria  (17«2);    3)   Cadnto;    und 
4)  Archeiao  (1785).    In  der  Rua  dos  Condes  gab  man  1788:  5)  o  Prazer  de  Olissea,  Musik 
von  Antonio  da  Silva  Gomes,  wahrscheinlieli  derselbe. 
*f )  Manjuis  de  Kesende.    Oufeiru  nucfurno,  p.  44. 

**f)  1)  Bireno  ed  Olimpia  (1782);  2)  Siface  e  Sofnuisha  (1783);  3)  Ascaiiio  in  Alba  0); 
4)  Ülminei  di  Delfo  (1785);  5)  gli  Eroi  sparfani  (1788);  G)  gli  A//'effi  dcl  gcnio  Iwsifano 
(Castello  de  S.Jorge,  1789);  1)  il  Nafale  augu.tfo  (bei  S(il)ral);  im  riieater  von  S.Carlos: 
^)  Jiaollo;  *.))  a  Sa/</ia  eiKimorada,  l?urleta  in  portugiesischer  Sprache  ( 1793);  10)  a  l'ingan^'a 
da  Cigana,  IJurleta  (1794);  \\)  a  Jicroina  lusifamt  [W.\h)\  VI)  a  Sirva  rcconosccnfc  [\'l\^'6\. 
l*o\igiii  (Supplem.,  t.  II,  p.  85)  nennt  13)  il  Deserfore  von  Leali  MoKiera,  1800  an  der  Scala 
zu  Alailand  gegel)en.      Ks  mag  dies  der  entstellte  Name  von  Leal  Mon>ira  seiu. 

Musiknl.  ('iiiivprs.-I,exilion.    Ergäu7.iinf.'8l)and.  34 


530  Portugicaische  Musik. 

der  ganzen  Stadt  die  Köpfe;  Alt  xmd  Jung  befand  sich  zu  ihren  Füssen.  Die 
Poeten  besangen  sie,  und  zu  deren  Zahl  gehörten  Berühmtheiten  wie  Diniz, 
der  Verfasser  des  y>IIijasope<.<.  und  der  Augustinermönch  Macedo,  ebenso  bekannt 
durch  seine  Kanzelreden  wie  durch  sein  leichtsinniges  Leben.  Der  Geliebte 
der  Sängerin  war  der  (iraf  von  Oeiras,  der  Sohn  des  Marquis  von  Pombal  selbst. 
Um  das,  seinem  Herzen  so  theure  Unternehmen  aufrecht  zu  erhalten,  gelang 
es  ihm,  eine  Aktien-Gesellschaft  zu  bilden,  an  welcher  sich  die  ersten  Capitalisten 
der  Hauptstadt  betheiligten.  Nach  Verlauf  von  zwei  Jahren  jedoch  waren  die 
Fonds  erschöpft,  trotz  der  verhältnissmässig  hohen  Eintrittspreise  (12  Francs 
ungefähr  für  die  Loge  im  ersten  Rang),  und  die  Aktionäre  sahen  sich  um  die 
Summe  von  hunderttausend  Cruzados  betrogen.  Der  grosse  Minister  sah  sich 
nun  veranlasst  (1774),  die  Geliebte  seines  Sohnes  auszuweisen  und.  das  Theater 
schliessen  zu  lassen.*) 

Zuweilen  wurde  das  Theater  desBairro  Alto,  welches  für  die  portugiesische 
Comödie  bestimmt  war,  auch  von  italienischen  Operntruppen  eingenommen. 
Es  scheint  sogar,  dass  Galli  bis  zur  Vollendung  des  neuen  Saales  da  Rua  dos 
Gondes  dort  anwesend  blieb.  Dort  war  es,  wo  Calcina  und  andere  Künstler 
der  Truppe  in  E,ede  1770  »?Y  Viaggiatore  ridicoloa  von  Scolari  sangen.  Diese 
Vorstellung  war  hauptsächlich  durch  das  Zusammenwirken  der  beiden  Schwestern 
Aguiar:  Cecilia  Rosa  und  Luiza,  i^ortugiesische  Schauspielei'innen  des 
Theaters  do  Bairro  Alto,  ausgezeichnet,  und  die  letztgenannte  ist  keine  andere, 
als  die  berühmte  Todi.  Seit  1768  spielte  sie  daselbst  die  Rollen  der  Soubretten. 
Durch  Perez  ermuntert,  versuchte  sie  sich  bald  darauf  in  der  italienischen 
opera  buffa;  sie  sang  ausser  in  der  schon  angeführten  Oper  von  Scolari  auch 
in  der  r>Incofjnita  perse(juitafa<s.  von  Piccinni.  Sehr  wahrscheinlich  gehörte  sie 
bis  zur  Thronbesteigung  der  D.  Maria  I.,  1777  zum  Theater  do  Bairro 
Alto.  Es  ist  bekannt,  dass  diese  Regentin  bald  nach  ihrer  Thronbesteigung 
den  Frauen  untersagte  auf  der  Bühne  zu  erscheinen.  Dies  dürfte  auch  der 
Grund  zu  der  Abreise  der  Todi  in's  Ausland  gewesen  sein.  Nichtsdestoweniger 
ist  diese  Epoche  in  der  Künstlerlaufbahn  der  grossen  Sängerin  eine  dunkele, 
was  zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  dass  sie  in  der  opera  buffa  wenig  Erfolg  gehabt 
habe.  Diese  Annahme  erscheint  umsomehr  begründet,  als  die  Künstlerin  1777 
in  London  in  demselben  Genre  auch  nur  einen  zweifelhaften  Erfolg  errang. 
Erst  seitdem  sie  sich  der  ernsten  Oper  näherte,  entwickelte  sie  sich  zu  einer 
der  grössten  Sängerinnen  ihres  Jahrhunderts.  Ihre  Art  und  Weise  des  Gesanges 
war,  wie  wir  heut  sagen  würden  objektiv,  nicht  auf  äussere  Effekte  abzielend, 
aber  durch  natürliche  und  tiefe  Empfindung  eindrucksvoll.  Der  pariser  Theore- 
tiker Reicha  hat  nicht  gezögert  sie  als  die  »Sängerin  aller  Jahrhunderte«  zu 
proklamiren**),  und  Garat,  der  Regenerator  der  französischen  Vocalmusik, 
schrieb  ihr  seine  eigene  Umwandlung  zu.***) 

Nach  den  neueren  Forschungen  ist  der  eigentliche  Name  der  grossen 
Künstlerin,  der  einzigen  welche  die  Geschichte  der  Musik  in  Portugal  aufweist, 
die  einen  wirklich  universellen  Ruf  erwarb,  Luiza  Rosa  de  Aguiar f);  der 
Name  Todi  ist  derjenige  ihi'es  Gatten,  eines  italienischen  Violinisten,  mit  dem 
sie  sich  im  16.  Jahre  vermählte.  Sie  wurde  in  Setubal  am  9.  Januar  1753 
geboren.  Ihr  Vaterland  verliess  sie  1777  und  kehrte  in  dasselbe  manchmal 
ihrer  Familienangelegenheiten  halber  zurück,  nicht  wie  Fetisff)  undVascon- 
cellosfff)  es  wollen,  um  ihrer  künstlerischen  Engagements  halber.     Der  Grund 


*)  Theoph.  Braga.     Rist,  do  th.  fort.    T.  UI,  p.  47  u.  flg.      Erst    1788    fand    die 
Wiedereröffiiung  dieses  Theaters  statt,  und  zwar  um  eine  portugiesische  ^'companhia  do 
cantou  und  zwei  Jalu-e  später  eine  italienische  Operntruxipe  aufzunehmen. 
**)   Traite  de  melodie,  p.  57. 
***)  Fetis.    Biogr.  tcniv.,  t.  TU,  p.  390, 
f)  Dr.  Guimaracs.    Biographia  de  Tndza  de  Aguiar  Todi,   Lissabon,   1872,   in  8". 
Vasconcellos.    Luiza  Todi.    Porto,  1873,  hi  4'>. 
tt)  Biogr.  univ.,  t.  VIH,  p.  233. 
ttt)  TMiza  Todi,  S.  19  u.  flg. 


Portugicaisclie  Miiaik.  5!il 

hierfür  ist  selir  oinfach,  dcu  Fnuicn  war  dio  lUiliiic  viirachlosscn,  uiul  uichts 
lilöst  darrtuf  schliessou,  dass  es  zu  jener  Zeit  in  Liaaabün  üllentliclie  Concert- 
gesoUschafteu  gegeben  hätte.  Wie  es  sich  nun  auch  in  diesen  besondern  Falle 
verhalten  haben  mag,  die  dramatische  Laulljahn  der  Todi  geiiört  völlig 
der  Fremde  an.  \'or  der  Reise  nach  London  hatte  sie  bereita  im  März  1777  in 
Madrid  in  der  y^Ulimpiadeu.  von  i'aisiello  geaungen.  Im  folgenden  Jahre 
erschien  sie  zum  erstenmale  in  den  riConcerts  spirifuelsa  in  Paris,  worauf  sie 
ein  Engagement  am  Theater  in  Turin  annahm.  Von  1781  an  hatte  sie  viel 
in  deutschen  Ländern  gesungen,  in  Wien  sowol  wie  in  Süddcutschlaud,  jedoch 
immer  nur  in  Concerten.  In  Berlin  allein  gehöi'te  sie  der  Oper  an:  zuerst 
während  des  Winters  von  1783 — 84,  später  von  1787  —  89.  In  Paris  erschien 
sie  wiederholt  in  den  »Ooncerfb-  spirituels«,  und  dort  fand  auch  1783  ilir  be- 
rühmtes Zusammentreffen  mit  der  Mara  statt.  In  Petersburg  am  Hoftheater 
Catharina  II.  war  es  von  1784 — 1787  die  Todi,  welche  schön  Wetter  muclite. 
Ihre  letzten  Reisen  machte  sie  in  Italien  und  S2)auien.  In  Madrid  rivalisirte 
sie  mit  der  Banti  und  im  Frühling  1793  liess  sie  sich,  bei  den  Festlichkeiten, 
die  bei  Gelegenheit  der  Geburt  der  Prinzessin  von  Beira  stattfanden,  hören.  Sie 
sang  daselbst  im  Castello  de  S.  Jorge  im  Oratorium  »/a  Freyhiera  csauditaa 
vom  römischen  Kapellmeister  Cavi,  und  bei  Sobral  die  Serenade  des  portu- 
giesischen Componisten  Leal  Moreira:  y>ü  Natale  ainjustov.  Hierauf  wird  sie 
der  Hauptstadt  Spaniens  noch  ein  oder  zwei  Besuche  gemacht  haben;  ihren 
Wohnsitz  hatte  sie  in  Lissabon,  wo  sie  auch  am  1.  Oktober  1833,  nachdem 
sie  erblindet  war,  aus  dem  Leben  schied. 

In  derselben  J]poche  gab  es  auch  noch  einige  andere  portugiesische  lyrische 
Künstler,  welche  Erwähnung  verdienen,  wie:  Joaquim  de  Oliveira,  welcher 
1760  in  Gemeinschaft  mit  Sousa  Carvalho  und  di'ei  anderen  jungen  Leuten, 
zum  Zwecke  der  Studien  nach  Italien  geschickt  wurde;  er  blieb  dort  und  erwarb 
sich  als  Theatorsänger  einen  Namen.  Policarpo  da  Silva,  Tenor  der  könig- 
lichen Kapelle  in  Lissabon,  zeichnete  sich  durch  die  Biegsamkeit  seiner  Stimme 
und  durch  seinen  kraftvollen  Gesang  aus;  er  betheiligte  sich  von  1788  an  bei 
Opernaufführungen.  Spilter  (1790)  debütirte  eine  Sängerin  aus  Lissabon: 
Lourenza  Correa  in  Madrid;  sie  wurde  in  Italien  mit  Beifall  ausgezeichnet, 
während  sie   1810  in  Paris  keine  Erfolge  errang. 

Unter  den  Instrumentalisten  waren  während  der  Regierung  des  D.  Jose 
ziemlich  viele  Künstler  aus  der  Fremde  in  Lissabon  ansässig,  wie  z.  B.  der 
belgische  Ciavierspieler  Leonard  Boutiiiy.  Von  Portugiesen  sind  aus 
dieser  Epoche  nur  zwei  Guitarristen,  welche  sich  auch  in  Deutschland  be- 
wundern Hessen,  bekannt:  Menezes,  welcher  dieses  Land  1766  besuchte  uuil 
der  Abbe  Costa*),  ein  Schöngeist,  welcher  1749  auswanderte,  zuerst  in  Italien, 
dann  in  Wien  lebte  und   1780  in   der  letztgenannten   Stadt  starb. 

Die  Musikliteratur  unter  D.  Jose  I.  hat  nur  ein  einziges  Original  werk 
aufzuweisen;  ^Nova  instrucräo  musicaU  (1764)  von  Francisco  Ignacio 
Solano.  Der  Verfasser  versucht  darin  die  Solmisation  durch  Veränderung 
der  Notennamen  auf  alle  Töne  und  alle  zufälligen  Versetzungszeichen  der 
Modulation  der  modernen  Musik  anzuwenden.  Solano  wurde,  obgleich  seine 
Art  sich  auszudrücken,  eine  ziemlich  unklare  ist,  von  den  besten  Musikern 
Lissabons,  David  Perez  an  der  Spitze,  beglückwünscht.  Der  Tod  des  letz- 
teren fällt  mit  der  Thronbesteigung  der  D.  Maria  I.,  deren  erste  Maassrogel 
die  Entsetzung  und  Verbannung  Pombal's  war,  zusammen.  EiS  war  dies  das 
Signal  zum  Verfalle  der  königlichen  Oper  und  auch  die  Privatbühnen  wurden 
für  lange  Zeiten  unmöglich,  ebensowol  in  Folge  des  Verbotes,  dass  Frauen 
auf  der  Scene  nicht  erscheinen  durften,  wie  hauptsächlich  durch  die  Antipathie 
der  Ingotten  Königin  gegen  alles  was  nicht  den  Weihrauch  der  Kirche  ausströmte. 
Diese  Manie    artete    l)ald    in   Wahnsinji   aus,    so    dass    vom    Jahre   1792  an  die 


*)  Vasconci'llos  veröft'entlielite  seine Correspondenz:  Carfax  curiosas;  Porto,  1879, in  8*. 

34* 


532  Portugiesische  Miiaik. 

Stiiatsgeschälte  durch  ihren  Sohn,  D.  Joao  VI.  traurigen  Andenkens,  der  por- 
tugiesische Falstaff,  wie  ihn  Vasconcellos  genannt  hat,  geleitet  wurden. 
Es  ist  begreiflich,  dass  unter  diesen  Umständen  die  Sänger  des  königlichen 
Hofes  sich  mehr  im  Kirchen-  als  im  üperngesange  übten.  Die  Oratorien 
kamen  in  die  Mode.  Ausser  denjenigen  der  einheimischen  Compouisteu*)  hörte 
man  noch  die  Passion  von  Jomelli,  und  sogar  »il  lUtorno  di  Toliaa  von 
Joseph  Haydü,  aufgeführt  zu   Ajuda  am   19.  März   1784. 

Was  nun  die  portugiesischen  Kirchencomponisten  betrifft,  so  haben  wir 
den  Schüler  von  Perez,  Jose  Joaquim  dos  San  tos,  bereits  genannt.  Er 
schrieb  ein  »JStabat  matem,  ein  fünfstimmiges  »Te  Deuma,  mehrere  Messen,  Früh- 
messen u.  a.  Hinzufügen  dürfte  man  noch  eine  Messe  von  Antonio  da  Silva; 
diejenigen  des  Leal  Moreira,  von  dem  auch  ein  Gesang :  »Paa;  Jerusalemiif. 
in  London  gestochen  wurde;  und  die  Frühmessen  des  Organisten  J  oäo  Jose 
Baldy.  Ihr  Zeitgenosse  Jose  Mauricio  (1752 — 1815)  geboren  in  Coimbra,. 
lebte  anfangs  in  Salamauca,  wurde  dann  Kapellmeister  zu  Guarda  und  1802 
Professor  der  Universität  Coimbra.**)  Er  war  ein  unterrichteter  Musiker,  in 
dessen  Hause,  wenn  man  seinen  Biographen  Glauben  schenkt,***)  die  Werke 
Haydn's  und  Mozart's  aufgeführt  wurden.  Allzu  verbindliche  Beurtheilcr 
gingen  so  weit,  seine  zahlreichen  Kirchencompositionen  mit  denen  von  Pergo- 
lese  und  Haydn  zu  vergleichen f) ,  und  ein  Stahat  mater  und  ein  Miserere, 
welches  im  Manuscript  in  der  Kathedrale  von  Coimbra  noch  aufbewahrt  wird, 
überschwenglich  zu  loben.  Vasconcellos  ff),  welcher  sie  durchgesehen,  erklärt 
sie  für-  unbedeutend. 

AVährend  der  Periode  der  persönlichen  Regier ungsthätigkeit  der  D.  Maria  I. 
war  indessen  die  italienische  Oper  nicht  völlig  aufgegeben.  Ob  aus  nationalen 
Tendenzen,  ob  aus  ökonomischen  Rücksichten,  man  hielt  sich  zunächst  an  die 
Werke  der  bereits  namhaft  gemachten  portugiesischen  Componisten.  Erst  seit 
1784  wurden  in  Folge  ihres  wachsenden  Ruhmes  von  Paisiello  und  Cimarosa 
einige  ihrer  Bufi'o-Opern  in  das  Repertoir  von  Salvaterra  aufgenommen.  Und 
von  diesem  Augenblicke  an  gelangten  auf  den  königlichen  Theatern  auch  andere 
Compositionen  italienischer  untergeordneter  Componisten  zur  Aufführung: 
P.  Guglielmi,  Anfossi,  Bianchi,  Marcello  di  Capua  u.  a.  1790  gab 
man  im  Theater  Ajuda  (1795  niedergebrannt)  »Arwr«  von  Salieri  und  1792 
zu  Salvaterra  y>liicardo  cur  di  Leone<i  von  Gretry. 


*)  Gioas,  re  di  Giuda  (1778)  von  Antonio  da  Silva;  Salome  (1783)  von  Cordeiro  da 
Silva;  la  Passione  di  Gesu  Christo  (1783)  von  Luciano  Xavier;  Ester  (1780)  von  Leal 
Moreira,   und  il  lle  Fastore  (1793)  von  Luciano  Xavier. 

**)  Die  Lehrthätigkeit  in  der  Musik  war  daselbst  witbrend  des  ganzen  18.  Jahrhunderts 
ziemlich  matt.  Jose  Mauricio  verschaffte  dem  Lehrstuhl  neue  Statuten,  welche  am 
10.  Mai  1802  in  Kraft  traten;  er  unterrichtete  daselbst  täglich  im  Kirchengesang,  dem 
Orgelspiel,  der  Begleitung  und  dem  Coutrapuukt.  1806  gab  er  einen  Lehrgang  für 
Musik  heraus,  welcher  so  geschätzt  wurde,  dass  einer  seiner  Nachfolger  als  Lelu-er  jener 
Universität,  F.  Sarmento,  das  Werk  in  zwölf  Lektionen  zusammengedrängt  1849  unter 
dem  Titel:  »Princijnos  elementar  es '.>  erscheinen  Hess.  Nach  dem  Tode  Jose  Mauricio's 
erfolgte  der  Kückgang  im  Musikunterricht  zu  Coimbra  mit  grossen  Schritten,  obwol  gegen 
183.'>  der  Componist  Migone  einige  Zeit  dort  gelehrt  hatte.  Heutigen  Tages  besteht  nm- 
noch  ein  ins  Lyceum  verwiesener  Cm-sus  im  cantus  i)lanus.  Man  sehe  Waxel:  '<A  Musica 
em  PortagaU,  6.  Artikel. 

**■:)  Wegen  seiner  Biographic  sehe  man  Innoceucio  Francisco  da  Silva,  sechs 
Artikel  in  A^'ch.  pittor.  von  1859.  Fonseca  Pinto,  im  B.  XI  des  Instituto :  Conimbricenses 
illustres. 

t)  Es  war  eine  nationale  Wxmderlichkeit  der  Portugiesen  von  ehemals,  alles  zu 
übertreiben.  Iln-e  Sprache  selbst  ist  davon  berührt:  sie  sagen  Minister  das  justi(/as, 
ebenso  wie  sie  kleine  Dorfurchester,  welche  bei  Prozessionen  u.  s.  w.  mitwirken  pJdlhar- 
monicas,  und  noch  heute  Ouvertüren  leichten  Styles  symphoiiias  nennen.  Wenn  man 
den  Barbosa  Macliado's  mid  Innocencio's  Glauben  schenkte,  jede  Mittelmiissigkcit  wäre 
ein  Genie.  Die  Kritiker  der  zeitgonössisclicn  Generation  sündigen  dagegen  durch  ehi 
Ueberinaass  des  Gegentlieils.  Thcoj)li.  Braga  in  der  Literatur  und  Vasconcellos  in  der 
Musik,  arten  sogar  manclmial  in  Schmähungen  aus. 

tt)  Music.  fort.  t.  I.  p.  236  u.  Hg. 


l'ortugiesiscliu  Musik.  533 

Die  PrlvutbiiliiiL'ii  licfaiulen  sich  in  ciMeiii  tiuiirif^en  ZuätHiidu;  es  wiir 
die  Zeit  der  dni  uuitischon  Elogen*),  tun  Genre,  das  tun  neuen  Tlieiiter 
Sjilitre,  welelies  wie  wir  gesehen  hahen  in  jener  Kpuclie  in  Aufiuilirne  kam, 
sehr  gepflogt  wurde.  Die  Tru])pe  daselljst  war  ausHchliesslich  aus  Männern 
zusaninjengcsetzt,  welchen  aher  kraft  einer  Autorisation  der  Behörde  von  Lissabon 
gestattet  war,  Fraueiirollen  zu  spielen.  So  gab  es  /l7iM)  daselbst  drei  Schau- 
spieler (8erra,  \'ictoriiio  und  Victor  Porphyrio),  welche  sich  jii-i>nri/-a.s 
damas  nannten;  es  gab  auch  eine  scfjunda  ilama.  Die  anderen  Rollenfächer 
der  Truppe  waren:  der  erste  Galan  (Cardoso  Nobre),  zwei  erste  yraciojfo«  (Hilva 
und  Santos)  u.  s.  w.  Von  1788 — 1791  war  am  Theater  Salitre  kein  geringerer 
Kapellmeister  als  Marcos  Antonio  da  Fonseca  Portugal,  welcher  zugleich 
den  Titel  eines  Organisten  und  Componisten  der  Patriarchalkirche  zu  Lissabon 
führte.**)  Am  17.  Deceraber  1787  brachte  er  eine  erste  dramatische  Eloge 
unter  der  Bezeichnung:  Kleines  Drama  zur  Auffüluung,  der  mehrere  andere 
folgten.  179U  setzte  er  drei  komisehe  zweiaktige  Stücke  in  Scene,  deren  Sujets 
dem  Italienischen  entnommen  waren  und  die  »(Ira/nas  jocososa***)  genannt  wurden: 
dasselbe  was  man  seitdem  burletas  hiess. 

Die  Biograidiie  des  Marcos  Antonio f)  glebt  in  Portugal  zu  manchen 
Widersprüchen  Veranlassung.  Es  scheint  jedoch  erwiesen,  dass  er  am  24.  März 
17G2  in  Lissabon  geboren  wurde,  und  im  achten  Lebensjahre  ins  musikalische 
Seminar  der  Kirche  des  Patriarchen  eintrat,  wo  er  den  Unterricht  des  Sousa 
Carvalho  genoss.  Später,  da  er  eine  schöne  Tenorstimme  besass,  nahm  er 
bei  einem  Italiener,  Namens  Borselli,  Gesangstundeu,  der  ihn  dann,  da  er 
sein  Talent  errieth,  mit  sich  nach  Madrid  nahm.  Obgleich  erst  zwanzig  Jahi-e 
alt,  erhielt  Marcos  Antonio  in  der  Eigenschaft  eines  Begleiters  am  Ciavier 
eine  Anstellung  an  der  Oper,  Er  mag  wol  einige  Jahre  dort  geblieben  sein,  die 
Biographen  jedoch  stimmen  von  hier  an  nicht  mehr  ül)erein.  Das  chronologische 
Verzeichniss  seiner  58  Opern  ist  jedoch  vorhanden,  und  zwar  mit  der  Bezeich- 
nung der  Städte,  in  welchen  sie  zuerst  aufgeführt  wurden; ff)  nun  ist  aber  weder 

*l  Th.  liniga.    Bist,  do  theatro  port.,  t.  ITI,  p.  382. 

**)  Marques.    Chronol.  in  Arte  mus.  von  1874  Nr.  48.     In  einem  lierieht  von  1790 
der  Gesellschaft  des  Salitre,  ist  Marcos  Antonio  Kapellmeister  dieses  Theaters  genannt. 

***\  Später,  gegen  1802,  erschien  das  portugiesisch  lyrische  Repertoir  des  Salitre 
noch  einmal  in  der  Kua  dos  Condes. 

f)  So  nannte  man  ihn  allgemein  in  Portugal;  in  Italien  dagegen  kurzweg  Porto- 
gallo,  wie  früher  den  Theoretiker  Vicente  —  Lusitano. 

77)  1)  Pequeiio  Drama,  Lisb.,  SaHtre  (17.  Dec.  1787);  2)  Idilio,  item  zweimal 
(25.  April  und  25.  Julil;  H)  l'Eroe  cinese,  Turin;  4)  la  Bachetfa  porfenfosa,  Genua  (1788); 
5)  0  Amor  conjuqal,  Lisb.  Sal.;  6)  a  Grafidao,  item  (25.  April);  7)  a  Inveja  abatida, 
item  (13.  Mai  1789);  8)  os  Viaja»tes  ditosos,  item;  9)  a  Noira  finqida,  item;  lÖ)  o  Mundo 
da  lua  (waln-scheinlich  dasselbe  wie  Lima n'o  i/Iiidido,  aufgeführt  1791 )  item;  W)  TAsfutfo, 
Florenz  (Frühliugl;  12)  Ü  M(diiiaru,  Venedig  (Carueval  17901;  131  la  Do/nni  dt  (joim 
voluUle,  l'arma  (1791);  li]  lihialdo  d'Asti,  Venedig;  \b\  il  Ciiia,  Florenz,  l'ergola;  16)  i7 
Prhici.pe  dl  S/iazzacamhio,  Venedig;  11)  i  Due  Gohbi,  Florenz  (1793);  18)  la  Vedora  raij- 
flituitrice,  item;  19)  Demofooiite,  Mailand,  Seala;  20)  Oro  iioii  compra  amore,  item  (1794); 
21)  Artjeiiide,  item;  22)  Arfasersa,  item  (179V);  2ii)  l' Ave» fitrieri,  Florenz;  24)  il  Rifonio 
di  Serse,  item  (1795);  25)  Znlema  e  Sclimo,  item;  26)  l'Jnqaiiu  puru  dura.  Neajiel  (1796"); 
27)  Fernando  in  Mesfdco,  Rom;  28)  le  Donne  camhiate  (dieselbe  wie  il  Diavolo  a  (^natro 
und  il  Cia  bofinoj,  Venedig;  29)  la  Maschera  forfunafa ,  item  (1797);  30)  il  Fdo.tofo 
sedicente  (dieselbe  wie  Nun  irritar  le  Bonne),  item;  31 )  VFcquivocu  in  ecquivoco  (dsu^selbe 
wie  Quern  busca  lä),  Verona;  32)  la  Madrc  rirfuusa  (dasselbe  wie  Scniiramide),  Venedig 
(1798);  33)  Alcesfe,  item;  34)  Orazi  i  Curiazi,  Ferrara;  '.\i^)  le  Nozzc  di  Figaro,  Venedig; 
36)  Idonle,  Mailand,  Scala  (1799);  37)  Omar,  re  di  Temagene,  item;  38)  il  Muto  per 
anfiizzla,  item  (179?);  "9)  Adra.ito,  Liss.,  S.  Carlos  (1800)";  40)  VIs(da  piaeerole,  item 
(26.  .Januar  1801);  41)  a  Cam  de  campo,  Liss.,  Rua  dos  ('ondes;  42)  o  Sapafriro,  item 
(1802);  43)  Sofonijsba,  Liss.,  S.  Carlos  (Carueval);  44)  il  Trionfo  di  Clelia,  item  (1S(I3); 
■ib)  Zaira,  item  (Sommer);  4ß)  Mcrope,  item  (1.S04);  41)  Ginevra  di  Scozia,  item  ( Winter); 
48)  il  Duca  di  Foix,  item  ( 1805);  49)  Murfe  di  Mitridafe,  item  (Carneval  1806);  50)  Cinna, 
Florenz;  51)  Tito  Vespasiano,  Livoruo  (1807);  52)  Demofnonfe,  Mlterarbi-itet.  Liss.,  S.  Carlos 
(15.  Aug.  1808);  53)  il  Trionfo  di  Gmnnano,  item  ( 10.  .|an.  I8IO1;  .")4)  a  Saloiu  namorada, 
Rio  de  Janeiro  (1812);  55)  o  Jurameiito  de  Numes,  item,  S.  Joäo  (12.  Oct  1813);  56)  Barseni, 


534  Portugiesische  Musik. 

in  Portugul  uoch  in  Italien  Gebrauch,  eine  neue  Oper  in  der  Abwesenheit  ihres 
Autors  zur  Auffülirung  zu  bringen.  "Wenn  man  von  diesem  Princip  ausgehend 
dif  in  Ecde  stehende  Liste  zu  Rathe  zieht,  so  werden  die  Thatsaclien,  wie  uns 
scheint,  auf  eine  ziemlich  natürliclie,  und  in  Abwesenheit  positiver  Belege  für 
die  ihnen  wiedersprechendeu  Angaben,  auch  auf  eine  durchaus  annehmbare 
Weise  sich  ergeben. 

Von  Madrid  wii'd  Marcos  Antonio  nach  Lissabon  zurückgekehrt  sein, 
wo  wir  ihn  als  Kapellmeister  des  poitugiesisch  lyrischen  Theaters  Salitre  vom 
Ende  des  Jahres  1787  bis  in  die  erste  Hälfte  des  folgenden  Jahres  thätig 
finden.  Die  Herbst  schifffahrt  wird  ihn  nach  Italien  geführt  haben,  wo  er  in 
Turin  und  Genua  seine  beiden  ersten  Buffo-Opern,  von  denen  die  zweite  »Za 
Bachetfa  fortentosav.  Erfolg  errang,  zur  Aufführung  gebracht  haben  wird.  Im 
Frühling  1789  befindet  er  sich  in  Lissabon  wieder  auf  seinem  Posten  im 
Salitre,  während  er  den  Carueval  und  den  Frühling  des  folgenden  Jahres  in 
Italien  zubrachte.  Mit  seinem  y)Molinaro<i  befestigte  er  dort  vollständig  seineu 
Ruf,  wenigstens  ist  dies  die  Angabe  von  Fetis.  Im  selben  Jahre  kehrte  er 
nach  Lissabon  zurück  und  nahm  dort  seine  Direktion  der  Opernmusik  im 
Theater  Salitre  wieder  auf;  seinen  Titel  als  Organist  und  Componist  der 
Patriarchalkirche  vertauschte  er  mit  dem  eines  königlichen  Kapellmeisters. 
1791  besuchte  er  abermals  Italien  und  zwar  um  bis  zum  Jahre  1799  daselbst  zu 
verweilen,  mindestens  brachte  er  dort  in  jedem  Jahre  (mit  der  einzigen  Aus- 
nahme des  von  1792)  einige  seiner  neuen  Opern  zur  Aufführung  (vorwiegend 
in  Florenz,  A-^enedig  und  Mailand). 

In  dieser  Zeit  fand  nun  auch  in  Lissabon  eine  Art  von  "Wiederaufblühen 
des  Theaters  der  italienischen  Oper  statt.  Seit  der  Entfernung  der  Zamperini 
hatte  es  in  dieser  Stadt  kein,  dem  grossen  Publikum  zugängliches  ital.  Theater 
gegeben.  Am  25.  Juli  1790  erschien  aufs  neue  eine  Truppe  italienischer 
Sänger,  die  ihre  Vorstellungen  im  Theater  da  JRua  dos  Condes,  mit  der  drama- 
tischen Eloge  »0  Sacrißcio  puroa  von  Fr.  Marcelino  de  Sto.  Antonio,  welcher 
trotz  seiner  Eigenschaft  als  Mönch,  daselbst  Musikdirektor  war,  eröffneten; 
eine  andere  war:  »o  Templo  da  gloria«,  gleichfalls  portugiesisch,  aber  mit  Musik 
von  Spontini.  Von  1791  an  war  Leal  Moreira  Kapellmeister  dieser  Oper, 
welche  innerhalb  zwei  Jahren  fünf  Opern  von  Paisiello,  darunter:  »il  Bar- 
biere di  Sivitjliaa  und  »la  Serva  padronaa,  fünf  andere  von  Cimarosa,  den 
y>Don   Giovanni«  von   Gazzauiga  u.  a.  zur  Aufführung  brachte. 

Zu  dieser  Zeit  wurde  der  Gedanke  lebendig:  ein  grosses,  ausdrücklich  für 
die  italienische  Oper  bestimmtes  Theater  zu  errichten,  welches  zu  gleicher  Zeit 
die  kleinen  Privatbühnen  und  die  Hoftheater,  welche  bald  darauf  aufgegeben 
wurden,  ersetzen  sollte.  Einige  Liebhaber  mit  dem  Baron  von  Quintella 
(später  Graf  von  Farrobo)  an  der  Spitze,  sammelten  von  1792  an  die  nöthigen 
Fonds  zur  Errichtung  des  Gebäudes,  das  bis  heute  unter  dem  Namen  Real 
Theatro  de  S.  Carlos  bekannt  ist.  Der  Architekt  desselben  war  Costa  e 
Silva  (j  1802),  der  Dekorateur  der  Römer  Mazoneschi.  Der  Raum,  in  Betreff" 
der  Akustik  sehr  vortheilhaft,  fasst  1200  Zuschauer.*)  Das  Theater  wurde  in 
neun  Monaten  vollendet  und  am  30.  Juni  1793  fand  die  Eröffnung  mit  »Za 
Ballerina  amanfe«  von  Cimarosa  statt.  Die  Impresarii  waren  Lodi  und  Lenzi; 
der  Musikdirektor  Leal  Moreira.  Bis  1798  brachte  dieser  von  seinen  Com- 
positionen  fünf  zu  Gehör,  darunter  zwei  portugiesische  hurletas,  die  von  dem 
Sopranisten  Domenico  Caporalini,  welcher  bis  1801  in  Lissabon  blieb,  inter- 
pretirt   wurden.      Die    Rollen    der  Frauen  wurden  zunächst  noch  von  Männern 


regina  di  Iddia,  London  (3.  Juni);  57)  VAdriano  In  Syria,  Mailand  (18151;  58)  Äugurio 
di  fcUcita,  Serenade,  Eio  de  Janeiro  (7.  November  1817).  Man  könnte  hier  noch  einige 
Couplets  aus  den  Farcen  nennen :  o  Amor  arfifice,  a  Castanheira,  a  Casa  de  Caf6,  os  Bons 
amigos  u.  s.  w. 

*)  Mau  sehe  über  die  Erbauung  dieses  Theaters:  Bevisfa  universal  lisbonense,  t.  V, 
p.  465  u.  flg.     Die  Kosten  des  Baues  beliefen  sich  auf  800,000  Francs. 


l'urtugioBibdiu  Mu.-iik.  5^5 

uusgiiiülirt ,  denn  tTst  17'.>9  wurde  das  V('r])ot  ge^'cn  das  Betreten  der  Bühne 
von  Friiuen  aufgehoben,  und  noch  herrschten  die  CaBtruti^n.  1797  weihte  man 
den,  im  Tlieatergcbilude  befindlichen  Concertsaal  mit  der  Aufführung  der  Passion 
von  Paisiello  ein*),  bei  welcher  sich  der  Bassist  Pietro  Angelleli  betheiligte, 
der  seit  1792  zur  königl.  Kapelle  gehörte  und  an  S.  Carlos  noch  18U3  sang. 
1798  erschien  der  letzte  der  hervorragenden  Castmien,  der  (Jontraltist 
(ilirolamo  Crescentini,  und  erregte  einen  Sturm  des  Beifalls.  IHUl 
wurde  er  Impresario  und  engagirte  eine  gewählte  Truppe,  die  selbst  jener 
berühmten,  unter  David  Perez**)  vereinigten,  nichts  nachgab.  Neben  Cres- 
centini, der  Lissabon  erst  1803  verliess,  glänzte  die  berühmte  Angelica 
Catulaui,  welche  vom  Ende  des  Jahres  18U1  bis  zum  Iferbst  180G  anwesend 
war;  ebenso  gehörten  Elisal^etta  Gafforini,  ausgezeichnet  im  komischen  Genre, 
der  Sopranist  Pietro  Mattucci,  der  Bassist  Ludovico  Olivieri  und  die 
Bufibsängcr  Gaetano  Nery  und  Giuseppe  Naldi  bis  1806  zu  dieser 
Truppe;  der  Letztere  war  der  Vater  der  bekannten  Sängerin  dieses  Namens 
und  er  selbst  ein  vorzüglicher  Künstler  seines  Faches.  Als  er  Lissabon  1806 
verliess,  wurde  er  noch  dreizehn  Jahre  lang  der  Liebling  des  Londoner  Publikums. 
Der  berühmte  Tenor  Domenico  Mombelli,  verweilte  noch  länger  in  Lissabon 
als  seine  Genossen  und  gehörte  noch  zu  der  Truppe  von  1806,  bei  welcher 
Eufemia  Eckart  und  die  gefeierte  Marianna  Sessi  Prime  donnc  waren. 
Trotzdem   stand  diese  Truppe  der  vorhergehenden  bedeutend  nach. 

In  den  ersten  Jahren  war  in  S.  Carlos  das  Rcpertoir  aus  den  besten 
Opern  von  Cimarosa,  Paisiello,  Sarti  und  Borghi  zusammengestellt.  Man 
gab  unter  anderen  y>la  Molinarcm  (1793)  und  rtNiiia  pazza^f.  (1794)  von  Paisiello, 
auch  nGiulio  Sahinou  (1798)  von  Sarti.  Und  nun  erschienen  auch  die  Opern 
von  Marcos  Antonio  in  Portugal.  Es  gelangten  deren,  und  wahrscheinlich 
in  Abwesenheit  des  Componisten,  der  sich  in  Italien  befunden  haben  wird, 
vom  ersten  Semester  1799  an  zur  Aufführung.  Crescentini  sang  in  der 
»Donna  di  (jenio  voluhilev.;  der  berühmte  Principe  di  Spazzacaraino,  welcher 
Dank  der  Zuvorkommenheit  der  Ccnsur  in  Lissabon  zum  Baron  herabgesetzt 
wurde,   folgte  dieser.***) 

Vielleicht  war  es  der  Erfolg  seiner  Oi^ern  an  S.  Carlos,  welcher  Marcos 
Antonio  bewog,  in  sein  Vaterland  zurückzukehren.  Er  wurde  daselbst  sofort 
als  Professor  am  Seminar  der  Patriarchalkirche  und  als  Kapellmeister  am  Theater 
S.  Carlos  angestellt.  In  der  Truppe  Crescentini  (1801)  figurirt  er  neben 
Valentine  Fioravanti,  dem  bekannten  Autor  der  oCanfatrice  villanea  (einer 
der  Triumphe  des  Buffosängers  Naldi)  und  der  r>CamiUa<i  (geschrieben  und  auf- 
geführt in  Lissabon),  als  Componist.  Der  Italiener  erhielt  jedoch  einen  etwas 
höheren  Gehalt  als  sein  portugiesischer  College f),  während  sich  Marcos  Antonio 
grösserer  Populai'ität  erfreute,  zum  Theil  vielleicht  seiner  intimen  Beziehung  zur 
Catalani  wegen,  welche  viel  unter  seiner  Leitung  studirte  (nicht  wie  man  be- 
hauptet unter  Crescentini).  Sie  sang  in  zehn  seiner  Opern  (gemeinschaftlich 
mit  Crescentini  in  dreien)  und  die  Musik  Marcos  Anton  io's  behielt  ihre 
Anziehungskraft  im  ßepertoir  der  grossen  Sängerin.  In  Lissabon  debütii'te 
sie    in    der    »Setnirmnidea    dieses     Meisters,     und     fünf    Jahre     später     auch    in 


*)  Fonseca  Benavides  in  ArcJi.  pitt.  von  18G0,  p.  149. 

**)  Die  Gehälter  der  Künstler  waren  eminn:  die  Catalani  erhielt  50,000  Francs, 
die  Gafforini  18,000  Francs,  ebenso  Mombelli,  Mattucci  und  Naldi.  Die  unt^ir- 
geordneten  Mitglieder  wurden  mit  2500—12,000  Francs  bezahlt.  Die  Gesamintsumme 
der  Unterlialtuiig  der  Truppe  belief  sich  auf  275,000  Fres.  Man  sehe  die  Kinzellieiten 
bei  Iniioeencio  in  Arch.  pittor.  von  1S(>8,  p.  '^\'i. 

***)  Schon  früher,  1794,  war  die  ()|)er  in  der  Rtia  dos  Comics  unter  dem  Titel: 
»Basculho  da  Chamuw«  portugiesisch  aufgeführt  worden,  ebenso  wie  eine  Uebersetzung 
des  Rinaldo  d'Asti. 

j)  Fioravanti  erliiclt  jälulieh  4000  fr.  und  Marcos  Antonio  3360  fr.  1807  befand 
sich  Fioravanti  bereits  in  Paris. 


536  '  'Lii'tugicöisitlic  Muöik. 

Londuii,  indem  sie  dort  die  berühmte  Arie  uua  der  tiofoiiisbe :  »Son  re</i/iav, 
welche  Marcos  Autonio  für  sie  geschrieben  liaite,  einlegte,  und  welche  auch 
das  Paradestück  ihres  Concertrcpertoirs  blieb,*)  Der  portugiesische  INIeister 
entfaltete  an  S.  Carlos  eine  bedeutende  Thätigkeit;  jedes  Jahr,  bis  einschliess- 
lich 1806,  schrieb  und  führte  er  daselbst  ein  oder  zwei  neue  Opern  auf,  und 
studirte  während  dieser  sechs  Jahre  einige  zwanzig  Werke  verschiedener  Com- 
ponisten  ein,  darunter  ausser  den  Opern  von  Cimarosa,  Paisiello  uiul 
Zingarelli,  yiOrJ'cov.  von  Gluck  (18U1)  und  »la  Clcmcnza  di  Tiioa  von  Mozart 
(1806)  unter  Mitwirkung  der  Catalani. 

Das  Jahr  1807  ist  das  der  französischen  Invasion  durch  Junot.  Mau 
weiss,  dass  bei  der  Annährung  des  Feindes  der  Regent  mit  der  wahnsinnigen 
Königin  und  dem  ganzen  Hofe  am  27.  November  1807  sich  nach  Brasilien 
einschulte.  Das  Theater  scheint  während  dieses  ganzen  Jahres  geschlossen 
gewesen  zu  sein;  auch  finden  wir  Marcos  Antonio  in  Italien,  wo  er  zwei 
neue  Opern,  in  Florenz  und  in  Livorno,  in  Scene  gehen  lässt.**)  Dies  mag 
auch  die  Veranlassung  sein,  aus  welcher  er  dem  Hofe  nicht  nach  liio  de  Janeiro 
folgte.  Im  Sommer  1808  befand  er  sich  in  Lissabon  und  leitete  in  S.  Carlos 
auf  Befehl  des  feindlichen  Generals,  zur  Geburtstagsfeier  des  Kaisers  Napoleon  I., 
den  y>Demofbonte«,  welchen  er  mit  neuer  Musik  versehen  hatte.  Die  Truppe, 
welche  bei  dieser  Gelegenheit  zusammengebracht  wurde,  bestand  nur  aus  unter- 
geordneten Kräften;  allem  Anschein  nach  hat  sie  sich  jedoch  erst  1810  nach 
der  Vorstellung  einer  neuen  Oper  von  M.  Antonio  y>il  Triovfo  di  Gusmano» 
aufgelöst.  Ein  Jahr  danach,  1811,  ging  Marcos  Antonio  über  den  Ocean, 
um  die  Ausübung  seiner  Funktion  als  königlicher  KajDellmeister  wieder  auf- 
zunehmen. 

W^ie  erwähnt,  hatte  der  Hof  sich  nach  Brasilien  geflüchtet;  er  langte 
1808  daselbst  an.  Die  Königin  D.  Maria  I.  starb  hier  1816  und  der  König 
D.  Joao  VI.  verblieb  bis  1821,  dem  Jahre  seiner  Rückkehr  nach  Portugal, 
worauf  die  National- Versammlung  seinen  ältesten  Sühn  D.  Pedro  I.  (IV.  von 
Portugal)  zum  Kaiser  von  Brasilien  jjroklamii'te. 

Vom  musikalischen  Gesichtspunkt  aus  betrachtet,  war  diese  berühmte 
Colonie  kein  ganz  unfruchtbares  Feld.  Die  portugiesischen  Colonisten 
verpflanzten  das  nationale  Genre  der  modinha,  das  in  Portugal  durch  die  »Op  er n 
des  Juden«  zu  grosser  Beliebtheit  gelangt  war,  dahin,  und  erhielten  es  lange  Zeit 
intact;  die  Jesuiten  ihrerseits  führten  die  Kirchenmusik  und  die  Unterweisung 
in  derselben  daselbst  ein.  Im  18.  Jahrhundert  hatten  sie  sogar  in  ihrem  Collegium 
zu  Santa  Cruz  (bei  der  Ankunft  des  Hofes  in  eine  königliche  Residenz  um- 
gestaltet) eine  Musikschule,  »das  afrikanische  Conservatorium«  genannt, 
errichtet,  welches  für  Neger  beiderlei  Geschlechts  bestimmt  war.***)  Der  be- 
deutendste der  Schüler  dieses  Instituts  war  der  Mulatte  und  Priester  Jose 
Mauricio  Nunes  Garcia  (1767 — 1830),  welcher  zur  Zeit  der  Ankunft  des 
Hofes  in  Rio  de  Janeiro  das  Amt  eines  Organisten  an  der  Kathedrale  daselbst 
versah.  Acht  Monate  nach  seiner  Ankunft  ernannte  ihn  der  Regent  zum 
Inspektor  der  Musik  der  königlichen  Kapellen  von  Sta.  Cruz  und  S.  Christovao, 
mit  einem  Gehalte  von  ungefähr  3000  Frcs.  Endlich  schmückte  ihn  der  Regent, 
um  das  hämische  Wesen  der  europäischen  Musiker,  welche  ihre  Missachtung 
für    den    Mulatten    nicht    verbargen,    zum    Schweigen    zu    l)ringen,    1810    eigen- 


*)  Die  andern  grossen  Sänger,  welche  die  Musik  von  Marcos  Autonio  saugen, 
waren  der  berühmte  Mar  che  si  und  die  Grassini  au  der  So  ala  zu  Mailand  in  »Demo- 
foDufe«  (171)4);  die  Billington,  für  die  er  sein  bestes  Werk  '''Fernando  in  Messico« 
schrieb,  in  welchem  sie  in  Rom  (1797)  und  in  London  (1803)  saug,  wo  sie  auch  sjiäter 
mit  IJraham  in  der  »Argenlden  auftrat;  die  Gafforini  und  die  Sessi  saugen  jede  hi 
zweien  seiner  Opern;  Mombelli  in  sieben  und  Mattucci  in  fünf;  "La  Donna  di  (/enio 
volubileu  wurde  1813  in  Paris  der  Schwauengesang  der  armen  liarili. 

**)  Pougiu.    Supplem.,  t.  II,  p.  363. 

***)  Balbi.  Essai  statist.,  vol.  II  und  Jose  Silv.  Eibeiro,  Hist.  dos  eslah.  scient. 
t.  IV,  p.  323. 


l'Hrtiif;ifhisrhe  Mii.Hik.  5ii7 

liäiulij^f  mit  dem  Kicu/  ilcs  C'liristusordtnis.  Xiicli  der  Aidciiiill  de«  hcriihitden 
Marcos  Antun  io  tlioilto  dei-  IMiihitlc!  mit.  diesum  die  liuliu  Ötuliun;^  eines 
ersten   Componisten   der  kiMiiglichun    KapcllL-.*) 

Marcos  Antonio,  der  von  seinem  vierzehnten  Jahre  an  viel  Kirelicn- 
uiusik  gcschrielien  hatte,  deren  Manuscripte  in  der  T'ildidthek  von  Ajuda  auf- 
bewidut  sind**),  entwickelt!'  in  Rio  de  .Inneiro  eine  grosse  Tliätigkeit  auf  diesem 
(lel)it  te  der  C^oniposition  und  schrieli  für  die  königliche  Kapelle  einige  zwanzig 
Sliicke  von  hedeutendem  Umfang.  Das  Verdienst  dieses  Theiles  seiner  Wirk- 
samkeit wird  verschiedentlich  geschützt;  man  lobt  indessen  sehr  ein  »T/?  Daum«. 
mit  Begleitung  des  Orchesters,  Frühmesse;  n  und  eine  Se([uenz  für  sechs 
Orgeln***),  welche  für  die  Basilika  von  ^faira  bestimmt  war.f)  Von  den 
patriotischen  Hymnen  und  der  Instrumentalmusik  sagt  Vasconcellos  nicht 
viel  Gutes. 

Kaum  in  Brasilien  angekommen,  brachte  IM.  Antonio  seinen  neuen 
t>J)rinoJ'oontt<^i  und  eine  portugiesische  Burleta  seiner  Composition  zur  Auf- 
führung. Diese  letztere  wurde  von  den  Sclaven  des  Regenten,  das  heisst 
von  den  Neger-Zöglingen  des  afrikanischen  Conscrvatoriums,  ausgeführt,  deren 
Leitung  der  berühmte  INIeister  in  Gemeinschaft  juit  seinem  Bruder  Simäo 
Portugal,  welcher  als  Hoforganist  in  Brasilien  blieb,  ül)ernahm.  Zu  dieser 
Zeit  gab  es  in  Kio  de  Janeiro  ein  grosses  öffentliches  Theater  noch  nicht, 
erst  am  12.  Oktober  1813  eröffnete  mau  eines,  genannt  S.  Joäo,  und  führte 
daselbst  ein  Gelegenhettsstück,  zu  welchem  die  Musik  von  Marcos  Antonio 
war,  auf.  Er  wird  viele  Instrumeutalisten  und  Sänger  von  Portugal  mit  sich 
geführt  haben,  jedoch  scheint  es,  dass  von  den  letzteren  die  meisten  Portugiesen 
waren.  Mit  Auszeichnung  wird  eine  Sängerin,  Maria  Candida  und  der 
Mulatte  Joäo  dos  Reis,  ein  trefflicher  Bassist,  genannt.  Das  Theater 
S.  Joao  konnte  IGOU  Zuschauer  aufnehmen,  und  ward  bis  zur  Feuersbrunst, 
welche  es  im  Jahre   1823  zerstörte,  von  Marcos  Antonio  geleitet. 

Der  Meister  blieb  aber  nicht  in  Rio  ohne  Europa  noch  einmal  zu  besuchen 
und  es  ist  Grund  vorhanden  zu  glauben,  dass  er  sich  1815,  nachdem  er  zu 
der  Würde  eines  Commandeurs  des  Christusordens  erhoben  worden  war,  und 
vom  nlnatitut  dt: ,  France<i  das  Diplom  eines  correS[)ondirendeu  Mitgliedes  er- 
halten hatte,  nach  Mailand  reiste,  wo  er  in  der  Scala  daselbst  eine  seiner 
besten  Opern  aus  der  Lissaboner  Zeit:  »/a  Morte  cU  Mitridateff-  uud  Im  Theater 
Re  eine  neue  Part'tur:  nÄdriano  in  Syrla».  zur  Aufführung  brachte.  Auf  dem  Wege 
dahin  besuchte  er  vielleicht  London,  wo  man  am  3.  .hini  desselben  Jahres  eine 
andere  seiner  ungedruckten  Opern:  »Barseni,  reylna  di  Lidia«  auf  die  Bühne 
brachteff).  1816  und  1819  nahm  man  in  Lissabon  noch  die  eine  oder  die  andere 
seiner  alten  Partituren  in  S.  Carlos  wieder  auf;  es  war  dies  aber  das  letzte 
Aufleuchten  seines  Ruhmes,  denn  der  Glanz  des  Gestirnes  Rossini  verdunkelte 
ihn  nun  ohne  Wiederkehr.     Die  Wiederaufnahme  eine  seiner  Bufl'o-Opern  würde 


* )  Man  sehe  sein  Elogio  vom  Poeten  Porto  Alegre  ( Revinta  (rimoisal  do  Lis/ifufo, 
liaud  XIX),  welcher  ihn  mit  Jose  Mam-icio  von  Coiml)ra  verwechselt.  Nunes  Garcia  hatte 
IJrasilien  niemals  verlassen. 

**)  Die  Maniiscripte  von  einem  Dutzend  ( )iieru  des  Marens  Antonio  sind  in  den 
beiden  grossen  IJiltliuthekcn  zu  Lissabon  autljcwahrt.  Noch  andere  lindet  man  in  l'rivat- 
biblintlieken.  Man  hat  (Paris  bei  Girod)  zwei  Terzette  aus  "/a  Donna  di  gcnio  ooluhilc« 
und  ein  Duett  mid  ciiu;  Arie  aus  "l'Oro  iioii  compra  amore«  gestochen. 
***)  Vasenncellos.  Mus.  purL  t.  II,  ji.  94. 
f)  Sein  hymno  da  patria  war  in  Portugal  bis  zum  Jahre  1S:U  ül)lieh,  dem  Jihre. 
hl  welchem  er  durch  den  Iii/miio  da  Contifi/iiift'io,  eine  dem  \).  Pedro  IV.  zuges.lnii-liene 
Art  Marsch  verdrängt  wurde.  Die  Keihe  der  patriotischen  Hymnen  in  Portugal  ist 
mizählbur;  vom  Pianisten  Innocencio  hIUmu  existirten  eine  ganze  Serie.  Der  lieniinnte 
Poet  Garrett  machte  sie  läeherlicli  so  viel  er  konnte;  in  .seinem  Koman  o  Jrcu  de  Sitnf' 
Anna  (t.  II,  p.  5(4)  wollte  er  sie  auf  die  schlechttm  Statuen,  welche  sich  auf  der  öff'ent- 
lichen  Promenade  von  Lissabon  befinden,  oder  auf  das  MosaikpHaster  des  Platzes  do 
iioeio,  eingegraben  sehen. 

tt)  Grove.    A  Dict.  of  Music,  B.  III,  S.  19. 


538  Portugiesische  Muöili. 

indessen  vielleicht  den  Versuch  gelohnt  hahen,  denn  gerade  in  diesem  Genre 
entfaltet  die  italienische  Oper  ihre  ganze  Originalität. 

Marcos  Antonio  war  nach  allen  Seiten  hin  der  Eingeweihte  dieser 
Schule,  er  besass  in  hohem  Grade  die  Fähigkeit,  sehr  sangbar  zu  schreiben 
und  Melodien  zu  finden,  die  zwar  nicht  besonders  eigenartig,  doch  immer 
angenehm  und  blühend  wirkend  und  manchmal  sogar  stilvoll  waren.  Im 
komischen  Genre  fehlte  ihm  Schwung  und  Grazie  niemals,  wogegen  ihm  die 
Individualisirung  manchmal  fehlschlug.  Was  die  Faktur  betrifft,  so  war  sie 
hauptsächlich,  namentlich  in  Bezug  auf  Instrumentation,  etwas  naiv,  indem  sie 
dem  Einflüsse  Mozart 's  und  selbst  Rossini's  fern  geblieben  war,  deren 
Musik  er  nur  in  Mailand  bei  seiner  letzten  Anwesenheit  daselbst  zu  hören 
Gelegenheit  gehabt  hatte,  eine  Epoche,  in  welcher  seine  eigene  Laufbahn  bereits 
abgeschlossen  war.  Seine  Werke,  welche  sich  in  ganz  Europa  einer  grossen 
Popularität  erfreuten  *) ,  gehöi'en  der  italienischen  Schule  an ,  jeuer  Epoche, 
zwischen  Paisiello  und  Rossini,  diejenigen  Nasolinis  und  der  Fioravantis 
bei  weitem  überragend,  weniger  gelehrt  als  Paer  und  Simon  Mayr,  war  er 
ein  Nebenbuhler  von  Guglielmi  und  Zingarelli  und  überragte  sie  vielleicht. 
Die  grössern  italienischen  Meister  der  Epoche,  Cimarosa  und  Paisiello, 
legten  einen  ziemlichen  Werth  darauf,  in  ihre  02)ern  mehi'ere  Stücke  seiner 
Composition  einzulegen.  Der  Charakter  von  Marcos  Antonio  galt  für  leut- 
selig und  umgänglich;  nach  anderen  wieder  wäre  er  von  Begier,  Dünkel  und 
sogar  Eifersucht  nicht  ganz  frei  zu  sprechen  gewesen.**)  In  Rio  erwarb  er 
noch  mehrere  Aemter,  selbst  ausserhalb  des  künstlerischen  Gebietes.  Er  wird 
seinem  Oollegen  Nun  es  Garcia  das  Leben  wol  etwas  sauer  gemacht  haben***) 
und  betrachtete  die  Ankunft  Sigismuud  Neukomm's  in  Brasilien,  eines  Schülers 
von  Joseph  Haydn,  welcher  um  den  Infanten  D.  Pedro  f)  in  der  Composition 
zu  unterrichten,  dort  hingerufen  war,  mit  scheelem  Auge.  Obgleich  der  deutsche 
Tonkünstler,  welcher  1816  ankam  (das  Jahr  in  welchem  wahrscheinlich  die 
Rückkehr  von  M.  Antonio  aus  Italien  erfolgte),  bis  zum  Jahre  1821  dort  blieb, 
war  es  ihm  weder  gelungen  dort  Unterricht  zu  ertheilen,  noch  seine  Werke  zur 
Aufführung  zu  bringen ;  eine  Messe,  die  er  zu  diesem  Zwecke  componirt  hatte, 
wurde  der  Censur  und  der  Beurtheilung  von  Simao  Portugal  und  eines 
höchst  mittelmässigen  Kirchencomponisten  Namens  Maziotti  untervvorfen.ff) 

Die  letzten  Lebensjahre  Marcos  Antonio's  verliefen  bis  zur  Abreise 
des  Königs  D.  Joäo  VI.  nach  Europa,  in  der  Ausübung  seiner  verschiedenen 
Fvinktionen;  er  hatte  sogar  in  dieser  Zeit  für  die  Hochzeitsfeierlichkeiten  des 
Infanten  D.  Pedro  (1817)  eine  dramatische  Serenade  geschrieben,  und  1820 
eine  letzte  grosse  Messe,  Bald  darauf,  da  er  sich  schwächer  und  schwächer 
fühlte,  nahm  er  die  Gastfreundschaft  einer  alten  Freundin,  der  Marquise  von 
Aguiar,  in  Anspruch;  in  deren  Hause  er,  in  Folge  eines  wiederholten  Schlag- 
anfalles am  7.  Februar  1830  starb.  Seine  sterblichen  Reste  ruhen  in  der 
Kapelle  eines  Franziskanerklosters  der  brasilianischen  Hauptstadt.fff) 


*)  Die  Opern  Marcos  Antonio's  wurden  mehr  oder  weniger  überall  gesun- 
gen; zwei  derselben  sind  ins  Deutsche  (»der  Teufel  ist  los«  und  »Verwirrung 
durch  Aehnlichkeit«  —  le  Bonne  cambiate  und  i  Due  Gohbi)  und  drei  ins  Kussische 
übersetzt. 

**j  Man  sehe  über  diesen  Gegenstand  die  Briefe  eines  gewissen  San  tos  Marrocos, 
zu  Rio  von  1811 — 1817  geschrieben,  und  welche  vom  Dr.  Guimarfies  im  Jornal  do 
Commercio  von  1870  Nr.  4892  im  Auszug  veröffentlicht  sind. 

***)  Innocencio,  in  Arch.  fitt.  von  1868,  p.  351. 
t)  D.  Pedro  IV.    spielte    mehrere    Blasinstrumente   und    componirte    eine    Oper, 
deren  Ouvertüre  im  italienischen  Theater  zu  Paris  1832  aufgefiüirt  wurde. 

tt)  Jf>se  Silv.  Ribeiro.    Rist.  t.  IV,  p.  327. 

tit)  Man  .seile  die  Biographien  Marcos  Antonio  von  Innocencio  Francisco 
da  Silva  \S.\\\\^  P^v\jik.Q\'va.  Arch.  pittor.  von  1868)  imd  von  Dr.  Guimaräcs  (fünf  Artikel 
im  Jornal  do  Commercio  von  1870).  Die  88  Seiten  welche  diesem  Meister  in  Mus.  fort. 
t.  II,  p.  44  u.  flg.  von  Vasconcellos  gewidmet  sind,  enthalten  ebenfalls  interessante 
Details.    Mau  selie  auch  den  Catalog  der  Werke  von  M.  Antonio,  welcher  von  ihm  selbst 


l'ortu^ieaiuubc  Miiaik.  539 

Dio  Pflege  der  Musik  »cliritt  im  ersten  Viertel  unsercH  Jaluliunderts  in 
Lissabon  selir  schnell  vorwärts.  In  den  ersten  Jahri-n  fusselte  noch  die;  ganze 
Aufmerksamkeit  der  Liehliaher  die  Oper,  und  aucli  in  den  Concerteu  handelte 
es  sich  nur  um  Vocalmusik.  Ausnahmen  dürften  selten  gewesen  sein;  eine 
derselben  war  im  üctober  179l>  das  Erscheinen  des  berühmten  Violoncellisten 
Bei-nhard  llomberg  in  Lissaljon.  Die  begabtesten  Dilettanten  jc^ner  Epoche 
cultivirtcu  nur  den  Glesang;  man  nennt  D.  Maria  Benedicta  de  lirito  e 
Cunha,  welche  ihre  schöne  Sopranstimme  sehr  gut  zu  behandeln  verstand. 
Die  Claviere  waren  noch  sehr  selten  in  Lissabon,  man  zählte  zwanzig  im 
Jahre  1809,  während  1821  bereits  fünfhundert  vorhanden  waren,  meist 
englischer  Fabrikation,  denn  die  einheimischen  Ciavierbauer  hatten  noch  bis 
heutigen  Tages  kein  (ilück  damit.  Gute  Pianisten  gab  es  dort  schon  vor  der 
Flucht  nach  Brasilien.  Der  Improvisator  Bachicha  folgte  dem  Hofe  dahin, 
und  starb  dort  im  Wahnsinn;  ein  anderer  vortretnichcr  Clavierspieler  in  Brasilien 
war  der  Abbe  Justin  iano.  In  Lissabon  waren  die  Dilettanten  Gregorio 
Franchi,  welcher  sich  1817  in  England  niederliess,  D.  Maria  Izabel  Matta, 
der  Hauptmann  Torriaui  (f  1821)  und  der  Capitain  Neri,  welcher  gleich  nach 
dem  Tode  des  letzteren  in  Mozambique  Dienste  nahm,  sehr  geschätzt.  In 
Porto  glänzte  Rocha  Pinto.  1816  hielt  sich  Neukomm  auf  seiner  Durch- 
reise nach  Brasilien  einige  Wochen  in  Lissabon  auf,  Hess  sich  jedoch  nur 
in  Privatkreisen  hören,  welche  damals  sich  mit  Vorliebe  der  Pflege  ernster 
Musik  hingaben.  Das  Haus  des  Jose  Dias  Pereira  Chaves  (f  1824)  stand 
an  der  Spitze-der  Bewegung,  und  rivalisirte  mit  dem  des  Handelsherrn  Driesel, 
welcher  bei  sich  die  Kammermusik  von  Haydn,  Mozart  und  Hummel  cul- 
tivirte.  Schon  1808  führten  Liebhaber  eine  Sinfonie  von  Mozart  und  1816 
die  erste  Sinfonie  von  Beethoven  auf.  1821  constituirte  sich  auf  Anregung 
Driesels  und  eines  anderen  deutschen  Kaufmanns  Klingelhöfer  ein  Dilettanten- 
Orchester,  welches  im  Laufe  des  ersten  Jahres  einuudzwanzigmal  zusammen- 
trat. Die  Orchester  von  Lissabon  besassen  einige  gute  Künstler,  zu  welchen 
der  Violinist  Freitas,  Vater,  und  der  Violoncellist  Griordani,  der  Hornist 
Gazulla  und  der  Clarinettist  Canongia,  Vater*),  gehörten. 

Zu  dieser  Zeit  kehrte  Joäo  Domingos  Bomtempo  (1775 — 1842),  ein 
ausgezeichneter  Pianist  und  Componist**),  nach  Lissabon  zurück,  nachdem  er 
fünfzehn  Jahre  in  Paris  und  in  London,  wo  er  sich  einen  Namen  gemacht 
hatte,  seinen  Wii'kungskreis  gehabt  hatte.  Er  wurde  während  der  nächsten 
zwanzig  Jahre  nach  seiner  Rückkehr  die  Seele  des  Musiklebens  in  Lissabon. 
Nicht  allein  dass  er  daselbst,  wie  wir  sehen  werden,  ein  Conscrvatorium 
errichtete  und  unter  der  constitutionellen  Regierung  die  königliche  Kapelle 
dirigirte,  sondern  er  rief  auch  in  Lissabon  im  Januar  1823  eine  Con- 
certgesellschaft,  die  Philharmonische  genannt,  ins  Leben,  welche  einen 
Moment  des  Glanzes  gehabt  hat.  Man  hörte  dort  nicht  allein  die  Orchester- 
werke von  Bomtempo  selbst***),  sondern  auch  die  von  Haydn,  Mozart, 
Beethoven,  Romberg,  Mehul  u.  a.  Das  Unternehmen  bestand  nur  kurze 
Zeit,  während  die  grossen  Aufführungen  der  Kirchenmusiken  keine  Unter- 
brechung erfuhren.     Die  geistliche  Brüderschaft  der  heil.  Cäcilia  führte  an  ihrem 

herrühren  soU,  von  Porto  Alegi-e,   Eci'ista   trimensal  do  Instituto  von  1866,  p.  200  und 
folgende. 

*)  Vasconeellos:  Arte  nuis.  em  Lisboa,  h»  Arte  musical  von   t!ST5,  Nr.  54. 
**)  Siehe  seiner  Hiogiii|iliie  halber:    Mncmotiiie  lif<i/uiia  von   iyi7  t.  II,  p.  345  und: 
o  Lwc.ffifiadur  purfuguez  Nr.  LXII.  p.  '-'05;    Nr.  XXITI,  p.  :W5;    Nr.  LIX,  p.  :t5!t. 

***)  IJomtempo  achrieli  unter  anderem  zwei  (^•ueerte  nnd  viele  \'ariatinnen  für 
Ciavier;  eine  Sonate,  gestoclien  in  Paris  1803,  und  eine  Claviersehule,  virötVentlielit  in 
London  IHlfi.  Im  Allgemeinen  haben  die  Portugiesen  die  Instrunu-ntahnuaik  sein-  wenig 
geptlegt.  Waxel  iJ/c/uns  fra^-us  u.  s.  w.  3.  Art.)  spricht  von  -coiicer/os  ffrogsu.t^  von 
Antonio  Pereira  dii  Costa  (7  1770),  Kapellineisfer  der  Kathedrale  zn  Funelial,  lu'raus- 
gegeben  in  London;  Vaseoncellos,  Mus.  pur/.,  fnlnt  sechs  Sfrcicluiuartelte  des  Violi- 
nisten Almeida  an,  gestochen  1798  zu  Paris,  Ouvertüren  von  Freitas  (Vater)  u.  h.  w. 


54Ü  rmtugicsir^clic  MusUi. 

Stirtuugöleste  am  29.  November  jeden  Jahres,  Ins  1825,  das  »liequiema  von 
Jomelli  und  die  Responsorien  von  David  Perez  abwechselnd  auf.  Seit  1803 
wurde  auch  das  t> Requiems  von  Mozart  oft  gehört.  1821  leitete  Bomtempo 
persönlich  die  Aufführung  seiner  hohen  Messe  und  später  mehrere  nUcquion's«. 
Ein  »Requiem«  war  zum  Gediichtuiss  Camoens  (gestochen  in  Paris)  geschrieben, 
und  wäre  nach  dem  Urtheile  Vasconcellos*)  in  der  melodischen  Erfindung 
schwach,  im  Styl  dem  Mozart's  gleichend.  Es  würde  dies  ein  vereinzeltes  Beispiel 
seia,  denn  die  portugiesischen  Kirchencompünisien  der  ersten  Hälfte  unseres 
Jahrhunderts  waren  ganz  anderen  Einllüssen  unterthan.  Die  einen  folgten  den 
Bahnen  von  Jomelli  und  Perez,  die  anderen  übei'liessen  sich  einfach  der 
Nachahmung  dessen,  was  man  in  der  italienischen   Oper  hörte. 

Die  erste  dieser  Strömungen  fand  in  zwei  gelehrten  Musikern  ihre  Reprä- 
sentanten: Fr.  Jose  Marques  (f  1837),  ein  Schüler  Baldy's  und  Kapell- 
meister im  Palast  Bemposta,  Componist  einer  grossen  Anzahl,  in  Portugal 
geschätzter  Kirchenmusikstücke,  bei  welchen  der  Ernst  des  Stils  eine  melo- 
dische Erfindung  nicht  ausschloss;  Antonio  Jose  Soares  (1783—1865),  ein 
Schüler  von  Leal  Moreira,  dessen  Stil  in  seiner  Messe  etwas  schwerfällig 
erscheint.  Jose  Marques  hatte  zahlreiche  Schüler  gebildet,  von  denen  einige 
in  seine  Fusstapfen  traten:  Francisco  Xavier  Migone  (1811 — 1861),  Com- 
ponist einer  bedeutenden  grossen  Messe**)  und  Joäo  Fradesso  Bello  (f  1861), 
welcher  in  Madeira  lebte.  Andere  hingegen  Hessen  sich  von  theatralischen 
Einflüssen  verführen,  welche  auch  die  Kirchenmusik  in  Portugal,  gegen  das 
Ende  der  Regierung  D.  Joäo  VI.,  gewaltsam  überfluteten.  Di«ser  Monarch 
verlangte  von  Eleutherio  Franchi  Leal,  Professor  am  Seminar  der  Patriarchal- 
kirche  im  Jahre  1823,  Frühmessen  für  das  Fest  der  Empfängniss  Maria's  und 
eine  Messe  und  ein  Te  De  um  für  das  Fest  der  Proklamirung  der  Constitution. 
Der  Componist  lieferte  bei  dieser  Glelegenheit  eine  völlig  theatralische  mit 
Figurenwerk  überladene  Musik.  Noch  mehr  übertrieben  Avurde  diese  Richtung 
von  jenen  musikalischen  Ausschreibern  der  italienischen  dramatischen  Musik, 
unter  denen  einem  Schüler  des  Jose  Marques,  Joaquim  Casimire  (1808  bis 
1864)***),  Kapellmeister  der  Patriarchalkirche ,  die  erste  Stelle  gebührt;  man 
nannte  ihn  den  portugiesischen  Donizetti,  was  für  einen  Kirchencora- 
ponisten  bezeichnend  genug  ist.  Wenn  wir  M.  Roederf)  Glauben  schenken, 
so  besitzen  die  Azoren  in  dem  Geistlichen  Joaquim  Silvestre  Serrao  (1801 
bis  1877),  seit  1841  Kapellmeister  der  Kathedrale  von  Ponta  Delgada,  einen 
Componisten  von  Kirchenmusik,  welcher  der  besten  Epoche  der  neapolitanischen 
Schule  des  18.  Jahrhunderts  würdig  ist.  Er  schrieb  81  Stücke  für  das  Officium 
der  heiligen  Woche,  einige  fünfzig  Responsorien  u.  a.  Diese  ganze  Kirchen- 
musik ist  nicht  gedruckt  und  cirkulirt  nur  in  zahlreichen  Abschriften.  Das 
Beispiel  von  1755  dürfte  den  Freunden  der  nationalen  Kunst  zu  denken  geben, 
denen  es  für  ihr  Land  obliegt,  dem  Beispiele,  welches  im  benachbarten  König- 
reiche der  berühmte  Verleger  Eslava  gegeben,  zu  folgen.  Bedauerlicherweise 
giebt  es  in  Portugal  keinen  Musik  Verleger  der  diesen  Namen  verdiente. 


*)  Mus.  port;  t.  I,  p.  23. 

**)  Siehe  seine  Biograjihie  von  Monteircj  de  Almeida,  Illush'a^'au  populär.  B.  III. 
'■'•'■')  Sielie  seine  Biograiihie  von  Firnio,  Chron.  dos  theatros  von  1867,  Nr.  15.  In 
Bezug  auf  diese  ganze  Schule  der  Kircheuuuisik  siehe  WaxcI.  A  Musica  em  Portugal, 
T.Art.  Die  anderen  Componisten  derselben  ßichtung  waren:  Oliveira  Paixäo  (t  1833 
zu  Madeira),  J.  Griordani  (7  1858),  Maziotti,  Osternbold,  Pinto  if  1861),  Costa 
(7  1854  zu  l'orto),  Azevedo  Varella  in  Gidmaräes  u.  a.  Ein  Conipunist,  A.  Carrero, 
schrieb  Frühmessen  über  Themen  aus  »Robert  der  Teufel«  und  »Der  schwarze 
Uoniiuo«  u.  s.  w.  Vasconcellos,  3Ius.  port.  t.I,  p.  42  hat  Unrecht,  wenn  er  den  Bischof 
D.  Joaciuini  Menezes  e  Atliaide  mit  diesen  Plagiatoren  in  eine  Categorie  setzt.  Dieser 
Prälat,  geboren  in  Braga,  nahm  den  bischöflichen  Stuhl  in  Funclial  von  1812 — 1820  ein 
und  starb  1821  auf  Gibraltar.  Er  war  Lebemann  und  schrieb  Kirchenmusik  in  etwas 
leichtem  Stil,  die  jedoch  niemals  von  melodiöser  Insi)iration  cntblösst  war.  Von  seinen 
Werken  wird  vornehmlich  ein  »Requiem  <  genannt. 

j)  Dal  Taccuino,  p.  158  u.  lig. 


Porhigu'sische  Musik.  541 

T)jis  Theater  S.  Carlos  wird  uns,  du  os  nach  seinoi-  Schlicssuiiif  von  l^^l() 
zu  einer  Bühne  zweiten  Kaugea  lienibyaulc,  nicht  viel  beschältigcMi.  IHK»  öchelnt 
es  wieder  eröilnet  worden  zu  sein,  aber  die  Truppe  bestand  aus  untergeordneten 
Persönlichkeiten.  Das  Kepertoir  umlasste  jedoch  nicht  allein  die  älteren  Werke 
von  Marcos  Antonio,  von  Gugliulnii,  Zingarelli,  (Jrenei'ali,  von  Paer 
(l'Agnesc)  u.  s.  w.,  sondern  auch  noch  ^l'ltaliaiia  in  Aljüria  und  ni  Trancredia 
von  llossini.  Mit  der  Ankunft  von  Coccia,  einem  Schüler  Paisiellos,  welcher 
das  Orchester  an  S.  Carlos  von  1820 — 1823  leitete,  und  welcher  daselbst  auch 
sechs  seiner  eigenen  Opern  zur  Aufführung  brachte,  entwickelte  der  Rossini- 
Cultus  sich  mehr  und  mehr.  Allein  im  Jahre  1821  wurden  sechs  Opern  dieses 
Meisters,  darunter  »/a  Gazza  ladra»,  y>la  Oeneren/olaa  und  DOtcllo«,  aufgeführt; 
drei  andere,  darunter  »Most«,  erschienen  im  folgenden  Jahre.  1823  kam  nil 
Barbiere  di  Sivijjlian  und  182G  y>Semira7nidra  an  die  Keihe.  Neben  diesen  Opern 
wurden  auch  »Trajano  in  JJaciaa  von  Paisiello  (1821),  r>Emma  di  UrKhurijo<t 
von  Meyerbeer  (1822)  und  yiElitsa  v  Claudio«  von  Mercadante  (1823),  auch 
nTeohaldo  e  Isolinaa  von  Morlacchi  (1823),  die  letztere  mit  vielem  Erfolge 
aufgeführt.  Zu  dieser  Zeit  wahrscheinlich  glänzte  eine  junge  portugiesische 
Sängerin  Chiari,  deren  frühzeitiger  Tod  mit  der  Schliessung  des  Theaters 
S.  Carlos  zusammentreffen  dürfte.  Diese  Schliessung  des  Theaters  fand  in  Folge 
der  Bürgerkriege  statt  (D.  Miguel  und  D.  Pedro),  welche  nach  dem  Tode 
D.  Joäo   VI.   (182G)*;  ausbrachen. 

Es  scheint,  dass  das  Theater  bis  zum  entschiedenen  Siege  D.  Pedro  IV., 
im  Jahre  1834  geschlossen  blieb.  Ein  Mailänder:  Erancesco  Schira,  hatte 
von  1835 — 1840**)  die  Kapellmeisterstelle  dieses  Theaters  inne;  von  da  an 
bis  kurze  Zeit  vor  seinem  Tode  der  Sicilianer  Coppola  (f  1877),  beide  drama- 
tische Componisten,  deren  AVerke,  hauptsächlich  die  fünf  Opern  des  letztern, 
Erfolge  erzielten.  Nach  dieser  neuen  "Wiederherstellung  eines  italienischen 
Theaters  in  Lissabon,  waren  dort,  besonders  was  die  ersten  Kräfte  anlangt, 
zuweilen  sehr  gut  zusammengesetzte  Truppen.***)  Das  Repertoir  bestand 
zunächst  aus  den  Opern  Bellini's  und  Donizetti's,  nach  deren  Triumphen 
alsliald  Verdi  einzog  und  zwar  mit  allen  seinen  Partituren,  sel!)st  den 
ausserhalb  Italiens  weniger  Ijekannten.  Er  war  zwanzig  J^ahre  hindurch,  bis 
ungefähr  1865  und  ist  theilweise  noch  bis  heute  der  absolute  Beherrscher 
der  Bühne  Lissabons.  Selbst  die  grosse  französische  Oper  hatte  Mühe  sich 
Platz  zu  verschaffen.  Die  »Hugenotten«  hatten  1854  ein  Fiasco  zu  erleiden, 
und  wurden  erst  1867,  nachdem  Mongini  sie  zur  Geltung  zu  bringen  wusste, 
vom  Publikum  acceptirt.  »"Wilhelm  Teil«  wurde  erst  gegen  1864  populär, 
dank  demselben  Tenor  und  einer  vorzüglichen  Inscenirung.  Kaum  gelang  es 
Naudin  (1867)  »die  Afrikanerin«,  in  welcher  das  Sujet  die  nationale  Eigen- 
liebe verletzte,  zur  Geltung  zu  bringen.  Ebenso  Steger  die  »Jüdin«  von  Hah'-vy 
(1869).  Nur  »Faust«  von  Gounod  erzielte  1866  unter  der  Mitwirkung  der 
Volpini,  einen  sensationellen  Erfolg.  Was  das  klassische  Repertoir  anbetrifft, 
so  gab  man  nur  den  »Don  Juan«  von  Mozart,  und  auch  dieser  musstc  erst 
von   1838 — 1868  die  verschiedensten  Niederlagen  erleiden,  bis  er  zu  dem  dureh- 


*)  Der  Kapellmt'istcr  von  8.  Carlos  war  in  diesem  Augenbhck  der  l'oK;  Franz 
Mireyki,  ein  Schüler  Huuuners,  welclier  seine  Oper:  n  l>ue  Forzaü-t  aufführte  (siehe 
Sowinski:  Les  Masiriens  pißlonais,  p.  4();t). 

**)  Nicht  zu  verwechseln  mit  seinem  IJruder  Vincenzo  Schira,  gleich  ihm  Kapell- 
meister in  Lissabon,  wo  er  1857  starb. 

***)  Man  hörte  nacheinander  die  IJoceabadatti.  den  Ilass  Fornasari  und  den 
Baryton  Colletti  (I8H81;  Tauiberlick  in  seiner  Jugend  (1847),  Rosiua  Stoltz  und 
Clara  Novello  (18r)0),  die  Castelhm  unil  die  lierühinle  All)oni  (I8ö7l,  die  Tedeseo 
(18581,  den  Tenm-  Fraschiiii  (186U  -02),  dem  Mongini  ful-te  (  Ks(i'_' -(>' l;  dieser  hatte 
bedeutenden  Erfolg  und  erhielt  für  eine  Saison  (104  Vorstellungen)  12."),01>U  frcs.  (»age; 
die  IJorglii-Mamo  und  die  \'oli)ini  (18K4— Gfi),  die  Schwestern  Marehisio  und  <len 
Tenor  Saudin  (18G7),  den  liarytou  Cotogni  (1871),  liie  Sass  (1874),  die  Donadio 
(18.'Sl  I    u.   s.   w. 


542  Portugicsischf  Muaik. 

schlageuden  Erfolge  gelangte,  dei-  ihm  1871  durch  die  vorzügliche  Interpretation 
des  berühmten  Baryton  Cotogni  verschafft  wurde.  Mongini  hatte,  wie  man 
sagt  die  Absicht,  den  »Freischütz &  einzustudiren,  was  ihm  jedoch  nicht  ge- 
lingen wollte.*^ 

In  unserem  Jahi-hundert  haben  die  portugiesischen  Componisten  an  S.  Carlos 
die  Erfolge  ihrer  Vorgänger  vom  Theater  Queluz  nicht  erreicht.  Zwar  ist 
die  Zahl  ihrer,  zur  Aufführung  gelangten  Opern  gross  genug**),  doch  sind 
es  unter  diesen  im  Grunde  nur  zwei,  welche  ihrer  nationalen  Stoffe  halber, 
eine  Art  sensationellen  Erfolges  sich  erfreuten.  Es  ist  »l'Arco  de  Sunt' 
Anna»  (1868)  vom  Violinisten  Francisco  de  Sä  Noronha,  geboren  1821 
in  (luimaräes  und  ^iEitricou.  (1870)  von  Miguel  Angelo  Pereira.  Die 
Stoffe  dieser  Opern  sind  den  berühmten  Werken  des  Garrett  und  des  Herculano, 
den  beiden  grössten  portugiesischen  Schriftstellern  dieses  Jahrhunderts,  ent- 
nommen. Die  Musik  derselben  ist  nur  italienisch  und  sehr  untergeordneter 
Art.  Für  dramatische  Vorstellungen  in  portugiesischer  Sprache  hat  man  den 
Versuch  bis  jetzt  nur  für  das  komische  Genre  gemacht. 

Der  Baron  von  Quintella  (später  Graf  von  Farrobo),  einer  der  Mit- 
begründer von  S.  Carlos,  hatte  1798  in  seiner  Villa  das  Larangeiras  bei 
Lissabon  ein  Theater  eingerichtet***),  auf  welchem  während  der  ganzen  ersten 
Hälfte  des  Jahrhunderts  von  Musikfreunden  (Donna  Francisca  ßomana 
Martins  f)  und  der  Sänger  Coelho  an  der  Spitze)  sowol  italienische  und  fran- 
zösische, wie  in's  Portugiesische  übertragene  Opern  aufgeführt  wurden.  Unter 
anderen  ging  y>il  Sogno  del  Zimjarov.  von  Miro  dort  in  Scene.  Der  Sohn  dieses 
Grafen  Forrobo  war  es  auch,  der  sich  für  die  Bildung  einer  Academia  phil- 
harmonica  in  Lissabon  (nicht  zu  verwechseln  mit  der  von  Bomtempo)  lebhaft 
interessirte.  Diese  Gesellschaft  veranstaltete  vier  bis  fünf  Jahre  hindurch, 
allwöchentlich  Concertaufführungen  von  mehr  oder  weniger  ernster  Art  und 
brachte  1844  sogar  eine  kleine  portugiesische  Oper  von  Miro:  »os  Infantes 
em  Ceutaa  (Text  von  Herculano).  Auch  Daddi  am  Theater  E,  u  a  dos 
Condes  machte  1842  den  Versuch,  französische  und  italienische  komische 
Opern  in  portugiesischer  Uebersetzung  singen  zu  lassen.  Man  hörte  dort  den 
»Barbier«,  »Zampa«,  »Der  Zweikampf«,  »Pra  Diavolo«,  »Die  weisse 
Dame«  u.  a.  Jedoch  auch  dies  Unternehmen  war  von  keinem  Bestände  und 
der  einzige,  einigermassen  ernsthafte  Versuch,  eine  portugiesische  Oper  zu 
schaffen,  ist  bis  heute  eigentlich  nur  in  üio  de  Janeiro  gemacht  worden. 

Es  war  im  Jahre  1857.  Ein  Franzose  Joseph  Amat,  welcher  in  Rio 
als  Professor  des  Gesanges  wirkte,  versuchte,  unterstützt  von  einer  Truppe,  die 


*)  Das  Portugal  dieses  Jahrhunderts  hat  der  italienischen  Bühne  noch  keine  aus- 
gezeichneten Sänger  geliefiu-t,  höchstens  könnte  man  drei  Barytons  zweiter  Ordnung, 
Celestino  (1.  Aufti-itt  1844),  F.  Vieira  (1.  Auftritt  1865j  und  Ferreira  Veiga  nennen; 
einen  Tenoristen  Alfrede  Gazul,  die  Sängerin  Alba  u.  s.  w. 

"•'*)  Hier  ist  das  Verzeichniss  der  italienischen  Opern  portugiesischer  Componisten, 
welche  an  S.  Carlos  seit  Marcos  Antonio  zur  Aufführung  gelangten:  von  Antonio 
Jose  do  Rego:  1)  »il  Conie  di  Saldacfnau ;  2)  nl  Trionfo  d^Emilian  (1807);  3)  «l'Inganno 
felicei'  (1817)  und  «J^lhabefta«  (1826);  von  Antonio  Jose  Soares:  5)  »ü  Merito  esaltafo«, 
Cantate  (1818);  von  J.  Griordani:  6)  ^gli  Avventurieri  de  Cordellaa  (1826);  von  Joäo 
Evangelista  Pereira  da  Costa  (1805—18301;  7)  ^^Egilda  de  Provenza^^  (1827)  und 
8)  »Tributo  ä  viriude'^  (1828);  von  Miro,  ein  Schüler  liomtompo's;  9)  nl  So?iambido<r^ 
10)  >>il  Trionfo  di  Lysia  (1833);  11)  »^te/-«  (1837);  12)  «Virginia'.^  und  13)  4a  Marque.m« 
(1840);  von  Daddi:  14)  «Gloria  dos  Lusos»  (1835);  und  15)  »a  Despedida^'.  (1845),  Cantaten; 
von  Manuel  Innocencio  dos  Santos:  16)  «Inese  di  Castro«  (1839)  und  17)  »o  Cerco 
de  Diu»  (1841);  von  Frondoni:  18)  »un  Tema  al  lotto«  (1841)  und  19)  nl  Profugo  di 
Parga^^  (1844);  von  Migone:  20)  «Sampiero»  (1858)  und  21)  »Mocana«  (1854);  von  Thorner: 
22)  »Stefano»  (1855);  von  Sa  Noronha:  23)  «VArco  de  Sanf  Anna  (1868);  von  M.  A.Pereira: 
24)  »Eurico»  (1870);  von  Visconde  von  Arneiro  (geb.  in  Macao  1838):  25}  »JEUsire  di 
giovinezza»  (1876)  und  Frederico  Guimaräes:  26)  »Beatrice»  (1882). 

***)  Schon   1787  bestand  eine  andere  lyrische  Privatbühne  im  Hause  des  Grafen 
von  Marialva. 

t)  Siehe  seine  Biographie  von  Marques  im  Jonial  do  Commercio  von  1872. 


l'nrtuf^ifsiscbo  Musik.  543 

er  aus  seinüii  Scliiilcrn  f.fi;l)ilJct  hiittf,  erst  im  Tlieuter  S.  Fruncisco,  duiiu 
im  Thcuter  D.  Pedro  II.  eine  iiutionalo  Upornltühne  zu  hegrUndcn,  welche 
mit  der,  in  der  brasilianischen  Jluuptstadt  damals  sich  in  ziemlicher  Bliithe 
hcfmdenden  italienischen  Oper  in  den  Kampf  treten  sollte.  I)ie  La^rua  und 
Tamljorlick  auf  der  llölie  ihrer  Leistungsfiihi^'keit,  befanden  sich  zu  jeuer  Zeit 
(185G — 59)  bei  dieser  italienischen  Gesellschaft.  Nichts  dcstoweniger  war  der 
Erfolg  der  lyrischen  portugiesischen  Oper  sehr  gross;  und  sio  erhielt  den 
pomphaften  Titel:  i>AcaJcmia  irnju^rial  da  Opera  national^.*)  Ausser  den  lleber- 
setzungcn  der  »Norma«,  »Das  Thal  von  Andorra«  (Halevy),  »Die  Kron- 
diamanten« und  anderer  italienischer  üjjern,  wurden  auch  mehrere  Original- 
opern, sowol  ernste  wie  komische,  aufgeführt.  Die  erste  Oper  eines  brasilianischen 
Componisten,  die  mit  Erfolg  gegeben  wurde,  war  »o  Vajabundoa  von  Mesriuita, 
die  ihr  Autor  in  Paris,  während  er  seine  Studien  auf  dem  Conservatorium 
daselbst  machte ,  geschrieben  hatte.  Zu  einem  Triumphe  der  kaiserlichen 
Akademie  wurde  jedoch  die  Erscheinung  eines  dramatischen  Componisten  von 
wirklichem  Talent:  Antonio  Carlos  Gomes  (geboren  1839  zu  Campinas), 
welcher  im  September  1861  mit  der  dreiaktigen  Oper  »a  Noite  do  Castelloa  (nach 
einem  Gedicht  von  Castilho)  glanzvoll  debütirte.  Er  durfte  auf  Kosten  des 
Unternehmens  nach  Italien  reisen,  und  dort  blieb  er  drei  Jahre,  um  seine 
Studien  in  Mailand  unter  Lauro  ßossi  zu  vollenden.  Sein  Debüt  in  dieser 
Stadt  machte  er  mit:  »ä?  sa  ininga<s.  (1867),  worauf  er  in  der  Scala:  »i7  Giiaraniu. 
(1870)  folgen  Hess,  deren  Aufnahme  so  entscheidend  war,  dass  die  Oper  auch 
in  London  (1872)  und  in  Petersburg  (1879)  über  die  Bühne  ging.  »Za  Fo.sca<i, 
in  Mailand  aufgeführt  (1873),  hatte  keinen  Erfolg,  wogegen  nSalvafor  Rosaa  in 
Genua  (1874)  wieder  Glück  machte.  Die  Nationaloper  hatte  jedoch  dem  Talente 
des  Gomes  keinen  Nutzen  bringen  können,  da  sie  beim  Ausbruche  des  Krieges 
mit  Paraguay  (1865)   nach   einem  achtjährigen  Bestehen  aufgelöst  wurde. 

Unser  Abriss  würde  nicht  vollständig  sein,  wollten  wir  nicht  über  das 
Musikleben  der  Stadt  Porto  auch  einige  Worte  sagen.**)  Die  italienische  Oper 
daselbst  wurde  auf  Befehl  des  Gouverneurs  Almada  eingerichtet,  welcher  das 
Bürgerthum  über  die  fatalen  Eindrücke  zu  zerstreuen  wünschte,  welche  durch 
eine,  in  Folge  der  Unruhen  von  1757  zur  Anwendung  gebrachten  Strenge 
hervorgerufen  worden  waren.  Dies  ist  zum  wenigsten  die  Version  von  Theoph. 
Bi'aga.***)  Die  Oper,  welche  man  dort  1762  in  der  Baracke  der  Haupt- 
wache aufgeführt  hat,  war  Pergolese's  r>il  Trascuratov.f)  Die  Sängerin,  welche 
dabei  am  meisten  Beifall  fand,  hiess  Giuntini,  und  die  italienischen  Opern- 
aufführungen, welche  wöchentlich  zweimal  stattfanden,  wurden  bis  zum  Jahre 
1788  fortgesetzt.  Derselbe  Almada  fasste  auch  den  Plan,  in  Porto  ein  grosses 
Theater  nach  Art  des  von  S.  Carlos  zu  erbauen.  Es  bildete  sich  eine  Aktien- 
gesellschaft; mit  dem  Bau  wurde  Mazoneschi  beti'aut,  und  am  13.  Mai  1798 
fand  die  Einweihung  des  Theaters  S,  Joao,  welches  noch  besteht,  statt.  Ein 
Componist  dieser  Stadt  Antonio  Silva  Leite  (1759 — 1833)  brachte  dort 
von   1807  an  zwei  Opern  seiner  Coraposition  zur  Aufführung:  »i  Pumjegli  per 

*)  Koyer.    Uist.  du  theatre  contemp.  t.  II,  p.  44S  u.  Hg. 

**)  Was  die  Inseln  betrifft  so  genügt  es  anzufüln-i  n,  dass  in  Madeira  Musikfreunde 
1759  Fragmente  ans  Artaser.se  von  ^letastasiü  auffiilirteu,  dass  gegen  ItSlt  eine 
Operntnippe,  welche  einige  .Jalu'e  dort  blieb,  italieniselie  ButVor*  >pcrii  zur  Auffülunng 
brachte,  und  von  1871)  an  abermals  eine  italienische  Trupjie  dort  Aufentlialt  nalnn.  In 
der  Zwischenzeit  von  1840—48  bestand  dort  eine  pliiliiarmonisciie  (ifsellschaft,  und 
von  18.'34 — 1869  begnügte  man  sich  mit  Licbliaber-Conccrtcn,  organisirt  von  1 ).  Julia  de 
Franya  Netto  (man  sehe  ihre  IWogiaphie  von  Waxel  in  der  (iazcta  da  Madeira  von 
1868  Nr.  93),  eine  Dilettantin  und  Sängerin  ersten  Ranges,  Schülerin  von  Monoldi  und 
preisgekrönt  auf  dem  Conservatorium  zu  Genf.  In  Säo  Miguel  lauf  den  Aznren)  bestand 
ebenfalls  von  1874—1877  eine  italienische,  von  Martin  Koedcr  geleitete  Oper.  1H(;7 
war  von  einer  desgleichen  in  Macao  (portugiesisches  China)  die  ixedc. 

***)  liiaf.  do  th.  porL  t.  111,  p.  65. 
f)  Keiner  der  liiographcn  Pcrgoleses  erwähnt  diese  Partitur,  sie  gestehen  jedo<Ii 
ein,  nicht  alle  Titel  seiner  Opern  zu  k<>nnen. 


544  Portugiesische  Musik. 

ecfjuivocoa  und  itAstuzia  Jellc  Donnen*) ;  di-ci  .lalire  später  gab  mau  dort  ein 
grosses  indisches  Ballet  mit  Musik  von  Paiva**)  und  1816  war  den  Bewohnern 
voji  Porto  vergiinnt  yiCosi  Jan  t((lte<s.  von  Mozart  zu  bewundern.  Eine  seiner 
glänzendsten  Epochen  hatte  das  Theater  S.  Joao  gegen  1820  unter  der  musi- 
kalischen Direktion  des  Violinisten  Edolo,  welcher  eine  Reihe  Opern  von 
Simon  Mayr,  Coccia,  Cimarosa,  Paisiello,  Rossini  u.  s.w.  ihnen  vor- 
führte. Seitdem  jedoch  hat  die  Oper  von  Porto  noch  nicht  aufgehört,  das 
Echo  Lissabons  zu  sein,  nur  mit  beschränkteren  Mitteln.  Die  Componisten 
Sä  Noronha  und  Miguel  Angelo  lebten  in  Porto,  der  erstere  Hess  dort, 
früher  als  in  Lissabon,  seinen  r>Ärco  de  Sanf  Annaa  aufführen  (1867)  und 
ungefähr  zehn  Jahre  später:  y>Tida<i;  »If^iii'icütn  von  Miguel  Angelo  wurde 
ebenfalls   1874  dort  aufgeführt. 

In  der  neuesten  Zeit  hat  die  Pflege  ernster  Musik  in  Porto  Fortschritte 
gemacht.  Nicht  etwa  dass  man,  ebensowenig  wie  in  Lissabon,  bereits  dahin 
gelangt  wäre,  AVagnerische  Aufführungen  in's  Bereich  zu  ziehen,  aber  man 
versucht  sich  mit  den  Werken  der  grossen  klassischen  Meister  vertraut  zu 
machen.  1875  wurden  das  nStahat  mater<i.  von  Haydn,  das  von  Rossini  und 
das  »Requiem«  von  Verdi  aufgeführt.  Seit  1874  besteht  auch  eine  Quartett- 
Gesellschaft,  welche  während  der  Saison  sechs  Kammermusikaufführungeli 
veranstaltet.  Im  ersten  Jahre  kamen  ein  Original-Quintett  von  Miguel  Angelo 
und  Fragmente  der  Trios  und  Quartetten  von  Beethoven,  Mendelssohn, 
Schumann  und  Rubinstein  zur  Ausführung.  Inzwischen  richtete  diese 
Gesellschaft  auch  symphonische  Concerte  ein  und  ging  in  ihren  Kammer- 
musiksoireen bis  zu  Brahms  und  andern  neuesten  Componisten.***) 

Dieselbe  Tendenz  gewann  auch  in  Lissabon  immer  mehr  Boden.  Während 
noch  1870  ein  eben  begründeter  Musikalischer  Verein  die  Vorführung  des 
Allegretto  aus  der  siebenten  Sinfonie  von  Beethoven j)  umsonst  versuchte, 
gab  die,  1875  ins  Leben  getretene  Concertgesellschaft  sechs  Concertauf- 
führungen  klassischer  Musikstücke,  die  allerdings  mit  einigen  von  Lefebure- 
Wely  und  Cohen  untermischt  waren;  aber  doch  Quartette  von  Haydn  und 
Mendelssohn,  das  For eilen quintett  von  Schubert  und  sogar  das  Qui  ntett 
von  Schumann  zu  Gehör  brachten.  Die  Pianisten  waren  Daddi  und  Jose 
Antonio  Vieira.  Schwieriger  war  es  Orchesteraufführungen  einzubürgern. 
Indessen  gewann  das  Publikum  auch  für  diese  Gattung  Geschmack  durch  die 
Anregung  des  Wiener  Damenorchesters  und  die  Concerte  von  Lud.  Brenner 
aus  Berlin.  Nun  fasste  auch  der  musikalische  Verein  einen  grossen  Ent- 
schluss  und  engagirte  für  die  Direktion  der  symphonischen  Concerte  für  eine 
Frühjahrssaison  den  Kapellmeister  Barbieri  von  Madrid  (1878).  Mau  hörte  nun 
endlich  im  neuen  Theater  da  Trindade  (fast  nur  den  Operetten  von  Offenbach  und 
Lecocq  gewidmet)  Beethovens  y>Sinfonie  pastoralev.  vollständig  und  zwar  dreimiil 
hintereinander  (ausgezeichnetes  System!)  und  jedesmal  vor  einem  dicht  ge- 
drängten Publikum.  Die  Programme  der  Sinfonie-Concerte  umschlossen 
die  Namen  Mozart,  Haydn,  Weber,  Mendelssohn,  Glinka,  St.  Saens, 
Gönn  od  u.  a.  In  den  darauffolgenden  Jahren  dirigirte  Coloune  aus  Paris 
diese  Concerte,  welche  in  S.  Carlos  abgehalten  wurden,  und  nun  ei-schieneu 
selbst  Wagner  und  Berlioz  auf  dem  Programm.  Im  Frühjahr  1882  fand 
eine  Serie  von  Kammcrmusikconcerten,  welche  das  Quartett  Monasterio- 
Miregki  (Victor)  von  Madrid  veranstalteten,  statt  und  erzielten  einen  sen- 
sationellen Erfolg;  der  Hof  wohnte  sämmtlichen  Concerten  bei  und  alle  Künstler 


*)  Innocencio.    Dlcc.  bihliogr.,  t.  VIII,  p.  305. 
**)  In  Lissabon  schrieb   der  Hornist  Saiitos   Pinto    (-[•  1860)   die   Musik  zu  einigen 
fünfzig  lialletten,  welche  in  S.  Carlos  und  anderswo  zur  Auffiihrnng  kamen.    Der  Viseonde 
von  Arneiro  brachte  1866  das  Balk^t  Ginn  zur  Auffülirung.    Die  beiden  genannten  schrieben 
aucli  Kircheninvisik:  Arncüro  ein  Te  De  um,  welches  in  Paris  gesungen  wurde. 
**')  Roeder.     Dal    7\icciii»o,  p.  142. 
i)  Vasconcellos.  Mus.  port.  t.  II,  p.  130. 


Portugiobiscbe  Musik.  545 

wurden  dckorirt.  r)as  Septett  von  Beethoven,  von  den  genannten  Künst- 
lern aus  Madrid  und  Niupurtli  (Fugutt),  Freitas  Gazul  (Coulrubass), 
Carlos  Campos  (Clariuette)  und  Thomaz  del  Negro  (Hörn)  aus  Lissabon 
aufgeführt,   rief  den  meisten  Beifall  hervor. 

Gewühnlicli  ]illegten  die  Virtuosen,  welche  sich  in  Lissabon  hören  Hessen, 
in  den  Zwischenakten  im  Theater  der  italienischen  Uper  zu  spielen.  Kegel- 
rechte Concerte  wurden  ehemals  nur  sehr  selten  gegeben;  unter  anderen  von 
Liszt.  In  der  letzteren  Zeit  sind  sie  häufiger  geworden.  Man  erinnert  sich 
der  sensationellen  Concerte  von  Pablo  de  Sarasate  und  Annette  Essipoff, 
und  Anton  Kubinsteins,  der  IbtSl  erschien,  jedoch  bereits  nach  seinem  ersten 
Concert  in  Folge  des  Attentats  auf  den  Kaiser  von  Russland,  Alexander  IL, 
zu  einer  Unterbrechung  seiner  Kunstreise  genöthigt  wurde. 

Was  die  portugiesischen  A'irtuosen  betrifft*),  so  sind  deren  erster 
Ordnung,  wenn  war  den  jungen  brasilianischen  Violinisten  Mauricio  Dengre- 
mont,  der  18G7  von  französischen  Eltern  in  Kio  de  Janeiro  geboren  wurde, 
ausnehmen,  kaum  zu  nennen,  sondern  nur  Virtuosen  von  lokalem  Rufe  anzu- 
führen. Zu  den  besten  dei'selben  gehört  der  Pianist  Duarte  Santos  (f  Iböo), 
ein  Schüler  Hummels,  der  in  London,  später  in  Madeira  seinen  "Wirkungs- 
kreis hatte.  Manuel  Innocencio  dos  iSantos,  ein  Schüler  des  Frei  Jose 
Marques,  Musiklehrer  der  königlichen  Familie  (einige  Patrioten  besassen  so 
wenig  Geschmack  ihn  selbst  Liszt,  während  dessen  Anwesenheit  in  Lissabon, 
entgegenzustellen  und  vorzuziehen);  endlich  Athur  Xapoleäo  von  Porto, 
welcher  1853  im  Alter  von  neun  Jahren  in  Paris  und  London  applaudirt 
wurde,  seitdem  aber  in  Rio  de  Janeiro  ansässig  ist.  Canongia,  Sohn  (f  1842), 
galt  für  einen  ausgezeichneten  Clarinettisten,  ebenso  sein  Schüler  Croner; 
ein  anderer  Croner,  Bruder  desselben  (Antonio  Jose)  ist  ein  bemerkenswerther 
Flötist.  Ribas  (f  1861)  von  Porto  war  ebenfalls  auf  der  Flöte  als  Virtuos 
berühmt  und  gehörte  während  einer  Reihe  von  Jahren  den  beiden  italienischen 
Theatern  in  London  als  Mitglied  an.  Als  Violinisten  galten  der  Italiener 
Masoni  und  Freitas  Sohn,  in  Lissabon  für  die  ersten;  Guilherme  Cossoul 
(f  1880)  war  guter  Violoncellist  und  zwanzig  Jahre  lang  Orchesterdirektor  an 
S.  Carlos,  auch  zeitweise  Direktor  des  Couservatoriums  in  Lissabon. 

Dies  Institut  ist  im  Grunde  nur  das  neugestaltete  Patriarchats-Seminar. 
Es  wurde  1822  bemerkbar  eingeschränkt  (dreizehn  Lehrer  wurden  verabschiedet) 
und  durch  ein  Decret  vom  5.  Mai  1835  unter  dem  Namen:  Con  servatorium 
neu  organisirt.  Die  Dotation  für  dasselbe  betrug  24,000  Frcs.  Im  darauf- 
folgenden Jahre  (15.  November)  eröffnete  der  Dichter  Garrett  das  allgemeine 
Conservatorium  für  dramatische  Kunst,  welchem  das  Conservatorium  für  Musik 
einverleibt  wurde.  Der  Cursus  umfasste  bei  diesem  sechs  Disciplinen:  Elemente 
der  Musik,  Blech-  und  Holzblasinstrumente,  Steichiustrumente, 
Orchester  und  Gesang.  Die  Lehrer  waren:  Hygino  da  Silva,  Huckenbuk, 
Canongia  Sohn,  Fr.  Jose  Marques  und  Soares**).  Direktor  war  Bom- 
tempo  und  nach  dessen  Tode  Migone,  welcher  diesen  Posten  von  1842  bis 
1857  einnahm.  Unter  der  Leitung  dieses  letzteren  kam  das  Institut  bald 
zurück.  Der  polnische  Pianist  Anton  Kontski,  welcher  Lissabon  1849  be- 
suchte, legte  der  portugiesischen  Regierung  den  Plan  zu  einer  Umgestaltung 
des  Conservatoriums  vor;  der  Verfasser  wurde  zwar  dekorirt,  seine  Rathschläge 


*l  Vascoucellos  macht  sich  den  Scherz,  den  holländischen  Cellisten  Franoo-Mondes, 
als  von  den,  im  XVI.  Jahrhundert  aus  Portugal  verbannten  Juden  abstainuieud,  zu  den 
Portugiesen  zu  zählen!  Dasselbe  thut  er  mit  einigen  enghsehen  KünstK'ni.  Zu  erwähnen 
ist  noch  die  Vorliebe  der  Portugiesen  für  nmsikalische  Scbnurrpteifereien.  Man  nimmt 
es  daselbst  auch  mit  den  Virtiio:!-en,  weihe  pfeifen,  ganz  ernsthaft.  Nmli  in  iliesem 
Frühjahr  |lb82)  strömte  die  Menge  dem  Tlieater  da  Trindade  zu,  um  dort  einem  Glas- 
harmonika-Quintett  von  Julio  Taburda  Bei  fall  zu  .^j  »enden.  Fünf  Küustler  strengten 
sich  an,  auf  120  abgestimmten  Gläsern  Tänze  und  Potiiuurris  zu  spielen. 
**)  J.  iSilv.  liibeiro.    liiit.  t.  lU,  p.  420  u.  il^. 

Musikal.  Couvers.-Lcxikun.    Ergüiuungsbnud.  35 


54(3  Portugiesische  Musik. 

jedoch  keiner  weitereu  Berücksichtigung  unterzogen.  1861  erhielt  das  Institut 
abermals  ein  neues  Reglement  und  die  Benennung  Schule  der  dramatischen 
Kunst.  Der  Unterricht  in  der  dramatischen  Kuust  ist  nun  allerdings  in  allen 
seinen  Verzweigungen  berücksichtigt,  selbst  der  Tanz,  die  Mimik  und  die  Gym- 
nastik, wobei  die  musikalische  Abtheilung  jedoch  nur  um  so  entschiedener 
geopfert  wurde;  sie  musste  sich  mit  einem  jährlichen  Budget  von  10,ÜUÜ  Frcs. 
und  einem  Personal  das  aus  fünf  Lehrern  bestand,  von  denen  jeder  1000  bis 
2500  Frcs.  erhielt,  begnügen.  Dies  war  zum  wenigsten  der  Etat  im  Jahre 
1866.*)  Für  die  gegenwärtige  Zeit  fehlen  uns  die  näheren  Angaben;  es  ist 
uns  aber  bekannt,  dass  der  jüngste  der  portugiesischen  dramatischen  Com- 
ponisten  F.   Guimaräes  aus  dieser  Schule  hervorging. 

Man  wird  sich  keiner  TJebei'treibung  schiüdig  machen,  wenn  man  den 
IMusikunteri'icht  in  Portugal,  hauptsächlich  was  den  Unterricht  in  den  Singe- 
schulen der  Kirchen  betrifft,  als  einen  ziemlich  primitiven  bezeichnet.  In 
Madeira  zum  Beispiel  unterrichtete  man  noch  vor  zehn  Jahren  nach  der 
Solmisation  und  zwar  ohne  Zuhülfcuahme  einer  harmonischen  Grundlage,  was 
diese  Methode  noch  mehr  erschwert.**) 

Für  die  musikalische  Theorie  wären  seit  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts 
ungefähr  fünfzehn  Autoren  von  musikalischen  mehr  oder  weniger  elementaren 
Lehrbüchern  zu  erwähnen***),  von  denen  wir  die  beiden  hervortretendsten 
anführen:  y>Compendio  de  musica  theorica  e ^r actio a<x  (Porto,  1806)  vom  Organisten 
Varella,  welches  besondere  Beobachtungen  über  gewisse  Phänomene  der  Har- 
monie in  ihrer  Anwendung  auf  verschiedene  musikalische  Instrumente  enthält; 
ferner  nJPrincipios  de  musicaa  (Lissabon,  1820 — 24,  2  Bände)  vom  Ritter  Ho  dr  ig  o 
Ferreira  da  Costa,  einem  der  ersten  Deputirteu  der  Cortes  von  Portugal, 
dessen  Buch  das  Verdienst  hat,  sich  auf  der  Höhe  der  "Wissenschaft  seiner  Zeit 
zu  befinden,  und  in  welchem  die  Principien  mit  Klarheit  und  Schärfe  dargelegt 
sind.f)  In  den  letzten  Jahren  ist  auf  dem  Gebiete  der  Theorie  in  Portugal 
nichts  bemerkenswerthes  erschienen. 

Am  Anfange  dieses  Abrisses  haben  wir  die  Hauptwex'ke  musikalischer 
Gelehrsamkeit  bezeichnet,  und  brauchen  nicht  darauf  zurück  zu  kommen.  Was 
die  Kritik  betrifft,  so  muss  man  sagen,  dass  sie  sich  in  der  Kindheit  befindet. 
Um  sich  hiervon  zu  überzeugen  würde  es  genügen  auf  das,  was  über  Kunst 
in  den  Blättern  von  Lissabon  geschrieben  wird,  einen  Blick  zu  werfen.  Die 
Unwissenheit  verräth  sich  überall,  während  ehemals,  vor  länger  als  einem  Jahr- 
hundert, eine  sehr  aufgeklärte  Kritik  vorhanden  war.  Der  Stiftsherr  Francisco 
Bernardo  de  Lima,  Redakteur  der  Gazeta  litteraria  von  Porto,  der 
seine  Beispiele  in  den  Partituren  von  Lully  und  Destouches,  ebenso  wie  in 
den  Schriften  R am e au 's  fand,  was  vielleicht  auf  eine,  in  Frankreich  genossene 
Erziehung  schliessen  Hesse,  protestirte  schon  1762  gegen  die  gekünstelte 
Musik  (Rouladen)  der  Sängerinnen  und  sprach  sich  über  die  ausdrucksvolle 
Musik  in  folgenden  Worten  aus:  »es  würde  viel  besser  sein,  beim  Gesänge  die 
Melodie  zu  gebrauchen,  um  poetische  Bilder  hervorzurufen  und  die  Modulationen 
der  Stimmen  durch  die  Reize  der  Harmonie  zu  verschönen.«  Bei  der  Be- 
sprechung eines  englischen  Buches  über  das  Theater  in  Europajf),  berührt 
dieser  Kritiker  mit  Vorliebe  Fragen  der  Aesthetik  und  sagt  zum  Beispiel  über 
die  dramatische  Wahrheit  und  die  Wahrscheinlichkeit  der  Oper  sehr  gescheidte 
Dinge.      Er  berührt  auch  die  Frage  der  schildernden  Musik  und  empfiehlt  sie 


*)  Waxel.    A  Mus.  em  Fort.    9.  Artikel.     Es  ist  ims  nicht  bekannt,  ob  die  Aca- 
demia  lyrica  von  Porto  (1870)  noch  besteht. 

**)  Waxel.    Älguns  tragos  etc.    3.  Artikel. 

***)  Man  sehe  das  Verzeichniss  derselben  in  Waxel,  Ä  Mus.  em  Portugal.  6.  Artikel; 
auch  die  Bibliographie  der  Mus.  port.  von  VasconceUos  t.  II. 

7)  Man  sehe  die  Analyse  des  Werkes  in  J.  S.  Ribeiro.    Hist.  t.  II,  p.  338. 
tt)  Gazeta  litter.,  vol.  I. 


I'ortugiesiticho  Musik.  Ö47 

den  Instnimontalcoinpoiiistcn.  Es  scheint  allerdings  als  geschohc  nichts  Neues 
unter  der   Sonne. 

Bevor  wir  nun  /.um  Sclilusso  dieser  historischen  Studie  über  diu  Musik 
in  Portugal  gelangen,  müssen  wir  auf  das  Gebiet  des  portugiesischen  Volks- 
liedes, wie  es  sich  bis  zur  Gegenwart  erhalten  hat,  noch  einen  Blick  werfen, 
indem  wir  zugleich  noch  Einiges  über  die  nationale  Jvoiuan/.o  iu(Mlinluv,  von 
welcher   im  Lauf  der  Studie  schon   wiederholt  die  Rede  war,  hinzufügen. 

Die  portugiesische  Volksmusik  einst  so  mannichfach,  weicht  bei  dem  ge- 
waltsamen Vordringen  der  italienischen  Arien  und  dei-  französischen  Chansonnetten, 
die  in  den  Strassen  der  Städte  und  in  kleinm  ]*larktllecken  im  linhiut  sind, 
immer  mehr  und  mehr  zurück.  Der  einzige  Typus  eines  Volksgcsanges,  der 
sich  noch  aufrecht  erhält,  ist  der  r>fadoa,  dem  Martin  Koeder  eine  interessante 
Studie'  gewidmet  hat.*)  Der  fado  stammt,  wie  wir  gesehen  haben,  von  der 
alten  Xacara  der  portugiesischen  Zigeuner  ab.  Die  Etymologie  des  Worts 
scheint  Koeder  nicht  bekannt  zu  sein ;  das  Wort  fauste  bedeutet  in  der  ge- 
meinen Sprache  der  Völker  romanischer  Abstammung  Versemacher.  Dem 
germanisch-italienischen  Autor  nach  wäre  das  AVort  fado  erst  seit  einem  Jahr- 
hundert bekannt. 

Was  versteht  man  nun  eigentlich  unter  diesem  Worte?  Eine  stark  rhyth- 
misirte  Guitarrenbcgleitung  mit  einer  gesungenen  Eecitation  {trovd)  halb  arabi- 
schen Genres,  welche  des  Taktes  und  der  Accentuirung  fast  haar  ist,  sodass 
die  Prosodie  der  portugiesischen  Sprache  darin  oft  förmlich  umgestossen  wird. 
Es  scheint  auch,  als  ob  der  fado  manchmal  ohne  die  Mitwirkung  der  Gesang- 
stimme zur  Anwendung  käme,  in  welchem  Falle  das  Thema  einer  Guitarre  mit 
Metallsaiten  {viola  portugueza  oder  de  arame)  anvertraut  ist,  während  die  Be- 
gleitung auf  einer  gewöhnlichen  sechssaitigon  Guitarre  (viola  franceza)  aus- 
geführt wird.  Die  letztere  ist  heut  zu  Tage  fast  allein  gebräuchlich,  obgleich 
die  viola  de  arame,  welche  man  nur  noch  in  entlegenen  Dörfern  antrifft,  das 
eigentliche  National-Instrument  ist.  Ein  Dilettant  aus  Coimbra:  Paixäo 
Ribeiro,  Schüler  von  Jose  Mauricio,  gab  1789  eine  Schule  für  dies  Instru- 
ment heraus,  in  welcher  er  in  der  Vorrede  bemerkt,  dass  man  sich  zu  dieser 
Zeit  ziemlich  allgemein,  hauptsächlich  bei  den  Damen,  dieses  Instrumentes  mit  Vor- 
liebe bediene.  In  den  vorhergehenden  Jahrhunderten  sind  wir  mehr  als  einem 
portugiesischen  Guitarristen  selbst  in  der  Fremde  begegnet.  Im  Anfange  unseres 
Jahrhunderts  war  es  jedenfalls  noch  die  viola  de  arame  deren  sich  Vidigal, 
der  namhafte  Guitarrist  von  Elvas  und  der  blinde  Improvisator  von  Porto, 
Luiz  dos  Quarteis**),  bedienten.  Es  verhält  sich  jedoch  schon  längst  nicht 
mehr  so,  denn  als  der  Arzt  und  berühmte  Guitarrist  von  Coimbra  Jose  Dias 
(1824 — 1869;  vor  ungefähr  fünfundzwanzig  Jahren  mit  seiner  viola  portufjueza 
und  seinem  fado  de  Coimhra  in  den  Salons  von  Lissabon  erschien,  erregte  er 
mehr  Erstaunen  als  Bewunderung,  Enthusiasmus  erst,  als  er  ein  zweites 
Mal  erschien  und  sich  mit  Potpourris  aus  italienischen  Opern  versehen  hatte. 
Vascon Cellos***)  giebt  eine  reizende  Schilderung  von  dem  Talent  des  Dias, 
der  sein  Auditorium  stundenlang  in  Athem  zu  erhalten  verstand.  Unterstützt 
von  einer  wunderbaren  Technik,  war  er  im  Stande,  über  ein  Thema  des  fado 
bis  in's  Unendliche  zu  improvisiren  und  immer  neue  Effekte  zu  finden.  Wahr- 
scheinlich erfand  er  auch  die  Texte,  denn  die  Gabe  des  Versemachen s  ist  dem 
Portugiesen  angeboren.  In  Bezug  auf  die  Harmonie  ist  die  jähe  Ueberleitung 
vom  Moll  nach  Dur  der  charakteristische  Zug  des  fado.  Es  giebt  beinahe 
soviel  Arien  fados  wie  Orte.  Der  fado  von  Coimbra  erwähnten  wir  bereits, 
wir   könnten   von  Lissabon,    Cascaes,    Tancos,   Figueira   da   Foz   u.    a. 


*)  Dal   Taccuino,  p.  145  n.  tig. 
**)  Eine    Broschüre    in    Versen    mit    seinem   Portrait   geschmückt,    wurde    IS2S   in 
Lissabon  vom  Componisten  Silva  Leite  veröffentlicht. 
***)  Mus.  port.    t.  I,  p.  82  u.  flg. 

35* 


548  Portugiesische  Musik. 

dasselbe  thun.  Martin  Roeder*)  si)riclit  vom  faäo  der  Azoren,  Waxel**) 
\om.  Ja Jo  von  Madeira;  dieser  letztere  wird  von  Guitarreu  in  drei  verschie- 
deueu  Grössen  begleitet:  viola,  rajao  und  machet e  (der  cavaquinlio  Brasiliens), 
die  letztere  ist  sehr  klein  und  übernimmt  beim  Eitornell  die  Obliearenheiten 
der  Mandoline.***)  Man  nennt  nocli  den  fado  nacional,  den  fado  maritimo,  fado 
carnpestre,  fado  dos  ceyos  u.  s.  w.f) 

Auf  dem  Lande  lindet  mau  noch  einige  andere  Yolksgesänge  von  weniger 
ausgeprägtem  Charakter  als  den  fado.  AVaxelff)  führt  eine  cantiga  de  ceifa 
aus  dem  Kirchspiel  Sao  Yicente  auf  Madeira  an,  welche  ein  etwas  maurisches 
Gepräge  an  sich  trägt,  wogegen  im  Allgemeinen  diese  bäurischen  Gesänge 
kraftlos  und  schläfrig  sind.  Mehr  accentuirt  und  besser  rhythmisirt  würden  sie 
einige  Analogie  mit  gewissen  Typen  der  spanischen  Volksmusik  aufweisen.  Sie 
verlieren  sich  jedoch  immer  mehr  und  mehr  und  verallgemeinern  sich  unter 
der  AVirkung  der,  aus  der  Fremde  herüber  gekommenen  Melodien,  ff f)  Es  sind 
dies  die,  so  zu  sagen  entnatioualisirteu  AVeisen,  welche  in  den  Yulks-Ojieretten 
wie  zum  Beispiel  a  Morte  da  descasca  milho  im  heutigen  ßua  dos  Condes 
zur  Ausführung  qelangen. 

Demselben  Schicksal  verfielen  auch  die  7nodi7ihas*f) ,  die  portugiesischen 
und  brasiliauisclien  Bomanzen,  welche  in  diesem  Augenblick  zum  wenigsten, 
einen  durchaus  italienischen  Charakter  an  sich  tragen.  Hat  nun  die  portu- 
giesische vokale  Kammermusik  jemals  eine  Originalität  besessen?  Unter  D.Diniz 
war  die  trova  eine  Tochter  des  provenzalischen  Eeimes ;  unter  D.  Manuel 
ist  es  das  castilische  Lied,  welches  mit  dem  französischen  rivalisirte  und  von 
welchen,  wie  uns  bekannt  ist,  in  den  Stücken  des  Gil  Vicente  die  Spuren 
zu  finden  sind.  Im  17.  Jahrhundert  verwandelten  sich  die  italienischen  Madrigale 
in  mehrstimmige  portugiesische  toiios,  zuweilen  mitEefrains  versehen  (estribilhos), 
ein  Genre    der   Composition,    welches    neben    den    Bomanzen    alle  Kosten  der 


*)  Dal  Taccuino  etc.  p.  153. 

**)  Alguns  tragos  etc.    3.  Artikel. 

***)  In  Madeira  gab  es  höchst  geschickte  Virtuosen  auf  der  machete:  Candido, 
unlängst  verstorben,  hatte  sich  in  den  Concerten  von  Funcbal  einen  wahren  Kuf  erworben; 
D.  Maria  Paula  Klingelhöfer  Rego  war  auch  eine  Virtuosiu  von  vieler  Grazie  auf  der 
machete. 

f)  Der  fadista  gehört  der  niederen  Klasse  des  heutigen  Lissabon  an,  ein  leicht- 
lebiges schlechtes  Subjekt,  das  von  seiner  Guitarre  und  seinem  fadinho,  und  was  schlimmer 
ist,  von  einer  Revenue  unsauberen  Ursprungs  lebt. 

77)  Alguns  tragos  etc.  3.  Artikel.  Hier  ein  Thema  welches  die  Schnitterinnen  im 
Einklang  und  indem  sie  immer  neue  Worte  anwenden,  zu  singen  pflegen: 


#-• 


?=1=Ö=&^3S?^ 


-1^ — /- 


Foi  me  a    cei-fa  ao    Por-to  San  -   to      As     ce    -    a  -  ras  ama  -  re-las . . 

777)  Vor  ungefähr  fünfzehn  Jahren  wurden  der  Text  und  die  Musik  einer  ge- 
wissen Anzahl  portugiesischer  Volksgesäuge  und  Pseudovolkslieder  veröffentlicht,  darunter 
ausser  den  fados  von  Coimbra  und  da  Figueira  da  Foz  die  chula  (sprich  Schula),  ein  der 
trova  des  fado  sehr  ähnlicher  Typus  eines  Gesanges.  Man  findet  in  der  Sammlung  eine 
cJiula  von  Penafiel  und  eine  andere  von  Amarante,  bei  welchen  die  Harmonie  unver- 
änderlich aus  einfachen  vollstimmigen  Accorden  hergestellt  ist.  Im  allgemeinen  entfernt 
man  sich  in  den  Volksgesäugen  Portugals  nicht  von  den  gebräuchlichsten  Dur-  und  Moll- 
tonarten. Die  melodische  Plu-ase  der  chula  von  Amarante  bewegt  sich  in  den  Grenzen 
einer  Noue;  eine  cantiga  (im  ^/g),  angeblich  von  Sao  Joäo,  überschi-eitet  eine  Quinte  nicht, 
während  der  erwähnte  Gesang  der  Schnitterinnen  von  Sao  Vicente,  wie  wir  gesehen 
haben,  sieh  um*  in  den  Grenzen  einer  Terz  bewegt.  Die  chula  von  Penafiel,  ebenso  wie 
ein  anderer  Gesang,  genannt:  Bureira  de  Louzada,  sind  augenscheinlich  dureh  die  blühen- 
den Themen  des  Dudelsacks  [gaita  de  fülle)  eingegeben  worden,  während  dass  0  Trulha 
d'Afiffe  (in  Dmoll)  dem  fado  wieder  ziemlich  nahe  steht.  Der  Gesang  von  lebhaftem 
Tempo:  a  Raptada  hat  auch  gesprochene  Partien.  Die  drei  oder  vier  anderen  Ge- 
sänge der  Sammlung  sind  einfache  ganz  moderne  mudinhas-,  die  eine  derselben  [as  Peneiras) 
ei-innert  sogar  an  die  Couplets  des  französischen  Vaudevilles. 

*7)  Die  7)iudinhas  des  Theaters  heissen  manchmal  lunduns. 


Portugiesische  Musik.  549 

Salonmusik  tlei*  Zeit  D.  Jolio  IV.  und  D.  Pedro  II.  bestritt.  Man  musa  indessen 
benierken,  dass  sänimtliche  ionox  des  Dichters  D.  Francisco  Manuel  de  Melle 
(f  1G66)*),  welche  ebensowol  von  spanischen  wie  von  portugiesischen  Tonkiinst- 
lern  (Fr.  Felipe  de  Madre  de  Deus,  L.  Eebello,  Lesbio  u.  a.)  in  Musik  gesetzt 
wurden,  in  kastilis-cher  Sprache  abgefasst  waren,  ebenso  wie  überhaupt  fast  die 
Gcsanimtheit  aller  Verse,  welche  in  Portugal  im  16.  und  17.  Jahrhundert,  aus- 
drücklich iür  den  Zweck  der  Compositicn  geschrieben  wurden.  I'as.-elbe  war 
der  Fall  mit  den  »fünfzig  Romanzen«  des  D.  Francisco  Manuel,  von 
denen  nur  einige  für  die  Singstimmen  berechnet  waren.  Der  erste  tono  dieses 
Poeten,  wiir  für  die  Kammermusik  der  Königin  Katharina  von  England 
bestimmt,  welche,  wie  wir  wissen,  einige  portugiesische  Musiker  an  ihren  Hof 
berufen  hatte.  Die  anderen  mÖLreu  wol  für  die  Acatlemia  de  iniisica  e  poesia  be- 
stimmt gewesen  sein,  welche  D.  Fraucisco  Manuel,  gelegentlich  selbst  als  Com- 
ponist  thiitig,  in  Lissabon  nach  dem  Vorbild  der  florentiner  Akademie  der 
Vernio's  und  der  Galilei's  organisirt  hatte,  und  die  in  seineu  A\'erken 
häufig  Erwähnung  findet. 

Sind  es  nun  diese  spanischen  Romanzen  oder  andere  noch  ältere,  aus  denen 
die  modinha  hervorging?  Dem  AVorte  begegnet  man  nicht  vor  dem  18.  Jahr- 
hundert. Und  in  dieser  Epoche  war  in  Portugal  von,  aus  Bra.silien  einge- 
führten molinhas  die  Rede,  welche  die  Colouisten  daselbst,  unberührt  von 
fremden  Einflüssen  erhalten  hatten.  Sie  werden  selbst  die  Grundlage  für  den 
musikalischen  Theil  der  Opern  des  Juden  (1733)  gebildet  haben.**)  Wie 
wurden  nun  zur  Zeit  der  brasilianischen  Colonisation  oder  vielmehr,  seit  der 
Zeit  der  Ankunft  der  verbannten  Juden  in  diese  Gegend  (1548),  von  denen 
auch  Antonio  Jose  abstammte,  diese  Gesänge  benannt?  (ril  Vicente  hatte 
eine  bedeutende  Anzahl  trovas  und  volksthümlicher  Romanzen  entweder 
nur  gesammelt  oder  componirt,  welche  zu  jener  Zeit  sehr  im  Schwange  ge- 
wesen sein  müssen,  unter  D.  Joäo  III.  aber  durch  die  Fürserge  der  inqui- 
sitorischen  Ceusur  werden  vernichtet  worden  sein.***) 

"Welcher  Art  nun  auch  ihr  Ursprung  gewesen  sein  mag,  die  modinhas 
durch  Antonio  Jose  in  die  Mode  gebracht,  wareu  im  18.  Jahrhundert  und 
selbst  im  Beginne  des  19.  Jahrhunderts  allgemein  verbreitet.  Der  englische 
Geschichttschreiber  Stafi"crd  entdeckte  in  denselben  noch  vor  fünfzig  Jahren 
eine  originale  Modulation,  welcher  wir  indess,  aufrichtig  gesagt,  in  den  zahlreichen 
Probestücken  dieses  Genres,  die  bis  auf  uns  gekommen  sind,  niemals  begegneten. 
Nach  1761  waren  sie  bereits  in  den  Comödien  »im  portugiesischen  Geschmack« 
von  Rocha  e  Saldanha,  durch  iti.lienischen  Eiufluss  eutuatioualisirt;  sie  ge- 
fielen aber  trotzdem  den  Einheimischen  sowol  wie  den  Fremden  sehr  gut. 
"Wenigstens  stellt  ihnen  ein  französischer  Hauptmann,  welcher  sich  länger  als 
ein  Jahr  in  Portugal  aufhielt,  dieses  Zeugniss  nus.f)  Einige  Jahre  .-später, 
wenn  wir  dem  Marquis  de  Resende  Glauben  schenken jf),  war  es  in  den 
musikalischen  Soireen  der  grossen  Welt  Lissabons  üblich,  dass  den  Arien  der 
italienischen  Künstler  der  Gesang  von  modinhas:,  den  die  Damen  der  Gesell- 
schaft ausführten,  folgte.  Nach  Lord  Beckford,  welcher  Lissabon  1787 
besuchte  und  dort  von  den  Damen  des  Hofes  modinhas  hrazileiras  singen  hörte, 
waren  diese  voller  Leidenschaft  und  sinnlicher  Gluth.fft)  Sollte  auch  die 
französische  Romanze,  welche  1789  in  der  Form  von  revolutionären  Ge- 
sängen in's  Land  eindrang,  und  von  1791  auf  Befehl  des  Polizei-Intendanten 
Manique   unterdrückt    wurde *t),    von    den    Verfassern    der    modinhas    unlienutzt 


*)  Obras  metricas,  Ausgabe  von  1G65. 
**)  Th.  Braga.    Rist,  do  th.  purt.  t.  III,  p.  153. 
***)  Item.  t.  II,  p.  117. 

f)  Etat  prcsent  du  royaume  de  Portugal  1766,  p.  160. 
y\)  Outeiru  noctur7iOy  p.  43. 
trt)  Brief  VIII. 
*7)  Innoceucio.    Dicc.  bibl.,  t.  VI,  p.  16-1. 


550  K'^ö  ~  Sachse-Hofmeister. 

geblieben  sein?*)  Der  italienische  Einfluss  herrschte  indessen  vor,  und  be- 
festigte sich  mit  der  Herrschaft  Rossinis  und  seiner  Nachfolger  mit  Ent- 
schiedenheit. So  erschienen  im  zweiten  Viertel  unseres  Jahrhunderts  eine 
Schaar  von  Sängern  und  Guitarristen,  geführt  von  einem  gewissen  Schiopetta, 
welche  die  Salons  von  Lissabon  überschwemmten  und  dort  nichts  weiter  als 
italienische  Opern-Fragmente  vortrugen.  Dies  war  der  Gnadenstoss  für  die  portu- 
giesische modinha,  welche  in  der  neuesten  Zeit  in  einer  bescheideneren  Sphäre 
Zuflucht  fand  und  bis  heute,  nebst  der  viola  franceza  das  ganze  musikalische 
Gepäck  des  kleinen  Bürgerthums  ausmacht. 

Die  modinhas  sind  ein-  oder  zweistimmig  von  einer  durchaus  primitiven 
Faktur  und  wie  wir  gesehen  haben  von  Originalität  entblösst.  Viele,  mehr 
oder  weniger  renommirte  Künstler  haben  sich  darin  versucht:  in  Lissabon  seit 
dem  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  Marcos  Antonio  selbst,  ebenso  wie 
Cordeiro  da  Silva  und  Sousa  Carvalho;  etwas  später  Rego,  Bomtempo, 
Soares,  Pereira  da  Costa,  Coelho,  Cabral  und  Joäo  de  Mesquita; 
in  Coimbra:  Jose  Mauricio;  in  Porto:  Silva  Leite,  Nunes,  Edolo  und 
Pires;  endlich  in  Rio  de  Janeiro:  der  Priester  Teiles,  Joao  Leal,  Ayres 
und  eine  Dame  Donna  Marianna.  Die  hrazileiras  zeichnen  sich  den  portu- 
giesischen modinhas  gegenüber  durch  mehr  "Wärme  des  Gefühls  aus.  Zu  dem 
Reize  dieser  Melodien  haben  seit  zwanzig  bis  dreissig  Jahren  die  Dichtungen 
gewisser  brasilianischer  Poeten  aus  der  Schule  Gonsalves  Dias,  voll  eines  lokalen 
GejDräges,  viel  beigetragen.  In  Rio  erschienen  zwei  umfangreiche  Sammlungen 
derselben,  die  erste  wurde  von  dem  natüi-lichen  Sohne  des  berühmten  Mulatten 
Jose  Mauricio  Nunes  Garcia  (a*  Mauricinas,  1851)  herausgegeben,  und  die 
zweite  von  dem  Theoretiker  der  Azoren:  Raphael  Coelho  Machado**)  (os 
Hrazileiras,  Grinalda  hrazileira  u.  s.  w.).  Die  Mehrzahl  der,  im  Augenblicke  bei 
der  bürgerlichen  Bevölkerung  beliebten  modinhas  vnhvenYow  ungenannten  Autoren 
her.  Das  macht,  weil  in  diesem  Lande  alle  Welt  Guitarre  spielt  und  mehr  oder 
weniger  componirt,  denn  die  portugiesische  Race  ist  von  der  Natur  sehr  gut 
begabt,  obgleich,  für  unser  Jahrhundert  wenigstens,  aufmerksamen  Studien  etwas 
zu  wenig  geneigt.  A^ielleicht  beruht  in  dieser  Leichtigkeit  das  Geheimniss  der 
Fülle  der  Componisten  einerseits  (wir  haben  nur  die  hervorragendsten  genannt) 
und  ihrer  verhältnissmässig  doch  geringen  Bedeutung  andererseits.  Haben  nicht 
dieselben  Ursachen  und  dieselben  Wirkungen  im  17.  Jahrhundert,  dem  goldnen 
Zeitalter  der  portugiesischen  Musik,  au^ch  vorgewaltet?  Es  ist  schwer  hierauf 
zu  antworten,  denn  nur  eine  sehr  kleine  Zahl  der  Com2DOsitionen  jener  E230che 
ist  den  Lüsternen  von  1755  und  1834  entgangen.  Eine  Thatsache  würde 
jedoch  immerhin  die  Superiorität  des  Jahrhunderts  D.  Joao  IV.  über  die  gegen- 
wärtige Epoche  beweisen  können,  die  nämlich,  dass  in  jener  Zeit  die  Musik- 
schulen in  Evora,  Lissabon,  Coimbra  und  anderswo  zahlreich  waren,  und  dass 
im  Augenblick,  leider!  eine  ernstliche  Unterweisung  in  der  Kunst  fast  gänzlich 
verfehlt  wäi'e. 

Raff,  Joseph  Joachim  (VIII,  226),  starb  in  der  Nacht  vom  25.  zum 
26.  Juni  1882. 

Reber,  Napoleon  Henri   (VIII,  256),  starb  am  26.  November  1880. 

Sachse-Hofmeister,  ist  am  26.  Juli  1852  in  dem  weinberühmten  Humjaolds- 
kirchen  bei  Wien  geboren ;  früh  erregte  ihre  Sopranstimme  bei  Gelegenheit 
von  kirchlichen  Aufführungen,    an   denen  sie  sich  betheiligte,    Aufmerksamkeit. 


*)  1793  erschien  sogar  ein  Jornal  de  modinhaf:^  lierausgegebeu  von  P.  A.  Marchai 
Milcent  und  1812  ein  anderes  vom  Com])unisten  Antonio  Jose  do  Eego  redigirtes. 

**)  Innocencio,  Dicc.  hibl.,  t.  V  und  VII.  Vasconcellos  ist  im  Irrthum  wenn  er 
sagt,  Coelho  Machado  sei  in  Madeira  geboren  {3Ius.  poH,  t.  I,  p.  2191.  Er  würde  über- 
haujjt  im  allgemeinen  gut  gethan  haben,  das  Dictionnär  von  Innocencio  mehr  zu  Käthe 
zu  ziehen. 


Schmidt  —  Skaiulinavisfhc  Musik.  551 

Urs-prüuglich  wollte  sie  Geigoiivirtuosiu  werden  und  Prot'.  Hcllmpsherger  am 
Wiener  Conservatorium  war  ihr  letzter  Lehrer;  später  er.-^t  ging  sie  zum  Gesangs- 
studiura  über  und  Frau  Passy-Cornett,  gleichfalls  am  Wiener  Conservatorium, 
war  ihre  ers-te  Lehrerin:  später  ühernahni  dann  Kapellmeister  Proch  die  i)rak- 
tische  Ausbildung  lür  die  Bühne.  Ihr  erstes  Engagement  fand  sie  in  Würz- 
burg; nach  Ablauf  der  Saison  ging  sie  an  das  Stadttheater  zu  Frankfurt  a/M., 
wo  sie  unter  stets  sich  steigerndem  Beifall  fünf  Jahre  als  erste  Sängerin  blieb. 
Hierauf  folgte  sie  einem  ehrenvollen  Eufe  an  die  Berliner  Hofoper,  der  sie  bis 
1878  angehörte.  Darauf  wurde  sie  Mitglied  der  Dresdner  Hofliühne  und  dann 
des  Lei])ziger  Stadttheaters,  und  hier  wie  dort  machte  sie  sich  zum  erklärten 
Liebling  des  Publikums.     Seit   1881   gehört  sie  wieder  der  Berliner  Hoflnihne  au. 

Schmidt,  Gustav  (IX.  126),  starb  am  10.  Februar  1882  in  Darmstadt. 

Schnabel,   Karl   (IX,  133),  starb  am   11.   Mai   1.^81   in  Breslau. 

Schrems,  Joseph,  geboren  am  ö.  Oktober  1815  in  Warmensteinach  in 
der  Oberpfalz,  zeichnete  .sich  als  Zögling  des  Seminars  in  Amberg  bereits  als 
Yiolinspieler  aus.  Nachdem  er  am  5.  Oktober  1838  zum  Priester  geweiht 
worden  war,  erhielt  er  1840  die  Stelle  als  Kapellmeister  und  Inspektor  der 
Domiriibeude  in  Ecgensburg.  in  welcher  er  alsbald  eine  gesegnete  Wirksamkeit 
entwickelte.  Besondere  Verdienste  erwarb  er  sich  um  Hebung  der  kirchlichen 
Musik ;  der  Domchor  gelangte  unter  seiner  ausgezeichneten  Leitung  bald  zu 
höchster  Blüthe,  und  durch  seine  Schüler  namentlich  gewann  er  Einfluss  auch 
in  den  weitesten  Kreisen  in  Bezug  auf  AViedererweckung  der  altkatholischeu 
Kirchenmusik. 

Singer,  Peter  (IX,  267),  starb  am  25.  Januar  1882  in  Salzburg. 

SkaudiuaTisohe  Musik.  Die  geographische  Lage  der  skandinavischen  Länder, 
fern  von  dem  Ursprünge  der  Civilisutiou  und  unter  einem  Himmelsstriche,  wo 
die  laugen  Winterabende  die  Bevölkerung  zu  gemeinschaftlicher  Arbeit  und 
gemeinschaftlicher  Zerstreuung  um  den  geselligen  Heerd  sammeln,  hat  vielleicht 
in  noch  höherem  Grade  als  der  zähe  Konservatismus  des  Volkscharakters  dazu 
beigetragen,  zahlreiche  Erinnerungen  längst  verschwundener  Zeiten  bei  den 
nordischen  Völkern  mit  seltener  Treue  im  Singen  und  Sagen  zu  bewahren. 
Obgleich  eine  umfassende  und  planmässige  Sammlung,  namentlich  der  Volks- 
weisen, erst  in  neuerer  Zeit  begonnen  hat,  ist  es  doch  Männern  wie  Berg- 
green  in  Dänemark,  Lindeman  in  Norwegen,  Afzelius,  Dybeck, 
Arwidsson  u.  A.  in  Schweden  gelungen,  einen  Schatz  nationaler  Melodien, 
die  an  Schönheit,  Originalität  und  Maunichfaltigkeit  Ihresgleichen  suchen,  ans 
Licht  zu  ziehen.  Diese  Melodien  sind  freilich  nicht  alle  alten  Ursprunges: 
sie  stammen  im  Gegentheil  aus  den  verschiedensten  Zeiten  bis  auf  unsere  Tage: 
denn  die  Volksmusik  des  Nordens  ist  nicht  verstummt,  wenn  sie  auch  nicht 
in  derselben  Fülle  wie  früher  blüht.  Unter  den  Melodientypen  aber,  welche 
besonders  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  ziehen  —  und  nur  mit  den  typischen 
Formen  können  wir  uns  hier  beschäftigen  —  sind  mehrere,  von  unzweifelhaft 
hohem  Alter,  sowol  zahlreich  als  schön  repräsentirt.  Ebenfalls  werden  noch 
hie  und  da  im  Norden  musikalische  Instrumente,  welche  in  den  übrigen 
europäischen  Ländern  ganz  veraltet  sind,  gebraucht,  und  mehrere  alte  Volks- 
tänze, die  einst  eine  allgemeine  Ausbreitung  hatten,  haben  in  den  entlegenen 
Theilen  des  skandinavischen  Nordens  eine  letzte  Zuflucht  gefunden,  von  wo 
sie  erst  in  unserer  Zeit  zu  verschwinden  im  Begrilfe  sind.  Von  diesen  Volks- 
instrumenten und  Volkstänzen  wollen  wir  in  der  folgenden  Uebei'sicht  über  die 
nordische  Volksmusik  unsern  Ausgangspunkt  nehmen,  um  von  da  zu  den  Volks- 
liedern  überzugehen. 

Die  Langharpe  oder  da»  Langspil  (norwegisch  Langleike),  die  noch 
in  Norwegen  und  auf  Island  in  Gebrauch  ist,  und  die  Lire  oder  Nögle- 
fedel,  die  unter  dem  Namen  Nyckelharpe  (Schlüsselharfe)  sich  am  längsten 
in  Schweden  erhalten  hat,  waren  im  17.  Jahrhundert  ebenfalls  beim  dänischen 
Volke    gebräuchlich,    während    sie   schon  damals   in  Deutschland  veraltet   waren. 


552  Skandinavische  Musik. 

Die  eigentliche  Harfe  dagegen,  womit  der  altnordische  Skalde  seinen  Gesang 
begleitete,  kommt  nicht  mehr  vor,  und  dasselbe  gilt  von  dei*  Sackpfeife  und 
dem  Hackbrett,  In  Norwegen  wurde  noch  in  neuerer  Zeit  die  sogenannte 
Krogharpe  gebraucht,  die  in  Folge  der  vorhandenen,  leider  nicht  sehr  deut- 
lichen Beschreibung  einer  gewöhnlichen  Harfe  an  Form  gleich,  nur  dass  sie 
metallene  Saiten  und  einen  horizontalen  Klangboden  hatte.  Sie  hatte  einen 
stärkeren  Ton  als  die  Langharfe,  mit  deren  Ton  der  ihrige  übrigens  viel 
Aehnlichkeit  ha.tte. 

Die  norwegische  Langleike  besteht  aus  einem  länglichen,  flachen,  mit 
einem  Schallloche  versehenen  Eesonanzkastcn,  an  dem  einen  Fnde  eben  breit 
genug,  um  vier  metallene  Saiten,  die  sich  über  die  ganze  Länge  des  Instrumentes 
erstrecken,  Raum  zu  geben,  während  er  am  andern  Ende  etwas  breiter  wird, 
um  noch  drei  kürzere  Saiten,  ebenfalls  von  Metall  aber  von  abnehmender  Länge, 
aufzunehmen.  Die  langen  Saiten  werden  alle  vermittelst  der,  in  einem  Wirbel- 
kasten am  schmalen  Ende  angebrachten  ~\Virbel  in  a  gestimmt;  die  kürzeren 
Saiten  dagegen  werden  theils  durch  kleine  bewegliche  Stege,  theils  durch  die, 
in  einem  Wirbelkasten  an  dem  entgegengesetzten  Ende  des  Instrumentes  be- 
findlichen Wirbel  gewöhnlich  in  e  —  a  —  eis  oder  e  —  a  —  e  gestimmt.  Die 
Melodie  wird  mit  einem  kleinen  Piektrum  von  Holz  oder  Fischbein  auf  der 
vordersten  der  laugen  Saiten  gespielt,  unter  der  sich  eine  Eintheilung  durch 
kleine  angeheftete  bleierne  Leistchen  befindet.  Die  Skala  der  Langleika  ist 
nach  Liudemann: 


a — e  —  fis  —  g  —  a  —  h  —  eis  —  d  —  e  —  fis  —  gis  —  a  —  h. 

mit  a  als  Grundton,  die  Quarte  d  ist  aber  viel  zu  hoch,  fast  wie  dis,  und 
während  fis  zu  tief  ist,  ist  g  wiederum  zu  hoch.  Nach  älteren  Beschreibungen 
der  Langleike,  welche  ohne  Zweifel  das  in  Deutschland  »Scheitholz«  benannte 
Instrument  ist,  bestand  dieselbe  aus  einem  gelben,  ein  paar  Ellen  langen,  aber 
kaum  eine  Yiertelelle  breiten,  mit  sechs  messingenen  Saiten  bezogenen  Kasten. 
In  seinen  y>Travels  in  the  Island  af  leelandvi  (1810)  bat  Mackenzie  eine  Zeich- 
nung und  Beschreibung  des  isländischen  Langspil  gegeben,  wonach 
dieser  aus  einem  schmalen,  ungefähr  drei  Fuss  langen,  am  einen  Ende  etwas 
auswärts  gebogenen  und  mit  einem  runden  Schallloche  versehenen,  hölzernen 
Kasten  bestand.  Am  schmalen  Ende  sassen  die  Wirbel  wie  an  einer  Violine. 
Das  Instrument  hatte  drei  Saiten  von  Messing,  von  denen  zwei  in  dem- 
selben Tone,  die  dritte  eine  Oktave  tiefer  gestimmt  war.  Die  eine  der  beiden 
ersten  Saiten  ging  über  kleine,  mit  Messingdraht  belegte  Erhöhungen,  auf 
welche  die  Saite  mit  dem  Nagel  des  Daumens  hinabgedrückt  wurde.  Der  Ton 
wurde  durch  Streichen  mit  einem  Bogen  über  alle  Saiten  hervorgebracht,  von 
denen  die  beiden  andern  denselben  Dienst  leisteten,  wie  die  Stimmen  einer 
Sackpfeife.  Diese  Begleitung  der  Melodie  durch  ein  andauerndes,  orgelpuukt- 
artiges  Akkompagnement  ist  überhaupt  für  einen  grossen  Theil  der,  im  Norden 
bewahrten  instrumentalen  Volksmusik  charakteristisch. 

Das  isländische  Langspil  bildet  den  Uebergang  zu  der  schwedischen 
Nyckelharpa  oder  Nyckelgiga,  ebenfalls  ein  Bogeninstrument,  bei  dem 
aber  die  Töne  vermittelst  eines  Tangentenmechanismus  wie  bei  der  Drehleier 
gegriffen  werden.  Ausser  der  Saite,  auf  der  die  Melodie  gespielt  wird,  be- 
rührt der  Bogen  noch  eine  andere,  tiefer  gestimmte  deren  Ton  einen  fort- 
während singenden  Orgelpunkt  bildet.  Unter  diesen  beiden  Saiten  befinden  sich 
noch  mehrere  andere  von  Metall,  die  nicht  vom  Bogen  berührt  werden,  sondern 
nur  mitklingen  und  den  Ton  verstärken.  In  seiner  äusseren  Form  ist  dieses 
Instrument,  welches  der  Spielende  an  einem  Bande  vor  der  Brust  trägt,  einer 
plump  gebauten  Violine  nicht  unähnlich  und  weicht  in  mehreren  Stücken  von 
der,  in  Agricolas  »Musica  instrumetitalisv.  (1529)  abgebildeten  Schlüssel- 
fiedel ab.  Die  Nyckelharpa,  welche  an  einigen  Orten  Knäfverharpa 
benannt   wurde,   soll   besonders    in  der  Gegend  um  Upsala  und  Sigtuna  ge- 


Skandinavische  Musik. 


553 


bräuchlicli  gewesen  sein.  Obschon  dieses  uralte  Instrument  nicht  zu  den  feinsten 
gehört,  soll  sich  docli  ein  jeder,  der  einen  nur  cinitrcrmaussen  geschickten 
Bauernspielmann  darauf  hat  spielen  hören,  über  die  Stärke  und  Lebhaftigkeit 
des  Spieles  haben   verwundern  müssen. 

Das  vollkommenste  dieser  mittelalterlichen  Saiteninstrumente  ist  ohne 
Zweifel  die  Hardan  gerfele  (Feie,  d.  h.  Fiedel),  so  l)enannf  nach  dem  nor- 
wegischen Hochlande  um  den  Hardangerfjord.  wo  sie  ihre  eigentliche  Heimath 
hat.  Sie  pflegt  kleiner  als  eine  gewöhnliche  Geige  und  mit  eingelegter  Arbeit 
und  mit  Schnitzwerk  verziert  zu  sein.  Der  Hals  läuft  in  einen  phantastischen 
Drachen-  oder  Thierkopf  aus.  Sie  hat,  wie  die  Violine  vier  Saiten,  diese  werden 
aber  gewöhnlich  in  a — d — a^ — e-  und  bisweilen  anders  wie  z.  B.  a — e^  —  a' — e^ 
oder  a — e^ — a' — eis-  gestimmt.  Wie  an  der  Schlüsselfiedel  und  einigen  morgen- 
ländischen,  namentlich  indischen  Streichinstrumenten,  finden  sich  unter  den 
Saiten,  die  mit  dem  Bogen  gestrichen  werden,  einige  feine  sympathetisch  mit- 
tönende stählerne  Saiten,  vier  an  der  Zahl,  die  bei  der  gewöhnlichen  Felen- 
stimmung  in  d^ — e^ — fis^ — a^  stehen.  Die  Feie  wird  wie  die  Violine  gespielt; 
die  Quarte  der  Skala  wird  wie  bei  dem  Langleg  oft  zu  hoch  genommen,  und 
die  Melodie  auch  hier  von  bald  einzelnen,  bald  doppelten  liegenden  Tönen  fast 
unablässig  begleitet.  Der  Spielmaun,  der  keine  Noten  kennt,  entwickelt  oft 
eine  recht  bedeutende  Kunstfertigkeit,  und  seine  vollständige  Hingebung  an 
das  Spiel  theilt  der  eigenthümlichen  Felenmusik  eine  Frische  der  Inspiration 
mit,  die  selbst  auf  den  wählerischen  Zuhörer  ihre  "Wirkung  nicht  verfehlt. 
Charakteristisch  ist  der  doppelte  Taktschlag  mit  Ferse  und  Fussspitze,  der 
während  des  Spieles  ununterbrochen  ertönt.  Einer  der  berühmtesten  nor- 
wegischen Felenspieler  neuerer  Zeit  war  der  »Müllerbursche«  Thorger  Augonsen. 

Auf  der  Feie  und  den  übrigen  Saiteninstrumenten  werden  fast  ausschliess- 
lich Märsche  und  Tänze  gespielt.  Der  eigenthümlichste  und  gewiss  ursprüng- 
lichste Melodientypus,  der  mit  dem  Gebrauche  derselben  verknüpft  ist  und  wegen 
des  primitiven  harmonischen  Akkompagnemeuts,  worauf  sie  berechnet  sind,  eine 
besondere  Einfachheit  in  dem  harmonischen  und  modulatorischen  Baue  voraus- 
setzt, wird  von  einem  kurzen,  aber  prägnanten  JMotive  gebildet,  welches  durch 
häufige  "Wiederholungen  mit  kleinen,  gleichsam  improvisirten  Erweiterungen 
und  Umbildungen,  die  wiederum  zu  neuen  Kombinationen  leiten,  jenen  steigen- 
den, immer  intensiveren  Effekt  von  eigenthümlich  ergreifender  Art  hervorbringt, 
den  der  Volksglaube  dort,  wo  es  einen  solchen  in  einem  besonders  hohem  Grade 
hervorzurufen  gelungen  war,  mit  übernatürlichen,  dämonischen  Mächten  in  Ver- 
bindung gesetzt  hat.  Als  eine  Probe  dieser  Art  von  Melodieubildung  folgt 
hier  nach  Lindeman  der  Anfang  eines  norwegischen  »Langeleiklaat«,  d.  h.  einer 
Melodie  für  das  Laugspil,  von  Valders,  welche  der  Erfinder  den  »Teufek  hat 
trällern  hören: 


Ällegro  vivace. 


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-*_•- 


-I        ga 


wobei  zu  erinnern  ist,  dass  das  d  der  Langleike  fast  wie  dis  klingt.  Ueberall 
im  Norden  trifi't  man  unter  dem  A'olke  Melodien,  die  dem  Teufel,  dem  Nix 
oder   den    Unterirdischen    zugeschrieben    werden.      Der    Spielmann    opferte   dem 


554 


Skandinavische  Musik. 


Flusse  ein  schwarzes  Lamm  und  bewog  dadurch  den  Nix  ihn  solche  Melodien 
zu  lehren.  Wenn  er  sie  dann  aber  später  spielte,  konnte  er  nicht  wieder  auf- 
hören, sondern  spielte  in  einem  fort  wie  ein  AVahnsinniger,  bis  jemand  ihm 
die  Saiten  der  Geige  durchschneiden  konnte.  Nach  einer  scbwcdischeu  Sage 
gab  es  elf  solcher  Stromkarleslag,  wie  dergleichen  vom  Nix  oder  Ströinkarl 
{Flussgeist)  herrührende  Melodien  benannt  wurden.  Die  zehn  derselben  konnten 
von  Mann  zu  Mann  gehen  und  ohne  Gefahr  gesi^iclt  werden;  die  elfte  aber 
musste  vom  Nix  selbst  gelernt  werden,  und  davor  sollte  man  sich  in  Acbt 
nehmen,  wenn  man  das  Mittel,  dem  Unglück  vorzubeugen,  nicht  kannte.  "Wer 
dieselbe  lernen  wolle,  solle  drei  Donnerstagsnüchte  seine  Geige  unter  eine 
Brücke  an  einem  immer  fliessenden  Gewässer  legen.  Dann  käme  der  Nix  in 
der  di-itten  Nacht  und  stimmte  seine  eigene  Geige,  der  Schüler  solle  dann 
darnach  stimmen  und  mitspielen.  "Wenn  diese  Weise  gespielt  würde,  begönnen 
leblose  Dinge,  Bäume  und  Steine  zu  tanzen.  In  Dänemark  und  Schonen 
nannte  man  diesen  Tanz,  der  ebenfalls  in  handschriftlichen  Quellen  aus  dem 
Mittelalter  erwähnt  wird,  einen  Elfen  tanz. 

Einige  neuere  Bauerntänze,  die  im  Norden  ein  bis  drei  Jahrhun- 
derte alt  sind,  liefern  lehrreiche  Beispiele,  wie  ursprünglich  fx-emde  Tänze 
mit  ihren  Melodien  sich  allmählich,  wenn  sie  in  die  untern  Schichten  der 
Bevölkerung  dringen,  mit  früher  bekannton  Foi-men  assimiliren  und  ein  natio- 
nales Gepräge  annehmen.  So  z.  B.  der  englische  Taiiz,  das  Menuett 
und  der  polnische  Tanz,  welcher  letztere  der  älteste  dieser  drei  ist  und 
namentlich  in  Schweden  dem  musikalischen  Volksgeiste  Gelegenheit  gegeben 
hat,  in  einer  Menge  vorzüglicher  Tanzmelodieu,  der  sogenannten  Polskor  oder 
Slang dansar  seine  Erfindungsgabe  zu  zeigen.  Bekannt  ist  der  sogenannte 
3>Neckens  Polska«,  welcher  in  der  Oper  Hamlet  von  Ambr.  Thomas  benutzt 
ist  und  aus  einer  alten  Spielmannsfamilie  in  dem  nördlichen  Smäland  nahe  an 
den  Ufern  des  Wettern  herrühren  soll.  Ein  anderer  Polska  von  ganz  ent- 
gegengesetztem Charakter,  aber  ebenfalls  nach  dem  Nix,  diesem  Meister  aller 
Spielleute  benannt,  ist  von  Dybeck  in  dem  südöstlichen  Winkel  derselben 
schwedischen  Provinz  aufgezeichnet  und  mitgetheilt  worden.     Er  lautet  so: 

Ällegretto. 


Ein  uralter  Tanz  ist  der  Syvspring,  der  sich  am  längsten  in  Jütland  gehalten 
hat.  Die  Melodie  dieses  Tanzes  ist  ungefähr  dieselbe,  die  in  der  Schweiz  ge- 
braucht wird.  Ein  anderer  alter  Nationaltanz,  der  an  den  avglog  der  Griechen 
erinnert,  wird  bei  den  Hochzeiten  auf  dem  Lande  aufgeführt.  Man  triflft  ihn 
noch  in  dem  südwestlichen  Seeland  und  vielleicht  noch  in  andern  Gegenden, 
wenn  er  nicht,  wie  so  viele  andre  alte  Gebräuche,  in  den  letzten  50  Jahren 
verschwunden  ist.  Derselbe  wird  von  den  Mädchen  allein  aufgeführt,  doch  mit 
einem  Brautführer  an  der  Spitze,  der  ein  Taschentuch  hält,  dessen  andern  Zipfel 
die  Braut  fasst.  Auf  dieselbe  Weise  bildet  sich  die  ganze  Kette,  welche  nun 
die  Braut  umkreist  unter  vielen  Schwingungen,  unter  den  Armen  der  Tanzenden 
hindurch  sich  windet  durch  das  ganze  Hochzeitshaus  und  in  benachbarte  Bauern- 
häuser, wo  der  Tanz  fortgesetzt  wird,  und  von  da  endlich  in  das  Hochzeitshaus 


Skaiuliuavisciic  Musik. 


555 


zurückführt.  Dies  nennt  man  die  Braut  aus  der  Zunft  der  Junirfrauen  heraus- 
tanzen, ein  poetischer  (Jebrauch.  velelier  in  anderen  (iegeiidcn  eine  etwas  andere 
Form  hat.  Zu  lUn  nierkwüi  digsten  nordi^^clien  VolU^itänzen  geliören  der  Sjjring- 
dans,  der  springende  Tauz  im  Gegensätze  zu  dem  (ianger,  dem  gehenden 
Tanze,  und  der  Halling,  so  benannt  nach  dem  Hailingthal  in  Norwegen.  Der 
Haliing  ist  im  ~j^  Takt,  der  Sprinirtauz  im  ^/,  Takt,  das  Tempo  allegretto 
oder  moderato,  die  Tonart  gewöhnlich  Dur,  der  Charakter  launenhaft  und 
phantastisch,  mit  dem  Gepräge  der  frischen,  sprudelnden  Lebensfülle,  die  auch 
im  Tanze  selbst  Ausdruck  gewinnt,  der  jetzt  besonders  in  den  (iebirgs- 
gegenden  Norwegens  zu  Hause  ist.  Vortreffliche  künstlerische  Bearbeitungen 
solcher  Tänze  für  das  Piano  im  Geiste  der  Volksmusik  haljcn  wir  von  Linde- 
man,  Halfdan,  Kierulf  und  Grieg.  "Wir  theilen  folgenden,  nach  einer  Auf- 
zeichnung für  die  Hardangutiedel  von  Hovar  Giböjen  von  Kierulf  behandelten 
Sprungtanz  mit: 

Allegro  moderato.  


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556 


Skandinavische  Musik. 


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Nach  der,  von  dem  Dichter  Jörgen  Moe  gegebenen  Schilderung  des 
Springar,  wie  derselbe  in  Telemarken  getanzt  wiid,  führt  der  Bursche  zuerst 
seine  Tänzerin  an  der  Hand  hinter  sich,  indem  er  mit  lustigen  Sprüngen  und 
derbem  Stampfen  auf  den  Fussboden,  tanzt;  jedes  Mal,  wenn  der  betonte  Bogen- 
strich gehört  wird,  beginnt  die  Tänzerin  mit  kurzen,  trippelnden  Schritten 
und  züchtisr  niedergeschlagenen  Augen  zu  tanzen.  Auf  diese  Weise  drehen  sich 
die  Paare,  das  eine  hinter  dem  andern,  einige  Mal  im  Kreise  herum.  Daraut 
wirbelt  der  Tänzer,  die  Hand  des  Mädchens  hoch  emporhaltend,  die  Tänzerin 
wie  einen  Kreisel  um,  während  er  selbst  auf  demselben  Fleck  stehend,  sich 
langsamer  nach  dem  Takte  der  Fiedel  dreht.  Nun  führt  er  wieder  sein  Mäd- 
chen, das  wieder  hinter  ihm  steht,  mehrmals  im  Kreise  herum;  dann  schlingt 
er  beide  Arme  um  ihre  Hüften,  sie  legt  die  Hände  auf  seine  Schultern  und 
so  drehen  sie  sich  im  wirbelnden  ßundtanz.      Ist  er  ein  rüstiger  Bursche  und 


Skaiulinaviscbu  Musik. 


Oo7 


gefällt  ihm  die  Täuzeriu,  hebt  er  sie  währoud  dedaelben  hoch  über  die  Köpfe 
der  Zuschauer  bis  lui  die  Balken  der  Decke  uud  setzt  sie  wieder  mit  einem 
Jauchzer  auf  den  Fussbüden  nieder,  so  dass  ilire  KiJcke  bis  an  die  Knie  auf- 
fliegen. Unter  den  vielen  charakteristischen  Hallingtänzun  wählen  wir  als 
Beispiel  den  originalen  Kvaalius  Halling  von  A'alders,  der  von  Lindenian  auf- 
gezeichnet worden   ist: 

Muderati). 


i-v=j^ H- •-« — •-■ — •— + *-g  -• — 4#  — «^  — •-■ — •  - + ■-0-«— 4  — •-<— «^* J 


^-^^E&5 


I)er  Halling  wjrd  von  einem  einzelnen  Tänzer  ausgeführt  und  erfordeit 
sowol  Kraft  als  Gewandtheit.  Er  beginnt  ruhig,  sorglos  schleudernd,  gleichsam 
träumei'isch  mit  kleinen,  langsamen  Tritten  und  Biegungen  der  Arme  uud  Beine, 
dann  aber  kommt  mehr  Leben  hinein,  und  plötzlich  schnellt  der  Tänzer  leicht 
wie  eine  Feder  empor,  dreht  sich  mit  einem  verwegenen  Schwünge  in  der  Luft 
herum  und  stösst  mit  dem  Fusse  an  den  Balken  der  Decke,  woi-auf  er  wieder 
auf  einem  Beine  stehend  herabfällt.  Er  kauert  darauf  nieder  auf  dem  einen 
^  Fusse  ruhend  und  wirbelt  um,  so  dass  seine  Jacke  einen  Kreis  um  ihn  be- 
schreibt, dann  thut  er  einen  Sprung  an  das  entgegengesetzte  Ende  des  Zimmers 
■  und  fängt  wieder  von  vorne  an. 

Es  ist  eine  nothweudige  Folge,  dass  diese  verschiedenen  Tänze  das  Volks- 
lied, namentlich  das  Liebes-  und  Scherzlied,  mit  einer  INIencre  beliebter 
Melodien  bereichert  haben. 

unter  den  Volkstänzen  im  Norden  ist  der  färöische  Tanz  zu  erwähnen 
übrig,  der  von  uralten  Zeiten  au,  unter  Absinguug  von  Liedern  ausgeführt 
worden  ist,  namentlich  der  episch-lyrischen  Lieder  aus  dem  Mittelalter, 
welche  die  bedeutsamste  und  inhaltreichste  Gruppe  der  nordischen  Volkslieder 
bilden.  Die  Gegenden  im  Norden,  wo  man  die  reichsten  Schätze  an  alten 
Volksliedei-n  gefunden  hat,  sind  die  Färöeriuselu,  besonders  der  südliche  Theil 
dieser  Inselgruppe,  Telemarken  in  dem  südwestlichen  Norwegen  und  in  Däne- 
mark die  Mitte  von  Jütland,  die  sogenannte  Strickgegeud.  wo  sich  bis  vor 
wenigen  Jahren  Alt  und  Jung  des  Abends  wechselweise  in  den  verschiedenen 
Bauernhöfen  versammeltj  und  allerlei  wollene  Sachen  strickte,  während  Lieder, 
Sagen  und  Märchen  zur  Unterhaltung  bei  der  Arbeit  dienten.  Die  Färöer- 
iuselu sind  aber  die  einzige  Gegend  im  Norden,  wo  die  epischen  Lieder  noch 
mit  der  Aufführung  von  Tänzen  verknüitft  sind.  Die  dortige  Bevölkerung 
kennt  den  Gebrauch  musikalischer  Instrumente  gar  nicht,  ist  aber  dem  Tanze 
leidenschaftlich  ergeben.  Auf  Hochzeiten  wird  in  der  Regel  drei  Tage  uud 
drei  Nächte  ununterbrochen  getanzt,  uud  in  der  eigentlichen  Tauzzeit  von 
"Weihnachten  bis  Fasten  tanzt  man  nicht  nur  am  Sonntage,  sondern  auch  an 
andern  Tagen  der  AVoche,  Der  Keichthum  an  Liedern  ist  hier  so  gross  ge- 
wesen, dass  man  an  einigen  Orten  in  Folge  einer  alten  Sitte  dasselbe  Lied 
nicht  mehr  als  einmal  das  ganze  Jahr  hindurch  in  der  Tanzstuhe  singen  durfte. 
Zu  den  merkwürdigsten  Liedern   gehört  der  ganze  Kreis  der  Lieder  von  Sigurd 


558 


Skandinavische  Musik. 


Tafnersbane,  von  dem  es  heisst,  dass  sein  Name  leben  soll,  so  lange  die 
A\^elt  steht.  Uebrigens  scheint  der  Tanz  keine  Lieder  besonderer  Art  oder 
Form  zu  erheischen,  denn  es  werden  aucb  neuere  dänische  Lieder  benutzt. 
Der  Tanz  wird  auf  verschiedene  Weise  beschrieben  und  auch  nicht  überall  auf 
den  Inseln  gleichmässig  ausgeführt.  Die  Tanzenden  halten  sich  an  den  Händen 
angefasst  und  bilden  einen  Kreis  wie  in  der  »hora«  (chorea)  der  Rumänen  und 
dem  »carol«  der  Troubadourzeit,  Männer  und  AVeiber,  Jung  und  Alt  durch 
einander.  Gewöhnlich  macht  man  einige  taktmässige  Schi'itte  vorwärts  oder  seit- 
wärts, während  alle  zugleich  den  Refrain,  dänisch:  Omkväd,  anstimmen,  dann 
steht  man  still  oder  balaucirt  ein  wenig,  während  der  Vorsänger  den  Vers  singt; 
oder  der  Tanz  bewegt  sich  ununterbrochen  und  einförmig  in  einem  Kreise 
fort.  An  einigen  Urten  tanzt  man  zurück  unter  dem  Absingen  des  Verses, 
dagegen  fährt  man  beim  Singen  des  Refrains  heftig  vorwärts.  Bei  Hochzeiten 
werden  die  ersten  Tänze  nach  Psalmenmelodieu  und  zwar  so  ernsthaft  aufge- 
führt, dass  früher  der  Prediger  im  Ornat  daran  Theil  nahm,  eine  Sitte,  die 
auch  in  Norwegen  und  Schweden  bekannt  ist.  Dann  geht  man  zu  den  langen 
und  ernsthaften  Heldenliedern  über,  und  gegen  den  Schluss  des  Festes,  wenn 
der  Tanz  recht  lustig  ist,  kommt  die  Reihe  an  die  Scherzlieder.  Wo  der  Tanz 
sich  in  seiner  reinsten  Gestalt  behauptet  hat,  verstehen  die  Theilnehmer  einen 
Ausdruck  in  ihre  Bewegungen  zu  legen,  der  darthut,  dass  sie  den,  in  den 
Liedern  geschilderten  Begebenheiten  folgen.  Sie  legen  eine  genaue  Bekannt- 
schaft mit  den  darin  auftretenden  Helden  und  Interesse  für  dieselben  an  den 
Tag.  Ihre  grösste  Freude  ist  von  Schlachten  und  Kämpfen  zu  singen.  Der 
Refrain  des  hier  mitgetheilten  Tanzliedes  von  Olufa,  der  Tochter  des  Königs 
Pipin,  dessen  Melodie  von  dem  Singmeister  H.  Rung  aufgezeichnet  worden  ist, 
wird  am  letzten  Abende,  da  die  Färinger  in  der  Tanzzeit  vor  dem  Anfange 
der  Fasten,  der  Leidenszeit  Christi,  versammelt  sind,  als  Abschiedslied  benutzt. 
Es  lautet  in  der  TJebersetzung:  »Lasst  uns  fest  auf  unsern  Fussboden  treten 
und  der  Schuhe  nicht  schonen;  Gott  bestimmt,  wo  wir  das  nächste  Mal  Weih- 
nachten feiern  werden. 

Con  moto. 


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Go-Öa  skemtun   ge-ra  skäl  hväreg  gengi  i  dans:  kve-iti  um  kong  Pipping  og 
Omicväd. 


OIuvu     dottur  hans.     Stigum  fast  ä  värt  golv  spärum  ei  vär  skö !  Gud  mann  räfta, 


hvär  vor    drekkum    on     -     nur    j61. 


Der  Färing  Pastor  Hammershaimb,  dem  wir  mehrere  der  hier  mitgetheilten 
Nachrichten  über  den  Gesang  und  Tanz  auf  den  Färöerinseln  verdanken,  macht 
über  die  Musik  der  färöischen  Lieder  die  Bemerkung,  dass  dieselbe  hauptsäch- 
lich im  Refrain  zu  suchen  ist,  da  das  Lied  selbst  halb  deklamirend  halb  singend 
vorgetragen  wird,  weshalb  das  Versmass  keineswegs  immer  genau  ist.  Aehnliche 
Beobachtungen  sind  auch  in  Betreff  der  andern  nordischen  Melodien  und  eben 
der  ältesten  gemacht  worden.  So  hebt  Lindeman  z.  B.  unter  den,  mit  der 
Aufzeichnung  der  Volksmelodien  in  Norwegen  verbundenen  Schwierigkeiten, 
namentlich  den  freien,  oft  deklamatorisch  lebhaften  Vortrag,  besonders  der 
»Kämpeviser«,  d.  h.  der  heroisch-epischen  Volksdichtungen  aus    dem  Mittelalter 


Skandiiiaviscbo  Musik. 


559 


hervor;  und  wie  wenig  man  auch  von  der  nuisiknlischcn  Beschaffenheit  des 
Skalden  tjcsa  n  ges  weiss,  ist  es  doch  wahrscheinlich,  dass  er  ähnlicher  dekla- 
matorischer Art  gewesen  ist,  und  dass  die  ^'L■r\v;lIult8chai't,  welche  zwischen 
den  ältesten  Heldenliedern  einerseits  und  der  Edda  und  der  Skaldendich- 
tung andrerseits  stattfindet,  sich  auch  eine  Zeitlaug  auf  den  musikalischen 
Vortrag  erstreckt   hat. 

Untor  den  Melodien  der  epischen  Lieder  scheinen  mehrere  der  in 
Telemarken  gesammelten  einen  besondern  Typus  von  hohem  Alter  zu  reprU- 
sentiren,  der  nur  selten  ausserhalb  dieser  Gegend  vorkommt.  Die  AVehmuth, 
der  ausgeprägte  Vollklang,  der  allen  echten  INIelodien  alter  epischer  Lieder 
eigenthümlich  ist,  ist  hier  noch  tiefer  und  trüber  als  gewöhnlich,  und  die 
melodische  Phrase  von  einer  Originalität,  die  an  das  Bizarre  grenzt.  So  z.  B. 
in  dem  Liede  von  Sigurds  Kampf  mit  »Flanar  Ormin«,  d.  h.  dem,  in  einen 
Lindwurm  verwandelten  Fainer,  dessen  Melodie  wir  nach  Lindeman  wiedergeben: 


Andantino. 


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Eg  va    no     meg    saa    li-ten  ein    gut,    eg  gjat-ta      fe    un-de    lie,      saa 


kom  den      frie    Flanar   -  ormin,    hau     monne       i      gra  -  se    skri  -  e. 

Omkväd, 


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4=Ö* 


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For  -  di     lig  -  ger    or  -  min     i        Y  -    se-land     u   -    ti      fio    -    i. 

»Die  Poesie  und  Musik  des  Telemärkischen  Bauers«  schreibt  Landstad,^ 
der  norwegische  Sammler  und  Herausgeber  von  Volksliedern ,  »stehen  im  ge- 
nauesten Einklang  mit  der,  ihn  umgebenden  Gebirgsnatur;  die  tiefe  "NVehmutK 
derselben  klingt  darin  wieder,  ihre  Erhabenheit,  ihre  Geheimnisse  und  Schrecken 
spielen  sich  darin  ab.  Die  zärtlicheren  Gefühle  fehlen  jetzt  wie  früher  uuserm 
Volke,  zärtliche  und  weichliche  Liebe  ist  nicht  seine  Sache.  Nur  dann  und 
wann  hört  man  einen  tiefen  Seufzer  vom  Birkenabhange  her,  wo  die  Jungfrau 
in  einem  wehmüthigen  »Stev«  ihre  hoffnungslose  Liebe  beweint  oder  die  zarte 
Sehnsucht  ihres  Herzens  ausspricht.  Die  Phantasie  dagegen  ist  lebhaft  und 
stark  und  gern  überlässt  er  sich  ihrem  wildesten  Fluge.  In  seinen  Liedern 
will  er  lieber  Phantasiegebilde  als  Alltagsmenschen  sehen,  lieber  von  Muth 
und  Mannesthat,  Tapferkeit  und  Zaubei'volk,  als  von  Liebe  und  Freundschaft 
hören.  Je  stärker  die  Bilder  gezeichnet  sind,  je  besser:  sie  werden  sogar  oft 
durch  ihre  Grandiosität  unschön  und  grenzen  an  das  Komische«,  und  diese 
Charakteristik  passt  auf  das  alte  nordische  Volksepos  im  Ganzen  genommen. 
Die  Steve  sind  improvisirte  Liedstrophen  erotischen  oder  satirischen  Inhalts, 
welche  in  Telemarken  und  dem  Sätersthal  bei  festlichen  Zusammenkünften  ge- 
wechselt und  nach  gewissen  hergebrachten  Melodien  gesungen  werden.  Stev 
ist  auch  eine  der  alten   Benennungen  des  Refrains. 

Im  Gegensatze  zu  den  uralten,  halb  recitativischen  ^lelodien  zeigt  ein 
anderer  Typus  der  Kümpevisemelodien  oder  Heldenweisun,  der  über  den 
ganzen  Norden  verbreitet  ist  und  besonders  in  Dänemark  häuiig  und  rein  vor- 
kommt, eine  klarere  Rhythmik  und  einen  symmetrischeren  Mckidienbau,  indem 
der  melodische  Satz,  nach  dem  die  erste  der  beiden  Langzeilen  des  Verses 
gesungen  wird,  entweder  bei  der  zweiten  wiederholt  wird,  was  als  das  Ursprung- 


56U 


Skaudinaviscbe  Musik. 


liebere  angesehen  werden  muss,  oder  auch  den  Vordersatz  zu  einem  freier 
erfundeueu  Nachsatze  biklet.  Zu  den  Melodien  dieser  Form  gehört  ein  ein- 
zehicr  Kefrain,  mit  dem  das  Lied  in  alten  Tagen  begann,  und  der  nach  jeder 
Strophe  wiedex'holt  wurde.  Ein  klassisches  Beispiel  ist  folgende  Melodie  eines 
der  Lieder,  die  dem  Liederkreise  vom  Könige  Diedrich  Bern  angehören.  Es 
ist  eine  der  wenigen,  in  älteren  Zeiten  aufgezeichneten,  nordischen  Volksweisen, 
von  dem  ausgezeichneten  Organisten  an  der  St.  Nicolai  Kix'che  zu  Kopenhagen, 
Johann  Lorents  nach  dem  Gesänge  eines  jüdländischen  Landrichters  im  Jahre 
1675   niedergeschrieben: 

Con  moio. 


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syv      og       syvsind    -    styve,     der     de    drog    ud      fra 


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Hald,        og        der    de    komme  til    Brattings  -  borg,    der     siege    de      de  -  res 
Omkväd. 


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tjald.    Det  donner  under  ros,  de     den  -  ske  hofmond  der  de  ud  -  ri  -  de. 

Die  Melodien  der  ausserordentlich  verbreiteten  Lieder  von  »Hagbard  und 
Signe«  und  »Axel  und  Valborg«,  zwei  der  herrlichsten  nordischen  Volks- 
dichtungen von  treuer  und  unglücklicher  Liebe  und  die  schöne  Melodie  des 
Liedes  von  dem  Tode  der  geliebten  Königin  Dagmar,  der  Gemahlin  des 
Königs  Waldemar  des  Siegers,  gehören  ebenfalls  dieser  Gruppe  an.  Eine 
seltener  vorkommende  poetische  Form  ist  in  dem  Liede  von  den  verbannten 
Töchtern  des  Marschalls  Stig  benutzt  worden,  einem  der  schönsten  dänischen 
Volkslieder,  das  auch  seiner  Melodie  wegen  hervorgehoben  zu  werden  verdient. 
Stig  Andersen  ermordete  1286  den  König  Erich  Glipping,  weil  dieser, 
während  der  Marschall  auf  einem  Kriegszuge  gegen  Schweden  abwesend  war, 
dessen  Gattin  geschändet  hatte.  Die  Melodie  ist  zuerst  im  fünften  Bande  von 
Nyerupsog  Hahbeks  nUdvalgfe  dansJce  Viser  fra  Middelalderen<i  (1814)  mit- 
getheilt  worden: 

Andante. 


Marsk  Stig  hau  haver   de    dö  -  tre    to,  saa  krank  en  skobne      moDiie     de  laa.  Den 

Omkred. 


aild  -  ste    tog    den     yngste     om  haand,  og      de    fo    -  re     vi    -    de    om     ver  -  den. 

Die  zweite  Strophe  begann  darauf  mit  der  Endzeile  der  ersten  »Den  äldste 
tog  den  yngste  ved  Haand«,  und  so  knüpft  sich  immer  die  folgende  Strophe 
an  die  vorhergehende. 

In  einigen  Kämpevisemelodien  spürt  man  noch  die  wilde  Kraft  voriger 
Zeiten;  andere  dagegen  nähern  sich  dem  weicheren,  romantischen  Tone,  welcher 
die  Ritterlieder  des  späteren  Mittelalters  kennzeichnet,  mit  einem  Kefrain 
sowol  in  der  Mitte  als  am  Ende  jeder  Strophe,  die  ebenso  wie  jene  überall 
im    Norden    gesungen    wurden    und    vorzugsweise    in    Schweden    und    auf   den 


Skandiimvisclie  Musik. 


561 


dilnischeu  Inseln  üppig  und  schön  geblüht  zu  hüben  scheinen.  Zu  einem  wie 
hohem  Grade  von  Feinheit  Melodien  dieser  Art  sich  haben  entwickeln  können, 
ersieht  man  z.  B.  am  besten  aus  dem  schwedischen  Liede  »den  her<jta(jnaft,  die 
Jungfrau,  welche  vom  Bergkr»nige  in  den  Berg  entführt  wurde.  ])ie  Melr)die 
iiudct  sich  in  (ieijcr.s  und  Afzelius'  r>>ivcnska  folkvisor  j'ran  forntiden  (1H14 
bis   1816): 

J^oco  lento. 


^^^^^^^^^^^^^ 


Och  jungfrun  hon  skulle  sig     at    ot  -  te-siingen  gä;  —  Ti  den  görs  mig  läng.  —  Sä 

Omkräd. 


gick  hon  den  vagen,  at    hö-ga  berget  lag. —Meu  jag  vet,  att    sorgen    är    tung. 


Im  ganzen  Mittelalter  war  es  allgemeine  Sitte  wenigstens  die  langsameren 
Tänze  nach  Liedern  aufzuführen.  Einer  der  tanzenden  Ritter  oder  Jungfrauen 
sang  vor,  die  übrigen  sangen  nach,  wie  es  in  den  Kitterliedern  heisst.  Der 
alte  Ringtanz  hat  in  zahlreichen,  besonders  schwedischen  Volks-  und  Kinder- 
spielen mit  den  dazu  gehörigen  Liedern  Spuren  hinterlassen.  Einzelne  Volks- 
lieder knüpfen  sich  an  Sitten  und  Aufzüge  zu  gewissen  Zeiten  des  Jahres, 
z.  B.  das  Lied  der  heiligen  drei  Könige  und  das  alte  Mailied,  welches 
letztere  die  Bauern  sangen,  wenn  sie  mit  bunten  Bändern  und  Kränzen  geschmückt, 
den  Einzug  des  Mai's  durch  Aufzüge  verherrlichten. 

Einige  der  frischesten  und  urwüchsigsten  nordischen  Volksweisen  verdanken 
dem  Hirtenleben  auf  den  waldigen  Gebirgen  Schwedens  und  Norwegens  ihren 
Ursprung.  Ihr  Alter  ist  unmöglich  zu  bestimmen.  Sie  können  gestern  ge- 
boren und  sie  können  auch  so  alt  sein,  wie  das,  von  allen  äusseren  Ein- 
flüssen unberührte  Naturleben,  mit  dem  sie  in  innigem  Einklänge  stehen.  Im 
Vorsommer  wird  das  Vieh  oft  mehrere  Meilen  vom  Bauernhofe  entfernt  auf 
die  Berge  getrieben.  Unterwegs  vertreibt  sich  der  Hirt  die  Zeit  durch  Blasen 
auf  der  Pfeife;  in  den  Bergen  aber  wird  die  Pfeife  gewöhnlich  mit  dem  »Lur«, 
dem  nordischen  Alpenhorne,  und  dem  Hörne,  aus  einem  grossen  Kuh-  oder 
Bockshorne  verfertigt  und  mit  drei  oder  vier  Fingerlöchern  versehen,  vertauscht. 
Ein  kleines  schwedisches  Lied  lautet  folgendermaassen:  »Die  Pfeife  von  Weiden- 
holz ist  meine  Schwester,  der  Lur  von  Erlenholz  mein  Bruder,  das  Hörn  eines 
lebendigen  Thieres  treibt  mich  fort  über  alle  Lande,  so  dass  mir  die  Füsse 
bluten«,  was  sich  auf  den  Bären  bezieht,  dem  der  Ton  der  beiden  ersteren 
Instrumente,  aber  nicht  der  des  letzteren  gefallen  soll.  Die  Melodien  für  Lur 
und  Hörn,  nebst  den  Hirten  liedern  und  Lockliedern,  d.  h.  Liedern, 
wodurch  das  Vieh  herbeigerufen  wird,  deren  Melodie  ein  "Wiederklang  der  Töne 
jener  Instrumente  sind,  bilden  allein  eine  nicht  geringe  Sammlung  und  sind 
ebenso  poetisch  als  eigenthümlich.  Der  Text  der  Lieder  des  Säter-  oder  Vall- 
mädchen  (Sennerin)  besteht  bisweilen  nur  aus  musikalischen  Klängen  ohne 
Sinn  und  Zusammenhang  oder  aus  einer  Aufzilhlung  der  Schmeichelnameu  der 
Kühe,  zu  andern  Zeiten  ist  er  eine  Naturpoesie  der  kunstlosesten  Art,  aber 
von  hinroissender  Naivetät.  Der  Volksglaube  schreibt  der  Huldre,  d.  h.  Wald- 
nymphe oder  andern  übernatürlichen  Wesen  einzelne  dieser  Lieder  zu.  Der 
schwedische  Alterthumsforscher  Dybeck  bemerkt  über  das  untenstehende 
Valllät,  d.  li.  Hirtenweise  aus  Vesterdalarne,  dessen  Text  aus  lauter  Inter- 
jektionen besteht,  dass  er  schon  in  den  Wäldern  des  südlichen  Dalarnc  die 
Grundtöne  der  Melodie  auffing,  dass  sie  später  in  den  meisten  Wäldern  bis 
ganz  nach  Malung  und  Appelbo  hinauf  aul's  Neue  und  immer  entwickelter 
Musikal.  ConTer8.-Iiex.ikou.    Brgäuzuugsband.  36 


562 


Skandinavische  Musik. 


ei-scholl,  zuweilen  mit  ganzen  Sätzen  der  gewöhnlichen  Rede  vermischt.  Ueberall 
lautete  sie  neu,  jeder  machte  sie  zu  der  seinigen,  komponirte  sie  gleichsam, 
und  doch  welch'  sublime  Einheit  in  dieser  Maanichl'altigkeit! 


Mit  freiem  Vortrage. 


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WMWi 


Ih,    Iah,   Iah   Iah,     loa    -    lo,    Ah,   äih,   aih,  aih,     oh.    Kor  -  li,  ku  -  ja,  kor- 


li,     ku   -   ja,     kor  -  K,     ku      -     ja.  Lah        ohlo,    ah  lo    lo  -  o    lo,  la. 


Echo. 


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lo.      Ih, 


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loh,    loh,   loh,  sa. 


0  -  Iah, 


a  -  ja  -  loh. 


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•  -  • b — »-^ »— •-* H •-• = 


a  -  ja  -  loh,    a- ja -loh,    ja    ja,      sr.     tr.        Korh,   ku«ja,    kor  -  li,  ku  -  ja. 


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'i^^. 


ku    -  ja        Du    ja,  du      la,  tsjy  -  sah,  tsjysäh,  lo    ho.      Ja  jah,  ja    jah 


Je  lyrischer  das  Lied  wird ,  desto  freier  und  anmuthiger  entwickelt  es  sich  in 
melodischer  Beziehung.  In  vielen  Liedern  aus  dem  16. — 18.  Jahrhundert, 
welche  Naturstimmungen  wiedergeben,  oder  von  glücklicher  und  unglücklicher 
Liebe  handeln,  oder  den  Volkshumor  spielen  lassen,  besitzt  der  melodische 
Ausdruck  eine  natürliche  Schönheit,  Wärme  und  Anmuth,  die  aller  Kunst  Trotz 
bieten.  Schwedische  Volksweisen  dieser  Art  sind  in  den  weitesten  Kreisen 
bekannt,  aber  auch  Dänemark  und  Norwegen  besitzen  höchst  anmuthige 
lyrische  Lieder,  die  das  Gefühls-  und  Phantasieleben,  die  Freuden  und  Leiden, 
die  Hoffnungen  und  Träume   des  Volkes  wiederspiegelu. 

Die  jjrofessionellen  Pfleger  und  Verbreiter  der  Volksmusik  im  Mittelalter, 
die  sogenannten  Leikarar,  in  neuerem  Dänisch  »Legere«,  d.  h.  Spieler, 
die  »fahrenden  Leute«  des  Nordens,  werden  schon  in  den  ältesten  Berichten 
als  Gäste  an  den  Höfen  der  nordischen  Könige  erwähnt,  scheinen  aber  besonders 
in    dem    späteren    Mittelalter    in    zahlreicher    Menge    aufgetreten    und    allgemein 


Skamliiiavisclie  Musik.  563 

beliebt  goweseu  zu  sein.  Die  Sa^'^n  nennen  iila  ibre  Instrumente:  hHrj)a, 
gigJH,  tidla,  pipa,  l)uniba,  simjtlion,  salteriuin  u.  a.  Als  die  Könige 
begannen,  fest  angestellte  .Spielleute  zu  untcrlialtL-n  und  die  Stildte  ebenfalls 
ibre  Stadtpfeifer  und  Tru  lu  melscblilger  bekamen,  verbjren  die  Legere  ihre 
Bedeutung  und  sanken  zu  reinen  Landstreichern  herub.  Als  eine  letzte  Kemi- 
niscenz  aus  dem  Mittelalter  in  dieser  Beziehung  müssen  wir  die  »englischen 
Instrumentisteno  nennen,  die  sich  gegen  das  Ende  des  10.  Jalirhundertß 
am  dänischen  Hofe  aufhielten  und  sich  theils  als  Musikanten,  theils  als  'J'änzer 
und   Schausjjieler  jiroducirtcu. 

Schon  die  ersten  dänischen  Könige  aus  dem  oldiuburgischeu  Hause  unter- 
hielten eine  kleine  Bande  von  Instrumentisten,  welche  im  Laufe  des  16.  .lahr- 
hunderts  allmählich  vermehrt  wurde.  Von  dem  schwedischen  Könige  Gustav  I. 
Wasa  wird  berichtet,  dass  seine  Spielleute  jeden  Nachmittag  zur  bestimmten 
Zeit  im  Tauzsaale  erscheinen  und  den  Herren  und  Damen  des  Hofes  zum  'J'anz 
aufspielen  mussten.  An  der  Spitze  der  Trommeter  oder  Spielleute  am  dänischen 
Hofe  zur  Zeit  Christians  III.  stand  Jürgen  Heide,  der  später  eine  ähnliche 
Stellung  am  Hofe  des  musikliebeuden  Erik  XIV.  in  Schweden  bekleidete. 
"Wichtiger  für  die  Pflege  der  Tonkunst  als  das  Instrumentalcc/rps  war  indessen 
die  königliche  Kantorei,  über  welche  in  Dänemark  die  Nachrichten  bis  zum 
Jahre  1519  zurückgehen.  Die  Errichtung  dieses  ursprünglich  kirchlichen  Sänger- 
choi"S  verdankt  man  vielleicht  dem  Könige  Christian  IL,  dem  die  Verbesserung 
des  Kirchengesanges  sehr  am   Herzen   lag. 

Die  Kirchenmusik  der  skandinavischen  Länder  scheint  zur  Zeit  des 
Katholicismus  auf  keinem  hohen  Standpunkt  gestanden  zu  haben,  es  muss  aber 
eingeräumt  werden,  dass  man  nur  wenig  von  ihrer  Beschati'enheit  weiss.  Eine 
einzelne  annalistische  Aufzeichnung  von  allgemeinerem  Interesse  mag  doch  hier 
einen  Platz  finden,  nämlich:  dass  der  Erauciscaner  Johannes  Teutonicus, 
der  vor  seiner  Ankunft  in  Dänemark  Singmeister  am  Hofe  des  französischen 
Königs  gewesen  war,  im  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  die  Historie  des  heil. 
Frauciscus  und  des  heil.  Antonius  mit  den  dazu  gehörigen  Antiphouien  und 
Responsorieu  komponirte,  mit  Ausnahme  ein  paar  einzelner,  darunter  das 
Responsorium  y>carnis  spiculaa.  Die  Keformatoren  führten  den  kirchlichen 
Gesang  in  der  Muttersprache  ein,  doch  aber  ohne  den  lateinischen  Kirchen- 
gesang ganz  abzuschaffen.  Dänischer  Kirchengesang  wurde  1529  zum 
ersten  Male  in  einer  Kirche  zu  Kopenhagen  gehört.  Im  .Jahre  15G9  erschien 
das  erste  dänische  Gesangbuch,  1585  das  erste  schwedische.  Im  Laufe  der 
Zeiten  ist  in  den  protestantischen  Kirchen  des  Nordens  der  einfache  kirchliche 
Volksgesang  beinahe  alleinherrschend  geworden. 

Die  Hofmusik  in  Dänemark  stand  im  16.  Jahrhundei-t  überwiegend 
unter  niederländischem  Einflüsse.  Die  Sängermeister  und  Kapellmeister 
unter  den  Königen  Christian  III.  und  Friedrich  IL,  welche  beide  Interesse  für 
die  Tonkunst  hegten,  waren  Jürgen  Preston,  gest.  1553,  Rasmus  Heinssen, 
Frauciscus  Marcellus  oder  Amsfortius,  Arnold  de  Eine,  gest.  15S6, 
und  eine  kurze  Zeit  Bonaventura  Borchgreviuck.  Der  Erstgenannte  hat 
mehrere  Gompositionen  hinterlassen,  welche  zu  dem  Werth vollsten  der  leider 
nur  wenig  zahlreichen  Reste  gehören,  die  aus  der  unglücklichen  Eeuersbrunst 
noch  übrig  sind,  welche  im  Jahre  1794  die  reichen,  zum  Theil  unersetzlichen, 
auf  dem  königlichen  Schlosse  zu  Kopenhagen,  der  Christiansburg,  aufbewahrten 
Schätze  an  älteren  Musikwerken  des  königlichen  Musikarchivs  vernichtete. 
Vom  Jahre  1556  bis  ungefähr  1563  war  der  niederländische  Sänger,  Componist 
und  Musikschriftsteller  Adrian  Petit  Coclicus  in  der  königliehen  Kantorei 
angestellt.  \\  ahrscheinlich  hat  er  sein  iinrubiges  und  abenteuerliches  Ijeben  in 
Dänemark  beschlossen.  Ein  anderer  Niederländer,  der  Altist  Johann  Baston, 
der  früiier  in  der  königl.  sächsischen  Kantorei  gesungen  hatte,  kam,  nachdem  er 
mehrere  Jahre  in  Dänemark  angestellt  gewesen  war.  nach  Schweden,  wo  er  nebst 
(iert  van  Worm  zu  der  Elite  unter  den  Sängern  des  Königs  Erich  XI  V.  gehörte. 

36* 


564  Skandinavische  Musik. 

Mit  der  Regierung  des,  für  alles  Nützliche  und  Schöne  begeisterten  Königs 
Christian  IV.  brach  in  Dänemark  eine  glückliche  Zeit  l'ür  die  Musik  an.     Nur 
Schade,  dass  seine  cbimso   vernünltigeu  als  patriotischen  Bestrebungen,  dänische 
Musiker    heranzubilden    und   eine    dänische    Tonkunst    zu    gründen,    von    seinen 
Nachfolgern    nicht   fortgesetzt   wurden.      Unter    ihm   wurde   der  Geschmack  für 
italienische   Kunst   immer    mehr   der  herrschende.      Die   eingeborenen   Musiker, 
die  sich  unter  seiner  Regieiung  auszeichneten,    waren    zum   Theil  in  der  vene- 
tianischen  Schule  gebildet  worden.    Die  bedeutendsten  derselben  sind  Mögen s 
Pedersen,  Hans  Nielsen  und  Jakob   Örn,  welche  nach  einander  als  Vice- 
kapcllmeister  am  dänischen  Hofe  wirkten.     In  dieser  und  der  zunächst  folgen- 
den   Zeit    treten    auch    die    Organisten    Truid    Aagesen    mit    dem   Beinamen 
Sistinus,    Johann    Lorents    und    Diedrich    Buxtehude    auf,    von    denen 
wenigstens  die  beiden  letztgenannten  zu  den  grössten  Orgelmeistern  ihrer  Zeit 
gehörten.      Einzelne    dänische    Musikwerke   kamen    im   Druck   heraus,   darunter 
namentlich  Mogens  Pedersens    TnPratu7n  spirituale«,   d.  h.  Messen,    Psalmen, 
Motetten,  so  gebräuchlich  sind  in  Dänemark  und  Norwegen,  für  fünf  Stimmen, 
(Kopenhagen    1620).      Der    früher    erwähnte    Hans    Nielsen    gab    unter   dem 
Namen  Giovanni  Fontejo   1599  zwei  Bücher  italienischer  Madrigale  in  Venedig 
heraus.      Die    oberste   Leitung   der   Kapelle    war   während   des    grössten    Theils 
der    Regierung    dieses    Königs    den    Niederländern    Gregorius    Trehou    und 
Melchior   Borchgrevinck   anvertraut,    von    denen    der   erstere   1590 — 1618, 
der  letztere   1618  bis  an   seinen  Tod  1632  Oberkapellmeister  war.     M.  Borch- 
grevinck  kam    schon   mit   seinem    Vater,   dem    oben  erwähnten  Kapellmeister 
Bonaventura  Borchgrevinck,  nach  Dänemark,  wo   er  die  Madrigalensamm- 
lung TaGiardino  nuovo  bellissimo  di  varißori  musicoli  sceltissimi«.  (1605  und  1606) 
und  »JVi  Davids  I'salmera  für  vier  Stimmen  mit  dänischem  Text  (1607)   heraus- 
gab.    V^iele    andere   ausgezeichnete    ausländische  Musiker    hielten  sich  am  Hofe 
Christians  IV.  auf.     "Wir  nennen  hier  die  Engländer  JohnDowland,  William 
Brade   und   Daniel    Norcome,    Johann   Schop    aus    Hamburg,    den    Polen 
Hoforganist    Michael   Krackowitz,    die    französischen   Violinisten    Jacques 
Foucart    und   Frangois  de  Francoeur   und   von    Sängern  die  Niederländer 
Nicolaus  Gistou  und  Hans  Brachrogge,  die  Italiener  Gregorio  Chelli, 
Benedetto  Bonaglio,  Agostino  Pi  soni  und  Agostino  Fontana,  endlich 
den  berühmtesten   unter   allen    diesen  Musikern,   den    sächsischen  Kapellmeister 
Heinrich  Schütz,    welcher   ins    Land   gerufen   wurde   um   die  Musik  für  die 
theatralischen    Vorstellungen    bei    der    Vermählung    des    Prinzen    Christian    mit 
Magdalena    Sybille    1634   zu   arraugiren    und   zu   componiren.      Es  wurden   bei 
dieser  Gelegenheit  ein  sogenanntes  Ballett  und  zwei  deutsche  Lustspiele  von 
dem  bekannten  JohannesLauremberg:  y^Aquiloa  und  ^^Oritlii/ja  und  die  Harpyeno., 
beide   mit  einer  wahrscheinlich   von   Schütz   componirten   Musik  aufgeführt.     In 
den  musikalischen  Prologen  dieser  Stücke  wurde  zuerst  mit  dem  neuen  »orato- 
rischena  oder  recitativischen  Stile  Bekanntschaft  gemacht. 

Das  Opernballett  nach  französischem  Muster  ward  im  17.  Jahrhundert 
das  beliebteste  Hofvergnügen  in  beiden  nordischen  Hauj)tstädten.  Bei  einzelnen 
festlichen  Gelegenheiten  wurde  auch  einem  grösseren  Publikum  zu  diesen  musi- 
kalischen Schauspielen  Zutritt  gegeben.  Die  Musik  zu  solchen  Balletten  wurde 
in  Dänemark  von  Jürgen  Friederich  Hoyoul,  der  im  Anfang  der  Regierung 
Friedrichs  III.  der  Instrumentalmusik  vorstand,  componirt  und  nach  seinem 
Tode  von  dem,  sowol  als  Sänger  wie  auch  als  Componisten  hoch  angesehenen 
Caspar  Förster,  der  unter  demselben  Könige  zweimal  mit  einem  mehr- 
jährigen Zwischenräume  als  Kapellmeister  am  Hofe  zu  Kopenhagen  angestellt 
war.  Während  seines  letzten  Aufenthaltes  in  Dänemark  componirte  Förster 
ein  dramatisches  Vorspiel  y>Il  Oadmovi,  welches  bei  der  Hochzeit  der  Prinzessin 
Anna  Sophie  mit  dem  Kronprinzen  von  Sachsen  1663  auf  einem  Theater 
im  Thiergarten  bei  Frederiksborg  als  Einleitung  eines  Ballettes  aufgeführt 
wurde.      Die  Ballette,   welche    am  dänischen  Hofe    gegeben  wurden,    konnten 


SkundiiiaviBcho  MuHik.  505 


indessen  weder  an  Häufij^'keit  noch  an  Pracht  sich  mit  ähnlichen  Hoffesten 
messen,  welche  in  Schweden  unter  der  Köni<,Mii  ChriHiiiia,  an  der  die  MuHik 
eine  ehenso  begeisterte  als  launenhafte  und  excentrische  (iönnerin  hatte,  statt- 
fanden. Die  Kosten  des  Ballettes  »Les  Ubcralites  des  dieuxa  mit  dem  darauffol- 
genden Eingrennen,  welches  1652  am  seehsundzwanzigsten  Geburtstage  der 
KHniunn  Lrehalteii  wurde,  .sind  auf  10(),()0()  Reielisthaler  geschätzt,  (yhristina 
hatte  kurz  zuvor  eine  grosse  rTesellschuft  italienischer  und  französischer 
Schauspieler,  Sänger  und  Musikanten  hereinberufen,  die  also  wahrscheinlich 
beim  Feste  mitgewirkt  haben,  und  unter  deren  Mitgliedern  die  französische 
Sängerin  und  Tänzerin  Madeinoiselle  La  Barre  sowol  in  Schweden  als  später 
in  Dänemark  ganz  ausserordentliclies  Glück  und  Aufsehen  machte.  Als  ein 
Beispiel  der  kapriciösen  Einfälle  der  Königin  mag  der  bekannte  Auftritt,  bei 
dem  der  gelehrte  Marcus  Meibom  eine  so  lächerliche  R(dle  spielte,  angeführt 
werden.  Unter  der  Königin  Christina  und  schon  zu  Lebzeiten  ihres  Vaters, 
des  grossen  Gustav  Adolph,  wirkte  der  berühmte  Orgelspieler  Andreas 
Düben  aus  Leipzig,  besonders  bekannt  als  Componist  eines  achtstimmigen 
liFugna  triumphalisa,  veranlasst  durch  den  Tod  des  Heldenkönigs.  Er  compo- 
nii-te  ebenfalls  die  Musik  zu  den  Odae  sueticae  des  Dichters  Samuel  Columbus. 
Der  Sohn  Gustav  Düben  erwarb  sich  ebenso  wie  sein  Vater  einen  ange- 
sehenen Namen  als   Musiker. 

In  dem  17.  Jahrhundert  wurde  es  häufiger  der  Fall,  dass  sich  gelehrte 
Schulmänner  und  Universitätslehrer  sowol  theoretisch  wie  praktisch  mit  der 
Musik  beschäftigten.  An  der  Hochschule  in  Upsala  besonders  regte  sich  ein 
lebhaftes  Interesse  für  die  Tonkunst.  Es  lässt  sich  aber  überhaupt  sagen,  dass 
vor  Ablauf  dieses  Jahrhunderts  die  Beschäftigung  mit  der  Tonkunst  begonnen 
hatte  bei  den  Gebildeten  des  Mittelstandes,  denen  fürstliche  und  adelige  Dilettan- 
ten in  dieser  Beziehung  schon  früher  ein  Beispiel  gegeben,  als  ein  gesell- 
schaftliches Unterhaltungsmittel  Eingang  zu  gewinnen.  Zu  dieser  Zeit  wird 
zugleich  erwähnt,  dass  neuere  Melodien,  besonders  französische,  die  alten 
Weisen  des  Mittelalters,  wenigstens  in  Dänemark,  in  Vergessenheit  zu 
bringen  drohten. 

Die  Oper  gebrauchte  ein  Jahrhundert  um  den  skandinavischen  Norden 
zu  erreichen.  Die  erste  eigentliche  Oper,  die  in  Kopenhagen  aufgeführt  wurde, 
war:  »Der  vereinigte  Götterstreit«,  zur  Geburtstagsfeier  Christians  V. 
1689  gedichtet  und  componirt.  Die  Poesie  war  von  dem  Schleswiger 
Burchard,  die  Musik  von  dem  königlichen  dänischen  Kammermusikus  Paul 
Christian  Schindler.  Bei  der  zweiten  Auffülirung  dieser  Festoper  geschah 
das  Unglück,  dass  gleich  beim  Beginn  der  Vorstellung  das,  von  Menschen  dicht 
angefüllte  Theater  in  Brand  gerieth.  Die  meisten  kamen  in  den  Flammen  um, 
welche  gleichfalls  das  neue  Schloss  Amalienburg,  an  dem  das  Theater  lag, 
zerstörten.  Christian  V.  hatte  im  Sinne  eine  stehende  Oper  zu  errichten,  ein 
Plan,  der  jedoch  nicht  zur  Ausführung  kam.  Erst  1721  rief  sein  Sohn  und 
Nachfolger  Friedrich  IV.  bei  der  Vermählung  des  Kronprinzen  mit  Sophie 
Magdalena  eine  hamburgische  Operngesellschaft  unter  der  Dii'ektion  von  Johann 
Kayser  herein,  welche  ein  paar  Saisons  hindurch  auf  dem  Schlosse  zu  Kopen- 
hagen spielte  und  besonders  Opern  von  dem  berühmten  Reinhard  Keiser 
gab,  der  auch  mehrmals  persönlich  bei  Hofe  anwesend  war  und  als  Zeichen 
der  Anerkennung  für  die  musikalischen  Werke,  die  er  für  denselben  componirte, 
den  Titel  eines  königl.  dänischen  Kapellmeisters  bekam.  Nach  seinem  Tode 
wurde  seine  Tochter  Sophia  Dorothea  Louisa  Keiser  zur  Hofsilngorin 
in  Kopenhagen  ernannt.  Als  sie  1742  diese  Stellung  wieder  aufgab,  wurde 
der  ausgezeichnete  Baritonist  Riem  sehn  eider  aus  Hamburg  als  Hofsängor 
berufen,  aber  auch  er  bekleidete  nur  eine  kurze  Zeit  die  Stelle  als  solcher, 
denn   er  starb  schon   im  Anfange   des   Jahres   1714. 

Einen  sehr  bedeutenden  Einfluss  auf  die  Entwicklung  des  Geschmackes 
in    den    nordischen  Reichen,    besonders   in    dramatischer,    zum   Theil    aber  auch 


566  Skaudiuavische  Musik. 

in  imihiikulischer  Eichtung  gewannen  die  französiachen  Schauspieler-  und 
Sängergesellschaften,    welche    in   der   letzten    Eälfte   des    17.  Jahrhunderts 
sowol  die  dänische  als  die  schwedische  Hauptstadt  häufig  und  lange  besuchten. 
Anfangs   führten  sie  besonders  Komödien  von  Moli("'re,   daneben  aber  auch  Musik- 
numraern    sowol    von  instrumentaler  als  auch  vokaler  Bescluiö'enheit  und  musi- 
kalische Divertiss  ementa  in  dramatischer  Form  auf.     Später,  nach  der  Mitte 
des  vorigen  Jahrhunderts  führten  sie  die  sogenannte  Opera  comique.  oder  vielmehr 
•da  Gomedie  melee  d^arietiesa.    ein,    die    für  die  Entstehung  des   nationalen    Sing- 
spiels weit  grössere  Bedeutung  hatte,    als  die    italienische  Oper,   welche    in 
Kopenhagen  von   den  Kapellmeistern  Paola  Scalabrini  und  Giuseppe  Sarti 
und  in  Stockholm  von  Francesco  Uttini    repräsentirt  wurde,    obgleich  diese 
Männer  das  Verdienst  haben,    zuerst  Singspiele  in   dänischer  und  schwedischer 
Sprache   componirt    zu    haben,    wie    es    auch   nicht  vergessen  werden  darf,    dass 
die  Anwesenheit    einer   italienischen    Oper    für    die    Entwicklung    der  Singkunst 
in  beiden  Ländern  sehr  förderlich  war.      In  Kopenhagen    wurden  die   ersten 
italienischen  Opernvorstellungen   auf  dem  Schlosse  Charlottenburg  in   der  Saison 
1747 — 48  von  einer,  für  den  Hof  engagiiten  Truppe  unter  der  Direktion  von 
Pietro  Mingotti  gegeben.     Als  es  dem  Kapellmeister  der  Gesellschaft  Scala- 
brini gleich  in  dieser  Saison   gelang,    zum   königl.   dänischen  Kaj^ellmeister   an 
Scheibes    Statt    ernannt   zu   werden,    der   diesen    Posten    seit    1740   bekleidet 
hatte,    nun  aber  aus   Gründen,    die  zwar  nicht  ganz  aufgeklärt  sind,    aber  doch 
wahrscheinlich   mit  seiner  oppositionellen  Stellung  gegen  die  neuere  italienische 
Musik  im  Allgemeinen  und  die  übliche  italienische  Oper  im  Besondern  zusammen- 
hingen,   verabschiedet   wurde,   brachte  Mingotti  in  der  Saison  1748 — 49  einen 
neuen  Kapellmeister,  nämlich  Gluck,  mit  sich,  der  während  seines  Aufenthaltes 
in  Kopenhagen    bei   der    Geburt    des    nachherigen  Königs  Christians  VII.  eine 
kleine  dramatische  Gelegenheitsarbeit  La  contesa  dei  mimi  zu  einem,  nach  einem 
altern   Gedichte  von  Metastasio  ausgearbeiteten  Texte  componirte. 

In  dem  halben  Jahre,  welches  Gluck  in  Kopenhagen  zubrachte,  herrschte 
eben  eine  ungewöhnliche  Bewegung  in  der  Theater-  und  musikalischen  Welt. 
"Während  der  Regierung  des  pietistischen  Königs  Christian  VI.  hatte  eine  fast 
zwanzigjährige  Absperrung  von  allen  theatralischen  Belustigungen  und  also 
auch  von  der  Oper  stattgefunden.  Das  musikalische  Interesse  sammelte  sich 
dann  um  eine  1744  errichtete  musikalische  Societät,  welche  zugleich  als 
Concertinstitut  und  als  eine  Schule  für  inländische  Musiker  und  Dilettanten 
wirkte,  und  dieses  Institut  schien  wirklich  für  die  Tonkunst  in  Dänemark  von 
dauerhaftem  Nutzen  zu  werden.  In  Folge  des  herrschenden  Tones  waren  nament- 
lich die  Passionsconcerte,  die  in  den  Fasten  gehalten,  und  bei  denen 
Oratorien  von  Scheibe,  Graun,  Telemann  u.  a.  aufgeführt  wurden,  unge- 
wöhnlich stark  besucht.  Nun  kam  der  Thronwechsel  und  mit  demselben  ein 
vollständiger  Umschlag  der  Stimmung.  Die  italienische  Oper  fand  auch  hier 
Eingang  und  rief  als  etwas  Neues  eine  wahre  Begeisterung  hervor.  Die  musi- 
kalische Societät  wurde  nicht  nur  aus  ihrem  Lokal  auf  Charlottenburg  ver- 
drängt, sondern  vollständig  umgestürzt.  Scheibe,  das  bedeutendste  Mitglied 
derselben,  verlor,  wie  wir  gesehen  haben,  von  Scalabrini  verdrängt,  sein  Amt 
als  königlicher  Kapellmeister.  Dazu  kam,  dass  die  Italiener  die  dänische 
Bühne,  welche  sich  kurz  vorher  reorganisirt  hatte,  und  eben  als  Gluck  die 
italienischen  Opern  auf  Charlottenburg  zu  dirigiren  begonnen  hatte,  ihr  neues 
Theater  auf  dem  Königs  Neumarkte  einweihte,  ganz  ausserordentlich  beein- 
trächtigten. Und  um  noch  den  Zwiespalt  und  Streit  sowol  unter  dem  Schau- 
spielern als  dem  theaterbesuchenden  Publikum  zu  vermehren,  war  in  dieser 
Saison  auch  eine  französische  Gesellschaft  unter  Delannay's  Direktion  in 
Kopenhagen  erschienen.  Dies  alles  rief  eine  Polemik  gegen  die  italienische 
Oper  hervor,  woran  der  Kapellmeister  Scheibe,  der  Dichter  Holberg  und 
der  französische  Literat  La  Beaumelle  sich  betheiligten,  und  die  ohne  Zweifel 
das  neue  Stadium  in  Glucks  Entwicklung,  welches  durch  die  nicht  lange  nach 


Skandinavische  Muaik.  5(37 

aeinem   Aufeiitlmlto    iu    Kupcuhagen    aufgcfübito    (J^jcr    ytTclcmaccon    bezcicLuet 
wird,   berbeifülute. 

Scalabrini,  dessou  i-in/.igcs  jetzt  nocli  bekunutea  Werk  di«;  MuBik  zu 
dem  Meisterwi-rko  des  Dichters  Wessol  »Kjä/iiij/ied  mlcn  Sfröm^icru  (1773), 
einer  vortnli'Iichen  Parodie  auf  dio  französische  Tragödie  und  die  italienische 
Opera  seria  ist,  hielt  sich  lauge  in  Dänemark  auf,  musste  aber  1755  Sarti 
als  Kapellmeister  weichen.  Dieser  letztere  couijxniirte  von  1753^ — 1775  eine 
Menge  italienischer  und  dänischer  Siugspiele  für  d'w.  Riilme  in  Kopenhagen, 
von  denen  »11  Giro  riconosciutoi  (1754)  sogar  in  Partitur  gedruckt  wurde. 
Sein  »SoHmun  den  Andena  (177U)  war  das  erste  dänische  Singspiel  von  einigem 
musikalischen  AVcrthe,  entbehrte  aber,  wie  die  übrigen,  von  ihm  und  Scala- 
brini compouirlen  dänischen  Arbeiten  jeglicher  dänischen  Eigenthümlichkcit. 
Sarti,  der  die  Gunst  seiner  königlichen  Gebieter  zu  erwerben  verstand,  fiel 
zuletzt  der  Rache  einer  Hofpartei  zum  Opfer  und  wurde,  weil  er  für  Aemter 
Geschenke  gegeben  und  angenommen  hatte,  seiner  Bestallung  und  seines  Ver- 
mögens für  verlustig  erklärt,   aber  mit  Verbannung  begnadigt   (1775). 

Die  italienische  Oper  führte  in  Stockholm,  wohin  sie  175-1  gelangte, 
ein  ruhigeres  aber  auch  unbemerkteres  Dasein  als  in  Kopenhagen,  wenn  man 
nach  den,  im  Ganzen  genommen  spärlichen  Nachrichten,  die  man  über  ältere 
schwedische  Musikverhältnisse  hat,  urtheilen  darf.  Sie  behauptete  sich  dort 
auch  nicht  lange,  während  die  französischen  Gesellschaften,  unter  denen  mehrere 
vortreßliche  waren,  sich,  zum  grossen  Nachtheile  für  das  Gedeihen  des  nationalen 
Schauspiels,   der  Gunst  der  gebildeten  Classeu  zu  erfreuen  fortfuhren. 

Die  ersten  Keime  einer  lebenskräftigen  künstlerischen  Produktion  auf  dem 
Gebiete  der  Musik  mit  Benutzung  der  Muttersprache,  fangen  in  den  nordischen 
Reichen  zu  derselben  Zeit  zu  erscheinen  an,  wo  ein  lebhafterer  und  allge- 
meinerer Musikßinn  sich  durch  die  Bildung  von  musikalischen  Gesell- 
schaften zur  Aufführung  von  Concerten  beim  Publikum  zu  erkennen  giebt. 
Solche  Vereine  sind  ungefähr  von  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  an  in  Ver- 
bindung mit  den  Theatern  die  wichtigsten  Beförderungsmittel  des  musika- 
lischen Lebens  besonders  in  den  Hauptstädten,  aber  auch  in  einigen  grösseren 
Provinzialstiidten,  gewesen.  "Wir  haben  schon  die  älteste  derselben  erwähnt, 
die  1744  gestiftete  musikalische  Societät  in  Kopenhagen,  auf  die  einige 
andere  folgten,  von  denen  die  harmonische  Gesellschaft  am  Schlüsse  des 
vorigen  Jahrhunderts  und  der  1836  gestiftete,  noch  unter  N.  W.  Gade's 
Leitung  blühende  Musikverein  die  einflussreichsten  gewesen  sind.  Ausser 
dem  IMusikverein  wirken  gegenwärtig  noch  in  Kopenhagen  der  von  Heinrich 
Rung  1851  gestiftete  Cäcilienverein,  dessen  Concerte  von  Friedrich  Rung, 
dem  Sohne  des  Stifters  dirigirt  wurden,  und  der  Concertverein,  1874 
errichtet  von  C.  E.  Horneman  und  Otto  Mailing,  welcher  letztere  der  eine 
der  beiden  jetzigen  Dirigenten  des  Vereins  ist,  der  andere  ist  P.  E.  Lange- 
Müller.  Poi^uläre  Concerte  werden  im  Sommer  an  dem  Vergnügungsorte 
Tivoli  gegeben. 

Das  königliche  Theater  zu  Kopenhagen  giebt  sowol  recitirende  Schau- 
spiele, als  auch  Opern  und  Ballette.  Der  Kapellmeister  desselben  war  bis  vor 
Kurzem  Simon  Holger  PauUi.  Das  Chorpersonal  des  königlichen  Theaters 
veranstaltet  jährlich  zu  Ostern  ein  Passionsconcert  zum  Besten  seines 
Pensionsfonds.  Vormals  führte  die  Kapelle,  von  den  Sängern  des  Theaters 
unterstützt,  vorzügliche  Concerte  in  grösserem  Stile  zum  Besten  der,  von 
J.  A.  P.  Schulz  gestifteten  AVittwenkasse  der  Kapelle  auf.  Gegenwärtig  be- 
schränkt sie  sich  darauf,  im  Winterhalbjahre  vSoireeu  für  Kammermusik 
zu  geben,  welche  durch  die  Wahl  der  Musikstücke  und  meisterhafte  Ausführung 
einen  hohen  Platz  in  der  Gunst  des  musikliebenden  Publikums  gewonnen  haben. 
Auf  den  Bühnen  zweiten  Ranges,  dem  Kasino  und  dem  Volkstheator 
werden  zuweilen  Singspiele  leichterer  Art  gegeben. 

Für  das  Concertwesen  in  Stockholm  wirkten  in  früheren  Zeiten  besonders 


568  Skaudinaviache  Muöik. 

die  Kuiic'llmeister  Romau  und  Ferdinand  Zellbell.  Dor  letztere  war  einer 
der  Stifter  der  harmonischen  Gesellschaft,  welche  am  Schlüsse  der 
Regierung  Adolph  Friedrichs  viel  besuchte  öffentliche  Concerte,  die  sogenannten 
Kavalierconcerte  in  dem  grossen  Ritterhaussaale  gab.  Eine  jüngere  Gresell- 
schaft  desselben  Namens,  errichtet  zu  Anfang  der  zwanziger  Jahre  dieses  Jahr- 
hunderts, erregte  eine  Zeitlang  grosse  Aufmerksamkeit  durch  ihre  ausgezeich- 
neten und  grossartigen  Aufführungen  von  Händel' sehen  und  Haydn 'sehen 
Oratorien,  Opern  u.  s.  w.,  bei  deren  Einstudirung  besonders  der  Hofsänger 
Isaak  Berg  ein  bedeutendes  Talent  an  den  Tag  legte.  Im  Jahre  1860  stifteten 
Ludwig  Norman  und  Julius  Günther  die  neue  harmonische  Gesell- 
schaft, und  in  der  neuesten  Zeit  ist  ein  Musik  verein  gestiftet  worden; 
Dirigenten  sind  Norman  und  Svedbom.  Wie  Kopenhagen  seine  Osterncon- 
certe,  hat  Stockholm  seine  Charfreitagsconcerte,  bei  denen  es  merkwürdig 
genug  eine  feste  Sitte  geworden  ist,  Haydn s  Schöpfung  aufzuführen.  Zu  den 
edelsten  und  interessantesten  Kunstgenüssen  gehören  gegenwärtig  die  von 
Ludwig  Norman  dirigirten  populären  Sinfonieconcerte  der  Kapelle, 
die  in  den  Wintermonaten  ungefähr  alle  vierzehn  Tage  abgehalten  werden. 
Die  wünschenswerthe  Trennung  der  verschiedenen  scenischen  Kunstarten  und 
ihre  Verlegung  nach  getrennten,  für  jede  besonders  passenden  Lokalitäten  fand 
früh  in  Stockholm  statt,  hat  sich  aber  doch  nicht  immer  durchführen  lassen. 
Von  den  beiden  königlichen  Theatern  Stockholms  ist  das  sogenannte  Stora 
teatern  (grosse  Th.)  der  Oper  und  dem  grösseren  Schauspiel  gewidmet,  während 
das  Dramatiska  teatern  für  das  Schauspiel  allein  bestimmt  ist.  Norman 
ist  erster  Hofkapellmeister  und  J.  C.  Nordquist  Kapellmeister  der  könig- 
lichen Theater.  Nya  teatern  (neues  Th.)  und  Mindra  teatern  (kleines  Th.) 
führen  ausser  recitirenden  Schauspielen  zugleich  Operetten  auf.  In  Norwegens 
Hauptstadt,  wo  erst  in  neuerer  Zeit  ein  kräftigeres  musikalisches  Leben  sich 
zu  regen  begonnen  hat,  bestand  in  der  ersten  Hälfte  dieses  Jahrhunderts  ein 
sogenanntes  musikalisches  Lyceum,  und  von  1847 — 1867  eine  Philhar- 
monische Gesellschaft.  OeflFentliche  Musikaufführungen  nach  einem  grösseren 
Maassstabe  fanden  auf  den,  von  J.  G.  Conradi  und  Halfdan  Kjerulf  ge- 
leiteten Abonnementsconcerten  1857- — 1859  statt;  und  endlich  wurde  1871 
Christianias  Musikverein  gestiftet,  dessen  Concerte  Grieg,  Joh.  Svendsen 
und  Ole  Olsen  dirigirt  haben.  Das  Singspiel  hat  bis  jetzt  auf  der  nor- 
wegischen Bühne  keine  bleibende  Stätte  finden  können,  obgleich  zu  verschie- 
denen Zeiten  ein  Versuch,  ein  solches  herzustellen,  gemacht  worden  ist.  — 
Schweden  bekam  schon  1771  in  der  königlichen  musikalischen  Akademie 
eine  musikalische  Lehranstalt,  die  noch  besteht.  In  Kopenhagen  errichtete  der 
Italiener  G.  Siboni  1827  ein  Musikconservatorium,  das  jedoch  schon  1839  wieder 
aufgelöst  wurde. 

Das  jetzige  Musikconservatorium  ist  in  Folge  eines  Vermächtnisses 
von  P.  W.  Moldenhauer  gegründet,  und  begann  1865  seine  Wirksamkeit 
unter  Leitung  von  N.  W.  Gade. 

Nach  diesem  Ueberblick  über  die  wichtigsten  musikalischen  Institutionen, 
werden  wir  die  mit  denselben  verknüpfte  musikalische  Produktion,  die  ungefähr 
seit  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  die  Tonkunst  im  skandinavischen 
Norden  auf  ihren  jetzigen  Standpunkt  gebracht  hat,  in  ihren  Hauptzügen  be- 
trachten, indem  wir  einige  Bemerkungen  über  die  allgemeineren  Kulturbewegungen 
dieses  Zeitraums,  die  zu  ihrer  Entwicklung  beigetragen  haben,  vorausschicken. 
Was  zuerst  hervortritt  ist,  dass  die,  in  der  letzten  Hälfte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts herrschende  Verstandespoesie  in  eine,  für  die  Musik  weit  fruchtbarere 
Gefühlspoesie  übergeht,  dass  die  Ausdrucksfähigkeit  der  Sprachen  in  einem 
ausserordentlichen  Grade  zunimmt,  dass  grosse  lyrische  Dichter  in  beiden 
Literaturen  auftreten.  Die  französische  Geschmacksrichtung  wird  von  einem 
vorherrschenden  Interesse  für  die  Aeusserungen  des  deutschen  Geisteslebens 
abgelöst.     Mehrere  ausgezeichnete  deutsche  Musiker,  welche  entweder  herberufen 


Skanilinavischc  Musik.  560 

wurden,  udtr  nun  tiifenem  Aiitricbo  iu  den  musiklicbeudeu  liauptbtüdteu  des 
Nordens  einen  Wirkungskreis  für  ihr  Talent  suchten,  trugen  theils  durch 
direkten  Unterricht,  theils  noch  mehr  durch  ihr  Beispiel  auf  eine  erfreuliche 
Weise  dazu  l>ei,  den,  dem  nordischen  Kunst Icrtalente  angeborenen  Sinn  für 
ernste  und  poetische  Auffassung  und  Gründlichkeit  der  Arbeit  aucli  in  der 
Tonkunst  auszubilden.  Aber  schon  vor  dem  Ausgange  des  verflossenen  .Jahr- 
hunderts nnichten  sich  die  nationalen  Forderungen  auf  allen  Gebieten  des 
Geistes  mit  immer  steigender  Htärko  geltend,  und  im  Anfange  des  19.  Jahr- 
hunderts, ungefähr  gleichzeitig  mit  dem  Einilusse  der  deutschen  Ronuintik, 
kam  die  grosse  geistige  Bewegung  in  besonderer  nordischer  liiclitung,  welche  in 
Dänemark  durch  Oehlschlägers  Auftreten  und  in  Schweden  durch  die  Stiftung 
des  sogenannten  nf/ötiska  Jurhundetn  in  der  poetischen  Literatur  zum  Durch- 
bruch, um  sich  von  da  aus  zu  den  übrigen  Künsten  zu  verpflanzen.  Zu  dieser 
Zeit  kamen  die  ersten  Sammlungen  dänischer  und  schwedischer  Volks- 
melodien ans  Licht  und  Hessen  einen  noch  grösseren  Reichthum  an  musi- 
kalischen, in  der  Erinnerung  des  Volkes  aufbewahrten  Schätzen  ahnen,  aus 
denen  eine  nationale  Tonkunst  Nahrung  schöpfen  könnte.  Die  Beschäftigung 
mit  der  Geschichte  und  der  alten  Poesie,  der  Natur  und  dem  Volksluljen  der 
nordischen  Lande  bot  neue  Stoffe  für  die  musikalische  Composition,  welche 
begabte  Künstler  mit  Erfolg  behandelt  haben,  auch  begann  eine  eigene  nor- 
dische Musikschule  sich  zu  bilden,  welche,  obschon  noch  jung,  nicht  wenige 
Werke  hervorgebracht  hat,  in  denen  die  eigenthümliche  Denk-  und  Ge- 
fühlsweise der  Nordländer  einen  schönen  und  charakteristischen  Ausdruck  ge- 
funden hat. 

Die  Compositionsarten,  wo  die  Muttersprache  am  frühesten  eine  allgemeine 
Anwendung  sowol  an  den  Höfen  wie  ganz  besonders  in  den  Concerten  des 
Bürgerstandes  fand,  waren  die  geistliche  und  weltliche  Cantate  und  das 
Oratorium.  Auf  diesem  Gebiete  wirkten  in  Dänemark  der  Concertmeister 
der  musikalischen  Societät  von  1744  Johannes  Erasmus  Iversen  und  der, 
aus  Hamburg  berufene  berühmte  musikalische  Schriftsteller  Kapellmeister  Johann 
Adolph  Scheibe,  der  eine  ganze  Reihe  von  Werken,  besonders  Passions- 
oratorien und  Trauercantaten  zu  dänischem  Texte  componirte,  unter  denen 
wir  die  Passionsmusik  »Der  sterbende  Jesus«  und  die  Musik  zu  den,  von 
dem  grossen  dänischen  Lyriker  Johannes  Ewald  gedichteten  Trauergesäugeu 
auf  den  König  Friedrich  V.  beispielsweise  hervorheben  wollen.  Der  Schluss 
des  voi'igen  Jahrhunderts  brachte  werthvolle  kirchliche  Compositionen  von  dem 
Concertmeister  Johann  Ernst  Hartmann,  geboren  1726,  gestorben  1793, 
dem  Stammvater  der  dänischen  Küustlerfamilie  dieses  Namens,  und  besonders 
von  J.  A.  P.  Schulz.  In  seinen  Hymnen  schuf  Schulz  die  Grundlage  für 
die  Form  und  den  Stil,  worin  sein  genialer  Schüler  C.  E.  F.  Weyse  zahl- 
reiche Cantaten  zu  den  kirchlichen  Festen  des  Jahres  und  andern  feierlichen 
Gelegenheiten  componirte,  welche  einige  seiner  herrlichsten  Inspirationen  und 
einen  bedeutenden  Fond  von  contrapunktischcr  Kunst  enthalten.  Auch 
F.  L.  A.  Kunzen  lieferte  besonders  verdienstliehe  Beiträge  zur  Entwicklung 
der  kirchlichen  Musik  in  grösserem  Stil,  einer  Kunstart,  die  indessen  in  neuerer 
Zeit  nur  wenige  Pfleger  gefunden  hat.  Unter  diesen  nimmt  der  Domorganist 
in  Eoskilde  H.  Matthison-Hansen  einen  rühmlichen  Platz  ein.  Die  weitere 
Entwicklung  der  Gelegenheitscan  täte  in  modernem  Geiste  ist  hauptsächlich 
durch  die  lange  Reihe  der,  zum  Theil  höchst  ausgezeichneten  Compositionen 
dieser  Art  bezeichnet,  die  wir  Weysos  Schüler  und  Nachfolger  im  Organisteu- 
amte  an  der  Frauenkirche,  der  Uauptkirche  Kopenhagens,  Johann  Peter 
Emilius  Hartmann,  geboren  18U5,  dem  Enkel  des  Concertmeisters  .lohann 
Hartmann  verdanken.  In  der  dramatischen  Cantate,  der  Chorballado 
und  dem  lyrischen  Concertstück  gehören  N.  W.  Gade's  überall  bekannte, 
sowol  hinsichtlich  des  poetischen  Geistes  als  der  ^Meisterschaft  der  musikalischen 
Behandlung  gleich  ausgezeichnete  Werke  zu  den  hervorragendsten  Erzeugnissen 


570  ökaudiiiuviöchu  Musik. 

der  romantischen  Schule.  Neben  denselben  stehen  mehrere  hierher  gehörige 
Compositiouen  von  J.  P.  E.  Hartmann  in  erster  Reihe;  am  eigenthümlichsten 
sind  die,  von  der  Eddadichtung  inspirirten  Männerchöre  mit  Orchester  »  Völvens 
Spaadoma,  d.  h.  »der  AVole  oder  Seherin  Prophezeiung«.  Unter  den  neueren 
nennen  wir  in  diesem  Zusammenhange  Peter  Arnold  Heise,  und  seine 
Musik  zu  dem  dramatischen  Gedicht  Dornröschen,  und  Emil  Hartmann,  ge- 
boren 1836;  von  norwegischen  Componisten  Eduard  Grieg. 

In  Schweden  treöen  wir  schon  in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts 
einen    bedeutenden    Componisten    Johann    Helmich    Roman,    geboren    1694, 
gestorben    1758,    Sohn    eines    Kapellmusikers    in    Stockholm    und    Schüler   von 
Händel    und    Pepusch   in   London.      Roman    schrieb   ausser    Gelegenheits- 
musiken zu  fürstlichen  Freuden-    und  Trauerfesten,    Anthems,    Oratorien, 
Cantaten  und  kirchliche   Gesänge.     Mit  besonderer  Auszeichnung  nennen 
wir    demnächst    die    Trauermusik    auf    Gustav  III.    von    Joseph    Martin 
Kraus,  geboren   1756,  gestorben   1792;  wie  auch  dies  und  jenes  der  vom  Abte 
Yogier    in   Schweden    compouirten    Kirchenstücke    viel   Anerkennung   gefunden 
hat.     Der  gelehrte  Contrapunktist  Per  Prigel  (1750 — 1842)    compunirte  das 
Oratorium:  »Der  Erlöser  auf  dem  Oelberga,  und  J.  B.  Struwe  ein  vor- 
treflliches  Requiem.     Componisten  aus  neuerer  Zeit,  die  sich  im  Oratorium, 
der    Messe,    der   kirchlichen    oder   weltlichen    C antäte  u.  s.  w.    ausgezeichnet 
haben,    sind    J.  E.   Gille,    Gunnar   Wennerberg    (das    Oratorium:    »Jesu 
Geburt«),    J.  A.   Josephson,    Ivar  Hallström,    Ludwig  Norman    (das 
Oratorium:    »Die  Könige    in  Israel«,    die  Hymne:    »Rosa   rorans  boni- 
tatem«,  die  Motette:    »Der  Erde  Unruh'  weicht«)  und  August  Söder- 
man.     "Werke  eigenthümlicher  Originalität  waren  die  von  Eduard  Br endler, 
geboren    in    Dresden    1800,    gestorben   1831,    componirten  sogenannten  Dekla- 
matorien,  namentlich  zu  »S pastaras   Tod«  vom  Dichter  Lidner,  geschrieben 
für  Chor  und  Orchester,  welches  letztere  die  Deklamation  msotto  voce<.<.  begleitete. 
Auf  die  ältesten  Cantaten  in  der  Muttersprache  folgten  bald  dramatische 
Versuche.    In  Stockholm  wurde  1747  das  erste  schwedische  Singspiel  »Syrinx« 
aufgeführt,    wozu    die    Musik   von  dem  Organisten  0hl,    theil  arrangirt,    theils 
componirt  war.     In  Kopenhagen  schrieb  der,  für  die  Förderung  der  Mutter- 
sprache   und    der  Tonkunst   begeisterte  Norweger  N.  K.  Bredal  von   1756  an 
einige,    besonders    kleinere    Singspiele    mit    Benutzung    von    Musikstücken    aus 
Sartis  italienischen  Opern.      Scalabrini    und  später  auch  Sarti  componirten, 
der  letztere  in  einem  französisch-italienischem  Geschmack,    mehrere  Werke    für 
die  dänische  Bühne,  von  denen  Sarti's  »Soliman  der  Zweite«   (1770),  »Die 
Thronfolge  in  Sidon«  (1771)  und  »  Aglae«  (1774)  den  meisten  Erfolg  hatten. 
Auch  ein  paar  einheimische  Componisten  versuchten  sich  in  derselben  Richtung. 
Von  ungleich  grösserer  Bedeutung  für  die  Gründung  eines  originalen  dänischen 
Singspiels  waren  »Balders   Tod«  und  »Die  Fischer«  vom  Dichter  Ewald, 
das  erstere  im  heroischen  Stil,  das  letztere  einen  heldenmüthigen  Zug  aus  dem 
dänischen    Seemanusieben    behandelnd;    beide  wurden  in    den   Jahren   1779  und 
1780  mit  Mu«ik  von    dem   Concertmeister  Job.  Hartmann    aufgeführt.     Den 
nächsten  Fortschritt  bezeichnen  J.  A.  P.  Schulzens  patriotische  Idyllen:  »Das 
Erntefest«   (1790)  und  »Peters  Hochzeit«  (1793),  wie  das  komische  Sing- 
spiel »Der  Einzug«   (1793),  in  denen  es  der  Intelligenz  und  dem  poetischen 
Zartsinne   des    Componisten   gelang,   der   liebenswürdigen,    naiv-ausdrucksvollen 
Schreibweise,    welche  seine  Werke  kennzeichnet,    einen   rationalen  Anstrich  im 
Geschmacke    damaliger    Zeit    zu    geben,    welcher    diese  kleinen   Singspiele  viele 
Jahre  hindurch  zu  wahren  Lieblingsstücken  machte.     Schulzens  Nachfolger  als 
königl.    dänischer    Kapellmeister    F.  L.  A.  Kunzen,    ein    grosser    Bewunderer 
von  Mozart,    führte    die  Entwicklung    weiter   fort    und  bereicherte  die  dänische 
lyrische    Bühne    mit    zahlreichen  Werken    verschiedener    Art:    der    romantischen 
Oper  »Holger  Danske«   (1789),  den  komischen  Singspielen   »Das   Geheim- 
nisB«  (1796),  »Die  Weinernte«  (1796)  und  »Dragedukken«   (1797),  der 


SkamiiimviHclie  Musik.  571 

historischen  Oper  »Erich  Ejcgod«  (1798),  der  Musik  zu  inehrf-ron  Scliau- 
spieleu  u.  s.  w,  Schulzcn'.s  uiul  Kiinzcii's  beste  Werke  entHtimdeii  /.u  einor 
Zeit,  wo  eine  friiclithiiiijjfi-iuk'  AVechselwiikiiUf.,'  zwischen  den  CoinponiHten  und 
einem,  für  vaterländische  Kunst  begeisterten  Publikum  stattfand.  Mehrere  ihrer 
Sin<fspiele  hielten  sich  gegen  ein  halbes  Jahrhundert  auf  dem  Repertoire  und 
bilden  schon  einen  besdudern  dänischen  Zweig  des  Singsjiiels,  welcher  in  den 
dramatischen  Musikwerken  ihrer  ausgezeichneten  Nachfolger  Weyse  und  Kuhlau 
neue  Bliilhen  trieb.  Von  diesen  haben  Weyse's  komisclie  Singspiele  »Der 
Schlaftrunk«  (18U9)  und  »Ein  Abenteuer  im  Rosenburgor  Garten« 
(1827)  und  Kuhlau's  romantisches  Singspiel  »Die  Räuberburg«  (1814), 
sowie  seine  Musik  zu  dem  national-romantischen  Schauspiel  »Der  Elfen- 
hügel«  (1828),  in  welchem  das  nordische  Volkslied  auf  die  Bühne  gebracht 
wurde,  eine  grosse  Anzahl  Aufführungen  erlebt,  während  andre  vorzügliche 
Werke,  wie  von  dem  Ersteren  »Faruk«,  »Ludlams  H  öhle«,  »Floribella«, 
»Das  Fest  zu  Kenilworth«  und  von  dem  Letzteren  »JjuIu«,  »William 
Shakespeare«,  »Hugo  und  Adelheid«,  zum  Theil  in  Folge  eines  veränderten 
Geschmackes,  nicht  denselben  Erfolg  hatten.  Den  dramatischen  Werken  der 
erwähnten  Coraponisten  schliessen  sich  Singspiele  von  Naumann:  »Orjjheus 
und  Eurydice«;  H.  0.  C.  Zinck,  Schall:  »Die  Chinafahrer«,  »Der  Dom- 
herr in  Mailand«;  Sören  Wedel,  Vogler:  »Hermann  von  Unna«  (1800); 
Dupny:  »Jugend  und  Thorheit«  (1806),  noch  immer  ein  Lieblingsstück; 
Ludwig  Zinck,  Berggreen,  Bredal  u.  A.  an.  Im  Jahre  1825  schuf  der 
Dichter  J.  L.  Heiberg  das  dänische  Vaudeville.  Die  eigentlich  roman- 
tische Periode  war  weniger  günstig  für  das  Singspiel.  Die  grösste  Bedeutung 
hat  J.  P.  E.  Hartmann,  der  1832  mit  der  Zauberoj)er  »Der  Rabe«  debütirte, 
und  unter  dessen  späteren  Bühnenarbeiten  die  Musik  des  romantischen  Lust- 
spiels »Der  Siebenschläfertag«  (1840),  in  welchem  Bilder  aus  der  Gegen- 
wart und  der  Vergangenheit  sinnreich  mit  einander  verschlungen  sind,  und  die 
auf  das  Volkslied  gebaute  Oper  y>Liden  Kirstene  (Christinchen)  mit  ihrem 
genial  getroffenen  mittelalterlich-nationalen  Tone  die  besondere  Gunst  des 
Publikums  erworben  haben.  Ferner  haben  Heinrich  Rung  (1807 — 1871) 
und  der  Baron  H.  S.  Lövenskjold  (1815 — 1870)  eine  nicht  unbedeutende 
Produktivität  als  Bühnencomponisten  entfaltet.  Für  das  Theater  lieferten  auch 
Franz  Gläser,  Gade  und  Siegfried  Salomon  und  unter  den  Jüngeren 
Erich  Siboni,  geboren  1828,  Emil  Hartmanu  u.  A.  einzelne  verdienstliche 
Arbeiten.  Eine  musikalisch-dramatische  Behandlung  nationaler  Vorwürfe  aus 
dem  Mittelalter  ist  in  Wagnerscher  Richtung  von  Asger  Hamm  er  ik, 
P.  Heise:  »König  und  Marschall«  und  P.  E.  Lange-MüUer  ver- 
sucht worden. 

Eine  hervorragende  Stellung  neben  dem  Singspiele  nimmt  das  Ballet 
ein,  so  wie  sich  dasselbe  unter  den  beiden  genialen  Ballettmeistern,  dem  Floren- 
tiner Vincenzo  Tomazelli  Galeotti  (1733 — 1816),  der  seine  Wirksamkeit 
am  Theater  zu  Kopenhagen  1774  begann,  und  dem  in  Dänemark  geborenen 
August  Bournonville  (1805 — 1879)  auf  dänischem  Boden  entwickelte. 
Beide  legten  Noverre's  Grundsätzen  gemäss  das  entscheidende  Gewicht  auf  das 
poetische  und  dramatische  Interesse  der  Ballett-Pantomime  und  entwickelten 
in  dieser  Beziehung  eine  unerschöpfliche  Erfindungsgabe.  Die  meisten  älteren 
Ballette  Galeotti's  waren  kleine,  muntere  mimische  Lustspiele  mit  Tanz,  voller 
Laune  und  Grazie.  Später  ging  er  zur  Behandlung  grosser  tragischer  Stoffe 
über,  wobei  er  den  Chor  zu  Hilfe  nahm.  Seine  berühmtesten  Werke  dieser 
Art  waren:  »Lagertha«  (1801),  ein  nordisches  Sujet  »Rolf  Blaubart«  (1808) 
und  »Romeo  und  Giulietta«  (1811).  Unter  Bournonville's  Balletten 
stehen  die  zahlreichen  lebendigen  und  abwechselnden  Bilder  aus  den  Volks- 
leben wie  z.  B.  »Napoli«  (1842)  und  »Das  Hochzeitsfest  zu  Hardanger« 
(1853)  in  erster  Reihe,  neben  Arbeiten  wie  »  Waldemar«  (1835),  »EineVolks- 
sage«   (1854)  und  »Die  Walküre«   (1861),  zu  denen  er  historische,  märchen- 


572  Skandinaviticbu  Musik. 

hafte  und  mythologische  Stoffe  wählte,  welche  von  alten  Zeiten  an  die  Phantasie 
dei*  nordischen  Völker  angezogen  haben.  Galeotti's  Componist  und  Schöpfer 
der  dänischen  Ballettmusik  war  Claus  Schall,  geboren  in  Kopenhagen  1757, 
gestorben  1835  als  königl.  Musikdirektor,  ein  mit  grosser  Naturbegabung,  sowol 
als  Violinvirtuos  wie  als  Componist,  ausgerüsteter  Autodidakt.  Bournonville 
hatte  als  musikalische  Mitarbeiter  bald  diesen,  bald  jenen  der  besten  dänischen 
Instrumcntalcomponisten.  Johannes  Friedrich  Fröhlich  (1806  — 1860) 
schrieb  die  vorzügliche  Mvisik  zu  Waldemar  »Das  Fest  zu  Alb  an  o«, 
»Erich  Menveds  Kindheit«  u.  a.  J.  P.  E.  Hartmann  componirte  unter 
anderm  »Die  Walküre«  und  die  »Thry mskvide«  (1868),  zwei  der  phan- 
tasievollsten Werke  dieses  genialen  Künstlers  und  in  Gemeinschaft  mit  Gade 
die  nicht  weniger  ausgezeichnete  originale  und  poetische  Musik  zu:  »Eine 
Volkssage«.  Gade  hat  ausserdem  einen  Theil  der  Musik  zu  einem  andern 
der  Lieblingsballette  der  Nation  Napoli  componirt.  Ausser  diesen  nennen 
wir  als  Ballettcomponisten  den  Kapellmeister  S.  H.  Pauli i,  geboren  1810, 
den  Concertmeister  Eduard  Helsted,  geboren  1816,  Lövenskjold:  »Die 
Sylphe«   1836,  Heise,  Emil  Hartmann  und  August  Winding. 

In  Norwegen  schrieb  Waldemar  Thrane,  geboren  1790,  gestorben  1828, 
das  erste  Singspiel  »Das  Abenteuer  im  Gebirge«  (1825.)  Später  hat 
M.  A.  TJdbye,  geboren  1820,  einiges  für  die  Bühne  componirt.  Unter  Griegs 
Werken  findet  sich  die  vortreffliche  Musik  zu  Schauspielen  von  Björnstjerne 
Björnson  und  Heinrich  Ibsen. 

Die  schwedische  Nationaloper  war  ein  glänzendes  Meteor,  welches  nach 
Gustavs  III.  Thronbesteigung  plötzlich  am  Himmel  der  Kunst  aufging  und 
bei  seinem  Tode  wieder  erlosch.  Mit  seiner  lebhaften  Begeisterung  für  die 
Kunst  und  einer  fast  unglaublichen,  alles  überwindenden  Energie  gelang  es  dem 
Könige  in  weniger  als  einem  Jahre  eine  Oper  zu  schaffen,  obgleich  es  an  allen 
Voraussetzungen  zu  einer  solchen  zu  fehlen  schien,  eine  Oper,  deren  Ruhm  sich 
schnell  weit  über  Schwedens  Grenzen  hinaus  erstreckte.  Im  Gegensatze  zu 
Dänemark,  wo  man  besonders  das  bürgerliche,  komische,  idyllische  und  roman- 
lische  Singspiel  mit  Erfolg  pflegte,  war  in  Schweden  die  grosse  Oper  das  Ziel 
der  Bestrebungen  des  Königs.  Er  wollte  ein  neues  Opernsystem  und  zwar 
ein  schwedisches  schaffen.  Sein  Ideal  war:  ein  französisches  Auge  und  ein 
italienisches  Ohr  auf  einmal  zu  befriedigen.  Mit  grosser  Pracht  ging  die  Oper 
»Thetis  und  Peleus«,  zu  der  Wellander,  nach  dem  Plane  des  Königs, 
den  Text  ausgearbeitet  und  Uttini  die  Musik  componirt  hatte,  1773  über  die 
Bühne.  Das  nächste  Stück  war  eine,  vom  Sänger  Salin  unternommene  Bear- 
beitung von  Händeis  »Acis  und  Galatea«,  daraufkam  Glucks  »Orpheus«. 

Die  Componisten,  welche  dem  König  bei  dem  weiteren  Fortgange  des  Unter- 
nehmens beistanden,  waren  H.  Ph.  Jensen,  ferner  der  berühmte  Dresdener  Kapell- 
meister Naumann,  der  für  die  schwedische  Bühne  zuerst  die  Oper  »Amphion« 
(1778)  componirte.  Mit  »Cora  und  Alonzo«  (1782)  wurde  das  von  Gustav  III. 
aufgeführte  neue  Opernhaus  eingeweiht,  und  sein  »Gustav  Wasa«,  Schwe- 
dens nationalste  Oper  hat  seit  der  ersten  Aufführung  1786  ein  paar  hundert 
Vorstellungen  erlebt.  Ausser  ihm  ist  der  hochbegabte  Kraus  zu  nennen, 
der  in  der  fünfaktigen  Oper  »Dido  und  Aneas«  oder  »Aneas  in  Karthago« 
sein  bedeutendstes  dramatisches  Werk  lieferte;  ferner  der  Abt  Vogler  und 
J.  C.  F.  Häffner.  Gustavs  III.  Nachfolger  auf  dem  schwedischen  Throne, 
stellte  sich  anfangs  gleichgültig,  später  geradezu  feindlich  zu  dem  Werke  seines 
Vaters.  Im  Jahre  1806  wurde  die  Oper  aufgelöst,  und  das  prachtvolle  Opern- 
haus in  ein  Krankenhaus  verwandelt.  Nach  der  Revolution  1809  begann  man 
freilich  aufs  neue  Singspiele  aufzuführen,  und  die  Oper  zu  Stockholm  hat  immer 
einen  guten  Ruf  gehabt,  aber  die  inländische  Produktion  auf  dem  Gebiete  der 
dramatischen  Musik  erhob  sich  nie  wieder  zu  derselben  Ueppigkeit  und  Kraft 
wie  in  der  zwanzigjährigen  Glanzperiode  der  Oper  während  der  Regierung 
Gustavs  III.     Musik  für  die  Bühne,  theils  Singspiele,  besonders  kleinerer  und 


Skandiiiavisclu-  Musik.  573 

leichterer  Art,  theils  Ouvertüren,  Chöre,  Zwisehonakto  und  Melodrauicii  zu 
Schauspielen  couiponirteu  üupiiy,  Struwe,  J  oli.  Fried.  Jierwald,  Franz 
Berwald,  Arrhi'n  von  Kapichnauu,  Gruseil,  Brendler,  A.  F.  Lind- 
blad,  J.  N.  Ahlström,  Berens,  A.  Rubenson,  Ivar  Hallötröm:  »Don 
Bcrgtagnc«  (Die  vom  Bergkönig  Entführte),  »Die  Wikiugeo,  Aug.  ISöder- 
luaun   u.  A. 

Das  Lied  als  Kunstlied  entsprang  in  Dänemark  theils  dem  Theater, 
theils  dem  gesellschaftlichen  Leben  in  der  letzten  Hälfte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts. Die  Thcaterl  iedcr,  besonders  die  in  den  Hiugspielen  vorkommen- 
den Liedercompositiouen  entweder  naiv -rührender  oder  lustiger  Art  und  die 
(icsellschaftslieder,  welche  Freundschaft,  Wein  und  Liebe  Ijesangen  und 
in  dem  damals  üppig  blühenden  Klubleben  eine  bedeutende  Rolle  spielten,  bilden 
die  beiden  wichtigsten  (iruppen  des  älteren  dänischen  Kunstliedes.  Vortreff- 
liche Liedermelodien  von  dem  ältesten  Hartmann,  von  Schulz,  Schall, 
Kunzen,  H.  U.  C  Ziuck  u.  a.  leben  noch  in  der  Erinnerung  der  älteren 
Generation,  und  besonders  erfreuten  sich  die  Lieder  aus  Schulzens  patrio- 
tischen Singsi)ielen  »Das  Erntefest«  und  »Peters  Hochzeit«  lange  einer 
ausserordentlichen  Po2)ularität,  die  einige  derselben  hoch  in  Norwegen  hinauf, 
ja  sogar  nach  den  Färöerinseln  führte,  wo  sie  bei  der  Aufführung  des  alten 
Tanzes  benutzt  wurden.  Weyse,  der  einen  modernen,  romantischen  Greist  mit 
Schulzens  hervorragenden  Eigenschaften  als  Liedercomponist  vereinte,  schuf  die 
dänische  Romanze  und  erhob  das  ältere  Lied  auf  seinen  Gipfel.  Viele  Roman- 
zen und  Lieder  aus  seinen  Singspielen,  seine  Neun  dänische  Lieder  mit 
Pianoforte,  H.  Marschner  gewidmet  und  zu  Texten  der  ausgezeichnetsten 
dänischen  Lyriker:  Ewald,  0  ehlenschläger,  Grundtvig,  J.  L.  Heiberg 
und  Chr.  AVinther  componirt,  sowie  seine  kindlich  frommen  Morgen-  und 
Abcndlieder,  zu  Worten  von  Ingemann  sind  vollendete  Meisterwerke  ihrer 
Art  und  gehören  noch  zu  den  beliebtesten  dänischen  Liedern.  Die  spätere 
Entwicklung  des  dänischen  Liedes  mit  Pianoforte  verdankt  man  besonders 
J.  P.  E.  Hartmann,  N.  W.  Gade  und  P.  Heise  (1830—1879).  Schöne 
Lieder,  theils  religiösen,  theils  weltlichen  Inhaltes,  bald  im  Volkstone  und  bald 
in  einem  feineren  künstlerischen  Geschmacke  sind  ausserdem  von  Ludw.  Zinck, 
Krossing,  Rudolph  Bay,  den  um  Kirchen-,  Schul-  und  Volksgesang  in 
Dänemark  hoch  verdienten  A.  G.  Berggreen  (1801  — 1880),  H.  Rung, 
Gebauer,  geboren  1808,  J.  0.  E.  Horneman  (1809 — 1870),  und  unter  den 
Jüngeren  von  Gläser  jun.,  E.  Hartmann,  Barnekow,  Winding,  J.  und 
0.  Mailing,  C.  F.  E.  Horneman,  Liebmann,  Steenberg,  Rosenfeld, 
Grandjean,  Bechgaard,  Lange-Müller,  F.  Rung  u.  a.  componirt  worden. 
In  dem  vierstimmigen  Männergesange  haben  ausser  den  erwähnten  Haupt- 
repräsentanten des  neueren  dänischen  Liedes  und  mehreren  der  jüngsten 
Generation  voi'zugsweise  Kuh  lau,  Kroger  und  C.  J.  Hansen  sich  aus- 
gezeichnet. 

Unter  den  norwegischen  Liedercomponisten  behaupten  Halfdan  Kjerulf 
(1815 — 18G8)  und  Eduard  Grieg,  geboren  1843,  den  ersten  Platz.  Beide 
haben  den  nationalen  Volkston  mit  Originalität  in  ihi'en  Liedern  zu  repro- 
duciren  gewusst.  L.  M.  Lind  cm  an,  geboren  1812,  besonders  bekannt  als 
Aufzeichner  und  Herausgeber  der  Volksmelodien  seines  Vaterlandes,  hat  zugleich 
eine  nicht  geringe  Wirksamkeit  als  Cumponist  besonders  religiöser  Lieder  ent- 
faltet. Das  weltliche  Lied  mit  Pianoforte  ist  von  den  meisten  Componisten  des 
jungen  Noi'wegens  mit  Erfolg  gepflegt  worden.  Wir  nennen  0.  Winter- 
Hjelm,  den  früh  verstorbenen  talentvollen  Richard  Nordraak,  Cappelen, 
Job.  Selmer,  Frau  Agathe  Gröndahl,  geb.  Backer.  Vierstimmige  ^Männer- 
gesange haben  F.  A.  Reissiger,  Lindeman,  Kjerulf,  Conradi,  Udbye, 
Winter-Hjelm,   Grieg,   Gröndahl  u.  a.  geschrieben. 

In  Schweden  wird  wie  in  Dänemark  das  Lied  Gegenstand  künst- 
lerischer Behandlung    in    den    letzten  Decennien  des  verflossenen   Jahrhunderts. 


574  Skandinavische  Musik. 

Das  Bellmanslied,  das  merkwürdigste  Produkt  der  Zeit  auf  dem  lyrisch-musi- 
kalischen Gebiete,  gehört,  von  musikalischer  Seite  betrachtet,  noch  zunächst 
zum  Yolksliede.  Carl  Michael  Bellman,  geboren  1740,  gestorben  1795, 
eins  der  ausserordentlichsten  und  originalsten  lyrischen  Genies ,  die  jemals 
existirt  haben,  dichtete  die  meisten  seiner  unsterblichen  Fredmans  EpiMar  und 
SäiKjer,  unter  denen  sich  die  prachtvollen  humoristischen  Bilder  aus  dem  Volks- 
leben in  Stockholm  besonders  auszeichnen,  zu  populären,  meist  französischen 
Melodien,  welche  in  dem  schwedischen,  von  französischem  Geiste  und  franzö- 
sischen Sitten  stai'k  beeinÜussten  Hauptstadtleben  en  vogue  waren.  Zwar  war 
er  auch  selbst  Melodienerfiuder,  und  einige  haben  ihm  sogar  eine  selbständige 
Bedeutung  als  Componist  beilegen  wollen ;  diese  ist  aber  durch  die  fort- 
schreitende Entdeckung  fremder  (Quellen  zu  den  meisten  und  besten  seiner 
Melodien  immer  zweifelhafter  geworden.  Dagegen  hat  der  Aufzeichner  und 
Herausgeber  der  Bellmannschen  Melodien  Olof  Ählström  (1756 — 1835)  ein, 
auch  in  andern  Beziehungen  verdienstvoller  Musiker,  ganz  vorzügliche  Lieder- 
melodien componirt,  die  auch  zum  Theil  ihren  Weg  nach  Dänemark  fanden. 
Dasselbe  gielt  von  Dupny,  dessen,  zwischen  Schweden  und  Dänemark  getheile 
Wirksamkeit  als  Sänger,  Violinvirtuose  und  Componist  besonders  dem  erstge- 
nannten Lande  zufiel,  und  von  dem  zugleich  als  Clarinettenvirtuosen  berühmten 
B.  H,  Crusell  (1775 — 1838).  Der  nationale  und  romantische  Geist,  welcher 
vom  Anfange  des  19.  Jahrhunderts  an  sich  der  Gemüther  bemächtigte,  rief  in 
Schweden  eine  Menge  herrlicher  Liedermelodien  mit  einem  echt  nationalen 
Klange  von  dem  Dichter  Geijer  (1783  — 1847),  Nordblom,  Blidberg, 
Arrhen  von  Kapfelmann,  Adolph  Friedrich  Lindblad  (1801 — 1878), 
Bändel,  Wennerberg,  Josephson  (1818 — 1880),  Södermann  und  vielen 
Anderen  hervor.  Mehrere  der  Genannten  haben  zugleich  ausgezeichnet  schöne 
vierstimmige  Lieder  für  Männerchor  geschrieben,  auf  welchem  Gebiete  noch 
hinzukommen:  Häffner,  der  eigentliche  Gründer  des  berühmten  TJpsalensischen 
Studenteugesanges,  und  Otto  Lindblad  (1809 — 1864),  der  Stifter  des  akade- 
mischen Gesangvereins  in  Lund  und  Componist  mehrerer  über  den  ganzen 
Norden  verbreiteten  vorzüglichen  Männerchöre. 

Instrumentalmusik  für  Concert  und  Kammer  componirten  in  Däne- 
mark unter  den  Aelteren  Scheibe,  Job.  Hartmann,  Schall,  Kunzen. 
Weyse,  der  sehr  originale  Allegri  di  bravura,  Sonaten  und  Etüden  für's 
Pianoforte  componirte,  schrieb  in  seinen  jüngeren  Tagen  auch  mehrere  Sin- 
fonien; der  Vorrang  aber,  welcher  damals  der  Musik  in  ihrer  dramatischen 
Verwendung  gegeben  wurde,  vei'anlasste ,  dass  die  Orchestermusik  längei-e 
Zeit  hindurch  besonders  in  Form  der  Ouvertüre  gepflegt  wurde.  Dies  gilt 
namentlich  auch  von  Kuhlau,  dessen  Ouvertüren  zu  »Lulu«,  »William 
Shakespeare«  und  »Elfenhügel«  ihren  Platz  im  Concertsaale  noch  be- 
haupten können.  An  Kuhlau  fand  auch  die  Kammermusik  einen  ebenso 
formvollendeten  als  allseitigen  und  fruchtbaren  Pfleger.  Seine  instruktiven 
Ciaviersachen  sind  überall  bekannt.  Orchester-  und  Kammersachen 
schrieben  ferner  in  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  C.  F.  Barth, 
G.  Gerson,  Jensen,  Krossing,  Bredal,  und  namentlich  der  früher  als 
ausgezeichneter  Ballettcomponist  erwähnte  J.  F.  Fröhlich,  der  ein  Schüler 
Kuhlaus  war.  Der,  von  Oehlenschläger  in  der  Poesie  wiedergeborene  altnor- 
dische Geist  bekam  einen  originalen  musikalischen  Ausdruck  in  J.  P.E.  Hart- 
manns Melodrama  »Die  Goldhörner«  (1832),  der  Tonmalerei  »Die  Schlacht 
bei  Stiklestad«  aus  der  Tragödie  »Olaf  der  Heilige«  und  der  Ouvertüre 
zu  »Hakon  Jarl«  (1844),  in  welchen  Werken  der  eigenthümliche  Ton  und 
die  besondere  Richtung  angegeben  sind,  in  denen  der  Componist  später  die 
schon  erwähnten  nordischen  Ballette  und  der  Wole  Prophezeiung  schrieb.  Auch 
in  Sinfonien,  Concertouverturen  und  dem  Kammermusikgenre  hat 
J.  P.  E.  Hartmann,  der  erste  Romantiker  unter  den  dänischen  Musikern,  Proben 
seines  umfangreichen  und  fruchtbaren  Talentes  abgelegt.     Ihre  bis  jetzt  höchste 


I 


Skamliiiaviache  Musik.  575 

Vollenduüg  errcichtcu  diese  Z\vei<,'i'  der  Kunst  in  N.  W.  Gudca  geistvolleu, 
mit  der  feiusten  instruiuentulen  Kunst  uusgel'ülirten  Werken,  von  denen  die 
»Ossiansouverture«  (1841)  und  die  »Omoll  Symphonie«  (1842)  auf  ein- 
mal seinen  Namen  beiiilimt  und  das  Ausland  mit  einer  neuen,  specifisch  nor- 
disclien  Tonpoesie  bekannt  machten.  Lövenskjold  und  der  ungclälir  gleich- 
alterige  Carl  Heisted  schrieben  talentvolle  Arbeiten,  hörten  aber  IVüh  auf 
zu  produciren.  Einige  von  Gades  Vorzügen  finden  sich  in  Emil  Jlartmauna 
und  August  Windings  auch  ausscrhall)  Dänemarks  geschützten  Inarumental- 
Compositiouen  wieder.  Ein  originalbegabter  aber  nicht  sehr  2>i''jduktiver  Com- 
pouist  ist  C.  F.  E.  Horneman,  geboren  1841,  von  dessen  grösseren  Arbeiten 
namentlich  ein  paar  Ouvertüren  verdiente  Aufmerksamkeit  erregt  haben.  Asger 
Hammeriks  nordische  Suiten  sind  ebenfalls  Orchesterwerke  neueren  Datums, 
die  erwähnt  werden  müssen,  sowie  auch  mehrere  viel  versprechende  Arbeiten 
von  den  Jungen  Componisten  P.  E.  Lauge- Müller,  Victor  Bendix  und 
Kobert  Hansen.  WerthvoUe  Orgelcompositionen  haben  wir  von  U.  Alatthi- 
son-Hansen  und  Gr.  Matthison-Hansen.  Von  der  Hand  des  letzteren 
liegen  zugleich  interessante  und  tüchtige  Arbeiten  für's  Pianoforte  mit  und 
ohne  Begleitung  anderer  Instrumente  vor.  Claviercompositionen  schrieben 
ausser  den  meisten  der  schon  erwähnten  lustruiuental-Componiaten  auch  Hor- 
neman sen.,  A.  Eee,  N.  Ravnkilde,  0.  Mailing,  Schytte  u.  A.  Unter  den 
Tanzcomponisten  istH.  C.  Lumbye  (1810 — 74)  der  genialste  und  liekannteste. 

Die  Norweger  Johann  Severin  Svendse.n,  geboren  1840,  und  (irieg 
haben  als  vorzügliche  Componisten  von  Werken  der  Instrumentalmusik  sich 
auch  im  Auslande  einen  Namen  gemacht.  Zur  Entwicklung  der  Instrumen- 
talmusik in  Norwegen  haben  die  Ausländer  Carl  Arnold,  geboren  1794, 
und  F.  A.  Eeissiger,  geb.  1804,  sowie  die  eingeborenen  Musiker  ^\'.  Thrane, 
Ole  Bull,  0.  Winter-Hjelm,  Selmer  und  Ole  Olsen,  wie  auf  dem  Gebiete 
der  Ciaviermusik  Kjerulf,  Tellefsen,  E.  Lindholm  und  Edm.  Neupert 
verdienstvolle  Beiträge  geliefert. 

In  Schweden  gehen  die  Annalen  der  instrumentalen  Kammermusik  auf 
Romans  Zeiten  zurück,  da  dieser  hervorragende  Künstler  auch  Kammersachen 
hinterlassen  hat.  Mehrere  der  früher  erwähnten,  der  letzten  Hälfte  des  vorigen 
Jahrhunderts  angehörigen  Ausländer  waren  gleichfalls  auf  dem  Gebiete  der 
Instrumentalmusik  thätig,  wie  H.  Ph.  Johnsen,  Kraus  und  Vogler,  denen 
sich  einige  ältere  eingeborene  Componisten  mit  Instrumentalwerken  verschie- 
dener Art  anschlössen.  Frigel  componirte  Sinfonien,  Johann  Wikmansson 
schrieb  Violinquartette,  welche  er  Haydn  widmete.  Sowol  Eggert,  der  eine 
kurze  Zeit  Kapellmeister  am  Hofe  zu  Stockholm  war,  als  Dupuy  und  sein 
Nachfolger  im  Kapellmeisteramte,  der  ausgezeichnete  Violinspieler  Johann 
Friedrich  Berwald  (1787 — 1861)  bereicherten  diesen  Theil  der  schwedischen 
Musikliteratur  mit  neuen  Compositionen,  Sinfonien,  Ouvertüren,  Violinconcerten, 
Quartetten  u.  s.  w.  Einen  Fortschritt  als  Instrumentalcomi)onist  bezeichnet 
der  Vetter  des  Letzterwähnten  Franz  Adolph  Berwald  (1790 — 1868),  von 
dem  eine  Sinfonie  serieuse  in  Gmoll  von  dem  musikalischen  Kunstverein 
zu  Stockholm  herausgegeben  worden  ist.  F.  Bei'wald  war  einer  der  Ersten, 
die  in  ihren  Instrumentalcompositionen  aus  der  Volksmusik  im  Norden  Vor- 
theil  zu  ziehen  strebten.  A.  F.  Lindblad,  der  besonders  als  Liedercomponist 
berühmt  war,  schrieb  auch  Sinfonien;  Andreas  Randel  (18(i6 — 1864),  Ouver- 
türen und  Quartette,  welche  zu  den  letzten  Erzeugnissen  schwedischer  Instru- 
mentalmusik gerechnet  werden.  Schwedens  bedeutendster  Instrumentalcom- 
ponist  ist  Ludwig  Norman,  geboren  1831,  eins  der  am  feinsten  entwickelten 
Talente  der  neueren  romantischen  Schule.  Ausser  den  Genannten  hat  eine 
nicht  unbedeutende  Anzahl  älterer  und  jüngerer  Musiker  in  Schwi'den  als 
Instrumentalcomponisten  mit  grösserem  oder  geringerem  Erfolge  gewirkt.  Wir 
erwähnen  Gille,  Berens,  van  Boom,  Bauck,  Foroni,  Winroth,  Kuben- 
son,  Arlberg,  Söderraan.  , 


576  Stein  —  Waxftl. 

Gleichzeitig  mit  der  vorscbi'eitenden  Entwicklung  der  musikalischen  Com- 
position  in  den  skandin.ivischen  Läudern  hat  auch  die  Anzahl  und  Tüchtigkeit 
der  ausübenden  Künstler  auf  eine  erfreuliche  Weise  zugenommen.  Die  könig- 
lichen Kapellen  in  Kopenhagen  und  Stockholm  haben  besonders  viele  vox'züg- 
liche  Künstler  in  ihrer  Mitte  gezählt  und  gehören  zu  den  besten,  wenn  auch 
nicht  grössten  Orchestern  in  Europa.  Ausser  dem,  zu  denselben  gehörigen 
Personal  haben  einzelne  Instrumentalvirtuosen  sich  in  weiteren  Kreisen  einen 
Namen  gemacht,  z.  B.  der  Norweger  Ole  Bull  und  der  dänische  Violoncell- 
virtuose Kellermann.  Unter  den  Pianisten  haben  wir  in  Dänemark  Anton 
Ree  und  seine  Schüler  August  Winding  und  Fritz  Hartvigson,  und  in 
Norwegen  Erika  Nissen  geb.  Lie  und  Edmund  Neupert  hervor.  Als 
Orgelspieler  haben  sich  in  diesem  Jahrhundert  besonders  ausgezeichnet:  in 
Dänemark  Weyse  und  H.  Matthison-Hansen,  in  Norwegen  F.  C.  Linde- 
man,  in  Schweden  Gustav  Mankell.  Sowol  die  dänische  als  die  schwedische 
Bühne  hat  eine  Reihe  dramatischer  Sänger  und  Sängerinnen,  zum  Theil  von 
hohem  Range,  aufzuweisen,  wozu  in  neueren  Zeiten  auch  einzelne  norwegische 
hinzugekommen  sind.  Besonders  hat  die  sangbegabte  schwedische  Nation 
ausserordentliche  Talente  in  dieser  Richtung  hervorgebracht.  Wir  brauchen 
nur  an  die  berühmten  Sängerinnen  Jenny  Lind,  Frau  Michaeli  und  Kristina 
Nilsson  und  an  die  vorzüglichen  Tenorsänger,  welche  von  Stenborgs  und 
Karstens  Tagen  an  bis  zu  Arnoldsso n  eine  Zierde  der  schwedischen  lyri- 
schen Bühne  gewesen  sind,  zu  erinnen. 

Stein,  Albert  Gereon  (IX,  417),  starb  am   10.   Juni   1881. 

Talexy,  Adrian  (Ergänzungsband  452),  starb  im  Februar  1881. 
Till,  Anton  Emil  (X,  199),  starb  am  21.  Januar  1882  in  Wien. 

Yäg'völg'yi,  Bela  M.,  vortreßlicher  ungarischer  Componist,  ist  am  21.  April 
1857  zu  Nagyszombat  geboren.  Von  seinen  bis  jetzt  im  Druck  erschienenen 
Compositionen  haben  die  grösste  Verbreitung  seine  Lieder  y>Szerelmi  daloka 
und  seine  »Tänze«,  welche  sich  jahrelang  am  Repertoire  erhalten,  gefunden. 
Von  seinen  Liedern  gingen  einzelne  auch  ins  Volk;  ein  hübsches  Verdienst 
erwarb  er  sich  um  die  ungarische  Musik  durch  Sammlung  und  Arrangements 
von  Volksmelodien,  welche  er  unter  dem  Titel  ytNepdalgyönyyökfs.  veröffentlichte. 
Im  Jahre  1879  redigirte  er  die  Musikzeitschrift  t>Orpheus».  in  Budapest.  Gegen- 
wärtig ist  er  als  Professor  der  Musik  am  königlichen  Lehrerseminar  seiner 
Vaterstadt  thätig. 

Voss,   Charles   (XI,  223),  starb  am  29.  August  1882   in  Verona. 

Waxel,  Piaton  von,  wurde  1844  in  der  Umgegend  von  Petersburg,  der 
Stadt,  in  welcher  er  unter  der  Leitung  Constantin  Decker's  seine  musikalischen 
Studien  machte,  geboren.  Aus  Gesundheitsrücksichten  genöthigt  eine  Reihe 
von  Jahren  (1861 — -1870)  in  Portugal  und  auf  der  Insel  Madeira  zu  leben, 
veröfi'entlichte  er  daselbst  in  portugiesischer  Sprache  eine  Reihe  von  Arbeiten, 
von  denen  mehrere  sich  auf  dem  Gebiete  der  Musik  bewegen.  Die  hauptsäch- 
lichsten beziehen  sich  auf  die  Geschichte  der  portugiesischen  Musik,  die 
in  ihrer  Gesammtheit  von  ihm  zuerst  behandelt  worden  ist;  sie  sind  es  auch, 
welche  allen  bezüglichen  Arbeiten  zur  Grundlage  dienten.  Für  diese  Verdienste 
um  die  portugiesische  Geschichte  der  Musik  wurden  ihm  auch  von  gelehrten 
Gesellschaften  zu  Coimbra,  Lissabon  und  Porto  Diplome  der  Mitgliedschaft 
dieser  Gesellschaften,  und  von  der  portugiesischen  Regierung  das  Kreuz  des 
Christusordeus  zuertheilt.  Nach  Europa  zurückgekehrt ,  bezog  Waxel  die 
Universität  Leipzig,  auf  welcher  er  1874  den  Grad  eines  Doct.  phil.  erwarb. 
Er  lebt  zur  Zeit  in  Petersburg,  wo  er  in  der  Gesellschaft  als  Sänger  (Tenor) 
wol  bekannt  ist,  als  Sccretair  des  Ministeriums  für  auswärtige  Angelegenheiten, 
und  ist  wirkliches  Mitglied  der  Gesellschaft  für  internationales  Recht.  Seit 
1874  veröffentlichte  er  mehrere  hierauf  in  Bezug  stehende  Schriften.  1880 
folgte  er  dem  verstorbenen  Rostislaw   (Theoph.  Tolstoy)  in  der  Eigenschaft  als 


Waxel.  577 

iimsik!ili.scher  Kritiker  des  Journal  de  St.  Vettrshounj  (i'raii/öaisch).  J)i(!  iu 
diesem  ]ilatto  ersclieiiuiulen  inusikttlisclien  Chroniken  huh  seiner  Feder,  Welche 
von  einer  gründlichen  nnisikalischcn  Kenntniss  und  einem  geläuterten  Ge- 
schmack Zeugniss  gehen,  sind  V.  P.  unterzeichnest.  Seine  voröH'cnt lichten 
Arheiten  sind:  1)  i>Mi(jurl  de  GUiila,  exhogo  bioijraphicoa,  Funchal,  IHCiU,  H"; 
2)  nA  miisica  em  ForluijaU  (neun  Artikel  in  der  nOazita  da  ATadciruu  von 
1866.  (Der  erste  musikhistorischo  Versuch  einer  Behandlung  dieses  (iegen- 
standes);  'S)  i)Quadros  da  lifferatura,  das  sciencian  e  arfes  na  Mii.ssiau,  Funchal, 
1808,  8";  4)  »Muüica  vocal  profana  (drei  Artikel  in  der  »Gazcta  da  M'ideira« 
von  1808);  f))  r>Al(juns  traros  da  historia  da  musica  na  Madeira^  (drei  Artikel 
in  der  »Gazeta  da  Madeira«  von  1860,  wiederabgedruckt  im  »Jornal  da  Commercioa 
von  Lissiihon);  6)  tu  Katudos  sobre  a  historia  da  musica  em  Porfuynlt*)  (neunzehn 
Artikel  in  »Arte  musicaln  von  1874 — 1875);  7)  »Ricardo  Wajncr  e  Francisco 
Liszt  recordaroes  pessoncsa,  Lishoa,  1875,  8*^;  8)  »Kstado  acfual  da  arte  da  canto 
na  Europaa  (vier  Ai'tikel  im  »Jornal  do  CofnmercioK  von  1875;  9)  Ahriss  der 
Geschichte  der  Portugiesischen  Musik  (für  den  vorliegenden  Ergänzungsband 
geschrieben   und  auch  als  Separatabdruck  erschienen). 


*)  Diese  Arbeit  ist  im  Artikel  Mar((ues  J.  J.  im  Naelitrapsband  8.  2(j2  des  vor- 
liefjjendcn  Werkes  inthümlicli  diesem  Sclinftstillcr  zugesehrieben.  Eine,  erklärende  llichtig- 
stelluiig  dieses  Inthuins  findet  man  in  den  »Signalen  für  die  musikalische  Welt«  von 
1881,  Nr.  26. 


MuBikal.  CuU¥ei-8.-Lexikou.    Krßäuiun^bauJ.  37 


Verzeichniss 


clei'  im  Ergänzungsbande  enthaltenen  Ai'tikel. 


A. 

Aaruu  Seite  1, 
Aaroii,  auch  Aroii,  Pietro  1. 
Aarts,  Fraiiciscus  1. 
Abaco,  Evaristo  F.  dall'  1. 
Abälard,  Pierre  1, 
Abbatini,  Antonio  Maria  2. 
Abbe    l'ainö,    Ph.    de    St. 

Sevin  2. 
Abbö  tils,  Joseph  Barnabö  2. 
Abbey,  Johu  2. 
Abduleadir,   Ben   Gaibi   2. 
Abel,  Clamor   Heinrich   2. 
Abgesang   2. 
Abicht  Joh.  Georg  2. 
Abon  Aloufa  3. 
Abos,  auch  Avos  und  Avosa, 

Girolarao  3. 
Abraham, Beu-David-Arie  3. 
Abrahamsou,  Werner  Hans 

Friedr.  3. 
Abschlagen  3. 
Abub  3. 

Acaeu  oder  Agaen  4. 
Accelli,  Cesar  4. 
Accordion  4. 
Accordsignal  s.  Signal  4. 
Acevo  4. 

Adam,  Adolph  Carl   4. 
Adamberger,   J.   4. 
Adaniouti,  s.  Adaraberger  5. 
Adams,  Abraham  5. 
Adams,  Thomas  5. 
Adan,  Don  Vincent  5. 
Adau  de  Jouveucy  5. 
Adclburg,    August,   Kitter 

von  5. 
Adigasser,  Ant.  Caj.  5. 
Adlung  5. 
Adolfati,  Andrea  5. 
Adorno,  Joh.  Ncpomuk  5. 
Adriansen,  Emanuel  5. 
Adrien  l'ainö  C. 
Adrien,  Martin  Joseph  6. 
Aeminga,    Siegfried     Caso 

von  6, 
Agricola,  Georg  Ludwig  G 
Agricola,    Wolfgaug    Chri- 
stoph 6. 
Ählström,  Olof  6. 
Ahlströni,  Johann  Niklas  6 
Aiblingcr,  Joh.  Caspar  7. 
Aich,  Godfried  7. 
Aimon,      Pamphile      Leop. 

Franz  7. 


A'Kerapis,  Florent,  Seite  7. 

Akeroyd,  Samuel  7. 

Alarm  7, 

Alart,  Simon,  auch  Alard  7. 

Albauesi,  Sebastiaiuis  7. 

Albano,  Matthias  7. 

Albano,  Marc.  7. 

Alberti,  Gasp.  7. 

Albini,  Felix  7. 

Albinus  7. 

Albuzio  oder  Albuzzi,  Giov. 

Gioc.  8. 
Alcarotti,  Giov. Francesco  8. 
Alembert,  Jean  le  Eond  d'  8. 
Alessandri,  G.  8. 
Aletzic,  Paolo  8. 
Alexander   (der   Wilde)  8. 
Alfred  8. 
Aliiiuot  -  Piano       (Aliquot- 

Flügel)  8. 
Alkman  10, 
Allaire  10. 
Allargando  10. 
Almerighi  di  ßimini,  Gui- 

seppe  10. 
Almeyda,   Carlos   Franceso 

10. 
Almond,  Emma  10. 
Alphons    X.,     König     von 

Kastilien  10. 
Alphons  del  Castillo  Dr.  10. 
Alstedt, Johann  Heinrich  11. 
Altenburg,  Michael  11. 
Althorn-Übligat  11. 
Alvera,  Andrea  11. 
Amati,  Andreas   Amati   11. 
Ambros,   August  Wilh.    11. 
Amcyden,    Christian,   auch 

Hameiden  11. 
Amicis,  Anna  de  11. 
Ammon,  Blasius  11. 
Amnion,  Wolfgang   12. 
Anders,  Henri  12. 
Andrez,  Benoit  12. 
Andries,  Jean  12. 
Aneurin,  Gwawdrydd  12. 
Angeleri,  Antonio  13. 
Anger,  Louis  13. 
Anschütz,  Alex.  R,  13. 
Anselmo,  Pietro  13. 
An'iphonic  13. 
Antonius,  Julius  14. 
Apcl,  Georg  Christian  14. 
A(iuila,  Marco  de  1'  14. 
Aranda,  Matheo  de  14. 
Arangureu,  Josä  16. 


Arban ,     Jos.     Jean     Bapt 

Laurent.  Seite  15. 
Arblay,  Franc,  de  15. 
Argies,  Gauthier  d'   15. 
Arnaud,  Jean  Etiennc  Gill 

15. 
Arnkiel,  Gottlieb  15. 
Arnold,  August  15. 
Arnold,  Friedrich  Wilh.  15. 
Arnold,  Karl   16. 
Aruolt  oder  Arnuld  16. 
Arriaga    y    Baizola,     Juan 

Chrisostomo  Jac.  Ant.  16. 
Arrieta,  D.  Juan  Emilio  16. 
Artaria,  Philipp  16. 
Arthophius,  Balthasar    16, 
Artmann,  Hieronynius  Ifi. 
Artoraius,  Pierre  16. 
Artöt,    Maurice   gen.  Mou- 

tagney  17. 
Artöt,    Jean    Desirö    Mon- 

tagney  17. 
Arwidsson,  Adolf  Ivar  17. 
Asantscliewsky,  Michael  d' 

17. 
Asola,    Giammatteo,    auch 

Asula  17. 
Attrup,  Carl   17. 
Ättwood,  Tliomas  18. 
Auber,  Dan.  Fr.  Esp.   18. 
Aubery  du  BouUey,  Prudent 

Louis   18. 
Audefroi  de  Batard  18. 
Audichon,  Henri  de  18. 
Audiphon  18. 
Audran,  Marius  18. 
Audran,   Edniond  19. 
Audubert,  Jules  19. 
Auffassung  19. 
Aufgesang   20. 
Auspitz-Kolar,  Auguste  20. 
Automatischer         Klavier- 
handleiter 20. 
Automatischer  Notenblatt- 

umwender  21. 
Aventinus  21. 
Avidius,  Gerhard  21. 

B. 

Babnigg,  Anton  21. 
Bacci,  Dominic  21. 
Bache,  Walter  21. 
Bachnieisler,  Lucas  22. 
Backers,    Americus,    auch 
BacuerB  22. 


Baeon,    Francis   von  Veru- 

lam  Seite  22. 
Baeon,   Kiehard  Mack^nsie 

22. 
Baguer,  Carlos  22. 
Baille,  Gabriel  22. 
Baillot,  Pierre  Marie,  Fran- 

?oi8  de  Sales  22. 
Bai  duin-Dahl, Christ.  Florus 

22. 
Balestrieri,  Thomas  23. 
Balestrieri,  Pietro  23. 
Balfe,  Michel  Guillaume  23. 
Balhorn,  L.   W.  23. 
Bailabile,  23. 
Balthasar-Florenee,    Henri 

Mathias  23. 
Ban,  Jan  Albert  23. 
Banks,  Benjamin  23. 
Barbarini,  Manfredo  Luigi 

24. 
Barbereau,  Mathurin  Aug. 

Balth.  24. 
Barbieri,  Americo  24. 
Barbieri ,      Carlo      Eman., 

eigentlich  Luigi  de  24. 
Barbieri,   Francisco  Asenjo 

24. 
Barca,  Alcssandro  25. 
Barca,  Francisco  25. 
Bargheer,  Carl  Louis  25. 
Barnbeck,  Friedrich  25. 
Barre,    Charles    Henry    de 

la  25. 
Barret,  Apollon  Maria  Rose 

25. 
Barrington,  Daines  25. 
Barsotti ,    Tommaso,    Gasp. 

Fort.  25. 
Bart  hol  dy,JacobSalomon25. 
Barzellini,  Aegidius  25. 
Basevi,  Antonio  Dr.  25. 
Bassetto  26. 

Bastiaans,  Joh.  Gzn.  26. 
Bates,  William  26. 
Bateson,  Thomas  26. 
Batiste,   Anton  Eduard  26. 
Batta,  Jean  Laurent  26. 
Battista,  Vinccnzo  2G. 
Battu,  Pantalt^on  26. 
Bauer,  Michael  26. 
Bauldewin,      Noel ,      auch 

Baulduin  26. 
Baumgart,   Expedit   Fried- 
rich   27. 
Bausch,  Lud.Christ.Aug.  2.7. 


YerzeichnibH  der  iui  Ergüuzuiig»bauiJo  uutlialtcncii  Arlikii. 


57!) 


lluiiHcli,   Liiii.  Seito  27. 
ItiiuHi'li,   Otto  27. 
Il.'iwr,   AU'xniulra  SuQa  27 
liuyinii,   Aiiisi't  27. 
I!u7.iii,   FranvoiH  27. 
Ücaulieu,      Mariu      Dcsirt) 

Martin  27. 
Hocker,  Albt'rt  EriiNt  Antun 

27 

licfkcr,  Carl  Kurdiiiaiid  2il. 
Hcoker,  Cieor^f   29. 
IJifourt,   29. 
UceliK'iard,  JtiliuH  2tl, 
lU'Kiii,   l'it-rre  2it. 
livgrei,   l'ierre    Ij;iiacc  L'l>. 
lieKuin-Snluiuiiii,        Luuise 

Fri'derii(iu'  Cohen   29. 
Dchr,   Heinrieh   29. 
Bekktr.  C.  A.  29. 
Bckker,  Johann  Heinrich 29. 
Hekker,  0.  .1.  30. 
Bekker,  0.  J.  30. 
Bekker,  P.  R.  30. 
Bckulir.   Gottlol)  Friedrieh 

Wilh.  30. 
Belcke,  Christ.  Gottl.  30. 
Helcke,  Fried.  Aug-.  30. 
Beliczay,  .lulius  Tun  30. 
Belikuir,  M.  30. 
Bellazzi,  Franccscu  30. 
Bellöre,  Jean  30. 
Bcllermann,  Cunst.  31. 
Bellermann,   Fricdr.  31. 
Bcllmann.  Carl  Michael  31. 
Benciui,   Pietru   Paulo  31. 
Bendel,  Franz  31. 
Bender,  Valentin  31. 
Bendix,  Victur  Kmanuel  31. 
Benekcn ,     Friedrich     Bur- 
khard 31. 
Benes,  Juseph(Beiicsch)  32. 
Benett,   William  Stcrudale 

32. 
Bennot,  John  32. 
Beute,  Math.  32. 
Beuucci  32. 

B^rard,  Jean  Baptiste  32. 
Borat,  Eustache  32. 
ßeretta,    Giuvanui-Battista 

32. 
Berggreen,   Andreas   Peter 

33. 
Bergbuis,  Jobann  33. 
Berghuis,  Friedr.  Joh.  33. 
Bergmann,  Gust.  33. 
Bergmann,  Carl  34. 
Bergonzi,  Carlo  34. 
Bcrgonzi,  Francisco  34. 
Bergonzi,  Zusimo  34. 
Bernard,  Moritz  34. 
Bernardel,    Auguste   Seba- 

Btien   Philippe  34. 
Bcrneville,  Gillebert  de  34. 
Bernhard,  B.  34. 
Bertali,  Antonio  34. 
Bertclmann,  Joh.  Georg  34. 
Bertelsmann,   Carl    August 

34. 
Hertha,  Alexander  van   :(4. 
Bertin,  Louise  Angcliiiue3ö. 
Bertini,   Donicnico  35. 
Bertrand,  Jean  Gustave  35. 
Besanzoni,    Fcrdinandu  35. 
Besozzi,   Louis   Dcsirö  35. 
Bessems,  Antoine  35. 
Bcurhusius  35. 
ßiagi,  Alamanno  35. 
Biaggi,  Alcssandro  35. 
Biaggi ,     Girulamo     Alles- 

sandro  30. 
Bial,  Rudolph  .36. 
Bignon,   Louis  36. 
Billert,  Karl  Friedrich  Aug. 

36. 
Biniboni,  Giovacchino  36. 
Birnbach,  Joseph  Benjamin 

Heinrich  36. 


Kisliop,  Anna,  Miss  hielte  36, 
Hitler,   C.   II.  3tl. 
Iliii'l,   (icorg  37. 
Hlngravc,   Henry  37. 
Itlanis  ,    Francesco   Antonio 

37. 
BInzun,  Thibaiit  de  3H. 
lllithemaiui,   William   JH. 
Illodck,   Wilhelm   iS. 
Iloet'lierini  3H. 
Hoch,   Franz   Paula  de  .(h. 
liockhiilz,  Faicuni  Anna  'is 
Bui-keler,   IKinrirh  38. 
Ilori|uillon,    Wilhelm   39. 
Kodin,  Franv'ois  Ktienne  39 
Hocrs,  Joseph   Carl   39. 
Kogenführer  39. 
Hiihni,  Joseph   40. 
Bühinc,  Franz  Magnus   40. 
Boilly,  ICduard  41. 
Boissciot,  Jean   Louis  41. 
Bokemeicr,   Heinrich  41. 
Boiek,   Oscar  41. 
Bollius,  Uaniel  42. 
Ilona,   Pasiiuale  42. 
Konawit/.,  .lob.   Heinr.  42. 
Böniekc,   Herrniann   43. 
Bonn,   Herrmann  43. 
Boiitempi,   Antonio  43. 
Boom,  Herrmann  M.  van  43 
Boom,  Jean  van  43. 
Boom,    Jean  E.  G.  van  43. 
Borani,   (iiuseppe    13. 
Borchgre V in'  k, Melchior 43 
Bosselet,  Charles  44. 
Bost,   Eduard   44. 
Bote  und  Bock  44. 
BolK'orscheek,   Caroline   44 
Böttcher,  Georg  Wilhelm  44 
Böttcher,  Wilhelm  Dr.  41 
Böttcher,  Theodor  44. 
Bottini.MariannaAudreozzi 

44. 
Bourdcau,  Emile  44. 
Bourgault-Decoudray, Louis 

Albert  44. 
Bournonvillc,    Auguste    de 

44. 
Bovery,     Antoine     Nicolas 

Joseph  Bovy  44. 
Brachthuijzer  44. 
Brah-Müller  45. 
Brambilla,  Marietta  45. 
Brambilla,  Teresina  45. 
Brandes,  Wilhelm  45. 
Brandts-liuys  45. 
Brandus,  Gemmy  46. 
Brassin,  Louis  46. 
Brassin,  Leopold  46. 
Brassin,  Gerhard  46. 
Bratfisch,  Albert  46. 
Braun,  Auguetus  46. 
Bredal,   Ivor  Fried.  46. 
Bri'hy,   Herkules  Peter   46. 
Breidenstein,  Heinrich  Carl 

46. 
Breideudieh,  Christ.  Friedr. 

46. 
Breitkopf    u.    Härtcl ,    Dr. 

Herrmann  46. 
Brell,  Pater  Beniti>  4<i. 
Bremer,  Jan  Bernard  47, 
Brendel,   Franz  47. 
Breslauer,  Emil  47. 
Bretzner,  Christoph  Fried- 
rieh 47. 
Breuer,  Bernhard  47. 
BrcuMung,   Ferd.  47. 
Briard,  Jean   Bapt.  47. 
Bridgetuwer,    Georg    Aug. 

Polgrecn  47. 
Brisson,  Frederic  48. 
Broadwood,  John   48. 
Brochi,  Carlo  48. 
Brody,  Alciander  48. 
Bruokhuijzen,George8Ucnri 

48. 


Broustet,   Eduard   Seile  4H. 
Brückner,   Anton    18. 
Brüll,    Ignaz   49. 
Brünett  i  49. 
Bruni,  (Irent  49. 
llrunl,  Soverino  49. 
Ilrunnmiiller,  auch  Broun«- 

muller,    Elias    19. 
Brnnner,    Chriittisii    Trau- 

golt   49. 
lluehwiilder,  Christoph    49. 
Uudiani,  Javielta  6'i. 
BiitVardin,  Pierre (iabriel  GO. 
I'.ull,   Ole  50. 
Hungert,  August  60. 
Hunte,   J.   F.  50. 
Burekhns,   Friedrieh   .11. 
Uurenne,   Henriette  hl. 
Busse,  Job.   Heinrich  51. 
BusHineyer,   Hugo  51. 
Buzzola,  Antonio  51. 

c. 

Caballero,  Manuel  Fcr- 
nandez  61. 

Cabo,  Francisco  Javier   51. 

Cabisius,  Julius  61. 

Cadanx,  Justin  61. 

Caffi,  Francesco  51. 

Calido  51. 

Callault,  Salvator  52. 

Calvin,  Johann  52. 

Cambiasi,  Pompeo  52. 

Campenhout,  Franz  von  52. 

Camphuij8eu,Dirk  Raphaelz 
62. 

Campos  Joäo  Ribeiro  de 
Almeida  e  52. 

Campra,  Andn5  53. 

Camps  y   Soler,  Itscar  53. 

Canis,  Curnelius  53. 

Canogia,  Jos6  Avelino   63. 

Capecelatro,  Vincenzo  64. 

Capotorti,  Luigi  54. 

Capoul ,  Joseph  Amadöe 
Victor  64. 

Cappa,  Giofredo  54. 

Cappa,  Giachimo  Saluzzio 
64. 

Cappa,Giu8eppe  Saluzzio  64. 

Capuana,  Mario  64. 

Capuano,  (iiuseppe  54. 

Carafa,  Miebele  54. 

Carbonclii,  Antonio  54. 

Carey,  H.  64. 

Carl  Theodor  54. 

Carlez,  Jules  Alexis  56. 

Caruso,  Marco  Fabrieio  55. 

Carutti,  Gustav  55. 

Carvalho,  Caroline  Felix 
Miulan  65. 

Cosamurata,  Louis  Ferdi- 
nand 66. 

Casanovas,  P.  Antonio  Fran- 
cisc.  Narciso  56. 

Cisati,  Hieronimo  56. 

Case,  Caspar  (Casenius)  50. 

Casini,  (Giovanni  Maria  57. 

Castelle,   D.  van  de  57. 

Castello,  Paulo  57. 

Castro  D.,  Agostinho  de  57. 

Castro,  Gabriel  Pcrcira  de 
67. 

Castro,  Manuel  Antonio 
Lobato  57. 

Castro  57. 

Castrune  -  Marchesl  ,  Sal- 
vator de  57. 

Castrucci,   Pietro  57. 

Cataneo,  Francesco  67. 

Catclani,   Angelu  57. 

Catena  57. 

Catenhusen  67. 

Cattigno,   Francesco  57. 

Caussin  de  Perceval ,  Ar- 
mand  Pierre  57. 


CaUHsiuuH,  Joseph  Seito  58. 
Cavaillö  ■  Coli ,     Duinlniijuc 

Hyncinthu  68. 
Cnt aille-Coll,  Aristidc  68. 
Cnvalll,   Francesco  59. 
Cavallini,   Krneito  f9. 
Ca/.ut,  Fraiivoi»  Felicien  59. 
CeballoM,   Fraii'-incu  69. 
Ceoero,  Carlo  59. 
Ceccbcrini,   Ferdinand  B!l. 
Celan i,   (iiuseppe  Cursu  <i(i. 
Cellarier,  Hilariun  60. 
Ccller,    Luduvie   60. 
Cellu-Resonanzbuden  HO. 
Cereuls,    P.  Juan   60. 
Certain,  Marie  Fran9uis«  00, 
Ceru,  Domen icoAgoslino 60. 
Chaine,   Eugene  61. 
Champs,   Ettorc  de  61. 
Cbampein,    Marie   Fran9ois 

Stanislaus  61. 
Cbappell,   William  61. 
Cliapelle,Jaciiuc8  Alexandre 

de  la  61. 
Ctinrbonnier,L'abbeEtienne 

Paul  de  U  61. 
Charles,  Auguste  61. 
Cbartier,  Charles  Jean  61. 
Chart'>n-Denieur,  Mm.  Anna 

Arsene  Charton  61. 
Chassant  62. 
Chastain  62. 
Chastillon      de      la     Tour, 

Guillaume  de  G2. 
Cbaussier  L'abbe  62. 
Chauvet,  Charles  Alexes  62. 
Chazol,  Mrs.  62. 
Chovt',    Emil  Joseph   Mau- 
rice 63. 
Chevcst,  Aime  63. 
Che  villard,  Pierre  Alexandre 

Franvois  03. 
Chiaromoutc,  Francesco  63. 
Chimarhacus,  Jacob  63. 
Chiocchelti,      Pietro     Vin- 

cerfo  63. 
Chorley,  Henry  63. 
Chou<iuct,    Adolph   Gustav 

63. 
Christiaans,  Arnold  63. 
Chroma,  s.  Neuklaviatur  64. 
Chwalibog  64. 
Chwatal,   Frauz  Xaver  64. 
Ciardi,  Carlo  64. 
Cibot,  auch  Cybot  64. 
Cicero,  Marcus  Tullius  6i. 
Cico,  Slarie  64. 
Cimoso,  Guido  64. 
Clair,  Jean  Marie  de  64. 
Claribel  64. 

Clave,  Jose  Anselmo  64. 
Ciavier  mit  Orgelpedal  65. 
Clavel,  Joseph  66. 
Clayton  65. 

Clodomir,PierrcFran9ois  66. 
Coccia,  Carlo  65. 
Cuccia,  Maria  Itusa  66. 
Coclieus,  Adrianus  Petit  65. 
Coenen,  Jean  M.  66. 
Coenen,  Louis  66. 
Coenen,  Franz  66. 
Coenen,  Wilhelm  66. 
Cokken ,    Jean    Franz    Bar- 

Ihelrmy  6«. 
Colas,  »uch  Cola,  Domcuico 

66. 
Colasanti,  Vincenzo  66. 
Culascione,  auch  Calusciuue 

66. 
Cullin,  Charles  06. 
Colombo  de  Salute  67. 
i'olonne,  Jnles  67. 
Coltellini,  Celeste  67. 
Coneeiväo  67. 
Conceifüo,  Antonio  da  67. 
CouccivÄo,     Br.     Bcruardu 

da  67. 

37* 


580 


Verzeichniss  der  im  Ergänzungsbande  entluiltenen  Artikel. 


Cuiiceiväii,    Hr.   Maiiuol   da 

Seite  07. 
Conrad  de  Mure  C7. 
Coiiradi,  August  07. 
Conti,  Carlo  07. 
Conti,  Ignazio  07. 
Convcrvain,  Br.  Kaymuudo 

da  07. 
Coppola,  Pictro  Antonio  07. 
Cordicr,  .lean  07. 
Cornelius,  l'etcr  68. 
Coronini,  Paolo  08. 
Cost.-»,  Antonio  Corr(5a  da  08. 
Costa,    Fraucisco    Eduardo 

da  68. 
Costa,     Joäo     Evangclista 

Pereira  da  08. 
Costa,  P.  Antonio  68. 
Costa,  Pierre  08. 
Costa,  Sebastiäo  da  68. 
Cottrau,  Guillaume  68. 
Cottrau,  Tlieod.  69. 
Couderc,  Josepli  Ant.  Charl. 

69. 
Couperin,  Cliarles  09. 
Couperin,  Louise  09. 
Couperin,  Nicolas  09. 
Couperin,  Armand  Louis  69. 
Couperin,   Marguerito  An- 

toinette  09. 
Couperin,  Antoiuette  Ange- 

lique  09. 
Couppey,  Felicieu  09. 
Cousu,  Antoine  de  09. 
Coussemaljer,  Cli.  E.  Heuri 

de  70. 
Coyssard,  Michel  70. 
Craeijvanger,  Gerliard  70 
Craeijvanger,  K.  A.  70. 
Craraa,  Hubert  70. 
Cramer,  Heinrich  70. 
Crainer,  Jos.  Hubert  70. 
Cramolini,  Ludwig  70. 
Cras,  P.  J.  70. 
Craywinkel ,    Ferd.   Manuel 

Mart.  de  71. 
Crequillon,  Thomas  71. 
Crespel,  Ji^an  71. 
Cressent,  Anatole  71. 
Cressounois,  Jules  Alfred  72. 
Christal,  Maurice  72. 
Crocker(Crolter)  Johann  72. 
Croes,  Heuri  Jacques  de  72 
Croze,  Ferdinand  de  72. 
Cruvel,  Marie  72. 
Cuellar  y  Altariba,   Ramon 

Felix  72, 
Cnrci,  Giuseppe  72. 
Cusius,  W.  G.  73. 
Czartoryski,  Adam  Casimir 

73. 
Czerwinsky,  Wilh.  73. 
Czibulka,  Alphons  73. 

D. 

Dabadie,  Henri  Bernhard  73. 
Dabadie,  Louise  Zulmö  73. 
Dahl,  Balduiu  Christian  74. 
Dahmen,  Wilhelm  74. 
Dahmen,  Herrmann  74. 
Dahmen,  Willi,  lleinr.  74, 
Dahmen,  Jacob  74. 
Dahmen,  Jean  Cornelius  74 
Dahmen,  Jean  Arnold  74. 
Dalimen,  Jean  Herrmann  74. 
Dalimen,  Peter  74. 
Dahmen,  Jean  Arnold  74. 
Dahmen,  Wilhelm  74. 
Dahmen,  Arnold  74. 
Dahmen,  Jean  Arnold  74. 
Dahmen,  Peter  Wilhelm  75. 
Dahmen  Hubert  7ß. 
Dal  Cornetto,  Antonio  75. 
Dair  Argine, Constantino75. 
Dalvimare,    Martin    Pierre 
76. 


Daracko,  Berthold  Suite  75. 

Dandrieu,  Jean  l'ran9ois  75. 

Danhauser,  Adolph  lieojwld 
75. 

Dänische   Musik,   s.    skan- 
dinavische  Musik. 

Daujou,  Jean  Ijouis  Felicieu 
75. 

Dannreuther,  Edward  76. 

Dannstroem,  Joh.  76. 

Danzi,  Franz  70. 

Da  Palermo,  Marc.  Ant.  70. 

Da   Prato,  Cesare  70. 

Darundeau,  Heinrich  7<i. 

Dauprat,  Louis  Franfois  70. 

Daussoigne  -  Möhul ,    Louis 
Jos.  70. 

D.autresme,  Auguste  Lucien 
70. 

D'Avesnes  77. 

David,  Ernest  77. 

David,  Felicieu  77. 

David,  Ferdinand  77. 

David,  Samuel  77. 

Davide  da  Bergamo  77. 

Davidoff,  Karl   78. 

Davidor,    Stephan    Ivano- 
witsch  78. 

Davidsgewinner,  auch  Da- 
vidskrone 78. 

Davison,  J.  W.  78. 

Deamicis,  Anna,  s.  Amicis, 
Anna  78. 

Debegnis,  Giuseppe,  eigent- 
lich de   Begnis  78. 

Debillemont,  Jean  Jacques 
78. 

Debuire,  L.  78. 

Debur  78. 

De  Champs,  s.  Champs  78 

Ddchant  78. 

Decher,  Georg  Michael  78. 

Decher,  Adolf  78. 

De  Corable,  Anibroise  78. 

De  Ferrari,  Serafino  78. 

Degele,  Eugen  78. 

De  Giovanni,  Nicola  78. 

De  Graan,  Jan.  80. 

Dehec  80. 

Delaborde  80. 

Delaire,  Jacques  Auguste  80, 

Delange,  E.  F.  80. 

De  Lauge,  Samuel  80. 

De  Lange,  Samuel  80. 

De  Lauge,  Daniel  80. 

Delätre,  Claude  Petit  Jan  80, 

Delattre,  Jos.  Marie  80. 

Deldevez,    Eduard    Marie 
Ernest  81. 

Delibes,  Leo  81. 

Delin,  Albert  82. 

Delioux  de  Savignac,  Char- 
les 82. 

Delle  Sedie,  Enrico  82. 

Deloffre,      Louis      Michel 
Adolphe  83. 

Delsarte,     Fraufois     Alex. 
Nieol.  Chdri  83. 

Demerssenian,  Jul.  Auguste 
Ed.  83. 

Demunck,  eig.  de  Munk  84. 

Deprosse,  Anton  84. 

Derkum,  Franz  84. 

Derx,  G.  W.  84. 

Deslandrcs,     Adolphe    Ed. 
Marie  84. 

Desmasures  84. 

Desnoiresterres,         Gustav 
Lebrisoys  84. 

Desquesnes,  Jean  84. 

Dessauer,  Joseph  84. 

Desvignes,  Victor  Franfois 
84. 

Dethou,  Amedi^e  85. 

Devos,  rieht,  de  Vos.  85. 

Devrient.EduardPliilipp  85 

De  Vries  van  Os,  Kosa  85 


Dias,  Gabriel  Seite  85. 
Dibdin,  Charles  85. 
Diehl  85. 
Diel,  Johann  85. 
Diel,  Nioolaus  85. 
Diel,  Jacob  80. 
Diel,  Nicolaus  Louis  80. 
Diohl,  Friedrich  86. 
Diehl,  Johann  86. 
Diümer,  Louis  86. 
DieniT,  Ernst  86. 
Dieppo,  Anton  Wilh.  80. 
Dietrich,  Sixtus  80. 
Dietsch,  Pierre  Ijouis  Phi- 
lipp 86. 
Dijkhuizen,  D.  H.  86. 
Dikran,  Tchihadjian  87. 
Dilher,  Joh.  Michael  87. 
Dionysien  88. 
Dj^mili?  88. 
Dlugosz  89. 

Dombrowsky,  Heinr.  89. 
Donizetti,  GaiJtano  89. 
Douzelli,  Domenico  89. 
Door,  Anton  89. 
Doppolüügcl  89, 
Dorati,  Nieolö  91. 
Dotzauer,  Justus  Joh.  Fried 

rieh  91. 
Dotzauer,    Just.    Bernhard 

Friedr.  91. 
Drath,  Theodor  91. 
Drechsler,  Karl  92, 
Drouot,  Louis  Franz  Philipp 

92. 
Druellacus,  Christiauus  92 
Dubois,  Amedee  92. 
Dubois,  Charles  Victor  92, 
Dubois,    Clement    Fran9ois 

Thcod.  92. 
Dugnct,  Dieudounö  92. 
Duiffoprugcar,  Gaspard  92. 
Duke,  Richard  92. 
Dumont,  Felix  92, 
Dunkler,  Franz  93. 
DuiMuit,  F.  A.  (Jean  Franz) 

93. 
Dupont,  Pierre  Auguste  93. 
Duprez,  Caroline  93. 
Duprcz,  Marie  93. 
Duranzy,  Celeste  93. 
Durand,  Marie  Auguste  93. 
Durst,  Matthias  93. 
Duvernoy,  Victor  Alphouse 

93. 
Duvois,  Charles  94. 
Dwight,  John  Sullivan  94. 

E. 

Eckert,  Carl  94. 

Edolo,  Hcnr.  Joäo  u.  Jos^ 
94. 

Eeden,  Joh.  van  der  94. 

Ehemann,  Joh.  91. 

Eigenthümliohkeit  94. 

El-Gharidh,  Abd-El-Melek 
96. 

Elisabeth,Königiu  von  Eng- 
land 96. 

Ellerton,  John  Lodge   97. 

Elssner,  Jacob  97. 

Elwart,  Antoine  97. 

Emdc,  Christian  97. 

Emmerich,  Robert  97. 

Empedükles  97. 

Engel,  Karl  97. 

Engel,  David  Herrmann  97. 

Englisches  Hörn  97. 

UVasmus  Roterdamus,  Desi- 
derius  97. 

Erk,  Friedrich  Albrecht  97. 

Erl,  Joseph  97. 

Erlanger,  Max  97. 

Esehstruth.Hans  Adolph  97. 

Eslava,  Miguel  Hilario  98. 

Es-moll  98. 


Espadcro,  N,  Ruiz  Seite  98. 
Espagne,  Franz  98, 
Espent,  Pierre  98. 
Espin  y  (Juillen,  Joaciuin  98. 
Espin,  Joaiiuin  y  Perez  98. 
Espiu,  Julia  y   l'erez  98. 
Esser,  Heinrich  98. 
EssipolV,  Annette  von  98. 
Euklides  98. 
Evcrs,  Karl  üH. 
Exaudet,  Joseph  98. 

F. 

Faber,  Daniel  Tobias  99. 

Faber,  Peter  99. 

Fabrizio,  richtiger  Fabrizi, 

Paolo  99, 
Faccio,  Franco  99, 
Fago,  Nieolö  ii9. 
Fahrbacb,  Philipp  99. 
Faisst,     Immanuel     Gottl. 

Friedr.  99. 
Fallouard,  Pierre  Jean  Mich. 

99. 
Faminziu,  Alexander   Ser- 

giewitsch  99. 
Fanucehi,  Domenieo  100. 
Fargas  y  Soler,  Antonio  100. 
Faria,   Luiz   da   Costa    100. 
Parinel   100. 
Farrenc,  Jacques Hyppolyte 

Aristide  100. 
Farrenc,       Mme.      Jeanne 

Louise  100. 
Farrobo,  Graf  von  101, 
Fassmann,  Auguste  von  101. 
Fastre,  Joseph  101, 
Fau,  Julien  Dr.  lol. 
Fauconier,    nicht    Faucon- 

nier,    Benoit    Coustantiu 

101, 
Eaure  101, 
Faure,  Gabriel   102. 
PayoUe,  Franz  Jos.  102. 
Femy,  Franfois  102. 
Fendt,  Bernard   102. 
Fendt,  Bernard  Simon  102. 
Feo,  F'ranoesco  102. 
Perliug,  Franz  Wilhelm  102. 
Ferling,  Gustav  102, 
Fernandes,  Antonio  102. 
Fernandez,  Pater  Diogo  102. 
Fernandez ,    Pater    Manoel 

102. 
Ferrandeiro,  Fernando  102. 
Ferrari,  Carlotta  102. 
Ferraris,  Francesco  103. 
Ferrer,  Mateo  103. 
Ferretti,   Vinceuzio  Cesare 

103. 
Ferro,  Antonio  103. 
Fertiault,  Franjois  103. 
Felis,  Fran9ois  Joseph  103. 
Fätis,   Adolphe    Louis   Eu- 
gene 104. 
Fetis,  Adolph  104. 
Fevrier,  104. 
Fiby,  Heinrich  104. 
Fiennes,  Henr.  du  Bois  104. 
Fighera,  Salvatore  104. 
Figueiredo,    Josö    Antonio 

de  105. 
Figueiredo,    Luiz    Botelho 

Froesde  105. 
Filippi,  Filippo   105. 
Filippi,  Giuseppe  de  106. 
Filippini,  Stefano  105. 
Finck,  Heinrich  105. 
Fincke,  Fritz  105. 
Fink,  Charlotte  106. 
Fiocchi,  Vincenzo  106. 
Fiocco,  Pierre  Ant,  106. 
Fiocco,  Jean  Joseph   107. 
Fiocco,  Jos.  Hector  107. 
Fiodo,  Vincenzo  107. 
Fioravanti,  Vincenzo  107. 


VerzeichnisH  der  im  Ergiiiizuiigshiiiulc  entliiiltfucn  Arlikrl. 


581 


Fiscer,   Giuseppo   u.   Carlo 

Seite  108. 
Fischer,  Adolplic  108. 
FiH<'lu'r,  Johniin    108. 
Fisehcr.  J.   1'.   A.    108. 
Kisclior,  l'nrl  liU(lwi(f  lOs. 
Fi8<'lielti,  Miiltou  I.iii^i  108. 
Flaxl.iiid,Gvi8tav('Alexnii(lro 

108. 
Flöpier,  An^e  loo. 
FIcury,  Jean  loi». 
Fli.r,  Clirisliaii   lon. 
Flcir,  Jiih.  (ICDrjr  100. 
Fli.r,  (iottfricd  l'liilipp  lim. 
Florimo,  Kraneodco  lon. 
Flutoplum   109. 
Fdle^'fiiati,  Krculi'  110. 
F.ilz,  Miclicl   110. 
Fiintaua,  (iiov.  Itatlista  110. 
Fdiitana,  .lules  111. 
Fontaine,     Antuine    Nieol. 

Marie   111. 
Fontanelli.Glam-Joaefolll. 
Fontenelle,  (iranfjes  de  111. 
Forestier,  Joseph  111. 
Fornies,  Theodor  111. 
Fori|ueray,    Nicolas    (lilles 

111. 
Forster,  Willi.im  111. 
Förster,  Alban  111. 
Forsteru8,Geort,'Korster  112. 
Forster,  CJcorp  112. 
FniKiui',  Pierre  Uctave  112. 
Fouquet,  Jean   112. 
Fourneaux,  Napolöon  112. 
FourncI,  Fr.in9oisVictorll2. 
Fournier,  Edouard,  Ur.  med. 

113. 
Franc,  Gaülaume  113. 
Fran^a,  P.  Luiz  Oonzaga  e 

113. 
Francisooni,  Giovanni  113. 
Fran^ois  113. 
Frank,  Ernst  113. 
Frasi,  Föliee  113. 
Freier  oder  Freyer,  August 

113. 
Frescobaldi,  Girolamo  114, 
Freubel,Joh.Lud.  Paul  114 
Frey,  Hans  114. 
Fricci,  Antoinctta  Frietsche 

114. 
Friedlowsky  114. 
Friedrich   III.,    Herz,   und 

Kurfürst  von  Sachsen  114. 
Fritz,  Kaspar  115. 
Frizzi,  Benedetto  115. 
Froberger,  Joh.  Jacob  115 
Frojo,  Giovanni,  115. 
Fromental,    Louis    Nicolas 

115. 
Fumapalli,  Disma  115. 
FumairaUi,  l'olibio  115. 
Fumagalli,  I.uea   115. 

G. 

Gabrielli,  Nicolo  115. 
Gabrielli,    Giov.   Bapt.   de 

115. 
Gabrielski,  Julius  lio. 
Gade,  N.  W.  HO. 
(iail,    Edmö   Sophie   Garre 

116. 
Gallay,  Jules  116. 
(ialletfos,  J.  11«. 
Galetti-Gianoli.Isabelli  116. 
Galli,  Ainintorc  116. 
Gallo,  Ignazio  116. 
(iail  US  auch  Galli,  Anton  11 6. 
(iambini,  P.  Andrea  116. 
(iambini,  Carlo  Andrea  116. 
(ianiboa,   l'edro  de  116. 
(iambogi,  P.  Francesco  116. 
(ianiucci,  Balilossarc  117. 
Gand,  Charles  Franfois  117. 
Gand,  Charles  Adolphe  117. 


Gand,  Eugene  Seite   117. 
Gandini,  Antonio  117. 
Gandini,   Alessandro   117. 
(ianilolli,   Kiccardo   1 17. 
Garani,  Michel  AngcIo  118. 
Garaiii,   Nicolo  llH. 
(iarcia,Jo8c- MauricioNuncR 

118. 
(iarilioldi,  Giiiscppe  118. 
Gasperini,  A.  de  118. 
Gassicr,  Edouard  118. 
(iassier,   Josefa   Fernandez 

Mad.  110. 
Gatayes,    Guill.    Pier.   Ant. 

119. 
(iatayes,  Jos.   I/^on   110. 
Gaultier  119. 
GauntletI,   Henri  Jobn  Hr. 

119. 
GauBsoin,     Auguste    l.ouis 

119. 
Gautier,  Jean   Fran;.   Eug 

120. 
Gavadia,  Jcanne    120. 
Gaztambide,  Joa<iuin  120. 
Gazf.ambide,  Xaver  120. 
Gazzaniga,  Marietla  120. 
Gelin,  Nicolas  120. 
Gcntili,  Uairaelc  121. 
Geraldy,  Jean  Ant.  Just.  121. 
Gerard  oder  Gcraert,  Jean 

121. 
Gerl,  Franz  121. 
Gerle,  Hans  121. 
Gcrmain,  Joseph  I,ouis  121, 
Gerold,  Julius  Victor   121, 
Gerono,  Christoph   122. 
Gerster,  Etelka   122. 
Gerster,  Kauser  122. 
Gesualdo,  Carlo  122. 
Ghebart,  Guiseppe  122. 
Gherardeschi,  Joseph  122. 
Gherardeschi,  Luigi  122. 
(Jherardeschi,Glierardol22. 
Ghersem,  Gaugeric  de  122. 
Giancttini,  Antonio  122. 
Giannetti,  ßatTaele  123. 
Giannini,  Giovacchino  123. 
Giannini,  Salvatorc   123. 
Giannini,  Giaeomo  123. 
Giannini,  Alberto  123. 
Gianotti,  Antonio  123. 
Gibert  oder  Gisbert  123. 
Gide,  Casimir  123. 
Giely,  Abbö  123. 
Gigout,  Eugene  123. 
Gil,  Joaquin  124. 
Gil    y   Llagostera,   Cajetan 

124. 
Gildemyn,  Charl.  Ferd.  124. 
Gilkes,  Samuel  124. 
Gilles,  Jean  124. 
Gilliers,  Jean    Claude   124. 
Giineuez,  Hugalde  Ciriaque 

124. 
Giorgetti,  Ferdinando    124. 
Giorza,  Paolo  124. 
Giosa,  Nicola  de  126. 
(Jiraud,  Fred.   125. 
Girelli,  (iiovanna  Barb.  125. 
Girod,   P.   Louis  125. 
Giuglini  Antonio  125. 
<iiuliani,    Giovanni   Dome- 
nico 125. 
Gladstone,  Franfis  Edward 

125. 
Gläser,    Franz   Joseph    125. 
Glarean,   Heinrich   125. 
tilocken-Accordion,   s.   Ac- 

Cordion    125. 
Glovor,    Howard    126. 
Gluck,  Christ.  Willib.,  Rit- 
ter von   127. 
(iobelli,   Francesco  127. 
Goddard,      Arabella      Mm. 

Davison   127. 
Gocbel,    Karl   127. 


Ooes,  lianiil.1  de  Seite  127. 
Götz,   llcrrniann   127. 
(iötze,  Auguste   128. 
Goet/.e,   Heinrich   120. 
Gofrin,  Kieudonne   129. 
(iolVrillor,  .Matteo  12«. 
Goldschmidt,       Sigismund 

130. 
Golembiowski,   Lucas  130, 
Golinelli,  Stefano   130. 
Gidtcrmann,   Louis  130. 
Gomcz,  Engcniu  130. 
Gomis,     Joseph     Melchior 

130. 
Gonzales  y  Rodrigucz   130. 
Goormachtigb,  L.  130. 
Goovaerts,  Alphonsc   130. 
Gordigiani,  Antonio  131. 
Goss,  John   131. 
Gosscc,  Franfois  Joseph  131. 
Gottwald,   Heinrich  131. 
Gottwald,  Susanna  131. 
GonOV?,  Achillc  Henry  Vic- 
tor 131. 
Gougelet,  Pierre  Marie  131. 
Goulley  auch  (ionltS,  Jacob 

Nicolas  131. 
Goiiy    132. 
Gouter,  Jaqucs,  auch  Gon- 

terus  132. 
Gräfenth.al,  Christian  132. 
Graever,  Madelaine  132. 
GraiT,  Carl  132. 
Grain,  Joh.  du  133. 
Grammann,  Carl  133. 
Graneino,  Paolo  133. 
Grancino,     Giovanni    Bap 

tista  133. 
Grandis,  Vincent  de  133. 
Grandval ,      Marie      Ft^licc 

Clemcnce  de  Reiset  133 
Graun,  Aug.  Fricdr.  133. 
Graphaeus,  Cornelius  133. 
Grassi,    Bernardino,     Pas- 

quino   13  L 
Grassi,  Giuseppe  134. 
Gr.averand    oder  (iravrand, 

Jacques    Fran9oi8   Urban 

134. 
Graziani,  Lodovico  134. 
Graziani,  Francesco  134. 
Greef,  Wilhelm  134. 
Gregoir,     Edouard    George 

Jaciiues   134. 
Gregoir,   Jacques    Mathien 

Joseph  135. 
Greive,  Guillaume  Fr<^deric 

135. 
Grcnier,  Felix  136. 
Gresnich,  Antoine  Fr^däric 

136. 
GrtStrv,Andr<;  ErnstModeste 

136! 
Griepenkerl ,    Fricdr.    Con- 
rad  130. 
Grimm,  Heinrich   136. 
Grivcl,  Victor  136. 
Grizy,     Raph.    Aug.    auch 

Grisy  136. 
Gronovius,  Jacob  137. 
(irosji^in,  Erncst  137. 
(iroRsi,  A.  137. 
Grothe,  Carl  Wilh.  Ed.  137. 
Grünbaum,    Thercse,    geb. 

Müller  137. 
Grund,    Fried.   Wilh.    137. 
Grutsch,  Franz  Seraph  137. 
Guami,  (iiuseppe  137. 
(luami,  Francesco  137. 
<iuami,Giov.  I>ome'iicol37. 
Guami,  Valerio  137. 
(iuido  von   Arezzo   137. 
(luercia,  Alfonso  137. 
Guerrcro,  Francesco,    auch 

Gucrreiro  13H. 
Gnillemin,  Amcdöe  138. 
Guilmant,  Felix  Alcv.  I3vi. 


Gnimartei,  Joie  Rtboiro  l>r. 

Seite  138. 
Gulslain,   Pierre  Joi.   138. 
(iuitarre   139. 

Gumpcitzhaimer,  Adam  \3V. 
GuHctto,    Nic.lo    139. 
Gusto,  J.   /.    139. 
(iutmann,   Adolph   139. 
<iuyot,  Jean   139. 

H. 

Haencl       de      Cronenthal, 

Louise     Aug.     Marqulse 

d'IIi^rinconrt   UO. 
Hürtcl,  (iebrüder  140. 
Hacscr,  Charlotte  Henriette 

140. 
Hacscr,  Christian  Wilhelm 

140. 
Hüsslich  140. 
Hagemann,  Moritz  142. 
Ilagemann,  Kranz  142. 
Hagemann,  Franz  142. 
Hahn,  Albert  1  J2. 
Hakcm     el     Wadi,     Aboa 

Yahya  143. 
Haller,  Michael   143. 
Hallstroem,  Ivar  144. 
Hamm,  Valentin   144. 
Hamma,  Fridolin  144. 
Hangen,    Hans    Matthison 

144. 
Hansen, Gottfried  Matthison 

146. 
Hardt,  Herrmann  von   der 

147. 
Harmonielehre  147. 
Harnisch,    Otto    Siegfried 

150. 
Harris,  Carl  151. 
Hart,  Georg  151. 
Hartmann,  Joh.  Ernst  151. 
Hartmann,  Emil   151. 
Hartmann,  152. 
Hasert,  Johann  152. 
liaslinpcr,    Karl    quondam 

Tobias    152. 
Hasslinger-Hassingen,  Joh. 

von  1>.2. 
Hatton,  J.  L.  152. 
Haub.ault,  Mad.ame  152. 
Haun",Wilhelm  Gottlieb  152. 
HaulT,  Ferdinand  152. 
Haull',  Wilhelm  G.   F.   152. 
HautV,  Wilhelm  152. 
Hayes,   Katharina  153. 
Heermann,  Johann   163. 
Heije,  Joh.  Pet.  153. 
Heinefetter,  Kathinka  153. 
Heinemann,  Joannes  153. 
Heinrich  153. 
Heins,  Johann   15t. 
Heinzc,  (iustav   15t. 
Heise,  Peter  Arnold  154. 
Hellcndaal,  Peter  ir.t. 
Hollmont,    Adrien    Joseph 

van   164. 
Hellmimt, Carl  Jos.  van  164. 
Helm,  Theodor  Oscar   154. 
Hemelsoet,   Louis  154. 
Henning,    Konrad   154. 
Henskeus,Joh.Emanucll65. 
Ilepp,  Sijktus  155. 
Hcpp,  Joh.  Heinrich  165. 
Hcpp,   Sixtus   Carl    155. 
Hc'rbeck,  Johann   155. 
Hermann,  eigentlich  Herr- 

man  Cohen  156. 
Herrmann,   Matthias   166. 
Herrmann,  (iottfricd    156. 
llcrrniann,   Gottlieh   156. 
Hernandez,   Pablo    156. 
Hernandu,       Rafacl       Jos^ 

Maria  156. 
Herpid,  Homer  157. 
Ilcrvc   1.'>7. 


582 


Verzcichniss  der  im  Evf^änzungebaudt!  enthalt«iiien  Artikol. 


llespel,  Ilomor  Seite  167. 
IFoHpel,   l'icrre  Joaeph  157. 
Herzlierj.',  Anton  157 
lloii(.'el   158. 
Iloiilhard,     Louis     Octave 

Arlliiir   158. 
Heyne,    Christian    (Jottluli. 

158. 
Hi^nard,   Jean     l.oiiis   Ari- 

stide  158. 
Ililaire.   Mud.   158. 
llildebr.ind,  l!:iltl\iisar  158. 
llilt/.,  Paul   158. 
Iliiitzü,  Jacol)  158. 
llöplfner,    Johann    Caspar 

159. 
HolTinann,    .loh.    Cliristoiili 

15!t. 
Ilohlfcld,  Otto  159. 
Hol,   Ilichard  159. 
Holmes,  AlfrtMl   159. 
Holmes,  Henri   KiO. 
Holmes,  AuKUste  160. 
Holstein,   Franz   von   160. 
Holtci,  Carl  von   IGO. 
Holt/.mann  160. 
Holzbauer  160. 
Holzhauser,  Heinrich  160. 
Holzhauser,  Theresia  IGO. 
Holzhauser,  Franz  160. 
Holzhauser,     Franz     [j?naz 

160. 
Holzhäuser,  Domenico  160. 
Homilius,  L.  160. 
Honayn,  Abou  Cab.  160. 
Hopft'er,   Ludwif;  Bernhard 

161. 
Hopkins,  John  Larkiu  161. 
Hoppenstedt,  August  Lud- 
wig 161., 
Horatius,   Flaeeus   Quintus 

161. 
Horatiis,   Cesar  de  161. 
Horecki,  Felix  161. 
Hörn  162. 
Horneraann,  Emil  Christian 

162. 
Horsley,    Charles    Edward 

162. 
Horta  y  Leopart,  Anastasio 

162. 
Hoyoul,  Balduin  162. 
Hrimaly,  Gebrüder  162. 
Hrimaly,  Adalbert  162. 
Hrimaly,  Johann  162. 
Hrimaly,  Jaromir  162. 
Hrimaly,  Bohiislaw  162. 
Hromada,  Anton   162. 
Huberti,  Gustav  Leon  163. 
Hucbald  163. 
Huerta  y   Caturla,    Trinit^ 

Franfüis  163. 
Hullah,  John  163. 
Hundt,  Aline  164. 
Hurtado,  Pierre  164. 
Huss,  Johann  164. 
Huyghens,  Constantin   164. 
Hyacinthia.Hyakinthos  165. 
Hysel,    Franz   Eduard    165. 
Hysel,  Franz  165. 
Hysel,  geb.  Kaflka  165. 

I.    J. 

Jacobi,  Georg  166. 
Jaccibs,  A.  166. 
Jacobs,  Henri   166. 
Jacobs,  Peter  166. 
.lacobaohn,  Simon   E.   166. 
Jacquard,  Li^on  Jean  167. 
Jac(iuot,  Charles  167. 
Jadin,  Louis  167. 
Jadiii,  Ilyaeinthe  167. 
Jahn,  Wilhelm   167. 
Jaknbowski,  Samson  167. 
Jal,  Augustin  167. 
Jan,   Martin   168. 


Jastn8ka,geboreneLasanska 

Seite  168. 
Jauch  168. 

Jawurcck,  Constanze  168. 
Jaye,  Henry   168.  * 
Ibäch,   Und.   168. 
Um  Aiclia,  Mohammed  169. 
Ibn  Moubriz  169. 
Ibn-Souraydj   169. 
Juan   de  Clevcs    169. 
Jeep,  Johann   169. 
Jcnike    Kmil   170. 
Jensen,  Adolf  17o, 
Jervolino,  Aroangelo  170. 
Jimcnez  170. 

Jinimcrthal,  Hermann  170. 
Imbault   170. 
Immenraet,  Michel   170. 
Ingrande,   Edmund  d'   170. 
Inhalt  170. 
Iniguez   173. 
Inzcnga,  Jos^  173. 
Joachim,  Amalie  173. 
Jonciercs,     Felix-  Ludger, 

genannt  Victorin  de  173. 
Josephson,  Jacob  Axel  174. 
Joss^,  Jean  Marie  174. 
Jouret,   Läon   174. 
Ismaöl,  Jean  Vital   Ismael, 

eigentlich  Jammes  174. 
Iticr,  Leonard  175. 
Julia,  P.  Benito  175. 
Julien,  Jean  Lucien  Adolph 

175. 
Juriewicz,  Conrad  175. 
Justiniano,      Antonio      de 

S.  Jeronymo  175. 
Justiniano,  Abb(5  176. 
Jvanotr,  Nicolaus  176. 

K. 

Kadc,  Otto  176. 

Kahlert,  August,  Dr.  176. 

Kaiser,  Martin  176. 

Kalkbrenner,  Friedrich  177, 

Kastner,   Friedrich   177. 

Kaufmann,   Friedrich   177. 

Kayser,  Heinrich  Ernst  177 

Kellog,  Klara  l<ouise   177. 

Kennedy,  Alexander  177. 

Kennedy,  John  177. 

Kennedy,  Thomas   177. 

Kerchove,  Joseph  177. 

Kerl,   Joh.    Kaspar  177. 

Ketten,  Henri  178. 

Ketterer,  Eugene  178. 

Kewitsch,  oder  Kiewicz, 
Carl  Theodor  178. 

Khayll,  Aloys  180. 

Kienzl,  Carl   180. 

Kjenzl,  Wilhelm  180. 

Kjerulf  181. 

Kiesewetter,  Johann  Fried- 
rich  180. 

Kindermann,  Hedwig  Rei- 
cher- 181. 

Kirehcr,  Michael  Joseph 
181. 

Kirkmann  181. 

Kirkmann,  Abraham   181. 

Kirkmann,  Joseph   181. 

Kist,  Florenz  Cornelius  181. 

Klang  181. 

Klauser,  Karl  186. 

Klavier-Fingcrhildner   187. 

Klein,  Joseph    187. 

Klein,  Karl  August  187. 

Kleine,  Joh.ann  Wilh.  187. 

Kleine,  Joh.  Wilh.   188. 

Kleine,  Heinrich  188. 

Kleine,  Bernhard  Samuel 
188. 

Kleine,  Dietrich  188. 

Kleine, Heinrich  Christ.  188. 

Kloine,   Jacob   Christ.    188 

Kleine,  .1.  G.  188. 


Klcinknccht  Seite  188. 
Klcinknccht,  Christ.  Iiudw. 

188. 
Kleinmichcl,  Richard  189. 
Klemm,   Friedrieli  189. 
Kiengel,     Julius     Wilhelm 

189. 
Klengcl,  Julius   189. 
Kiengel,  Paul  189. 
Kling,  Henri  Adrien  Louis 

189. 
Klingenberg,  Emilie  190. 
IClingoiiberg,  Johannes  190. 
Klosd,    Ilyaeinthe    lOlöonor 

190. 
Knabe,  Wilhelm  190. 
Kniese,  Julius  190. 
Knyvett,   Deborah,    Travis 

191. 
Koch,   Bernhard  191. 
Kocher,  C.  191. 
Köllin,  Jacob  Jäcklin  191 
Kocipinski,  Anton  191. 
Konen,  Friedrich  191. 
Konen,  Heinrich   192. 
Kohl,  Heinrich  192. 
Kohl,  Emil  Heinrich  Adolf 

192. 
Koeuppers,  Jean  192. 
Kolbe,  Oscar  192. 
Koman,  Heinrich   192. 
Komorowski,  Ignaz  193. 
Koning,  David  193. 
Konradin,    Carl    Ferdinand 

193. 
Kontski,  Carl  von  193. 
Kontski,     Appolinari     von 

193. 
Korsotr  193. 
Koschat,  Thomas  193. 
Küsmowski  193. 
Kossak,  Ernst  193. 
Kothe,  Aloys  193. 
Kothe,  Bernhard  193. 
Kothe,  Wilhelm  194. 
Kragen,    Carl    Phil.    Hein- 
rich 194. 
Krakamp,  Emanuel   194. 
Kramer,  H.  194. 
Krascropolsky  194. 
Kraus,  Alessandro  194. 
Krause,  Carl  Christ.  Friedr. 

194. 
Krauss,   Gottfried  Gebhard 

195. 

Krauss,  Marie  Gabriele  195. 
Kraushaar,  Otto  196. 
Krebs,   Carl   August   196. 
Kreipl,  Joseph  196. 
Kremser,  Eduard  196. 
Kreuel,  Pius  196. 
Krctschm.ar,  Herrmann  Dr 

phil.  196. 
Kreutzer,      August      Jean 

Nicolas  196. 
Kreutzer,     Löon     Charles 

Fran^ois  196. 
Kreutzer,  Conradin  196. 
Kreutzer,  Rudolph  196. 
Krigar,  Hermann  196. 
Kritik  196. 
Kroll,  Franz  199. 
Kromer,  Valentin  199. 
Krüger,  Gottlieb   199. 
Krug,  Arnold  199. 
Krug,  Dietrich  200. 
Künstelei  200. 
Küster,  Herrmann  200. 
Kuft'erath,  Louis  200. 
Kuhl.au  ,    Friedrieh   Daniel 

Rud.  200. 
Kummer,    Friedrieh    Aug, 

200. 
Kummer,  Heinrich  200. 
Kunkel,  Franz  Joseph  200, 
Kunze,  Carl  200. 
Kunzen,  F.  L.  A.  201. 


L. 

Labat,        Jean       Baptiste 

Seite  201. 
l.abory  201. 

Labro,  Nicolas  ("harlcs  201. 
Lacurda,  Beriiarda  l'erreira 

de  201. 
Lachez,  Theodore  201. 
1/aehncr,  Theodor  202. 
Lacombe-D'Kslalcux  202. 
Lacroix,  Paul  202. 
Lucy,  Rophino  202. 
Läufer  202. 

La  Flöohe,  J.  A.  M.  de  202. 
La  Fleur,  Jacques  202. 
La  Fleur,  Joseph  Rene  203. 
Lafont,  Charles  Philipp  203. 
Lafont,  Marcelin  203. 
Lagarde,   Pierre  203. 
Läget,  Henri  203. 
l;agot,  Auguste  203. 
Ija  Hye,  Louise  Geuevieve 

203. 
L'air  de   Beauvais,   Alfred 

204. 
La  Jauniöre,  AndrtJ  de  204. 
liake,  Georg  2ü4. 
Lalande,  Henriette  Clemeu- 

tiue  M^ric  204. 
L'.alliet,  Casimir  Thöophile 

204. 
Lalü,  Edon.ard  204. 
La  Madelaine,  Etienne  Jean 

Bapt.    Nicolas,    genannt 

Stephan  von  205. 
Lambert,  Nicolas  205. 
Iiamberti ,    Giovanni   Tora- 

maso  205. 
Lamberti  205. 
Lambillotte,PaterI<ouis205. 
Lambillotte,  Fran^ois  205. 
Lambillotte,  Joseph  205. 
Laraotte,  Nie.  Antony  206. 
Lamoureux,  Charles  206. 
Larapadius,  Johann  206. 
Lamperti,  Francesco  206. 
Lampugnani,  Giov.  Battista 

206. 
Lauciani,   Flavio  206. 
Landskron,  Leopold  206. 
Landwiug,  Marc.  206. 
Lange,  Hieronymus  206. 
Lange,  Otto  206. 
Lanuoy ,    Gräfin   von   Looz 

Corswarem  206. 
liapierre,  Franfois  Antoine 

206. 
L.apommeraye,   Victor  Ber- 

dalle  de  207. 
L.-4rdin,  Jules  207. 
Larghi,  Desideria  207. 
Larigot  207. 
La  Roche,  Rosa  207. 
Lame,  Pierre  207. 
Lasalle,   Albert  de  207. 
Lassabathie,  Theophile  207. 
Lasso,  Orlando  di  208. 
Laudamo,  Antonio  208. 
Lauer-Münchhofen,  A.Frei- 
herr von  208. 
Laugel,  Auguste  208. 
Laurencin,  Ferd.  Peter,  Graf 

von  208. 
Laurent  de  Rillö,  Fran9oi8 

An.atole  208. 
Lavalleye,  Edouard  208. 
I;a  Valliere  209. 
Lavaine,  Ferdinand  209. 
Iiavazza,  Antonie  Maria  209. 
Lavazza,  Santino  209. 
Lavigne,  Jacques  Emile 209. 
La  Villemarque,    Theodore 

Claude  Henri  Hersart  de 

209. 
Lawrowska,   Elisabeth  209. 
Lazare,  Martin  209. 


VerzeifhnisH  diT  im  Kr^iiiizuiif^hiuulc  i-iith:iltfiMui  Artikel. 


rj8:i 


liC:il,     Kloutlierio    Krmiclii 
SoiU'   21(». 

I.eal,  .lodu  210. 

I.ulicl,    I. Ollis   Hdii   210. 

I.ebliuic  210. 

l.i'li(iriiL>,    Ainu'    AmbrtiUe 
Simon   210. 

I.C   Camus  210. 

Le  CnmuH  210. 

1-c  Celle,  Mic'lielCluirlfB  210. 

l.ecerr,  .liiKtiiN  Amii(leut<2lo. 

liCclinutre,  Mlle.  21<i. 

Ijcciair,   l'iern;  210. 

Ledere,  Jonii  ]<ik|itiNte  211. 

liOeU'rC(|,   Tli.   211. 

I,ec<i<'ii,  Charles  211. 

LeduL-,   Al|>lioiiso  21 1. 

Lccmuiis  211. 

Leeiulers,    Mniirioe  (iitrard 
Hubert   211. 

I-cfelivro  211. 

l.efebvre,  Chiirlos  211. 

l<efetivre,Vietor(iustavc211. 

liCfort,  Jules  212. 

Legefty.  Ic  R.   1*.  212. 

Legendre,  Jules  212. 

Legnani,  Kouis  212. 

IiCgrand,  Tierrc  212. 

Leite,  Antonio  da  Silva  212. 

Leite,   l'ater  Josö  212. 

Lejeune  212. 

Lemaire,  Cliarle»  213. 

Lcm.iire,  TliiSophile  213. 

Lcmaure,  Catherine  Nico). 
213. 

Lemmens,   Jaques   Nicolas 

213. 
Lemmens,  Sherrington  213. 

Lenioine,  Aehille  213. 
I<emonnier,  Louise  Tlu^rese 
A  ntui  nette  Ke^iiault-Biin- 
cuurs  213. 
Lemonnier,  Louis  Augustin 

214. 
Lemoyne,  Jean  Itaptistc  214. 
Leo,  Leonardo  214. 
Leoni,  Josd  Maria  Martins 

214. 
Leplus,  Gabriel   214. 
Lcprevost,  Ktienne  Alexan- 
dre 214. 
Lcroy  oder  Leroi,  Guillaumc 

214. 
Lesbio,  Ant.  Marques  214. 
Leschetitzky,  Th.   214. 
Lesfauris,  Jean  214. 
I.esser,    Stanislaus,   Itaron 

von  214. 
Lcsueur,  Jean  Kranfois  215. 
Leybach,   I)fna/.  215. 
L'Höte,  L^on  Albert  21.5. 
L'hnillier,  Kdmond  215. 
L'huillier,  Th.  215. 
Lianuvosani,   liuigi  215. 
LickI,  C.irl  (ieorg  216. 
Lie,   Krika  215. 
Lillo,  (iiuseppe  215. 
Iiima,  Kraz  Franziseode  215. 
Lima,  Jer.   Fr.  de  215. 
Limnander  de  Nieuwcnhoc, 

Armand  215. 
Lindeman,  Ole  Anders  216. 
Lingiardi,     (iiacomo     und 

Luici  210. 
Liulcy,  (ieorg  216. 
Liiitermans,   Kran^ois   210. 
Lirenka  (Leierchen)  210. 
Liasi\jous   210. 
Literatur   210. 
Lifzau,  J.  B.  244. 
Lobo,  Hoctor  244. 
Loder,  Kdward  James  244. 
Lodüjenpky,  N.  245. 
LöTcnskjold  ,         Hermann 

Severin  215. 
Low,  Josef  245. 
Löwe,  Juh.   Jacob   246. 


I  l.i>wi>,.liiliaunB  Bopliio  Seile 

210. 
Loisel,  Jean  240. 
Lomagiie,  Joseph   210, 
Loniliardi,   (iiaonmo  240. 
LoMibardIni  ,       iiiuseppc 

eigeiillieh  Lonibardu  2tO. 
Lomeuie,  Louis  Leonard  de 

2tO. 
Longet,     Kraiifois    Aehille 

2  10. 
t.obez.FraneiseoMi^'uel  247 
l.oos,  Vineen/.   Aiigelo  217. 
Lopez,  Just'  Venaroio  247 
Lopez  247. 

Loi|uin,   Aiialole  247. 
Lorandi,   (üovaiini    Alberto 

247. 
Lorente,  Andreas  24S. 
Loret,  Jean   Joseph  24fi. 
Lorct,  Kran^ois  llernard  'Hü 
Loret,   Mippolit  24m. 
Loret,  Clement  24H. 
Lot.  Thomas  24H. 
Lot,   Martin   24S. 
Lot,   (iilles  248. 
Lott,   John   l'rt'derio  24fl. 
Lott,  (ieorg  Friedr.  249. 
Lott.   John   24it. 
Iiouchct,  (lustave  24i). 
Louet,  Aristius  249. 
Louis,  Mme.  249. 
Loys,  Jean  249. 
Lueantoni,  (Jiovanni  249. 
Lucas,   Charles  249. 
Lueatelli,  (iiov.  liatista  219 
Lucchesi,  Frediaiio  Matten 

249. 
Lueilla,  Domenico  250. 
Ludwig,   Otto  250. 
Lübeck,  Krnst  250. 
Lumbye.Hans  Christian  250, 
Lunii,  Charles  250. 
Lupot  250. 
Lupot,  Jean  250. 
Lupot,  Laurent  250. 
I(Upot,   Franfois  250. 
Lupot,  Franfois  260 
Lussy,  Mathis  260. 
Lutzer,  Jenny  251. 
I.uzarehe,  Victor  251. 
Luzzaseo,  Luzzaschi  251. 
Luzzi,  Luigi  251. 

M. 

Maatschappij      tot     bevor- 

dering  der  tooiikunst  251. 
Macchi,    Luigi   Davide   de 

253. 
Mncedo,  Antonio  de  Souza 

de   253. 
Macedo,  Manuel  254. 
Macfarren,(ieorg  Alexander 

254. 
Macfarren,  WallerCecil  254. 
Maehado,  Carlos  Maria  254. 
Maehado,     Harbosa     Diego 

254. 
Maehado,  Kafael  Coelho  264. 
Machicourt,   I'ierre  264. 
Machts,  Carl   266. 
Mackcnzie,AleianderCamp- 

bell   255. 
Maelzel,  Leonard  250. 
Magi,   FSirtunat  250. 
Maglioni,   (iiovaechino  260. 
Mahillon,   Victor  250. 
MailLird,  Pierre  250. 
Mailly,   Jean  Alph.  Krnest 

257. 
Mainzer,  Joseph  257. 
Majo,  (üuseppe  di   257. 
Malasehkin   257. 
Malibraii,   Alexander  267. 
Malllot,  Anloine  Louis  267. 
Mnueiiielli,  Luigi  258. 


Mandaiiiei,l'laci<toScitc25N. 

iMaiiiliiii,   SteOino   25s. 

Maiidl,   LouIh  2&H. 

Maiifredi,   Filippo  25s. 

Manrroec,    Niciiln    Antonio 
25M. 

Mangiii   25N. 

Maiigiii,  Charles  25M. 

Mangln,   l'iorre  26H. 

Man^'in,  Klienne  25w. 

Mangln,   Fraii\'oiH  25M. 

M.'kiigin,   Kleoiior  25s. 

Mangln,   Kugcnc   Ed.  25H 

Manier  25s. 

Manna,  Kuggero  260. 

Manry,  Charles Casimlr2tUJ. 

Manzaros,   N.  200. 

.M an /.olini, Carlo  Andrea 20O. 

.Marais,   Marin   20O. 

Marcel  lo,MareoMarerlliano 
200. 

Marclietti  200. 

Marchisio  200. 

Marchisio,  Antonio  200. 

Marcill.ic,  F.  20(». 

Marcuci'i,  Ferdinand  260. 

Marek,   Louis  200. 

Marenzio,  Luea  200. 

Mariani,  Angelo  200. 

Mariraba  201. 

Marinclli,  Gaetano  201. 

Mario,  Giuseppe  201. 

Marius  261. 

Marciue,  Pierre  202. 

Marques,  Joaquiin  Jose  202. 

.Marra- Vollmer,  Marie  202. 

Marschner,   Heinrich  262. 

Miirtel,  Abb^  202. 

Marti,  Anaelm   262. 
Marti,  1>.  Jose  202. 

.Martin,  Alexander  262. 

Martin,  Jean   IJlaise   202. 
Martin,  N.  202. 
Miirtinez,  Nicolas  Gonzales 
203. 

Martinez,  Vicente  203. 
Martini,  Andrea  263. 
Martini,  Giov.  Uattista  263 
Martini,  Job.  Paul  Aegidius 

203. 
Martueei,  (iiuseppe  263. 
Masini,   Francesco  203. 
Mason,  Lavel  203. 
Mason,  William  263. 
Massaini,  Tiburce  203. 
Massart,    Lambert,  Joseph 

204. 
M.issart,  Louise  Agla^,  geh 

Masson  26 1. 
Masset, Nieol. Jean  Jacq.204. 
Masson,  Charles  204. 
Massoneau,   Louis  264. 
Masutto,  Giovanni  204. 
Matcriia,  Anialie,  Friedrich 

205. 
Mathi.as,     (ieorg     Amadne 

Saint  Clair  205. 
Mathias,  Hermann  265. 
Mathieu,  Giovanni  llattista 

265. 
Mattei,  Saverio  260. 
Mattei,  Abbe  StanisKio  206. 
Mattei,   Tito  267. 
Matthüi,  Conrad  267. 
Mattheis,  Nicola»  2t>7. 
Matthcis,   Nicolas  207. 
MalthiKon-Hanseu,  s.   Han- 
sen  207. 
M.-ittioli,  l'ater  Andrea  268. 
Mougars,  Aiidrii  20«. 
Maurer,   Franz  Anton  268. 
Maurer,    l.uilwig   Wilhelm 

20S. 
Maxant ,      Job.      Nepomnk 

A.l.-ilbcrt  208. 
Maxyllewicz,    Vincent   208. 
Maylath.    Heinrich   268. 


Mnyr,KupcrtIgnazScito268. 
Ma/.a«,  Jaequcg  Fereol  2<IH. 
Mazocchi,   Domiiiie  209. 
Mazocchi,   Vlrgilio  209. 
.Mazzinghi,  JoKepli   2ÖH. 
Mazzoiii,  Antonio  209. 
Maz/.ucato,  Alberto  MV. 
MeekcnheuHer,  Jacob  (ieorg 

270. 
Medard,   N'icitia*  27o. 
Mederitsch  oder  MedriUieh, 

Johann    27o. 
Mediei,  Ferdinand  von  270. 
Meeren»,   Clinrles   270. 
MeertH,  Lambert  Joseph  271. 
Megerlc,   Abraham   271. 
Mi'hul,  Ktienne  Nicidas  27L 
Mehwald,    Friedrieh   272. 
Mei,  Orazio  272. 
Meibom,   Markus   272. 
Meirrcil,  Jouepli   F.mil   272. 
Meinardus,    Ludwig  272. 
Meissoiinier,   Antolne   273. 
Meisiionnier  jeunc,  .loseph 

273. 
Meister,    Albert    Friedrich 

Ludw.   273. 
Meister,  Jidionn  Friedr.  273. 
Meister,  Jcdianii  Georg  274. 
Meletius  274. 
Melle,  Uenaut  274. 
Melzi,  Lndovico,  Graf  von 

274. 
Mendelsohn,  Felix  274. 
Menzel,  Ignaz  274. 
Mercadante  (Xaver)  Savero 

274. 
Merci5  de  Fondevila,  Alcjo 

276. 
Merehi  275. 
Mcreier,  Jules  275. 
Mercuri,  Andreoni  Agostioo 

275. 
Mercaux,  Jean  Nicolas,  Le 

Froid  de  275. 
.Mereaux,    Joseph    Nicolas, 

Le  Froid  de  276. 
Mereaux,  Jean  Ameclee,  Le 

Froid  de  276. 
Merk,  Joseph  270. 
Merklin,  Joseph  276. 
Merling,  Julius  277. 
Merrick,  Arnold  277. 
Mertens,  Joseph  277. 
Mertke,   E.luard  277. 
Messaus,  (ieorg  277. 
Messeraackers,  Henri  277. 
Mcsscmaekers,  Louis  277. 
Mestrino,   Nicolas  277. 
Metallo,  Granimatio  277. 
Metr.i,  Julius  L.Olivicr  278. 
Mcuschcl,   Hans  278. 
Meyer- Dustraann,     Louise 

27s. 
Meyscnheim,  Corin'lie  278. 
Mi^zeray,       Louis      Charles 

Lazare  Costard  de  279. 
Michaelis,  Christian  Fried- 
rich 280. 
Michel,    Franciscus    Xaver 

280. 
Micheli,  Ilomano  280. 
Mieberoux,    N.    Ritter   vuu 

281. 
Miehl,   Ferdinand  281. 
Michl,    Joseph    Ildopbons 

281. 
Miehl,   Joseph   2sl. 
Michna,    Adam    von  Oltro- 

dowic/   28 1. 
Miculi,  Carl  282. 
Mil.ano,   Fr.   282. 
Milaiiollo,  (iesehwlNter  282. 
Mibzarski.  Matthias  282. 
Miller,  Julius  2s2. 
Millico,  (iiiiscppo  283. 
Milton,  John  28?. 


584 


Verzeichniss  der  iin  Ergänzungsbande  enthaltenen  Artikel. 


Minpotti,  Keginn  Seite  283. 
Miodiis'/.t-wski,  Abbii  Michel 

M-nrlin  284. 
Miremont,  Claude  Augustin 

284. 
Miry  284. 
Mison,  Luis  284. 
Moderne,  Jacques  285. 
Mohammed    ben    Adoltnc- 

dschid  286. 
Muhnike,  Theodor  Christ. 

285. 
Molique,  Bernhard  285. 
Mollenhauer,  Heinrich  285. 
Moller,  Joh.  286. 
Mombolli,  Dominico  286. 
Monasterio,  Jesus  286. 
Moncouteau,    Pierre    Kran 

90is  286. 
Monnet,  Jean  287. 
Montade,  Gregorio  287. 
Montagnana,  "    Dominicus 

287. 
Montanus,  Ireuius  287. 
Montegratia,  Petro  Johan 

nes  287. 
Montiohiaro,  Giovanni  287 
Moore,  Thoraas  287. 
Mouser,  Aloys  288. 
Moreau,  Henri  288. 
Morel,  Aug.  Franjois  288. 
Morel,  FrtSdäriü  288. 
Moretti,  Andrea  288. 
Moretti,  Giovanni  288. 
Moriani,  Napol(?on  289. 
Morichelli,    Anna    Bosello 

289. 
Moritz  von  Menzingen  289. 
Moritz,  J.  G.  289. 
Mornington,  Graf  von  289. 
Mors,  Antoine  290. 
Mosbowa,  Joseph  Napoleon 

Ney,  Prinz  von  290. 
Mosonyi,  Michael  290. 
Mossi,  Giovanni  291. 
Moszkowski,  Moritz  291. 
Movius,  Caspar  291. 
Mozart  291. 

Miihldorfer,  Wilh.  Carl  291. 
Miithel,  Joh.  Gottfr.  292. 
Müller,  Friedrich  292. 
Müller  Hippolyt  292. 
Muffat,  Georg  292. 
Mull  inger-Higgins,  William 

292. 
Mursba,  Ilma  von  292. 

N. 

Nabich,  Moritz  293. 
Nadal,  J.  293. 
Nadaud,  Gustav  293. 
Nantier-Didl^e,    Constanze 

293. 
Nardini,  Pietro  293. 
Nathan,  Isaak  293. 
Natur  der  Töne  293. 
Naturtöne  295. 
Naudin,  Emilio  297. 
Nava,   Antonio   Maria  297. 
Nava,   Gaetano  297. 
Navoigille,  Guillaume  298. 
Neander,  Alexis  298. 
Neander,  Joachim  298. 
Neate,  Charles  298. 
Nebra,  Jose  298. 
Neeb,  Heinrich  298. 
Negri-Tomi,  Anna,  genannt 

la  Mestrina  298. 
Negri,  Maria  Anna  Catarina 

298. 
Negri,  Cesar  298. 
Neruda,  Joseph  298. 
Neruda,  Joh.  (ieorg  298. 
Neruda,  Geschwister  299. 
Nervius,  Leonard  299. 


Nesslcr,  Victor  Seite  299, 
Netzer,  Joseph  299. 
Neuclaviatur  299. 
NeuendorlV,  Adolf  308. 
Neuland,  Wilhelm  308. 
Neumann,  Angclo  308. 
Neumanns,  Alphons  309. 
Neuniark,  (Jeorg  309. 
Neuschel     oder     Neyschcl 

309. 
Ney,  Jenny,   Frau  Bürde 

Ney  310. 
Niccolini,  Louis  310. 
Nieodami,  Franfois  310. 
Nicola,   Karl  310. 
Nicolai,  Friedrich  Christoph 

310. 
Nicolas,  Didier  310. 
Nicolas,  Joseph  310. 
Nicolas,  Michel  310. 
Nicou  -  Choron  ,      Stephan 

Louis  310. 
Niecks,  Friedrich  311. 
Niederheitmann,  Friedrich 

312. 
NiederländiseherTonkünst- 

lerverein  312. 
Niemann,  Rud.  Friedr.  312 
Nieuwenhuijsen,  F.  313. 
Nieuwenhuijsen ,   J.  Fried' 

rieh  313. 
Nieuwenhuijsen,   G.   J.   F 

313. 
Nohr,   Christian  Friedrich 

313. 
Norblin,  Louis  Pierre  Mar 

tin  313. 
Normann,  Barack  313. 
Norris,  John  313. 
Noskowski,    Siegrannd  von 

313. 
Notenumwender  313. 
Notker,  Balbulus  313. 
Notograph,  s.  Notenschreib 

masehiiie  313. 
Nottebohm,  Martin  Gustav 

314. 
Novellette  314. 
Novello,  Vinceut  314. 
Novello,  Joseph  Alfred  314. 

0. 

O  315. 

Obertöne  315. 

Obiols,  Mai-iano  316. 

Obtusa  317. 

Ocarina  317. 

Ockenheim   oder  Okeghem 

317. 
Oet.  318. 

Ocon  y  Rivas,  Eduard  318. 
Octolini  de  Stephanis  318. 
Off.  318. 

Offenbacl),  Jacques  318. 
O'Kelly,  Joscj.h  318. 
Oliphant,  Thomas  318. 
Olthovius,  Statius  318, 
Oo.  Ss.  fest.  318. 
Oo.  fidel,  def.  com.  318. 
Oper  318. 

Orchester-Carillon  320. 
Orgeni,  Anna  Maria  Aglaja 

320. 
Orologio,  Alessandro  320. 
Orsini,  Alessandro  320. 
Orsini,  Antonio '321. 
Ortigue,   Joseph   Louis   de 

321. 
Ortolani,  Terenzio  321. 
Othmayer,  Kaspar  321. 
Oudrid  y  Segura  322. 
Ouseley,  Rev.  Sir  Frederic 

Arthur  (iore  322. 
Ovejero  y  Ramos,    Ignacio 

322. 


P. 

Paccy,    Frederic    William 

323. 
Pacini,  Andreo  323. 
Pacini, Antonio  Gaetano 323. 
Pacini,  (iiovanni  323. 
Paetzold,  Herrmann  323. 
Pagi's,  Alphonse  323. 
Palestrina,    Giovanni  Pier- 

luigi  da  323. 
I'alloni,  C.ajetauo  324. 
I'aloschi  Giovanni  324. 
l'alotta,  Matteo  324. 
l'aniapua,  Cenobio  324. 
l'anofka,  Heinrich  324. 
Panormo,  Francesco  324. 
Panormo,  Vinoenzo  324. 
Pape,  Heinrich  325. 
Papera,  Giov.  Antonio  325. 
Papier,  Louis  325. 
Papini,  Guido  325. 
Pappalardo,  Salvator  325. 
Paque,  Guillaume  325. 
Parazzi,  Antonio  325. 
Parepa-Rosa,      Euphrosine 

325. 
Parfaict,  Fran9ois  et  Claude 

325. 
Paris,  Aimd  325. 
Parker,  Daniel  325. 
Parker,  Mattew  325. 
Parlow,  Albert  326. 
I'arran,  Antoine  326. 
Pasquini,  Bernardo  326. 
Patey,  Miss.,  geb.  Whycoth 

326. 
Patti,  Adelina  326. 
Patu  de  Saint-Vincent  326. 
Paumann,  Conrad  326. 
Pavesi,  Stefano  327. 
Paync,  John  327. 
Pazzaglia,  Salvadore  327- 
Peccate,  Dominique  327. 
P(icour,  Louis  327. 
Pedrell,  Felipe  327. 
Pedrotti,  Carlo  327. 
Peli,  Francesco  328. 
Peelaert,  AugustiuPhilippo 

328. 
Pelletan,  Mlle.  Fanny  328, 
Pemberton,  Edward  328. 
Pefua  y  Goüi,  Antonio  328. 
Perclli,  Natale  329. 
Perolli,  Edoardo  329. 
Perez  Martinez  329. 
Perg-olese,    Giov.    Battista 

329. 
Periode  329. 
Periodische  Fuge  333. 
Perotti,  Giov.  Augustin  333 
Pei>iani,  Josefo  33.3. 
Persiani, Fanny  Tacchinardi 

.S33. 
Persuis,  Louis  Lue.  Loiseau 

de  333. 
Perucchini,  Giov.Bapt.  333. 
Pessard,  Emile  Louis  For- 
tuna 333. 
Petrow,  Ossip  333. 
Petrus,  334. 

Petzold,  Carl  Eugen  334. 
Pfeiffer,  (.ieorg  Jean  335. 
Pfiughaupt,  Robert  335. 
Pfund,  Ernst  Gotthold  Ben- 
jamin 335. 
Phrintasie  3.36. 
Phnntasiestücke  338. 
Phantasietanz  339. 
Philalethes  339. 
Philigot,  Jules  339. 
Phillips.  Henri  339. 
Photophon  340. 
Pianoforte  347. 
Pianoforte-Qartett  349. 
Pifinoforte-Quintett  349. 
Piatti,  Alfred  349. 


Piccolo  Seite  349. 
Fiel,  Peter  349. 
Picltrain,Dieudonn6  Pascal 

350. 
Pinsuti,  Ciro  350. 
Piot,  Charles  350. 
I'i(iue,  F.  1.,.  350. 
l'isani,  Bartolomeo  350. 
I'isaroni,   Benedetta   Rosa- 

munda  351. 
Pischek,    Johann    Baptiste 

351. 
Pi,stilli,  Achill  351. 
Pitrü,  Giuseppo  351. 
Piutti,  Carl  351. 
Plant.ade,  Charles  Frangois 

851. 
Planta,  Franfois  351. 
I'lantanie,  Pietro  352. 
Platz,  Gabriel  352. 
Platzer,  Joseph  352. 
Pleyel,  Camille  352. 
Pleyel,  Mad.  Marie  Felicite 

352. 
Pohl,  Carl  Ferdinand  352. 
l'ohle,  Hugo  352. 
Poise,  Jean  Alexandre  Fer- 
dinand 353. 
Poissl,   Joh.  Nep.  Freiherr 

von  353. 
Pois8on,Tous8aintRen^353. 
Poitevin,  Guillaume  353. 
Politiano,  Angelo  353. 
Polka  353. 
Polka-Mazurka  353. 
Polka  tremblante  353. 
Polka  de  Concert  353. 
Polka  de  Salon  353. 
Pollet,  Marie  Nicole  Simo- 
nin 353. 
PoUini,  Francesco  353. 
Polnische  Musik  353, 
Ponchart,     Louis    Antoine 

Eleonore  360. 
Ponehard,  Marie  Sophie  360. 
Poncbielli,  Amileare  360. 
Poniatowsky,  Joseph  Michel 

Xaver,  Prinz  361. 
Ponsiechi,  Cesare  361. 
Pontäcoulant,LouisAdolphe 

361. 
Poorten,  Arv.  361. 
Popper,  David  361. 
Populus,   Nicolas   Adolphe 

Alphonse  361. 
Porion  oder  Borion,   Artus 

362. 
Porion  oder  Borion,    Peter 

362. 
Porion  oder  Borion,  Joannis 

362. 
Porion  oder  Borlon,  Franzis 

362. 
Port^  Don  Perseo  della  362. 
Port^allo,   Marco  Antonio 

362. 
Potholt,  Jacob  362. 
Potier,  Henri Hippolyte  362. 
Pougin,  Arthur  362. 
l'radher,  Feliciti?  More  363. 
Praetorius,  Christoph  363. 
Proch,  Heinrich  363. 
Programmmusik  363. 
Proksch,  Josef  366. 
Prota,  Gabrieli  366. 
I'rout,  Ebenezer  366. 
Pruckner,  Diouys  366. 
Prumier,  Antonie  366. 
Prumier,  Ange  Conrad  366. 
Puccini,  Giaoomo  367. 
Puecini,  Antonio  367. 
Puccini,  Domenico  367. 
Puccini,  Michel  367. 
Puccita,  Viucenzo  367. 
F'ugni,  Cesar  367. 
Puig,   Bernardo  Calvö  367. 
Pnliti,  Leto  368. 


Verzeichnisa  der  im  Erpänzungshaiide  eiithalUMieii  Artikel. 


585 


rurcill,  Henri  Seite  308. 
l'uzuiio,  (iiuseppe  'MS, 
PuzzI,  (iiurnniii  3G8. 
l'yiie,   I,oui8a  368. 
l'jropiioii  3CÜ. 

Q. 

ijuaisnin,  Adrioii  369. 
Qaantz,  Joli.  .lonuhitn  369. 
tiu.intz,  Albort  370. 
tiuantz,  Otto  370. 
Quaruiif;!!!,  (lu^liflmo  370. 
yuartetttiscli  370. 
l^uatrcniöre  do  IJuincy  371. 
Quoralf,   l-'ranccsco  371. 
t^iiesada,  Adolfu  do  371. 
Ciuo.siu'l,  J.  371. 
Quilici,  DoiiuMiico  371. 
Quilici,  Biaifio  371. 
Quilici,  MaxiniiliaiKi  371. 
Quointe,  l'atcr  lo  371. 

R. 

Uabaud,    Hipiioljtc    Fran- 

5ois  372. 
Ralibuiii,  Giuseppe  372. 
Uadau,  R.  372. 
ßaduux ,     Jcaii     Tüussaiut 

372. 
Kadoux ,     Jcaii     Theodore 

372. 
Badoux,  Jean  Joseph  373. 
llaojiitroph,  Kortunato  373. 
Bufanelli,  I.uif^i  373. 
Kahles,  Ferdinand  373. 
Kalm,  Bcriiardin  373. 
Raif,  Carl  371. 
Kainiiindi,  l'ictro  37-1. 
Baiisin  l'aine  374. 
Ramazzutto,  Domenico  371i. 
Rambaux ,    Claude     Victor 

37i. 
Randegger,  Albert  375. 
Randles,  Hes.si  375. 
Razzi,  Fra  Seralini)  375 
Rebbeling,    (,"arl    Heinrich 

Louis  375. 
Reo,  Anton  375. 
Rejfol  375. 

Re),'nard,  Jacques  377. 
Reicha,  Anton  377. 
Reiohniann,  Theodor  377. 
Reindl,  Benedict  377. 
Reiner,  Jacob  378. 
Remi  oder  Reiny  378. 
Reuaud,  Franfois  Augustin 

378. 
Renault,  Nicolas  378. 
Rendano,  Alfonso  378. 
Renö,  Carl  378. 
Ren4,  Carl  Alfred  378. 
Eepetitions-Mcchanik  379. 
Reuchlin,  Johann  380. 
Resonanzboden  380. 
Resonatorllügcl   oder  Reso 

natorpiano  384. 
Beventos  y  Truch,  Josö  385 
Bevial,  Marie  Louis  Bcnoit 

385. 
Bey,  Jean   Ktionnc  385. 
Reynier,  Joseph  Frix  Simon 

IMarius  385. 
Rhein,  Charles  Laurent  380. 
Rliythmus  386. 
Ricci,  David  389. 
Ricci,   Frederico  389. 
Richards,  Itrinley  389. 
Richardson,  John  Klliot  389. 
Riehault,Cliarlcs  Simon  3^9. 
RichauU,  Simon  390. 
Richault,  Leon  390. 
Riehen,  Felix  390. 
Riebmond,  William  Henry 

390. 
Kichommc,  Fraofois  390. 


Richter,    Ernst  Frledr.  Kd. 

Seite  391. 
Richter,  Krnst  Heinr.  Loop. 

391. 
Richter,  Haus  301. 
Kicordi,  Cüovanni  :)91. 
Ricordi,  Tito  391. 
Kicordi,  (iiulio  39i:. 
Ridlcy,   William  .«13. 
Rio,   llcrnhard  3. 12. 
Riebers,  August  3!)2. 
RIctz,  Julius  392. 
Riga,  Franfois  392. 
Rimski  -  KorsakotV,    Nicolas 

Andreas  393. 
Rinek,  (lustave  393. 
RIntzky,    Christopli    v.    St. 

Florian  393. 
Kischbieter,    Willi.    Albert 

393. 
Kitter,  Hermann   393. 
Kobert-Mazal,  HeMene  MUe. 

391. 
Roberti,  (iiulio  391. 
Uobson,  Johann  Jacob  306, 
Robusti,  Jacob  390. 
Rocabcrt,  Joän  397. 
Rode,  rierrc  397. 
Rodio,  Rocco  397. 
Röckel,  Job.  August  397. 
Roedcr,  Martin  397. 
Kogel,  Jos.5  397. 
Roger,  Gust.  Hippolytc  398. 
Rogers,  Roland  398. 
Rogoski,  Gustav  398. 
Rolandeau,     Louise     Jose- 

phinc  398. 
Rolandt,  Hedwig  398. 
Holland,  Hcctor  Alfred  398. 
Rollfuss,  Bernhard  399. 
Komani,  Pietro  309. 
Rumnni,   Carlo   399, 
Roniani,   Liiigi  399. 
Romberg,  Cyprian  400. 
Römer,  Miss  400. 
Konicro  y  Andia  400. 
Ronchetti  -  Monteviti ,    Ste- 
fano 400. 
Ronge,   Jean  Baptiste  400. 
lioiizi,  Louis  400. 
Rose,  Carl  400. 
Roscilen,  Henry  400. 
Rosds,  Josä  400. 
Rospigliosi,  G.  C.  401. 
Rossari,  Gustave  401. 
Rossi,  isidoro  401. 
Rossi,  Giovanni  4ol. 
Rossi,   Salomon  401. 
Rota.  Andrea  402. 
Hot 3,  Giuseppe  402. 
Rotter,  Ludwig  402, 
Roussel,  Pierre  403. 
liousselois,  Marie  Wilhelm 

de  403. 
Rousselot,   Scipio  403. 
Roxas,  Kraanuel  de  403. 
Rozkosny,    Josef     Richard 

403. 
Rubeuson,  Albert  404. 
Rubini,   Giovauoi   Battista 

404. 
Bubinstein,  Nicolaus  40 
Bueg,   Benedict  404. 


s. 

Sabadini ,       t>.      Ilcrnardo 

Seite  4«)7. 
Sal'oly,  Nicola»  407. 
Sacchini ,     Antonio    Maria 

(jasparo   107. 
Sachs,  Julius   4<>7. 
Sa<h«,  .M.  K.  407. 
Sackpfeife  407. 
Saomann,  Carl  Heinrich  407, 
Sactta,   Vini'cnzo  407. 
Siigh,  Joseph  40H. 
Sain  d'Arod,  Prosper  408. 
Saing-Hwang    »OH. 
Saint-Chrlstoph  408. 
Saint -Leon,     Carl     Victor 

Arthur  40H. 
Sainton-Dolby,      Charlotte 

409. 
Salaman,  Charles  Kensing- 
ton 409. 
Salblingcr,  Sigismund  409. 
Saldoni,  Don  Balthasar  409. 
Saliiias,  Franciseus  de  410. 
Saloman,     Henriette     geb. 

Nissen  410. 
Salomon,  Hector  410. 
Salvayre,  Gervais  Bcniardo 

410. 
Salvi,  Lorenzo  410. 
Salvi,  M.atteo  410. 
Sambuea  lyneea  410. 
Sam-hiii  oder  Sam-jin  410. 
Saraiseng  oder  Samsin  411, 
Sancbioli,  Giulia  411. 
Sandra,  (iustav  411. 
Sanelli,  Gualticro  411. 
Sangcrmano,  Luigi  411. 
Sansa  411. 
Santa  Coloma-Sourgct,  Mm. 

Kugenic  411. 
Santley,  Charles  412. 
Sarasate,  Pablo  de,  Martin 

Meliton  412. 
Sarmiento,  Salvator  412. 
Sarria,  Knrico  412. 
Saro,  J.   H.  412. 
Sarrus,  Pierre  Frödörio  413 
Sartiro,   Paul  413. 
S.itter,  Gu8t,iv  413. 
Sattler,Joh.Heinr.Ferd.413. 
Sauret,  Emil  414. 
Savoj.a,  Paola  414. 
Sax,  Cliarles  Prosper  414. 
iScaramelli,  Giuseppe  414. 
Soaliger,  Julius  Cäsar  414 
Scaliger,   Josephus   Justus 

414. 
Scapitta,  Vinccnzio  414 
Sch.aab,  Bobert  414. 
Sch.id,  Joseph  414. 
Sehiilfer,  August  414. 
Schäircr,   Paul   414. 
Scb.icken,  Jean  Hubert  415. 
Schalfuer,  Nicolaus  Albert 

416. 
Sehellenberg, Hermann  415. 
Schiavclli,  Julius  415. 
Schiedmayer  415. 
Schilling,  Gustav  415. 
Sehladebach,  Julius  416. 
Schleinitz,  Conrad  415. 
Bühl,   Friedrich  Wllh.  404. |  Schlesinger,   Heinrich  416. 
Buellc,  Charles  Kmile   105.  Schlick,  Arnnld   415. 


Bühlmann,  Adolf  Julius  405. 
1  Ruggi,  Francesco  4<15. 
\  Ruggi,   Franceac.  406. 

Buromel,  Christ.  Franz  405. 

Bummel,  Joseph  405. 

Rummel,   Franz.   MW. 

Rung,  Heinrich  406. 

Ruta,  Michele  400, 

Ruthardt,   Friedr.    400. 

Ruthardt,  Julius  407. 

Bzewuski,  Wenzeelaus,  ij;ai 
407. 


Schmal,  Georg  Friedr.  416. 
Schmal,  (ieorg  Friedr.  416. 
Schmal,  Job.  M.itlhuus  415. 
Sehmal,   Christoph    Friedr. 

415. 
.^chmalbolz,  Carl  Ferd.  410. 
Schmidt,  Friedr.   tlO. 
Sehmidi,  Johann  Christian 

410. 
Schneider,  Louis  416. 
Schneitzhoeffer,  Jean  Made- 

Uino  410. 


Schnltker,Arp.,aucbSchnit- 
ger  Seite  416. 

Schoberlochner,  Sophie,  ge- 
borene Dali  'Occa  410. 

Schoclchcr,   Victor  41H. 

Sehollenbergcr,  Caspar  417. 

Seholtz,   Hermann    tl7. 

Sehondorf,  .lohaniic«   117, 

Schoofs,  Franjol«  Xnvcr417. 

Schott.  417. 

Schreiber,  Friedrich  417. 

Schreiber,  Joh.  417. 

Schrcras,  .loseph  418. 

Schubert,  Franz  418. 

Schubcrth,    Julius    Ferdi- 
nand <ieorg  418. 

Schuler,  Peter  418. 

Schule  418. 

.Schulze,     Josophinc     geb. 
Killitscbgy  432. 

Sehunke,  Carl   432. 

Schurig,    Jul.  Wilh.    Volk- 
mar  432. 

Sehurraann,  Georg  Caspar, 
heisst  Schürmann  432. 

Schwarz,  Wenzel  432. 

Schwarz,  Wilhelm  Dr.  433. 

Sehwegcl   433. 

Sebastiani,  Claudius  433. 

Sedlazek,  Johann   133. 

Seeleu,  Joh.  Heinrich  433. 

Seidl,  Anton  433. 

Seidelmanu,  Eugen  433. 

Seidler,  Caroline,  geborene 
Wranitzky  433. 

Seiss,   Isidor  433. 

S^jau,  Louis  433. 

Scllner,  Joseph  433. 

Scmet,     Thdophilc     Airaö 
Emile  433. 

Serassi,  (üuscppo  434. 

Scrassi,  (üuseppo  434. 

Serassi,  Andrea  Luigi  434. 

Serassi,  Giov.   Battista  434. 

Serenade,  Serenata  434. 

Scrra,  Giovanni  435. 

Serrao,   Paolo  435. 

Sgambati,  Giovanni  435. 

Shudi,  Burkh.irt  435. 

Siboni,  Giuseppe  436. 

Siboni,  Erik  430. 

Siebensprung  430. 

Siegfried,  Othon  436. 

Sicrakowski,  (iraf  Wenzes- 
laus  von  Bogulav  436. 

.Sievers,  Jacob  Ferd.  437. 

Sigl-Vespermanu,     Katha- 
rina 437. 

Signal  437. 

Silva-Poll   de  438. 

Simon,  Jean   Henri  43h. 

Singelee,  Jean  Baptiste  438. 

Sinico,  Giuseppo  438. 

Sinico,  Francesco  438. 

Sinico,  (iiuseppe  439. 

Sivori,  Ernest  Camilla  439. 

Skandinavische     Musik     8. 
X:ichtrag   439. 

Skibinski,   Luibitch  439. 

Skraup,  Job.   Nep.  439. 

Skuhersky,  Franz    139. 

Slama  439. 

Smart,  (ieorgc  Thomas  «30. 
[Smart,  Henri  440. 
i  Smits,  Willem   4to. 
i  Suoeck,   Ccsar   440. 
jSobolcwski,   Eduard  440. 
,  Sofli,   Pasqualo  410. 

Sokolovka  44«'). 

Soliva,  l'arlo  Evasio  441. 

Somis  441. 

Sor,  Fernando  441. 

Soriauo    FucrtCK,    Mariano 
441. 

Soubre,  VUienne  Jos«ph  441. 

Sourindro,    Mohun-Tagore 
441. 


586 


Verzeichniss  der  im  Ergänzungsbande  enthaltenen  Artikel. 


Sowinsky,  Alliort  Soito  lil. 
SpaiipfiilxTf,',    .Iciliitnn    Ul. 
Spojcr,   Willii'lm  -Itl. 
Spcniiizii,  Aiitoino  Hl. 
Spiiiiller,   t'r.iiiz  Stiiiiislaus 

Hl. 
Spittel.   Willulm  -tll. 
Stiiirii,  CtiusL'ppo.liaroii  11). 
Stainer,  .Tuliii  412. 
Staupe,  Herrniann  442. 
Staiiilciii  ,         Saaleiustein, 

Luuis     Charl.     Corneille 

Graf  VOM  142. 
Stanistreed,  Henry  Uawsun 

442. 
Stark,  Ilumphrey  .lohn  412. 
Steenhuis,  Tjerko  443. 
Stepliani,  .lohann   442. 
Stellen,  Hans  442. 
Steffsal,  Charles  413. 
Steinkiihler,   Kmil  443. 
Stehle,  Sophie  443. 
Stengel,  Gottfried  443. 
Stenzell,  Johann  443. 
Stephen  de  laMadcleinc  413. 
Sternberp,  Constantin  443. 
Stiava,      l-'ranceseo     Maria 

443. 
Stierlein,  Ambrosius  443. 
Stil   143. 

Stoekhausen,  Franz  445. 
Stössel,  Nicolaus  445. 
Stoltz,  Jules  445. 
Stolz,  Teresina  445. 
Stoumon,  Oscar  445. 
Stradella,  Allcssandro  445. 
Strauss,  Joseph  445. 
Strauss,  Eduard  445. 
Streichinstrumente  416. 
Streit,  Robert  446. 
Strepponi,     Josefina     Gui- 
seppina 446. 
Stumme  VioHne  446. 
Suabile  447. 
Suarcialupas  447. 
Sub-Contrabass  447. 
Sub-Contrafagott  447. 
Succo,  Franz  Adolf  447. 
Sunger,  ß.  Leandro  447. 
Supp^,  Franz  von  448. 
Suremont  Pierre  Jean  448. 
Sylvestre,    Franfois  Kavier 

448. 
Szamotulski,      Wenzeslaus 

448. 
Szczpanowski,     Stanislaus 

448. 
Szezurowski,  Joh.Nepomuk 

449. 
Szemelönyi,  Ernest  449. 


Tabel  450. 
Taborinum  450. 
Taborelles  450. 
Tacchinardi,  Nicolas  450. 
Taetuhr  450. 
Tadolini,  Giov.  451. 
Taglioni,  Ferdinando  451. 
Talexy,  Adrien  452. 
Tämerlln  oder  Tamerliu452. 
Tanz  452. 
Tarisio,  Luigi  454. 
Taskin,  Pascal  454. 
Taudou,    Antoine    Uarthe- 

Irmy  454. 
Taylor,  John  4,54. 
Taylor,  William  454. 


Technik  Seite  454. 
Teichnian,  Anloii  456. 
Teile,    Friedrich    Wilhelm 

450. 
Tellefsen,     Thomas     Dyke 

Acland  456. 
Terapia,  Stei)hano  456. 
Ten  Hrink,  Eugene  456. 
Ten  Cate,  AndriS  456. 
Teniers,   Guillaume  Albert 

456. 
Terby,  Joseph  457. 
Terby,  Joseph  457. 
Terby,  Fran^ois  457. 
Tettamanzi ,    P.    Francesco 

Fabriecio  457. 
Theras,  Pierken  457, 
Thicbault ,     Paul     Charles 

Frauf.  457. 
Thimus,  Alb.  Baron  von  457. 
Thoinan,  Ernest  457. 
Thomas,    Georg    Sebastian 

458. 
Thomelin,  J.  458. 
Thoüft,  Willem  Franz  458. 
Thuruer,  Theodor  458. 
Thys,  Alphousc  459. 
Thys,  Mad.  Sebault  Pauline 

459. 
Tibaut,  Vincent  459. 
Tilman,  Alfred  459. 
Tilmant,     Theodore    Alex 

andre  459. 
Timpc,  Job.  Willem  459. 
Tinctoris  459. 
Tinel,  Edgar  460. 
Tintorer  y  Segarra,    Pedro 

460. 
Tirpenne,  Victor  460. 
Tisza,  Aladar  460. 
Tobin,  Richard  460. 
Tofano,  Gustav  460. 
Tolbecque,  Jean  Bapt.  Jos. 

460. 
Tolbecque,   Aug.  Jos.  460. 
Tolbecque,  August  460. 
Tomasini,  Luigi  461. 
Tomasini,  Anton  461. 
Tomeoni,  Pelegrino  461. 
Ton  461. 
Tonanzeiger  462. 
Tonart  463. 
Torri,  Pietro  464. 
Tosti,  F.  Paoli  464. 
Towers,  John  464. 
Treu,  Abadias  465. 
Triebert,  Charles  Louis  465. 
Tritto,  Giacomo  465. 
Trojano,  Massirao  465. 
Troman,  Thomas  465. 
Trombetti,  Ascanio  465. 
Trombetti,  Girolamo  465. 
Tschirch,  Adolph  465. 
Tulou,  Jean  Louis  465. 
Turnerhorn  465. 
Turnhout,  Jean   465. 
Tutilo,  auch  Tuotilo  465. 
Tyndall,  John  466. 
Tyrcll,  Agnes  466. 
Tywersus  466. 
Tzartzelew,    s.    Lavrowska, 

Elisabeth  466. 

u. 

Uecclli,  Mad.  C.irolina  466. 
Ungarische  Musik  466. 
Unger, Caroline,  Frau  Saba- 
tier  466. 


Urio,     Francesco     Antonio 

Seite  466. 
Urquhart,  Thomas  467. 
Ursillo,  Fabio  467. 
Urso,  Caniilla  467. 
Ursprünglich  467. 
Utendal,  Alexander   168. 


Vacc-y,  Nicolo  468. 
Vacher,   Louis  468. 
Valdrighi,  Graf  Luigi  Fran- 
cesco 468. 
Valentini,  Carlo  468. 
Valentino,     Henri     Justin 

Joseph  468. 
Vau    den    Berglic,    Philipp 

469. 
Vau  den   Boom,   Jean    t69. 
Van  den  Eeden,  Jean  Bapt. 

469. 
Van  denGheyn,Matthias469. 
Van  der  Ghinste,  Pierre  469. 
Van  der  Planken  470. 
Vander  Straeten  470. 
Van  Dinter  P.   F.  470. 
Van  Dinter,  P.  A.  470. 
Van  Eijsden,  auch  Eysdeu, 

Jacques  470. 
Van    Eyken,    Jeau   Albert, 

s.  Eyken  van  470. 
Van  Eysden,  s.  Eijsden  470 
Van  Geertsom,  Jean  470. 
Van  Gheluwe,  L^on  470. 
Van    Hoey,    Gustave    Jean 

Const.  Marie  470. 
Van  Hülst,  Felix  Alexander 

470. 

Van  Lamperen,  Michel  470. 
Van  Maldere,  Pierre  471. 
Van  Reysschütt,   D.  L.  H 

471. 
Vannucci ,      P.     Domenioo 

Francesco  471. 
Varney,       Pierre       Joseph 

Alphonse  471. 
Vaseoucellos,    Joaquim   de 

471. 
Vaucorbeil,  August  Emma- 
nuel 471. 
Veitheim,  Charlotte  472. 
Venua,    Fr.   Marc -Antoine 

472. 
Vermeulen,  A.  C.  C,  472. 
Verstorsky  472. 
Verzierungen  472. 
Viadana,  Ludovico  473. 
Viardot-Garcia.Pauline  473. 
Vieecoute,  Ernesto  473. 
Vidal,  Jean  Joseph  474. 
Vidal,  Louis  Antoine  474. 
Vidal,  Franfois  474. 
Vidal  y  Royer,  Andres  474. 
Vidal  y  Lliniona,Audres  474. 
Vietti,  Carolina  474. 
Vieuxtemps,  Henri  474. 
Vilanova,  Ramon  474. 
Vilhar,  Miroslaw  474. 
Villanis,  Angelo  474. 
Villarosa,   Maniuis  de  475. 
Villars,  F'ranz  de  475. 
Villiers  Standford,  C.    475. 
Villoing,  Alexander  475. 
Vincent,  Alexander  Joseph 

Hydulphe  475. 
Vinyals  y  (Sali,    P.  Joseph 

475. 
Viel,  FriedrichWilhelm475. 


Viola,  Pater  Anselmo  475. 

Viret,   Fredöric  475. 

Vitzthunib,  Ignacc  475. 

Viviani,  Pater  Fclician  476. 

Vogt,  (iustav  476. 

Vogt,  Carl   476. 

Voigt,   Valentin  470. 

Voi  rin,  Frau  vois  Nicolas  476. 

Votiv-Tiinpani  476. 

Vroye ,    Thöodore    Josephe 

de  476. 
Vuillaume,  Nicolas  176. 
Vuillaume,  Nicolas  Fr.  476. 

w. 

Wackenthalcr,  Joseph  477. 
Waelput,  Henri  477. 
Waelrant,  Hubert  177. 
Wale,  Henri  William  477. 
Walker,    Eberhard    Friedr. 

477. 
Walkiers,  Eugen  477. 
Wambach,  Emil  477. 
Wamsley,  Peter  477. 
Wanski,  Johann  477. 
Wanski,  Job.  Nep.  478, 
Warot,  Charles  478. 
Warot,  Victor  478. 
Warot,  Const.  Noel  Ad.  478. 
Wartel,  Täröse  478. 
Weber,  Rudolf  478. 
Weinert,  Anton  478. 
Weitzraann,CarlFricdr.  479. 
Weller,  Friedrieh  479. 
Wentzel,  Ernst  Friedr.  479. 
Wery,  Nie.  Lambert  479. 
Wesiey,  Samuel  479. 
Wesley,   Samuel    Sebastian 

479. 
Westraeyer,  Wilhelm  479. 
Wickede,  Friedrich  von  479. 
Widor,   Charles  Marie  479. 
Wielhorski,  Michael  480. 
Wieniawski,  Henri  480. 
Wieprecht,  Friedr.  480. 
Wilhelm    III.,    König    der 

Niederlande  480. 
Wilson,  Miss  480. 
Woeltje,  C.  L.  480. 
Wolff,  Eduard  480. 
Woroniey,  Arnulph  480. 
Wouters,  Adolphe  Franjois 

480. 
Wuerst,  Richard  481. 
Wurda,  Joseph  481. 


Yradier,  Sebastian  481, 


Zahn,  Job.  Georg.  481. 
Zani  de  Ferranti  481. 
Zapater,  Rosario  481. 
Zaremba,  Nicolas  481. 
Zaytz,  Joh.  482. 
Zdenko,  Fibich  482. 
Zcerloeder,  Nicolas  482. 
Zeitschriften  482. 
Zengor,  Max  484. 
Zichi,  Geza  484. 
Zubiaurre,  Valentin  484. 
Zucchelli,  Carlo  485. 
Zugposaune  485. 
Zuliani,  Prospero. 
Zur  Lauben ,  B.  Fid.  Ant. 
486. 


Verzeichnisa  der  im  Krj^ftiizunpHbiiu«!»'  i-iithaltcncii  Artikel. 


587 


Nach  1  r  a  <^. 


AUler,  Guido  Svitc    18(1. 
lliirbcrenii,    Matliiiriii  Au);. 

Unltliaünr  18(i. 
BarKe,  W.   IHi;. 
Büumkcr,  Fricilr.  Willi.  IS", 
üonnowitz,  Willi.   1H7. 
Durnard,   Vinccnzin   187. 
Bortliold,     Carl     Friedrich 

Thoüd.  -187. 
üillcter,  Atrntlion    IH7. 
lilieHeiier,  Louis  lM7. 
Uücklol,    Carl    Maria    von 

487. 
Brodzky,    Wenzel    Theodor 

187. 
Drede,  Albrecht  487. 
Cnmpana,  Fnbrieio  487. 
Canthal,  August  487. 


Kvofirk,   Anton  Seitu   ^^7. 
Kberlin,  .lotiniin  Krn«t  4HS. 
Knjfelbrcclit,    Karl    Krii'dr. 

48H. 
Kneudier,    Leon    188. 
KiBehcr,  Adolph  488. 
Kortla^'O,   Carl   488. 
Ilaßon,   Kdinund   von  48H. 
llasHelt-liarth,  Anna  Marie 

Wilhelniinc  48U. 
Heise,   l'etcr  Arnold  48«. 
llerinif,    Karl    Kd.   48». 
llernicsdnrlV,    Mii.'hacl  489. 
Hesse,  .lulius  490. 
.I.iell,  Alfred    190. 
Klaunell,   Adolph    190. 
Kotzolt,  lleinrieh  490. 
Krause,  Julius  490. 


Kr'jci,  .Joseph    Seile    190. 
Küekcn,  Kriedrieh  Wilhelm 

190. 
KnlVeralh,   Loui«  490. 
Kullak,  Theodor  490. 
Labitzkj,  .loseph   490. 
I.aekowit/.,  Wilh.  Aug.  190.J 
lionimonB,  Jac<iueH  Nicolas 

491. 
Lowy,  .loscph    Kudoir  491.  | 
Ijube,.lohann  Christian  191.1 
Mar(|ucs,  .loa(iuini  Jose  491.! 
Marx,   l'auline  491.  | 

Meister,    t'arl   Severin   491.' 
Niedzielski,  Slanislaw  Karl 

VOM  l'riis  491. 
Nisscu-Salonion,   Henriette 

491. 


«»rehestrlonelle   Seite   491. 
I'alnie,    Rudolph   491. 
I'ortngiesisehi'    Musik    492. 
UntV,  Joseph  Jonchim  UM. 
Keber,      Napoleon      Henrf 

660. 
Sachse- Hofmeister  560. 
Schmidt,   <iuntav  661. 
Sohnabel,  Carl   661. 
Sehrenis,  Joseph  561. 
Singer,  l'etcr  661. 
Skandinavische  Musik   661. 
Stein,    Albert   (iereon   670. 
Talexy,  Adrian  57<1. 
Till,  Anton  Kmil  57«. 
Viigvölgyi,  Heia  676. 
Voss,  Charles  676. 
Waxel,  l'latun  tou  676. 


'"-'«Jimulüi'ii.' 


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Mendel.   H^er^^n'    ^^^bäg'ge    i 
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