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AS
) 8X
I
Nachrichten
von der
Königl. Gesellschaft der Wissenschaften
zu Göttingen.
Philologisch • historische Klasse.
Ans dem Jahre 1898.
i Ghöttingen,
CommismousTerlag der Dieterich'Bchen UiÜTerritätsbuchhaiidlang
Lflder Hontmum.
1898.
Register
über
die Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften
philologiscli - historisclie Klasse
ans dem Jahre 1898.
G. Eaibel, Menanders FeojQydg S. 146
P. Kehr, Papstorkxmden in der Romagna und den ]\Iarken „ 6
Papstnrknnden in Benevent und der Capitanata . „ 45
Papsturkunden in Apulien. Bericht über die Reise
des Herrn L. Schiaparelli ;, 237
— — Papsturkunden in Umbrien. Bericht über die Reise
der Herren M. Klinkenborg u. L. Schiaparelli . „ 349
Diplomatische Miszellen „ 496
H. Klinkenborg, Papsturkunden im Principato, in der
Basilicata und in Calabrien „ 335
F. Leo, Das Schlußgedicht des ersten Buches des Properz „ 469
H. Lüders, Zwei indische Etymologien „ 1
W. Meyer, Der Ursprung des Motetts. Vorläufige Be-
merkungen ;, 113
Die Anklagepunkte des h. Bernhard gegen Abaelärd „ 397
A« Rahlfs, üeber eine yon Tischendorf aus dem Orient
mitgebrachte, in Oxford, Cambridge, London und
Petersburg liegende Handschrift der Septuaginta . „ 98
M. Rieger, üeber eine mißverstandene Stelle in Dantes
Commedia „ 479
C. Schmidt, Der Osterfestbrief des Athanasius vom J. 367 „ 167
TJ, von Wilamowitz-Moellendorff, Das Skolion
des Simonides an Skopas „ 204
Zwei indische Etymologien.
Von
Heinrich Lftden.
(Vorgelegt von F. Kielhorn in der Sitzung vom 22. Janaar 1898.)
Fall ludda.
P. ludda % „furchtbar, böse" und „Jäger", wurde von Fausboll
zu Sk. lupta^ laptroy lotra, „Beute, Raub", gestellt'). Kuhn fühi*t
es auf Sk. lubdha zurück, hält aber auch die Fau8b0llsche Ablei-
tung für möglich '). Bei Childers wird ebenfalls lubdha als Aequi-
valent gegeben. Trenckner stellt das Wort offenbar zu rudra; er
führt unter den Wörtern, die im Päli in verschiedenen Formen
erscheinen, ludra, rudda^ ludda und rül<i auf ^). Im Glossar zum
Suttanipäta, S. 306, hat Fausb0ll diese Etymologie abgelehnt und
ludda mit lubdha identificiert.
Was zunächst ludda in der Bedeutung furchtbar betrifft, so
scheint es mir keinem Zweifel zu unterliegen, daß es Sk. raudra
ist. So haben es die Inder selbst gefaßt. G. 16 des Saihkicca-
jätaka (530):
icc ete affha niraya akkhätä duratiJckawä \
äkinnä luddakammehi paccekä solas' ussada ||
lautet in der Sanskritfassnng, Mahävastu I, 9:
ity eie affau niraya äkhyäta duratikrama \
aklrnä raudrakarmebhih pratyeka^odaiotsada \\
So lassen sich auch allein die gelegentlich erscheinenden Neben-
formen erklären. Einen Beleg für ludra liefert Jät. VI, 306, 26:
1) Gelegentlich ludda geschrieben ; s. B. J&t« V, 270, 4.
2) Five J&takas, S. 88.
8) Beiträge xnr Pali-Oramniatik, S. 41.
4) Fall MisceUftny, I, S. 68, Note 19.
Kfl. Qm. 4. Win, MMhitofct— . PkU«l«ff^Uitor. KImn 1818. Ult 1. 1
2 Heinrich Lüders,
accähitaih Jcamniam karosi Itidram^). rudda finde ich Jät. lY, 416,
25: ayam so luddalco eti ruddarüpo sahävudho. Vielleicht beraht
das anlaatende r hier auf Assimilation an das folgende r von rüpa]
B** liest luddarupo. rüla^) (aus *rilda, *rudda, raudra) in Milindap.
276 (tassa rälarülassa bhimabhmassa) scheint wegen der Lingaali-
sierong aas einem andern Dialekte zu stammen.
Andererseits scheint es mir aber unmöglich, p. ludda^ luddaka
in der Bedeutung Jäger von sk. lubdhaj lubdhaka zu trennen. Die
zu erwartende Form würde natürlich luddha sein. Diese Form
kommt aber in den birmanischen Handschriften des Jätaka tat-
sächlich vor, z.B. Jät. UI, 331, 12 luddha] II, 120, 15 luddhath]
IV, 178, 1 ; 179, 9 luddho : VI, 306, 26 luddliam. In den drei letz-
ten Fällen steht luddha sogar fälschlich für das Adjektiv ludda^).
luddlu) wird ferner ausdrücklich, neben luddo, in der Bedeutung
Jäger in der Abhidhänappadipikä gelehrt (s. Childers s. v.). In
der Spiegeischen Ausgabe der KasavähinI ist ebenfalls überall lud-
dhako u. s. w. gedruckt (z. B. S. 25. 26. 29). Angesichts dieser Tat-
sachen dürfte es schwer sein, das Bestehen der Form luddha im
Päli zu leugnen*). Die beiden ähnlich klingenden Wörter sind aber
offenbar schon früh mit einander verwechselt worden. Für den
Inder lag es sehr nahe, in dem luddha einen ludda zu sehen. Der
Jäger ist ein ruddarüpo (s. o.), ein raudrah puru^ah (Kathäs. 61, 59) ;
er heißt ghorah (Mbh. XII, 143, 10), ugrah (Mbh.XVI, 4, 22); sein
Handwerk ist raudram (Mbh. XU, 143, 12), glioram (Mbh. III, 207, 19)
u. s. w. Hemacandra giebt dem synonymen vyadlia geradezu die
Bedeutung du^fa (Anek. II, 244), und Bhägavatap. III, 14, 35 : vya-
dhasyäpy anukampyäiiäm strinam devah SatTpatih giebt Sridharasvä-
min vyadhasya durch nirdayasya wieder % Ich halte daher p. ludda,
Jäger, für eine volksetymologische Umgestaltung eines ursprüng-
lichen luddha.
Sanskrit dohada.
Dohada, im vedischen Sanskrit nicht belegt, ist ein in der
klassischen Literatur überaus häufiges Wort. Es bezeichnet das
1) B^ liest luddham.
2) In xwei Handschriften rula.
8) Andererseits findet sich in singhalesischen und zum Teil auch in birmani«
sehen Handschriften auch ludda f&r den Adjektiv luddha, gierig; vgl. die Les-
arten KU iasariydluddhOf J&t. HI, 161, 23.
4) Auch im Prftkrit haben wir loddhaa, s. Yararoci I, 20; lU, 8; Hemacan-
dra I, 116; II, 79.
5) Nach dem P.W.
zwei indische Etymologien. 3
seltsame Gelöste einer Schwangeren und wird daher oft auch in
Bezug auf die Bäume gebraucht, die nach der Sage Blüten trei-
ben, wenn sie mit einem jungen Mädchen in Berührung kommen ').
Bisweilen wird es von den Kommentatoren geradezu durch garhha
wiedergegeben; z.B. Raghuv. XIV, 71 dohadalingadcarsl] Mall, gar-
bhacUinadarSt. Eine Nebenform ist dohcda. Sie erscheint z. B. Mä-
lavikägn. (ed. Shankar P. Pandit) 45, 3 ; 54, 5 ; 56, 8. Ferner be-
gegnet uns ein daurhrda in derselben Bedeutung; siehe Haläyudha,
Abhidh. I!, 343 ; Hemacandra, Abhidhänac. 541 ; Raghuv. (ed. Shan-
kar P. Pandit) lU, 1 : Süddk^inä daurhrdalakfanam (Mall, garbha-
eihnam) dcuUiau] XIV, 26 mükhena . . . anak^aravyafijitadaurhrdena
(MalL daurhrdath garbiwh). Endlich erscheint auch noch ein dau-
hrda; siehe Vaijayanti (ed. Oppert) 98, 360; Yäjfi. lU, 79 v. 1.
(nach P.W.), Susruta I, 322; 323 u.s. w.; Bhävaprakääa I, 71.
Im Päli lautet das Wort dohala ^. Reichliche Beispiele lie*
fem Jätakas 57. 208. 292. 546. Ich möchte hier nur 6. 2 des letz-
ten Jätaka anführen :
Dhammo manuiesu matinam dohalo nama janinda vuccaii \
dhamniähafafh nägaJcufljara Vidhurassa haday' äbhipatthaye \\
Häufig ist auch die Ableitung dohalinl] z. B. Jät. VI, 270, 1 ; 326, 13;
und dohaläffaii, Jät. VI, 263, 11. In dem Sanskrit - Dialekte der
nordlichen Buddhisten entspricht dohala ; z. B. Mahävastu II, 249, 9.
Was das Pr&krit betrifft, so lehrt Vararuci (U, 12) und He-
macandra (I, 221) dohala für Sk. dohada. Belege aus Häla und
Mftlavik&gn. giebt Pischel zu Hemacandra'). Hemacandra lehrt
I, 217 femer den fakultativen Übergang des anlautenden Dentals
in den Lingual. In Jainatexten finden sich denn auch tatsächlich
beide Formen nebeneinander, wie man aus dem Glossar zu Jacobis
Aasgew. Erzähl, ersehen kann.
Von einheimischen Erklärungen des Wortes ist mir, abge-
sehen von der nachher zu erwähnenden Erklärung bei Susruta,
nur eine bekannt. Hemacandra leitet es im Kommentar zu Upä-
dig. 244 von duh ^k^arane^ mit dem Suffix ada für uda ab. Das
beweist nur, daß er über die Entstehung des Wortes nichts mehr
wußte. Im P.W. wird daurhrda (s. v.) als ursprüngliche Form
angesetzti and diese Erklärung findet sich darnach auch bei Wacker-
1) Siebe die Stellen im P.W. and die Ton Mallinfttha su MeghadfiU II, 15
angeffthrten Strophen.
8) Hnndtehriftlich encheint gelegentlich auch dohala-, s.B. Jftt. II, 169, 1.
8) In Alteren Ausgaben findet sich fUtchlich aach dohaa , x. B. Ratnlvall
& 91, 29 (CaleutU 1882), and dohada, s. B. Uttararftmac. 8. 15 (CalcotU 1881).
1*
4 Heinrich Laders,
nagel, Altind. Gramm. § 194 ^). Die Bedentong kömite nach von
Böhtlingk vielleicht ursprünglich nur „Widerwille der Schwange-
ren gegen bestimmte Dinge" gewesen sein. Allein wo das Wort vor-
kommt, bedeutet es stets im Gegenteil gerade das Verlangen der
Schwangeren nach gewissen Dingen. Die Ableitung von daurhrda,
das im Mbh. in der Bedeutung Feindschaft belegt ist, wird daher
meiner Ansicht nach durch die Bedeutung ausgeschlossen.
Die richtige Erklärung glaube ich bei Susruta zu finden. Er
spricht I, 322 über die Entwicklung des garbha : caturthe (müsi) sw-
vängaprcUyangavibhägah pravyaktataro bhavaii \ garbhahrdayapravyak-
tabhäväc cetanädhätur abhivyaklo bhavcUi \ kasfucU \ tatsthdnatvCU \ ta-
smOd garbhas caturthe mäsy abkiprayam indriyärtheau karoti \ dvihr-
dayäm ca nOrtth dauhrdimm äcdk§ute \ „Im vierten Monat wird die
Teilung aller Glieder und Nebenglieder deutlicher. Infolge der
Ausbildung des Herzens des garbha entwickelt sich das Organ des
Bewußtseins. Warum? Weil es sich im Herzen befindet. Daher
zeigt der garbha im vierten Monat ein Verlangen nach Sinnes-
objekten. Und eine Frau mit doppeltem Herzen nennt man dau-
hrdinl^. Die gleiche Auseinandersetzung findet sich im Bhävapra-
kä^a I, 71 :
sarväny angany upängäni caturthe syuh sphufäni hi \
hrdayavyakiahhävena vyajyate cetanäpi ca ||
tasmäq caturthe garbha^ tu nänävastüni vMchati \
taio dvihrdayä yat sydn närt dauhrdint matä ||
Und ebenso bemerkt Mallinätha zu Raghuv. III, 1 : svahrdayena
garbhahrdayena ca dvihrdayä garbhinX \ yathaha Vähafah \
matrjam hy asya hrdayam mOtus ca hrdayena tat |
saihbaddham tena garbhinyah src^fham sraddhüibhimänanam ||
iti I tatsarhbandhitvad garbho daurhrdam ity ucyate \ sa ca tadyogad
daurhrdinTti \ tad uktam Samgrahe \ dvihrdayam nOrtm daurhrdinlm
äcdk§ata iti \\
Diese Etymologie ist sprachlich wie sachlich befriedigend.
Wir haben von einem *dvihrdf doppelherzig, schwanger, auszu-
gehen, das in der Päliform etwa *du/ia}l lauten würde; vgl. dutiya
für dvittya, duvidha für dvividha, duratta für dvirotra, dutnatta
für dvimätra , dujihva für dvijihva , duia für dvika , su für svid ^),
1) Nur Aufrecht hat, soweit ich sehe, diese Etymologie abgelehnt. £r be-
merkt Halfiyadha, S. 241, zu daurhrda: This word was invented by some craxy
etymologer.
2) Ich mdchte hierher noch ein anderes Wort stellen, den Namen des Königs
Diltpa. In der Bengali-Becension des Padmapurft^a findet sieb dafür überall die
Form DvUtj^. Im Q. 10 des Nimij&talca (541) finden wir einen König Dudlpo\
zwei Indische Etymologien. 6
tmd Eahn, Beitr. S. 36. Dazu wurde, einem Sk. ^dvaihrda ent.
sprechend, ein Adjektiv dohoh gebildet, das dann anch als masku-
lines Substantiv *), mit stillschweigender Ergänzung von iäntah, ge-
braucht wurde. Dieses Wort wurde in mittelindischer Zeit aus
der Volkssprache ins Sanskrit übernommen , und zwar entweder
ohne weiteres als dohaJa oder, da man sich des Zusammenhanges
des zweiten Teiles mit hrd oiFenbar noch bewußt war, als dohada.
dauhrda und daurhrda sind falsche Sanskritisierungen , die sich
den bei Wackemagel S. LIII angeführten zur Seite stellen.
Daß die Erklärungen in den medizinischen Werken nicht etwa
der Etymologie zu liebe zurecht gemacht worden sind, sondern
die volkstümliche Anschauung wiedergeben, ergiebt sich teils aus
Parallelstellen in der übrigen Literatur, teils aus allgemeinen Er-
wägungen. Hrdisihai cetanodhätuh heißt es Mbh. XIV, 43, 34 ; von
den Jcämä ye hrdi sthiiäh , den Wünschen , die im Herzen sitzen,
wird im ^tapathabr. (XIV, 7, 2, 9) gesprochen. Es ist femer aus
den Eävyas und der Erzählungsliteratur zur Genüge bekannt, daß
nach indischem Glauben die Wünsche einer Schwangeren unbedingt
erfüllt werden müssen, damit das Kind keinen Schaden leide').
Auch wird die Natur des Wunsches als Vorbedeutung für den
Charakter des Kindes betrachtet ^). Beides ist aber nur verständ-
lich, wenn diese dohadas als wirklich aus zwei Herzen kommend
gefaßt werden, nicht nur aus dem der Mutter, sondern auch ans
dem des Kindes. Der Name ist also nicht umsonst gewählt.
handBcbriftliehe Lesarten sind DutJjw, Dudipo. Im Bbfiridattaj. (543), 0. 129
lesen wir Dt^'tpo, allein die liCsarten Dujipo, Düdipo^ Dudipo, Dutipo und die
Ähnlichkeit des ganzen ZusammenhaDges lassen kaum einen Zweifel darüber, daB
wir anch hier, wie schon Fausbpll angedeutet hat, Dudipo su lesen haben. Die
Sanskrit- und Pali-Formeo zusammengenommeu führen also auf eine Form Dri-
dipct die dann weiter wolil auf Dvidvipa zurückgeht. Zu dem Übergang von d
in l Tgl. Wackernagel, Altind. Or. § 194. Ich bemerke übrigens, daB Ludwig
IHUpa ans düi-ap ableitet, Der doppelte Stammbaum des Somavan^a, S.A., S. 9.
1) Als Kentrum finde ich dohada nur bei Lexikographen nnd Kommentatoren
wie MalÜDatha.
8) Stehe anch Yi^fi. HI, 79 : d(>hada8yäpradänena garbho dosam aväpnujfot.
3) Siehe Sniruta und Bhftvaprakftsa a. a. 0.
Papsturkunden in der Romagna und den Marken.
Bericht über die Reise der DDr. M. Klinkenborg und L. Schiaparelli.
Von
F. Kehr.
Vorgelegt in der SitzuDg vom 22. Januar 1898.
Unsre Mitarbeiter, die Herren Dr. M. Klinkenborg und
Dr. L. Schiaparelli, haben sich Anfangs Oktober vorigen Jahres
der Erforschung der Archive zunächst der Romagna zugewandt.
Sie haben die Arbeit in der Weise getheilt, daß Dr. Klinkenborg
— um nur die wichtigeren Orte zu nennen — Forli, Cesena, Savig-
nano und Rimini erledigt hat, Dr. Schiaparelli hingegen Imola,
Faenza, Cervia und verschiedene andere kleinere Orte. Nach Vol-
lendung der Nachforschungen in der Romagna haben sie dann die
Archive der Marken und TJmbriens aufgesucht. Hierbei fiel Dr.
Schiaparelli der größere Theil der Marken zu, doch hat Dr. Klin-
kenborg Fossombrone und Gubbio allein, Pesaro und Fano ge-
meinsam mit Dr. Schiaparelli erledigt. Die Sammlung des Mate-
rials, über das ich hier kurz berichte, ist also ausschließlich das
Verdienst der beiden Herren, die sich auch nicht die Beschwerden
des Besuchs selbst der kleineren und abgelegeneren Orte ^ ver-
drießen ließen. Jetzt sind sie, nachdem sie auch Umbrien und die
Abruzzen erforscht haben, mit dem gleichen Eifer in Apulien und
Calabrien thätig. Ich darf hinzufügen, auch mit dem gleichen
Erfolg. Wie reich an neuen Ergebnissen ihre Arbeiten sind, zeigt
die stattliche Zahl der im Anhang abgedruckten oder registrirten
bisher unbekannt gebliebenen Papsturkunden, unter diesen hat
eine (Nr. 21) eine gewisse Bedeutung auch für die politische Ge-
schichte.
Papsturkunden in der Romagna und den Marken. ^
I.
üeber die Archive and Bibliotheken der Somagna ist auch
heute noch L. Bethmanns Bericht (Archiv XII 570— 588) von
Werth : er erwies sich wie immer als der beste und zuverlässigste
Führer, wenn er auch der Papsturkunden nur gelegentlich gedenkt.
Auch an neueren Nachrichten fehlt es nicht. lieber die größeren
Archive der Romagna , über R a v e n n a (Nachr. 1897 S. 186 ff.),
über Ferrara und Bologna (Nachr. 1897 S. 356—69) haben
wir selbst bereits berichtet. Jetzt hat über die Masse der klei-
neren Archive der Provinzen Ravenna und Forli G. Mazzatinti
Gli archivi della storia d'Italia I (Rocca S. Casciano 1897) das
Nöthige zusammengestellt. lieber die Archive von B agna Ca-
va 11 o ist außerdem zu vergleichen der Bericht von Balduzzi
in Atti e memorie deir Emilia , Nuova serie VII 69 *) , über die
Biblioteca comunalc Mazzatinti Inventari VI 49. Trotzdem wird
dieser Bericht nicht zu fürchten brauchen überflüssig zu sein.
Nicht überall freilich waren die Nachforschungen von Erfolg be-
gleitet.
In 8. Giovanni in Feraiceto, wo Dr. Schiaparelli freundliche
Aufnahme bei dem Marchesc Tommaso Boschi und dem Cav. Gio-
vanni Forni fand, hat weder das Archivio capitolare (begin-
nend mit 1123) noch das 1869 durch einen Brand verwüstete Ar-
chivio del Comune (es begann mit 1107 und besaß auch eine Copie
saec. XV von Lothar III. St. 3272, vgl. Schum in N. Archiv I
136; jetzt ist das älteste Document von 1215) noch das Archivio
parrochiale (beginnend mit 1561) ältere Papsturkunden.
In Cento fand Dr. Schiaparelli einen liebenswürdigen Führer
in Herrn Antonio Orsini. Das Archivio consulare del Comune
beginnt mit 1185; vielleicht haben die hier aufbewahrten Mss. des
Filippo Monteforti^ Documenfi j>er la storia äella citlä di Cento von
1765 und Storia della citta di Cento 4 vol., einigen Werth, sie ent-
halten u. A. Abschriften von Heinrich V. St. 3140 und Friedrich IL
BF. 1220*). Das Archivio deUa cougregazione di caritä hat zahl-
reiche mit dem 13. Jahrh. beginnende Pergamene, dagegen fangt
das Archivio notarile (vgl. A. Orsini L'archivio notarile di Cento.
Bologna 1892) erst mit 1423 und das Archivio capitolare erst mit
1586 an.
In Cervia stellte Dr. Schiaparelli fest, daß von dem bischöfli-
chen Archiv das Archivio della mensa 27 Bände Emphiteusen nm-
1) Jetst anch bei Masiatinti QU archivi I 140.
2) mit VIL hol. dtc.
g P. Kehr,
faßt, die mit 1333 beginnen, während in dem Archivio della can-
cellaria nur jüngere Manuscripte sich befinden, in denen Urban III.
J-L. 16004 nur citirt wird^). Auch das Archivio comunale, mit
einer Abschrift saec. XVIII von Gregor V. J-L. 3883 nach Rubens,
und das Archivio notarile, von 1467 ab, sind ohne Bedeutung.
Itnola,
Wir sind hier dem bischöflichen Secretär Mons. Bar uz zi und
dem Bibliothekar Romeo G-alli zu Dank verpflichtet, die beide
Dr. Schiaparelli nach Kräften unterstützten.
Archivio della Mensa vescovile.
Die Originale sind verloren'). Aber es sind mehrere Copial-
bücher vorhanden, von denen das wichtigste ist der Liber trans-
sumptorum episcopatus Imölq factus a . . Scribonio Cerbanio TifervcUe
episcopo ImoUnsi a. 1520, cod. membr., sign. cod. B.
f. 19 Honorius 11. s. d. J-L. 7390.
f. 20 Eugen IH. 1151 V. 18. J-L. 9484.
f. 22 Alexander HI. 1179 HI. 30. J-L. 13351.
Aus diesem Ms. sind dieselben Urkunden noch einmal copirt
worden im cod. A saec. XVI — XVII {codex turtum). Sie stehen
außerdem auch in dem Liber rubeus, cod. membr., sign. cod. C, den
Scriboni 1522 hat anlegen lassen. Hier stehen die drei Urkunden
auf f. 38. 38'. 45. Der cod. D endlich mit dem Titel Liber reno-
vatiomim sancti loannis in Pentacaso collectus ex veteribus fragmentiSy
gleichfalls von Scriboni 1520 angelegt, enthält keine Papsturkunden.
Das Archivio della cancellaria vescovile besitzt
nur moderne Akten.
Archivio capitolare.
Index von Francesco Maria Mancurti, von dem auch ein Ms.
Memoria della chiesa cattedrdle di Imöla 3 vol. vorhanden ist. Die
Pergamene von 964 bis 1702 sind in 11 Faszikel chronologisch
geordnet; die Papsturkunden sind sämmtlich in Fasz. IV.
Originale :
Nr. 72 Lucius IH. (1184—85) X. 30. J-L. — . S. Anhang.
Nr. 84 Urban IH. (1186-87) VI. 23. J-L. 15878.
Nr. 85 Urban HI. 1186 IX. 28. J-L. — . S. Anhang.
1) Auch ed. von Federico Foschi Synodus Diocesana, App. XIV Nr. 3, Roma
1898. Die Urkunde steht im Lib. commcmorialium XIX f. 82 (Nachr. 1897 S. 870).
2) A. Ferri (s. Bibl. comunale) citirt aus diesem Archiv ein Original ron
Innocenz II. Doch hat sich keine Spur davon finden lassen.
Papsturkunden ia der Romagna and den Marken. 9
Nr. 124 Celestin III. 1192 V. 25. J-L. 16882.
Nr. 149 Celestin UI. 1194 XI. 26. J-L. 17169.
Copien :
Nr. 82 Urban III. (1186-87) V. 27. J-L. — . Cop. s. XU.
S. Anhang.
Nr. 82 Urban HI. (1186—87) V. 27. J-L. — . Cop. s. XH.
S. Anhang.
Nr. 82 Urban HI. (1186 - 87) VI. 3. J-L. — . Cop. s. XU.
S. Anhang.
Archivio comnnale.
Index von Antonio Ferri von 1713. Die Pergamene reichen
von 1084 bis 1590.
Originale :
Celestin IH. 1194 VI. 10. J-L. 17123 (Mazzo I Nr. 1).
Copien :
Eugen m. 1146. J-L. 8978. Cop. s. XV (Mazzo I Nr. 15).
Der Libro rosso oder Registro adle ragioni antiche ddr ill^
cMä di InioUt, cod. membr. saec. XIII — XVI, enthält keine Papst-
orknnden. Uebrigens befindet sich hier das Autograph von Zac^
caria Corneliensium episcoporum series.
Biblioteca comunale.
Vgl. R. Galli I manoscritti e gli incunaboli della biblioteca
comunale di Imola 1894. Unter den schon von Bethmann einge-
sehenen Collectaneen kommt für uns nur in Betracht das Werk
von Antonio Ferri ^ des verdienstvollen Ordners des Stadtarchivs,
Catalogo antico e diffuso dei veseovi d'Imola. Origine detla chiesa
Imolese (GaUi Nr. 48)
p. 28 Honorius II. s. d. J-L. 7390.
p. 32 Eugen IIL 1147 IL 21. J-L. 8834 (ex orig.).
p. 48 Urban HI. (1186-87) VL 23. J-L. 16878.
p. 53 Celestin IH. 1194 VI. 10. J.-L. 17123.
Hier ist auch deponirt das noch ungeordnete Archivio Sa s-
satelli. Ein Papierfaszikel saec. XVlJi enthält Abschriften
Nr. 7 Eugen m. 1147 H. 21. J-L.' 8834.
Nr. 27 Celestin IH. 1194 VI. 10. J-L. 17123.
Nach dem Katalog befindet sich in Mazzo Vli dei documenti
spettanti alle Spazzate auch eine Abschrift von Alexander m.
1179 IIL 80. J-L. 13351.
10 P. Xehr,
Das mit 1019 beginnende Archivio notarile und das mit
1209 anhebende Archivio della congregazione di caritä
besitzen keine alteren Papsturkanden.
Faenza.
Anch hier fand Dr. Schiaparelli freundliche Hülfe bei dem
bischöflichen General vicar Mons. Berardi und dem Bibliothekar
Don Antonio Verna.
Archivio capitolare.
Das alte Repertorium scripturarum archivii cattedralis Fa-
ventin. von 1698 (vol. 91. 92) ist ersetzt durch den Indice Gatti
und den Indice generale von 1896. Die Urkunden füllen vier
Schränke; unser Material befindet sich in Armadio III.
Originale *) :
Nicolaus n. 1059 Xu. 26. J-L. 4419 Fragment (Munimenta
8. Xn vol. 62 Nr. 40).
Honorius H. 1128 IV. 4. J-L. 7298 Fragment (ibid. Nr. 40) «).
Innocenz 11. 1143 IV. 26. J-L. 8360 (Pergamene vol. 54
Nr. 14).
Lucius n. 1144 V. 20. J-L. 8616 (ibid. Nr. 20) »).
Alexander III. — VI. 4. J-L. — (Pergamene vol. 56 Nr. 9).
Ed. Tonducci Historie di Faenza (1675) p. 210.
Urban IH. (1186-87) III. 18. J-L. 15820 (ibid. Nr. 130).
Celestin IH. 1195 L 3. J-L. 17181 (ibid. Nr. 192).
Copien :
Innocenz II. 1143 IV. 26. J-L. 8360 Cop. von 1329 (Per-
gsunene vol. 54 Nr. 15).
Lucius II. 1144 V. 20 J-L. 8616. Cop. s. XIH (ibid. Nr. 21).
Copialbücher :
1. Iura antiqua, cod. membr. saec. XIII (vol. 53)
f. 26' Honorius IL. 1128 IV. 4. J-L. 7298.
1) Das Orig. Friedrichs I. St. 8824 Fragment befindet sich in Pergamene
vol. 55 Nr. 48. Außerdem steht eine Copie s. XVII in Mantissa cartarum vol. 49
f. 6 und in den Memorie stör, del capitolo di Faenza vol. II App. Nr. 7 der
Kapitelbibliothek.
2) Die Fragmente Nicolaas n. und Honorius II. liegen zusammen und galten
als Theile einer und derselben Urkunde. Für die Originalität des Honorius II.
tritt Schiaparelli mit Entschiedenheit ein, ich bezweifle sie vorläufig.
8) Lucius IL J-L. 8687 ist nach Schiaparelli als identisch mit J-L. 8616 su
•treicheo.
Papttarkimden in der Bomagoi^ and den Marken. H
f. 25' Innocenz H. 1143 IV. 26. J-L. 8360.
f. 27 Lucius n. 1144 V. 20. J-L. 8616.
2. lus eonferendi et concordia, codd. chart. saec. XYI (vol. 89
—41). Im cod. 39
f. 65. 108 Nicolaus U. 1059 XH. 26. J-L. 4419.
f. 108'. 510. 719 Innocenz H. 1143 IV. 26. J-L. 8360.
f. 67'. 110. 511. 719 Lucius II. 1144 V. 20. J-L. 8616.
f. 69. 112 Alexander HI. — VI. 4. J-L. — .
Auch im cod. 40 stehen die Privilegien Nicolaus 11., Hono-
rius U.y Innocenz II., Lucius 11. und Alexanders IQ., aber unvoll-
ständig, wie z. Th. schon im cod. 39.
3. Mantissa cartarum^ cod. chart. saec. XVI — XVII (vol. 49).
f. 1 Nicolaus IL 1059 XH. 26. J-L. 4419.
f. 3. 4 Honorius H. 1128 IV. 4. J-L. 7298.
Biblioteca capitolare.
1. Veterum monumentorum eollectio ad capitülum Faventin^ ec-
desiq speäantium in 4 vol., Ms. von 1779.
2. Memorie sioriehe del capiiolo di Faenea in 3 vol. von 1779,
vgl. Mazzatinti Inventari VI 248. Beide enthalten Copien
der Faventiner Papsturkunden J-L. 4419. 7298. 8360. 8616.
15820 (Urban IH.) und Alexander lU. nach den oben an-
geführten Quellen.
Außerdem sah Dr. Schiaparelli das Archivio della can-
cellaria vescovile (beginnend mit saec. XV), das Archivio
notarile (das älteste Document von 1367 — 78) und die Biblio-
teca comunale (vgl. Mazzatinti Inventari VI 242 sq.), wo sich
auch die Urkunden des Archivio del Comune (Pergamene von 979
ab) mit einem Breve Honorius III. von 1223 befinden.
FarVk.
Vgl. Mazzatinti 61i archivi I. 41 und Brando Brandi L'archi-
vio storico del comune di Forll, Roma 1892. In Herrn Professor
6. Mazzatinti fand Dr. Elinkenborg den besten Führer.
Archivio capitolare.
Index von Ludovico Bemardino Rosetti von 1767; nach zwei
andern damit übereinstimmenden Repertorien (der Comunalbiblio-
thek Nr. 280 resp. Nr. 107 und des bischöflichen Archivs) hat
12 P. Kehr,
Mazzatinti, der das Archiv selbst nicht sah, seine Bestände an-
gegeben. Es ist unbedeutend und scheint als einziges Original
eine Papsturkunde Lucius in. zu besitzen. Doch war die Urkunde
nicht aufzufinden. Der Katalog von 1767 gibt folgendes Eegest:
ün breve di papa Lucio III. al vescovo di ForTi Älessandro
segnato col segno di croce , nel quäle gli ordina che propeda a
certi ospitalari che facevano deggere la sepultura in pregiudieio
ddle parochie e questo fu circa Vanno 1182.
Copien :
Celestin HI. 1192 Vm. 27. J-L. -. S. Anhang.
Celestin IH. 1193 VI. 15. J-L. — . S. Anhang.
Die beiden Copien stehen neben zwei Mandaten Innocenz III.
auf demselben Pergamentblatt saec. Xm, von welchem Bethmann
S. 571 die beiden Privilegien Friedrichs I. und Heinrichs VI. ver-
zeichnet hat.
Archivio storico del Comune.
Der eine Theü des Archivs, das Archivio comunale, besitzt
keine älteren Papsturkunden. Unser Material befindet sich in den
Archivi delle corporazioni religiöse soppresse.
San Mercuriaie.
Paschal U. 1115 H. 8. J-L. 6447. Cop. s. XIII ').
San Salvatore.
Copialbuch von S. ApoUinare in Classe, bestehend aus ver-
schiedenen Pergament- und Papierheften saec. XV. XVI. und XVII.
Alexander IL 1062 XU. 27. J-L. f 4492.
Lucius n. 1144 XL 29. J-L. 8667.
Lucius ni. 1184 IV. 27. J-L. 15027.
Urban HL 1186 IH. 15. J-L. 15562 «).
Die übrigen Archive von J^orli (vgl. Mazzatinti Gli archivi)
und die Biblioteca comunale (vgl. Mazzatinti Inventari I 5 ff.) haben
keine älteren Papsturkunden.
1) Für S. Maria in Fiamana , vgl. Brandt p. 56 ; ein anderer Theil der Ar-
chivalien dieses Klosters kam in das Archiv von S. Prässede zu Rom , ygl. üg-
beili n 566 za Celestin III. J-L. 16884. Der Liber Biscia enthält keine älteren
Papstnrkonden.
2) üeber die Urkunden selbst vgl. Nachr. 1897 8. 101. 108. Auch Ottos lY.
Präiepi steht hier.
Papstarunden in der Romagna and den Marken. 13
Cesena.
Br. Elinkenborg erfreute sich hier vielfacher Unterstützung
von Seiten des Bibliothekars der Malatestiana, des Herrn Profes-
sors PiccolominL
Schon Bethmann stellte fest, daß das mit 1042 beginnende
Archivio capitolare nur wenig enthält. Auch die beiden Ur-
kunden Alexanders III. J-L. 11293 und J-L. 12488 scheinen jetzt
nicht mehr vorhanden zu sein. Es sind nur noch da
Alexander III. (1166—79) V. 30. J-L. 13234.
Lucius UI. 1182 VU. 18. J-L. 14684.
Das eigentliche Archivio storico comunale enthält nichts
für uns. Dagegen besitzt das hier incorporirte Archivio delle
corporazioni religiöse soppresse zwei wichtige Mss. gleichen Inhalts.
1. Summarium quod voccUur catalogm iurium tnanasterii s. Ma-
riae in monte, cod. chart. von 1627.
2. CcUalogus scripttirarum archivii abbtUiae sandae Mariae in
monte prope Caesenam a. d. Bonitialdo Serra, Ms. saec. XVUI.
Nicolaus IL 1060 n. 10. J-L. — . S. Anhang *).
Das ganz ungeordnete Archivio vescovile enthält keine
älteren Urkunden. Was Dr. Klinkenborg vom Archivio der Chia-
ramonti sah, war gleichfalls jüngeren Ursprungs. Auch die
Biblioteca Malatestiana (vgl. R, Zazzeri Sui codici e libri
a stampa della biblioteca Malatestiana in Cesena) ergab für uns
keine Ausbeute, da die in dem Ms. des Carl Antonio Af^rcini iVb-
tisie Sucre e profane^ raccoUa di monumenti aniichi voL II aufgenom-
menen Urkunden Alexanders IIL J-L. 11293 und Lucius III. J-L.
14684 auf Drucke zurückgehen.
Vgl. Mazzatinti 61i archivi I 67. Dr. Ellinkenborg fand freund-
lichste Aufnahme beim Archivar des Kapitels Can. Peroni und
bei dem Bibliothekar und Archivar der Stadt Cav. Carlo Tonini«
Archivio capitolare.
e:
Nr. 19 Innocenz 11. 1135 XI. 5. J-L. 7729.
Nr. 2B Hadrian IV. 1165 V. 6. J-L. 10061.
1) Uod eine onedierte Urkunde Friedrichs L Die Bolle Nicolios IL dtirt
B. Zasseri Storia di Cesena (1892) p. 110. Er f&hri, indessen irrig, p. 135 anch
eine Urknnde Alezanders III. an.
14 P. Kehr,
Nr. 27 Alexander IH. 1170 XH. 8. J-L. 11853.
Nr. 29 Lucius HI. 1183 XH. 23. J-L. 14959.
Nr. 30 Lucius HI. 1185 X. 2. J-L. 16461.
Nr. 33 Clemens in. s. d. J-L. 16657 1).
Nr. 37 Celestin HL 1194 X. 11. J-L. .17160*).
Copien :
Nr. 20 Linocenz II. 1136 XI. 6. J-L. 7729. Cop. s. XII.
Nr. 18 Lmocenz IL 1136 XI. 6. J-L. 7730. Cop. s. Xn.
Nr. 22. 299 Lucius n. 1144 V. 21. J-L. 8617. Zwei Cop.
saec. XV.
Das Archivio vescovile und das Archivio comunale
storico mit den Archivi dei monasteri soppressi ergaben keine
Ausbeute. Auch die andern Archive der Stadt (vgl. Mazzatinti)
besitzen keine älteren Fapsturkunden.
Biblioteca Gambalunga (comunale).
Vgl. Mazzatinti Inventari 11 132 S. und über die mit Lmo-
cenz IV. anfangenden Fapsturkunden Mazzatinti 61i archivi I 71.
Wichtig sind für uns folgende Mss.
1, Huste di Schede e appunti dd Card. Garampi, sign. Nr. 161
(D. IV, 248), vgl. C. Tonini Cultura letteraria e scienti-
fica di Rimini II 460. In Busta 248 ") befinden sich die
Copien von
^Nicolaus n. 1059 m. 26. J-L. 4398.
Gregor VIL 1078 in. 26. J-L. 6073.
Innocenz IL 1135 XI. 5. J-L. 7729.
Innocenz U. 1135 XI. 6. J-L. 7730.
Innocenz H. 1142 UI. 23. J-L. — . S. Anhang.
Hadrian IV. 1156 V. 6. J-L. 10061.
Hadrian IV. 1157 HI. 1. J-K 10263*).
Alexander lU. 1170 XU. 8. J-L. 11863.
Alexander HI. 1177 V. 6. J-L. — . S. Anhang.
Lucius m. 1183 xn. 23. J-L. 14969.
Lucius in. 1185 X. 2. J-L. 16461.
Celestin IH. 1193 IV. 3. J-L. — . S. Anhang.
Celestin IQ. 1194 X. 11. J-L. 17150.
1) Nach Kiinkenborg unausgefertigtes Original, nach ?. Pflugk-Harttung Acta
ni 879 Nr. 489 gleichzeitige Copialarkondc.
2) Damit ist identisch J-L. 17145. Weiter ist J-L. 17161 überhaupt sa strei-
chen, wie schon aus Tonini hervorgeht
8) Hier aoch Copien von St. 3760. 8904. 4988.
4) Orig. in Lacca Arch. di sUto, vgl. Nachr. 1897 S. 184 (Altopascio).
Papsturkanden in der Bomagna and den Marken. 15
2. Series chronologica omnium vderum nionumentorum insignis
abbcUicie Äriminensis ss, Petri et Pauli ac Itdiani martyris
ord. 8. Benediäi ab a. 1059 usque ad a. 1501 y Ms. des Ro-
mudldus Scrra üaesenas monachus Cassinensis von 1732,
cod. chart., sign. 170 (C. T. 2, 7). Dies wichtige Copialbuch
des uns schon aas Cesena bekannten Romoald Serra kaufte
Tonini vor etwa 10 Jahren aas Privatbesitz. Es enthält
p. 1 Nicolaas n. 1059 UI. 25. J-L. 4398.
p. 13 Gregor VH. 1078 UI. 25. J-L. 6073.
p. 23 Innocenz II. 1142 III. 23. J-L. — . S. Anhang.
p. 31 Hadrian IV. 1157 UI. 1. J-L. 10263 *).
p. 39 Alexander UI. 1177 V. 5. J-L. — . S. Anhang.
p. 68 Celestin lU. 1193 IV. 3. J-L. — . S. Anhang.
3. lacobus Villanius De vetusta Ärimini urbe et eins episcopis^
Ms. saec. XVU in 2 vol., sign. D. UI. 3. Vgl. Tonini La
caltara letteraria U 149.
vol. U f. 121 Innocenz U. 1135 XI. 5. J-L. 7729.
f. 123' Lucius IL 1144 V. 21. J-L. 8617.
f. 126 Hadrian IV. 1165 V. 6. J-L. 10061.
f. 130 Lucius UI. 1186 X. 2. J-L. 16461.
f. 139 Celestin UI. 1193 IV. 3. J-L. — . S. Anhang.
Saviffnano.
lieber die unbedeutenden Archive s. Mazzatinti Grli archivi I
64, über die Biblioteca comunale s. Mazzatinti Inventari I 85 iF.
Aus den Mss. der Bibliothek notirte Dr. Klinkenborg
1. Privilegia nannuUa canonicorum regtUarium Lateranensium, cod.
membr. saec. XVI, sign. Nr. 46. Aus dem Nachlaß von
Amaduzzi (Mazzatinti I 96).
Anaclet U. 1136 V. 29. J-L. — . S. Nachr. 1897 S. 372 Nr. 1.
Celestin U. 1144 UI. 3. J.-L. 8510 *).
2. loh. Ch. Amadutius Miscellanea bulku^um diplomcUum insttth
mentorum . . ex Mcmbranis et codicibus mss. potissimum eruta^
cod. Chart, saec. XVU, sign. Nr. 38 (Mazzatinti I 118).
Die Papsturkunden sind Drucken entlehnt').
1) Orig. jetat im Stadtardii? an Frankfurt a. M. (Mittheilang von Jung).
%) Hier aoeh Copie von 8t 4235.
16 P- Kehr,
n.
Auch für die Marken istBethmanns Bericht (S. 552 — 70) noch
heute unentbehrlich. Leider ist seitdem Vieles verloren gegangen,
besonders durch die Auflösung des 1808 von Napoleon L in Mace-
rata begründeten Archivio demaniale. Davon ist einiges Wenige im
Archiv der Intendenza zu Macerata zurückgeblieben, doch ist es,
wie mir Herr Professor L. Zdekauer, dem wir auch sonst zu
Dank verpflichtet sind, mittheilt, ohne Bedeutung für uns.
Es war zwar vorauszusehen, daß die Nachforschungen an
vielen Orten der Marken ein Ergebnis für uns nicht haben wür-
den, indessen haben unsre Mitarbeiter mit Recht sie soweit aus-
gedehnt als Zeit und Mittel es irgend zuließen. Ihre Ergebnisse
werden, denke ich, auch da wo sie vergeblich nach älteren Papst-
urkunden suchten, als Ergänzung des Berichtes von Bethmann
wUlkommen sein.
In Faloonara constatirte Dr. Schiaparelli , daß sowohl das
Archivio comunale wie das Archivio parrochiale nur moderne Ak-
ten besitzen.
Wichtiger sind die Archive von Arcevia, wo ihn Cav. An-
selmo Anselmi, der 1894 einen Theil des Archivs von Fönte Avel-
lana (beginnend mit 1062, darunter Otto IV. BF. 312) gekauft hat
und auch das mit 1211 beginnende Archivio storico Rocchense be-
sitzt, einführte. Das Archivio comunale (Catalog von Speranzini
von 1825, vgl. Fr. Brunamonti Dimostrazione istorica del nobile
si antico che moderno stato di Rocca contrada, con note da A.
Anselmi, Castelplanio 1897) ist nicht unbeträchtlich, aber seine
Materialien beginnen erst mit dem 13. Jahrh. und die älteste
Papsturkunde ist Innocenz IV. 1252. Die hier befindliche Samm-
lung der Copie di antiche pergamene e memorie storiche von Fran-
cesco Äbbondanzieri ist nicht ohne Wichtigkeit für die Localge-
schichte. Das Archivio notarile und das Archivio parrochiale
enthalten nur moderne Sachen.
Auch die Archive des nahen Pergola (Archivio capitolare,
Archivio della curia vescovile , Archivio comunale und Archivio
notarile, seit 1312) haben nur jüngere Urkunden.
Ebenso steht es mit Sassoferrato , wo die Pfarrkirchen S.
Pietro und S. Facundino und das Camaldulenserkloster S. Croce
noch kleine, aber moderne Archive besitzen. Im Stadtarchiv be-
ginnen die Akten mit 1460, Urkunden sind keine da.
In Xatalioa stellte Dr. Schiaparelli den schon von Beth-*
mann nachgewiesenen Bestand des reichen und wohlgeordneten
Papatarkonden in der Romagoa and den Marken. 17
Archivio del Comane von Neuem fest; aber die Papsturkanden
beginnen erst mit Innocenz III. 1203 IV. 16 und 16. Das Ka-
pitelarchiv ist 1708 verbrannt und das bischöfliche Archiv beginnt
erst mit 1787. Auch das Archivio notarile, von 1445 ab, und die
Bibüoteca comunale ergaben keine Ausbeute.
Tolentino, wo der Sindaco G. Benadducci und der Bib-
liothekar Prof. Agostinelli von großem Entgegenkommen wa-
ren, besitzt ein reiches Stadtarchiv (Archivio antico del Co-
mune), dessen mit 1099 beginnende Pergamene sich jetzt in der
Biblioteca comunale befinden, indessen keine älteren Papsturkun-
den. Doch wird in dem Index des Archivs von S. Catervo di
Tolentino, das Bethmann in S. Pietro in Vincoli zu Rom sah, ein
päpstliches Privileg angeblich von 1047 citiert. Das Archivio di
S. Nicola beginnt hier mit 1235, das Archivio notarile mit 1369.
In Beoaoatl sah Dr. Schiaparelli das mit 1285 beginnende
Archivio capitolare neu geordnet, im Archivio comunale antico als
älteste Papsturkunde Innocenz III., während das schon von Beth-
mann citirte Privileg Friedrichs II. jetzt in der Stadtbibliothek
aufbewahrt wird. Die andern Archive (Archivio della cancellaria
vescovile seit saec. XV, Archivio notarile seit 1350, die Familien-
archive Leopardi, Rafaelli, Antici) ergaben nichts.
In Osimo, wo Dr. Schiaparelli die beste Aufnahme bei dem
Prof. Griosu^ Cecconi, dem Herausgeber der Carte diplomatiche
Osimane fand, stellte sich heraus, daß weder das Archivio capi-
tolare (die wenigen Pergamene desselben beginnen mit dem 14.
Jahrb.) noch das Archivio della cancellaria vescovile (Index von
A. Zonghi; das Archiv beginnt mit 1202) noch das Archivio an-
tico del Comune noch endlich das mit 1246 anhebende Archivio
deUa congregazione di carita ältere Materialien besitzen, lieber
die Bibliotheca del Collegio v. Mazzatinti Inventari VI 9. Von
den Familienarchiven Guarnieri, Simonetti und Bellini durften
vielleicht die beiden letzteren noch eine genauere Durchsicht ver-
dienen.
In Apiro beginnt das Archivio comunale (Inventar von 1872)
mit 1215, das Archivio notarile mit 1385, das Archivio della Col-
legiata noch später.
In Treia hat das Archivio capitolare und vescovile nichts Al-
tes mehr. Dagegen ist das Archivio segreto del Comune wert-
voll Die Pergamene beginnen mit 1161, aber in den 10 Bänden
Copie di Archivio ist die älteste Urkunde von 1021.
Auch Amandola (vgl. Ferranti Memorie storiche della cittä
di Amandola 1891), Kontefortmo , S. ▼ittoria and S. Oineiio (vgl.
EfL 0«. d. W. NMhiickUA. PhUolOf.-kblOf, Umm 18W. Uft 1. 2
18 I*. Kehr,
Salvi Memorie storiche di s. Grinesio in relazione con le terre
circonvicine 1889) ergaben keine Ausbeute.
Von Maoerata wußte man bereits durch Bethmann , daß
das Kapitelarchiv nur noch geringe Materialien enthält. Dasselbe
gut von dem Archivio della cancellaria vescovile. Ueber das mit
1176 beginnende Archivio municipale (priorale) vgl. L. Zdekauers
Bericht im Archivio storico italiano 1897 p. 326. Aus der Biblioteca
comunale sind lediglich zu citiren die Mss. 55. D. 6 saec. XVII
und 65. D. 7 saec. XVIII mit Abschriften von Alexander III.
J-L. 12917.
Bezüglich Loretos genügt der Hinweis auf Bethmann und
das demnächst erscheinende Registrum der Urkunden der Casa
Santa.
Ohne Erfolg hat Dr. Klinkenborg Fennabili besucht, wo das
ungeordnete Archivio capitolare mit 1250 beginnt. Das von
Ughelli ex originali gedruckte Privileg Honorius 11. J-L. 7205
scheint also verloren zu sein.
In ürbino, wo Prof. Yalenti sich seiner annahm, setzt das
Archivio capitolare zwar mit 1068, einer bischöflichen Urkunde
ein , aber die älteste Papsturkunde ist erst von Honorius lU.
Wichtig sind die hier verwahrten Mss. Corradini*s aus dem vori-
gen Jahrh. Excerpta ex archiviis civitatis Urbini und Spoglio ddle
pergamene esisienti nel monastero di 8. Lucia di Urbino^ dessen Ar-
chiv mit 1182 begann, als älteste Papsturkunde aber erst einen
Urban III. bestätigenden Innocenz IV. von 1252 VIII. 29 enthielt.
Zwei Bände Spoglio ddle pergamene desselben Autors befinden sich
auch im Archivio comunale, dessen Pergamene erst mit saec. XV
anfangen. Die Papstprivilegien des Archivio vescovile setzen mit
1431 ein. Auch die Bibliotheken Albani und der Universität sind
ohne Bedeutung.
In Jesi fand Dr. Klinkenborg bei dem um die Geschichte
der Marken hochverdienten Bischof A. Zonghi, der ihm auch
seine CoUectaneen zur Verfügung stellte, die wohlwollendste Auf-
nahme. Doch bestätigte sich nicht nur, daß das Archivio capi-
tolare, seit 1208, das Archivio vescovile, seit saec. XV, das Ar-
chivio notarile, gleichfalls seit saec. XV, und das Archivio comu-
nale (vgl. Zonghi Relazione suU' ordinamento dell' archivio co-
munale di Jesi 1879) nichts für uns boten, sondern daß auch der
angebliche Alexander III. J-L. 12977, zu dem Löwenfeld bemerkte
Aliena manus addidit pontificatus nostri anno F., wie schon Gian-
dandrea Carte diplomatiche Jesine (1884) p. 211 constatirt hat,
in Wahrheit Alexander IV. ist.
Papstttrkonden in der RomagDa und den Marken. 19
Im schlimmsten Verfall fand Dr. Elinkenborg das bereits mit
1071 beginnende Stadtarchiv von Serrasanqnirioo (vgl. Mazzatinti
Gli archivi I 74), doch bot es uns nichts. In der Comanalbiblio-
thek ist das von Mazzatinti Inventari I 158 citirte Ms. Bullae
ei constüutioncs ord, s, Benedicti montis Phani von A. Mannucci
1696 (Nr. 26) nicht unwichtig, aber die älteste Papstarkonde ist
Innocenz IV.
Pesaro*
Bei dem Bibliothekar Marchcse Antaldi und dem Archivar
des Kapitels Mons. Massarini fanden nnsre Mitarbeiter freund-
liches Entgegenkommen.
Das Archivio capitolare besitzt noch die beiden Ori-
ginale :
Nicolaus U. 1060 U. 19. J-L. 4431.
Celestin m. 1197 V. 12. J-L. 17537.
Das Archivio della curia vescovile enthält nur Be-
nefizien (von 1625 ab). Auch das übrigeas noch ungeordnete A r-
chivio comunale hat nur jüngere Urknnden (vom 15. Jahrh.
ab). Ein Ms. saec. XVm mit dem Titel Epislolae pontificum cpU-
copis et principibus et populo Pisauren. enthält Abschriften Bon-
conVs aus dem Vaticanischen Archiv, für uns ohne Werth.
Das Archivio notarile beginnt mit 1434.
Die Biblioteca comunale hat besonderen Werth durch
die hier aufbewahrten Sammlungen OHvieris. Die von ihm zasam-
mengebrachten Pergamene beginnen mit 1204. Wertvoller sind
seine Abschriften, die er verschiedenen Archiven entnahm, beson-
ders dem erzbischöfüchen Archiv in Ravenna, dem Kapitelarchiv
in Rimini, dem Archiv von S. Maria in Portu, dem Kapitelarchiv
in Pesaro, dem Archivio della Rocca, dem Archiv von S. Lorenzo
in Campo u. A. Es sind 10 voL Spogli d'archivi (cod. 376). Doch
sind die hier copirten Papsturkunden alle in ihrer ursprünglichen
Ueberlieferung erhalten, mit Ausnahme von
Urban m. 1187 VI. 24. (oder 25.) J-L. — für S. Lorenzo
in Campo (vol. IV f. 33), das Prof. Vernarecci in Fossom«
brone demnächst publiziren wird.
Außerdem besitzt die Bibliothek viele für die Geschichte von
Pesaro wichtige Mss. von Hercolani , Tortorino , Fabri , Zacroni,
Betti a. A., femer auch eine Copie Garampis vom Codex Bavarus.
o*
20 P. Kehr,
Mino.
Der Vicario generale Balanti und der Stadtarchivar An-
tonio D 0 r r i entsprachen auf das BereitwiUigste allen Wünschen.
Im Archivio capitolare beginnen die in Papierbände ge-
bundenen Pergamene mit 1059.
Originale :
Urban IH. 1186 I. 19. J-L. 1563B.
Copien:
Eugen m. 1152 IX. 27. J-L. 9607. Cop. s. XH. u. s. XVL
Urban in. 1186 I. 19. J-L. 15635. Cop. s. xm. u. s. XVI.
Von dem in diesen beiden Privilegien citirten Alexander IL
hat sich keine Spur mehr gefunden. Aber im 17. Jahrh. ist die
Urkunde wohl noch vorhanden gewesen, wenigstens verzeichnete
eine Hand dieser Zeit auf dem Rücken der Cop. s. XHI. von Ur-
ban LH. J-L. 15635 als erstes Privileg in der Serie der Fanenser
Privilegien Alessandro 11. . . 1061. Hier ist auch ein Cod. s. XII.
von Nonantola (Arm. E) mit Heiligenleben, beginnend mit der
Vita s. Silvestri.
Ueber das Archivio comunale vgl. A. Zonghi Repertorio
dell' antico archivio comunale di Fano. Aus den verschiedenen
hier beschriebenen Abtheilungen des Archivs kommt für uns al-
lein in Betracht das Archivio Amiani mit dem Ms. CoUecianea bul-
larum diversorum poniificum s. XVIII. (Nr. 3)
f. 186 Johann VIH. s. d. Amiani 11. Somm. IV.
f. 188 Eugen HI. 1152 IX. 27. J-L. 9607.
f. 181 Hadrian IV. 1166 V. 5. J-L. 10177.
f. 189 Alexander IH. 1178 IV. 17. J-L. 13046.
f. 191 Urban HL 1186 L 19. J-L. 15636.
Nr. 30—31: Nr. 26: Lucius lU. 1184 IV. 4. J-L. 15016').
Leider sind die Urkunden für S. Paterniano nicht mehr vor-
handen. Dies Archiv soll der Can. Billi besessen haben, aus sei-
nem Nachlaß hat das Stadtarchiv die Akten erworben, die Per-
gamene scheinen verhandelt zu sein. Andere Beste dieses Archivs
befinden sich im Ufficio del Begistro in Fano, in das Ein-
tritt zu erlangen unmöglich war, doch sollen die Materialien erst
mit saec. XV. einsetzen. Auch das zu Zonghi's angegebenem Be-
stand jüngst hinzugekommene Archivio Carrara beginnt erst
mit 1331.
1) Orig in S. Severino.
Papstarkimden in der Romagna und den Marken. 21
Im Archiyio notarile sind die ältesten Docamente ans
dem 16. Jahrh. Ebenso bietet die Biblioteca Federiciana
(Ms, Nr. 80: Noifi Hisioria di Fano) nichts für uns.
Sendgallia.
Das Archivio capitolare beginnt erst mit 1530, das
Archivio della curia vesco vile gar erst mit dem 17. Jahrh*
Auch das Archivio comunale geht nicht über das 15. Jahrh.
zurück. Aber wichtig ist die hier bewahrte Sammlung Memorie
diverse in 16 vol. In vol. VI steht
Anastasius IV. 1153 XI. 27. J-L. 9760. Cop. s. XVHI ex orig.
Die Biblioteca comunale ist ohne Bedeutung.
Ancana,
Besonderes Entgegenkommen fand Dr. Schiaparelli bei dem
Canonicus B. Bagnini.
Im Archivio capitolare^) fanden sich folgende Originale :
Alexander IH. 1177 VI. 28. J-L. 12873.
Alexander III. 1179 L 19. J-L. — Fragment. S. Anhang.
Lucius m. 1184 VI. 17. J-L. 16056.
Das Archivio comunale (seit 1308) mit dem Liber cro-
ceus magnus buUarum et privilegiorumj cod. chart. s. XVI (seit 1358)
und dem Liber et registrum privilegiorum sive liUerarum papaiium etc.,
cod. membr. s. XVI (seit 1384), das Archivio della cancel-
laria vescovile (seit saec. XVI), das Archivio notarile
(seit 1391) und das Archivio parrochiale diS. Giovanni
(beginnend mit 1051 und mit mehreren Bullen des 13. Jahrh.) haben
keine älteren Papsturkunden.
In der Biblioteca comunale (vgl. Mazzatinti Inventari
VI 3 sq.) haben die Mss. des Localhistorikers CamiUo Älberiini
(saec. XIX) einen gewissen Werth. In seiner Sloria d*Ancona in
14 Büchern und 2 Bänden Appendices steht vol. II lib. 7 f. 49 eine
Copie von Alexander III. J-L. 12873.
Fossofnbrone,
Dem Canonicus Prof. Vernarecci, der in einer Schrift Del
castello di Sant* Ippolito e dei suoi scarpellini e marmisti die
1) Die Angaben Bethmanns (Archiv XII 668) über das Kapitelarcbiv sind
also anrichtig. Hier ist auch das Orig. von Heinrich VI. 1186 XL 27. f&r &•
Maria de Porto noovo.
22 P. Kehr,
noch angedruckten Urkunden Paschais 11. nnd Urbans III. publi-
ziren wird, verdankt Dr. Klinkenborg schnelle Orientirung.
Das Archivio capitolare beginnt jetzt mit 1420, aber
es besaß noch vor einem halben Jahrhundert die Bulle flonorius
III. von 1224 V. 19. Potth. 7255, in die das Placitum Alexanders
II. von 1070 V. 15. (Jaff6-L. I p. 685 zu J-L. 4675) inserirt war ').
Auch das Archivio vescovile besitzt keine älteren Mate-
rialien mehr, die Bullen beginnen erst mit Paul 11. 1616. Doch
ist das hier aufbewahrte Ms. des 1609 als Bischof von Fossom-
brone gestorbenen Ottavio Accoromboni Acta ecclesiae Forosempro-
niensiSf cod. chart. s. XVI (sign. XXII. X. 1), von Werth, da es
eine gute Copie des Honorius HL mit dem inserirten Alexander
n. enthält.
Die Biblioteca comunale hat Pergamene seit dem 16.
Jahrb., daneben mehrere wichtige Mss., insbesondre die Sammlun-
gen des Modesto Motosini Spogli d'archivi. Ferner 2 Mss., in denen
jener Honorius III. copirt ist
1. Memoralia illustris cioitatis Fori8(efnpronii) von 1594 ab, cod.
chart., vol. I f. 23' und
2. Memorie storiche di Forsemprone raccölfe e compilate dal doUor
Modesto Motosini vol. I f. 125'.
Ferner befindet sich hier ein Ms. von G. Bemardino di S.
Maria Nuova von 1780 Eoocerpta ex archivo s. Andreae civitatis Per-
gulae und Veterum cartharum copiae et excerpta ex archivo ahbntiae
s, Laurentii in Campo *)
p. 152 Paschal 11. mit ganz zerrütteten Daten. J-L. — .
p. 166 Anastasius IV. 1153 XI. 27. J-L. 9760.
p. 170 Urban in. 1187 VI. 25. J-L. — .
Cagli.
Dr. Schiaparelli ist für freundliches Entgegenkommen insbe-
sondere dem Canonicus Mons. Gregorio M e i zu Dank verpflichtet.
Vgl. auch dessen Catalogo delle pergamene originali degli archivi
di CagU (Cagli 1889).
Das Archivio capitolare beginnt mit 1093. Noch im
17. Jahrh. befand sich hier das Original von Innocenz 11. 1140
1) Offenbar meint Sarti bei Jaffd mit dem archetypus tabularii ecclesiae
Forosempronicnsis dies Original des Honorios III. Motosini soll es vor ca. 40
Jahren mit nach Hause genommen haben, so ist es verschollen.
2) p. 148 D. Otto III. 892.
Pap8tarknnden in der Romagna nnd den Marken. 23
VL 3. für S. Pietro in Monte Xerone, das Francesco Bricchi in
seinem überaas seltenen Bach Degli annali della cittä di Cagli
I 46 (Urbino 1641) pablizirt hat. Jetzt sind nar noch die beiden
Originale da
Alexander m. 1170 IV. 2. J-L. 11768.
Clemens m. 1188 XII. 16. J-L. 16366.
Im Archiv io comanale beginnen die Pergamene mit
1211^), im Archivio della cancellaria vescovile mit
1566, im Archivio della confraternitä della Miseri-
cordia mit 1262, in Archivio notarile Cagliense mit
1414, im Archivio notarile deCantiano mit dem 14. Jahrb.
Aach die Familienarchive Matcrozzi-Brancaleoni (seit 1200),
Sertori, Rigi-Lnperti bieten nichts für ans. Ueber die
Biblioteca comanale endlich mit Mss. von Bricchi, Gncci)
Rossi a. A. s. Mazzatinti Inventari 11 111.
JPonte Avellana.
Vgl. Gibelli Memorie storiche sali' antico monastero di S.
Croce di Fönte Avellana (Milano 1890).
Der jetzige Administrator, der Camaldalenser Don Benedetto
Piani, Cnrat von S. Biagio in Fabriano nahm Dr. Schiaparelli
anf das Liebenswürdigste aaf.
Die ihm noch verbliebenen Theile des Archivs verkaafte Abt
Agostinelli an Monti in Bologna, von dem sie an den Antiqaar
Teodori in Fano kamen. Hier kanfte sie Herr Anselmo Anselmi
in Arcevia. Aber wie schon festgestellt ist, hat diese Parthie nar
jüngere Papstarkanden. In Fönte Avellana selbst ist ein dürf-
tiger Rest von Pergamenen verblieben, daneben verschiedene Mss.,
von denen einigen Werth hat das Ms. RcLCcolta di älcuni diplomi
dei pantefici e imperatori per V Avellana, cod. chart. s. XVII mit
Gregor VH. 1076 m. 23. J-L. 4983.
Engen m. 1149 I. 31. J-L. 9321 «).
Fabriano.
Das Archivio capitolare ist reich; es beginnt schon mit
1046. Aach das Archivio comanale setzt bereits mit 1011
ein (vgl. A. Zonghi Carte diplomatiche Fabrianesi 1872) and im
1) Hier sind auch die Orig. von Friedrich IL BW. 14738 n. Eniio BW. 13815
2) Und die Diplome St. 4191. 4224 (?). 4432.
24 P- Kehr,
Lihro rosso s. XIII ist die älteste Urkunde von 1165. Aber Papst-
urkunden vor 1198 sind nicht da. Vollends das Archivio ves-
covile, seit 1729, und das Archivio notarile m and amen-
tale, seit 1297, ergaben nichts. Im Archivio della Colle-
giata di S. Nicolo, seit 1182, beginnen die Papsturkunden mit
Honorius lH. Auch das nach Rom gebrachte Archivio deiSil-
vestrini fängt erst mit dem 13. Jahrh. an. Um so wichtiger sind
für un8 die Archivalien, die jetzt Don Giovanni Benedetto Piani,
Pfarrer von SS. Biagio e Romualdo besitzt. Er hat nicht nur
die Haupturkunden für die Camaldulenser , sondern auch, freilich
nur das jüngere Material des Archivs der Badia del b. Angelo del
Massaccio, Mit Ausnahme von Hadrian IV. 1156 III. 14. J-L.
10015, das nach Bibl. de T^cole des chartes LVn 267 nach Lon-
don verkauft worden ist, ist die Serie vollständig. Sie alle ste-
hen auch in dem Ms. saec. XVIII sign, f , das vielleicht von den
Abt CapeUi herrührt.
Originale :
Gregor VII. 1074 HI. 20. J-L. 4844 ').
Paschal IL 1105 III. 23. J-L. 6014.
Lucius IIL 1184 VIL 7. J-L. 15062.
Clemens m. 1187 XH. 23. J-L. 16095.
Copien :
Innocenz IL 1136 IV. 22. J-L. 7768. Cop. von 1322.
Eugen in. 1153 V. 17. J-L. 9731. Cop. von 1322.
Die Comunalbibliothek (vgl. Mazzatinti Inventari I
231 sq.) hat nichts für uns. Vgl. auch desselben Archivi 1 142 sq.
Cameri/no.
Bei dem gelehrten Canonicus M. Santoni fand Dr. Schia-
parelli die liebenswürdigste Aufnahme. Aber es ergab sich , daß
die Centralisation der Cameriner Archivalien durch Napoleon L
im Demanialarchiv zu Macerata vernichtet hat was die wieder-
holten Brände der früheren Zeit übrig gelassen haben. Das Ar-
chivio metropolitano beginnt erst mit 1500, das Archivio
del capitolo di S. Venanzio hat überhaupt keine Pergamene
mehr, das Archivio notarile hebt mit 1386 an, das Ar-
chivio della congregazione di caritä erst mit dem 15.
1) lieber die Originalität der Urkunde, die Bethmann (Archiv XII 560) be-
sweifelte, Schiaparelli aber verficht, soll damit noch nicht das letzte Wort ge-
sprochen sein.
Papstarkunden in der Romagna und den Marken. 26
Jahrh. , das Archivio comnnale segreto mit 1207 (über
den Uhro rosso vgl. Santoni II libro rosso del Comune di Came-
rino. Foligno 1885), das Archivio comunale antico
mit 1600.
Einen wichtigen Fund bot die Biblioteca comnnale.
Hier sind verschiedene Mss. des 17. nnd 18. Jahrb., von Matteo
Pasencci , Venanzio Argenti , Angelo Benigni , Domenico Passini
und vor allem von dem Historiker Camillo Lilio, In dessen Ma-
nuscripta varia (saec. XVII) vol. III 85 steht eine bisher unbe-
kannte Urkunde von
Wibert (aemens III.) 1096. J-L. -, für das Kloster S.
Flaviano de Rambona. S. Anhang.
San Severino.
Mons. Pellegrino Caccialupi Olivieri und der Secretär
Vitt. Emanuele Aleandri unterstützten Schiaparellis Nach-
forschungen auf das Eifrigste.
Den reichen Inhalt des Archivio capitolare, seit 944,
bat schon Bethmann (Archiv XII 663) genauer angegeben. Hier
sind die
Originale :
Alexander III. 1178 I. 20. J-L. 13280 (Capsa I Nr. 6).
Lucius IIL 1184 IV. 4. J-L. 15015 (Capsa VHI Nr. 9).
Urban IH. (1186-87) IV. 27. J-L. — . (Capsa I Nr. 6).
S. Anhang.
Celestin HL 1191 VL 21. J-L. — . (Capsa XXXV).
S. Anhang.
Celestin III. 1197 IX. 9. J-L. 17578 (Capsa I Nr. 8).
Copien :
Alexander IH. (1176). J-L. f 12836 (Capsa I Nr. 3).
Cop. 8. XIV.
Außerdem besitzt das Archiv eine Serie von 136 Libri saec
XVIII mit Abschriften und Notizen, von denen Lib. LXXVIII,
Lib. CXXX, Lib. CXXXI Abschriften CriveUi's und Mazza's
der oben verzeichneten Urkunden bieten.
Die andern Archive, das Archivio comunale (Katalog
des Alberico Amatori von 1860) seit 995, mit Papstbullen von
1290 ab , das Archivio notarilei seit 1326 , und das A r-
chivio della cancellaria vescovile mit modernen
Akten, sind ohne Ergebniß besucht worden.
Die Biblioteca comunale hat mehrere für die 6e*
26 P* Eebr,
schichte der Marken wichtige Mss. Vor allen die Schcdae des
Angela Massarellij die auch ans eine reiche Ausbeute gewährten.
Dann verschiedene Mss. Notiisie per le memorie delle abbaate äi S.
Loreneo in DoliolOj 8. Eustachio de Defnoris, S. Maria de Rambona
(s. XIX) und des Luca FanciulU Memorie storiche delV antica hcuKa
e monastero di S. Maria di Rambona e degli altri due monasteri di
8. Eustachio de Demoris e di S. Lorenzo nel Dogliuolo (s. XVEH).
In beiden wird eine unbekannte Urkunde Celestins III. für Ram-
bona citirt.
Ci/ngoU.
Dr. Schiaparelli rühmt besonders des Kanzlers Don Piett*o
Antonelli Güte. Doch ergab sich, daß das bischöfliche Archiv
wie das des Kapitels, seit saec. XV, nur sehr wenig noch besitzen.
Das mit 1101 beginnende Are hivio comunale (doch ist der
Katalog Vogels nicht mehr vorhanden) hat in dem reichen Fondo
del monastero di S. Catterina einen besonderen Schatz.
Originale :
Innocenz H. 1142 III. 23. J-L. 8217.
Urban HI. 1187 in. 13. J-L. 15954.
San Mpidio a mare.
Hier kommt allein in Betracht das Archivio comunale
(Index von Tommaso Medaglia) mit dem Summarium privilegiorum
et iurium monasterii sanctae. Crucis de Clcnte von 1413 (S. Croce
am Chienti)
f. 4' Celestin IH. 1197. J-L. -. S. Anhang.
Fermo.
Dr. Schiaparelli ist besonders zu Dank verpflichtet dem Aw.
LuigiFulvi. dem Prof. G-abriele Filoni und dem Canonicus Don
Giulio Ciferri.
Das Archivio capitolare (Repertorio dell' archivio von
1841) hat u. A. die Urkunden der Badia di S. Savino (erste Ur-
kunde von 1016), des Monastero di S. Maria Maddalena (erste Ur-
kunde von 1188, älteste Bulle ist Urban IV.), des Priorato di S.
Maria a Mare und des Priorato di S. Pietro vecchio.
Papstnrknnden in der Romagna und den Marken. 27
jBadia di S, Savino,
Alexander DL 1179 X. 10. J-L. — . Orig. n. Cop. s. XVH.
S. Anhang.
Priorato di S. Pietro vecchio.
Alexander III. 1180 XI. 27. J-L. — . Orig. und Cop. von
1616. S. Anhang.
Priorato di S. Maria a Mare.
Clemens HI. 1188 VI. 10. J-L. — . Orig. und Cop. s. XVI.
S. Anhang.
Das Archivio della cancellaria arcivescovile (Index des
Card. Paracciani von 1766) hat keine alten Urkunden mehr. Das
Ms. III. C. 1. Copie di privilegi (1080—1236) s. XVm hat nichts
für uns , das Ms. IIL C. 2. Privilegia ao iura Firmanae ecclesicte
von Domenico Maggiori (1740) ist, wie schon Bethmann bemerkte,
lediglich Abschrift des Libcr episcopatus des Stadtarchivs.
Das Archivio diplomatico del Comune ist jetzt in
der Bibliothek. Die Papsturkunden stehen in dem Copialbuch des
Bistums
Liber episcopatus (Firmum Nr. 1030: Iura q[>iscoporum) ^ cod.
membr. s. XIII (vgl. Notizia sul regesto dei vescovi di Fermo in
Conferenze di storia Maceratese, Torino 1885)
f. 60' Alexander III. 1177 VIIL 15. J-L. 12917.
f. 60' Celestin IIL 1196 IX. 4. J-L. 17426.
f. 60 Celestin IH. 1197 XH. 22. J-L. 17585.
Daraus auch in den Monumenta Firmana^ cod. chart. s. XVIII,
Ms. 4. CC. 1 (Nr. 195. 196. 197) und in dem Ms. m. C. 2. des
erzbischöflichen Archivs.
Der schon von Bethmann (Archiv XH 566) vergeblich ge-
suchte Band Firmum Nr, 1029 (Liber privilegiorum saec. XIII) ist
verschollen. Firmum Nr, 1031 (Liber diversarum copiarum bidlarumj
privilegiorum et instrumentorum civitatis et episcopatus Firman, saec.
XIV) enthält ürkundenabschriften für Chiaravalle de Fiastra.
Das Archivio notarile, mit dem 15. Jahrh. beginnend,
bat nichts von Bedeutung. Dagegen besitzt Prof. Gabriele Fi-
loni zur Zeit die Urkunden von S. Maria de Virginibus, deren
älteste Alexander IV. 1252 XU. 10 ist. Das Archiv von S. Cat-
terina scheint fast ganz verloren; Reste bei Prof. Filoni. Der-
selbe hat auch ein Repertorium des Archivs von S. Domenico s.
XVm; erste Bulle war (Jregor IX. 1240.
28 P* Kehr,
Offläa.
Das Archivio capitolare (Can. Don Baldassarre Grilli)
hat als einzige Papstarkande Offidas das schon von Bethmann
(Archiv XTT 566) gesehene Original
Celestin IH. 1192 V. 11. J-L. 16870.
Ueber die andern Archive der Stadt (Archivio comunale mit
einigen Pergamenen des 16. Jahrh. , Archivio della congregazione
di caritä , seit 1466 , Archivio notarile , seit 1497) vgl. A. Mar-
chionni Notizie storiche e statistiche di Offida 1889 und desselben
Sunti storici delle opere pie amministrate dalla congregazione di
caritä di Offida 1891.
Vgl. Bethmann in Archiv XII 553; Schum in N. Archiv I
136 ; V. Pflugk-Harttung Iter p. 739. Avv. Cesare C e s a r i, der
Bibliothekar Giulio Gabrielli und die Canonici Emidio Trenta
und Dr. Emidio M o n t i kamen allen Wünschen des Dr. Schiapa-
relli auf das Bereitwilligste entgegen.
Archivio Capitolare.
Katalog von Luigi Pastori 1789. Die Papsturkunden im Bul-
larium B.
Originale :
Nr. 1 Leo IX. 1052 Vn. 1. J-L. 4278.
Nr. 2 Victor n. 1056 I. 2. J-L. 4343.
Nr. 5 Celestin IH. 1191 L 11. J-L. — . S. Anhang.
Nr. 6 Celestin IIL 1192 I. 18. J-L. 16828.
Nr. 7 Celestin IH. 1195 VIL 4. J-L. — . S. Anhang.
Copien :
Nr. 1 Leo IX. 1052 VH. 1. J-L. 4278. Cop. s. XVHI.
Nr. 4 Alexander IH. 1179 X. 24. J-L. 13481. 2 Cop. s.
XIV u. Cop. s. xvm 1).
Nr. 7 Celestin m. 1195 VH. 4. J-L. — . Cop. s. XVm.
Archivio comunale.
Inventar von 1865. Die Pergamene beginnen mit 1140.
1) Nr. 3, ein angeblicher Alexander III. ut Alexander lY.
Papstarkanden in der Romagna und den Marken. 29
Originale:
Ell: Celestin HL 1197 XH. 23. J.-L. — . S. Anhang.
Copialbficher :
QuitUemonej cod. membr. s. XIII — XIV, mit Index von L.
Pastori
f. 276 Victor H. 1056 I. 2. J-L. 4343.
Biblioteca comanale.
VgL Gabrielli II palazzo comunale di Ascoli-Piceno e le sue
raccolte. 1896. Die Pergamene stammen aas den Archiven von S.
Aügelo (seit 1028) und von S. Francesco (seit 1238, vgl. Gr. Fras-
carelli Memorie ossia iUustrazione della basilica e convento dei
padri Minori conventnali. 1855). Aas dem ersteren
Alexander HI. (1160—78) IL 21. J-L. — . Cop. von 1491
(XXIV Nr. 15). S. Anhang.
Im Libro maggiore deW archivio di S. Angela Magno ^ Ms. von
1754 , stehen verschiedene Copien , darunter der eben angezogene
Alexander III. (p. 281). Eine zweite Abschrift derselben Urkunde
in vol. lU p. 172 der 6 Bände Abschriften, die Abt Valeriana
Malaspina im vorigen Jahrh. anfertigen ließ.
unter den Mss. der Bibliothek haben die Sammelbände des
Localhistorikers Francesco Frascarelli (s. XIX) einige Wichtigkeit.
£r benutzte das Eapitelarchiv, daraus citirt er in dem Ms. Estratti
daW archivio del duomo (Ms. 110) f. 433' eine angebliche Ur-
kunde von
Urban IL 1091: concede al capitalo di Äscoli la dejnone del
proprio vescavo^).
Das Archivio della cancellaria vescovile hat keine
Pergamene; die Abschriften im BuUarium beginnen erst mit 1330.
Das älteste Document des Archivio notarile ist von 1461.
1) Aach Marcncci Saggio delle cose Ascolane (1766) p. 215 weiB noch Yon
einer andern angeblichen Papstarkunde für AscoH. Er citirt eine Bulle Ton Leo
VIIL 966 IL „rignardante la conferma di Ancarano alla ehiesa Ascolana'S
30 P. Kehr,
Anhang,
1.
Nicolaus IL bestätigt dem Kloster S. Maria in Monte bei Cesena
die Besitzungen, den Zehnten, den Markt und das Wahlrecht.
Cesena 1060 Februar 10.
Summarium quod vocaiur catalogu^s iurium monasterii s, Marias
in Monte von 1527 f. 153 Cesena Archivio storico comunale (Corpo-
rajsioni soppresse Nr, 43). — Romualdus Serra Catalogus scriptura-
rum archivii abbatiae s. Mariae in Monte prope Caesenam saec. XVIII
pars 1 f. 1, ebenda Nr. 45.
Citirt von R. Zazzeri Storia di Cesena, 1892 p. 110,
NICOLAUS EPISCOPUS«) SERUUS SERUORÜM DEI. ÜE-
NERABILI MONASTERIO SANCTAE DEI GENITRICIS SEMPER-
QÜE *> VIRGINIS MARIE SITO IN MONTE MAÜRI QÜI alio nomine
dicitur saltas Spacianus et per illud conctis eins rectoribas ibidem
regulariter promouendis in perpetuum. Debitum commissae nobis
specolationis exequimur , si piis et uenerabilibus locis oportnna
mnnimina contra saecolarium impetus prouidemus. Qaapropter
praefato monasterio cunctisque eins rectoribus, qualibus snpra
dictum est, constitoimus in perpetuum et per^^ presentem decreti
nostri paginam concedimus et confirmamus predicto monasterio in
perpetuum, id est fundum unum qui^^ uocatur saltus Spaciani, ubi
ipsum monasterium situm est, quem cognosco esse sanctae Ro-
manae ecclesiae a me datum et concessum gratuito beneficio , ita
ut a nullo ullo ulterius *^ reuocetur , et quicquid hactenus possi-
det*^ uel dehinc quocumque modo diuinis et humanis legibus cognito
poterit acquirere, et nominatim quae habet ^^ in episcopatu Raue-
nati intra ciuitatem et extra ciuitatem et in episcopatu Cesenati,
Ariminensi, Ficodensi et Montisferetrani, scüicet plebibus et ca-
pellis cum decimis et primitiis suis et cum oblationibus tarn ui-
uorum quamque et^^ mortuorum ordinandi et disponendi cum om-
a) episcopos fehU Serra. b) sempor Serra. c) per fehU Serra.
d) qaod Serra. e) a dqUo alterias /Sierra. f) possident Sierra. g) babeot
Serra. h) et fehU Serra,
Papstarkanden in der Romagaa and den Marken. 31
nibns sibi pertinentibas, et omnem decimationem conctoram domi-
nicaliam ipsios monasterii, qne ad manns suas monacbi retinaerint,
at adaenientibns monasterio hospitibns proficiat, et debitum mer-
cati ipsius loci sanctae Mariae Montis nee non com omnibos obla-
tionibus quQ ipsi coenobio quornmlibet sea collationes fideliom tarn
pro aiois quam et^^ pro defanctis pernenerint, hac nostra decre-
tali pagina*^ concedimas et confirmamas secandum apostolicam se-
dem. Preterea nibilominns corroboramas , nt semper liceat ipsis
monachis defnncto abbate sno abbatem sibi eligant de sua congre-
gatione secnndam regalam sancti Benedicti nee quomodolibet^^
homo aim faciat eis, donec idoneam habere potaerint, sin alias ex
cognita sibi congregatione comane sibi'^ pagine
qaelibet**) coiascunque conditionis nel dignitatis magna paraaqne
persona in aliquo oboiare aoluerit nel corrampere, apostolica aacto-
ritate penitas interdicimns. Si qoia aatem hoc nostram decretam
sciens temerario aasa infringere pr^sumpserit et canonice admo-
nitos emendare contempserit , anathematis nincolo innodatom se
nouerit, donec forte resipiscens digne satisfecerit, et insuper tri-
ginta libras auri compositonun , medietatem sacro nostro palatio
Lateranensi**) et medietatem aliam ipsi monasterio. Qai nero hoc
pro*' reaerentia apostolicae sedis fideliter obseroanerit, sanctorom
apostolorom precibos possessor sit regni c^lestis.
R.
Datnm Cesenae quarto idas febraarii anno domini nostri lesu
Christi millesimo qninquagesimo nono, per manns VBERTI sanctae
ecdesi^ Sila^ *^ candidae episcopi et apostolicae sedis bibliothecarii,
anno secundo pontificatns domni Nicolai papae ^^ secnndi, indictione
tertiadecima.
•) hanc nostram decretali paginam Serra. k) qoilibet Serra. T) co
mü folgender Lücke m 8ummar%um\ comune sibi mü folgender Lücke 8erra,
»).... quelibet 8ummainum\ .... pagine quilibet Serra, n) Lateranensi
palacio 8erra, o) boc pro fehU Summanum. p) Siluie Summarium.
q) pape Nicolai ^erro.
2.
Clemens II I. (Wibert) überiaßi dem Äbte Gisler von S. Flaviano
de Rambona und dessen Nachfolgern auf hundert Jahre die Hälfte
des Castells Arrianum mü Zubehör.
Fano 1096 -•
32 P- Kehr,
Co2)ie des 17. Jahrh. in Lilii Mss. varia III 85 Cafnerino
BibL comunale.
Clemens episcopus seruus seruorum dei. Dilecto filio Gis-
lerio monasterii saneti Flaaiani de Rombona abbat! tuisque sac-
cessoribus. Qaoniam dei uoluntate ecelesiarum cara nobis com-
missa est, ut eis prouideamas easque exaltemus et augeamus: ta
quidem Rambonensis coenobii abbas cum tua congregatione a nobis
suppliciter postulatis, quatenus ecclesi^ saneti Flauiani tibi com-
missi de bonis sacrosanct^ Romano, ecclesig concederemns. Et qoia
aestra non improbanda, immo uero concedenda uidetur petitio, pre-
eibus quoque confratrum nostrorum tarn Camertini quam Firmani
et Humanatis episcoporum flexi, tibi tueque supradicte ecclesi§ be-
neficium de rebus Romane ecclesif^ inferius nominandum usque ad
centom annos pensione prqfuncta persoluenda concedimus. Dimi-
diam namque castelli Arriani cam media ecclesia saneti Salaatoris,
com media torri einsdem castri et media carte, cum omnibus suis
pertinentiis , cum introitu et exitu suo , sicut detinuit Albertus
quondam Alebrandi fllius, cum ecclesiis et terris caeterisque uineis
siluis aquis aquimolis , cum omnibus sibi pertinentibus ecclesi^
saneti Flauiani ^^ usque in supradictum terminum concedimus et
confirmamus. Prgcipimus quoque ut deinceps de iis qu§ tibi et
ecclesi^ tuQ superius concessa sunt , nuUus dux, nullus marchio,
nullus comes, nullus uicecomes neque episcopus, nuUa maior uel'
minor persona te uel ecclesiam tuam molestare uel inquietare au-
deat. Qui autem tibi uel ecclesi^ tu^ de bonis supradictis ex nos-
tra liberalitate ecclesi^ tu$ collatis molestiam uel inquietudinem
aliquam sine legali iudicio inferre presumpserit, sciat se daturum
et compositurum centum libras auri optimi, dimidiam partem tibi
uel successoribus tuis, dimidiam uero camere nostr^, sedis quoque
apostolicQ anathemati se subiacere, quousque ad satisfactionem ue-
nerit, cognoscat. Fensionem unius bizantii pro unaquaque in-
dictione Romano ecclesi^ tam tu quam successores tu! usque ad
terminum constitutum persoluatis.
Ab incarnatione domini MXCVI, indictione V. Datum Fani
per manus Seruidei Petusariensis *^ episcopi.
a) Famiani Ms. b) zu emendiren ist wohl Pesauriensis, Ein Bischof
SerYUsdei von Pesaro ist iadessen, so viel ich weiß, nicht bekannt. In einer an-
dern nnedirten Urkunde Wiberts von 1089 I. 8. datiert wohl derselbe Ser?osdei
noch als sacri palatii subdiaconos.
Papstarkunden in der Romagna und den Marken. $3
3.
Innocene IL nimmt das Kloster der hh. Peter und Paul in Ri-
mim unter dem Abt Arduin in den apostolischen Schutz, bestätigt ihm
die Besitzungen und Zehnten und verleiht ihm das Wahlrecht.
Lateran 1142 März 23.
Copie des 16. Jahrh, in den Schedae des Card. Garam^n Pimini
Biblioteca Gambalunga D. IV. 248 (ex regesto s. XIV in arch. s.
luliani). — Romualdus Serra Series chronologica omnium veterum
monumentorum dbbatiae Ariminensis ss. Petri et Pauli ac luliani p. 23
d>enda C. T. 2, 7 (ex vetusto codice signato A pag. 5).
Innocentias episcopas seruus seraorum dei. Dilectis filiis Ar-
daino abbati monasterii beatorum apostolornm Petri et Pauli iuxta
pontem marmoream Ariminensis ciuitatis siti eiusque fratribas
tarn pr^sentibns quam futuris regulärem uitam professis in perpe-
tuom. Quotiens a nobis illud petitur quod rationi et honestati
conaenire dignoscitur, animo nos decet libenti concedere et peten-
tiam desideriis congruum impertiri suffragium. Eapropter, dilecti
in domino filii, uestris iustiä postülationibus clementer annuimus
et pr^fatum monasterium quod beati Petri iuris existit sub apo-
stolicQ sedis protectione suseipimus et pr^sentis scripti priuilegio
conununimus. Statuentes at quascumque possessiones qnecumque
bona idem monasterium in pr^sentiarum iuste et legittime possidet
aut in futurum concessione pontificum, largitione regum uel prin-
cipum , oblatione fidelium seu aliis iustis modis deo propitio po-
terit adipisciy firma uobis uestrisque successoribus et illibata per-
maneant. In quibus h^c propriis duzimus exprimenda uoeabulis:
plebem sancti Martini de Burdundo cum cappella sua et terris
siluis et Omnibus suis pertinentiis , curtem sancti Patriniani ^^ in
eadem plebe cum omnibus suis appenditiis , tres archus de ponte
marmoreo cum terris casLs et turribus, terram quoque sanct^ Ro-
man§ ecdesi^ qu^ est posita iuxta ipsum pontem et habet a primo
latere pontem ipsum, a secundo montem de Furcha, a tertio mare,
a quarto terram Artinacam cum flumine quod inde currere con-
Buenit, ecclesiam sancte Marii^ iu Curte cum mansis et mansionibus
quQ posita est in Posterula ducum , dccimas quoque omnium ter*
rarum uestrarum, sicut a prt^nlecesijoribus nostris uobis concessQ
sunt et scriptis eorum firmat^. Obeunte uero te nunc eiusdem
loci abbate uel tuorum quolibet successorum, nullus ibi qualibet
a) Paterniani Strra.
Kfl. U«. 4. Wim, NAchriditoiL PhUol«f.-liiBUr. KImm 1898. UA. I.
34 P. Kehr,
surreptionis astatia seu aiolentia prgponatur, nisi qaem fratres
communi consensu uel pars consilii sanioris secundum dei timorem
et beati Benedict! regulam prouiderit eligendum. Decemimus ergo
nt nee episcopo nee alicoi omnino hominum liceat locam ipsnm
temere perturbare grauare aut bona siue possessiones ipsias au-
ferre uel ablatas retinere minuere seu quibuslibet indebitis ex-
actionibus uel molestiis fatigare, sed *J omnia integra conseruentur
eorum pro quorum gubernatione et sustentatione concessa sunt
usibus onmimodis profutura. Ad indicium autem, quod idem locus
beati Petri iuris existit, duodecim denarios Lucensis monet^ nobis
nostrisque successoribus annis singulis persoluetis. Si qua igitur
in futurum ecclesiastica secularisue persona hanc nostr^ constitu-
tionis paginam sciens contra eam temere uenire temptauerit, se-
cundo tercioue commonita, si non satisfactione congrua emenda-
uerit, potestatis' honorisque sui dignitate careat reamque se diuino
iudicio existere de perpetrata iniquitate cognoscat et a sacratis-
simo corpore et sanguine dei et domini redemptoris nostri lesu
Christi aliena fiat atque in extremo examine districtQ ultioni sub-
iaceat. Cunctis autem eidem loco iusta seruantibus sit pax do-
mini nostri lesu Christi, quatinus et hie fructum bon^ actionis
percipiant ''^ et apud districtum iudicem pr^mia etern^ pacis inue-
niant. Amen. Amen. Amen.
Datum Laterani per manum Grerardi sancte Romane ecclesie
presbyteri cardinalis ac bibliothecarii, XI. kaL aprilis, indictione
V , incarnationis dominic§ anno MCXLI , pontificatus uero domni
Innocentii II. pap^ anno XIIT.
b) 8cilicet Garampi. c) percipiat Garampi,
4.
Alexander IIL befiehlt dem Erwählten Adam und den Mönchen
von Farfa, die dem Nonnenkloster S. Angelo in Ascoli widerrechtlich
entzogenen Besitzungen eurücheuerstatten,
Anagni (1160—78) Februar 23.
Gopie von 1491 Ascoli-Piceno Biblioteca comunale (Archivio di S.
Angelo. Cassetta XXIV Nr. 15). — Danach Copie von 1754 im Libro
maggiore deW archivio di S. Angelo Magno p. 281 und Copie s. XVIII
in der Sammlung des Abtes Vaieriano Malaspina^ vol. III p. 172, ebenda.
Alexander episcopus seraus seruorum dei. Dilectis filii« Ade
dicto electo et monachis Farfensibus salutem et apostolicam bene-
Papsturkanden in der Romagna und den Marken. 36
dictionem. Ex transmissa conqnestione abbatisse monasterii
sancti Angeli "^ de ciaitate Ascalana accepimuSy qaod terras et ho-
mines monasterii sni ei per niolentiam abstolistis et contra iusti-
tiam detinere non dubitatis. Quoniam igitor non decet nos ad
aliena bona diripienda manns extendere , qui propriis debetis ter-
minifl esse contenti, per apostolica uobis scripta precipiendo man-
damns, quatinns predicte abbatisse prescriptas terras et homines
sine mora et difficultate restitaatis uel infra triginta dies post
hanun sasceptionem in presentia nostra plenam exinde sibi iusti-
tiam exhibeatis. Qnod nisi feceritis, in nos anctore domino durius
nindicabimus. Dat. Anagnie VII. kal. mart.
a) agneli.
5.
Alexander III, nimfnt das Kloster der hh. Peter und Paul in
Bimini unter dem Abt Benedict nach dem Vorgange Innocenz IL in
den apostolischen Schutz, bestätigt ihm die Besitzungen und Zehnten
und verleiht ilim das ItecJU auf detn ihm von der Römischen Kirche
verliehenen Territorium eine Kirche zu errichten, das Begräbnißrecht^
das Wahlrecht^ das Recht einen Bischof für die bisdiöflichen Leistungen
£u Waiden und bestätigt die zwischen dem Bischof Opizo von Riniini
und dem Abt übert geschlossene Convention,
Ferrara 1177 Mai 5.
Copie des 18. Jahrh. in den Schedes des Card, Garampi Rimini
Biblioteca Gambalunga D. IV. 248 (ex reges to s. XIV. in arch, s.
luliani). — Roinualdus Serra Series Chronologien omnium veterum
matiumcntorum abbatiae Ariminensis ss. Petri et Pauli ac luliani
p. 39 ebenda C. T. 2, 7 (ex vetusto codice signato A pag. 6).
Der erste TlieU des Privilegs stimmt mit der Urkunde Inno-
cenz IL (s. oben Nr. 3) überein.
Qaotiens illnd a nobis.
Datum Ferrari^ per mannm Gratiani sancte Romane ecclesie
subdiaconi et notarii, lU. nonas maii, indictione X, incarnationis
dominioQ anno MCLXXYU, pontificatua uero domni Aiexandri papQ
lU. anno XVm.
6.
Alexander HL bestätigt dem Archipresbyter Mathäus und den
Kanonikern von Ancona die Besitzungen und nimmt sie in den apo-
ztoliMchen Schutz.
[Lateran 1179] Januar 19.
3*
36 P. Kehr,
Orig. Fragment Ancona Archivio capüölare.
Die Urkunde ist fast ganz verstört. Als Jahr gibt ein Dorsual an 1178.
[Dat. Lat. per manum] Alberti sancte Romane ecclesie [pres-
byteri cardinalis] et cancellarii , XIIII. kal. febraarii, indictione
[ . . . , anno] incarnationis dominice M[ ]
B.
7.
Alexander III, bestätigt dem Kloster S. Savino in Fermo unter
dem Abt Adam die Besitzungen j Zehnten und Kirchen und gewährt
ihm Freiheit vom Interdict, das Begräbniß- und das Wahlrecht.
Anagni 1179 Oktober 10.
Orig. Fermo Archivio capitolare (Monastero di 8. Savino. Chiese
Nr. 2). — Ebenda Copie s. XVII (Monastero di S. Savino. Privilegi).
Effectum iusta postolantibos.
Dat. Anagnie per manum Alberti sancte Romane ecclesie pres-
byteri cardinalis et cancellarii, VI. id. octobr., indictione XTTT, in-
0 0 0 0
carnationis dominice anno M . C . LXXVIIII, pontificatus uero domni
ALEKANDRI pape III. anno XXI.
B.
Cardinäle: TJieodinus von Porto und S. Rufina, Berner edus von
Palestrina; JoJiannes von SS. Giovanni e Paolo j Matheus von S.
Marcello ; Ardicio von S. Teodoro, Gratian von SS. Cosma e Damiano,
Johannes von S. Angelo, Rainer von S. Adriano , Matheus von S.
Maria Nuava.
8.
Alexander HL bestätigt nach dem Vorgange Eugens III. und
Anastasius IV. der Kirc/ie des h. Petrus bei Fermo unter dem Prior
Combo die Regel, die Besitzungen, die Zehnten und Oblationen, und
gewährt ihr das Begräbnißrecht ^ die Wahi des Bischofs für die bi-
schöflichen Leistungen und das WaMrec/U.
Tusculum 1180 Noveniber 27.
Orig. Fermo Archivio cajntolare (Priorato di S. Pietro vecchio
TU. XVII Rub. »). - Ebmda Copie von 1516.
Die angezogenen Urkunden Eugens III. und Anastasius IV. sind
nicht erhalten.
Pap8tarknnden in der Romagna und den Marken. 37
Com nobis sit.
Dat. Tascnlani per mannm Dauferi sancte Bomane ecdesie
sabdiaconi et notarii, V. kal. decembr. , indictione XIIII*, incama-
o
tionis dominice anno M. C** . LXXX®, pontificatas uero donni ALE-
XANDM pape III. anno XX«. IP«).
B.
Cardinäle: Theodinus von Forto und S, Rufina; Petrus von S.
Susanna j Vioianus von S. Stefano in Celio monte, Matheus von S.
Marcello; Jacinthus von Ä Maria in Cosnwdyn, Rainer von S. Geor-
gia in Velabro^ Gratian von SS. Cosma e Damiano, Rainer von S»
Adriano.
ä) Vor XXII Rasur.
9.
Lucius III. verleiht der Kirche des h, Petrus in CasuJa Ufiter
dem Priester Guido das Bcgräbnißrecht.
Verona (1184—85) Oktober 30.
Orig, Irnola Archivio capitolare (Mazzo IV Nr. 72).
lustis petentiom.
Dat. Verone III. kal. nouembr.
B.
10.
Urban III. nimmt das Kloster S. Salvatore in Simano unter defu
AU Alberich nach dem Vorgmuje Alexanders III. und Lucius HL in
deti apostolischen Schulz, bestätigt ihm die Regel, die Besitzungen und
die Zehnten und gewährt ihm das Auf nahmer edU, Freiheit vom Inter-
dici, das Begtöhniß- und Wahlrecht und andere Vorrechte.
Verona 1186 Septetnber 28.
Orig. Imola Archivio capitolare- (Mazzo IV Nr. 85).
Die angezogenen Urkunden Alexanders HL und Lucius IIL
sind nicht erhalten.
EfTectnm iusta postalantibus.
Dat. Verone per manum Alberti sancte Romane ecdesie pres-
byteri cardinalis et cancellarii , IUI. kal. octubris , indictione V,
0 0 0 0,
incamationis dominice anno M.C.LXXX. VI, pontificatas aero
domni UKBANI pape HL anno I.
B. dep.
88 P- Kehr,
Cardinale: Heinrich von AlhanOj Paul von Palestrina; Johannes
von S. Marco, Petrins de Bono von S. Susanna, Lalorans von S. Ma-
ria in Trastevere , Pandulf von SS. Apostoli , Albin von S. Croce in
GerusalenwiCj Melior von SS. Giovanni e Paolo; Jacinthus von S.
Maria in Cosmedyn, Gratian von SS. Cosma e Damiano, Bdbo von
S. Angelo, Soffred von 8. Maria in Via lata^ Roland von S. Maria
in Porticu, Petrus von S. Nicolo in carcere, Radulf von S. Giorgio in
Velahio.
U.
Urhan III. nimmt den Prior und die Brüder von S. Severino in
den apostolischen Schute nebst allem Besite, insbesondef*e den Kapdlefi
s. Severini de Ponte, s. Mariae de SaoiO, s. Blasii, s. Martini, s.
Abundii, s. Venantii, s. Donati, s. Severini de valle Materige.
Verona (1186—87) April 27.
Orig. San Severino Archivio capitolare (capsa I Nr. 6). — Ebenda
Abschriften des Bemardino Crivelli von 1755 im Liber CXXX p. 160
und des Guiseppe Mazea von 1758 im Liber CXXXI p. 134.
Sacrosancta Romana ecclesia.
Dat. Verone V. kal. maii.
B. dep.
12.
Urban III. beauftragt den Erebischof G(erard) von Ravenna, die
Klage des BiscJiofs von Imola gegen den Prior von Volcina und die
Aebtissin von S. Maria in Diaconia wegen Entziehung einiger Kirchen
und Besitzungen zu untersuchen und zu entscheiden.
Verona (1186^87) Mai 27.
Copie des 12. Jahrh. Imola Archivio capitolare (Mazzo IV Nr. 82).
Proposnit nobis.
Dat. Verone VI. kal. iunii.
18.
Urban III. beauftragt den Erzbischof G(erard) von Ravenna auf
die Klage des Bischofs von Imola, den Abt von S. Apollinare in
Glosse zu zwingen^ die der Kirche von Imola entzogene Glocke zurück'
zugeben.
Verona (1186—87) Mai 27.
Papsturknnden in der Romagna und den Marken. 89
Copie des 12. Jahrh, Imola Archivio capüolare (Mazzo IV Nr. 82).
Proposuit nobis.
Dat. Verone VI. kal. iunii.
14.
Urhan 111. heauflragt den Erzbischof G(erard) von Ravennaj
die zwischen dem Bischof von Imola und den Uospitcditern über ge-
wisse Pfarrrechte getroffene üebereinkunft beobachten zu lassen und die
Hospitaliter zu zunngen, dem Bischof und den Kanonikern von Imola
gewisse Besitzungen zurückzugAen.
Verona (1186—87) Juni 3.
Copie des 12. Jahrh. Imola Archivio capitolare (Mazzo IV Nr. 82).
Ea que inter uiros.
Dat. Verone lU. non. ionii.
15.
Clemens III. nimmt nach dem Vorgange Alexanders III. die
Kirche 8. Maria de Mari unter dem Prior Gibert in den apostolischen
Schutz, bestätigt ihr die Regel und die Besitzungen und gewährt ihr
Freilieit vom Interdict und das Begrabnißrecht.
Lateran 1188 Juni 10.
Orig. Fermo Archivio capitolare (Prioraio di S, Maria a Marc
Nr. 2). — Ebenda (Nr. 4) Copie s. XVI.
Die angezogene Urkunde Alexanders III. ist nicht erhalten.
Quotiens a nobis petitor.
Dat. Lateran! per manum Moysi sancte Romane ecclesie sab-
diaconi nicem agentis cancellarii, IUI. id. iunii, indictione sexta,
incamationis dominice anno M . C . LXXXVIII , pontincatas uero
domni CLEHENTIS pape in. anno primo.
B. dep.
Cardinäle: Theobald von Ostia und Veüetri\ Johannes von S.
Marco ^ Laborans von S. Maria in Trastevere^ Mclior von SS. Ouh
vanni e Paolo, Itadulf von S. Prassede, Petrus von S. demente, Bobo
von S. Anastasia, Pett^us von S, Pietro in Vincoli; Jacinthus von S.
Maria in Cosmedyn, Oratian von SS. Cosma e Damiano, Oclavian
von SS. Sergio e Baccho^ Soff red von S. Maria in Via lata, Gregor
von 8. Maria in Portieu, Johannes von S. Teodora.
40 P. Kebr,
16.
Celcstin IIL nimmt nach dem Vorgange Clemens III, die Kirche
des h, Kreuzes hei Zara unter dem Prior Mathetis vom Orden der
Krusiaten in den apostolischen Schute und bestätigt den in dem Streit
darüber zwischen den Kruziatcn und den Templern gefällten Schieds-
spruch.
Rom, S. Peter 1191 Juni 21.
Orig, San Severino Archivio capitolare Xcapsa XXXV), — Ebenda
Abschrift von 1755 von Bernardino Crivelli in Lib, CXXX p, 247,
CELESTINUS episcopus seruus seruorum dei. Dilecto filio
fratri JFatheo et aliis fratribus ordinis Cruciatorum salutem et
apostolicam benedictionem. | Controuersiis iudicio uel concordia
terminatis ad maiorem firmita[tem] scripture debet auctoritas in-
terponi et | iaxta postalantium uoluntatem, ne illa que sopita [fu-
eriin]t ualeant in recidiue contentionis scrupulum | deuenire, con-
uenit ea sedifs] apostolice munimine roborari. Eapropter uestris
iustis postulationibus annueii|tes , ecclesiam sancte crucis que sita
est prope ladarensem ciuitatem cum omnibus suis pertinentiis,
sicut eam | iuste et pacifice possidetis , sententiam etiam qu[am]
dilecti filii nostri I. archidiaconus et A. archipresbyter Ia|darenses,
Petrus sancti Stephan! plebanus, Matheus subdiaconus [ecclesije
sancte Anastasie de controuersia que inter uos et | dilectos filios
nostros Templarios de prescripta ecclesia uertebatur, de mandato
sedis apostolice protulerunt, sicut | eadem sententia rationabiliter
lata est, ad instar felicis recordationis Clementis pape predecessoris
nostri j auctoritate apostolica confirmamus et presentis scripti pa-
trocinio communimus. Nulli ergo omnino | hominum liceat hanc
paginam nostre confirmationis infringere uel ei ausu temerario con-
traire. Si quis | autem hoc attemptare presumpserit, indignationem
omnipotentis dei et beatorum Petri et Pauli apostolorum | eins se
nouerit incursurum. Dat. Rome apud sanctum Petrum XI. kal.
iulii pontificatus nostri anno primo"\ |
B.
a) primo auf Basur,
17.
Celestin IIL ermächtigt den Bischof von ForU , die von dessen
Vorgängei* ohne Zustimmung des Kapitels veräußerten Zehnten und
Kirchenrechte zurückzufordern.
Lateran 1192 August 27.
PapstDrkanden in der Romagna und den Marken. 41
C(>pie s. XIII. Forlt Archivio capitolare (Busta 28 Nr. 16).
Cit. von Marchcsi Supplemento istorico delV antica cittä di
Fern p. 130.
Celestinns episcopus sernus seruorum dei. Uenerabili fratri
. . Liaensi episcopo salutem et apostolicam benedictionem. Ad
aadientiam apostolatns nostri te significante peruenit, qnod ante-
cessor tuus decimas et alia ecclesiastica iura commisse tibi ecclesie
sine consilio capituli et asensu laicis personis aliis concedere in-
feudare et in enorme dampnum ipsiiis ecclesie alienare presumpsit.
Uolentes igitar granamini eiusdem ecclesie prouidere, fraternitati
tue presencium auctoritate concedimus , ut ea qne in decimis et
aliis dictus antecessor tuus de bonis eiusdem ecclesie in grauamen
ipsins iacturam sine capituli sui consen.su distraxit, legittime ua-
leas in eadem ecclesia sine appcllationis obstaculo reuocare. Dat.
Laterani VI. kal. septembris pontificatus nostri anno secundo.
18.
Celestin III. nimmt da^^ Kloster der hh. Peter und Paul in Ri-
mini unter dem AU Philipp nach dem Vorgange Benedicts, Gregors
Vlly Nicolaus 11.^ Innoceva II., Hadrian IV. und Alexanders III.
in den apostolischen Schute und bestätigt ihm die Besitzungen^ Zehnten
und Rechte.
Lateran 1193 April 3.
Copie des 18. Jahrh. in den Schedae des Card. Garampi Rimini
Biblioteca Gambalunga D. IV. 248 (ex regesto chartaceo s. XIV. in
arch. s. luliani civitatis Ariminensis p. 8). — Romualdus Serra Sc-
rirs chronologica omnium veterum monumentorum äbbatiae Ariminensis
SS. Petri et Pauli ac luliani p. 58 ebenda C. T. 2^ 7 (ex vetusto co-
dice signato A p. 8).
Die Urkunde xciederholt in der Hauptsache da^s Privileg
Alexanders III. (s. oben Nr. 5). Die angezogene Urkunde Be-
nedicts VIII. oder IX. ist nicht erhalten. Die andern sind Ni-
colaus II. J'L. 4398 y Gregor VIL J-L. 5073, Innocenz IL s,
Nr. 3, Hadrian IV. J-L. 10263, Alexander III. s. Nr. 5.
Qaotiens illad a nobis.
Datum Laterani per manum Egidii sancti Nicolai in carcere
Tolüano diaconi cardinalis, III. non. aprilis, indictione nndeeima, in-
camationis dominicQ anno MCXCIII, pontificatus uero domni Ce-
lestini pape III anno secondo'^
a)m Serra.
42 P. Kehr,
EotQf Benevalcte und Unterschriften fehlen auch hier wie oben bei
Innocenjs IL und Alexander III. Es steht hier indeß doch eine Un-
terschrift : Ego Petrus sancte Mari^ in Uia lata diaconus cardinalis ss.
19.
Celestin IIL befiehlt dem Klerus des Bisthums ForVt^ dem Bischof
bei seinem loblichen Unternehmen^ die von seinen Vorgängern veräußere
ten Zehnten f Besitzungen und Kirchenrechte surücksufordern ^ beisU"
stehen.
Lateran 1193 Juni 15.
Copie des 13. Jahrh. Forll Archivio capitolare (Busta 28 Nr. 16).
Cit. von Marchesi Supplemento istorico delV antica cittä di
Forli p. 130. Vgl. oben Nr. 17.
Celestinus episcopus sernns seraomm dei. Dilectis filiis uni-
uerso clero Forl(iuen8i8) episcopatus salutem et apostolicam bene-
dictionem. Eias honestatis ac peritie nenerabilis frater noster
episcopns nester esse dignoscitnr et talis propositi eeclesie sue ac
nestris commimiter utilitatibus intcndendi, at merito creatori nostro
intentas et deuotas teneamini gracias exibere, qui talem uobis de
saa inmensa dementia prelatum indolxit, per cnios prouidam cir-
cumspectionem et spirituale potestis et temporale sperare augmen-
tum. Qnia aero decime possessiones et alia iura sui episcopatas
predecessores eins in magnum eeclesie sue dispendium alienasse
dicuntur, que idem auctoritate nostra ad candem proposuit eccle*
siam reuocare, uniuersitati uestre per apostolica scripta mandamus
et districte precipimns, quatinus ei tamquam uestro spirituali patri
reuerenciam obedienciam exibeatis debitam et honorem et in suis
et eeclesie sibi commisse agendis taliter assistatis, ut et idem suum
tam pium utileque propositum ualeat adimplere et uos super hiis
debeatis merito commendari. Alioquin scntentiam quam in contra«
dictores seu rebelles rationabiliter duxerit promulgandam^ nos ra*
tam habebimus et precipimus , ut sine appellacionls obstaculo a
quibuslibet inuiolabiliter obseruetur. Dat. Laterani XVIL kal.
iolii pontificatus nostri anno tertio.
20.
Celestin IIL nimmt das Kloster 8. Croce am Ghienti in den apo-
stolischen SchutSy bestätigt ihm die Besitzungen, insbesondere die Kirchen
in und außerhalb der Stadt Fermo, die Zehnten und llühlen.
im.
Papstarkunden in der Romagna und den Marken. 43
AusBug im Summarium privilegiorum et iurium tnonasterii sanäae
Crucis de Clente^ cod. charL s. XV f. 4t San Elpidio a Marc Ar-
chivio comunaie (Caps. V Nr. 16).
21.
Celestin III. ermahnt den Bischofs die Consuln und das Volk von
Ascdi, seinen Bevollmächtigten^ dem Bischof von FermOj dem Abt von
Farfa und dem Suhdiacon B., den Treueid zu leisten und beauftragt
den Bischof y gegen die Anhänger des Markwald ^ seiner Nuntien und
aller Deutschen die Excommunicaiion zu verJcünden.
Lateran 1197 Dezember 23.
Orig. Ascoli'Piceno Archivio comunaie (E. I. Nr. 1).
Die Urkunde ist ein wichtiger Beitrag zu der Geschichte der
päpstlichen Becuperationen nach dem Tode Heinrichs VI, Vgl.
dazu J'L. 17585. — Die Lücken ergänze ich dem Sinne nach.
Celestinns episcopus sernas seruoram dei. TJenerabili fratri
. . episcopo et dilectis filiis consulibus et populo Escnlanis salatem
et apostolicam benedictionem. Com | iuxta prioilegiorum ecclesie
Romane tenorem tota Marchia et Tascia in patrimonio beati Petri
existant et nobis tantom in spiritaab'bas et temporalibos | debeant
respondere, nostre posset negligentie imputari, si uos renocare ad
deaotionem et iidelitatem ecclesie differremns. Sane quod hactenos
alii quam | Romano pontifici respondistis et affectnm nestrum circa
deaotionem ecclesie non potuistis , ut in proposito habebatis , in
opere demonstrare , nobis nallaienus impntamns , quos pro certo
nooimas ecclesie Romane dominium totis uiribus afFectasse. Hoc
nos olim diligentins attendentes de comjmani fratrum nostrornm
consilio dilectnm ßliam nostrum G. sancte Marie in Portion dia-
connm cardinalem *) ad partes uestras corauimas dcstinare , qni,
cnm osqne | Pernsium processisset, a Pernsinis per se, a Tndertinis
aero, Spoletanis, Asisinatibns ^\ AspcUanis , Egnbinis , Amelinensi*
bos et aliis nicinis eorum per clericos et nnn tios snos fidelitatis
sacramenta recepit. Qnia ncro cardinalis ipse pro ardnis ecclesie
negotiis reaocatns nos in persona propria, de quo dolejmns non
modiconr, non potnit nisitare, per uenerabilem fratrem nostrum . .
Firmanum episcopum et dilectos filios . . Farfensem abbatem et
a) Asisinat. auf Rasur.
1) Cardinal Gregor de S. Apostolo.
44 P. Kehr, Papsturkunden in der Romagna und den Marken.
magistrum R. | subdiaconum nostrum dicti cardinalis nices agentem "),
quibas uos tamquam eidem cardinali credere nolumus in hiis que
uobis ex parte nostra proposu|eriiit et parere, uniuersitatem ue-
stram dnximus commonendam rogantes monentes et exhortantes
in domino ac per apostolica scripta mandantes, | quatinus tarn
honori nostro qu[am] tranquillitati uestre in posterum proui-
dentes fidelitatem eis [nomine] nostro curetis , cum a uobis ] per
nuntios suos requisierint [cura]re , ut nostro dominio restituti a
Teutonicorum tirampnide in perpetu[um nostra u]os gaudeatis pro-
tectione | defendi. Nos enim uos tamquam speciales ecclesie Ro-
mane filios et ciuitatem uestram honorare intendimus et ita*^ uos
ecclesie Romane unire, ut | nullius persecutionis procella nos a
uobis aut uos ab ecclesia possit uUo tempore separare. Sciatis
autem quod quam citius dominus obtatam nobis contulerit j sospi-
tatem, de salute uestra et omnium fidelium nostrorum uobiscum
pariter disponemus et inter uniuersos ecclesie filios curabimus per-
petue pacis federa | stabilire. Ad hec uniuersitatem uestram uo-
lumus non latere, nos eos qui Marcualdo ucl nuntiis eins aut aliis
Teutonicis contra patrimoni|um ecclesie aut fideles nostros consi-
lium uel auxilium tulerint, excommunicationis uinculo innodasse,
ita quod preter mortis articulum a nuUo absolutionis | possint*'^
beneficium obtinere, nisi ad sedem uenerint apostolicam absoluendi.
TJnde fraternitati tue, frater cpiscope, presentium auctoritate man-
damuS; ut in Marcualdi et nuntiorum eins et omnium Teutonicorum
fautores qui eis"*^ contra Marchianos uel Tuscos seu alios etiam
in nostra fidelitate manentes auxilium tulerint, in illos quoque
qui occasione qualibet rcsistere uel impedire presumpserint , quo-
minus Marchia et Tuscia ad | nostrum dominium reducantur, sen-
tentiam excommunicationis promulges nee prius eis beneficium ab-
solutionis impendas, nisi mortis discrilmine imminente quam nostro
se conspectui presentarint. Dat. Latcrani X. kal. ianuarii pon-
tificatus nostri anno septimo. |
B. dep.
h) SchiaparelU liest ta . . • c) possit. d) eos.
2) Winkelmann Philipp von Schwaben und Otto lY. ?on Braunschweig I 35
Anm. 8 vermuthet in ihm den Magister Rainald von Celano.
PapBturkunden in Benevent und der Capitanata.
Bericht über die Reise des Dr. L. Schiaparelli.
Von
P. Kehr.
Vorgelegt in der Sitzung vom 19. Februar 1898.
Ich behalte mir vor, demnächst die bereits angekündigten Be-
richte unserer Mitarbeiter, der Herren Dr. M. Klinkenborg und
Dr. L. Schiaparelli, zunächst über ihre Nachforschungen in Um-
brien und den Abruzzen vorzulegen. Der Schnee trieb sie schon
im Dezember aus dem unwirthlichen Gebirge nach dem Süden;
was sie dort unerledigt gelassen haben, werden sie im März voll-
enden. Von Neapel aus haben sie dann ein Jeder sein Gebiet in
Angriff genommen ; während Dr. Klinkenborg in die Basilicata und
nach Calabrien ging, wandte sich Dr. Schiaparelli nach Benevent
und Apulien« Ich lege zunächst die Materialien vor, die der letz-
tere im Beneventanischen und in der Capitanata gesammelt hat,
und berichte kurz über die neuen von ihm gemachten Funde, die
wir seinem Eifer und seinem Geschick verdanken. Ich lasse auch
hier im Anhang diejenigen Urkunden abdrucken, die meines Wis-
sens noch nicht bekannt sind. Die drei ersten sind zwar bereits
von Vipera und TJghelli citirt, aber die Kenntniß ihres Wortlauts
ist notwendig für die Kritik der ganzen Serie der Beneventaner
Privilegien. Zwei andere gehören streng genommen nicht in diese
Sammlung. Aber das Protokoll über den Prozeß zwischen Bene-
vent und Troia und die von Paschal II. gefällte Entscheidung
(Nr. 7) verdient schon wegen der hier enthaltenen Angaben über
das Itinerar dieses Papstes mitgetheilt zu werden. Auch die Be-
neventaner Gerichtsurkunde Alexanders III. von 1167 habe ich
darum aufgenommen. Von besonderer Wichtigkeit ist femer die
46 P. Kehr,
Urkunde Honorius 11. für die Trojaner (Nr. 10) , die uns in den
Kampf zwischen dem Papst und Koger von Sizilien führt; auch
ihr Inhalt ist einer kritischen Untersuchung würdig. Endlich die
lange Bulle Urbans III. (Nr. 16) gewährt einen wichtigen Beitrag
zur Biographie Gregors VIII. , des früheren Kanzlers Albert von
Morra, und zur Geschichte der Klosterregeln; wir lernen aus ihr
das Statut kennen, welches dieser eifrige Bekenner klösterlicher
Strenge zwei Klöstern seiner Beneventanischen Heimat gab. Da-
gegen sehe ich davon ab hier den Text der bisher nur im Ex-
cerpt bekannten, aber wichtigen Urkunde Alexanders 111. betreffs
den Streit zwischen Siponto und Gargano von 1177 September
25 (J-L. 14233 zu 1168 — 81) wiederzugeben, da wir hoffen einen
besseren Text in Manfredonia zu finden.
Die Ueberlieferung des Südens, über die so mancher Sturm
hinweggegangen ist, ist sehr trümmerhaft. Die wenigen wohl-
erhaltenen Archive ragen wie Inseln aus der allgemeinen Verwü-
stung hervor. Der Besuch der meisten Orte brachte nur die trau-
rige Gewißheit, daß nichts mehr vorhanden.
In 8. Agata dei Goti fand Dr. Schiaparelli zwar die liebens-
würdigste Aufnahme bei dem bischöflichen Generalvicar Mona. Do-
menico Giannelli, aber keine Gelegenheit sie auszunutzen. Das
Archivio del Capitolo ist klein und kümmerlich, Pergamene sind
gar nicht da , die Akten beginnen mit 1695. Das bischöfliche Ar-
chiv ist durch einen Brand im Jahre 1500 zu Grunde gerichtet
worden; die wenigen Pergamene gehen nicht über das 16. Jahrh.
zurück. Dagegen sind 212 Bände Misccllanea antica vorhanden, die
aber keine Ausbeute gewährten. Erwähnt mag werden, daß in
dem Libro nuovo o FlcUea bonorum mensae episcopalis von 1721 f. 8
ein Diplom Friedrichs IL von 1239 für den Bischof Johann citirt
wird betr. das Castell von Bagnoli. Auch im Archivio comunale
sind keine Pergamene erhalten. £benso hat das Archivio dell'
ospedale e della congregrazione di caritä nur moderne Akten. Das
bischöfliche Seminar hat nichts.
Das alte Archiv von Telese scheint ganz zu Grunde gegangen
zu sein. Der Bischofssitz kam nach Cerreto vecchio, nach dessen
Zerstörung durch Erdbeben Bischof und Kapitel nach Cerreto nuovo
übersiedelten. Hier befinden sich auch ihre Archive, aber sie ha*
ben nur jüngere Sachen. Im Archivio del Capitolo della catte-
drale sah Dr. Schiaparelli nur einige Pergamene ohne Werth. Das
Archivio del Capitolo della coUegiata di S. Martine beginnt mit
Papstnrkanden in Benevent nnd der Capitanata. 47
1548. Das Archiyio della canccllaria vescovile mit dem 16. Jahrb. ;
auch der Libro magno della curia di Telese-Cerreto saec. XVI— XVII
bot nichts. Das Archivio comnnale hat nur Akten dieses Jahrh.,
das bischofliche Seminar hat nichts.
In Ariano sah Dr. Schiaparelli das Archivio capitolare , wo
eine kleine Sammlang schlecht erhaltener und übel geordneter Per-
gamenturkunden vorhanden ist, aber sie gehen nicht über das 13.
Jahrh. zurück. Das Archivio della Collegiata di S. Pietro beginnt
erst mit dem 17. Jahrh. Das Archivio delle curia vescovile zer-
störte ein Brand; es soll jetzt nur noch Akten dieses Jahrh. be-
sitzen. Auch das Archivio comnnale ist ganz modern. Die Biblio-
teca Stanislao Mancini soll Manuscripte nicht besitzen.
In Bovino führte ihn Dr. Gaetano Gera Canonico tesoriere
della cattedrale in das Kapitelarchiv ein. Die Urkunden beginnen
mit 1100, die älteste Papsturkunde ist Innocenz III. 1208 11. 3 in
Copie saec. XVI. In dem Ms. Produeioni del capitolo di Bovino
confro D. Haffaele Rocco fand Schiaparelli eine Copie von 1826 von
Tancred 1190 November. Von Handschriften sah er ein Missale
Romanum saec. XT, ein Legendarium saec. XIII, Commentaria in
psalmis saec. XIII, Decretum G-regorii IX. saec. XIII. und meh-
rere Breviarien und Missale. Ganz modern sind sowohl das bi-
schofliche wie das 1860 verbrannte Stadtarchiv. Auch die Biblio-
thek der Stadt und des Seminars sollen nichts haben.
In Lncera fand Schiaparelli die freundlichste Aufnahme bei
dem gelehrten Kapitelarchivar Alfonso Piemonte. Die Perga-
mene des Kapitelarchivs beginnen mit dem 14. Jahrh. ; unter ihnen
sind mehrere Diplome des Anjou's. Dürftig soll der Inhalt des
bischoflichen Archivs sein; die Documente gehen nicht über das
16. Jahrh. zurück. Auch im Stadtarchiv sind nur wenige Per-
gamentorkunden vom 14. Jahrh. ab vorhanden. Die Bibliothek
des Seminars hat nichts, die Stadtbibliothek soll 300 Handschriften
besitzen, aber im Transport in ein neues Local begriffen waren
sie onzugSnglich.
Senevento.
Vgl. Bethmann im Archiv XII 625 und den Giornale storico
degli Archivi Toscani VI 67 abgedruckten Bericht von Del Giu-
dice; Schnm im N. Archivi 129. Das Kapitel, besonders der Vi-
car Mens. D. Paolo Schinosi, Bischof von Gaza, nnd der Biblio-
thekar D. Nicola Colle de Vita, gewährten onserm Mitarbeiter
die größten Freiheiten in Bezug auf Benutzung des reichen Ma-
48 P* Kehr,
terials des Eapitelarchivs. Auch in den andern Archiven und
Bibliotheken Benevents fand er alles nötige Entgegenkommen.
Niemand hat sich um die Erhaltung der Urkundenschätze Be-
nevents ein größeres Verdienst erworben als der Cardinalerzbischof
Orsini, der 1730 als Papst Benedict XIII. gestorben ist. Er ließ
durch den Benedictiner Kasimir Graiewski und den Kapitelarchivar
Agnello Rendina in den Jahren 1709 — 10 alle Archive der Stadt
systematisch durchforschen, ordnen und katalogisiren ; dank dieser
Arbeiten ist die Orientirung nicht schwierig.
Archivio-biblioteca capitolare.
Index generalis voluminum et monimentorum quae servantur
in bibliotheca R"* Cap. ecclesiae metropolitanae expensis eiusdem
capituli , cura autem et studio d. can. Caroli Pedecini procuratoris
generalis transcriptus a. 1713.
Die Pergamene des Archivs sind in Bände gebunden, andere
sind in Capseln (tubi) und Casetten aufbewahrt.
Originale :
Leo IX. 1053 VII. 12. J-L. 4299. (Pergamene a parte Nr. 8).
Anaclet IL 1136 X. 21. J-L. 8429. (vol. XXXII Nr. 1).
Anastasius IV. 1153 IX. 22. J-L. 9743. (Perg. a parte Nr. 11).
Hadrian IV. 1156 IX. 28. J-L. 10206. (ibid. Nr. 13).
Alexander IH. 1168 IV. 26. J-L. 11389. (vol. XLVIH Nr. 19).
Alexander III. 1169 VII. 24. J-L. 11636. (vol. XXXII Nr. 8).
Alexander IIL 1179 VU. 27. J-L. 13457. (vol. XXXII Nr. 2).
Urban III. 1186 XII. 1. J-L. — . (vol. XL Nr. 24). S. Anhang,
ürban lU. 1187 IL 1. J-L. 16934. (vol. XL Nr. 23).
Urban HI. 1187 IIL 26. J-L. — . (Perg. a parte Nr. 14). S. An-
hang.
Copien :
Leo IX. 1063 VII. 12. J-L. 4299. (vol. XXXU Nr. 3). Cop. von
1290.
Urban IL 1091 IV. 1. J-L. 5446. (vol. LXIV Nr. 47). Cop. s.
xvn.
Paschal H. 1101 XI. 17. J-L. 6876. (Perg. a parte Nr. 9). Cop.
V. 1431.
Gelasius IL 1118 IV. 18. J-L. — . (vol. XLVIU Nr. 12). Cop.
8. XIV. S. Anhang.
Calixt n. 1123 L 6. J-L. — . (vol. XLVIH Nr. 12). Cop. s.
XIV. S. Anhang.
Papstarkanden in Beneveut und der Capitanata. 49
Anadet H. 1136 X. 21. J-L. 8429. (vol. LXIV Nr. 10). Cop.
8. XVI.
Anaatasius IV. 1153 IX. 22. J-L. 9743. (vol. LXIV Nr. 8). Cop.
8. XVI.
Hadrian IV. 1156 IX. 28. J-L. 10206. (vol. LXIV Nr. 9). Cop.
8. XVI.
Alexander HI. 1169 L 30. J-L. 11589. (vol. LXIV Nr. 24). Cop.
8. xvm.
Alexander HI. 1169 I. 30. J-L. 11591 (vol. LXIV Nr. 23). Cop.
8. xvni.
Alexander ÜI. 1177 IX. 26. J-L. 14233. (vol. XLVIU Nr. 49).
Cop. von 1417.
Urban UI. 1186 XU. 1. J-L. — . (vol. LXIV Nr. 22). Cop. s.
XVIL S. Anhang.
Rotnlns von 1464, (alte Sign. AAI, jetzt tubo XVIII), 1,81 m
lang, aoB drei großen Pergamentstücken zusammengesetzt, doch
fehlt der untere Teil. Er wurde angelegt auf Befehl Pauls II.
durch Bulle von 1464 September 22 „Quia quibusdam bonis" durch
den Greneralvicar Facius de Galeranis de Senio und authentizirt
durch den Notar Nicolaus Ruffus 1464 November 17 ^). Die Bulle
Pauls nennt als Quellen:
librum ufium priuilegiorüm Romanorutn pontificum et imperatorum
in cfirta membrana et de littera longöbarda scriptum , sex litteras
apostolicas similiter in carta membrana scriptas^ litteras uidelicet
domini Änadeti pape secuftdi , bulla plunibea more Romane curie
inpendente cum cordula serici uiridi coloris bullatas, litteras do-
mini Älexandri pape tercii sine bidla et cordula ^ litteras domini
Benedicti pape sine bulla et cordula, ....
Gemeint sind Benedict VIII. J-L. 4006, dessen Original aber
nicht mehr vorhanden ist, Anaclet II. J-L. 8429, Alexander
ni. J-L. 11635. Die andern Papsturkunden waren aus dem
verschollenen alten Copialbuch.
Nr. 1. VitaUan (658—71) L 30. J-E. f 2098.
Nr. 2. Agapet II. 947. J-L. 3636.
Nr. 4. Marinua H. 943 XI. 11. J-L. 3623.
Nr. 5. Johannes XIL 956 XU. 19. J-L. 3680.
Nr. 6. Johannes XIII. 969 V. 26. J-L. 3738.
1) Dm ist des Yipera Cbronoiogia episc. et archiepise. Bene?entan. (1636)
Fasdcolas pmilegioram, aus dem er die Bene?eiitaner Privilegien theils abdruckt
Iheilt cttirt
Kfl. 0«. 4. Wi«. MtclirieklM. Pklloloc..lüstor. KIhm. I9M. 0A. 1. 4
60 P. Kehr,
Nr. 7. Johannes XIV. 983 XIL 6. J-L. 3822.
Nr. 8. Gregor V. 998 IV. J-L. 3884.
Nr. 9. Sergius IV. 1011 I. 21. J-L. 3970. S. Anhang.
Nr. 10. Benedict VHI. 1014 HI. J-L. 4005. S. Anhang.
Nr. 11. Leo IX. 1053 VU. 12. J-L. 4299.
Nr. 12. Stephan IX. 1058 L 24. J-L. 4383. S. Anhang.
Nr. 13. Alexander 11. s. d. J-L. — . S. Anhang.
Nr. 14. Alexander II. s. d. J-L. — . S. Anhang.
Nr. 19. Anaclet /I. 1136 X. 21. J-L. 8429.
Nr. 20. Alexander IIL 1169 VII. 24. J-L. 11636.
Nr. 21. Benedict VIII. 1014 III. J-L. 4006. S. Anhang.
Copialbücher :
1. Bullarium sdectum s. Benetientanensis ecclesiae ab a. 668 ad
a. 1691 contpilatum a. 1694 iussu . . eard. Ursini, cod. membr.
(vol. XXVn), zusammengestellt von Kasimir Graiewsky,
Mönch von S. Amand (Elnon). Die Minute davon befindet
sich im erzbischöflichen Archiv. Die meisten Urkunden
sind dem Transsumt von 1464 entnommen, aus den Origi-
nalen abgeschrieben sind die noch jetzt vorhandenen Ori-
ginale J-L. 8429. 10206. 11636. 13467 und das verlorene
Originalfragment Johannes XIII. J-L. 3738: „ex peruetusto
et pene consumpto originali^. Auch das Original von
Leo IX. J-L. 4299 war schon damals Fragment.
2. Äuctarium bidlarii sekcti s. Benmentan. ecclesiae ccmpHati a,
1694 . . ab a. 1352 usque ad a. 1607 vom J. 1695 (vol.
XXVUI). Auch die Minute dieses Ms. ist im erzbischöf-
lichen Archiv.
Nr. III p. 68 Alexander IIL 1177 IX. 25. J-L. 14233.
3. Appendix ad äuctarium bullarii selecti (vol. XXIX).
Nr. XI p. 100 Anastasius IV. 1163 IX. 22. J-L. 9743.
Nr. XII p. 110 Hadrian IV. 1156 IX. 28. J-L. 10206.
Nr. XIV p. 118 Urban III. 1187 IIL 26. J-L. — . S. Anhang.
Archivio della cancellaria arcivescovile.
Nur eine kleine Sammlung jüngerer Pergamene ist vorhanden.
Auch die Mss. sind ohne Bedeutung. Daß hier die Minuten (cod.
chart.) des BuUarium sdectum und des Äuctarium sind, ist bereits
bemerkt.
Orfanotrofio femminile di S. Pilippo.
Hier sind die Reste des Archivs von S. Sofia und S. Vittorino.
Papsturkanden in fienevent and der Capitanata. 51
S. Sofia.
Inventario dei libri e delle scrittare della canonica di S. Sofia
8. XVIII. Die Pergamene sind in 38 Bände gebunden*;.
Originale :
Alexander III. 1167. J-L. — . (vol. VIII Nr. 9). S. Anhang.
aemens III. 1189 XI. 8. J-L. 164B0. (vol. II Nr. 11).
S. Anhang.
Copien :
Leo IX. 1052 V. 21. J-L. 4276. (vol. II Nr. 2). Cop. s. XI.
S. Vittorino.
Regestum generale scripturarum in perg. et papyr. s. Victorini.
Die Pergamene in 9 Bände gebunden. In Vol. I (donationes
seit 1016)
Nr. 8. Alexander III. 1168 IV. 26. J-L. 11389. Cop. von
1363.
Archivio comunale.
Inventario generale dell' archivio comunale 1891.
VoL I. Bullae summorum pontificum saec. XIII.
Vol. II. Brevia summorum pontificum saec. XV.
Vol. III. Diplomata imperatorum, regum et principum*).
Hier sind auch die Archive der aufgehobenen Klöster S. Mo-
desto (von 1139 ab), S. Spirito (von 1356 ab), S. Bartolomeo (von
1020 ab) , S. Caterina (von 1299 ab) , S. Domenico (von 1086 ab),
S. Pietro (von 1053 ab) und der Jesuiten. Aber sie haben nur
Privaturkunden.
Andere Theile der Archive der aufgehobenen Klöster sind im
Ufficio del demanio, aber es sind durchaus jüngere Mate-
rialien: die älteste Urkunde ist aus dem 13. Jahrh. vom Archiv
von S. Donato.
Das Archivio parrocchiale di S. Modesto hat noch
Urkunden in 11 Bänden, anfangend mit 1144, und einen Libcr iurium
saec. XVI.
Die Biblioteca comunale arcivescovile endlich besitzt
eine bescheidene Zahl von jüngeren Mss. , die Bedeutung für die
1) Die Kaiserurkunden im vol. II bat schon Bethmann citirt. Die von Beth-
mann (S. 52G) bei den Jesuiten benutzten Materialien von S. Sofia sah Schiapa-
rt tti jetzt im Regio Liceo Giannonc.
2) Hier ist auBer den von Schum (N. Archiv 1 139) citirten Copien von Hein-
rich VI. St. 4702 nnd dem Original von Friedrich IL BF. 3184 ein Original and
eine Copic von Tancred von 1198.
4*
52 ^- Kehr,
Localgeschichte haben mögen. Abschriften von Papsturkunden
fanden sich nur in dem Ms. des 6r. de Nicastro Benevento sacro
1683, nämlich von J-E. f 2098, J-L. 3738. 4299. 4383 und von Ce-
lestin IIL 1195 IV. 3. J-L. f 17211 für S. Modesto ^).
Traia.
Dank dem wohlwollenden Entgegenkommen des Bischofs Mons.
Tempesta, des Generalvicars Can. D. Giorgio Marziale und
des Archivars Can. Vincenzo Stefanelli, hat Dr. Schiaparelli
in dem reichen und so gut wie unbekannten Kapitelarchiv von
Troia gründliche Umschau halten und eine stattliche Ausbeute
gewinnen köimen ").
Das Kapitelarchiv ist ungeordnet, die Urkunden sind
ohne Prinzip in 23 Säcke verteilt, von denen 22 mit den Buch-
staben A — Z gezeichnet sind, einer ohne äußeres Abzeichen ist.
Allerdings gibt es ein Repertorium des vorigen Jahrh. Eepertorio
dt tuite le scriiture del capüolo registraie alfabeticamente e riposte
nei sacchetii con la distineione dei numeri, das aber ganz unzuver-
lässig ist').
Originale :
Alexander H. 1067 IX. 9. J-L. — . (Q Nr. 10). S. Anhang.
Paschalis II. 1100 XI. 10. J-L. 5843. (M Nr. 17).
PaschaUs II. 1113 X. 16. Placitum. (K Nr. 11). S. Anhang.
Hadrian IV. 1156 VII. 6. J-L. — . (C Nr. 15). S. Anhang.
Alexander HL 1180 IIL 14. J-L. — . (G Nr. 11). S. Anhang.
Lucius ni. 1184 IL 24 (25). J-L. — . (V Nr. 23). S. Anhang.
Clemens m. 1188 IL 18. J-L. — . (A Nr. 22). S. Anhang.
1) liier steht p. 321 eine Urkunde Friedrichs II. Dat. apad Fercntinum 6.
Oct ind. X (?).
2) Vgl. indessen Yinc. Stefanelli Memorie storiche della cittä di Troia. Na-
poli 1879. Die Oocumcute sollten in einem 2. Band veröffentlicht werden.
8) Ich thue wohl ein gutes Werk, wenn ich auch die hier befindlichen Her-
zogs- und Königsurkunden verzeichne, da doch wohl so bald Niemand den entle-
genen Ort aufsuchen wird:
Roger 1096, duc. XI, Dec, ind. IV. Orig. (B Nr. 7).
Roger 1105, duc. XX et I, ind. XIII. Orig. (Q Nr. 10).
Roger 1129, ind. VIII. Orig. (P Nr. 11).
Friedrich II. 1200. Mai. ind. III. reg. IL Palermo. Orig. (Sack ohne Zei-
chen Nr. Ib).
Friedrich II. 1210. Nov. ind. XIU. reg. XIII. Messina. Orig. (A Nr. 60).
Friedrich IL 1220. Aug. ind. VIII. Rom. VUI. Sic. XXHI. in castris apad
Isinbrugge. Orig. (A Nr. 61).
Papstarkanden in Benevent und der Capitanata. 53
Clemens m. 1189 X. 25. J-L. — . (A Nr. 11). S. Anhang.
Celestin III. 1192 I. 1. J-L. — . (T Nr. 15). S. Anhang.
Celestinlll. 1194 III. 26. J-L. — . (E Nr. 9). S. Anhang.
Celestin ni. 1194 V. 12. J-L. -. (Z Nr. 32). S. Anhang.
Celestin III. 1194 V. 17. J-L. —. (R Nr. 16). S. Anhang.
Copie :
Alexander II. 1067 IX. 9. J-L. 4727 Cop. s. XVIII. (B Nr. 17).
Clemens III. 1190 lU. 20. J-L. — . im Transsumt Clemens VI
(L Nr. 13). S. Anhang.
Ein Rütulas von 52 zusammengenähten Pergamenen enthält
die Akten des Streites zwischen Troia und Foggia aus der Zeit
Clemens VI., darunter Copien von
Hadrian IV. 1156 VII. 6. J-L. — .
Alexander IIL 1180 III. 14. J-L. — .
Clemens III. 1190 III. 20. J-L. — . S. Anhang.
Celestin III. 1194 III. 26. J-L. — . als Clemens HI.
Celestin IIL 1194 V. 12. J-L. — .
Celestin III. 1194 V. 20. J-L. — . S. Anhang.
Von Wichtigkeit ist endlich auch das Ms. des Canonico Vin-
ceneo Aceto di S. Severo , Troia sagra 2 vol. von 1728 *). Der
Autor hat die sämtlichen Urkunden für Troia copirt, darunter
auch einige, die jetzt nicht mehr vorhanden sind oder doch sich
nicht finden lassen wollten. Nur diese verzeichne ich
VoL I f. 41 Alexander II. s. d. J-L. 4640* aus derselben
Quelle, auf die auch Colettis Abschrift bei v.
Pflugk-Harttung Acta II 103 Nr. 138 zurückgeht,
f. 39 Alexander II. 1067 IX. 9. J-L. 4727 ohne An-
gabe der Quelle.
f. 139 Honorius IL 1127 XU. 5. J-L. — . dall' origi-
nale deir Univcrsita di Troia. S. Anhang,
f. 156' Hadrian IV. s. d. J-L. - %
f. 193 Clemens IIL 1189 X. 6. J-L. — . S. Anhang,
ex originali arch. capit.
1) Einen Auszug aus diesem Werk von Dom Aut. Longhi Patriiio Fog-
giaoo TOD 1710 besitzt die Biblioteca uazionulo in Neapel XV F. 45.
2) Er gibt aber nur fol^jende« Regest; Papa Adriano quarto per un privi-
Itgio ha amcedato al deito Guglithno terzo ve^covo di Troia la chiesa delV Inco-
r<maia, come « nofa in |«m manoscritii antichi e fra ffU altri neUi riportorii an-
tichi deUe ncriUure deUa chiesa Troiana. Qual itrit^iltgio hoggi non sta nfUe
teritture del capiiolo^ posso ben crcdere dit tti cofutervasse nelle scritture del rw-
covo, spero con qualc/u congiontura A(irer/o per poterlo esemplare e regittrarlo in
que$to libro.
64 P- Kehr,
Vol. II am Ende gibt eine Abschrift des Rotulas betreffend
den Streit zwischen Troia und Foggia.
Das Archivio della curia vescovile soll nur Tauf-
akten besitzen.
Das Archivio comunale ist modern. Auch in dem hier
befindlichen Archiv der Benedictinerinnen von S. Benedetto sah
Schiaparelli nur ein par Pergamente saec. XVII. Doch wurde ihm
erzählt, daß nach 1870 alte Urkunden daraus verkauft worden seien.
Das Ufficio delregistro hat Akten der aufgehobenen
Klöster, aber nur jüngeren Ursprungs.
Foggia*
Der bischöfliche Generalvicar Mons. Dr. Gennaro Guida ver-
wirklichte in hohem Maaße die Hoffnungen, die sein Name er-
weckt. Das Archivio capitolare ist zwar klein, aber so gut
gehalten, daß man ihm einen größeren Reichtum wünschen möchte.
Die Pergamene beginnen erst mit 1189 und zwar mit dem Ori-
ginal von
Clemens III. 1189 VI. 5. J-L. — . S. Anhang.
Außerdem besitzt es 63 Bände Miscellanea storica. Deren I.
Band Privilegi enthält Copien saec. XVIII von
p. 3 Celestin III. 1190 III. 20. J-L. — . nach dem Trans-
sumt Clemens VI.
p. 109 Clemens III. 1189 VI. B. J-L. — .
Ferner einen Libro rosso von 1794, verfasst vom Abt Alessio
Aurdio Pclliccia mit einer Abschrift der oben angeführten Bulle
Clemens III.
Das Archivio della curia vescovile hat nur ein par
Mss., darunter einen Band Documenti mit Copien s. XVII — XVIII.
Nr. 13 u. 29 Alexander IL s. d. J-L. 4727.
Nr. 12 Paschal IL 1100 XL 10. J-L. B843.
Nr. 20 Clemens UI. 1188 IL 18. J-L. — .
Nr. 10 Celestin UI. 1194 III. 26. J-L. — .
Nr. 6 Celestin lU. 1194 V. 12. J-L. — .
Ein anderes Papierheft saec. XIX mit dem Titel Capitolo per
diriUo elettivo hat Abschriften von
p. 1 Celestin IIL 1194 HI. 26. J-L. -.
p. 89 Clemens IIL 1190 HI. 20. J-L. — . nach dem Trans-
samt Clemens VI.
Papstnrkanden in Benevent und der Gapitanata. 6^
Das Archivio comnnale besitzt keinerlei Pergamene, nur
einen Libro rosso in 3 vol. von Prospero de la Basiia ans dem 16.
Jahrb.
Ebenso wenig haben das Archivio provinciale nnd das
Archivio notarile mandamentale ältere Urkunden.
Die Bibliothek des Seminario vescovile hat nichts. Die
Handschriften der Biblioteca comnnale (vgl. Mazzatinti In-
ventari IV 142) sind ohne Werth.
Anhang.
1.
Sergius IV, bestätigt dem Erzbischof Atfanus vofi Benevcfit das
Erzbistum und die Weihe der Suffragane seiner Provinz^ das Klo-
ster S. Michael auf dem Gargano mit der Kirche von Siponto und
verleiht ihm und seinen Nachfolgern das Pallium.
1011 Januar 21.
Copie im Rotulus von 1464 Benevent Archivio capiiolare. — Da-
nach auch im Bullarium sdectum von 1694 Nr. XVII p. 73 ebcjida.
Vgl. J- L. 3970. Der Text schließt sich im Ganzen der Ur-
kunde Gregors V. J-L. 3884 an; der die Palliumverleihung
enthaltende Passus ist dem Privileg lohannes XIV. J^L. 3822
entlehnt.
Sergios episcopas seruus seruoram dei. Dilecto filio in do-
mino Alfano nenerabili archicpiscopo sancte Benenentane ecclesie
tmsqne snccessoribns imperpetnam. Cum sunmie apostolice di-
gnitatis apex in hoc diuini'^ profectu^ nitore prenoscatur prc-
fulgere et in exercendis dei laudibus sui^^ impensuis studeat la-
boris exercere certamen, ob hoc debita nos eiusdem apostolice
pastoralis compulit sollicitudinis cnra, queque ad stabilitatem
piorum locornm promulgari et apostolice institucionis censura
confirmari. Igitur quia postulasti a nobis, quatenus concodere-
mns et confirmaremus tibi tuisque successoribus imperpetuum
integrum Bcneuentanum archicpiscopatum , sicut a predecessori-
bns nostris tuis predecessoribus concessum et confirmatum est,
pro qua re flexi ^^ precibus tuis id quod postulas libenter con-
a) dioüie. b) tnit c) flexit.
56 P. Kehr,
cedimus et perpetualiter coufirmamas integrum ipsum archiepisco-
patam Beneaentanam et infra eodem arcfaieplscopatam saamqae
diocesim in locis quibus olim fuerunt imperpetuum episcopos ^ con-
secrari, qui uestre subiaceant dicioni, scilicet Bibine, Ascolo, Lu-
ccria, Larino, Termnla, Triuento, Thelesia, Alife, sancta Agathe,
Sessula, Abellino, Quintodecimo, Ariano, Uulturaria, confirmantes-
qne cciam tibi tuisque successoribas ecclesiam sancti Michaelis
archangeli in monte Gargano cum ipsa Sipontina ecclesia et cum
Omnibus earum pertinenciis et omnia predia urbana uel rustica cum
ecclesiis monasteriis familiis utriusque sexus massis castris con-
structis '^ et amodo et deinceps construendis et cuncta que uidentur
esse pertinencia ipsarum ecclesiarum. Preterea concedimus tibi
tuisque successoribus pallei usum ex more ad missarum sollempnia
celebranda, scilicet in his festiuitatibus , id est in natale domini,
epiphanie, purificatione sancte et semper uirginis Marie et in
anunctiacione eiusdem, cena domini et in pascalibus festiuitatibus,
ascensione domini et pentecoste, in festiuitate sancti lohannis bap-
tiste et in nataliciis beatorum apostolorum et in assumptione et
natiuitate sancte Marie semper uirginis domine nostre simulque
et in dedicacione sancte ecclesie tui archiepiscopatus nee non et
in die tue consecracionis et in consecracione et congregacione
episcoporum suffraganeorum tuorum et in consecracione ecclesie,
uerum et in festiuitate beati Michaelis archangeli et translacione
corporis beati Bartholomei apostoli, sicut a predecessore nostro
domno Gregorio huius sancte sedis presule sanctitum est, in secre-
tarium uero tua fraternitas pallium induere debeat et ita ad mis-
sarum sollempnia uel ad sancta sinoda proficisci et nichil tibi am-
plius ausu temerarie presumptionis arrogare, ne dum exteriori ha-
bitu inordinate aliquid arripitur, a proprio et licito labetur. Item
concedimus et donamus uobis licentiam et potestatem auctoritate
beati Petri apostolorum principis et nostra per uniuersas eccle-
sias/), que sub tuo archiepiscopatu destitute sunt, episcopos conse-
crandi, presbyteros faciendi, reliquias recondendi et omne sacrum
officium atque ministerium faciendi, que rite episcopis et archiepis-
copis est licencia^> faciendi. Hortamur morum tuorum omamenta
conuenienter , quatenus auctore deo recte et ubique possis esse
conspicuus. Siquidem insuper apostolica censura sub diuini obte-
stacione iudicii et ualidis atque atrocioribus anathematis interdic-
tionibus, ut nullus umquam alicuius potestati uel dignitati preditos
homo siue clericus siue laycus siue sit magna siue parua persona
(2) episcopo e) constratis. f) uniuersis ecclesiis. g) liccnciam.
Papstarkonden in Benevent und der Capiunata. 57
aat Grccas aat Latinus tno iasto iadicio nel excomanicacionc
spemere aut pro nichilo ducere uel in predicta tua sancta Bene-
nentana ecclesia aliquam nim facere aeU) de his que ei pertinere
uidentur*), qnoqao modo aufer re uel alienare uel eius minuere ter-
minos •') et nee quamlibet maliciam aut iacture molestiam in eadem
inferre quocumque tempore nee licencia sit , ut dictum erat , ex *)
eius uel omnibus eidem pertinentibus cuiquam magne parueque
persone auferre, ut profecto iuxta id quod a nobis statutum erat
eadem uenerabilis sancta Beneuentana ecclesia apostolicis consti-
tutis atque priuilegiis consistens ornata inconcusse dotata per-
maneat. Si quis autem, quod non optamus, nefario ausu presump-
serit tuo iusto iudicio et excomunicacione pro nichilo ducere et
noluerit obaudire uel ea que superius a nobis ad laudem dei pro
stabilitate iam dicte ecclesie Beneuentane statuta sunt refragare
aut in quoquam transgredi siue Grrecus sit seu quicumque alter
homo, qui dominacionem et primatum habere noluerit per se aut
per alterum quemlibet hominem in prefatis ecclesiis sine uoluntate
et iussione Beneuentani archiepiscopi, et illi qui eos fortasse reci-
pere presumpserint et uestro iudicio iusto et excomunicacione pro
nichilo duxerint et non obaudierint , omnes pariter sub eodem
nostro apostolico et districto insolubili anathemate permaneant
et in nulla ecclesia intrare presumant aut aliquod officium eccle-
siasticum faciant. At uero qui pio intnitu obseruator et in om-
nibus extiterit custodiens huius nostri apostolici constitucionibus
ad cultum dei respicientibus , benedictionis graciam a misericor-
dissimo domino deo nostro multipliciter consequatur et uite ^^terne
particeps effici mereatur.
Scriptum per manus Benedicti notarii regionarii et scriniarii
sancte Romane ecclesie, in mense ianuario, indictione nona.
Bene valete.
Dat. XII. kal. febr. per manus Benedicti episcopi sancte Por-
toensis ecclesie et bibliothecarii sancte apostolice sedis anno deo
propicio pontificatus domni nostri Scrgii sanctissimi quarti pape II,
indictione nona, mense ianuario, die XXI ^.
h) ael und pertinere aideatar fMt; ich ergänzt die Warte atu der Vorut'
künde, %) zu ergänzen ist etwa presamat. k) ei.
8.
Benediä VIII. bestätigt dem ErsUschof Alfanus van Benevent
und Sipatito das Ergbistum und die Wtihe der Buffragane seiner iVo«
68 P. Kehr,
f>inzy das Kloster S. Michael auf dem Gargano mit der Kirche von
Siponto und verleiht ihm das Pallium,
1014 Märe.
Zwei Copie^i im Rotulus von 1464 (A und B) Benevent Ar-
chivio capiiolare, — Danach auch im BuUarium selectum von 1694
Nr. XIX p. 80 ebenda.
Vgl. J-L. 4005, Die Urhindc ist in der Hauptsache eine
Wiederholung des Privilegs Sergius IV. (s. Nr. 1).
Benedictus episcopus seruus seruorum dei. Dilecto in domino
filio Alfano uenerabili archiepiscopo sancte Benenentane ac Sipon-
tine sedis ecclesie tnisqae snccessoribas imperpetanm. Cam
summe apostolice dignitatis apex in hoc diuini profectus*») nitore
prenoscatur prefulgeri et in exercendis dei landibus sui*) impen-
sius studebit laboris exercere certamen , ob hoc debita nos
eiosdem apostolice pastoralis ^'^ compulit soUicitudinis cara, qaeque
ad stabilitatem piorum locoram promulgari et apostolice institu-
cionis censura'^^ confirmari. Igitar quia postulastis a nobis, qua-
tenus concederemus et confirmaremus tibi tuisque successoribns
imperpetuum totum supradictum Beneucntanum ac Sipontinum ar-
chiepiscopatum ex intcgro, pro qua re flexi *^ precibus tuis id quod
postulas libenter concedimus et idco ob interuentum ac peticionem
dilectissimi filii nostri Henrici^^ imperatoris augusti concediraus et
confirmamus tibi tuisque succossoribus imperpetuum per hunc no-
strum apostolicum priuilegium id''^ ipsum supradictum Beneucn-
tanum ac Sipontinum archiepiscopatum ex integre et infra eodem
archiepiscopatum suamque diocesim in*) locis quibus olim fuerunt
imperpetuum episcopos consecrari , qui uestre subiaceant dicioni,
scilicet Bibine, Asculo, Larino, Triuento, Luceria, sancta Agathe,
Abellino, Quintodccimo, Ariane, Uulturaria, Thelcsia, Alife, Ses-
sula, episcopatum Lesinensem quam et cpiscopatum Termola ex
integro '^ confirmantesque cciam tibi tuisque successoribns eccle-
siam sancti Michaelis archangeli in monte Gargano cum ipsa Si-
pontina ecclesia et cum omnibus earum pertinenciis et omnia pre-
dia urbana uel rustica cum ecclesiis monasteriis familiis utriusque
sexus massis et cuncta que uidentur esse pertinencia ipsarum ec-
clesiarum. Prothestamur insuper ut nullus laycus audeat presby-
teros aut quilibet*) clericos ex totmn uestrum archiepiscopatum a
uestra potestate et dominio') quoquo modo auferre et*") qui hoc
a) prospectas AB. h) suis AB, c) pastorali AB. d) censura
fehU in AB, e) flexis AB. f) Herrici A. g) 9ä A. h) et B.
t) ex in integro B. h) qaalibet B, l) dominium B. tn) et feldi in B.
Papsturkunden in Benevent und der Gapitanata, 59
agere presumpserit, interdicta anathema nisi resipuerit •*^ subiaceat.
Preterea et concedimus tibi tueque f raternitati **> pallei nsam ex
more ad missarnm soUempnia celebranda, qnod non aliter ati con-
cedimas nisi solammodo in die natiuitatis domini et sanetam epi-
phanie, cena domini, resurrectionem, ascensionem, pentecostes, in
natalieiis apostolorum et sancti lohannis baptiste et in assamptione
sancte Marie domine nostre et in consecracione episcoporum suf-
fraganeormn tuorum et in consecracione ecclesie et in natalicii
tui die'> nee non in sinodo et omni concilio, sicut a predecessore
nostro domno Gregorio huius alme sedis presuli sanctitum est, in
secretariom uero indnere tua fraternitas pallinm debeat et ita ad
missarnm soUempnia nel ad sancta synoda proficisci et nichil tibi
amplins ansu tenerarie persumptionis arrogare, ne dum exteriori
habitn inordinate aliquid arripitur, a proprio et licito labetar.
Item concedimus et donamus uobis licenciam et potestatem aucto-
ritate beati Petri apostolorum principis et nostra per uniuersas
eccle8ias^\ que sub tuo archiepiscopatu destitute sunt, episcopos
consecrandi, presbyteros faciendi, reliquias recondendi et omne sa-
crum officium atque ministerium faciendi, que rite et licencia*^
episcopis archiepiscopis est '^ faciendi. Hortamur *^ morum tuorum
ornamenta conuenienter, quatenus auctore deo recte et ubique pos-
sis esse conspicuus. Siquidem insuper apostolica censura sub di-
uini iudicii obtestacione et anathematis interdictione, ut nuUus um-
quam alicuius potestati uel dignitati preditus homo siue clericus
siue laicus siue sit magna siue parua persona aut Grecus uel La-
tinus tuo iusto iudicio uel excomunicacione spernere aut pro nichilo
dncere uel in predicta tua sancta Beneuentana ecclesia aliquam
uim facere et "^ de bis que ei pertinere uidentur, quoquo modo au-
ferre uel alienare aut eins minuere terminos et nee quamlibet
maliciam') aut iacture molestiam*'^ in eadem inferre quocumque
tempore nee licencia sit, ut dictum erat, ex'^ eins uel Omnibus
eidem^^ pertinentibus cuiquara magne parueque persone auferre,
ut'^ profecto iuxta id quod a nobis statutum erat eadem uenera-
bilis sancta Beneuentana ecclesia apostolicis constitutis atque pri-
oilegiis oonsistens ornata inconcusse dotata pcrmaneat. Si quis
autem, quod non optamus, nefario ausu persumpserit tuo iusto
iudicio et excomunicacione pro nichilo duccre et noluerit obaudire
nel ea que superius a nobis ad laudem dei pro stabilitate iam
n) nisi rettpuerit fehlt in A, o) fraternitatis B, p) diem B. q) uni-
nertis ecciesiis AB. r) licenciam AB. s) fuit A. t) optamus B.
ü) et fehlt in B. v) malicia A. tr) molestia A, x) ei AB. y) ei A.
ji) ad ^; aut B.
60 P. Kehr,
dicte") ecclesie Benenentane statuta sunt refragare aut in qno-
qaam transgredi siue Grecas sit scn quiscumque ^^ alter homo, qoi
dominacionem et primatum habere uoluerit per se aut per alterum
quemlibet hominem in prefatis ecclesüs sine uoluntate et iussione
Beneuentani archiepiscopi, et illis qui eos fortasse recipere pre-
sumpserint et uestro iudicio et**^ excomunicacione pro nichilo duxe-
rint et non obaudierint, omnes pariter sub eodem nostro aposto-
lico et districto insolubili anathemate permaneant et in nuUa ec-
clesia intrare presumant aut aliquod officium ecclesiasticum fa-
eiant. At uero qui pio intuitu obseruator et in omnibus extiterit
custodiens huiu8 nostri apostolici constitutionibus ^^ ad cultum dei
respicientibus, benedictionis graciam a misericordissimo domino deo
nostro multipliciter consequatur et uite eterne partieeps effici me-
reatur.
Scriptum per manus Benedicti notarii et scriniarii sancte Ro-
mane ecclesie, in mense marcio, indictione XII*.
Bene valete.
a) dicta B, b) quisqae B, c) constituti Ä,
3.
Stephan IX. bestätigt dem Erjzhischof Uddlrich von Benevent nach
dem (falschen) Privileg Vitalians alle Rechte und Kirchen und ver-
leiht ihm das Pallium,
Monte Cassino 1058 Januar J24,
Copie im Rotulus von 1464 Benevent Archivio capitolare. —
Danach auch im Bullarium seledum von 1694 Nr. XXI p. 93 und
im Ms. des G. de Nicastro Benevento sacro (1683) p. 113.
Vgl. J-L. 4383. Das Privileg wiederholt im Oamen den
Wortlaut der noch im Original erhaltenen Urkunde Leos IX,
J'L. 4299.
Stephanus episcopus seruus seruorom dei. Dilecto confratri
Vodalrico archiepiscopo et per eum sancte Benenentane ecclesie in
honore beatissime dei genitricis semperque uirginis Marie dicate
cunctisque successoribus illius ad culmen illic pontificalis dignitatis
canonice promouendis imperpetuum. Cum summe apostolice
dignitatis apex in hoc diuine auctoritatis uigore dinoscatur pre-
minere, ut in releuandis Christi ecclesiis sue uigilancie impensius
studeat conamen adhibere, debita nos eiusdem apostolice pastora-
litatis compellit cura, queque ad stabilitatem piorum locorum pro-
Papstarkanden in Benevent und der Gapitanata. 61
malgare et apostolica censara confirmare, nt presidentes uel eciam
in ipsis locis deo famalantes auetoritate apostolica ab omniam tue-
antur improborum infestacione et calumpnia. Igitar secandum quod
posttdasti a nobis, hoc nostre apostolice constitacionis prioilegio
corroborantes quicqoid eidem ecclesie iaste debetar et si sabtracta
aliqao modo oideantor, tarnen qoia iasticia nallias arte uel calidi-
tate potest inmutari nel corrampi, concedimus reuocamus et im-
perpetaum sancte Beneuentane ecclesie ac per eam tibi tuisque
successoriboä canonice ibi promoaendis conferimas et stabilimns.
Diligentissime itaque nostrorum antiqaoram predecessorum priui-
legia perscrutante» , Yitaliani uidelicet aliorumque sancte Romane
ecclesie presolom, atqae iasticiam sancte Beneaentane ecclesie con-
siderantes, ad eins ins et proprietatem reuocamus atqae imperpe-
taam subdimus et tradimus inter alia que sibi pertinent, nomina-
tim ecclesiam sancti Michaelis archangeli in monte Grargano posi-
tam et ipsum castellum, abi predicta sacra uenerabilis sita est ec-
desia, ea uidelicet condicione ut numquam per cuiuscumque hominis
subreptionem aut suggestionem^ episcopus aut, quod absit, archi-
episcopus ibidem promoueatur aut habeatur, set sub iure sancte
Beneuentane ecclesie perpetuo permaneat secundum tenorem priui-
legii beate memorie Vitaliani predecessoris nostri, deinde Sipon-
tinam ecclesiam cum omnibus sibi legaliter pertinentibus , pariter
quoque Luceriam, Asculum, Bibinum, Troiam^^, Draconariam ciui-
tatem, Montem Coruinum, Tortibulum, Viccarim, Florentinum , La-
rinum, Termolam, Triuentum, Uulturariam^ Bobinianum, Alifas, The-
lesiam, sanctam Agathen, Tocchum, Abellinam, Montem Maranum,
Qointumdecimum, Montem de Vieo, Arianum simulque duas abba-
cias, sanctum Petrum de Duddi atque sanctum lohannem situm iuxta
portam auream, cum singulis proprietatibus iusticiis parrochiis seu
diocesibus suis; nichil excipimus, set omnia, sicut iasticia eoram est,
hole iam sepe nominate Beneaentane ecclesie in honore sancte dei
genitricis Marie dedicate, ubi preciosissimam corpus beatissimi
Bartholomei apostoli requiescit, salua auetoritate sancte Romane
et apostolice sedis, concessimus et irreuocabiliter imperpetuum con*
firmamus. Concedimus eciam fraternitati tue pallei usum ad mis-
sanim sollempnia celebranda, scilicet in his festiuis diebus, natioi-
taiifl domini et apparicionis ipsius , in cena eciam domini atque
sancte resurrectionis die dominico, ascensionis Christi ad celos et
die dominico sancti pentecostes et in nataliciis apostolomm ac
beatissimi precarsoris Christi baptiste lohannis, in assumptione
a) Trolaot
62 P. Kehr,
eciam gloriosissime et sapereminentissime dei genitricis semper
oirginis Marie atque in consecracione episcoporom snffraganeorom
tnoram, in consecracione ecclesiaram ac in natalicii tui die, sicnt
ab antecessoribns nostris tais institutom est ac largitum anteces-
soribns; in secretarium uero tua fraternitas palleo induatnr et sie
ad missas procedat neque plus aliqnid temerario ansu presomas,
quoniam dum qaicqnam exterioris habitns inordinate arripitar, a
proprio et licito remouetur. Hoc eciam tibi concedimns, nt per
singnla loca que dicioni sancte Benenentane ecclesie sabiacent, ubi
ex antiqna et legali institacione episcopales sedes habentar, episco-
pos canonice constituas et consecres et qnodcomque aliter qnam
decnit ac sacri precipiunt canones, institatom est extirpes et emen-
des. Et quoniam peccatis exigentibus contra iura canonum et
sanctorum instituta patrum, dum omnino quidam peruersa mente
non metuunt quod episcoporum est proprium sibi usurpare, sacro
ordini ascriptos uidelicet clericos sue dicioni subdendo de episco-
porum iudicio subtrahere, hoc omnino detestamur ac sub anatbemate
perpetuo interdicimus, [sed] quicquid illud est quod ad ecclesiasti-
cum atque episcopale pertinet officium intra totam parrochiam Be-
neuentanam, sicut superius prefinitum est, tuo regatur atque dispo-
natur sano iudicio. Omnia itaque que ad predictam sanctam Be-
neuentanam ecclesiam iuste ac legaliter pertinent aut pertinere
poterunt umquam in posterum, sine monasteria seu castella ciui-
tates uel predia cum ecclesiis et uillis uineis siluis et omnibus
sibi iuste pertinentibus, tibi ac tue fraternitati ecclesie commisse
tradimus conferimus et stabilimus. Censentes insuper apostolica
censura, saluo circa tuum successorumque tuorum statum sanctorum
canonum uigore^ decernimus et sub diuini iudicii obtestacione atque
naiidissimi anatbematis interdictione atestamur, ut nullus umquam
successorum nostrorum uel alicuius dignitatis seu potestatis qui-
libet bomo aliquo temerario ausu audeat predicte diocesi. aliquam
oim inferre aut [terminos eins imminuere detruncare uel quocum-
que modo seu ingenio subtrabere inuadere] uel alienare, set, ut
superius sunt tassata, ita sibi perpetuo maneant inconuulsa, et
sancta Beneuentana ecclesia in honore sancte dei genitricis semper*
que uirginis inuiolate Marie dedicata et ad archiepiscopatus hono-
rem a nostris antecessoribns sublimata ac preciosissimis sanctorum
corporibus ditata, uidelicet Bartholomei apostoli atque lanuarii
martiris et Barbati confessoris eiusdem sedis gloriosissimorum pre«
sulum ac reliquorum, inuiolabiliter apostolicis priuilegüs semper
maneat dotata. Si quis autem, quod non optamus, nefario ausu
presumpserit hec que ad laudem dei pro stabilitate et firmitate Be-
Papstarkaoden in Benevent und der Gapitanata. 63
neaentane ecclesie constituimus atqae decenter decreuimus, infrin-
gere nel diminuere ant qnocumqae modo aliter ad detrimentum
prefate dioceseos stataere, qaod molitas est annichiletor et sub
anathemate percassns diaino pereat in eternam nisi resipiäicat.
Conseraator aero huias nostri apostolici priuilegii apostolica bene-
dictione refertas intra paradisi menia cum omnibus sanctis gaudeat
in etemom. Amen.
Bene valete.
Dat. in Monte Casino Villi, kal. febr. per manas Vmberti
sancte ecdesie Silne candide episcopi et bibliothecarii sancte Ro-
mane et apostolice sedis anno deo propicio primo pontificatns domni
pape Stephan! noni, indictione XI^
4.
Alexander IL ermdlint den Bischof G(erard) von Siponto, dem
klaffenden Erzbischof JJ(ddlrich) von Benevent vor dem päpstlichen
Nuntius Genugthuung eu leisten, sonst aber bis jsum 1. November zur
Verhandlung in Rom sich einzufinden,
Capie im Rotulus von 1464 Benevent Archivio capitolare. — Da-
nach auch im Bullarium sdectum von 1694 Nr. XXII p. 100.
Im Bullarium wird als Jahr genannt 1062, Dagegen spricht
aber die Citation zum 1, November nach Rom, während Alexan-
der IL damals in Lucca war. Vgl. Nr. 5.
A. episcopos seruas sernoram dei. Karissimo fratri Sipontino
episcopo Gr. salutem et apostolicam benedictionem. Quia"*) que-
rimonia Beneaentane ecclesie iam pridem nos et R(omane) ecclesie fi-
lios uehementer agraaaoit, ulterins dissimulare nee possamus nee de-
bemusy qoin ad certom diffinicionis finem amodo aeniamus. TJnde
fraternitatem tnam apostolica aactoritate ammonemos, ut ante
nnnetiom nostmm, qoi deo annaente ad partes illas in proximo
aentoros est , iasticiam karissimo confratri nostro V . Beneuentano
archiepiscopo de his qae a te exigit facere studeas. Quod si for-
tasse negociom illad ante legatum nostrom ad plenam diffiniri
neqaioerit, Line asqae ad festioitatem omniam sanctorom iasticiam
factorius atqae receptarus ad apostolicam sedem te representes et
adaentom taam ita tempestiue prefato archiepiscopo indices, et at
ipse ad eondem terminam ael ante possit aenire* Quod si for-
a) qua.
64 P- Kehr,
tasse, qaod non credimus , neglexeris , senties uindictam apostolice
sedis.
5.
Alexander II, benachrichtigt den Erzbischof ü(dalrich) von Be-
neventj daß die Lateranensische Synode über seine Klage in Bezug
auf die Kirclie von Siponto auf den Bericht des Archidiacons H(ilde-
brand) eu seinen Gunsten entschieden habe.
Copie im Botulus von 1464 Benevent Archivio capitolare, —
Danach auch im Bullarium selectum von 1694 Nr, XXIII p, 101,
Das Regest im Bullarium gibt als Jokr an 1063. Danach
wäre die Aprü-Synode dieses Jahres gemeint. Aber der Ansatz
(s. Nr. 4) ist ganz unsicher und beruht wohl nur auf halbgelehrter
Vermuthung.
A. episcopus seraus seruorum dei. V. uenerabili archiepiscopo
Beneuentano salutem et apostolicam benedictionem. Nobis pre-
sidentibas in sinodo Lateranis confratribus et coepiseopis nostris
circamsedentibas querela tae Beneuentane ecclesie et nostre de
Sipontina ecclesia delata est. Qaod negociom pertractandom qoia
karissimo iilio nostro H. archidiacono commiseramus, decreuit sancta
sinodns, nt secimdum testimonium eius qaid exinde iieri deberet
decemeremus. At ille confitens priuilegiis predecessorum nostro-
rum auctorizantibus Sipontinam ecclesiam et saneti Michaelis mon*
tis Gargani prefate ecclesie Beneuentane iuste subdi debere testa-
tas est. Coi attestacioni tota sinodas acclamauit, ut Benenentana
ecclesia saam iustitiam consequeretur, nobis post sancte synodi ac-
clamacionem iam dicti filii nostri karissimi H. sentenciam confir-
mantibos.
6.
Alexander II. bestätigt dem Bischof Stephan von Troia das Bis-
tum und dessen Besitzungen.
Salermo 1067 Septeniber 9.
Orig, Troia Archivio capitolare (Q Nr. 10). — Danach Vincenzo
Aceto Troia sagra, Ms. von 1728^ voh I f. 40.
Eine Vergleichung dieser Urkunde mit J-L. 4727 (nur aus
jüngeren Abschriften mit starken Varianten bekannt) macht sehr
wahrscheinlich^ daß J-L. 4727 zu den Spurien zu rechnen ist.
Papstorkunden in Benevent und der Gapitanata. 65
ALEXANDER EPISCOPVS SERVVS SERVORVM DEI.DILECTO
IN CHRISTO FRATRI«) STEPHANO | Troiano episcopo perpetuam
in domino salntem. Licet ex consideratione apostolicQ sedis, cai
indigni deseruimas, omniam insta poscentium nos conuenit notis
annaere, molto tarnen sollicitias eorum petitionibns | debemas as-
sensom prebere, qnos circa profectum locorum, qae eis ad regendnm
sant commissa, cognoscimus inoigilare. Unde qaia postolasti a no-
bis ^\ qnatinos Troianom episcopatum, coi preesse | dinosceris, iuris
oidelicet sancte Romano ecclesi^, tibi ad regendnm atqne cum dei
timore dispensandnm concederemus, inclinati precibus tnis per huins
nostri prinilegii paginam prephatnm ^^ \ episcopatum sie in integram
denocioni tu§ concedimus et confirmamns, quemadmodom ab ante-
cessoribns nostris'') taf sedi constat esse concessum, scilicet in
ipsa ciuitate Troiana monasterinm | sancti Nycolai cum omnibus
suis pertinentiis et benedictionem abbatis, et in oppido quod uoca-
tur Biccarum*) abbaciam sancti Fetri in burgo et benedictionem
abbatis omnesqne Qcclesias ad Biccarum | pertinentes cum omnibus
pertinentiis suis, abbaciam quoque sancti Nazarii et benedictionem
abbatis et fcciesiam sancti Petri de Sandorio et ^cclesiam sancti
Nycandri cum omnibus pertinentüs | earum , ita ut nuUus ex pri-
uatis uel clericis aliquid ex bis quQ tibi iuste et canonice compe-
tunt, auferre presumat. Igitur sub diuini iudicii obtestatione ac
ualidis interdictionibus | anathematis statuimus, ut nullus umquam
alicuius dignitatis seu honoris preditus potestate sed nee ulla
magna uel parua persona ex bis causis quQ tibi canonici pertinere
oidentur, | quoquo modo conetur auferre seu contrarietatem facere.
Si quis ergo, quod non optamus, temerario ausu prcsumpserit h^c
qu^ a nobis ad laudem dei pro stabilitate iam dicti episcopatus |
sunt statuta, refragare') aut in quoquam süperbe transgredi, sciat
se anathematis uincalo innodatum et cum diabolo et Inda traditore
domini nostri lesu Christi aeterni incendii supplicio | concreman-
dum, donec digne deo et sanct^ apostolicg sedi satisfecerit. At
uero qui huius nostre confirmationis custos et obseruator extiterit,
apostolice benedictionis gratiam consequatur | et ab omnipotente
deo a^tern^ oitf gaudium cum sanctis feliciter percipere MEREATVR
R. BV:,
Datum Salerni V. id. septemb. per manus Petri sanct^ Romano
a) mit überflüssigem Jhkürsungszeichen. b] sti a no auf Basur.
c) prephatum auf Basur, d) oris ckne Abkürsungsseid^en. e) refragrare.
1) Vgl. J-L. 4640«.
66 ^' Kehr,
ecclesi? subdiaconi ac bibliothecarii anno VI. pontificatos domni
ALEXANDRI pape II, ab incarnatione uero domini mil(esimo) sex-
(agesimo) VI, indictione V.
B. dep.
7.
Paschal IL entscheidet im Placitwn den Prozeß zwischen dem
Erzbischof von Benevent und dem Bischof von Troia über Biccaro
eu Gunsten von Troia.
Ferentino 1113 Oktcher 16.
Orig, Troia Ärchivio capüdlare (K Nr, 11). — Danach Vincenzo
Äceto Troia sagra. Ms. von 1728 , vol. I f. 121.
Die Urkunde ist nicht nur an sich lehrreich genug, um hier
aufgenommen zu werden, sie ergänzt auch in erwünschter Weise
unsre Kenntnis des Itinerars Paschalis IL, da wir aus ihr er-
faliren, daß die Kurie am 6. Oktober 1113 in Piperno und am
16. Oktober 1113 sich in Ferentino befand. Auch die Liste der
Bischöfe von Troia am Anfange des 12. Jahrh. wird durch sie
berichtigt
t IN NOMINE DEI AC SALVATORIS NOSTRI lESV CHRISTI .
ANNO INCARNATIONIS EIVS MILLESIMO CENTESIMO Xmi.
PONTIFICATVS VERO DOMNI NOSTRI PASCALIS PAPE SECVNDI
ANNO XV . INDICTIONE VII . MENSE OCTOBRI . DIE XVI | quod
est XVII. kal. nouemb. Acta publica solere antiquitus super
negotiis ante iudices uentilandis in iudiciis frequentari, ne aliqua
scilicet dubietas de bis qu§ ibi") agerentur aliquando exoriretur, |
profecto constat. Quod nos quoque secuti, super negotio inter
Troianam atque Beneuentanam ecclesiam orto legitimeque peracto
memoriales litteras perpetui testimonii causa seriatim ad postejros
scribere studuimus. Troiana itaque predicta ecclesia castrum Bic-
cari *) iure parrochiatus possidente, contigit Rofredum Beneuenta-
num archiepiscopum eundem parrochiatum Walterio prgdict^ | ec-
clesi^ episcopo uiolenter abstulisse sibique detinuisse, cumque a
prefato Troiano episcopo eiusque successoribus contra iam dictum
archiepiscopum querela in conciliis sepe super tali expoliatione
mota I fuisset neque iustiti^ effectum inde consequi potuissenti uio-
a) corr. aus hibi.
l) Vgl. Nr. 4640a and oben Nr. 6.
Papst arkunden in fienevent and der Gapitanata. 67
lenta atqne iniqua tergiuersatione ita asque ad tempora domni
nostri Urbani pape secandi caasa dilata est. Eixis nero temporibas
coUecta ultima uninersali sinodo | Korne in ecclesia beati Petri^),
cum qaerela despoliationis ab Uberto*'^ Troiano episcopo contra
eondem Benenentanom archiepiscopam in conspecta concilü iterom
mota foisset, iussom est ei huic uiolente expoliati|oni et per lai-
calem mannm sibi facte inaestitioni respondere. Cum aero ipse
adhuc eandem parrochiam contra iastitie rationem tueri sibi desi-
derasset, respondit per Risonem archidiaconum suam, se non laicali
mann, sed canonica | auctoritate ex sententia nidelicet Uictoris Ro*
mani pontifids tertii parrochiatas illios possessionem accepisse.
Quo audito iossit idem domnus papa Urbanus certis episcopis et
cardinalibos , at quod super hac causa iustum fuisset | pronun-
tiarent. Qui causam diligenter examinauerunt atque communi con-
silio archiepiscopum hoc quod obponebat debere probare , si posset,
iudicauerunt, sin autem , Troianam ecclesiam esse reinuestiendam.
Com itaque ut probatijones sibi impositas prestaret, ab eo exige-
retor, dixit se imparatum de hoc aduenisse et probationes huic rei
sufficientes Beneuenti reliquisse, atque ita, indutiis sibi usque ad
proximam sequentem sinodum prestitis, | predictus Romane sedis
pontifex factus est de medio. Functi sunt diem suum et prenotati
epificopus atque archiepiscopus , sicque causa sine effectu diu^^ re-
mansit. Diuina uero fauente gratia presidente Romane | apostolice
sedi domno nostro P. papa U, Beneuenti uero archiepiscopo L. '),
Troie quoque domno W. ^) episcopo, eadem querela ab eo reiterata
est uiriliter contra nominatum^ archiepiscopum in prima sinodo,
qn^ Laterajni ab eo celebrata fuit post regressum regis Uenrici^),
comque iussum sibi esset ab eodem papa, ut querele ab episcopo
contra cum renouate responderet, dixit et ipse, se inparatum uenisse
et defensiones ad hanc'^ litem | idoneas Beneuenti reliquisse, atque
ita ei quoque indutie prestite sunt usque ad quintumdecimum diem
post aduentum eiusdem pape in eandem ciuitatem Beneuentum.
Nouem uero mensibus fere decursis, domnus papa ad eandem | per-
6) ab überto auf Rasur, c) d corr. au$ p. d) vorher kleine Baaur,
e) vorher a für unmutig erklärt.
2) Gemeint ist Urbans IL römisches Concil von 1099 IV. 24—80, vgl. Jaff^L.
1 p. 700.
8) Landalf, seit 1106.
4) Wilhelm, seit 1106.
6) Concil von 1112 HL 18, vgl. Jaff^L. I p. 745.
68 P- Kohr,
aenit ciuitatem ®), cumque episcopus in statuto termino causam re-
qaireret, se ei respondere isdem archiepiscopas simulanit nee tarnen
probationes quas promiserat ostendit, sed causam ita dissimulando
usque ad subsequentem sinodum, | qu^ ab eodem papa in eadem
ciuitate mense februario') celebranda erat, protraxit. In qua si-
nodo, cum iterum episcopus proclamasset et probationes legitime
inuestitionis ab archiepiscopo postulasset, dixit se testes nonnisi
ex ipso Bic|cari habere eosque nuUo modo ad presens Beneuentum
adducere posse, sed si indutias habcret^ posset. Domnus uero papa
ut omnis illi alicuius proclamationis auferretur occasio, assensit et
utraque parte presente usque ad dimidium | quadragesime prius *,)
deinde ad octauas pasce'**) indutias tribuit eumque omnibus proba-
tionibus preparatum atque instructum uenire iussit, talibus scilicet
quibus probaret, predecessorem suum Bomani pontificis sententia
inuestitum fore : | quod ille se per omnia facturum promisit. Ter-
mino itaque isto adueniente, domnus Troianus episcopus festinus
Romam-^ aduenit, archiepiscopus uero duos nuntios misit, per quos
simulatas obponeret excusationes , uidelicet presbiterum lohannem
qui et I Romanus et Granelli uocatur, et Francolinum. Dicebant
enim propter nimiam urbis oppressionem^^ ciuiumque angustiam
eum uenire non potuisse. Cumque prefatus dominus et illum om-
nino fugientem et episcopum iusta improbitate insistentem cerneret |
probationesque secundum quod statutum fuerat exigentem, statuit
certas et ultimas indutias, ab eo uidelicet usque ad octauas beati
Michaelis archangeli ^^) ; misso etiam absenti archiepiscopo peremto-
rio libello quo precepit, ut in hoc termino | ad hanc causam pera-
gendam ita paratus ueniret, ut nulla deinceps occasio relinquere-
tur*> et, si qua pars abesset, causam prorsus amitteret. Metu
igitur tante peremptorie comminationis ambo apud Pipernum in
conspectu domni pape | ad hunc terminum presentes fuerunt ibique
indutias ab eo usque Ferentinum acceperunt. Cumque *^ ibi et idem
domnus aduenisset et non parua caterua episcoporum cardinalium-
que et ceterorum ordinum collecta fuisset, congregatis simul tam
dericis | quam laicis in ecclesia beatorum martirum lohannis et
f) Romam am linken Band nachgetragen, g) op ccrr, am ob. h) re-
tur airf Basur, i) que auf Basur.
6) 1112 XU, vgl. Jaff^-L. I p. 748.
7) Goncil Yon 1113 II., vgl. Jaffä-L. I p. 748.
8) 1118 IIL 16.
0) ins IV. 18.
10) 1118 X. 6.
Papstorkunden in Benevent and der Capitanata. 69
Pauli, ex precepto domni pape prenominatus W. Troianus episco-
pas per aduocatam suum, uidelicet lohannem Romanam, exegit ab
archiepiscopo, ut probationes, quas sepe se exhibiturum promiserat,
de*) inuestiti|one prefate parrochie, si quas haberet, ostenderet *) ;
ipse enim iastitie Bcncuentane ecclesi^ parere, si') eam cognosceret,
paratus esset; quod si non haberet, ne Troianam"*) ecclesiam tot
nexationibas molestaret. Ad qu§ ille per aduocatam suam | Pe-
trmn Transtiberinum ita rcspondit, debere causam ab initio inci-
pere actioneinque edere atque ad probationem, deinde ad finem sie
peroenire , aliter autem iudieium fieri non debere. Econtra autem
ita responsum est: Si iudieium modo initium acciperet, forsitan ;
dici posset, sed quia iam diu est, quo in Romana sinodo initium
accepit , episcopo querelam suam ostendente et archiepiscopo ex-
ceptionem eidera opponente, curia quoque, ut hanc exceptionem iam
sepe nominatam probaret, preeipiente, de initio iudicii uel | de edi-
tione actionid iam nunc tractare superuacuum est, cum lis iam ad
finem per episcoporum sententiam perducta sit. Cumque ab aduo-
catis hinc et inde multa de hoc narrarentur, precepit isdem dom-
nus episcopis et cardinalibus , quia iam satis ab aduocatis | causa
disceptata fuerat , ut surgerent et communi consilio , quod iustius
oideretur, dicerent. Quod et feccrunt et reuersis his Albanensis
episcopus Rircardus ex consensu aliorum dixit : Quia in Romane
curie conspectu hcc causa tractata iam fuerat, | uideri et perfectum
sumsisse initium et litem cuutestatam neque in hoc aduocatLs am-
plins esse immorandum. £t Troiano episcopo dixit, quatenus ac-
ciperet consilium, si posset probare, causam ita olim fuisse agita-
tam in sinodo, sicut asserebat, et onus probationis | archiepiscopo
impositum fuisse, uidelicet ut cogeretur probare, legal! sententia
siue precepto pape Uictoris se possessionem Biccari accepisse. Qui
statim consurg(»ns, prudentum uirorum consilio accepto et causa
l>ene ad memoriam reducta , | reuersus ad iudieium ita respondit :
Domini ac fratres mei! Quonium Troianam causam in conspectu
totiofi concilii et precipue quorundam uestrum, qui nunc quoque
interestis, olim actitatam scio, non esse aliis probationibus opus")
ad ocritatem magis uobis delucidandam | pro certo credo. Uiuunt
enim adhnc gratia dei et^) huic intersunt iudicio quidam ex illis,
qui tunc quoque super hac eadem causa iudices fuerunt et eam
bene «ciunt. Quos rogo ueritatem rei, quam ipsi tractauerunt, ad
k) de ti&er der Zeile nachgetragen. l) folgt kleine Basur. m) tir-
$prünglidi BeD(euentanaiD). n) opus am reiben Band nadtgetragen.
o) fdgi kleine Baaur,
70 P* Kehr,
memoriam reducere et eam in conspectu | omnium circumastantium
loco testium enarrare, domnum uidelicet lohannem Graietanom dia-
conum cardinalem et domnum Anastasium qui nunc est cardinalis
sancti Clementis et domnum Riccardum qui nunc est Albanensis
episcopus et iudices Anagni^ Rambaldum atque Rofredum. Oportet |
enim iudices causas quas sciunt ad memoriam reuocare et ita finem
iustitie consentaneum ipsis imponere. Quo dicto iussione domni
pape surrexerunt et consiKo inter se habito eundem papam cum
ipsis olim huic cause iudicem a papa Urbano datum | fuisse ad me-
moriam reduxerunt. Unde per eundem domnum lohannem diaco-
num cardinalem eorum consilio interesse rogauerunt. Ipse uero
eorum petitioni annuens surrexit eorumque consilio interfuit et sie
causa ad plenum commemorata testati sunt, omnes se interfuisse
et ne'cessitatem probandi Beneuentano archiepiscopo per sententiam
iussione pape Urbani datam et eorum consensu comprobatam olim
impositam fuisse ^^ et, nisi probaret, Troianam ecclesiam reinuestien-
dam esse. Ueritate igitur ad plenum ita comperta, predicto L.
archiepiscopo | domnus P. papa precepit ut, si quas iustas proba-
tiones haberet, ostenderet. Qui quamuis prius se tunc testes ha-
bere negaret et quasi fugiendo, donec habere posset, se non debere
grauari submurmuraret, ad ultimum tamen consilio habito tres
quos I ibi habebat testes ostendit, duos presbiteros et unum laicum.
Quibus separatim a prefatis iudicibus diligenti examinatione inter-
rogatis '^, cum nichil ad rei ueritatem sufficiens dicerent, iudicatum
est eorum testimonium nichil ualere, et si alios haberet | ut isdem
archiepiscopus eos representaret. Qui ad solitum dilationis diffu-
gium adhuc quoque decurrere desiderans , dixit se utique alios
testes Beneuenti habere, quos pro nimia eiusdem ciuitatis oppres-
sione secum ducere non ualuerat. Tunc quasi ex abundanjti sibi
papa contra hec ita respondit: Faciamus ergo, frater, in hoc con-
iientu, quod in conciliis frequenter fieri uidimus, uidelicet ut no-
mina testium scribas et scripta nobis ostendas et postea sacramento
certifices, quod pro sola guerr§ oppressione \ tecum eos ducere non
potuisti et quia in certo ac statuto termino in presentia nostri
illos representabis. Quod ille audiens , se hoc facturum omnino
refutauit. Sicque causa melioris consilii res in alterum diem di-
lata est. Et quia eo die infir|mari uidebatur, nuntiis a domno
papa pro se missis uenire non posse respondit, atque ita etiam
tunc in alterum diem causa protracta fuit. Mane itaque facto dom-
nus papa cum episcopis et cardinalibus in domo canonicorum
p) faise. q) folgt Jcltine Basur.
Papsturkonden in Benevent und der Capitanata. 71
Ferentinatmn qa§ sita est | iuxta ecclesiam beati Petri' conaenit
ibique communicato fratrum consilio utramque personam adnenire
mandanit. Qaibns in medio positis, domnus Riccardus Albanensis
episcopas ex precepto domni pape et ceterorum fratrum consensu
seilten Itiam^ quam in seereto firmauerant, coram omnibns qai ade-
rant tarn clericis quam laieis studiose recitando pronuntiaoit et
Troianam ecclesiam de sapramemorata parrochia inaestiendam esse
iadicaoit. Tone dominus papa predicti | Albanensis episcopi podium
accipiens in manibus domni W. Troiani episcopi posuit et per il-
lud Troianam ecclesiam de parrochia Bicari in integrum reuestiuit,
salua tarnen querela Beneuentane ecclesi^ suo tempore et suo loco. |
EGO JOHANNES ROMANVS CAVSIDICVS HVIVS VLTIME
DIFFINITIONIS PRO TROIANA ECCLESIA ADVOCATVS EX PRE-
CEPTO do:mini pape aliorvmqve fratrvm consensv qve
VIDI ATQVE I AVDIVI MANV PROPRIA SCRIBERE CVRAVI . AKSO
PONTIFICATVS DG^illNI W. TROIANI EPISCOPI 8EPTIM0. |
Actum Ferentini, indictione supradicta VII, coram presentia
domini PASCALIS pape secundi et episcoporum cardinaliumque seu
etiam iudicum aliorumque nirorum, quorum nomina suptus scribun*
tur, septimodecimo | kal. nouemb., dominice incarnationis anno
millesimo centesimo XIIII, pontificatus autem eiusdem domni P.
anno XV. |
Hü autem sunt qui interf nerunt : Riccardus Albanensis episco-
pus, Cono Prenestinus, Leo Hostiensis, Agustinus Ferentinas, Cres-
centius Alatrinus, Letus Berolanus, Berardus Marsicanus, «>
Alifanus, Anastasius cardinalis sancti | Clementis, Boso cardinalis
sancte Anastasie, dominus lohannes bibliothecarius atque diaconus
sancte Marie scole Grece, Aldo diaconus sancti Sergii, Petrus Petri
Leonis diaconus sancti Cosme^^j, Gregorius diaconus sancte Lucie,
qui eiusdem corporalis | inucstitionis ab eodem papa delegatus fuit,
Petrus Pisanus sancti Adriani diaconus, iudex Guidonis Romanus,
Anagnie uero iudices Rambaldus atque Rofredus, Leo Albanensis
aduocatus, Leo Fraianspanem, Gualfredus et lohannes | Benedict!,
Leo de Fomone et Bortraimua frater eins, Lando de Pofe cum
filio suo ^) et Gregorio sororis'^> sue et comitis Gregorii*^
filio, Petrus Racterii atque Crescentius consules Anagnini. |
Sane ad comprobandam huius membrie ueritatem dominus papa
Paschalis kartulam hanc sigilli sui prccepit impressione signari,
g) Lücke für den Namen, r) ursjnünglich sorie. 8) 00.
11} Der sp&tere Auaclet II.
72 P. Kehr,
per manuin uidelicet predicti domni lohannis diaconi cardinalis et
bibliothecarii.
B. dep.
8.
Gelüsius II. gibt ßr das Kloster S. Sophia zu Benevent IndnU
genz,
Benevent 1118 April 18,
Copie saec. XIV Benevent Archivio capitolare (voL XLVIII
Nr. 11).
Daß die beiden Urkunden Gelasius IL und Cdlixfs II. (Nr. 9)
Fälschungen sind , bedarf keines Beweises. Das EschatokoU der
Indulgenz Gelasius II. ist dessen Urkunde J-L. 6643 vom gleichen
Tage entlehnt; doch ist der Ort Capua in Benevent verändert; fer-
ner sind einige apokryphe Cardinalsunterschriften hinzugefügt.
Gelasins episcopas seruus seruorum dei. Uniuersis presentes
litteras inspectnris salutem et apostolicam benedictionem. üite
perhennis gloria, qua mira benignitas conditoris altius beatam co-
ronat aciem omniam cioium supernorum, a redemptis pretio san-
guinis fusi de pretioso corpore redemptoris meritorum debet acquiri
uirtute. Inter que illud esse pregrande dinoscitur, quod ubique in
sanctorum precipue ecclcsiis maiestas altissimi collaudetur a mi-
nistris fidelibus lesu Christi. Rogamus itaque uniuersitatem ue-
stram et hortamur in domino lesu Christo, in remissionem uobis
peccaminum iniungentes, quatenus ecclesiam seu monasterium sancte
Sophie dilectorum filiorum abbatis et monachorum ordinis sancti
Benedicti regulam profitentium , quod quidem monasterium infra
menia ciuitatis nostre Beneuentane esse dinoscitur, imploraturi
delictorum uestrorum ueniam in humilitatis spiritu accedatis. Nos
enim, ut Christi fideles per propria, que de bonis uobis a deo col-
latis ipsi ecdesie sancte Sophie in subscriptis festiuitatibus et die-
bus soUempnibus per totum anni circulum deuote contuleritis , tcd
etema merita in celesti patria inuitemus , de omnipotentis dei mi-
sericordia et beatorum Petri et Pauli apostolorum eins auctoritate
confisi, Omnibus in Christo uere penitentibus et confessis, qui ad
ecclesiam seu monasterium ipsum sancte Sophie in singulis festiui-
tatibus et transfiguratione domini et omnibus festiuitatibus beate
Marie uirginis, in translatione beati Mercurii et in passione eius-
dem, in translatione quoque et in passione sanctorum Xu fratrum
et aliorum triginta sanctorum martirum scilicet et confessorum,
Papstnrkanden in Benevent nnd der Capiianata. 73
qaonun corpora in dicto monasterio requiescunt , sicut nobis ple-
narie et euidenter constitit, ac etiam in singnUs festioitatibus et
festiois diebos inaentionis et exaltationis sancte cracis, beati Mi-
chaelis archangeli, beati lohannis baptiste, natinitatis domini nostri
lesa Christi, dominice resorrectionis, in die ascensionis, pentecosten
nee non et in singnlis festiaitatibns XII apostolorom et Septem diebns
immediate seqnentibus festiuitates predictas et in omnibus diebns
dominicis per totnm anni circulnm cansa denotionis similiter ad
ecclesiam et monasteriam ipsnm sancte Sophie et ad capellas eidem
monasterio sabiectas, uidelicet ecclesia sancte MARIAE de Casal-
arbore cnm omnibns aliis ecclesiis et capellis ab ipso monasterio
sancte Sophye dependentibus , accesserint, annnatim pro singnlis
festinitatibns et soUempnitatibns supradictis decem annos et tre-
centos dies de iniuncta ipsis penitentia misericorditer in domino
relaxamns; predictam nero concessionem, nt snperins declaratnm
est, ipsi monasterio in perpetunra nalitnram. Nnlli ergo omnino
hominom liceat hanc paginam nostre concessionis infringere nel ei
ansa temerario contraire. Si qnis antem hoc attemptare presnmp-
serit, preter indignationem sedis apostolice, qnam se nonerit incor-
snrmn, a sacratissimo corpore ae sangnine dei et domini nostri re-
demptoris lesn Christi aliena fiat atqne in extremo examine di*
stricte nltioni snbiaceat. Canctis antem ea qne dicta snnt per nos
ipsi monasterio concessa sernantibns et impedimentnm aliqnod non
prestantibus sit pax domini nostri lesa Christi, qnatenns hie frnc-
tmn bone actionis percipiant et apnd districtnm indicem premia
eterne pacis inneniant. AMEN.
Ego GELA8IUS catholice ecclesie episcopns. Bene nalete.
Ego Petrus Portuensis episcopns consensi et snbscripsi.
Ego Hugo cardinalis presbyter titnli apostolornm consensi et ss.
Ego Petras cardinalis tituli sancte Sasanne ss.
Ego Albinus diaconns cardinalis sancte Minerne ss.
Ego Arditio diaconns cardinalis tituli sancti Theodori snbscripsi.
Ego Marcus presbyter cardinalis consensi et snbscripsi.
Ego Oderisius diaconns cardinalis tituli sancte Agathe.
Ego Hugo cardinalis tituli apostolornm prouisor Beneuentane
curie consensi et ss.
R.
Data Beneuenti per manus Grisogoni sancte Romane ecclesie
diaconi cardinalis, XIHP. kal. madii, indictione XI*, anno dominice
incamationis M . C . XVIII ,' pontificatus antem domini Gelasii pape
secondi anno primq. Amen.
74 P. Kehr,
9.
Calixt IL nimmt das Kloster S. Sophia eu Benevent unter dem
Abt Johannes in den apostolisclwn Schutz und bestätigt ihm die von
Gelasius IL gewährte Indulgenz und alle Privilegien.
Lateran 1123 Januar 5.
Copie saec. XIV Benevent Archivio capitolare (vol. XLVIII
Nr. 11).
Diese Urkunde Calixts IL ist ebenso wie die Gelaaius IL
(Nr. 8) eine grobe Fälschung. Doch könnten einzelne Theile und
besonders Rota und Datirung (diese wohl J-L. 7004) einem ech-
ten Privileg entlehnt sein. Aber die Cardinalsunterschriften gc-
Iwren Innocenz III. oder Honorius HL an.
Callixtus episcopus seruus seruorum dei. Uniuersis Christi
fidelibus presentes litteras inspecturis salutem et apostolicam be-
nedictionem. Accedens ad presentiam nostram Johannes dilectns
filius in Christo abbas monasterii sancte Sophie, quod infra menia
ciaitatis nostre Beneuentane situm esse dinoscitur, nobis humiliter
sapplicaait, ut indulgentias et concessiones ipsi monasterio indultas
per condam Gelasium pontificem predecessorem nostrum confirmare
et de nouo de speciali gracia sedis apostolice ipsas indulgentias et
concessiones iuxta tenorem priuilegii uestro monasterio indiilti per
predictum condam Gelasium pontificem concedere dignaremur. Cuius
sapplicationibus clementer annuimus et prephatum monasterium
sancte Sophie, quod beati Petri cameram reputamus, sub protec-
tione nostra benigne suscipientos, predictas indulgentias et conces-
siones ipsi monasterio indultas per prephatum Gelasium predeces-
sorem nostram iuxta tenorem priuilegii sibi indulti auctoritate
apostolica et fratrum nostrorum consilio deliberatione prehabita
confirmamus et de nouo concedentes ipsi sancto monasterio , quod
in singulis festiuitatibus ipsis in supradicto priuilegio dcclaratis
ob reuerentiam dei et beati Mercurii et sanctorum XII fratrum,
quorum corpora in dicto monasterio requiescunt, sicut in supra-
dicto priuilegio condam Gelasii pape predecessoris nostri plenarie
et euidenter constitit, auctoritate predicta de speciali gracia nostra
Omnibus in Christo uere penitentibus et confessis, qui ad monaste-
rium ipsmn et ad omnes alias ecclesias ab ipso monasterio depen-
dentes causa deuotionis accesserint et de bonis a deo sibi coUatis
ipsi monasterio sancte Sophye et sancte Marie de Casalarbore et
Omnibus aliis supradictis manus porrexerint adiutrices, duos annos
et trecentos dies de iniuncta ipsis penitentia misericorditer in
domino relaxamus. Preterea omnes libertates et immonitates a
Papstorknnden in Benevent und der Capiutnata. 76
predecesBoribas nostris BrOmanis pontificibus monasterio oestro et
aliis ecclesiis prelibatis concessas nee non libertates episcoporum,
exemptiones seeolariam exaetionum ab impcratoribas regibus et
principibos ael aliis Christi fidelibus rationabiliter aobis indultas
aactoritate apostolica confirmamas et presentis scripti patrocinio
commuiumas ; predieta uero concessione et confirmatione sacra per
nos ipsi monasterio et aliis ecclesiis, at superias declaratom est, in
perpetaam nalitura. Si qua igitiir in futuram ecclesiastica secu«
larisae persona hanc nostre confirmationis et concessionis paginam
scienter contra eam uenire temptanerit, secundo tertioue conunonita
nisi reatam snom congrua satisfactione correxerit, potestatis ho-
norisqae sui dignitate careat reamque se dioino iadicio existere de
perpetrata iniquitate cognoscat et a sacratissimo corpore ac san-
goine dei ac domini redemptoris nostri lesu Christi aliena fiat at-
qoe in extremo examine districte oltioni sabiaceat. Cnnctis antem
eidem loco sua iura seraantibus sit pax domini nostri lesu Christi,
qaatenos hie fractnm bone actionis percipiant et apad districtmn
iadicem premia eterne pacis inaeniant. Amen.
Ego Calistns ecclesie catholice episcopns.
Ego Pelagios Albanensis episcopns.
Ego Petms Sauinensis episcopns.
Ego Leo titnli sancte crucis in lernsalem presbj^er cardinalis.
Ego Petras sancte Potentiane tituli Pastoris presbyter cardinalis.
Ego Robertas titnli sancti Stephani in Celio monte presbyter car-
dinalis.
Ego Stephanus basilice XII apostolorum presbyter cardinalis.
Ego Thomas tituli sancte Sanine presbyter cardinalis.
Ego Almas diaconos cardinalis.
Ego Oetanianns diaconos cardinalis.
Ego Gregorins diaconns cardinalis.
Ego Gaido**> diaconns cardinalis.
Ego Aldebrandinas diaconns cardinalis ^\
Data Laterani per manas Ugonis sancte Romane ecclesie, no-
0 0
nas^) ian., indictione prima, incarnationis dominice anno M C XXIII '>,
pontificatns aatem domni Calixti pape secnndi anno qnarto.
R.
a) Quidias. b) die Beihenfolge der (JardindlsubseripHoneH islin der
Copie in Verwirrung. c) es igt wM tu ergangen subdiaconi, III.
d) ACXXXIL
76 P. Kehr,
10.
Honorius IL bestätigt den Bürgern der Stadt Troia ihre Rechte
und Gewohnheiten.
Benevent 1127 Dejsefnber 5.
Vinceneo Aceto Troia sagra I f. 139^ Ms. von 1728, Troia
Archivio capitolare; „II presente privilegio si conserva nelV archi-
vio delV Universita di questa cittä intiero e con piomho pendente*^.
Danach Ant Longhi in Ms, XV F, 45 p, 88 der Nazionaibihlio-
thek in Neapel.
Honorius episcopus seruus seruorum dei. Dilec.tis filiis Tro-
ianis beati Petri fidelibus salutem et apostolicam benedictionem.
Fideles et deuoti beati Petri et sancte Roman^ ecclesig filii sunt
apostolicQ charitatis et familiaritatis brachiis aretius amplexandi.
Quocirca preeibus uestris exorati rationi postulationuin uestrarum
assensum pr^bentes dilectioni uestrej concedimus :
Ut nullus Troianus habitator tarn raasculus quam feinina per
nos uel a nobis personam suinmiftsam perdat uitain seu membrum
su§ persona nee ad suum daranum sine legali iudicio capiatur").
üt pr^dia et omnia loca TroianQ ciuitatis seeundum antiqua**)
imperatorum pr^eepta appenditia sub eiusdein ciuitatis ditione re-
stituantur.
Ut Troiani episcopii et sanctorum iusta^^ et monasteriorum
priuilegia a ducibus facta de redditibus et hfjreditatibus firina et
inuiolata permaneant.
Ut casaleFogi^, quod utroque iure sibi parauit''^ Troiano red-
datur episcopio.
Ut in eadcm ciuitate rector sine ciuium expetitione non con-
stituatur.
Pr^dictam') ciuitatem ex beati Petri patrocinio ac propriis raa-
nibus non eiiciamus neque castellum in eadem ciuitate uol eius
pertinentiis fieri pr^cipimus uel ficri conscntiamus; quod si factum
faerit, delere conabimur.
Ne aliquis inuitus sine urbis commodo uel sanioris partis ci-
uium consilio in hostem ire cogatur.
Datio^ uel adiutorium a nobis uel per personam a nobis sub-
missam nuUo modo requiratur, sed nee rapinam nee uiolentiam cui*
libet ciuium faciamus nee fieri permittamus.
Non a nobis eorura aliquis angarietur.
Ut mulieri uiolentia non inferatur; quam si quis intulerit uel
a) capietar. h) antiquam. c) iuste. d) parati
e) prf ctam. f) data«.
Papstorkunden in Benevent und der Capitanata. 77
81 homicidium perpctrauerit scu furtum aut incendium fecerit uel
aliqnem membro minuerit, pugne aquQ ferrique probatione remota
Longobarda lege iudicetur ^.
Appellatns de domini uel ciuitatis prodicione si se saeramen*
talibus idoneare uon potuerit, a parte ciuitatis^) omni probatione
remota Longobarda lege iudicetur.
De c^teris*) uero maleficiis, ex quibus uiginti solidi uel supra
iubetar, non supra duos solidos exigatur a publico.
De bis quidem qu^ minoris p^n^ sunt usque duodecim : solidus
unus'^ parti public^ componatur; inferiora itaque maleficia : quindeeim
nummoram compositione*) multetur, sie tarnen ut ma]§ pass^ pei*son§
ad eiusdem iram placandam secundum iusto extimantium proui-
dentiam maleficus condignum honorem uel commodum exibeat, quod
81 explere noiuerit, ei secundum legem componat. Si uero male
passus hoc recipere renuens aliquod ob id intulerit maleficium,
legali pr^cepto multetur, a quibus excepta sit fornicatio mulierum
et in uigore legis relicta, quarum si fuerit coniuglum subsequutum,
nulla sit inde compositio. De meretrice tamen uel de extraneis
mulieribus , quarum uita nescitur , non componatur nee inuita sit
eins coniunctio nuptialis.
Serui uero uel anzill^^ si cum uoluntate dominorum furtum
fecerint"*), domini eorum furtum sibi notum**) reddant, si sine uo-
luntate dominorum, furtum tantum reddant.
NuUi probatio a curia imponatur, sed neqne pugn^ ferri uel
aquQ examen appareat.
De rcmissis sacramentis non sit a parte curif molestatio : Fa-
rens parenti secundum legem succedat; cuique uoluerit testamen*
tum facere legaliter liceat. Viatores tamen aut peregrini si testati ^^
obierinf^ bonorum suorum quarta parte curie nostr^ dimissa, re-
liqua ad eorum uelle disponant, qui si decesserint intestati, pan-
nis, sicut antiqna consuetudo fuit, hospiti conseruatis sua omnia
in uestri episcopi potestate deueniant secundum Roberti ducis
concessionem.
Naturales masculi feminine sub patris seu parentum potestate
permaneant et uolentis patris seu parentum legali beneficio per-
froantur^) et ad naturalium sine*") descendentibus decedentium *> suc-
cessionem^ prozimi a parte patris legitimi accedant*>.
f) iodicentur. g) ciuis. h) c^tero. t) uni. k) oompos
inde. l) aogill^. m) fecerit. fi) DOtum? noaum. o) stenü.
p) obierit. q) perfmatar. r) siae. t) decidentiam, i) sucoet«
gioiM. u) acoenda&t.
78 P- Kehr,
Ut nnllas in eadem ciuitate ab extraneo iadicetur nee in eins
causis diffiniendis alias iudieandus daeatur.
Ad eeclesiam confugientes postquam muros attingerint, uita
condonata et integritate corporis eonsernata de commisso male-
ficio iudicentor *'). Fngaces sine iudicio uel curi$ notitia non ea-
piantur.
Ut cuique sua iura reddantur, exceptis omnibas quQ sunt nobis
concessa a ciuibus, qu$ omnia libere et sine calumnia in modo'^
proprio dominio permaneant.
Omnibus in eadem ciuitate habitantibus introitus et exitus
cum suis Omnibus libere existat, excepto si de debito aliquo uel
maleficio fuerint appellati, unde prius eos oporteat idoneare.
Alienatio suarum rerum legaliter facienda nulli sit prohibita.
Omnes Troiani una lege et sub uno dominio uiuant, exceptis
hominibus reverendissimi episcopi et abbatis sancti Nicolai, sancti
Angeli de Yrsaria, monasterii sancti Nicolai et sancti Angeli de
Rodingo, qui sub eorum dominio maneant. Exceptis quoque mili-
tibus qui secundum ueteres usus et legem suam uiuant.
Si quis uestrum aliquem ibidem ab habitandum attraxerit, se-
cundum quod cum eo pepigerit, sit sibi concessum.
In monte Grimaldi si quis §dificauerit domum, et omnium gdi-
ficiorum fundi §dificatornm propra fiant, ita tamen quod eundem
montem muro et fossato ad honorem ciuitatis ipsi muniant.
Casalina ueterQ ciuitatis secundum quod unusquisque possidet,
suQ proprietati consociantur , sie tamen ut eandem ueterem cini-
tatem muro et fossatis ipsi muniant.
Pr^terea qu§ infra menia«'^ episcopii continentur, quQ'^ de ip-
sius potestate non trahimus et ea qu^ muro ciuitatis proxima sunt,
quQ') nullius proprietati dimittimus.
De rebus a peregrinis exemptis uetus consuetudo seruetur.
Troianus incola in Troiana ciuitate uel eins pertinentiis pla-
teaticum non attribuat, sed ab extraneis uelut hactenus accipiatur«
De nulla re in curia per placitum recuperata a parte publica
tertia requiratur. In terris quQ sub sancta iuxta '^ sunt certum do-
minum non habentibus, si Troianus habitator laborauerit, non det
inde terraticum.
Mulieres carentes parentibus sub curie mundio maneant.
In plateis publicis ab utraque parte casalina uel casas haben-
tibus, transeuntium commodo non impedito, liceat arcus leuare et
super plateas publicas ad suam proprietatem fdificia faoere.
tc) iadicetur. x) nostro? y) monima. $) «ie.
Papsturkundeo in Benevent und der Capitanata. 79
Et generaliter omnes bonQ consuetadines in eadem ciaitate
hucusque uersat^ et quQ per bonos homines memorari possant, per-
petae conseruentar nee a nobis nee a quolibet peruertantar. Malf
aero consaetudines nullo modo memorentar.
Ego Honorins catholicQ ecclesie episcopus.
Ego Mattheas Albanensis episcopus.
Ego Petras cardinalis presbyter tituli sancte Sasann^.
Ego Romanas diaconas cardinalis sancte Mari^ in Portica.
Ego Albertas diaconus cardinalis sancti Theodori.
Datam Beneaenti per manas Aimerici"^ sancte Roman^ eccle-
si^ diaconi cardinalis et cancellarii, nonis^^ decembris, indictione
Vl\ incarnationis dominic^ anno M.O.XXVn, pontificatas autem
domni Honorii secandi pap^ anno m.
a) Almerioi. h) nono.
11.
Hadrian IV. nimmt die Kirche von Troia unter dem Bischof
Wilhelm in den apostolischen Schute und bestätigt ihr das Privileg^
daß der Bischof immer vom apostolischen Stuhl die Weihe empfange,
die Besitzungen und die bisc1u>flichen Rechte, insbesondere die Weihe
des Abtes von S. Maria Üoronata , dessen Benediction der Papst für
den Fall der Abwesenheit des Bischofs in Sizilien übernimmt,
Benevent 1156 Juli 6.
Orig. Troia Archivio capitolare (C Nr. 15). — Ebenda Copie
saec. XIV auf dem Rotulus Super Ute int er Troianos et Foggienses
und bei Vincenzo Accto Troia sagra, Ms. von 17J28, vol. I f. 152 ebenda
= Ant. Longhi Ms. XV F. 45 p. 39 Neapel Bibl. Nazionale.
Effectum iasta postulantibas.
Dat. Beneuenti per manum Rolandi sanct^ Romane QcclesiQ
presbyteri cardinalis et cancellarii, U. non. iulii, indictione Uli,
0000,
incarnationis dominice anno M.G.L.VI, pontificatas aero domni
ADRIANI pape IUI. anno secondo.
B. dep.
Cardinäle: Hubald von S. Prassede, Julius von S. Marcelh,
Gerard von S. Stefano, Heinrich von SS, Nereo e Achilleo; Guido
von 8. Maria in Porticu.
12.
Alexander III. entscheidet im Ptacitum^ daß der Abt von S. Jih
kanmes in Lama die dem klagenden Abte Johannes von 8. Sophia in
80 P. Kehr,
Benevent unrechttmßig entzogenen Besitzungen in Francisca in Apu-
lien zurückgeben soll.
Benevent 1167,
Orig. Benevent Orfanotrofio femminile di S. Füippo (Ärchivio
di S. Sofia vol. VIII Nr. 9).
Der AM gehört wohl in die zweite Hälfte des August 1167
(vgl. J-L. 11359—11361).
f Jü nomine domini. Anno dominice [incarnationis millesimo
8e]xagesimo septimo et octa[uo pontificatus] domni Alexandri
tertii s[ammi pontificiis et aniuersalis | papQ], quintadecima in-
d[ictione ] lolianne iudice institutum de hoc [
Benjenentano palatio in presentia [domni Alexandri] | tertii
sammi pontificis et uniuersalis pape, domni B[ernardi Portjuen-
813, domni Guidelmi Papiensis episcopi et cardinalis, domni AI-
berti cardinalis et quam plurium hominum et | mei, domnas lo-
hannes uenerabilis sancte Sophie et domnus ^^ abbas sancti lo«
hannis qui dicitur in Lama residerent, surrexit domnas lobannes
abbaa sancte Sophie et cojram domno papa et predictorum cardi-
nalium et aliorum hominum, qui ibi residebamus, de predicto ^)
abbate sancti lohannis in Lama querimoniam preponere ce|pit, quod
ipse quasdam terras, quas monasterium sancte Sophie in Apulia
in loco qui dicitur Francisca possidebat, iniuste et sine aliqua ra-
tione inuasejrat, unde predictus abbas sancte Sophie querebat a
domno papa, inde sibi iustitiam exhiberi. Audiens autem hec
domnus Alexander papa precepit predicto | ^^ abbati sancti lohan-
nis in Lama, ut terras quas malo ordine inuaserat, sancte Sophie
monasterio restitueret aut per interpositas perjsonas ad conue-
nientie concordiam deueniret aut iudiciario ordine predicto lohanni
abbati sancte Sophie super hoc responderet. Et ut | hec omnia que
preleguntur obliuioni non tradantur, hoc scriptum inde fieri pre-
cepi et a te Trasemundo notario taliter scribi. Ego | Trasemundus
notarius interfui. |
fEGO QVI SVPRA JOHANNES IVDEX.
a) Lücke im Text für den Namen.
13.
Alexander III. nimmt die Kirche von Troia unter dem Bischof
Wilhelm in den apostolischen Schutz, bestätigt ihr die Besitzungen
und die bischöflichen Hechte.
VeUetri 1180 März li.
Papsturkaaden in Benevent und der Capitanata. 81
Orig. Troia Archivio cajntolare (G Nr. 11). — Ebenda Copie
saec. XIV auf dem liotulus Super Ute inter Troianos et Foggienses
wid bei Vincenzo Aceto Troia sagra, Ms. von 1728 ^ vol. I f. 177\
ebenda = Ant. Longhi Ms. XV F. 45 p. 45 Neapel Bibl. Nationale.
Ex iniuücto nobis.
Dat. Velletr. per manum Alberti sancte Romane ecclesie pres-
byteri cardinalis et caneellarii, IL idus martii, indictione XII, in'
0 0 0 0
camationis dominice anno M.C.LXX. Villi , pontificatus uero domni
ALEXANDRI pape IIL anno eins XXI*.
B. dep.
Cardinöie: Ilubald von Ostia, Tlieodinus von Porto und S. Ru-
fina, Btrnercdus von Pidestrina ; Johannes von SS. Giovanni e Paolo,
Vivianns von S. Stefano in Celio monte, Hugo von S. demente, Ma-
theus von S. Mnrcello; Laborans von S. Maria in Partien^ Rainer
von S. Giorgio in Velabro, Johannes von S. Angelo, Matheus von S.
Maria Nuava.
14.
Lucius III. nimmt das Kloster 8. Salvatore de Fagäo unter dem
Prior Johannes in den apostolischen Schutz, bestätigt ihm die Regel
dfs h. Benedict und die Besitzungen, dazu nach dem Vorgange Alex-
amiers III. die Kirche des h. Bartholomaeus de Vaccaricia nach der
Sciienkung weiland Abts Romald von S. Nicolaus in Troia, und be-
stätigt das Verhältaiß des Klosters zu dem genannten Kloster in
Troia, gewährt die freie WaJd, das Aufnahmer ecld, Freiheit vom In-
tcrdict und das Begräbnißrecht.
Anagni 1184 Februar 24 (25).
Orig. Troia Archivio capitolare (V Nr. 23). — Datiach bei Vin-
cenzo Aceto Troia sagra, Ms. von 1728, vol. I f. 182' ebenda.
Qaotiens a nobis.
Dat. Anagnie per manum Alberti sancte Romane ecclesie
presbyteri cardinalis et caneellarii , VI. kal. martii, indictione U,
incarnationis dominice anno M.C.LXXX.niy pontificatus nero
domni LUCII pape III. anno III.
B.
Cardinäle: Theodinus von Porto und S. Rufina, Heinrich von
Albano, Patd von Palestrina; Johannes von S. Marco, Petrus von
S, Susanna, Laborans von S. Maria in Trastevere, Pandulf von SS.
Apostoli; Jacinihus von S. Maria in Cosmedyn, Oraiian von SS.
Cosina e Damiano, Bobo von S. Angdo, Soffred von S. Maria in Via
lata, Alhin von S. Maria Nuova.
Kf . Om. d. Wi«. Kac^rivkUA. PkÜoloc.-kictor. XImm 188a. HA. I« 6
82 P. Kehr,
15.
ürban III. nimmt die Kirchen Ä Andreas de Benevento und S.
Trinitas de Palaiiolo unter dem Prior Johannes in den apostolischen
Schute f bestätigt ihnen die Regel y die Besitjntngen, Freiheit vom In-
terdict, Wahlrecht und andere Vorrechte.
Verona 1186 Deeemher 1,
Orig. Benevent Archivio capitolare (vol, XL Nr. 24). — Do-
nocA Copie saec. XVII ebenda (vol. LXIV Nr. 22).
Die Urkunde lautet vmüich gleich dem Privileg ürbans III.
von 1187 Februar 1 J-L. 15934 mit Ausnahme des hier fehlenden
Salzes De apothecis qnoque nestris aat tabnlis earam nichil
amplius plateatici siue cuiaslibet publice fonctionis nomine
amodo reqairatar, quam sab antecessoribus nostris felicis me*
morie ALEXANDRO et LUCIO usque nunc constiterit esse re-
ceptom.
Optimam inioncte.
Dat. Yerone per mannm magistri Moisi Lateranensis canonici,
kal. ") decembris, indictione V**, incarnationis dominice anno
0 0
M . C . LXXXVI**, pontificatus uero domni URBANI pape III. anno
secundo.
B. dep.
Cardinäle: Heinrich von Albano, Paul von Palestrina; Petrus de
Bono von S. Susanna^ Laborans von S. Maria in Trastevere, Pandulf
von SS. Apostolij Melior von SS. Giovanni e Paolo, Adelard von S.
Marcello; Jacinthus von S. Maria in Cosmedyn, Grratian von SS.
Cosma e Damiano, Bobo von S. Angelo, Soffred von S. Maria in Via
lata^ Petrus von S. Nicolo in carcere, Badulf von S. Giorgio in Ve-
Idbro.
a) vorher Rasur von VI.
16.
Urban III. nimmt die Kirchen S. Andreas de Benevento und S.
Triniias de Palaiiolo unter dem Probst Johannes in den apostolischen
Schute und bestätigt ihnen die Regel des h. Augustin nach den ihnen
von dem Kanzler Albert Cardinalpriester von 8. Loreneo in Ludna
gegebenen Statuten.
Verona 1187 Märe 26.
Papstarkunden in BeneTent and der Capitanata. 83
Orig. Benevent Arch. capitolare (Pergamene a parte Nr. 14). —
Danach Copie van 1694 ebenda (vol. XXIX Nr. XIV p. 118).
ÜRBANVS EPISCOPVS SERVVS SERVORVM DEI . DILECTIS
FILnS lOHANNI PREPOSITO ET FRATRIBVS SANCll ANDREE
DE BENEVENTO ET SANCl^E TRINITATIS DE PALATIOLO TAM
PRESENTIBVS QVA3f FVTVRIS CANONICAM VITAM PROFESSIS
IN PERPETVVM. | Cum ex iniuncto nobis a deo apostolatus
officio imiaersanun ecclesiarum profectibns intendere teneamar,
super eas tarnen que in Ulis site sunt locis, qae ad prouidentiam
et dominiam beati Petri respiciont, diligentiorem caram impendere
no8 oportet, precipue nero si plantata sit in eis sacra religio, per
quam aliis bone | opcrationis detnr exemplum et fractas expectetor
aberior animaram. Ex eo siqaidem est qaod nos rcligiosam insti-
tntionem ecclesie nestre, que per dilectam filiom Albertam titoli
saneti Laarentii in Lacina presbyterom cardinalem et cancellariom
nostmm facta est, ratam habentes et uolcntes ecciesias ipsas inxta
nostri officii debitum in melius | promoucre , eas sub beati Petri
et nostra protectione suscipimus et presentis scripti priuilegio com-
monimus. Inprimis siquidem statuentes ut ordo canonicus, qui
secundum deum et beati Augustini regulam in loco ipso noscitur
institutus , cum aliis regularibus obseruantiis per huiua scripti
nostri teuerem expressis perpetuis ibi temporibus | obseruetur, sie
tarnen ut, si quid circa obseruantias ipsas uisum fuerit in melius
promouendum, de consilio et consensu seniorum et meliorum de
domo ipsa ex Romani [po]ntificis licentia hoc agatur. Si quis sane
ad uos accesserit et religionem uestram se dixerit uelle recipere,
non statim acquiescetis ei, sed responsum uestrum in suspenso |
ponetiB et, si perstiterit pulsana, proponetis ei difficultatem ordinis
et queretis , si pauper uelit esse pro Christo , si obcdientiam ser-
uare preposito, corpus macerare ieiuniis atque illecebris continere,
dimittere in se peccantibus, corporales ferre molestias, opus agere
quod iubetur et taliter quantum deus dederit se habere, ut expo«
liare se | possit ueterem hominem cum actibus suis et nouum in-
duere, qui secundum deum creatus est in iustitia et sanctitate ue-
ritatis. Quod si ad hanc inquisitionem non he8[itau]erit diffidentia,
sed bonam perseucrandi spem domino donante prebuerit , detur ei
beati Augnstini regula cum istis institutionibus ad legendum, et
tunc, si constans | manserit in petendo, confidenter poterit ad
probationem admitti. Nichil tarnen pro receptione sua promittat,
nisi tantum si habuerit quod ad simplicem habitum su[um secun]dum
institutionem domus uisum fuerit expedire. Tempore quoque proba-
6*
84 P- Kehr,
tionis, si facaltatem habuerit, de proprio indaatar, ne domum cui
utilis ex accessu forte non | extitit, ex recessu afficiat detrimento.
Si quis autem ultra hoc ante plenam receptionem suam quiequam
dederit aut promiserit, tarn dantem quam accipientem ab omni sa-
cri altaris officio tarn diu statuimus remouendum, donec per Ro-
manam ecclesiam misericordiam consequatur et ad eins arbitrinm
culpam suam expurget. Post professionem autem, | si uel is qui
recipitur uel amici eins gratis aliquid ecclesie dare uoluerint, licite
recipi poterit et teneri, dum tarnen tale sit quod de usuris rapina
uel furto non constet dantibus prouenisse et de quo litigium non
uideatur ecclesie imminere; quod utique in cunctis que uobis ab
aliquibus offerentur, statuimus obseruandum. | ßeceptio alicuias
sine unius ad minus anni probatione non fiat, nisi forte persona
fuerit, que annum quadragesimum iam transierit, circa quam pro-
fessionis tempus pot[er]it breuiari ; si tamen de cuiusquam moribus
uisum fuerit dubitandum, prolixior de illo probatio habeatur nee
professionem aliquis ante faciat quam annum uideatur | uicesimum
compleuisse. Nee ignotus quisquam ad ministerium suscipiatur al-
taris , nisi prius per episcopum aut ecclesiam in qua seruiuit seu
alias personas [idojneas compe[tente]s de ordinatione ac statu ipsius
testimonium habeatur. Si facta professione aliquis se intemperanter
habuerit et impatiens discipline ad arbitrium prepojsiti ef^ non
emendauerit mores suos, tribuatur ei licentia recedendi, sie tamen
ut non reuertatur ad seculum, sed ad religionem aliam transeat,
in qua intirmitati eins melius satisfiat. Qui si postea penitens a
uobis misericordiam postulauerit , uoluntatis et penitudinis inqui-
sitione habita diligcnti, iuxta id quod scriptum | est: „Probate Spiri-
tus, si ex deo sunt,'' recipiatur ad ueniam et seorsum prius ac deinde
cum fratribus iuxta culpe modum ei satisfactio imponatur, per
quam et ipse corr[ig]at culpam suam et alii a simili deterreantur
excessu. Nee uenianegetur alicui, dummodo de ipsius emendatione
bona spes possit haberi et receptionem suam | non aliorum instantia,
sed humilitate propria et supplicatione requirat; non enim infra
certos terminos misericordiam oportet includi, dum dominus eam
ad numerum uniue[rsijtatis in euangelio decreuerit extendendam.
Fratres post receptionem suam nichil proprium retinebunt nee quie-
quam accipient nisi ad communem utiiitatem et prejpositi seu prio-
ris licentia precedente. Vestimenta fratrum nigra poterunt esse
nel alba, que repellere frigus et decenter possint tegere nuditatem
et terram [nujlla parte contingant; togis etiam et in ecclesia et
a) folgt kleine Basur*
Papsturkonden in Benevent and der Capitanata. 85
extra uti nalebitis ; qui uelaminibus snper caput opus habuerint, ca-
patiis sint contenti ; alia secularia | uelamina non requirant, cum
apostoIoB dicat: „Omnis uir orans siue [prophetanjs uelato capite de-
torpat caput suum et beatus Augustinus : „Nullus in psalmis et can-
[ticis spiritujalibus uclamen habeat super caput. ^ Omnes qui pos-
sunt ad arbitrium prepositi aut alterius qui prefuerit opera faciant,
que loco in quo manere et tenipori | congruere uideantur. In ci-
uitate scribantur libri, suantur panni, conficiatur panis et alia bis
similia, extra uero in agris uineis et ortis et reliquis m[ini]8teriis
cum ilaritate fiat quod superiori uisum fuerit conuenire. Cum
enim beatus Paulus apostolua precidendos quosdam ab aliorum
communione proponat qui non | operabantur sed curiose agebant,
uos etiam oportet insistere, ut de labore uestro possitis et proui-
dere uobis et indigentibus subuenire. Quod adeo firmiter statuimus
obseruandum, ut si aliquis uestrum operari noluerit, locum ipsum
deserere compellatur, cum idem apostolus dicat : „Qui non laborat,
non manducet." Superior etiam | offitii sui iacturam incurrat, si
diligenter id non fecerit obseruari. leiunium continuum erit uobis
ab idibus septembris usqne ad dominicam resurrectionem, exceptis
[trjibus diebus natiuitatis dominice, epiphania, purificatione et festo
omnium sanctorum, in quibus ieiunium poteritis sicut in diebus
dominieis, si uolueritis, relaxaro ; qua|tuor diebus in septimana qua-
dragesimalibus cibis, roHquis uero, oxcepto aduentu, caseo et ouis
oti ualebitis , si uobis f ucrint ministrata. Hoc quidcm cautius ob-
seruato, ut de qualitato cil)()rum nuUus debeat murmurare. Extra
refectorium nemo canonicorum bene ualentium manducet aut bibat;
cellararius | slngulorum necessitates attendat et, si quisquam in-
commoditate propra corporis laborauerit, prouideat ut oportet tan-
tnm, ut camea in refectorio non edantur nee extra etiam, nisi magna
qui« debilitate fuerit aut ex modicina soneotute uel infirmitatc
grauatus. Conuersis tamen laicis in dominicis die1)us et magnis |
öoUempnitatibus, si in tertia uel quinta foria uenerint, si facultas
fuerit et uoluerint, unum forculum carnium, extra canonicorum
tamen refectorium ualo[b]it apponi, excepto in aduontu et soptua-
gesima. Canonici quofiue si ex ol)edientia longe fuerint et gratis eis
fuerit parata refectio, illos cibos, si reguläres | habere nequiu(»rint,
cum modestia et gratiarum actione reripient, s(»ruata quidem con-
gmentia temporis, quo.s hospos bonus eis duxerit apponendos; a malo
quidem, quantum salua pace fieri poterit, statuimus declinandum.
A pentecosten usque ad festum apostolorum quatuor diebus in
septimana, exinde duobud aut tribus usque | ad idus septembris, in
cibis quadragesimalibus ieiunabitis, nLji aut infirmitas aut ali^ois
86 P. ^ehr,
grauis labor obsistat. Duobus autem pulmentariis in parab3[ide]
debetis esse contenti, nisi tertium aliunde uobis ab aliquo ex cari-
täte mittatur, excepto quadragesimali tempore, in quo ab omnibus
qui possunt districtius est | uiuendum, si quid preter duo fercula
fuerit apponendum aut ponatur in mensa aut cum aliis misceatur.
Et quia deus omnia ereauit sub numero ponde[re] et mensura,
quod inter uos statutum est nos quoque firmamuS) ut canonicorum
numerus professorum, excepto preposito, uicesimnm quartum nume-
rum non tran|scendat. Et possessiones uestre omnes intra Beneuen-
tane ciuitatis territorium includantur, ita ut nichil extra recipere
uobis licoat et teuere, nisi quantum ad animalia uestra sufficiat
nutrienda. Si que uero ecclesie magisterio uestro se deereuerint
committendas , eritis eis in bis que dei sunt et temporale ab eis
obsequium | non queretis. Parrochianos aliarum eeclesiarum ad se-
pulturam nullatenus admittetis, nisi hoc de presbyterorum suorum
fuerit uoluntate aut se ad coUegium uestrum, dum corpore ac mente
ualuerint, deereuerint transferendos; neque pro cadaueribus defe-
rendis egrediemini septa uestra, ne dum queritis placere hominibus,
quod deo displicere possit | agatis. Ad regimen domus prepositum
habeatis, qui omnium curam gerat, et sub eo priorem, qui babeat
curam claustri, et familiäres idoneos electos a d[omus prejposito
cum ipsius licentia domus ^) substantiam amministrent et ei prepo>
sito') reddant per menses singulos rationem. Cura hospitum et
pauperum | uni de discretioribus et benignioribus fratribus iniun-
getur, qui audiet eos et, ut expedire uiderit, caritatis solatium mi-
nistrabit; requiret tamen prius ab illis [a]n uiderit admittendos,
si eis que fratribus apponuntur uelint esse contenti. Ad lauta qui-
dem et sumptuosa cibaria non oportet quemquam admitti, ne dam
illis I contra uerbum apostoli fiet remissio, tribulatio fiat uobis et
aliis quorum conuenit indigentie subuenire, salua tamen reuerentia
personarum, quibus aut pro su[a] h[on]estate aut pro percepto ab
eis beneficio aliquantulum accuratius uidebitur ministrandum. Que-
cumque tamen prestanda sunt, cum ilaritate prestentur et | nulli
maledictum pro maledicto reddatur. Sed et hoc obseruari debebit,
ne sub hospitalitatis optentu res pauperum et famulorum dei diui-
tibus huius seculi et mundanis hominibus pro uana gloria tribnan-
tur, cum beatus leronimus dicat: „Da non diuitibus, non potenti-
bus, sed pauperibus, da non ut augeantur opes, sed ut inopia susten-
tetor'^ I et dominus in euangelio: „Cum facis prandium aut cenam,
noli uocare amicos et diuites qui te reinuitent, sed uoca pauperes
h) familiäres— domus auf Easur ; es fehlt qui. c) preposito auf Rasur.
Papstarkanden in Benevent and der Gapitanata. 87
et debiles qai non habent retribaere tibi ; r[etr]ibnetar autem tibi
in resarrectione iustorum.^ Si frater fratri aut alius qailibet in
aerbo uel facto iDiariam quamcumqne intulerit, sastineat patienter
et diseedendo inde | oportunitatem subtrabat contendendi nee ui-
cissitadinem facti seu uerbi mali rependat; cum uero commotio
quienerit animorum; moneat cam') caritate fraterna, et penitentiam
agere de comnrisso et a sirailibas in posterum abstinere; quod si
snperiori dicendum fuerit, non araore uindicte sed causa fiat solum-
modo discipline, ne qai | peccanit^ aut non intelligat culpam suam
aut incorrectus facile recidat in id ipsum. Si uero quisquam de snb-
stantia domus niolentiam uobis fecerit et ad iudicem oporta[er]it
prouocari, non ante hoc fiat quam caritatiiie ille primo a uobis, post
ab aliis moneatur; in iudicio uero per minoris ordinis clericos aut
conuersos aut laicos bonos | causa tractetur ; qui altaris ministerio sunt
ascripti, pro rebus transitoriis nee litigent nee faciant inramentum,
cum apostolus dieat: ;,Nemo militans deo impli[eet] se negotiis se-
cularibus'^ et dominus in euangelio: „Sit sermo uester est est, non
non, quod amplius est, a malo est^. Cum aliquem fratrum infir-
mari contigerit, ad curam eins | frater alius conuersus siue clericus
deputetur, qui ea que necessaria sunt inquirat et ministret, sicut
fuerit ministrandum ; infirmus autem delicata nimis et 8uper[fl]aa
non inquirat, ne curam camis in desideriis faeere uideatur, sed
necessariis et que facile habeantur eontentus existat. In uendendis
et emendis rebus breuiloquium | teneatur et satis sit, si semel uo-
luntatem suam exprimant contrahentes, cum emere carius et uen-
dere uilius debeatis et non oporteat uestrum reputare dispendium,
quod in utilitatcm pronenit aliorum. Usuram et superabundantiam
sub nullius umquam aut recipietis aut dabitis necessitatis uel uti-
litatis optentu, quia non potest | liber esse a propriis , qui peccatis
communicat alicnis. Uasa et indumenta sacra plani sint operis et
coloris unias, que kumilitatem innuant et concordiam [ani]morum;
si alia data fnerint, non habeantur in nsu, sed si necessitas super*
uenerit, in alimoniam pauperum expcndantnr. Nee solnm illa sed
alia quoqne, si tanta fucjrit indigentia, ut duobus solidis cossina
frumenti uendatur, in subsi[diujm transeant egenorum aut etiam
ciuitatiH, si contigerit cam ab hontibus obsideri. Si pro necessitate
domus debitum aliqnod fuerit contrahcndnro, prius fratribus in ca-
pitulo proponatur et cum eorum fiat conscientia et assensu, ut sie
et dinpendium caueatur et suspitioues ac | murmura euitentur. In
contractibus qnoque possessionum , ornatu ecclesie seu librorom id
e) eum auf Basur.
88 P. Kehr,
ipsum agatur; quod si aliter actum fuerit, ad tenendiim domut
siue conuentus nullatenus obligetur nee ad soluendnm nisi uolueria
teneatur. Si quis fratrura ad superiores ordines petierit promo-
ueri, postulationi eius minime satisfiat, sed tarn diu | in suo loco
quiescat, donee a preposito ei dicatur ^Ascende superius", ne dum
foris per ambitionem temptat ascendere, interius decidat, ubi nemo
nisi per hurailitatera ascendit, attestante quippe sacra scriptura:
;,Indignu3 est sacerdotio qui non fuerit ordinatus inuitus^ etalibi:
^Sicut qui quesitus refugit, sacris est altaribus admo|uendus, ita
qui sponte se ingerit, est procul dubio repellendus". NuUus inter
uos missarum appetat sollempnia frequentare, sed unicuique satis
sit, exccpto ebdomadario, si semel in septimana licentiam accipiat
celebrandi. Si sane accipere uoluerit eucaristiam, de manu poterit
recipere-^^ celebrantis; cum enim ipsi apostoli raro cele|brasse cre-
dantur, temerarium nimis esse uidetur, ut qui uirtute non eminet,
misteria sacrosancta frequentet; cum rai»a etiam celebratio unicui-
que possit esse terrori, beato Paulo dicente: „Probet se ipsum
homo et sie de pane illo edat et de calice bibat. Qui enim corpus
domini sumit indigne, iudicium sibi manducat et bibit." | Si quis
ad quemquam fratrum accesserit et porrecta oblatione missam ab
eo pro quacumque necessitate sua siue suorum petierit celebrari,
non admittatur eius petitio, ne sub temporali mercede poni com-
munio sacra putetur; significetur autera priori desiderium eius de
habenda oratione fratrum et ille pro ipso denuntiet omnipotcntis |
dei misericordiam exorandam. In capitulo etiam, si tempus fuerit,
ipse proponat, ubi beneficiorum quoque commemoratio est fienda,
que uobis ab aliquo tribuentur; gratias deo in comune reddantur et
pro eo qui contulit oratio fundatur ad deum. In soUempnioribus
diebus exhortationis uobis sermo non desit, sed per prepositura aut
aliquem | fratrum quod uos et alios edificet proponatur. Et si ex
uobis oportunitas hoc agendi forte defuerit, alius qui hoc faciat in-
uitetur. Prepositus sane apud Palatiolum eligatur, extraneis laicis
cunctis absentibus, per quos ulla ualeat turbatio suboriri. Rogentur
autem abbates ciuitatis uel duo ex melioribus et maioribus ecclesic
maioris | adesse uel alie bone persone, si iste defuerint, ut per
earum consilium et fauorem et foueatur concordia et turbatio re-
primatur. Ipsi uero singulorum in capitulo singillatim uoluntatibus
requisitis et diligenti discussione habita personarum, illum uobis
de uestro collegio uel de alio, si forte idoneus ibi non fuerit, in-
uocata sancti spiritus gratia denun|tient eligendum, quem per as-
f) eorr, aus accipere.
Papstnrknnden in Benevent und der Capitanata. 89
ftertionem omninm sine maioris et sanioris partis ad rcgimon
nestrum niderint aptiorem. Ante tarnen agatnr cum maiore solito
restrictione leioniuni et sancti spiritns gratia per missarnm sol-
lempnia, decantationem psalmorum et orationes alias inuocetur. Nee
per appellationes obstaculum dimittatur electio, si temere | qnis-
qnara daxerit appellandnm. Fiat aiitem electio de presbytero siue
tali persona, qne in eodem anno possit presbyter ordinari. Qui
etiam aliunde ducat originem, ne de frequentia cognatorum iaxta
manentiuro insoleacat aut occasionem habeat ecclesie substantiam
minnendi. Adsit etiam, si opus fuerit, rectoris nostri presentia, nt
nullas I in facto electionis andeat uiolentiam exercere. Presentetar
antem archiepiscopo , si prope fuerit, confirmandus et sine lurisin-
randi religione obedientiam promissurua. Archiepiscopus uero pre-
posito uel ecclesie nichil noui oneris aut exactionis imponat, sed
canonica reuerentia contentus existat et censu annuo '^ libra-
rnra | cere, qui ex comrauni oi que facta est inter uos et eum con-
stitutione debetur. Si aliud ei gratis aliquando duxeritis tribuen-
dum, pro eo quod scriptum est: „Per caritatem seruite inuicem'',
in nullam uos dandi necessitatem adducat nee aliquara seruitutem
imponat, quantacumque temporis diuturnitate prestetur. Nee ullus
umquam super | uos prepositus statnatur, qui conuenientem non ha-
beat intelligentiam scripturarum , ne per ignorantiam ueritatis aut
ipse a nia salutis exorbitet aut eos qui exorbitauerint a deuio non
reducat. Constitutus autem sicut officio, ita presit et opere, atten-
dens semper quod scriptum est: ^Rectorem te posuerunt, noli ex-
tolH, sed esto | in illis quasi unus ex illis*^" et in omnibus ita se
gerat, ut salua disciplina regiminis tamquam unus ex fratribus ap-
pareat inter fratres et unum cum eis reficiendi locum, unum habeat
quiescendi ; et si alia necessaria cura non irapedit, et in ecclesia et
in mensa suam faoiat septimanam, ut Christi discipulum se probet
esse, qui ait: „Filius hominis non uonit | ministrari sed ministrare^
et illnd: ^Qni maior fuerit inter uos, erit uoster minister et qui
primus esse uolnerit, erit uester seruns*^; necrelicto studio spiritali
seo ne[oos]saria cura domns per exteriora discurrat aut corporalibos
86 implicet negotiis aliorum, nisi forte superioris fuerit preceptione
eoactus. Nam et dominus dicenti cuidam, | ut hereditatem diuideret
inter ipsnm et fratrem suum, non acquieuit et diacipnlo ire oolenti
et sepelire patrem suum respondit dicens: „Dimitte mortuos
sepelire mortuos suos. Tu autem ueni sequere me''. Aposto-
lice quoque sententie memor, qua discipulo suo dixit, uidelicet:
g) Lüde für die Zahl. h) nnn« ex ill auf Basur.
90 P. Kehr,
;,Sine preiudicio nichil facias^ et alibi : ;,Si sedenti reaelatum
fuerit, maior taceat^ , ante cum fratribus que sunt agenda dispo-
nat et cum conscientia et consilio eorum agat, quod magis expe-
dierit negotiis promouendis. Sic enim et suspicionum amputabuntur
obprobria et concordia inter fratres firmior permanebit. Ad
locnm uero alium prepositus profecturus de domo comitem babeat,
non unum et eundem semper, sed modo hunc modo illum, dis-
cretum tamen, | ut omues habere uideatur in gratia et in actibus
suis nullius conscientiam formidare. Fratres itidem*^ si ex licentia
uel mandato extra ire debuerint, sine bono socio quem prior de-
derit, non procedant, cum Salomon dicat: „Ye soli! Quoniam si ce-
ciderit, non habebit subleuantem^. Illud preterea inter uos caatius
obseruetur, ne aut prepositus aut aliquis aliorum | quemquam sibi
ex fratribus iuramento siue fide umquam astringat, penam asperri-
mam recepturus quisquis in hac culpa fuerit deprehensus. Sit
autem sermo uester ad concordiam retinendam est est, non non nee
obligatio ulla mundana, sed Caritas Christi uos teneat in amoris
sinceritate legatos iuxta hoc quod apostolus dicit: ^^Nemini quic-
quam debeatis | nisi ut inuicem diligatis^. De cetero ut constitu-
tiones iste numquam de corde uestro recedant, numquam de uerbo
et operatione deficiant, sed earum semper et ad agendum et ad do-
cendum memoriam habeatis, semel eas per menses singulos in capi-
tulo uestro statuimus cum regula beati Augustini legendas, ut tanto
Armins teneantur in opere , quanto ex | frequenti lectione firmius
fuerint memorie commendate. Penam ad hec perpetuaih uereatur
quisquis *] post factam in loco uestro professionem aut locura ipsum
sine licentia capituli ex animi leuitate reliquerit aut noti quod
compos sui et sponte prestitit, remissus fuerit ac negligens obser-
uator et culpam suam, ante|quam exeat de hac uita, perdignam
penitentiam "^ non curauerit expiare, scriptura sacra dicente : ;,Ma-
ledictus homo qui opus domini negligenter agit^. Cunctis autem
statuta ista de corde puro, conscientia bona et fide non ficta seruan-
tibas et usque ad finem in proposito permanentibus sit gratia et
pax a deo patre nostro et domino lesu | Christo, quatinus et hie
in bonis operibus ac uirtute proficiant et in extreme examine, quando
suorum cuique reddentur stipendia meritornm, denarium bene ope-
rantibus in fine promittitur ^ reddente domino consequantur et lau-
dent eos in portis opera sua et manuum suarum retributio fiat eis.
Amen"*^ Amen. Amen.
t) eorr. aus ididem. k) ad hec ~ quisquis auf Rasur. kk) sie!
T) denarium— promittitur auf Rasur; statt promissum. m) Amen auf Rasur,
Papstorkunden in Benevent nnd der Capitanata. 91
R. Ego Vrbanas catholice ecclesie episcopus ss. BV.
f Ego Henricas Albanensis episcopus ss.
f Ego Paulus Prenestinus episcopus ss.
f Ego Theobaldus Hostiensis et Yelletrensis episcopus ss.
f Ego Petrus de Bono presbyter cardinalis tituli sancte Susanne ss.
f Ego Laborans presbyter cardinalis sancte Marie Transtiberim
tituli Calixti ss.
fEgo Pandulfus presbyter cardinalis tituli XII apostolorum ss.
fEgo Adelardus tituli sancti Marcelli presbyter cardinalis ss.
fEgo lacintus sancte Marie in Cosmydin dia-
Conus cardinalis ss.
fEgo Rollandus sancte Marie in Portion diaco-
nus cardinalis ss.
f Ego Petrus sancti Nicholai in carcere Tulliano
diaconus cardinalis ss.
f Ego Rad(ulfus) sancti Georgii ad uelum aureum
diaconus cardinalis ss.
Dat. Verone per manum Alberti sancte Romane ecclesie pres-
byteri cardinalis et cancellarii, VII. kal. aprilis , indictione quinta,
0 0 0 ,
incamationis dominice anno M . C . LXXXVII, pontificatus uero domni
URBANI pape III. anno secundo.
B. dep.
17.
Clemens IIL nimmt das Kloster S. Maria de Fageto in den
apostolischen Schutz , bestätigt ihm die Regel des h. Benedict, die Be-
siisungen^ das Aufnahme- und Wahlrecht^ Freiheit von allen Abgaben
und Tallien und vom Interdict.
Lateran 1188 Februar 18.
Orig. Troia Archivio capitolare (A Nr, 22). — Danach Vincenso
Aceto Troia sagra , Ms. von 1728, vol. I f. 191 ebenda.
Religiosis desideriis.
Dat. Laterani per manum Moysi Lateranensis canonici uicem
agentis cancellarii, XII. kal. martii, indictione sexta, incamationis
0 0 •
dominice anno M . C . LXXXVII , pontificatus uero domni CLEBiEN*
TI8 pape IIL anno primo.
B.
Cardinäle : Theobald von Ostia und VeUetri ; Johannes von S. Marco,
Laborans von S, Maria in Trastevere, AUnn von S. Croce in Oeru-
salemme, Mdior von SS. Giovanni e Paolo; Jaeinthus von 8. Mariß
in Cosmedyn^ Badulf von S. Giorgio in Vdabro.
92 P- Kehr,
18.
Clemens HL bestätigt den Cleriket-n von S. Thomas, 8. Eleu^
therius und S. Petrus in Foggia den zwischen diesen Kirchen und der
Kirche 8. Maria in Foggia nach längeren Verhandlungen abgeschlos-
senen Vertrag.
Lateran 1189 Juni 5.
Orig, Foggia Archivio capitolare. — Ebenda zwei Copien von
1790 (Privilegi I f. 109) und Copie von 1794 im Libro rosso des
Pelliccia.
Die Urkunde ist wiciäig ftir die Parrochialverfassung der
8tadt Foggia und ihr Verhältnis su Troia.
Controuersiaram litigia.
Dat. Laterani per manum Moysi sancte Romane ecclesie sub-
diaconi uicem agentis cancellarii, non. iunii , indictione septima,
anno incarnationis dommice M.C.LXXXIX, pontificatus ucro domni
CLEMEXTIS pape HL anno secundo.
B. dep.
Qtrdinäle : Älbinus von Albano, Bobo von Porto und 8. Ettfina^
Octaviafi von Ostia und VcUctri; Laborans von 8. Maria in Transtec
rcrey Pandulf von SS, Apostoli, Jordan von 8. Pudensiana^ Johannes
von S, Cle$nente und Bischof fx>w Toscanelhi ; Jacinthns von 8. Ma-
rio in Cosfnedjfnj Gratian von SS, Cosma e Damiano, Gerard von 8.
Adriano^ Soffrcd von 8, Maria in Via lata, Bernard von 8. Maria
yuova, Oirgar von S, Maria in Aquiro.
Clemens IIL nimmt d.9< Kh\<trr S. Salvatore de Fageto in den
aiH>stolischtn Schufj^^ W.<filfi:jt iJrn die Regel des h. Benedict und die
IfesUähUijen und die itm bereits r\m Alej ander IIL und Lucius IIL
geu'iihten luxhte.
Laicrm% 1189 Oktober 6.
VintYniii AiYto Tnua s-j^ni I f, 193, Ms. von 1728^ Troia Ar-
n7«//t\^ if^rick de9^ Crinnde Lucius IIL (s. obeti Nr. 14).
Quotion» n ttobis*
!>At, l#{U<^rÄwi jy^r roamini Moysi sancte Romane ecclesie sub-
Papstarkunden in BencTent and der Capitanata. 93
diaconi uicem"^ gerentis cancellarii , II. nonis octobris, VHP. in-
dictionisy anno incarnationis dominice MCLXXXIX, pontificatas
nero domni Clementis papQ III. anno 11.
Cardinäle : Alhin von Alhano^ Bobo^> von Porto und S. Rufina ;
Laborans von S. Maria in Trastevere^ Petrus von S, Pietro in Vin-
coli^ JoJtannes von S. Susanna; Johannes von S. Maria in Cosmedyn.
a) oice. h) Bubo.
30.
Clemens III. nimmt die Kirche von Troia in den apostolischen
Schutz und verleiht dem Bischof Walter das Pallium.
Lateran 1189 Oktober 25.
Orig. Troia Archivio capitoJare (A Nr. 11).
Etemi prouidentia conditoris.
Dat. Laterani per manam Moysi sancte Romane ecclesie snb-
diaconi uicem agentis cancellarii, VIII. kal. nouembr., indic. VIII**,
anno incarnationis dominice M.CLXXXIX, pontificatas uero domni
CLEMENTIS pape HI. anno secnndo.
B. dep.
Cardinale: Albinus von Albano, Bobo von Porto und S. Rufina,
Octavian von Ostia und Velletri; Johannes von S. demente und Bi-
schof von Toscanella, Johannes Felix von S. Susanna ; Jacinthus von
S. Maria in Cosmedyn^ Gregor von S. Maria in Aquiro.
21.
Clemens HL nimmt das Kloster S. Sophia in Benevent unter
dem Abt Wilhelm in den apostolischen Schuts^ bestätigt ihm die Regele
die Besitzungen^ das Aufnahme- und Wahlrecht ^ das Begräbnißrecht
und andere VorrecJUe.
[Lateran] 1189 November 8.
Original ' Fragment Benevent Orfanotrofio femminile di 8. Fi-
lippo (Archivio di S. Sofia, Privüegi vol. II Nr. 11).
Vgl. J-L. 16450.
[ ] de uninersaram ecclesiarum statu.
[Dat. Laterani per manos] Moysi sancte Romane ecclesie sab«
diaconi uicem agentis cancellarii, VI. id. nouenbr., indictione Vnii
94 P. Kehr,
.0 0
incarnationis dominice anno M . C . LXXX Villi, pontificatus uero
domni CL[EMENTIS pape in. anno secundo],
B. dep.
Cardinäle: Älbinus von Albano, Bobo von Porto und 8. Rufina,
Oäavian von Ostia und Velletri; [Pandulf] von SS, Apostoli, [Jor-
dan] von S. Pudeneiana , [Johannes] von \S, demente und BiscJiof
vonlToscanella: Jacinthus [von S, Maria in Cosmedyn].
23.
Clemens HL bestätigt dem Ärchipresbyter und Kapitel von S.
Maria in Foggia das ihnen von Wilhelm Erzhischof von Reggio, frü-
herem Bischof von Troia 1187 Mai 6 gewährte und hier inserirte
Privileg des Ehrenvorrarhgs unter den Kirchen von Foggia,
Lateran 1190 Märe 20,
Inserirt in die Bulle Clemens VI. von 1347 L 12 Avignon, Ori-
ginal Troia Archivio capitolare {L Nr. 13). — Cqpie saec. XIV auf
dem Rotulus Super Ute inter Troianos et Foggienses ebenda.
Tanc bene officii nostri.
Dat. Laterani tertiodecimo kal. aprelis pontificatus nostri anno
tertio.
23.
Celestin in. verleiht dem Abt Johannes von S. Nicolaus eu
Troia Mitra und Ring.
Lateran 1192 Januar 1.
Orig. Troia Archivio capitolare (T Nr. 15),
Dignum est et honestati.
Dat. Laterani kal. iannarii pontificatus nostri anno primo.
B.
24.
Celestin III. bestätigt die von dem Kapitel von Troia über Clerus
und Volk von Foggia wegen Verweigerung der der Kirche von Troia schul"
digen Rechte und Mißhandlung des Bischofs R(<ibert) von Bovine
verhängte Excommunication und befiehlt sie an allen Sonn- und Fest*
Pap8turkanden in Benevent und der Gapiianata. 96
tagen zu verkünden^ desgleichen die über den Bischof van Torriboli
ufui die van ihm geweißden Cleriker von Faggia verhängte Suspension.
Lateran 1194 Märe 26.
Orig. Troia Ärchivia capitalare (E Nr. 9). — Ebenda Cap. s.
XIV auf dem Ratulus super Ute inter Traianos et Foggicnses und
danach bei Vincenzo Accto Traia sagra I f. 202f, als Urkunde Cle-
mens III. = Ant. Longhi Ms. XV F. 45 p. 55 Neapel Biblioteea
nazianale.
Celestinas episcopas aeraus seraorum dei. Dilectis filiis ca-
pitulo Troiano salutem et apostolicam benedictionem. Venera«-
bilis frater noster R. Bibinensis episcopas et aos aestris nobis
lit.teris iudicastis et aliorum etiam [pjlarium insinuatione didici*
mu8, qaod cum idem episcopas tamqaam obedientie filias de man«
dato nostro Fogiam properasset | et cleram ac popalum eiasdem
[lo]ci hamiliter conuenisset, ut ecclesie Troiane obedire cararent
et ab eis, sicat consaeaerant et de iare tenen|tar, ecclesiastica
perciperent sacramenta, ipsi tarn clerici qaam laici aasa sacrilego
in eundem episcopam in ecclesia sancte Marie de Fogia hostiliter
irmjentes uiolentas manus inicere presampserant, pagois eam pla-
rimis contoderant, duris alapis ceciderant et eo in terra pro-
strato') per capil,los ipsam diatins pertrabentes et aestimenta
dilaniantes calcibas amarissime percasserant ac sangaine craen-
taruut, nee apostolice sejdis prohibitio nel defensio sibi ab eo in
«Ol subsidiom sepias inaocata profecit, qoin ipsam et saos in apo-
stolice sedis contemptam et ponti|ficalis dignitatis opprobriam in-
ioriis uariis et tormentis afficerent et literas apostolicas, qnod
aadita existit orribile, igne cremarent, | iam dicti episcopi et sao-
rnm equitatoras et uestes neqoiter auferentes. Quia igitar tante
presumptionis excessom relinqai non conaenit im|panitam, iam
dicti episcopi obedientiam plarimnm in domino commendantes et
illomm malitiam execrantes excomanicationis sententiam, qaam
aos in | illos de aactoritate mandati apostolici protolistis et idem
episcopas , sicnt dicitor , confirmaait , ratam habemas et tarn dia
innonari iassimas et in'aiolabiliter per circampositos episcopos ob-
seniari , donec eidem faerit episcopo de dampnis et iniariis con-
grae satisfactam. Vestre itaque di|scretioni per apostolica scripta
mandamns, qaatinas sententiam excomanicationis singalis diebas
dominicis et festiais soUempnitatibas in illos | appellatione remota
innouare minime differatis et per uniaersas ecclosias Troiane dio«*
a) protrato.
96 ^' üehr,
cesis publicari et innouari similiter faciatis, donec | uobis de illata
iniuria iam dicto episcopo ac suis et ucstre ecclesie satisfactionem
exhibuerint competentem et restituerint que a quinquen|nio ipsi
ecclesie subtraxerunt et ablata eidem episcopo ac suis reddiderint
uniuersa et deinde nostro se conspectui representent. Insuper
etiam | uniuersis paiTOchianis uestris sub excomunicationis pro-
hibere districtione curetis , ut interim cum Fogiensibus mercimo-
nium aliquod contrahere | non presumant, sed eos potius usque ad
dignam satisfactionem tanquam excomunicatos euitent. Tortibi-
lensera uero episcopum, qui in ipso loco Fogie | post prohibitionem
ex parte apostolica sibi factam clericos ordinäre presumpsit, tarn
diu ab officio pontificali auctoritate nostra denun|tietis esse sus-
pensum, donec nostro fee conspectui presentarit, illos qui per eura
ordines acceperunt, ab eis auctoritate nostra sus|pensos esse nichil-
ominus nuntiantes. Dat. Laterani YU. kal. april. pontificatus
nostri anno tercio.
B dep.
35.
Celestin IIL beauftragt die Bischöfe von Melfij Ariane uml Äs-
coliy schleunigst stisamnien in Foggia die über Clerus und Volk ver-
hängte Excommunication zur Ausführung zu bringen und an den
Sonn- und Festtagen verkündigen zu lassen,
Rom, S. Peter 1197 Mai 12.
Orig. Troia Archivio capitolare (Z Nr. 32). — Gopie saec. XIV
auf dem Rotulus super Ute inter Troianos et Foggienses und bei Ftn-
cenzo Aceto Troia sagra, Ms, von 1728 j vol. I f. 204' ebenda =
Ant. Longhi Ms. XV F. 45 p. 58 Neapel Biblioteca nazionale.
Im Ganzen gleichlautend mit Nr, 24.
Cum uenerabilis frater.
Datum Biome apud sanctum Petrum Uli. id. maii pontificatus
nostri anno quarto.
B. dep.
26.
Cdestin IIL verleiht dem Kapitel von Troia das Privileg ^ daß
der Abt des ihm unterworfenen Klosters S, Nicolaus de Fogia nur vom
Papstarkouden iu ßenevent and der Capitaoata. 97
Bischof vofi Troia oder von einem durch diesen bestimmten Bischof
die Weihe efnpfangen soll.
Rom, S. Peter 1194 Mai 17.
Orig. Troia Archivio capitolare (R Nr. 15). — Danach Vin-
cenzo Aceio Troia sagra, Ms. von 1728^ vol. I f. 21Qf ebenda = Änt.
Longhi Ms. XV F. 45 p. 62 Neapel Biblioteca nationale.
Cam in eo simus loco.
Dat. Rome apad sanctum Petrum XVI. kal. iunii pontificatus
nostri anno qnarto.
B. dep.
37.
Celestin III. nimmt die . Kirche von Troia nach dem Vorgange
Innocens IL^ Hadrians IV.^ Alexanders III.^ Lucius III. und Cle-
mens HL in den apostolischen Schute und bestätigt ihr die Besiteun-
gen und Rechte.
Rom, 8. Peter 1194 Mai 20.
Cop. saec. XIV auf dem Rotulus Super lue inter Troianos et
Foggienses Troia Archivio capitolare. — Danach Vinceneo Aceto
Troia sagra^ Ms. von 1728, vol. 1 f. 206' ebenda = Ant. Longhi
Ms. XV F. 45 p. 60 Neapel Biblioteca naeiondle.
EjOPectum iosta postulantibus.
Dat. Rome apud sanctum Petrum per manum Egidii sancti
Nicolai in carcere Tuliano diaconi cardinalis, XIII. kal. iunii, in-
0 o
dictione Xn% incarnacionis dominice anno millesimo C XC ITTI, pon-
tificatus uero domni Celestini pape in. anno IUI.
' Cardinale : AMnus von Albano, Johannes von Paiestrina, Oäavian
von Ostia und Velleiri, Petrus von Porto und S. Rufina ; Pandulf von
SS. Apostoli, Johannes von S. demente und Bischof van Viterbo und
ToseaneilcLy Johannes Felix von S. Susanna, Guido von S. Maria in Tras-
tevere^ Johannes von S. Stefano in Celio monte. Soffred von S. Pras^
Bede, Petrus von S. Cecüia, Romanus von S. Anastasia, [Hugo] von
S. Martino, Cencius von S. Lorenio in LtAcina^ Johannes von S.
Prisea ; Oratian von SS. Cosma e Damiano, Gregor von S. Maria in
Aqmro, Lothar von SS. Sergio e Baccho, Bcbo von S. Teodoro, Cen-
dus von S. Lucia in Orthea, Gregor von S. Giorgio in Velabro, Nico-
laus von S. Maria in Cosmedyn, Petrus von S. Maria in Via lata.
KfL O«, C Wl«. NadtflektM. PUIolH*-Uitor- KImm 1896. Hfl. I,
Ueber eine von Tischendorf aus dem Orient
mitgebrachte, in Oxford, Cambridge, London und
Petersburg liegende Handschrift der Septuaginta.
Von
Lic. Dr. Alfred Rahlfs.
Vorgelegt von J. Wellhausen in der Sitzung vom 19. Februar 1898.
Im ersten Teile seiner Septuaginta-Stadien, S. 9 — 11 hat La-
garde darauf aufmerksam gemacht, daß die Petersburger Hand-
schrift, welche E. de Muralt in dem „Catalogue des mss. grecs
de la Biblioth^que Imperiale Publique^ (Petersb. 1864), S. 34 unter
Nr. LXn beschreibt, und die Handschrift des British Museum
Addit. MS. 20002 (Catalogue of Ancient MSS. in the Brit. Mus.,
part I, London 1881, S. 21) nach Tischendorfs eigener Aussage*)
„reliquiae eiusdem codicis^ sind, und zur Bestätigung dessen be-
sonders auf die völlig gleiche Blattgröße beider *) verwiesen, üre
Zusammengehörigkeit ist über allen Zweifel erhaben, da
auch der Text beider genau an einander schließt : der Petersburger
Teil enthält Gen. 43 14 — Jos. 242$, der Londoner Jos. 2427 — Ruth,
der Petersburger wiederum Regn. a — y 16 28. Beide Teile sind
von Tischendorf aus dem Orient mitgebracht, aber nicht zu gleicher
Zeit, wie Lagarde infolge eines Versehens annimmt »), sondern der
Londoner 1853 bei der zweiten Orientreise, der Petersburger 1859
bei der dritten *) ; jener war schon längst (nach Lagarde am 9. Dec.
1) Lagarde citiert sie nacli Muralt, dieser aber schreibt nar Tischendorfs
„Notitia editionis codicis biblioram Sinaitici** (Lips. 1860), S. 56 aas.
2) Sie wird aach in beiden Katalogen übereinstimmend auf 13 : lO'/i russ.
SS engl. Zoll (88 : 26V8 ^^) angegeben.
8) Lagarde beruft sieb für seine Angabe, daB Tischendorf die Petersburger
Hs, 1857 nach Petersburg geliefert habe, auf Muralts Vorwort, aus dem jedoch
ebenso, wie aus Tischendorfs eigener Angabe (Notitia S. 47)^ das Gegenteil folgt.
4) Demgem&S giebt Tischendorf die erste Beschreibung der Londoner Hs.
1854 in seinem Aufsatz „Neuentdeckte Bibelhandschriften vom höchsten Alter-
Alfred Rahlfs, über eine Handschrift der Septnaginta. 99
1854) verkauft, als er diesen erhielt. Man kann also Tischendorf
aus der Trennung der beiden Teile keinen Vorwurf machen, wie
Lagarde zu tbun geneigt ist ; es verstand sich von selbst, daß die
Schätze, welche Tischendorf auf seiner dritten, bekanntlich im
Auftrage und auf Kosten der russischen Regierung unternommenen
Reise erbeutete, nach Petersburg wandern mußten.
Mit diesen beiden Teilen, die in schöner alter Minuskel ge-
schrieben sind, gehört aber noch eine dritte Handschrift zusammen,
die Tischendorf ebenfalls 1853 aus dem Orient mitgebracht und im
Frühjahr 1855^), also wahrscheinlich bei der Ferienreise nach
England , die er damals unternahm , und bei der er auch Oxford
besuchte*), für den sehr anständigen Preis von £ 108') an die
Bodleiana verkauft hat. Es ist das die Gen. 1 — 42 is enthaltende
Uncialhandschrift Bodl. Auct. T. infra U. 1 oder Greek Mise.
312 ^j, die Tischendorf selbst 1857 im 2. Bd. der „Monumcnta
Sacra inedita. Nova coUectio" nach einer vor dem Verkauf ge-
nommenen Abschrift herausgegeben hat. Lagarde hatte schon
längst ihre Zusammengehörigkeit mit den beiden andern Hss. ver-
mutet und daher 1882 in seiner „Ankündigung einer neuen Aus-
gabe der griech. Uebers. des A. T." S. 27 die Londoner Hs. mit
derselben Sigel E bezeichnet, welche die Oxforder Hs. seit seiner
„Genesis graece'' trug. Aber in den Septuaginta- Studien hat er
diese Vermutung wieder fallen lassen, freilich nicht ohne zugleich
darauf aufmerksam zu machen , daß auch die Blattgröße der Ox-
forder Hs. sich genau mit der der l)eiden anderen deckt ^). Wie
thume^ in der „Deutschen Ztschr. f. christl. Wissenscb. n. cbristl. Leben", Jahrg.
5, 8. 165 (etwas erweitert 1855 in den „Anecdota sacra et profana** S. 7), die
erste Beschreibung der Petersburger Hs. dagegen 1860 in dem „Gatalogus co-
dicom naper ex Oriente Petropolin perlatorum**, den er der „Notitia editionis
codicis bibliorum Sinaitici" angehängt hat.
1) Macray, Annais of the Bodleian Library, S. 282 giebt das Jahr an.
DaB der Verkauf im Frühjahr stattfand, folgt aus Tischendorfs „Anecdota sacra
et profana**, deren Widmung an Alexander t. Humboldt „diebus festis Pentecostes
anni salutis 1856" unterzeichnet ist, denn im Index dieses Buches heiftt es von
oAserm Codex: „Nuperrime . . . Bodleianus factus**.
2) VgL Tischendorfs Aufsatz ^^Neue doknmentliche Schriftforschungen^ in
der ^Deutschen Ztschr. f. christl. Wissensch. u. christl. Leben**, 7. Jahrg. (Berlin
1866), S. 9.
5) Macray a. a. 0., 8. 283.
4) Beschreibung in Palaeographical Society, Series II, plate 26.
6) In Palaeogr. Soc wird 13:1074 Zoll angegeben; die kleine Differenz in
dar Brette (om 67« mm) wird, da nach Lagarde die Bl&tter sich .auf das Haar**
decken, ans Abrondnng der Angaben tu erkl&ren seio.
iOO Alfred Rahlfs,
Lagarde auf seine Vermatiing gekommen ist, erfahren wir nicht;
wahrscheinlich durch die Beobachtung, daß auch der Text der
Oxforder und der Petersburger Hs., wenn man nur den Ausfall
eines Blattes annahm, gut an einander anschlössen. Ist dem so,
so war er ganz auf der richtigen Fährte. Das fehlende Blatt
hat sich 1891 *) unter dem nach Cambridge verkauften Nachlaß
Tischendorfs gefunden. Der glückliche Entdecker desselben, Swete,
der über seinen Fund in der Academy vom 6. Juni 1891, S. B38
berichtete, hat sofort constatiert, daß es nicht nur in der äußeren
Form mit der Oxforder Hs. übereinstimmt, sondern auch im Texte
mit seiner vorderen, noch in Uncialen geschriebenen Seite genau
an diese anschließt. Entgangen ist ihm, daß die Rückseite, auf
welcher der Text ohne Unterbrechung in Minuskeln fortgeführt
wird, ebenso genau an die Petersburger Hs. anschließt, und daß
diese samt der Londoner eben die Fortsetzung, nach der er sucht,
in einem weit über das geahnte Maß ') hinausgehenden umfange
bieten.
Uebrigens hat alles, was hiermit festgestellt ist, schon Tischen-
dorf selbst in seiner Septuaginta-Ausgabe gesagt, freilich so, daß
es sehr leicht übersehen werden konnte. In ihr heißt es nämlich
seit 1869 (ed. IV) in dem Verzeichnis neu hinzugekommener
LXX-Hss. in § XXIV der Prolegomena ;
„Sextus est codex Oxoniensis cum maxima parte libri Ge-
nesis, saec. noni medii"
und nachher:
„Vicesimus primus est altera pars codicis sexti, quem quae
proxime sequuntur. Gen. 42, 18 — 30, eisdem litteris un-
cialibus scripta sunt, reliquis eodem saec. nono eademque
manu scriptura minuscula additis. Sunt autem praeter ex-
trema Genesis capita reliquae Pentateuchi partes, libri
losuae, ludicum, Ruth et Regum libri tres"
und am Schluß des Paragraphen:
„Primum folium, quod codicem VI. excipere diximus, pro-
pterea unicum est quod altera pagina uncialem, altera mi*
1) Der Bogen der Septuaginta-Stadien, welcher Lagardes Auafahrangen ent-
hält, ist 9. 7. 1890 abgezogen.
2) Swete glaabt, die Oxforder Hs. habe ursprOnglich nur die Qenesis ent-
halten, und sucht daher nur „the remaining five or six leaves". Er hat sich
hier verleiten lassen von Tischendorf, der auch später noch, als er den wirk-
lichen Thatbestand kannte, von der Hs. sonderbarer Weise als von einer Qe-
nesishs. redet. DaAsie ursprflnglich mehr enthielt, konnte man übrigens schon
n«ch ihrem grölen Format vermuten.
t »t • • !
ober eine Handschrift der Septuaginta. 101
nascnlam scriptaram habet. Minnsculae vero nescio an
exemplam omniam sit antiqaissimum ; vix enim dubitari
potest qnin medio saecnlo nono adscribendom sit. Meae
est bibliothecae. Reliqua folia partim (libri Indicoin et
Roth) ad Museum Britannicum transiere, partim ad biblio-
thecam Caesar. Petropolitanam. Totus codex formas Alexan-
drinas, ut Aiffi^ij, iiolB^QSv^sigf fideliter conservavit.
Textum vero praebet inprimis notabilem ac paene singa-
larem". (Folgen Beispiele aas den ersten 27 Versen des
Buchs der Richter.)
Fassen wir nunmehr die wieder geeinte Hs., die sich also aus
folgenden Stücken zusammensetzt:
1) Gen. 1 — 42 18 sinev ds av in Oxford (darin fehlen Gen.
147 — 1824. 20l4 — 2454),
2) Gen. 42 u xoi,g tri tuicQu — 43 u tov bvu xai. in Cam-
bridge,
3) Gen. 43 14 tov ßeviaiiei^v — Jos. 2426 in Petersburg (darin
fehlen Gen. 46 ii — 4728. Exod. 12t — 138),
4) Jos. 24 17 — Ruth in London,
5) Regn. a — y 1688 (nach Swetes Zählung 1628d) tanf övii*
xXaxav in Petersburg,
etwas näher ins Auge, so zeigt sich zunächst, daß sie ursprüng-
lich einen beträchtlichen Umfang hatte, ja vielleicht das ganze
A. T. oder gar die ganze Bibel enthielt. Der uns erhaltene Teil
besteht jetzt aus 192 Blättern, nämlich 29 in Oxford, 1 in Cam-
bridge, 16 in London und 146 in Petersburg, aber es fehlen gegen
Anfang der Hs. einige Blätter, deren Zahl sich aus dem Umfange
des fehlenden Textes leicht berechnen läßt. Der erste Defect des
Oxforder Teils (Gen. 147 — 18 24) entspricht, wenn wir der Be-
rechnung den Text Swetes zu Grunde legen, ein Verfahren, das
trotz der Verschiedenheiten beider Texte filr unsern Zweck genau
genug ist. 205, der zweite (Gen. 20 14 — 2454) 270 Swete'schen
2ieilen, dazwischen sind zwei Blätter mit 134 Zeilen erhalten;
also fehlen 3 und 4 Blätter. In dem Petersburger Teile fehlt
Gen. 46i2-4728 = 97—100 Zeilen und Exod. 12 t — 138 = 106
— 109 Zeilen, d. h. je ein Blatt; der Inhalt eines Blattes ist hier
in der Minuskel naturgemäß größer, als dort in der Unciale;
schon die in Minuskeln geschriebene Rückseite des Cambridger
Blattes entspricht 487» Zeilen Swetes, was, auf das Blatt be-
rechnet, 97 Zeilen ergiebt, und später nimmt der Umfang noch
zu, sodaß sich für die Londoner Blätter der Durchschnittsnmfang
auf 106—109 Zeilen stellt. Mithin fehlen im ganzen 9 Blätter,
102 Alfred Rablfs,
und der uns erhaltene Teil zählte ursprünglich 192 + 9 ^ 201
Blätter.
Fragen wir sodann nach der L a g e n bildang , so lautet die
Antwort zunächst bezüglich des Oxforder Teils: „Quire-formation
lost; all the leaves being separate" (Palaeogr. Soc. II 26). Aber
trotzdem können wir sie mit Sicherheit ermitteln. In Oxford
sind nämlich, wie aus Tischendorfs Ausgabe hervorgeht, zunächst
8 Blätter vorhanden, dann fehlen nach unserer Berechnung 3,
dann sind wieder 2 vorhanden, und es fehlen wiederum 4. Das
heißt: die Lagen waren Quaternionen, die 1. Lage ist vollständig
erhalten, von der 2. dagegen nur das innerste Doppelblatt, wäh-
rend die drei äußei'en Doppelblätter samt dem ersten Blatt der
3. Lage verloren gegangen sind. Dies , übrigens an sich schon
sehr wahrscheinliche Resultat wird bestätigt durch die Liniierung
des Oxforder Teils, die ebenfalls aus Tischendorfs Ausgabe zu
ersehen ist. Inwiefern die Liniierung von Belang ist, lehrt Gardt-
bausen, Griech. Palaeogr. S. 68: „Um den Linien eine gleichmäßige
Entfernung von einander zu geben, war es natürlich nothwendig,
dieselbe mit dem Zirkel, diaßaxriq^ abzumessen, dessen Spitze die
betreffende Stelle , nicht nur [für] Ein Blatt , sondern für den
ganzen Quaternio bezeichnete" ; man muß also für die einzelnen
Quaternionen wenigstens eine ungefähre Gleichmäßigkeit erwarten.
Nun ist in unserm Falle bei der Annahme von Quaternionen die
Zahl der beschriebenen Zeilen in
Lagel,Doppelbl.^) 1 (f. 1. 8): 40, aber f. 8 nur 89
2 (f. 2. 7) : 40
3 (f. 8. 6): 40, aber letzte Co), von f. 3: 43
4 (f. 4. 6): 44
Lage 2, Doppelbl. 1 — 3 fehlen
4 (f. 9. 10): 87
Lage 3, Doppelbl. 1 (f. — . 17): 37
2 (f. 11. 16): 37
3 (f. 12. 15): 37, aber f. 12^: 88
4 (f. 13. 14): 38
Lage 4, Doppelbl. 1 (f. 18. 25): 39
2 (f. 19. 24): 39, aber f. 24: 38
8 (f. 20. 23): 39
4 (f. 21. 22): 38
Lage 5, Blatt 1—4 (f. 26-29): 40.
Es ergeben sich also folgende Normalzahlen : Lage 1 : 40, (2 : 37,)
1) Nach Doppelbl&ttern muB man rechnen, weil die Linien über die ganze
Breite des Doppelblattea auf einmal gezogen wurden.
^ über eine Handschrift der Septuaginta. 103
3: 37, 4: 39, 5: 40, und der Uebergang von 37 zu 39 und wiederum
von 39 zu 40 fallt gerade mit dem Uebergang von einer Lage zur
andern zusammen. Die von dem Schema abweichenden Blätter
aber schließen sich bis auf zwei (f. 8. 24) zu Doppelblättem zu-
sammen (f. 4. 5 mit 44, f. 13. 14 und 21. 22 mit 38 Zeilen), die
gerade immer die Mitte der Lagen bilden, sodaß man unwillkürlich
zu der Annahme kommt, der Schreiber habe in Ternionen ein
viertes, separat liniiertes Doppelblatt eingelegt '). So bleiben bei
unserer Annahme nur verschwindende Ausnahmen, während man
bei jeder anderen Verteilung vor Ausnahmen keine Regel finden
würde. Damit ist ihre Richtigkeit vollends erwiesen.
Die letzte Lage des Oxforder Teils besteht nur aus 4 ein-
fachen Blättern, folglich ist zu ihrer Vervollständigung hinzu-
zunehmen das Cambridger Blatt, das nach Swete ebenfalls 40 be-
schriebene Zeilen hat und zwar sowohl auf der Majuskel-, als auf
der Mmuskel-Seite *), und 3 Blätter aus dem Petersburger Teile ;
von letzteren sind jedoch nur 2 erhalten (Gen. 43 u — 46 12 =
193—195 Swete'schen Zeilen), während das 3. (Gen. 46» — 4728
= 97 — 100 Swete'schen Zeilen), also das Schlußblatt der Lage,
verloren gegangen ist. Als 6. Lage der ursprünglichen Hs. schließt
sich an, was zwischen den beiden kleinen Lücken der Petersburger
Hs. vorhanden ist (Gen. 4723— Exod. 12?, nach dem Umfang des
Textes auf 8 Blätter zu berechnen) , und es fehlt wiederum das
Anfangsblatt der 7. Lage. Von da ab ist alles vollständig er-
balten; somit bleibt uns, da der Petersburger Katalog über die
Lagenverteilung schweigt, als einziger, aber auch sehr wichtiger
Anhaltspunkt die Angabe des Londoner Katalogs : „From the sig-
natures, 1^ on ff. 8 and 15, and x on f. 16, it appears that this
fragment contains quire 19 and parts of quires 18 and 20 of the
original MS.*' Sie lehrt, daß die vollständige Londoner Lage
ebenfalls ein Quaternio ist , und daß ihr, wenn die Lagenbüdung
ganz regelmäßig war, 18 Quaternionen = 144 Blätter voran-
gegangen sein müssen. Dies trifft nun nicht ganz zu, vielmehr
müßten nach der freilich sehr summarischen Beschreibung Tischen-
dorfs in der „Notitia", von welcher die des Petersburger Kata-
logs fast nur ein Abklatsch ist, 146 oder 146 Blätter vorange-
1) Sicher scheint mir dies bei der 1. Lage, da das mittelste Doppelblatt
4 Zeilen mehr enth<, als die übrigen, und trotsdem nach Napier bei Lagarde,
Sept.-Stud. I, 8. 9 f. die Höhe der Spalten auf ihm kleiner ist, als sonst
8) Sp&ter belauft sich die Zeileniahl in dem Minuskelteile nach aberein-
stimmender Angabe des Petersbarger und des Londoner Katalogs auf 42*
104 Alfred Rahlfs,
gangen sein *), also irgendwo eine kleine Unregelmäßigkeit stecken.
Die Entscheidung kann hier nur die Petersburger Hs. selbst geben,
die auch wohl ebenso, wie das Londoner Stück, Lagenzählung
haben wird.
Sehr eigenartig ist der Wechsel der Schrift in nnsenn
Codex, sofern hier nicht Majuskel und Minuskel nach bestimmten
Principien wechseln (Wattenbach, Anleitung zur griech. Palaeogr.,
3. Aufl., S. 40), sondern der ganze Text bis Gen. 42 so einschl. in
Uneialen geschrieben ist, und dann plötzlich, mitten in einem zu-
sammenhängenden Texte *) und mitten in einer Lage, auf der Rück-
seite desselben Blattes , dessen Vorderseite noch in Uneialen ge-
schrieben war *) , gewechselt und die ganze Fortsetzung in Mi-
nuskeln geschrieben wird*). Wie erklärt sich das? Swete nahm,
als er zuerst über seinen Fund berichtete, als selbstverständlich
an, daß der erste Schreiber „left his task unfinished", und ein
zweiter es fortsetzte, und dies ist in der That die nächstifegende
Annahme, bei der man den Wechsel der Schrift leicht daraus er-
klären könnte, daß dem zweiten Schreiber die Unciale unbequem war,
1) Tischendorf und Muralt gebcu nicht cimnal an, wo sich die große Lücke
in der Petersburger Hs. findet, aber aus einer Notiz Tiscbendorfs, wonach Kegn.
tt 68 auf Bl. 103 steht, läßt sich berechnen, daß die Lücke hinter Bl. 99 oder
100 sein muß. Demnach wären der mit t<& signierten Lage vorangegangen 29
Oxforder + 1 Cambridger + 99, resp. 100, Petersburger + 7 Londoner + 9
verlorene, in Summa 145, resp. 146 Blätter.
2) Mit Gen. 42 so beginnt gerade eine Rede der Söhne Jakobs, die bis v. 84
fortläuft.
8) Der Wechsel beim Beginn der Rückseite wird denselben ästhetischen
Grund haben, aus dem man bei der Zusammenstellung von Pergamenthandschriften
Haarseite gegen Haarseite und Fleischseite gegen Fleischseite legte: die beiden
beim Aufschlagen des Buches neben einander liegenden Seiten sollten dasselbe
Aussehen haben.
4) Zu vergleichen ist der Oxforder Euklid vom J. 888, in welchem auf den
fünf Seiten f. 118' — 120' der Text von erster Hand mit sonst nur für Randuoten
verwendeten „tenuioribus litteris uncialibus^ geschrieben ist (Wattenbach und
Velsen, Exempla codicum Graecorum litteris minusc. Script., S. 1, zu Taf. II). —
Auf lateinischem Gebiete bietet wohl das ähnlichste Beispiel eine Pariser Hs.
des 9. Jahrh., German. 12236, in welcher sich mitten in den f. 81^ beginnenden
und f. 110 endenden, sonst wie der ganze Codex in Minuskeln geschriebenen
Differentiae des Isidor von Sevilla 18 Blätter (f. 86—103) in Uneialen finden,
und der Uebergang beidemal mitten in einem Satze, das erste Mal sogar mitten
im Worte stattfindet, was hier jedenfalls aus der Verteilung der Arbeit an ver-
schiedene Schreiber zu erklären ist, s. Wotke in der Ztschr. f. d. österr. Qym*
nasien, 42. Jahrg. (1891), S. 297. (Den Hinweis hierauf verdanke ich Herrn
Geb. Reg.-Rath Dziatzko, der mir auch sonst bei dieser Arbeit mehrfache An-
regung gegeben hat.)
über eine Handschrift der Septaaginla. 108
und er deshalb zu der ihm geläufigeren Minuskel übergieng*).
Aber in der 2. Aufl. seines Old Test, in Greek 1, S. xxvi be-
richtet Swete : „Mr. Rendel Harris regards the cursive page as
contemporary with the other, and possibly the work of the same
scribe", und Tischendorf behauptet sogar bestimmt, daß beides
„eodem saeculo nono eademque manu" geschrieben sei (vgl. oben
S. 100).
Für eine Entscheidung der Streitfrage ist es wesentlich, zu-
nächst das Alter der beiden Schriften zu bestimmen*). Tischen-
dorf hatte anfangs') die Minuskel an das Ende des 9. Jahrb.,
die Unciale dagegen unbedenklich ins 8. Jahrb. gesetzt, und
als Hs. des 8. Jahrh. ist sie auch in Oxford gekauft worden*).
Vorsichtiger äußert er sich schon 1857*) in den Prolegomena zu
seiner Ausgabe (Monnmenta II, S. XXXVII), die Schrift sei „eins
generis quod saeculis maxime octavo et nono adhibebatur", ent-
scheidet sich aber dann doch, ohne einen Grrnnd anzugeben, für das
8. Jahrh. und meint nur, sie dürfte vielleicht eher an das Ende, als
an den Anfang des Jahrhunderts gehören. Anders entscheidet er
sich 1860 in den Prolegomena zu seiner 3. Ausgabe der Septua-
ginta: „saeculi octavi vel noni", und 1861 in der neuen Auflage
der Anecdota, S. X des Index: „saeculi noni potius quam octavi'' ^;
1) 8o sind ja manche defect gewordenen Uncialhss. sp&ter in Minuskel er-
gänzt, aber der Fall I&ge hier doch ganz anders, weil es sich nicht um Aus-
füllung einzelner LQcken, sondern um Fortfuhrung eines in den ersten Anfängen
stecken gebliebenen Werkes handeln würde.
2) Eine Seite der Unciale ist photographiert in Palaeogr. Soc. II 26, eine
Seite der Minuskel auf Taf. 20 des Londoner Katalogs. Schon Tischendorf
hatte Schriftproben gegeben: von beiden Schriften in den Anecdota, Taf. 1, Nr.V
u. VI, von der Unciale auBerdem auf der dem 2. Bd. der Monumenta beigegebenen
Schrifttafel unter Nr. 2; aber nur die Uncialproben geben ein ziemlich treues
Bild, die Minuskelprobe dagegen ist ganz vernnglückt, sie ruft den Eindruck
herror, als habe der Schreiber mit unsicherer, zitternder Hand gearbeitet, wäh-
rend die Photographie beweist, daB er sich gerade im Gegenteil einer auBer-
ordentlich sicheren und festen Hand erfreute.
8) 1864 nnd 1855 in den S. 98, Anm. 4 citierten Beschreibungen.
4) Macray, Annais of the Bodleian Library, S. 288.
6) Das Vorwort ist datiert „mense Octbr. ezeunte anni salutis 1856".
6) DaB im Texte selbst S. 6 noch, wie in der L Aufl., steht: „uncialibus
lltteris octavi saeculi scriptus*, ist nicht so auff&llig, wie es zuerst scheinen
k6nnte, da diese ^editio repetita, emendata, aucta" im Wesentlichen eine «editio
repetiU", zn Deutsch eine nTitelanflage** ist, dadurch veranlaBt, dsB das Buch
in einen anderen Verlag flbergieng. S&rotliche 27 Teztbogen der 1. Aufl. sind
einfach herftbergeDonmen, nnd nur das letzte Blatt (S. 216/216) ist durch einen
106 Alfred Rahlfs,
er hatte inzwischen aaf seiner 3. Reise (1869) den Rest des Codex
bekommen und die Zusammengehörigkeit der drei Teile erkannt,
auch stand es ihm gewiß schon fest, daß alles „eadem manu^ ge-
schrieben sei, folglich mußte er, da die Minuskel nicht wohl ins
8. Jahrh. hinaufgerückt werden konnte, die Unciale ins 9. herab-
rücken. Sein Schlaßurteil giebt er dann 1869 in der in extenso
citierten Stelle seiner LXX- Ausgabe; wenn er sie nunmehr der
Mitte des 9. Jahrh. zuweist, so ist das als ein Compromiß zwischen
den beiden anfänglichen, divergierenden Ansätzen für die beiden
Schriftarten zu betrachten. Daß Tischendorf hiermit dem Rich-
tigen sehr nahe gekommen ist, kann nicht bezweifelt werden ; auch
die Herausgeber des Palaeogr. Soc. und Swete ') , der zugleich
Rendel Harris zu Rate gezogen hat, entscheiden sich für das
9. Jahrh., und fiir dieses spricht außer der Form der Buchstaben
auch die vollständige Setzung der Accente und Spiritus, die
reiche, schon das Fragezeichen einschließende Interpunction , die
Schreibung des i?v von trjv mit dem tachygraphischen Zeichen,
das offenbar aus der Minuskelschrift stammende Compendium für
TtaQ^e'vog mit über die Zeile gesetztem 0-, u. ä. (s. Tischendorf,
Mon. II, S. XXXX ff.). Fraglich kann meines Erachtens nur sein,
ob wir nicht noch etwas tiefer, als Tischendorf, herabzugchn haben,
und diese Frage möchte ich im Anschluß an Swete, dcm^ das Ende
des 9. Jahrh. die wahrscheinliche Entstehungszeit ist, bejahen.
Vor allem leitet mich dabei die große Aehnlichkeit der Schrift
mit der Pariser Prachthandschrift des Gregor von Nazianz, von
der Omont in den „Fac-similes des plus anciens mss. grecs" (Paris
1892), pl. XI/XII eine Probe giebt, und die deshalb besonders
wichtig ist, weil sie Bildnisse des Kaisers Basilios I. (867 — 886)
und seiner Gemahlin Eudokia mit ihren beiden Söhnen Leo und
Alexander (dieser um 870^) geboren) enthält und dadurch Auf-
schluß über ihre Entstehungszeit giebt'). Jedenfalls werden wir,
Carton ersetzt; die „Verbesserungen " stehn lediglich in dem neagedruckten Index.
Die „Vermehrung*' besteht in der Binzufügung der drei Bogen 28 — 30; der
darauf folgende „Tabularum index^ ist dagegen wieder aus der 1. Aufl. beibe-
halten, weshalb er die Bogenzahl 28 trägt (statt Sl) und noch immer vermeldet,
daß die nach Oxford und London verkauften Hss. „nuper'' dorthin gewandert sind.
1) In der 2. Aufl. des 1. Bandes^ S. xxvi; in der 1. Aufl. war Tischendorfs
früherer Ansatz (Ende des 8. Jahrh.) wiederholt.
2) L*art de v^rifier les dates II 4 (Paris 1818), S. 298.
3) Zuf&llig trifft es sich, daS auch die Pariser Hs., wie die Oxforder (in der
1. und 5. Lage), 2 Golumnen zu 40 Zeilen auf der Seite hat; doch haben die
Zeilen in ihr größeren „Durchschuß", wie überhaupt alles einen prächtigen and
über eine Handscbrift der Septnaginta. 107
glaabe ich, nicht fehlgehn, wenn wir die 2. Hälfte des 9. Jahrh.
als die wahrscheinlichste Entstehnngszeit ansetzen, ohne jedoch
die Möglichkeit einer solchen Schrift noch zu Anfang des 10. Jahrh.
dorchans in Abrede zn stellen.
Die Minuskel datierte Tischendorf anfangs^) nach ihrer
angeblichen genauen Uebereinstimmung mit den datierten Hss.
Paris. Reg. 1470 (Heiligenleben) vom J. 890 und Bodl. Clark. 39
(Plato) vom J. 896 oder vielmehr 895. Später hat er auch hier
seine Meinung geändert und die Schrift höher hinaufgerückt, um
sie der Majuskel zu nähern, und nun versteigt er sich in den
Prolegomena zur Septuaginta sogar zu der Aeußerung: ^Minusculae
nescio an exemplum omnium sit antiquinsimum". Umgekehrt stellt
Muralt in dem Petersburger Katalog das 9. und 10. Jahrh. zur
Wahl, und weisen die Londoner geschulten Paläographen sowohl
1875 in dem „Catalogue of Additions to the MSS.in the Brit.
Mus. in the years 1854—1860" S. 27, als 1881 in dem mehrfach
erwähnten „Catalogue of Ancient MSS." die Hs. geradezu dem
10. Jahrh. zu. Abzulehnen ist jedenfalls Tischendorfs späterer
Ansatz, der, wie bemerkt, nur aus einem Compromiß, vielleicht
unter Mitwirkung der bei Entdeckern gewöhnlichen Neigung, den
Wert ihrer Entdeckungen zu überschätzen, hervorgegangen ist.
Aber auch sein früherer Ansatz ist, wenn auch vielleicht richtig,
jedenfalls nicht richtig begründet. Denn die beiden datierten Hss.,
auf welche er sich beruft *), zeigen in Wirklichkeit keine irgendwie
intimere Verwandtschaft mit unserer Minuskel, ganz abgesehen
davon, daß sie schon unter sich selbst stark verschieden sind').
TJeberhaupt ist es bei der Datierung unserer Hs. die Hauptschwie-
rigkeit, daß sie einen ganz eigenartigen Ductus zeigt, zu dem
öberaos aauberen Eindruck macht, aach die Bachstaben sorgfältiger gemalt sind,
als in der charaktervoll, aber etwas hastig geschriebenen Oiforder Unciale. —
In dieser Schriftart giebt es übrigens eine größere Anzahl von Hss« (vgl. s. B.
das Yerxeichnis bei Thompson, Handbook of Qreek and Latin Palaeography,
2. Aufl., S. 167 nnd Omont pl. IX, auch X), aber sie helfen uns nichts, da sie
aach nur schätiungsweise zu datieren sind.
1) Auch 1860 in der Beschreibung der Petersburger Hs. wiederholt.
2} Proben int Omont, Fac-similös des mss. grecs dat^s, Taf. 1. — Palaeogr.
8oc. I 81. Wattenbach u. Velsen, Exempla, Taf. 8.
S) Damit darf auch die an jene AeuBerungen Tischendorfs anknQpfende Frage
Lagardes, ob unsere Hs., wie der Oxforder Plato, für Arethas geschrieben und
demnach wahrscheinlich in Cappadocien zu localisieren sei, als erledigt gelten,
zumal die Aehnlichkeit gerade mit diesem besonders gering ist, und sich auch
sonst keine Berahrongen mit den fAr Arethas geschriebenen Hss. (Wattenbaeh,
Anl. s. griech. Palaeogr., 8. Aufl., S. 61 ff. 128) zeigen.
103 Alfred Rahlfs,
ich nur eine einzige nähere Parallele') gefanden habe in dem bei
Holmes-Parsons als 198, im N. T. als 33 der Evangelien gezählten
Pariser Codex Reg. 14 (Colbert 2844)*). Leider ist er aber auch
undatiert und die Meinungen über ihn sehr geteilt: früher setzte
man ihn allgemein ins 11. Jahrb., jetzt setzt ihn Omont, Inven-
taire sommaire des mss. grecs de la Bibliothfeque nationale, I
(Paris 1886), S. 4 ins 9., Gregory in den Prolegomena S. 469 ins
9. oder 10. Jahrhundert. Da also feste Anhaltspunkte fehlen'),
und auch die Beobachtung, daß nach der Londoner Photographie
die Schrift in unserm Codex noch auf der Zeile steht, nur eine
Herabrückung über das 10. Jahrb., an welche ohnehin niemand
denken wird, verbietet*), so kann man nur nach dem allgemeinen
Eindruck urteilen, und nach diesem möchte ich meinen, daß unser
Codex jedenfalls noch in die Klasse der „Codices vetustissimi^
gehört, die Thompson, Handbook S. 1B9. 162 ff. bis zur Mitte des
10. Jahrb. rechnet, und enthalte mich im Ilebrigen des Urteils,
eingedenk der Warnung Thompsons, daß gerade bei dieser Klasse
„it is extremely difficult to place the undated MSS. in their pro-
per Order of time'' (S. 165).
Demnach ergiebt sich , daß zwischen den beiden Schriften
keinenfalls ein beträchtlicher Zeitunterschied ist, und sie eventuell
sogar ganz gleichzeitig sein können. Träfe letzterer Fall zu, so
wäre auch Identität der Schreiber sehr wohl möglich ; den Wechsel
der Schrift müßte man sich dann etwa daraus erklären, daß die
Unciale sich nach einiger Zeit als zu raumfressend herausstellte,
und der Schreiber deshalb zu der viel sparsameren Minuskel über-
gieng *). Eine sichere Entscheidung wird nur ein genaues Studium
1) Betont sei aber, daB Dur der Ductus im Ganzen große Aehnlichkeit zeigt,
dagegen im Einzelnen manche Unterschiede vorhanden sind.
2) Er enth< die Propheten und das N. T. außer der Apokalypse, and hat
ein anderes Format, als unsere Hs. (37,8 : 24,8 cm; vgl. Qregory's Prolegomena
S. 469), und mehr Zeilen auf der Seite in nur 1 Columne. Schriftprobe bei
Scriyener, Introduction to the Criticism of the N.T., 3. Aufl. (Cambr. 1883),
Taf. XIII, Nr. 39; Photolithographie eines größeren St&ckes bei Abbä Martin,
Introduction k la Critique textuelle du N.T., t. IV, S. 92. — Zu meiner Freude
sehe ich, daß auch Gregory seinerseits bei der Beschreibung jenes Codex gerade
unsere Hs. zum Vergleich heranzieht („cf Mus. Brit. Add. 20002'').
8) Das h&ufige Vorkommen des uncialen e möchte ich trotz Qardthausen,
Griecb. Palaeogr. S. 183 nicht ^Is solchen betrachten.
4) Vgl. Gardthausen, Griech. Palaeogr. S. 68 f. Wattenbach, Anl. inr griech.
Palaeogr.* S. 57 oben.
6) HierfQr ließe sich noch anfahren die Ungleichmäßigkeit in der ünciale
selbst. Auf den ersten Blättern ist der Schreiber, wie schon Tischendorf ange-
über eine Handschrift der Septuaginta. 109
der ganzen Hs., besonders auf die kleinen Schreibgewohnheiten
hin, geben können, oder vielleicht auch dieses nicht, da auch auf
griechischem Boden gelten wird, was Chatelain in der Revue de
Philologie, Noav. s^r. XIV (1890), S. 80 vom Lateinischen sagt:
„Des copistes de la meme ^poque et de la meme ^cole ont nne
öcritore qaelqaefois identiqae*' ^).
Wichtiger aber als die Frage nach der Identität des Schrei-
bers ist die andere Frage nach der Identität des abgeschriebenen
Textes, welche doch insofern mit jener zosanmienhängt, als ein
aach nur mehrere Jahrzehnte späterer Abschreiber wahrscheinUch
auch eine andere Vorlage gehabt haben würde. Gehen wir non
nach der von Lagarde wieder hervorgezogenen Aeoßernng Tischen-
dorfs über die Petersborger Hs. : „Textas quem praebet non vi-
detor LXX virorom, sed fere Theodotionis vel similis interpretis
antiqua nobüitate, cuias nonnisi specimina innotaeront" (Notitia
S. 57), auf die gestützt Maralt in dem Petersburger Katalog die
Hs. geradezu als „Fragment de la traduction grecque de TA^-T.
par Th^odotion" ausgiebt, und vergleichen damit, daß Tischendorf
von der Oxforder Unciale nichts Derartiges aussagt, sondern sie
als LXX-Hs. ediert, so scheint allerdings ein beträchtlicher un-
terschied zwischen beiden vorzuliegen. Aber die Probe aus der
Petersburger Hs., welche Tischendorf zum Beweis beibringt, be-
weist in der That nichts für seine Behauptung, lehrt vielmehr,
daß wir es mit einem stark hexaplarisch beeinflußten, aber nicht
merkt hat (Monom. II, S. XXXYII), viel sparsamer mit dem Platxe amgegaogen ;
sie eotbalten über 80, ja die beiden Blätter mit 44 Linien (f. 4. 5) sogar dicht
an 90 Swete'sche Zeilen. Dann aber wird er breiter; in der 2. Lage ergiebt
sich ein Durchschnitt von 67Vi Zeilen, wobei freilich das Sinken der Linienaahl
der Hs. mit in Rechnung zu sieben ist, und in den folgenden Lagen kommen
durchweg nur noch 64 Zeilen auf das Blatt, eine Zahl, die sich trotz der wieder
steigenden Liniensahl der Hs. bis zum SchluB der Unciale gleich bleibt; nur
die letzte Seite (die Vorderseite des Cambridger Blattes) enthalt blos 27 7«
Swete'sche Zeilen, was, auf das Blatt berechnet, 55 ergiebt. Man könnte sich
denken, dafl, weil durch dies Breiterwerden der Schrift su viel Pergament rer*
braucht war, der Schreiber angewiesen wurde, die Fortseuuqg in Minuskeln su
schreiben; aber man könnte auch ebenso gut denken, daft, weil der erste Schreiber
sich nicht bew&hrt hatte, ein anderer an die Arbeit gesetzt wurde. (In dem
Minoskelteile scheint die Schrift sehr gleichm&Aig zu sein, da der Durchschnitt
bei Rieht und Ruth noch genau derselbe ist, wie im Exod., vgl. oben 8. 101.
Nur am Anfange ist er etwas geringer, was aber z. T. auf R^rhnnng der ge*
ringeren Linienzahl (vgl. oben S. 103, Anm. 2) zu setzen ist.)
1) Zu beachten ist noch die Bemerkung Tischendorfs (Notitia 8. 56) ,foL 108
aliam incipere scripturam a prisca prioris elegantia pauUo diversam*.
110 Alfred Rahlfs,
rein hexaplarischen Texte za thun haben. Ueberhaupt kann ich
mir jene Aeußerung, wenn sie nicht noch einen anderen, nachher
zu berührenden Grund hat, nur aus dem Wunsche des Entdeckers
erklären, seinen des Nimbus der Uncialschrift entbehrenden Fund
zum Ersatz dafür mit einem anderen Nimbus zu umgeben. Uebri-
gens hat Tischendorf die dort geäußerte Vermutung 1869 in seiner
Septuaginta stillschweigend zurückgezogen, und so dürfen auch
wir sie der verdienten Vergessenheit anheimfallen lassen. Ein
endgültiges Urteil über den Text kann man nach dem wenigen,
was davon bekannt geworden ist ^), noch nicht füllen , doch darf
man wohl schon jetzt behaupten, daß die ganze Hs. für die große
Cambridger LXX- Ausgabe coUationiert zu werden verdient.
Zum Schluß drängt sich noch die Frage auf; Wie kam es,
daß die Hs. so zerteilt wurde? An Zufall zu denken, ist ab-
solut ausgeschlossen, da gerade der Majuskel- von dem Minuskel-
teil getrennt und aus letzterem wiederum ein in sich abgeschlossenes
Stück, die Bücher Richter und Ruth ^)j herausgelöst ist, wobei, wie
oben gezeigt, der Schnitt an allen drei Stellen durch die Lage, das
erste Mal sogar durch sämtliche vier Doppelblätter der Lage geht.
Sie kann also nur absichtlich so zerschnitten sein, und zwar ge-
wiß erst in neuerer Zeit, denn während sich sonst einige Lücken
finden, sind die zerschnittenen Lagen selbst mit Ausnahme eines
Blattes lückenlos erhalten, was andernfalls mindestens sehr auf-
fällig wäre. Dann aber kann man sich als Urheber wohl nur
einen pfiffigen orientalischen Händler denken, der, da er um Tischen-
dorfs Glauben an die alleinseligmachende Unciale wußte, den Un-
cialteil ablöste, um ihn an Tischendorf als reine Uncialhs. zu ver-
kaufen. Daß dieser Händler ihm dann nicht zugleich die ganze
Fortsetzung zum Kauf anbot, ist leicht erklärlich, da ja dadurch
der Betrug gleich ans Licht gekommen wäre; er riß also nur ein
kleineres, in sich abgeschlossenes Stück heraus und sparte sich
den Verkauf des Restes für die Zukunft auf. Als Tischendorf
dann 1859 wieder kam, verkaufte er ihm auch den Rest, aus dem
inzwischen das letzte Blatt der ganz zerschnittenen 6. Lage ver-
1) Außer dem Oxforder Teile, der übrigens von Beard für die 2. Aufl. Swetes
nachcollationiert ist, haben wir die Collation des Cambridger Blattes bei Swete
(2. Aufl.) und die von Rieht. 1—5 bei Lagarde, Sept.-Stud. I (Lagardes Abschrift
des Londoner Teiles ist jetzt cod. Gotting. Lagard. 8). Außerdem ist Jos. 1 1-«
aus Tischendorfs „Notitia*', Jos. 24 27 — Bicht. 1 s durch die Londoner Photo-
graphie bekannt.
2) Der Schloß von Jos. mußte nur deshalb mit Rieht, u« Ruth wandern, weil
er auf derselben Seite steht, auf der Rieht, beginnt.
ober eise Handschrift der Septuaginta. Hl
lorcn gegangen war *). — Tischendorfs Verhalten bei der Sache
ist im ganzen durchaus unanstößig. Baß er sich von seinem ori-
entalischen Geschäftsfreunde ein Schnippchen schlagen ließ, wird
ihm niemand zum Vorwurf machen wollen. Auch daß er die 1853
erworbenen Teile der Hs. an verschiedene Bibliotheken veräußerte,
darf ihm nicht übel gedeutet werden, da er ihre Zusammenge-
hörigkeit nicht kannte; das mit beiderlei Schrift beschriebene
Blatti das ihm diese bewies, erhielt er gewiß erst 1859, denn dem
Händler, der eine solche Schlauheit bewies, dürfen wir nicht die
Dummheit zutrauen, daß er das sein Geheimnis verratende Blatt
dem UncialteUe beigab; auch sahen wir ja, daß Tischendorf zu-
erst 1800 mit seiner geänderten Ansicht über das Alter der Un-
ciale hervortrat. Auch dafür, daß der zuletzt erworbene Teil
nach Petersburg wanderte, obwohl Tischendorf seine Zusammen-
gehörigkeit mit dem Londoner Teile kannte und schon 1860')
öffentlich aussprach, dürfen wir ihn nicht verantwortlich machen;
das lag, wie schon zu Eingang betont, an den Verhältnissen. Nur
ein Punkt bleibt, über den man verschiedener Meinung sein kann :
Tischendorf hat, obwohl er 1859 offenbar sofort die Zusammen-
gehörigkeit der Majuskel mit der Minuskel erkannte, diese doch
verschwiegen ^) und das sie beweisende Blatt zurückbehalten. Ja,
man könnte sogar auf den Gedanken kommen, daß er das Märchen
vom Theodotion damals auch deshalb in die Welt gesetzt hätte,
mn den Abstand zwischen der Minuskel und der Oxforder Majuskel,
die er als LXX-Hs. herausgegeben hatte, noch zu vergrößern und
die Entdeckung der Zusammengehörigkeit beider zu erschweren.
Freilich hat er dies 1809 dadurch wett gemacht, daß er in seiner
iSeptuaginta den wirklichen Thatbestand, wenn auch in sehr son-
derbarer Form, dargelegt hat. Aber es bleiben doch die Fragen:
welchen Grund hatte er zu seiner anfänglichen Verdunkelung des
1) Ueber den Ort der Erwerbung schweigt Tischendorf (aach in seinem Buche
„Aus dem heUigen Lande**, Lpz. 1862, S. 347 ff., wo er über Uandschriftenfunde
der d. Reise spricht). Jedenfalls muB es eine Gegend gewesen sein, die er so-
wohl auf der 2., als auf der 3. Reise berührte, also etwa Aegjpten oder der
SinaL — Ebenfalls serteilt ist der auch 1863 und 1859 mitgebrachte Evangelien*
Codex r, von dem Oxford 9, Petersburg 7 Stücke besiut, und der Sinaiticus,
von dem ein Teil in Leipzig als Friderico- Augustanus (1Ö44 mitgebracht) liegt,
aber bei beiden ist die Zerteilung schon älteren Datums.
2) Sowohl in der »Notitia* S. 66, als in den Prolegomena zu seiner 3. Aus*
gäbe der SeptuaginU, 8. LVIU. LXIV.
8) Dies kann kein Zufall sein , da er gleichzeitig auf ihre Zusammenge-
bOrigkeii mit der Londoner ausdrücklich hinweist.
112 Alfred Rahlfs, über eine Handschrift der Septaaginta.
Sachverhalts ? und welches Recht hatte er, das entscheidende Blatt
zurückzubehalten? Und hier endigen wir bei einem Non liqaet
und können höchstens zu Vermutungen unsere Zuflucht nehmen,
wie der, daß Tischendorf sich die Ausnutzung und richtige Wer-
tung der Petersburger Hs., die übrigens zu denjenigen zählt, von
denen er Notitia S. 47 berichtet : ,,iussu supremo meis ipsios
studiis reservati sunt", um so sicherer wahren wollte.
Der Ursprung des Motett's-
Vorläufige Bemerkangen
von
Wilhelm Meyer aus Speyer.
Vorgelegt am 14. April 1898.
Zu den dunkeln Gebieten der Musikgeschichte gehört der mehr-
Btimmige Gesang des Mittelalters. Ein wichtiger Theil jener mehr-
stimmigen Gresänge waren die Motette. Das Merkmal eines Motett's
ist der sogenannte Tenor : eine Stimme sang eine Melodie, welcher
in den Handschriften einzelne Silben, Wörter oder kurze Phrasen
(Gro Ta Adiutorium Aedificabo Ad nutum Et gaudcbit) unterge-
schrieben sind; gleichzeitig wurde entweder äin Liedtext von 1
oder von 2 oder von 3 Stimmen in 1 oder 2 oder 3 verschiedenen
Melodieen gesungen, oder es wurden gleichzeitig zu jenem Tenor
noch 2 oder 3 verschiedene Liedtexte von 2 oder 3 verschiedenen
Stimmen und nach verschiedenen Melodieen gesungen, so daß also
die verschiedenen Texte nur von je einer Stimme gesungen wurden.
Von den verschiedenen Arten der mehrstimmigen Gesänge des
Mittelalters ist das Motett am meisten erforscht (vgl. Cousse-
maker's L'Art harmonique aux xii* et xm* sieclcs 1865), und
dennoch ist in Wahrheit auch über das Motett unser Wissen noch
sehr unsicher. Nicht einmal, woher der Tenor kommt und was
er ist, steht fest, geschweige das Uebrige.
Bei der Untersuchung der Formen der lateinischen Dichtung
des Mittelalters haben die lateinischen Motettentexte mir solche
Schwierigkeiten bereitet, daß ich vor ihnen Halt machte und auf
die Hilfe eines Andern hoffte (Ludus de Antichristo in Münchner
Sitzungsber. 1882 S. 181). Jetzt hat die Bamberger Motettenhand-
schrift mich nicht nur zu den palaeographischen Untersuchungen
veranlaßt, welche ich in der Abhandlung 'Die Buchstabenverbin-
Kft 0«. d. W. KMkrickUB. PkUol«(.-lüst«r. XImm 1896. Hft S. 8
114
Wilhelm
aeyer,
düngen der aogenannten gotliisclien Schrift' {GöttiogerGrcsollschaft
der Wissenschaften 1897) verütfentlicht habe, sondern sie hat mich
gezwungen , die Aufgabe , deren Lüsmig ich von Andern gehofft
hatte, selbst anzufassen. Die Mühen der Untersachung waren i'iir
mich, der ich zwar gern singen höre, aber selbst von Musik
Nichts verstehe , ungewöhnlich groß ; doch glaube ich , die Auf-
gabe im Wesentlichen gelöst und den Ursprung und das Wesen
des mittelalterlichen Motett'a erkannt zu haben. Die Sachverstän-
digen werden vielleicht von hier aus die umliegenden Gebiete der
mittelalterlichen Mnyik besser erkennen können. Jedenfalls aber
werden neue Räume des Wunderbaaes der mittelalterlichen Kunst-
formen erhellt ond zwar gerade jene wichtigen, in welchen
Sänger nnd Dichter gemeinsam unübertroffene Kanstwerke ge-
schaifen haben.
Es scheint mir nützlich , zunächst ohne Besprechung der bis-
herigen Ansichten die Grundziige meiner Ansichten schon jetzt
zu veröffentlichen, mit dem Vorbehalt sie später im Einzelnen aus-
zurühren, zuzusetzen oder wegzunehmen, und mit der Bitte, daß
von Handschriften einschlägigen Inhalts, besonders von mehrstim-
mig componirten Antiphonen und ähnlichen liturgischen Stucken,
mir Mittheilung gegeben werde.
Der Gottesdienst der byzantinischen Kirche im 9. und 10. Jahr-
hundert war sehr umfangreich nnd entfaltete eine überwältigende
Pracht und Schönheit. Priesen die Himmelaköriier und die un-
zähligen Engelachaaren bis herab zum Gethier dieser Erde laut
den Üuhm Gottes, so füMten auch die Menschen sich verpflichtet,
nach besten Kräften mitzuthun. Dasselbe Streben erfaßte im
9. Jahrhundert die lateinische Kirche. Da die überlieferte lateini-
sche Liturgie nur bescheidenen Raum bot , so ging in der latei-
nischen Kirche des Abendlandes , besonders Deutschlands , dann
noch mehr Frankreichs, ein mächtiger Zag dahin, die gottes-
dienstlichen Formen zu erweitern und zu verschö-
nern. Schon in der griechischen Kirche spielten hiebei Dicht-
kunst und Gesang die Hauptrolle , ja diese kirchlichen Gesänge
füllen, wie ich schon früher bemerkt habe, eine Lücke in unserer
Kenntniß der byzantinischen Literatur : sie ersetzten den Byzan-
tinern die lyrische Poesie.
Auch der lateinische (Jottesdienst wurde hauptsächlich durch
Zusätze des Gesanges nnd der Dichtkunst erweitert. Eeichen
Stoff für die Erkenntniß dieser Sache bietet Leon Gautier, Hi-
stuii'c de lu puesie liturgi<],ue au muyen age, I 1886. Schon früh
der ÜrspniDg des Motett's. ' 115
wurde z. B. der einfache Psalmvers (8, 3) Ex ore infantiam, deus,
et lactentiom perfecbti laudem propter inimicos taos entweder
durch hochrhetorische Zusätze durchbrochen , wie: Ex ore infan-
tium, deus, fecisti laudare nonien tuum et lactentium perfecisti lau-
dem. Triumphantes de hoste vipci'eo flore^n aeternae virginitatis eos in
coelesti gloria suscepisti propter inimicos tuos ; oder er wurde
durch eingeschaltete Verse über den Kindermord verziert, wie
Pangüe ianif pueri, laudes et promite Christo.
Ex ore infantium, deus,
Note dei Clemens, parvorum stiscipe laudes.
Et lactentium perfecisti laudem,
Qui tibi iam naJti certarunt sanguine puro.
Propter inimicos tuos.
So wurden später die Lectionen aus der Bibel, ja sogar die Gre-
bete, wie Pater noster , Credo u. s. w. mit gesungenen rhetori-
schen Phrasen oder Verszeilen durchbrochen. Eine Handschrift
aus dem Ende des 12. Jahrhunderts bietet mir gerade folgenden
Text, welcher, mit Ausnahme der Ueberschrift IN DEDICATIONE,
durchaus mit Neumen versehen ist:
Äd deeus ecclesie recitatur hodie
Lectio libri ApoccUipsis lohannis apostoli (lectio = 21, 2 — 6).
V(erst$s) Cui revelata sunt secreia celestia.
In diebus illis V(ersus) Talis diviiiittis ostensa est visio.
Vidi civitatem sanctam lerusalem novam,
F. qua construitur in cdis vivis ex lapidibus.
L{ectio) Descendentem de celo, V, nuptiali thalamo.
L. Adeo paratam sicut sponsam omatam viro suo
V, super solem splendidum.
L. Et audivi vocem magnam, V. nuntiantem nova gaudia.
L. De throne dicentem: V. Veni ostendam tibi.
L. Ecce tabemaculum dei cum hominibus.
F. Et ad eum venient omnes gentes et dicent : Gloria tibi damine.
L. Et habitavit cum eis F. n\Ane et in evum.
L. Et ipsi populus eins erunt
F. omnes dei gratia, quos a nwrte redemit perpetua.
L. Et ipse deus cum eis erit eorum deus,
F. qui moderatur cuncta creata.
L. Et absterget deus omnem lacrimam ab oculis eorum,
F. quorum ttoti sol luna^ scd Christus vera est lucerna.
L. Et mors ultra non erit, F. uhi cum beatis gloriamur,
L. neque luctus neque damor, F. sed celi premia perpetua ;
Z. neque dolor erit ultra, que prima abierunt. F. lusti florebunt.
8*
116 * Wilhelm Meyer,
L. Et dixit qai sedebat in throno, F. in superna maiestatis arce:
L. Ecce nova facio omnia.
V. Divina Providentia sancH Spiritus graiia
per Sacra mysteria renovantur omnia.
In einer Handschrift des 13. Jahrhunderts lese ich eben:
Pater noster: Audi domine hymnum et orationem, tetnet concincn"
tium. Qoi es in celis: In ältissimis. super celorum. Sancti-
ficetur: Glorificäur in nobis. ad te suspirantibus, Nomen tunm:
Quoniam nomen tibi, novum quod os domini nominavit, Adveniat :
Velociter. et prestolamur cernui. Regnum tuum : In quo assidue
felices letantur. cum exultatione portantes, manipulos stws u. s. w.
Oder Credo in deum: Confessione fundatus. Confessione uere fidei.
Patrem omnipotentem: Celum terramque regentem. potenti virtute,
Creatorem ceU et terre: Qui solo sermone fecit omnia. Et in
lesum Christum: Quem prophete predicaverunt. a^num esse ventu-
rum u. s. w.
Diese ^versiculi ante, inter vel post ecclesiasticos cantus ap-
positi' und ähnliche Neuerungen beschäftigten die kühnen und
kunstreichen Sänger und Dichter seit dem 9. Jahrhundert. Das
Lob Gottes bei Tag und Nacht zu verkünden, war die höchste
Aufgabe der Menschen; so wurden die Sänger außerordentlich
geübt und Theorie wie Praxis des Gresanges und der Musik ent-
wickelten sich rasch. Allen andern europäischen Orten ging
in diesem kühnen, neuartigen Schaffen St. G-allen voran, dessen
Euf als Sänger- und Dichtersitz deßhalb bald Europa erfüllte.
Dort hat Tutilo sehr früh, vielleicht als Erster den Tropi, den
gesungenen Erweiterungen der Liturgie, besondem Eifer gewid-
met, dort hat sein Freund Notker jene Neuerung geschaffen, welche
nach meiner Ansicht nicht nur die Formen, sondern auch den
Geist der mittelalterlichen Dichtung von Grund aus verändert und
diese auf jene Wege geführt hat, auf denen sie die Höhen der
Schönheit erreicht hat. Die Erweiterung Notker's bestand darin,
daß er den langen und schwer zu behaltenden Coloraturen einzelner
Silben des AUeluia Texte unterlegte, begeisterte Loblieder in hoch-
rhetorischer Sprache zum Preis dessen, an dessen Fest die be-
treffende Melodie gesungen wurde. Diese Texte wurden den Colo-
raturen des Alleluia angeschmiegt, so daß jede Note eine Silbe
erhielt. Jene Coloraturen aber waren frei musikalische Schöpfungen
neuerer Zeiten; mit dem Alterthum und den altlateinischen Klas*
sikern hatten sie Nichts zu thun. Hatte die ganze Bildung der
Earolingerzeit an den alten lateinischen Vorbildern geklebt, so
lernten jetzt die Dichter zunächst , daß sie schöne Lieder schaffen
der Ursprung des Motett's. 117
könnten in Formen, von denen die berühmten Alten keine Ahnung
gehabt hatten. Sie übten die neue Kunst mit frommer Freude,
und dem Wagen in den Formen folgte bald auch das Wagen im
Geiste. Dieser neueWagemuth strömte bald nach Frankreich und
erfüllte dort die Menschen mit Macht. Fortan bis ins 14. Jahr-
hundert wetteiferten Deutsche und Franzosen in der Pflege des
Gesangs und der Dichtung. Die Völker aber, welche die Sequenzen-
dichtung gering achteten, blieben Jahrhunderte lang in Musik
und Dichtkunst zurück.
Die Franzosen hatten die Sequenzendichtung mit Begeisterung
aufgenommen, ja bald dieselbe eifriger gepflegt als die Deutschen.
Ihnen scheint auch der Ruhm zu gebühren, eine andere Erwei-
terung und Verschönerung des Gottesdienstes, den mehrstimmigen
Gesang, erfunden und längere Zeit allein gepflegt und ausgebildet
zu haben.
(Mehrstimmig componirte Antiphonen). InFrank-
reich und insbesondere in Paris ist im 12. Jahrhundert eine grö-
ßere Zahl von kurzen kirchlichen Gesängen, ich nenne sie Anti-
phonen, mehrstimmig componirt worden. Zuerst wird meistens
der Anfang des vorangehenden Satzes notirt , dann folgt der Ge-
sang selbst und oft ist noch der Anfang des folgenden Gesanges
beigegeben. Die Sammlung war so geordnet, daß die wenigen 4 stim-
migen Compositionen zuerst standen, wie 'Viderunt omnes. Notum
fecit dominus salutare suum. ante conspectum gentium revelavit.
Viderunt omnes' oder 'Sederunt. Adiuva me domine deus mens.
salvum me fac propter misericordiam. Sederunt'; dann folgten
zahlreiche 8 stimmige Compositionen wie 'Alleluia. Dies sanctifi-
catns illuxit nobis. venite gentes et adorate dominum, quia hodie
descendit lux magna', oder 'Exiit sermo. Sed sie volo eum ma-
uere donec veniam'; endlich sehr zahlreiche 2 stimmige, wie 'lu-
dea et lerusalem. Constantes estote. videbitis auxilium domini
super vos. Gloria patri et filio et spiritui sancto' oder 'Descen-
dit de celis. Tanquam sponsus dominus procedens de thalamo suo.
Gloria patri et filio et spiritui sancto'.
Die seit alten Zeiten Überlieferle Melodie dieser Antiphonen
(die ünterstimme oder die erste Stimme möchte ich sie nennen)
war ebenfalls schon in alter Zeit durch Coloraturen auf einzelnen
Silben verschönert worden; vgL besonders Palöographie musicale
Band I und IV, in deren Einleitungen, besonders unter Ki^pons-
Graduels, diese Gesänge verzeichnet sind. Zu dieser alten Melodie
fügten die Componisten des 12. Jahrhunderts zunächst eine 2.
Stimmej oder eine 2. und eine 3. Stimme oder, freilich selten^ eine
118 Wilhelm Meyer,
2. und 3. und 4. Stimme. In Mensuralnoten war je eine Stimme
auf je B Linien (mitunter auf 4 oder 6 Linien) geschrieben ; ich
moclite diese neu zugesetzten Stinmien von der untersten alten
aufwärts gehend als 2., 3. und 4. zählen und sie die Oberstimmen
nennen. Diese Oberstimmen sind kunstreicher als die alte Unter-
stimme, und zählen also mehr Noten; doch folgen sie natürlich
ganz der alten Melodie und folgen ihr durchaus auch in den Co-
loraturen, welche sie oft noch reicher gestalten.
Diese Bereicherung des Gottesdienstes, d. h. der mehrstimmige
Gesang jener Antiphonen, gefiel in Frankreich außerordentlich,
und jene Antiphonen wurden von den Vorständen der franzosi-
schen Kirchenchöre um die Wette mit kunstreichen Oberstimmen
versehen. Wenn nun z. B. für Hec dies. Conßemini dotnino quo-
niam honus quoniam in seculutn. Hec dies 10 verschiedene Compo-
sitionen zu 2 oder 3 oder 4 Stimmen vorhanden waren, wie sollte
man dann die sämmtlichen Compositionen von den mehreren Hun-
dert Antiphonen zum Gebrauch der Chorvorstände zusammen-
schreiben? Wollte man jede componirte Antiphone so oft ganz
schreiben als verschiedene Compositionen vorhanden waren, so ging
der Umfang der Sammlung ins Ungeheuerliche.
(Die Tonarien der Antiphonencoloraturen). Die
mittelalterlichen Praktiker fanden einen einfachen Weg. Die Ver-
schiedenheit und der Werth der verschiedenen Compositionen lag
nicht in den einfach dahin laufenden Theilen derselben, wo mei-
stens auf eine Silbe nur eine Note fiel, sondern in jenen Ver-
zierungen, wo auf öinen Vokal vielleicht 60 und mehr Noten ent-
fielen. Diese Coloraturen waren die Glanzpunkte, die Bravour-
stellen der verschiedenen Compositionen; ja, mir ist wahrschein-
lich, daß in der Zeit der eifrigsten Kunstübung viele Componisten
überhaupt nur diese 2—4 Glanzpunkte der einzelnen Antiphonen
neu componirten, die übrigen Theile aber bei Seite ließen.
Deßhalb begnügte man sich damit, nur diese Coloraturen in
ihren verschiedenen Compositionen aufzuzeichnen. Dazu hätte es
genügt, nur den Vokal a oder e oder i oder o oder u mit den
sämmtlichen Noten der verschiedenen Stimmen aufzuzeichnen:
allein dann wäre eine heillose Verwirrung entstanden. Denn jene
Coloraturen gehen in die Hunderte, die Vokale sind aber nur B.
Deßhalb schrieb man in jenen Verzeichnissen unter die Coloraturen
nicht nur den colorirten Vokal, sondern mindestens eine ganze
Silbe wie Go Ta, meistens ein Wort wie Itegnat DescendentibuSj
oft eine Phrase wie Hec dies^ Domino quoniam^ In seculum. So
der Ursprung des Moiett's. 119
fand man in jenen Tonarien rasch sich zarecht und konnte leicht
merken, zu welcher Antiphon jede Coloratar gehörte.
Dazu kam noch eine andere Hilfe. In den wenigen mir bis
jetzt bekannten Handschriften dieser Sammlung stehen zuerst die
Texte der Antiphonen, jede Antiphon einmal in vollständigem
Texte mit einer vollständigen Composition, selten zweimal also
mit 2 verschiedenen vollständigen Compositionen , geschrieben.
Hinter dieser Masse der Antiphonentexte folgt der Tonarius für
dieselbe Stimmenzahl. Hier stehen (bis zu 10) verschiedene Com-
positionen von einzelnen Silben oder Wörtern; diese ausgeschnit-
tenen Coloraturen folgen sich in derselben Ordnung wie vorher die
Antiphonentexte selbst. Wenn man da hinter einander Compo-
sitionen liest von Le Lu Deus Tum Captivam du Ta^ so ist man
nur 80 lange in Unsicherheit, aus welchen Antiphonen diese Colo-
raturen ausgeschnitten sind, bis man die Antiphon findet ^Alleluysi,
Ascendens Christus in aitum captivam duxit captivitotem dedit dona.
AUeluya'. Ebenso klar ist die Zugehörigkeit, wenn man solche
sich folgenden ausgeschnittenen Coloratursilben vom in Antiphonen
findet, welche in derselben Reihenfolge stehen. So kann man
z. B. selbst von den Silben Ta Tobt Totem Te Tebor Tes Tim Tivi
Tori Tos Tum Tus die Zugehörigkeit zu dieser oder jener Anti-
phon bestimmen. Der mittelalterliche Chordirigent fand also in
diesem Tonar für häufig gebrauchte Antiphonen oft 10 und mehr
verschiedene mehrstinmiige Compositionen der darin vorkommen-
den Coloraturen und konnte nun nach Bednrfniß und Personalver-
hältnissen diese oder jene wählen«
Diese mehrstimmigen Compositionen waren das Erzeugniß der
reinsten Freude am G-esang, und die Componisten besaßen eine
ganz ungewöhnliche Uebung. Demnach dürfen wir, bis zu siche-
rem Beweise des Gegentheils, annehmen, daß der Formensinn des
Mittelalters, wie in der Dichtung, so auch in diesen mehrstim-
migen Gesängen sich bewährt hat und daß diese Gesänge wohl
zusammen geklungen haben. Soweit haben hier die Sänger ge-
holfen.
(Der Ursprung des Motett's). Die Antiphonen, welche
die französischen Sänger des 12. Jahrhunderts mehrstimmig setzten,
enthielten wenige Worte, und doch war ihr Vortrag ziemlich aus-
gedehnt, da in jeder Antiphon 2 bis 4 Vokale mit langen Colora-
turen belegt waren. Aus der Liturgie des Ostersonntags, welche
wir in der Pal^ographie musicale I S. 76 und IV S. 207 aus
2 Handschriften in St. Gallen photographirt sehen, sind in die
Sammlung der mehrstimmig componirten Liturgie aufgenommen
i20 Wühelm Meyer,
die Sätze: Hec dies. Confitemini domino qaoniam bonus qaoniam
in seculum. Hec dies. Alleluya. Pascha nostrum immolatas est.
AUelaya. Alleluya. Epolemur in azimis sinceritatis. Allein schon
in dem kleinen ]\Iittelsatze Pascha nostrum immolatus est finden
wii' sowohl in der einstimmigen alten Composition der St. Gallener
Handschriften wie in unserer mehrstimmigen Composition die Silbe
siritm und noch mehr die Silbe la reich figurirt und im Tonar
finden wir für Nostrum manche, für Latus viele mehrstimmigen
Compositionen verzeichnet.
Da kam ein Franzose des 12. Jahrhunderts auf den Gedanken,
das Lob Gottes könne reicher gepriesen werden, wenn man diese
mehrstimmigen Coloraturen über den Vokalen u oder a so ver-
werthe, daß zwar die Unterstimme ihre alte Weise mit steter
Wiederholung des Vokals u oder a sänge, daß aber inzwischen
die Oberstimmen zu ihren neu geschafienen Tonweisen statt des
einzigen u oder a verschiedene andere Silben, d. h. einen vollstän-
digen neu gedichteten Liedtext sängen. Zu den bereits vorhan-
denen mehrstimmig componirten Oberstimmen dieser Coloraturen
wurden also nachträglich Texte gedichtet, und so wurde das Mo-
tett eine Form der Dichtkunst. Bald geschah der weitere
Schritt: waren die neu zugesetzten Oberstimmen 2 oder 3, so
wurde oft für jede derselben ein besonderer Text gedichtet und
gesungen. In den Handschriften sind die verschiedenen Motetten-
texte mit ihren Melodien entweder in verschiedenen Spalten pa-
rallel neben einander oder einer nach dem andern geschrieben;
im ersten Falle stehen die parallelen Stücke des Tenor in der
durchlaufenden untersten Reihe der Spalten, im zweiten Falle
stehen die sämmtlichen Noten des Tenor am Schlüsse aller Texte ;
bei den Noten des Tenor steht die Silbe oder das Wort, welches
sie kenntlich macht.
(Eigenthümlichkeiten der Motetten). Die Fran-
zosen folgten in diesen Erweiterungen und Verschönerungen des
gottesdienstlichen Gesangs dem Vorbild Notker's. Natürlich riefen
die ähnlichen Verhältnisse der Entstehung auch ähnliche Eigen-
schaften der Sequenzen und der Motette hervor.
Da die den Sequenzen unterlegten Texte das Auswendiglernen
der Melodie erleichtern sollten, so hatte Notker*s Lehrer, Iso,
mit Recht verlangt, daß in den Sequenzen nicht wiederum neue,
wenn auch kleinere, Coloraturen vorkommen sollten, sondern daß
auf jede Note eine Silbe fiele. Im 12. Jahrhundert war allerdings
die Kunst des Singens mehr entwickelt und, wenn von mehreren
unter sich verschieden modulirten Oberstimmen nur ^in gemein-
der ürspmog des Motett's. 121
samer Text gesungen wurde, so war unvermeidlich, daß bisweilen
noch kleine Coloraturen vorkamen, allein im Großen und Ganzen
sehen wir auch in der Composition der Motetten, besonders wenn
auf jede Stimme ein besonderer Text fiel, Coloraturen mög-
lichst vermieden.
Bann ergeben sich aus dem Ursprünge der Motetten wichtige
Folgerungen für die Motettentexte, vor Allem für die Formen,
in welchen diese Texte verfaßt sind. Die Wörter sind ja nicht
nach dem Gehör und Gefühl des Dichters frei gefügt, sondern sie
müssen mühsam einer gegebenen Melodie angeschmiegt werden.
Diese Melodie kann freilich für die öftere Anwendung der gleichen
Zeilen, wie zu 7u— -, 8— u oder 8u— oder 10 u—, ja sie kann sogar
hie und da für die Wiederholung der gleichen Zeilengruppe d. h.
für Strophenbildung günstig sein, allein öfter wird sie das nicht
sein und wird für ihre nach rein musikalischen Wohlklangsge-
setzen erfundenen Tonfolgen meistens solche Silbengruppen ver-
langen, daß die Anwendung der jeweiligen Modeformen der Dicht-
kunst oder gar die Durchführung regelmäßiger Strophen unmög-
lich wird. Es entstehen dithyrambische Formen, welche
den sonstigen Modeformen der Zeit fern stehen. Wie das einst
bei den Sequenzen Notker's der Fall war, so später bei vielen
Motetten. So habe ich endlich eine mich befriedigende Lösung
des Bäthsels gefunden, das mich lange beunruhigt hatte.
(Gleicher Reim aller Zeilen). Da diese Dichtungen
von den Oberstimmen gesungen wurden, während die Unterstimme
(Tenor) immer ein und denselben Vokal erschallen ließ, so kamen
viele dieser Dichter, welchen die Consonantia ja heilig war, leicht
dazu, alle Schlüsse ihrer Eurzzeilen, welche mit den Pausen der
Melodie zusammenfielen, mit demselben Vokal austönen zu lassen,
welchen inzwischen der Tenor unaufhörlich wiederholte. So
schlössen ja auch manche der alten Sequenzen alle ihre Sätze mit
dem Vokal des Alleluia (besonders mit a), dessen Modulationen
sie unterlegt wurden. Allein für die Motettendichter hatte
diese Rücksicht Verwicklungen zur Folge. In ihrer Zeit (seit
etwa 1180) mußte nemlich jeder anständige lateinische Dichter
(und die Motettendichter gehörten zu den feinen und geistreichen)
zweisilbigen Reim gebrauchen. Da aber .zweisilbiger gleicher
Reim aller Schlüsse zu übel geklungen hätte, so suchten sie beiden
Rücksichten auf andere Weise gerecht zu werden. Wie, das mag
ein Beispiel lehren. Von den 3 Gedichten, welche zum Tenor
Doce-e-e-bit gedichtet sind, bei Dreves, Analecta hymnica XXI
S, 197 und 198, reimt no. XIX Doceas hac die viam patrie und
122 Wilhelm Meyer,
no. XXI Doce nos optime in allen Grliedern die letzte Silbe auf
e. Die Keime selbst sind in no. XIX: 4 ie, 2 ane, ere ege ege
ere, 2 nee, 2 ere, 2 ite, ere, 7 nnde, 2 ore; in no. XXI: 3 ime,
2 ite, 6 ue, 2 ie, 4 ue. So ist auch der zweisilbige Reim gewahrt.
Endlich ist auch der Inhalt der Motette durch ihre Ent-
stehung bedingt. Wie am Auferstehungstage keine Weihnachts-
sequenzen gesungen wurden, so mußten auch die Motetten zu dem
Tage passen, an dem sie gesungen wurden. Ja, sie sind noch
fester verkettet. Die Motette zieren ihre Antiphon, wie die
Thürme und Kuppeln den Dom, aus dessen Masse sie emporragen.
Wie aber die Thürme und Kuppeln in Steinmaterial und Bauart
zum übrigen Bau passen, so passen die Motette zur Antiphon im
Inhalte; ja sehr oft werden einzelne Wörter der Antiphon in
geistreicher Weise in den Motettentext verflochten.
Ein möglichst kurzes Beispiel mag meine Ansicht verdeut-
lichen. In dem oben ausgeschriebenen Stücke der Osterliturgie
sangen 3 Stimmen die SUben Pascha no. Dann sang eine Stimme
die Silbe strum in der altüberlieferten Coloratur, welche vielleicht
für die darüber neu componirten Oberstimmen mehrmals hinter-
einander wiederholt wurde (Scriptores ed. Coussemaker I 3B8:
Dicitur Otnnes secundum quod extrahitur a Viderunt omnes — Anti-
phone — et sie per repetitionem bis vel ter vel pluries — bis zu
10 Mal — sufficit quoad tenorem). Während also die Unterstimme
(Tenor) stets den Vokal u sang, sangen die beiden Oberstimmen
entweder ein und denselben Text oder jede einen verschiedenen, z. B.
Nostrum est impletum - gaudium;
per azimum sit animum (fit omnium?) pascha letum.
Leto letum est deletum; exulat exilium.
Post triduum cessat vacuum tuum mors decretum.
Amplexatur parvulum, dat osculum,
dat anulum pater et vitulum.
0 quam dulce ferculum in ara crucis torridum.
A quo fluit sapidum cruor (in?) poculum nostrum.
In der Sübe stnim vereinigen sich die 3 Stimmen und singen
dann alle 3 weiter die SUben immo. Dann singt wieder die eine
Stimme die Silbe la in der alten Coloratur (Scriptores ed. Cousse-
maker I 328 : latus quod accipitur in antiphone Immolatus est Chri-
stus\ ein Mal oder mehrere Male, während die beiden Oberstimmen
entweder zusammen einen Text singen oder jede einen besondem,
wie z. B.
Homo quam sit pura
mihi de te cura
der ürspraog des Motett's. 128
prout (probe? Dreves) probant plora:
Dolor et pressura,
verberum tritura,
lancee fixara;
Vinctus in catena
nolla vietas pena
potas in lagena
myrrha feile plena.
Gesa gena omnis vena
sangnine crnenta.
Stupens hec tormenta
cqndolet natura;
veli fit scissnra,
solis lax obscara;
patent monumenta,
dam sum immolatus.
Die Endsilben latus est singen wieder die 3 Stimmen gemein-
sam, dann noch Christus, Damit ist die Antiphone zn Ende.
Reim nnd Inhalt passen hier gut zusammen. Die Worte
selbst treffen in vielen andern Fällen enger zusammen. Z.B.
wurde in der Antiphon 'lustus germinabit sicut lilium et florebit
in aeternum' zu der Coloratur der Silbe re von den 2 andern
Stimmen gesungen:
Ecclesie vox hodie sollcmpnia iustus (iusti?) recenseat.
subsidia virtutibus et laudibus obtineat.
Fidelium sicut lilium devotio germinet,
se proprio scrutinio examinet.
Spem Caritas nutriat,
quam firmitas fidei muniat.
sollemnitas domino sie placeat,
floreat in aeternum.
(Die Weiterentwicklung des Motett's). Dies ist
nach meiner Ansicht der Ursprung des Motett's gewesen. Man
blieb nicht bei diesen Anfangen stehen. Einst waren kaum 100
Jahre verflossen, seitdem Notker mit schweren frommen Texten
die ersten Sequenzen zu bauen versucht hatte, da wurden schon
am Hofe der Ottone und ihrer nächsten Nachfolger Damen und
Herrn mit fein gebauten Sequenzen unterhalten, in welchen histo-
rische Stoffe, Schnurren und Lügenmärchen, wie das Schneekind,
dargestellt waren. Die Franzosen des 12. Jahrhunderts waren
von ganz anderem Kunsteifer erfüllt und nutzten eine solche
Neo^rungy wie die Motettenform war, eifrig &us.
124 Wilhelm Meyer,
Die Gelegenheit war ja zu verlockend. Dichten war die
höchste Freude jener Zeit; aber ein Lied ohne Melodie wirkte
nicht viel, ein Lied mit feiner kunstreicher Form und Melodie
galt sehr viel. Die oben genannten Ton arien enthielten eine
Fülle kunstreicher Melodien ohne Worte. Ein begeisterter Dichter
durfte nur dahinein sehen und konnte leicht eine passende mehr-
stimmige oder einstimmige Melodie finden, welcher er die ihn ge-
rade erfüllenden Grefühle in Worten anschmiegen konnte. Hatte
das Lied keinen Zusammenhang mit der Antiphon, aus welcher
die Coloratur ausgeschnitten war, so fand sich, wenn der Lihalt
kirchlich war, im Gottesdienst leicht eine Stelle, wo es wie so
viele andere eingeschoben werden konnte; war der Inhalt welt-
lich , so bot sich außerhalb der Kirche in dem sangesfreudigen
Treiben jener Zeit leicht eine passende Verwendung.
Das oben gedruckte Motett Homo quam sit pura ist als Mo-
tett zur Osterantiphone gedichtet und paßt dazu. Offenbar ist
nach der Melodie derselben Oberstimme das folgende Weihnachts-
lied gedichtet, das bei Dreves Analecta hymnica XX 185 mit
schlechtem Text und verquickt mit einem ganz andern Liede ge-
druckt ist:
Stupeat natura
fracta sua iura
virgine fecunda.
Omnis creatura
sua pro mensura
hac in genitura
iubili iocunda
Vota placitura
Ungua det facunda
laude non obscura.
Psallat plebs gratulabunda
communi censura.
Sit hec nobis cura
lenis et non dura
voce letabunda.
nam sine iactura
parit parens pura
virgo manens munda.
Also durchaus derselbe Bau: 17 Zeilen zu 6— u und nach der 10.
Zeile eine Zeile zu 8 — u; dem Tenor La-a-a-tus entsprechend
reimt jede Zeile auf a, daneben aber reimen noch die vorletzten
Silben. Aber der Inhalt von Mariae unbefleckter Empfängnis
der Ursprung des Motett^s. 126
paßt durchaas nicht zur Osterantiphon. Es ist ein selbständiges
Lied, das an Weihnachten oder an einem Marientag gesungen
werden konnte.
Rasch bemächtigten sich der neuen Liedform die altfranzösi-
schen Dichter. Hunderte von Motetten in altfranzösischer
Sprache sind ans i^ verschiedenen Handschriften, besonders in
der berühmten Handschrift H 196 in Montpellier erhalten, und
Gaston Baynaud's Recueü de Motets Frangais des xn* et xm*
si^cles (Bibliothique Fran^aise du moyen age, 2 Bände 1883) ist
noch lange nicht vollständig.
EUebei tritt eine merkwürdige Beschränkung des Inhalts her-
vor. Die lateinischen Motettentexte sind zumeist fromm kirch-
liche ; sonst greifen sie in ernsten Worten die verdorbenen Sitten,
insbesondere der Geistlichkeit, an; historische oder gar heitere
Stoffe habe ich bis jetzt in lateinischen Motetten noch nicht be-
handelt gefunden. Dagegen die Motette in altfranzösischer Sprache
behandeln so gut wie nie ernste Gegenstände; sie besingen nur
sinnliche Freuden und fast immer die Freuden und Leiden der
Liebe, oft in sehr derben Ausdrücken. Betrachten wir diese Ent-
wicklung, so ist zunächst erfreulich, daß bei diesem Kunstwerke
Componist und Dichter getrennte Personen waren« Hätte
ein Componist auch so schwierige Texte, ein Dichter auch so
kunstvolle Compositionen schaffen sollen, so wäre in der Regel
der eine Theil zu kurz gekommen. So aber konnte in Jedem
das Beste geleistet werden, und zwar zuerst vom Componisten,
dann vom Dichter. Für den Musiker war kein Unterschied
zwischen den Coloraturen der Antiphon und dem Motett. £s
waren dieselben Melodien; das eine Mal hörte er in der Antiphon
'Christus resurgens ex mortuis iam non moritur ; mors UU ultra'
etc. in nu>P's den Vokal o von 4 Stimmen in verschiedenen langen
Modulationen gesungen; das andere Mal hörte er genau dieselben
Modulationen, nur andere Vokale: die eine Stimme sang stets o,
die 8 andern sangen verschiedene Texte; der 1. begann Mors fnarsu,
der 2. Mors que siimulo, der 3. Mors a primi parentis. Hatte
dieser 4 stimmige Gesang früher ohne Worte wohl zusammen ge-
klungen, 80 mußte er jetzt mit Worten es auch thun.
Wollte man behaupten, bei dem gleichzeitigen Vor-
trag von 8 oder, den Tenorvokal mitgerechnet, von 4 Texten
sei ein Verständniß der einzelnen Texte fast unmöglich oder sehr
schwierig gewesen, so könnte ich aus dem Sinne des Mittelalters
antworten, wie der ganze Gottesdienst, so sei auch dieser Mo-
tettengesang eben nicht für die Menschen, sondern für Gott be-
126 Wilhelm Meyer,
stimmt gewesen; wenn der allgegenwärtige und allweise Gott
gleichzeitig die Musik der Sphaeren, die Loblieder der unzähligen
Engeischaaren und aller Geschöpfe, wenn er die Gebete und Ge-
sänge aus Tausenden von Kirchen vernehmen und würdigen konnte,
so brauchte auch ein Sängerchor sich nicht zu sorgen, ob Gott 3
und mehr gleichzeitig gesungene Texte vernähme; ihr Verdienst
war um so höher, je schöner und kunstreicher, ja je mühevoller
ihr eigener Gesang war. Doch solche Erwägungen braucht es
nicht; was manche neuern Componisten thun durften, das durften
die mittelalterlichen auch.
Aber allerdings ist damit ein Hauptmerkmal des Motetts
berührt. Abgesehen von verwandten, unbedeutenden Arten wie
dem Rondell (Rädel), gab es keine andere Art von Gedichten, bei
deren Vortrag mehrere Texte (denn auch der Vokal des Tenor
kann als ein Text gelten) zu gleicher Zeit gesungen wurden.
Das andere Hauptmerkmal dieser Motettentexte bestand darin,
daß, ob nun 1 Text von einer oder von mehreren Stimmen ge-
sungen wurde oder mehrere Texte von verschiedenen Stimmen,
stets ein Tenor seinen lang gezogenen Vokal dazu ertönen ließ
wie eine begleitende Orgel.
Diese 2 Merkmale schieden die Motetten im Vortrag scharf
von allen andern Arten von Gedichten. Sollte vielleicht deßhalb
ihr Vortrag nur auf bestimmte Fälle beschränkt gewesen sein?,
und sollte damit vielleicht die Beschränkung des Inhaltes in den
nicht kirchlichen lateinischen wie französischen Motetten zusammen
hängen ? Diese Eigenschaften der Motette sind aber durch andere
Umstände bewirkt, nicht durch die Mehrstimmigkeit der Compo*
sition. Denn es gab auch mehrstimmig componirte Texte ohne
Tenor.
(Andere mehrstimmige Compositionen). Wir
haben bis jetzt nur ein enges Gebiet von mehrstimmigen Compo-
sitionen kennen gelernt: die kirchlichen Antiphonen und die
ihnen nachgebildeten Motetten ; hier ist zu der alten überlieferten
einstimmigen Melodie der Antiphone von den französischen Mei-
stern des 12. und 13. Jahrhunderts eine 2. oder eine 2. und 3«
oder eine 2. und 3. und 4. Stimme gefügt worden. Sollten diese
kühnen, zu Neuerungen so geneigten Meister die mehrstimmige
Composition nicht weiter verwendet haben? Es wurden ja schon
in der Kirche so viele andere Liedarten gesungen, Hymnen, Se«
quenzen, Leiche. Wie einfach war es, über deren überlieferter
Melodie eine 2. oder 3. und 4. Stimme aufzubauen. Und warum
der ürsprang des Motett's. 127
sollten sie nicht gewagt haben, einen noch nicht componirten Text
mit mehrstimmigen Melodien zu versehen? Oder sollte ein mehr-
stimmiger Gesang ohne den Halt eines Tenor oder eines den
Tenor vertretenden Instrumentes ihnen unmöglich geschienen haben?
Die Antwort lautet: ja, sie haben das gewagt. Allein die
Einzelheiten sind noch sehr wenig erforscht und sehr dunkel.
Wenig lehren die mittelalterlichen Musiktheoretiker.
Die für uns wichtigsten sind bei Coussemaker, Scriptores de mu-
sica medü aevi, 4 Bände 1864 — 1876, zu finden. Hauptsächlich ^in
Abschnitt kommt hier in Betracht. Er rührt wohl von Franco
her (Scriptores I 130 und 132; s. H. Bellermann in Festschrift
. . des Grauen Klosters, Berlin 1874, S. 401), findet sich aber bei
Simon Tunstede (Script. IV 294) in etwas klarerer und gut über-
lieferter Fassung, während bei Johannes de Muris (Script. II 395)
nur ein Stück (nach Franco) und bei dem Anonymus (Script. III
361) derselbe Text wie bei Tunstede, aber in schlechter Ueber-
lieferung steht.
Es handelt sich hier zunächst um den oder die Texte (litera,
literae) bei mehrstimmiger Composition (discantus). Aut discan-
tus fit cum litera aut sine. Si cum litera, hoc dupliciter: aut
cum eadem litera discantus fit, ut in cantilenis rondellis et in
cantu aliquo ecclesiastico ; aut cum diversis literis fit discantus,
ut in motetis qui habent triplum cum tenore, in quibus tenor
aequipollet litere (unklar; Franco: qui habent triplum vel teue-
rem, quia tenor cuidam literae aequipollet; vielleicht ist vel du-
plum quia zu schreiben). Cum litera quippe et sine litera fit
discantus, ut (ut fehlt bei Franco) in conductis et in discantu ali-
quo ecclesiastico, qui proprio (improprie Franco und Joh. de Muris)
Organum appellatur.
Et nota quod in his omnibus idem est modus operandi (d. h.
hei der mehrstimmigen Catnposition) , excepto in conductis : Quia in
omnibus aliis primo accipitur cantus aliquis prius factus (secun-
dum aliquem modorum mensuratus setsen Twistede und der Anonym
mu8 zu)y qui tenor dicitur, eo quod discantum tenet, et ab ipso
tenore ortum habet discantus. In conductis vero non sie, sed
fiunt ab eodem (d. h. discaniore : Tunstede hat nur eo) cantus et
discantus. Unde aliter operandum est in Ulis quam in aliis canti-
lenis« Qui igitur vult conductum facere, primo cantum invenire
debefc pulchriorem quam poterit, deinde uti debet illo pro tenore,
super quem fiet discantus.
Biese Lehre bietet manche Aufklärung, aber auch manche
Schwierigkeit. Es werden 2 Gattungen mehrstimmiger Compo-
128 Wilhelm Meyer,
sitionen geschieden. Bei der ersten Gattung liegt eine vorher
von einem Andern geschaffene Melodie vor (Tenor), zu welcher
der moderne Künstler eine 2. oder noch mehr Oberstimmen fügt;
der Art sind unsere mehrstimmig componirten Antiphonen und
die zu ihnen gehörigen Motetten, deren Unterstimme die uralte
Antiphonenmelodie bildet ; dann die cantilenae , d. h. wohl , be-
kannte Lieder, zu deren alt- und allbekannter einstimmiger Me-
lodie die modernen Meister Oberstimmen gefügt haben. Für die
mehrstimmige Composition der andern Gattung liegt keinerlei
Haltmelodie vor, sondern die sämmtlichen 2 oder mehr Stimmen
müssen erst erfunden werden.
Ein anderer Unterschied wird gemacht in Hinsicht auf die
Texte (literae). Cum diversis literis sind die Motette, auch die
duplices, welche nur aus dem Tenor und einer Stimme mit Text
bestehen, da der stets wiederholte Tenorvokal als Text gezählt
wird. Nur ^inen Text (eandem literam) haben die mehrstimmigen
cantilenae, rondelli und cantus aliquis ecclesiasticus : das sind also
unsere mehrstimmig componirten Antiphonen und die älteren
Lieder, cantilenae, zu deren alter Melodie eine oder mehrere neue
Stimmen gefügt sind.
Was aber soll es heißen, daß von den Conducti gesagt wird,
sie seien cum litera et sinelitera? Wenn z.B. über einem
Texte 2 verschiedene Stimmen standen und die Unterstimme war
eine altbekannte Melodie, so hieß das Ganze cantilena, wenn aber
auch die Unterstimme neu erfunden war, conductus. Was will da
der Ausdruck, der Conductus sei *cum litera et sine litera*, be-
sagen ? Was ist aber überhaupt ein Conductus sine litera , wenn
sogar die bloße Wiederholung desselben Vokals im Tenor als li-
tera, als ein Text, gezählt wird? Als Genosse des Conductus
wird genannt *discantus aliquis ecclesiasticus, qui improprie {so
Franco und Johannes de MuriSf proprie Tunstede und der Anony-
mus) Organum appellatur' : allein auch das Wesen dieses Organum
bleibt dunkel (vgl. Script. I 354).
Sollte hinter *sine litera' die Instrumentalstimme stecken?, soll-
ten die Praktiker in Handschriften, welche für die Sänger bestimmt
waren, diese anders klingende Stimme nicht eingeschrieben und
die Theoretiker bei ihren Bezeichnungen duplex, triplex, quadru-
plex zwar den Tenor als Stimme mitgezählt haben, aber nicht die
Instmmentalstimme ? Dann hätte es zunächst einen Sinn, daß
unter den mehrstimmigen Compositionen conducti simplices vor-
kommen (1 Gesangstimme und Instrumentalstimme); ferner wäre
begreiflich, daß zwar sonst oft von motetus quadruplex die Rede
der ürsprang des Motett's. 129
ist, daß aber der Anonymus Script. I 350 die triplices und du-
plices condncti ohne Anstand erwähnt , dagegen die qaadruplices
mit dem zweifelnden Zusatz 'si fuerint' : es hätte dann mit den 4
Singstimmen im Ganzen eigentlich 5 Stimmen gegeben, eine Zahl,
die in der alten Zeit gemieden wurde. Ist wirklich hinter ^sine
litera' eine Instrumentalstimme versteckt, dann ergäben sich fol-
gende Gattungen mehrstimmiger Compositionen : 1) sine littera et cum
littera , entweder conducti = Instrumentalstimme + 1 Singstimme
(simplex)y + 2 Singstimmen (duplex), + 3 Singstimmen (triplex),
+ 4 Singstimmen (quadruplex ; es gibt einige) , oder jener discan-
tus ecclesiasticus, qui Organum appellatur. 2) cum littera, wobei
die Unterstimme stets eine ältere, jetzt als Tenor benützte Melo-
die ist; diese Gattung zerfällt in mehrere Arten: a) cum
eadem littera, mit äinem alten Text, wobei zur alten Melodie ent-
weder 1 neue Singstimme gefugt ist (duplex), oder 2 neue Sing-
stimmen (triplex), oder 3 (quadruplex); die Texte und alten Me-
lodien sind entweder die kirchlichen Antiphonen (cantus aliquis
ecclesiasticus) oder alte Lieder (cantilenae) ; b) cum diversis
literis, mit mehreren Texten : die Motetten, deren ünterstimme die
Noten der alten Antiphoncoloratur mit einem stets wiederholten
Vokal enthält, während darüber entweder 1 Text mit 1 Stimme
(duplex) oder mit 2 Stimmen (triplex) zugefügt ist oder 2 Texte
mit 2 Stimmen (triplex) oder 3 Texte mit 3 Stimmen (quadruplex).
Damach freilich hätte es keine Lieder gegeben, welche nur von
2, 8 oder 4 neu componirten Gesangsstimmen, ohne eine frühere
Melodie in der ünterstimme oder ohne Instrumentalbegleitung, vor-
getragen wurden.
Diese Annahme hat manches Bedenkliche. Aber das ist sicher,
daß die Conducti eine wichtige Gattung der mehrstimmigen
Compositionen waren. Um so unangenehmer ist, daß die Theore-
tiker sonst nur Weniges und Unklares darüber sagen: Script. I
247 Walter Odington : Conducti sunt compositi ex plicabilibus can-
ticis decoris cognitis vel inventis et in diversis modis ac punctis
iteratis in eodem tono vel in diversis ; Script. I 115 lohannes de
Garlandia : In florificatione vocis fit color ut commixtio in conduc-
tis simplicibus.
(Sammlungen von mehrstimmigen Compositionen).
Die angeführten Sätze der alten Theoretiker lehren Manches,
Vieles lassen sie dunkel. Wenden wir uns von der Theorie zur
Praxis, so gibt es Viel zu lernen. Die Untersuchung über
die mehrstimmige Musik ist leider vom verkehrten Ende ausge-
gangen. Conssemaker hatte zuerst hauptsächlich etliche mehr-
Kfl. 0«, 4. Wi«. 1lMkfl€k«M. FkUolH *-kMor. Harn 1896. HfU S. 9
130 AVilhelm Meyer,
stimmig componirten Lieder untersacht; dann fand er die be-
rühmte Handschrift in Montpellier H 196, welche fast nur 2, 3
oder 4 stimmige Motetten mit lateinischen oder altfranzösischen
Texten, also hauptsächlich die Ausläufer der alten Kunst, enthält.
Wiederum reizten ihn die französischen Lieder mehr als die latei-
nischen; die wenigen Reste der mehrstimmig componirten liturgi-
schen Texte ließ er hier, wie sonst, bei Seite. Nicht besser
machten es seine Nachfolger.
Aber wer im Mittelalter klar sehen will, muß stets von la-
teinischen und kirchlichen Texten und Einrichtungen aus-
gehen. Das ist auch hier der Fall. Der über die Geschichte
des mehrstimmigen Gesangs vortrefflich unterrichtete und weit
blickende Anonymus bei Coussemaker Script. I 327 — 364 berichtet
uns (besonders S. 342 und S. 360) von einem starken Bande
mehrstimmiger Compositionen, welcher lange im Chor
von Notre-Dame in Paris gebraucht wurde. Der Grundstock, ein
magnus liber organi (d. h. wohl dupla) de gradali et antiphonario,
war von dem alteii Meister Leoninus zur Erweiterung und
Verschönerung des Gottesdienstes (pro servitio divino multipli-
cando) geschaffen. Aber das Hauptverdienst hatte der berühmte
Meister Perrotinus (magnus); er hatte des Leoninus liber or-
gani gekürzt und verbessert, dann prächtige quadrupla wie Vide-
runt und Seilerunt und tripla wie Allcinia Posui adiutarium, also
Antiphonen, hinzugefügt; ebenso hatte er hinzu componirt Con-
ducti triplioes wie Salvaioris Jtodie, Conducti duplices wie Dum «-
gilium snmmi palris und Condncti simplices wie ISeaia risco'a. Diese
große Sammlung war lange im Gebrauch in choro Beate Virginis
maioris ecclesie Parisiensis (Script. I 342).
An der andern Stelle (Script. I 360) spricht der gelehrte
Anonymus von multiplex numerus voluminum, beschreibt den In-
halt von 6 Volumina und deutet den Inhalt anderer an. Die Vo-
lumina sind ebenfalls hauptsächlich nach der Zahl der Stimmen ge-
ordnet und zweifellos beschreibt der Anonymus hier dieselbe Samm-
lung, von der er S. 342 gesprochen hat und welche schon Johan-
nes de Garlandia als magnum volumen bezeichnet hatte (Script. I
116). Zuerst kommen 2 Volumina mit Quadrupla und Tripla,
also Antiphonen, mit so viel Ton Verzierungen und Schönheiten
der Melodie, daß ^si quis haberet servitium divinum sub tali forma,
haberet optimum volumen istius artis'. Dann kommen 2 Volumina
mit Conducti, triplices und duplices, mit Schlußfiguren (cum
caudis ; diese caudae können nicht , wie sonst meistens , die cau-
dae der einzelnen Mensuralnoten bedeuten). Diese 4 Volumina
der Ursprung des Motett's. ISl
gehen wohl in der Hauptsache auf Perrotin zurück. Das
5. Volomen enthielt qnadruplices, triplices and daplices sine cauda,
also kunstlosere Compositionen, deren sich hauptsächlich die unge-
übteren Sänger (minores cantores) bedienten. Es waren wohl Anti-
phonen ^), nicht Conducti , schon weil unser Anonymus 4 stimmige
Conducti nicht kennt. Ob und in wieweit Perrotin an diesen
schlichten Compositionen Antheil hatte, ist nicht gesagt. Das
6. Volumen enthielt Compositionen de organo in duplo ut
^ludea et Jerusalem', also wohl hauptsächlich jenes von Perrotin
gekürzte und verbesserte magnus liber organi de gradali et anti-
phonario des Leoninus, d. h. zweistimmig componirte Antiphonen ^).
Unter den plura alia volumina werden simplices conductus ge-
nannt, wie deren viele auch Perrotin componirt hatte.
Wenn es sich nun um eine Grundlage für Forschungen über
den mehrstimmigen Gesang handelt, welche ist werthvoller, diese
im Centrnm des mehrstimmigen Gesangs, in Paris, von dem be-
rühmten Meister Perrotin zuerst begründete und im Chor der
pariser Kathedrale lang gebrauchte umfangreiche und mannig-
faltige Sammlung, oder die in Montpellier und sonst erhaltenen
Motetten ? Die Antwort ist selbstverständlich.
Diese werthvoUste Sammlung mehrstimmiger Compositionen
ist nicht verloren, wie man meint, sondern sie ist ziemlich voll-
ständig erhalten. Ziemlich vollständig glaube ich sie gefunden
za haben in dem sogenannten Antiphonarium Mediceum, der hüb-
schen im 13. Jahrhundert geschriebenen Handschrift der Laurenziana
in Florenz (Plut. 29, 1), dann wenigstens größere Brachstücke in
2 Handschriften in Wolfenbüttel, besonders in Helmstedt no. 628;
kleinere Stücke sind in dieser und jener Handschrift zu finden.
Die Florentiner Handschrift hatte ich schon 1874
untersucht und mir ein Verzeichniß der Liederanfänge angefertigt,
1) Ich dachte daran, ob biemit die Motetten oder ihre im Tonar sniammen-
gettellten Melodietcbablonen gemeint sein könnten. Sie haben nat&rlich keine
caada: allein gerade die feinsten Sftngpr muBten sich ihrer beim Absingen der
ganzen Antiphon am meisten bedienen.
2) Das Organum de gradali et antipbonario , organnm in dnplo wird bei
Pranco (Scriptt. I 118) genannt organnm proprio snmptnm, Organum duplnm,
quod pnmm Organum appellatur; es besteht aus Tenor und einer Stimme mit
Text. In der Yita Ludwig des Frommen ist also die naturgemftBe Entwicklung ein*
gebalten 41 fit chanter la messe et tont le Service a chant (einstimmig) et a de-
cbant a orgue (duplum es den einstimmigen Tenor, cantus, + eine 2. Stimme
discantus) et a treble (triplum, Tenor + 2 Discantstimmen)» w&hrend Perrotin
•eine Tolnmina so geordnet hat, daft er mit dem Schwierigsten anfing.
9*
132 Wilhelm Meyer,
wobei ich fehlende Seitenzahlen in der Handschrift einschrieb. Bei
meinen Untersuchungen über die rythmischen lateinischen Dich-
tungsformen hatte ich nur den Text der Gedichte berücksichtigt
und die Handschrift mit ähnlichen zusammengestellt (1882 Ludus
de Antichristo S. 181). Dann hat L. Delisle 1885 (im Annuaire-
Bulletin de la Societe de THistoire de France) ein Verzeichniß
der Liederanfänge gegeben und die historischen Texte abgedruckt
und erläutert. 1895 hat Dreves im 20. und 21. Bande seiner
Analecta hymnica die meisten Lieder abgedruckt, leichtsinnig wie
immer, und die Handschrift beschrieben; während er sonst gern
seine Kenntnisse der alten Musik zeigt , hat er von dem Werthe
dieser Handschrift für die Geschichte des mehrstimmigen Gesangs
keine Ahnung gehabt.
Als ich 1897 bei Einsicht der Wolfenbüttler Handschrift
Helmstedt 628 zuerst die oben dargelegten Ansichten über den
Ursprung des Motett's gefaßt hatte , reiste ich nach Florenz und
die abermalige Einsicht der Handschrift überzeugte mich, daß ich
nicht irr gegangen war. Da es sehr wichtig wäre, weitere Ab-
schriften dieser Sammlung zu finden, deren gewiß noch manche
unter den Namen Antiphonar, Graduale, Missale, Rituale oder
ähnlichen versteckt sind, und weil die Beschreibung der Hand-
schrift die dunklen Gegenstände dieser Untersuchung etwas klärt,
will ich den Inhalt der florentiner Handschrift mit der
Beschreibung des Anonymus vergleichen.
Der Hauptunterschied der florentiner Sammlung von jener,
welche der Anonymus beschrieben hat, besteht darin, daß in der
florentiner Handschrift zuerst die liturgischen Compositionen bei-
sammen stehen Bl. 1—184, dann die Lieder (Bl. 201 — 477), und
daß die Lieder sine cauda von den Liedern cum cauda nicht ge-
schieden und nicht in ein besonderes Buch geschoben sind.
Auf dem Yorsetzblatt zeigt eine Miniatur in 3 Streifen die
Musica coelestis, humana, instrumentalis.
Bl. 1 — 10 vier stimmige Compositionen: Zuerst die 2 Anti-
phonen Viderunt und Sederunt, Compositionen des Perrotinus
(Script. 1 116, 342 und 860), deren colores und pulchritudines der
Anonjmius rühmt. Sie standen auch im 1. Volumen des Anony«
mus und auch Johannes de Garlandia sah sie in principio magni
voluminis. Hier folgt noch die 4 stimmige Coloratur Mors und
3 vierstimmige Lieder Dens misertus^ Mundus vergens und Vetus
ahit. Diese 3 Lieder sind gegen das Ordnungsprinzip hier einge-
schoben, weil es zu wenige sind als daß es sich lohnte, vor Bl.
201 ein besonderes Bach daraus su bilden. Außerdem sind sie
der üripniDg des Motett'e. 133
wohl spät zugesetzt ; denn es sind Conducti qnadruplices : aber der
Anonymus (Script. I 350) nennt die conducti quadruplices mit
dem Zusätze ^si fuerint', und in seinen Volumina erwähnt er nur
triplices, duplices, simplices.
Bl. lO*' — 47^ enthalten dreistimmige Antiphonen und einige
Coloraturen; BL 47^ bricht mit Bene| ab; es fehlen jetzt Bl.
48—64. Die Sammlnng beginnt eigentlich mit BL 14, dem ersten
Blatt der 2. Lage. Nach einer Miniatur folgt Dcscendit de celis.
TcMtquam sponsus dominus procedens de tJialamo suo. Gloria , dann
das 2. Stiick Allduya Dies sanctificatus, Bl. 41 — 46 stehen einige
Coloraturen, dann ludca et ler. Constantes, Dies letztere ist wohl
späterer Zusatz; denn der Anonymus sagt S. 360 ^ludea ei ler.
et Catistantes numquam fit in triplo neque potest fieri': hier aber
steht es in triplo. Hauptsächlich Nachträge zu dieser Abthei-
lung sind die auf dem Schlüsse des 1. Volumen Bl. 10^ — 13 ein-
getragenen dreistimmigen Coloraturen. Dies ist das 2. Volumen
des Anonymus 'de triplicibus maioribus magnis, ut Ällduya Dies
sanctificatus^ etc. , wohl in der Hauptsache von Perrotinus compo-
nirty welcher *fecit tripla nobilissima sicut Alleluya Posui adiuto-
rium, Nativitas etc.' (I 342). Auch an diesem Volumen rühmt der
Anonymus die 'colores et pulcritudines cum abundantia', und wie
er das Volumen der Quadrupla empfohlen hatte mit den Worten
'pro maiore parte totius artis huius habeatis ipsa in usu cum
quibusdam similibus', so empfiehlt er dies Volumen der Tripla 'si
quis haberet servitium divinum sub tali forma, haberet Optimum
Volumen istius artis'. Unter den Antiphonen sind welche auf
den h. Dionysius und auf den h. Germanus.
Bl. 66 Lagenanfang, Miniatur: zweistimmige Antiphonen
in 2 Sammlungen. 1) Bl. 65 ludea et Jerusalem, Constantes
u. 8. w. Darin enthalten Bl. 86—90 verschiedene Benedicamus da-
mino. Bl. 92 — 98 sind leer. 2) Bl. 99 Lagenanfang, Miniatur.
' Viderunt omnes Notum fcciV: im Großen nach dem Kirchenjahr ge-
ordnet. BL 145^ und 146 sind leer.
Bl. 147 Lagenanfang, Miniatur. Tonarius: nur Coloraturen
mit den betreffenden Silben oder Wörtern, im Großen 2 Auslesen,
in ähnlicher Reihenfolge wie die Antiphonen. Bl. 184^ endet
mitten im Text. Die Blätter 185 — 200 fehlen jetzt; im Anfang
mögen sie eine Fortsetzung des Tonars enthalten haben, dann
war wohl viel Raum leer.
Die Blätter 6B— 145 (und 147—184*) entsprechen wohl dem
6. Volumen des Anonymus 'de organo in duplo, ut ludca et leru-
salcm et Constantes. Dies ist| wie ich glaube, das Script, I 842
134 Wilhelm Meyer,
erwähnte 'magnus liber organi de gradali et antiphonario' des
Leoninas; Terotinns abbreviavit eondem et fecit claasnlas sive
puneta plnrima meliora'.
Mit Bl. 201 beginnen die Lieder. Bl. 201 ist I^agenanfang
und beginnt mit einer Miniatur. Es folgen dreistimmige
Lieder bis Bl. 2B4 (Bl. 229» ist bei Dreves Analecta XX 260 fa<5-
similirt); 255 und 256 sind ausgefallen; BU. 257—262 sind leer.
Sie beginnen mit Salvatoris hodie und Relegentur ab area. Dies
ist des Anonymus 3. Volumen 'de conduetis triplicibus caudas ba*
bentibusy sicut Salvatoris hodie et Relegentur ab area, et similia, in
quibus continentur puneta finalia organi in fine versuum et in
quibusdam non, quos bonus organista perfecte scire tenetur. Viele
waren wohl vonPerrotin componirt, der 'fecit triplices conduetus,
ut Salvatoris hodie\ Jedoch scheinen hier auch viele Conducti
sine cauda eingeschoben zu sein.
Bl. 263—374 (380) enthalten zweistimmige Lieder; die
Bll. 375—380 sind leer. Bl. 263 Lagenanfang und Miniatur,
dann Fraude ceca, Hec est dies u. s. w. Die folgende große Lieder-
masse ist 3 Mal (Bl. 299, 336 und 349) durch Miniaturen unter-
brochen; allein dieselben stehen mitten in der Blätterlage und
kein äußeres oder inneres Zeichen deutet auf Abtheilungen, und
nachher werde ich beweisen, daß Bl. 263 — 313 zusammen gehören
und Conducti enthalten müssen. Dies ist das 4. Volumen des
Anonymus 'de duplicibus conduetis habentibus caudas, ut Ave Maria
antiquum in duplo (Flor. 284) et Paler noster comtniserans (Flor.
278) vel Hac in die rege nato (Flor. 332), in quo continentur nomina*
plurium conductorum, et similia. Auch von diesen Liedern wird
viele Perrotinus componirt haben, der 'fecit duplices conduetus
sicut Dum sigillum summi patris^ (steht im Flor. Bl. 344 mit außer-
ordentlich vielen Verzierungen). Jedoch zeigt schon die Masse
dieser Lieder, wie beliebt diese Form war: hier war also auch
am meisten zuzusetzen. Außerdem scheinen in der florentiner
Handschrift auch hier die Conducti sine cauda unter die Conducti
cum cauda geschoben zu sein.
Bl. 381 Lagenanfang und Miniatur, dann Ädveniam per veniam,
Formam hominis u. s. w. Dreistimmige Motetten , doch eine be-
sondere Art. Denn die über dem Tenor stehenden 2 Stimmen
werden mit dem gleichen Text gesungen. Bl. 398^ endet mitten
im Satze, es fehlt also mindestens eine Blätterlage. Solche Mo-
tetten erwähnt der Anonymus nicht.
BL 399 Lagenanfang und Miniatur, Mens fidem und Doce nos
XX. 8. w. BL 414^ bricht mitten im Satze ab, also fehlt mindestens
der ürsprQDg des Motett's. 13g
1 Blätterlage. Es sind 2 stimmige Motetten : Tenor and 1 Stimme
mit Text. Der Anonymus erwähnt solche nicht. Es ist cha-
rakteristisch, daß in der florentiner Handschrift die 3- and 2 stim-
migen Motetten zwischen die Condacti za 2 and zu 1 Stimme
gestellt sind.
Bl. 414 Lttgenanfangy 'Miniatur, einstimmige Lieder: Homo
n(Uus ad labarem, Omnis in lacrimas u. s. w., bis Bl. 461 oder 462
(die BU. 4BP-462 sind leer); die Seiten 439»> und 440» sind bei
Delisle photographirt. Diese reichhaltige Sammlung enthält ge-
wiß Condacti simplices. Der Anonymus erwähnt unter plura
alia Volumina auch simplices conductus, und Perrotinus 'fecit etiam
simplices conductus cum pluribus aliis sicut BecUa viscera (steht
in der Florentiner Handschrift Bl. 422).
Bl. 463-471 (Bl. 47P— 476 sind leer): einstimmige Com-
Positionen. Bl. 463 Lagenanfang und Miniatur, dann De patre
principio, Ftlix dies et grata u. s. w. , höchst einfache Strophen,
deren Melodie durch die Wiederholung der einzelnen Zeilenmelo-
dien gebildet wird, z. B. (a) Novum ver oritur, (a) letemur igitur,
(a) iam flos egreditur ; (b) cesset tristitia, (a) floralis gaudia (b) dat
epiphania. Der Anonymus erwähnt solche Lieder nicht besonders.
Was diese einstimmigen Compositionen auf den BU. 415—471
mit dem Discant zu thun haben, ist schwer einzusehen, wenn nicht,
wie oben S. 128 vermuthet ist, die Angabe, die Conducti würden
cum litera et sine litera vorgetragen , auf die Begleitung einer
Ldstrumentalstimme hindeutet.
Von den 470 Blättern der Florentiner Handschrift entfallen
also 146 auf Antiphonen, gegen 40 auf den Tonarius zu den
2 stimmigen Antiphonen , über 200 auf Conducti: aber nur 16
auf Motetten. Die Praxis zeigt also, welch bedeutende Rolle
in Frankreich ^) die Conducti (Conduis) spielten.
Ein hübscher Beweis für die Beliebtheit der Conducti ist auch
der folgende. Der Anonymus beschreibt, wie S. 134 erwähnt, das
Volumen de duplicibus conductis habentibus caudas, ut Ave Maria
antiquum in duplo et Pater noster cammiserans vel Hoc in die rege
naio^ in quo continentur nomina plurium conductorum et similia\
Was soll dies 4n quo* etc. heißen? Die Antwort ist überraschend.
1) Auierbalb Frankreichs siod die Sparen selten und deBhalb sorgftitig au
sammeln. So verdient besondere Beachtung die Handschrift in Engelberg no. 814
(14. Jahrhundert), in der auch liturgische Sätse, Huieti und Conducti in mehr-
stimmigen Compositionen Torkommen. Qerbert's Handschriften Ton St. Blasien
sind verbrannt; über mehrstimmige Lieder der Mondsee • Wiener Handschrift s.
Acta Germanica lY S. 214. FOr England vgl. Early English Haraony, 1S97.
136 Wilhelm Meyer,
Jenes in der Florentiner Handschrift Bl. 332 stehende and von
Dreves Analecta hymnica XX 128 gedruckte Lied besteht aus den
Anfangsversen einer Reihe anderer Lieder, welche innerhalb
der Blätter 268 — 313 der florentiner Handschrift zu finden sind;
also ist entweder nomina in principia, initia u. s. w. zu ändern,
oder es hat denselben Sinn gehabt. Jet2t wird zunächst die rohe
Form jenes Liedes verständlich, dann wird sicher, deiß die Blätter
263 — 313 zu äiner Abtheilung gehören und daß alle hier stehenden
Lieder Conducti zu nennen sind. Deutlich erhellt auch, wie be-
liebt diese Conducti waren und wie verbreitet gerade diese Samm-
lung derselben. Denn Lieder, welche man zu einem solchen lite-
rarischen Potpourri verwendet, müssen fast bis zur Uebersättigung
bekannt sein.
Schon der historische Lihalt vieler Conducti beweist, daß sie
auch zu Festeantaten dienten. Sie waren also für die Dichter
und noch mehr für die Componisten Bravourstücke. Unter den
Texten dieser Conducti sind ebenso feine zu finden, wie unter
denen der Motetten; es ist ja auch vielfach bezeugt, daß viele
derselben von einem so feinen Kopfe wie Philipp de Grfeve her-
rühren, dem 1237 gestorbenen Kanzler der pariser Universität.
Allein die Conducti theilen mit der ganzen mittelalterlichen Lite-
ratur den Nachtheil und doch größeren Vortheil, daß nicht alexan-
drinische oder römische Schulgelehrte in langer Thätigkeit nur
das scheinbar Beste ausgeschieden haben, sondern daß uns Gutes
und Schlechtes durcheinander überliefert ist; ja, da die Conducti
vielfach Gelegenheitspoesie und Gelegenheitsmusik waren, so sind
gerade unter ihnen manche sachlich interessante, aber künstlerisch
minder werthvoUe Stücke überliefert.
Die Formen der Texte sind durchaus regelmäßig: es sind
die damals gewöhnlichen Zeilen und Strophenformen. Die Ver-
suchung lag ja nah, von einer hübschen Antiphonencoloratur den
Tenor wegzulassen und die Oberstimmen der Coloratur als Stro-
phenschablone zu gebrauchen und dieser Strophe nun noch weitere,
gleich gebaute folgen zu lassen: allein es lassen sich nur wenige
Texte zugleich mit Tenor als Motett und ohne Tenor als Con-
ductus nachweisen.
Wurden die Motettenmelodien zuerst geschaffen und nachher
erst von beliebigen Dichtern die Motettentexte, so gings bei den
Conducti umgekehrt zu. Dadurch entstanden aber Schwierigkeiten.
Die Dichter der damaligen Zeit bauten ihre Gedichte meist aus glei-
chen Zeilen oder Strophen auf; ganz fremdartig waren ihnen Dithy-
ramben ähnliche Formen, wo sich von Anfang bis zu Ende stets
der Ursprung des Motett's. 137
neue Zeilenformen, ohne Wiederholnng in Strophen, mischten, eine
Form, wie nur die Motettenmelodien sie ihnen oft abzwangen. Den
Componisten ist die Composition nur einer oft zu wiederholenden
Strophenmelodie eine kleine Aufgabe : eine würdige und hohe Auf-
gabe ist ihnen, wie der Inhalt des Gedichtes vom Anfang bis zum
Schlüsse sich entwickelt und stets neue Gedanken bietet, so auch
in ihren Tönen sich nicht zu wiederholen, sondern ein einziges,
sich entwickelndes Tongebäude mit stets neuen Einzelheiten zu
schaffen.
So verstehen wir manche Eigenthümlichkeiten dieser Com-
positionen. Hymnen und ähnliche Lieder, welche nur aus glei-
chen Strophen bestehen , haben sie oft auch so componirt , d. h.
fiber der ersten Strophe steht die mehrstimmige Melodie ge-
schrieben ; die folgenden Strophen sind ohne Melodie an den Rand
geschrieben oder ganz weggelassen. Allein öfter suchen sie mehr
Abwechslung der Composition zu gewinnen, als die Textform
bietet. Nicht nur wirkliche Sequenzen, sondern auch aus gleichen
Strophen bestehende Gedichte haben sie oft als Sequenzen com-
ponirt, d.h. sie haben über der 1., 3., 6. Strophe eine stets ver-
schiedene Melodie geschrieben, haben dagegen die 2., 4., 6. Strophe
ohne Melodie au den Band geschrieben oder ganz weggelassen,
weil diese Strophen ja mit der stets vorangehenden Strophe gleiche
Melodie hatten.
Aber oft haben sie ein Lied, das ganz aus gleichen Strophen
besteht, durchcomponirt , so daß alle Strophen verschiedene Melo-
dien haben und das Tonwerk sich stets weiter entwickelt. Viele
Texte der Conducti sind deßhalb schon von den Dichtem darauf
eingerichtet. Wenn da auch die Modezeilen in einfachen Verbin-
dungen auftreten, so sind doch die einzelnen Strophen verschieden,
und die Componisten sind schon auf diese Weise auf eine fort-
schreitende und sich entwickelnde Composition gewiesen.
In diesen Paradestücken der Componisten sind natürlich mei-
stens auch Zierrathen, wie kleinere und größere Coloraturen, ver-
wendet, besonders im Anfang und noch mehr im Schluß der Ab-
sätze. So entstehen ausgedehnte und kunstreiche Tonwerke, welche
einer umfangreichen Antiphon sammt ihren Coloraturen sehr ähn-
lich sehen, und ich würde mich nicht wimdem, wenn sich einmal
die Stimmen eines Conductus als die Oberstimmen einer Antiphone
enthüllten.
Ein Beispiel, wie völlig gleiche Zeilen und Strophen durch
die Composition verschieden gemacht werden und musikalisch ein
fortschreitendes Ganze bilden, können schon die Coloraturen des
138
Wilhelm Meyer,
in sigillo somme mei(^/6 Z.)tTis
nee sigillam eastitatis
nee sigillam deitatis
Dum (Vi Z,) humanam oscula('/i Z.)tur
ex contacta fecundatur
mi(V4 Z.)ta vir(3c)tTis oseulan(3c)di,
vom Meister Perrotin componirten zweistimmigen Condnctus Dum
sigülum geben, welche ich nach Zeilen {Zy oder Centimeter (c)-
länge aus der florentiner Handschrift BL 344 notire:
Dum (1 Z.) sigillum summi pa(3c)tris sig(V8 Z.)natum(2c) di(V8 Z.)-
vi(lc)nitus
8igna(2c)tur humani(3c)tus,
in puella frangitur
detrimentum pati(2 Z.)tur.
na(Vi Z)tu(lc)ram di(V8 Z.y
yinitas,
intacta virginitas.
mi(V4 Z.)randa sunt (1 Z,) os-
cu(l Z.)la,
que dant vires fecundandi sine carnis copu(2V8Zet7en)la.
Von jenen Conducti, welche nicht aus gleichen Strophen bestehen,
wo also schon der Text den Componisten dazu anleitet, ein ein«
ziges, fortlaufendes und sich entwickelndes Kunstwerk zu bilden,
will ich 2 bescheidene Beispiele mittheilen, weil diese aus der
Pariser Handschrift 15139 (einst St. Victor 813; vgl. Cousse-
maker Histoire S. 259) entnommenen Texte vielleicht die Histo-
riker interessiren. Sie sind zweistimmig componirt; während die
gleichen Kurzzeilen oder die gleichen Zeilengruppen oft auftreten,
sind die Melodien derselben, so viel ich sehe, stets verschieden.
Gau (1 Zeüe ^o^c»i)de(l Zeile Noten).
Gaude, felix Francia,
speciali gaudio!
Felix es militia,
felix es et studio (1 cm Noten).
Set precellit omnia
tui regis unctio (1cm),
quam (1 ctn) regnans in gloria
qui solus in solio
Cu(V4 Z.)ius miseratio
in misericordia
Felix regnum Francie,
regibus rex glorie,
qui tonat in nubibus,
oleum letitie
pre suis consorti(V3 ^.)b^s ;
Quam (Va Z.) coronat hodie
in misericordie
mi8eratio(l Z.)nibu8,
tibi donat,
regni to(lV«c*M)nat,
te co^o(^'8 Z.)nat.
cuius donat
der ürsprang des Hotett*«. 139
Das andere laatet:
Scy8(l Zeile Noten)mB, mendacis Grecie
vexilla Christi desernnt
et ad fidelis Francie
castitatem se transfemnt,
abi sponsns ecclesie
samendom^) meditatar,
adversus quem non poteront
perfidoram insidie,
quin sponsam tuea(lV« Z.)tuT.
0 C/aZ.), cuius imperio
paretur a superis
terrenis et inferis,
quanto' benificio
Frandam prosequeris
pre regnis ceteris.
lam omatu regio
tota splendet regio,
cum crucem cum lanceam
cum coronam scyrpeam"),
que subtrahis Danais miscris'),
ad ipsam miseris quodam presagio,
arma, quibus viceris,
cum sub Pontio iudicatus fue(lVs^)ris.
Quid sibi volunt talia,
Francorum rex catholice,
quod sis inunctus celice,
quod te ditent insignia
passionis dominice,
quod assumis et alia?:
cum a supremo iudice
tua pulsantur hostia,
ne nesciat, ad quem refugiat,
ezul ecclesia, que sie opprimitur.
En a summo pontiiice
vocaris ad subsidial
1) maneodom? Dann doo poteront = oon praeTalebant ?, nadi Maitb.
16, 18 portae inferi non praeTalebant adversus eam.
8) spineam? Marc. 15,17 and Job. 19,6 coronam spineani; dazu Hattb.
87, 29 und Job. 19, 7 coronam de spinis.
3) qae sabtrabis miseris Danais?
140 Wilhelm Meyer,
niac confugitar,
ubi Christus diligitnr.
Ex bis tibi conicitnr
deberi monarcbia.
Von diesen Gedichten ist das 2. wahrscheinlich Ende des Jahres
1244 gedichtet^), das erste hängt jedenfalls eng damit zusammen :
sie stammen also aus verhältnißmäßig später Zeit.
1) Li benoiez Saint Loya avoit (1289) la co rönne d'espines nostre
eeigneur Jhesu-Crist et (etwas später) grant partie de la sainte croiz ou dieu
fu mis et la 1 a n c e, de laquele li costez nostre Seigneor fu percids . ., pour les-
queles reliques 11 fist f^re la Chapele k Paris; so berichtet der Confesseur de la
Reine Marguerite in der Vie de S. Louis (vgl. noch Wallen, Saint Louis I 111).
Der Anfang Texilla Christi ad Francie castitatem se transferunt*, ebenso das
Praesens in 'tua pulsantur hostia' und in *a summo pontifice vocaris ad subsidia'
führen sicher auf die Flucht luuocenz des IV., der vor seinem Todfeind dem
Kaiser Friedrich II. Ende 1244 aus Italien nach Lyon entwich. Unter dem ersten
mächtigen Eindruck dieses Ereignisses scheint dieser Conductus geschrieben zu
■ein. Aus dieser Begeisterung heraus erklärt sich vielleicht der SchluB der
kühnen letzten Strophe: *Ex his tibi conicitur deberi monarcbia'. König war
Ludwig schon seit 18 Jahren: monarcbia kann also durchaus nicht regnum be-
deuten. Es muß etwas Höheres bezeichnen. Entweder hat Innocenz IV. Ludwig
dem Frommen die Krone des excommunicirten Friedrich IL angeboten , wovon
freilich kein Historiker Nachricht gibt, oder unser Dichter hat im Sinne vieler
begeisterter Anhänger des Pabstes Ludwig dem Frommen die Kaiserkrone (mo-
narchia &s imperium) gewünscht und prophezeit. So hat das Gedicht einen wür*
digen und energischen SchluB. Merkwürdig bleibt, daß ein so scharfer Ausdruck
persönlicher Ansicht mit wichtiger politischer Tendenz von einem zweistimmigen
Chore öffentlich dem Könige Ludwig IX. vorgetragen worden ist, welcher 4 Jahre
vorher ähnlichen Plänen Qregor's IX. in Bezug auf seinen Bruder Robert ent-
gegen getreten war (vgl. £lie Berger, Saint Louis et Innocent IV. 1893 S. 4).
Die Worte quod sis inunctus celice deuten auf das erste Gedicht, wel-
ches am Tage (hodie) der unctio und coronatio des französischen Königs gesungen
worden ist. Da ferner die beiden Gedichte in der Handschrift sich folgen, da
beide zweistimmig componirt sind, so möchte man folgern, daB sie nicht nur von
demselben Dichter gedichtet und von demselben Sänger gesetzt sind, sondern auch
daB sie zeitlich zusammen gehören. Allein Ludwig IX. ist 1226 gesalbt und ge-
krönt worden: 18 Jahre müBten also zwischen den beiden Gedichten liegen. Und
doch bedenke man wiederum : der Schmerz um den todten König, das Mitgefühl
mit dem 12jährigen Nachfolger und seiner Mutter erfüllten 1226 alle Herzen;
wie nichtssagend ist da das 1. Gedicht; aber das ist wiederum anbegreiflich, da
der Dichter offenbar sehr redegewandt ist.
Aus dieser Verlegenheit führt vielleicht ein Weg. Dr. Schwalm, welcher
die Ordines für die Krönung der deutschen Kaiser und Könige bearbeitet, wies mich
zu Georg Waltz, Deutsche Verfassongsgeschichte VI. Band (2. Aufl. 1896 S. 291),
wo es heiBt 'An den hohen Festen — namentlich Ostern und Pfingsten — oder ein-
zeln bei andern besondern Gelegenheiten war es Sitte , daB der König öffentlich
mit der Krone erschien: sie ward ihm, wo er sich aufhielt, in der Kirche wäh*
der Ursprang des Motett's. 141
Die gegebenen Beispiele von Motetten nnd Condacti ent-
sprechen den Sätzen der mittelalterliehen Lehrschriften über die
mehrstimmige Musik. Doch die Erforschung der überlieferten
zahlreichen mehrstimmigen Gesänge, welche ja weit wichtiger ist,
wird viele Fragen auf werfen, auf welche jene Lehr Schriften keine
Antwort enthalten, viele Lehren geben, von denen jene schweigen.
Wie natürlich ist es z. B., verschiedene Theile eines größeren Ge-
sanges von einer verschiedenen Stimmenzahl vortragen zu
lassen! Die mittelalterlichen Theoretiker schweigen gänzlich da-
von: allein schon Meister Perrotin hat seinen Conductus 'Sal-
vatoris hodie* und, wie es scheint, noch andere Conducti so ge-
setzt, daß die erste Hälfte von 3, das Uebrige von 2 Stimmen
vorgetragen wird. Ferner steht unter den dreistimmigen Con-
ducti des Florentinus (BL 250) folgender Text:
Beatis nos adhifre caritate fervidi
ieans vita celibe, modulando cantica
rex celorum domine, fide vocum mellica
ut summo cum agmine tibi benedicamuSf
6 stolis albis candidl 10 tibi laudis solvanttt^
rend der Messe von eiDem Qeistlichen , wenn ein Erzbiscbof zugegen war von
diesem, förmlich aufgesetzt , so in gewissem Sinne der Akt der Krönung
wiederholt. Von Otto L wird gerühmt, daB er stets vorher gefastet, Ton
Heinrich lü., daB er gebeichtet nnd gebüBt liabe, ehe er den Schmuck anlegte' ;
dasu werden Tiele Belegstellen angeführt, unter andern, daB in England am Tage,
qua primum ooronatns est rex, ein besonderer Königsfriede herrschte. Dr.
Sehwalm erkl&rt auch so, daB solche Ordines in den Pontificalia von Bischöfen
sich finden, welche gewiB nie die erste Krönung vollziehen durften. Ob die fran-
Bötischen Historiker Aehnliches schon notirt haben, weiB ich nicht; aber in
einem so frommen Gebrauche blieb Ludwig IX. gewiB nicht zurück.
Von diesem Gesichtspunkte aus sehen wir die beiden Gedichte im richtigen
Lichte. Nehmen wir an: kurz vor oder nach der schweren Krankheit Ludwigs
(im Dezember 1244) an einem hohen Festtage, z.B. am Jahrestage (hodie) der
Krönung Ludwigs, dem 29. November, während man die Ankunft des Pabstes in
Lyon erwartete (am 2. Dezember traf er in Lyon ein, vgl. Berger S. 32), wurde
Lodwig wiederum gesalbt und gekrönt. Wahrend diese Ceremonie in der Kirche
an ihm vollzogen wurde, sang der zweistimmige Chor das erste Lied; dazu paBt
trefflich der aUgemein gelialtene Inhalt des Liedes und die darin für Ludwig ge-
branchte 8. Person. Dann ging es zu der feierlichen Tafel: dabei wurde das
iwdte Lied an den König gerichtet. Gans Frankreich war in Aufregung über
die Nachricht, daB der Pabst in Lyon Zuflucht suche: war der Dichter ein so
bedeutender Mann wie der 7 Jahre vorher verstorbene Philipp de Qröve, so
konnte er es wagen, Ludwig dem IX., dem neuen Schirmherrn der Kirche, die
Kaiserkrone in Aussicht lu stellen.
142
Wilhelm Meyer,
dona cantn placic^o,
throno cnias fulgido
astat cum preconio
angelorom contio,
15 in celesti solio
laadat cum tripudio
carentem principio.
Quorum nos collegio
tua miseratio
20 iungat e vestigio
in celi palatio,
ne morf dispendio
scelerum collectio
nostra sit contritio
25 in arcto iudicio.
Sed qui more proprio
donas in convivio
anulum cum pallio
penitenti filio
30 pasto in exilio
porcorum cibario,
pascat cum sollemnio
vultus tui visio
in summo cenobio,
35 ubi pari gaudio
cum leto consortio
efFundamus vario
carminis indicio
pia sine termino
40 yota cordis intimi
ac medullas animt
domino.
lieber diesem Texte stehen 2 Stimmen; darunter steht 1
Stimme, deren Textsilben gleich lauten mit jenen Silben des obe-
ren Textes, welche fett gedruckt sind, und unter welchen sie
geschrieben stehen. Das Ganze ist also ein 2 stimmiger, aber
gleichzeitig gesungener Tropus zum Benedicamus domino; auf do
fallen 28 Zeilen, auf die anderen 7 Silben je 2 Zeilen : also liegt
auf do eine lange Coloratur.
Mitten unter den Motetten, welche außer dem Tenor noch
^inen Text, der von 2 Stimmen gesungen wird, umfassen, steht in
der florentiner Handschrift folgender Text zu 2 Stimmen, unter
dem eine einfachere 3. Stimme geschrieben ist mit einem Texte,
dessen Silben ich hinter diejenigen Silben des oberen Textes setze,
unter welchen sie in der Handschrift stehen. Man beachte auch
hier die künstliche Fügung der Reime:
Ve(t;e)ni, doctor previe,
Spiritus scientie,
dono cuius gratie
laudes sonant sobrie
6 Christo regi glorie,
qui nutu potentie
clausas transit hodie
portas matris filie.
Per hunc datus adveni (ni)
10 et nos semper preveni,
8anc(5anc)te sanctis debite {te)
Clemens et paraclite.
Per te fiant cognite
veritatis semite,
15 Spes (spi) et dator premii
et veri consilii (ri)
Spiritus {tus).
Re(re)ple sacro flamine {ple)
congregatos, domine,
20 sub illius nomine, .
qui natus de virgine
homo fit pro homine,
ut mundum a crimine
mundo mundet sanguine.
der Urspmog des Motett*s. 143
•
25 Ta {tu) patri, ta filio astringe sedulo
compar in imperio(o)y derom com popolo,
commone solatiom, at tandem qneralo
cnios ad aoxilium (rum) 45 transacto secolo
Vota pendent omnium, sit in propatolo,
30 cor(cor)da sana saacia (da)y qnod mentis ocnlo
nt pari concordia cernnnt in specalo.
sonet oris gloria. Et ne monascnlo
Fi(/i)dem da cum opere (de), 50 torpescat emulo
ne sit vanam credere, vis amoriä(rt5)y
35 ex oliva fidei {li) in (in) eorum pectore,
nt fons fluat olei dorn adhuc in corpore(6)
fidelium {um). brevi manent tempore
Et tai {d tu) precipoi 55 spe metu, que famulis
mitis ac perpetui (i) alimenta sedulis {is)t
44) amo(aiiio)ris vincalo ignem accende.
et pacis osculo
Wenn in diesen 2 Gedichten die Unterstimme Benedicamus
domino und Vaii sancte Spiritus, reple tuorum corda fuhlium et am(h
ns' tui in vis ignem accnide eine alte bekannte Melodie hat , auf
welcher als auf einem Tenor die beiden oberen Stimmen mit ihrem
Liedtext aufgebaut sind, so paßt wenigstens das zweite Gedicht zu
den es umgebenden Motetten; nur muß man annehmen, daß man
dazu fortgeschritten war, den Tenor statt mit dem Vokal einer
einzigen Silbe einer Antiphone auch mit den verschiedenen Silben
eines längeren Satzes zu singen. Wenn aber die Unterstimme
in diesen Compositionen eine neue, eben erst erfundene Melodie
hat, also von demselben gesetzt ist, welcher die beiden Ober-*
stimmen dazu gesetzt hat, wenn also jede Art von überliefertem
Tenor fehlt, dann paßt einigermaßen das 1. Lied zur Reihe der
8 stimmigen Conducti, an deren Schluß es steht: jedoch wider-
spricht es insofern der Theorie, als diese Composition 2 Texte
hat, ein Conductus aber nur äinen Text haben soll.
Doch gerade in Sachen der Dichtnngsformen sind die antiken
und mittelalterlichen Lehrschriften ganz besonders lückenhaft;
heutzutage steht es freilich nicht besser: wer aus Lehrbüchern
die heutige ars poetica der verschiedenen Nationen vom Zeilenbau
bis hinauf zu dem Aufbau der Strophen und der ganzen Gedichte
kennen lernen wollte, würde nicht weit kommen. Wenn also auch
die mittelalterlichen Theoretiker nichts davon sagen, weßhalb
sollten die mittelalterlichen Tonkünstler, welche in den Motetten
von einem Tenor begleitet sehr oft verschiedene Texte von ver«
144 ' Wilhelm Meyer,
•
schiedenen Stimmen gleichzeitig singen ließen, nicht auch mehr-
stimmige Conducti mit verschiedenen Texten oder, um es so aus-
zudrücken, mehrstimmige Motetten ohne Tenor haben singen lassen,
wo also 2 oder 3 jugendliche schöne Schwestermelodien, jede von
einem besondern jugendlichen Text begleitet, auftraten, ohne die
Begleitung der alten und wohlbekannten Tenor-Gardedame?
Die mittelalterlichen Künstler waren eben keine Pedanten,
sondern so freudig und kühn im Erfinden, wie die Künstler irgend
einer sturmbewegten Zeit. Deßhalb müssen wir darauf gefaßt
sein, daß auch bei der Erforschung der Motetten, bei denen noch
Vieles, und der Conducti, bei denen fast noch Alles zu erforschen
ist, viele neuen Formen und Eigenschaften entdeckt werden.
Dadurch wird die Geschichte des mittelalterlichen mehrstim-
migen Gesanges, dem wir Vieles verdanken, bedeutend geklärt
werden, anderseits wird, und das liegt mir besonders am Herzen,
ein sehr wichtiger Theil der herrlichen Kunstschöpfungen des
Mittelalters, welcher aus dem gemeinsamen Schaffen der Dichter
und Sänger hervor gegangen ist, unserm Empfinden und Ver-
stehen näher gebracht werden. Für solche gewinnreichen Unter-
suchungen ist aber fast unentbehrlich die photographische Wieder-
gabe der florentiner Handschrift oder einer ähnlichen bessern,
falls eine solche gefunden werden kann.
Nachtrag zu S. 122.
Wie der Motettentext in Inhalt und Klang der Antiphon und
dem Tenor angepaßt wurde, zu denen er gehörte, so wurden auch
bei den Tripla oder Quadrupla die gleichzeitig gesungenen
'2 oder 3 Motettentexte mehr oder weniger unter sich selbst
in Uebereinstimmung gebracht. Gleicher Inhalt derselben
war natürlich; aus der ähnlichen Melodie ergab sich die gleiche
Zahl der Absätze und ein ähnlicher Umfang derselben; hieza
fügten die Dichter oft noch die gleichen Reime. Hiefür will
ich aus der Weihnachtsliturgie zwei Beispiele geben. Die ersten
Motetten wurden bei der Antiphon Stirps lesse. Virgo dei genürix;
virga est flos filius eius, Oloria patri etc. über der Coloratur von
E-e-e-ius gesungen; der Dichter schwelgt in Wohlklang und man
glaubt aus dem Klang der Worte den Gesang heraus zu hören.
Das folgende Motettenpaar ist ein musikalisch - poetisches Konst-
• stück. Jeder Text besteht aus 2 großen Absätzen zu 40 und 41
der Ursprung des Motett's. 146
Silben; der 1. Theil jedes Gedichtes ist gleich dem 2. Theil
des andern; Worte und Noten der Schlnßzeilen sind gleich; ähn-
lich ist anch die Melodie der wiederholten Zeile Cum sit ncUus;
die fibrigen sich entsprechenden Zeilen haben wohl gleiche Silben-
zahl, aber nicht gleiche Noten. Der ganze Gesang zerfallt also
in 2 gleiche Theile (a + b nnd b + a): aber anch der Tenor Hcc
dies besteht aus der wiederholten gleichen Melodie (a nnd a).
Eine engere Verkettung zweier verschiedenen Lieder ist kaum
möglich.
3. Stimme: 2. Stimme:
Nobili precinitnr Flos de virga nascitnr,
yatidnio sol de radio;
virgo, cnins redditur radios incenditnr
pnerperio sole previo.
liberatio In misterio
homini et mmpitor virge virgo panditar,
hostis cantio. flos in filio.
O tote studio, 0 que compassio,
0 toto mentis gaudio o qnanta miseratio!
psalle, contioi pro remedio
qnia solvitnr nostro clanditar
Abrahe promissio fosos matris gremio,
et homo reduditnr qui non circnmscribitnr
ab exilio! orbis spatio.
1. Stimme (Tenor): Eins.
3. Stimme:
Ut celesti possimns fmi dnlcedine,
serviamos illi, qni nos redemit sangnine (27 Silben) ]
3 laas et gloria sit regnanti sine fine! (13).
Cum sit naius hodie de virgine (11)
6 Inmen de lumine, manens sine crimine (13),
servi farmam dominus sumit pro hominis sdlamine (17).
2. Stimme:
Cum sit natus hodie de virgine (11)
Christas mondi redemptor et lux de lumine (13),
servi formam dominus sumit pro hominis solamine (17).
4 Benigne verbum caro factum est, ut mundo sanguine
mundum mundet salvator a crimine (27);
6 laus et gloria sit regnanti sine fine (13).
L Stimme {Tenor): Hec dies.
KfL0«.4.WlH. ladolcMM. rUktof <-Ui*w* Umm. UHl BA.t. 10
MenanderB retogyög.
Von
Georg Eaibel.
Vorgelegt in der Sitzung am 27. Nov. 1897«
Die Hoffnangy daß irgend eine Bibliothek der ostlichen Hälfte
des römischen Reichs uns dereinst noch einen Band Menander-
koraödien bescheren werde, ist nachgerade wol anch von Sangui-
nikern zu den Schatzgräbertränmen gelegt worden. Man wird
'Menandreische' Einzeiler noch in Menge finden, in griechischem,
syrischem, arabischem, slavischem Sprachge wände, und man wird
sich den Lydischen Stein wünschen, um attisches Gold von byzan-
tinischer Imitation zu scheiden, aber die Komödien selbst waren
aus den Bücherschränken längst verschwunden, so gut wie etwa die
gewiß gern gelesenen christlichen Nachahmungen des Apollinaris
von Laodikeia (Sozom. h. eccl. V 19). Einen unverächtlichen Er-
satz für den schweren Verlust gaben die Porfiri-Tischendorf sehen
Fetzen vom Sinai, in denen V. Jernstedt scharfsinnig Reste des
Menandreischen Oiöfia erkannte, weiteres durften wir von den
aegyptischen Gräbern erwarten, und diese Hoffnung hat sich zu
erfüllen begonnen. Auf einem in zwei Theile zerrissenen Blatt
einer aus Aegypten stammenden Papyrushandschrift hat Jules
Nicole in Genf, der glückliche Besitzer dieses Schatzes, größere
und, wie sich herausgestellt hat, zusammenhängende Stücke von
Menanders FecoQyög entdeckt und seinen Fund sogleich der Philo-
logenwelt zugänglich gemacht ^). Er hat die schwer lesbare Schrift,
so gut es beim ersten Anlauf gelingen wollte, in Minuskeln wieder-
1) J. Nicole Le Labonrear de M^nandre. BMe et Qeoöve 1898. Vgl. ▼. Wi-
lamowitz-Möllendorff Deutsche Litteratnrzeit. 1897 S. 1784. H. WeU Joarnal de«
Savants 1897 Nov. Blase Litterar. Centralbl. 1897 S. 1648.
Menanders rtoffySf, 147
gegeben and manche schwierige Textfrage zonächst offen lassen
müssen. Eine genauere Copie in üncialschrift haben neuerdings
die um die Papyrnslitieratar hochverdienten Engländer Bernard
P. Grenfell und Arthur S. Hunt veröffentlicht und vor allem den
von Blass glucklich erkannten Zusammenhang der beiden Halb-
blätter urkundlich bestätigt"). Die Herstellung des Textes wird
trotz der vielen sicheren Besserungen , die theils Nicole selbst,
theils die englischen Herausgeber nebst ihren Helfern beigesteuert
haben, noch Mühe genug kosten. Das Hauptgewicht liegt auf dem
Verständniß der vom Dichter erfundenen Handlung, wofür uns
außerdem nur wenige und nicht allzu ergiebige Bruchstücke des
Stücks zur Hilfe kommen. Ich habe schon vor Monaten in einer
Sitzung der Grött. Gesellschaft der Wiss. allzu voreilig einige Ver-
muthungen über den Inhalt der Komödie geäußert : jetzt hoffe ich
ein andres Bild besser begründen zu können. Ich schicke einen
möglichst vorsichtig emendirten Text mit den nothwendigsten Fuß-
noten voraus.
Secto ^ tcfoöihv icffdxzmv
' • . . . ijxofpoßoiifuvo^
fyf d^ iyb %ovfi[Q\hg o]ü' [l\8ixomf ....
ixBitf Zx\b 6 (iBi(fax{6xog iv iyf&i dietiXa^
6 töif ^^^^] ^vftßsßfptbg 8 fi* &xol6lsxs
ixödfiliiov ilg KÖQivd'ov ixl %qc^Iv xiva.
Z (Seitenzahl) aaf dem oberen Rande 1 IlPAl^CON (so geschrielicn,
▼gl. 17 «oOTCIN, 43 nPAPTCIC, 48 CKoOTWN, 64 AOArreAAWN, 67
nPAPMATA) ist verderbt 8 ergänzt von N(icole) nach Choerob. in Theod.
U 839,36 H i%omif 91 r^y 294^*^ ^^ *h^ h^^ nciQk MspapSg^n iv ^&i TiOifyAi
*i{v ^ . . . Mwfnnf dirrl ro6 {ntflQxop, Der unfollst&ndige Vers nimmt auch im
Papyrus einen weit geringeren Raum ein als die übrigen; er war schon in der
Vorlage* Terstümraelt 4 €OM€IP Q(renfeII)-H(unt), .... ^o/»»^
N: h flb* dl 6 fMif. Q-H €NArPiü, das stumme Iota ist geschrieben nur 54
rPA'f^lON und vielleicht noch 72 (i)N6r (für £»tt^) 5 (OM'AnOAOAHKe ,
verb. N 6 erg. N
2) Menanders ri»^6g. A revised tezt of the Geneva Fragment. Oxford
1898. Die Abfolge !• II» I^ U^ (nach Nicoles Z&hlung) war ja dem Wortlaut
nach ohne weiteres sicher und ist auBer mir gewil noch vielen andren klar ge-
weteo. Aber den buchstiblichen Anschlul der Theile trota der mannigfachen
Verlctongen der ersten Aasgabe richtig erkannt au haben ist das Verdienst von
Blase 9 daa hier um so eher hervorgehoben werden mag, da et alsbald dem
Sohieksal Jeder haodschrifUich besttUgten Yermuthung verfalleo wird.
148 Georg Kaibel,
Ijxanf d* i]xb vtSxra *yivoiuvfi xai>g ydfUivg
X€ctalaii\ßivm {loi^ Toi>g d^€oi}s 6r€q)avav(jiivav)g ^
xbv xati]Qa ^vovxa Ivdov ixdidaöi dh
10 6] lUctiiQ. iiiOTUctQia y&Q i6xi (lot^
ftfltQbs dh xijg] vwl ywMxbg xf€q>oiiivfigy
i]d€X<pij. [x]£va 81 dx)6fp€iixtmi otax&i
$i}(fm ipvyiiv aix ol8]a' xXi^v oüzmg i%m.
ix xf^g ol)fUag (ybSlv q>Qd6ag;
16 oßta] litchv dh xbv ydfiitv x^ fpikxixrfv
. . . ov iiiXTf(6aifl 6v' od yäf siösßig.
x6]xxHv 81 iiiXlmv ti^ ^(fav ixv& %iXm*
od]x ol8a yäg xbv iSsX^bv el vvv S^ iyQOi>
ilvd'äif i%i8tiiul' icdvxa %Qovotl6^al [U 8^1.
SO i\XX ixxo8hv ixBifti xal ßovXsvöoiioi
xavx^ a6&* Sxag 8$t 8tafpvyBlv (U xbv yifiov.
(MYPPINH.0IAINNA)
MY. i]XX Sg Xfbg süvowj i Oiliv{v)a^ xo{>g Xiyovg
9c]oav(iivii 6$ xdvxa xifucwilg Xiya'
iv x]ot68* iyh vi/v BlfL^. <t>l. xal vi^ xi> ^ih
25 ty]ay ixoiiov6\ & xixvov^ iux(foi> 8im
nolbg x^ ^Qav iXd'ovöa xal xaXi6a6a xbv
iXa\iiM iSo xoitxov bIxbIv 56a fpfovA.
^Y» fii) ^"^y^y OiXiv(y)a' xaiffixm. <t>l. xi %aiQixm]
otfk\miixm liiv oiv xo[io]vxog &v' yofistv
30 6 fujmfbg aixog^ ^txfpihg xijv xögt/Vy
1 äi9mv hfh 94%ta yivo^ivovg {^i| yd/Lovg Blass, besser Tielleicht hfh
p^ta TijVr ho^iww>9 to^ y. s. Aom. 8 8 e60rC€CT€<PAN0rC , der
Vers ist so auch yoo Blass hergestellt 9 erg. N 10 [f^v %atS* 6]
xavfiif N, [uiftbg 6] srcmje Bury, beides schwerlich richtig, vielleicht [ffMiy' h\
xttti/lif 12 vielleicht [o^ a^a}8ilf^ 12—18 so anch Blass, s. n.
Aom. 6 14 KIAC G-U, f^6 N. [i^fß^ov in tfls oi]%üeg G-H, vielleicht 9^
yoifi' av in ti^g ol]n{ag als Frage 15 o^m G-H , wenn nicht etwa tMhv
^^cag [oidsviH 16 vielleicht [TCso{)tf]air , nämlich seine Stiefmutter, dieswar
ihn nicht« wol aber seine Schwester geboren hat, s. 0. S. 153. 161 6TC6B0C
verb. N 17—20 erg. N 21 der Scenenschlni (Actschlnt?) ist in der
Hs. so wenig angedeutet wie das Auftreten der neuen Personen 22. 23 erg. N
22 OIAINA, ebenso 28, aber vgl. 86 25 . . « QP G-ü, . . vy' N: ly»y'
Blass 26 erg. N 27 ZCON' erg. N 28 . . . IFE Q-ü, . . y« N:
erg. anch von Weil u. a. XAIF€T(0- TlXAlPeid) (Personenwechsel)
29 [o4»]«C^« erg. N T01.T(0C(a)N Q-H, co . . vtmtmpN: verb. v. WUamowiU
n. a. vgl. Alkiphron ep. 111 28 wanhg nanAg in6liHO roM^os &9f danach die In-
terpnnction 80 erg. M
Menandera PimoySg. 149
• • . . toöovtovg, MY. xtxtä t\vxijp] KQ06i(f%$tai
flfLAv 6] ^Bffixav S^ äyQov jdäog' figaii
t[fiid]l {utaöt&iuv. <t>l. ti 8* iiiitVj sind fftoi,
xovtav] fLÜSi] naX6v y^ &v stq, vil jdia.
m
(AAOC)
86 ^A.iyfhv yemfystv si6€[ßi6tSQ(}v oid]iva
36* olfuci* fpigsi y&Q fivp^[^vi}i; mtthv difpvii{v
86^ Q6a ^Botg] fplka ,
6v^ xoöavta* x6lXa 8^ S[v ttg 9cataßdl]rii
iacidanuv ÖQ^&g Mal iiKaCmg^ od [srA/oJtf
iXX ainh xh ftixQOV. 6 Siigog^ el6ivsy%* Si^og
40 *icipta Z6a fpigof^v xaiiTa xivx* $lg xoi>g ydfLovg,
i X^ifs icoXXA^ MvQfivij. MY. (x£)w xal 6'iy[B.
Lk,ü^sii i^ec&^ow, }^€v(v)i«i) jca2 xo6fUa
jniviUf xi XfdrtHg, ßoMoiuU tf' iya^Av X&ynv
fLäXXov 8h iCQdJ^Bmv iöoftivavj ttv oC d^ol ||
46 d]iX(06i, yvii[v]M, nal ^iaai 3rpAro[$ fpffdöag, Yerso Z
6 KXicUvixog ydf, od xb f^BiQtbuov [XiyfOj
i](fyii€xai XQibrfv mn iv xatg ii»[xiXo^g'
6i^d]xxav 8* ixixoifs xb 6xiXog Z^i}<f[TAff] ndw.
MY. xdXaiv^ iyA, L^ 9ifQH , xb xdfag 8^ äxovi ftov.
60 ixb ToO yäQ SXxovgy &g xgixatav iyivsxoy
fhvßiov ixillf^ x&i yifovxi d'iffuc xs
81 das erste Wort ist nicht sicher za ergänzen , etwa &xffii&tog MT. o^og
natit r[^x^] «9. tgl. unten S. 154 82 ^fiiV Q-ü 83 T . . IIMETA
erg. Q-B, $iuta N ([^sv^]!) S4 to6tav erg. N; in der Hs. ein leerer Ranm
M6A6I ' KAi\ON (Personenwechsel), Tgl. Anm. 8 85—89 Qber die Parallel-
ftberlieferoog bei Stobaeus Tgl. Anm. 7 35 a. £. 6NA G-H, 9a N; «i^y^^jr
i^ißicttifov yttoQys^p tMiwa Stob, vielleicht iLyqhv yenffyiiv ^di^ B^csßintSQOV
96ß^ MTPP KAAON Q-U nnd N, aber über dem K las N. ein
dentliches ^, s. Anm. 7 87 erg. N ans Schol. Arist. III 541 Di; man las
&9 tig 88 AIIEAOKCN a. £. CT G-U. 00 .... y N: erg. N
89 EICeNerKOMCOC 40 die Herstellung Ut unsicher, nav^' '6n6«a 9. N ;
Tielleicbt (mit Interpunclion nach Zims) ndv^' ica ^^^ofMy, unurta ta^' tlg
«o^ rift99g 41 MrPPJNH: NTKAICIT. (NT aus NH corrigirt): %dpv
Q-H, wol das wahrscheinlichste 42 OCrCKAeECOPÜTN 0-H, o . m ««^««h
eow N, Tgl. Anm. 9 TeNIKH Q-H, ysMxa N 45 Z auf dem oberen Rande
45 Tom ganzen Verse nur wuip^caiy^ . . . N , 9r9ATo[ff ^Qd^ug] Blass
4« 0KAA16N6T0C 47 . PFAZETAI GH, . 9««z«vm N Af^niXo^g erg. N
48 CK.nT(i)NAI€KOV€ Terb.aus Aelian ep. rust. 2 XPHC . . . OANT
G-H, x^« . . «o#9 N, erginst ans Aelian, Tgl. Anm. 10 49 eFlO: BAPPEl
( Personen wecbsel) 51. 52 fovf^ — a^6p Zonaras p. 1080
160 Georg Kaibel,
inikafiev avxöv, xal xaxAg i6%Bv %ivv,
^X.&kX iTtxoQfid'etijg 6iiy\ ola tiyad^ä
i^xeig inayyiXXan/. AA. 6iAna, ygäidiov.
55 ivtav^a XQBiag ysvoiisvrig a{n3n> rivog
xfidBii[6]vog j ot fi^i/ oUirai xal ßdQß\aQ)pt^
£[9' ol\g ixBtvög iöuVf oIiiA^blv ii[ax]Qäv
lX[B]yov SnavtBg* 6 di 6bg vtbg o[to]v\sl
vofkl6ag iavtov xatiga
60 UlBiipBVf iytQißBVj &niv[i\tBVf fpayBlv
7CQo6i(pBQB, itagsiiv^Btt' av Zrs q>aiiXiDg i%or
;t'&'t]S[((]v ii ivi6rri<f ccbthv inifiBXovuBvog.
^\.g>i]Xov rixv[o]v. AA. v^ tbv Jfj si d^r* oinoöl
iieÖBi * X]aßhv y&f a'inbv ivSov xal tf^oAi^
65 &y']aVf AxalXayBlg dixikktig xal xax&Vj
{oütcai] xig iört öxXi^gbg 6 yiQcav t&u ßimi)
TOt) (iBiQJaxiov rä XQdyiiat^ ivax(fCvBi xlva
l6t]j (yöxl %avxd%a6iv iyvo&v t6ag.
dLBQxo](iivov dh TOi) vBav£6xov t[(£\d8
70 XBfl t]flg i9BXq>ijg (r*) ifißaXövtogy ov{vB)xa
vwdii nä^]ii* Sxad'iv xi xoivhv xta %Affw
53 AAA' (Paragraphoi) vgl. Schol. Arist. Pac. 69 iwwo^ij^e/f]; * iiQu, xiq
a^Tti toig &ifxa£oi9j mg nov xal 6 MivavdQ6g tpriai noXldnig 64 FEAACON :
ClOOnA und 55 tNTATBA, aber die Worte «idoiva, yodidiop der Myrrhioe za
geben kann ich mich nicht entschließen ; für Daos passen sie vortrefflich
66 xfidiy^vog auch Weil u. a. nach N's Abschrift » . . cf» . vog ßdffßaQoi N
67 eZHC'6K€IN0C G-H, s% . . icsneivoa N a. E. M . . PAN G-H, f* . . ov N,
erg. G-H 68 CA. TON erg. G-H, «... or N riOCO . . N . . G-H, r*o-
aexfl»' . . . N : otovei Blase 59 nAT€PAnOPeOCA G-H , natB^a . ro . .
a . . . N. Die Herstellung ist ganz unsicher eVlIAPeMTeeiPOnANT
<PATA0C€X€1 G-H, naifsiivd^iv'onawtpavlmcexH N, vgl. Anm. 11 62 A . .
Z . NT'AN G-U , . . ai.v^ av N : a%dtovr' &vi6tric' N , schwerlich richtig
a. E. AOTMENON verb. N 63TTaONT€KN . S: Q-U, . . l.fun . .v
N : l%a\l6v t. N , schwerlich richtig. Zweifelhaft ist , ob Myrrhine den Jungen
lobt oder Philinna; das letztere scheint weit angemessener AHTAPOT«
T(OC€I, verb. auch von GH 64 ... . ABCONPAP Q-H, aß.vnap N
65 ... . CONAIIAAA G-H, . . . anaXX N; der Raum scheint für äynv zu groft,
nnd doch palt nichts andres 66 o^fo» erg. auch von Blase 67
AKlOr G-H, «MOV N: erg. auch von G-H nnd R. Eilis itan^iwH G-H: €N€-
•
KP1N6IT1NA G-H mit der Bemerkung, dai das zweite € auch ein A sein
könne, schwerlich aber das erste, ayaic^ove» : tiva N. Die nicht nnbedenklicbe
Erg&nzung tha \ iat' ist ein Nothbehelf. 69 N€ANICKOn\A€ Q-H , vm-
wtap^ . . 71 . . otf N 70 [ntQl t]1ig auch Blass eMBAAAONTOCCOrKAl
G-H, t^€cXlo9to^cmf . ocai N \ die Herstellung ist unsicher 71 itd(h^* N
Menanders Ftm^ig, 15X
xiilg imiuXsücg &i€t' ix Movxbg löyov
dit]v aitbv ixodoi>vMy ftdvog "i hv Mal yifmv
v]ov[v] 16%$* Ti^ yäf xatd* {>ni6x[fiT]cu yafutv.
75 xi^alaiöv i6xi xovxo xov xavxbg Xöyov.
fi\i[o]v6iv ijdfi dsvf\ &%Bi6i,v Big iygbp
Xaßfov. itaii6B6^[€ 8^ olfun fiajjtfficvoi
dvövov^Bxi^ai [yB] ii[vxL x&t vimt* ^avBtv
di]ä xaih* [iQ]a6xal d[v6xvxBtg ßoiiXovx*] [öag
80 ^ 5f|v, Sjc[(0$] dii (lii [liBxd y]B t[ov] 8v6xv%bIv
%[o\kXoiig xig b^bi xoi}g 6f&vxag * iöxl 6h
6x6xo]g Big xb xoioin^ Bixtbv fj "i igruUa,
Bi]ayyBXi6a69ai 9C(f[bg] 6h ratHr' ißovXöntiv'
iff]iD6o xoXld. MY. xal 6iiyB. <t>l. xi xixov^ag^ xixvov;
86 xi XB]QiicaxBtg {6)xfoßov6a xäg XBtfag] MY. xi ydQ^
OC\Xiw'' ; iacoQi^fMi vi>p xi noiffiai fLB ÖBt '
inB]l xivog i} %alg iöxiy xoikmt xaidBvl
&XXai]
72 riK N CONereK Q-H, dmcn'in N, vgl. Anm. 12 78 MONOJCT'CON
G-H, itowmif* . N 74 . OT. 6CX6 erg. Q-H, . . a . w%9 N ^iaxn^ai
erg. K 76 . S . TCIN erg. Q-H, . . . imp N 77 . . . OTAABOJN G-H , . . y . «-
Xapmp N: [6fA]ol> erg. Q-H, man erwartet i^^ 78 ^tfyov^fri]« . . N
79 . ATAH' . . ACTAIA Q-H, «« lamaid . . . N 80 HZHNOn
. . MHMI .... AT .". ATClTXeiN Q-H mit der Bemerknog, daS das erste
. . .
M auch ein A sein könne, das folgende A auch ein €, . ^Hpwta . . . m^t ....
. . To dv^tvxHP N 81 . • . pem^s^BitovctifmpTaüBC . ide N 82 [6*6^
to]g erg. N 83 ... . yElißa^i^at ta . . Bymy' s§ . vlop^ip N (erg. tal^' i-
tmf* $p.) 84 . . . (OC(i) , io^t^o erg. N vielleicht %al ^6 TCR'ND -K
G-B, tinpov N. Die Koronis hinter Hupop scheint den Abgang des Daos zu be-
setchnen 85 ... . PinAT€ICTPIBOrCATAC G-H, . . . . ^»«cttm.t^-
ßmf€€ccaü N: Myrrhine wird nicht die H&nde gerieben sondern gerungen haben;
ti %§^tM€ttiF£ N 86 erg. N 87 [ixt]l und 88 &Xlm WilamowiU
a. £. novdtpi N, KOT.AINNA G-H
. . .
y. 1 — 21 enthalten den Monolog eines jongen Mannes, dessen
Name unbekannt ist und den ich nur der Bequemlichkeit wegen
*P(amphilo8) nennen wilL Mit V. 3 beendet er den ersten Theil
seiner Betrachtungen: bis dahin habe er trotz einigen Mißtrauens
(vxwpoßoviuvog) keine eigentliche Sorge gehabt {f^v <f od xovtigbg
oM' idöxow icgi^Biv xax&g oder dgl.). Dann aber habe er eine
Greschäftsreise nach Eorinth machen müssen, gleichzeitig sei sein
Bruder (6 lUiQaxiöxog^ vgl. 18) auf dem Lande gewesen: da habe
sich etwas ereignet i dessen Folgen er nun bei seiner fiUckkehr
148 Georg Kaibel,
t^xanf d* i]iib vihtta *yivoiuvri toifg ydfiovg
xataXan]fidva fioi, toig 9€oi}g 6t€fpavov(ßivov)g ^
xbv itatijga d'vovra ivdov ixdidmöi dh
10 6] nari^Q, 6iiOxatQia yäf iöxi fiOi,
liriVQbg dl tUg] i/tn/l ywaixbg xQBtpofkivrig^
iL\dBkfpifi. [x\Cva Sh dv6g>6iixtmi xax&t
sÜQO) q>vyii[v o'bx ol6]a' nXi^v oiixiog l%(0.
ix xf^g ol]xiag oiSkv fpQA6ag]
15 o{$t(d] Xmiav S% xbv ydfiov xijv tpiXxäxtfv
. . . av idixii^aiii* 6v' ofb yäg iiösßdg.
x6\xxBtv 81 iiiXlmv xi^ ^fav 6xv& xdXcu'
oi]x oÜa yäg xbp id$X^bv bI vvv i% iygo^
ilvd'dif intdtiuBt' ndvxa icgovostö^ai {ib öbZ.
20 i\XX hatoHnv RnBifLi xal ßovXBvöofuu
xoirv^ aü^^ Sxa)g ÖBt SuLfpvyBlv fts xbv ydukov.
(MYPPINH . (WAINNA)
MY. £\XX ibff iCQbg dh/ow, & OiXtv{v)(Xy xoi>g Xöyovg
x]oov(iivri 6b ndvxa x&fiavxf^g Xiya*
iv x]ot68* iyh vvv bI\ii. <t>i. xal vi^ xin ^Bh
25 iy\(oy &xoiiov6\ & xixvov^ (iixQoi} dim
iiQ]bg xi(v ^(fav iX^avöa xal xaXiöaöa xbv
iXa]iM il^m xovxov BlnBtv 56a ipQov&.
^^Y* fii) ^^]y^9 <biXtv{y)a' %aiQixio, <t>l. xC xaifixm]
otfi]midxiD liiv oiv xo[io]vxog &v yaiiBtv
30 6 li^i]a(fbg aixog, '/iduxijxhg xiiv x6Qr[Vy
7 iX^flbv ^h vinta yivoiitivavg tjSfi ydnovg Blass, besser vielleicht hfh
phita tfip9' hofkivavg tahg y. s. Anm. 8 8 eE0rC€CT6<PAN0rC , der
Vers ist so auch von Blass hergestellt 9 erg. N 10 [f^y %ai9^ 6]
naxi/JQ N, [aitbg 6] xctvi^Q Bury, beides schwerlich richtig, Tielleicht [if^oty' i]
nati/i(f 12 vielleicht [o^ a^ajBil^ 12—13 so aach Blass, s. a.
Aum. 5 U KIAC G-H, squc N. [i{i}Zdoy ix tfjs oi]%lag G-H, vielleicht 9^
yoifi' ay i% tfjg ol]iUag als Frage 15 oCkoo G-H , wenn nicht etwa 1MI9
tp^cas [iy6divi\] 16 vielleicht [rexoC^Jair , n&mlich seine Stiefmatter, die swar
ihn nicht, wol aber seine Schwester geboren hat, s. u. S. 153. 161 6TC6B0C
▼erb. N 17—20 erg. N 21 der Scenenschlut (Actschlnt?) ist in der
Hs« so wenig angedeutet wie das Auftreten der neuen Personen 22. 28 erg. N
22 OIAINA, ebenso 28, aber vgl. 86 25 ... (OP G-ü, .. vy' N: ly»y'
Blass 26 erg. N 27 Z(ON' erg. N 28 . . . ir€ Q-ü, . . yt N:
erg. auch von WeU u. a. XAlPeTQ • TIX AlF€T(i) (Personenwechsel)
29 [o4»Kir« erg. N TOI . TOJCQN Q-H, co . . vtcmmN: verb. ▼. WUamowiu
u. a. vgl. Alkiphron ep. III 28 nanhg nanAg ^«^loto ^0*0^09 &9f danach die In-
terpunction 80 erg. M
Memmders ruHfy6g. 149
• • • . toöiyvtovg, MY. xatä tl'öxriv] %Q06i^i%ai
^li&v 6] f^Bgdnmv /| iyQov jd&og' ß(f(xxi>
(AAOO
86 Lk.iyqhv ysa)fy$tv si6€[ßd6xsfov (^d]iva
36* o2ftai* q>iQ€i^ yäg iivQQ[ivriv Mxtbv difpvnfif
36^ Stfa ^Botg] iptla ,
Bv^ri xoöavxa* xßlXa d* 5[v xtg xataßiX]rii
ixidmxsv df^&g xal iixcUfog^ ofb [%Xio\v
iXX (tbxb xb iiixfov. 6 Siifog^ el6iv$y%* SiM^g
40 *itipxa Söa ^ifOftsv xaiixa xivx* elg xoi>g ydftovg.
i XatQS tcoXkä^ Mvff^vij. MY. (xd)w wd 6iiy[e.
AA.o(hf£i^ i^cc&pow, ysv{v)txil ual xaöfUa
yövfUf xi XQdxxBig^ ßoriXofuU tf' iya^&p Xöyatv
fLoXXov di Xffdismv iöofLivaVf 2v of 9$ol ||
46 d]iXa6ty yvA[v]iUf xal ^iaat %QS^xo[g ^pffdöag. Verso Z
6 KXtaCvexog yiQ, ai xb fk^iifJouov [Xiymj
i\QyHlBxa^ xifAffv xofz iv xatg ii»[xiXoig'
6K[d]xxav 8' ixixoips xb 6xdXog XQV^'^^s] xdw.
MY. xäXmv^ iya. ^« ^dffsi , xb xifag 8^ ßxovi ftov.
60 ixb rot> yäg iXxovg, Sg XQixatov iyivsxOy
ßovßhv ixiif^ x&i yifovxi ^iffLa x$
81 das erste Wort ist oicbt sieber sa ergänzen, etwa &xifiierog MY.oltog
natit t[4xnv] xq. Tgl. unten S. 164 82 i^y^v Q-ü 83 T . . HM6TA
erg. Q-B, ifitra N ([^st^]0 S4 co^ov erg. N; in der Hs. ein leerer Raum
M6A6I • KAAON (Personenwechsel)» Tgl. Anm. 8 35—89 über die Parallel-
überlieferoog bei Stobaeus Tgl. Anm. 7 35 a. £. €NA G-ü, wt N; &yifb¥
i^gßiütiQOP ytm^iCv o68d9a Stob, viel leicht &y(fbp yBtoQytip o^Sii^ i^csßictSQOv
86«^ MTPP KAAON Q-ü und N, aber über dem K las N. ein
dentlicbes 0, s. Anm. 7 37 erg. N ans Schol. Arist III 541 Di; man las
&9 W 88 An€AOK€N a. £. OT Q-U, av y N: erg. N
89 €IC6N€rK0M(i)C 40 die Herstellung ist unsicher, xdp^' 'ix6«a tp, N ;
Tielleicbt (mit Interpunction nach ^i^g) xuv^' Zca ^^^ofMy, anavta tu^* tig
tobgydftavs 41 MVPPINH : NTKAlCTr. (NT aus Nil corrigirt): ndpv
Q-H, wol das wahrscheinlichste 42 OCrCKAeECaPOTN 0-H, o . mm^coh
eow N, Tgl. Anm. 9 TeNlKH Q-H, ytvina N 45 Z auf dem oberen Rande
45 Tom gmnxen Verse nur wu^p^htcaiy^ . . . N, n^Ato[g ^^0ug] Blass
48 0KAAI6N6T0C 47 . PFAZeTAI QH, . ^iixitai N Af^Hoig erg. N
48 CK.nTCONAICKOrC Terb/aus Aelian ep. mst. 2 XPHC . . . HANT
Q-H, x^« . . xQOtf N, ergftnst ans Aelian, Tgl. Anm. 10 49 erco : 8AFP61
(Personenwechsel) 51. 52 favf^ — u^ip Zonaras p. 1080
164 Georg Eaibel,
senis sermo^ ut in Hydriae prohgo, auf mulieris, ut in Geargo , inci-
dit, tremula vel effeminata voce pronuntiafit. Der iuvenis ist zweifel-
los unser *P. , er hat im ersten Theil des Stücks, in der Exposi-
tion, einen Dialog mit einer Frau gehabt. Dieser Dialog kann
nicht auf den Monolog gefolgt sein, wie die anschließende Scene
zeigt, er muß also vorher Statt gefunden haben. Wer war die
Frau, mit der er gleich bei seiner Ankunft gesprochen hat? Die
Frage läßt sich erst beantworten, wenn wir die folgende Scene
kennen gelernt haben.
*P. geht ab und ah seiner Statt treten zwei Frauen auf,
Myrrhine und Philinna. Beide sind so sicher und scharf chara-
cterisirt, daß auch da, wo der Schreiber des Papyrus das Zeichen
des Personenwechsels (Paragraphos, Punkt oder Doppelpunkt) ver-
gessen hat, die Vertheilung des Dialogs keine Schwierigkeit macht.
Philinna ist eine ältere Person, da sie Myrrhine mehrmals mit
tixvov anredet: ihre Mutter ist sie nicht, da Myrrhine sie nicht
anders als mit ihrem Eigennamen nennt. Myrrhine ist ein sanftes
Wesen, still und ergeben, wie wenn sie unter irgend welchen Er-
eignissen oder Verhältnissen zu leiden hätte. Philinna ist ihre
Vertraute, treu und gutherzig, im Ausdruck ihrer Gefühle derb
und unduldsam, wenn sie Myrrhines Interessen in Gefahr sieht.
Myrrhine ist die Herrin des Hauses, nur sie wird von dem Sclaven
herzlich und ehrerbietig begrüßt, während er die Philinna igno-
rirt und nur ihre ungeduldigen Zwischenreden derb zurückweist
(54). Philinna kann demnach sehr wol eine alte Dienerin sein;
ihre Sprache wie ihr Benehmen weisen sie deutlich eine Stufe tiefer.
Die beiden Frauen treten zusammen auf die Bühne. Myrrhine
hat gerade eine vertrauliche Mittheilung beendet, deren letzte
Worte 4n dieser (üblen) Lage befinde ich mich nun' das einzige
sind was dem Zuschauer gegönnt wird; das übrige muß ihm also
schon bekannt sein. Nur Philinnas Zornesausbruch belehrt uns,
die wir den Anfang des Stückes nicht kennen, daß sie von einem
(jungen) Mann geredet haben, der 'das Mädchen gekränkt hat' (30).
Philinna nennt ihn einen (iiaQÖgj einen iXa^mv, sie möchte ihn so-
gleich aus dem Hause rufen und ihm die Leviten lesen, läßt sich
aber von Myrrhine besänftigen. Was er dem Mädchen gethan
hat und wer 'das Mädchen' ist, würden wir vielleicht zu sagen
wissen, wenn die Verse 29. 30 heil überliefert wären. Es fehlen
nur wenige Buchstaben, aber ich finde keine befriedigende Ergän-
zung, die dem Infinitiv ya^stv den nöthigen Halt gäbe*). Trotz-
6) Da aaSerdera zu toco^ovg sieh kein passeDdes Nomen denken l&it» aach
nicht abzusehen ist, wie dieser Accusativ zu ya^tv in Beziehung zu setzen wftreg
Menanders r««ey^. 156
dem scheint als Snbject des yaiistv nur eben jener junge Mann
gedacht werden zu können and da mit seiner Heirath eine i8i%ia
gegen 'das Mädchen' verbunden ist, so scheint er dieses Mädchen
zu Gronsten seiner eigenen Heirathspläne sitzen lassen zu wollen.
Das sind Verhältnisse die auf *V. durchaus passen würden. Phi-
linna wird in ihren Ergüssen unterbrochen — offenbar damit der
Zuschauer bekannte Dinge nicht nochmals hören muß — durch
die Ankunft des Daos, der eine Botschaft bringt. Man darf ohne
weiteres annehmen, daß seine Botschaft unmittelbar den Gegen-
stand berührt, der die Frauen beschäftigte, und da es eine gute
Botschaft sein soll (43. 83), daß sie die Lösung für eben die Schwie-
rigkeiten bringt, die Myrrhine in Sorge versetzt haben. Freilich ist
es eine nur scheinbare Lösung, wie wir sie aus der Tragödie ken-
nen ; aber das wird sich erst später herausstellen. Daos, begleitet
von einem andren Sclaven (Syros 39), kommt mit Blumen und
Kränzen reich beladen vom Lande und singt auf das Landgut, wo
er sich aufgehalten hat, ein Loblied. Aber das Lob ist Lronie:
der Acker der so gewissenhaft seine Pflicht thut, daß er nicht
mehr Frucht giebt als er an Saat empfangen hat, ist gewiß kein
Muster von Fruchtbarkeit; daß er allerlei Blumen in Menge trägt,
ist im Sinne des Besitzers gewiß kein ernsthaftes Lob^j. Daos
•o habe ich versacht V. 31 ein Adjectiv «uf -ro; eu ergänzen , wovon yaniiv
abhinge. Ana dem nnn übrig bleibenden OITOTC war dann ohog zu machen
and mit dem folgenden zn Terbindeo : ovro; %atä T[vx^y] nQOcif^inai^ d. h. oppor-
imte, m temportj wie es so oft bei Plantns und Terenz heiBt. Nur hätte ich für
&X^9tog gern etwas passenderes ausfindig gemacht.
7) An Stelle der Vt. 86 fi*. hat Stob. fl. 67,5 aus demselben Stück vier er*
hebltch abweichende Verse erhalten:
oliuit * ^Sqsi yetQ Stfa 4tsoi£ &v9fi %ald ,
dinaimg itniSax* ^^^ ^^ uataßdlm.
So die Hss. Dal V. 2 nicht in Ordnung ist, leuchtet ein und ist Ton Nicole mit
Recht betont worden. Die These ist einfach: <ybd§lg &Y(fbg w^tßiots^og. Der
Beweis ist doppelt, die zweite H&lfte nntadelig 'der Acker giebt alles was er
bekommen hat genau wieder zurück'. Die erste Hälfte aber muft besagen 'er trägt
eine Menge Blumen und Pflanzen an denen die Götter ihre Freude haben'. Weils
Vorschlag Zß« (^tott ^hv %alei läftt sich hören, aber Nicoles Papjrusblatt weist
auf einen andren Weg: ^i^i yo^ f^^^«^ J «a^U^y» &v^ codtt^a.
Dai die 6 fehlenden Buchstaben für einen passenden Gedanken nicht ausreichen
ist Uar, nnd Nicoles Vermuthnng, daft ein Vers ausgefallen sei, sicher. Ueber
wuliv steht nnn 'träs*distiuctement' ein <t> geschrieben , von dem Grenfall*Hunt
leider gäaslich schweigen. Man darf Termutben, dai der Corrector 4>l schreiben
wollte oder sollte, und anf Grnnd des Stobaeasteites Sca ^to£^ ^Aa verbessern,
166 Georg Kaibel,
xnacM sich also über das Landgat und das armselige Leben des
Landmanns Instig; er ist ein rechter Städter nnd gehört offenbar
zu Myrrhines Hanshalt, nnr nm Blnmen zum Hochzeitsschmuck
zn holen ist er anfs Land geschickt worden. Der Herr aber des
Landguts ist Kleainetos, der Titelheld des Stacks. Wenn Daos
nun von Kleainetos ganz intime Dinge zn erzählen weiß, so maß
er auf dem Lande jemanden gefanden haben, der dem Eleainetos
nahe steht nnd dessen Vertrauen er selbst besitzt. Das ist sein
junger Herr, der vorübergehend bei dem alten Eleainetos lebt,
derselbe ohne Zweifel, von dem *F. geredet hatte (4 6 iieiQaxiöxog
iv AyQ&i distiX€i)t derselbe von dem '^P. bei seiner Heimkehr sagt
oinc olda yäg tbv idsXfpbv sl vvv ^| iy(fov ivd'dS* iiciSrifUt^ also
Denn Zca tsotq &vd7i tpCXa bat der Papyrus nicht gehabt, wie das abschlietende
&v9iri tocaüta zeigt. Falsch ist bei Stob, auch, daB nur zwei Pflanzensorten, die
den Göttern lieb sind, genannt werden, xittbv ddtpvriv] drei dürfen wir nach 9«a
zum mindesten erwarten. Eine dritte giebt in der That der Papyrus, denn fMi^
(fivriv hat Nicole mit Sicherheit ergänzt. Der zweite Vers (36) ist also herge-
stellt : tpigsi yetQ nvQifirqv xittbv ddgunip, ^^^ nächste endete mit Zca 4^ioig tpÜa.
Was davor ausgefallen ist, wage ich nicht zu ergänzen. Eine deutliche Nach-
ahmung der Stelle bei Alkiphron III 16 {ti ysmifysiv ißo6Xov . . I^e^ig &v nal
toig d-ioCg xittbv xal ddtpvag %al iivQQ^vag %al &v97i Zca c^y^aiQa) scheint zu
beweisen, dal weitere &v9ri nicht aufgezählt waren. — Auch in den Schlulversen
hat Stobaeus offenbar einen schlechteren Text: ngid-äg S' iäp cne^m konnte
Daos (überhaupt nicht sagen, da er weder säet noch erntet. Der Papyrustext
wird zum Theil bestätigt durch das anonyme Citat beim Scholiasten zu Aristides
(III 541 Di): nataßaliip &ptl roD cnUffHV, iml Mivapdffog *t&XXa 9* &iß r»; (I.
9* &v Ciff) %ataßdlrn\ Die Gorruptel bei Stob. Sinaiag dniSrnj^ Zca dtP luttaßdXm
läftt sich zwar leicht verbessern (dixaiog S^v Mein. Zcag av Bentley), aber diese
Besserungen schaffen gerade das bei Seite was der Papyrus aberliefert &p tig
nataßdlrn &nidanLip difd-Ag %al dinaimg. Zu dem Papyrus stimmt auch das Zeug-
niß Quintilians besser als zu Stobaeus : XII 10, 26 (gegen die welche nnr die
lcxp6trig für echt attisch halten) guas ego epeUtimo, 8% guod in üs ßnibus uberiua
invenerint solum fertUioremve segetem, negcUuroa cMieam esset quod jplus quam oe-
ceperit senUnis reddat, quia hanc eins terrae fidem Menander eludU (esse ludUfJ.
Selbst PoUnx (I 227 Mipavdgog 9C%aiov yif^idiov maXst tb fkiidlv nXiop to9 cni^
fuxtog iwpiQov) kommt dem Papyrustext näher, obwol er die Menanderverse mit
einer Xenophonstelle vermengt (Kyrop. 8, 3, 88 fu%ifbp yi/iiSiov . . ndptap dinaU'
tatav' Zti yoQ Idßoi cniiffia %aX&g md dixaCatg &md£dwf). Es geht aus alledem
hervor, daft Stob, keineswegs eine andre von Menander selbst herrührende Bear-
beitong des rsonfv^ benützt, sondern nur einen schwer corrnpten nnd lücken-
haften Text. Da non der Text des Papyrus an eben dieser Stelle eine Lücke
aufweist, so mut der Schaden schon in einem weit älteren Exemplar begonnen
haben, nittbv Sd^priv hat Stobaeus, fi^^vtip der Papyrus bewahrt; dal alles drei
echt ist, bezeugt Alkiphrons Nachpüunnng. Es ist aber in der That nicht leicht
sich den Zustand einer Handschrift anschaulich zn machen, aus der diese beiden
Texte durch allmälig wuchernde Corroption werden konnten.
Menanders rt»^6g. 167
der Brader des *P., den ich der Kürze halber '*'Ch(armos) nennen
will. Da '^'Ch. nun , wie sich aas Daos' Erzählung ergiebt , der
Sohn der Myrrhine ist, so ist auch '^P. ihr Sohn und zwar ihr
Stiefsohn y da er eine Halbschwester, ein Eind seiner zweiten
Matter, hat. Wahrscheinlich ist auch *Ch. sein Stiefbruder, da
er von ihm als nsiQOKiöxog redet, sich also als beträchtlich älter
bezeichnet. '^'Ch. wäre dann der leibliche Bruder der Schwester
— ich nenne sie *Ant(iphile) — und Myrrhines leiblicher Sohn.
Myrrhine hat Daos mit einiger Aufregung kommen sehn, sie
erwartet also irgend etwas von ihm. Trotz Philinnas Einrede
(33) tritt sie zunächst bei Seite ^) und Daos kann sieben Verse
reden, bevor er ihre Anwesenheit bemerkt und sie begrüßt. Er
freut sich ihr gutes melden zu können, ist ihr also wolgesinnt,
und da er doch naturgemäß die Interessen des '^'Ch., seines jungen
Herrn, vertritt, so sind eben die Interessen des '^Ch. und seiner
Mutter Myrrhine, scheinbar oder wirklich, identisch. Daos' Bericht
ist sehr langathmig, er hält sich umständlich bei Nebensachen auf,
die ihm darun^am Herzen liegen, weil sie seinen jungen Herrn in
ein gutes Licht stellen, und weil er weiß, daß die Mutter ihre
Freude daran haben wird *). So kommt es daß er zunächst Dinge
erzählt, die nichts weniger als gutes ahnen lassen. Er fühlt das
selbst: darum fügt er, da er mit einem Unglücksfall beginnen
muß, der den alten Kleainetos betroffen, beruhigend hinzu : 6 KXa-
aivitog yiQf oi rfr lutQcauov [Uya] ^^). Der Alte hat sich beim Gra-
ben das Bein verletzt und zwar ganz tüchtig. Der Zwischenruf
lines (49) befremdet : sie sagt nicht 'der arme Mann', sondern
8) Die Worte wiUp y' ctp tfn yj^ Jüc (34) giebt man der Myrrhine, fQr die
steh ein Flacb^ and sei er noch so arbao, doch wenig schickt. Der Sinn scheint
sn sein 'dms könnte mir gerade passen' oder *das wire noch schöner*, etwa wie
das lateinische htrde eHam hoc tuM (Ter. Ad. 190). Sicher sagt das Pbilinna.
9) Daos scheint (42) sa sagen *weil ich wol sah, in welch' übler Lage da bist,
freoe ich mich dir gates melden sn köanen'. Man sollte statt oibrfx' i^cdb^oiw
ans syntaciischen Gründen eher oibrena ^«oi^a erwarten, aber die Beobachtang,
daS Myrrhine Sorgen hat , ist dem ßo^XoiuU «« ywAiwi nicht gleichzeitig. Der
treoe Sdare hat das lange gesehen. Im folgenden hat Blass für ypAvai knrxer
Hand yi^aai ge&ndert und davon die Euglinder Aberseagt. Aber an dem Genetiv
dy«Mr Idfwß i^oiUvmw ist kein Anstol 'da sollst sehen wie gnte Dioge im Werke
sind'. Beispiele wie Plat. Apol. 27a itifa yv^^txai 6 «0969 ^i^ ifioe %a^iwxiti^
1U90V sind bekannt.
10) Die Herstellong von V. 46 bei Grenfall-Hnnt: 6 Kl, yo^, 01^ tb lut^mov
^^hp l^yaCtta«, n^dn^v «ort . . 9nuntmv dihwipi t6 eiUlog 29*74^^1 ^*v kann
schon darum nicht richtig sein, weil es t^ ityff&iß heiB«n mOlte : es ist aber auch
mwahrschcinlich, dai KL, der in gesunden Tagen hart su arbeiten pflegt (66),
168 Georg Eaibel,
4ch unglückliche'. Eleainetos muß also ihrem Herzen irgendwie
nahe stehen. In der Noth, so erzählt Daos weiter, da der Alte
einen Pfleger brauchte, verlassen ihn seine Haussclaven, die er
verächtlich oUixai tuA ßdgßaQot, nennt *^) — ein deutlicher Beweis,
daß er selbst nicht zum Haushalt des Kleainetos gehört — und
*Ch. übernimmt allein die Pflege des Kranken. Die ruhige Zeit
der Keconvalescenz, wo Elleainetos an der gewohnten harten Feld-
arbeit gehindert ist, ermögUcht eine intimere Aussprache zwischen
ihm und seinem jugendlichen Pfleger. ;Ch. muß von seinen häus-
liehen Verhältnissen erzählen, die freilich dem Alten gar nicht
ganz unbekannt sind (67), und thut dabei auch seiner Schwester
Erwähnung. Was er von ihr erzählt, wird nicht gesagt, war also
dem Zuschauer schon bekannt. Das Resultat des Gesprächs ist,
daß Kleainetos das Mädchen — es kann nur die Schwester des
*Ch. und also auch des *P. Halbschwester gemeint sein — zu hei-
rathen sich erbietet {ijciffx'^^^ yaiistv 74), und zwar um den jun-
gen Mann für seine treue Pflege zu belohnen: der andre Grund,
daß Kleainetos während der Krankheit sich seiner Einsamkeit und
Hilflosigkeit recht bewußt geworden ist, soll nur die psychologische
Wahrscheinlichkeit des abenteuerlichen Entschlusses erhöhen ^^).
dem *Ch. die ganze Arbeit ftberlassen haben sollte. Ferner ist die Verwundung
zwar schwer, aber bis zum ^taxc^at ist's hoffentlich nicht gekommen. Aelian
(ep. rnst 2) hat anders gelesen: ^Hfiigav 6 iiala%6g tpsUia {di%ilXfn7) hinaus
xb a%ilos ndw %Qriat&g (die Conjectur IcxvQ&g hat Uercher selbst zurückgezogen),
%al ^i^fifi inilaßsv aittbv (airtov Hs) xal ßovßmv ini^Q^, Danach kann man
nur zweifeln, ob Menander ä* ixoijjs oder, wie ich glaube, 8' iTtiito^s geschrieben
hat.
11) Die schwere Aenderung (57) i<p' otg i%8Cv6g ictiv schien von allen mög-
lichen noch die leichteste. Der Ausdruck selbst 'in deren H&nden er ist' paftt
wol zu dem verächtlichen Ton, mit dem Daos von dem elenden Junggesellenleben
des Kleainetos redet Der Mann mit dem Namen ^&og z&hlt sich natürlich nicht
zu den ßoQßaQoi. Der Ausdruck oUkai %al ßoQßaifoi wie V. 65 dixUXrig %al
tutuL&v, — Im folgenden weii ich V. 59 nicht zu erg&nzen, R. EUis' Coigectur
&noi^infag ndUv ist mir unverständlich geblieben. ¥.61 geht Btav fpavl»g ix^^
(Wilamowitz) wegen des Imperfects naifeftv^iiTo schwerlich an; mein Versuch
erwartet durch einen wahrscheinlicheren ersetzt zu werden. V. 62 zeig^ der
Aorist &viüxri0i nach all den Imperfecta, daß dies das Resultat seiner BemOhan-
gen ist 'er brachte ihn wieder auf die Beine'. Davor kann , da ein Particip sich
nicht finden läit, nur etwas wie %^it6v gestanden haben.
12) Die Herstellung von V. 69 ff. ist durch die Corruptel V. 70 erschwert.
Der Alte fragt ihn aus, *Ch. erz&hlt, also stand 69 ein Particip wie disf^xoiUpiWf
dazu ist xddB das Object , d. h. das wonach Kl. gefragt hatte. Ein zweites Par-
ticip folgt und zwar das des Aorists iiißal6iftog ^ das dem ersten nur coordinirt
gewesen sein kann, »os dem allgemeinen Bericht ein besondres hervorhebend
Menaodera rsaHyf6s. 159
Dem '^Ch. also geschieht damit ein Gefallen : inwiefern aber glaabt
Daos, daß aach Myrrhine sich darüber frenen werde? Nachdem
er gesagt , Eleainetos würde alsbald , d. h. noch heutigen Tages
kommen am die Braat zn sich aufs Land zu holen (76), fährt er
fort iucji686^ ]r($fi£t/ot dvCvor^^sv^fta): das kann
kanm zu einem andren Gedanken ergänzt werden als diesem: 4hr
werdet nun also aufhören ihm Widerstand zu leisten, da ihm doch
schwer zuzureden ist'. Wenn sich daran in gewohnter Weise eine
Schlußsentenz anfügt 'Liebende sind verzweifelte Leute, die wenn
ihnen ihr Wille nicht geschieht lieber sterben wollen als weiter-
leben, damit sie nicht überdies noch ausgelacht werden^ so ist es
klar, daß diese Worte auf Kleainetos keinen Bezug haben, sondern
zu Gunsten eines andren gesprochen sind, dem seinen Willen zu
verweigern jetzt kein Grund mehr vorhanden ist. Dieser andre
aber ist '^'P., dem die Halbschwester sehr wider seinen Willen zur
Frau bestimmt war, nicht nur von der Myrrhine allein, sondern
auch vom Vater , wie wir schon wissen und wie das maskuline
Participium [iia]x6iuvoi (77) bestätigt. *Ch. also hatte auf dem
Lande treulichst die Sache seines älteren Bruders geführt : es war
vielleicht seine eigene Idee gewesen, seine Dienste dem einsamen
Alten anzubieten und ihn dafür zu gewinnen, das Mädchen zu
heirathen und damit den Bruder aus seiner Noth zu befreien.
Aber hier begegnet eine Schwierigkeit, die wir mit unsren Mitteln
nicht sicher lösen können: warum haben die Eltern die Tochter
dem Sohne bestimmt, warum wendet sich *Ch. um diesen Plan zu
zerstören, an den alten Kleainetos ? fand sich denn unter der gan-
zen attischen Jugend kein Freier für ein braves, vielleicht auch
wolhabendes Mädchen? warum macht dieses Mädchen und ihre
Yerheirathung der Mutter so große Sorgen? Wir werden auf
9$^i Tf^ &diXipfjg (vgl. XeiL Kyrop. V 5, 48 cif d* iifUv fyßalt mtQmv %9qI cov-
rov). Die Copala fehlt, ist also autgefallen. Daon folgt der Hauptsatz, vermuth*
lieh schon mit OTKAI beginnend (70), in dem Kleainetos Subject ist; fM^yo^ r*
mv %ui yi^mv 90^p ic%M' riiv yitff naiS' hnhiritai yct^BCp, Zu diesem EntschluB
bringen ihn zwei Umstände , einmal weil er nd^hui ina^iv xt %oiv6v d. h. was
Jedem jederzeit, also auch ihm immer wieder passiren konnte, nAmlich die Er*
krankung , sodaon weil er %d^ip t^g imuBliiag («)N€T i% navtbg 16yqv . . . N
fli^T^ itnodo^poi. Diese beiden S&tze sind durch %ai verbanden, müssen also
jeder ihr Verbum finitum haben. Folglich genügt die Verbesserung von Qranfell-
Hont nicht As it' i% n, l. [dio\v ninhw %xl. Ich halte ^tro . . dtiv a^hw %xl,
für sicher , und am Accus, c. inf. wird niemand Anstoi nehmen ; Piaton hat ihn
oft, Poljbios liebt ihn sogar besonders. Diese beiden Sätze sind causa] und dem
Hauptsätze (iro^y {9%$) untergeordnet gewesen. Folglich ist eine Coigaoction nö-
thig, vielleicht war es V. 70 oiviw (für OTKAI).
160 Georg Kaibel,
diese Fragen vielleicht später eine probable Antwort finden. '^P.
selbst kann im verlorenen Theil seines Monologs davon gesprochen
haben, es kann aneh in einer Seene vorher davon die Rede ge-
wesen sein. Qointilian hat den Dialog eines jungen Mannes mit
einer Frau fiir die Exposition des Stücks bezeugt : wir werden
jetzt nicht mehr bezweifeln, daß er mit seiner Stiefmutter Myr-
rhine eine Unterredung gehabt hat. V. 21 ging er verzweifelt da-
von, war entschlossen *Ant. nicht zu heirathen, aber ohne zu wis-
sen wie er seinem Geschick entgehen könnte. Gleich darauf zeigt
das Gespräch zwischen Philinna und M3nrrhine, daß sie auf *P.'
Einwilligung nicht mehr rechnen: sie wissen daß er einer andren
zu Liebe die Halbschwester verschmäht. Soweit ist *P. aber noch
keineswegs zu Beginn seines Monologs , noch V. 16 scheut er sich
vor der icißsia, wie er es nennt, die Braut und die Hochzeits-
götter im Stich zu lassen. Wenn Mjorrhine also mehr weiß, muß
sie vorher mit ihm gesprochen haben. Damals war er fest in sei-
ner Weigerung; durch ihr bittendes Zureden ist er ins Wanken
gekommen, aber erst, nachdem sie ihn allein gelassen. Er ist
sichtlich keiner von den festen Characteren, die sich mit ja und
nein entscheiden: der Entschluß (21) ßovXsiiöoiiai xovi aliff Sjcag
dal dtaq>vyslv {is xbv yiiiov zeigt das am besten. Er ist weich,
zaghaft und rücksichtsvoll, vor einer Aussprache mit dem Vater
scheut er sich und bedenkt es lange, ob er ins Haus treten soll
oder nicht. Er thut es schließlich nicht, obwol es das einfachste
und nothwendigste war. Durch diese Eigenart wird er ein treff-
liches Gegenstück zu seinem jüngeren Bruder, der thatkräftig und
ohne viel Besinnen dem kranken Kleainetos beispringt, der wäh-
rend der Bruder überlegt, schon gehandelt und ihm die unwill-
kommene Braut vom Halse geschafft hat. Es ist auch bezeichnend
für '^'P.' Character, daß er nicht nur ein ganzes Heer von Bedenken
hegt, sondern auch darüber grübelt, wer und was ihn wol in seine
üble Lage gebracht haben möge. Seitdem der Bruder auf dem
Lande und er selbst nach Korinth gereist war, hat sich das Ge-
witter zusammengezogen : man hört es heraus, daß er seinen Bru-
der als Anstifter verdächtigen möchte, eben den, der ihn zu retten
bemüht ist. Das alles ist dramatisch wirksam genug. Wenn der
Dichter zwei eng verwandte Personen, Brüder oder Schwestern,
nebeneinander auf die Bühne bringt, so ist es einfaches Kunst-
gesetz, daß sie sich entweder schroff feindlich gegenüberstehen
oder aber durch verschiedene Charactcrbildung sich gegenseitig
ergänzen. Characterdoubletten haben in der Characterkomodie
keinen Platz.
l
Menanders rfm(fy6g. Ißl
Myrrhine also hat in einer vorhergehenden Scene den *P. ver-
geblich za bewegen versacht : er braucht gar nicht allzu energisch
nein gesagt zu haben und die Mutter konnte doch herausfühlen^
daß sie ihm das verlangte nicht zumuthen dürfe. Sie mag ange-
deutet haben, daß er ihr eine besondere Liebe thun würde (darauf
gründet sich die Ergänzung V. 16 ti^i/ fpiXxaxriv tsxovffav ajtxij-
tffti/i^ &v)j und eben darum nicht allzu dringlich geworden sein.
Dann hat sie, während *P.' Monolog, Philinna aufgesucht und sie
ins Vertrauen gezogen. Von diesem Gespräch liegt der Schluß
y. 22 ff. vor. Ein scheinbares Bedenken gegen die Identification
des von Philinna so hart verurtheilten jungen Mannes mit *P.
läßt sich leicht heben. *P. geht Y. 21 , wie das Leute zu thun
pflegen die nachdenken wollen, abseits {ixxoähv &xsiiii): trotzdem
nimmt Philinna (26) es als sicher an, daß er sich im Hause befin-
det. Nun kann das ja eine falsche Vermuthung sein, aber da sie
zwecklos ist, trauen wir sie dem Dichter nicht zu. In Terenz'
Andria 708 geht Famphilus zu Glycerium hinein und da er in
den nächsten Scenen nicht auf der Bühne erscheint, setzt man
voraus, daß er 872 von daher kommt. Aber er kommt vom Vater
gerufen und zwar aus seinem Hause (871) ; der Vater nimmt an,
daß er zu Hause ist, und hat sich darin auch nicht getäuscht.
Nun liegt freilich ein Actschluß dazwischen (820), d. h. ein Moment,
wo alle Personen die Bühne verlassen haben (Donat. praef. Andr.
p. 6, 8) , und damit scheinen unwichtigere äußere Situationsvoraus-
setzungen ihre Wirkung zu verlieren — aber mit dem gleichen
Rechte darf man bei Menander nach dem Monolog des *P. Act-
schluß ansetzen (vgl. Leo Plaut. Forsch. 205 ff.). Die Continuität der
auftretenden Personen hat hier ein Ende : mit *P.' Abgang ist die
Bühne leer, und ganz neue Personen treten auf. Der Monolog ist
das letzte Stück des ersten Acts , d. h. der Exposition, deren 6e-
sammtumfang sich mit einiger Wahrscheinlichkeit daraus berechnen
läßt, daß mit den ersten erhaltenen Versen des *P. in der aegy-
ptischen Handschrift die 6. Seite (c) beginnt. Wenn die vorher-
gehenden 6 Seiten nichts als den Anfang des FiojQyög enthielten,
so fehlen zu Anfang, die Seite zu 46 Zeilen berechnet, 226 Verse :
dazu die 21 erhaltenen Verse des Monologs, giebt im ganzen 246
Verse, wovon für den Titel und das Personenverzeichniß, wenn es
vorhanden war, noch einiges abgeht. Im Heautontimorumenos hat
der erste Act 229 Verse, in den übrigen Stücken ist er, die rich-
tige Abtheilnng vorausgesetzt, etwas kürzer.
Daos hat sich geirrt: er hat seiner Herrin keineswegs eine
Freudenbotschaft gebracht. Kaum hat er sich entfernt — und er
162 Georg Kaibel,
geht nach so aasführlichem Bericht mit einem auffallend kurzen
Abschiedsgruß {iggaöo noXXd), als hätte er selbst schon eine böse
Ahnung — so sieht Philinna mit Erstaunen, wie Myrrhine auf-
geregt die Hände ringend umhergeht. Die Erklärung folgt auf
dem Fuße : ti ydg, Oikivva ; &noQovfLai, vvv xi noif^6ai (is dst. [ixs]l
xCvog fi TCtttg iöri, tovtfoi x(yd[dsvl SlXat. ... Es ist ärgerlich, daß
uns gerade an so wichtiger Stelle die Ueberlieferung im Stich
läßt; aber die Hauptsache ist doch erhalten. Die Uebersetzung
^who is to have the girV ist natürlich unmöglich, da es i6xai heißen
müßte, von einem eben gebomen Kinde kann auch nicht die Bede
sein, da es xh jcaiSiov heißen müßte : Myrrhine kann nur von ihrer
eigenen Tochter sprechen und ihre Frage sich nur auf deren Vater
beziehen. Der Vater ist offenbar das Hindemiß, das die von Daos
überbrachte Lösung hinfällig macht. Eheprojecte zwischen älteren
Herren und jungen Mädchen sind in der Komödie nichts ungewöhn-
liches, aber sie sind nur dazu da, um an einem zwingenden Hinder-
niß zu scheitern, wie z. B. in der Aulularia. Das tägliche Leben
brachte in Athen gewiß manche Ehen der Art zu Stande, aber
die Komödie ist nicht eine getreue 'Photographie' des Lebens, son-
dern nur ein stark retouchirtes , ein aesthetisch gereinigtes Bild,
eine poetisch stilisirte Wirklichkeit. Bei Flautus kann der alte
Megadorus Euclios Tochter darum nicht heirathen, weil sein Neffe
Lyconides insgeheim ein unbestreitbares Anrecht auf sie erworben
hat. Bei Menander ist es anders gewesen : Kleainetos ist als Gatte
der *Ant. darum unmöglich, weil er selbst, ohne es zu wissen, ihr
Vater ist. Myrrhine war eine Bürgerstochter, die dereinst im
Gedränge etwa der Dionysien einem von Wein und Begehrlichkeit
erregten jungen Mann {vini vitio atque amoris Plaut. Aul. 746) zum
Opfer gefallen war. Der Verführer kennt sein Opfer nicht, sie
aber hat, vielleicht erst seit kurzer Zeit, an einem Ringe, den sie
ihm abgenommen, den E^eainetos als ihren Verführer erkannt.
Inzwischen ist sie aber als zweite Frau in das Haus ihres jetzigen
Gatten eingetreten, der aus irgend welchen besondren Gründen
scrupellos das Kind, das sie unter dem Herzen trug oder schon
geboren hatte, mit in den Kauf nahm. '^'Ant. war also in der
That weder iiioxaxQia noch 6iioiiijxQia des '^'P., und sein Vater wie
seine Stiefmutter konnten ihm mit gutem Ge¥d8sen die Heirath
empfehlen. Lag in diesen Verhältnissen auch der Grund dafür,
daß den Eltern die Verheirathung der Tochter Mühe und Sorgen
machte ? Der Vater hatte das Kind ins Haus gelassen, aber seine
Tochter war es damit noch nicht geworden; den Söhnen durfte
das Erbe nicht geschmälert werden. Das Mädchen bekam also
Meoanden reoMfyis. IßB
auch keine Mitgift, und nur der Freier war möglich, der sich ohna
viel zu fragen in diesen Mangel fügte , da doch Myrrhine und ihr
Gatte das G-eheiraniß zu enthüllen nicht geneigt sein konnten. Soviel
Enthaltsamkeit war aber nur von einem Verwandten wie *P. oder
von einem befreundeten alten Manne wie Kleainetos allenfalls zu
erwarten oder zu verlangen. *P. hat sich geweigert, •Ch. kommt
nicht in Betracht , weil er allem Anschein nach leiblicher Bruder
der *Ant. , zudem auch jünger als seine Schwester ist, und der
'Onkel vom Lande' erweist sieh als unmöglich.
Kleainetos wird mit seiner Fahrt in die Stadt nicht lange ge-
säumt haben. In der Mitte des 2. Acts tritt der Titelheld auf
die Buhne «nd ist von jetzt an wol die Hauptperson, die alle an-
geknüpften Fäden zwar nicht in die Hand nimmt, wol aber in ihrer
Entwicklung beeinflußt. Es ist natürlich nicht möglich ein Sce-
narium für den Rest des Stücks zu entwerfen, aber da die x^ÖTaatg
und die iititaetg im wesentlichen vorliegen, muß sich die tunct-
itrpoqnrj ungetahr ermitteln lassen.
Es ist nicht wahrscheinlich, daß Myrrhine sofort ein Geständ-
nis ablegte , menschlich nicht , weil es ihr doppelt schwer fallen
mußte das so lange Jahre glücklich gehütete Geheimniß jetzt, wo
die Tochter erwachsen war, preiszugeben und damit zugleich ihren
Gatten vor aller Welt zu compromittiren, dem sie Dank schuldete:
auch dichterisch ist es unwahrscheinlich, daß Menander in so bru-
taler Weise die Lösung herbeiführte, wobei zudem dem Titelhelden
nichts als die wenig interessante und kurze Rolle des reuigen
Sünders zugefallen wäre. Glaublicher ist es , daß Myrrhine im
Verein mit ihrem Gatten nochmals alle Ueberredungskiinste auf-
wendete , um *P, zum Schwiegersohn zu gewinnen. Es sind Spu-
ren vorhanden, die diesen Hergang wahrscheinlich machen. In den
Hermogeneascholien (V B26 W : iv ritopyöt) sind folgende Verse
überliefert :
dußsßQÖvzfjCai ; yekoiov, Ög xdpijg iUv&^gag
tlg ipat&' i'ixcov Ciaaüig xal fidtrjv noioviiinovs
neQioQBig ydjtovg aeavTüi.
Bass *P. der angeredete ist , kann nicht zweifelhaft sein , ebenso
wenig , daß ein mitfühleuder Freund der Sprecher ist. Die Rede
klingt genau wie die des Chaeribulus bei Plautus {Epid. 106):
stultus es. Straf ippoclcs.
idne pitdet te quia capUvam genere prognalam bono
de praeda es mereiUiis? quis erit vitio qui id vortat tibi?
Die Scene, der diese Verse entstammen, kann dem ersten Act
l64 Öeorg Eaibelt
schon daram nicht angehören, weil der Zuschauer erst am Ende
desselben erfährt , daß die Hochzeit gerüstet ist (V. 7 ff.) , folglich
fällt sie hinter Daos' Bericht, und wir sehen, daß der leicht-
bewegliche *P. in der That sich wieder hat bereden lassen seine
Halbschwester zu heirathen und daß er, nach der kraftvollen Rede
des Freundes zu schließen, diesmal ziemlich fest entschlossen ist
auf seine eigentliche Liebe zu verzichten. Wir erfahren zudem,
daß diese Liebe ein ehrsames Biirgermädchen ist, gegen das keine
andren Einwände erhoben werden konnten, als daß *P. eben die
*Ant. heirathen sollte. Auch die Vermuthung drängt sich auf,
daß der Freund nicht ganz uneigennützig plaidirt : ist er etwa ein
stiller Liebhaber der '^'Ant. , der nur weil er arm ist mit seiner
Werbung zurückhält?
Myrrhines verzweifeltes Zureden hat also geholfen, und bevor
noch Kleainetos mit ihr zusammentrifft, ist es Thatsache gewor-
den, daß *P. die Bräutigamstelle anzutreten bereit ist. Das leh-
ren, wenn nicht alles täuscht, einige weitere bei Stobaeus und
Orion erhaltene Bruchstücke, die alle, wie es scheint, aus einer
und derselben Scene stammen.
1. Stob. Flor. 96, 5 MbvccvSqov rsoQy&i :
sixaragiQÖvrjröv iöti^ FoQyicCy Tcivtjg,
xav nivv Xiyi^t, dixaia' tovtov y&Q Xiyaiv
Ivsxa ^övov t/ofit^fd-' oinog, rov Xaßetv.
xal 0vxoq)dvtrig sifdifg 6 t6 XQißdyifiov
lX(ov xaXctrai, x&v idixoiiiisvog xfSxrii,
2. Stob. Flor. lOB, 28 MevivSQov Feajpyöt :
6 d' iiSixtixAg y Sötig iöx* oit6g notSy
tifp ifLBtiQav TCsviccv xaxoSaiiifov iöff, ort
Tovr' '/jdixrixsv oi tv%hv {istaXi^STai,
el xal 6(p6S(^ sixoQSt yiff^ ißsßaimg XQvgwL.
tb tilg Tiix^g yäQ ^sviia yLBxanlnxai xa%v,
3. Orion Anth. 7, 9 {ix xov ramQyov) :
oixog xQoxiöxög iöil &^9y & FoQyia^
Söxtg iSixBl6^ai, xKb16iI ijciöxax* iyxQOtff^g'
xb d' ögiSO'Vfioi/ roOro xal kCav nixgbv
detyii* iöxlv €idi}g xa6i iiMQoifvxiag,
Der Sprecher ist, wie der lehrhafte Ton beweist, ein älterer le-
benserfahrener Mann. Gorgias, der angeredete , hat sich bei ihm
über eine Ejränkung beklagt, die ein reicher Mann oder eine reiche
Familie sich ihm dem armen Schlucker gegenüber erlaubt hat.
Den Namen des Beleidigers hat er nicht genannt (fr. 2, 1) , er
Menandert Ftmoydg, 135
selbst maß ihn kennen, sonst wüßte er nicht daß es ein reicher
Mann sei. Er verschweigt also den Namen aas besondren Grün-
den, vielleicht weil es ein dem andren nahe stehender Freand oder
Verwandter ist. Er hat nar im allgemeinen angefragt, wie er
sich in solchem Falle verhalten solle. Der Alte verurtheilt den
Beleidiger aaf das nachdrücklichste, mahnt aber zar Yernanft, da
offenbar nichts gegen ihn geschehen kann. In dem Sprecher haben
jetzt aach Grenfell-Hant ohne Zweifel mit Recht den Kleainetos
erkannt, and vielleicht haben im Anfang derselben Scene die Verse
gestanden die Orion Anth. 1, 19 {ix rov rs(OQyoi>) überliefert :
£^fil lilv Rygocxog^ xaitbg oix ßXkos iQ&y
xal t&v xat^ &6tv nQayfidtav oi xccvrsX&g^^)
ilinscQog' 6 dh x(f6vog ti yl eidivai »oul
xkiov,
Kleainetos begründet mit seiner Lebenserfahrang das Recht, einem
andren — doch wol dem Gorgias — mit seinem Rath zar Seite
za stehen. Wer aber ist Gorgias and welcher Art war die erlit-
tene Unbill? Es war keine, die vor dem Gesetz strafbar war,
nar eine Kränkang, eine Rücksichtslosigkeit, wie eben ein armer
Mann sie sich gelegentlich bieten lassen maß. Wenn E^eainetos
räth das anabänderliche mit Geduld za ertragen (fr. 3, 1), so weiß
er keine Abhilfe: da aber geschehenes Unrecht in der Komödie
nothwendig seine Sühne finden maß, so kommt die Sühne eben an-
derswoher. Vielleicht genügt es zar Lösang, daß Gorgias schließ-
lich doch den Namen des Beleidigers nennt. Gorgias , der arme
Mann, gehört gewiß nicht in die Familie der Myrrhine and ihres
Gatten, da Daos nicht so geringschätzig von Kleainetos' mühseli-
gem Leben and von seiner wenig ertragreichen Landwirthschaft
reden würde, wenn er bei anbemittelten Leuten im Dienst stünde.
Er vertritt also eine zweite Familie, die der Dichter sicherlich
nur darum in seine Handlang einführte, um schließlich eine Ver-
schwägerung mit dem wolhabendcn Hause herzustellen. Ich denke,
Gorgias wird der Vater der x6qmi ilev^dQu sein, die *P. aufgeben
soll und nun auch will, um seine Halbschwester zu heirathen. Das
idiMStv (fr. 2, 1) würde so auch hier in der gleichen Bedeutung
stehen wie V. 30. Gorgias klagt also , daß *P. seine Tochter im
Stiche gelassen habe, der er die Ehe versprochen habe. Er findet
18) Diese Stelle hat wol Alkiphron III 70 vor Augen, wo eia tUdtiscber
Hoogerleider sich bei dem Bauern Korydon einschmeicheln will, um ihn aossu*
saugen: to^oi^ Idmp Sp^ioir coiif^ir, ii t&9 %at' &9tv n^y^tmv intaVMytlg
Igg Georg Kaibel, Menanders rimi^6g.
dafür keine andre Erklärung, als daß sie ihm nicht wolhabend
genug gewesen sei. Dies Gespräch fand Statt, als Kleainetos eben
in die Stadt gekommen war: der erste der ihm begegnete war
Gorgias, vielleicht ein alter Freund, der ihm nun sein Herz aus-
schüttete. Als er schließlich den *P. als den Uebelthäter nennen
hört, verspricht er Hilfe: er ruft den *P. heraus und erfährt von
ihm, wie die Sache steht , d. h. soweit *P. davon weiß. Sehr er-
staunt, daß nicht er sondern *F. den Bräutigam spielen soll, wird
er zornig. Myrrhine kommt dazu, und nun muß sie bekennen.
Kleainetos erkennt seine Tochter an, verspricht sie auszustatten,
so daß sie nun einen Freier findet, vielleicht eben jenen Freund
des *P., dessen eigene Armuth nun kein Hinderniß mehr ist — so
daß nach dieser Seite hin die Aehnlichkeit mit der Andria voll-
kommen würde. *P. heirathet die Tochter des braven Gorgias,
und alles ist in Ordnung.
Der Schwerpunkt des Stücks hat natürlich in der Charakter-
zeichnung des Kleainetos gelegen, den man sich wol als einen Mann
vorstellen darf, der in harter Arbeit als einsamer Junggeselle sich
einen schönen Schatz von selbstzufriedener Lebensphilosophie, von
Weisheits- und Tugendbegriffen erworben hat, und dann, als er
durch einen ernsten Unfall gemahnt aus seiner einsamen Höhe in
das Leben der übrigen Menschen hinabsteigen will, zurückgewiesen
wird und für eine Jugendsünde büßen muß. An Stelle des lang
verschmähten, vielleicht auch oft ersehnten Glücks an der Seite
eines Weibes wird ihm nun wenigstens das Glück zu Theil, für
ein Kind sorgen zu dürfen'*).
14) Carl Schenkls Versuch die Handlung des Menandreiscbcn Stücks zu ver-
anschaulichen (Jahreshefto des oesterr. arch&ol. Instituts I 49) habe ich erst ge*
sehen als das vorstehende bereits gedruckt war. Seine Auffassung weicht von
der meinen mehr ab als ich auf Qrund des überlieferten Textes für möglich ge-
halten h&tte. Zu nachtriLglichen Aenderungen sehe ich mich nicht veranlait.
Der Osterfestbrief des Athauasius vom J. 367.
VOQ
C. Schmidt.
Vorgelegt von N. Bonwetsch in der Sitzung am 14. Mai 1898.
Wexm ich ans der Zahl der in der koptischen Literatur er-
haltenen Osterfestbriefe , speciell des Athanasins , den Osterbrief
vom Jahre 367 veröffentliche, so leitet mich dasselbe Interesse,
welches schon die alte Kirche bewog, diesen Brief aus der Zahl
der übrigen herauszuheben. Denn in ihm hatte Athanasins ein
Verzeichnis der in der alexandrinischen Kirche geltenden kanoni-
schen Schriften nebst den Yorlesebüchern aufgestellt, und bei dem
großen Ansehen, welches er im Morgen- und Abendlande besaß,
mußte seine Stimme weit über den engen Kreis Aegyptens gehört
werden. Freilich hat man in die späteren byzantinischen Kanon-
Bammlungen nur das den Kanon betreffende Stück ^) übernommen,
wo Zonaras und Blastares den auf uns gekommenen griechischen
Text kommentirten ; aber diese Verstümmelung kann erst in spa-
terer Zeit stattgefunden haben; denn Rufin, Hieronymus und an-
dere kannten ohne Zweifel den vollständigen Text des Briefes aus
der ganzen Sammlung der Osterfestbriefe, welche bald nach dem
Tode des Athanasins von einem unbekannten Anhänger heraus-
gegeben wurde, die Hieronymus unter den Werken des Athanasins
als ^io(fra6tinal epistolae' *) anführt. Doch bei der geringen all-
1) Eine syrische Uebersetzung desselben St&ckes, nur am Anfang nm einige
8&ue verkünt, gab Gureton in seiner Pablication der Festal leiters of Athana-
sins London 1848, I, 62 f. heraus; vgl. Mai: Patrum Not. Bibl. VI, 168 ff.
2) de vir. Ul. 87. — Ueber die Sammlung Tergl. die Bemerkungen von Zahn
Gesch. d. N. T. Kanon's II, 208 ff. — Larsow : Die Fesibriefe des belügen Atha«
nasitts Obersetst Leipsig 1852.
IgS G. Schmidt,
gemeinen Bedeutung der Osterfestbriefe ist die Sammlung, ob-
wolü noch im 6. Jahrhundert benutzt, allmählich in der griechischen
Kirche untergegangen. Nur in sjorischer Sprache ist uns diese
Sammlung durch einen wahrscheinlich im 8. Jahrh. geschriebenen
Codex des Brit. Museum erhalten, der aus den Natronklostern
stammt und von Cureton in dem obengenannten Buche*) publicirt
wurde. Doch fehlen infolge Beschädigung der Handschrift die in
den Jahren 349 bis 379 geschriebenen Briefe und damit auch der
Osterfestbrief vom Jahre 367, der nach der eigentümlichen Zählung
der Sammlung die Nummer 39 trug.
Waren aber die Festbriefe in erster Linie für die aegyptischen
Gemeinden und Klöster bestimmt, um ihnen den Termin des Qua-
dragesimalfastens und des Osterfestes anzukündigen^), so durfte
man erwarten, daß die koptische Kirche jene Sammlung mit der-
selben Pietät, wie die Syrer aufbewahrt haben, zumal da wahr-
scheinlich die einzelnen Briefe gleichzeitig ins Koptische übersetzt
wurden, da viele Kleriker, wenn überhaupt, so doch nur mangelhaft
griechisch verstanden. Und in der That findet man in den ver-
schiedenen Bibliotheken Europa's zerstreut eine Reihe von Frag-
menten, die die Existenz jener Sammlung sicher bezeugen. Unter
diesen habe ich auch ein größeres Stück des Festbriefes vom Jahre
367 abgeschrieben, das auf der Bibliotheque Nationale zu Paris
aufbewahrt wird und mir, wie überhaupt die gesammten herrlichen
Schätze dieser Bibliothek, von der Verwaltung mit der größten
Liebenswürdigkeit zur Verfügung gestellt wurde.
Der Cod. Copt., dem ich dieses Stück entnommen habe, trägt
die Nummer 151. Leider sind nur 4 Blätter erhalten, die einem
Pergamentcodex (c. X — XI. Jahrh.) entstammen, dessen Blätter eine
ungewöhnliche Größe zeigen, nämlich 36 cm h. und 29 cm br. Sie
sind poA. — poH paginirt, bilden also einen halben. Quaternio , der
unzweifelhaft aus einem Codex herausgerissen ist, welcher ur-
sprünglich die ganze Sammlung der Festbriefe des Athanasius ent-
hielt. Bemerken vdll ich noch, daß die Blätter in der ganzen
Ausdehnung und nicht, wie gewöhnlich, in 2 Colunmen beschrieben
sind ; die Zahl der Zeilen ♦ schwankt zwischen 28 und 30. Die
Initialen der einzelnen Abschnitte sind nicht mit farbiger Tinte
verziert.
1) Eine bessere Pablication von Mai: Patrum Noy. Bibl. VI» 1—161, der
auch die Fragmente gesammelt und das Qanse ins Lateinische Qbersetst hat In
der deutschen Uebersetzung von Larsow fehlt unser Brief.
2) Cassianns, collatio X, 2 und Yorbericht der syr. Uebersetsnng.
d«r Ofterfestbrief des AthaoaBios Tom J. 367. 169
Was den Text des Brachstückes ^) anbetrifiPt, so liefert er uns
nicht nur das schon bekannte Kanonsverzeichnis, sondern am An-
fang wie am Ende noch Teile des Briefes selbst, so daß wir den
ganzen Znsammenhang überschauen können. Im Folgenden bringe
ich zunächst den koptischen Text zum Abdruck and schließe daran
die deatsche Uebersetzang , die natürlich möglichst wörtlich ge-
halten ist.
1) Der griech. Text neben Zahn: Gescb. d. M. T. Kanons II, 210 ff. und den
daselbst angeführten Ausgaben auch bei Preuschen: Analecta 8. Heft in der
Sammlung von Krfiger S. 144 ff.
Text
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172 G. Schmidt,
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TtfÄeto ititeitTÄYnTvÄitÄ. JUtJUioq
nertTA.qtfuj 2l€ eqoYox eqepA.}:ye CYi"
1) 80 stets statt it^^noRpf^on
2) 1. e«^nixc
8) Die Stelle verderbt, 1. cncrui ^ni^eipe
4) T'&'i, als wenn *re*Tp«^^H vorherginge, wie im Griech. der SingoL
der Osterfesibrief des Atbantsias vom J. 367. 173
ftuirtt^e ÜJüiooY. iiArruA.'i^A.iA. jutert
2LtA.eHKH. XOYTCflOOYC flG gl? TeYHn€
itAt rÄ.p itefiTA.YTÄ.Ä.Y enrooTit goüc evgAg
THfi itg€&pÄ.ioc fiTeige. ttä^ic Xe it
TÄiltOJÖOY AYOJ flÄl lt€ lt6VpA.lt
njyopii n€ Tvcitecic. Hititcoüc TegoÄ^oc
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pieiütoc. Axuj nXcY^repoitOJütioit
7\0in0lt IHC rritA^YH axuj ltClcpi*THC
jud? gpoYe. juiititccüc neqTOOY itxoüoü
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juie it&A.c?M A. '). nj^yopn juieit rrxoüoüjutc
JUÜt nSJLBQCStAX CYOün lAJmOOY 60YA.
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JütOOY 60YA.. JütmtCA. ItA.! nSCItA^Y ItXU)
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174 C. Schmidt,
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SJLAX fteTpjutirrpe eT&HHT. xcka^c ^e
1) L nTc^rncoorn, im Ms. oy als Ligatur
der Osterfestbrief des Athanasius Tom J. 367. 176
rief
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ov€g-nciiccu)Axe itA.itA.ricA.ioit cxit itcit
TÄIXOOV Xe OYlt - gCltKEXOÜOÜJUlC JJLSJLAX
JxnK07\ ltltA.1 AAnOYKAltUJlti;;C jüluooy
eÄVTojaov Ä.e giTit iteiteioTe. eTpevojyov
itcTitA.ei egovit it&ppc. ävuj ctov
ojja eTCA&o enujA^c nTAiitTevce&Hc
TC04>IÄ itCO?SOAlUJlt TCOc[>IÄ^ AAnujH
pe ItCipÄ^C ÄVOJ CC0Hp A.YUJ iov2.i0.
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AYOJ TOJ&IAC. AAlt T2.ICKA7MKH^) ItltA^HOC
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THpq it?\AAY it(AjA^c rtAnorpA^^it
A.?S?\A. T6IIC0TC ItTeiAAlIte TAltgAipeTIKOC
T€. HtGOV TÄp ItETCgÄI JÜUUtOOY AinitAV
€Tovajja*). Axuj ceoveg-xpo'^oc cpoov
X€1CAC eVCitTOY €A0?^ git ItAp^AlOlt
itce6it-ee itA.nA.TA. reite igA.n7\0YC. ov
itoiT^e Te TJJUtTitA.jaTgHT mteTEipe
ititAi. A.Yaj CTpgoTC A.it gHTq jJtnixjA.
X6 eTCHg xe ftitETitoYuag exjji h^aja.
^C €+ßajlt JÜUUtOq €TOOTTH VTS . OVT€
ititeTitqi e&o?\ itgHTq. itijji n6itTA.q
Tp€-itgA.n?\orc nicreve xe itACituix
1) cifMi«x^Ai7e
2) L Tco^i«k lUHarjf
8) L ^iiA^H oder ^i^^ck^Ai«^
4) 1. {oaainc
5) besser wohl nviniiijuie
6^ L cxoYo^pnijg
174 C. Schmidt,
cTe ffAi ffe neqToov rfcvATTeTMorc
nKA.TA. ?SOYKAC nKA.TA. lUlgAftltHC
eiTA. ftcnpA^^ic itftAnocToT^oc
A.YUJ ^CAC;9qC ltCniCTO?SH ftlCA.0O?MKOlt
ovei jjieit ffTe iAKui&oc citTe itTe ncTpoc
222;
UJOAATC ltlUJgA.ltltHC KEOYCt ItTe
lOY^AC cxit ftAi 2Le AAftTAqTe itcnic
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CgAl AIAIOOV KÄTÄ TÄ^IC ftTCIge
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TCffTe Hnpoc Kopmeoc eiTÄ Tenpoc
gc&pAioc. eiTÄ Tenpoc icä?\äthc.
A.YUJ Tenpoc e4>ecioYc eiTÄ Tenpoc
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cAT^oitiKevc. jjiftftcujc TcitTe jjinpoc
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Tenpoc 4>i^HAAUJit. JxnJicA. ttAÜ ^e
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TOY. itTÄ nxoeic r^p xnio mtcA^^^ov
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jjinitOYTe. Äq+cAoj Ä.e oit itrfiOYÄ.Äi
eqxoj JULUOC xe goT^T rrrrerpA.<l>H xe iteTJJi
jULAY iteTpjüurrpe eTBiHHT. xeicA^c ^e
1) L nxe*riicoaYn, im Ma o^ als Ligatur
der Osterfestbrief des Athanasias Tom J. 367. 176
■ie!
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TAIXOOV Xe OYlt - gCltKEXUlOÜAAC AAAAAY
Jiußio7\ mtAi AAnoYKAftami;;c jüuüiooy
cAVTOjaov 7s.B giTft fterrcioTc. eTpevojyov
ftcTitAci egovit n&ppc. ayuj ctov
ojuj eTCAKo cn^AXC itTAirfTevceÄHc
TCo4>iA itco?soAiujn tcoc|>ia^ Sixumn
pe ftCipAX AYOJ CC0HP AYUJ IOY^I0.
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To?soc ei(AjAxe Alt eTeTOYXoj juuutoc
CpOC XC ECTtfACIO nn2.eYT8poitoAAioit
AYOJ Olt nnOIAAHlt. gOiülAlaJC^) OJ ItA
jjtcpATc gü nTpc-ftcftcioTC KAnoufti^e
itit}ijopn itftxujujAAE ^) rrce^ejij - it AI
XC 6Tp8YO(AjOY. AAHOYpnAACeYC BU
THpq ?r?\AAY it(AjAX6 ftAHOrpA^n
A?S?\A T6IK0TC It^CIJJimc ^AftgAipSTIICOC
T€. itTOOY TAp It^TCgAI JÜUUtOOY AlHltAY
eTOYOJja^). AYOJ CBO^BQ'XP^^^^ €pOOY
XCKAC €Y€itTOY eAo?S gl? ItAp^A^IOIt
itce6jt-e€ itAHA^A ititeigAn?soYC. oy
ltCMr^€ T€ TJJtltTItASäTgHT ItltCTCipC
ItltAI. AYOJ €XpgOT6 Alt ftHTq AAH^A
X6 €TCHg xe itlteTitOYOUg EXJJI H^Aja
^€ e+gOUIt JÜUUtOq eTOOTTHYTIt . OYT€
itit€Xitqi €Ao7\ itgHTq. itijjt ncitTAq
Tpc-itgAnTvoYC nicTCYe xe itAeitoux
1) cin«k«^^Xi7e
2) L nrco^i«k lUHarjf
8) L ^j^^A^^H oder ^i^b^cKa^AiA^
4) 1. {ojuiinc
5) besser wohl nwauuie
6) L cxoYOYtojg
176 G. Schmidt,
cyoon gA.0H IIUUJYCHC CflO?S TOÜlt
X8 evrcA^xoGC xc ovitTe - hca.ia.c xujuj
gIXit ftTOOV GTxoce git OVaA^ppHCIA.
A.YUJ 6*Txa) iJiAAOc xc ftci(AjA^e A^it git ov^oun
pOH
ovrfTc - AiujvcHc xoüujAAc ftA.norpA<l>oit
nAi itTÄqTAve - nÄ^evTeporf OAiioit eq€i
pe itTne xxtt uka.^ üjmitTpe. a7\7\a. nei
guj& nKc7\A.AY A.it ne eiJUiHTet cvguig
JÜUUtAA.XC. Ali? OVtflitepety^T ttTAlltT
CYCC&HC. A^VOJ OYtftftA.piCKC ftftCglOAAC
A.qu)pnu)A.xc ^e c*T&e npuijuie itTiAAiite
fttfr HÄVTsOC CqCgA.i iJtncqAAA.0H*THC X€
OYft-OYOCIU) ftA.U)UJnC ftCCftA.A.ftC^C A.n
itTecKoj eTOVox äTsT^a kätä itevov
uau) nutiftc^) njutoov ccftA^no m^x rt
genCA^g Cpe ftCYAAA.A^C 8^6* A.Yua f?
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A.YUJ neiciconoc') itTeiAinte. ov+Tojit ne
ngenpujAAe ev^ine A.n ncA. Tnoqpe
nTeKKT^HciA. A,7\7\A, eveneievAAei
exi itgenTÄeio eflo?s giTit neTovAnÄTÄ
üuooY. xeicA^c gjui nTpe vTÄve - genjöÄ
1) L juiAjan
2) L ne
8) im Ms. das erste c übergeschrieben.
der Osterfestbrief des Athanasius vom J. $67. 177
x€ n&ppe. eveAAccYc epoov xe geitno6"
ne. OYKOvft ncxc;9^c nc expcnnApA.1
Tel ftftctxajujjuie nTCiJuiifte KA.n CY^Ait
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7\A, ItAlfOV niCTEVe ItAV Alt OVgUJ&
r Ap ne n AiitTAiit'Tn Aitovproc . ititeit
Uebersctznng.
[Jesus sprach za] p. i7i seinen Jungern ((lad'fiTai) :
gWas ich euch in der Finsternis sage, sprechet es aus im Lichte!
und was ihr mit euren Ohren höret, verkündet es auf den Dä-
chern"*), Denn (yap) die Worte, welche die Jünger (juxd'tittti)
verkündigten, waren nicht die ihrigen, sondern (iXXd) die, welche
sie vom Erlöser {öoti^Q) gehört hatten. Deswegen, selbst wenn
(x6v) Paulus lehrt, ist es vielmehr (illd) Christus, der in ihm
redet, und selbst wenn (x&v) er in betreff des Herrn*) sagt: „Er
hat Lehrer in den Gemeinden {ixxlij0iai) gesetzt", so unterrichtet
er sie vielmehr (illd) zuerst und darnach sendet er sie aus.
Ein jeder nun zwar (jiiv), der in der Creatur, — ihre Natur
{ip^^s) ist belehrt zu werden, unser Herr aber (dd) und unser
Schöpfer {df^fiiovQyög) ist ein Lehrer von Natur (Korä fpvöiv)^ denn
(yäo) er ist nicht durch einen andern unterrichtet, um Lehrer zu
werden, vielmehr {&XXd) alle Menschen, selbst wenn {x&v) sie Lehrer
genannt werden, sind zuvor Schüler (jiad'titai) gewesen. Auch leh-
ren sie einen jeden, indem der Erlöser (tfoiTijp) ihnen die Erkennt-
nis des Geistes (sri/^vfta) darreicht (xoQtiyetv) % damit „sie alle von
Gott gelehrt sein werden"^). Unser Herr aber (dd) und unser
Erloser (^onrijp), Jesus Christus, gleichsam {ig) der Logos (Xiyog)
des Vaters und durch keinen andern unterrichtet, er ist mit Recht
{dinatag) allein der Lehrer^), wie {xa^mg) ich euch gesagt habe.
Daher {&0u) „wunderten sich die Juden, da sie ihn hörten, und
sprachen: «Wie versteht dieser die Schriften, da er nicht unter-
1) MattlL 10. 27.
2) 1 Cor. 12,28. Ath. hat das überlieferte ^i6g in nvQiog Yerwandelt, du
DOfl Auf Christus gedeutet wird,
8) cf. PhiL 1, 19.
i) Joh« 6, 46.
5) et Matth. 23, 8.
Kf L 0«. C WiM. VtckHcklM. Pkllolof .-Uitor. Dan« 189S. Hfl. 9. 12
178 0. Schmidt,
richtet ist ?" ^). Deswegen nun , weil er in der Synagoge (öwa-
ycoyi}) lehrte und die Kranken heilte , verfolgten ihn p. 172 die
Juden. Deswegen von ihren Füßen bis zu ihrem Haupte sind sie
nicht gewesen entbehrend der Wunden noch (offw) der Striemen*),
sondern {ikX£) eine derartige Frechheit (roAfii^p^a) ist ihnen zur
großen Thorheit geworden. Denn {yiff) »nicht sind sie verständig
geworden", wie (xad-cäg) geschrieben stehet'), „noch (oCr«) weise
geworden, sondern {&kka) sind wandelnd in der Finstemiß" *).
Und zu ihnen sind aus den Häresien (atgiöeig) diese, mit wel-
chen sie sich selbst vermischt haben, die elenden Meletianer [ge-
kommen]^). Dadurch daß sie ihn (den Herrn) verleugnen {AqvbX'
6d'ai), wandelten sie an Orten, in denen kein Wasser, und haben
verlassen die Quelle («i^yi}) des Lebens ®). Deswegen, selbst wenn
(x&v) sie inbetreiF des Passah (jtdöxcc) reden, [so geschieht es]^ in
Verstellung {{fnöxQiötg) um der Ehre der Menschen willen, und
ein Trauerbrod') ist ihre Versammlung, weil sie böswillig (xaxöff)
gegen die Wahrheit sinnen. Daher (Böte) spreche, wer eine der-
artige Versammlung sehen wird, das Wort, welches gleichsam (ib^)
für sie passend (itQSTtHv) geschrieben: „Warum toben die Heiden
{id'VYjD und sinnen {iisketäv) die Völker (Xaoi) Nichtiges?" •). Denn
(ydo) es versammeln sich die Juden nach Art des Pontius Pilatus,
die Arianer aber (öe) und Meletianer nach Art des Herodes, nicht
damit sie feiern, sondern {ilkd) damit sie den Herrn verlästern,
indem sie sprechen: „Was ist Wahrheit" *°), und wiederum: „Hin-
weg mit diesem, kreuzige (atavQovv) ihn, laß' uns aber (di) Bar-
abbas los" "). Denn {ydQ) wie Barabbas zu bitten (aitBt0^i) ist
1) Job. 7, 15.
2) cf. Jes. 1, 6.
8) Dieselbe Stelle yod den Jaden in epist fest. 19, cap. 2 (ed. Mai), wie
aberbaupt dieser Brief groBe Yerwandtscbaft zeigt.
4) Psalm 82, 5.
6) leb erg&nze dieses Verbum dem Sinne nacb, da der Text verderbt ist; die
Constraction des kopt. Satzes ist anklar. Man kann aach übersetzen : „diese,
welche sich selbst mit ihnen vermischt haben*.
6) cf. Jerem. 17, 18 ; 2, 18.
7) Vielleicht ist die Erg&nzung annötig ond also za übersetzen : „. . . . in
Verstellong a. d. E. d. M. w. reden, so ist ein Trauerbrod etc.«
8) Bezieht sich auf die ätviia der Jaden. Die Meletianer können ebenfalls
das Osterfest nur in Trauer feiern and das Brod genieften, weil sie Christas ver-
leognen. In epist. fest. 19, c. 1 redet Ath. von den Heiden, die nms Brod trauern.
9) Psalm 2, 1.
10) Job. 18, 88.
11) Luc 23,18.21; Job. 19,15.
der Osterfestbrief des Athan&stns vom 3. 367. 17d
za sagen'): p. 173 „Ein Geschöpf ist der Sohn Gottes" und „es
gab eine Zeit, wo er nicht war'' *).
Dies ist nun kein Wnnder, daß sie tot in ihrem ünglanben
{i*i0tia) geblieben sind, dadurch daß sie gebonden sind an ihre
bösen Gedanken, wie die Aegypter an ihre eigenen Wagenachsen
(iiovig) gebunden wurden*). Wir aber (di) mögen jetzt wiederum
feiern gemäß (xat£) den üeberlieferungen {xaQadöasig) unserer
Väter, indem wir die heiligen Schriften (ygatpai) besitzen, die für
uns genügen, um uns vollkommen zu belehren. Wenn wir in ihnen
mit Aufmerksamkeit und gutem Gewissen {övvsidtjaig) lesen, „wer-
den wir sein wie der Baum, der gepflanzt ist an Wasserlänfen,
der seine Frucht (xa^fitög) bringen wird zu seiner Zeit, und dessen
Blätter nicht verwelken werden*).
Aber ^) (iXXd), da {ixsidi^) ich ja gesagt habe , daß die Haere-
tiker (atQcnxoi) eitel*) sind, daß wir aber (di) die von Gott ein-
gegebenen Schriften (yga^C) besitzen, um durch sie gerettet zu
werden, und ich fürchte, daß etwa (jiiixmg), wie (xa^Ag) Paulus
den Eorinthem gcsdirieben hat , „durch Menschenarglist ( — xa-
vovqyCo) Arglose (iatiQaiOi) von der Lauterkeit {&xk6xrig) und Hei-
ligkeit ab, die zu Christus führt'' ^), verführt (Kkava6ftaC) werden
und in Zukunft {koi%6v) beginnen {&Q%B6f^aC)^ in den Apocryphen
{jk%6%QVffa)^ zu lesen, getäuscht {iitat&6f^ai) durch den Namen
von echten Büchern, gleichsam {üg) als gehören jene zu ihnen *) — ,
so ermahne (naQaxakBlv) ich euch, auszuhalten {(kvi%B6^aC) und zu
sehen '"), p. 174 ob die Bücher , welche ihr kennt , diese sind , von
denen ich euch wegen der Notwendigkeit {ivd^xri)^^) und des
Nutzens {iQ^Ca) der Kirche (ixxXijaia) schreiben will.
Indem ich aber {di) den Entschluß fasse, [dieser] '*) zu geden-
1) d.b. beides stebt aaf gleicher Linie.
2) Der kopt. Text bietet f&lschlieb „es wird eine Zeit geben, wo er nicht ist*.
8) Äthan, denkt wohl an Ezod. H, 26.
4) Psalm 1, 8.
8) Hier beginnt der griech. Text
6) Im griech. Texte m«^/, bexogea auf das Vorhergehende: ^tot in ihrem
ünglanben*« Das kopt. Wort entspridit einem griech. (tätatoi oder uivoi, wQrde
sich alao aof das Ciut Ps. 2, 1 beitieben.
7) 2. Cor. 11,8. Bemerkenswert die Lesart ««1 rfg ayr^n^ro«; den Znsatx
ri)g t/e Xffiet69 resp. tig tlhf Xq, hat der Kopte nach dem Qrnndtexte gemacht.
8) Der Kopte bait stets it%^^€upa st. dsr^n^v^.
•) Das Gaaae mehr parapbrasirt als wörtlich Qbersettt.
10) Der Kopt. amschreibt hier.
11) Im Text ftlachlich dyibfi|.
li^ Im Text aosgefallea«
l80 ^' Schmidt,
ken, werde ich mich des Vorbildes (tiinog) des Evangelioms ^) {ei-
ayyiXtov) des Evangelisten (siayysXiatrig) Lucas bedienen (xQäöd'aL)^
indem ich mein Wagnis {rokiiYiQia) empfehle {öwLötdvai) und selbst
also spreche : [Da nun {iiCBid^iCBQ) einige] *) versucht {ini%Eiiftlv)
haben, für sich selbst die sogenannten Apocryphen {induffvtpa) zu
verfassen und sie mit der von Gott eingegebenen Schrift (ypayij)')
zu vermischen, diese, in der wir beglaubigt sind, wie (xad-raff) sie
unseren Vätern *) überliefert haben die, welche von Anfang an mit
ihren Augen gesehen haben und Diener {iTtif^ixai) des Wortes gewor-
den sind, — so habe auch ich mich entschlossen {doxBlv\ indem ich
von Anfang an erforscht habe, — dadurch daß echte *) Brüder mich
bewogen {xQoxQinBiv) haben ^ — euch zu zeigen die Bücher, welche
sie kanonisirt {wivovlisiv) und uns überliefert haben, und die gleich-
sam {hg) beglaubigt sind, daß sie von Gott sind, auf daß der, welcher
getäuscht {7ikava6^aC) ist^), diejenigen, welche ihn getäuscht {nka-
vav) haben, verdamme, wer aber {ßi) rein geblieben, sich freue,
indem er an die kanonisirten {xavovClBiv) Bücher^) erinnert wird.
Die des alten (^raAatct) Testamentes (dtadijxi}) sind 22 an ihrer
Zahl, denn {yAo) dies sind die, welche uns überliefert sind, indem
sie sind gleichsam {üg) bei uns, also [bei] den Hebräern'). Die
Ordnung {ta^ig) aber {di) ihrer Vorlesung und ihre Namen sind
diese: p. 175.
Zuerst Genesis, dann Exodus, dann (bIxu) Leviticus, nach die-
1) Fehlt beim Griechen.
2) Im Kopt. sind durch den gleichen Anfang von insidijn. and inix^tgsCv
die beiden ersten Worte ausgefallen.
3) Im Kopt. der Plural ygatpai^ doch im Relatirsatz ebenfalls der Singular.
4) Der Kopte hier wie im Folgenden to^g natQdeiv iiii&9. Der Syrer um-
schreibt den ganzen Gedanken.
6) Das kopt. Wort ^«^k entspricht eigentlich dem griech. intHwig, vertritt
hier yniatog.
6) Der Kopte hat beide Sätze umgedreht statt des Griech. nQOtQonivTi und
lui^ovTi; auch ist bei in^ic^ai das i^ljg ausgefallen.
7) Der Kopte übersetzt, als ob er statt ünactog al fUv ^onj^ip — 6 iilv
'ipttttfiiUpog gelesen, ebenso 6 dh na^a^bg dutfuivag. Da die Ausgaben auBer
Pitra 6 9\ hm^. duc^, bieten, so scheint eine Conformation des ersten Gliedes
▼orzuliegen.
8) Zusatz des Kopt, darum fehlt im n&chsten Satte ß^ßUa.
9) Der Uebersetzer hat offenbar das Griech. tocai^a yd^ ^ ^novtfa nal xii
0TO«2**'<K 9^9* ^Ep^ü>ig thai xa^fadiSoxai nicht verstanden und nuQuSiSotai auf
die Ueberliefemng der kanon. Bücher statt aof die der hebr&iscben 22 Bachstaben
belogen. Es scheint aber «ach eine Textverderbnis voraali^n.
der Osterfestbrief des Athanasias toiii J. 367. 181
sem aber (di) Numeri imd^) Denteronomimn. Femer (lomöv)^
Josna , Sohn des Nun , und Richter und Rath. Darauf 4 Bücher
der £onige, das erste {{liv) and das zweite Bach werden als eins
gerechnet, das dritte and vierte [ebenfalls]') als eins gerechnet.
Nach diesen die beiden Bücher^) der Chronik, gerechnet als eins,
ebenso (ifioims) *) das erste und zweite Buch [EsraJ ®) , gerechnet
als eins. Darauf das Buch der Psalmen und ^) die Sprüche , dann
(Blta) der Prediger und das Hohelied; zu diesen aber (di) auch
Hiob. Femer (XoiJtöv) die Propheten, zwölf {iilv) Propheten^ als
ein Buch gerechnet; nach diesen Jesaias und Jeremias, indem mit
ihm verbunden Baruch und Klagelieder und Brie?, und nach diesem
Ezechiel und Daniel. — Bis hierher sind die Bücher des alten
{xaXaid) Testamentes (dtadi{xi}).
Die des neuen (xaivii) Testamentes (ßia^iixfj) — nicht ziemt es sich
uns Bedenken zu tragen, sie zu sagen — d. h. diese : Vier Evangelien :
das nach Matthaeus, das nach Marcus, das nach Lucas, das nach
Johannes. Dann {nra)^) die Acta der Apostel und die sieben ka-
tholischen Briefe ^^) , einer des Jakobus , zwei des Petrus , p. 176
drei des Johannes, ein anderer ^^) des Judas. Zu diesen aber {6i)
14 Briefe des Apostel Paulus , geschrieben in der Ordnung (xard
xi\/Lv) also : Zuerst an die Roemer, darauf zwei an die Korinther,
dann (ctra) an die Hebräer, dann {dxa)^*) an die Galater und^')
an die Epheser, dann {Blxa) an die Philipper und an die Colosser.
Nach diesen ^^) zwei an die Thessalonicher , darauf ^^) zwei an Ti-
motheus und an Titos, zuletzt an Philemon^^). Nach diesen ^^
aber {8i) die Apocalypse des Johannes.
1) XoM6if fehlt.
2) liier steht loisrtfv tUtt i^f^i 9i tovtoig,
3) 6iioi<og fehlt.
4) Griecb. %Q&tov %al SivttQOv Snoiag.
5) 6^ü^ aus dem Yorhergeheodea statt iha,
6) Der Name aus Versehen atisgefalleu.
7) »iftg fehlt.
8) Griech. nur of i^hv Smdtwu,
9) nal i^ttä TaOra fehlt wie in andern grierb. Codd.
10) Der Kopte hat uaXov^9<u rAv &»oct6lm9 und ovtc»^ ausgelassen. Der
Sjrer fibersetit: „7 Briefe, die also sind*.
11) Grieeb. vai fitra ta^ag.
12) nal iura ta^ag fehlt.
18) lifig fehlt
14) MoDtfaucon's Aasgabe bietet hier auch ft$tic tavrag.
15) 8utt i^4^ entweder {ifjg oder »lut gelesen.
16) Bei Titos and PbUemon fohlt lUa.
17) Griedt tuA ndUv.
180 0- Schmidt,
ken, werde ich mich des Vorbildes (fönog) des Evangeliums^) (ei-
ayyikiov) des Evangelisten {BiayyBkCiSxrig) Lacas bedienen {xQa6^ai\
indem ich mein Wagnis (roAftt^p^a) empfehle {öwiötdvai) und selbst
also spreche : [Da nun (ijtBidi^jtSQ) einige] ') versucht (ixixsiQstv)
haben, fiir sich selbst die sogenannten Apocryphen (iTtöxQVipa) zu
verfassen und sie mit der von Gott eingegebenen Schrift (yp«9)i})')
zu vermischen, diese, in der wir beglaubigt sind, wie (xad'Ag) sie
unseren Vätern *) überliefert haben die, welche von Anfang an mit
ihren Augen gesehen haben und Diener {inr}Qirai) des Wortes gewor-
den sind, — so habe auch ich mich entschlossen (doxstv)^ indem ich
von Anfang an erforscht habe, — dadurch daß echte ^) Brüder mich
bewogen (xQotQdnHv) haben ^ — euch zu zeigen die Bücher, welche
sie kanonisirt {xavoviisiv) und uns überliefert haben, und die gleich-
sam {&g) beglaubigt sind, daß sie von Gott sind, auf daß der, welcher
getäuscht {jclaväöd'm) ist^), diejenigen, welche ihn getäuscht (xla-
vav) haben, verdamme, wer aber {di) rein geblieben, sich freue,
indem er an die kanonisirten {aavovilBiv) Bücher^) erinnert wird.
Die des alten (xakaid) Testamentes (dta^ijxi^) sind 22 an ihrer
Zahl, denn (yiQ) dies sind die, welche uns überliefert sind, indem
sie sind gleichsam {&g) bei uns , also [bei] den Hebräern '). Die
Ordnung (td^ig) aber (di) ihrer Vorlesung und ihre Namen sind
diese: p, 175,
Zuerst Genesis, dann Exodus, dann (e2ra) Leviticus, nach die-
1) Fehlt beim Griechen.
2) Im Kopt. sind durch den gleichen Anfang von Snniifn, and tnixiiQtCv
die beiden ersten Worte ansgefallen.
3) Im Kopt. der Plural ygutpai^ doch im Relativsatz ebenfalls der Singular.
4) Der Kopte hier wie im Folgenden xotg natQdeiv 4f*A«r. Der Sjrrcr um*
schreibt den ganzen Gedanken.
6) Das kopt. Wort ^j^k entspricht eigentlich dem griech. ininniig^ vertritt
hier yvi^üiog.
6) Der Kopte hat beide S&tze umgedreht statt des Griech. ngotoauivti und
lui^owt] auch ist bei in^ic^i das i^flg ausgefallen.
7) Der Kopte abersetzt , als ob er statt ünactog §1 fUv ^nen^j^w — 6 iihv
'iptatiiitivog gelesen , ebenso 6 Sh %a^Q6g Suciuivug. Da die Ausgaben auBer
Pitra 6 dh %a», diay,, bieten, so scheint eine Conformation des ersten Gliedes
▼onnliegen.
8) Zasatz des Kopt, dämm fehlt im n&chsten Satze PißJJa.
9) Der Uebersetzer hat offenbar das Griech. toaa^a yitQ ^ flnovaa nal tä
croix^Ca na^ 'Efioaü^ig ilwai naQadidotui nicht verstanden und na^didotai, auf
die Ueberlieferong der kanon. Bfioher statt auf die der hebr&isehen 22 Buchstaben
betogen. £e scheint aber «ach eine Textverderbnis voraoli^n.
der Osterfestbrief des Athaoasias toiii J. 367. Igl
sein aber (di) Numeri ond^) Deateronomiom. Femer (loixiv)^
Josna , Sohn des Nun , and Richter and Rath. Daraaf 4 Bücher
der £8nige , das erste (fiiv) and das zweite Bach werden als eins
gerechnet, das dritte and vierte [ebenfalls]') als eins gerechnet.
Nach diesen die beiden Bücher^) der Chronik, gerechnet als eins,
ebenso (Sfioims) ^) das erste and zweite Bach [Esra] ^ , gerechnet
als eins. Daraaf das Bach der Psalmen and ^) die Sprüche , dann
(elta) der Prediger and das Hohelied; za diesen aber (6^) aach
Hiob. Ferner (XoiJtöv) die Propheten, zwölf (ftiv) Propheten*) als
ein Bach gerechnet; nach diesen Jcsaias and Jeremias, indem mit
ihm verbanden Barach and Klagelieder and Brief, and nach diesem
Ezechiel and Daniel. — Bis hierher sind die Bücher des alten
(naXa^d) Testamentes (diad^xfi).
Die des neaen (xaiviji) Testamentes {dtad'i^fi) — nicht ziemt es sich
ans Bedenken za tragen, sie za sagen — d. h. diese : Vier Evangelien :
das nach Matthaeas , das nach Marens , das nach Lacas , das nach
Johannes. Dann (etra)^ die Acta der Apostel and die sieben ka*
tholischen Briefe ^^) , einer des Jakobas , zwei des Petras , p. 176
drei des Johannes, ein anderer ^^) des Jndas. Za diesen aber {6i)
14 Briefe des Apostel Paalas, geschrieben in der Ordnang (xarä
xdlß^v) also: Znerst an die Roemer, daraaf zwei an die Korinther,
dann {dxa) aa die Hebräer, dann {Blxa)^^ an die Galater ond^')
an die Epheser, dann {bIxo) an die Philipper and an die Colosser.
Nach diesen ^^) zwei an die Thessalonicher , daraaf'^) zwei an Ti-
motheas and an Titas, zaletzt an Philemon^^). Nach diesen^')
aber {d£) die Apocalypse des Johannes.
1) Xoin6v fehlt.
2) Uier steht lo%n6v statt /{^ff ^^ xovxotg,
3) 6^(n9 fehlt.
4) Griecb. %Q&tov %al SivtiQOv dfioitog.
5) Siioiiog aas dem Vorhergehenden statt bU«,
6) Der Name aus Versehen aasgefallen.
7) iiil9 fehlt.
8) Griech. nur of iihv dAdtva,
9) nal i^txä TaOra fehlt wie in andern griech. Codd.
10) Der Kopte hat naloviiivai tA9 Anoax6lap und ovtiog ausgelassen. Der
Sjrer fiberseUt: „7 Briefe, die also sind*.
11) Griech. vai f^tra tavras,
12) Nal lUtii tu^as fehlt.
18) 1(4« fehlt
14) Montfaacon's Aasgabe bietet hier auch lutcc tavtag.
15) Sutt c^4^^ entweder {ifjg oder »Iva gelesen.
16) Bei Titos and Philemon fehlt lUa.
17) Griech« »«l ndUv,
Ig2 C. Schmidt,
Das sind die Qaellen (ntiyai) des Heils. Daher (S^ti) möge
der Dürstende von den in ihnen befindlichen Worten genießen
{&xolaveLv) *), denn (ydo) *) in ihnen wird die Lehre der Frömmig-
keit {evödßsia) verkündet. Niemand darf zn diesen (etwas) hinza-
fdgen und von ihnen (etwas) wegnehmen •). Denn (ydo) *) deswegen
hat der Herr die Saddaeäer getadelt, indem er sprach: „Ihr seid
im Irrtum (nlava6^ai)j da ihr nicht die Sdiriften (ygatpai) noch
(oiks) die Kraft Gottes kennt" *) ; er belehrte aber (di) auch die
Juden, sagend: „Erforschet die Schriften (ygatpai), denn jene sind
es , die von mir zeugen" %
Damit ich aber (di) euch noch mehr sicher mache (iöipaXiieiv),
will ich auch dieses Wort notwendig (ivayxaimg) zu dem Gesagten
hinzufügen, daß es andere Bücher außerhalb von diesen giebt, die
nicht kanonisirt (xavovtßati/), aber (di) von unsern Vätern bestimmt
sind, gelesen zu werden p. 177 von denen, die neu hinzukommen
und in dem Worte der Frömmigkeit (siisißeuc) unterrichtet zu
werden wünschen ') : Die Weisheit Salomo's, die Weisheit [Jesu] *),
des Sohnes Sirach, und Esther und Judith und Tobias und die
Didache der Apostel — ich meine nicht die, von der gesagt wird,
daß sie das Deuteronominm tadelt — und der Hirte. Dennoch
(Sftoff)*), 0 meine Geliebten, indem unsere Väter ^•) die ersteren
Bücher kanonisirt (xavoviiB^v) , diese aber (di) zu lesen bestimmt
haben, haben sie überhaupt nie ein apocryphes (inöxQvtpoii) Wort
erwähnt, sondern (&XX£) eine derartige Verschlagenheit ist Sache
der Haeretiker {atQSXixoC), denn {yio) sie sind es, die sie schreiben,
wann sie wollen, und sie legen ihnen Zeiten {xq6voi) bei, damit
sie sie aus den alten {&QiBla) bringen ^^) und Grund haben, diese
Einfältigen {anXovq) zu täuschen {jkTtarav).
1) Der Kopte ersetzt das unbekanntere ift^o^sr^^ai.
2) Fehlt im Qrieck
8) Deut 4, 2, nicht Apoc. 22, 18.
4) Im Qriech. dL
6) Mattb. 22, 29. Beim Griechen und Syrer fehlt der letzte Teil , dagegen
haben die Aasgaben von Beveregias und Pitra dafür den Zusatz f*i|^> xa^ dvpd-
Itiig a^&v. Dieselbe Stelle in epist. fest. 2. cap. 6 : „sie irren, zumal da sie die-
selben in der That nicht kennen, geschweige denn ihre Kraft.''
6) Job. 6,89. iniCvai nach dem Grundtext.
7) Derselbe Ausdruck Apost. Const. VII, 89 6 i^iXliov xoiwp icaTi]2«rtf^a»
8) Der Name aus Versehen ausgefallen.
9) Im Text 6fto^.
10) Das Subject aus dem Vorhergehenden eingesetzt.
11) Ungeschickte UeberseUung des griech. yifatp6vta9 ithp 9xi ^iloveip a^ra.
der Otterfestbrief des AUiAnMitiB ▼om J. 867. 1S3
Groß aber (dd) ist die Yerstockung derer, welche dieses thxm
and sich nicht fürchten vor dem Worte, das geschrieben: „Nicht
sollt ihr hinzufügen za dem Worte, das ich euch befehle, noch
{oik$) wegnehmen von ihm** *). Wer hat die Einfältigen (icTtkovg)
glauben (xiöxeikiv) gemacht, daß jene Bücher die des Henoch sind,
da es keine Schriften (ygatpai) vor Moses giebt? Woher, daß sie
sagen werden: Jesaias hat apocryphe {ixöxQvtpa) Bücher? dieser,
welcher aof den hohen Bergen offen (xaggtiai^) predigt {iiayyfXi-
ißö^i)*) und der spricht: „Nicht habe ich im Verborgenen ge-
redet !>. 178 noch (pOti) an einer Stätte finsteren Landes"*). Wie
hat Moses apocryphe {ixöxQwpa) Bücher ? dieser, welcher das Den-
teronomiom verfaßt hat, indem er Hunmel und Erde zum Zeugen
machte ').
Aber (iXXd) diese Sache ist za nichts anderem, wenn nicht
(ill$iiti) zum Jacken der Ohren ^) and znr Erwerbsquelle der
Frömmigkeit {ev6ißna) *) und zur Gefallsucht ( — iQd0%Biv) der
Weiber ^). Es hat aber (dd) über derartige Menschen Paulus zuvor
seinem Jünger (^adijrijg) geschrieben : „Es wird eine Zeit konunen,
wo man die gesunde Lehre nicht erträgt {ivdxea^ai), sondern (iXXd)
nach seinen eigenen Lüsten sich Lehrer erzeugt, indem ihre Ohren
jucken und sie ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich
zu Mythen hinwenden** ^). Denn {ydg) in Wahrheit sind die Apo-
crj^hen {ixöxgvipa) M3rthen, und nichtig ist die Aufmerksamkeit
auf sie , weil sie nichtige und abscheuliche Stimmen sind. Denn
(ydo) dies sind Anfange (äQXui) von Zwistigkeiten (ötdaeis) und
ein derartiges Ziel {6xon6g) ist Streit von Menschen, die nicht
nach dem Nutzen der Kirche (dxxXriöia) fragen, sondern (iXXd)
begehren {ixi^iutv) geehrt zu werden von denen, die sie getäuscht
(ixatäv) haben, damit man, dadurch daß sie neue Sachen (Worte)
verkündigen, von ihnen denkt, daß sie groß sind. Also (ovxovv)
geziemt es sich, daß wir derartige Bücher ablehnen (xaQaintöd'M) ;
denn (ydQ), selbst wenn (xäv) man ein nützliches (xQii^^lMg) Wort
— Xa^itofUmp di fehlt, nalatd in ^Qx^ia uud &xiifaioi in anloi^ verändert.
Hier brechen der Grieche and Syrer ab.
1) Deot. 4, 2.
a) VergL Jes. 40,9.
8) Jes. 46, 19.
4) Deal. 82, 1.
5) 2. lim. 4, 8.
6) 1. Tim. 6,4.
7) VergL 3. Ti». 8, 6.
8) 2. Tim. 4. S. 4.
184 C. Schmidt,
in ihnen findet, dennoch (AlXd) ist es gut, ihnen nicht zn glauben
(mötevsLv), Denn (ydo) das ist Sache der Arglist (jcavovgyia) derer
Untersuchungen.
Gehen wir von dem bekannten Teile aus und vergleichen den
koptischen und den griechischen Text mit einander,- so wird zu-
nächst in formeller Hinsicht ein großer Unterschied in die Augen
fallen, und doch wird jeder, der mit der kopt. Uebersetzungs-
methode vertraut ist, mit mir urteilen, daß der Uebersetzer, ab-
gesehen von kleinen Differenzen, ein und denselben griech. Text vor
sich gehabt und mit großem Geschick übertragen habe. Die
Schwierigkeit liegt in der parataktischen Form der kopt. Sprache
gegenüber dem langen Periodenbau der Griechen, die den Ueber-
setzer zwingt, jeden Satz in seine einzelnen Bestandteile aufzu-
lösen und manche Worte auszulassen, resp. hinzuzufügen. Aus
diesem Grunde habe ich von einer Textreconstruction abgesehen
und nur in den Anmerkungen die Abweichungen angegeben.
Anders verhält es sieh bei einer Vergleichung in materieller
Hinsicht. Hier bemerken wir zwei bedeutungsvolle Discrcpanzen,
•welche eine eingehende Untersuchung erfordern.
Abweichend nämlich vom griech. und syr. Texte, die den
Hebräerbrief in der Sammlung der Paulusbriefe an zehnter, d. h.
an der üblichen Stelle aufzählen, wird hier derselbe zwischen dem
zweiten Corinther- und Galaterbrief angeführt. Diese Stellung
ist nun, wie die Untersuchungen Zahn's^) gezeigt haben, nicht
unerhört. In Alexandrien war seit den Tagen des Clemens und
seines Gewährsmannes der Hebräerbrief als paulinisch in die
Sammlung aufgenommen. Leider läßt sich nicht bestimmen, welche
Stellung ihm in der Bibel des Clemens und Origenes angewiesen
war, doch kann man m. E. aus der seltsamen Thatsache, daß
Theodor von Mopsuestia ihn ebenfalls nach dem zweiten Corin-
therbrief commentirt hat, den Schluß ziehen, daß er einer älteren
Ueberlieferung, die in Alexandrien ihre Hauptvertreter hatte, ge-
folgt ist. In der Vorlage des Vaticanus stand er zwischen Ga-
later und Epheser, in zwei griechischen Minuskeln des 15. und
16. Jahrh. noch heute an vierter Stelle, wie auch die ältere sa-
hidische Bibelübersetzung die gleiche Reihenfolge zeigt. Es ent-
1) Qetch. d. NT. Ean. II, 858 ff. Tergl. Overbeck: Zur Geschichte des Ka-
nons. Ahth. 1.
der Osterfestbrief des Athanasias vom J. 367. 185
sieht daher der Verdacht, als habe der kopt. Uebersetzer ihm
erst diese Stellang zu Gunsten seines Kanons angewiesen. Daß
dies möglich ist, läßt sich nicht bestreiten; aber auf der andern Seite
maß man mit Zahn die Frage aufwerfen, woher denn die kopt.
Kirche zu dieser von den übrigen Kirchen abweichenden Stellung
gekommen ist, wenn sie ihr nicht durch die TJeberlieferung ge-
heiligt und von ihren Vätern bezeugt war, und zu diesen muß
doch Athanasius in erster Linie gerechnet werden. Ich bin mithin
der TJcberzeugung , daß wir im kopt. Texte die genuine lieber-
lieferung vor uns haben, zumal da der griech., wie der syr. Text
aus der kanonistischen Sammlung der Byzantiner geflossen ist,
wo dem Hebräerbrief seine der griech. Kirche entsprechende
Stellung angewiesen werden mußte.
Viel größere Schwierigkeit bietet dagegen die zweite Vari-
ante, welche sich auf die Didache bezieht. Der kopt. Text ist
augenscheinlich corrumpirt, da der Abschreiber den Titel didaxii
nicht mehr verstand und mit dLÖaöxalia verwechselte; man sieht
diese Contamination noch in dem Worte diöxahxri. Im griech.
Text steht didaxij xakoviiivti röv iico6x6X(ov\ der Syrer übersetzt
„die sogenannte Didascalia der Apostel". Letzterer hat mit Ab-
sicht den Titel geändert, da er die alte Didache nicht kannte,
sondern sie mit der in Syrien entstandenen und in hohem An-
sehen stehenden Didascalia identificirte, welche noch in syr. Sprache
erhalten ist und die Ueberschrift trägt: „Didascalia, d. i. katho-
lische Lehre der zwölf Apostel und heiligen Schüler unseres
Erlösers" *). — Jemehr aber die Didache in die jüngeren Bear-
beitungen überging, um so schneller wurde sie auch in der griech.
Kirche vergessen, bis sie den Blicken der Väter ganz entschwand.
Der Commentator Zonaras (um 1120) kennt die Schrift selbst
nicht, da er zu unserer Stelle bemerkt: ri^ diSax^iv 8\ t&v ino*
6x6Xiov xivlg kiyov6iv clvat t&g öiä tov Kli^fievxog yQaq>8i6ag dia-
ti^Hg^ &g ^ kcyoiiivri ?xxri 6vvodog it/HyLv66xs^ai (yö 6vyx(OQSt &g
vo^ev^eiöag xal naQaq>^aQBl6ag vno at(fBxix&v^. Blastares weiß
von einem Unterschied überhaupt nichts mehr.
Während also bei den Byzantinern im Laufe der Zeit die
Didache durch eine andere Schrift verdrängt wurde, wird im
kopt. Texte durch die Bemerkung: „ich meine nicht die (sc. dida%^^
resp. didaöxalia)^ von der gesagt wird, daß sie das Deuterono-
1) Lftgarde: DidMcalia apostolorum syriace 1864; griech. Rackabersettung
in Bonseo's AnalecU Ante-Nicaeua Vol. II, p. 226 ff.
2) Dm Scholion im Cod. Colbertinus ist wOrtUch tob hier eqtnomm^n.
186 C. Schmidt,
mium tadelt", vor einer Verwechselung gewarnt, und gerade vor
einer Verwechselung mit der Didascalia, resp. den Apostolischen
Constitutionen ^). Denn diese Bemerkung über das Deuteronomium
bezieht sich auf die Stelle I, 6 der Didascalia : srA^ xal rbv v6^i4>y
&vayLv&6x(ov &n66%Qv t&v trjg devtSQmöamgj wie auch 11,6
vom Bischof gefordert wird: xgb jcavtaw dl dia6tolBi}g yevü^m^
v6(iov xal ö evcdgcoöiv diaiQ&v xal dsixvvmv tt söti vöiiog mtfx&p
Tcal xC d£6[i& &nC6x<ov^,
Diese eigentümliche Stellung zum Deuteronomium erregte auf
der truUanischen Synode vom Jahre 692 Anstoß, die deshalb bei
der Aufnahme der 86 apostol. Kanones sich bei den im 85. Kanon
sanktionirten Staxd^Big zu der Bemerkung veranlaßt sah^): ixeUHi
d'^ iv roikoLg xotg xavööLv ivxiraXxac 8i%B6^aL ii^ag xäg x&v avx&v
&yCmv ano6x6X(ov diä KXi^fisvxog diaxdl^aig^ alg xi6l ndXai i}jtb x&v
£xBQod6i<ov inl Xvnij xilg ixxkijöiag vö^a xivä xal ^dva xijg ei^Bßeiag
xaQBVBxi^i^öaVf xb BixQBxlg xdXXog x&v taCeiv doyndx(ov ii(itv afLOv^
Qm^avxa, xijv x&v xoiovxmv diaxdl^BCDV XQogfp6Q(og ixoßoXijv iCBXOii/f-
(iB^a XQbg xijv xov XQiöxiavixmxAtov noiiiviov ülxodofii^v xal i^ffd-
XaiMVy oiSaii&g iyxgCvovxBg xä r^^ atQBXixf^g ifBvSoXoyiag xvi^iMxa
xal xfl yvi^öia x&v &no6x6kmv xal 6AoxAt}pG7 Sida%xi TtavBvaigiyvxBg^).
Auch in die kopt. Literatur ^) ist diese Sammlung der 86 Ea-
nones übergegangen und zugleich die Grundlage des Kirchenrechts,
ebensowie in der syrischen und aethiopischen Kirche geworden;
hier ist aber im 85. Kanon die auf die Apost. Const. bezügliche
Stelle: Ttal at diaxayal v(itv xotg ixiöxöxoig dv i[iov KXi^fisvxog iv
dxxo) ßißkioig 7CQogx6(p(ovij(iivaL ^ &g oi xgii druioöwÖBLV inl xdvxmv
d^ä xä iv aixatg (ivöxtxd — ausgelassen, u. z. sowohl in der sahi-
dischen wie in der boheirischen Version % während die beiden Cle-
1) Im Folgenden nenne ich die syrische Qrundschrift (Buch I — VI) Didascalia
und die interpolirte Qestalt (Bnch I-YIII) Apost Const.
2) Vergl. die Erweiterung di^er Stellen in den Apost. Const.
3) Canon 2 bei Pitra, Jnr. eccl.gr. hist. et mon. 11, 21 f. und die Bemerkungen
der Commentatoren Balsamen, Zonaras und Blastarcs.
4) Anch Photius hat abgesehen von swei anderen Punkten AnstoE an der
Beurteüung des Deuteron, genommen; vergl. biblioth. nr. 212—213 . . . wd 3ti
%atä toü Jivtt^ov6iiav ^ßgng tivicg inafpificecv ^ f> aber hinzu: Sc ntd (fetov
SucX6aaa^ai.
6) Vergl. Tattam : The apostolical constitutions or canons of the apostles in
coptic 1848, und besonders Lagarde: Aegyptiaca 1888 p. 209->238, wo die sah.
und boh. Version abgedruckt ist
6) Wenn einige aethiop. Texte diese Stelle bieten, andere nicht, bo beweist
dies m. £. nur, daß letztere nicht nach der kopt Vorlage, sondern mit Benntiung
eines syr., resp. griech« Textes gearbeitet aiud,
der Osterfestbrief des Athanasius vom J. 867. 187
mensbriefe beibehalten sind. Nehmen wir noch hinzu, daß die kopt.
Kirche die Liste der daselbst kanonisirten Bücher von den Evan-
gelien ab nach ihrem Kanon umgestaltet hat, so kann es nicht
mehr zweifelhaft bleiben, daß die diatd^sig mit Absicht vom Kanon
ausgeschlossen sind. Und in der That finden wir in der kopt.
Literatur keine Spur weder von der Didascalia noch von den
Apost. Const., d. h. vom Buch I— VI ; ebensowenig ist das 7. Buch
bekannt, nur vom 8. Buch ist ein Auszug gemacht. Die 85 apost.
Kanones, welche den Schluß des 8. Buches bilden, sind wahrschein-
lich aus kanonistischen Sammlungen, die sie unabhängig von den
apost. Const. bieten, geflossen, ebenso aber ist auch das 8. Buch
handschriftlich sehr häufig gesondert überliefert^). Die kopt.
Kirche besaß vieLnehr in der älteren Zeit nur das uns noch er-
haltene und in 2 Büchern abgeteilte Rechtsbuch, welches den
Titel nccvövsg ixxlriöMötixol t&v ayCcov ino6x6X(ov führte.
Gegen diese meine Ansicht könnte geltend gemacht werden,
daß der von Tattam herausgegebene kopt. Text der boh. Re-
oension in 7 resp. 8 Bücher zerlegt ist, sodaß hier ohne Zweifel
dem Octateuch der Apost. Const. ein anderer klementinischer
Oetateuch an die Seite gestellt werden sollte. Aber diese Anlage
des Werkes ist, wie man bald bemerkt hat, jüngeren Datums');
sie fehlt in der sahid. Recension, wie in der davon abhängigen
aethiop. und arab. Uebersetzung , die übereinstimmend eine Ein-
teilimg in zwei Bücher zeigen. Hat mithin ein Kopte der spä-
teren Zeit gegen die TJeberlieferung seiner Kirche das Werk einer-
seits in einen Octateuch künstlich und zugleich gewaltsam umge-
staltet, andererseits dem Clemens zugeschrieben, so muß dem
Bearbeiter eine Quelle von außen zageflossen sein. Diese Quelle
1) Vergl. Pitra: Jar. eccl. graec. hist. etc. I, 46 f.
3) Ueberhaupt stammt die Handschrift aus dem Jahre 1804, and es w&re
dankbar, dai erst in diesem Jahrh. eine Uebersetsaog aus dem sahid. Dialekt in
den boh. stattgefunden, wie der Schreiber am Schlüsse des Werkes zu behaupten
scheint; aber es ist kaum anzunehmen, daft erst in so später Zeit eine Ueber-
Iragnng dieses so wichtigen Werkes in die spätere boh. Kirchensprache besorgt
worden sei. Gleichen AnstoE erregt die Annahme Ton dem ganz jungen Ursprung
der Zerlegung des Werkes in einen klementinischen Octateuch, da in diesem Falle
BOT ein gelehrter Kopte mit Hülfe eines gedruckten griech. Textes der Apost.
Const jene Procedur forgenommen haben könnte. Wir mOssen daher die Hand*
•ebrift Tom Jahre 1804 als eine Copie einer älteren boh. Uebersetzung betrach-
te, deren Verfasser die octateuchische Anlage forgenommen habe, denn in der
sah. Vorlage kann sie niemals durchgeführt sein. Der sah. Text aus dem Jahre
1006 11* Chr. bietet m fiicbt.
188 G.Schmidt,
war eine syrische kirchenreclitliche Sammlung^), die uns noch im
Cod. Paris. 62 (= St. Germain 38) vorliegt und durch Lagarde*)
zugänglich gemacht ist. Die syr. Recension bietet nämlich 8 Bücher
und giebt als Verfasser der einzelnen Bücher den Clemens an.
Funk'*) beruft sich nun auf die große Diflterenz zwischen der
Anordnung des Stoffes beim Syrer und Kopten; aber gerade dies
beweist die ganz mechanische Arbeit des Kopten, der durch seine
sahid. Vorlage an die Ueberlieferung gebunden war und so eine
Einteilung auf eigene Hand vornehmen mußte. Seine Stümper-
haftigkeit dokumentirt er zur Genüge durch die Zählung von
8 Büchern, obwohl er das Ganze nur auf 7 Bücher hatte bringen
können. Und dann die Ironie des Schicksals! Er, der so ge*
flissentlich seinen TJeberschriften der einzelnen Bücher die hoch-
tönende Etiquette: „durch die Hände des Clemens" gegeben, hat
gerade an der Stelle, wo die Abfassung des Octateuchs durch
Clemens sanktionirt war , d. h. im 85. Apost. Canon , wohl die
beiden Klemensbricfe erwähnt, aber die diarayai übergangen. Und
ganz natürlich, denn in seiner sahid. Vorlage fand er sie nicht
und von der Existenz der Apost. Const. hatte er keine Ahnung!
Ebensowenig wird unsere These durch eine andere Thatsache
erschüttert. Die Didascalia in der interpolirten Gestalt liegt
nämlicli für Buch I — VI noch in einer arab. und aethiop. Textge-
stalt vor, letztere von Platt*) herausgegeben und übersetzt, erstere
noch unedirt; nur Funk*) giebt eine deutsche Uebersetzung der
Vorrede und capp. XXXV— XXXIX nebst Inhaltsangabe der ein-
zelnen Kapitel nach einer Uebersetzung von Prof. Socin. Funk
möchte auch für diese, welche mit einander nahe verwandt sind,
eine kopt. Uebersetzung als Zwischenglied annehmen. Aber eine
solche Hypothese ist m. E. bedenklich, da wir bis jetzt die Exi-
stenz dieser Didascalia in der kopt. Originalsprache nicht nach-
weisen können, ja ihre Existenz in Frage stellen müssen, da sie
sonst mit den xavövsg ixxkij6ia6tixo£ überliefert worden wäre.
Vielmehr ist diese Diascalia in Aegypten — denn nur hier ist
sie entstanden — von einem kopt. Kanonisten von Anfang an in
arabischer Sprache zusammengestellt worden, u. z. mit Hülfe
syrischer Rechtsquellen.
1) Ueber Bepatiang syr. Quellen bei den kopt. Kanonisten 8. u.
2) 8. 0.
S) Die Apostolischen Konstitutionen 1891, 8. 249 ff.
4) The ethiopic Didascalia or the ethiopic Version of the Apostolical Con«
stitotions etc. London 1884,
5) 1. c. 8. 216 ff.
der Osterfestbrief des Athanasias vom J. 367» 189
Wer nämlich einen Blick auf die kanonistischen Arbeiten der
Kopten im 12. — 14. Jahrb., besonders der Brüder Ibn ai Assal
(1. Hälfte des 13. Jahrh.) und des Abulbarakat (2. Hälfte des
14. Jahrh.) wirft, bemerkt sofort, daß sie neben den kirchenrecht-
lichen Bestimmungen ihrer eigenen Kirche die Kechtsbücher der
syr. Nestorianer und Jacobiten*) benutzt haben, wie überhaupt
in diesen Jahi*hunderten ein reger literarischer Verkehr zwischen
Aegypten und Syrien geherrscht haben muß. Das Bindeglied
bildete das in der Nitrischen Wüste gelegene hochberlihmte Kloster
„der Maria Deipara der Syrev^ oder kurz „der Syrer", das eine
sehr wertvolle Bibliothek syrischer Handschriften*) besaß, von
der uns noch die größtenteils vom British Museum erworbenen
Handschriftenschätze Kunde geben. Aus dieser Bibliothek haben
die kopt. Kanonisten, zu denen noch der Patriarch Gabriel von
Alexandrien (Mitte des 12. Jahrh.) und ein gewisser Macarius zu
rechnen sind, ihre gelehrten Kenntnisse geschöpft. Daß sie außer-
dem griech. Quellen bei ihren Arbeiten benutzt haben, scheint mir
unmöglich, so lange es sich um Aegypten handelt. Nun berichtet
freilich Ibn al Assal in der Einleitung seines großen Nomokanons,
der das Rechtsbuch der Aethiopier geworden ist, bei der Aufzäh-
lung seiner Quellen über die Didascalia nach der lateinischen Ueber-
setzuBg von Joh. Bachmann ') Folgendes : Didascalia, i. e. doctrina,
liber apud Coptos celeberrimus, in quo enarratur, duodecim Apo-
stolos et Paulnm selectum et lacobum, episcopum Hierosolymita-
rum, ad (librum) statuendum Hierosolymis congregatos fuisse. In
eo autem evulgando Copti studium collocaverunt. Neque quidquam
in 60 inest, quod inferius sit Canonibus; plurima sua testimonia
peiierunt ex Evangelio Vetereque (Testamento). Atque eins nu-
merus sunt 39 capita estque eins siglum Didascalia. — Aus diesen
Worten geht unzweifelhaft hervor, daß im Anfang des 13. JahrL
diese Schrift in der kopt. Kirche ein besonderes Ansehen besaß,
wenigstens daß sie Ibn al Assal sehr hoch schätzte, aber über die
Zeit ihrer Entstehung erfahren wir schlechterdings nichts. Zu-
gleich wird der, welcher hinter den Zeilen zu lesen versteht, sich
nicht durch die hohen Lobesprädikate über den wahren Sachver-
1) Tergl. die Bemerkangen ?on Aehelis: Ctnones Hippolyti S. 20 f. nnd
Stern: Artikel „Kopten" in Ersch und Oraber.
2) Bemerken will icb, daß im Jahre 932 der Abt dieses Klosters, Moses ans
Ktsibis, auf seiner Reise nach Bagdad 260 wertvolle syr. Handschriften sammelte
nd seinem Kloster einTerleibte. Das weist aof ein bedeutendes geistiges Interesse.
8) Corpos Joris Abessiniorom Pars I : Jos connnbii p. XXXIV.
190 . G. Schmidt,
halt täuschen lassen. Denn einerseits hat der Verfasser der Di-
dascalia in den Eingangsworten die Kanones sanktionirt, giebt also
deutlich zu erkennen, daß er eine neue Rechtssammlung der alten
hinzufügen will; andererseits zeigen die Worte des Kanonisten:
neque quidquam in eo inest, quod inferius sit Canonibus etc., daß
diese neue Sammlung zu ihrer voUgiltigen Anerkennung noch einer
eingehenden Rechtfertigung bedurfte, vielleicht weil gewichtige
Stimmen laut geworden waren, welche ihre Apostolicität neben
der alten Schrift anzweifelten. Somit möchte ich die Behauptung
aufstellen, daß ein Vorgänger des Ibn al Assal die Didascalia in
arabischer Sprache^) verfaßt habe. Leider fehlen bis jetzt die
Mittel zur Lösung dieser ganzen überaus wichtigen Frage, da das
Material noch unzugänglich und die Arbeiten der kopt. Kanonisten
nicht hinreichend untersucht sind.
Wenden wir uns nach dieser langen Digression zu der oben
wiederholten Bemerkung des Briefes über die Didache zurück, so
ist zunächst klar, daß sie von dem kopt. Uebersetzer nicht her-
rühren kann, denn Wert konnte sie doch nur dann haben, wenn
die Didascalia, resp. die Apost. Const. bei den Eopten als bekannt
oder im Gebrauche vorausgesetzt wurden. Auch an eine in den
Text geratene Randglosse kann nicht gedacht werden, da das „ich^
solcher Annahme widerspricht. Die Bemerkung muß also bei der
Uebersetzung des Briefes , resp. der ganzen Briefsammlung vom
Grriechischen in's Koptische im Text gestanden haben. Wir haben
nun oben gesehen, daß die griech. Ausgabe gleich nach dem Tode
des Athanasius erfolgt, daß sie schon bald in's Syrische übertragen
und dies noch viel mehr für die Kopten anzunehmen sei. Freilich
muß ich bemerken, daß diese zwar die gleiche Sammlung dem TJm«
fange nach besessen haben, aber, soweit ich nach dem mir zu Gte*
böte stehenden Material urteilen kann, fehlen die gelehrten Bei-
gaben in den üeberschriften und somit auch der Vorbericht. Hier
beginnt die Sammlung mit den Worten : „Dies sind die Briefe un-
seres heiligen Vater, des Apa Athanasius, Erzbischofs von Alexan-
drien, inbetreff des heiligen Passah ^, und die Titel der einzelnen
Briefe lauten: »Der .... Brief des Apa Athanasius, Erzbischofs
von AI., inbetreff des Passah". Doch ein Schluß auf eine andere
griech. Vorlage wäre voreilig, da die Kopten m. E. dieses gelehrte
1) Aehelis ist freilich der Meincmg, daS die Sammlang Ton den Monophysiten
nach dem Concil Ton Chalcedon (461) losammengestellt sei, aber der Beweis feUt
YergL Artikel in Heraog's Bealeui^elop. 8. Aufl. „Apoit Gonstitotionen und
Canonet^
der Osterfestbrief des AthAoasias Tom J. 367. 191
Beiwerk, weil für sie wertlos und za der Sammlimg nicht gehörig,
mit gutem Gnmd fortgelassen haben.
Die Interpolation müßte also in sehr früher Zeit geschehen
sein, and zwar von einem Kenner der patristischen Literatur, der
die griech. Bidascalia gelesen hat. Oder es wäre die Möglichkeit
in's Auge zu fassen, daß derselbe den Kanon 2 der trullanischen
Synode ^) gekannt , d. h. ohne jede Kenntnis des Werkes selbst
sein Urteil abgegeben habe, denn in der That ist der Ausdruck
^es wird gesagt*' etwas unbestimmt, während auf der andern Seite
die alte Didachc noch im Grebrauch der Kirche vorausgesetzt wird.
Diese wurde aber noch längere Zeit nach Athanasius in der alexan-
drinischen Kirche benutzt. Wir finden sie wieder in der pseudo-
athan. Fides Nicaena') und in einer arabisch erhaltenen Rede des
berühmtesten Kanzelredners der kopt. Kirche, des Abba Schenudi ')
(um die Mitte des 5. Jahrb.), wenn die Schriften de virginitate
(Migne T. XXVIII, 2. col. 266 sq.) und das Syntagma doctrinae
(ibid. T. XXVUI, col. 836 sq.) dem Athanasius selbst angehören
sollten.
Aber was mich an der Annahme einer Interpolation hindert,
sind zwei Gresichtspunkte. Vor allem, wie kommt es, daß in der
alex. und kopt. Kirche die Didascalia, resp. die Apost. Const. nie-
malfl benutzt, ja direkt verworfen sind? Wie ist zu erklären,
daß die späteren kopt. kanonist. Sammlungen sie ignoriren , und
daß überhaupt das alte kirchliche Rechtsbuch auf ganz andern
Quellen, die freilich teilweise auch der Didascalia zu Grunde lie-
gen, aufgebaut ist ? Sonst haben ja die Kopten sich nicht so ängst-
lich gegen die apocryphe Literatur abgeschlossen, vielmehr allen
möglichen Producten einen sicheren Schlupfwinkel in ihren Biblio*
theken gewährt! In diesem Falle kann nur eine hervorragende
Autorität der Kirche ein bestimmtes Veto ausgesprochen haben,
dem die Kopten sich gebeugt haben. Und wer besaß wohl ein
Ansehen als Athanasius I
1) Diese hat in demselben Kanon 2 die Kanones des Athanasios tAnktionirt.
Ob sie anter anderem den Brief oder bereits den kanonisiitchen Aossog ?or eich
bleibt fraglich, ersteres aber wahrscheinlicher. B(an könnte fersncht
y ans der Bemerkung des Athanasius die Stellung der Synode su den Apost.
Const erklaren sn wollen.
2) Migne T. XXYIU, col. 1686 sq. und Batiffol: Stadia PatrisÜea 1890
p. 119 sq. und Didascalia CCGXVIII patrum psendeplgrapha Paris 1887 mit kopt
Tm fon Hyremat
3) Aa^Uneaa: Les meines tigyptiens. Vie de Schnudl Paris 1889, data
bsUa in den Teiten und untersuch. Bd. XITT, 1.
192 C. Schmidt,
Der zweite Gesichtspunkt ist der: würde sich nämlich der
Zusatz in einer kanonistischen Sammlung finden, würde ich an-
bedingt an eine Interpolation glauben, aber räthselhaft bleibt es,
aus welchen Gründen man in einem Briefe an so entlegener Stelle
eine derartige Bemerkung einschieben wollte. Umgekehrt ist es
leicht erldärlich, daß die byzantinischen Kanonisten diesen Zusatz
unterdrückten, da ja die Apost. Const. ganz abgesehen vom Trul-
lanum im 85sten Apost. Kanon anerkannt waren. Der Syrer
kommt nicht in Betracht, da er m. E. direkt aus der Eanonsamm-
lung der Griechen schöpft und überhaupt, wie erwähnt, die Di-
dascalia an die Stelle der Didache setzt.
Nun könnte man mir entgegenhalten, es sei fraglich, ob
Athanasius ') die Didascalia gekannt habe. Doch fällt dieser Ein-
wurf dahin, wenn nach Harnack-) diese im letzten Drittel oder
der ersten resp. zweiten Hälfte des 3. Jahrh. und nach Funk')
vor der Mitte des 3. Jahrb., die Apost. Const. nach Harnack*) im
4v Jahrb., nach Funk*) nicht vor 400, auch nicht viel später ent-
standen sind. Somit kann für Athanasius nur die Didascalia in
Frage kommen; und wenn wir auch die ersten Spuren dieser
Schrift in Syrien und Palaestina, d. h. bei den Audianern *) , Epi-
phanius und dem Verfasser des „opus imperfectum inMatthaeum^^
finden, so konnte ohne Zweifel auch Athanasius von ihr Kunde
haben, besonders von ihrer Stellung zum Deuteronomium , die ihn
in seinem Briefe um so peinlicher berühren mußte, weil er nicht
1) Daß Athanasius ^t^a;i;if und didaanaUa gleichgesetzt hat, ist nicht za
pressen, da auch letztere eine Lehre der Apostel sein wollte; überhaupt w&ren
die zahlreichen Verwechselungen unmöglich gewesen, wenn nicht beide Ausdrücke
für identisch gehalten wurden. — Die Ansicht, welche vielleicht auftauchen könnte,
daß ein Interpolator die oben erwähnte arabische Didascalia von der syrischen
habe unterscheiden wollen, bedarf wohl kaum einer Widerlegung.
2) Texte n. Unters. II, 1, S. 242. und ibid. II, 6, S. 76.
8) Apost. Const. S. 64.
4) l. c. S. 77.
6) 1. c. S. 05.
6) £piph. h. 70, 1.
7) Die Annahme von Cave (Script, eccl. bist. Tom. I, 817) und Berends (Sta-
dien über Zacbarias-Apocryphen etc. 1895 S. 68 Anm. 4) von der Entstehung
dieses Werkes in Gallien scheint eine neue Stütze zu finden in der altlateinischen
üeberseuung der Didascalia aus dem Griechischen, welche Hauier in einer Yero-
nenser Handschrift entdeckte (vergl. SiUungsber. d. K. K. Acad. d. Wissensch. in
Wien Bd. CXXXIV 1895). Wenn nach Uauler diese UeberseUung bereiU ans
dem 4. Jahrh. stammt, so moB auch Athanasius unbedingt das griechische Origi*
nal gekannt haben.
der Otterfestbrief des Athftnasias vom J. 367. 193
nur das Deuteron, im Kanon des A. T.'s aufzählt, sondern pag. 178
unseres Textes den Häretikern entgegenhält: ;,Wie hat Moses
apoeryphe Bücher? dieser, welcher das Deuteronomium verfaßt
hat, indem er Himmel und Erde zum Zeugen machte!"
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch auf zwei Thatsachcn auf-
merksam machen. - Epiphanius hat uns nämUch eine Reihe von
Citaten aufbewahrt, die nach Funk's Untersuchungen ^) der Didas-
calia entnommen sind. Es ist aber bis jetzt m. W. noch nicht be-
merkt worden , daß er die Didache mit der ÖLdta^ig resp. den dta-
td^stg r&v iitoötöXav fiir identisch gehalten, die alte Didache über-
haupt nicht gekannt hat. Er schreibt nämlich h. 70, c. 10 bei
Besprechung der Osterfeier: Elg rovro di ot ainol A-bdiavol naga-
q>iQ0v6i tipf t&v ixoötökmv diäta^Lv^ ovdav [ihv rotg TCoXXotg iv ifi-
fpiXixtp^ iXX oix adöxiiiov. naea yag iv airtfl xavovixii tä^ig ifir-
(pBQBxai iucl oidlv naQuxBxagayfiivov xf^g xiötemg oidh tfjg 6(ioXoyiag
ovdh tUg ixxXri6ia6xiXT\g dioixi^ösmg xal xavövog xal niöximg. Funk
bemerkt S. 62 dazu: „Die Schrift galt hienach den meisten Christen
des 4. Jahrhunderts als zweifelhaft, ihr apostolischer Ursprung
stand näher hin in Frage Epiphanius fand jedenfalls in
der Schrift nichts Unkatholisches. Er hält jenen Zweifel nicht
für begründet. Die Schrift ist nach seinem Urteil nicht zu ver-
werfen, da in ihr die gesamte kirchliche Ordnung enthalten ist
und nichts, was dem Glauben und dem Bekenntnis oder der kirch-
lichen Verwaltung und Regel zuwider wäre". Offenbar ist es dem
Epiph. nicht um den Erweis der Katholicität, sondern der
Apostolicität des Werkes zu thun. Das Argument, welches
die Haeretiker für ihre Deutung des Osterfestes auf Grund der
Diataxis aufgestellt haben, sucht er eingehend mit Hülfe anderer
Stellen zu entkräften, während er sonst die von den Haeretikern
benutzten Bücher ohne Besinnen, wo sie ihm unbequem sind, als
apocryph verwirft und auf eine Widerlegung sich nicht einläßt.
Er glaubt in diesem Werke authentische Aussprüche der Apostel
zu haben und citirt es darum wie kaum eine andere Schrift; so
schreibt er h. 46, 4: iXXä xal ot ixööxoXoi tpa^tv iv rg diaxäl^Bc xfj
xaAovfi/vg oder h. 76,6: oC aixoi ixööxoXot iv rg diaxdisi iXtyov
oder h. 80, 7 : iv xatg diccxd^B6i x&v ino6x6X(ov (pdöxsi 6 ^stog Xöyog
tud 4 8ida6xaXCa. Mit den Worten fiv6av iihv xotg TCoXXotg iv A(i'
^Xixxffj iXX orbx idöxiinyv will er nun das Urteil anderer Eirchen-
autoritaten über die Schrift charakterisiren, das dahin lautet: sie
ist zwar iiuptX€xtogy aber doch ot^ idöxifLog. Was diese aber oder
1) 1. c. 8. 44 ff.
Igt e«. 4. W. VMkriAM«. PkUolOf.-Uclor. Dmm 18M. Ul S. 13
194 C. Schmidt,
besser Epiph. unter &(i(pik6xrog versteht , möge eine Stelle h. 8, 6
erläutern, wo er bei Aufzählung des jüdischen Kanons schreibt:
elöl dl xal &kkai nag* airotg diio ßLßkoi iv i^q)Lkixtp, i^ Uofpia
tov EsiQCL% xal fi rot) Uakoficjvog x^Q^S tiv&v ßtßkLCDv ivaxoxQVfpcav.
Und dem oix &d6xLfiog steht ein anderes Urteil über dieselben bei-
den Bücher parallel, nämlich de mens. 4 (Lagarde Symmicta II,
p. 157,38): aitat xqi^6i(iol fiiv bIöl xal d)g)eki(iOL, äkX slg &-
QLd^iibv XGiv Qfit&v oix ivaq>6Qovrat, Somit lautet das Urteil der
noXkoC: Die Schrift ist zwar nicht in den Kanon aufzunehmen,
aber als kirchliche Schrift im vollen Sinne zu betrachten, da sie
sich in jeder Beziehung bewährt hat, oder sie gehört, um mit Eu-
sebius zu reden, nicht zu den b^ioloyovfiBva ^ sondern zu den &vti-
key6(i€va'v6^a, Epiph. erkennt das ovx idöxiiiog voll an, verglei-
chen wir aber seine übrigen Citate und nehmen noch die einge-
hende Begründung seines Urteils hinzu, so kann nicht zweifelhaft
sein, daß er an ihrem direkt apostolischen Ursprünge festhält.
Um so auffallender ist es, daß eine Schrift, von der wir hier
zum ersten Male Kunde haben, mit so hohen Prädikaten ausge-
stattet und zugleich als alte Urkunde eingeführt wird. Denn die
noXkoC sind nicht allein die Zeitgenossen des Epiph., sondern ins-
besondere hervorragende Autoritäten der Kirche, welche ihr Ur-
teil über die Schrift schriftlich niedergelegt haben, und Kirchen-
gemeinschaften, bei denen das Buch anerkannt ist. Von der Di-
dascalia resp. der Diataxis wissen wir, daß sie über Syrien hinaus
kein kanonisches Ansehen^) besessen, vor allem nicht imKatechume-
nenunterricht benutzt ist und nicht als Vorleseschrift galt. Epiph.
hat also ebenso, wie später der Syrer beim Festbrief des Äthan.,
die Diataxis mit der Didache vertauscht, da er letztere wohl im
Original nicht kannte und erstere in Syrien dasselbe Ansehen wie
jene genoß. Von der Didache wußte Epiph. und las es auch bei
Eusebius (h. c. III, 25, 4), daß sie als xSiv ijcoörökmv at Xeyöiisvat
6ida%aC zu den äinLksydusva-vöd^oc gestellt war, und ferner hatte er,
wenn er den Osterfestbrief des Äthan, noch nicht kannte, während
seines Aufenthaltes in Aegypten die Gelegenheit gehabt, zu er-
fahren, daß daselbst ein Buch unter diesem Titel von alters her
im Unterricht benutzt wurde. — Bei dieser seiner Hochschätzung
der Didascalia dürfen wir die Benutzung in der Expos, fid. cath.
c. 21 nicht wunderbar finden. Funk hat dies bestritten (S. 48 f.),
1) Vergl. freilich die oben erwähnte Entdeckung einer altlat. Uebersetzung,
welche der Verf. des opus imperf. in Matth. benutzt haben soll, doch stehen wei-
tere üntersachongen noch ans.
der Osterfestbrief des AthanasiuB vom J. 867. 195
Harnack ') schließt auf eine andere Recension als die uns erhaltene
syrische , aber wir kennen doch die Quellenbenutzung des Epiph.
zur Genüge, um ihn noch durch Aufstellung von Hypothesen retten
zu wollen ; auch liegt ja kein wörtliches Citat vor.
Damit wende ich mich zum zweiten Punkte, nämlich zu Ru-
fin^s Expositio in symbolum apost. '), der zu den neutestamentlichen
Vorleseschriften ein Werk unter dem Namen „duae viae vel iudi-
cium secundum Petrum" rechnet. — Schon viele haben über diese
Stelle geschrieben*), zahlreiche Hypothesen sind aufgestellt, aber
bis jetzt ist man zu keinem positiven Resultate gelangt. Auch
ich möchte meinerseits nur zur erneuten Debatte der Probleme
durch meine Untersuchungen anregen.
Als Ruiin nach der wahrscheinlichsten Annahme um 400 in
Aquileja jene Expositio verfaßte und darin auch einen Kanon der
Schriften veröffentlichte, legte er dieser Arbeit die monumenta
patrum , d. h. insbesondere schriftliche Quellen zu Grunde. So
.schreibt er gleich im Anfang § 36 : Et ideo quae sunt novi ac ve-
teris instrumenti volumina .... sicut ex patrum monumentis ac-
cepimus und § 37 am Schluß der kanonischen Schriften : Haec sunt
quae patres intra canonem concluserunt, und § 38 nach Anführung
der Yorleseschriften : Haec nobis a patribus, ut dixi, tradita . . .
Welches sind nun diese monumenta patrum? Man hat in erster
Linie auf die Katechesen des Cyrill von Jerusalem hingewiesen,
die er schon bei der Auslegung des Symbols stark benutzt, dem
folgend Rnfin auch ein kurzes Kanonsverzeichnis ad instructioncm
eorum, qui prima fidei elementa suscipiunt, beigefügt hat. Als
zweite Quelle gilt die Tradition der alexandrinischen Kirche, d. h.
der Osterfestbrief des Äthan., den er sicherlich während seines
Aufenthaltes in Aegypten und seines Verkehres mit Äthan, kennen
gelernt hatte.
Die eigentümliche Reihenfolge der ATlichen Schriften läßt sich
in beiden Quellen nicht nachweisen, vielleicht stammt sie aus der
lateinischen Bibel in Aquileja — für diese Stadt war wohl zu-
nächst die Arbeit bestimmt, da er ja ihr Symbol zu Grunde legt.
Abweichend von Ath. zählt Rufin Ruth zu Richter und fügt Esther
ein, wie es auch Cyrill thut. Doch kann man darauf kein großes
Gewicht legen, da diese Zählung auch sonst häufig ist. Cyrill nennt
keine Apocalypse und — was die Hauptsache ist — überhaupt
1) GMch. d. altchr. Lit S. 616.
2) VergL Zahn : Gesch. d. NTlichen Kanons II, 240 ff.
8) TergL Hamaek: 1. c 8. 28f.
13
196 C. Schmidt,
keine Vorleseschriften. Hier sieht man deutlich den Einfluß des
Äthan. Schon die Anfangsworte in § 38: Sciendum tarnen est,
quod et alii libri sunt, qui non canonici, sed ecclesiastici a maio-
ribus appellati sunt — weisen auf die entsprechende Fassung bei
Äthan. : ^AkX evsxd ys nksiovog &XQiß6(ag XQogtid'rjiit xal toiho etc. ;
nur scheint Bufin das griech. &vayiV(o6x6fi€vot mit ecclesiastici
übersetzt zu haben, da sich bei den maiores diese Bezeichnung im
Latein, nicht findet. Wie diese Uebersetzung entstanden, zeigt
die Bemerkung zum Buche Weisheit Jesu Sirach: qui liber apud
Latinos hoc ipso generali vocabulo Ecclesiasticus appellatur, quo
vocabulo non auctor libclli , sed scripturae qualitas cognominata
est , d. h. er hat einfach den Namen auf die ganze Gruppe über-
tragen.
In der Gruppe der Hbri ecclesiastici werden noch die Bücher
der Makkabäer aufgezählt, die merkwürdiger Weise Äthan, nicht
erwähnt, obwohl Origenes (Euseb. h. c. VI, 25, 2) sagt : i^ca dl rotJ-
tmv iörl tä Maxxaßatxd. Ihre Hinzufügung ist nicht aufföllig;
ganz anders stellt sich aber die Sache bei den beiden NTlichen
Vorleseschriften, der Didache und dem Pastor. Hier sagt Rufin:
In novo vero testamento libellus, qui dicitur Pastoris sive Her-
mae , et is ^) , qui appellatur duae viae vel iudicium secundum Pe-
trum. Der Pastor steht an erster Stelle und wird näher als Her-
mas bezeichnet — beides vom Gesichtspunkte des Abendlandes,
wo der Pastor als in Bom entstandene Schrift ein großes Ansehen
genoß — , das zweite Buch, das der Didache entsprechen sollte,
hat einen ganz abweichenden Doppeltitel.
Der gewöhnlichen Meinung, daß beide Titel ein und dasselbe
Buch bezeichnen, ist Zahn ') mit dem Hinweis auf Hieronymus (de
vir. ill. 1) , der unter der Zahl der pseudopetrinischcn Schriften
ein „iudicium" nennt, und mit der Deutung des „vel" als Synony-
mum von „et" entgegengetreten und hat letzteres als ein drittes
selbständiges Werk angesehen. Indem ich zunächst von Hieron.
absehe, so ist die Gleichsetzung von „vcl" mit „et" unannehmbar,
da ein Nachweis dieser Bedeutung in so früher Zeit von Zahn nicht
geliefert ist. Wenn ferner Zahn wie beim „Hirten" statt des „vel"
wieder ein „sive" erwartet, so hat er den Parallclismus der Sätze
zu wenig beachtet, der ßufin zum Wechsel der Wörter veranlaßte.
So variirt er auch an einer früheren Stelle den Ausdruck von
„dicitur" und „appellatur". Und wollten wir auch Zahn folgen, so
1) So nach Z&hn's richtiger Verbesterung.
2) Gesch. d. NT. K. 248, Anm. 4.
der Osterfestbrief des Athanasius Tom J. 867. 197
m
gewinnen wir damit garnichts, da er uns über seine dritte Schrift
trotz der Bemerkung aof S. 828, Anm. 1 nicht aofzoklären ver-
mag. Vor aUem hat er nicht die Schwierigkeit berücksichtigt, die
darin liegt, daß es sich nm eine Yorleseschrift handelt, da unmit-
telbar darauf der Relativsatz folgt: qnae omnia legi qoidcm in
ecclesiis volaenmt (sc. patres). Beabsichtigte also Rofin noch eine
dritte Schrift hinzuzufügen, so hätte er nur durch die Tradition
der abendländischen Kirche dazu veranlaßt werden können. Eine
derartige lateinische Schrift muß aber noch entdeckt werden.
Ueberhaupt ist sich Bufin gamicht bewußt, eine Singularität hier
vorzulegen, da er sich ja auf die „ Väter ^ beruft, mithin in seinen
Quellen diese Schrift vorgefunden hat. — Drei Punkte müssen
deshalb bei der Untersuchung unverrückt festgehalten werden:
Identität der beiden Titel, XJeberlieferung bei den „Vätern" und
Vorleseschrift in der abendländischen Kirche.
Aber Hieronymus kennt ja ein Werk unter dem Titel „iudi-
cinm Fetri" ? — Zunächst will ich im Allgemeinen bemerken, daß
man Kuün und Hieronjnnus nicht als zwei verschiedene Größen
werten sollte, denn sie sind nicht nur Zeitgenossen, sondern beide
haben in Aquileja, beide in Aegypten, beide in Jerusalem geweilt und
sind daneben lange Zeit befreundet gewesen, so daß sie räumlich wie
zeitlich eine Tradition vertreten. — Bei Hieron. finden wir diese
Schrift, wie gesagt, de vir. ill. c. 1 am Schluß der von Euseb.
(h. e. III , 3) genannten 4 pseudopetrinischen Schriften , d. h. an
fünfter Stelle. Ob man hier zum Titel ein Petri oder secundum Pc-
trum zu ergänzen hat, bleibt gleichgültig. Ebenso ist iudicium,
wie Zahn mit Recht hervorhebt, durch die Uebereinstimmung von
Ruiin und Hieron. gegen die Vermutung von Grabe (Spicil. I, 56)
geschützt, daß eine Abkürzung von xiJQvyna als xgtfia niisverstan-
den sei , zumal da er die praedicatio nennt. Nun macht Zahn zur
Stütze seiner obigen These geltend, daß Hieron. nur den letzten
Titel nenne, dieser sei also der gewöhnliche gewesen und Rufin
würde ihn als solchen dem andern vorangestellt haben. Diese Be-
hauptung wird schon ohne weiteres durch die Thatsache widerlegt,
daß Hieron. an der betreffenden Stelle einen Catalog aller mit dem
Namen des Petrus betitelten Schriften giebt, daher mit dem
Titel duae viae hier garnichts anfangen konnte. Aber auch an-
genommen, er hätte den ersten Titel überhaupt nicht gekannt, so
bleibt der Thatbestand zurück, daß er in einer Quelle den Titel
iudicium Petri resp. sec. Petr. gelesen und aus dieser ihn an die
ihm passend scheinende Stelle gesetzt habe. An Rufin kann nicht
gedacht werden, da er seine Expositio erst nach der Abfeissung
198 C. Schmidt,
von de vir. ill. geschrieben hat, eher wäre das Umgekehrte der
Fall. Wir sind nun, wollen wir methodisch weiter gehen, an eine
gemeinsame Quelle gewiesen.
Bei der Erörterung des Problems hat man bis jetzt niemals
den Schriftenkanon des Hieron., welchen er in dem sogen. Prologns
galeatus vom Jahre 390 veröffentlicht hat, herangezogen. Und
doch springt bei einer Vergleichung mit Rufin die nahe Verwandt-
schaft beider Kanonsverzeichnisse in die Augen. Hier ist Ruth
mit Richter vereinigt, hier finden wir Esther im Kanon des A.T's.,
hier werden die 3 Bücher des Salomo zusammengefaßt als Salomo
tres libros Labens (= Rufin : Salomonis vero tres ecclesiis traditi),
und vor allem sind hier die von Rufin als ecclesiastici bezeichneten
Vorleseschriften aufgeführt, sogar die Makkabäer, welche bei Ath.
nicht standen. Hieron. schreibt nämlich am Schluß: Hie prologus
scripturarum quasi galeatum principium omnibns libris , quos de
Hebraeo vertimus in Latinum, convenire potest, ut scire valeamus,
quicquid extra hos est, inter &7c6xQvg}a^) esse ponendum. Igitur
Sapientia, quae vulgo Salomonis inscribitur, et Jesu filii Syrach
Über et Judith et Tobias et Pastor non sunt in canone. Macha-
baeorum primum librum hebraicum reperi, secipidus graecus est
etc. (IX , 458 Vallarsi). Man ist ganz erstaunt, den Pastor mitten
unter den alt. Apocryphen zu finden, während man doch die Mak-
kabäer vorher vermutet hätte, ja, wollte man die ganze Stelle ih-
rem Wortlaute nach deuten, so hätte Hieron. den Pastor zu den
von den Hebräern aus ihrem Kanon ausgeschlossenenen Schriften
gerechnet, deren Uebersetzung ins Lateinische ihm zur Aufgabe
gemacht wäre. Man könnte versucht sein, die Stellung des Pastor
aus dem Kanon Muratori Z 78 f. erklären zu wollen*), wo er aus
1) HieroD. kennt überhaupt nicht die Dreiteilung Ton libri canonici-ecclesia-
stici-apocryphi, sondern nur die erste and letzte Gruppe; in letzterer unter-
scheidet er aber wieder zwei Abteilungen mit verschiedener Dignit&t, nämlich
apocryph im Sinne der Hebr&er, d. h. Schriften , welche nicht in den Kanon auf-
genommen sind, aber in den Gemeinden gelesen werden, und apocryph im Sinne
von „haeretisch*. Diese ungenügende Begriffsbestimmung hat Hieron. selbst und
noch vielmehr seine Nachfolger in große Unsicherheit bei der Beurteilung ein und
derselben Schrift versetzt. — Aus diesem Mangel scheint hervorzugehen, daB erst
Rufin jene Dreiteilung nach dem Vorbilde des Ath. eingeführt und den Ausdruck
ecclesiastici selbst geprägt hat.
2) Erst dem Mittelalter blieb es vorbehalten, die Worte des Hieron. wörtlich
aufzufassen und den Pastor zu den alttest. Apocryphen zu zählen, wie z. B. Petrus
Comestor, Job. Saresberiensis. Wir verdanken diesem Irrtume die üeberlieferung
des Pastor in lat. Bibeln des A.T's. im 16. u. 16. Jahrb. Vergl. v. Qebhardt,
Prolog, in Past p. XY. XVm £d. Lips. 1877 und Hody : de bibl. text. origin.
p. 669 col. 106.
der Osterfestbrief des Athanasius vom J. 867. 199
der Zahl der Propheten and Apostel ausgeschlossen wird, aber
dieses Kanons Verzeichnis war ihm unbekannt, denn nach der Tra-
dition des Hieron. de vir. ill. c. 11 war der Verfasser des Werkes
der Hermas des Roemerbriefes. Im Uebrigen weiß er, daß die
Schrift in der griech. Kirche öffentlich gelesen und als nützliches
Buch von den alten Schriftstellern viel citirt wird, während er be-
richtet, daß sie „apud Latinos paene ignotus'^ sei^). Man kann m. E.
den Hieron. von jener Strudelei nur unter der Annahme retten,
daß er fälschlich eine Liste der jüdischen Apocryphen mit
einem Verzeichnisse der christlichen Vorlescs^chriften
verwechselt habe, was um so verzeihlicher ist, als ja in den letz-
teren die jüdischen Apocryphen an erster Stelle standen und ihnen
die altchristlichen folgten.
Doch zu den vielen Räthseln scheint ein neues zu treten. In
einem kirchlichen Kanonsverzeichnisse wäre der Pastor als einzige
neutest. Vorleseschrift unerhört gewesen, wie schon Iluiin beweist.
Handelt aber Hieron. in dem Prolog, gal. nur vom hebräischen
Kanon und dessen Apocryphen, so konnte er bei seiner bekannten
Flüchtigkeit noch den Pastor gleichsam als prophetische Schrift
nennen, aber eine Schrift mit neutest. Namen an dieser Stelle hätte
das Maß von Unsinn voll gemacht. Daher hat Hieron. die zweite
im Verzeichnis genannte Schrift, welche, wie wiederum Rufin zeigt,
an letzter Stelle stand, mit Bedacht ausgelassen. Wohin diese x
Schrift transponirt ist, braucht man wohl kaum noch zu verraten,
nämlich in den Catalog der petrinischen Apocryi)hen -).
Somit lautet das Ergebnis unserer Untersuchung: Ruiin hat
ein von Hieronymus um 390 in Rom benutztes und wahrscheinlich
in latein. Sprache abgefaßtes Kanonsverzeichnis in seine Expositio
aufgenommen, dieses aber schon mit Rücksicht auf seine Arbeit
treuer überliefert. — Freilich könnte Hieron. nur den Titel „iudi-
cium" gefunden , Rufin das „duae viae^ auf eigene Hand hinzuge-
fügt haben. Dagegen spricht aber die Nennung an erster Stelle;
80 nennt er Pastor und dann Hermas , d. h. den Titel zuerst und
1) Vergl. auch die beiden andern Citate bei Hieron. Hb. I in Habac. 1,14
(T. VI p. 604 Vall.) nnd Hb. II in Hob. 7, 9 (T. VI, p. 75).
2) Es ist wiederum charakteristisch, daß Rufin diese Schrift bei seiner Ueber-
setzung von Kusebius* Kirchengesch. nicht su den pseudopetrioischen gestellt hat,
da er doch sonst Zus&txe gemacht hat , s. B. fugt er beim Catalog der Apostel-
acten die von Matthaeus und Bartholomaeus hinsu. Ihn hinderte wohl die ge-
naaere Kenntnis von dem Inhalt des sog. indiciom.
200 C. Schmidt,
dann den angeblichen Verfasser ^). Dem entsprechend muß auch
„duae viae" der allgemeine Titel, „secundum Petrum" der Autor-
titel sein , letzteres natürlich im ideellen Sinne , d. h. Petras als
Haupt der Zwölfe.
Führte also zur Zeit des Hieronymus und Rufin eine Vorlese-
schrift in einem latein. Kanonsverzeichnis diesen Doppeltitel, so
kann darunter, wenn wir auf Athanasius und auf die abendländische
Kirche blicken, nur die Didache gemeint sein. Dieselbe existirte,
wie jetzt nachgewiesen ist, in latein. Sprache*) und diente als
Vorleseschrift, auch war sie ja aus den Vätern genugsam bekannt.
Freilich bleibt der Titel duae viae, wie iudicium sec. Petr. trotz-
aUedem ein Räthsel ; der erstere läßt sich zwar ohne Schwierigkeit
mit der Didache vereinigen, aber der zweite bleibt in Dunkel ge-
hüllt'). Wir müssen diese Singularität anerkennen, denn um eine
solche hat es sich schon damals gehandelt, denn weder vor noch
nach den Tagen des Rufin und Hieron. haben die Väter irgend einen
der beiden Titel erwähnt. Denn Rufin selbst übersetzt bei Eu-
sebius richtig doctrina apostolorum *) , ebenso lautet der Titel in
der aufgefundenen lat. lieber Setzung und „doctrinae apostolorum"
bei Pseudocyprian adv. aleat. 4.
In Folge dessen haben andere Forscher, welche die Identität
beider Titel festhalten, zu der Behauptung ihre Zuflucht genommen,
Rufin habe eine andere Schrift als die Didache gemeint. Harnack
hält eine kürzere oder längere Gestalt derselben, z. B. die apostol.
Kirchenordnung für möglich, Krüger *) behauptet schon bestimmter,
daß die Didache aus dem Grunde nicht gemeint sein könne, da
Rufin sie bei Euseb. als doctrina bezeichne ; wahrscheinlich handele
es sich um die apostol. Kirchenordnung und der zweite Titel finde
durch den Urteilsspruch Petri in Canon 30 genügende Erklärung.
Den ersten Punkt darf man nicht ernst nehmen, denn bei der
1) Denselben Doppeltitel setzt auch Hieron. in de vir. ill. c. 11 u. libr. II in
Hos. 7,9 voraus. Im Prol. gal. hat er das sive Hermas natürlich unterdrückt.
2) Vgl. von Gcbhardt in den Text. u. Unters. II, S. 276 ff. und Funk : Quar-
talschrift 186(3, S. 650 ff. lieber den Gebrauch der Didache im Abendlande vergl.
Harnack Gesch. d. altcbristl. Lit. S. 87 f.
9) Vielleicht war der Titel für den Katechumenenunterricht geschaffen worden.
Wie einst Hercules am Scheidewege, so wurde der Katechumene vor die Wahl
des Weges des Lebens oder des Todes gestellt und hatte, wollte er ernstlich
Christ werden, sein „iudicium" abzugeben, d. h. die „Entscheidung" für den Weg
des Lebens nach Anleitung der Apostellehre zu treffen.
4) Die Uebertragung von didaxai in doctrina braucht man nicht allzu sehr
zu betonen.
5) Gesch. d. altchr. Lit. S. 225.
der OsUrfestbrief des Athauasius vom J. 867. 201
üebersetzong ist er doch an den Text des Easeb. gebunden , hier
ist er von einer andern Quelle abhängig. Die apostol. Kirchen-
Ordnung würde in der That gut passen, da wir in ihr die duae
viae und auch den Petrus finden. Aber der Name des Petrus, zu-
mal da er nicht so bevorzugt aus dem Kreise der Jünger hervor-
tritt, erklärt noch nicht das iudicium, und vor allem wird nicht
die Schwierigkeit gehoben, daß wir die apost. Kirchenordnung
weder bei den Patres noch im Abendland als Yorleseschrift kennen
und gar in latein. Sprache — denn darauf ist das Hauptgewicht
zu legen M«
Damit breche ich meine Untersuchungen über die Didache ab
und wende mich wieder dem Briefe des Athanasius zu. An dritter
Stelle hinter den Vorleseschriften stehen die Apocryphen. lieber
diese gab uns der griech. Text des Briefes keine Kunde. Aus dem
kopt. Texte ersehen wir, daß Atban. sich heftig über diese ganze
Literaturgattung ereifert und drei namhaft macht: das Buch He-
noch'), ein Apocryphon des Jesaias") und des Moses ^), alle drei
auch in den Apost. Const. unter den Apocryphen aufgezählt. Aber
ebenso wenig wie bei der zweiten Gruppe unterscheidet Ath. bei
dieser zwischen AT- und NTlichen Apocryphen, auch beabsichtigt
er gar keine vollständige Liste der letzteren zu geben, sondern
greift nur drei heraus , von denen er leichter Hand ihren apo-
cryphen Ursprung nachweisen konnte. Welche Stellung er aber
den von Clemens und Origenes so hoch gehaltenen Schriften , wie
Barnabasbrief, Evangelium, Apocalypse und Kerygma des Petrus,
Acta Pauli etc., die noch Euseb. zu den ivxiX$y6ii$va'v6^a rechnet,
angewiesen hat, darüber suchen wir hier vergeblich Auskunft.
Ath. setzt die Miene eines Literarhistorikers auf und behauptet
kühn, daß die Väter niemals ein apocryphes Wort citirt hätten,
daß vielmehr alles Unheil von den Haeretikern komme, welche die
1) Andere könnten an die Didascalia denken, welche wir jeUt in lat. lieber-
•etsung kennen gelernt haben. Dann hätte Rufin dieselbe Verwechselung began-
gen, wie vor ihm Epipbanius. Der Verf. des opus imperf. citirl das Werk unter
dem Titel „canones apostolorum^. Aber damit ist noch nicht die Benatsung als
Vorlesescbrift im Abend lande nachgewiesen.
2) Im Verxeichnisse der 60 kanon. Bücher an 2. Stelle der ATHcben Apo-
cryphen, an erster bei Nicephorus und Pscudo- Äthan.
8) Wohl ideutisch mit Zffaoig 'Heatov (im Vers, der 60 kan. Bücher an llter
Stelle) oder &9aßatt%69 'Hc. Vergl. Dillmana Ascensio lesaiae 1877.
4) dia4h^%7i Mmeiwg und itvalri^ig M. (im Vera, der 60 Buch. Nr. 7 n. 8,
bei Niceph. Nr. 4 n. 5» ebenso Psendo-Ath. — AssompUo Mosis heraasgegeb. voo
Charles: The assomption of Moses London 1897.
202 Cl. Schmidt,
Apocryphen zur Täuschung der Laien abgefaßt und zu diesem
Zwecke mit alten Namen etiquettirt hätten. Schon Euseb. (1. c.
III, 25. 6) hat diesen Ton angeschlagen, aber er bleibt dabei der
besonnene Forscher; hier aber wird das Wort algsrixot in den
gewaltigen Kampf hineingetragen, der gegen die Arianer und Me-
letianer geführt wird. Ath. hat sich wohl gehütet, uns die Namen
der atQBTvxoi anzugeben , war doch dieser schillernde Ausdruck
sehr geeignet, ein Sammelname für alle unbequemen Erzeugnisse
zu werden. Und so beginnt mit dem Nicacnum der Feldzug der
dogmatisirten Kirche gegen die (xcistosprodukte ihrer eigenen Ver-
gangenheit, ein Kampf, der seinen Hiihcpunkt erreichte, als die
Priscillianisten ^) und Manichäer sich der Apocryphen zur Stütze
ihrer Lehren bedienten und das Rocht ihrer Benutzung erstreiten
wollten. Da hat man das Verdammungsurteil über die ganze nicht-
kanonische Literatur ausgesprochen und an Stelle der Bezeichnung
„apocryph" „haeretisch" gesetzt. Damals begann die Leidenszeit
der altchristl. Literatur, die teils dem Untergange geweiht, teils
interpolirt oder überarbeitet wurde, um ja keine dogmatischen An-
stöße stehen zu lassen. So schien zugleich die naive Volksliteratur
dem Moloch der byzantinischen Orthodoxie zum Opfer fallen zu sollen,
aber soviel man auch gefeilt und bearbeitet, so viel man auch
neue Schriften zur Verdrängung der alten in bewußter Weise ge-
fälscht hat, das „undogmatische Christentum" ist doch Sieger ge-
blieben, da man mit den frostigen dogmatischen Spitzfindigkeiten
der Kirchenväter das Volksgemüt nicht befriedigen konnte. Noch
heute reden diese Zeugen der alten Kirche eine deutliche Sprache
und gewähren uns einen tiefen Einblick in das eigentümliche Ver-
ständnis des Christentums von seiten der großen Volksmasse, frei-
lich ein Verständnis , das wir auf das Tiefste beklagen müssen,
denn an die Stelle der Geschichte trat der Roman, an die Stelle
der lebendigen Kräfte der Lehre und Person Christi traten die
Grauklerkanststücke eines Thaumaturgen , welche mehr und mehr
das lebendige Interesse an der evangel. Geschichte ersterben, ja
die Evangelien selbst dem Blick der Menge entschwinden ließen,
so daß sie schließlich geistig erblindete und in stumpfe Superstition
versank.
Auf der andern Seite hat diese Periode der Verdunkelung der
eigenen Vergangenheit für die Geschichte der altchristl. Literatur
eine Verwirrung angerichtet, wie sie nicht schlimmer gedacht
werden kann. Noch heute schwebt über jedem apocryph. Werke
1) Vergl. die Aaseinandersetzuogen des Prisoillian im tract. III ed. Schep88.
der Osterfestbrief des Athanasius vom J. 867. 203
das Verdikt des Haeretlschen oder des Gnostischen , was leider
immer als gleichbedeutend angesehen wird. Man nehme nur die
Ausgaben und die Untersuchungen über die apoeryphen Apostel-
legenden — ich denke vor allem an Lipsius — zur Hand, sie gel-
ten allgemein als gnostische Fabrikate, und doch kann man mit
gutem Gewissen behaupten, daß die Gnostikor nicht ein einziges
Stück dieser Romanliteratur verbrochen haben, wie sie überhaupt
an der naiven Legendenbildung ganz unbeteiligt sind, daß vielmehr
die Kirche sie ihnen zugeschoben hat, um ihre Erzengnisse von
ihren Rockschößen abzuschütteln. Solange also dieser innerkircb-
liehe literarische Kampf nicht nach allen Seiten hin untersucht,
so lange der Begriff von atgstixös und ixöxgvipos in Bezug auf
die altchristl. Literatur nicht festgestellt und insbesondere der
Umfang der gnostischen Literatur nicht genau begrenzt ist, wird die
Geschichte der altchristlichen Literatur zum teil auf ganz unsicherem
Boden aufgebaut werden.
Das Skoliou des Simouides au Skopas.
Von
Ulrich Ton WIlamowltz-MocUciidorff,
auswärtigem Mitgliede der Gesellschaft.
Vorgelegt von F. Leo in der Sitzung am 23. Juli 1898.
Das Gedicht des Simonides, das Piaton im Protagoras be-
sprechen läßt, ist ganz allein durch ihn erhalten; alle sonstigen
Citate daraus gehen auf Piaton zurück *) ; wir hängen also aus-
schließlich von ihm ab, und jeder Versuch das Gedicht herzustellen
muß von der Exegese des Protagoras ausgehen. Dabei ist mis-
lich, daß Piaton bei seinen Lesern die Kenntnis des Gedichtes
voraussetzt, von dem er nur die Gedanken im Auge hat, so daß
genaue Citate nur zu erwarten sind, wo es ihm auch auf den
Wortlaut ankommt. Wol war ihm schon als er den Protagoras
schrieb, klar, daß die Dichtci erklärung kein wissenschaftlicher
Weg der philosophischen Forschung wäre, und es ist nicht anzu-
nehmen, daß es ihm mit jeder Einzelerklärung Ernst gewesen ist,
und war es das, so kann er immer noch fremdartiges hineingetra-
gen haben. Verbindlich ist nichts für uns, was nur Deutung Pla-
1) Das geht so weit, dass bei Diogenes Laertius L 76 mehr aus dem Ge-
dichte als der Spruch ^^Xc^r^y ia^lbv ^niiivai dem Pittakos beigelegt wird, und
Polybios XXIX 26 nicht nur den Spruch selbst dem Simonides zuschreibt, son-
dern ihn nach der sokratischen Deutung so erklärt, daB er bedeute 'ein tüchtiger
Mann zu bleiben, ist schwer'. Wenn von Aristoteles und andern auch sonst einige
Verse des Gedichtes angeführt werden, so ist glaublicher, daB sie sie aus dem
platonischen Dialoge im Gedächtnis behalten haben, was sich bei Plutarch darin
zeigt, dass er i{>Qv(dovg in dieser attischen Form citirt, wie sie Piaton wider die
Mundart des Simonides gegeben hatte; in dessen Ilandschriften ist die echte
iomsche vorauszusetzen. Wenn Diogenes Scifirät mit dem echten Vocalismus
giebt, so hat das wol auch Piaton getan.
ü. T. Wilamowitz-Moellendorff, das Skolion des Simonides an Skopas. 205
tons ist, aber nur über seine Deutung geht fiii: uns der Weg zu
dem unmittelbaren Verständnis des Gedichtes. Um es aus sich
zu verstehen, müssen wir es uns erst herausschälen; aber wenig-
stens für dieses erste Geschäft sind alle Angaben und Andeutun-
gen Piatons unbedingt maßgebend. Das Verständnis hat von
Schleiermacher zu Hermann, zu Bergk, zu Blaß stetige Fort-
schritte gemacht, aber es fehlt noch mehr als ein Schritt, und um
auch nur zu wissen, wie weit wir sicher gelangt sind, ist es not-
wendig von der Erläuterung der Partie des Protagoras aus-
zugehen.
Protagoras citirt den Anfang des Gedichtes ') (das er in anti-
ker Weise eben durch ihn, daneben aber auch durch die Angabe
des Adressaten bezeichnet) und darauf eine spätere Stelle, die zu
den Anfangsworten in einem offenbaren Widerspruche stehn soll.
Nach einer ersten Debatte, die nichts einträgt, beginnt Sokrates
in ausführlicher Rede seine Erläuterung S. 342*. Er setzt aus
einander, daß die Weisheit der alten Zeit sich in karzen Sätzen,
yv&fLai, geäußert hätte, eine solche berühmte yvAiiri, die des Pitta-
kos x^Ac^öi/ iöd'Xbv Ififisvai habe sich Simonides ausgesucht um
durch ihre Widerlegung seine eigne Weisheit ins Licht zu setzen.
Diese Absicht des Dichters ist dem Sokrates die Hauptsache, denn
auf sie kommt er immer zurück, wenn er das einzelne erklärt,
und seine Auffassung des ganzen wurzelt in ihr. Ohne Zweifel
ist es ein sehr gesundes Princip der Interpretation, alles von der
gesammten Tendenz des Schriftstellers aus zu betrachten, und das
ist gar nicht selbstverständlich, vielmehr das Gegenteil der Weise,
mit der ein Prediger den Text zu behandeln pflegt, den er für seine
erbauliche oder belehrende Betrachtung zu Grunde legt, eine Be-
trachtung;sweise , die später dem Piaton selbst und schon damals
dem Homer und den anderen für den Unterricht verwandten Dich-
tem gemeiniglich widerfuhr. Es ist also in dieser Richtung die
Rede des Sokrates wirklich methodisch belehrend ; aber wir wissen
ans Erfahrung nur zu gut, daß auch die richtigste Methode in
den Sumpf führt, wenn' man sie unentwegt verfolgt.
Nach dieser allgemeinen Einleitung werden die schon von
Protagoras citirten Anfangsverse erläutert und dann sofort zu
der späteren Partie übergegangen*), in der der Widerspruch
1) 339^ nach den Anfangs worten roOro iniötaaat tb &iö(ia, 848^ tb «r^A-
t09 ToD &t9iiatog von den beiden ersten ZeUeo. Jede Construction ist also falsch,
die vor diese Worte etwas ansetzt.
2) Ueber die Distance beider Citatc wird nur gesagt 833 « n(foi6vxog roO £ttf-
futtog X^H nWf 344 0 fina roi^o 6Uya duXd^ir. Danach kann nicht mehr feh*
206 tJ. y. Wilamowitz-Moellendorff,
stecken soll. Hier wird nicht alles wörtlich citirt, aber wenn
sich deshalb auch die Worte des Simonides nicht alle herstellen
lassen, so zweifelt doch niemand daran, daß eine ganze zusammen-
hängende Strophe Schritt für Schritt erläutert wird. Danach
heißt es „,,Das ist also alles gegen Pittakos gerichtet, und an
dem folgenden Teile des Liedes ist das noch deutlicher. Denn er
sagt: „deswegen werde ich niemals Zeit an eine unerreichbare
Hoffnung verschwenden , mit dem Suchen von etwas was es gar
nicht geben kann, einem ganz vollkommenen Manne unter uns
allen, die wir der weiten Erde Frucht genießen". „Erst ihn fin-
den, dann will ich ihn euch zeigen" sagt er: so scharf greift er
in dem ganzen Gedichte den Pittakos an. „Alle lobe und liebe
ich aus freien Stücken, so einer nur nichts schmähliches tut; ge-
gen die Not kämpfen Götter freilich vergebens". Das ist auch
in dieser selben Tendenz gesa^"". Dieser letzte Punct, der an
einer in Wahrheit falschen Interpunction hängt, wird des näheren
begründet und dann (346^) der Fortgang genau bezeichnet. %„ Nicht
aus freien Stücken, aber gezwungen war Simonides selbst, wie er
wol wußte, oft in der Lage gewesen, einen Tyrannen oder einen
anderen Menschen dieses Schlages zu loben; deshalb sagt er zu
Pittakos u.s.w.^"0.
Es muß auch aus der Uebersetzung deutlich geworden sein,
daß von Simonides drei Stücke hinter einander angeführt werden,
jedes einzelne durch bestimmte Worte als zum Beweise der allge-
meinen Thesis geeignet bezeichnet. Wenn auch in den beiden
len als das Versmaß fordert, der Rest der ersten Strophe, und es kann nichts
darin gestanden haben was ausdrücklich auf das Thema Bezug hatte.
1) 345^ ravtd r$ olv ndvta ngbs xbv Ilittanbv stffritai^ »al tä bci6vxa xo^
äiaiMtog hl ykällov driXoi. <^<rl yd(f „toiivt%ev o^ot^ -f-alvvfi^sd'a x^096ü**.
ineii^xstai x&i rov JltrraKoi) jiffiart. „ndvtas d* inaivri\i,i o^^^ ^eol fia-
%ovfoti^^ «al 7o{^' hxl ngbg tb aitrb toü^ tiifruiivov. Folgt die falsche Deu-
tung dieser Worte, die aUes auf Simonides bezieht,, der sagen soU „freiwUlig lobe
ich jeden, der nichts schmähliches tut; gezwungen habe ich freilich auch andere
loben müssen". Dann die Fortsetzung tai^a drj nal r&i JTirvaxcbi Xiyst Zri
„iya & üittanh o^ duc raOra es '^iya Zxi il^l qpUö^oyoff, iarfl iii^iys i^aifnti
n. 8. w. Es ist doch evident , da£ das Gedicht Schritt für Schritt erläutert wird.
Insbesondere ist es ein Mis Verständnis , aus den Worten „so greife er in dem
ganzen Gedichte das Wort des Pittakos an" zu schlieBen, nicht die dtirte Zeile
wäre die letzte (das lieBe sich huren; aber sie ist mitten aus einer Strophe),
sondern die Strophe, in der sie steht Es wird zu einer Stelle, deren lebhafte
Polemik klar iBt, bemerkt „so stark polemisirt er überall" ; das nai ist das bei
Yergleichungen abondirende.
das Skolion des Simonides an Skopas, ^07
ersten die Worte des Simonides unmittelbar auf einander folgen,
so zeigt doch die Wiederholung von g^iy^tV, daß sie als zwei Citate
gegeben sind: es trat eben in dem Verse ijiH%^ i/ilv avgbv iitay-
yeksa der Hohn so klar hervor, daß er als ein besonderer Beleg
für die polemische Tendenz des Gedichtes angeführt zu werden
verdiente. Nun zweifelt niemand, daß trotz der Absätze, die So-
krates macht, und der Erläuterungen, die er einschiebt, ein zu-
sammenhängendes Stück , eine Strophe , angeführt ist. Dann läßt
es sich aber nicht abweisen, daß auch die Worte, die dieselbe ein-
führen, rä intövta rov atöfiaxosj ihren unmittelbaren Anschluß be-
zeichnen. Wie sollte auch ein ehrlicher Exeget ein Stück über-
springen, wenn er beweisen will, daß das ganze Gedicht sich an
Fittakos richtet, der nur einmal, grade kurz vor der fraglichen
Stelle, genannt war? Ebenso klar ist es, daß 346% wo ich eben
mit meiner Wiedergabe abbrach, das unmittelbar an die citirte
Strophe ansclüießende paraphrasiert wird. „;,Deshalb sagt er auch
zu Pittakos „nicht deshalb tadle ich dich, Pittakos, weil ich tadel-
süchtig wäre ^) , denn mir genügt es , wenn jemand nicht schlecht
und nicht allzu ungeberdig ist, so er nur das Recht kennt, das
dem Staate frommt, ein ordentlicher Mann; den schmähle ich
nicht (bin ich doch nicht schmählsüchtig) , denn .zahllos ist die
Race der Gemeinen (so daß wer gerne tadelt sich an ihnen satt
schelten kann): alles ist gut, worin nichts schmähliches ist"". In
diesem Abschnitte bleibt fraglich, in wie weit die eignen und voll-
ständigen Worte des Dichters vorliegen, in wie weit Sokrates sie
verkürzt und verändert, aber es ist unwidersprcchlich , daß auch
die ersten Worte „ich tadle dich nicht deshalb , weil ich tadel-
süchtig wäre" in irgend einer Form an dieser Stelle bei Simonides
standen, also das später eingeschobene Sätzchen „ich bin ja nicht
schmählsüchtig", das ich eingeklammert habe, ganz ebenso ein
erklärender Einschub des Sokrates ist -) wie die nächste Paren-
these, die niemand anders beurteilt. Den zuletzt angeführten Satz
„alles i:it gut, worin nichts schmähliches ist" deutet Sokrates so,
1) Sokrates bezielit die Erklärung des Simonides „ich tadle nicht aus Tadel-
socht** auf Pittakos. Damit irrt er , wie sich zeigen wird , aber er konnte es
nimmermehr tun, wenn die Worte bei Simonides früher standen als die Erwäh-
nung des Pittakos. Es ist also jede Construction falsch, die irgend etwas vor
die Nennung seines Namens rückt.
2) Das gesehen zu haben ist ein wesentliches Verdienst von Bergk; freiUch
hat er verkannt, dafi der Gedanke simonideisch sein muß und selbst das Wort
^tX6(uanos, das Piaton das erste Mal in's attische übersetzt, das andere Mal be«
halten muB, weü fU9fit{<rofi«( dabei stand.
208 ü. V. Wilamowitz-Moellondorff.
daB darin läge „ich bin auch mit der MittelmäBigkeit zufrieden.
„„Und ich suche , sagte er, keinen ganz vollkommenen Menschen;
erst finden ; dann will ich ihn euch zeigen, sodaß ich denn gar
niemanden loben könnte, sondern mir genügt, wenn einer nur zum
Mittelgut gehört und nichts böses tut ^). Denn ich liebe und lobe
aus freien Stücken, so einer nur nichts schmähliches begeht; ge-
zwungen muß ich manchmal auch einen solchen loben. So würde
ich dich, Pittakos, gewiß nicht tadeln, wenn du etwas leidlich
wahres und richtiges sagtest; aber so, wo du über eine besonders
wichtige Sache etwas falsches behauptest und dir einbildest das
richtige zu sagen, muß ich dich freilich darum tadeln"". Wer ge-
nau genug zusieht, muß bemerken, daß Sokrates selbst kenntlich
macht, er ziehe hier die vorher besprochene Strophe des Simoni-
des von neuem zur Erklärung heran, obwol sie in dem Gedichte
vorher, eben an dem Platze, wo sie zuerst besprochen ist, stand.
Denn nur bei dieser zweiten Anführung steht iipti (346*) , sonst
überall ^6iv. Ganz wie sich gebührt, kommt der Schluß der
erneuten Anführung genau zu dem Puncte, wo auch nach der
ersten Paraphrase der Gedanke kam „ich tadle dich nicht, Pitta-
kos, weil ich tadelsüchtig wäre" (346* und 346"). Damit ist der An-
schluß erreicht, der Zusammenhang der ganzen Partie erklärt').
Sokrates ist am Ende; darin liegt, daß auch das Gedicht zu
Ende ist, von dem er gesagt hat, es bezöge sich ganz auf Pitta-
kos*). Schritt für Schritt hat er es besprochen, wenn auch nicht
jeden Vers wörtlich angeführt. Er hat es gemacht, wie für einen
verständigen und redlichen Interpreten am nächsten liegt. Falls
sich herausstellt , daß das durch diese Exegese herausgeschälte
Gedicht Sinn und Verstand hat und ein Ganzes ist, so können wir
uns beruhigen und brauchen uns mit allen modernen Aenderungen
und Umstellungen gar nicht erst zu plagen. Setzen wir also ein-
mal zusammen, was als simonideisch herausgekommen ist; das ist
zwar für mehrere Partieen nur die platonische Paraphrase, aber
1) Das zielt auf die Worte der folgenden Strophe, die vorher so angeführt
waren, 8; &y ft^ ««»^ff ^^ ^^2^ &yfiv &ndlafivog: ein Beweis, daB der Inter-
pret hier die Aussagen des Dichters zusammennimmt, um eine durch die andere
zu erläutern.
2) Es ist also jede Construction falsch, die die letzt citirte Strophe von dem
letzten Platze rückt. Damit würde die unglückliche Annahme einer Epode fallen,
wenn sie nicht von Bergk längst beseitigt wäre: es ist unerfreulich, daB die
meisten Herausgeber Piatons von Bergk und BlaA nichts gelernt haben.
8) Es ist das Verdienst von Blaß, den Umfang des Gedichtes richtig be-
schränkt und damit seine Bestimmung erkannt zu haben.
das Skotion des Simonides an Skopas. 209
damit müssen wir uns eben bescheiden; ich wenigstens habe keine
Neigung, sie in Verse umzusetzen oder auch nur den Dialect simo-
nideisch zu machen^).
6vd^ iya^bv iihv iXa^iag yaviö^ai
%aXBx6vy XBQ0iv xb xal xoöl xal vo&i
3 tBXQdyo9vov &vsv i^öyov tstvyiiivov
10 ovdd iioi i^iuUmg xb Ilnxixsiov
viiuxaij xaCxoi 0og>ov xa^ä ipaxbg et-
^ebs &v ^6vog rothr' Ixot yigag^ ävöga d* oix
i6xi fii) od xaxbv i^^uvai^
16 ov av aiii^xavog 6viig>0Qä xa^sXtit.
XQd^ag yäQ bv x&g ivijQ iya^ög,
xaxbg d^ bI xax&g, inl xXbI^xov dl xal &qi6xol oiig av
ot ^Bol <piX&0iv ^).
xoüvBXBv o^no-i iyio xb fii) yBviö^ai
20 dvpaxbv dii,ijiiBvog XBVBäv ig £-
XQoxxov iXnCia ^lotgav al&vog ßaXim^
navofiio^iyif &v^Qi07C0Vj BigvBÖovg Z6oi
xaQxbv aMiiBd'a x^ovög.
iiCBiff ifilv BVQhv ixayyBXim^.
26 %ivxag (f inalvvuLi xal tpiXim
Bxhv o6xig Igdrii
fiflSiv al6%Q6vy avdyxai^) d^ oidl ^boI iul%ovxaL,
1) Einfach falsch waren der Aeolismen nffd^aig und icX6gy bedenklich
&luiittPog, überflüssig ^fifiiv, wo doch die lonier die letzte Sylbe kurz sprachen
and die Elision für die Aspiration zengt. Aber anch die Herstellung des langen
tt, das Piaton darch ij ersetzt, ist außer in den Nominalendungen unsicher. Das
falsche i^QviSoeg hat man dabei übersehen.
2) DaB das letzte Glied bei Simonides lautete ofe ^eol ^iX&civ oder avg %i
^. 9. ist ziemlich sicher. Weiter nichts, da nal df^iirroi Zusatz sein kann. Es
scheint also nicht möglich zu bestimmen, ob hinter dem vorletzten Verse Fermate
war oder nicht.
3) Die überlieforten Worte geben einen so vortrefflichen Sinn und gerade
in fmutu beim Particip liegt der Hohn, den Piaton betont, daB es unzulässig ist,
sie um einer Hypothese über das Metrum willen zu zerstören. Auch genügt hei
^ nicht, da der copulative Anschluß unerträglich ist, und l^ct^crr ist nicht nur
nicht besser als das Simplex, sondern schlechter, da man es von dem sagt, was
gesucht worden ist: das Suchen weist der Dichter gerade ab.
4) dmyzai Diogenes, d«ray»f]t die Platoncodd. Vgl. Seite 204 Anm. 1.
Kgt Q«s. 4. Wia. MMhrickI«. Pkil«lH«-ki>^- I^Imw. 1888. Bfl.S. 14
210 Ü. V. Wilamowitz-Moellendorff,
. . . ovx sifLl 9>tA($fia)fio^ . . . ^fiot^ iiuQXSt bg &v fi^ fiaxbg ^i
30 litiS' ayav andkcciivogj al-
dfhg y* 6vi^6t7c6Xtv ölxav
vyi'^g ivi^Q , , , 06 ^itv iyoi ^)
IKD^i^öoiuxi * r&v yäg '^Xi^toüv
35 änetgav ysvi^ka.
icdvta tot xalä rotötv alöxgä ^^ fi^^ftxreri.
In der Lücke nach dem zweiten Verse, deren Größe durch das
Versmaß bestimmt ist, hat die Anrede des Skopas gestanden,
vielleicht noch etwas mehr persönliches, und ferner muß irgend-
wie der Uebergang von den Eingangsworten zu der Gnome des
Fittakos gemacht sein; daß der Gedankenfortschritt nicht einfach
war , sagt Piaton , indem er bezeugt , daß ^liv keine , d. h. keine
directe Entsprechung fand. Protagoras findet zwischen äväg^ iya-
&bv ysvdö^ai xaXexöv und dem Tadel des Pittakosspruches xakaxbv
iö&Xöv ifiiiBvai einen Widerspruch ; äokrates löst ihn durch scharfe
Betonung des Unterschiedes zwischen den Tempora, Aorist und
Praesens. Darin folgt man ihm allgemein. Aber das ist nicht
möglich. Niemand hört im einfachen Griechisch einen Gegensatz
zwischen ysvi^^ai, und alvai ayad^öv heraus : wäre es dem »Simoni-
des auf solche Haarspalterei angekommen, so hätte er auch nicht
iyad'ög und iöd^kög ohne weiteres gleich setzen dürfen. Aus sei-
ner eignen Darlegung kann man den »Sokrates widerlegen, denn
in seiner Erklärung der letzten Strophen spielt jener Unterschied
gar keine KoUe mehr. Wäre der Gedanke wirklich „einmal voll-
kommen gut zu sein ist zwar schwer, aber das ist möglich; dage-
gen dauernd gut zu sein ist schlechthin unmöglich, darf also nicht
bloß als schwer bezeichnet werden*', so müßte die Möglichkeit des
iya&bv yaviö^ai, eben so deutlich gemacht werden wie die Unmög-
lichkeit des iöd'Xbv alvat, und müßte da, wo er seine eigne Ansicht
darlegt, etwa folgen „ich bewundere den Mann, der einmal iya^bg
iyivBxo unbeschadet späterer Fehler und Schwächen^. »Statt dessen
folgt „ich lobe und liebe jeden, der nur nichts schimpfliches frei-
1) luv hat Schleiermacher aus y^r^v gewonnen; das ist nur Deutung der Ueber-
lieferung. Allerdings hat bimonides viv geschrieben, aber die Ueberlieferung gibt
in der Lyrik oft ^kiv, oi ^fj viv von Bergk ist nicht unmöglich, fordert aber
gleich die weitere Aenderung o^^^ fii{ inir, die für Piaton nicht in Betracht
kommt und für Simonides nur, wenn man um iyt^ff dinf^ zu retten V. 15 und
27 ändert. Aber in der letzten Strophe gibt Piaton den Wortlaut am freisten
wieder und es ist mir ungleich wahrscheinücher, daß ^ir^s Avi^ff vor den Worten
fii^d" &Yav &ndXafi,9Q9 stand, wohin es das Versmaß weist.
das Skolion des Simonides an Skopas. 211
willig tut". Damit ist yivdö^ai iya^öv nicht minder bei Seite
geschoben als elvai iad'Xöv and sind in ixAv und al0%Q6v zwei
ganz neue Begriffe eingeführt^ von denen Sokrates den einen igno-
rirt, den anderen durch eine falsche Interpunction beseitigt:
unmöglich kann eine so gewonnene Deutung richtig sein. Also
behält Protagoras darin Recht, daß der von ihm constatirte Wider-
spruch in der Tat vorhanden ist. Das kann dem Simonides selbst
nicht verborgen gewesen sein, das muß er vielmehr selbst so ge-
wollt haben. Das hat er auch. Sehen wir uns nur die Worte
genau an, mit denen er das Wort des Pittakos citirt: oi)di {loi
ililisXftog t6 IlirrdxiLOv vdiiixai Ttainsg 6o<pov Ttagä ipmrbg elgi^iid-
vov. Darin verbindet man seit Heindorf iiiiiBliag mit sigruidvovj
Rodaß es heißen soll „ich halte das Wort für ein unpassend, wenn
auch von einem weisen Manne gesagtes". Aber wer wird das
Adverbium über das nächste Verbum hinweg auf das ferne Parti-
cipium beziehen, und was trieb den Simonides dazu statt einfach
ilgilö^at oder iii(iiXig zu sagen , den Hörer auf die Verbindung
ovdi iioi iiiii£ld(og vdfietai gradezu zu stoßen? Piaton paraphra-
sirt obenhin, oü q>fi6iv &%oddxB6^aiy 340®, so daß nicht einmal klar
wird, wie er die Worte verstand. Halten wir uns also an den
einfachen Wortlaut, sehen wir zu, ob es einen Sinn gibt, daß
Simonides sagt xXvuLfiBXwg fiot vdiierat to IIixtdxBiov. vdiieiv gleich
voii^iitiv mit einem Praedicate , wie es Heindorf faßt , wird im
Passivum schwerlich belegt sein. Aber voiiL^srat absolut gebraucht
ist ganz unanstößig: „verkehrterweise wird von mir das Wort
des Pittakos anerkannt''. Vgl. z. B. Eur. Hek. 326 ei xax&g voiii-
tofMv rifiav tbv dö^Xöv; voiiiitvaij „es ist Herkommen'', ist ja be-
kannt, ^$ovg voiiiieiv, „Götter anerkennen, glauben" auch. Diese
Bedeutung ist vom Passivum sogar ausgegangen, voiii^etai gleich
v6iiog d6tiv\ und so gibt es vdiis0^ai : Thuk. I 6 xoXXä xHg ^EXlddog
ovtm viiiöiieva; dann sagt Simonides „im allgemeinen gilt unter
den Menschen der Spruch des Pittakos und ich lasse ihn verkehr-
terweise gelten"^). Da er ihn im folgenden nicht gelten läßt, so
fragen wir , wo hält er sich an ihn ? Am Anfang , natürlich.
Gewissermaßen als Text, über den er reden will, nimmt er sich
den allgemein anerkannten Spruch. Da stellt er ihn hin, ohne
den Urheber zu nennen; daß ein anderer Gedanke ihm gegenüber
5) Sophokles hat 94fkii9 als „vorlesen** gebraucht , Fgm. 144 , Schol. Find.
IsthnL 2. Weim man das hier einsetzt, ergibt sich „nnd unpassend wird von mir
der Spruch angeffthrt". Ich siehe diese Aoffassong Tor, aber weU sie mir so gat
paSt und doch nicht einzig möglich ist, operire ich im Texte mit dem nnbeqae-
flsereii«
212 tJ. V. Wilamowitz-Moellendorff ,
gestellt werden sollte, deutet (liv an. Aber ehe dieser vorge-
bracht wird, kommt dem Redenden zum Bewußtsein, daß er den
Spruch gar nicht passend als einen für sich verbindlichen citirt
hat {jtXfi(i(i8l&g r^t ifiijt. yvAiirii, t6 rod ntrxaxov voft^frat), das
sagt er und berichtigt es : nicht schwer, sondern unmöglich ist es,
vollkommen zu werden. Er bestreitet also nicht eigentlich das
Wort des Pittakos, er geht nur noch darüber hinaus, und er tut
dieses nicht um die Anforderungen an die Menschen zu steigern,
sondern er stimmt sie herab ; was er aber fordert, freiwillig nichts
schmähliches zu tun, ist eben so gut als Nachsatz zu dem Ein-
gange denkbar, „ein vollkommener Mann zu werden ist schwer,
ich bin ganz zufrieden, wenn jemand nur nicht freiwillig etwas
schmähliches tut" (fii/tfp' iyad'bv filv yBviöd^ai %aXB7c6v ' icivxag 6*
inaivfifit u. s. w.). Also das war von Anfang an intendirt ; Strophe
1 und 4 geben den eigentlichen Gedanken des Dichters; die Be-
richtigung des Pittakos in den beiden Mittelstrophen retardirt
die Antwort, aber sie kommt, wie sie mußte. Selbstverständlich
hatte der Dichter auch diese Correctur von Anfang an vor; daher
wird der Begriff iviig iyad'ög sofort erläutert , und zwar so , daß
Vollkommenheit an Leib und Seele gefordert wird, eben damit
nachher sofort einleuchte, daß das eine von keinem Menschen
erfüllbare Forderung wäre. Ich meine, das ist vollkommen klar.
Das Gedicht ist in sich abgerundet und aus sich verständlich.
Protagoras hat eine Vexirfrage gestellt, auf die die richtige
Antwort war: freilich ist das ein Widerspruch, aber es soll auch
einer sein. Sokrates löst ihn durch einen geistreichen Gedanken,
den er aber dem Gedichte unterschiebt; übrigens steht nirgend,
daß seine Lösung als richtig anerkannt wird, am wenigsten von
Protagoras. Darin dürfen wir mindestens einen Wink Piatons
sehen, in der Deutung keine objective Wahrheit zu suchen. Es
ist ähnlich wie mit den Etymologien im Kratylos, von denen er
manche geglaubt, manche als tolle Spiele angesehen hat, ohne daß
sich beide Classen sicher scheiden ließen. Freilich soll dort dar-
getan werden, daß die Etymologie ein wissenschaftliches Resultat
überhaupt nicht erzielen könne, während wir als selbstverständ-
lich ansehen, daß es von einem Gedichte eine erweislich richtige
Deutung geben müsse. Aber Piaton hat das nicht geglaubt ') ;
der Philologe muß sich darein finden, daß der Mann, dessen Werke
zu erläutern mit seine schönste Aufgabe ist, sein Handwerk in
1) Hipp. II. 3G6« tbv n^v "Ofiriifov idctaiifv^ Iniidi} %al itdvvatov InavBifi'
o^ai xl nati vo&v ta^u inofria. Ganz so ülter ein Wort des Qorgias Men« 71^.
das Skolion des Simonides an Skopas. 213
allen Teilen als ein leeres Spiel verachtet hat. Darum läßt er
seinen Sokrates gern die Dichterexegese ablehnen oder er läßt ihn
selbst mit ihr spielen, und was auch immer geistreiches dabei heraus-
kommt, Spiel bleibt es doch. Ohne Zweifel dürfen wir dies Vor-
gehen dem wirklichen Sokrates erst recht zutrauen , dem Poly-
krates das Verdrehen von Dichtersprüchen vorgeworfen hat *),
und den Piaton auch im kleinen Hippias zwar wirkliche Wider-
sprüche in dem I der Lias aufzeigen läßt, sie aber zu Folgerun-
gen benutzen, gegen welche Hippias auch in Piatons Sinne berech-
tigten Einspruch erhebt*). Wir haben anerkennen dürfen, daß
Piaton mit dem Principe, die polemische Tendenz des Simonides
zu verfolgen, etwas wahres und methodisches verfolgt ; aber über-
treibend hat er auch die letzte Strophe auf Pittakos bezogen,
and da nun dem Eingang des Gedichtes seine Entsprechung
fehlte, den blendenden Gegensatz von Sein und Werden eingeführt.
Er sagte sich, daß Simonides tatsächlich mancherlei gelobt hatte
was nicht ohne alöxgöv war, wo sich der Dichter also nur auf die
Entschuldigung einer Zwangslage berufen konnte: das hat ihn
dazu verführt , den Schluß der zweiten Strophe grammatisch zu
vergewaltigen. Möglich ist es, daß er die sokratische Deutung
wirklich geglaubt hat; aber selbst dann hat er sie nicht für
wissenschaftlich verbindlich gehalten.
Wir wollen uns nun an Simonides selbst halten und seine
Gedanken aus der historischen Continuität, in die sie gehören,
heraus zu begreifen suchen. Er verfaßte das Gedicht für Skopas,
den Herren von'Krannon'), der ihn viel beschäftigt hat. Wes
Geistes Kind der Mann war, wissen wir nicht, aber daß ein thessa-
1) Xenopb. Mem. 1, 2, 57.
2) Höchst geistreich behauptet Sokrates Cap. 13 (370^71) was er unmög-
lich glauben kann, und Hippias widerspricht aus richtigem Gefülile, das er frei-
lich nicht begründen kann. Mit diesen Sophismen bahnt sich Sokrates den Weg
zu dem verblüffenden Sophisma, das er überhaupt yertritt, daB derjenige besser
ist, der mit Bewußtsein lügt als wer es unfreiwillig tut. Er ist selbst ein
t7U99 ifHfdduiPog^ also weiser und besser als sein dünkelhafter Widerpart, wenn
er das als tC^nv auch ablehnt (373^). Das ist der Humor des Dialoges, dessen
Verfasser auch inmv fi>$vdixai und am Schlüsse gesteht, daB er die Thesis selbst
nicht glaubt, die er yerficht (876^). Der Humor ist glänzend : aber dieser Sokra-
tes ist noch ganz Sophist und dieser Piaton hat den Fels des Ewig wahren,
Ewig guten noch nicht gefunden, auf dem er Wissenschaft und Glauben aufer-
banen sollte. Er erfaBte auch hier das Wesen seines Meisters, aber er hatte
diesen nur als den klügsten Sophisten begriffen.
3) Das Gedicht ist natürlich älter als der Threnos auf den Tod der Skopa-
den, und wenn wir auch keine genauere Zeitbestimmung geben können, dürfen
wir es doch noch in das sechste Jahrhundert rücken.
214 ü. V. Wilamowitz-Moellendorff ,
lischer Dynast kein Tugendspiegel war, der Dichter weder ein
alberner Schmeichler noch ein Pedant, müssen wir voraussetzen.
Es ist mit der bodenlosen Vermutung gar nichts gewonnen, daß
Skopas grade etwas sehr bedenkliches begangen gehabt hätte, und
Simonides ihn gewissermaßen entschuldigte. Die Frage nach der
aQST'^ und ihrer Erreichbarkeit für den Menschen beschäftigt damals
auch einen Tyrannen in seinen Mußestunden, der practisch nicht
nach einem Moralcodex lebte, und der Dichter war damals der
weise Mann, der solche Fragen beantwortete. Piaton hat die
Entwickelung von den Apophthegmen imd Gnomen der alten Wei-
sen zu der Sophistik seiner Zeit ganz richtig geschildert. Simo-
nides beantwortet dem Skopas die Frage , „was denkst du über
das Wort des Pittakos", wie uns Apophthegmen genug von ihm
erhalten sind, wie Hieron ihn nach dem Wesen Gottes fragt*)
und wie er bei Xenophon mit demselben über den Wert der Ty-
rannis disputirt. Die Legende muß doch einen realen Hintergrund
haben. Natürlich beeinflußt der Adressat, wenn nicht die Ant-
wort, so doch ihre Fassung, und es wäre für das Verständniß des
Ganzen sehr wertvoll, das direct an Skopas gerichtete zu kennen;
aber das hat Piaton ausgelassen. Wir hören nur den Dichter
seine Antwort auf eine alte Frage abgeben: so müssen wir denn
die Geschichte dieses Problcmes verfolgen.
Die i^6Ti}, die Eigenschaft , die den iv^Q iya^ös macht , ist
von Hause aus gar kein sittliches Gut. Unter einem gottesfürch-
tigen Könige aQBt&öi, Aaot, gedeihen seine Leute, heißt es in einem
der ältesten Stücke der Odyssee, r 114 , was Hesiod (Werke 227)
mit iv^evifiv wiedergibt. Hesiod ist ein mit sittlichen Pro-
blemen ringender Denker, sein Spruch über die zwei Wege, die
der Mensch im Leben einschlagen kann, ist ein Grundstein der
hellenischen Ethik geworden^) und in das Evangelium übergegan-
1) Cicero de nat. deor. I GO.
2) Simonides bat mit der hesiodischen Stelle von dem beschwerlichen Wege,
der zur &(fstij führt, die Vorstellung verbanden, daB die Göttin, die frülier im
goldenen Zeitalter unter den Menschen weilte, vor der wachsenden Schlechtigkeit
der Welt in die Gebirge entwichen ist, eine Vorstellung, die selbst mit dem £nt-
weiclien von Aidos und Dike bei Hesiod 198 zusammenhängt, wo aber die Göttin-
nen in den Himmel gehen. Das hat MaaB, Aratea 138, richtig erkannt und mit
Arats Jungfrau in den Bergen bekräftigt (127). Aber wenn Aretc in den Bergen
ist, kann sie nicht bei den Göttern sein, wie er nach Bergks Vorgang annimmt.
Im Gebirge gibt es zwar auch göttliche Wesen; Gespielinnen werden der himm-
lischen Jungfrau nicht fehlen (wie Artemis im Nymphenchor einherzieht, die der
Partbenos vom Parthenion wesensgleich ist), aber das sind keine andern als die
Elementarwesen, die eben in den Bergen zu Hause sind, Panach verbessert sich
das Skolion des Simonides an Skopas. 215
gen*). Aber er erhielt dabei eine wesentlich andere Bedeutung
als der Dichter beabsichtigt hatte. Der Gedankengang der Par-
tie V. 274-— 326 ißt folgender „Höre auf das Recht, Perses, und
verschließe der Gewalt dein Ohr, denn dem der mit Ueberlegung
das rechte sagt, gibt Gott Gedeihen, Hkßov didot tvQiioica Zevg,
während das Geschlecht des wissentlich meineidigen herunter-
kommt*). Die xaxörrig kann man bequem und nahebei erreichen,
die ap£rij kostet viel Schweiß; der Weg zu ihr ist steil und lang
und zuerst rauh, aber wenn man erst auf der Höhe ist, so ist sie
leicht erreichbar, so beschwerlich sie zuerst ist. Da du dir nicht
selber zu raten weißt, so nimm wenigstens von mir den guten
Rat an und arbeite. Es taugt nicht Drohne zu sein ; Arbeit macht
wolhabend und ist keine Schande ; wenn die Arbeit dich wolhabend
gemacht hat, beneidet dich der Faule um deines Reichtumes willen,
und dem Reichtum folgt igsrii und xvdog. Falsche Scham (daß
Arbeit nicht fein wäre) ist für einem armen Mann übel angebracht.
Aber Raub und Gewalt gedeiht nie: so gewonnenes Gut lassen
die Götter bald zu Grunde gehen und dieser Zkßog hält nicht lange
vor^^). Ein Gedanke beherrscht diese ganze Partie, wie sich am
das Brachstück (58 Bgk. ans Clemens Strom. IV 585 , natürlich aus einem Flori-
legiom).
ftfTi Tig l6yog
rccv 'J(firccv vuUiv dvos^ßdtoig inl nh^atg
wii<p&v di (iiv d'o&v xoQ^v ccyvhv äfttpinnv .
oi>d\ ndvtmv ßXitpaQOig 9'vatäiv iaanrog^
iKTji r' ig &%QOv &vd(ffiai.
Hier habe ich vviupäv und xo9<^v &U8 ^^^ ^^^ x^9^^ gemacht; außerdem av-
6gUug in den Dativ verwandelt : dg &%qov heißt ja , daß der Mann im Scliwciße
auf den Berg steigt, wo 'A(fitd zu finden ist; das leistet er durch seine Mann-
haftigkeit, seine virtus. &QfTq ist natürlich dasselbe was sie bei llesiod ist. Man
mag auch der ersten Rede des Dion gedenken, die auch eine dienende Umgebung
der Jungfrau Basileia and als Ort das Gebirge gibt
1) Oder wenn das Herrn wort Matth. 7, 13 unabhängig ist, so kann die Aus-
führung in den 'Zwei Wegen* ihren Zusammenhang mit der Kynischen Predigt
nicht verleugnen. Noch die Diogenesbriefe sind voll davon, z. B. 12. 80. Beiläu-
fig, den Gegensatz des Kynismns zum Christentum und seine Inferiorität spricht
kaum etwas so klar aus wie Brief 7 , wo sich Diogenes im Anschluß an Kerkidas
mit dem Hundstern vergleicht t&p oi* xarä do^ap icllä itatä tpvöip^ iXiv^'fgog
^6 xbp JiUf tig ai>xbp iLPOttd'Sixag x&ya^bp %al oim iig top nlriaiov.
2) Das ist individuell gefaßt, weil Perses nach dem alten Procefi, den wir
ans Gortyn kennen, durch einen Eid, den der Bruder für falsch hielt, Recht be-
kommen hatte.
3) Ich muß so weit ausgreifen , da Hesiods Gedicht zu denen gehurt , bei
deocn man vergißt oder gar leugnet, daß sie einen Zosammenhang haben, und
216 ü. V. Wilamowitz-Moellendorff,
deutlichsten darin zeigt, daß zuletzt der Erfolg der Gewalt be-
leuchtet wird, für die Perses viel größere Sympathien hatte. Und
es sollte keiner Worte bedürfen, daß Hesiod zwar einen sittlichen
Wandel für notwendig hält , damit einer die igsti^ erlange , daß
aber diese gar keine sittliche Eigenschaft des Menschen ist, son-
dern das höchste Gut, das ein jeder gern erringen möchte. Sie
ist ziemlich dasselbe wie der üXßog oder auch das xvdog, sie ist
nichts anderes als bei Homer, die Geltung als ganzer Mann, als
&viiQ iya^ög oder iöd-Xög. Hesiod verficht also nur, daß es der
Rechtschaffenheit und der rechtschaffenen Arbeit bedürfe, damit
man wenigstens auf die Dauer das tßXixbv ayad'öv erreiche: das
ist Reichtum, Ansehen, Macht ^). Die homerischen Rhapsoden
schließen ihre Prooemien mit der Bitte an den Gott, den sie ange-
redet haben, didov d' igsti^v xb xal ülßov^. Das ist nichts ande-
res als ein Gebet um guten Erfolg und um Beifall beim Publicum,
von dem sie ja auch leben. Auch sie wollen Svögsg äya^oi wer-
den, so -soll man sie beurteilen und danach bezahlen. Solon ist
ihnen an Weisheit und sittlicher Tiefe unendlich überlegen, aber
wenn er betet
8A/3oi/ fiot itQhg d'€&v iiaxägayi/ d6t€ xal Ttgbg an&vxiov
ivd'QibTtav aUl dö^av ixBiv äyad'i^Vj
bIvkv 8% ykvTtirv aÖB (pCXoi^ ix^QOtöi öh ntxgövj
totöL [ilv alSolov totöi dl dsivbv Idstv (Fgm. 14, 5)
so ist das eine Paraphrase der Formel diöov d* igBrn^v xb xal SA-
/}oi/, und der ükßog ist Reichtum, die döl^a iyadi^ ist die des iviig
Ayad-ög, des Mannes, der Freund und Feind den nötigen Respect
einflößt.
Solon erbittet dies höchste Gut von den Göttern; auch bei
Hesiod verfügen diese über das , was freilich der Mensch sich
wenn der löbliche Versuch gemacht wird, ihn aufzuzeigen, so gerät er selten;
vgl. PeppmüUers Uebersetzung.
1) oi>% ägetäi %a%ä ^gya sagt einer der spätesten Odysseedichter d 329:
das ist ganz und gar die hcsiodische Ansicht. Eine bezeichnende AeuBerung des
Backchylides , in der noch weniger moralisches steckt, ist in dem Excurse be-
handelt.
2) Homer hymn. 15. 20. Das ist dasselbe wie tvxriv sifdaijioviTiv ti 11, und
faBt nur allgemein, was sich speciell in der Bitte um Dank und Lohn für den
Gesang (10. 24. 25. 31) oder gradezu lim Sieg (8) ausspricht; die Schauspieler
bitten so zum Schluß, daB Nike ihr Leben kröne. Wie die hellenistischen llym-
nendichter, die nun Scgtrij als sittliche ^ig betrachten, mit dem alten Schlüsse
spielen, kann man sich selbst abnehmen, wenn man den Begriff und seinen
Wandel verfolgt; es hat aber für Kallimachos 1 und Theokrit 17 zu groBe Con-
sequenzen, als d&B ich es bei Wege erledigen könnte.
das Skolion des Simonides an Skopas. 217
dnrch sein eignes Handeln bei ihnen erwirkt. Es ist ganz in
der Ordnung , daß der Erfolg , das Gedeihen , in Gottes Hand
steht, und daß ein willkürlieh in die menschlichen Dinge eingrei-
fender Gott den Menschen znm Ayad'ög and xaxög macht, ganz
wie es ihm beliebt. Noch Sophokles , ein Mann der alten
Frömmigkeit, hat die Geschichte von Oedipus zweimal als Exem-
pel für diesen* Satz dramatisirt, und individuelle Verschul-
dung und individuelles Verdienst mit Bedacht ausgeschlossen. So
kommt die äpstii von Gott. Das hat auch Simonides einmal ge-
sagt % und Pindar sagt, ,,wenn Gott den Anfang zeigt , so giebt
es für jede Unternehmung einen graden Weg, igstd zu erreichen,
d. h. Erfolg zu haben, und der Ausgang wird gut" *). Eben der-
selbe redet aber auch von einer ^cöödorog &triQ& xccxörccg^). Bei
Pindar tritt ein Glaube daneben, den Simonides nicht teilt, darin
sich als lonier offenbarend, der Glaube an die eingeborene Art,
der dem Menschen durch die Geburt sein Wesen und sein Schick-
sal zuweist; wie es von Geburt Fürsten und Bettler giebt, so
auch geborene iyad'ot und xaxoL Das ist die Ansicht, die auf dem
Festlande vorwaltet, so lange sich der herrschende Stand behaup-
tet, d. h. so lange die Götter ihm die igsrij erhalten. Theognis
ist darum so interessant , weil er die ständischen Ansprüche mit
reactionärer Schroffheit festhält, obwol die Welt über den Adels-
staat zur Tagesordnung übergegangen ist, so daß nun igsti^ fast
als eine angeborene sittliche Qualität erscheint; es ist ihm auch
wirklich unklar, wie nah er innerlich den verhaßten modernen
Anschauungen ist, wie das Eeactionären zu gehen pflegt ^). Pindar
1) Fgm. 69 o^t( &vsv<9i> 9i&v itgtrav Idßiv^ oi n6XiSf o^ ßginog , . •
was weiter der Bischof Theophüus aus seinem Florilegium anführt, ist so zer-
rissen, anBer Satz nnd Vers, daB man es nicht verwenden kann.
2) Kgm. 108 dco4> 9h dii^avxog &QZ^^ inaütov iv ngäyog B^iia Öi} xiUv-
^6g Aifttäv IXiCv ttlivtai ti naXXCovig.
3) Fgm. 42 f^ ^f rt( iv^Q^noiai ^«dff^oro; atlrjvrixoxag ngomvirii , xavtav
tfwkttt nQvnttiv (Sftftvoy. Aus dieser Corruptel hat Boeckh &tXdta xa%6tag ge-
macht, evident bis auf das aus Ol. 6, 88 genommene Adjectiv, dessen feminine
Endung sich nicht entschuldigen lässt; daB Bergk mit der interpoUrten Ueberlie-
femng bloB ata setzt, ist nicht aus wissenschaftlichen Gründen zu erklären.
Leicht stellt sich &tripd her : das ist das schrecklichste an solchem gottgesandten
Elend, daB es &tri weiter verbreitet, so daB es verborgen werden muB; so ge-
schieht es mit dem blinden Oedipus, O. T. 1412. 1430. Für die Wortbedeutung
vgl. z. B. Theognis 433 nanixrig «al irnQal tpQhig, Soph. Phil. 1272 nufxSg^
4) Auch aus der Entwickelung der sittlichen BegrüTe läBt sich zeigen, was
Metrik nnd Sprache ebenso fordern, daB die Ueberliefenmg richtig ist, die Theog-
nis in den Anfang des 5. Jahrhunderts setzt Es ist für seine DarsteUnng der
218 U. V. Wilamowitz-Moellendorff,
transigirt auch innerlich nicht, er steigert den Glauben an die
öiryyevrig (pvd zu dem tiefsinnigen j^^i/ot^ olog iööi (lad'Av. Niemals
kann das noblesse ohlige tiefer gefaßt werden; aber eine indivi-
duelle Sittlichkeit und die Kraft der Menschenseele das rechte
trotz allem, ja trotz der eignen Art und trotz der &qbxi/^ , die der
Gott gibt, zu tun, hat er weder erkannt noch anerkannt. Er
würde dem Skopas geantwortet haben „Für den xaxönatQig ^ogfo-
dognldag Pittakos ist es nicht bloß schwer, sondern unmöglich ein
iö^Xög zu werden: du bist Heraklide, du weißt was damit gesagt
ist, was damit von dir gefordert wird, Sysiv igeräv ovx aiöxio
(pväg (Isthm. 6, 22). Du bist iö^lög , lebe danach , so wird Gott
deinem Leben die igerd nicht versagen, und mein Lied deine ipe-
rai^) verewigen". So erhaben er ist, nicht seine Erhabenheit,
sondern die sehr viel menschlich läßlichere Weise des griechischen
Ostens, die der Keer vertritt, führt auf den schmalen Pfad der
echten dgarii»
Wenn Pittakos sagte, es ist schwer ein guter Mann zu sein,
so sagte er es als der Herr von Mytilene und als der Weise,
d. h. weit- und lebenserfahrene Mann. Wir kennen zum Glück
nicht nur das nackte Apophthcgma, sondern die zugehörige Ge-
schichte, die den Sinn erläutert '). Er sprach so, als er sein Amt
freiwillig aufgab, der Erfahrung Ausdruck gebend, die auch dem
Weisesten nicht erspart bleibt, wenn er dazu kommt die Theorie
in die Praxis umzusetzen. Tief ist der Spruch an sich so wenig
wie die meisten der Sieben Weisen, aber es imponirte die einfache
Wahrheit aus dem Munde des berufensten Mannes. Wir werden
höher schätzen, daß für ihn hundert Jahre vor Pindar der iöd^lög
ai/i{p der Mann ist, der das sittlich gute tut, und wir würden das
vielleicht anzweifeln, wenn nicht gleichzeitig Phokylides von Mi-
let sagte, daß man sich viel unerwünschtes gefallen lassen müßte,
adlichen Gesellschaft and Uirer Ordnung sehr schädlich gewesen, dafi £. Meyer
diesen wichtigen Zeugen ganz falsch eingeordnet hat. Historische Facta sind
dem Theognis freUich nicht zu entnehmen; das hat Keitzenstein in seiner treff-
lichen Behandlung des Dichters sehr mit Recht betont.
1) Dieser Plural ist bei ihm sehr häufig; es sind die Betätigungen, in denen
sich der geborene ivi^g &ya969 seinem Wesen gemäß zeigt, meist die wol erfüll-
ten Standespflichten.
2) Schol. Plat. Kratyl. (aus Lucill) und Zenob. VI 38 (fehlt im Athous). Als
Pittakos erfährt, daB Periander durch die Herrschaft schlecht geworden ist, legt
er die seine nieder und sagt xaXsnbv ia^lbv fyiitvai (tp^at. schol. Plat). Und
uls Solon das erfährt, sagt er %€dexä xä %alä.
das Skolion des Simonides an Skopas. 219
wenn man ein rechtschaffener Mann sein wollte ^). Darin liegt,
daß es die xaxoi vielfach besser haben ; was sehr wahr ist , aber
nur dann, wenn gut und böse sittliche Begriffe sind, von der Ge-
burt und von der Lebensstellung und von dem Glücke unabhängig.
Nun werden wir besser verstehn, was Simonides dem Herren
von Krannon antwortete, als dieser ihn nach seiner Meinung über
das Wort des plebejischen Herren von Mytilene befragte. Natür-
lich erwartete er ein Compliment, wie Kroisos als er fragte, wer
der glücklichste wäre; der Heraklide wird wie Theognis gedacht
haben. Aber der lonier sagte ihm höflich die Wahrheit. „Ge-
wiß ist es schwer ein iöd'lög zu sein, denn dazu gehört, daß man
an Leib und Seele sans reproche ist; ja Pittakos sagt noch zu
wenig, ich durfte mir sein Wort gar nicht aneignen, denn es ist
absolut unmöglich diese Vollkommenheit zu besitzen, da der Er-
folg, also etwas ganz in das Belieben der Götter gestelltes, den
Menschen igsri^ gibt und nimmt. Also solch Mensch ohne Tadel
kann gar nicht existiren^. Pittakos wird übertrumpft mit dem
alten Glauben, nach dem igerij Gedeihen ist^). Dagegen konnte
1) Der Vers ist in drei verschiedenen Fassungen erhalten: ein sehr merk-
würdiger Beleg für die Verwahrlosung dieser von den Grammatikern nicht ge-
schützten Litteratur. Das echte steht in dem seltsamen Tractate, den der Heraus-
geber Gramer »c^l 'Inno(idxov unpassend überschrieben hat, An. Par. I. 166.
StfTiff ducvoettai mg . . , ntriüößivog &QeTrjv (utriödfitvog &vi^q cod.) ngoadtavoBi-
09m xal [f/(] Srt XQ^ ^'^ (i^6vov tb <^(o%vX£dsiov na^Btv, noXXä äinovra^ Siti^fii'
vov fyfitvtti io9X6v (d. oi} ii6vov xb i6J&X6v cod., verbessert von Dindorf zu der
Clemensstelle), &XXa xal novfjetti 9r($vovff <yb q>avXovs %al naxQidog avtbv &<pt'
Xic^ai XQ^o)v %ttl tf^g oitöittg Öi* ifiiXiiav &noXXv(iivrig ^ag^fjöat %al &doiiav
«al 6viidri xa inl xovxoig u. s. w. So viel muss man lesen, damit an der Bedeu-
tung deR Spruches für diesen Zeugen kein Zweifel bleibt. Plutarch n, t. inov-
Biv 18 p. 47« ov iiovov ag 9>7]<rl <P(o%vXiSrig n6XX* inaxri^vai diti/jiiivov f(iiievai
i&9X6v, &XXcc nal ytXaüd'fjvai dei noXXä nal Ado^iloai n. s. w. Clemens Strom. V
733 : der Philosoph muB, wie Heraklit sagt, bI (idXa noXXcdv tcxmg sein (den Phi-
losophen bringt Clemens hinein; er gehört nicht zu dem Citat), xal xmi 6vxi
&vay%ri ytoXXa nXavrid^iivca dt^iiiievov fyiiBvat ia9X6v. Geschrieben hat er so und
es von der Vielseitigkeit der Studien verstanden, aber dies ist eine Corruptel der
plutarchischen Fassung, der versteht „der brave Mann wird viel betrogen**, und
es zu einer sehr ähnlichen Deduction benutzt wie sie bei dem Rhetor Cramers
steht. Die Wahl zwischen noXXä &i%ovxa nad'Btv und noXXä &7taxri9fjvai kann
nicht zweifelhaft sein. Irgend jemand der mit dem Spruche so operirte wie
unsere Gewährsmänner, die ihn sammt seiner Anwendung überkommen haben,
hat das allgemeine Ainovxa na^sCv mit einem olov Anaxti^^ilvai u. s. w. exempli-
ficatorisch erläutert. Theognis 10.S7 avdifa xoi hx' iyad'bv xtf^f^^rarov i{««a-
xij^ai klingt nur äuBerlich an ; das besagt nicht mehr, als daB der tüchtige Mann
auch klug and umsichtig ist.
2) nod^ag bv n&g &vr}Q &ya96g, Eur. Uipp. 700 bI ^ ii y* in^lti^ kluqx*
220 tJ. V. Wilamowitz-Moellendorff,
Skopas nichts haben; aber Simonides wußte doch, daß er die Ab-
lehnung des Pittakos nach der entgegengesetzten Seite erwartet
hatte. Indem er also seine eigne Meinung vorzutragen beginnt,
betont er sehr nachdrücklich, daß er mit dieser strengeren Beur-
teilung die Menschen keineswegs heruntersetzen woUe , im Gegen-
teil, „jeder der nur so viel an ihm liegt, nichts schimpfliches tut,
jeder ordentliche Mensch, der nur kein Schurke') und nicht gar
zu ungeberdig*) ist und zu leben weiß, wie es das Wol der Ge-
meinde verlangt"), ist eine Ausnahme von den nketöroi xaxoi*)
und verdient Anerkennung. Es darf nur kein aiöxQÖv dabei sein,
dann ist alles xaXöv^. Damit ist ein neues Kriterium eingeführt,
die Gesinnung. Nicht auf das was getan wird kommt es an, denn
av ev cwpotciv ^, Tcqhg tag tvxoeg yccg tag dpQSvag TLUQnovued'a, Es ist durchaus
gleich %tttOQMffag tiiv ngä^iv Plat. Euthydem 28 1^.
1) hg av iiii %a%bg fjt in der Paraphrase V. 29 streitet mit n&g Aviig nanbg
%a%&g ngd^ag, V. 17. Piaton hat iiaii6g in seinem Sinne für den moralisch schlech-
ten gesetzt; Simonides kann das nicht wol getan haben, aber ich getraue mich
nicht zu sagen, welches Wort er gebraucht hat; passen würde z. B. Öeildg.
2) indXafivog steht hier nicht in der etymologischen Bedeutung „hilflos"
wie bei Homer £ 697, sondern ist vßgiatrig wie bei Pindar Ol. 2, 57, Solon 27, 12
und dem Elegiker, der einen Simonides anredet, Theogn. 481. Theognis selbst,
281 sagt dnX&i ydg t* &ndXafiva ^^oräi Tcdga nöXX' icvBlied'ai nccQ noSbg ^yet-
tfdcr^ 9'* mg nala ndvxa Tt^ft; da sind nicht bloß ^qya vßQiütt%d gemeint, son-
dern alle zu denen der anständige Mensch, der iyccd'dg, seine Hand nicht bietet,
iöxrjiiova. Derselbe sagt 1027 ^mdCri toi TCi^&iig iv Avd'Q&noig %aii6tritog, toi)
8* &ya9ü^ xaXsn^ Kvqvb niXsi naXdfiri.
3) fiÖAg / 6vr\cinoXiv dC%av ist überliefert und die restringirende Partikel,
die vielfach mit G. Hermann in die auch an sich verkehrte Copula verwandelt
wird, ist notwendig : es wird ja das Minimum angegeben , das von jedes Mannes
Lebensführung gefordert werden muB, damit er als vyiifig gelten kann.
4) i\XCf^iog kommt hier zuerst vor, und die Stelle ist für die Urbedeutung
des Wortes wichtig. Es begegnet sonst in zwei Verwendungen. Die Athener
sagen es wie Simonides von Personen. Da ist es siultusy dumm , tölpelhaft, bo
Komoedie und Satyrspiel und dann die Sokratiker, die die Sprache des Lebens
nicht verschmähen : Tragoedie und Kunstprosa meiden es. Bei Simonides ist die
Ableitung von ^Xtdo, dessen Herkunft selbst ich freilich nicht kenne, fülübar.
Gut erklärt es Moeris mit dnatog von c/xQt. Es hat sich entwickelt wie unser
„gemein , gewöhnlich". Die Dorer brauchen es von einer Sache bei der nichts
heraus kommt. Das wird zuerst negativ gesagt sein wie noch in dem ältesten
Beispiel, Pindar Pyth. 3, 21 „Götterzorn ist nicht iiU^iog , ist kein gewöhnlicher,
sondern singulär''. Aehnlich Aischylos, der das fremde Wort einmal zugelassen
bat, das er in SicÜien gehört haben wird, Agam. 366 „daB der Pfeil nicht zu
kurz und nicht ins Blaue gehe, ifl.lQ'iog, vorbei, wie die meisten **. Zu ^Uö;,
aeolisch &XXog^ iiXadg iLXaoc%onlr\ wüBte ich weder formell noch in der Bedeutung
die Brücke zu schlagen. ^
das Skolion des Simonide^ an Skopas. 221
in der Not, in die jeder Mensch einmal gerät, tut er Dinge deren
er sich schämt^). Aach aaf den Erfolg kommt es nicht an, denn
der kommt von oben and wechselt, aber wer sich davor hütet
etwas ehrloses zn ton, der ist ein Ehrenmann. Das ist eigentlich
keine Berichtigang des Pittakos, sondern es wird für eine neae
Zeit and Gesellschaft ein neaes Princip formalirt. Die Maximal-
forderong, an deren Erfiillang jener mit Schmerzen verzweifelte,
wird rcsolat aufgegeben and dafür eine Minimalforderang erhoben,
die jeder erfüllen kann, dann aber aach erfüllen soll. Die Zeit
des bevorrechteten Standes and seiner Heroen ist vorüber: die
iQ€tij , das weiß man jetzt , ist nar am das Leben feil , and erst
wenn der Mann für das Vaterland stirbt, sagt man ivijQ iyad'bg
iyivno *) and dann erhält er heroische Ehren, wie er sie verdient.
Aber im Leben verzichtet man aaf die iö^Xoi am die vyntg*) zu
bekommen. Dieser Terminas hat sich nicht eingebürgert, aber
man brancht nar an den politischen Gebranch von vööog and i/o-
6€tv^) zn denken, am die Beziehang aaf das Ganze za spüren,
dem der Einzelne sich als ein gesandes Glied einfügen soll. Dazu
bedarf er der Gerechtigkeit: das weist rückwärts aaf Uesiod, der
seinem Bruder die Wahrung der dixt^ ans Herz legte, und weist
vorwärts auf die Ableitung des Staates aus dem Begriffe der Ge-
rechtigkeit. Simonides sagt nicht mehr, als auch ein Tyrann und
ein Aristokrat annehmen kann, aber von Pflichten gegen die nö-
1) Dem &pdy%ai d* o^^^ deol fidxovtai, steht Pindars 6V9 9^ &ifdy%ai n&v
%al6w (Fgm. 122, 12 aus dem Jahre 4G4) so nahe, daß man an eine Reminiscens
denken könnte. Aber dem Gedanken nach ist auch verwandt Iv daifiovioiöt qptf*
ßot^ tptvyovti %al naCSig dcdy (Ncm. 9, 27, einige Jahre älter als das vorige).
An die oiphische Personification Auanke ist nicht zu denken.
2) 'AvdffAv iya^mp 97i%6s heißt bei Simonides selbst das Qrab der Spartaner
an den Thermopylen. Darin liegt heroischer Cult, und so ist der Cult der Qe-
fallenen auf dem Kerameikos zu beurteilen ; dazu stimmt die gewöhnliche Formel,
daß Leute fallen &9dQig Aya^ol ycvöfiei^oi , &QBTi/i als £hre die nur dem Toten
zu Teil wird ist gleichzeitig geläutig. Ich habe das schon Kydathen 2G bemerkt,
setze aber gern wieder aus dem Epigramm auf die Gefallenen von Poteidaia her
fpvxäg iLvtiffQona ^ivttg ^Xdiavt &Qixiiv naxffCdu r' li^luutav. Ich wiederhole
sonst so wenig wie möglicli, was ich in der Erläuterung des aristotelischen Ge-
dichtes an die Areta ausgeführt habe (Ar. und Ath. II 405); aber ich setze das
Resultat jener Ausführungen mit in Rechnung.
3) 'Tyii/tg und ^Uux, pflegt nicht auf das moralische Gebiet übertragen zu
werden, nur ^d\v ^lig wird auch von solcher Nichtsnutzigkeit gesagt. Nur
etile Stelle ist mir im Gedächtnis, Aisch. Eum. 635 {% d^ ^uücg tpgipAv 6 ^&ci9
^ilog %al nol6iv%tog ölßog.
4) Zu Eur. Her. 542.
222 U. V. Wilamowitz-Moellendorff,
Xig würden sie schwerlich geredet haben. Das wirklich neue und
bedeutende liegt in der Einführung des alöxQÖv. Wem fallen
dabei nicht eine Menge Stellen des Euripides und der thukydidei-
schen Eeden ein, in denen dieser Begriff hin und her gewendet
wird^). Der sophistischen Gesellschaft ist der feste Ehrencodex
der Ritterzeit abhanden gekommen, das Individuum ist frei, aber
die Stimme des Gewissens redet eben darum nur vernehmlicher,
daß die feste Norm des Herkommens zerstört ist und das was
vöfKOL besteht für das unverbindliche Erzeugnis der Convention
gilt. Das Häßliche wird von dem Empfinden des einzelnen in
freier Uebereinstimmung mit der Gesellschaft verworfen, und wenn
auch die Consequenz des Denkens diesen Begi'iff ebenfalls als re-
lativ, als voftigdfifi/ov, zu fassen zwingt"), so sehen wir, wie sich
das Gefühl dagegen aufbäumt, daß ein Makareus zur Entschuldi-
gung der Blutschande sagt xl d' alöxQÖv, st (lij xolöi xgcoiiivoi^g doxet.
Es ist ein Gemeinplatz , daß das Eigentümliche der hellenischen
Denkweise darin bestünde, daß die sonst so laxe Yolksmoral das-
jenige verwerfe, wogegen sich ein sozusagen aesthetischer Wider-
wille richtet, daß der Hellene im Schönen das Gute gefunden
hätte. Das ist wahr, aber doch erst für das attische Jahrhun-
dert. Wir, denen diese ganze Sinnesart fern liegt, können sie
nur durch die Einsetzung des so ganz verschiedenen Ehrbegriffs
veranschaulichen. Die Ehre ist auch etwas relatives und subjec-
tives, aber ehrlos will keiner gehandelt haben und eine ehrlose
Handlung findet keine Verzeihung. Sittlich schön und daher
3) Das stärkste $1 9'soi tt dQ&üiv alaxQdv^ o^n Uciv d£o^, Beller. 292, 7.
Soph. 226 o{)d\v cclöxQbv &v ^fpriyo^vtai ^eoi: das sagt Thyestes, dem ein
Göttcrsprucb den Incest geboten hat, was er als #{(d d^nrig empfindet. Das ist
eigentlich unsittlicher als das berufene Wort des euripideischen Makareus (Aiol.
19), aber das ward nicht beanstandet, und für den wundergläubigen Sinn des
Dichters war es auch berechtigt. Wer mag, sehe noch folgende Stellen an, £ur.
Hek.dll. Hik7G8. Hipp 500. Androm. 243. Thuk. II 40. 42 UI 42. 63. Natür-
lich ist es oft nur Svanleig , manchmal aber iniq>^ovoVf worin der sittliche Makel
liegt. Wenn man das ionische o^x innig , das attische cvYyvüiitx6v (d. i. etwas
im allgemeinen alc%Q6v^ im besonderen Falle o^x ala%Q6v) hinzunimmt, wird man
noch tiefer in die alte Art zu empfinden und zu urteilen eindringen.
4) So die zweite sophistische Dialexis. Die dort citirte Sentenz (adesp. 22)
die die Qualification einer Handlung vom %aiQ6g abhängig macht (£ur. Hipp. 885),
bat nicht den sophistischen Sinn, sondern besagt nur, da6 die Verletzung des
richtigen MaaBes und der richtigen Zeit jedes %al6v in alox^ wandeln können.
Zu schreiben ist oidlv ^v (Nauck, &v codd.) ndvtri %aXbv o^d* alc%if6v* &XXa
Tfdr^ {xu^ cod. falsch Meineke xaW \ dann wurde der Numerus gleich sein)
htolrfliv lafiav 6 %ai(fbg aicxifä xal iuiXldiag %aXd.
das Skolion des Simonides an Skopas. 223
anerkennenswert ist alles, sagt Simonides, woran nichts häßliches
ist. Das ist als Gnome beinahe bis znm Oxymoron zugespitzt,
denn wenn xaXöv und aiöxQÖv Gegensätze sind wie schwarz und
weiß, so ist es leer. Aber er kann auf Verständnis rechnen, weil
vorhergeht (allerdings nur wenn vorhergeht) ndvxag ^ikim^ sxhv
oöxig iQÖi^i (ifidiv al6%Q6v» Das häßliche was nicht dabei sein
darf ist das was freiwillig and wissentlich begangen ist. Damit
ist die Beorteilong seiner eignen Tat dem Menschen anf das eigene
Gewissen geschoben ^) : So lenkt Simonides die Moral anf den Weg
zur Sokratik. Es ist wanderbar, daß Piaton das nicht heraus-
fand, oder vielmehr es ist nar für seinen damaligen Standpanct
bezeichnend. Ihm war das Problem schon nahe getreten, ob denn
jemand überhaupt ixciv itovriQ6q sein könne, da sein Meister an
die Allmacht der menschlichen Einsicht glaubte und jede Hand-
lung aus der Einsieht ableitete. Aber die große Erfahrung hatte
er noch nicht gemacht, daß es dem Sterblichen möglich ist ävÖQ*
iyad'bv aka^iag yBviö^ai und (ir^dsvl &Xk(Oi nsi^sö^ai i\ r&t köymi^
ja daß die wahre igsti^ und das wahre Glück dem Menschen
erreichbar sind, selbst wenn ihm die Götter igsrij xal üXßog durch-
aus versagen. Der Tod des Sokrates, nicht seine Lehre oder sein
Leben rückten den ivijQ iyad^ög und seine nun rein moralisch auf-
gefaßte $iig^ die igsri^, dauernd wieder in den Mittelpunct der
äpeculation über die menschlichen Dinge; man nannte ihn jetzt
den Weisen, während er in der alten Zeit der Held gewesen war,
weil er notgedrungen auf die vita activa verzichten mußte'). Li
verändertem Sinne konnte man an die alte Zeit anknüpfen, von
der Simonides, der Vorläufer der Sophisten sich abgewandt hatte ;
Piaton speciell hat das Sprichwort gern im Munde geführt, das
ans dem Pittakosworte abgeleitet ist xccXmä rä xakd: in ihm ist
der Gegensatz zu dem simonideischen advra toi xaka totöiv al6%Q&
ffti) iiiiuixtai unverkennbar. Aber damit das möglich würde, mußte
der BegriiF der igstii gänzlich ungewertet sein, und auf diesem
Wege ist das Gedicht des Simonides eine wichtige Etappe: man
darf es sich nur nicht von dem jungen Piaton verwirren lassen').
1) Die Anerkennong der force majeure uffoet allerdings eine bedenkUche
Hintertür, denn z. B. iifiog konnte als eine solche Avdyxri angesehen werden. In
der Tat hat das sittliche UrteU aus diesem Gesichtspunkt immer sehr müde ge-
urteÜt, denn wenn es später unter der Wirkung des stoischen Determinismus
meistens beut faiaU erat o. dgi. , so ist das im Grunde dieselbe Entlastung der
manschlichen Verantwortung, weil diese versagt.
2) Vgl den Excun.
Z) Vergeblich ist alle Miihe gewesen aus dem Protagoras ein wissenschafs-
Uchas Resultat herauszudestilliren \ man fand es, weil man meinte, es müBte darin
224 ü. V. Wilamowitz-Moellendorff,
Es gibt die moralischen Anschauungen der Generation, die sich
an das erreichbare haltend die praktische Tüchtigkeit erzeugte,
welche den Perser vertrieb und das attische Reich gründete.
Wenn wir es nun verstanden haben, so gewinnen wir für die
Beurteilung des Dichters einen Eckstein, denn wir haben ein fast
sein. DaB die Beurteilung des i^dv der ganzen Lebensauffassung des ernsten
Piaton zuwiderläuft , ist zugestanden. Zwar • war der Verfasser des Protagoras
keinesweges ein Hedoniker; er würde weiter disputirt haben und dargelegt, daß
das &ya^6v allein iiSv sein könnte; aber er läßt doch seinen Sokrates auf einer
Basis disputiren, die er bei ihm sonst perhorrescirt. Das von dem Verfssser
selbst angegebene Resultat ist, daß Protagoras und Sokrates in der Sache sich
im Kreise herumgedreht haben. Lassen wir das einmal gelten. Sehen wir das
als von dem Dichter beabsichtigt an, was er erreicht. Das ist, daß vor der Ver-
standesschärfe und Ironie des Sokrates sich die vornehmen Weisheitslehrer alle
blamiren, der größeste am meisten. Die Leute disputiren über das was ihre
Kunst zeigen kann, über ihre Kunst am liebsten; Dichtererklärung und Synony-
mik sind Mittel zum Zweck; Sokrates zwingt sie über moralische Probleme zu
disputiren; das ist sein Steckenpferd. Er ist den anderen immer über, nicht
durch seine tiefere Weisheit, nicht durch sein moralisches Ethos, sondern durch
Schlagfertigkeit, Witz und Humor. Das Moralische ist auch für den Verfasser
weder Gegenstand des Studiums noch Kriterium des Wertes. Er hat gar nicht
die Absicht abstracte objective Wahrheiten zu finden oder zu suchen, sondern er
giebt als Dichter ein Bild des Lebens, das er gelebt, der Eindrücke, die er
empfangen hat. Er hat wie der naive Bursche, den er zuerst einführt, erwar-
tungsvoll den Weg zu allen genommen, die Weisheit besitzen sollten, und er hat
unter ihnen einen getroffen, der ihnen allen über war, weil er erkannte und be-
kannte, daß er keine Weisheit besaß. Das bewunderte und schilderte der Schü-
ler, aber eine sittliche Größe, ein Heros war er ihm noch keinesweges; er sah in
ihm den weitaus besten <ro(pi<rTiiff und fand ihn noch zuweilen etwas komisch.
Wenn ein Anfanger ein Buch schreibt, so pflegt die Anregung dazu sehr stark
litterarisch zu sein. Piaton stellt denjenigen Sophisten in die Mitte, den er nie
gehört hatte und der längst tot war: den nimmt er also aus seinen Büchern.
Prodikos kannte er persönlich: das zeigt der Baß und das Costum des kränk-
lichen Herren ; aber was er parodirt, geht seine Schriftstellerei an. Hippias wird
hier um seines pretiösen Stiles willen verspottet: die Person erhält in dem Dia-
log ihr Teil, der nach ihr heißt. Wenn der übermütige Jüngling, der diese Satire
schrieb und eben seine Tragoedien verbrannt hatte, als Dichter sich nach einer
Anlehnung umsah, so konnte er unmöglich die Komoedie vergessen. Und richtig,
er hat ja direct an die Schmeichler des Eupolis angeknüpft, der später auch dem
Xenophon die besten Motive lieferte. Eine Komoedie ist dieser Dialog : es sollte
bald die Zeit kommen, wo derselbe Dichter zur Tragoedie zurückkehrte. Aber
was ihm dazu die Stimmung und zum Prophetenberuf die Weihe gab, hat er noch
nicht erlebt. Als er im Qorgias an den Protagoras anknüpfend seine erste Tra-
goedie vollendet, liegt die für immer entscheidende Erfahrung dazwischen. Der
Protagoras ist das älteste Werk Piatons, wenn nicht ein Paar Epigramme älter
sind, Spielereien, zu denen Onkel Kritias die persönliche und litterarische Anre-
gung bieten konnte.
dM Skolion des Simonides »n Skopas. 225
vollständiges Gedicht. Es ist ein Erzengnis des Witzes, nicht
der Phantasie; es fehlt nicht nur der Mythns , sondern auch die
ganze künstlich anfgepntzte Sprache, die, so viel wir sehen, Pin-
dar niemals ablegen kann, weil sie ihm Natnr geworden ist^):
Simonides verfügt über verschiedene Töne, die er bewußt anzu-
schlagen weiß. Hier haben wir eigentlich nur durch das Vers-
maß Poesie, ganz wie in vielen sophistischen Diatriben des Euri-
pides. Das angemessene Organ für solche Gedanken scheint uns
die Prosa der sophistischen Bede oder des Dialoges, und doch
werden wir diesen Anfang der Gedankenlyrik nicht prosaisch
schelten; wir werden nur verstehen, wie Lasos Begründer der
Eristik heißen kann. Die Poesie war Jahrhunderte lang die ein-
zige Ausdrucksform gewesen und immer noch die leichteste und
die einzige, in der es möglich war, Gedanken vor das große Publi-
kum zu bringen. So fremdartig uns jetzt wäre, daß ein Denker
zur Laute griffe und seine moralischen Distinctionen vorsänge,
so natürlich war es damals ; übrigens bietet ja die Spruchdichtung
des deutschen Mittelalters zu der des hellenischen eine vollkommene
Parallele. Die Elegie und bei Phokylides auch das rein epische
Maß hatten längst inhaltlich solche lehrhaften Gegenstände be-
handelt; Simonides, melischer Dichter von Beruf, wendet die ihm
vertraute Form an mit bewußter Kunst auf die Schmuckmittel
des prunkvollen lyrischen Stiles verzichtend. Wie es die Elegie
getan hatte und die Lyrik, da sie keine zwecklose Schreibtisch-
poesie ist, auch tut, dichtet er für einen bestimmten Anlaß und
an eine bestimmte Person, die er anredet; aber er trägt durchaus
seine subjectiven Gedanken vor und redet aus eigner Person.
Wo und wie trug er sein Gedicht vor ? welcher Gattung gehört
es an? Blaß hat die richtige Antwort gegeben, indem er es ein
Skolion nannte. Zwar ob es eine so benannte Abteilung unter
den Werken des Simonides in der alexandrinischen Ausgabe gege-
ben hat, ist fraglich; in der Pindars gab es bekanntlich keine,
und die Gedichte von ihm, die in voralexandrinischer Zeit Skolien
hießen, müssen also unter den Enkomien eingereiht gewesen sein,
1) Nor in dem Eingänge eines solchen Gedichtes, den ChamaUeon als Beleg
f&r Pindars Erotik anführt (127 Bgk. aus Athen. XIII 601) , ist Sprache and
Versmai gana schlicht: cA) %aliQäv %al fycni / xtt^^sff^^^ %axä 7utig6v, I fkii srpftf-
fivti^v di^U^yio« dinni 9via^ «f6{i«r. Je ein enhoplisches Kolon als Stollen, zwei
Torhandene als Abgesang. Aber das wird Zufall sein: das Liebesgedicht an Tfae-
zenofl (12S), das auf dieses Bezug nimmt , ist ganz in dem gewöhnlichen hohen
Stile. Und wenn das Trinklied an Thrasybolos, wie Blaß richtig gelehrt hat,
eine ganz kleine Strophe hatte, so ist die Uiis doch ^«ydlo»fMn}^.
KgL Q«. 4. Wl«. SMhftoklM. nHolof.-Uflpr. Dmw 1888. Hfl. S. 16
226 ü. V. Wilamowitz-Moellendorff,
was dem etymologischen Simie dieses Namens ja auch angemessen
ist. Auch von Bakchylides ist kein Skolienbuch bekannt; da hat
aber das von den alten Dithyramben genannte Buch gelehrt, daß
wir auf die antike Einordnung nicht zu viel geben dürfen. Schließ-
lich ist der Name unwesentlich; das aber leuchtet ein, daß dies
kleine gesungene Lied an denselben Ort, an den Tisch des Fest-
males, gehört , wo die Elegieen gesungen (d. h. zu einer conven-
tioneilen Flötenmelodie recitirt) worden sind, die wir in der The-
ognissammlung erhalten haben, und die Liederstrophen zu der von
dem Sänger selbst gespielten Laute wirklich gesungen sind, die
den Namen Skolien immer behalten haben. Wenn selbst ein Bü-
mon seinen Vers singen konnte, so versteht es sich von selbst,
daß ein Dichter, wenn er an den Tisch der Vornehmen zugezogen
wurde, sich mit etwas besonderem und eigenem hervormachen
mußte. Er schuf, wenn sein Lied gefiel, eine neue Weise für das
Commersbuch, und die platonische Gesellschaft im Hause des
Kallias wird dieses Lied daher so gut kennen, daß sie es beim
Weine hörten und sangen^). Also wir haben in solchen Liedchen
gar keine chorische Lyrik. Bei den Männermalen ist das echte
Lied, das Lied des Alkaios und Anakreon erhalten geblieben und
auch von den Chormeistern geübt worden. Das bestätigt sich
durch das Versmaß, Der Tanz fiel fort ; Einfachheit war beinahe
unerläßlich, wie wir sie in manchen kleinen Stücken des Bakchy-
liedes auch finden'). In diesem Falle ist unverkennbar und ent-
scheidet die Sache endgiltig, daß das Versmaß des Simonideischen
Gedichtes mit der bekanntesten Skolienstrophe die allerengste
Verwandtschaft zeigt.
Das Versmaß muß ich noch, so weit ich kann, erläutern:
dann hoffe ich, darf das Gedicht als verstanden gelten.
I o VAJ KJ I \J VJU U I U U
\ju — u— I •— ^J — u\j — u— I — -u — VA-» — u —
\j^ I — u — ^-AJ
1) Als diese Verwendung aufhörte, war es auch um die Popularität des Lie-
des geschehen, so weit sie nicht mittelbar durch Piaton erhalten blieb. Denn die
Gedanken hatten nach der Sokratik keinen Werth mehr. Aus alter Zeit könnte
man einen Nachklang wie bei Pindar (S. 221, 1) so bei Theognis finden, der 11B3
zu Kyrnos sagt, daB die Sonnenstrahlen keinen bescheinen, ai fi^ ii&nog inmoi'
fuctai. Aber das wird eher zu fassen sein wie es 601 stellt, daß es Keiner allen
recht machen kann. Semonides 4 ndfinav 9* äii4Dfiog o^vig o^ &%ifiQi,oq ist objec-
tiv gesagt, jeder hat seine schwache Seite. Das Kpos kannte noch viele «(fivfiovfff.
2) Aber Fgm. 27 Bgk. rivalisirt er mit Pindar in dessen Stile, vgl. Pindars
Skolion an Thrasybolos.
das Skolion des Simonides an Skopas. 227
V. 1 ist ein ionischer Trimeter, von der gewöhnlichsten Form des
Phalaeceus nur dadurch unterschieden, daß der erste Fuß choriam-
bische Form hat. Das • Skolion hat den Phalaeceus als Stollen. In
V. 2 folgt auf einen steigenden loniker die Verbindung von zwei
(xlykoneen mit einem iambischen Metron, die als stichisch wiederhol-
ter Vers, genauer als kleine Strophe der Form a a b, in mehreren
Gedichten des Alkaios vorliegt. Für jeden, der den Glykoneus
als eine Umbiegung des ionischen Dimeters kennt, hat die Strophe
bis hierher nichts auffälliges. Auch V. 3 fügt sich noch gut.
Denn in ihm steht vor zwei Glykoneen ein iambisches Metron mit
zweisylbiger erster Senkung, was wir in den Trimetem des Dra-
mas anapaestischen Anlaut nennen. Das findet sich genau ebenso
in dem Abgesange des Skolions, dort vor einem Choriamben, so
dass die Deutung klar ist. Aber nun wird es unsicher, weil der
Text mehrere Deutungen zuläßt. Zweimal ist ein Dochmius über-
liefert, wenn man eine Auflösung und damit den einzigen Verstoß
gegen die lesbische Silbenzählung zugiebt. Für den Dochmius
spricht, daß er in dem Skolion auch steht, und das schlägt für
mich durch. Aber es muß zugegeben werden , daß die in der
dritten Strophe tiberlieferte Form uu — u— , also wie in V. 3, sehr
ansprechend ist und sich in der zweiten Strophe ohne wirkliche
Aenderung herstellen läßt^). Der Dochmius ist in solchen aeoli-
schen Strophen der „schiefe" Vers, wie sein Name verlangt, d. h.
er durchbricht die Gleichheit des durchgehenden Metrums. Das
tut das Glied Maeccnas afavis auch, mit dem er in V. 4 verkoppelt
ist und das in V. B ein regelmäßiges iambisches Metron vor sich
hat. V. 6 zwei Bakcheen, d. h. zwei iambische Metra; vielleicht
waren sie mit dem folgenden letzten Verse verbunden. Dieser
verbindet den Pherecrateus mit dem Ithj'phallicus, die sehr häufig
rhythmisch gleichgesetzt erscheinen und es im Grunde auch sind.
Jeder von ihnen ist als Schlußvers gewöhnlich, verbunden stehn
sie z. B. in anderer Reihenfolge am Schlüsse der Strophe von
Pindar Pyth. 2 ; sie werden beide den Wert von je zwei Metra
(Takten) gehabt haben. Nach welchen Gesetzen und ob überhaupt
nach einem demonstrablen Gesetze diese Glieder zu einer Strophe
I) Nach Entfernung von &v beim Conjunctiv, Bv &v ccfi^x^^^^ oviupogä na-
^tliji, das zuzusetzen dem attischen Prosaiker nahe lag.
16*
228 U- ▼• Wilamowitz-Moellendorff,
verbunden sind, kann ich nicht sagen. Aber sie erscheint aller-
dings als eine Steigerung der Skolienstrophe , deren metrische
Ingredientien alle vorkommen.
Excurs.
Als ich zwei Gedichte des Bakchylides benutzen wollte, über-
zeugte ich mich, daß die Gedanken trotz den einfachen Worten
gänzlich verkannt waren. Ich mußte sie also erläutern, und das
ließ sich in einer Anmerkung nicht genügend tun.
XIV. SV (ihv el^Agd'av xagä dai[iiovog iv]d'Q&itotg &Qi6tov'
6v[iq)0Qä d"* iö^lbv ifiaXdvvsi ßaQvtXatog [lokovöttj
6 [kafinolbv [dh xai] {}tlfiq>atr^ xbv%bi xatog^io^atöa* riiiav
d* &Xlog iXXoiav i%Bi,
[!^vQi\ai S* ivÖQöbv igstai' (lia d^ s v XQdxsiraij
10 [8^ tä] it&Q %BiQhg xvßdQva[ösv dt]xaitti6iv q>Qivsööiv,
[ovi^ iv] ßagvndvd'Böiv agfiö^e^ ftc^x^tg g>6Qii^yyog i(i(pä
xal hyvxXayystg xogoi^
16 [oi)z^ iv] ^alimg xava%ä [%ak7i\6xtvicog^ ikli^ iq>^ ixdötcDi
[xmQbg] ivdg&v igyiiaxi xAXXiövog' £v ig-
dövra dh xal ^sbg 6[g»ot,Y).
Danach geht der Dichter zum Thema über. Offenbar steht
der letzte Spruch der Eingangsbetrachtung correlat zu dem ersten,
und beide sind dem Dichter durch den Anlaß seines Gedichtes
eingegeben. „Gott hält den aufrecht der tüchtig handelt^, das
hat der Sieg bewiesen; „des Menschen bestes ist, daß ihm Gott
gutes beschert" : der Sieger hat diese si8aiiiovia» Was dazwischen
steht muß also sich zu einer Periode des Gedankens abrunden.
Leicht ist die erste Strophe; sie führt nur aus, daß die Gunst
Gottes bald den bald jenen hebt und sinken läßt; ngd^ag yäg sv
nag ivijg iyad'ög^ xccxbg d^ et xax&g, inl tcXbIövov 8h xal Rgiötoi
ovg av ot ^sol q)tX&6iv. Leicht sollte auch verstanden werden,
1) Ich bezeichne die wichtigeren Ergänzungen, die meist von Jebb herrüh-
ren; einiges weitere sah dann ziemlich jeder, 5 and 10 habe ich schon früher
hergestellt. BlaB hat einen unmöglichen Text gegeben; auch 22 kann seine Er-
gänzung sich nicht behaupten, denn „dem Kleoptolemos zu Liebe^ kann man
nicht „des Pyrrhichos Sohn** d. L den Kleoptolemos „besingen**.
da8 Skolion des Simonides an Skopas. 229
daB später in der gewohnlichen parataktischen Form eine Ver-
gleichnng gegeben wird. nVlie Laatenspiel und Tanz nicht in die
Schlacht, Waffengerassel nicht anf das Sjonposion gehört ^), so hat
jedes Ding seine Zeit, und wer den Augenblick ergreift, den segnet
6ott^. Dann bleibt aber auch über das Mittelstück kein Zweifel
(abgerechnet eine Lücke, die ich nicht füllen kann)*) „die Men-
schen haben viele verschiedene igstai, aber es wird in praxi immer
nur eine von ihnen gefordert, dem genug zu tun was just vor
ihnen liegt". Also das Ganze: „Glück braucht der Mensch; das
giebt es nicht alle Tage. Viele Wege führen dazu, man muß nur
jedes mal den graden finden. Tue im Moment was im Momente
nötig ist, dann hast du Glück. Heute feiern wir einen, der bv
igsis^ der Bidaifimv iyiveto^; man kann auch sagen iviiQ iyad'bg
iyivsroj das ist ziemlich dasselbe. Die igsrij ist nicht gleich xv^
dog, aber nur das ist ivsQysiai igsti^ was xvSog erhält; die andern
sind es dwdfkBi. Das wird hoffentlich genügen ; nur noch ein Mis-
verständnis muß abgewiesen werden, zu dem unser moralisirendes
Empfinden leicht kommen kann. Man ist über dixaiaiöiv q>Qivs66iv
gestolpert und hat das gänzlich deplacierte hineingetragen, daß es
sich überall darum handelte, Gerechtigkeit zu üben ; wo man denn
genötigt wird, wider jeden Sprachgebrauch in sv igdovra Y. 18
eine moralisch gute Handlung zu suchen. Eine Art Moral ist
freilich dabei; der Dichter verlangt, daß der Sieg mit erlaubten
Mitteln errungen sei, nicht «äv Igdovra, wie man nur dem Feinde
begegnen darf, navovgymg (Pind. Isthm. 3, 65). Auf dem Sport-
platze wie beim Pferdehandel bilden sich leicht üble Usancen
heraus, denen gegenüber der anständige Mann auf fair play hält.
Daran mag man eher denken als an die sokratische dixaioöiivri.
Daß das ganze Gedicht einem Siege mit dem Wagen gilt, also
der Sieger gar keine andere Leistung aufzuweisen hatte als die
1) Ich wül die MisyerBtändnisse der Yergleichong nicht aufstechen. Zu V. 16
YgL Horas 1, 27, 4 vino et lucemis Medus acinaces immane quantutn discrejMtf
nach Anakreon. Natürlich denkt der Dichter nebenbei : ich weiB auch, für jede
Oel^enheit den Ton zu treffen, habe auch die Agtrij and darf auf ici^^o^ rech-
nen. Aber er spricht das nicht aus; er nimmt nur die Yergleichong aus dem
eigenen Handwerk.
2) Jebb ergänzt geistreich i^daifia^. Aber zu &Qitii n(f67Utxai paBt das
nicht gut; es ist gesagt wie ^4Mo«r «^^xfiroi, aber auch &yat9 nQ6*nxai, denn
es ist «^ iffißti zunjlchst gefordert. BlaB ergänzt ig %oi969y was den allerdings
erwarteten Gedanken {«««rore, &naoi9 nicht gut ausdrückt; denn wonach alle
Strebes, das wird doch nie ihnen gemeinsam.
230 ü. V. Wilamowitz-Moellendorff,
Sandra, ist unserem Gefühle mit Recht anstößig; aber das trifft
nicht den Dichter, sondern seine Zeit.
X. Das Gedicht ist für einen gewerbsmäßigen Läufer aus
Athen verfertigt, der vermutlich Pasias hieß. Der Dichter hat,
wie ihm aufgegeben war, die Liste der Siege in Verse gebracht^)
und fährt mit dem ihm geläufigen Gedanken fort, „die Menschen
streben auf vielen Wegen zu demselben Ziele, dem Ruhme; dafür
wenden sie ihre verschiedenen Kenntnisse an" ; er hätte auch sagen
können, ihre agerai, die er nun aufzählt
fivQtai S* ivÖQ&v ijctörafiaL TcdXovrai,
^ yäg 6oq>bg ^ Xagirov riyi&v Xskoy%ibq
40 ilTtidt xQv6iai td^aXev,
fl tiva ^BvngoicCav eläihg' Irsgog S^ iitl natöCv
xoixCkov rö^ov xitalvBL'
ol' S^ in iQyoiölv xb xal i(iq)l ßo&v iyeXag
45 d'Vfibv aü^ovöiv* tb yiikkov d* Axgitovg xCxxbi xslBvxdgj
n&L xvjjt ßQ^öBL. xb fihv xdlhöxov iöd'X&v
avdga noXk&v in^ ivd'Qonov nokv^tlkotov bI^ibv
5) V. 18 redet er ihn an, von da ab aber spricht er von ihm in dritter Per-
son. Also hat Blaß richtig dazwischen voll interpungirt. Dieser Wechsel muB
erklärt werden. £s ist in der Ordnung, wenn das Verzeichnis der Siege dasje-
nige ist was Phema, die im Eingange angeredet ist , über alle Lande verkündigt.
Das Lied ist gleichsam nur ein Instrument der Göttin. Mit ihrer directen Anrede
(in der das nackte xaXa bei Blaß stillos ist) beginnt das Gedicht; man erwartet
eine Schilderung ihres allgemeinen Wirkens in den lückenhaften Versen, mit xal
vvv erst den Uebergang zu dem speciellen Falle; passend mochte gesagt sein,
daß Phema sich zu ihrem Geschäfte der Poesie bediene. In dem zweiten Satze
wird der Sieger angeredet : irgend wo hat also sein Name gestanden , der über»
haupt nur in dieser Partie gesucht werden kann: wo sonst als in dem zweiten
Satze, wie sonst als im Vocativ? Also wird es bei Uaaia %lv sein Bewenden
haben, durch Conjectur, wenn etwas anderes da gestanden hat, a]%HQh im fol-
genden Verse ist doch auch Nonsense. Wer den Bakchylides sagen läßt „und
jetzt regt der Schwager die Biene von der Insel an" der sollte ehrlicherweise
selbst angeben, daß das nur der Schwager des Bakchylides sein könnte, und dem
ratlosen Leser verraten, wie er sich dessen Verhältnis zu dem athenischen Sieger
denke. Hv' &&dvatov (tovaäv &yaXiuc ^vvbv &v9'QAnoieiv stt}, so interpungirt Blaß.
Danach ward der Dichter veranlaßt das Gedicht zu machen damit es unter die
Leute käme. Kenyon hatte nicht übersehen, daß die Absicht nur auf die Ver-
breitung der Siegeskunde zielen kann, und dalier interpungirt ^vvbv &v^Q6moictv
itr\ xcifffuc tt&v &Qft&v] aber das Lied kann ni<;ht ein allgemeines x'^QP^ der
Großtaten sein. Auch hier ist eine Corruptel: ^vbv &v&Q&noiai 9iiri x^^l'^
ist zu schreiben.
das Skolion des Simonidas an Skopas. 231
olda xal «Xovtov (layakav dvvaöiVf
50 & xal tbv ixQstov xC^riöi
%Qiil6x6v' xl fiaxQav yX&66av l^vvag ikavvio
ixxbg 6dov\ 7cdq>axai d'varotöi vixag
VÖXBQOV BvtpQOöfiva
„unter Flötenschall und Liedern". So viel ist von den letzten
Versen noch kenntlich; aber von der Schlußgnome nur die unzu-
reichenden ersten Buchstaben XQtiri.
Es ist zunächst klar , daß bis V. 45 die im6Tcc(iai aufgezählt
werden, und daß darauf die Unsicherheit des Erfolges angegeben
"wird, ganz wie XIV 2 *). Dem gegenüber ist das beste — was ?
Es konnte sein: Erfolg von den (xöttern, einerlei womit, zu be-
kommen. Aber so hat er hier nicht geredet, denn er sagt „ich
weiß wol, auch das Geld ist so mächtig, daß es den Lumpen adelt,
doch wozu weiter schweifen ? hier wo wir die Wonne eines Sieges-
festes miterleben ist offenkundig, was das Beste ist". Schade, daß
die Schlußgnome uns nicht zu Hilfe kommt. Aber auch so ist
klar, daß das so herrlich belohnte Streben, der Athletenberuf,
gegenüber anderen als der beste bezeichnet war. Der Athlet, der
mit seiner Körperkraft alles macht, verachtet den Schwächling,
der es mit seinem Gelde leider nur zu oft zwingt. Aber heute,
als Sieger steht er erhaben über alle da. Er wird einer von der
ungebildeten Bande gewesen sein, die von dem vornehmen Sports-
man über die Achsel angesehen wurden und bei Denkern wie
Xenophanes den ganzen Sport in Miscredit brachten; Bakchylides
wird den obscuren Gesellen auch nicht geachtet haben, aber er
machte das Lied, das der Schwager des Siegers bestellte und be-
zahlte. Darin befolgte er denn auch die Anschauungen des Sie-
gers, und wenn er sie nicht leicht begründen konnte, so trat dafür
der Erfolg des Siegesfestes ein. Wenn denn also in der ausge-
schriebenen Partie die verschiedenen Lebenswege aufgezählt wer-
den, so kann das xäXXiöxov iö^X&v^) unmöglich sein noXke^v in^
1) Ich verstehe nicht, was 6ia%Q^tovg ttltvtds soU. Das Asyndeton ist bei
dem zweigUedrigen Gedanken unerträglich; der directe Fragesatz kann nicht mehr
bestehen, wenn das Dubitative in &%Qito9 entfernt wird, und „das Resultat ist
verschieden^, ist der Misdentung ausgesetzt, daß es je nach der in^fftdfia ver-
schieden wäre. Dagegen ist die Ueberlieferung nicht nur grammatisch untadel-
haft, sondern ergiebt auch den nötigen Sinn intl dh voi) nillovtos untccai «ro-
%utov%ai^ it9dy%ji &diilov dvai xriv xiXivxriv iiidctrig niji &nofii)Citai^ tfjg tv%rig
2) Die ilandschrift hat toihnv^ aber das ist wirklich ein lapsus calami. £
ist ja ein onvoUstandigcs 9, Auch auf Steinen kommt so etwas oft genug vor.
232 ü« ▼• Wilamowitz-Moellendorff,
avd'QtoTtoiv xoXv^i^Xmrov slfLsv, denn das kann eben anf allen Wegen
erreicht werden, sondern es muß der Beruf des Siegers bezeichnet
sein, zumal er vorher fehlt ^), „die Leute treiben es so imd so
aber schöner als alles ist es von den Menschen beneidet zu wer-
den, als was ? als Sieger in den Wettspielen, erwarten wir. Also
als av^Q iöd'Xög. Das ist sehr anspruchsvoll gesagt, aber daß der
iXXdvLxog vor allen anderen sich als av^g iyad-ög yBvöfisvog vor-
kommen mußte, wird nun wol eingeleuchtet haben, und hier folgt
gleich, „mancher meint, er könne auch durch Geld xQ'^l^'^^S wer-
den, aber — wir sehen ja den wahren heute vor unsem Augen **•
Nun die andern Lebensberufe, eine Partie die mir gleich beim
ersten Lesen darum so merkwürdig erschienen ist, weil sie mir
im Keime die in späterer Zeit herrschende Lehre der drei ßioi
zeigte, q)cX6rifiog q)LkoxQiiiJLaxog ipcki^dovog. Am breitesten ausge-
führt stehn sie in Dions vierter Rede; kurz und scharf bezeich-
net sie Eeanthes in seinem Hymnus V. 27.
6t fiiv in^Q dö^rig öTtovdijv 8v6bqi6xov Ixomsg,
oC S^ inl xsQÖoövvag tsxQafifidvoi oidavl KÖöfiCDij
aXXoL d' Big &VB6LV xal öa^iarog f^dda igya.
Sie stehen aber schon bei Aristoteles Eth. I 3. Damals war die
Entscheidung zu Grünsten des q>Lk66oq>og gefallen; das konnte
nicht von Anfang so sein , wo der Glanz des Ruhmes zum
äviiQ i6^k6g gehörte. An erster Stelle erscheint der q>M6oq>og
auch bei Bakchylides ; seine Vertreter sind Dichter und Seher ■).
So schon bei Solon in dessen Aufzählung der Stände , 14, 51 ').
Der Tüpfer 'Aqictovo^oq ist nun wol glücklich begraben : möge ihm die dmQo<pia
von Naxos bald folgen, die trotz dem gesunden Urteü Röhls über I. G. A. 411
namentlich in grammatischen Büchern paradirt.
1) Verkehrt hatte ich versucht, den Worten durch die Annahme einer syn-
taktischen Härte {noXX&v iad'X&v Fvexa noXv^i^Xonov) Sinn zu geben. Die Aen-
demng der Quantität ist kaum eine.
2) Da unbedingt auch der Seher weise ist, gliedert sich dieser Satz so, daft
öotp6g die beiden Unterabteilungen hat, je nachdem die Weisheit von den Chari-
ten stammt oder aus dem Besitze alter Qüttersprüche. Das ist allenfalls möglich
den überlieferten Worten zu entnehmen, aber ungleich wahrscheinlicher ist rj yo^
S) Bei Solon handelt es sich nur um die verschiedenen Wege des Erwerbes.
Anf Schiffer und Bauer folgt der Handwerker, dann Dichter, Seher, Arzt. Diese
vier haben ihre Kunst von besonderen Göttern, die Handwerker von Athena und
Hephaistos (wodurch beiläufig das Alter des Gultes der beiden im Kerameikos
bezeugt wird, wie bei dem Alter der athenischen Töpferei natürlich ist) die Dich-
ter von den Musen, die Seher von Apollon, die Aerzte von Paieon, der notge-
I
das Skolion des Simonides an Skopas. 233
Dann kommt der q>LXijdovog, Da erwartet man ztmächst den Trin-
ker; aber der paßte hier nicht, wo es sich tmi einen sichtbaren
Erfolg and eine iniöriiiuc handelt: da erscheint denn das xwifyd'
6LOV xaidmv, mit Flaton zn sprechen'). Der iganixbg ivi^Q kann
gar nichts anderes sein als der ^>ik6naig^ wie es noch Piaton von
seinem Bmder Glankon sagen läßt (Staat 474 d). Wer Theognis
kennt und Pindar (123 z. B.) und die Sokratik sollte doch über
eine solche Stelle nicht stolpern. Und was sagt Solon? üXßiog &t
naldig xb q>iXoi xal (lAwxBg imtoi xal xvvsg &yQ£vtal xal idvog
iXXodaxög, Die Anschauang hatte im vierten Jahrhundert tat-
sächlich sich etwas verschoben, aber es wäre sehr verkehrt, wenn
man meinen wollte, daß dem Misgolas, den Aischines als einen
rechten q>Mxaig schildert, die Neider seines G-liickes and seiner
Gewandtheit gefehlt hätten. Und noch Kallimachos, selbst ein
rechter fpikönai^g, sagt') yrigdöxet d* 6 ydQtov XBtvog iXafpQ&tsQoVf
xovQoi xhv q>iXdov6iv, ibv dd iiiv ola yopf^a xsiQbg ijt* olxBitiv &XQig
&yov6i d'vQfiv. Endlich kommt mit denen die Aecker und Herden
suchen der ßiog q)iXoxQiifiaTog. Diesen allen steht der gegenüber
der als dö&Xbg ivi^Q beneidet werden will, insbesondere der Athlet:
ist der g>iX6Tiiiog zu verkennen? Pindar konnte dem Menschen
die Wahl unter vielen Lebenszielen nicht frei geben; es giebt sie
wol, aber sie werden angeboren und dem Stande, an den er sich
wendet, ist sein hohes Ziel gesteckt, nach dem alle andern verge-
bens ringen. „Was angeboren ist das taugt etwas. Wol ver-
drängen Ton Apollon onterschieden wird. Man hat an Y. 51 Terkehrt geändert,
weü man die feine Stnictor nicht Terstand
ällog 'Mrivaifig tt %al ^Htpaiatav noXvxi%vim
&lXog Xyivuniadoüv Movcioav naQa dAQa dtdax^flg
tfiiQxfjg awpirig iiixQov imevtxitivog.
Da gehört das Yerbum des ersten Satzes auch zum zweiten ond dem instrumen-
talen Dativ x^ftforr entspricht hier der Participialsatz. Zu d&ifa vgl. Archilochos
1 nai iiovaimv ifforbv d&gov iniotdßfvog und Mimnermos 1, 3 nach Nennung
Aphrodites nnvntad^ri iptl6xrig %al ficAi^a dcb^ %al c^vij, wo man auch ange-
stoBen hat.
1) Protag. Elingang. Bei Pindar Isthm. 2, 2 heifit es von den alten Dichtem
ii^tpu %aidtiovg t6£cvov tifftvov^. Die Jagd des ^ik^aig ist der Inhalt des be-
rühmten Epigrammes von Kallimachos Sl.
2) Fgm. 11 aus dem ersten Buch der Aitia. Wer leugnet, dafi das in den
Buchstaben h n^inmi inAv bei Stobaeus Qberliefert ist, ist dazu reif von Lie-
betelegieen des Kallimachos zu trftumen: über griechische Texte mitzureden ist
er nicht reif.
E(U Qm, 4. WIM. HMbricktea. PUlolo(.*yrtor. Smm 189S. Hfl. 2. 16
234 U. V, Wilamowitz-Moellendorff^
suchen viele, durch angelernte Vorzüge Ruhm zu erlangen, aber
es ist besser zu schweigen von solchen Gott (der Natur) zuwider-
laufenden Bestrebungen. Es giebt ja Wege , die führen höher,
aber die sind nicht für jedermann. Meine Dichterkunst ist eine
solche seltene Gabe, und der Sieger den ich besinge ist auch
von Gott zu seiner Kraft und Kunst berufen" (Ol. 9, 100).
Diese Parallele wird er nicht müde zu ziehen. Es ist ge-
wissermaßen der q)M6oq>og und der q)ikoTiiiog ßCog^ die complemen-
tär neben einander stehn. Der tpiXoxQff^ii^axoq ist insofern unver-
meidlich, als jeder sich schaffen muß, wovon er lebe; aber er ist
gemein, eben weU es jeder muß'). Wol bedarf der adliche Herr
für seinen Sport und seine Liberalitäten Geld, und erst recht der
König; aber das ist Mittel zum Zweck, und der Dichter begehrt
kein Geld (sein Auskommen hatte er), weil er zu seinem Berufe
es nicht brauchte*). Das geht alles oder geht doch richtig nur
den Weg, den Gott einem jeden vorgezeichnet hat ; aber der Mensch
hat keine Wahl. Er kann ja nicht werden was er nicht ist. Die
Begabung ist verschieden ; es ist der eine weise, der andere kräf-
tig, der dritte beredt (Pyth. I 41) : in so engen Grenzen hält er
die Unterschiede, wo er nur an Standesgenossen denkt. „Man
kann auf vielen Wegen mit Götter hilfe zum Erfolge, zur cöjrpa-
yCa gelangen: ihr seid dem Zeus zugefallen": so sagt er zu einem
Geschlechte aus Aigina (Ol. 8. 13) ; ganz so fühlte er sich dem
Apollon zugetan. Wenn er also sein Prinzip dem Streben
anderer nach Gold oder Landbesitz entgegensetzt (Nem. 8, 37), so
1) Wer sieb nicht in den Theoxenos verliebt, sagt Pindar Fgm. 123, muB
von Aphrodite verlassen sein and sich entweder von der Sorge um des Lebens
Notdurft so hinnehmen lassen, daß er für etwas Schönes anempfänglich gewor-
den ist, oder frech wie ein Weib alles ohne Unterschied nehmen. Ich citire den
Spruch nicht wegen seiner für des Dichters Weiberverachtung durchschlagende
Bedeutung, sondern weil nsgl XQifi^kaai i^ox^^Sbi ßiaitag so ganz zu dem vielmis-
handelten 6 x^YlfMCTiffrr}? (fi^og) ß^aidg xig iariv bei Aristoteles Eth. Nikom. I. 3
p. 1096a5 stimmt und dessen richtige Deutung durch Rassow (rhein. Mus. 43, 586)
bestätigt.
2) Entscheidend ist die stolze Sprache an Hieron am Schluß der dritten
pythischen Ode „ich werde mich in alle Verhältnisse, in die mich das Leben
führt, zu finden wissen. Selbst wenn ich reich werden sollte, bin ich mir gewiß,
daß ich meinen jetzigen Ruhm nicht einbüßen werde. Ich werde Dichter sein,
d. h. in meiner Hand wird der Nachruhm edler Taten ruhen: und nicht vielen
gewähre ich ihn". Hieron mochte durch seine Erfahrungen mit anderen Musen-
vögeln leicht denken, daß auch der Adler durch Geld kirre werden könnte: das ist
die Antwort. Und da hören sie jetzt heraus, der Dichter bettelte, oder ändern,
damit er das nicht täte.
das Skolion des Simonides an Skopas. 236
schätzt er nicht den Wert der Güter ab, verlangt noch viel we-
niger, daß die andern sich sein Lebensziel auch wählen, er hebt
nnr seinen ihm von Gott gegebenen Beruf von dem auch eingebo-
renen der Menge seiner Standesgenossen ab. Ich habe das ausge-
führt nm mir den Weg zn dem Verständnis eines Bruchstückes
zu bahnen, das Sextus anführt um zu beweisen, daß die Dichter
die Verschiedenheit der Menschen in dem Urteil über aCgstd und
ipevMxd bezeugen. „Den einen ergötzt der Wagensieg, den andern
Leben in güldenen Sälen, den dritten glückliche Seefahrt" *). Man
sieht , es handelt sich nicht um Berufe , sondern um Genüsse im
Leben. Es sind natürlich auch bei ihm die Elemente da, aus denen
ein Bakchylides die vier ßiot ableiten konnte; aber mit Pindars
Sinnesart sind sie unvereinbar. Wenn also Horaz zu dem Wid-
mungsgedichte seiner drei ersten Liederbücher aus diesen Pindar-
versen die Anregung genommen hätte, so müßte er sie mis-
deutet haben. Aber ihm lag nicht nur Pindar vor, und wir
sehen, daß Bakchylides die Lebensziele schon unterschied, wie
das Horaz ähnlich oft in seiner philosophischen Leetüre gefanden
haben muß. Es ist deutlich, daß er an die vier ßioi gedacht
hat , von denen er jetzt den q>tX66oq>os nur als den des Dich-
ters faßt, eben in der Weise der griechischen Lyrik; ihm selbst
lag es schon im Sinne sich wirklich der Philosophie zuzukehren.
Er stellt zuerst den q)iX6Tifiog hin , der lockt den Griechen zu
Rennsiegen, den Römer zur Politik. Der q>iXoxQiiiicctos macht den
Römer zum Großgrundbesitzer, den Griechen zum Großkaufmann :
der Römer fürchtet bekanntlich das Wasser. Der fpikijdovos des
Trinkers ist bei beiden Völkern derselbe, und wenn darauf Horaz
Kriegsdienst und Jagd einführt, so hat er den unkriegerischen
Griechen und den für den Jagdsport unempfänglichen Römer frei-
lich wieder als Paar gedacht; aber das erscheint nicht mehr als
Vertretung des Genußlebens. Und doch gehörte für den Griechen
die Jagd ganz dazu : fimwxBS innoi xal xvvsg iyQivtai stellt Solon
neben die q>{Xoi natdeg^ die Bakchylides hervorgehoben hatte. So
1) Fgm. 221. iLilXon6S(ov ^iv rir' i^ipQa£vovciv tknmv
tijucl xkI tftitfavQi, tohg ^ iv noXvxQ^oig d-aXdiiots ßioxdy
(tAv ducoxiißmp.
Merkwürdig ist im zweiten Verse die Zusammenziehang eines Dactylos, die wir
jetzt wenn auch mit Befremden hinnehmen werden; Buckh konnte das nicht und
glaabte mit t^iua für tiiuci eine evidente Emendation zu machen; Bergk fühlte
daB das Wort in den Pindar nicht paBt (es ist hellenistisch) und schrieb flags
236 U. V. Wilamowitz-Moellendorff, das Skolion des Simonides an Skopas.
hat Horaz, der schon durch die Hänfong der Beispiele recht lang
geworden war , auch die Gruppierimg verschoben. Da aber eine
sehr gute durchschimmert, so dürfte er eine bestimmte Vorlage
gehabt haben; vielleicht Bakchylides, sicher nicht Pindar. Und
da der Rennsport bei ihm doch eine Reminiscenz aus der alten
Lyrik sein muß (es gab ihn längst nicht mehr), die Jagd ihm
auch nur litterarisch bekannt war, und auch sie schwerlich aus
der späten Zeit, wo es in Attika kaum mehr Hasen gab, so ist
auch die Benutzung eines späten Fopularphilosophen unwahrschein-
lich: in der Diatribe treten ganz andere Stände auf, wie die erste
Satire zeigt.
• I
Papsturkanden in Apulien.
Bericht über die Reise des Dr. L. SchiaparellL
Von
P. Kehr.
Vorgelegt in der Sitznng vom 11. Joni 1898.
Mitte Februar d. J. wandte sich Dr. Schiaparelli, nach-
dem er zuletzt in den Städten der Capitanata (Vgl. Nachr. 1898
S. 45 ff.) gearbeitet hatte, dem eigentlichen Apulien zu. Er ging
über Barletta, Trani, Bari, Brindisi die Küste hinauf bis Otranto
und kehrte dann über Grallipoli, Tarent, Matera, Grravina und
Melfi nach Foggia dem Ausgangspunkte dieser Reise zurück. Von
hier unternahm er dann den Besuch der abgelegenen Städte des
Monte ßargano, nach deren Erledigung er sich Ende April in die
innern Abruzzen begab. Ich berichte hier zunächst über die
Ergebnisse seiner Reise in Apulien ; der Bericht über die Abruzzen
und über Umbrien soll sich unmittelbar daran anschließen.
Die Schwierigkeiten, mit denen unser Mitarbeiter zu kämpfen
hatte, waren nicht geringe. Die wohlwollenden Förderer uns res
Unternehmens, die wir auch im Süden Italiens getroffen haben,
woUen nicht zürnen, wenn wir über den geringen historischen
Sinn in jenem alten, an geschichtlichen Erinnerungen so reichen
Lande klagen. Aber die Stürme, die es heimgesucht haben, und
das soziale Elend, dem seine Bewohner verfielen, waren zu groß
als daß sie nicht auch die historische Ueberlieferung des Landes
gefährdet hätten. Und an vielen Orten ist sie völlig zerstört.
Noch jüngst sind den Tumulten dieses Jahres verschiedene Archive
zum Opfer gefallen. Um so mehr muß anerkannt werden, daß
neuerdings eine regere Teilnahme an den historischen Aufgaben,
die eine solche Vergangenheit den jüngeren Generationen stellt)
IfLO«. 4. Wte. iMkrlcU«. Pknol«ff<-Uitw. Daat. 1888. Htfl 8. 17
238 f. Kehr,
erkennbar ist. Vermögen nun aach nicht alle Publicationen, die
diesen rühmlichen Bestrebungen der Commissione provinciale di
archeologia e storia patria und anderer gelehrter G-esellschaften
and Personen Apoliens ihren Ursprung verdanken, unsre unein-
geschränkte Bewunderung verdienen ; immer ist ein löblicher An-
fang gemacht und es muß dem Eifer solcher Männer, wie Beitrami,
A. Prologo, D. Morea, Gr. B. Nitto de Rossi, Fr. Nitti di Vito,
Fr. Carabellese, L. Pepe u. A. alle Anerkennung für ihre Bemühungen
gezollt werden. Es braucht ja nur daran erinnert zu werden, in
welchem Zustande jüngst noch die Herausgeber des Cod. dipL
Barese Aslq kostbare Archiv des Domes von Bari, das bis auf
unsre Tage für verloren galt, aufgefunden haben. Auf verwüstete
oder ungeordnete Archive stößt man hier noch auf Schritt und
Tritt. Und so mag auch der eine und der andere Schatz noch
verborgen und vielleicht auch unsern Nachforschungen entgangen
sein.
Ueberdies fehlt hier gänzlich die Tradition, die die nahen
Beziehungen der italienischen und deutschen Grelehrten in Ober-
und Mittelitalien vorzüglich in archivalischer Hinsicht geschaffen
haben. Die deutsche Forschung darf sich rühmen, durch die
wiederholten Besuche ihrer Jünger in den Sammlungen des mitt-
leren und obern Italiens sowohl die Richtung der italienischen
Historiker wie den Zustand der Archive und Bibliotheken daselbst
nicht wenig und sicher nicht zu ihren Ungunsten beeinflußt zu
haben. Davon ist im Süden der Halbinsel keine Rede. Weder
Bethmann, dessen Notizen (Archiv XU 634) hier vollkommen
unzulänglich sind, noch einer der jüngeren Sendboten der Monu-
menta Grermaniae hat die Archive Apuliens gründlich durchforscht.
Nur E. Winkelmann hat die Archive von Trani und Bari be-
sucht; mit welchem Mißerfolg, sieht man aus seinem Bericht
im N. Archiv V 18. Auf eingezogene Erkundigungen hin hat
J. V. Fflugk-Harttung einige Notizen über das Archiv von
S. Nicola zu Bari (Iter p. 6), das Kapitelarchiv zu Brindisi (p. 12.
742), über Capurso (p. 14), über Matera (p. B2), über Ostuni (p. 67),
über das Eapitelarchiv zu Trani (p. 166. 786), über Lesina (p. 767),
über Monopoli (p. 762), über Taranto (p. 782) gebracht , aber sie
sind, wie es nicht wohl anders sein konnte, weder zuverlässig noch
irgend erschöpfend. Weit mehr Nutzen verdanken wir den gele-
gentlichen Verweisen, die das bekannte Werk von H. W. Schulz
Denkmaler der Kunst des Mittelalters in Unteritalien (Dresden
1860) über die historische Ueberlieferung der Kirchen Apuliens
enthält. Von der größten Wichtigkeit ist natürlich die große
t^apstarkandeii in Apalien. 239
Püblication von D'Avino Cenni storici snile chiese etc. del regno
delle dae Sizilie (Napoli 1848); freilich sind die einzelnen Artikel
ganz nngleicb gearbeitet. Neuerdings hat endlich 6. Mazzatinti
seine rühmlichen Bemühungen, die Handschriften der italienischen
Bibliotheken und die Materialien der italienischen Archive zu
verzeichnen, auch auf Apulien ausgedehnt und bereits einzelne
Berichte darüber publizirt. G-enug, die Dinge liegen so, daß wir
hoffen dürfen, daß dieser Bericht, mag er auch hie und da der
Ergänzung bedürftig sein und den Wißbegierigen wohl auch
manche Enttäuschung bereiten, nicht ganz ohne Nutzen und Werth
sein werde.
Daß am Ende die Schwierigkeiten, die der Zustand des Landes,
die geringe Zahl sachverständiger Männer, die Verwahrlosung
der Archive im Gefolge hatten, glücklich überwunden sind, ver«
danken wir in erster Linie der Ausdauer und dem Eifer unsers
unermüdlichen Mitarbeiters, in zweiter der Unterstützung, die
einzelne Persönlichkeiten von Bedeutung uns zu Theil werden
ließen. Wir wiederholen auch hier unsern Dank.
Die Nachforschungen auf dem Boden Apuliens begann Dr.
Schiaparelli in Cerignola (s. auch unten Ascoli - Satriano). Nach
D^Avino p. 197 war von vornherein hier nichts zu erwarten. Das
Archivio capitolare soll jungem Ursprungs sein, dessen
Urkunden nicht über das 17. Jahrhundert hinaufgehen. Auch das
Archivio comunale beginnt erst mit dem 18. Jahrhundert.
Unzugänglich, aber auch wenig Ausbeute versprechend, war die
Sammlung des Herrn De Lachefaucould duca di Doudeau-
ville.
In Ouoia, vgl. auch Mazzatinti Inventari VI 123, besuchte
er das Archivio capitolare (Archivar Sac. Vincenzo de Muro),
das eine bescheidene Urkundensammlung hat, die mit 1269 beginnt ;
auch die hier befindlichen Prozeßakten ergaben nichts. Hier ist
auch das Archivio prevostale mit einem autographen Ms. des
Tartara Staria di Canosa. Die einzige uns interessirende Urkunde
des Archivs ist die von Jaff^ ^^ ' P- 708 zu J-L. 5871 eingereihte
Aufzeichnung über die Weihe der Kirche durch Paschalis II., von
der auch eine von Schulz Denkmäler I 66 publizirte Inschrift über
dem Eingang zur Sakristei vorhanden ist. Die Urkunde selbst
stammt aus dem Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts
und ist mit einer falschen Bulle Paschalis II. ausgestattet. Im
Archivio comunale fanden sich nur Papierakten vom 16. Jahr-
17»
240 ^' Kehr,
hundert ab. Ufficio del registro und Archivio notarile
sind modern.
In Bezug auf die Archive von Andria ist auf den Bericht des
Prof. Fr. Carabellese, dem wir vielfach zu Dank verpflichtet sind
(bei Mazzatinti Gli archivi I 21 ff.) zu verweisen. Auch hier bietet
weder das Archivio capitolare noch das Archivio vesco-
vile ältere Materialien, die Archive aber von SS. Annunziata
und von S. Nicola, an sich wichtig und reich, beginnen erst mit
1348, bezw. mit 1322. lieber die Hss. des Archivio capitolare
und der Biblioteca del Seminario s. Mazzatinti Inventari VI 115.
In Minervino-Murge fand Schiaparelli nur jüngere Materialien.
Das Archivio capitolare (Can. L. Pascale) beginnt mit dem
16. Jahrhundert und das übrigens in diesem Jahre bald nach
Schiaparellis Besuch von der aufgeregten Bevölkerung zerstörte
Archivio comunale mit dem 18. Das Archivio notarile
ist ganz modern.
Dürftig ist auch der archivalische Bestand in Buvo, wo Dr.
Schiaparelli freundliche Aufnahme und Unterstützung bei dem
Provinzialrath A. Fatta fand. Das Archivo capitolare
(Can. Fr. Fatelli) beginnt erst mit 1348, das der Curia vesco-
vile mit saec. XVII und das Archivio comunale ist 1894
verbrannt. Auch was Herr Carlo Laiodice besitzt, ist ohne
erhebliche Bedeutung: 6 Urkunden seit dem 16. Jahrhundert und
mehrere Mss. des Can. G. Ursi, des Fr, Chieco und des M. Ficco
über die Geschichte von Ruvo, deren Inhalt über das Interesse
der engsten localen Forschung nicht hinausreicht. Ueber die ein-
zige Hs. des Archivio capitolare s. Mazzatinti Inventari VI 127.
Ueber die Archive von Terlizzi hat Prof. Fr. Carabellese bei
Mazzatiuti Gli archivi 125 berichtet, über die Hss. s. Mazzatinti
Inventari VI 106 ff. Carabellese selbst bereitet übrigens jetzt
eine Ausgabe des Codex diplomaticus von Terlizzi vor, die für
die Geschichte Apuliens wichtig zu werden verspricht. Denn
das Archivio capitolare (arcipretile) ist eine der wichtig-
sten Urkimdensammlungen des Landes; es beginnt bereits mit
971, doch besitzt es weder ältere Bullen noch ältere Diplome.
Das Archivio vescovile ist unbedeutend.
Verhältnißmäßig alt ist auch die Ueberlicferung in Bisceglie,
wo der bischöfliche Kanzler Can. D. Mauro Quercia unserm Mit-
arbeiter die Wege ebnete. Das Archivio capitolare beginnt
hier mit Pergamenturkunden des 13. Jahrhunderts, das Archivio
della curia vescovile, wo auch die Urkunden des Archivs
von S. Audoeno sind, mit einer bischöflichen Urkunde von 1074,
Papstarlrandeii in Apalien. 241
das Archivio della Collegiata di S. Matteo mit Bischofs-
ar künden von 1099 und 1100. Die älteste Urkunde des Archivio
comunale ist ein Diplom der Johanna 11. von 1424 XI 26.
Die paar Hss. verzeichnet Mazzatinti Inventari VI 125.
In Molfetta fand unser Mitarbeiter freundlichen Empfang bei
dem Arcidiacono Prof. D. Panuzio, Preside del Liceo. Doch
stellte sich heraus , daß das Archivio capitolare erst mit
dem 14. Jahrhundert und das Archivio della curia vesco-
vile erst mit dem 16. anfängt. Ueber das Archivio comu-
nale mit vielen Diplomen der Anjou und Aragon und über die
Biblioteca del Seminario vgl. Carabellese bei Mazzatinti
Inventari VI 14 ff. und Carabelleses Schrift Antichi capitoli sta-
tuti e consuetudini deirUniversiti di Molfetta (Trani 1897).
Fr. Carabellese hat auch schon über die Archive von Bitonto
bei Mazzatinti 61i Archivi 1 148 ff. berichtet. Es bestätigte sich,
da6 das Archivio capitolare nur unbedeutende jüngere Ma-
terialien und daß das Archivio municipale eine kleine Samm-
lung von Pergamenen besitzt, deren älteste von 1341 ist. Ueber
die Hss. von Bitonto s. Mazzatinti Inventari VI 22 ff.
Bitetto, wo sich der Arciprete B. Troccoli für uns bemühte,
bat fast gar nichts. Das Archivio capitolare, übrigens in
völliger Unordnung, hat nicht einmal eine besondere Sammlung
von Pergamenturkunden ; einige, die aber nicht über das 14. Jahr-
hundert hinaufgingen, sah Schiaparelli in den Fapierakten des
Archivs. Das Archivio comunale soll ganz modern sein.
Auch in Polignano a mare konnte Dr. Schiaparelli nur fest-
stellen, daß das allerdings ganz ungeordnete Archivio capito-
lare (Can. Pasquale Bellipario) zwar eine schöne mit 1169 anfan-
gende Urkundensammlung besitzt, aber ohne ältere Papst- und
Königsurkunden ist. Das Archivio comunale ist modern.
JäarleUa.
Das Archivio capitolare di S. Maria befindet sich
jetzt in großer Unordnung. Vor einigen Jahren sollen die Per-
gamene (angeblich 1200) nach Montecassino gekommen sein, aber
Dr. Schiaparelli fand, als .er endlich Zutritt zu dem Archiv er-
langte, noch verstreute Pergamente, allerdings keines das älter
gewesen wäre als das 14. Jahrhundert. Aus diesem Archiv bat
der Canonicus Vincenzo Stampacchia dem Historiker von Bar-
letta Sabine Loffredo Prozeßakten des Kapitels von S. Maria
C^gen das Kapitel von S. Giacomo mitgetheilt, die Schiaparelli
242 P. Kehr,
vergeblich gesucht hat^). Nach LofFredo war hier eine Urkunde
Innocenz 11. 1140 I 10. (?) J-L. — für Petrus Angelus Barretta
Erzpriester von Barletta *). Die Hss. s. bei Mazzatinti VI 117 ff.
Auch das Archivio della Collegiata di S. Sepolcro
(Archivar Can. Suppa) ist ungeordnet, doch besitzt es nur wenige
ältere Urkunden. Die einzige Papsturkunde ist
Lucius in. 1182 VII 14. J-L. 14681. Orig.»).
Ganz unbedeutend ist auch das Archivio della Collegiata
di S. Giacomo (Preposto D. Gennaro d'Avino), das seine Ur-
kunden mit der Saecularisirung verloren und jetzt außer wenigen
Pergamenen nur noch einige Manuscripte und Summarien besitzt.
Unter diesen enthält das Faszikel Relcufione ddVardvescovo di Trani
SU la chiesa di S, Giacofno eine Copie saec. XVIII und einen Ab-
druck von 1796 von
Hadrian IV. 1159 I 1. J-L. 10B31.
Nicht unwichtig ist dagegen das Archivio comunale (Archivar
G. Rocco). Die Pergamente sind freilich 1841 nach Neapel ge-
kommen, wo sie im Archivio grande deponirt sind (das älteste ist
übrigens erst von 1258 VIII 1). Aber es besitzt außer einigen
Mss. des Paolo de Leon und des Sabino Loffredo jüngere Copien
mehrerer Papsturkunden. So enthält ein Faszikel Copien von 1621
Alexander IL 1063 V 15. J-L. 4514 (unvollständig),
Hadrian IV. 1159 IV 19. J-L. 10562
Alexander m. 1177 I 28. J-L. 12772
und in Einzelcopien des 19. Jahrh.
Hadrian IV. 1159 IV 19. J-L. 10562
Lucius m. 1182 VU 14. J-L. 14681.
Das Archivio del monastero di S. Ruggiero soll so
wenig alte Materialien besitzen, wie dasUfficio del registro,
in das die Akten der aufgehobenen Konvente gekommen sind.
Auch die Sammlung des Marchese Raffaele Bonelli, die nach
1) Der Can. Stampacchia hat 1888 in 60 Abzügen ein Sammarinm pnblisirt
Coram sacra congregatione coneilii dioc, rev. p. D. Camiüo Saniori archiepiseopo
Seleuc. secretario Barulen, preeminetUiss, pro rev. capUulo eaihedralis Banden,
contra rev. capUulum collegiatae a. lacoH Sutnmarium, worin gedrackt sind
p. 33 Innocenz II. 1139 XL 28; p. 85 Hadrian IV. J-L. 106S1 ; p. 89 Urban IIL
J-L. 15618.
2) und die folgenden Diplome: Friedrich IL 1205 YII Palermo (nicht bei
BF.) und BF. 2082; Tancred 1190 IV. Palermo.
3) £d. V. Pflogk-Uarttung AcU III 293 Nr. 322 nach Abschrift Tarantinis.
Ueber das hier verwahrte Brevianun s. Mauatinti YI 118 ff.
Papstarkonden in Apalien. 243
Fr. Carabellese bei Mazzatinti Inventar! VI 116 einen Liber pri-
ttkgwrum Barvietanorum enthalten soll, bot uns nichts.
Dagegen besitzt Herr Francesco Vista wichtige Mss. des
Fdice Fucciüif Istaria deUe cose ecclesiasHche ddla cittä di Barläta
(1816) und Tratiato suUe arigini, sulli progressi e stdla natura deUe
ehiese deüa cittä di Barletta (1816) mit
Gregor I. 591 Vn 2. J-E. 1121.
Johannes XIX. 1026 VI. J-L. 4068 (ans Ughelli).
Innocenz H. 1139 XI 28. J-L. — .>)
Ueber die andern Hss. des Herrn Vista s. Mazzatinti VI 121 ff.
Ebenda S. 118 s. die Beschreibung des Ms. des G. Seccia^ der ein-
zigen Hs. der Biblioteca mnnicipale.
Trani.
Der Erzbischof von Trani, Mons. Domenico Marinangel i,
gewährte Herrn Dr. Schiaparelli auf das Bereitwilligste den Zu-
tritt zu den geistlichen Archiven seiner Diözese. Von ihnen ist,
wie man bereits aus der Publication von Prologo Le charte che si
conservano nel capitolo metropolitano di Trani wei6, das wichtigste
das
Archivio capitolare (D. Giovanni Vescia)'}.
Das Archiv ist 1886 von dem Prior D. Vincenzo Rossi geord-
net worden, der auch einen chronologischen Index der Documente
besitzt. Diese sind in Cassetten und Packeten verwahrt.
Originale :
Gregor VU. 1078 HI 22. J-L. 6071 »).
Urban U. 1069 J-L. 6414.
1) Qedrucki Im Sommariom des Can. SUmpacchia. Das Stück ist eine
grobe Ftischong. Als seiae Quelle gibt Foccilli an „roriginale in carta perga-
neaa antica presso gli atti della Camera reale nel processo, sistente ora uell'
archino generale del regno**, aber, so fügt er in dem einen Ms. binzo, „questo
proeesso fn bmciato nell'incendio del 1799 alPingresso delle armi francesL In-
tanto Ti esistotto copie legali presso le Schede de' notarl".
2) Königsorkonden : Roger 1189 VI, Heinrich VI. St 4923; KonsUnse 1199
IX; Tancred 1191 Y; Friedrich U. BF. 628, 1820, 1667; Manfred BF. 4660,
diese in Orig.; Friedrich IL BF. 2082 und zwei Urkunden Wilhelms in Copien.
8) Von LOwenfeld angezweifelt und von v. Pflugk-Harttung (Specimina tab. 116)
unter die Spurien gesetzt Aber die Ton der Regel abweichenden Auleren Merk-
male eM&ren sich schon dadurch, daB es kein päpstliches Diplom im strengen
Sinne und darum nicht von einem der Kanzleibeamten, sondern von einem Notar
geschrieben ist Jedenfalls ist die Datirung von anderer Band als der Ck>nteit.
Aach die Bolle ist echt
244 P. Kehr,
Urban ü. s. d. J-L. 5677 (im Processo di S. Niccolö Pelle-
griuo von 1603).
Calixt n. 1120 XI 6. J-L. 6866.
Anaclet II. 1130 X 30. J-L. 8415.
Eugen m. 1150 XEI 7. J-L. 9421.
Hadrian IV. 1158 I 22. J-L. 10382.
Hadrian IV. 1159 IV 19. J-L. 10562.
Alexander lU. 1175 XI 13. J-L. 12521.
Alexander UI. (1159—77) XEI 29. J-L. 12760.
Alexander IH. 1177 I 28. J-L. 12772.
Alexander IH. 1180 V 13. J-L. 13658.
Alexander III. (1171-81) HI 27. J-L. 14278.
Celestin III. 1192 n 29. J-L. 16826.
Copien :
Eugen III. 1150 XII 7. J-L. 9421. Cop. saec. XIL
Dagegen bieten die anderen Archive von Trani nichts. Das
Archivio della curia arcivescovile hat nur Papierdocu-
mente vom 16. Jahrh. ab. Im Archivio delComune beginnen
die Deliberazioni conaigliari mit 1668. Das Archivio provin-
üiale setzt mit dem 17. Jahrh. ein, das Archivio notarile
mit dem 16. Jahrh. Dagegen besitzt die Sammlung des Comra.
Vincenzo V i s c h i mit den beiden volumi di eibaldoni Manfredi
saec. XVIII erhebliche Bedeutung. Von diesen enthält
vol. U : Alexander II. 1063 V 15. J-L. 4514.
Urban U. 1089 J-L. 5414.
Paschal 11. 1101 IX 7. s. Canosa.
Calixt II. 1120 XI 13. J-L. — . S. Anhang.
Alexander III. 1175 XI 13. J-L. 12521.
vol. lU: f. 15 Hadrian IV. 1159 IV 19. J-L. 10562.
Ueber die Hss. in Trani s. Mazzatinti Inventari VI 108.
CHovetuizzo*
Hier fand Dr. Schiaparelli Dank dem Entgegenkommen des
Vicario generale Can. Mauri Carlucci und des Can. Vincenzo
Fiorentino sogleich Einlaß.
Das Archivio capitolare ist sehr reich und wird jetzt
geordnet; die Vorarbeiten für die Ausgabe des Cod. dipl. durch
Prof. Francesco Nitti di Vito sind im Gange. Als einzige ältere
Papsturkunde ^) enthält es
1) Küoigsarkunden : Roger 11S4 VII 20 and Wilhelm II. 1179 VII, beide
in Orig.
Papstarkunden in Apalien. 246
Anaclet ü. 1130 J-L. 8418. Orig.
Das Archivio della curia vescovile bat eine beschei-
dene Sammlung von Pergamenen, die mit dem 13. Jahrb. beginnen.
Auch das Archivio della Collegiata dello Spirito Santo
soll nicht über das 14. Jahrb. hinaufreichen. Das Archivio co-
munale ist ganz modern.
Bari.
Archivio del capitolo di S. Savino.
Dank den Empfehlungen des Bischofs von Conversano Mons.
Antonio Lamberti, ehemaligen Archivars des Kapitelarchivs,
und Dank dem Entgegenkommen des General vicars Canonicus Carlo
Lamberti und des Kanzlers Canonicus Carlo Gatta gelang es
Dr. Schiaparelli Zutritt zu diesem wichtigen Archiv zu gewinnen,
lieber seine Schicksale und seine Auffindung gibt ausfuhrlich Kunde
der jungst erschienene Codice diplomatico Barese edito a cura della
commissione provinciale d'archeologia e storia patria : Le pergamene
del duomo di Bari (962 — 1264) per G. B. Nitto de Rossi e
Fr. Nitti di Vito, vol. I. Bari 1897. Hier sind auch die bis*
lang unbekannt gebliebenen Urkunden gedruckt^). Auch diesen
beiden Herren ist unser Mitarbeiter zu Dank verpflichtet.
Originale :
Nr. 26: Alexander n. 1063 V. J-L. 4516«).
Nr. 46: Anaclet U. 1130 XI 6. J-L. — . Cod. dipl. Bar. I 80
Nr. 42 zu 1131.
Nr. 62: Eugen lU. 1152 UI 18. J-L. -. Cod. dipl. Bar. I 94
Nr. 49 zu 1161.
Nr. 63: Alexander HI. 1172 VI 28. J-L. 12167.
Nr. 65: Alexander UI. 1177 XI 20. J-L. -. Cod. dipl. Bar. I
102 Nr. 63. zu 1178.
Spurium :
Nr. 24 : Nicolaus H. 1059 Vm 24. J-L. — . Cod. dipl. Bar. I
41 Nr. 24 als Orig. Vgl. aber p. XV. Das Stück ist
1) Die Diplome von Robert bis Friedrich II. stehen jeUt alle im Cod. dipl.
Bar. I, mit Ausnahme eioes noch unbekannten Diploms Friedrichs 11. von 1222
V. 8 (Orig. in Cassetto III Nr. 72): DaJt, Melfie VIIL madii, ind. X, das den
Heraosgebem entgangen zu sein scheint
2) Ed. V. Pflngk-Harttung AcU II 97 Nr. 132 ex cod. 0. 94 f. 139 der Yalli-
oelliana und von ihm für bedenklich erkl&rt. Aber das Original ist geschrieben
vom Notar Gainiso, dessen Hand wir auch aas J-L. 4613 und 4564 kennen.
246 P. Kehr,
eine plumpe Fälschung, die nach dem Original Nicolaas IL
für S. Nicola von demselben Tag fabrizirt ist.
Copien :
Nr. 13: Johannes XIX. 1025 VI. J-L. 4068. Cop. saec.XI^).
Urban H. 1089 X 5. J-L. 6412. Cop. saec. XI«).
Dazu kommt die wichtige Serie der Summarien der Prozesse
zwischen dem Metropolitankapitel und dem von S. Nicola. Es
kommen in Betracht
Sommario IV:
Urban II. 1089 X 5. J-L. 5412. Cop. saec. XVin.
Sommario IX:
Alexander U. 1063 V. J-L. 4515. Cop. saec. XVHI.
Urban U. 1089 X 5. J-L. 5412. Cop. saec. XVHI.
Archivio della R. basilica di S. Nicola.
Der Abt und Großprior Oderisio Piscicelli-Taeggi and
der Archivar D. Francesco Nitti di Vito ei-wiesen unserm Mit-
arbeiter alles wünschenswerthe Entgegenkommen; der erstere ins-
besondere sorgte für jede mögliche Erleichterung.
Das reiche Archiv ist jetzt geordnet und catalogisirt und sein
Inhalt soll den IL Band des Cod. dipl. Barese füllen. Es beginnt
mit 962. Die Fapsturkunden hat zum Theil bereits v. Pflagk-
Harttung Iter p. 5 nach Angaben des Herrn A. Loehrl verzeichnet ").
Originale :
Nr. 35 : Nicolaus H. 1059 VIU 24. J-L. — . S. Anhang.
Nr. 40: Paschal H. 1105 XI 18. J-L. 6053.
Nr. 54 : Paschal II. 1112 IV 2. J-L. 6314.
Nr. 57: Paschal H. 1115 IX 9. J-L. 6468.
Nr. 63 : Calixt H. 1123 IX 12. J-L. 7076.
Nr. 87: Lucius n. 1144 XI 25. J-L. 8666. •
Nr. 115: Alexander HI. 1168 I 14. J-L. 11377.
1) Die von den Herausgebern des Cod. dipl. Bar. (I p. 22) ausgeführten Be-
denken gegen die Glaubwürdigkeit der Urkunde sind hinfällig.
2) Die Copie war eingen&ht in den Papiercodez „S. Maria di Gastantinopoli.
Istoria di Giuseppe Ganonico di Cagno" 1864.
3) V. Pflugk-Harttung druckt mehrere dieser Urkunden in den Acta nach
Abschriften des Herrn Luhrl aus den Originalen. Aber Löhrl hat die Abschriften
vielmehr aus dem Ms. des Bonazzi. Daher die Nichtcoincidenz seiner Angaben mit
den unsrigen (z. B. Paschalis II. J-L. 6605 bei v. Pflugk-Harttung AcU II 214
Nr. 258 ex orig. ; aber die Urkunde ist in Wahrheit nur bei Bonazzi überliefert.
PApatorknnden in Aptdien. 247
Nr. 126: Alexander m. (1170-79) IX 8. J-L. — . S. Anhang.
Nr. 127: Alexander UL (1170—79) X 9. J-L. 12631.
Nr. 125: Alexander HI. (1175) I 21. J-L. — . S. Anhang.
Nr. 136: Clemens HI. 1188 XI 23. J-L. — . S. Anhang.
Copien :
Nr. 71. 87: Paachal H. 1105 XI 18. J-L. 6063. Zwei Copien
von 1244 und 1468.
— Lucius II. 1144 XI 25. J-L. 8666. Cop. saec. XUI
(Pergamene inutili).
— Alexander HI. 1168 I 14. J-L. 11377. Cop. s. XUI
(Pergamene inutili).
Archivio della cancellaria di S. Nicola.
Das unter der Leitung des Kanzlers Can. Giuseppe Manzari
stehende Archiv scheint Pergamene nicht zu besitzen, dagegen ist
es reich an jüngeren Papiercopien. Insbesondre ist von Wichtig-
keit der Lil»^o dei privüegi di G. B. Bonaszi, Ms. chart. sacc. XVI
mit folgenden Abschriften :
f. 1. 28'. 349. 636 Paschal II. 1105 XI 18. J-L. 6053.
f. 637 Paschal H. 1112 IV 2. J-L. 6314.
f. 638' Paschal H. 1115 IX 9. J-L. 6468.
f. 639' Paschal H. 1116 H 18. J-L. 6505.
f. 640 Calixt H. 1123 IX 12. J-L. 7076.
f. 641' Lucius U. 1144 XI 25. J-L. 8666.
f. 643 Alexander VI. 1168 I 14. J-L. 11377.
f. 644' Alexander HI. (1170—79) X 9. J-L. 12631.
Ein Liber aecundus, der aber nicht von Bonazzi herrührt,
enthält
p. 476 Paschal H. 1105 XI 18. J-L. 6053. Cop. saec. XVIII >).
Ein anderes Papierfaszikel Bcüe e diplomi enthält
Nr. 1 : Urban H. 1089 X 5. J-L. 5412. Cop. saec. XVI.
Nr. 2: Paschal n. 1105 XI 18. J-L. 6053. Cop. saec. XVII.
Nr. 10: Alexander lU. 1168 I 14. J-L. 11377. Cop. s. XVII.
Nr. 12 f. 2 : Lucius H. 1144 XI 25. J-L. 8666. Cop. s. XVIU
(aus Bonazzi).
f. 4 : Alexander HI. 1168 1 14. J-L. 11377. Cop. s. XVID
(aus Bonazzi).
f. 26 : Clemens m. 1190 XII 19. J-L. 16542. Cop. von
1706 (aus Atti processnali). S. Anhang.
1) Sowohl bei Bonusi wie im Lib. Mcundas und weh di« Diplome copirt
248 P. Kehr,
Das Archivio della cancellaria arcivescovile ist
ungeordnet, doch scheint es nur moderne Verwaltungsakten zu be-
sitzen. Das Archivio provinciale, dessen Fergamene sich
im Staatsarchiv zu Neapel befinden, beginnt nach den Catastici
erst mit dem 16. Jahrhundert. Das Archivio comunale, des-
sen Fergamene gleichfalls in das Staatsarchiv zu Neapel gebracht
sind , soll ebenfalls erst mit Akten des 16. Jahrh. beginnen. Das
Archivio notarile setzt mit dem 15. Jahrh. ein. Endlich hat
noch das Nonnenkloster S. Giacomo Urkunden (und zwar vom
Konvent di S. Scolastica), aber auch sie gehen nicht über das
14. Jahrhundert zurück.
Biblioteca consorziale (Archivio Addosiano).
Die hier aufbewahrten , dem F. KafFaele d'Addosio gehö-
renden Urkunden (192 Nrn.) beginnen bereits mit 1125, doch sind
weder Fapsturkunden noch Diplome darunter. Die Mss. sind wich-
tig für die Lokalgeschichte. Für uns kommt indessen nur in Be-
tracht Fascicolo 1^. Chiese:
Nr. 8: Urban H. 1089 X 5. J-L. 6412. Cop. saec. XVIII.
Nr. 87 : Pampeo Sarnelli Menwrie dei vescovi di PoUgnano ; Ms. s.
XVIII mit Celestin UI. 1194 VI 2. J-L. 17111^); femer
Ms. 204 : JEffemeridi Ptäignanesif owero successi e storia della cittä
di Putignano di Domenico M, Campanella dei PredicatoH 1737
— 1744 (Copie von 1880 des Autographs im Besitze des
Herrn Giovanni Casulli in Futignano).
Conversano.
Der Bischof von Conversano, Mons. Antonio La mb er ti, ver-
mittelte den Zutritt zu den geistlichen Archiven seiner Diözese
und unterstützte unsere Sache duröh seine gewichtige Empfehlung.
Sammlung des Mons. Domenico Morea.
Die Urkunden des alten Klosters S. Benedetto di Conversano
hat der unermüdliche Benedictiner Domenico Morea, getrieben
von der Liebe zu seiner Heimath ;,perche questa che tra le regioni
d'Italia h la piu ricca di storia, sia pure la meno esplorata e la
meno conosciuta'' gesammelt und 1893 im Chartularium Cupersa-
nense (II Chartularium dei monastero di S. Benedetto di Conver-
sano vol I) herausgegeben.
1) Mit IV. non, iunii, — Orig. in Conyersano.
Papstarkanden in Apalien. 249
Leider war Mona. Morea schwer erkrankt, als Dr. Scbiaparelli
Conversano besuchte, auch befand sich das ältere Urkundenmaterial
in der Obhut seiner Familie in Albero Belle. Wir sind Mens.
Morea und dem Vicerector des Seminario-CoUegio in Conservano
zu nicht geringem Danke verbunden, da sie jene Urkunden Ton
Albero Belle nach Conversano zur Verfügung unsres Mitarbeiters
schafiPen ließen. Es ergab sich folgender Bestand ^) :
Originale *) :
Paschalis IL 1110 VH 15. J-L. 6275 (Morea I p. 146 Nr. 66).
Paschaüs n. 1117 IV 17. J-L. -. (Morea I p. 147).
Celestin UI. 1194 VI 2. J-L. 17111 (Morea I 273 Nr. 140).
Copien :
PaschaUs II. 1110 VH 15. J-L. 6275. Not. Copie von 1262
und Cop. s. XIV.
Paschalis U. 1117 IV 17. J-L. -. Not. Copie von 1262»).
Archivio della cancellaria vescovile.
Die Urkunden der bischöflichen Curie beginnen erst mit dem
16. Jahrhundert; auch die hier aufbewahrten Urkunden von S.
Benedetto gehen nicht über das 15. Jahrhundert hinauf. Doch be-
sitzt die bischöfliche Curie drei Bände Atti e sommarii riguardo alla
Ute ira il vescovo di Conversano e Vabate di S, Stefano di Monopoli
vol. II. in. IV (vol. I ist verloren) mit
vol. n p. 224. 311. 585: Alexander HI. 1175 XII 16. J-L. — .
S. Anhang,
vol. III p. 256: Heinrich VI. 1195. Cesena (s. Putignano).
Das Archivio capitolare hat nichts von Bedeutung;
keine Pergamene, Papieruikunden erst vom 17. Jahrhundert an.
Das Archivio comunale und das Ufficio del registro
sind dem Aufstand von 1886 zum Opfer gefallen; sie sind, wie
jetzt im April d. J. die Archive von Foggia, wegen der hier auf-
bewahrten Steuerlisten von der Bevölkerung verbrannt worden.
1) Wie •chon Morea p. XXI anseinandenetzt, findet sich für die F&Ischuog
Leo 111. 815 XI 25. J-£. t2532 in ConYersano keine Spar einer handschriftlichen
Ueberlieferong. Morea's Versuch die Bolle sn retten bedarf kanm der Wider-
legung.
2) Die Originale der beiden Paschale hat Morea erst aufgefunden, als das
Chartnlarium gedruckt war (p. LVl N. 6). Er druckte sie nach der Copie you 1262.
8) Diese Not. Copie von 1252 mit den beiden Paschalurkunden hat Dr. Schia-
parelli nicht gesehen; sie sind wohl in Albero Belle surttckgeblieben.
250 P. Kehr,
FuMgndino.
Dem Cav. Aw. Giovanni Casulli, dem trefflichen Kenner
d^r Geschichte von Putignano, sind wir zu Danke verpflichtet; er
führte nicht nur überall unsem Mitarbeiter ein, sondern öfPnete
ihm auch seine eignen Sammlungen.
Das Archivio capitolare ist indessen ohne Werth ; seine
wenigen Urkunden beginnen erst mit dem 16. Jahrhundert. Da-
gegen bewahrt das Archivio comunale mehrere wichtige IJr-
künden, wie eine Urkunde BoemuDds von 1108 (Copie von 1164),
der Konstanze von 1197 (Copie von 1427) mit einem inserirten
Diplom Heinrichs VI. DcUum apud üesenam 1195, ind. 13^ regn. 24^
imp, 5, regn. Sic, i, alle in dem Bande Frivüegi bolle cancessioni ed
altro alla Universitä di Futignano^) und mehrere Manuscripte, die
für die Geschichte von Putignano und Mottola von Bedeutung sind,
für uns indessen nichts ergaben.
Während nach eingezogenen Informationen die Biblioteca
comunale keine Hss. besitzt, hat der bereits genannte Cav. C a-
sulli von überallher Abschriften der Urkunden von Putignano
zusammengebracht, von denen Schiaparelli mit besonderem Nutzen
verwerthet hat das
Summarium L Litterae executoriales relaxatae a Sacra Bota Ro-
mana die 22. decetnbris 1550 coram hone memorie Antonio de Äugth
sHnis in causa Conversanefi. iurisdictionis etc., in dem eine große
Zahl bisher unbekannter Papsturkunden über den Streit zwischen
dem Bischof von Conversano und dem Abt von S. Stefano zu Mo-
nopoli über die Jurisdiction zu Putignano leider nur citirt oder
ausfährlich notirt werden, nämlich
Alexander m. 1168 Vm 1. J-L. — . S. Anhang.
Alexander lU. 1176. J-L. — . S. Anhang.
Alexander III. 1177 V. J-L. — . S. Anhang.
Alexander IH. 1177 VH 1. J-L. — . S. Anhang.
Alexander IH. 1178 Vm 11. J-L. — . S. Anhang.
Clemens m. 1189 V 1. J-L. — . S. Anhang.
Celestin IH. 1194. J-L. — . S. Anhang.
Celestin IIL 1195 VI 6. J-L, — . S. Anhang.
Celestin IH. 1195 VI 6. J-L. — . S. Anhang.
Celestin lU. 1196 UI 14. J-L. — . S. Anhang.
1) la einem Inventar von 1620 {Libro magno) wird eine soviel ich sehe un-
bekannte Urkonde K. Friedrichs II. von 1214 angeführt.
Papstarkonden in Apalien. 251
Ferner besitzt Herr Casulli das Autograph von Domenico M.
Campanella, Effemeridi Piäignanesi osian successi e storia della cittä dt
Rdignano 1737 — 44 ^), wo außer den oben verzeichneten Urkunden
auch noch Bullen von Paschalis IL und von Calixt U. von 1124
nebenbei citirt werden.
In dem Ufficio del registro sollen sich keine Urkunden
befinden.
ManopoU.
Wir sind hier Herrn Prof. Lodovico Pepe zu vielem Danke
verpflichtet. Vgl. auch das wenig kritische Buch von Luigi Fina-
more Pepe Monopoli e la monarchia delle Puglie 1897.
Das Archivio capitolare (Procurator D. Leonardo Menga)
hat eine schon mit 1179 beginnende schöne Sammlung von Perga-
menturkunden'). Die einzige Papsturkunde ist
Alexander m. 1180 U 27. J-L. 13624.
Das Archivio comunale hat nur wenige Urkunden, die
erst mit dem 14. Jahrhundert einsetzen. Aber hier ist die wich-
tige Handschrift Privüegia civitatis Monopolis a diversis principtbas
concessa (der sog. Libro rosso), cod. membr. saec. XVI , der auch
Ughelli's Quelle war.
Nr. 1 f. 11 : Urban U. 1091 IV 1. J-L. 5446.
Nr. 2 f. 11' : Calixt U. 1123 lU 31. J-L. 7038.
Nr. 3 f. 12' : Eugen UI. 1160 XII 19. J-L. 9427.
Nr. 4 f. 13 : Alexander HI. 1177 U 10. J-L. 12779.
Nr. 5 f. 14 : Alexander lU. 1180 U 27. J-L. 13624.
Nr. 7 t 17: Ferdinand I. 1464 I 7. mit inserirten
Alexander UI. 1179 IV 19. J-L. — . Ed. Ughelli
I 970.
Alexander UL 1180 U 27. J-L. 13624.
Die Archive von S. Pietro, wo die 18 Bände Selva d*oro
des Cirulio (saec. XVII) mit vielen Abschriften aufbewahrt wer-
den, und von S. Salvatore, wo sich noch einige Pergamene seit
aaec. XIV erhalten haben, boten für unsere besondem Zwecke
keine Ausbeute.
1) Mit der oben dUrten Urkunde der Conatanie und inserirtem Heinrich YI.
(p. 122).
2) Mit den Origiiuüen yod Tancred 1192 X und Friedrich IL 1221 lY Tareni.
252 P- Kehr,
Bri/ndiai.
Dr. SchiapareUi ist hier den Herren Canonicus Salvatore C h i-
mienti and dem Bibliothekar Professor Giustino Minunni zu
Dank verpflichtet. Es kommen wesentlich in Betracht das Ar-
chivio capitolare und die Biblioteca de Leo.
Das Archivio capitolare (Procurator Can. Salvatore
Chimienti) hat leider arge Verluste erlitten und auch was jetzt
noch übrig ist, befindet sich in übler Ordnung.
Originale ^) :
CaUxt n. 1122 n 22. J-L. 6953.
Alexander HI. (1166-79) VI 26. J-L. — . S. Anhang.
Copien :
Lucius n. 1145 I 2. J-L. 8638. Copie von 1542 «).
Alexander III. 1171 VI 25. J-L. — . Copie saec. XVI/XVII.
S. Anhang.
Alexander m. 1173 VI 28. J-L. 12226 und J-L. 12231 ■). Copie
saec. XIII und Cop. saec. XVI/XVII.
Lucius m. 1183 I 2. J-L. 14810. Cop. saec. Xm und Copien
von 1542, 1592 und saec. XVI/XVII.
Copialbuch :
Einst besaß das Kapitel ein altes Copialbuch auf Pergament,
das aber verloren ging. Auch der daraus geflossene Codex di-
plomaticus Brundusinus saec. XVI ex. ist nur noch als Frag-
ment in Gestalt eines Papierfaszikels erhalten (Fase. 4 tit. 2).
Wenigstens steht zum Schluß:
In nomine domini nostri lesu Christi. Anno a nativitate eiusdem
MDLXVf indictione VIIIj mensc octohris^ die vero decinia eius-
den», pontificatus summi in Christo patris et domini nostri domini
Pii pape IUI anno scxto; feliciier amen. Ego Nicolaus Marotta
clericus Brundusinus pupUcus apostolica per totum orbem auctoris
täte notarius fidem facio prescntem copiam retroscriptarum decem
et octo litterarum apostolicarum privUegiorum et bullarum extrac-
tarn fuisse a quodam antiquissimo registro bergameni quod conser^
vatur in archivio ecclesie Brundusine etc.
1) Einzige Kaisenirkande im Orig. ist Friedrich IL BFW. 14666.
2) Die Angabe von v. Pflugk-Harttang Acta III 63 Nr. 62, daB das Original
Torhanden, ist ein Irrtham. J-L. zu 1144 VI 2. Aber alle Copien haben IUI.
non. ian,
8) Sowohl J-L. 12226 mit Mai 29 und JL. 12231 mit Juli 29 sind falsch an-
gesetst; es ist eine and dieselbe Urkonde aber mit Jon! 28.
Papstarimnden in Apalien. 253
Doch sind es eigentlich zwei Theile, von denen das erste,
eigentlich Codex diplomaticas Brondusinus zu nennende Faszi-
kel die folgenden Privilegien enthält
Paschal IL 1101 HI 23. J-L. — . S. Anhang.
Paschal U. 1105 X 18. J-L. — . S. Anhang.
CaUxt n. 1122 II 22. J-L. 6953.
Lucius IL 1145 I 2. J-L. 8638 (unvollst.).
Alexander Dl. 1171 VI 25. J-L. — . S. Anhang.
Alexander HI. 1173 VI 28, J-L. 12226 = J-L. 12231.
Lucius m. 1183 I 2. J-L. 14810.
Im andern Theil des Faszikels mit dem Sondertitel De variis
et diversis questionibtis inter ecclesiam Brundusinam et Haritanam
Urban IL 1089 X 3. J-L. 5413 ')•
Urban H. 1094 V 20. J-L. 6525.
Paschal 11. s. d. J-L. 5815.
Paschal H. (1106) IV 19. J-L. 6109.
Paschal H. (1110) IV 29. J-L. — . S. Anhang.
Paschal H. (1100—16) I 7. J-L. — . S. Anhang.
Gelasius n. (1118) VHI 29. J-L. 6650.
CaUxt U. (1122) II 22. J-L. 6952. S. Anhang.
Alexander III. (1173—74) X 20. J-L. 12325.
Alexander ni. (1166-79) VI 26. J-L. — . S. Anhang.
Lucius m. (1183) Vn 31. J-L. 8639 = J-L. 14906»).
Biblioteca pnbblica de Leo.
Unter den zahlreichen Manuscripten dieser Bibliothek kommen
für uns folgende in Betracht:
Epistola apologetica Jo. Bapt. Casmirii ad Q. Marcum Cofm-
dum 1567. Ms. chart. saec. XVI, mit
f. 65 Urban H. 1089 X 3. J-L. 6413.
f. 65' Urban U. 1094 V 20. J-L. 5525.
f. 66 Paschal IL s. d. J-L. 5815.
f. 66 Paschal II. s. d. J-L. 6108.
f. 66' Paschal IL (1106) IV 19. J-L. 6109.
1) Ldweafeld emendirt V, non. octobr. in F. id, oeUör. Aber aUe Copien
haben das entere Datum.
2) Die Urkunde hat das Datam Signic IL hol. aug.^ was nan freilich die
tchon Yon Lowenfeld bemerkten Schwierigkeiten nicht hebt, ais er sie sn Lncint
II. J-L. 8689 Hellte. Die Urkunde gehört doch wohl in Lucius III., wie sp&ter
Lowenfeld erkannte, da er sie lu J-L. 14906, aber su 1183 August 1 stellte.
Ig 1. 0«. «. WiM. SaOriiM«». PkUotog^Urtw. 11mm 18S6L H«A. S. 18
264 f- Kehr,
Ortensio de Leo, Brundisinorum pontificum eorumque eeclesiae mo"
numenta 1754, vol. I. IE. Ms. chart. saec. XVIII (anfoliirt).
Gelasios I. s. d. J-K. 676.
Gregor I. 595 XI. J-E. 1400.
Gregor I. 601 VH. J-E. 1849.
Gregor VH. s. d. J-L, — . S. Anhang.
Urban U. 1089 X 3. J-L. 5413.
Urban H. 1091 IV 1. J-L. 5446 (aas Ugbelli).
Urban II. 1094 V 20. J-L. 5525 ex antiqao exetnplo asser-
vato in rev. ecclesie archivio a. 1592 . . deprompto a
qaodam veteri regesto in membranaceo ibidem tone
extante, quod modo desideratnr, qoamvis a Casimiro in
Apolog. p. 65 referatur.
Paschal H. s. d. J-L. 5815 (wie Urban U. J-L. 5525).
Paschal 11. s. d. J-L. 6108.
Paschal H. (1106) IV 19. J-L. 6109.
Paschal H. (1108—10) IV 1. J. 6253.
Gelasius n. (1118) VUI 29 J-L. 6650.
Calixt II. 1122 n 22. J-L. 6953.
Lucius n. 1145 I 2. J-L. 8638.
Alexander HI. (1160) XH 24. J-L. f 11255.
Alexander HI. 1173 VI 28. J-L. 12226 = J-L. 12231.
Alexander HI. (1166—79) VI 26. J-L. — . S. Anhang.
Lucius m. (1183) I 2. J-L. 14809.
Lucius m. (1183) Vn 31. J-L, 14906 (= J-L. 8639),
Codex diplomaticus Brundusimts quo diplomata omnia ad Brundu-
sitiam ecdesiatn vel dvitatem perünentia continenlur ab a. 492 ad
a. 1600. Vol. I— IV (nicht. foliirt). Ms. chart. saec. XVIII. An-
geblich angelegt von dem Erzbischof Annibale de Leo.
vol. I: Gelasius I. s. d. J-K. 676.
Gregor I. 596 XI. J-£. 1400.
Gregor I. 601 VH. J-E. 1849.
Urban U. 1091 IV 1. J-L. 6446 (aus UgheUi).
Lucius U. 1146 I 2. J-L. 8638.
Alexander IQ. 1171 VI 26. J-L. — . S. Anhang.
Alexander UI. 1173 VI 28. J-L. 12226 = J-L. 12231.
Lucius lU. 1183 I 2. J-L. 14810 »).
vol. IV: Gregor VII. s. d. J-L. — . S. Anhang.
Urban H. 1089 X 3. J-L. 6413.
1) Femer Friedrich II. BFW. U666 and Manfred BF. 4768.
Papatarkanden in Apulieo. 256
Urban U. 1094 V 20. J-L. 5625.
Paschal U. s. d. J-L. 5816.
Paschal n. 1101 HI 23, J-L. -. S. Anhang.
Paschal H. 1105 X 18. J-L. — . S. Anhang.
Paschal U. (1106) IV 19. J-L. 6109.
Paschal II. (1108—10) IV 1. J-L 6253.
Gelasius IL (1118) VIH 29. J-L. 6650.
Calixt n. (1122) n 22. J-L. 6952. S. Anhang.
Calixt n. 1122 n 22. J.L. 6953.
Alexander in. (1160) XU 24. J-L. f 11265.
Alexander HI. (1173—74) X 20. J-L. 12325.
Alexander m. (1166—79) VI 26. J-L. — . S. Anhang.
Lucius m. (1183) I 2. J-L. 14809.
Femer auf besonderm Blatt
Alexander UI. (1166—79) VI 26. J-L. — . S. Anhang.
Lucius m. (1183) Vn 31. J-L. 8639 = J-L. 14906.
Codex diplomaticus ecclesiae JBrundusinae , Ms. chart. s. XVIII.
Angeblich angelegt von dem Erzbischof Annibale de Leo, enthält
fol. 6 Gelasius I. s. a. J-E. 676.
fol. 6 Gregor I. 601 VIL J-E. 1849.
Gregor I. 695 XI. J-E. 1400.
fol. 7 Urban H. 1089 X 3. J-L. 5413.
fol. 7' Urban IL 1094 V 20. J-L. 6526.
fol. 8 Paschal II. s. d. J-L. 5815.
fol. 8' Paschal IL (1108—10) IV 1. J-L. 6263.
Paschal IL s. d. J-L. 6108.
fol. 9 Gelasius U. (1118) VHI 29. J-L. 6650.
Paschal U. (1106) IV 19. J-L. 6109.
foL 9' Gregor VII. s. d. J-L. — . S. Anhang,
fol. 10 Calixt n. 1122 n 22. J-L. 6963.
fol. 11' Calixt IL 1122 U 22. J-L. 6962. S. Anhang,
fol. 12' Lucius U. 1146 I 2. J-L. 8638.
fol. 16 Lucius UI. (1183) I 2. J-L. 14809.
fol. 15' Alexander lU. (1160) XH 24. J-L. f 11265.
fol. 16 Alexander UI. (1166—79) VI 26. J-L. — . S. Anhang,
fol. 17 Alexander IIL 1173 VI 28. J-L. 12226 = J-L. 12231.
fol. 19' Alexander UI. (1173—74) X 20. J-L. 12325.
fol. 20 Lucius in. (1183) VU 31. J-L. 8639 — J-L. 14906.
fol. 29 Lucius m. 1183 l 2. J-L. 14S10 >).
1) £b«nda fol. IOC Frndrich IL BFW. 1466« und fol. 108 Manfred BF. 4763.
18 ♦
256 ^' ^ehr,
Von andern Manuscripten der Bibliothek de Leo sind noch
benu^t :
Vhri opuscoli e cronache, Ms. chart. saec. XVII mit Notizen
über die Papsturkunden von La Cava und Salemo.
Giovanni Maria Moricino y DelVantiquitä e vicissiludine della ciää
di Brindisi, Ms. von 1604, mit Urban 11. J-L. 5413 ;,appare il breve
originale nel sacro archivio^ registrato nel 21 fol. des registro mag.^
Donienico Tommaso Älbanesej Historia delVantichiiä di Oria^ Ms.
chart. saec. XVIII., citirt fol. 262 eine Bulle Gregors VII. von
1074 ;,diretta al clero e popolo Oritano", wohl das unter Nr. 2
gedruckte Breve; fol. 263' Alexander III. J-L, 11255 und fol. 278
eine Bulle Paschais II. von 1101, wohl das unter Nr. 3 gedruckte
Breve, alle aus ;,nostro archivio ecclesiastico^.
Risposta che per parte della M^ del Re delle due Sicilie si da alla
memoria trasmessa da S, Santita intorno alla B. Chiesa della Bagnara,
Ms. chart. saec. XVIII, citirt (außer mehreren Pirri entnommenen
Bullen) :
fol. 9' Clemens III. 1188 XII 4. J-L. — . S. Anhang.
fol. 11 Celestin m. 1192 V 6. J-L. — . S. Anhang.
Badia di S. Leonardo in Puglia^ Ms. saec. XVII. Es ist ein
allerdings sehr unzuverlässiges und verworrenes Archivinventar
dieses Klosters, in dem neben spätem Bullen citirt werden
Hadrian IV. 1197 a^ 8 (wohl statt 1157) conferma tutti li pri-
vilegi concessi alla badia di s. Leonardo.
Alexander IIL 1167 (ind. 15. a^ 8) IX 11.
Celestin III. a® 5 (= 1196) ordina al vescovo di Andria che scora-
munichi e castighi li delinquenti che armata mano entrorno
nel monastero di Monte Peloso e messero il laccio al collo
della badessa per strozzarla.
Celestin III. s. a. esenta li PP. di S. M. de'Teutonici da qualsia
pagamento di colletto etc.
Clemens UI. 1189 m 18.
Celestin lU. s. a. conferma i privilegi concessi alli PP. di S. Maria
de'Teutonici.
Femer im Appendix
Breve di Celestino UI, dove conferma alli PP. suddetti tutte le
donazioni e privilegi esenz. etc. concesse a dd. PP. tanto da
secolsüri quanto da suoi antecessori.
Anno 1183(1) Breve di Alessandro UI, che ordina che li PP. di
S. Leonardo non siano soggetti airarcivescovo di Bari e che
possano eleggere il cappellano a loro arbitrio.
Papstorkanden in ApalieiL 267
Auch im Archivio comunale stellte Dr. Scbiaparelli IJn-
tersachungen an. Aber es besitzt nur moderne Akten, außerdem
einen Libro di contratH e scritture deWospedale di S. M. de Miseri-
cordia von 1708, in dem die Documente mit dem 16. Jahrhundert
beginnen.
Im Ufficio del registro erhielt er die übliche Antwort,
daß nichts vorhanden sei.
Im Anschluß an Brindisi besuchte Dr. Scbiaparelli das nahe
Oria, wo nach den in Brindisi gesammelten Notizen sich noch
im vorigen Jahrhundert *alte Urkunden und ein codice Oritatw be-
funden haben müssen. Aber es ergab sich, daß alles verloren ist.
Das Archivio capitolare hat nur eine Pergamenturkunde des
14. Jahrhunderts und was es sonst an jüngeren Sachen besitzt,
ist ohne Werth. Das Archivio della curia vescovile be-
ginnt mit dem 16. Jahrhundert und das Archivio comunale
ist eine ganz moderne Registratur. In der Biblioteca comu*
nale sind einige für die Geschichte von Oria wichtige Manuscripte,
von denen genannt werden mögen
Gasparo Papatodero, Della fortuna di Oria, Ms. chart. von
1770 (gedr. in zwei Dissertationen Napoli 1866. 1868), wo meh-
rere auf den Streit zwischen Brindisi und Oria sich beziehende
Papsturkunden citirt werden.
Domenico AJbanese, Historia dclVantichitä di Oria, Ms. von
1761 (Copie von Pasquale di Nitto), wo Alexander III. J-L. 11256
citirt wird „che si conserva nel nostro archivio ecclesiastico^.
Mario Matarrelli Pagano , liaccdta di notizie patrie della cittä
di Oria (copiata dall'orig. dcl scc. XVI da Emanuele B. Pinto
1874).
Auch besitzt die Bibliothek ein F VI 9 signirtes Pack mit
1469 beginnenden Urkunden. Mancherlei das Kapitel angehendes
Material hat Francescantonio Conti fu Leonardo, aber
f&r uns ist nichts darunter.
Besser steht es mit der Uebcrlieferung von Ostimi, vgl. Lodo-
vico Pepe Memorie storico - diplomatiche della chiesa vescovile di
Ostuni 1891. Das Archivio capitolare beginnt schon mit 1137,
aber es enthält nur Privaturkunden. Das Archivio comunale
begannt dagegen erst mit 1811.' Auch die Biblioteca comu-
nale soll keine Manuscripte besitzen. Dagegen sind wichtige Ma-
terialien im Besitze des Cav. GaetanoTanzarella, u. A.
eine Copie des Libro rosso von Ostuni, den Professor L. Pepe her-
258 P- Kehr,
ausgegeben hat. Das Original soll der Earabinierimarschall a. D.
T ab eil in i besitzen.
Otranto, wo Prof. D. Francesco Vitto sich für uns bemühte,
hat nichts Altes mehr. Das Archivio capitolare hat ein paar
Pergamentfragmente vom 16. Jahrhundert ab, das Archivio co-
m u n a 1 e , dessen Libro rosso vor einigen Jahren zu Grunde ging,
ist ohne Werth, das Archivio della curia arcivescovile
besitzt zwar Urkunden und Plateae aufgehobener Klöster, aber
diese Materialien gehen nicht über das 16. Jahrhundert zurück.
Zecce.
Dank dem Prof. Giovanni Guerrieri fand Dr. Schiaparelli
überall Zutritt. Zunächst im Archivio capitolare, das aber
leider wenig Werth besitzt und nichts über das 16. Jahrhundert
hinaufgehendes bietet. Auch im Archivio della cancellaria
vescovile fangen die Documenta erst mit dem 17. Jahrhun-
dert an.« Sehr bedauerlich ist, daß das Archivio provinciale
ungeordnet und von einem unfähigen und eifersüchtigen Archivar
bewacht wird. Es hat Pergamene schon vom 13. Jahrhundert ab.
Das Archivio comunale ist ganz modern. Die Bibliotcca
provinciale mit dem Museum hat zwar keine historischen Ma-
nuscripte von Werth, wohl aber eine Sammlung von Urkunden,
die freilich erst mit dem 14. Jahrhundert beginnen. Endlich ist
zu erwähnen das Archiv des 1133 gestifteten Klosters S. Gio-
vanni Evangelista, in dem noch Urkunden sich befinden.
Doch gehen diese nicht über das 16. Jahrhundert hinauf. Außer-
dem ist noch vorhanden Flatea del monastero di S. Giovanni Evan-
gelista di Lecce von 1691, wo
f. 3 Anaclet 11. 1134 Xu 7. J-L. — . S. Anhangt).
Die älteren Urkunden dieses Klosters sind jetzt im Besitz des
Appellationsraths Cav. Luigi De Simone in Trani, der sie neben
andern Sehenswürdigkeiten gesammelt und in seiner Villa Sant-
Antonio bei Arnesano aufgestellt hat. Wir sind dem Herrn
Cavaliere sehr zu Danke verpflichtet, daß er nach einigen Schwie-
1) Hier wird f. 4' noch eine zweite Urkunde Anadets IL citirt: „Et essendo
passata da questa a meglior vita, come si spera, la sad« abbatessa Agnesa doppo
nno anno del suo abbadissato , fu dinaovo eletta per abbadessa Guimarca, sorella
di detta Agnesa nel real monastero et il medesimo pontefice Anacleto secondo
prende di novo sotto rimmediata saa protettione la novella abadeasa eletta e
del tutto ne li spedisce nuovo breve pontificio quäle si couserva in Archivio col.
nomero sesto e si inseriri a suo luogo".
Papstarknnden in Apalien. 269
rigkeiten unsern Mitarbeiter zur Benutzung seiner Schätze zuließ.
Außer einem schönen Original Jäogers von 1142 Juli (dcU. in ter-
ritorio Ariani in loco ubi Silua marca dicitur) besitzt er
Anaclet 11. 1134 XII 7. J-L. — . Copie saec. XII. S. Anbang.
Alexander UI. 1178 VI 15. J-L. — . S. Anhang.
Nardö.
Daß das alte Kloster S. Maria di Nardo, wo der Bischof Mons.
Giuseppe Ricciardi unserm Mitarbeiter alle mögliche Förderung
gewahrte, eine stattliche Serie alter Privilegien besessen hat, weiß
man bereits aus D'Avino Ccnni p. 433 sq. Dasselbe ergaben die
Nachforschungen in Neapel '). Leider bestätigte sich aber an Ort
und Stelle, daß die noch in diesem Jahrhundert vorhandenen älte-
ren Materialien jetzt verloren sind. Das wichtigste Archiv ist
das Archivio della caria vescovilo, mit dem auch das Ar-
chiv des Kapitels vereinigt ist.
Originale :
Alexander m. (1174) V 3. J-L. 12375. S. Anhang.
Alexander lU. (1174) V 3. J-L. 12376. S. Anhang.
Daneben ist das Archiv reich an Manuscripten.
Muicellanea relative a Nardb I fasc. 16: „Status ecdesie Herito-
nensis^^ Ms. chart. von 1636, wo die drei Privilegien von
Urban U., Paschal II. und Hadrian IV. citirt sind.
Miscellanea relative a Nardb II fasc. 6: „Bclatio de statu veteri
et recenii Neritine ecdesie et dioecesis facta a Joanne de Epi^
phaniis etc. von 1412 (ed. Ughelli I 1038).
Processus originaiis de statu iuribus . . et praecipuis priuilegiis
episcopcdis ecdesiae Neritinae eiusque mefise confedus a delegatis
apostolicis 1722 et seq., Ms. chart. s. XVUI mit 2 Königs-
urkunden ').
Clarissimi viri d. Pdri Polidori de Lanciano, De Ncritina ecde-
sia ac de suis episcopis disseriatio historica, Ms. chart. von 1767.
Acta visiiaiionis Cacsnris Bovii, Ms. chart. von 1678, wo von
f. 173' ab ein wichtiges Summarium omnium scripturarum ca*
thedralis ecdesiae Neritonensis d eius mensae cpisccpalis steht ■).
1) Archivio di stato: Cappellania maggiore yoI.XIX Nr. 166, wo citirt wer-
den Urban U. (orig.), Paschalis II. (orig. and cop. von 1848), lladrian IV. (orig.),
Alaiander III., Urban IlL, Celestin III.
2) f. 9 Friedrich IL BF. 1606 und Wilhelm I. 1166 Nov. (Ughelli X 296).
3) Wörtlich wiederholt 1637 beim Besach des Oeneralvicars Giovanni Qra-
nafei. Vgl. auch die ans den Acta visitationis gegebenen AnszQge bei Ughelli
I 1086 sq.
260 P. Kehr,
Hier werden mehr oder minder ausführlich citirt :
f. 174' Friedrich U. BF. 1505.
Transsumt von 1350 mit 1) Friedrich II. BF. 1505,
2) Celestin lU. 1194, 3) Celestin lU.
f. 175 Bulla Alexandri pape lU., in qua continetur con-
firmatio unionis facte per cardinalem s. Eustachii in
regno Sicilie legatum apoatolicum de ecclesia s. Theo-
dori cum omnibus eins bonis ipsi monasterio s. Mariae
de Nerito. Cfr. Chron. Neritin. (Muratori SS. XXIV
893) zu 1166^). •
f. 165' Transsumt von 1348, in quo continetur transsumptum
cuiusdam bulle Paschalis (11.) pape expedite sub
anno domini 1110 etc. S. Ughelli Italia sacra 1 1040.
f. 176 Bulla privilegii Adrian i pape IUI. sub plumbo con-
fecta in anno 1158 continens in omnibus et per omnia
exemptionem monasterii predicti et eins susceptionem
sub protectione b. Petri et s. apostolice sedis iuxta
seriem et teuerem dicti precedentis privilegii Pascalis
pape II. Cfr. Chron. Neritin. (Muratori SS. XXIV
893) zu 1158.
f. 177 Bulla sub plumba Alexandri pape III. confirmationis
decimarum predictarum in favorem ecclesie Neritonensis.
(1179 IV 7 ? vgl. D'Avino Cenni p. 437).
Breve eiusdem Alexandri pape III. directum baro-
nibus et universo populo, quibus mandat ut solvant
dictas decimas abbati Neritonensi. Wohl = J-L. 12375.
Breve Celestini pape III. directum Tranensi et Po-
linianensi episcopis, quibus committit causam dictarum
decimarum decidendam. Vgl. D'Avino') Cenni p. 437
und J-L, 17143.
Confirmatio possessionis predictarum decimarum per
aliud breve pape Celestini (III).
Breve Alexandri pape III. directum baronibus et
universo populo Neritonensi, quibus precipit nt decimas
1) Vgl. dazu die Note Muratoris (ebeoso Michele Tafari vol. II 884 Note II),
der eine Bulle Alexandere III. von 1166 II 10 hierzu citirt. Aber nach der Da-
tierung (IV. id. febr. pont. a. VII) w&re es Alezander IV. Dagegen spreche aller-
diogs die Chronik (ad a. 1166. 1166). Aber wie steht es mit deren £chtheit?
2) D'Avino Cenni p. 437 wirft hier wohl zwei verschiedene Mandate , eins
an den Erzbischof von Trani und den Bischof von Polignano , das andere an die
CardinAle, zusammen.
Papstarkandeii in Apalien. 261
abbati Neritonensi solvere velint. Wohl identisch mit
J-L. 12376.
Breve einsdem Alexandri papaelll. directum abbati
s. Mariae Neritonensis, cui facultatem tribuit excoma-
nicandi quoscunque renitentes dictas decimas solvere.
Confirmatio Celestini (UI.) pape super sententia
predictarum dccimarum lata per loannem cardinalem
tituli 8. Clementis et per loannem cardinalem tituli s.
Prisce, Vgl/D'Avino Cenni p. 437 und J-L. 17247.
Breve Alexandri pape III. directum abbatibus s.
Mauri et s. Constantine, per quod precipitur eisdem ut
solvant decimas, quas debebant abbati s. Marie Neri-
tonensis.
f. 177' Confirmatio Alexandri pape tertii sententie late
per archiepiscopum Tranensem super solutione deci-
marum monasterio Neritonensi. Wohl = J-L. 12376
oder 12376.
Breve U r b a n i (HI.) pape, in quo inseritur aliud breve
Alexandri pape tertii, quibus brevibus confirmatur pos-
sessio decimarum abbati monasterii Neritonensis.
Instrumentum in pergameno confectum in anno 1348,
in quo continentur nonnuUa brevia summorum ponti-
ficum confirmantia aolutionem decimarum in favorem
monasterii Neritonensis. Vgl. D'Avino Cenni storici
p. 437.
f. 178 Constitutio arcbivii pro conservatione scripturarum.
Wäre sie nur befolgt worden!
Während das Archivio comunale nur ganz moderne Akten
besitzt, sind jetzt noch im Kloster der h. Clara Documente, frei-
lich aus jüngerer Zeit. Auch das TJfficio del registro und
die Biblioteca comunale boten nichts.
Ohne Ergebniß besuchte dann Dr. Schiaparelli Alenano, wo
das kleine und wertlose Archivio capitolare nur Pergamene
des 16. Jahrhunderts aufweist Das Archivio comunale ist
ganz modern. Die Biblioteca dei Cappuccini (comunale)
hat nur 4 (theologische) Manuscripte. Ein Herr Aw. Giuseppe
Sangiovanni hat eine kleine Sammlung von Urkunden, die
älteste ist aus dem 16. Jahrhundert.
Aehnlich liegen die Verhältnisse in Vgento. Das unbedeutende
Archivio capitolare besitzt eine Pergamentnrkunde des 17.
Jahrhunderts. Im Archivio della cancellaria vescovile
262 P- Kehr,
fangen die Urkunden mit dem 16. an, imArchiviocomunale
mit dem 18. Die Bibliothek des Seminars hat nichts. Auch
die Mensa vescovile, wo die Piatee einiger aufgehobener Klo-
ster noch vorhanden sind, bot uns nichts.
Auch in Gallipoli, wo sich Prof. Can. Francesco d'Elia unsrer
annahm, fand sich nichts Altes mehr. Das Archivio capito-
lare hat einige mit dem 16. Jahrh. einsetzende Pergamene. Mit
derselben Zeit beginnen die Urkunden des Archivio della
cancellaria vescovile. Die Pergamenturkunden des Archi-
vio comunale kamen 1833 in das Staatsarchiv nach Neapel;
jetzt sind nur noch Abschriften hier, doch sind keine Papst-
urkunden unsrer Zeit dazwischen. Ein päpstliches Breve von
Clemens VI. von 1348 soll sich im Besitz des Bischofs selbst be-
finden (wahrscheinlich die bei D^Avino Cenni p. 251 gedruckte
Urkunde).
In Taranto fand Dr. Schiaparelli die liebenswürdigste Auf-
nahme bei dem Uditore des Cardinalerzbischofs , D. Francesco
Cantelmo Stuart und dem Professor Cav. A. Valente. Er
wandte sich zunächst zu dem Archivio capitolare, dessen
Bestände in das 11. Jahrh. (1083) zurückreichen. Aber das Archiv
besitzt weder eine Bulle noch ein Diplom aus dieser Zeit; die
älteste Papsturkunde ist von Innocenz IV. Zahlreich sind dagegen
die Diplome der Anjou und Aragon. Im Archivio della
curia arcivescovile fangen die Pergamene erst mit dem 17.
Jahrh. an, aber es sind hier viele Piatee der aufgehobenen Klö-
ster. Darunter
Rubrica delle carte appartenenti al monastero di S, Maria ddla
Giustizia di Taranto che si conservano nelVarchivio del mona-
stero di Monte Oliveto di Napoli 1784 mit Innocenz III. 1199
Xn 24; Wühehn m. 1194 VU 12. und Friedrich H. 1200
V 15.
Die Urkunden des Archivio comunale sind jetzt deponirt im
Provinzialarchiv in Lecce, darunter befindet sich als älteste Papst-
urkunde eine von Clemens V. von 1310 V 2. Ueber den Libro
rosso vgl. Regolamenti contenuti nel Libro rosso del 1400 sulla
Pesca dei Mari di Taranto ed istruzioni del Codronchi del 1743,
Taranto 1877. Die Biblioteca comunale besitzt nur 2 Ma-
nuscripte, von denen das eine eine Abschrift der Storia di Taranto
von Ä. Merodio ist. Auch das Ufficio del registro und das
Archivio notarile sollen nur jüngere Materialien besitzen.
So gelang es nicht, die von Volpe Vita di S. Giovanni de Scal-
zonis und danach von A. Valente Sante Maria della Giusüsiai
Papstarkonden in Apolien. 268
Taranto 1897, auch in der Schrift Ragioni del clero metropolitano
di Taranto super iure vitandi nella causa di appellatione alla
Sacra congregazione del concilio, Taranto 1882 citirte Urkunde
Clemens lU. 1188 concessa ai padri liasiliani deJVisola S. Pietro
in Taranto aufzufinden.
Ueber Castellaneta vgl. Mauro Perrone Storia di Castellaneta
1898. Dem Bischof Mons. G. de Nittis ist Dr. Schiaparelli
verpflichtet, da er ihm den Zutritt zum Archivio della curia
vescovile eröffnete. Doch hat dies Archiv keine Pergamene ;
es beginnt mit dem Konzil von Trient. Aeltere Materialien sind
nur im Archivio capitolare, das mit 1205 beginnt. Indessen
sind die ältesten Papsturkunden erst aus dem 16. Jahrhundert.
Das Archivio comunale und die Biblioteca del Semi-
nar io besitzen nichts von Bedeutung. Aber gewiß hat der Sin-
daco Cav. Mauro Perrone Documente und Manuscripte; leider
war er abwesend.
Mottola, durch das Concordat von 1818 mit Castellaneta unirt,
soll noch im vorigen Jahrhundert alte Urkunden besessen haben,
die ein Brand 1799 zerstört habe. In der That fehlen im Ar-
chiviocapitolare die älteren, noch an der Numerirung der
erhaltenen festzustellenden Bestände ganz ; jetzt beginnt es mit
dem 17. Jahrhundert. Auch das Archivio comunale hebt
erst mit 1664 an. ImUfficio del registro fand sich nur
eine Platea des Kapitels von 1690.
Ueber Montesoaglioso vgl. Conte 6. Gattini Severiana sive Ca-
veosana (Napoli 1886). Auch hier hat sich nichts Altes gefunden;
sowohl das Archivio della Collegiata di SS. Pietro e
Paolo, wie das Archivio comunale und das Archivio
della Congregazione di Caritä wie endlich das Ufficio
del registro haben nur moderne Akten. Im Kloster der Bene-
dictinerinnen verneinten die Nonnen jeglichen Urkundenbesitz.
In Altamura, wo Can. Vincenzo Chierico Schiaparellis Nach-
forschungen unterstützte, stellte er fest, daß das Archivio ca-
pitolare mit 1278 beginnt, während die Urkunden des Archivio
comunale, jetzt im Museum verwahrt (etwa 60) der Periode
der Anjoa angehören.
Hier fand Dr. Schiaparelli die weitgehendste Unterstützung
bei dem Erzbischof Mons. Diomede Falconio, dessen Empfeh-
lungen ihm alle Thüren offheten. Er besnchte sonachst das Ar-
264 P. Kehr,
chivio capitolare, dessen Pergamene mit 2 Urkunden des 14.
Jahrhunderts beginnen. Doch sind hier wichtige Manuscripte.
Darunter
Liber iste continet contraduum fncUrimoniorum singrafes multarum
annorum a tempore quod Donatus Frisonius fnü archipresbüer
huius eivitcUis Matere, hie annotatas ae constitutioncs synodales
capitula ordinationes et midta alia speetantia ad ecdesiam istam
Materanam descriptus manu propria D. Frisonii nunc decani
predide civitatis de anno 1565^ Ms. chart. mit
fol. 191 Alexander U. 1068 IV 13. J-L. 4647.
fol. 192 Paschal IL 1106 VI 16. J-L. 6088 ').
fol. 193 Eugen lU. 1151 IV 1. J-L. 9470.
foL 194 Alexander IIL 1179 IX 7. J-L. 13465.
Summario delle scritture si portano dalla cittä e capitulo di Mar
tera per la controversia tiene con la chiesa d^Acerenza j}rinui e
depo runione in den Memorie del Can. Giorgi Onofrio von 1638.
Hierin ein Catalogus presulum qui fuerunt in ecclesia Ächerun-
tina, Ms. saec. XVIII
foL 4' Alexander IL 1068 IV 13. J-L. 4647.
fol. 6 Paschal U. 1106 VI 16. J-L. 6088 1).
fol. 8 Eugen m. 1151 IV 1. J-L. 9470.
fol. 10 Alexander UI. 1179 IX 7. J-L. 13465.
Das Archivio della curia arcivescovile hat nur Papier-
akten seit dem 16. Jahrhundert , das Archiv der Collegiata
di S. Pietro e Caveoso Pergamene, gleichfalls seit dem 16.
Jahrhundert, ebenso die kleinen Pfarrarchive von SS. Pietro
e Paolo in Barisano und von S. Giovanni. Die Pergamene
des Archivio comunale beginnen mit 1477; in dem Ms.
Privüegia nonnuUa Matere civitatis^ Cod. chart. s. XVI sind die
Abschriften der jetzt im Staatsarchiv zu Neapel deponirten
städtischen Privüegien vereinigt. Biblioteca delLiceo und
Ufficio del registro sollen nichts haben. Dagegen be-
sitzt der Comm. Ridola ein Ms. Notizie della cittä di Matera dclV
arciprele de Blasiis^ Ms. chart. von 1646 mit Noten von D. Carmenio
Copeti 1712, in dem sich übrigens nicht vollständige Abschriften
der vier Papstprivilegien für Acercnza befinden. Vgl. auch 6.
Grattini Storia di Matera.
1) In allen diesen Copien aber lautet die Datirung wie im Cod. XL l der
Barberiniana (Tgl. v. Pflugk-Harttuog Itor p. 207) nämlich Datum Albe . . . XVI
Icah iuliiy indidione X, incamationis dominice anno 1103, pantificaius auiem
domini Paschalia IL pape IIL Die Quelle des Ughelli haben wir weder in Ma-
tera noch in Acereoxa aufgefunden.
Papstnrkanden in Apalien. 266
Ganz ohne Ergebniß verlief der Besuch von Oravina. Aas-
nahmsweise stieß hier Dr. Schiaparelli aaf einen Greistlichen , der
alle Traditionen der gelehrten Gastfreundschaft der Italiener ver-
leugpiete, Can. Michele Varvara. Doch ist der Schaden schwer-
lich groß. Weder das Archivio della curia vescovile noch
das Archivio capitolare werden alte Bestände besitzen.
Das gleiche gilt vom Archivio comunale und von dem Uffi-
cio del registro.
Auch Montepeloso ergab keine Ausbeute. Im Archivio ca-
pitolare erwies sich als die älteste Urkunde eine solche von
1288 und das Archivio comunale ist ganz modern.
Zum Schlüsse handelte es sich darum, die Eeste des alten
und reichen Archivs von B a n z i zu suchen , von dem sich nur
Trümmer in Neapel befinden. Aber weder in Oensano, wo Dr.
Schiaparelli sowohl das kleine, mit dem 17. Jahrh. einsetzende
Archivio capitolare, wie das mit 1616 beginnende Archivio
comunale besuchte, noch in Baasi selbst fand sich irgend eine
Spur. Dagegen stieß er in Palaxso 8. Gervasio wenigstens auf No-
tizen. Das dortige Archivio capitolare ist freilich modern
und das Archivio comunale ist 1824 verbrannt. Aber im
Besitz des Sindaco R. d'Errico, dessen Ahnen Administratoren
von Banzi zur Zeit der Aufhebung des Klosters waren, fand
Schiaparelli ein Ms. Per Vaccantonamento ddU terre di Banei. Ate»
moria del minisiro Zurlo al Be von 1812. Hier wird zunächst
ein Ms. citirt Memarie di Banzi e ddla nuova e deWantica chiesa^
raccolta dai rcv. padre Francesco da Cancellara minore riformato,
aber es heißt gleich „Questo libro esistente nell'archivio di Banzi
h porduto con tutte le altre carte". Doch werden in der Folge
verschiedene Papsturkunden citirt
p. 14 Alessandro II. ordino nel 1062 ad Orlando arcivescovo
di Acerenza ed XJrsone arcivescovo di Bari ed ad Am«
brosio vescovo di Terracina che astringessero gli
usurpatori a restituire tutto Tusurpato.
p. 16 Urbano II. diresse nel 1090 un breve a Rugiero duca
di Puglia ed al conte Boemondo suo fratello perchi
facessero cessare ogni violenza.
p. 19 Urban IL J-L. 5488.
p. 20 Paschal U. J-L. 5946.
p. 21 Paschal II. 1106. Vi ripete la medesima indicazione
de'casali, ch^^ descritta nel privilegio precedente (J-L.
5946) e la esenzione del monastero daUa giurisdizione
dell'ordinario.
266 P. Kehr,
Die Benediktiner behaupteten sich in Banzi bis 1620, wo sie
der Conunendatar - Abt dorch Augustiner ersetzte; 1660 kam das
Kloster an die Minori riformati.
In Venosa fand Dr. Schiaparelli freundliche Aufnahme beim
Bischof Mons. Lorenz© Antonelli. Das Archivio capito-
lare, obwohl ungeordnet, erwies sich als reich; es beginnt schon
mit 1106, aber es hat weder Bullen noch Diplome. Unbedeutend
und. jung ist das Archivio della cancellaria vescovile,
modern das Archivio comunale. Auch in den Klöstern di
S. Benedetto und di S. Maria La Scala, wie im Ufficio
del registro soll sich nichts Altes mehr befinden. Vgl. Teo-
doro di Ciesco Catalogo dei vescovi della Venosina diocesi con
brevi notizie intorno a Yenosa e le sue chiese (Siena 1894) und
Giuseppe Crudo Venosa e i suoi vescovi (Salerno 1894).
In Lavello, seit 1818 mit Venosa vereinigt, ist das Archivio
capitolare noch ungeordnet; es beginnt mit 1216; das Archi-
vio comunale ist ganz modern.
In Ascoli - Satriano schloß Dr. Schiaparelli seine archivalischen
Forschungen in Apulien ab. Er fand hier im Archivio capito-
lare nichts Altes mehr; es ist 1666 verbrannt. Ebenso besitzt das
Archivio della cancellaria vescovile nur moderne Akten.
Desgleichen das Archivio comunale und das des Convento
dei Minori riformati, das Ufficio del registro und die
Biblioteca comunale. Dagegen besitzt Herr Dr. Fasquale
Rosario eine Sammlung von Documenten und Hss., darunter ein
Ms. des Arciprete Giovine, Memorie storiche di Ascoli, Ms. chart.
saec. XVIII, in dem A f. 23' ein von Karl I. 1280 bestätigtes
Diplom Friedrichs II. von 1226 citirt wird.
Nicolaus IL verleiht der Kirche der hh. Peter und Paul in Ru-
iüiano Freiheit und bestätigt ihr die Verfügung des Rodelgrim für den
Abt Melis.
Melß 1059 August 24.
Orig. Bari Archivio di S. Nicola Nr. 35.
Das Siegel ist abgefallen und wird besonders außewahrt.
Die Schrift {Minuskel) kenne ich sonst nicfd. BV und Komma
Papstorkandeii in Apnlien. 267
in der unter Stephan IX. üblichen Form. In der Rata vielleicht
XPC VINC von der Hand des Papstes. Datierung von Humbert.
Nach dieser Bulle ist die Cod. dipL Bar. I. 41 Nr. 21 aus
angeblichem Original gedruckte Urkunde Nicolaus IL für die Kirche
Sother in Bari vom gleichen Tage {Arch. capitolare in Bari)
gefälscht worden.
NICnOLAVS EPISCOPVS SERVVS SERVORVM DEI. | Omnibus
Christi fidelibus perpetuam salutem. Cum officii'^ apostolatns
nostri sit omnium ecclesiarum dei | utilitatibus generaliter^^ inui-
gilare, religiosis tarnen ac piis locis propensiorem curam assidu^ |
sollicitudinis debemus adhibere. Qaapropter ecclesiam sanctomm
principum apostolorum Petri et Pauli | in loco Rutiliano a quibus-
dam religiosis uiris constructam liberam esse uolentes ac per huius
nostri | edicti paginam eandem libertatem et Rodelgrimi filii quon-
dam Dabgy Cnpersanensis ordinationem | et constitutionem nee non
et sigillorum Grecorum concessionem , seeundum quod in scriptis
eorum legitur, confirmantes | apostolica auetoritate sancimus, ut
sit ipsa predicta ecclesia libera quieta et secura cum suis perti-
nentiis | et rebus, quas nunc habent aut deinceps quocumque modo
diuinis et humanis legibus cognito in proprium | acquirent in om-
nibus ubique territoriis ac locis. Statuimus preterea per iustici^
rectitudinem et nostr^ auctoritatis | constitutionem , ut iam dicti
Kodelgrimi ordinatio iirma et stabilis perpetnaliter maneat nee
aliquis parentum illius uel | h^redum aut aliqnis presbiterorum
monachorum dericorumue uel qu^libet alia magna paruaque cuius-
cumque ordinis aut dignijtatis persona temerario ausu corrumpere
presumant, quam abbati Meli iecit. Quicumque uero illius et huius |
'nostri edicti constitutionem int'ringere presumpserit, nisi resipiscens
condigne satisfecerit, perpetui anathematis \ uinculo se innodandum
cum diabolo nouerit, tam ille qui hoc temptauerit, quam et illi qui
ei consensum et adiuto,rium prebuerint. Qui autem eztiterit con-
seruator et custos, apostolica benedictione repleatur et ^tem^ h^re-
ditatis particeps esse mereatur.
E. BV. ♦
Datum Melfit^ VIUI. kal. 8EPTEMBRIS anno domini nostri
lesu Christi M. L Villi, per manus Humberti sanct^ ecclesi^ Silu^
candidf episcopi et apostolica sedis bibliothecarii, anno primo pon-
tificatus domni pap^ NIÜUOLAI secundi, indictione Xll"*.
B.
a) corr. aus officium. b) g corr. auu e.
268 P. Kehr,
2.
Gregor VII, benachrichtigt den Grafen und die Kleriker von Oria
von der Ernennung des Erwählten Gregor zum Bischof.
Copie saec. XVIII im Codex dipL ecclesiae Brundusinae foL9^{A).^
Ortensio de Leo Brundisinorum pontificum monumenta von 1754 (JB);
Copie des 18. Jahrh. im Codex dipl. Brundusinus vol. IV (0), alle
in der BüHioteca de Leo eu Britidisi.
Cit. von Gasparo Papatodero Bella fortuna di Oria, Diss. I
p. 379 aus dem Archivio capitolare.
Grregorius episcopus seruas seraorum dei. Nobili comiti et
clericis Oritanis cunctisque Oritane ecciesi; salutem et apostolicam
benedictionem. Nouerit^) dilectio uestra electum Gregoriam,
quem ad apostolicam sedem misistis^^ a nobis esse per dona sancti
Spiritus consecratam, uestr; saluti largiente domino, sicut speramus,
admodum profuturam. Ac nos quidem Uli quod nostram est, diuina
gratia fauente^^, perficimus. De cetero uolamas ipsum deuotioni aestr^
ex nobis et paatorem bonum et utilem esse commendatum. Qua-
propter monemus et apostolica auctoritate pr^cipimus nobis, nt ei^
condigna renerentia debitaque obedientia, sicut ecclesi; decet') filios,
exbibere^) studeatis.
a) Noveritis B, h) insistit AB\ iassistis C. c) largiente C.
d) et. e) licet. f) exhiberi AB.
3.
Paschalll. bestätigt dem Ersbischof Nicolaus von Brindisi nament-
lich den BesifjB der Städte Brindisi, Oria^ Ostuni, Mesagne und den
von dem Grafen Goffrcd und seiner Gemalin Sikelgaüa geschenkten
Grafenzehnten aus der Stadt und dem Hafen von Brindisi.
Lateran 1101 Märe 23.
Copie von 1565 im Codex dipl. Brundusinus Brindisi Archivio
capitolare {A). — Copie des 18. Jahrh. im Codex dipl. Brundusinus
voL IV ex ms. vol. Uritan. Brindisi Biblioteca de Leo (JB).
Pascbalis^) episcopus semns semorum dei. Dilecto fratri
Nicoiao Bmndusino antistiti eiusque snccessoribus canonice substi-
tnendis in perpetuum. Sicut ininsta poscentibus nuUus est
tribnendus effectus, sie legitima desiderantium non est difFerenda ^^
a) PASCALI8 A b) differanda AB.
Papsturkanden in Apolien. 269
petitio. Tais igitur, in Christo frater charissime, pr^cibus annuen-
tes, ad perpetuam sanct^ Brundusin^ ecclesi^ pacem ac stabilitatem
presentis decreti aactoritate^^ sancimus, nt ipsam Brandusii ciuita-
tem, Oriam, Hostunem, Miianium et cetera oppida et uillas, qu^ pre-
decessores tui qaondam tenoisse noscuntiir, tarn tu quam sacces-
sores tai episcopali dcinceps iure disponere ac possidere in per-
petuam debeatis. Confirmamns pr^terea tibi tuisque successoribns
et sanetQ Brundasin^ ecclesi§ decimam reddituum omnium, quos ex
ciaitate uel ciuitatis portu Brundusinus comes accipit, sicut nobilis
memoria Groffredus comes ona cum uxore sua Siclegaita'') super
altare beati Leutii per euangelium obtulit et scripto firmauit, asti-
pulantibus et similiter per euangelium post mortem patris oiFe-
rentibus eins filiis Roberto nunc comite, Alexandro et Tancredo'.
Cetera etiam qu^ in eodem oblationis cyrographo supradicti uiri
Brondusin^ ecclesi^ iuste ac legaliter statuerunt, firma in perpe-
tunm mauere sanecimus. Ipsam^^ sane Brundusinam ecdesiam cum
uniuersis appenditiis suis, clericos et dericorum res libertati per-
petuQ manere decreuimus, statuentes ut nuUi omnino hominum
liceat eandem ecdesiam temere perturbare uel eins possessiones
auferre minuere uel temerariis uexationibus fatigare. Qu^cunque
antem bona iuste hodie possidet siue in futurum iuste atque cano-
nice poterit adipisci, firma tibi tuisque successoribus et illibata
permaneant. Si qua igitur ecclesiastica secularisue persona baue
nostr^ constitutionis paginam sciens contra eam temere uenire
tentauerit, secundo tertioue commonita, si non satisfatione con-
grua emendauerit, potestatis honorisque sui^^ dignitate careat
reamque*) se diuino iuditio existere*) de perpetrata iniquitate
cognoscat et a sacratissimo corpore ac sanguine dei et domini re-
demptoris nostri lesu Christi aliena fiat atque in extreme examine
districte ultioni subiaceat. Cunctis autem eidem loco iura*) ser-
uantibus sit'^ pax domini nostri lesu Christi, quatenus et hie fruc-
tum bone actionis percipiant et apud districtum iudicem pr^mia
aeterne pacis inueniant. Amen.
-j-M) Ego Paschalis **) episcopus catholic$ ecclesi^.
Datum Laterani^) per manum lohannis sanct^ Romane ecclesi^
cardinalis, X. kal. april., indictione IX, incarnationis dominic^ anno
M*.C^ primo, pontificatus autem domini ^^ Paschalis "^ secundi papell*.
c) sUbiliUte AB, d) Sielegarta Ä, t) Tanchredo B, f) ipsa-
rom AB, g) saa AB. h) reamqoe AB, t) existimet AB, k) nostra AB.
l) nt fehlt in AB. m) wcM statt der Rota. n) PaMalis A. o) Latera-
nis A. p) donni AB.
IffLOti. 4. Wi«. VMkriaMt«. PUlolH^^Uitor. Smm. 1896. H«At. 19
270 P. Kehr,
4.
Paschal II. bestätigt dem Erebiscliof Wilhelm von Brindisi
namentlich den Besits der Städte Brindisi, Oria, Ostuni und Mesagne
und den von dem Grafen Goffred und seiner Gemalin Sikelgaita ge-
schenkten Grafenzehnten aus der Stadt und dem Hafen von Brindisi
und verleiht ihm das Pallium.
Lateran 1105 Ohtober 18.
Copie von 1565 im Codex dipl. Brundusinus Brindisi Archivio
capitolare (Ä). — Copie des 18. Jahrhunderts im Codex dipl. Brun-
dusinus vol. IV ex ms. vol. Urifan. Brindisi Bibl. de Leo. (J5).
Die Urkunde wiederholt zunächst das altere Privileg Pascluüis
von . UOl März 23 {s. Nr. 3) und schließt dann neu die Pallium"
Verleihung an.
Paschalis ^) episcopus 'seruas seruorum dei. Dilecto fratri
Guilelmo Brnndusino antistiti eiusque saccessoribas canonice substi-
tnendis in perpetnum. Offitii nostri nos hortatur auctoritas pro
ecclesiamm statu soUicitos esse et qu^ recte statuta sunt stabilire.
Tuis igitur, frater in Christo charissime, precibus annuentes, ad
perpetuam sancte Brundusine ecclesi^ pacem ac stabiUtatem pre-
senti auctoritate sanccimus, ut ipsam Brundusii ciuitatem, Oriam,
Hostunem, Miianiam^^ et caetera oppida et uillas, qu^ predecesso-
res tui quondam tenuisse noscuntur, tarn tu quam successores tui
episcopali deinceps iure disponere ac possidere in perpetuum de-
beatis. Confirmamus pr^terea tibi tuisque successoribus et sanct^
Brundusine ecclesi^ decimam reddituum omnium, quos ex ciuitate
uel ciuitatis portu Brundusinus comes accipit, sicut nobilis memorie
GrofPredus^^ comes una cum uxore sua Siclegaita^ super altare
beati Leutii per euangelium obtulit et scripto firmauit, astipu-
lantibus et similiter per euangelium post mortem patris ofPeren-
tibns eins filiis Roberto nunc comite, Alexandre et Tancredo*>.
Caetera etiam quQ in eodem oblationis cyrographo supradicti uiri
Brundusine ecclesi^ iuste ac legaliter statuerunt, firma in perpe-
tuum mauere sanccimus. Ipsam sane Bundusinam ecclesiam cum
uniuersis appenditiis suis, clericos et clericorum res libertati per-
spetue mauere decreuimus, statuentes ut nuUi omnino bominum
liceat eandem ecclesiam temere perturbare uel eins possessiones
auferre minuere uel temerariis uexationibus fatigare. QuQCunque
a) PA8CALIS A. b) Meianeam B. c) Goffridos B. d) SielegarU iL
e) Tanchredo B.
Papstarknnden in Apnlien. 271
aatem bona iaste liodie possidet siue in fiiturum iuste atque cano-
nice poterit adipisci, firma tibi tuisque successoribus et illibata
permaneant. Pallii etiam dignitatem ex antiqno ecclesi^ tue more
fraternitati tu^ ex apostolic^ sedis liberalitate concedimas, cuias tibi
nsum ad sola missarum sollemnia intra ecclesiam licere-^ cognouerid,
diebus tantum'^ illis qu^*) inferius annotantur, id est natiuitate do-
mini, epiphania, annuntiatione domini, cena domini, pascha, ascen-
sione, pentecoste, tribus festis sanct^ Mari$, saneti lohannis
baptist^, natalitiis apostolornm, soUemnitate saneti Leutii, comme-
moratione omniam sanctorum , consecrationibus eccicsiarum et
annno consecrationis tu$ die. Caius nimirum pallii uolumiis te
per omnia genium uendicare. Hnius siquidem indumenti honor hu-
militas atque iustitia est : tota ergo mente fraternitas uestra se
exhibere festinet '^ in prosperis Iiumilem, in adversis, si quando
aeniunt, cum iustitia erectam, anDicam bonis, peruersis contrariam ;
nullius unquam faciem contra ueritatem suseipiens, nullius nnquara
faciem pro ueritate loqnentem premens, misericordiQ operibus iuxta
uirtutem substantif insistens et tarnen insistere etiam supra uir-
tutem cupiens, infirmis compatiens, beneualentibus congandens,
aliena dampna propria deputans, de alienis gaudiis tanquam de
propriis exultans , in corrigendis uitiis pie seuiens , in fouendis
uirtutibus auditorum animum demulcens, in ira^^ iuditium, sine
ira tenens, in tranquillitate autem seueritatis iuste censuram non
deserens. Hqc est, f rater carissime, pallii accepti dignitas, quam,
si sollicite seruaueris, quod foris accepisse ostenderis, intus ha-
bebis. Fratemitatem tuam superna dignatio per tempora longa
conseruet incolumem.
f '' Ego Paschalis *") catholicf ecclesi^ episcopus.
Datum Laterani per manum lohannis sancte Romano ecclesi^ dia-
coni eardinalis, XY. kal nouembris, indictione XIII, anno dominice
incamationis W.C.Y^j pontificatus quoque domini"> Paschalis'")
secundi pape anno YP.
f) licite A^ corr. aus licet cognonisse. g) tantam feMt in B, h) qni B,
%) festinai B. k) intra A. l) wM staU der Bota. m) Pascalis A.
n) donni AB.
Paschal IL ermahnt die Königin Konstanee, mit Klerus und Vcih
van Oria dem Bischof vm Brindisi die schuldige Obedienz eu leisten.
Im Porticus von S. Peter {1110) Aftil 29.
19 ♦
272 P* Kehr,
Copie van 1565 im Cod. dipl. Brundusintis Brindisi Archivio
capitdare.
Das Jahr ergibt sich aus der Ortsangabe (vgl. J-L. 6267 —
6273).
Fasealis episcopns seruus seruorum dei. Constantiae regis
Franchorum fili^ salutem et apostolieam benedictionem. Quia
in pastoris absentia tarn spiritualium quam temporalinm gregum
ones facilius deperire solent : idcireo diligeotius satagendum est,
ne pastoris solatio ecclesia Oritana, que qaomndam insolentia tanti
temporis spatio peeeatis exigentibns regimen animamm ammisit,
deineeps careat. Eapropter dilectioni tu^ sicnt dilect§ fili^ spiri-
tuali mandamus atqae precipimus, quatenus, si nos diligis et beati
Petri gratiam habere desideras, ulterius a Brundusina eeclesia
nullatenus Oritana separetur, sed Brundusino episcopo, eui enram
utrinsque ecclesi§ dudum commeDdauimus, subieiator atqne tarn a
te qaam ab incolis loci illius sicut pastor honorifice snscipiatur
eique debita obedientia inpendatur. Nam inter eas nullum debet
esse diuortium ; alioquin noaeris te cum clero et einsdem ecclesi^
plebe communione priuari, quia sententia quam prefatns episcopus
uobis intolerit, nostro fanore firma et rata erit. Data in por-
tieu beati Petri III. kal. maii.
6.
Paschal IL ermahnt den Klerus und das Volk von Oria^ dmn
neuen Bischof von Brindisi die schuldige Obediene eu leisten.
Lateran (1100—16) Januar 7.
Copie von 1565 im Cod. dipl. Brundusinus Brindisi Archivio
capitolare.
Das Mandat gehört wohl entweder ssu 1101 oder eu 1105.
Pascalis episcopus seruus seruorum dei. Clero et populo
Oritano salutem et apostolieam^) benedictionem. Scriptum ha-
bemus, quod non decet a capite membra discedere. Iccirco neque
nos ab antecessoris nostri institutis neque uos ab apostolice sedis
preceptis expedit deuiare. Idem nempe sanct^ memoria in Christo
pr^decessor noster XJr(banus) quantum sategerit nostis, ut antiquum
cathedra locum Brundusii ecclesia uestra reciperet^), nos prestante
domino ad eandem cathedram cardinalem episcopum conseorauimus.
a) ApAstolicam. () redpieret.
PapstorkondeD in Apnlien. 273
Rogamus ergo dilectionem uestram ut eum ^^ debita obedientia aus-
cipiatis nee nllam unitatis ecclesi^ scissuram faciatis, quin immo
uigilanter agite, ut tarn per Brandusiam quam per Oritanum muni-
cipiam honore debito nestra ecclesia potiatar. Dat. Laterani^ VU.
id. ianuarii.
c) com. d) Lateranen.
7.
Calixt IL verleiht dem Erzbischof Hubald von Trani das Pallium,
Troia 1120 November 13.
Copie saec. XVIII in vol. II der Zibaldoni Manfredi bei Comm.
Vinceneo Vischi in Trani.
Die Urkunde stimmt bis auf gane unbedeutende Varianten
wörtlich überein mit der am 6. November 1120 gleichfalls eu Troia
ausgestellten Palliumverleihung Calixts IL für den Erebischof lii-
santius von Trani {J-L. 6866). Aber statt Grisogonus datirt hier
{eum ersten Mal) Aimerich.
Dignitatem ecciesiastieis {statt ecclesiis uel).
Datum Troi§ per manos Aimerici S. R. £. diaconi cardinalis et
cancellarii, idibus nonembris, indictione XIV, inearnationis dominice
anno MCXXI, pontificatus uero domini Calisti secnndi anno secondo.
8.
Calixt II. benachrichtigt die Gräfin Sikelgaita von Britidisi und
den Edlen Tancred von Conversano von der Ernennung des Cardinais
Bailard sum Erzbischof von Brindisi.
Benevent {1122) Februar 22.
Copie von 1565 im Cod. dipl. Brundusinus Brindisi Archivio ca-
pitolare {A). — Copie saec. XVIII im Cod. dipl. eccL Brundusinae
fol. 11* ex cod. Uritan. Bemardini Militi^ Brindisi Biblioteea de Leo
(B). — Copie saec. XVIII im Cod. dipl. Brundusin. vol. IV ebenda (C).
Vgl. J'L. 6952.
Calistus episcopns seruus semorum dei. Dilect^ in Christo fiÜQ
Siclegaite ""^ Brundusin^ comitiss^ et filio eiua Tancredo*> Cupersa-
a) Siglegaitf BC, h) Tanchredo BC.
274 P- Kehr,
nensi nobili et illustri uiro salutem et apostolicam benedictionem.
Fetitionum uestrarnm dos instantia ^^ exorati, carissimum filium
noätram Baialardum^Miaconum cardinalem ecclesi^ firundusin^ con-
cessimus [et] in archiepiscopum nostris per dei gratiam manibus
consecrauimus. Uestram itaque benignitatem rogamus, ut eum
deineeps tamquam spiritualem patrem uestrum afPectione'^ debita
diligatis, honore ac reuerentia ueneremini. Deeimas etiam et alias
episcopales iustitias de Brnndusio, Nerito et ei cum adiacentibus
uillis su^ parrochie persolui ei quod ex iiobis est integrum faciatis.
Monemus insuper, ne uobis displiceat quod nos eidem fratri iniun-
ximus-^ episcopalia in Oritana^^ ecclesia celebrare: tanto siquidem
Brundusin^ ecclesi^ dignitas maior habetur, quanto plures ei ec-
clesiQ adiunguntur. Preterea in peccatorum uestrorum remissionem
uobis mandamus, ut pro dei amore et defunetorum carorum uestro-
rum remedio nullum hereditatem suam uel possessionem Brundu-
sine^ ecclesi^ eonferre cupientem impedire uelitis, quatenus ad dei
laudem et honoris uestri augmentum*> Brundusina per uos ecclesia
sublimetur. Dat. Beneuenti VIII.*^ kal. martii.
c) istantia. d) Bailardum BC, e) effectione Ä, f) inioximas A.
g) Uritana BC, h) augamentum A. i) VII C
9.
Anaclet IL nimmt das von dem Baron Accard erbaute Kloster
S. Johannes in Lecce unter der Aebtissin Agnes in den apostolischeth
Schutz^ unterstellt es unmittelbar dem römischen Stuhl ^ bestätigt ihm
den Besitz und verleiht ihm das Recht , einen Bischof für die Uscliöf-
liehen Leistungen zu xcalden^ das Wahlrecht und das Begräbnisrecht.
Oria 1134 December 7.
Copie saec. XII im Besitz des Herrn De Simone in der Villa
Sant'Antonio bei Amesano {A). — Copie von 1691 in der Tlatea des
Klosters S. Giovanni di Lecce f. 3 Lecce Archivio dei monastero di s.
Giovanni Evangelista (B).
Die ältere Copie hat zugleich als Konzept gedient für die Ur-
kunde Alexanders II L von 1178 VI 15 {Nr. 21), indem die dazu
nothwendigen Korrekturen über die Zeile geschrieben, das Auszu^
lassende oder zu Verändernde unterstrichen wurde. Die orthogra-^
phischen Beso^vderheiten der Copien sind stillschweigend verändert.
Papsturkonden in Apolien. 276
f "> Anacletna^^ episcopus seruus seruorum dei. Dilecte in
Christo filie Agneti^^ abbatisse monasterii sancti lohannis quod
intra ciuitatem Liciensem situm est et ceteris in eiasdem cenobii
regimine regulariter substitnendis in perpetaum. Pie postulatio
uoluntatis eflPectu debet prosequen[te]'') compleri, quatenus et*> de-
nocionis sinceritas laudabiliter enitescat et utilitas postulata uires
indubi tanter assumat. Eapropter, dilecta in Christo filia Agnes -^
abbatissa monasterii sancti lohannis quod sitnm est intra ciuita-
tem Lyppiensem^^ preccs tuas clemencius admittentes ^), prephatum
monasterium quod frater*^ tuus Accardus nobilissimus baro a fun-
damento edificauit et tecnm pariter per manas nostras*) beato
Petro optalit, in proprietatem et'^ tutelam sedis apostolice susci-
pimns et ab omninm hominum infestacione atque molestia liberum
fore sancimus et tarn tu*"^ quam et**^ que tibi in eiusdem cenobii
regimine successerint, nuUi umquam nisi Romano pontifici respon-
dere debeatis. Confirmamus eciam tibi et per te eidem monasterio
in perpetaum omnes possessiones omniaque bona, que hae presenti
XIII ^^ indictione possidetis uel que in futurum concessione ponti-
ficum, liberalitate prineipum, oblacione fidelium iuste poterit adi-
pisci. Crisma, oleum sanctum, consecraciones altarium seu eccle-
siamm, benedictiones clericorum sine monialium a diocesano epi*
scopo accipiatis '^ , si gratis et absque uUa ^) prauitate dare uolue-
rit, alioquin liceat uobis quem malueritis ndire pontißcem et ab
eo consecracionum sacramenta percipere, qui nostra fultus auctori-
täte que postulatur indulgeat. Obeunte autem te nunc*^) eins loci
abbatissa uel illarum qnalibef que in eiusdem cenobii regimine
tibi ^ successerint, nulla ibi qualibct surreptionis **) astucia seu uio-
lencia preponatur*^ , nisi quam*^' sorores communi consensu uel
sororum pars consilii sanioris') secundum^^ dei timorem et beati
Benedicti regulam elegerint, a Romano tantum pontifice conse-
cranda'^ uel cui ipse iniunxerit. Decemimus igitur,"> ut nuUi
a) Das Kreug fehlt in B, h) In A durch Unterstreichung getilgt,
e) Darüber in A Emme. d) persequenter B, e) etiam B. f) Darüber
in A Emma. g) LapienBem B. h) admittens A^ tro zugleich der neue Text
Alexanders III. übergeschrieben uurde = intuita et consideratione illustris oiri
comitis Tancredi Licii. t) in B corr. aus pater; in A ist übergeschrieben
pater bona memorie. h) in A ist übergeschrieben simul cum Agnete abbatissa
iorore ipsins Aicardi quo te precessit. Q ac B. m) te B. n) et
fehlt in B. o) in A ist übergeschrieben XI. p) accipietis B. q) uUa fehlt
in A. r) ac B, s) qo^libet B. t) tibi fehlt in B. u) sarrectionis A,
v) propooatur B,, tc) neque B. x) longioris B, y) seqoendo B.
s) coosequanda B. a) et B.
276 P- Kehr,
omnino hominam liceat idem cenobium temere perturbare aut eius
possessiones auferre uel ablatas retinere minaere seu temerariis
uexacionibus fatigare, sed omnia integra *^ conseruentur, earum pro
quarum sustentacione ac gubernacione concessa sunt usibus omni-
modis*^^ profutura. Ad indicium uero''^ facte hnius traditionis et
percepte libertatis singulis annis Lateranensi palacio dimidiam auri
unciam persolnetis. Sepulturam quoque eiusdem loci liberam esse
censemus, ut si quis illic') sepeliri deliberaaerit, nullus eius peti-
cioni et extreme uolantati contradicere audeat. Si quis ergo in
crastinum huic nostre eonstitucioni sciens-^ contraire^^ presumpserit,
nisi*^ post trinam commonicionem congrue satisfecerit , a sacratis-
simo corpore ac sanguine dei ac domini redemptoris nostri lesu
Christi alienus fiat atque in extreme examine districte ultioni sub-
iaceat. Cunctis sane hec iusta seruantibus sit pax domini nostri
lesu Christi, quatenus et hic*^ fructum bone actionis percipiant et
apud districtum iudicem premia eteme pacis inueniant. Amen.
Ego Anacletus catholicQ ecclesi^ episcopus*^
jf^ Ego Johannes Prenestine ecclesie episcopus ss.'^
f'> Ego Johannes*"^ episcopus Portuensis ss.*)
f *> Ego Gregorius"^ cardinalis diaconus sancti Eustasii*^^ ss.*^
f *) Ego Pandulfus^^ diaconus cardinalis sanctorum Cosme et
Bamiani ss.^
Datum apud Oriam«^ per manum Mathei presbiteri cardinalis et
cancellarii, VU idus decemb., indictione XITT**^^ , incarnacionis do-
minice anno MÖXXXIUI'^ pontificatus autem domini nostri Ana-
cleti secundi pape'^ anno V^.*^
h) integre B, c) huinsmodi JB. d) uero in Ä nachgetr<igen\ uobis B.
e) illuc B, f) scienter B, g) coDtradicere B. h) nee B. i) de his B.
k) Die Suhscriptio des Papstes fehlt in A, Q f und 88. fehlt in B; in A sind
die Cardinalsubscrijitionen für das Konzept Alexanders HL durchgestrichen,
m) lohannis A. n) QO A ; episcopus B. o) Eustachii B. p) Pandolfus B,
q) Ostiam B, r) indictionis VIll B. s) domini MCXXXUI B. t) Aoacleti
secundi pape fehlt in A. u) PP. quinti B.
10.
Alexander HL bestätigt dem Kloster S. Stefano eu Monopoli nach
dem Vorgange Paschais IL und Cdlixts IL die Schenkung des Bischofs
Leo von Conversano.
1168 August 1.
Papitarknnden in ApuHen. 277
Citirt im Summarium von 1550 süb AA im Volume dei do-
cumenti per U memorie di Putignano bei G. Castdli in Puiignano :
quae donatio videtur quam maxime validata, quia Alexander papa III.
illam expresse confirmat in quibusdam suis litteris in processu
praesentatis sub datum in anno domini 1168, pontificatns sui anno
9, kal. augusti, indictione 1, in quibus asserit idem fecisse papam
Pascasiam et Calistum.
11.
Alexander IlL bestätigt dem Erebischof Lupo von Brindisi nadi
dem Vorgange Lucius IL die Bistümer der Provinz und die Besitßungen.
Tusculum 1171 Juni 25.
Copie von 1565 im Cod. dipl. Brundusin. und Copie des 16/17.
Jahrh. Brindisi Archivio capitolare. — Auch im Cod. dipl. Brundusin.
vol. I Brindisi Biblioteca de Leo.
Die Urkunde wiederholt diejenige Lucius IL J-L. 8638. In
den Copien fehlen leider die Kardinalsunterschriften.
£x commisso nobis.
Dat. Tascnlani per manum Gratiani sancte Bomane ecclesie
subdiaconi et notarii, VII. kal. iulii, indictione 1111% incamationis
dominico anno MCLXXI, pontificatus uero domini Alexandri pape
in. anno XU"".
12.
Alexander IIL ermahnt Klerus und Volk von Oria eur schuldi-
gen Keverena gegen die Metropolis von Brindisi.
Lateran {1166—79) Juni 26.
Orig. Brindisi Archivio capitolare. — Copie von 1565 im Cod.
dipl. Brundusin. ebenda. — Ortensio de Leo Brundisinorum ponti-
ficum monumenta von 1754 und Cod. dipl. Brundusin. voi. IV. Brin-
disi Bibl. de Leo. —
Wörtlich danach ist die Urkunde Lucius III. J-L. 14809
wiederholt worden. — Wahrscheinlich aus dem Jahre 1178 oder 1179.
Alexander episcopas seruus seruomm dei. Dilectis filiis clero
et popolo Oritano salntem | et apostolicam benedictionem. Cum
in tranalatione ecclesiarum dignitates pariter transferantor, | mira-
278 P- Kehr,
mur, sicut possumus de ratione mirari, quod eam queritis ecclesie
uestre auctoritatem | honoremque seruari, quem babuisse dinoscitor,
antequam metropolis Brundusium trans|ferretar, quainquam apud
Brundusium multo maior multitudo moretur et in sacris | sit ca-
noDibus institutum , ut episcopatus in uillis esse non debeant nel
modicis uicis. Quia igitur contra Brundusinam ecclesiam, cui sicut
metropoli reuerentiam exbibere tenemini, non | est uobis super hoc
aliquatenus litigandum, aniuersitati uestre per apostolica scripta
man|damus atque precipimus, quatinus in prescripta ecclesia crisma
confici, sicut in priuilegi|is continetur, que illi apostolica sedes in-
dulsit, non moleste feratis nee propter | hoc aliquam prescripte ec-
clesie uel archiepiscopo subtrabatis reuerentiam aut honorem, | quia
non est uobis de hac re aliquatinus disceptandum , cum nichil ex
hoc uestrarum | saluti depereat animarum. Dat. Lateran. VI. kal.
iulii |-.
B. dep.
13.
Alexander III. entscheidet den zunschen dem Abt P. und den
Mönchen von Nardb und dem Bischof von Gallipoli über die Parrochie
und die ZeJmtcn von Nardb schwebenden Streit auf Orund des SprucJis
seiner Commissare^ des Erzbischofs B. von Trani und des Abtes P, von
S. Stefano in Monqpoli zu Gunsten von Nardb.
Anagni (1174) Mai 3.
Orig. Nardb Archivio deUa curia vescovile.
Die Urkunde ist durch Feuchtigkeit stark beschädigt. Vgl.
J-L. 12375 nach D'Avino zu 1174 V 5 und Nr. 14. —
Com inter [uos] et T. [quondam] Gallipolitanom.
Dat. Anagnie V. non. m[adii].
B. dep.
14.
Alexander III. befiehlt dem Klerus, den Baronen und dem Volk von
Nardb, dem Abt P. und den Mönchen des Klosters Nardb auf Grund
der von ihm Ober die zwiscJien dem Kloster und dem Bischof von
Papitorkanden in Apulien. 279
Gaüipoli streitige Purrockie und Zehnten gefalUen Entscheidung die
schuldigen Zehnt" und Parrochialrechte zu leisten,
Anagni {1174) Mai 3.
Orig. Nardb Ärchivio dclla curia vescovUe.
Vgl J'L. 12376 cü. nach D'Avino zu 1174 V5. Vgl. Nr. 13.
Alexander episcopus seruus seruorum dei. Dilectis filiis clero
baronibus et uniuerso' populo de Nejreto salutem et apostolicam bene-
dictionem. Nostis, sicut credimas, quomodö dilecti filii nostri
P.') abbas et fratres | monasterii de Nereto pro controuersia , que
inter eos et T. quondam Gallipolitanum episcopum de | deeimis et
parrochia terre uestre uertitur, diu sunt et sepe grauati. Nanc
aotem , sicut ex | litteris uenerabilis fratris nostri B.'> Tranensis
archiepiscopi et dilecti filii P.^^ abbatis sancti Stephani | de Mono-
poli, quibus causam ipsam commisimus, accepimus, cum episcopus
Gallipolitanus, qui nunc | est, se contumaciter absentasset, sicut
predecesaor eins sepius fecerat, idem iudices tenorem | mandati
nostri secuti, prefato abbati et fratribus possessionem predicte
parrochie ac decimarum^> | adiudicarunt. Nos itaque nolentes^^
aliquatenus sustinere, ut quod de auctoritate nostra factum | est,
temeritate qualibet uioletur, uniuersitati uestre per apostolica scri-
pta mandamus atque | precipimus, quatinus eisdem abbati et fra-
tribus decimas occasione et contradictione cessante sol'uatis et uos
filii clerici eis de iure parrochiali sine contradictione qualibet res*
pondere cu;retis, sicut decimarum et parrochie per predictos iudices
possessio ipsis est adiudicata, donec | causa de proprietate, si Gal-
lipolitanus episcopus exinde agere uoluerit, fine debito terminetur.
Dat. Anag(nie) V. non. madii.
B. dep.
a) auf Basur, b) cimarnm— nolentes auf Basur.
15.
Alexander IIL überträgt dem Erzbischof R(iso) von Bari das
Kloster TuUi % Santi in Cuti bei Bari und ermahnt den Abt und
die Brüder zum Gehorsam gegen jenen.
Anagni {1173—74) September 8.
Orig. Bari Ärchivio di S. Nicola Nr. 126.
Die Verleihung muß erfolgt sein nach 1168 {J-L, 11377),
280 P. Kehr,
aber vor 1175 {s. Nr, 16)j fällt also nach dem Ausstellungsort
entweder in das Jahr 1173 oder 1174. Vgl, auch J-L, 12631.
Alexander episcopus seruus seruorum dei. Dilectis filiis . .
abbat! et fratribus Omnium sanetorum de Cutis | salutem et apo-
stolicam bcnedictionem. Curam et sollicitudinem, quam de
uniuersis dei ecciesiis disponente domino | habere tenemur, ecciesie
uestre tanto propensiori studio debemus impendere, quanto specia-
lius ad I Bostram prouisionem pertinet et tutelam. Inde utique fuit
quod nos attendentes, quomodo | ecclesia uestra correctione indigeat
et eonsiderantes prudentiam deuotionem et seien tiam ue|nerabilis
fratris nostri R. Barensis archiepiscopi , eandem ecclesiam sibi in
uita sua de comuni fratrum nostrorum | consilio apostolica aucto-
ritate eoncessimus, ita tarnen quod post decessum eius nullus suc-
cesso{rum suorum in ipsa ecclesia quicquam iuris sibi audeat uen-
dicare. Mandamus itaque discretijoni uestre atque precipimus, qua-
tinus memorato archiepiscopo obedientiam et reuerentiam impen-
datis et correctionem et disciplinam suam deuote et humiliter sus-
cipientes ei , omni occasione [ et appellatione cessante, ita in Omni-
bus et per omnia respondere euretis, sicut nobis ipsis respondere |
deberetis, quia credimus et speramus, quod eadem ecclesia per Stu-
dium et uigilantiam eiusdem archi|episcopi in spiritualibus et tem-
poralibus debeat cooperante domino promoueri. Dat. Anagnie
VI. idus septembr. |
B.
16.
Aleooander III. tadelt den Abt und die Mönche des Klosters
Tutti i Santi in Cuti bei Bari wegen ihres Widerstandes gegen die Ver-
leihung des Klosters an den Erebischof von Bari und beauftragt den
Bischof von Monopoli und den Abt von Ä Stefano in Monopoli, deti
Zustand des Klosters zu untersuchen und Bericht zu erstatten.
Ferentino {117S) Januar 21.
Orig. Bari Archivio di S. Nicola Nr. 125. Vgl. Nr. 15 und
J'L. 12631.
Alexander episcopus seruus seruorum dei. Dilectis filiis . .
abbati et fratribus Omnium sanetorum de Cutis salutem et apo*
stolicam bcnedictionem. Quanto monastejrium uestrum specialius
nostri iuris existit, tanto puriorem circa nos et Romanam ecclesiam
deuotionem gerere deberetis et manda|ti8 et monitis nostris Üben-
Papstarkanden in Apulien. 281
tias obedire, cum non sit uoluntatis uel propositi nostri libertatem
nestram minuere aut monasterium ipsum in al|teria8 ecclesie iuris-
dictionem traasferre. Sane cum nos caram eiusdem monasterii
uenerabili fratri nostro . • Barensi archiepiscopo uiro utique | ho-
nesto indastrio et discreto personaliter tantum commisissemus sub
ea confidentia, quod monasterium ipsum sicut dicebatur in spiri-
tu|alibns et temporalibus ualde dilapsum et multo grauatum onere
debitorum per prouidentiam et soUicitudinem suam in melius refor-
mari | deberet, non decuit uos in hae parte nostre contradicere
uoluntati , qui nobis sicut spirituales filii debetis in omnibus
prom'pta deuotione'') parere. Ceterum quia monasterium ipsum,
sicut andiuimus, a diuinis cessat officiis et memoratus | archiepi-
scopus interdicti sententiam relaxauit, placet nobis ut diuina offi-
cia celebretis, sed ne uideamur casum et ruinam monajsterii uestri
dausis oculis pertransire aut predictus archiepiscopus uel uos pos*
sitis nos^^ in bac parte decipere, uenerabili | fratri nostro . . Mo-
nopolitano episcopo et dilecto filio abbati sancti Stephani de Mono-
poli dedimus in mandatis, ut ad monasterium^) uestrum | pariter
accedentesy statum eins diligentissime perscrutentur et super hoc
ueritatem rei puram et simplicem suis nobis | litteris non di£Ferant
aperire. Mandamus itaque discretioni uestre atque precipimus,
quaÜnus, cum idem episcopus et abbas propter hoc ad monaste|rium
aestrum accesserint, eos benigne recipiatis et honeste tractetis et
ipsis statum eiusdem monasterii studeatis plenius | aperire, ut per
eos statu prescripti monasterii cognito, correctionis manum, si opus
faerity apponamus. Dat. Ferentini | XU. kal. februar. |
B.
a) deuotione auf Baaur. b) qos possitis nos auf Basur, e) aitoriam
auf Eaaur,
17.
Alexander III. nimmt das Kloster S. Stefano eu MonopoU unter
dem Abt Palmerius nach detn Vorgänge Paschais II. und Calixts II.
in den apo^olischen Schutz ^ bestätigt ihm die Besitzungen und Privi-
legien der Päpste, Könige , Bischöfe , Fürsten, Grafen und Barone,
insbesondere das Vorrecht der Mitra und des Ringes und die Conces*
sion der Bisdiöfe Bomuald von MonopoU und Leo von Conversano
«im2 verleiht ihm Freiheit von der richterlichen Gewalt, Wahl des Bi-
schofs für die bischöflichen Leistungen, das Aufnahmerecht, das Begrab-
nißrecht und das Wahlrecht.
Anagni 1175 Dezetnöer 16.
282 P. Kehr,
Gedr. im Seminarium addüionale van 1740. 41, 42 nach Copie
von 1559 IV 20 vol. II p. 224 , p. 311 , p. 565 Conversano Ärchivio
della curia vescovile. ^
Die Urkunden Paschais IL und Calixts IL sind verloren. —
Der Text ist sehr übel.
Licet de omnibus ecclesiis.
Bat. Anagniae per manas G-ratiani S. R. E. subdiaconi et no-
tarii, XVII. kal. ianuarii, indictione IX, incarnationis doiDini
anno MCLXXV, pontificatus uero domini Alexandri papae III.
anno XVII.
Cardinale: {Bernard\ von Porto und S. Eufina, Walter von AU
bano ; Johannes von SS. Giovanni e Paolo, Boso (Boscio) von S. Pu-
denziana , Johannes von S. Marco , Manfred von S. Cecüia , Petrus
von S. Susanna^ Vivian (Vincanus) von S. Stefano in Celio ; lacinthus
(Inaconns) von S. Maria in Gosmidin (S. Pariae card.), Ardicio von
S. Teodora (S. Trodurii), Cinthius (Cintus) von S. Ädriano (Sandrinui
Senensis), Hugo von S. Eustachio, Laborans (Laberius) von S, Maria
in Porticu.
18.
Alexander III. bestätigt dem Bischof von Conversano alle Güter,
Orte und Rechte.
1176.
Citirt im Summarium von 1550 sub NN im Volume dei da-
cumenti per le metnorie di Putignano bei G. Casulli in Putignana :
dictus Alexander III. episcopo Cupersanensi et episoopatai ipsi
eoncessit litteras confirmationis omnium bonomm, locorum et iu*
rium dicti episcopatus ipsa omnia ennmerando et inter alia enu-
meravit iurisdictionem episcopalem in terra Patiniani et eins
ecclesiis in anno domini 1176, quae litterae faerunt transsumptatae
per publicam instrumentum in anno domini 1361, die 27 septembris,
4 indictionis, qnod transsumptum pro parte dicti domini episcopi
in praesenti processu dednctom est.
19.
Alexander III. bestätigt nachmals dem Kloster 8. Stefano mt
Manopali die Schenkung des Bischofs Leo von Conversano.
1177 Februar.
Papstarkunden in Apolien. 283
Citirt im Summarium von 1550 sub AA im Volume dei do-
cumenti per le memorie di Putignano bei G. Casulli in Ptäignano :
et iteram idem Alexander III. eamdem donationem confirmat in
aliis eius litteria similiter in processu deductis in anno domini
1177, mense februarii, 2. indiet, pontificatns eins anno 18.
20.
Alexander III. beauftragt den Erzbisrhof von Trani und den
BiscJiof von Bisceglie in dem Streit zwischen dem Bischof von Con-
versano und dem Abt von S. Stefano zu Monopoli über die Iuris-
diction in Putignano zu entsciieiden,
1177 Juli 1.
Citirt im Summarium von 1550 sub PP im Volume dei docu-
menti per le memorie di Putignano bei G. Casulli in Putignano :
et effectus dictaram ultimarum litterarum dicti Alexandri III. eva*
cuantur per alias litteras dicti Alexandri impetratas ad instantiam
tanc episcopi Cupersanensis ; nam cum epiacopus ipse eonqnestus
fuisset, quod ob confirmationem dicti Alexandri HI, abbas sancti
Stephaui intendebat episcopalem iorisdictionem exercere in terra
Putiniani, Alexander ipse suis litteris scripsit tanc archiepiscopo
Tranensi et episcopo Vigiliensi, quod, non obstantibus confirmationi-
bus factis abbati praedicto, declarabat per eas noUe praeiadicari
episcopo Capersanensi , et ideo cognoscerent de iuribus ipsorum,
acsi confirmationes ipsae factae non fuissent. Quae litterae sunt
expeditac in anno domini 1177, kal. iulii, et sie post proxime
allegatan praecedentes litteras Alexandri III., quae etiam in dicto
processu pro parte dicti episcopi productae fuerunt et sunt.
21.
Alexander III. nimmt das von defn Baron Accard erbaute Kloster
S. lohannes in Lecce unter der Aebtissin Emma auf Vertvendung des
Grafen Tancred von Lecce in den apostolischen Schutz ^ unterstellt es
unmittelbar dem römischen Stufd, bestätigt ihm den Besitz^ das Rechte
einen Bischof für die bischöflichen Leistungen zu wählen^ das WaJd^
recht und das Begräbnißrecht.
Lateran 1178 Juni 15.
Original im Besitz des Herrn De Simone in der Villa 8ant»
Antonio bei Amesano.
284 P. Kehr,
Die Urkunde tdederhoU wörtlich die Anaclets IL von 1134
XII 7 (^r. 9\ ohne natürlich den Gegenpapst jbu nennen.
Pie postnlatio uoluntatis.
Dat. Lateran, per manum Alberti sancte Romane ecclesie
presbyteri cardinalis et cancellarii, XVII. kal. iul., indictione XI%
0 0 0 0
incarnationis dominice anno M.C.LXXVIII, pontificatus uero domni
ALEXANDRI pape HI. anno XVlill.
B. dep.
Cardinale: Hubald von Ostia; Johannes von S. Griovanni c Paolo j
Boso von S. Pudensfiana , Petrus von S. Susanna , Vivian von S, Ste-
fano in Celio ; Incinthus von S, Maria in Cosmcdyn , Ardicio von
S. TeodorOf Cinthius von S. Adriano, Hugo von S. Angela, Rainer van
S. CHorgio in Vdabro.
22.
Alexander HL beauftragt den Erebischof von Trani und den
Bischof von Bisceglie sich über den Streit etcischen dein Bischof von
Conversano und dem Abt von S. Stefano eu Monopdli über Putignano
eu informiren und die Sache an die römische Kurie eu bringen.
1178 August 11.
Oitirt im Summarium von 1550 sub PP im Volume dei da-
cumenti per le memorie di Putignano bei G. Casuüi in Putignano:
et ultra praedictas litteras Alexandri III. extant aliae eins lit-
terae pro parte dicti domini rev. episcopi addactae in eodem pro-
cessa, in quibus dictus Alexander ad instantiam tone episcopi
Cnpersanensis eamdem deeretationem fecit, scilicet se nolle ex eins
confirmationibus factis abbati Palmerio de donatione facta per
Leonem episcopum Cupersanensem inrisdictionis episcopalis super
terra Putiniani praeiudicare dictae sedi episcopali Cupersanensi,
ideoque commisit supradictis archiepiscopo Tranensi et episcopo
Yigiliensi, quod informarent se de causa et processum transmitte-
rent ad ipsum Alexandrum in curia Romana, maxima quia ipse
episcopus Cnpersanensis allegabat, quod si bene donatio Leonis
tenuisset, contra illam episcopi Cupersanenses tarnen praescripserant,
semper possidendo ipsam iurisdictionem episcopalem et ex istis
litteris Alexandri, quae sunt sub datum 1178, 3. idus augasti,
apparet causam iam per praedictas litteras commissam cognosci
et terminari, quoniam committebantur cognosci et non determinarii
sed delegati transmitterent processum ad sedem apostolicam.
PapstarkundeQ in Apnlien. 285
33.
Clemens HL beauftragt den Prior von S. Nicola in Bari , den
Abi von S. Benedetto in Bari, dessen Vorgänger von dem Priester
Andreas von Matera fünf Vneen Gold geliehen hatte ^ eur Riichsah-
lung aneuhdlten.
Lateran 1188 November 23.
Orig. Bari Arckivio di S. Nicola Nr. 136.
Das Mandat ist eine Littera clausa, an der die Bulle mit
einer Hanf schnür befestigt ist. Auf dein Rücken die Adresse:
Priori sancti Nicolai de Baro pro And(rea) presbitero de Matera.
Clemens episcopus seruus seruoram dei. Dilecto filio . . priori
sancti Nicolai de Baro salutem et \ apostolicam benedictionem.
Significauit nobis And(reas) presbiter de Matera, quod, cum . .
bone memojrie abbati sancti Benedicti de Baro pro utilitate eins-
dem monasterii qninque auri un|cias mutuasset, sicut in ipsius et
capitoli predicti monasterii instrumento publice | continetur, | et
eo sublato de medio, ab abbate, qui nunc est, sibi reddere prescrip-
tas I auri uncias postulasset et ipse etiam ei iuramento prestito
concessisset eas reddere | termino constituto, tamen iam elapso
biennio nequaquam predictas uncias redjdidit, immo, sicut asserit,
eas se denegat redditurum. Mandamus itaque | tibi, quatinus pre-
dictum abbatem ad reddendas prescriptas uncias auri attentius |
moneas et, si opus fnerit, per censuram ecclesiasticam, sicut iustum
faerit, I appellatione remota, compellas. Dat. Laterani YIIQ.
kal. decemb. pontificatus nostri anno primo.
B.
34.
Clemens LH. nimmt die Kirche S. Maria in Bagnara unter dem
Daniel in den apostolischen SchutM.
Lateran 1188 Deeember 4.
Citirt in dem Ms. liisposta che per parte della Jlf* del lle
deüe due Sicilie si da alla metnaria trasmessa da S. Santitä
intomo alla R. chiesa della Bagnara f. 9' Brindisi Bibl. de Leo.
Snscepti regiminis soUicitndo.
Data nel Laterano a 4 di X^'*, indictione VII, nel medesimo
anno dell*incamazione (1188) e primo del suo pontificato.
Iffl. Om. L WIM. NMkriihtML P1ülolH'-Uit*r. KImm 1896. Btfl. 3. 20
286 P. Kehr,
35.
Clemens HL befiehlt dem Klerus von Putignano^ nachdem die
Kurie in dem Streit zwischen dem Bischof von Conversano und dem
Abt von S. Stefano eu Monqpoli gegen de^i letetern entschieden habe,
dem Bischof eu gehorchen^ und beauftragt den Erwählten von Bari
und den Bischof von Polignano, ihn in den Besitz von Putignano
einzuführen.
1189 Mai 1.
Citirt im Summarium von 1550 sub ER im Volume dei do-
cumenti per le memorie di Putignano bei G. Casulli in Putignano :
Et omnia praedicta magis in specie confirmando accedunt litterae
Clementis III. in ipso processu pro parte ipsius domini episcopi
presentatae directae ad clemm et clericos Patiniani, quia causa
ipsa ad curiam devoluta ut supra, dictus summas pontifex mandat
dicto dero, quod, cum episcopus Capersanensis traxerit in iadicium
abbatem sancti Stephani in curia et ipse abbas fuerit contumax,
de consilio fratrum fuit decretum, episcopum praedictum fore po-
nendum in possessionem iurisdictionis dicti castri Putiniani causa
rei servandae, et quod mandaverat electo Barensi et episcopo Po-
linianensi, ut episcopum Cupersanensem ducerent in possessionem;
mandabat ergo ipsis clericis, quod vellent dicto episcopo Cuper-
sanensi obedire, aliter incurrerent censuras, qnas fulminasset dictus
dominus episcopus. Sub datum anni secundi pontificatus ipsius, et
sie in anno 1191 (!), kal. maii.
36.
Clemens HL nimmt das Kloster Tutti i Santi in Cuti bei Bari
unter dem Abt Maraldus^^ nach detn Vorgange Cdlixts 11.^ Paschais IL^
Lucius H. und Alexanders HL in den apostolischen Schutz, bestätigt
ihm die Besitzungen und die von den Erzbischöfen ürsus und Elias
ihm verlieJienen und von Paschai IL bestätigten Freiheiten j und ver*
leiht ihm das Auf nahmerecht , die J\ahl des Bischofs für die bischöf'-
liehen Leistungen und das WcMrecJd.
Lateran 1190 Dezember 19.
Copie von 1708 im Ms, Bolle e privilegi riguardanti la chiesa e
convento di Tutti i santi Nr. 12 f. 26 Bari Archivio della cafieettaria
di S. Nicola (aus Atti processuali),
^^^^^^_— — — ^— •
a) Smaraldo.
Papstarkonden in Apnlien. 287
Vgl, J'L. 16542 nach dem Citat hei v. Pflugk-Harttung Her
p. 320 aus dem Inventarium s, Nicolai Barensis^ Cod. 3 G.23
p. 35 Neapel Bibl. Brancacciana (L c. p. 60). — Die im Teai
angeeogenenen Vorurkunden sind J-L. 6468, 7065. 8666. 11377.
Quotiens a nobis.
Datum Laterani per manus Moisi sancte Romane ecdesie
subdiaconi mcem^> agentis cancellarii, XIIII. kal. ianuarii, indic-
tione Dona, incamationis dominice anno M.CXC^, pontificatus nero
domni dementia pape lU. anno tertio.
Cardinäle: Älbinus^^ von Älbano, Ociavian von Ostia und VeHe-
tri; Pandulf von SS. Apostoli, Petrus von S. Piäro in Vincoli''^
Johannes vofi S. Pudentiana '\ Johannes Felix von S. Susanna^ Bufi-
nus von S> Prassede und Bischof vofi Bimini ; Jacinthus^ von S, Ma-
ria in Cosmedyn^ Guido^\ Johannes^ Gregor von S. Giorgio ^^ in Ve-
labrOf Nicolaus.
b) olce. c) Albanas. d) et Eudomie (staU titali Eudoxie). e) Pru-
dentiana. f) Jacobos (im Orig, stand wie getcohhlich Jac.). g) Ugon.
h) 9. Gregorii.
87.
Cdestin 111. nimmt die Kirche 5. Maria in Bagnara unter dan
Prior Raimund in den apostolischen Schutz.
Lateran 1192 Mai 6.
Citirt in dem Ms. Bisposta che per parte ddla M"* del Be dclle
due Sicilie si da alla memoria trasmessa da S. Santita intortw
alla B. chiesa della Bagnara f. U Brindisi Bibl. de Leo,
„I canonici della Bagnara impresero far rinovare de Celestino
la bolla sopra riferita di demente (Nr. 24), pertanto ne fece egli
loro una nnova o piü tosto gliene sottoscrisse nna simile o nn du-
plicato in data del Laterano a 6 di maggio, indictione X, anno
1192, pontificatus anno 2^.
Vgl. J'L. 16864 (gedr. von Pflugk-Uarttung Acta III 384
Nr. 448) vom gleichen Tage, wo aber der Prior Bainer heißt.
20*
288 ^' Kehr,
38.
Gelestin 111, leauftragt die Bischöfe von Polignano und Monopolij
den Bischof von Conversano in den Bestie der Jurisdiction über Pii-
tignano von Neuem einzuführen und die Kleriker von Ftäignano eum
Gehorsam gegen den Bischof anzuhalten.
1194.
Citirt im Summarium von 1550 sub SS im Volume dei docu--
menti per le memorie di Futignano bei G. Casulli in Putignano:
Causa igitur sie stante in curia, continuatum fuit iudicium, nam
apparent in processu litterae Celestini III. successoris dicti Cle-
mentis directae episcopis Polinianensi et Monopolitanensi, in quibus
asserit, abbatem sancti Stephani spoliasse episcopum Cupersanenscm
possessione iurisdictionis episcopalis terrae Putiniani sibi datae
per dementem suum praedecessorem ; et ideo mandat praedictis,
quod velint ipsum redueere in possessionem et quod ambo compa-
reant processuri in causa in dominica qua cantatur Laetare Hieru-
salem, mandando clericis Putiniani, ut morem gererent et pareant
episcopo Cupersanensi. Quae litterae expeditae sunt in anno tertio
sui pontificatus, et sie in anno domini 1194.
39.
Celestin III. beauftragt den Erebischof von Trani und den Bischof
von PolignanOy den Bischof von Conversano in den Besitz von Puti-
gnano zu setzen.
1195 Juni 5.
Citirt im Summarium von 1550 sub TT im Volume dei docu^
menti per le memorie di Putignano bei G. Casulli in Putignano :
Apparent etiam ex processatis aliae litterae Celestini III. pro
parte dicti episcopi presentatae directae archiepiscopo Tranensi et
episcopo Polinianensi, in quibus narrat sententiam Clementis supra
dicti et profert sententiam super possessorio in favorem episcopi
Cupersanensis, reservato iure super proprietate, mandando ipsis de-
legatis, quod ipsum episcopum inducant in possessionem, die 6. iunii,
anno pontificatus Celestini UI. quarto, et sie in anno domini 1196.
30.
Celestin III. befieldt dem Klerus von Putignano, dem Bischof von
Conversano GeJiorsam zu leisten.
1195 Juni 5.
Papstnrkttoden In Apulien. 289
Citirt im Summarium von 1550 sub VV im Volume dei docu-
menti per le vicimrie di Futignano hei G. Casulli in Putignano:
Ad maiorem validitatem supradictorum in eadem nostra curia
apparent praesentatae pro parte dicti domini episcopi literae dicti
Celestini tertii directae clero Putiniani, in quibus narrat senten-
tiam per eum latam super possessorio; ideo mandat ipsis clericis
obedire ipsi episcopo Cupersanensi. Quae litterae sunt sub eadem
data die 6. iunii, pontificatus eins anno IV, et sie in anno domini
1195.
31.
Celestin II L beauftragt den Erzhischof von Bari und den Bischof
von Polignanoj gegen den Abt von S» Stefano in MofiopoU wegen Ver-
letjsung der BecJUc des Bischofs von Convcrsano in Bezug auf Futi-
gnano einzuschreiten.
1196 März 14.
Citirt im Summarium von 1550 sub W im Volume dei docu»
menti per le memorie di Futignano bei G, Casulli in Futignano:
Ad idem in eadem curia nostra pro parte domini episcopi aliae
litterae dicti Celestini lU. praesentatae fuere directae archiepiscopo
Barensi et episcopo Polinianensii in quibus narrat, abbatem sancti
Stephani consecrasse archipresbyterum Putiniani et fecisse eum ab-
iurare suum episcopum Cupersanensem fecisseque ordinäre quosdam
clericos; mandat igitur praedictis delegatis, ut fulminent censuras
contra dictum abbatem et faciant obseruare sententiam ipsias Ce«
lestini et quod mittat clericos ordinatos suspensos ad curiam,
Quae litterae sunt sub datum sui pontificatus anno V, et sie in
anno domini 1196, die 14. mensis martii.
ABMerkiuf. ZaS. 251 (Monopoli) ist oachzntrageo, daB unterdessen Prof.
L. Pepe in der Rassegna Pugliese di scienze lettere ed arti XY Nr. 4 vom Juli
1898 einen Aufsatz veröffentlicht hat „Le pergamene dello archivio capitolare di
Monopoli*, in dem ausführlich über den Bestand des Archivs gehandelt wird.
Uier wird auch die Legende von dem angeblichen Original Bonifaz IV. von 611
IV 17 zerstört, die Nardelli (Monopoli manifesUta) zum Urheber hat und die
Mnsaio bei D'Avino Cenni p. 846 und Finamore gl&nbig wiederholt haben. Nach
Pepe Ist es in Wahrheit eine Bulle Bonifaz IX. von 1892.
Papsturkunden in den Abruzzen und am
Monte Gargano.
Bericht über die Reise der DDr. M. Elinkenborg und L. Schiaparelli.
Von
P. Kehr.
Vorgelegt in der Sitzung Tom 28. Juli 1898.
lieber die Archive der Abruzzen ist unsre bisherige Kennt-
niß nicht viel besser wie über die Apuliens. L. Bethmann ist
wohl gar nicht persönlich da gewesen. Was er im Archiv XII
535 zusammenstellt, beruht lediglich auf Auszügen aus den Wer-
ken Aelterer. Von den Jüngern hat E. Winkelmann wenig-
stens Chieti besucht, freilich ohne großen Erfolg (N. Archiv V 18).
Selbst v. Pflugk-Harttung verstummt hier völlig. Manche
wertvolle Notiz bietet aber wie für Apulien so auch für die Abruz-
zen H. W. Schulz Denkmäler Bd. II und D'Avino Cenni sto-
rici. Endlich sind auch hier G. Mazzatinti's neue Publicatio-
nen zu erwähnen. Uebrigens herrscht jetzt in den Abruzzen, be-
sonders in Aquila und Sulmona, ein reges auf die Sammlung und
Ausbeutung der historischen Denkmale des Landes gerichtetes
Streben. In Molise freilich und am Monte Gargano ist es um so
dunkler.
Man wird darum, hoffe ich, auch von diesem Bericht über die
Abruzzen und den Monte Gargano einigen Nutzen haben, so sehr
er auch der Nachsicht bedarf. Er beruht in der Hauptsache auf
den Materialien, die die Herren Dr. M. Klinkenborg und Dr.
L. Schiaparelli heimgebracht haben. Einiges, insbesondere
Abschriften aus dem Kapitelarchiv von S. Panfilo in Sulmona,
hatte in nicht genug zu rühmender Teilnahme an dem Fortgemg
Papstorküiideii in den Abruzzen nnd am Monte Gargano. 291
unserer Arbeiten Mons. Panl Maria Baumgarten in Rom uns
zur Verfügung gestellt.
AquUa.
Hier wo seit 1257 der Sitz des Bischofs von Furcone und Ami-
temum ist, war der Bischof so liebenswürdig, dem Dr. Klinkenborg
sogleich die geistlichen Archive zu öffnen. Aber die Ausbeute
konnte von vornherein nicht groß sein. Die häufigen und schwe-
ren Erdbeben von 1315 , 1461 , 1703 haben auch den Kirchen
schweren Schaden zugefügt. Doch ist auch neuerdings noch al-
lerlei verloren gegangen. So ist das wichtige Chartular des 13.
Jahrhunderts, das auch Antinori*s (Muratori Antiq. VI 488 sq.,
wo es als Catalogus pontificum Aquil. bezeichnet wird) und seiner
Vorganger Hauptquelle war und in dem von Papsturkunden
Alexander II. J-L. 4700, Alexander III. J-L. 13065 und Clemens
m. J-L. 16330 enthalten sind, jetzt im Archivio della Ruota in
Rom (vgl. Sickel Mon. Germ. Dipl. II S. 902 s. Furcone). Auch die
von Antinori und Coppola citirten Pergamene sind jetzt nicht mehr
vorhanden'). So versicherte wenigstens der Bischof: das Archi-
vio vescovile soll überhaupt nichts mehr besitzen, was über das
15. Jahrhundert hinaufginge. Besser steht es mit dem Archi-
vio capitolare, wo Can. Nanni den Führer machte. Hier
beginnen die Pergamene mit dem 13. Jahrhundert. Reich und
wohlgeordnet ist das Archivio comunale (vgl. den 1888 ge-
druckten Katalog Archivio antico del municipio). Von älteren
Papsturkunden ist indessen nichts vorhanden, auch nicht in den
wichtigen Codices der Convente von S. Bernardino und S. An-
gelo de Ocra. lieber die Biblioteca comunale (Prof. Enrico
Casti), in der sich übrigens keine Urkunden befinden, wird dem-
nächst ein Bericht bei Mazzatinti Invcntari erscheinen. Hierzu
kommen noch die wichtigen Manuscripte Antinorfs, vgl. £. Casti
Anton Ludovico Antinori. Aquila 1887'). Diese Mss. enthalten
1) Man mnS sich nicht darch De Sanctis Angaben bei D^Avino p. 22 irre
machen lassen: seine Arbeit ist lediglich ein Auszog ans Antinori (bei Mora-
tori Antiq. VI).
2) Schon bei Muratori Antiq. VI citirt Antinori mehrere Mss. als in seinem
Besitz befindlich (penes mc), in denen aach die Papsturknnden nach dem Char-
tular saec. XllI stehen, nämlich Johannes Josephus Alferius Aquilae sacrae hi"
Horia von 1694 und eines unbekannten Autors Furconium redivivum saec. XVII.
Das von Antinori 1. c. 497 citirte Ms. von CrispamonU Istoria deirorigine dtUa
292 P- Kehr,
zwar meist nur Citate von Urkunden, hie und da wohl auch aus-
führlichere Eegesten, aber sie sind doch wichtig, weil sie das ge-
samte lücalhistürische Wissen Antinori's repräsentiren. Insbeson-
dere kommen in Betracht seine Ännali degli Abruzzi (vgl. Casti
p. 81) und zwar vol. VI. VII. VIII. Hier werden citirt
vol. VI: Leo IX. 1051 VI 19. J-L. — . S. Anhang.
Leo IX. 1053 XII 21. J-L. 4306.
vol. VIII : Lucius in. 1183 HI 26. J-L. — ex cop. Guerrieri's
in arch. cathedr. Sulmon. (Copie in Sulmona Bibl.
Pansa). S. Anhang.
Lucius in. 1184 I 19. J-L. 14974 und 1184 I 21.
J-L. — ex arch. mon. S. Quirici mit X/i. kal. fcbr. *).
Lucius III. 1184 VI 10. J-L. — ex Sorrichio in ta-
bul. eccl. cathedr. S. Mariae Adriensis (Orig. und
Cop. in Atri). S. Anhang.
Außerdem wiederholt er hier (vol. VI. VII) die bereits bei
Muratori Antiq. VI 937 gedruckten Notizen über die im Jahre
1607 an den apostolischen Nuntius in Neapel gesandten älteren
Papsturkunden für das Kloster S. Maria di Bominaco , nämlich
Gregor VIL 1072 (statt 1082), Paschal II. 1116, Innocenz IL 1138.
Im zweiten Theil seiner Sammlungen (Gorografid) sind einige
IGüster behandelt. So S. Giovanni in Casanello (mit Lucius III.
1184 VI 10), die Badia di Bominaco, wo die Notizen über Gregor
VII. 1082 , Paschalis II. 1116 wiederholt und ein Citat über Ha-
drian IV. 1157 hinzugefügt vmd, die Badia di Casauria (aber nur
nach gedruckten Quellen), die Badia di S. Giovanni di Collimento
mit einer Notiz über eine angebliche Urkunde Innocenz II. von
1139 , in Wahrheit Innocenz III. oder IV. Auch die anderen
Theile (III: Iscrizioni und IV: Monwnenti^ aomini illustri e cose
varie) wie die Schriften seines Sekretärs Lodi {Storia della dio-
cesi di Aquüa 4 voll.) boten uns keine Ausbeute.
StUmana.
lieber die Archive von Sulmona vgl. Faraglia H codice Sul-
monese. Lanciano 1888 und Mazzatinti Gli archivi I 76. Dessen
ciUä di Äquüa (Crispus MoDtias Hist. orig. Aqail.) ist jetzt Nr. 1 der MsB. der
Biblioteca comunale.
1) Die erste (bekannte) Urkunde ist an den Bischof Odo von Penne gerichtet
(J-L. 14974), die zweite an den Abt Senebald von S. Qoirico de Interocro war
vom 21. Januar und ist unbekannt (e poi a 21 dello stesso mese all'abate).
Papstarkanden io den Abrazzeo und am Monte Gargano. 293
Angaben stammen von dem um die Grcscbicbte Solmonas sebr ver-
dienten Sindaco Giovanni Pansa, dem auch Dr. Klinkenborg für
viele Anfklärang und Unterstützung wie immer bereitwillige Füb-
rung zu Dank verpfliebtet ist.
Archivio della cattedrale (di S. Panfilo).
Vgl. 6. Celidonio L'arcbivio di S. Panfilo in Sulmona, Ras-
segna Abruzzese I (1897) und Faraglia's Urkundenbucb. Docb
hat dessen Publication das Arcbiv keineswegs ausgeseböpft. —
Das Arcbiv selbst bestebt aus drei Arcbivkörpern , einmal dem
der Kathedrale von S. Panfilo, dann dem des Bistums von Valva
und endlich dem des Klosters S. Spirito di Majella. Die beiden
ersten Komplexe sind durch den Canonicus Spada katalogisirt,
der dritte ist erst seitdem durch den Canonicus Pansa hinzuge-
kommen. — Doch ist leider nicht der ganze Bestand von S. Spi-
rito di Majella hier. Einiges findet sich im Archivio vescovile
zu Chieti (s. d.) und zersplittert im Privatbesitz zu Sulmona, An-
deres scheint ganz verloren, wie die von Zanotto ex originali in
archivio S. Spiritus mitgeteilte Urkunde Clemens III. 1888 X 25.
Auch das bischöfiiche Archiv hat noch in jüngerer Zeit
schwere Verluste erlitten. Es war ursprünglich in S. Pelino,
übt episcopcHis sedes habetur. Bei der Verlegung des Bischofsitzes
nach Sulmona blieb aber ein Theil der Urkunden in S. Pelino zu-
rück (s. S. Pelino), sie sind nun alle verschollen.
Originale:
Innocenz H. 1138 III 26. J-L. — . Ed. Faraglia I 43 Nr. 33
(Fase. 70 Nr. 1).
Anastasius IV. 11B3 VIH 8. J-L. — . Ed. Faraglia I 46
Nr. 35 (Fase. 69 Nr. 1).
Hadrian IV. (11B6) XH 19. J-L. — . Ed. FaragUa 1 47
Nr. 36 (Fase. 69 Nr. 2).
Hadrian IV. 1156 XH 20. J-L. — . (Fase. 70 Nr. 2). S.
Anhang.
Alexander IH. (1166—79) I 13. J-L. — • (Fase. 69 Nr. 3).
S. Anhang.
Alexander IH. (1169) VII 25. J-L. — . (Fase. 69 Nr. 4).
S. Anhang.
Urban IH. (1186—87) IV 27. J-L. — . (Fase. 69 Nr. 5).
S. Anhang,
aemens lU. 1188 IV 5. J-L. — . Ed. Faraglia I 52 Nr. 41,
(Fase. 70 Nr. 8).
294 P. Kehr,
Clemens III. (1188) IV 5. J-L. — . Ed. Faraglial 52 Nr. 41
als Insertum in der Urknnde Clemens III. vom gleichen
Tage, aber ohne Datum. (Fase. 69 Nr. 6)*).
Celestin III. 1196 X 18. J-L. — . Ed. FaragUa I 58 Nr. 43
(Fase. 67 Nr. 1).
Copien :
Nicolaus IL 1059 V 1. J-L. — . Copie saec. XV (Carta
bombagina Fase. 13). S. Anhang.
Hadrian IV. 1156 XII 20. J-L. — . Inserirt in Innocenz III.
1209 X 13 Orig. (Fase. 69 Nr. 7). S. Anhang.
Clemens III. (1188) IV 5. J-L. — . Inserirt in Clemens LH.
1188 IV 5. Orig. (Fase. 70 Nr. 3). S. Anhang.
Copialbücher etc.:
1. Prozeß zwischen dem Bischof von Valva und dem von Aquila
vom J. 1350, erhalten in zwei Copien saec. XIV. Hier sind
inserirt :
Paschalis H. 1112 HI 26. J-L. — . S. Anhang.
Innocenz H. 1138 IH 25. J-L. — . Ed. Faraglia I 43
Nr. 33.
2. Copien saec. XVII in einem Papierheft unbekannter Her-
kunft mit
Leo IX. 1053 XH 21. J-L. 4306.
Nicolaus IL 1059 V 1, J-L. — . S. Anhang.
3. Amico Phüippo Guerrieri , Canonicus und Archivar zu Sul-
mona (saec. XVIII) hat mehrere Hefte und Copien hinterlas-
sen, die von großem Werth sind, weil die Originale seitdem
verschollen sind:
Johann VITE. 876 J-L. 3046 aus Caraffa.
Leo IX. 1053 Xn 21. J-L. 4306 aus Orig.
Nicolaus II. 1059 V 1. J-L. — . Zwei Copien aus Orig.
S. Anhang.
Gregor VII. 1080 XII 12. J-L. 5190 aus dem Register.
Paschal U. 1112 in 26. J-L. -. S. Anhang.
1) Id diesem Faszikel fehlte im Augenblick Nr. 11, dessen Regest im Ka-
talog lautet: 1321 XII 26 Transsanto di donazione in favore del vescovo sadetto
del monistero di Sa. Maria e S. Peregrino di Bominaco e sentenze di piü pon-
tefici col mandato fatto all'abbate e fratri di detti monisteri intomo prestare
l'onore ed obedienza al TescoYO sndetto.
Papstnrknnden in den Abrnzzen nnd am Monte Gargano. 295
Biblioteca del Sindaco Dott. Avv. Pansa.
Unter den Kennern der Greschichte der Abrnzzen nimmt Herr
Giovanni Pansa einen hervorragenden Platz ein. Insbesondere hat
er sich bemüht von den zerstreuten Schätzen der üeberlieferong
SoLoionas das noch Erhaltene zu retten. So haben seine Samm-
lungen für die Geschichte seiner Heimath die größte Bedeutung.
Ein Theil des Nachlasses von Guerrieri, ein wichtiges Manuscript
von Zanotto, andere historische Aufzeichnungen befinden sich hier.
Wir sind Herrn Pansa zu großem Danke verpflichtet, daß er un-
serm Mitarbeiter all dieses zugänglich machte.
1. Cartolario dei documenü prodotti dcü Sig. Abhate regio Carac-
doli nee non dei documenti si producono dalVuniversitä e dero di
Pacentro Ms. saec. XYIII mit den Kaiser- und Papsturkunden
für Casauria und
f. 17 Lucius in. 1183 IH 26. J-L. — . S. Anhang.
f. 21 Clemens HI. (1188) IV 5. J-L. — . Inserirt in die
Urkunde Honorius IH. 1223 UI 16.
Desselben Inhaltes sind die Memorie su le antichitä di Pacentro
avute da diversi aniiquarii, Ms. von 1781. Im gleichen Sammel-
band: Difesa della umversitä di Pacentro e clero di esso coniro
alle pretenscioni di Francesco Caracciolo abbate della badia di S,
demente di Casauria 1780.
2. Lodovico Zanotto di Ccsena^ abbas congregationis Coelestinae^ Di-
gestum scriplurarum Coelestinae congregationis iuxta tcniporum sc-
ricm colleciarum, Ms. von 1643 in 5 Bänden, ein sechster ist ver-
loren, vgl. Celidonio L'archivio di S. Panfilo in Sulmona S. 9
Anm. 3.
vol. I f. 48 Clemens m. 1188 XI 21. J-L. — . Für den
Propst Walther von S. Benedetto di PeriUo ex
cop. in arch. mon. CoUimadii de Aquila. S.
Anhang.
f. 48 Clemens HI. 1188 X 25. J-L. — . Für das
Kloster S. Pietro de Valle bona ex orig. in
arch. 8. Spiritus de Sulmona. S. Anhang.
f. 51 Celestin IIL 1195 V 8. J-L. f 17240.
Das Archivio comunale ist für die Stadtgeschichte sehr
wichtig, hat aber für unsere besonderen Zwecke nichts. Sehr reich
ist auch das Archivio della Pia casa della ss. Annun-
ziata, vgl. Pansa o Piccirilli Elenco cronologico delle perga-
296 P. Kehr,
mene e carte bambagine pertinenti all' archivio della Pia casa
della SS. Annanziata di Sulmona. Lanciano 1891, aber altere
Papsturkunden besitzt es nicht. Hierüber und über das Schick-
sal des Archivs von S. Spirito del Morrone wie über die an-
dern Sammlungen gibt nähere Auskunft Mazzatinti Grli archivi 1.
c. und über die andern Bibliotheken Sulmonas Mazzatinti Inven-
tari VI 45.
San JPeli/no.
Dies war der ursprüngliche Sitz der Bischöfe von Valva auf der
Stätte des alten Corfinium. Wie schon berührt, kam das Archiv nach
Sulmona, aber Einiges blieb zurück. Noch heute ist in S. Pelino
ein kleines Archivio capitolare vorhanden, das mit einer
Pergamenturkunde des 12. Jahrhunderts anhebt. Außerdem ist
jetzt noch ein Registro delle pergamene delVarchimo di S. Pdino
von Guerrieri da, das also beginnt
Nr. 1 Prima pergamena dell' invenzione di S. Pelino *).
Nr. 2 Bolla di Pasquale 11. 1113.
Nr. 3 Bolla di Alessandro IH. 1172.
Nr. 4 Bolla di Onorio IH. 1223.
Sie alle sind jetzt verschollen. Paschais II. Bulle von 1112
III 26 haben wir zwar noch in jungem Copien in Sulmona; da-
gegen haben wir von der Alexanders HI. keine Spur gefunden.
Vielleicht waren damals auch die Originale von Leo IX. und Ni-
colaus n. noch vorhanden, die Gruerrieri benutzt hat. Auch ein
Eugen m. wird in den jungem Papsturkunden citirt.
Hierzu kommt noch das Ms. Miscellanea di Corsignano , Ms.
Chart, saec. XVII in 3 Bänden. Im Libro I steht ein Summa-
rium von
Lucius m. 1183 m 26. J-L. -. S. Anhang.
Peseina.
in dem alten Sitz des Bistums von Marsi fand Dr. Klinken-
borg die freundlichste Aufnahme bei dem Cav. Avv. Sclochi.
Er besuchte zunächst das Archivio capitolare, dessen Per-
gamene mit 1148 beginnen. Aber für uns kommt nur in Betracht
das Ms. Notammto della cütä e terre ddla diocese de Marsi can
1) Vielleicht der jetzt in der Bibl. Vaticana befindliche Codex (D'Avino Genni
p. 786).
Papstarkandeii in den Abrozzen and am Monte Gargano. 297
copie di holle di Unionen canfini e iranslatione di sommi pontefici
am Vaggregaiione di beneficii al Seminario di Mons. vescavo de
Marsi Maiieo Collie Ms. chart. saec. XYII :
f. 1 Stephan IX. 1057 XII 9. J-L. 4377
f. 2 Paschal H. 1114 H 25. J-L. 6371.
Das Archivio vescovile dei Marsi (Cancelliere Colan-
thonio) ist zersplittert. Ottos I. Diplom DO I 263 ist jetzt im
Archiv des bischöflichen Generalvicariats in Paderborn; die noch
von Fhoebonios and Ughelli benutzten Originale Stephans IX. und
Paschals 11. sind verschollen; ein Original von Lucius III. 1184
VI 12. ist im Vaticanischen Archiv (Arm. IX c. 1 nr. 42), ed.
von E, Celani im Archivio stör. Napolitan. XVIII 74 mit schönem
Facsimüe; die Urkunde aemens ni. 1188 V 31. J-L. 16265 hat
A. di Pietro Agglomerazioni delle populazioni attuali della dio-
cesi dei Marsi (Avezzano 1869) I 311 publizirt. Vieles soll sich
jetzt in Monte Cassino befinden. Doch enthält das bischöfliche Ar-
chiv noch immer viele Pergameue der aufgehobenen Klöster, ins-
besondere der von Celano und Pescina. Es beginnt jetzt mit
einer Urkunde Innocenz III. von 1210 mit inserirtem Mandat
Alexanders III. an die Bischöfe Benedict von Marsi und Johann
von Segni, ohne Datum (cit. bei A di Pietro).
Yen hier aus besuchte Dr. Schiaparelli Celano und Avezzano,
Dr. Klinkenborg Isernia und Venafro.
In Celano ward Dr. Schiaparelli von dem Can. Giovanni Bar-
bat i dahin unterrichtet, daß die älteren und wichtigern Documente
des Kapitels im Jahre 1867 von dem Can. Paoletti an sich ge-
nommen worden und seitdem verschollen sind. Ein eigentliches
Kapitelarchiv existirt jetzt nicht mehr. Auch das Stadtarchiv
hat keine Pergamenturkunden.
Auch in Aveaano ist das Kapitel aufgehoben und das Archiv
nach Kom gekommen. Es begann mit 1254. Das Archivio
dei Comune hat nur ein par Pergamene aus der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhunderts. Die Biblioteca comunale, einst
reich an Handschriften, die aus den aufgehobenen Klöstern stanun-
ten, hat jetzt nichts mehr von Bedeutung.
In iMnüfti aus dessen Archiv der Papyrus Johannes XVIIL
J-L. 3942, jetzt in der Biblioteca civica zu Bergamo, stammt, fand
Dr. Klinkenborg nur noch Reste des alten Archivio capito-
lare. Es beginnt jetzt mit 1U32 (wahrscheinlich der von Ughelli
298 P- Kehr,
VI 394 gedruckten Urkunde des Erzbischof Adenulf von Capua).
Auch Urkunden des Klosters S. Maria di Isernia sind hier. Das
Archivio vescovile wurde 1860 von den Garibaldianem ver-
brannt. Wahrscheinlich sind damals die Urkunden zu Grunde ge-
gangen, die G. Sannicola bei D'Avino Cenni p. 276 ff. citirt, vor
allem die BuUe Lucius III. 1183 III 20. J-L. 14860. Das Ar-
chivio comunale hat nur einen mit den Anjou beginnenden
Liber privilegiorum. Das Archivio notarile beginnt mit
1B95, das Archivio di S. Maria und das Registro uffi-
ciale sollen nichts haben.
In Venafro gab der sehr entgegenkommende Generalvikar Mons.
Vitale Herrn Dr. Klinkenborg alle nöthigen Aufschlüsse. Das
Archivio capitolare sei neuerdings durch Brand zerstört,
aus dem nur einige für uns nicht in Betracht kommende Codices
gerettet seien. Das Archivio vescovile sei nach der Verei-
nigung von Venafro mit Isernia nach dem letztern Ort gebracht,
hier aber 1860 mit dem bischöflichen Archiv von Isernia ver-
brannt worden. Uebrigens befindet sich die einzige Bulle für Ve-
nafro, Alexander IH. 1172 XH 20. J-L. 12171 in Monte Cassino
(D'Avino Cenni p. 277).
Wir wenden uns zu der Adriaseite. Hier fand Dr. Schiapa-
relli in Loreto Apratino die beste Aufnahme bei Herrn Gaetano
Panbianco, der ihn zunächst bei dem liebenswürdigen Abt D.
Luigi di Vestea einführte, unter dessen Aufsicht das Archi-
vio del Capitolo steht. Dies besitzt noch zahlreiche Urkun-
den, die aber in sehr üblem Zustande sind und wie es scheint
nicht über das 13. Jahrhundert hinaufgehen. Auch das Archi-
vio del Comune hat nichts Altes, es besitzt nur etwa 10 Per-
gamenturkunden des 15. Jahrhunderts. Dagegen sind nicht unwich-
tig die Sammlungen des Cav. Antonio Casamarte di Campotino,
der, einer der besten Kenner der Geschichte der Abruzzen, viele
Urkunden and Mss. zusammengebracht hat. Wir sind dem treff-
lichen Herrn, der unserm Sendboten mit der größten Liebens-
würdigkeit seine Sammlungen öffnete , zu großem Danke ver-
pflichtet. Die Urkunden indessen gehen nicht über das 14. Jahrh.
hinauf. Wichtig war für unsere Zwecke ein Ms. saec. XVIII mit
Abschriften von Urkunden für Penne von dem Notar Domenico
Antonio Blasiotti: es sind die 7 noch jetzt in Originalen erhaltenen
Papstbullen des Eapitelarchivs von Penne.
Papstnrkiinden in den Abrnuen and am Monte Gargano. 299
Femer das Ms. La Fenice Vestina owero Tantica e modema
cUtä di Penne, parte 11, Ms. von 1848 nach dem Original von 1701
mit Nicolaus EL. 1059 V 2. J-L. 4402 und den Kaiserurkunden.
Endlich moderne Copien des Chronicon Casauriense, der Chronik
von S. Bartolomeo di Carpineto u. a.
lieber Teramo, das alte Interamnium, den Sitz des episcopus
Aprutinus, vgl. Francesco Savini Grli archivii Teramani e il loro
contenuto (Teramo 1895), woraus sich bereits ergibt, daß die alten
Bestände verloren sind, darunter die von TJghelli I. viel beutzten
Codices und die BuUe Anastasius IV. 1163 XI 27. J-L. 9769.
Das Archivio capitolare, wo der Prof. Can. Giacinto Pan-
nella Dr. Schiaparelli führte, hat nur noch wenige, aber ungeord-
nete Pergamene, die nicht älter sind als das 14. Jahrhundert. Auch
der Liber episcopcUus, das Chartular der Kirche von Teramo, ist
verloren. Dagegen ist noch ein BoUario da, dessen Inhalt mit dem
Ausgang des 13. Jahrh. beginnt. Unbedeutend und in voller Un-
ordnung ist auch das Archivio della curia vescovile mit
Pergamenturkunden seit dem 16. Jahrhundert und einem mit 1554
beginnenden Registrum primum bullarum. Das Archivio pro-
vinciale hat eine Sammlung von Pergamenturkunden, deren äl-
testes Document von 1285 ist. Das Archivio del Comune
beginnt mit 1221. Bedeutender sind die Sammlungen im Archi-
vio della casa Savini, dessen Inhaber Cav. Savini dem Dr.
Klinkenborg in der gefälligsten Weise entgegenkam. Er besitzt
eine Sammlung von Pergamenturkunden aus dem Kloster S.
Giovanni in Teramo von 1234 ab und eine große Zahl von
Manuscripten. Unter diesen notiren wir das Ms. Kat. 1. Nr. 2,
eine Beschreibung der Abruzzen enthaltend, in dem die Urkunden
für S. Giovanni in Yenere abgeschrieben ^) und eine Urkunde Ale-
xanders HI. von 1176, offenbar J-L. 12714 (UgheUi VI 709) leider
nur citirt wird, und das Ms. Kat. IV Nr. 31 : Registro de scritture
antiehe notahilli de monasteri mit Copien verschiedener Kaiserur-
kunden'). Endlich wurde noch besucht die Biblioteca del
Liceo, wo sich eine stattliche Serie von Pergamenturkunden befin-
det, darunter solche der Cölestiner von Corropoli, von S. Giovanni
in Teramo u. A., von 1011 ab. Auch das Autograph von Palma
und andre Mss., die für die Geschichte der Abruzzen wichtig sind,
befinden sich hier. Leider scheint indessen die reiche Ueberliefe-
1) f. 186 Heinrich III. St 2324 ; f. 149 Heinrich VI. St 4933.
2) f. i Heinrich VI. St 4920; f. ^ Friedrich II. BF. 594; f. 4' Heinrich
\l St 4826 ? ; f. 13 Heinrich VI. St. 4982» (Dai. Uscul. hol. maii).
300 P. Kehr,
rang des Elosters S. Giovanni in Venere in der Hauptsache ver-
loren zu sein. Alexander HI. J-L. 12714 und Innocenz HI.
(Ughelli VI 715) citiren als Vorurkunden Leo IX., Victor IE., Ni-
colaus n. und Urban 11. Wir haben sie vergeblich gesucht.
JPenne.
Dr. Schiaparelli dankt dem Prof. D. Giovanni de Caesaris,
der ihm den Zutritt zu den verschiedenen Archiven ebnete.
Archivio capitolare.
Originale ^) :
Innocenz Tl. 1140 X 27. J-L. 8103.
Eugen m. 1150 XII 15. J-L. 9423. S. Anhang.
Anastasius IV. 1153 IX 22. J-L. 9746. S. Anhang.
Alexander UI. 1178 IH 23. J-L. — . S. Anhang.
Lucius in. 1182 V 21. J-L. 14656 zu VI 1. S. Anhang.
Clemens IH. 1189 X 6. J-L. 16445 zu X 15. S. Anhang.
Celestin UI. 1195 H 11. J-L. 17190 mit inser. Lucius m.
1184 I 19. J-L. 14974. S. Anhang.
Copien :
Lucius m. 1184 I 19. J-L. 14974 inserirt in Celestin lU.
J-L. 17190 Orig. und in Innocenz HI. 1198 IH 17. Cop.
von 1469.
Archivio della cancellaria vescovile.
Die zahlreichen Pergamenturkunden gehen nicht hoch hinauf;
die beiden ältesten Urkunden sind von 1121, aber in Copie, und
von 1194. Für uns enthält das Archiv nichts.
Archivio del Comune.
Die nicht zahlreichen Urkunden, darunter Diplome der Ara-
gon, gehen nicht über die Mitte des 13. Jahrhunderts hinauf.
Dagegen ist wichtig das Ms. des Salconio: Frivüegicrufn immuni-
taium concessumumque pontificum quam etiam dominorum imperatorutn
1) An Kaiserorkunden in Originalen sind hier Otto I. DO. 867 (von Sickel
nach Ughelli edirt), Heinrich VI. Stampf Reg. Nr. 4916 (Orig. nnd Cop. 8. Xm),
Friedrich II. BF. 1888, BF. 1070 (mit Goldbulle) Orig. and Cop. 8. XIV, BF.
1840, Konrad IV. BF. 4698 Orig. and Copie von 1888.
PapBturknnden in den Abnunn und am Honte Oarguo. 301
regum reginarum dliorumque prindpum tarn cathedraH erclesiae quam
unioersitaii Pennensis civitcUis concessorum recoUeria . . ex Nicolai lo-
annis Sdleonii eiusdem civitatis Petinensis derlei labore, Ms. chart.
saec. XVI ').
f. 14 Nicolans IL 1059 V 2. J-L. 4402.
25 Innocenz II. 1140 X 27. J-L. 8103.
26' Eugen HI. 1150 XII 15. J-L. 9423. S. Anhang.
28 Anastasius IV. 1158 IX 22. J-L. 9746. S. Anhang.
30 Alexander III. 1178 UI 23. J-L. — . S. Anhang.
32 Ladas III. 1182 V 21. J-L. 14656 zu VI 1. S. Anhang.
35 Lucius III. 1184 I 19. J-L. 14974.
37 Hemens III. 1189 X 6. J-L. 16445 zu X 15. S. Anhang.
39' Colestin IH. 1195 II 11 J-L. 17190 mit inser. Lucius UI.
1184 I 19. J-L. 14974. S. Anhang.
44' Celestin IIL 1195 VII 31. J-L. 17272.
46 Innocenz III. 1198 III 17 mit inser. Lucius IIL J-L. 14974.
52 (Jclestin IIL 1196 XI 30. J-L. 17450.
114' Celestin IH. 1194 III 28. J-L. — . S. Anhang.
116 Celestin IH. 1194 IX 28. J-L. 17146 citirt.
115 Celestin III. 1194 IX 28. J-L. 17147.
119 Paschal U. 1116 XII 2. J-L. 6532.
121 Innocenz IL 1138 lU 25. J-L. 7880.
121 Eugen IH. 1149 V 16. J-L. — citirt. S. Anhang.
122 Lucius III. 1182. J-L. — citirt. S. Anhang.
123 Urban UL 1187 I 19. J-L. 15929.
123' Celestin III. 1191 VIII 29. J-L. 16747.
Ohne jedes Ergebnis besuchte Dr. Schiaparelli Paseara. Das
einzige geistliche Archiv ist das Archivio parrochiale, das
keine historischen Materialien enthalten solL Das Archivio
comunale ist 18()8 verbrannt. Ganz verloren ist bekanntlich
auch die reiche Ueberlieferung des alten Klosters Casauria im
PescaraHuB, von der wir nur durch die Chronik des Klosters (Cod.
in Paris) wissen. Ebenso haben von dem Archiv von S. Libera-
tore and von S. Salvatore am Monte Majella und von
1) An KaiMrarknnden stehen hier f. 13 Otto I. DO. 857, f. 16 Lothnr Mahl-
bacher Reg. lOSU, L 16 Heinrich VI. Stumpf Reg. Nr. 4916, f. 19 Stumpf Reg.
Nr. 4931, f. 19' Constante 11971V, f. 20 Friedrich II. DF. 1070. t 21' BF. 1840,
f. 23 Karl der Grole(?) MoUbacher Reg. — , f. 58 Ueiurich VI. St 4931«, f. 114
St ton ?. f. 170' Konrad IV. BF. 4hOd.
I(L 0«. 4. W. ltMkri«ht«L rUIoUf-kMw. KImm 1818. B«n 1. 21
302 P. Kehr,
S. Maria d'Arbona sich keine Reste an Ort nnd Stelle er-
halten^). Der Erzbischof von Chieti G. M. Saggese citirt bei
D'Avino p. 209 noch mehrere Papsturkunden für diese Klöster,
die wir vergeblich gesucht haben, so Paschal IL 1112 für S. Mar-
tino in Valle, Alexander IL, Eugen in., Hadrian IV., Ale-
xander IIL für S. Salvatore di Monte Majella.
In Chieti, dem alten Teate, stellte Dr. Klinkenborg fest, daß
das Archivio capitolare, zu dem E. Winkelmann seiner Zeit
vergeblich Zutritt zu erhalten suchte , nur s^hr wenige Perga-
mene enthält. Das älteste ist von 1095, das zweite ist das Ori-
ginal von
Alexander IIL 1173 IX 28. J-L. 12238 ').
Kaiserurkunden sind nicht da. Die Urkunden der aufgehobenen
Klöster, von denen Winkelmann N. Archiv V 18 berichtet, sind
vielmehr im Archivio della curia arcivesco vile, aber
ohne Katalog, ohne Ordnung, in zwei großen Kisten aufgehäuft.
Sie stammen aus den Klöstern von Chieti, Pescara und Umgegend,
aus S. Spirito di Majella bei Sulmona u. a. und reichen bis in
den Anfang des 11. Jahrhunderts zurück. Doch sind weder Kaiser-
urkunden darunter noch ältere Papsturkunden, von denen die äl-
teste erst Honorius III. angehört. Das viele Bände umfassende
Bullarium beginnt mit 1569. Das Archivioprovinciale ist ein
modernes Verwaltungsarchiv, in dessen Aktenbestände immerhin
sich auch ältere Urkunden verirrt haben mögen. Das Archivio
comunale war zur Zeit unzugänglich, doch beginnt es nach Ra-
vizza, Epitome di pergamene e scritture antiche nelFarchivio della
cittä di Chieti (Chieti 1823) erst mit 1299. Vgl. auch Ctsare de
Laurentiis, Pergamene e scritture antiche deU'archivio municipale
di Chieti (Rassegna Abruzzese I 1897). Hier wird auch über die
Arbeiten von Nicolo Toppi gehandelt, dessen Mss. sich jetzt im
Staatsarchiv zu Neapel befinden. Er hat 1640 noch Documente
aus dem Archiv copirt, die jetzt verloren sind, als das älteste
Heinrichs VI. Urkunde von 1195, Stumpf Reg. 4930. Das Ar-
1) Die Urkooden der Klöster dieses Gebietes scheinen alle verschleudert zu
sein. So besitzt Herr Ubaldo Pasqni in Arezzo das Orig. von Leo IX. J-L. 4277
= 4298a für S. Stefano und eine Copie s.XIIL von Friedrich IL 1223 I. Foggia
für S. Maria di Arbona.
2) Die ältesten Papsturkunden ftlr Chieti (Nicolaus IL J-L. 4408 und Taschal
IL J-L. 6461) kennen wir nur aus den Transsumten im Archivio capitolare di
S. Pietro in Rom (vgl. UghelH VI. und J. v. Pflugk-Uarttung Iter p. 81). Ughelli
VI 707 druckt wohl irrig den Alexander III. J-L. 12238 ex authentico archivii
Yaticanae basiücaa. Von dem hier citirten Eugen IIL ist keine Spur vorbanden.
Papsturkunden in den Abroxzen and am Monte Qargano. 303
chivio notarile, von saec. XVI ab, ist ohne Bedeutung. Der
CommendatoreC. de Lauren tiis, dem Dr. Klinkenborg vielfach
verpflichtet ist, machte ihn endlich noch aufmerksam auf die Schrift
Difvsa a favore dd capitolo della rathedrcUe di Ckicti .... dal capitolo
di Clddi. Napoli 15 V 1776, wo p. XIV eine undatirte Urkunde
Urbans II. für Chieti erwähnt wird ex archivio della zecca, die
offenbar identisch ist mit dem bei Ughelli I 702 gedruckten Frag-
ment. Aber in Neapel ist sie nicht gefunden.
Atri besuchte Dr. Klinkenborg. Das Archivio capitolare
(Can. Melchiorre) hat Handschriften, vgl. Giuseppe Jorio, Scorsa
nell* Archivio capitolare diAtri, ^Iss. cd iucunabuli in der llivista
Abrnzzese 1894 Fase. 8. 9, und Urkunden, viele aus dem Kloster
Casanello, darutner
Lucius IIL 1184 VI 10. J-L. — . Orig. und Copie. S. Anhang.
Das Archivio della curia vescovile soll nur Verwal-
tungsakten besitzen. JiingiTn Datums sind auch die Urkunden des
Archivio comunale, sie beginnen mit Bul len Innocenz* I V. und
Alexanders IV. Von Bibliotheken kommen in Betracht die B i-
blioteca comunale, die ans der Bibliothek der Kapuziner in
Atri gebildet ist, aber keine Handschriften besitzen soll, und die
Biblioteca della casa di Sorrichio, die aber leider we-
gen Krankheit des Besitzers nicht zugänglich war. Hier ist eine
bandschriftliche Geschieh te von Atri aus dem vorigen «Jahrhundert
von Niccolo tiorrichio, in der nach Antinori Annali degli Abruzzi
Vlll (s. Aquila) eine Copie von Lucius' 111. eben angeführter Ur-
kunde sein soll.
In Ortona a msre fand Dr. Schiaparelli an Prof. Giovanni Bo-
nanni einen getälligen Führer. £r stellte fest, daß das Archi-
vio capitolare eine schöne wohlerhaltene Sammlung von Per-
gamenturkunden besitzt, die mit 1259 beginnt ; die älteste Bulle ist
aber erst von Sixtus IV. von 1479. Das Archivio della curia
vescovile fangt erst mit dem 16. Jahrhundert an, das Archi-
vio comunale, das durch schwere Brände gelitten hat, erst mit
1496 (Urkunde Friedrichs III). Auch das hier bewahrte Heft Co-
pie di antichi docunwnti della citlä di Ortona bietet nur jüngere Ur-
kunden von 1467 ab. Kleine Archive besitzen noch das Cister-
zienserinnenkloster S. Caterina, dessen Urkunden Schiaparelli
bei dem Can. Luigi Venieri sah — es ist eine kleine Sanmüung
von saec XVI ab — , und die ehemalige Kollegiatkirche 8. Mar-
gherita Vetera del Suffragio, ebenfalls mit einigen Ur-
kunden des 16. Jahrhunderts.
21*
304 ^' Kohr,
In Lanciano, Bistam seit 1615, Erzbistum seit 1562, unter-
suchte Dr. Scbiaparelli zunächst das Archivio capitolare,
dessen Urkunden, jetzt in größter Unordnung, mit 1282 beginnen.
Aelteste Papsturkunde ist Bonifaz Vin. 1302 III 30. Wichtig ist
ein hier bewahrtes Ms. des vorigen Jahrhunderts unter dem Titel
Libro di memorie intorno a varie materie ecclestiasiiche e poiitiche ap-
partenenti cUla cittä e diocesi di Lanciano ed altri luoghi del circan-
dariOf raccolte dal fu D. Antonio Aniinori mit zahlreichen Notizen
und Auszügen aus den von Antinori benutzten Archiven, nämlich
dem erzbischöflichen Archiv, dem Kapitelarchiv, den Archiven von
S. Maria Maggiore, des Franziskaner - Convents, der Brüderschaft
S. Mariae, dem Archiv der Barone Giuliani, das jetzt verschollen,
aber mit einer Urkunde von 1061 IV 11 begann, den Archiven von
S. Maria Nuova, der Klöster Francavilla, Frisa (Urkunden von
1036 und 1049) und Tremiti (Urkunde Alexanders IV. 1256 IR 1).
üeich ist auch das Archivio di S. Maria Maggiore,
dessen Urkundenvorrath mit 1269 anhebt. Aelteste Bulle ist Boni-
faz VIII. 1302 III 30. Dagegen kommt das Archivio de IIa
curia vescovile erst von 1485 ab in Betracht; im Bullarium
ist die erste Urkunde von 1620.
Das Archivio comunale hat durch den großen Brand
von 1799 seine Urkunden verloren. Es sind noch da ein Libro
di Concili 1653 und geschichtliche Aufzeichnungen mit Abschriften
der städtischen Urkunden seit dem 15. Jahrhundert.
Das für die Geschichte der Stadt wichtigste Material befindet
sich jetzt in der Biblioteca comunale beim Gymnasium,
dessen gegenwärtiger Director die wenigen Manuscripte zusammen-
gebracht hat. Es kommen in Betracht
Uomobuono delle Bocacche Sioria di Ixinciano^ 14 voll, mit
Noten und Documenten, Ms. saec. XVIII.
Jficabi Fella In Urbis At^ianensis chronologiam ^ Ms. saec.
xvn.
Antonio Maranca Istoria filosofica e morale della ciitä di Lan-
ciano metropolis de popoli Frentani^ Ms. von 1874 aus
den Sammlungen von Antonio Antinori, Giacomo Fella,
Pietro Pollidori. Ihre Durchsicht ergab eine beschei»
dene Ausbeute für die Diplomata, aber nichts für die
Papsturkunden *).
In Tasto, vgl. Luigi Anelli, Ricordi di storia Vastese (Vasto
1896), ist Dr. Scbiaparelli dem Prof. Luigi Anelli und dem Erz-
1) N&mlich in der Sammlung des Bocacche eine Abschrift Yon Friedrich II,
1212 iV. und ein CiUt Yon Manfred 1269 lY 1.
Papstarknnden in den Abruzsen and am Monte Gargano. 306
priester Mons. Giuseppe Marchesani za Dank verpflichtet.
Nach deren Versicherungen hat weder das Archivio capito-
lare, das 1808 aufgehoben wurde, noch das Pfarrarehiv von S.
Giuseppe ältere Materialien. Auch das Archivio della cu-
ria vescovile hat keine Pergamenturkunden, aber viele Papier-
copien verschiedener Herkunft und z. Th. hoch hinaufgehend. Doch
fand Dr. Schiaparelli darunter weder Diplome noch Bullen. Das
durch den Brand von 1799 schwer geschädigte Archivio co-
munale beginnt mit 1389 VII 17.
Das historische Material von Vasto befindet sich jetzt größten-
teils im Gabinetto archeologico und zwar in der Section
Documenti patrii. Doch besitzt es nichts für uns. Auch die
historiographischen Manuscripte von Bcncdetto Betti Sioria di Vasto
und desselben Sioria ed annali di Vasfo, von Älfonso Viii Me^voric
dcllc antichitä di Vasto ^ von Giannelli JUemorie della citlä e diocesi
di Termoli boten uns keine Ausbeute.
Wir folgen unserm Führer auch in die Grafschaft Moli sc,
obwohl deren Besuch die Schwierigkeiten, die zu überwinden wa-
ren, wenig lohnte.
Ohne alles Ergebniß besuchte Dr. Schiaparelli Termoli. Das
Archivio capitolare hat so gut wie nichts und beginnt erst
mit dem 16. Jahrhundert. Das Archivio della curia vesco-
vile besitzt nach der Aussage des Bischofs nur moderne Verwal-
tungsakten. Das Archivio comunale ist erst aus diesem Jahr-
hundert. Auch in Gaardialfiera soll nach Aussage des Bischofs
nichts Altes vorhanden sein.
In Larino fand Dr. Schiaparelli freundliche Aufnahme bei dem
Erzpriester an der Kathedrale Can. D. Pasquale Ricci. Das
Archivio capitolare scheint einst reicher gewesen zu sein.
Wenigstens publizirt Alberto Magliano in dem von ihm herausge-
gebenen Werke seines Großvaters Giandomcnico Magliano Consi-
derazioni storiche sulla citta di Larino (Campobasso 1895) eine
Urkunde von 976 , deren Original im Eapitelarchiv gewesen sein
soll. Ist dies richtig, so hat das Archiv noch in jüngerer Zeit
Verluste erlitten, da jetzt das älteste Stück eine Urkunde von
1297 ist. Nach dem noch vorhandenen luventario delle scrittnrc
delVardiivio dd cajütolo von 1748 war damals das älteste Docn-
ment eine bischöfliche Urkunde von 1043 oder 1143 für den Abt
von Casamario, aber jetzt ist auch dieses nicht mehr vorhanden.
Nach der Lokaltradition von Lanciano sollen wichtige Urkunden
306 P. Kehr,
in diesem Jahrhundert verkauft oder zerstört worden sein, Ande-
res soll sich im Besitz der Familie Levante befinden.
Das Archivio della curia vescovile ist dürftig. Das
älteste Document ist das Original von
Lucius m. 1182 n 27. J-L. 14596.
Das Archivio comunale beginnt mit 1742. Von den Bi-
bliotheken haben weder die des Seminariovescovile noch die
Biblioteca comunale Manuscripte.
In Trivento öffnete die Güte des Bischofs Mons. Carlo Pietro-
paoli unserm Mitarbeiter sogleich die Archive. Das Archivio
capitolare ist nicht übel, aber jung; es beginnt erst mit dem
16. Jahrhundert. Im Archivio della curia vescovile ist
der schöne und reiche Urkundenvorrath des Klosters S. Maria de
Maiella di Agnone untergebracht, vom 13. Jahrhundert ab, ohne
Bullen und Diplome, und daneben viele Abschriften, die sich auf
die Klöster und Kirchen der Diözese von Trivento beziehen.
Doch war nichts für uns darunter. Das Archivio comunale
ist ganz modern. Die Biblioteca comunale hat keine Manu-
scripte, die Biblioteca del Seminario nur ein Pergament-
heft mit den Statuten der Stadt Trivento von 1495 V 16.
Agnone hat ein reiches Archivio comunale antico mit
den Urkunden von S. Chiara (von 1230 ab), mit Urkunden betref-
fend Larino (von 1231 ab) und mit Urkunden der Comune, unter
denen sich viele Originale der Anjou befinden.
Auch Campobasso hat keine alten geistlichen Archive. Von den
Pfarrkirchen hat nur die Parrochia di SS. Giorgio e Leo-
nardo Pergamenturkunden. Es sind 152 Stück, die in die beiden
Bände Diversa eingebunden sind. Die ältesten — sie beginnen
schon mit IKX) IV — sind Urkunden der Bischöfe von Boiano;
weder ältere Papsturkunden noch Diplome sind dazwischen. In
den Pfarrkirchen S. Maria Maggiore e Triniti, S. Bartolomeo, S.
Angelo e Mercurio wie im Konvent von S. Giovanni erhielt Dr.
Schiaparelli den Aufschluß, daß Urkunden überhaupt nicht mehr
vorhanden seien. Nicht unwichtig ist das Archivio comunale,
beginnend mit einer Urkunde von 1277. Dagegen ist das Archi-
vio provinciale ganz modern. Das Archivio notarile
fängt mit dem 16. Jahrhundert an; dasUfficio del registro
soll nichts besitzen.
Boiano, wo Dr. Schiaparelli die freundlichste Aufnahme bei
dem Arciprete Can. Giuseppe N a r d o n e fand, hat leider schwere
Verluste erlitten. Das Archivio capitolare ist 1805 durch
Papstarkanden in den Abruzsen und am Monte Gargano. 307
ein £rdbeben zerstört worden, wobei die älteren Bestände ver-
loren gegangen zxx sein scheinen. Wie reich es war, sieht man
BMs den Invcntarien. So enthält Volunie I f. 508 ein Inventar
unter dem Titel Nota ddle scritture die sono nelVarchivio del rev.
capitolo di Boiano con brcve sommario di quanto si contietw in quelle^
fiUlo per ordine di Mons, Rev, Fulgentio Gallucci vescovo di questa
cUtä 1628 VII 20, in dem 201 Docnmente registrirt sind, deren
ältestes von 1073 war*) und unter denen auch ein Diplom Fried-
richs II. war*). Danach war die älteste Papsturkunde (Nr. 173)
ein Breve von Nicolaus IV. Jetzt ist das älteste Stück des Ar-
chivs ein Botulus von 1233, auf dem die Reliquien der Kirche in-
ventarisirt sind.
Das Archivio della curia vescovile soll das Militär
18(30 devastirt haben; Pergamene sind jedenfalls nicht mehr da
und die Bullarien beginnen mit 1551, Das Archivio comu-
nale beginnt mit 1744 und im Ufficio del registro soll
nichts Altes sein.
Eine wichtige Sammlung von Manuscripten und Urkunden be-
sitzt dagegen Herr Domenico Chiovitti, darunter ein Inven-
tar der Urkunden von S. Maria del Parco (deU*immacolata Conce-
zione) zu Boiano (116 Documente vom 16. Jahrhundert ab) und
eine notarielle Copie von 1357 IX von
Celestin lU. 1194 V 23. J-L. — . S. Anhang.
Traurig sieht es am Monte Gargano aus. Was die Nach-
lässigkeit der Bewohner übrig ließ, zerstörte vollends die Barbarei
der Türken. So ist fast überall das gleiche Ergebniß zu verzeich-
nen: klägliche Reste einer alten Ueberlieferung.
Das gilt vor allem von der Metropole Kanfredonia, dem alten
1) Interessant ist das Regest von Nr. 42 : Instrumente rogato per mano di
not. Gogliehtto di Boiano a 20 dt Agosto 1241 dell'inTentario fatto da Giovanni
Capuano di Napoii per ordine di Federico imperatore del tbesoro e di tutte le
cose pretiose delle chiese delle diocesi dl Venafro, Isernla, Boiano, Quardia AI-
fiera e Trivento, cio^ dell'oro, argcnto, pietre pretiose e paramenti, di qualsi-
voglia Sorte e forma si fossero , con ordine che fatto l'apprezzo di quelle, e tre
pubblid instnimenti, ono di detti instrumenti restasse in potere di dascuna cathe-
dnüe, e 11 dne altri con tutto il thesoro, oro, argento e pietre pretiose si tras-
portassero ad esso imperatore in San Qermano, fatto prima di dette cose Tap-
preuo si come fnrono inventariate et appressate, in presensa del vescovo di
Boiano trasportate conf. a sndetto ordine eccetto 11 parati e le cosi di poco
valore.
2) Nr. 189: Privilegio di Federico imperatore a favore di Yillio di Faraz-
saw) cameriero del cardinal Sant Angelo fatto nel mese di mano 1212.
308 P. Kehr,
Siponto, wo der Erzbischof Mons. Pasqaale Gagliardi ansern
Sendboten nicht nur auf das Gütigste aufnahm, sondern ihn auch
mit seiner gewichtigen Empfehlung unterstützte. Die Türken
haben 1620 der Stadt einen Besuch abgestattet , bei dem die Ar-
chive zu Grunde gerichtet sind; auch die Kathedrale ist damals
zerstört worden (Schulz I 217). Damit ist auch die reiche alte
Ueberlieferung zu Grunde gegangen. In seinem im Kcgistrum er-
haltenen Beeret hat Innocenz III. (Ughelli VII 829) eine ganze
Reihe von Papsturkunden aufgezählt : Benedict IX. J-L. 4122, Pa-
schal II. J-L. 6584 und 6585, Eugen III. J-L. 9651, Alexander
UL J-L. 14233, Lucius m. J-L. 15198, Celestin UI. J-L. 176r30.
Von allen diesen ist in Manfredonia keine Spur mehr vorhanden.
Nur Alexanders III. Bulle besitzen wir, aber in der Ueberlieferung
von Benevent, aus der wir sie mittheilen (s. Anhang) *). In Manfre-
donia selbst hat das Archivio capitolare (Inventarium von
1777) nur ein paar Pergamenturkunden saec. XVII und auch nur
wenige Papierurkunden vom 16. Jahrhundert ab, die einzigen
Reste der älteren Periode. Darunter ist ein Faszikel Vrivilaji
von 1676 und 1676 mit einer von dem Notar Francesco Antonio
Patrizio di Manfredonia authentizirten Copie von
Celestin III. 1195 VH 11. J-L. 17266.
Auch das Archivio della cancellaria arcivesco-
vile und das eigentliche Archivio ar civesco vile haben nichts
Altes mehr; im ersteren sind nur Papierakten vom 17. und ein
paar Pergamenturkunden vom 18. Jahrhundert ab. Ebenso ist
das Archivio comunale für uns ohne alle Bedeutung; es hat
von Wichtigerem nur ein Ms. des 17. Jahrhunderts mit den Ca-
pitoli u. s. w. der Stadt. Auch in den Klöstern der Benedictine-
rinnen und der Klarissinnen fragte Dr. Schiaparelli erfolglos an.
Das Ufficio del registro hat gleichfalls nichts Altes, die
Biblioteca comunale hat nicht einmal Manuscripte.
In Konte S. Ängelo hat sich von älterem Material nur als In-
schrift über der Kirchenthiir die Bulle Alexanders III. (1168 — 69)
IV 25. J-L. 11539 (daraus edirt von Schulz I 236) erhalten. Das
Archivio capitolare selbst hat nur ein paar Urkunden vom
16. Jahrhundert. Das Archivio comunale aber haben 1814
die Briganten verbrannt.
Yiefti, vgl. das Buch von Griuliani über die Geschichte von
Viesti, hat sicher einst alte Ueberlieferungen besessen, aber dies
1) Vgl. auch die Nachr. 1898 S. 63 ff. pubÜEirten Urkunden Alexanders IL
(Nr. 4 und 6).
PapstarkuadcD io deo Abrusseo and am Monte Gargano. 309
alles ist 1654 zu Grunde gegangen, als die Türken die Stadt ver-
brannten. Jetzt istimArchivio capitolare nicht eine ein-
zige Pergamentnrknnde erhalten ; das älteste In^strumeut überhaupt
ist von 1599. Ebem$o haben das Archivio della curia ves-
covile und das Archivio comunale nichts irgendwie Be-
deutendes und Altes.
Vieo Oftrganioo wurde samt seinen Archiven 1646 durch ein
Erdbeben zerstört; darüber hinaus sind nur geringe Reste er-
balten. Das Archivio capitolare' hat noch ein paar Ur-
kunden aus dem 16. Jahrhundert, das Archivio comunale
vollends ist ganz modern. Das Ufficio del registro und die
Biblioteca dei Cappuccini wurden ohne Erfolg besucht.
Gewisse Urkunden soll die Familie Della Bella und Prof. G.
Del Yiscio besitzen ; die ersteren sah Schiaparelli leider nicht,
die des andern sind ohne erhebliches Interesse. Ebenso trostlos
sieht es in 8. Hioandro Oarganieo aus. Das Archivio capito-
lare hat nur 3 Pergamenturkunden, von denen 2 aus dem 18.
Jahrhundert herrühren. Mit derselben Zeit beginnt das Archi-
vio comunale. Urkunden hat Cav. Antonio Fioritti, leider
war er abwesend.
San Maroo in Lamis, (vgl. Giuliani Cenno storico di S. Marco
in Lamis) hat ein Archivio capitolare ohne Werth mit
Papierakten saec. XVII und ein ganz modernes Archivio co-
munale. Das Archiv des Klosters S. Matte o aber ist 1799
verbrannt.
San Giovanni Botondo, (vgL Fr. Xardella Memorie storiche di
S. Giovanni Rotondo, Foggia 1895) besitzt fast allein unter den
Orten des Monte Gargano eine ältere, wenn auch nicht mehr ori-
ginale Ueberlieferung. Im Archivio capitolare sollen die
Materialien indessen erst im 14. Jahrhundert beginnen. Aber das
Archivio comunale hat einen Papier band saec. XVII I mit
vielen Copien der alten mit 1095 beginnenden Urkunden. Aeltere
Papsturkunden sind allerdings nicht dazwischen, dagegen zwei
Urkunden K. Friedrichs IL von 1221 II Salerno und 1231 Foggia
(A f. 101 u. f. 103'). Die Biblioteca dei Cappuccini endlich
scheint keine Hss. von Bedeutung zu besitzen.
In San Severe, mit dessem Besuch Dr. Schiaparelli seine Reise
am Monte Gargano und in der Capitanata schloß, fand er freund-
liches Entgegenkommen bei dem Arcidiacono Nicola Tura. Das
Archivio capitolare ist klein aber wichtig. Die Pergament-
nrkonden beginnen mit 1120; älteste Bulle
aemens HI. 1189 IV 1. J-L. — . Orig. S. Anhang.
310 P. Kehr,
Außerdem besitzt das Archiv eine Menge von Fapierarkunden,
Protokollen und Manuscripten , darunter die Hs. Stallone atUichis-
simo di questa cattcdral chicaa sin dalVanno 1535 con notizie di tnolte
cose passate etc., Ms. chart. von 1722, wo p. 1 eine Copie saec. XVI
von einer Bulle Honorias III. 1216 X 21 für das Kloster S. Pietro
di Torre maggiore steht. Aus dieser an den Abt Walter gerich-
teten Urkunde erfahren wir, welche Serie von Papsturkunden
das alte Kloster einst besessen hat. Honorius lU. bec$tätigt in
seiner Urkunde die nicht erhaltenen Urkunden Nicolaus II., Ale-
xanders II., Gregors VII., Eugens III., Alexanders III., Lucius
in., Clemens III., Celestins III. und Innocenz III. ^).
Ebenso erfolglos suchte Dr. Schiaparelli die Bulle Clemens 11.
von 1047 V 7 (Clemens IV?), die Fr. de Ambrosio Memorie sto-
riche della cittä di Sansevero in Capitanata (Napoli 1875) S. 92 zu
1046 citirt „il quäle riconobbe essere antica la chiesa di Santa
Maria ed essere parrochiale coUcgiale" ').
Das Archivio della curia vescovile hat zwei Abtei-
lungen, eine moderne Registratur (Curia nuova) und das alte Ar-
chiv (Curia vecchia), das nur mit einer Leiter auf lebensgefähr-
licher Passage zu erreichen war. Schiaparelli hat die ungeordnete
Masse genau untersucht und festgestellt, daß hauptsächlich Ur-
kunden aus S. Giovanni in Piano und S. Trinitä dazwischen sind.
Die älteste Pergamenturkunde ist indessen erst von 1477. Es scheint
also auch die Ueberlieferung von Dragonara und Civitate ver-
loren zu sein. Ein Papierband saec. XVI fand sich noch, wo auf
f. 11' die Urkunde Friedrichs 11. BF. 1319 steht, fol. 19' Celestin
V. 1294 X 25. Auch einige Papiercopien von diesen Urkunden
sind noch da, weiter auch eine solche von Innocenz IlL 1215 XI 13,
alle fiir S. Giovanni in Piano.
Ein Besuch der Kirchenarchive von S. Severo ergab gleich-
falls negative Resultate. Die Parrochia di S. Severino hat
einen Akt von 1489, die Parrochia di S. Nicola hat nur
Taufakte von 1597 ab, Carmine Dokumente vom 18. Jahrhun-
dert ab. Ueber die Parrochie von S. Giovanni vgl. Vincenzo
Tito Memorie della parrochiale e collegiata chiesa di S. Giovanni
Battista eretta nella citta di San Severo (Napoli 1859).
1) InTorre maggiore, das Dr. Schiaparelli selbst noch besuchte, fand er
überhaupt keine ftltere handschriftliche Ueberlieferung mehr.
2) Vgl. auch Matteo Fraccacreta Teatro topografico storico poetico della
Capitanata e degli altri luoghi piü memorabili e limitrofi della Puglia 6 Bde.
Napoli 1828—37. Band 6 soll als Ms. im fiesita des Prof. L. Nittoli in San
Severo sein.
Papsturkunden io den Abrussen nnd am Monte Oargano. 311
Das Archivio commanale fangt mit 1809 an, die Bi*
blioteca comanale hat keine Handschriften, das Ufficio
del registro nur die Plateae der aufgehobenen Klöster.
1.
Leo IX. hestätifft dem Kloster S, Maria di Ficciano unter dem
Abt Teoihmcw die Besitzungen und Zehuten, die Wahl des Bischofs
für die hischöflichen Leistungen und die Exemption,
1051 Juni 19.
Citirt von L, A. Antinori Annali degli Ahruezi vol. VI,
Ms. Aquila Biblioteca comunale aus dem Charttdar des Klosters
S. Maria de Succursu p. 10^):
L*abate Teodemario ottenne dal papa Leone IX a 19 di gingno
la conferma del monistero dctto di Picciano ed anche di Casanova
e de beni che gli erano stati donati come pure tntte le decime de
morti, colla licenza di fare consecrare le chiese e gli altari, ordi-
näre i monaci e i cherici da vescovi cattolici, l'esenzione del laogo
dai sinodi vescovile, dalle gioridizione o piuttosto molestie d'impe-
radori, re, ducchi, marchesi, vescovi, conti o altri nelle celle, ca-
stelli, ville, poderi sotto pena di censnra ai distrattori.
{Am llatuic): Dat. XIII. kal. iol. per manas Federici diaconi
et bibliotecarii et cancellarii aice Ermanni Coloniensis archiepis-
copi archicancellarii, pout. III, ind. IV.
3.
Nicolaus IL bestätigt dem Bistum Valva unter detn Bischof Do-
miniciis den Umfang des Spreugels und das dem Bischof Grimoald von
Kaiser Otto verliehene Inquisitiousrecht.
1059 Mai 1.
Copie von Ouerrieri saec. XVIII Sulmotui Archivio capitolare
{A). — Copie saec. XVII ebenda (B). — Copie saec. XV ebenda (C)
= Copie von Ouerrieri saec. XVIII ebettda.
Nach der Urkunde Leos IX. J-L. 4306 geschrieben und fast
gleichlautend mit J-L. 4403. — Citirt von Cdidonio Varchivio
1) Das moster 8. Maria di Picciaoo ward spftter mit dem Kloster S. Maria
da Saocorta in Aqoila vereinigt. Von diesem Copialbacli bat sich keine Spnr
finden lassen.
812 P. Kehr,
di S. Panfilo in Suhnona p, 2, 5. — Besser als C, das Gtterrieri
zuerst copirtej ist A^ das Guerrieri nach dem von ihm aufgefunde-
nen Original verbesserte. Aber die Namenformen sind auch da
offenbar stark vcrdtrbt, wie auch aus der UrJcunde Paschais IL
von 11V2 III 26 {s. Nr, 3) hervorgeht.
;P"' Nicülaus episcopus seruus seruorum dei. Dilecto confra-
tri Dominico sanct^ *^ Balbensis ^^ ecclesw^ episcopo cunctisqae succea-
soribas tuis in eadem ecclesia canonicc promouendis in pcrpetuom.
£tsi iabemur, dam tempus habemuä, a domino bonnm operari,
maximc tarnen ad domesticos fidci, unde omnibus ecclcsiis Christi ^'^
pro ca qu*j nobis credita est dispensatione, soUicitudinem nostram
habemus'^ sie debemus inaigilare longinqais, ne in aliquo absimas
propinqnis. Itaque ad suggestioucm tuam, carissime confrater et
coepiöcope Dominice, quem a reuerend§ memorig predecessore no-
stro-^ domino Leone ex c^nobii disciplina ad episcopatus curam
promotom gaudemus et antecessoribus nostris atque nobis fideliter
et iugiter deseraire in sanetaBomana ecclesia cognoscimus, sanct^
Balbensis*^ ecclesi?, cui deo^^ authore pr^sides, quamuis pcccatis fa-
cientibas^) malitia sQcolarium hominum et peccatoram*> eins sua
non quQ lesa Christi sunt qu^rentiam supra modom desolate et de-
structe**^ munimine apostolici priuilegii contra impetas et machina-
menta sacrilegornm obtendimus. Igitnr authoritate apostolica per
hoc nostrcj constitutionis priuilegium concedimas et corroboramus *^
tibi tuisque, nt dictum est, sucecrfsoribus in perpetuum episco-
patum Baibensem 'J cum omni sua integritate et pertinentia,
sicut antiquis et iustis limitibus determinatur , scilicet a fossato
Luparelli"*^ ad portellam siue columnam**^ et a furca de Cozzia*^
ad Stafilum inter montes, hinc a casteUo de Furca ad serram de
Cannatina') et a serra«^ de Sigella ad serram de monte Christi,
inde a monte Ceneracici '"^ ad crucem, inde a ualle Araldi ad muri-
cem de Celici et a serra de Cantu ad furcam Miznia, deinde a
robore Cerurci et a campo Olomeo et a Carite ad columnellam de
campo Mezzo, ubi oritur aqua de Sangro et pergit ad fossatum
Luparelli, (^uod iam dictum est. Principaliter quoque confirmamus
a) 80 C', B hat XPS; in Ä fehlt das Ldbarum ganz. h) et B,* c) Yal-
nensis B, d) ande — Christi zweimal in A. e) habemus B^ fMt in
AC, f) qaem ad memoriain quoque nostram 27. g) domiuo B,
h) peccatis faaeutibus B\ pietati facientibus A, i) pectorum B. ii) deso-
lare et dcstruere ABC, k) corroborauimus B. l) Ualuensem B, m) Lo-
parelli B. n) portellaa siue columnas B. o) Cozsa B. p) Canna*
^ne B, q) ad serram B. r) Ceuerarici B.
Papsturknnden in den Abruzzen und am Monte Gargano. 313
tibi ad episcopalem sedem ecclesiam sancti Pelini cum omnibus
sibi iaste pertinentibus, pariter ecclesiam sancti Papiphili cum cq-
teris ecclesiiä et capellis^ quf^cumque inter pr^fatos terminos po-
site') 6380 noscontur, com omnibus pcrtincntiis earam, ita nt de-
cimas et oblationes tam uiaorum quam mortuornm secundum autho-
ritatcm saerornm canonum, prout tibi uidebitur, sicut episcopum
decet, disponas et dispenses'^; clericorum causas et negotia ad s$-
culares homines et eorum iudicia transire non consentias, sed tu
ipse et successores tui audiatis et canonice dcfiniatis. Et quia
maloram pectorum negligentia simul et nequitia monumenta char-
tarom uel priuilegia antecessorum nostrorum et si qua sunt alia
instrumenta, quibus possessiones et bona ipsius episcopatu.s iirma-
bantar et retinebantur, aut perdita aut subtracta fuisse constat,
per hoc nostr^ authoritatis priuilegium sancimus, ut nihil hoc pr^-
fate ecclesit^ noceat, sed iuxta quod Otto imperator Grimnaldo
eiusdem ecclesi^ episcopo etiam per pr^ceptum cdixit, abicumque
necessitas et iustitia*') ipsius episcopatus fuerit, sub interpositione
sacramenti per neraces homines tam diuites quam etiam mediocres,
qaos idem episcopus denominauerit, in cuinscumque potestate sit,
ipsa iustitia inquiratur et ecclesicj restituatur. Insuper decemi-
mos sab interpositione districti anatliematis, ut quicumque conscius
est possossionum uel bonorum, quQ iuste competunt pnjfato episco-
patni et tamen inde alicnata*) ab improbis hominibus detinentar"\
episcopo aut suis manifestet, ne malis aliorum consentiendo et ta-
cendo sacrilegus apud dominum existat. Omnes etiam chartQ fact^
ad damnum ecclesiQ uel quQ fucrunt ipsi ecclesirj subtractfj et deti-
nentur ab inuasoribus, apostolic^i authoritate sint inanes et uacu^.
Hinc sancti^ Romano et apostolict^ sedis, cuius iuris episcopatus ille
specialiter esse dignoscitur, authoritate sub interminatione districti
anathematis interdicimus , ne aliqua magna uel parua persona
cuiuscomqne conditionis et dignitatis molestare inqnietare disuestire
pr^sumat eum absque*^' legali discussione ex omnibus rebus mobilibus
uel immobilibus scsequc mouentibus, qu^ nunc possidet et'^ deinceps
ioiite acquirere et possidere poterit. Quod si quis dei et animQ suq
inimicos quocumque modo uel ingenio huius apostolici priuilegii teme-
rarius prQuaricator existere non timuerit et aliquid eorum qu^ hie aut
confirmantur aut iniirmantur a nobis, sibi pr^sumpserit contra hoc
quod nostr^ authoritatis censura hie promulgatur'^^, perpetui anathe-
matis sententia se Gehenn^ cum diabolo et angelis eins irreparabiliter
9) posiu A. t) et dispenses B, fehlt in A. ü) necessitas ex B.
r) alienat^ B. w) detinetur ABC. ir) eum fMt in A, x) et /eM( ABC.
XX) pronulgaait B.
314 P. Kehr,
mancipandum nouerit, nisi forte, dum uiuit, digne domino et ec-
clesi§ su§ satisfecerit. Qui uero diuing pietatis intuitu et sanctQ
obedienti§ reuerentia fidelis consernator extiterit, huius benedictio-
nem hie et in futuro promereatur pr^miumque sempiteriicj beatitu-
dinis in electorum dei c^tibus. Amen.
f Scriptum per manum Crescentii notarii et scriniarii sancte
Romanae apostolicae sedis in mense maio, die prima, indictione
duodecima.
R. Ego Nicolaus catholiccj ecclesie episcopua ss.ffh BV.
Datum Rome kalendis maii anno domini nostri lesu Christi
MLVIIII, per manus Humberti sanct§ ecclesig Silu§ Candid«j episcopi
et apostolic^ sedis bibliothccarii , anno primo pontificatus domini
pape Nicolai II., indictione duodecima '^
y) In A folgt nun Locus sigilii 4* plumbci pondcntis; danach stand die
Scriptuimeile wohl ganz unten am Rand. In C wird die Bulle beschrieben: es
ist der gewöhnliche Stempel Nicolaus IL Rola und B V in C sind gleichfcUls
normal ; sie fehlen in Ä. z) Statt dessen lautet das Eschatokoll in B :
Datum per mauus Crescentii notarii sauctQ Roman^ apostolic^
sedis in mense madio, die prima, iudict. XI 1.
R. BV.
3.
Pasclial IL bestätigt dem Bistum Valva unter dem Bisehof Gual-
teritis den Umfang des Sprengeis und die Kirclien samt allem Besitz,
lAiteran 1112 März 26.
Copie im Prozeß von 1350 ziviscJten Valva und Aquila^ in zwei
Copien saec. XI V, Sulmona Archivio capitolarc (A). — Abschriß von
Ouerrieri saec. X VIII ex orig. archivii S. Belini, ebenda (B).
Vgl. die Urkunde Nicolaus' IL von 1059 Mai 1 (oben Nr. 2).
Die Namen scheinen in der Copie Guerrieri's besser zu seift.
Paschalis episcopus seruus seruorum dei. Venerabili fratri
Grualterio sancte VaJuensis ecclesie episcopo eiusque successoribus
canonice substitaendis imperpetnum. Sicut iniusta poscentibus^'
nullas est tribaendus efTectus, sie legitima desiderantibus non e.st
differenda petitio. Tuis igitnr, f rater in Christo carissime, pre*
a) petentibus B,
Papstarkundea in den Abrozzen und am Monte Gargano. 316
cibas annaentes, ad perpetuam sancte^^ Valaenäis ecclcsie pacem ac
stabilitatem presentis decreti stabilitate sancimas , nt anioersi ^^
parrochie fines, sicat a tais antecessoribus usqae hodie possesai
sunt, ita omnino integre tarn tibi qaam tais snccessoribus imper-
petaam conseruentur. Qui aidelicet termini a parte Teatini comi-
tatns ab eo loco qao^ Sanger flanius aeeipit decorrentem in se'>
rinom qui fossatos Laperelli^' dicitur, intendunt se per portellas
sine columpnas et per iagam montis iuxta-^' qai Coccia dicitnr,
sabinde per iagam montis Vrse in Staphilam'^ inter montes iaxta
decarsom *^ Piscarie ; a parte aatem Pinnensis comitatas *> porrigant
se in forcam de Penni*^ et in farcam de Cannatina'^ et in cliuam
montis Sigille, deinde amplectantar "*^ montem Christi et proten-
dant") se per montem Cenerarium et per columpnam defixam in
loco qai Farfonis^' dicitar in aalle Araldi; a parte uero Marsicani
comitatas intemiantar*^^ a aalle Araldi in montem de Cedici'') et in
farcam de Cambio atqae in furcam Mizzalam, deinde in roborem
Cetari *' et in campum Doloris mei, qai aalgo campas Olomei con-
fase uocitatar , et in Carritam ') et in columpnellam de campo
Mezzo, abi oritar Sanger '^ fluaias, et sie redeant in predictam
fossatum Laparelli. Tibi itaque taisqae legitimis saccessoribas et
per aos *^ eidem Vaalaensi eccle»ie confirmamns ecclesiam beati
Pelini, abi episcopalis habetur sedes, com castello de Pentoma et
com cnstello de Vectarita **> com omnibas sais pertinentiis et ec-
clesiam sancti Pamphili cum omnibas suis pertinenciis , ecclesiam
sancti Viti in Pacentro •> , ecclesiam sancte Marie in Sangro, eccle-
siam sancti Nicholai in Pectorano*^), ecclesias sanctorum Marcelli
et Vincentii in Flatamo, ecclesiam sancti Petri in Funo'^, eccle-
siam sancti Angeli in Preza'^^ ecclesias sancti Petri, sancte Pe-
tronille sancteque Marie, sancti Viti qae sunt in Kayano, eccle-
siam sancte Marie que est in Rocoa, ecclesiam sancti Sebastiani
qae est in Ruzza capra'^, ecclesias sancti lohannis, sancti Salua-
toris, sancti Laarencii et Nicholai que sunt in Poperi, ecclesias
sancti Laarencii, Blasii et Stephani que sunt in Bassi, ecclesias
sancti Martini, laaenalis, Yictorini et sancti lohannis qae sant in
b) sancti AB. e) oninersae S. d) qni D. e) in se fehlt in B. te) Ln-
parelli S. f) inxu fehU in B, g) SUphila A, h) decarsam A. t) autem
pitem A k) Penne B, l) Canatun A, m) impletunlur A. n) per-
tendont B. o) Sarsonis A. oo) intendunt B, p) in montem dece-
diti ^ , in montem de Ge . . . . £. g) Cetnr. A. r) Carricam A.
9) SagW A, 0 hoc B. u) Bernrrica A. v) Patent. A, ir) Petri-
lorans A. x) Fimo (Finno ?) A. y) Presia A. i ) Rassa cap. A.
316 P. Kehr,
Trite, ecclesias sancti Valentini, Nicholai et sancti Marci^ sancte
Lucie que sunt in Ofene, ecclesiam sancti Cypriani qae est in
Corapelle, ecclesiam sancte Marie in Cerule, ecclesiam sancte Marie
in Ancedona''^, ecclesiam sancti Thome in Barisano*\ ecclesiam
sancti Victorini cum tota hercditate que est in Ofezze et in Ca-
sulc^\ ecclesiam sancte Agnetis**) in Fontecole'^, ecclesiam sancti
Smaraldi-^^ cum tota hercditate de Goriano, ecclesiam sancti Sauini
in Pretorio^\ ecclesiam sancte Marie in Molina *\ ecclesiam sancti
Quirici in Sicinali, ecclesiam sancti Pii in castello Ildegerii, ecclesiam
sancte crucis de Coriano , ecclesiam sancte crucis '"^ in monte de
Vrsa, ecclesiam sancti Nicholai in Salle. Preterea quecumque pre-
dia quecumque possessiones ad eandem Valuensem ecclesiam *) legi-
time pertinere uidentur, firma tibi tuisque successoribus et illibata
permaneant nee ulli'^ omnino hominum liceat eandem ecclesiam
temere perturbare aut eins possessiones auferre uel ablatas re-
tinere minuere uel temerariis uexationibus fatigare, sed omnino
integra conseruentur tam tuis quam clericorum et pauperum usi-
bus profutura. Si qua igitur in futurum ecclesiastica secularisne
persona hanc nostre constitutionis paginam sciens contra eam te-
mere uenire temptauerit, secundo tercioue commonita"'^, si non
satisfatione congrua emondauerit, potestatis honorisque sui digni-
täte careat reamque se diuino iudicio existere de perpetrata ini-
quitate cognoscat et a sacratissimo corpore et sanguine dei et
domini redcmptoris nostri lesu Christi aliena"^ fiat atque in ex-
trem© examine districte ultioni^^ subiaceat. Cunctis''^ autem eidem
loco iusta seruantibns sit pax domini nostri lesu Christi, quatenns
et hie fructum bone accionis percipiant et apud districtum iudicem
premia eterne pacis inueniant ^\ Amen. Amen. Scriptum per
manum lohannis scriniarii regionär ii*^) ac') notarii sacri palacii'^
Ego Paschalis catholice ecciesie episcopus ss.^^
Dat. Laterani per manum*) lohannis sancte Romane ecciesie
diaconi cardinalis ac bibliothecarii, VII. kalendas aprilis, indictione
V, incamationis dominice anno millesimo CXUI'*'), pontificatus
autem domini Paschalis secundi'^ pape anno XIII''^
a) Antocedona Ä» b) Rarizano Ä, c) Zcazale Ä, d) Agnetis .
B, danadi wäre hier im Orig, eine Lücke gewesen, e) Fontecle
, , . , B, also mit folgender Lücke, f) Smaradi B, g) Picetorio B,
h) Melina A. i) sancte *i> A. k) ecciesie A, l) Uli A. m)
tercio de commonta A. n) alienos B. o) aitionis B. p) coagtis A.
q) inueniat B. r) scri narri regionär! A, scriptoris regionarii B. s) et
B, t) die Scriptumteile steht in B gans am Ende der Urkunde, ü)
scripsi A, v) mannum A. w) MCVIII B. x) II B. y) VIII B.
Papsturkondea in den Abmuen und am Monte Qargano. 317
4.
Eugen HL ertheilt defn Kloster S. Bartolotneo (in Carpineto)
bei Penne unter dem Abt Oliverius ein Privileg.
Tusculum 1149 Mai 16.
Auszug im Ms. des N. Sälconio saec. XVI f. 12 f Penne Ar-
chimo comunale.
EVGENIVS episcopus seruus seruorum dei. Dilectis filiis Oli-
berio abbati monasterii sancti Bartholomci qaod in Pennensi pa-
rochia situm est eiusque fratribus tarn presentibas quam futuris
regulärem oitam professis*'^ in perpetuum
et hie fruetom bone actionis percipiant et apud distrietnm iadi-
cem premia eterne pacis inaeniant. Amen. Amen. Amen.
R. Ego Ettgenias catholic^ ecciesie episcopas ss. BV.
f Ego Conradas Sabinensis episcopas ss.
t Ego Ymarus Tuscnlanus episcopus ss.
t Ego Ubaldus presbiter eardinalis tituK sancte Praxedis*^ ss.
f Ego Hugo tituli s. Laurentii in Lucina presbiter eardinalis ss.
t Ego Oddo diaconus eardinalis sancti Georgii
ad Velum^^ aureum ss.
f Ego Octauianus diaconus eardinalis sancti
Nicolai in carcere Tulliano ss.
f Ego Io(hannes) Paparo diaconus eardinalis
sancti Adriani ss.
Datum Tusculani per manum Guidonis sancte Romane ecciesie
diaconi eardinalis et cancellarii, XVII. calen. iunii, indictione XII''^,
incarnationis dominice MCXL Villi, pontificatus uero domni Eu-
genii pape tertii anno quinto.
a) profexis, 5) Prexedis. c) uelluoL d) ursprünglich XI.
5.
Eugen HL nimmt das Bistum Penne unter dem Bischof Ori-^
mald ncuA dem Vorgange Innocenjs' IL in den apostolischen Schutz utid
bestätigt Am die namentlich aufgefiUirten Besitzungen.
Ferentino 1150 Dezember 15.
Orig. Penne Archivio capitolare. — Danach auch im Ms. des N.
Kfl. 0«. «. mm. HaehridkUB. PUlolH--^i*i«r. KIam ISM. B«A. t. 22
318 P. Kehr,
Salconio saec. XVI f. 2&* Penne Archivio comunale und Copie saec.
XVIII van Ä. BlasioUi hei Cav, Ä. Casamarte eu Loreto Äpnäino.
Cü. J'L. 9423 nach üghelli I 1120. Von den Eingangs-
formein abgesehen ist die Urkunde eine wörtliche Wiederholung
des Privilegs Innocenz^ IL J-L. 8103.
lustis notis assensmn.
Dat. Ferentini per manum BOSONIS sanct? Roman§ ecclesi^
scriptorisy XVni. kal. ian., indictione XIIII, incarnationis dominice
anno M'. (?. L®, pontificatus uero domni Evgenii III. pape anno VP.
B. dep.
CardincUe: Nicolaus von Albano; Nicolaus von 8. Ciriaco, Man-
fred von S. Saiinaj Julius von S, Marcello, Bernard von S. demente;
Oddo von S. Giorgio in Velabro^ Odavian von 8. Nicolo in carcere
TuUianOf Johannes von S. Adriano, Astald von S. Eusta^hio^ Johan-
nes von 88. 8ergio e Bacco^ Bollannus von 88. Cosma e Damiano.
6.
Anastasius IV. nimmt das Bistum Penne unter dem Bischof
Crrimald nach dem Vorgange Innocene^ II. und Eugens III. in den
apostolischen 8chute und bestätigt ihm die namentlich aufgeführten
Besitzungen.
Lateran 1153 8eptember 22.
Orig. Penne Archivio capitolare. — Danach auch im Ms. des
N. 8alconio saec. XVI f. 28 Penne Archivio comunale und Copie
saec. XVIII von A. Blaswtti bei Cav. A. Casamarte eu Loreto
Aprutino.
Cü. J'L. 9746 nach lyAvino Cenni p. 533. Vgl J-L. 8103
und J'L. 9423 (Nr. 5).
EflPectum iusta postolantibos.
Dat. Laterani per manom Rolandi sanct^ Romano ecclesi^
prcsbiteri cardinalis et cancellarii, X. kal. octob., indictione prima,
incarnationis dominice anno M^. C^. L^. IIP, pontificatus aero domni
ANASTASII pape im. anno primo.
B. dep.
Cardinäle: Ouarinus von Palestrina, Hugo von Ostia; Oregor
von 8. Caiisto (8. Maria in Trastevere), G(uido) von 8. OrisogonOf
Papstarkandeii in den Abrozzen and am Monte Gargano. 319
Hubald von 8. Prtissede^ Hubcdd von S. Croce in Gerusalemme, Octa-
vian von S. CecüiOj JoJiannes von SS. Giovanni e Paolo, Cencius von
S. Lorenso in Lucina, Heinrich von SS. Nereo e Achileo ; Otto von S.
Giorgio in Velabro, Jadnthus von S. Maria in Cosmedin, Johannes
von SS. Sergio e Bacco, Gerard von S. Maria in Via lata.
7.
Iladrian IV. bestätigt dem Bistum Valva unter Bischof Siginulf
nach dem Vorgange Innocenz' IL und Eugens HL die Besitzungen
und Güter.
Lateran 1156 Beeember 20.
Orig. Sulmona Archivio rapitolare (Fase. 70 Nr. 2).
Im Ganeen wörtliclic Wiederholung des Privilegs Innocene^ IL
von 1138 März 25 (Faraglia 43 Nr. 33). Bas Eugens IIL
ist nicht erhalten.
In eminenti apostoIicQ sedis.
Dat. Lat. per manum Rolandi sanct^ Romane ccclesie pres-
biteri cardinalia et cancellarii, XIII. kal. lan., indictione V, incar-
nationis dominice anno M*. C®. L*. Vi* , pontificatns uero domni
Adriani pape IUI. anno tertio.
B.
Cardinal e: Ymams von Tusaüum^ Cinthius von S. Rufina und
Porto, Gregor von Sahina; Ilubald voti S. Prassede, Manfred von S.
Sabina, Julius von S. Marcdlo, Bernhard von S. demente, Octavian
von 8. CecUia, Heinrich von SS. Nereo e Achileo, Johannes von SS.
Süvestro e Martino; Odo von 8. Giorgio in Vdabro, Guido von S.
Maria in PorticUf Johannes von 88. Sergio e Bacco.
S.
Alexander III. bestätigt dem Bischof Siginulf von Valva die
von Hadrian IV. bu seifen Gunsten gegen die Kloster 8. Maria de
Bominaco und 8. Pdegrino gefällte Entscheidung.
Lateran (1166—68) Januar 13.
Orig. Sulmona Archivio capitolare (Fase. 69 Nr. 3).
Vgl. auch die von Faraglia Cod. dipl. Sulmonese 8. 47 Nr. 36
aus Or. gedruckte Urkunde Hadriane I V. , auf die hier Bezug
22«
320 t. Kehr,
genommen und die eum Theü wiederholt wird. Da Siginulf vor
1168 gestorben sein muß (vgl. Faraglia Nr. 37), so wird
die Urkunde in die Zeit von 1166 bis 1168 fallen.
ALEXANDER episcopas seruns seraormn dei. Venerabili
fratri Siginulfo Valuensi episcopo salutem et apostolicam bene-
dictionem. Pro illa controaersia, que | inter te et monachos
monasterioram sancte Marie de Mammonaco et sancti Peregrini uer-
tebatar, ad presentiam bone me|morie ADRIANI pape predecessoris
nostri tarn tu quam idem monachi accessistis. Ipsi qaidem adaer-
8um te commis samque tibi ecclesiam omnimodis sibi et sao mona-
sterio libertatem uendicare uolebant. Ad cuius rei probationem |
factum pie memorie Greg(orii) septimi predecessoris nostri , qui
abbatem unum in ipsis ecclesiis benedixerat, allegabant et quod-
dam instrumentum Karoli regis in medium proferebant. Ceterum
instrumentum illud nee pro eis multum | facere uidebatur et altera
ratio non satis eis aminiculi afferebant, cum nee hoc ipsum suffi-
cienti possent te'stimonio comprobare. Tu autem benedictionem
abbatis; ordinationem clericorum ac monachorum, | consecrationem
altarium, receptionem et correctionem in eisdem ecclesiis tarn te
quam antecessores tuos | multis demonstrabas temporibus habuisse,
quod etiam ipsi monachi fatebantur. Ex quibus omnibus ipjsas
ccclesias ad te tamquam ad proprium dicebas episcopum pertinere.
Predictus itaque antecessor noster allelgationes ac rationes mona-
chorum ad assertionis sue probationem insufficientes ac minus
idoneas | intuens, prefatas ecclesias tibi adiudicauit et tibi tuisque
successoribus sicut propriis episcopis | subiacere decreuit. Ut au-
tem sententia ipsa illibata perpetuis^^ temporibus et inconcussa
maueret | et quod iudicatum fuit *^ in disceptacionem *^> nullo tem-
pore deueniret, idem predecessor noster eandem sentenjtiam aucto-
ritate apostolica confirmauit et scripti sui pagina communiuit.
Unde et nos eins uestigiis inherentes statuimus, ut nulli omnino
hominum liceat eandem sententiam temerario ausu infringere seu
ipsi I modis quibuslibet contraire. Si quis autem hoc attemptare
presumpserit , indignationem omnipotentis dei et be|atorum Petri
et Pauli apostolorum eins se nouerit incursurum. Dat. Lat. id.
ian. I
B.
a) etais anf Rasur. h) fait auf Easur, c) acioaem auf Basur,
Papstnriranden in den Abrozsen ond Mn Monte Gargano. 321
9.
Alexander III. schreibt dem päpstlichen Subdiacon Odorisius, dem
Propst und den Kanonikern von Valva, daß er den Erwählten Johannes
von S. Maria de Bominaco gegen das Recht der Kirche von Valva
eum Abt geweiht habe ; er bestätigt dem Bistum Valva den Besitz des
Klosters und verwahrt es gegen jedes Präiudiz,
Benevent (1168—69) Juli 25.
Orig. Sulfnona Archivio capitolare (Fase, 69 Nr. 4).
Das Mandat gehört aller Wahrscheinlichkeit nach noch ins
Jahr 1168. Damals war der Stuhl von Valva vacant (vgl, Fa-
raglia S. 48 Nr. 87 von 1168 April), daher die Adresse.
Alexander episcopas sernns sernoram dei. Dilectis filiis Od.
sabdiacono nostro *) et preposito Balnensis ecclesie ^) et ceteris |
eiasdem ecclesie canonicis salutem et apostolicam benedictionem.
Cum olim fratres de Mammonaco electum saom I. *) nostro
conspectai presentassent et oc|caltassent, qnod eoram monasteriom
ad iorisdictionem aestre ecclesie pertineret, nos eondem electiun
ad communem predictorom fratram instantiam, saluo inre | ecclesie
aestre, benediximns in abbatem, non memoriter retinentes , qood
prescriptum monasteriom Baluensi ecclesie deberet esse subiec-
tum. Nunc autem cognito e|uidenter ex scripto predecessoris
nostri felicis memorie Adriani pape, qualiter ipse pretaxatum
monasterinm post controucrsiam in eius presentia hinc inde | dili-
gentins uentilatam ecclesie aestre adiudicanerit ^) , nos ipsins
sententiam ratam et firmam tenentes, prefato abbati et eius
fratribus per scripta nostra man dauimus, ut ecclesie uestre tarn-
quam magistre et matri sue deuote in omnibus et humiliter defe-
rentes, episcopis eiusdem ecclesie, qui ibidem fuerint pro | tempore
canonice Substitut!, debitam obedientiam et reuerentiam impendant
nee ex eo iuris quippiam eidem ecclesie presumant subtra;here,
quod &, nobis iam dicto abbati munus fuerit benedictionis impen-
8um. Ne autem in posterum Baluensi ecclesie possit | preiudicari,
quod memoratus abbas de manibus nostris munus benedictionis
8U8cepit| apostolica auctoritate | decemimus, ut ex hoc eadem ec-
1) Odorisins Abt yon S. Oioyanni in Venere ond römischer Subdiacon (1165,
ygL Scholz II 47) gest. 1204.
2) Propst Goalterius, vgl. Faraglia S. 48 Nr. 36 und die Urkunde Urbans
ni. (8. Nr. 16).
3) Johannes, s. dieselbe Urkunde Urbans III. (Nr. 16).
4) Gemeint ist die Ton Faraglia S. 47 Nr. 86 gedruckte Urkunde Hadriani IV.
822 P- Kehr,
clesia nnllnm preiudicinm sastineat nel iactnram, quominos iam
dictum I monasterium , sicut per eundem predecessorem nostram
constat fuisse adiudicatum, ecclesie prescripte sabiace|at et abbatis
benedictio ad episcopum eiasdem ecclesie debeat pertinere. Dat.
Beneuenti Vm. kal. aug. |
B.
10.
Alexander IIL entscheidet den Bwischen den Kanonikern von 5t-
ponto und denen von Gargano über die erzhischöfliclie Würde heider
Kirchen sdiwehenden Streit auf Grund der Privilegien Benedicts IX. ^
Paschais II. und Eugens III. eu Gunsten von Sipont.
Änagni 1176 September 25.
Notarielle Cqpie von 1417 VII 13 Benevento Ärchivio capitolare
vol. XLVIII Nr. 49.
Vgl. J-L. 14233 nach der Urkunde Innocene^ IIL Auch diese
wie diejenige Alexanders IV. sind durch den Iudex Antonicius
quondam PetP'ucii Menadoy in Manfredonia auf der Copie von
* 1417 transsumirt worden. Unser Text ist lückenhaft und sehr
verderbt; orthographische Besonderheiten sind stillschweigend ge-
ändert.
Alexander episcopns seraas sernorom dei. Dilectis filiis ca-
nonicis Sypontine ecclesie salatem et apostolicam benedictionem.
[Ne controversie que sujb examine sedis apostolice terminantur,
malignitate ael facilitate qaommlibet possint imposterom snbsci-
tari, dignum et ydoneom esse censetnr, ut eiusdem sedis statuta
debito robore conualescant et ad perpetaam memoriam fatnrornm
[ ]j cum Romana ecclesia fanente domino saper
alias ecclcsias orbis primatam obtineat, que statnontar ab ipsa,
obtinere debent perpetaam firmitatem. Sans sepias canonici Gar-
ganice ecclesie fuerant nobis conqaesti, qaod, cam in priailegüs
predecessoram [nostroram scriptum] esset Sypontine et Garganice
ecclesie archicpiscopo , in priailegio nostro S3^ontine ecclesie ar-
chiepiscopo tantammodo, Garganica ecclesia sabtracta, posoimas et
ad saggestionem aestram") fecimas in eodem priailegio in preia-
dicium iuris et dignitatis ecclesie sue alia quedam subtrahi [et
quedam apponi, quej continebantar ^^ in priuilegüs predecessoram
a) nostram. &) conUneb&tur; die Lücken sind tinngemßß aus dem
Beeret Innocenz IIL (Ughtlli VII 829) ergämt.
Papstarknnden in den Abnizzen und am Monte Qargano. 323
nostrorum ecclesie uestre indultis. Postnlabant eciam a nobis, ut,
cum due sedes episcopales sint, sicut agebant, S3q)ontina ecciesia
uidelicet et Garganica, crisma in cena domini confici^> faceremas in
ntraqne [ac ex üs qa]i pro tempore eligerentur in Yestana ecciesia,
onmn in Sypontina et alteram in Garganica ecciesia consecrari.
Cnm antem mandauissemas tam uobis quam predictis canonicis, at
com priuilegiis predecessorom nostroram et presertim [felicis recor-
dationis] patris^^ et predecessoris nostri Eugenii pape, cui canonici
prefati multum initebantur *\ ad nostram presenciam ueniretis,
U08 per dilectum filiom nostrum Meliam canonicum uestrum et per
Aldenago canonicum sancti Leonardi et prefati [canonici per Mi-
cha]elem Cippis et Philippum Tasselegardi canonicos suos ad no-
stram presenciam accessistis. Quibus in conspectu nostro presen-
tibns priuilegia predecessorum nostroram pie recordacionis Bene-
dicti, Pascalis et patris nostri Eugenii Romanorum pont[ificum
dil]igenter inspeximus, ex quorum tenore manifeste nobis innotuit,
ecciesiam uestram tantum sedem archiepiscopalem existere, cum
eosdem predecessores nostros nonnisi archiepiscopam Sypontine-^>
ecclesie constet in eisdem priuilegiis nominasse. Priuilegium uero
eiasdem patris nostri Eugenii pape in quadam parte sui abrasum
et corruptom fuisse liquido deprehendimus , quia cum in titulo
eiusdem priuilegii fuisset-^^ tantummodo positum Sypontine ecclesie
archiepiscopo, ultima silaba ipsius diccionis Sypontine uidelicet et
quedam littera eidem silabe proxima abrasa fuit*), duabus prece-
dentibus sillabis eiusdem diccionis cum G. titulo supposito integre
remanentibus, in eo quod abrasum fuerat Garg. quoquo modo sub
breuitate notatum. Ex suppositis eciam manifeste nobis innotuit,
in eadem parte tantum idem priuilegium falsatum fuisse, quia
licet in titulo ipsius priuilegii quoquo modo, sicut diximus, Garg.
positum fuerit, inferius tamen nonnisi ecciesia Sypontina erat
sub apostolice sedis protectione suscepta et de Garganica eccie-
sia, sicut de ecciesia sibi subdita, ei conürmacio facta. Vidi-
mos quoque scriptum bone memorie Benedicti predecessoris nostri,
coios tempore in ecciesia uestra archiepiscopalis sedes fuerat con-
stituta, et ex continentia ipsius scripti, quod canonici Grarganice
ecclesie pro se facere arbitrabantur, manifeste comperimus, eccie-
siam uestram tantum archiepiscopalem sedem ab eo constitutam
fuisse, cum ipse Leonem quondam Sypontinum episcopum non in
Sypontinum et Garganicum'\ sed tantum in Sypontinum archi-
c) conflci fehU. d) . . . atos? e) mittebantor. /) Sypontinum.
g) fniiae. h) liiit et 0 Sypontina et Garganica.
324 P. Kehr,
episcopum licet obtentu Angeli se asserat promouisse. In priui-
legio quoque dicti Pascalis pape continebatur, quod ipse inter alia
Vestanum episcopatum*^ ecclesie Sypontine concessit, nalla facta
de Garganica ecclesia mencione ; et in altero prioilegio suo posi-
tnm esse comperimus, quod ipse oblaciones ecclesie beati Michaelis
Alberto Sypontino archiepiscopo confirmauit, qoas eidem archi-
episcopo et ecclesie sue seculares uiri reddiderant, a qnibas fue*
rant occupate. Nos itaqiie, priuilegiis et aliis antenticis scriptis
predecessorum nostrorum, quos prediximus, inherentes et eorum
et presertim Pascalis et prefati patris nostri Engenii Romanoram
pontificum priuilegia et nostrum eciam, cnm canonici Garganice
ecclesie nichil probare potuerint in eo positom uel demptom fuisse,
nisi quod eiusdem Eugenii'^ pape priuilegium continebat, prout de-
baimns, confirmantes, de comoni consilio fratrnm nostromm nnam
tantom archiepiscopalem sedem, Sypontinam uidelicet ecclesiam,
non daas esse ccnsemns, anctoritate apostolica statnentes, nt amodo
non Sypontine et Garganice ecclesie archiepiscopus, sed Sypontine
ecclesie tantom nominari debeat et crisma in ecclesia Sypontina
solammodo confici et electns Yestanas in Sypontina ecclesia con-
secretur, sicut bone memorie Goffridus«") qaondam Sypontinus ar-
chiepiscopus Marandum Vestanum electum in ecclesia Sypontina
noscitur consecrasse ; scripto isto non preiudicante Gargeuuce ec-
clesie archidiaconatui **) et aliis dignitatibus, si que ei olim ratio-
nabiliter et canonice sunt concesse. Ut autem hec nostre diffini-
cionis pagina perpetuis temporibus inuiolabiliter obseruetur, eam
duximus litteris annotandam, anctoritate apostolica statuentes, ut
nuUi omnino hominum liceat hanc paginam nostre diffinicionis in-
fringere uel ei aliquatenus contraire. Si quis autem hoc attem-
tare presumpserit, indignacionem omnipotentis dei et beatorom
Petri et Pauli apostolorum eins se nouerit incursurum.
R*»>. Ego Alexander catholice ecclesie episcopus ss''^
tEgo Hubaldus') Hostiensis episcopus ss.
fEgo Johannes sanctorum lohannis et Pauli presbiter cardinalis
tituli Pamachii*^) ss.
fEgo Albertus presbiter cardinalis tituli sancti Laurentii in Lu-
cina ss.
k) archiepiscopatum. /) Eageniis. m) Qoffridi. n) arcbidiaco-
nata. o) Von der Sota heißt es: In quodam uero circulo dicte bulle posito
bec uerba continentar, videlicet: Demostra micbi vias tuas domine. Sanctus Pe-
trus. SanctUB Paulus. Alexander PF. III. p) ss. fehlt hier und in der
Feige durchweg, ^) Lobaldos. r) Lamacbii.
Papstorknnden in den Abrtuzen nnd am Monte Oargano. 325
fEgo Guillelmus '^ presbiter cardinalis tituli sancti Petri ad Vin-
Cola 88.
fEgo B08O presbiter cardinalis sanete Padenciane '^ titali Pasto-
ris ""^ 88.
fEgo Manfredns presbiter cardinalis titali sanete Cecilie ss.
fEgo Petrus 'J presbiter cardinalis tituli sanete Susanne ss.
fEgo lacinthus diaconus cardinalis sanete Marie
in Cosmidin ss.
fEgo Centius diaconus cardinalis sancti Adriani ss.
fEgo Hugo diaconus cardinalis sancti Eustachii
iuxta templum Agrippe ss.
fEgo Laborans diaconus cardinalis sanete Marie
in Portion ss.
fEgo Rajoierius dyaconus cardinalis sancti Geor-
gii ad Velum aureum ss.
Dat. Anagnie per manum Graciani sanete Romane ecclesie
subdiaconi et notarii, YII^. kal. octobris, incarnationis dominice
M*. C*. LXXVn*, pontificatus uero domini Alexandri pape IIT.
anno XVni^
8) Btril. () Lndenciane. u) Laatoris. t;) Legns.
u.
Alexander III. nimmt das Bistum Penne unter dem Bischof Odo-
risias nach dem Vorgange Innocens* IL^ Eugens IIL und Anastasius'
IV, in den apostolischen Schutz und bestätigt ihm die namentlich auf-
geführten Besiteungcn.
Lateran 1178 Märe 23.
Orig, Penne Archivio capitolare. — Danach auch im Ms. des N,
Salconio saee. XVI f 30 Penne Archivio comunale und Copie saec,
XVIII von A. Blasiotti hei Cav. A. Casamarte in Loreto A2>rutino.
Cit. D'Avino p. 533 zu 1177. Vgl J-L, 8103 und Nr. 5. 6.
lustis uotis assensum.
Dat. Laterani per manum Alberti presbiteri cardinalis et
sanete Romane ecclesie cancellarii, X^ kal. aprelis, indictione XI*,
incarnationis dominice anno M". C*. LXX^VII^ pontificatus uero
domni ALEXANDRI pape HI. anno XVnm
B. dep.
CairdinäHe: Hubdid van Ostia] Johannes von SS. Oiovanni e Paolo,
326 P. Kehr,
Boso von S. Pudeneiana^ Johannes von S. Marco^ Petrus van S. Su-
sanna, Fivianus von S. Stefano in Cdio monte] Jacinthus von S.
Maria in Cosmedin, Ardicio von Ä Teodora^ Hugo von S. Angdo^
Laborans von S. Maria in Forticu, Rainer von S, Giorgio in Velcdfro.
12.
Lucius IIL nimmt das Bistum Penne unter dem Bischof Odori-
sius nach dem Vorgange Innocens* IL, Eugens IlL^ Anastasius' IV.
und Alexanders IIL in den apostolischen Schute und bestätigt ihm die
namefitlich aufgeführten Besitaungen.
Veüetri 1182 Mai 21.
Orig. Penne Archivio capitolare, — Danach auch im Ms. des N.
Salconio saec. XVI f. 32 Penne Archivio comunaU und Copie saec.
XVIII von A, Blasiotti bei Cav. A, Casamarte zu Loreto Aprutino.
Cit. J'L. 14656 nach UAvino Cenni p. 533 eu Juni 1. Vgl.
J'L. 8103 und Nr. 5. 6. IL
lastis notis assensom.
Dat. Yelletri per manam Alberti sancte Romane ecclesie pres-
biteri cardinalis et cancellarii, XII. kal. ionii, indictione XY, in-
carnationis dominice anno M^ C^. LXXX. I , pontificatns aero
domni LUCn pape lU. anno I.
B. dep.
Cardinale : Theodinus von Porto und S. Rufina, Petrus von 2W-
culum, Paul von Palestrina; Petrus von S. Susanna, Vivianus von
S. Stefano in Celio monte, Cinthius von S. Cecüia, Arduin von S.
Croce in Gerusodemme, Mattheus von S. Marcello^ Laborans von S.
Maria in Trastevere; Jacinthus von S. Maria in Cosmedin, Ardicio
von S. Teodoro, Rainer von S. Giorgio in Vdabro, Gratian von SS.
Cosma e Damiano j Rainer von S. Adriano.
13.
Lucius III. ertheilt detn Kloster S. Bartohn^o {in Carpineto) bei
Penne unter detn Abt Bonamund ein Privileg.
Veliari 1182.
Austrug im Ms. des N. Salconio saec. XVI f. 122 Penne Archi-
vio cemunale.
Papstarkunden in den Abnissen und am Monte Gargano. 327
Die Urkunde gehört wocÄ der Ortsangabe und den JahreS'
Charakteren in die Zeit vom Märe bis September 1182^ wahrschein^
lieh aber zu J-L. 14656 {1182 Mai 2t).
LVCIV8 episcopns sernus seruomm dei. Dilecto filio Bona-
mundo abbati monasterii sancti Bartholomei qnod in Pennensi ter-
ritorio sitom est eiasqae saccessoribas regalariier snbstituendis in
perpetnom. Pie postulatio aoluntatis [effectu]") debet prose-
qnente compleri, ut et^' denotionis sinceritas
R. Ego Lncins catholicae ecclesiae episcopns ss. BV.
t Ego Theodinna Portnensis et sancte Rufin§ sedis epis-
copns SS.
f Ego Panlns Prenestinns episcopns ss.
f Ego Joannes presbiter cardinalis titnli s. Marci ss.
fEgo Ardninns presbiter cardinalis titnli sancte Cmcis in Hiem-
salem ss.
fEgo Laborans presbiter cardinalis sancte Mari^ Transtiberim ti-
tnli sancti Calixti ss.
fEgo lacinthns') diaconns cardinalis sancte Mari$
in Cosmedin ss.
t Ego Gratianns sanctornm Cosme ^ et Damiani dia-
coni cardinalis ss.
Datnm Yelletri per mannm Alberti sancte Romane ecclesie
presbiteri cardinalis et cancellarii, indictione XV, anno incamatio-
nis dominice MCLXXXIII, pontificatns nero domini Lncii pape
tertii anno primo.
a) effectu fehU. b) et ut c) lacobns. d) CosmL
U.
Lucius IIL nimmt die biscJiöfliche Kirche S. Pelina di Valva
unier dem Bischof Odorisius fiach dem Vorgange Innocenz* IL^ Eugefis
Ill.y Hadrians IV. und Alexanders III. in den aposiolisciien Schutz
und bestätigt ihr die namentlich aufgezählten Besitzungen und die
DiSzesangrenzen.
Velletri 1183 März 26.
Zwei Ccpien saec. XVIII in Memorie su le aniichiiä di Pacen-
tro Sulmana Biblioteca Pansa.
Die Urkunde wiederholt in der Hauptsache den Worttaut der
328 P. Kehr,
älteren Privilegien. Die Namen der CardincUe sind z. Th. bis
zur Unkenntlichkeit entstellt, hier aber stillschweigend wiederher^
gestellt.
In eminenti apostolice sedis.
Datum Velletri per manom Alberti sancte ßornan^ ecclesi^
pr^sbiteri cardinalis et cancellarii , VII. kal. aprilis , indictione
prima, incarnationis dominier anno millesimo centesimo octogesimo
tertio, pontificatus uero domini Lucii pap^ III. anno secondo.
Cardiuäle : Theodinus von Porto und 8. Rufina, Heinrich von AI-
bano ] Venantius von S. Stefano in Cdio montCy Laborans von S, Ma-
ria in Trastevere, Hupert von S. Lorened in Damaso; Hyacinth von
S. Maria in Cosmedin, Ardicio von S. Teodoro, Gratian von SS.
Cosma e Damiano^ Boho von S. Angelo, Gerard von S. Adriano, AU
binus von S. Maria Nuova.
15.
Lficius HL nimmt die Kirche S. Johannes in Casanello unter
dem Propst Robert in den apostolischen Schutz, beseitigt ihr die Regel
S. Benedicts und die namentlich aufgezählten Besitzungen und Kirchen^
verleiht ihr das Aufnahmerecht und das Begräbnißrecht und bestätigt
ihr die Freiheiten und Immunitäten, das Recht einen Bischof für die
bischößiclien Leistungen zu wählen und das Wahlrecht.
San Flaviano 1184 Juni 10.
Orig. Atri Archivio capüolare. — Transsutnt von 1588 VI J27
ebenda.
Pie postalatio nolontatis.
Dat. apnd sanctom Flaoiannm per mannm Hngonis sancte Ro-
mane ecclesie notarii, Uli. idus iunii, indictione secunda, incarna-
tionis dominice anno M. C. LXXXTTII^, pontificatus uero domni
LUCII pape ITE. anno III.
B.
Cardinäe : Tlieodinus von Porto und S. Rufina, Heinrich von AU
bano, Theobald von Ostia und Velletri] Laborans von S. Maria in
Trastevere, Pandulf von SS. Apostoli] Ardicio von Ä Teodora, Gror
tian von SS. Cosma e Damiano, Soffred von S. Maria in Via lata,
AUnnus von S. Maria Nuova.
Papstarkanden in den Abnusen und am Monte Qargano. 329
16.
Urban III. bestätigt dem Bischof Odorisius von Valva die von
seinem Vorgänger Lucius gefälUe Entscheidung gegen das Kloster 8,
Maria di Bominaeo.
Verona {1186—87) April 27.
Orig. Sulmana Archivio capitolare {Fase. 69 Nr. 5).
Die Urkunde wiederholt in der Hauptsache eine verlorene
* Entscheidung Lucius^ III. Diese ihrerseits beruhte zum großen
Theil wörtlich auf dem erhaltenen Mandat Alexanders HL von
{1168—69) VII 25 {Nr. 0).
URBANVS episcopas soruus semoram dei. Venerabili fratri
Odorisio Yalaensi episcopo salutem et apostolicam benedictionem.
Eqaam est et consonum rationi, ut | ea qne de antecessorom no-
strorom sunt auctoritate decisa, nostro quoque munimine robore-
mas , ne aliqnormn malitia in dabium reaocet quod auctoritate
noscitor apostolica confirmatuni; sed in sua potias perpetao nalcat
firmitate manere. Cum antem nenerabilis frater noster P. Prene*
stinus episcopoa ^) et dilectus | ülius Octauianns sanctoram Sergii
et Bachi diaconus cardinalis a partibns Urbis per episcopatom
tnom ad presentiam nostram [ajccederent, ea qae innenerunt in |
autenticis scriptis felicis memorie Adriani, Alexandri et Lacii pre-
deecssoram nostrorom *) transcribi fecerunt et rescripta ipsa nostro
apostolatoi presentaront. Nos autem | in rescripto iam dicti L.
predecessoris nostri reperimas, qnod, com olim fratres de Mamo-
naco lohannem electom säum ipsius Alexandri predecessoris nostri
conspectui presentassent, occoltantes qnod eorom | monasteriom ad
tue iarisdictionem ecclesie pertineret, eundem electom salao eccle-
sie tue iure ad commnnem predictorum fratrum instantiam bene-
dixit, non satis memo|riter tenens, qnod prescriptom monasteriom
esse deberet ecclesie Yaioensi sobiectom ; postmodom oero, cognito
eoidenter ex scripto felicis memorie Ad(riani) pape, qood G. prepo-
sitos ecclesie toe') illi | exhiboit, qoaliter ipse pretaxatom mona-
steriom post controoersiam in eins presentia diligentios oentilatam
toe adiodicasset ecclesie, sententiam ipsam ratam habens et fir-
mam,| prefato abbati et fratribos eios per scripta soa mandaoiti
1) Cardinalbischof Paolns Ton Palestrina.
2) Gemeint sind Hadrian IV. (llöti) XU 19 Faraglia 47 Nr. 86; Alexander
UL (1166—68) I 13 (Nr. 8) nnd (1166-69) YU 26 (Nr. 9). Ladna III. Ut
deperditnm.
8) Goalterios (s. oben Nr. 9).
330 P. Kehr,
nt ecclesie tue tamqaam matri et magistre sae deferentes, in Om-
nibus humiliter et deuote episcopis ipsius | ecclesie, qui in ea fue-
rlnt pro tempore canonice substituti, debitam renerentiam atqae
obedientiam exhiberent nee ex eo presamerent eidem ecclesie quic-
qnam iuris sui | subtrahere, quod ab eo iam dicto abbati mnnus
esset benedictionis impensum et ne imposterum Valuensi preiudi-
care posset ecclesie, quod memoratus abbas de manibus | eins bene-
dictionem accepit, apostolica auctoritate decreuit, ut ex hoc eadem
ecclesia nullum futuris temporibus posset sastinere preiudicium *aut
iacturam, | quominus iam dictum monasterium, sicut per predictum
predecessorem nostrum adiudicatum fuisse dinoscitur, ecclesie pre-
fate subiaceat et abbatis benedictio ad | episcopum eiusdem ecclesie
debeat pertinere. Sepedictus autem L. predecessor noster, intel-
lectis per memoratum Alcx(andri) scriptum que diximns, sententiam
et constitutijonem eorundem antecessorum nostrornm ratam habens
et firmam, apostolica auctoritate decreuit, ut, sicut in nostrorum^>
scriptis autenticis contine|tur, supradictum monasterium perpetuis
temporibus ecclesie tue subiace[a]t et ab eins episcopis ipsius sem-
per benedictio requiratur abbatis et ad eos | sicut proprios epis-
copos debeat sine alicuius contradictione spectare. No[s] igitur
ipsius et aliorum predecessorum nostrorum uestigiis inherentes,
senjtentiam et constitutionem ipsam presentis scripti pagina con-
firmamus. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostre
confirmajtionis et constitutionis infringere uel ei ausu temerario
contraire. Si quis autem hoc attemptare presumpserit, indignatio-
nem omnipotenjtis dei et beatorum Petri et P[aul]i apostolorum
eins se nouerit incursurum. Dat. Yerone Y. kaL maii. |
B.
a) tu ergänMm antecessoram.
17.
Clemens IIL nimmt das Kloster S. Pidro de Volle bona und
seine Besitmngen in den apostolischen Schutz.
Lateran 1188 Octdber 25.
Copie saec. XVII bä Zanotto Digestum scripturarum I f.48 „ex
proprio originali cxistenti in archivio abbatiae s. Spiritus de Sulmona""
Sulmona Biblioteca Pansa.
Papstarkaaden in den Abrauen and am Monte Gargano. 331
Ich gebe nur d(is Regest j da Herr Pansa diese Urkunde dem-
nächst zu publiriren beabsichtigt.
Sacrosancta Romana ecclesia.
Dat. Lateran. YIU. kal. nouembr. pontificatas nostri anno primo.
18.
Clemens IIL nimmt das Kloster S. lienedetto di Perillo unter
dem Propst Gualter in den apostolischen Schute, bestätigt ihm die
Regel des h. Benedict, die Besitzungen und Rechte.
Lateran 1188 November 21.
Copie saec. XVII bei Zanotto Digestum scripturarum I f. 49 ^ex
copia sinyi>lici in carta bonAacina existenti in arch. mon. Collimadii
de Aquila^ Sulmana Biblioteca Pansa.
Den Text unrd Herr Pansa nächstens publieiren.
Cum a nobis petitor.
Dat. Lateran, per mannm Moisi'^ sancte Romane eedesie snb-
diaconi et oicem gerentis^^ cancellarii, XL kal. decembris, indic-
tionis septimQ, incarnationis dominier anno MCLXXXVIII, ponti-
ficatna nero domini dementia pape III. anno I.
Cardinale : Fabian von S. Maria in Trasteverc, Pandulf von SS.
Apostoli, Älbin von S. Croce in Gerusalemme; Bobo [von S. Giorgio in
Vdabro, Johannes Felix] von S. Eustachio '\ Jacinthus ''> von S. Maria
in Cosmedin^ Gregor von S. Maria in Porticu^ Joliann von S. Teodora.
a) Orisii. b) Tioegerentis. c) die Abtchriß ist hier offenbar unvoU»
ständig. d) lacoboa.
19.
Clemens IIL ermahnt aüe Glätdngen in der CapUanata und
Apulien, eu Gunsten des Baus der Kirche S. Maria in terra Sanctus
Severus Almosen zu geben.
Lateran 1189 {März Iß—Aprü 1).
Orig. San Severo Arclnvio capitolare.
Qaoniam nt alt apoatolaa.
Dat. Laterani [. . .] kal. aprilia pontificatoa noatri anno aecnndo.
B. dep.
332 P. Kehr,
20.
Clemens HL nimmt das Bistum Penne unter dem Bischof Odo-
risius nach dem Vorgange Innocenz^ IL, Eugens LI L, Anastasiu^ IV.^
Alexanders HL und Lucius' III, in den apostolischen Schutz und be-
stätigt ihm die namentlich aufgeführten Besitzungen.
Lateran 1189 October 6.
Orig. Fenne Archivio capitolare. — Danach auch im Ms. des N.
Salconio saec. XVI f 37 Fenne Archivio comunale und Copie saec.
XVIII von A. lilasiotti hei Cav. A, Casamarte zu Loreto Aprulino.
Cit. J L. 16445 zu October 15 nach D'Avino Ccnni f). 533.
Vgl J-L. 8103 und Nr. 5. 6. 11. 12.
Instis uotis assensum.
Dat. Lateran, per manum Moysi sancte Romane ecclesie 8ub-
diaconi uieem agentis cancellarii, IL non. oetobr., indictione VIII,
incarnationia dommice anno M.U.LXXX. Villi "\ poutificatus uero
domni Clementis pape III. anno secundo.
B. dep.
CardincHe: Albinus von Albano, Bobo von Porto und S. Rnfina;
Laborans von S. Maria in Trasfeverc^ Fetrus von S, Lorenzo in Da-'
maso^ Fetrus von S. Fietro in VincoH, lohannes Felix von S. Sm-
sanna; Jacinthus von S. Maria in Cosmedin^ Gregor von S. Maria
in Aquiro.
a) statt Villi ursprünglich VIII.
21.
Celestin HL befiehlt dem Decan und dem Convent von 8. BarUh
lotneo di Carpineto^ den von ihnen zum Abt gewählten Mönch Gucdter
von Monte Cassino nach Rom zur Weihe zu senden.
Lateran 1194 März Z8.
Copie saec. XVI im Ms. des N. Salconio f. 114! Fenne Archivio
camuncde.
CELESTINVS episcopas senius semomm dei. Dilectis filiis
decano et conventai sancti Bartholomei de Carpineto salutem et
apostolicam benedictionem. Sicut ex literis aestris aoeepimoSy
ittxta mandatom noatrum pro eligendo uobis pastore secondam beati
Papstarkanden in den Abnuzen und am Monte Gargano. 333
Benedicti regolam conuenistis et innocata^^ spiritus sancti gratia
nota aestra in dilectam filinm Gaalterinm monacnm Casinensem
nirum, sicut dicitur, prouidnm et discretam pariter connenerant et
eum in pastorem aestrum unanimiter eligistis. Qnocirca uniuer-
sitati nestre per apostolica scripta mandamus, quatenus enndem
electum uestram [ad] presentiam [nostram]^) transmittatis, confir-
mationia et benedictionis mnnas, prout dignnm foerit, a sede apo-
stolica recepturam. Dat. Lateran. V. calen. aprilis pontificatus
nostri anno tertio.
a) in nocato. b) im Ms, bloß presentiam.
22.
Celestin IIL nimmt die Kirche S. Nicolai de Monte JUatesio unter
dem Prior Johannes in den apostoliscfien Schute^ bestätigt ihr die
Regel S. Benediäs^ die namentlich aufgezählten Besiteungen, die Zehn-
ten^ das Äufnahmerecht ^ die WaJd des Bischofs für die bischöflichen
Leistungen und das Wahlrecht.
Born S. Peter 1194 Mai 23.
Copie von 1357 Boiano bei Herrn Domenico Chiovitti.
Die Namen sind schrecklich verderbt; die Cardinalsunter-
Schriften sind hier stillschweigend emendirt.
Com sitis regulärem.
Data Borne apud sanctum Petrmn per mannm Egidii sancti
Nicholai in carcere Tolliano diaconi cardinalia, X. kal. iunii, in-
dictionis XIT*, anno dominice incarnationis M*. C*. XC*. IUI*, ponti-
ficatos nero domini CELESTDn pape III. anno qaarto.
Cardinaie: Albinm von Älbano^ Octavian von Ostia und Velletri,
Johannes von Palestrina, Petrus von Porto und S. Rußna; Pandtdf
von SS. Apostolif Petrus von S. Cecilia, Johannes von S. demente und
Bischof von ToscaneUa , Johannes Felix von S. Susanna , Romanus
von S. Anastasia, Cruido von S. Maria in Trastevere^ Hugo von S.
MartinOf Johannes von S. Stefano in CeliOy Cinthius von S. Lorenso
in Ludnoj Soffredus von S. Prassede, Bernhard von S. Pietro in Vin-
coli^ Fidantius von S. Marcello; Oratianus von SS. Cosma e Da-
miano, Qregor von S. Maria in Porticu, Gregor von S. Maria in
Aguiro, Lothar von SS. Sergio e Bacco, Nieolaus von S. Maria in
Cosmedin^ Bobo von S. Teodora ^ Petrus von S. Maria in Via lata.
Kfl.««. 4. WIM. MMhfftokI«. PkUolH^rUitor. KImm. 1886. Hallt. 23
334 P* Kehr 9 Papstorkünden in den Abrttzzen and am Honte Gargano.
Celesün IIL nimmt das Bistum Penne unter dem Bischof Odo
nach demVorgange Innocenz* 11.^ Eugens IIL^ Anastasius^ IV.^ Alexan-
ders lll.y Lucius' 111, und Clemens' IIL in den apostolischen Schutz
und bestätigt ihm die namentlich aufgeführten Besitzungen, insbeson-
dere die wörtlich eingerückte Entscheidung Lucius^ IIL von 1184 1 19
J'L. 14B74: über den Streit zwisclien Bischof Odorisius und dem Abt
Senebald von S. Quirico de Interocro.
Lateran 1195 Februar IL
Orig, Penne Archivio capitolare. — Danach aufh im Ms. des
N. Sdlconio saec. XVI f. 39' Penne Archivio comunale und Cqpie saec.
XVIII von A. Blasiotti bei Cav. A, Casamarte in Loreto Aprutino.
Cü. J'L. 17190 nach Ughelli I 1125. Vgl. J-L. 8103 und
Nr. 5. 6. 11. 12. 20.
lastis uotis assensum.
Dat. Lateran, per mannm Cencii sancte Lucio in Orthea dia-
coni cardinalis, domini pape camerarii, UI. idus febmarii, indictione
XIII, anno dominice incamationia M^ C^. XC®. UII°, pontificatus uero
domini CELESTINI pape III. anno quarto.
B. dep.
Cardinale: Albinus von Albano^ Octavian von Ostia und Vdletrij
Johannes von Pcdestrina^ Petrus von Porto und S. Rufina] Pandulf
von SS. Apostoli^ Petrus von S. Cecüia^ Johannes von S. demente^
Bischof von Toscanella und Viterbo, Hugo von S. Martine^ Johannes
von S. Stefano in Celio monte^ Cinthius von S. Lorenzo in Lucina^
Soffred von S. Prassede, Bemard von S. Pietro in Vincoli^ Fidantius
von S. Marceüo; Oratian von SS. Cosma e Damiano^ Gerard von
S. Adriano, Gregor von S. Maria in Porticu^ Lothar von SS. Sergio
e BaccOf Nicolaus von S. Maria in Cosmedin^ Gregor von S. Angdo^
Bobo von S. Teodoro^ Petrus von S. Maria in Via lata.
Papstarkunden im Principato, in der Basilicata
and in Calabrien.
Ein BeiBebericht
▼on
H. Kllnkenborg.
Vorgelegt Ton P. Kehr in der Sitxtmg Tom 28. Juli 1898.
So gering auch immer der Erfolg sein mag, den meine Reise
im Principato, in der Basilicata und in Calabrien für die Ausgabe
der Papsturkunden brachte, so wird doch dem Historiker eine
Uebersicht über diese bisher fast gar nicht untersuchten Archive
nicht unwillkommen sein«
Ln Anfang Januar verließ ich Neapel, wo Herr Dr. Schia-
parelli und ich die Reise für ünteritalien vorbereitet hatten,
um nach der Bearbeitung der Archive von Nola, Samo, Nocera
und La Cava nach Avellino zu gehen. Hier fand ich an Herrn
Prof. Testa einen liebenswürdigen Führer; er versicherte mir,
daß in der Biblioteca comunale e provinciale, derenVer-
waltung ihm übertragen war, weder Handschriften noch Urkunden
vorhanden seien. Im Archivio comunale war die Copie einer
Bulle Pauls V. das älteste Document, das ich aufzufinden ver*
mochte. Das Archivio provinciale beginnt mit Akten der
üdienza di Montefusco* s. XVJi. Die wenigen Urkunden des A r-
chivio capitolare sind zu einem Bande zusammengebunden
und fibersteigen s. XIV nicht. Von den hier aufbewahrten Manu-
Scripten ist nur die Storia di AveUino von SoipUme BeUabima (vgl.
Testa, Sc B. Avellino 1895) zu nennen, in deren viertem Buche
die Privilegien von Montevergine meist aus Drucken copiert sind,
darunter Celestin m. J-L. 17686. Das Arohivio vescovile
23«
336 ^- Klinkenborg,
hat nach den Angaben des Prof. Testa and des Cancelliere vesco-
vile nur Verwaltungsakten von s. XVI an.
In Montemarano eind weder im Archivio capitolare noch
im Archivio comunale ältere Bestände. Der Arciprete er-
zählte mir, daß die Urkunden des Archivio capitolare an einen
Vertreter der Regierung ausgehändigt und seitdem verloren seien ;
eine Vita des Titularheiligen der Kathedrale S. Giovanni habe man
den BoUandisten geschenkt. Ein Archivio vescovile existiert
hier nicht mehr, sondern es ist mit dem Archivio vescovile von
Kosco verbunden, seitdem diese beiden Bistümer vereinigt sind.
Letzteres zeigte mir der Bischof Mons. EmilioTodisco-G-rande
persönlich : Urkunden eines Dominikanerklosters von Nusco sind
die ältesten Documente dieses Archives von s. XIV an. Die Ka-
thedrale hat nur eine einzige Urkunde, das Testament des Bischofs
Amato von 1093, dessen Original vor einigen Jahren wieder auf-
gefunden wurde, so daß dadurch der Streit entschieden ist, den
man über seine Echtheit führte^). Sonst hat das Archivio ca-
pitolare nach den Versicherungen des Vicario generale della
Vecchia nur Verwaltungsakten modernen Datums.
Die Archive der vereinigten Bistümer S. Angelo dei Lombard!,
BiBaooia und Monteverde erwiesen sich als bedeutungslos. Das Ar-
chivio capitolare in S. Angelo hat eine Sammlung von
Pergamenturkunden, die mit dem Jahre 1540 beginnen, dagegen
sind die Archive der Stadt und des Bistums noch jünger. In B i-
saccia, wo ich bei dem Arzt Pasquale Capaldo gastliche Auf-
nahme fand, wurden mir im Archivio capitolare Urkunden
s. XVII und vier libri chorales ohne künstlerischen Wert gezeigt.
Ueber die Archive von Monteverde wurde ich durch den Erz-
bischof von Conza, Mons. Buglione, der aus Monteverde stammt,
näher unterrichtet. Er sagte mir, daß das Archivio comunale
nichts habe, daß die älteren Documente, die im Eapitelarchiv
aufbewahrt wurden, von ihm wieder aufgefunden seien, aber keinen
historischen Wert hätten.
Die Hoffnung, in der Metropole dieses trefflichen Praelaten
eine gute Ausbeute zu finden, täuschte mich vollständig. In Conia,
wo noch heute das Kapitel und die Kathedrale ist, blieb mir das
Archiv verschlossen, weil der Arcidiacono, der die Schlüssel ver-
wahrte, nach S. Andrea di Conza gegangen war, um mit dem
dort residierenden Erzbischof einige Beratungen zu halten. Der
1) Vgl. AcU Sanctorom Bd. 40 (1868) 8. 704 und Capuso im Ardddo sto-
rico Napoletano VI 648.
Papst Urkunden im Principato, in der Basilicata und in Calabrien. 337
Erzbischof und sein Vicario generale Mons. Migliore nahmen mich
gastlich auf und machten mich mit dem Arcidiacono della cattedrale
di Conza bekannt, der mir versicherte, daß durch die häufigen Erd-
beben, die Conza heimgesucht haben, das dortige Kapitelarchiv
aller älteren Documente beraubt sei, so daß ein nochmaliger Be-
such sich nicht lohnen würde. Das Archivio arcivescovile
beginnt s. XVI (mit Leo X), doch ist hier noch ein wichtiges Ma-
nuscript : Cronaca Coneana dedicata airUl"*^ D. Gaetano Caraccivi ar-
civescovo di Conza daWatUore dottore D. Donato Antonio Castellano,
2 Foliobände, s. XVIH ineun. mit Calixt U. J-L. 7115 in Bd. I
f. 54' mit der Quellenangabe : Vi era anco anticamente un cimiterio
vulgarmente dimandata la carnälia nel quäle siava concessa Vindtd-
genza da Ccdisto IL Dagegen hat sich von den Privilegien Ale-
xanders III. und Lucius' III. für das Bistum, die in einer Bulle
Innocenz' III. Potth. 1159 erwähnt sind, keine handschriftliche lieber-
lieferung erhalten. In Conza erfuhr ich von dem Erzbischof, daß
bei der Vereinigung von Satriano-Lucano mit dem Bistum
Campagna auch die geistlichen Archive von Satriano nach Cam-
pagna gebracht wurden.
Bei einem Besuche der Archive von Lacedonia stellte sich her-
aus, daß das älteste Document des Archivio vescovile ein
Breve Gregors XIU. von 1581 ist, daß im Archivio capitolare
nur zwei Plateae vorhanden sind, während das Archivio co«
munale ausschließlich Verwaltungsakten hat.
Auch die auf der Rückreise aus Calabrien besuchten Archive
von Polioastro, VaUo-Lneano, Capaooio, Teggiano, Padula und Manioo
nuovo boten geringe Ausbeute. In Polioastro, das jetzt ein gänz-
lich unbedeutender Ort ist, dem ein vollständiger Ruin droht,
fand ich im Archivio vescovile Akten von s. XVIII an
vor, während das Archivio capitolare nach den mir er-
teilten Versicherungen gar nur Schriftstücke unseres Jahrhunderts
haben soll. Auch das Archiv des alten, einst hochbedeutenden
Bistums Pesto - Capaooio ist verloren. Bei der Teilung der Diücese
von Capaccio in die von Vallo-Lucano und Teggiano wurde auch
das Bistumsarchiv, das lange Zeit in Sala Consilina verwahrlost
gelegen hatte, und von dem ein großer Teil verkauft wurde, ge-
teilt, doch ist so wenig übrig geblieben, daß die beiden Ar-
chivi vescovili von Teggiano und Vallo-Lucano nur Do-
cumente s. XIX besitzen. Das Archivio capitolare in Vallo
beginnt etwa mit 1550, das von Teggiano mit 1288, endlich
das von Capaccio selbst, das heute im Ufficio del registro
zu Capaccio aufbewahrt wird, geht bis s. XVI. zurück. Einige
338 ^* Klinkenborg,
Archive dieser Gegenden wie das der Benedictinerinnen von
von 1359 an und das der Cistercienserinnen von Saponara von 1537
an sind im Archivio grande zu Neapel.
Im Archivio vescovile von Marrioo nuovo, das mir der Yi-
cario generale Messina zugänglich machte, sah ich eine Urkunden-
sammlung von s. XTTT an. Auch wird hier das Archiv von S. Gia-
como dei Celestini di Marsico nuovo anfangend mit s. XIV aufbe-
wahrt. Die ältesten Documente des Archivio capitolare
gehören dem 15. Jahrhundert an. Auch besuchte ich hier noch
die Familien archive von Rossi und Barrese, von s. XVI an.
Die einst sehr reiche Bibliothek der im 13. Jahrhundert ge-
gründeten Certosa zu Padula ist jetzt arg geplündert; Handschrif-
ten , auf die ich wegen der häufigen Copialbücher der Privilegien
für den Karthäuserorden fahndete, waren überhaupt nicht zu ent-
decken. Vom Archiv war nichts übrig geblieben, doch erzählte
mir der Conservatore dieses monumento nazionale, Marchese Impe-
riale, daß einige Pergamene des Archivs im Ufficio del registro
di Sala Consilina erhalten seien.
Die von Ughelli publicirten Papsturkunden des Bistums Melfl
sind verloren*). Der Bischof, der selbst das Archivio vesco-
vile geordnet hat, versicherte mir, daß dort keine Urkunden vor
s. XVI vorhanden seien, auch Copien von älteren Papst- und Kaiser-
urkunden nicht. Das Archivio capitolare hat eine Samm-
lung von Pergamenturkunden von 1334 an, ferner 21 Papierbände
verwaltungsrechtlichen Inhalts, endlich auch ein Register zum Ar-
chiv. Die Archive der Stadt und des Fürsten Doria boten nichts
für uns. Das Archivio capitolare des mit Melfi vereinigten
Bistums Bapolla hat wenige Papierbände, die keine Bedeutung
für uns hatten. Die Erkundigungen, die ich in Melfi über das
ArchivdesKlosters S.Mi chelarcan gel o inVolture (Monticchio)
einzog, ergaben kein sicheres Resultat. Ein Teil des Archivs be-
findet sich in der Biblioteca nazionale zu Neapel (I. AA. 39) , doch
stellte sich bei der Durchsicht heraus, daß hier das Privileg von
Nicolaus II. für das Kloster, dessen Kirche er am 13. August 1059
consecrirt hatte, fehlte^. In Bionero aber erfuhr ich von einem
früheren Mönch des Klosters, der dort jetzt Pfarrer ist, daß diese
1) Schon Gennaro Araneo, Kotizie storiche della citU di Melfi (Firense 1866)
p. 210 kannte die Bollen nar aas Ughelli, Tgl. aach D'Ayino, Cenni storici solle
chiese del Regno delle doe Sicilie p. 828.
2) Die besten Kachrichten bei Gennaro Araneo, Notixie di Melfi p. 141 ond
p. 290 Anm. 1. Dagegen ist das, was A. di Meo, AnnaU di Kapoü Bd. 8 (1808)
p. 8 aof Grond von Costantino Gatta, Lucania sagt, siemlich verwirrt.
Papstarkanden im Prindpato, in der Basilicata cmd in Galabrien. 339
ürknnde, die eine Indalgenz enthalten habe, bei einem Briganten-
kämpf in der Sakristei zu G-ronde gegangen sei. Die bei dieser
Gelegenheit besachten Archiveltioneros, das Archivio munici-
pale und das Ufficio del registro boten keine Ausbeute.
In Potenia war der Archivista di stato Antonio Tripepi
mein unermüdlicher Führer ; leider war er erst kurze Zeit hier
und kannte daher die Archive noch nicht. ImArchivio provin-
c i a 1 e ist eine mit dem Jahre 1680 beginnende Sammlung von Ur-
kunden ; sonst ist dies Archiv ebenso wie das der Praefektur und
der Provinz Verwaltungsarchiv. Das Archivio vescovile hat
nur noch Akten von s. XVUI an, das ältere Material von s. XIII
ab ist in das Staatsarchiv nach Neapel gebracht. In der Biblio-
teca del Seminario vescovile fand ich eine große Anzahl von
Urkunden von 1317 an, sowie einige allerdings wertlose Handschrif-
ten. Auch die Biblioteca del Liceo zeichnete sich durch zwei Hand-
schriften s. XVn und s. XVni aus. Nur das Archivio capi-
tolare ging bis ins 13. Jahrhundert (circa 1276) zurück.
Von Potenza aus besuchte ich mit großen Erwartungen die
alte Metropole Aoarenia, aus deren Archiven Ughelli eine große
Beihe von Papsturkunden publicirt hat. Leider war auch hier
der Erfolg, trotz aller Unterstützung, die ich bei dem Sindaco Pas-
quale Pan ni und seinem Bruder dem Vicario generale Mons. Panni
fand, gering. Wie mir gesagt wurde, ist der Verlust, den das
Archiv erlitten hat, dadurch zu erklären, daß es einst von Ace-
renza nach Matera gebracht und erst nach langen Verhandlungen
wieder an Acerenza zurückgegeben wurde. Das Archivio ca-
pitolare, dessen Bullen alle zusammengeheftet sind, beginnt
mit einer gleichzeitigen Copie Alexanders IL J-L. 4647, ebenda
ist auch ein Notariatsinstrument dieser Bulle von 1689. Sonst ist
alles verloren, insbesondere ließ sich das von Ughelli benutzte Co-
pialbuch des Bistums nicht nachweisen. In Acerenza sowohl wie
in Potenza bemühte ich mich vergeblich über die Archive der bei-
den zu der Diooese von Acerenza gehörenden Klöster Banzi und
Pisticci Näheres zu erfahren. Das einst an Papsturkunden so
reidie Archiv von Banzi scheint vollständig verloren zu sein^).
Die Archive von Muro Lueano sind neuerdings in dem Werke
1) Eine haodschrifUiche Geschichte des Klosters Banri von Domenico Pan-
neUi (La memorie del monastero Bantino, Bibl. nasionale di Napoli X. G. 1; ein
iweitet Exemplar ebenda XIV. B. 16) hat neben Ughelli als Quelle fQr drei wei-
tere noch nogedmckte Papstarknnden [Alezander II. and 2 Paschale] den Processo
di Regia Camera Nr. 680 di PandetU Antica im Archivio di sUto ra Neapel
benntst Ueber die ArchiTe von Matera nnd Bansi s. oben (Papstork. in Apalien).
340 ^* Elinkenborg,
von L. Martuscelli, Numistrone e Muro Lucano (Napoli 1896) so voll-
ständig ausgenutzt, daß ich mich mit dem Hinweis auf dies Werk
begnügen kann. Für die Fapsturkunden ergaben sie nichts.
Ebensowenig war dies in Tricarioo der Fall, obgleich hier die
ältesten Archive der Basilicata vorhanden sind. DasArchivio
capitolare beginnt mit dem Anfang des 11. Jahrhunderts und
besitzt unter anderen einige griechische Urkunden. Wichtig ist es
insbesondere durch die Urkunden der Grafen von Tricarico und
der Erzbischöfe von Acerenza. Die von Zavaroni Esistenza e va-
liditä dei privilegi conceduti di principi Normanni alla chiesa ca-
thedrale di Tricarico aus dem Kapitelarchiv mitgeteilten Papst-
urkunden von Calixt II. J-L. 7078 und Lucius III. J-L. 14922 schei-
nen jetzt verloren zu sein. Im Archivio della curia ves-
covile wurden die Acta sanctae visitationis vergeblich auf etwaige
Copien dieser verlorenen Urkunden durchgesehen. Im Ufficio
del registro werden die Urkunden des Klosters S. Chiara von
1201 an aufbewahrt; sie sind neben den Urkunden des Eapitel-
arcbivs für die Geschichte der Grafen von Tricarico, die dieses
Kloster gegründet hatten, wichtig. Ein großer Teil der Urkunden
von Tricarico befindet sich außerdem im Archivio di stato zu
Neapel.
Ueber die Archive des Bistums Anglona - Tnrsi unterrichtete
mich ein Brief des Vicario generale Mons. G. Fadul a, der angab,
daß mit der Zerstörung von Anglona auch das alte Archiv ver-
nichtet sei, und daß jeder Versuch auch nur Abschriften von Ur-
kunden vor 1200 zu erhalten vergeblich sein würde. Dagegen
waren meine Bemühungen über die Archive der alten der Diöcese
von Anglona-Tursi angehörenden Klöster von Carbone und von
S.Maria deSagittario nähere Nachrichten zu erhalten, erfolg-
los^). Das Archivio delle Ciarisse di Tursi von 1630 an befindet
sich im Archivio di stato zu Neapel.
Daß die Archive der Basilicata und des Principato eine so
1) Die Geschichte des Klosters too Paolo Emilio Carbone, die üghelli, Italia
Sacra VII 71 ff. häufig benutzt hat, ist mir nicht zugänglich. Die Gründung des
Klosters Yon S. Maria de Sagittario setzt Ughelli, Italia sacra VII 80 ins Jahr
1200, dagegen setzen andere die Gründung des Klosters ins X. Jahrhundert. Für
diese Ansicht spricht die von Gregorins de Laude alias de Lauro, B. Joachim!
ahbatis sacri ordinis Cisterciensis monasterii Floris apologetica angeführte Bulle
von Ilonorius III. von 1216 Sept. 18 (fehlt bei Potth. und Pressuti), in der Hono-
rius die Privilegien des Klosters nach dem Vorbild von Alexander IL, Gregor
VII., Urban IL, Paschal IL und Calixt IL bestätigt (vgl. di Meo Annali X 185 ff.
[1806]).
Papttnrkunden im Prindpato, In der BMllieaU nnd In Calabrien. 341
geringe Ausbeute liefern würden, war trotz der nicht zu hoch ge-
spannten Erwartungen nicht vorauszusehen, dagegen waren von
Anfang an die Hoffnungen, in Calabrien viel Material aufzufin-
den, nicht groß. Verschiedene Unglücksfalle, wie die Verwüstungen
der Türken und Saracenen, sowie die vielen Erdbeben, insbesondere
das von 1783, haben hier mit dem älteren historischen Material so
gründlich aufgeräumt, daß ein so genauer Kenner der Archive Ca-
labriens wie der Grraf Vito Capialbi in seiner Schrift Sugli archivi
delle due Calabrie ulteriori S. 12 gestand : „lo, che ho frugato quanto
piili ho potuto gli archivi delle varie cittä e corporazioni religiöse
ed ecclesiastiche di quella provincia per la compilazione delle me-
morie de'vescovadi calabresi, posso accertare che non mi e riuscito
mai di vedere le originali concessioni , donazioni e i privilegi ge-
nerosamente rilasciate alle chiese ed a'monasteri calabresi da'So-
vrani, daTontefici o da altri illustri feudatari'^. Diese Angaben
erwiesen sich wie überhaupt alle Bemerkungen der kleinen Schrift
als durchaus zutreffend.
Mein Plan bei dieser Reise in Calabrien, mich zunächst in
Coaansa durch die Mitglieder der Accademia Cosentina möglichst
genau über die Archive zu orientieren, konnte nicht durchgeführt
werden, denn diese Mitglieder waren eben über sie durchaus nicht
unterrichtet. Der Liebenswürdigkeit der Avvocati Fera und de
Bonis, sowie des Sindaco Salfi verdanke ich indeß, daß mir
alle Bibliotheken und Archive Cosenzas zugänglich waren. Die
Biblioteca Cosentina, die jahrelang geschlossen war, und
deren Bücherbestand fast ganz verschwunden ist, ist jetzt wieder
neugeordnet worden. Leider strebt man jedoch nicht darnach, hier
eine Bibliothek zu schaffen , die die für Calabrien wichtige Litte-
ratur in erster Linie enthalten soll, sondern das Ideal ist, aus
allen Weltgegenden und aus allen Wissenschaften etwas zu be-
sitzen. So war sie für mich von keinem Nutzen. Nur eine Hs.
8. XVin wurde hier aufbewahrt. Dagegen kann ich dem Sindaco
Salfi nicht genug danken, daß er mir seine für die Localgeschichte
Calabriens sehr wichtige Bibliothek , für die jetzt würdige Räume
gebaut werden, zugänglich machte, namentlich war hier eine große
Anzahl von Broschüren zusammengebracht. Einige Handschriften
haben für die Calabresische Geschichte im 16. und 17. Jahrhundert
Wert. Weniger wichtig erwies sich die Bibliothek des Hauses
Bombini, während mir die der Familie Greco verschlossen blieb.
Die ältesten Urkunden hat das Archivio capitolare von 1223
an ; die früher vorhandenen Eaiserurkunden für Cosenza und S. Gio-
vanni in Fiore sind jetzt verloren. £in Katalog des Archivs ist
842 M. Klinkenborg,
im Besitz des Avvocato de Bonis (Mss. s. XVII.). Im Archivio
della curia vescovile ist ein wichtiger Liber praebendaram von
1826, der aus älteren jetzt verlorenen Quellen geschöpft hat.
Namentlich ist sein fünftes Capitel| die Geschichte der Erzbischofe
von Cosenza enthaltend, wichtig wegen der reichen historischen
Notizen. Das Municipalarchiv hat seine älteren Sachen durch
den Geschichtsschreiber Cosenzas, den Sindaco Andreotti verloren :
er hatte alles in seine Wohnung bringen lassen, verzog aus Cosenza
und bei seinem Tode ist dann alles zerstreut worden. Ich sah
nur noch einige libri chorales, die aus dem Franziskanerkloster
stammten. Vergeblich suchte ich in dem in der Praefektur gebil»
deten Archivio Silano nach Urkunden des Klosters S. Giovanni
in Fiore; es enthält nur Akten von s. XVII an. Doch wird dies
erst im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts gegründete Kloster
schwerlich andere Papsturkunden als die fiberlieferte Celestins III.
J-L. 17426 gehabt haben^). Im Archivio provinciale fand
ich eine neuerdings aus Castrovillari gekommene Sammlung von
Urkunden vor, doch sind es nur Instrumente von s. XVI an. Das
Archivio notarile beginnt mit Ende des 16. Jahrhunderts; die
früher hier aufbewahrten Pergamenturkunden sind zu Umschlägen
verwandt oder verkauft worden.
In Bisignano hoffte ich das Original des Privilegs Cele-
stins m. von 1192 April 13 aufzufinden, in dem der Papst das
Bistum in den unmittelbaren Schutz der römischen Kirche nimmt.
Aber nicht einmal eine Abschrift war vorhanden, so daß wir auf
die Copie im Processo di regio patronato Bd. 1038 Nr. 16 f. 6 im
Archivio di stato zu Neapel angewiesen sind (J-L. — , Incipit:
Ordo rationis expostulat.). Was heute im Archivio vescovile und
im Archivio capitolare zurückgeblieben ist, übersteigt nicht s.
XVIII. Im Franciscanerkloster della Riforma sind in der von der
Comune den Unbilden des Wetters preisgegebenen Bibliothek
auch Handschriften, doch nur religiösen Inhaltes. Eine Geschichte
des mit Bisignano vereinigten Bistums 8. Maroo wird demnächst der
Canonico Cristofaro herausgeben, der mir in beweglichen Worten
die Schwierigkeit seines Unternehmens bei dem Fehlen urkund-
lichen Materials schilderte. Eine Platea des Carlo Pintibona von
1) Scbmerdicher ist, daB das Archiv des Matterklosten von S. GioTaimi
10 Fiore, des Klosters S. Maria di Corasso yerloren ist Der ans bei Jacobe
Oraeco, Cronologia Joachim! abbatis et Florensis ordinis ex copia aotentica er-
haltene Honorios 11. J-L. 7877 s&hlt an älteren Papstnrkunden auf: Alezander II.,
Gregor YII., ürban IL, Paschal II. and Calixt II.
Papstarkanden im Principaio, in der BasilieatA und in Calabrien. 343
1612 ist das älteste Document des Archivio capitolare, wäh-
rend das Archivio della caria zwei Urkunden s. XVI, sonst
aber nur Akten s. XIX hat. Cristofaro selbst hat einige hi-
storische Handschriften s. XVII, so z. B. Eduardos Leopoldus Petti,
Chronolo^ia dei vescovi di S. M., doch sind bereits hier die älteren
Notizen Drucken entnommen.
In Cassano waren durch einen Brand des Vescovado in diesem
Jahrhundert die hier untergebrachten Archive des Bistums und
des Kapitels zerstört, die wenigen durch Zufall geretteten Docu-
mente haben keinen Wert für uns. Die Bibliothek der Kapuziner
von Cassano ist dem Ist i tut o di S. Andriano in S.Demetrio
unweit Coriglianos mit anderen Bibliotheken der aufgehobenen
Klöster überwiesen worden; mich hinderte der strenge Winter
dies durch keine Landstrassen mit der Welt verbundene Institut
aufzusuchen.
In Boflsano übernahm der Arciprete Can. Giuseppe Ciconte
in liebenswürdiger Weise die Führung, doch waren alle seine
Bemühungen einiges, das unseren Zwecken dienlich sein könnte,
aufzufinden, vergeblich. Nur das Archivio capitolare hat ein
höheres Alter aufzuweisen, denn es beginnt mit dem Ausgang des
13. Jahrhunderts; dagegen boten Archivio vescovile, municipale,
del barone de Bossis, del barone Amarilli und della famiglia Ma-
lena kein größeres Interresse.
Die Archive von Cariati und Strongoli wurden vergeblich durch-
sucht, dagegen verzichtete ich auf einen Besuch der Archive von
Gerenia und Umbriatioo, nachdem mir der Bischof von Cariati ver-
sichert hatte, daß dort nichts mehr vorhanden sei. Nach den ge-
machten Erfahrungen konnte ich diesen Angaben leicht Glauben
schenken. Ebensowenig fand ich in Cotrone Ausbeute. Die älte-
sten Pergamene von s. XV an besitzt derMarchese Lucifero, da-
gegen hat das Archivio capitolare nur Instrumente von s. XVII
an, endlich sind die Archive des Bistums und der Stadt Verwal-
tungsarchive. Das Archivio di stato zu Neapel bewahrt eine
Anzahl von Pergamenturkunden von 1300 an, die aus Cotrone
stammen.
In der alten Metropole S. Severina sah ich endlich eine Papst-
urkunde im Original, nämlich Lucius III. J-L. — 1184 März 22 *) ;
es ist die älteste Urkunde des Archivio arcivescovile, dessen
1) Erwihnt bei Ughelli, lUlia sacra IX 488 in 1184 M&n 38 ex exem-
i apod archiapiscopnm S. SeTerinae Falabellom (t 1670) und bei Niecola
Falcooe, Biblioleca storica topografica delle Caiabrie (Napoli 1846) p. 398 sa 1188;
344 M. Klinkenborg,
Bestände übrigens bei meinem Besuche vollständig vom Hegen durch-
weicht waren, weil das Dach schadhaft war. Die Thären der
Schränke, in denen es aufbewahrt wurde, waren von der Nässe so
weit auseinandergetrieben, daß nur ein Zimmermann sie zu öffnen
vermochte. Auf eine genaue Untersuchung der feuchten Papierbände
mußte verzichtet werden, da sonst ihr Ruin drohte, üebrigens
soll ein Teil des Archivs, wie mir der Bischof von Tropea Mon-
signore Taccone-Galucci sagte, in den Händen eines Herrn Ga-
nini zu latrinoli bei Palmi sein. Das Archivio capitolare be-
sitzt nur Instrumente von s. XVI. an. Das ehemalige Bistum
Beloastro, das jetzt mit S. Severina verbunden ist, besitzt keine
Archive mehr, wie mir in S. Severina versichert wurde.
In Catanzaro unterstützte ein Enkel des Grafen Yito Ca-
pialbi, Ettore Capialbi Archivista provinciale meine Forschungen.
Er beabsichtigt die als Fälschung betrachtete Chronica Trium
Tabemarum neu herauszugeben und ist im Besitze einer Hand-
schrift dieser Chronik, die er vom Baron Crea aus Stilo erhalten
hat. Leider war mir diese Handschrift, die der Graf in seinem
väterlichen Wohnsitz zu Monteleone aufbewahrte, nicht zugäng-
lich^). Im Archivio capitolare fand ich nur Instramente von
s. XVI an ; in der Kathedrale war die in Marmor auf Befehl des
Bischofs Angelas Geraldinus Amerinus eingemeißelte Urkunde
Calixts n. J-L. 6940 zu benutzen. Durch den Vicario generale
erlangte ich Eintritt in das Archivio vescovile, doch warnte mich
dieser gute Mensch davor, einen Proceß gegen das Bistum anzu-
strengen : aber auch hier nur Documente von s. XVII an. Das
Archivio provinciale besaß einst die Archive der nach dem Erd-
beben von 1783 aufgehobenen Klöster (sogenannte Cassa sacra),
doch wurde später alles dem Archivio di stato zu Neapel einver-
leibt ; die wenigen Urkunden, insbesondere für S. Stefano del Bosco,
die hier geblieben sind, übersteigen das 13. Jahrhundert nicht').
Das s. XVI beginnende Archivio notarile gab ebensowenig Aus-
beute wie das Archivio comunale. In letzterem wurden früher
eine Anzahl von Privilegien, von denen einige auf das Bistum
Bezug hatten, aufbewahrt wie z. B. eine Bulle Alexanders III. von
1178 J-L. — , die in der Cronaca di Catanzaro di Luise Gariano
Copie aach im Prooesso di regio Patronato Bd. 1042 Kr. 41 f. 29 im Archivio di
sUto £U Neapel. Die Bolle wird demnächst Ton einem Prof. del Liceo di 8. Se-
Terina publiciert werden. Incipit: In eminenti sedia apostolice . . .
1) Diese Handschrift ist bei Potthast Biblioteca I 241 nicht verseichnet.
i) Vgl. daraber Capialbi Archivi p. 6 ff. 12.
PapstarkaDden im Priocipato, in der Basilicata und in Calabrien. 345
(f 1602) copiert ist mit der Angabe : cavata dal sno originale con-
servato con le altre boUe e privilegi della cittä in nna cassa. In
dieser Bulle werden außer dem bekannten Privileg Calixts II. für
das Bistum auch Privilegien von Honorius II. und Innocenz II.
erwähnt. Das Ms. dieser Cronaea war im Besitz des verstor-
benen Domenico Marincuola Pistoia^), der es 1888 ohne nähere
Angaben und ohne seinen Namen zu nennen drucken ließ. Jetzt
soll es ein Schwiegersohn des Verstorbenen, Pasquale Costanzo ha-
ben, der während meiner Anwesenheit in Catanzaro vA'reist war, so
daß ich dies Ms. leider nicht einsehen konnte. Viele auf Catan-
zaro bezugliche Urkunden befinden sich jetzt im Archivio di stato
zu Neapel^. Auch ist hier alles Material, das einst in den Ar«
chiven des Bistums Bquillaoe aufbewahrt vmrde, untergebracht (Sala
Diplomatica. Pergamene e processi appartenenti alla curia del ca-
pellano maggiore relative alla mensa vescovile di Squillace).
8tUo besuchte ich hauptsächlich, um das Hausarchiv des Barons
Crea zu sehen. Er soll, wie mir Ettore Capialbi in Catanzaro
sagte, viel Material gesammelt haben. Ich traf ihn leider nicht
zu Hause, doch erzählte er mir in Gerace, wo ich ihn später
kennen lernte, daß er schwerlich so altes Material selbst nur in
Copien habe, wie ich suchte. Da das Archivio comunale mit den
dort aufbewahrten Urkunden von S. Giovanni Teresti am 29. Au-
gust 1806 durch eine Feuersbrunst vernichtet war, da femer das
Archivio della CoUegiata sich im Archivio di stato zu
Neapel befindet, so beschränkte ich mich auf einen Besuch der
der Comune gehörenden Biblioteca di S. Giovanni Teresti : außer
Handschriften religiösen Inhalts fand ich hier zwei große Perga-
mentmanuscripte s. XVI, die ein Gfiterverzeichnis von S. Stephane
del Bosoo enthielten.
In Geraoe suchte ich mich insbesondere über die Manuscripte
von Ottaviano Pasqua, Bischof von Gerace (f 1591) zu unterrichten.
Seine Geschichte von Reggio: Successores D. Stephani martiris
B. Pauli apostoli discipuli in ecdesia Rhegina, die dem Grafen
Vito Capialbi von Monsignore Giuseppe Maria Pellicano, vesoovo
di Gerace, gezeigt wurde, war ebensowenig mehr vorhanden wie
seine handschriftliche Geschichte von Gerace selbst. Doch ist
der Verlust der letzten Handschrift zu verschmerzen, weil diese
Gtesohiohte im Jahre 1766 unter dem Titel: Pasqua, Ottaviano,
1) Vgl. Mich Filcone Biblioteca p. 89.
2) Ueber du Schicksal des ArchiTio del monastero delle Ciarisse di Catan*
laro vgl Capialbi ArchiTi p. 9.
.•%
346 M. Klinkenborg,
Vitae episcopomm Hieracensium gedruckt wurde ')• Das Archiv
der Curie beginnt s. XYI mit den Bullarien der Bischöfe, darunter
auch das von Ottaviano Pasqua, das Archivio capitolare ndt
1460.
Die Archive von Bova habe ich nicht selbst gesehen: in Bova
marina, wo das bischöfliche Seminar ist, traf ich den Bischof und
seinen Vicario generale Mons. Domenico Pugliatti, die mir ver^
sicherten, daß imArchiviodella curia überhaupt nichts Aelteres
vorhanden sei, während das Archivio della cattedrale einige Per-
gamene von s. XIV an besitzen soll. Auch seien hier einige ältere
Urkunden in Abschriften s. XIX , die man sich aus dem Staats-
archiv zu Neapel verschafft habe.
Die auf die Geschichte BeggioB bezüglichen Handschriften
hat Domenico Spanö Bollani, Storia di Reggio Bd. I (1857) p. XVI
zusammengestellt; die meisten werden jetzt im Museo civico zu
Reggio aufbewahrt und boten keine Ausbeute, nur in Spagnolio,
De rebus Kheginis (Museo civico) f. 126 ist Alexander III. J-L.
11239 citiert. Die Pergamene des Museo civico von 1280 an sind
Privilegien der Stadt und stammen aus dem Besitz von Antonio
Palestino; Copien dieser Privilegien sind in dem Repertorium pri-
vilegiorum civitatis von Nicola Spanö im Archivio comunale. Die
Biblioteca comunale, Archivio provinciale und Archivio capitolare
boten nichts Erwähnenswertes; auch war alles Suchen nach dem
noch von Morisani, De protopapis gekannten Original von Alexan-
der III. J-L. 11239 ex archivio archiepiscopali vergeblich; ebenso-
wenig fand sich hier die ebenfalls von Morisani erwähnte Nota-
riatscopie dieser Urkunde vom Jahre 1583.
Von den Archiven der vereinigten Bistümer Kiootera und
Tropea reichte das Archivio vescovile zuNicotera am weitesten,
bis in den Anfang s. XVI (1603) zurück. Die älteren Documente
dieser Bistümer sind im Hausarchiv der Grafen Capialbi zu Mon-
teleone. Leider gestattete mir der jetzige Besitzer Yincenzo
Capialbi nicht, persönlich Nachforschungen anzustellen, doch er-
klärte er sich bereit, selbst die von mir verlangten Documente
aufzusuchen. Der Erfolg war nicht befriedigend, denn das von
mir ausdrücklich bezeichnete Notariatsinstrument von 1619 mit
den Privilegien für Tropea') (darunter Alexander HI. J-L. 13326)
vermochte er nicht aufzufinden. Manuscripte sah ich überhaupt
1) Vgl. Capialbi, Memorie della chiesa di liUeto p. LXYIII; ArdÜTi p. 9;
Falcone Biblioteca p. 262 and p. 166.
2} Vgl. Capialbi, Memorie della santa chiesa Tropeana, Appendice p. 8.
Pftpstarkttnden im Principato, in der Basillcata und in CAlabrien. 347
nicht und die wenigen Pergamene, die man mir zeigte, gingen
nicht über s. XIV hinaus. Immerhin gewährten mir die Worte
des Grafen Vito Capialbi über sein Archiv: ;,Vi esistono altresi
alcnne boUe pontificie. Quella data alla chiesa di santa Maria di
Bagnara, qoando giä era stata aggregata al Capitolo Lateranese,
si rimarca fra le altre^ (^= Innocenz lU. Potth. 798), die fieruhi-
gong, daß hier nicht viel Material für uns vorhanden sein konnte ^).
In Monteleone bei der Familie Pignatari wurden lange Zeit die
Manuscripte von Tromby aufbewahrt, die jetzt an das auf der
Stelle von S. Stephane del fiosco neu erbaute Earthäuserkloster
in Serra S. Bruno gekommen sind« Es ist alles, wie mir der
frühere Besitzer Prof. Pignatari sagte, gedruckt. In der Elarthause
zu Serra S. Bruno sind nach einem Berichte des Eektors keine
Papstorkunden vorhanden.
Von Monteleone aus besuchte ich das alte Bistum lOleto,
dessen Bischof, der Geschichtsschreiber Beggios Mens. A. de Lo-
re nzo mir in zuvorkommender Weise die Benutzung der Ar-
chive gestattete. Doch leider hatte auch hier das Erdbeben fast
alles vernichtet. Im Archivio capitolare fand ich noch eine
Sammlung von Pergamenen von 1241 an vor, darunter Papsturkun-
den von 1311 an, dagegen hat das Archivio vescovile nur moderne
Sachen. Wichtig ist das hier aufbewahrte Manuscript: Memarie
per la chiesa vescovile di Müeto raccoUa da D. Uriele Maria Napo-
lione di Peseopennaiaro arciprete di Mesiano con^mtista della mensa di
deUa chiesa, Ms. in fol. s. XVUI f. 6 Gregor VIL J-L. 6198
(dali'originale nell'archivio capitolare). Nachi'orschungen, die ich
im Archivio vescovile nach Urkunden des Klosters SS. Triniti di
Mileto anstellte, die hier einst aufbewahrt wurden, ergaben kein
Ergebnis. Nach Capialbi Archivi S. 7 wurden diese Urkunden des
Klosters 1777 an die jetzt eingegangene Accademia di scienze e
belle lottere di Napoli abgeliefert und sind seitdem verschollen.
Wahrscheinlich gehört das Original eines Privilegs Alexanders HE.
J-L. — von 1170 Juli 16 für SS. TrinitJt di Mileto, das ich in La
Cava auffand, zu diesen verschwundenen Urkunden. Ein anderer
Teil des Archivs von SS. TrinitJt wurde nach Capialbi Archivi S. 7
und einem Manuscript s. XVIII der Biblioteca della societi per
1) YHb weit die etwas Terbitterte Familie in dem Verbergen ihrer Sch&tie
seht, ersieht man ans der Thatsache , dai alle Exemplare des letzten Werkes
▼on Tito Capialbi (Continnasione all'Italia sacra dell'Ugbelli per i VescoTadi di
Calahria dai 1700 al 1863), w&hrend dessen Druck der VerCssser starb, im Haos*
archif aalbewahrt und niemandem auch nur geieigt werden.
348 ^- Klinkenborg, Papsturkonden im Principftto etc.
la storia patria zu Neapel Scritiura a favor della SS. Trinita di
Müeto unita al coUegio Greco di Roma (XXTTI. D. 9) ^) dem Colle-
gio Greco in Rom übergeben.
Trotz aller unerfreulichen Erfahrungen, die ich gemacht hatte,
wurden auch noch die Archive von Kioastro besucht: aber das
gleiche Bild wie bisher. Wenig war erhalten und dies Wenige
ohne Bedeutung für uns. Damit hatte die beschwerliche Reise in
Calabrien ihr Ende erreicht; frohen Herzens strebte ich nach Sa-
lemo, um dort dem alten, gut erhaltenen Material des Archivio
arcivescovile meine Kräfte mit Erfolg widmen zu können.
1) In diesem Ms. sind folgende Papsturknnden aas diesem Archiv copiert:
Urban II. J-L. — ex apographo.
Paschal IL J-L. — ex apographo.
Innooenz II. J-L. — ex antographo.
Engen IIL J-L. 9450 ex apographo.
Alexander III. J-L. 18882 ex antographo.
Papsturkunden in Umbrien.
Bericht über die Reue der Herren H. Klinkenborg und L. ScbiaparellL
Von
P. Kehr.
AngekOndigt in der Sitzung vom 23. Juli 1898.
Schon im Oktober vorigen Jahres begann Dr. Klinken borg
die archivalischen Forschungen in ümbrien. Er besuchte zunächst
Ghibbio und von hier aus Borgo San Sepolcro^) und Cittä di
Castello und ging dann über Gualdo, Nocera, Foligno nach Spo-
leto. Auch Temi, Rieti und Nami wurden damals von ihm
besucht. Doch lag es nicht im Plane , hier zunächst länger zu
verweilen; das eigentliche Reiseziel unseres Sendboten war der
Süden. Aber auf der Heimreise, im April und Mai dieses Jahres,
bat Dr. Klinkenborg seine umbrischen Nachforschungen wieder
aufzunehmen Gelegenheit gefunden und insbesondere in Spoleto
noch eine reiche Nachlese gehalten.
Unterdessen war auch Dr. Schiaparelli aus den Abruzzen
heimgekehrt. Ihm fiel die Aufgabe zu, den von Dr. Klinkenborg
nicht besuchten Theil ümbriens zu bearbeiten. Er hat also in
Assisi und Perugia längeren Halt gemacht und von hier aus auch
Todi besucht, mit welchem Erfolge, wird dieser Bericht zeigen,
der dem Freunde der Geschichte des mittelalterlichen Papsttums
und des umbrischen Landes, wie wir hoffen, einiges Neue bieten
wird.
1) Borgo San Sepolcro, als in der alten Qrafschaft Ton Cattram Felicitatis
(CitU di CatteUo) gelegen, itt deBhalb Uer mit behandelt
KcL 0«. 4. Win. MMkri«htM. Pklloloff.-kiilar. Dmm 1886. H«fl 8. 24
350 P. Kehr,
GhibMo.
Vgl. L. Bethmann im Archiv XII 542 — 544; v. Pflugk-Hart-
tung Iter p. 755 nach Mittheilongen von Th.WUstenfeld; Mazzatinti
Gli archivi I 31 ff. und Inventari I 121 ff.
Dr. Klinkenborg ist insbesondere dem Yicario generale Fan-
gacci zu Danke verpflichtet.
Archivio capitolare (Can. Sassi).
Katalog von Card. Pecci Menibranarum archivii ecclesiae caihe-
drcdis Euguhinae recensio vol. I. 1834, wo auch die Papsturkunden
copirt sind. Den ursprünglich chronologisch geordneten Urkunden
hat Pecci eine neue sachliche Ordnung gegeben, indem er die
Papstprivilegien mit Ausnahme einer Urkunde Celestins lU. von
1197 n 25, die an ihrem ursprünglichen Platz blieb, und des schon
zu seiner Zeit im Stadtarchiv befindlichen Celestin III. J-L. 16830
in einem Faszikel Diploma vereinigte. £s waren dies nach Aus-
weis seines Katalogs die Originale von
Innocenz H. 1138 HI 23. J-L. 7879 (Fasz. V Nr. 9).
Celestin U. 1143 X 19. J-L. 8433 (Fasz. VI Nr. 12).
Alexander HI. 1170 X 30. J-L. 11848 (Fasz. X Nr. 9).
Lucius m. 1182 I 2. J-L. 14558 (Fasz. XI Nr. 20).
Clemens in. 1188 X 20. J-L.—. (Fasz. XU Nr. 5). S.Anhang.
Leider ist dies Faszikel jetzt verschwunden, so daß wir auf die
Abschriften Pecci's angewiesen sind, der außer jenen fünf älteren
Urkunden noch copirt hat
Celestin HI. 1192 Hl 4. J-L. 16830 (Orig. im Archivio coraunale).
Celestinin. 1197 H 26. J-L.—. Copie saecXIH (Fasz.XIU Nr.7).
S. Anhang.
Zu notiren ist ferner ein Faszikel saec. XVII: D. BoUe pan-
tificie. Edüti, Indtdgenze etc. mit
Celestin H. 1143 X 19. J-L. 8433.
Alexander UI. 1170 X 30. J-L. 11848.
Archivio comunale storico.
Das Archiv, über das des jetzigen Secretärs Francesco Ar*
duini ausführlicher Bericht im Archivio storico per le Marche e
rUmbria IV 401 ff. zu vergleichen ist, zerfallt in zwei Abteilungen:
Camera prima^) mit dem eigentlichen Archivio comunale und den
1) Die Kaiserarkandeii sind bekannt. Sie hängen jetzt im MoBeam anter Glaa.
Papstorkonden in Umbrien. 361
Urkunden der aufgehobenen Klöster and Camera seconda mit dem
Archivio di S. Pietro , von dem fibrigens einige ältere Docnmente
der Camera prima einverleibt sind.
Originale:
Innocenz IL 1142 HI 23. J-L. 8216.
Alexander m. 1181 IV 22. J-L. 14391, beide in Busta XXX Vm
Nr. 297: Bolle pontificie diverse riferibili dl numastero di S.
Secondo e 8. Anibrogio,
Celestin HI. 1192 IH 4. J-L. 16830.
Copien :
Notariatsinstrument von 1278 (Busta XIII Nr. 139: Privileggi
imperiali e paniifici in favare ddVEremo di s. Croce delVAvel-
Jana) mit den Diplomen und Privilegien für Fönte Avellana ^),
darunter
f. 4 Innocenz H. 1139 V 24. J-L. 8034.
Alexander IH. 1181 IV 22. J-L. 14391. Cop. s. XII (Busta XXVI
Nr. 286: Pergamene riferibili al mon. di S. Secondo^ von
1109 ab).
Celestin LH. 1192 U 26. J-L. 16824. Cop. v. 1286 (Busta V Nr. 24).
Copialbücher *) :
1. Der Liber privUegiorum Betbmanns {Libro rosso Arduinis),
cod. membr. s. XIII in foL, mit dem Titel Privileggi cd altrc
ragioni ddla ciitä di Oubbio (Cam. I Tit. 9 Miscellanea).
2. Der Liber oblongus Betbmanns, Rotulus von 1280: Causa fra
Oubhio ed il ducato di Spoleto, in der zweiten Hälfte
f. 20 Celestin UI. 1192 H 26. J-L. 16824 ex Cop. v.1286.
f. 22 Transsumt von 1278 (s. oben) mit
f. 26 Innocenz U. 1139 V 24. J-L. 8034.
Das Archivio vescovile (Can. Moretti), vgl. die genaue
Inhaltsangabe bei Mazzatinti Grli arcbivi I 37, besitzt keine Per-
gamene. Ebenda findet sich alles Nötige auch über die anderen
Archive von äubbio, die uns keinerlei Ausbeute gewährten.
1) NftmUch f. 1 Heinrich VI. St 4680; Philipp BF. 54; Otto lY. BF. 812;
Friedrich II. BF. 1237.
2) Wir könnten hier noch erw&hnen die Istromtnii del nciaro P. Salinguerra
nee. XIII ex. mit einem angebondenen Notariatsinstrument von 1802, wo die
beiden F&lschnDgen Ueiarich VI. St. 4942 ond Friedrich II. BF. 8468 stehen.
24*
352 P. Kehlr,
Biblioteca comnnale (Sperelliana).
Die Hss. verzeichnet Mazzatinti Inventari 1 121 fP. Von ihnen
ergab für uns eine bescheidene Ausbeute nur die schon von Beth-
mann Archiv XTT 643 citirte Sammlung von
Angelini Copie dei privilegi pontifici ed imperiali esistenfi in ar-
chivio segreto di Gubhio, Ms. s. XVII in fol. (XVIII F. 37) mit
Innocenz II. 1138 III 23. J-L. 7879 ex arch. cathedr.
Innocenz 11. 1142 III 23. J-L. 8216 ex arch. s. Secundi.
Alexander III. 1170 X 30. J-L. 11848 ex arch. cathedr.
Alexander HI. 1181 IV 22. J-L. 14391 ex arch. s. Secundi.
Lucius in. 1182 I 2. J-L. 14558 ex arch. cathedr.
Celestin HI. 1192 U 26. J-L. 16824 ex Ubro oblonge.
Celestin HI. 1192 m 4. J-L. 16830 ex orig.
Diese Urkunde Celestins III. J-L, 16830 ist auch sonst oft
copirt worden, so in den Ms. XVÜI B 5, XVIH B 8, XVUI C 7.
Die Bibliothek hat übrigens auch eine stattliche Sammlung
von Fergamenturkunden aus dem Nachlasse Armanni's. Unter ihnen
Clemens DI. 1188 V 6. J-L. 16224. Orig.
Celestin HL 1192 m 4. J-L. 16830. Cop. s. XIU.
Bargo San Sepolcro.
Ueber die Archive von Borge San Sepolcro hat neuerdings
Mazzatinti Gli archivi I 81 sq. berichtet und auf die hier befind-
lichen unbekannten Materialien hingewiesen (vgl. N. Archiv XXTTT
765)^). Dr. Klinkenborg fand freundliche Aufnahme und Förde-
rung seitens des bischöflichen Generalvicars D. Giovanni Rossi,
des bischöflichen Secretärs Can. Maccarelli und des Sacerdote
Torello Bell in i. Dem ersteren verdankt er den Zutritt zum
Archivio capitolare, dessen Urkunden indessen erst mit einer
Bulle aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts beginnen, und zum
Archivio vescovile, dessen Bestände gleichfalls jttngern
Datums sind. Um so bedeutender war die Ausbeute im Archivio
della curia vescovile. Es befindet sich hier ein wichtiges
Faszikel mit Urkunden für das Kloster S. Sepolcro unter dem
Titel Codici aniichi. Privilegi concessi alla terra del Borge 1022 —
1519^ mit
Stephan IX. s. d. J-L. — . Cop. saec. XI/XII. S. Anhang.
1) Wo aber irrig gesagt ist, daß die Urkunde Stephans IX. im Original
vorhanden sei.
2) Hier aach Heinrich II. v. 1022 Orig., Konrad H. wohl = St 2105i>, mit
XIL kal mart. Cop., Heinrich IV. St 2844 Orig., Friedrich I. 8t. 8969 Cop.
Papstarkanden in ümbrien. 353
Femer ein Pergamentheft mit zwei Transsumten, einem Trans-
Bumt des Guido Ascanius Sforza Cardinais von S. Maria in Cos-
medin von 1540 IV 12 f. 1 — 22' und einem Transsumt des aposto-
lischen Protonotars Joh. Bapt. Cicada von 1642 XTT 20 f. 23' sq.^), wo
fol. 9 Stephan IX. s. d. J-L. — . S. Anhang.
fol. 9' Paschal U. 1106 I 18. J-L. — . S. Anhang.
fol. 10 Hadrian IV. 1157 X 7. J-L. — . S. Anhang.
fol. 11' und 27 Alexander IH. 1180 IV 8. J-L. — . S. Anhang.
£ndlieh eine Busta mit dem Titel Decreti. BoUe von 1050 mit
Stephan IX. s. d. J-L. — . Cop. saec. XVIL S. Anhang.
Bas Archivio eomunale hat Pergamene, die etwa mit 1250
beginnen und zumeist aus der Badia dei monaei di Monte Coronaio
und von S. Nicolo di San Sopolcro stammen. Auch das bis in das
13. Jahrhundert hinaufreichende Archivio dello spedale
civico bietet nichts für uns. Dasselbe gilt von den Manuscripten
der Biblioteca eomunale.
OtUä di CasteUo.
Bethmann im Archiv XH 479 gibt Notizen nach Muzi Me-
morie ecclesiastiche di Cittä di Castello (1842) und Memorie civili
di Cittä di Castello (1844). Eigne Kunde hatte er nicht. Auch
V. Pflugk-Harttung Iter p. 16 hat nur eine Note nach Mitteilung
von Ubaldo Pasqui in Arezzo.
Archivio capitolare.
Register von 1780. Das Archiv ist im Ganzen wohl erhalten,
die Urkunden selbst aber sind arg mitgenommen ^). Verloren ist
allein, übrigens schon vor 1780, das noch von Certini abgeschriebene
Original von Alexander II« J-L. 4660.
Originale :
Gregor VU. 1079 U 19. J-L. 5110. (Decade I Nr. 4.) S.Anhang.
Honorius n. 1126 U 6. J-L. 7242. (Dec. H Nr. 8.)
1) Hier fol. 8' Heinrich U. St. 1692»; f. 8' Heinrich II. St 1658 (1017 VI 29) ;
f. 4' Heinrich U. t. 1022; f. 5' Konrad II. St 1968; f. 6 Heinrich UI. St 2881 ;
f. r Heinrich IV. St 2844; IT Christian too Maioi; f. 8 derselbe; f. 28 Fried-
rich I. St 8989; f. 25 Friedrich II. BF. 1248.
2) Friedrich I. St 8988 und 8988», beide im Original (Deo. III Nr. 9. 10).
Aach bei Certini, Paisi und Panlucci.
354 P. Kehr,
Innocenz U. 1141 IV 8. J-L. 8132. (Dec. m Nr. 1.) *)
Anastasiua IV. 1153 X 26. J-L. 9751. (Dec. lU Nr. 4.)
Hadrian IV. 1155 I 12. J-L. 9977. (Dec. IH Nr. 5.)
Alexander IH. 1170 V 21. J-L. 11796. (Dec. IV Nr. 2.)
Alexander HI. (1159—79) XI 12. J-L. -. (Dec. IV. Nr. 8.)
S. Anhang.
Urban m. 1186 V 13. J-L. 15605. (Dec. IV Nr. 7.)
Copien :
Gregor VII. 1079 U 19. J-L. 5110. (Dec. I Nr. 4.) Cop. von 1762.
Innocenz II. 1141 IV 8. J-L. 8132. (Dec. IH Nr. 4.) Cop. s. XH.
Anastasius IV. 1153X26. J-L. 9751. (Dec. IH Nr. 4.) Cop. s.XH.
Ferner zahlreiche Manuscripte, unter denen die Sammlungen
von Certini, Pazzi und Faulucci benutzt wurden.
Ccrtini^ CcUalogo de' prevosti ddla catedrale CasteUanaj Ms. saec.
XVIII, viro an erster Stelle steht
Alexander II. 1069 I 8. J-L. 4660 ex original! arch. capitul.,
worauf dann Innocenz U. J-L. 8132, Anastasiua IV. J-L. 9751,
Hadrian IV. J-L. 9977, Alexander IH. J-L. 11796 und Urban lU.
J-L. 15605 aus den noch jetzt vorhandenen Originalen folgen.
Certini, Vescovi di Cittä di Castello, Ms. s. XVIII.
Certiniy Ännali istorici di Cittä di Castello vol. I. II, Ms. saec.
XVIII. Im vol. II Innocenz II. J-L. 8132 und Alexander III.
J-L. 13011.
Pas£;i, Serie dd propostij Ms. s. XVIII, mit den Abschriften
von Innocenz 11. J-L. 8132, Anastasius IV. J-L. 9751, Hadrian IV.
J-L. 9977, Alexander III. (1159—79) XI 12 und J-L. 11796, Ur-
ban III. J-L. 15605, alle aus den Originalen.
Pazzi, Cronoloijia ecclesiastica de'vescovi di Cittä di Castello, Ms.
s. XVm mit Honorius IL J-L. 7242.
RaccoUa di metnorie delle cose appartefhenti alla ehiesa catedrale^
Ms. s. XVIII mit Innocenz 11. J-L. 8132, Anastasiua IV. J-L.
9751, Hadrian IV. J-L. 9977, Alexander UL J-L. 11796, Urban UI.
J-L. 15605.
Monumenta vetusta qu^ oriffinaiiter asservantur' in archivio cathe-
drcUis ecclesiq Tiphernatensis . . transscripta per me sectetarium capi-
tularem lulium canonicum Paiducci . . . , quorum transscriptio inctioata
fuit die 18 Novemhris 1754 etc. Cod. membr. in fol., mit Gregor VII.
J-L. 5110, Innocenz U. J-L. 8132, Anastasius IV. J-L. 9751, Ha-
1) Mit VI. id. aprii., ind. HU, a. MCXLl, pw4. a. XI.
Papstarknnden in ümbrien. 355
drian IV. J-L. 9977, Alexander UI. (1159 — 79) XI 12 und J-L.
11796, Urban IH. J-L. 15605, Honorius II. J-L. 7242. Endlich
ist eingeheftet eine Abschrift von Alexander U. J-L. 466U aus
Certini.
Archivio comnnale.
Das Archiv (Archivar Enea Fedoni) hat keine Originale aus
älterer Zeit^). Die Pergamene beginnen mit
Lucius n. 1144 XI 13. J-L. 8664. Cop. von 1266.
Alexander UI. 1178 I 14. J-L. 13011. Cop. von 1266.
Das Archivio vesoovile hat nichts für uns; es beginnt
erst mit der Mitte des 13. Jahrhunderts. Das Archivio nota-
rile mit 1328. Die paar virerthlosen Hss. der Biblioteca co-
munale s. bei Mazzatinti Inventari VI 8.
JSy^liffno.
Vgl. V. Fflugk - Harttung Iter p. 751 nach Mitteilungen des
Barons Sansi. Dr. Klinkenborg ist dem Vicario generale Falocci
zu vielem Danke verpflichtet.
Das Archivio oapitolare ist alt; wie man aus v. Pflugk-
Harttungs Angaben vireifi, beginnt es schon mit 1078, hat aber
keine älteren Papsturkunden. Das Archivio vescovile besitzt
überhaupt nichts Altes mehr, es fangt erst mit dem 15. Jahrhun-
dert an. Das Archivio dell'ospedale civico hat von Ce-
lestin III. 1193 VI 15. J-L. 17017 ein Notariatsinstrument von 1484,
das dem in Siena befindlichen Original (ed. v. Pflugk - Harttung
Acta UI 390 Nr. 459) entnommen ist. Anlaß dazu virar das Pri-
vileg Innocenz* VIII. für das Hospital, wodurch ihm alle Vorrechte
des Sieneser Hospitals S. Maria de Scala verliehen wurden. Sonst
hat dies Archiv nichts von Bedeutung. Wichtig aber ist das
Archivio comunale
mit seinen vier Abteilungen (I. Archivio delle sei chiavi, II. Ar-
chivio priorale, III. Archivio moderno 1800 — 1859, IV. Archivio
moderno seit 1860) *). In der ersten Abteilung unter Credenza IV.
Libro I {Diocesi. Territorio. Confint)
Innocenz U. 1138 VI 11. J-L. 7902. Cop. von 1322.
1) Copie TOii 1868 too Heinrich YI. St. 6046.
2) Die Originale too Friedrich I. St 4194. 4400 werden im st&dtischen Mu-
•eum aiiier Qlas and Rahmen aufbewahrt.
356 P- Kehr,
Anastaaius IV. 1154 IH 17. J-L. 9849. Orig.
und ein sog. Libro copioie^ ein Notariatsinstrument des Angnelas
Vannelli von 1339 mit den eben genannten beiden Fapsturknnden ^).
In der zweiten Abteilung beginnen die Urkunden mit 1221.
Biblioteca del Seminario.
Die Bibliothek des Seminars ist wichtig, weil sich hier die
Manuscripte des Lodovico Jacobilli, des Geschichtsschreibers von
Foligno und Sassovivo, befinden. Dr. Klinkenborg hat benutzt
Copie dei brevi, privilegi, senfefize et istromerUi spätanti aUa
canonica di Foligno, dl vescovado, cdVhospidale, alla caledrale . . .
raccolte da me Lodovico JacohüU dalli originali di essi dal 1619
—1660 (A. V. 7) «)
fol. 7'. 78' Anastasius IV. 1154 III 17. J-L. 9849 ex orig.
f. 76 Innocenz II. 1138 VI 11. J-L. 7902 ex cop.
f. 89 Innocenz U J-L. — . S. Anhang.
Storia di Foligno , gleichfalls Ms. des Jacobilli (A. V. 6)
mit Segesten der Urkunden für Foligno, aus einem Liber re-
gestorum, und für Sassovivo aus dem Liber A und dem ZÄei' f.
Wir haben keines dieser drei Copialbücher, weder in Foligno
noch in Spoleto, wieder aufgefunden. Aber die umbrischen
Forscher mögen ausdrücklich auf diese Quellen Jacobilli's hin-
gewiesen sein').
Auf dem Wege nach Foligno sprach Dr. Klinkenborg auch in
Oualdo-Tadino und in Nocera vor. In Gualdo ist nur das Ar-
chivio comunale zu nennen mit Urkunden von 1212 an. Viele
Manuscripte betreffend S. Benedetto di Gualdo hat Mons. Calai,
vgl. Pancrazio Berardi, L'abbazia di s. Benedetto di Gualdo Ta-
dino. Foligno 1896. Darunter soll sich eine Copie von Clemens lU.
J-L. 16224 befinden, wovon das Original in Gubbio (Bibl. comu-
nale) ist. Hooera hat, wie schon Jacobilli, Storia di Nocera 1653
ergibt, nichts von Bedeutung. In der That besitzt das Archivio
1) Und mit Otto IV. BF. 836 und Friedrich I. St 4194.
2) f. 5 and f. 84 Friedrich I. St 4194, f. 6 und f. S6 Friedrich I. St. 4400,
f. 86 Otto IV. BF. 836.
8) Von Innocenz II. Terseichnet Jaffä-L. zwei Ballen fiir das Bistum Foligno
Tom gleichen Datam 1188 VI 11 (J-L. 7901. 7902), aher mit Terschiedenem In-
cipit. Aber das Incipit in J-L. 7901 beraht offenbar aaf einem Irrtum Ughelli's
(I 698), es ist dasjenige der Bolle Anastasias' IV. J-L. 7901 ist demnach ganz
zu streichen.
Papstnrkimden in ümbrieiL 367
oapitolare Pergamene fiberhaapt nicht. Das Archivio ves-
covile hat Urkunden vom 16., das Archivio comunale solche
vom 14. Jahrhundert an. Die Handschriften der Biblioteca
vescovile hat Gr. Mazzatinti im Archivio storico per le Marche
e per TUmbria verzeichnet.
Auch Trevi (vgl. v. Pflugk-Harttung Iter p. 785 nach Mittei-
lungen des Barons Sansi) wurde ohne Ergebniß besiicht. Das
Archivio capitolare di S. Emiliano beginnt erst mit 1400.
Aelter sind die Bestände des Archivio comunale. In dem
ältesten Document (Nr. 1) wird Innocenz II. J-L. 7902 für Foligno
nach Ughelli citirt. Die eigentlichen Urkunden stammen dagegen
erst aus dem 13. Jahrhundert
Ueber die Archive von Spello bedarf es keiner näheren An-
gaben, nachdem Gr. Mazzatinti, 61i archivi I 28 ausfuhrlich aber
sie berichtet hat ^).
Ueber Bevagna ist gleichfalls auf Gr. Mazzatinti, Gli archivi
I 88 zu verweisen, danach fangen die Papsturkunden des Archivio
comunale erst mit Innocenz lY. an. Ueber die Hss. s. Mazzatinti,
Inventari I 278 f.
Auch Bettona hat keine älteren Urkunden als aus dem 13. Jahr-
hundert ; die erste Papsturkunde des Archivio comunale ist von
Urban IV. (vgl. Q. Mazzatinti, GU archivi I 26).
Spoleto»
Vgl. Bethmann Archiv XII 536 f., v. Pflugk-Harttung Iter p. 153.
782. Zutritt zu den Archiven zu gewinnen war nicht leicht. Zu
Dank verpflichtet ist Dr. Elinkenborg, der Spoleto sowohl im No-
vember 1897 wie im April 1898 besuchte, vor Allen dem Erzbischof
von Spoleto Mons. Elvezio Mariano Pagliari für seine gewich-
tige Empfehlung, ferner dem Can. Silvio Grasperini und vorzüg-
lich dem um die Geschichte und Archaeologie Umbriens verdienten
Cav. GHuseppe Sordini, Ispettore dell'arte antica, der ihm den
Zutritt zu dem wichtigen Archivio arcivescovile vermittelte. Im
Archivio capitolare gewährte ihm der Arcidiacono Mons. Bucchi
einige Erleichterungen, wof&r wir auch hier vielmals zu danken
nicht unterlassen wollen.
1) Im Archifio di 8. MarU Maggiore iit danach das Orig. Ton Heinrich VI.
1187 n 9.
868 P. Kehr,
Arcliiyio capitolar«.
Vgl. Fontana, Descrizione della chiesa metropolitana di Spoleto,
1848. Mons. Bacchi beabsichtigt eine neue Greschichte der Kathe-
drale zu schreiben, so daß zu hoffen ist, daß dann etwa noch ver-
borgene Schätze des Archivs an den Tag kommen werden. Da
neuerdings einige Urkunden, darunter die Friedrichs I. für S. Pietro
di Montemartano (St. 4434) abhanden gekommen sein sollen, so ist
die Benutzung des Archivs erschwerter als sonst. Die Papst-
Urkunden hat schon v. Pflugk-Harttung verzeichnet; es sind
Originale :
Alexander n. 1069 I 16. J-L. 4661.
Paschal II. 1107 XI 16. J-L. 6174.
Calixt n. 1122 V 13. J-L. 6973.
Urban HI. 1186 U 27. J-L. 15585.
Copieu saec. XVII in einem Papierheft:
Nr. 1. Alexander H. 1069 I 16. J-L. 4661.
Nr. 2. Paschal U. 1107 XI 16. J-L. 6174.
Nr. 8. Celestin lU. 1197 VI 15. J-L. 17567.
Archivio arcivesoovile.
Das eigentliche erzbischöfliche Archiv beginnt erst mit dem
15. Jahrhundert und besitzt keine Pergamene. Aber es befindet
sich hier das reiche und wichtige, bisher nur wenig ausgeschöpfte
Archiv von S. Croce di Sassovivo. Aber leider ist es, ob-
wohl ein Katalog vorhanden ist, in gänzlicher Unordnung.
Originale :
Paschal H. 1116 IH 17. J-L. 6511 (Nr. 912).
Innocenz II. 1148 UI 16. J-L. — (Nr. 1237). S. Anhang.
Hadrian IV. 1156 XI 7. J-L. — (Nr. 908). S. Anhang.
Alexander m. 1172 XH 31. J-L. 12172 (Nr. 1289).
Alexander IH. 1174 IV 3. J-L. 12363 (Nr. 610).
Lucius m. (1182) Vm 18. J-L. — (s. n.). S. Anhang.
Lucius HL 1184 IV 14. J-L. — (Nr. 1098). S. Anhang.
Clemens UI. 1188 VI 4. J-L. 16270 (Nr. 1037).
aemens m. 1188 X 26. J-L. — (Nr. 20). S. Anhang.
Clemens m. 1189 I 16. J-L. — (Nr. 1011). S. Anhang.
Clemens IQ. 1189 IV 27. J-L. — (Nr. 940). S. Anhang.
Celestin m. 1191 VI 19. J-L. 16728 (Nr. 1089).
Celestin IH. 1197 11 12. J-L. — (Nr. 948). S. Anhang.
Celestin IH. 1197 IV 16. J-L. 17520 (Nr. 1288).
Papstnrkonden in ümbiien. 359
Copien :
Paschal U. 1116 III 17. J-L. 6611 inser. in die ürkonde Inno-
cenz m. Potth. 3426 (Orig. Nr. 911 und Cop. s. XIH
Nr. 913).
Paschal U. 1116 in 17. J-L. 6511 inser. in die Urkunde Hono-
rius m. 1217 n 10 (Orig. Nr. 909 und Cop. s. XIV
8. n.).
Paschal IL 1116 HI 17. J-L. 6511 inser. in die Urkunde Gre-
gors IX. 1227 V 17 (Orig. Nr. 914).
Paschal H. 1116 V 24. J-L. — . Cop. s. XV (Fase. Nr. 107).
S. Anhang.
Innocenz 11. 1138 V 21. J-L. 7898. Cop. von 1212 (Nr. 1047).
Hadrian IV. 1156 XI 7. J-L. — • Cop. von 1218 (Nr. 147).
Alexander lU. 1172 XII 31. J-L. 12172. Zwei Copien von 1308
(Nr. 1241 u. 1253).
Alexander IH. 1174 IV 3. J-L. 12363. Cop. von 1308 (Nr. 595).
Ferner auf besonderem Pergamentblatt saec. XITT (Nr. 1241)
Alexander IH. 1172 XU 31. J-L, 12172.
Lucius III. 8. d. J-L. — . S. Anhangt).
Das Archivio comunale beginnt mit 1180. Unter Nr. 20
ist das Privileg Friedrichs II. B-F. 1241. Aeltere Papsturkunden
sind nicht darunter.
VonWerth soll sein das Archivio dei conti Campobello.
Aber es war leider, da der Graf zur Zeit in Rom weilte, nicht zu-
gänglich. In der Biblioteca comunale sind weder Urkunden
noch Manuscripte von Werth.
Von Spoleto aus besuchte Dr. Elinkenborg die abseits im Ge-
birge liegenden Orte Norcia und Cascia. In Horcia gibt es sowohl
ein Archivio capitolare wie ein Archivio vescovile.
Aber beide sollen nur moderne Akten dieses Jahrhunderts haben.
1) Der Katalog Teneichnet noch onter Nr. 1062 und Nr. 1103 iwei Urkun-
den Alezanders IIL, die Dr. Klinkenborg nicht anfgefonden hat Aber Nr. 1062
wenigsteoB iet sicher eine Urkande Alexanders IV. Vielleicht aach Nr. 1103.
Davon lautet das Regest im Katalog:
Bulla Alexandri pape IIL similiter confirmationis sententie per Raineriom
cardinalem lat^ saper contribationibas faciendis per episcopom et capitn-
Itun ecclesi^ Fiüginateosis ac monasterium Sazooloi et connentoales et alias
ecdesias tarn cioitaUs quam diocesis Falginatensis in procaratoribus et ex-
pensis eamm, que assignare debebant nnndis legatis et earsoribos sedis
apostollce.
360 P. Kehr,
Wohl aber gebt das Arebivio comanale antico bis ins 13.
Jabrbundert binanf. Von den Jüngern Papsturkunden notirte Dr.
Klinkenborg Celestin V. für S. Benedetto di Norcia (DaL Aquüe
id. sept. a. I) in dem Ms. Casefta Q. Spoleto. Libro: Bolle panii-
fiele f. 23. Vgl. aucb Feliciani Patrizi-Forti, Delle memorie sto-
riebe di Norcia 1869.
In Casoia beginnt das Arebivio comunale mit dem 13.
Jabrbundert. Im Arebivio della cbiesa parrocbiale di
S. Maria sab Dr. Klinkenborg Urkunden erst vom 16. Jabrbun-
dert ab.
lieber Temi vgl. Betbmann im Arcbiv XII 552 und v. Pflugk-
Harttung Iter p. 154. 782. Sowobl das Arebivio capitolare
wie das Arebivio vescovile beginnen erst mit dem 15. Jabr-
bundert. Im Arebivio comunale antico ist die älteste Ur-
kunde ein angeblicber Heinrieb Tl. (Cop.), in Wabrbeit Heinrieb
YU. Es folgt das große Notariatsinstrument von 1267, über das
jüngst P. Manessei im Arebivio storieo Italiano XXII (1875) scblecbt
genug gebandelt bat; es ist überdies vollständig abgedruckt in
der Neuausgabe von Fr. Angeloni, Storia di Terni (Pisa 1878) p. 537.
Hier steben die beiden Papsturkunden ^)
f. 1 Benedict IH. 857 V. J-L. f 2665 zu 855 V.
f. 2 Pascbal IL 1109 IV 29. J-L. — .
In der Biblioteca comunale sind Urkunden von 1256 ab.
Außerdem 2 Handscbriften.
Aucb Rieti (vgl. Betbmann im Arcbiv XII 487) gewäbrte nur
eine geringe Ausbeute. Das Arebivio vescovile bat nicbts.
Im Arebivio capitolare (Katalog von Gabriel Naud^ und In-
ventar von P. Micbelini in der städtiscben Bibliotbek) ist für uns
allein *)
Anastasius IV. 1154 Vin24. J-L. 9821 zu I 24. Orig. mit Villi,
hü. sept.
Das Arebivio comunale (Inventario deirarcbivio comunale
im Druck) bat als älteste Papsturkunde Honorius III. , in dem ein
jetzt verlorener Celestin HI. erwäbnt wird. Ueberbaupt ist zu vgl.
das demnäcbst erscheinende Werk von M. Micbaeli, Memorie sto-
riche della cittä di Bieti dall'orgine all'anno 1560, in dem die
Documente am Scbluß publicirt werden sollen.
1) Und foL r die Urkunde Friedrichs L
2) Und die Originale Friedrich I. 8t. 4288 nnd Heinrich YI. St 4710. -^
Von Lacins IIL J-L. U675 ist in Rieti keine Ueberliefening.
Papstorkonden in ümbrieiL 361
lieber Ponte Colombo bei Bieti und seine Hss. s. Mazzatinti
Inventari II 166 ff.
Na/mi.
Vgl, Bethmann im Archiv XII 657 und v. Pflugk - Harttang
Iter p. 764, dessen Angaben sich im Wesentlichen bestätigten.
Dr. Klinkenborg ist vorzuglich dem Marchese Giovanni Eroli
zu Dank verpflichtet.
Das Archivio capitolare (Can. Federico Angeletti und
Can. Romeo Fagioli) ist ganz ungeordnet. Dr. Klinkenborg fand
nach langem Suchen
Alexander n. 1069 I 17. J-L. 4662. aieichzeitige Copie.
Innocenz II. 1139 X 29. J-L. 8051. Orig.
ürban III. 1186 I 27. J-L. — . Cop. von 1360. S. Anhang.
Celestin III. 1194 XII 17. J-L. 17176. Cop. s. XUL
Ferner einen Rotulus mit der Aufschrift Privilegia antica^ Notariats-
instrument von 1308 II 22 mit
Honorius U. 1129 IV 10. J-L. 7370.
Innocenz n. 1139 X 29. J-L. 8051.
Alexander HI. 1180 IV 6. J-L. 13642.
Alexander UI. 1180 IV 4. J-L. 13641 *).
Das Archivio vescovile fand Bethmann 1846 ohne Ord-
nung auf dem Boden liegen. So liegt es noch jetzt. Es besteht
nur in einem Haufen zusammengeworfener Manuscripte, Akten und
Bucher; Pergamene fanden sich darunter keine.
Auch das Archivio comunale (Secretär Amilcare Arcan-
geli) mit der Bibliothek ist ungeordnet. Die Urkunden gehen bis
ins 12. Jahrhundert hinauf, Papsturkunden sind nicht darunter.
Todi.
Vgl. Bethmann im Archiv XII 549 und v. Pflugk - Harttung
Iter p. 783 nach Mitteilungen des Barons Sansi. Wir haben in
erster Linie Herrn Dr. Francesco Briganti di Deruta zu
danken, der dem Dr. Schiaparelli den Zutritt zu den Archiven
Todi's vermittelte. Auch der Sindaco Cav. Pietro Paparini und
der Segretario Mariani waren von dem größten Entgegenkommen.
1) Nach T. Pflngk-Harttimg Iter p. 764 (Tgl. anch AcU III 279 Nr. 800
and 801) sind die beiden Urkunden Alexander« III. in Originalen erhalten. Aber
nllet Soeben danach war erfolglos.
362 P. Kehr,
Das Archivio capitolare (Can. Alvi) ist klein, ungeordnet
und von geringem Werth {Begistro delle scrüture del capitolo von
1718). Es beginnt mit 1098. 1150 u. s. w. Die älteste Bulle ist
Innocenz IV. 1252 X 10.
Das Archivio della curia vescovile hat Fergamene
vom 14. Jahrhundert ab. Zu verzeichnen ist allein das Ms. Com"
pendio delle scrüture antiche e moderne del venerabüe monastero di
S. Francesco di Todi riposte nelVarchivio di dato monastero 1617.
In diesem Archivinventar heißt es fol. 13: Casella I, dove si con-
tengono le scritture di S. Leutio, nämlich
Nr. 1. Leo IX. 1051 X 11. J-L. — : Anno domini 1052. BoUa di
papa Leone nono, che conferma alFabbate di S. Leucio
tutte le chiese e beni che hanno al presente e che gli
saranno lasciate, che nessuno imperadore re duca marchese
conte viceconte patriarchia arcivescovo vescovo abbate
grande o piccola persona molesti ne turbi detto monastero
sotto pena di scommunica. Dat. li 11 d'Ottobre anno 3
di pontifice.
Nr. 2. Eugen m. 1145 III 20. J-L. — : 1144. Bolla di Eugenio
terzo sottoscritta da cardinali, che conferma tutte le chiese
possessioni et loro pertinenze, che possedono al presente e
che acqnistaranno per Tawenire Tabbate Rustico et monaci
di S. Leutio dentro la cittä di Todi et ancora, che se vorrä
sepellire in detta chiesa, si possa sepellire, purchi non
sia scommunicato, et i beni che si lasciaranno a detto mo-
nastero, li possino ritenere e che nessuno molesti detti
beni sotto pena di scommunica. Dato in Narni li 20 di
MarzOy pont. di Eugenio terzo a® primo.
Nr. 3. Transsunto della sopradetta bolla.
Nr. 4. Alexander IH. 1171 IV 3. J-L. — : Anno 1171. Bolla
di Alessandro terzo, sottoscritta da cardinali, che conferma
all'abbate Lorenzo et monaci di S. Leutio tanto presenti
come davenire tutte le chiese le quali sono descritte in
detta bolla, sottoposte al detto monastero esente dalla
iurisditione episcopale. Dato in Frascati li 3 di Aprile
Tanno XII del pontificato.
Nr. 5. Transsunto della sopradetta bolla.
Nr. 6. Friedrich L 1177 (= St. 4235).
Leider ist keine der Bullen erhalten. Auch 6. Ceci, Todi
nel medio evo (Todi 1896) kennt sie nur aus diesem Inventar,
resp. dessen Abschrift von Petti, und bemerkt dazu (p. 49 N. 3):
Papstorkondea in ümbrien. 363
,che qaeste boUe farono mbate dairarchivio di s. Francesco e
che si minaccio in riguardo an processo^.
Das Archivio della congregazione di caritä ist
reich und wichtig. Katalog von Leonii. Aelteste Fergamentur-
konde von 1206 (in Cop. von 1346), älteste Bulle von 1266 XII 8.
Archivio S. Fortunato (wo zugleich das Archiv und
die Bibliothek der Stadt sich befinden) mit Katalog saec. XIX ^)»
Der von Leonii p. 22 citirte Alexander III. ist in Wahrheit Alexan-
der lY. Für uns kommen nur in Betracht die Manuscripte
1. Lucca Alberto Fettig Commentarii avvero memorie di Todi atUiche
e moderne delle cosc piü notabili 11 1613 (Arm. VI. XI) mit
Abschriften der Kaiserprivilegien für die Römische Kirche
und IV 1629 f. 228 mit Ludwig IV. 1328 IV 10 und
f. 284 Contpendio delle scrifture antiche e moderne del mon. di
S. Francesco di Todi riposte nelVarchivio di detto mon. 1617,
offenbar Abschrift des Archivinventars von S. Francesco im
bischöflichen Archiv, mit denselben Angaben ttber die Urkunden
für S. Leucio.
2. Lucca Alberto de PettiSj Inventarium brevium büUarum librorum
. . . spectantium ad ÜL comunüatem Tuderti 1661 (Arm. VI. XII
Nr. 9) und ein zweiter von Ottaviano Ciccdini 1794 besorgter
Katalog (Arm. VI. XH Nr. 12).
3. Reginaldo Boarini, Storia detta cUtä di Todi (Arm. VL XII
Nr. 3), wo ein Privileg Hadrians IV. citirt wird
1168 Adriane IV. mentre si trovava in Todi, sentenzi6
il castello di Hontemarte, era nel territorio di essa
citti, come aveva sentenziato prima il vescovo di Chiusi
arbitro delle due cittä cio6 Todi e Orvieto (Reg. Test, in
Arch. secr. C 113). Doch fand sich keine Spur davon.
Ferner werden ganz kurz oitirt zwei Urkunden för Honte
Acute, die eine von Nicolaus 11. von 1069, die andere von
(Tregor VII, von 1076.
Ueber die Biblioteca comunale vgl. Lorenzo Leonii, In-
ventario dei codici della Comunale di Todi. Todi 1878, der auch
die bisher unbekannten Papsturkunden herausgegeben hat, nSmlich
Alexander III. s. d. J-L. — . Cop. s. XIU im cod. 34 (Leonii p. 16).
Celestin lU. 1192 m 7. J-L. -. Cop. s. XUI im cod. 22 (ibid. p. 10).
1) KaiMrarkondeo : BF. 450. 454. 566. lOia 8033. BFW. 13290.
364 P. Kehr,
AßHai.
Vgl. Bethmann im Archiv Xu 538—541 und v. Pflugk-Hart-
tnng Iter p. 4. 739. Das Archivio capitolare (Can. Andrea
Tini) ist, wie man weiß, alt und reich. Doch ist das älteste
Original einer Fapsturkunde erst von Honorius IIL Unter den
nicht catalogisirten Stucken fand Dr. Schiaparelli
Alexander III. 1180 I 26. J-L. — Cop. von 1270. S. Anhang.
Wichtig sind auch die Mss. des fleißigen Archivars JFVan-
cesco* Antonio Frondini j der 1796 die Urkunden des Archivs von
963 — 1646 copirte. Ferner ist von demselben ein Bullarium der
Clarissinnen da, mit Innocenz IV. beginnend. Aus einem In-
ventar von 1466 vom Kapitelarchiv von S. Sufino notirte Schia-
parelli noch zwei Urkunden Urbans lU. : Privilegium Urbani
pape IIL de iurisdiäione domini episcopi AssisincUis und Aliud
Privilegium dicti Urbani pape IIL de eadem materia simul ligtUum
cum proximo. Diese Urkunden scheinen wie die andern in der
Urkunde Innocenz UI. von 1198 V 28 (A. Cristofani Delle storie
d'Assisi libri 6. Assisi 1866 p. 57) citirten altem Urkunden für
das Bistum von Paschal II., Calixt IL, Innocenz II., Eugen IH.,
Alexander III., Urban IIL, Clemens IIL verloren zu sein.
Das Archivio vescovile ist ganz jung.
Das Archivio di S. Francesco (jetzt bei der Biblioteca
comunale) hat eine schöne mit 1168 beginnende Serie von Perga-
menturkunden, die in Bände gebunden sind. Aelteste Fapsturkunde
von Honorius UI.
Auch das Archivio comunale hat als älteste Papsturkunde
nur die schon citirte Bulle Innocenz UI. von 1198 in Cop. von 1301
Wichtig ist auch der Libro M 3, cod. membr. saec. XIII mit Ur-
kunden von 1203 ab und Abschriften jüngerer Bullen. Ebenda
Friedrich U. Palermo 1208 I 1.
Aus der Biblioteca comunale (Prof. Leto Alessandri),
vgl. Hazzatinti Inventari IV 21 und Ehrle im Archiv für Litte*
ratur- und Eirchengesch. I 470, ist lediglich zu citiren cod. nr. 227
saec. XU, wo f. 234' Paschal IL 1100 V 4. J-L. 6836 steht.
Die Biblioteca del Capitolo (Can. A. Tini) besitzt
u. A. die Mss. von Locatelli und Venarucci, die für die Greschichte
von Assisi wichtig sind, aber für unsre besondem Zwecke keine
Ausbeute ergaben.
Papstnrknnden in UmbrieiL 366
Perugi4i.
Daß in dieser Stadt, deren Archivalien so gut bekannt und
so oft benutzt worden sind , neues Material zu Tage kommen
würde, erwarteten wir nicht. Bethmanns Bericht (Archiv XII
544 — 649) ist mit Liebe und Sachkenntnis geschrieben. Auch
V. Pflugk-Harttungs Notizen (Iter p. 71) sind, besonders in
Bezug auf das Archiv von S. Pietro, reichhaltiger und genauer
als sonst. Hierzu kommen die außerordentlich eingehenden Nach-
richten fiber die Archive beiG-. Mazzatinti Gli archivi I 92 — 134
und über die Bibliotheken in desselben Inventari II 171 — 179 und V
66 — 297. Wir haben diese Angaben im Einzelnen nur hie und da
zu ergänzen. Das danken wir hauptsächlich der Güte des Biblio-
thekars Conte Dott. Vincenzo Ansidei, des Senators Faina,
des Hons. D. Marzio Romitelli vom Kapitelarchiv und des
Abtes D. Guido Barbier i von S. Pietro.
Archivio capitolare.
Originale:
Eugen m. 1160 Xn 2. J-L. 9420 (B Nr. 4).
Alexander IH. 1169 V 4. J-L. 11620 (B Nr. 6).
Alexander m. 1170 IX 12. J-L. 11834 (B. Nr. 7).
Urban IH. (1186-87) III 16. J-L. 15816 (B Nr. 8).
aemens IH. 1189 V 17. J-L. 16413 (B Nr. 10).
Clemens IH. 1189 V 17. J-L. 16414 (B Nr. 12).
Celestin IH. 1193 H 14. J-L. 16964 (B Nr. 13).
Copie *) :
Alexander IH. 1169 V 4. J-L. 11620 Cop. s. XVII (Sectio D:
Monumenta. 3. Serie privilegiorum et indultorum vol. I).
Copialbuch^:
Begislrufn scripturarum ecclesiae 8. Laurentii calhedralis Perusinae
ordincUum 1574, Cod chart. in fol. (Libro verde)
fol. 6 Clemens UI. 1188 V 6. J-L. — . S. Anhang»).
fol. 6 Clemens IH, 1188 V 29. J-L. — . S. Anhang.
fol. 6 Clemens IIL 1188 IX 20. J-L. — . S. Anhang.
1) Friedrich I. 8t 8994 Cop. s. XHI (B Nr. 5).
9) fol. 12 Friedrich I. St 3994.
8) HaiMtinti Gli archiri 1 129 citirt diese f&nf ürkanden Clemens' UI. als
solche Clemens' II. Ton 1047. Ebenso schon Cesare Crispolti Penigia AogosU
1648 p. 266 und die andern Historiker Ton Perugia.
KfL Q«. 4. WIM. XMkii€hlM. PUlotof .-klftor. KImm 189S. H«fi 3. 25
366 P. Kehr,
fol. 6' Clemens IH. 1188 X 21. J-L. — . S. Anhang,
fol. 7' Clemens III. 1188 X 17. J-L. — . S. Anhang,
fol. 11 Eugen m. 1150 XH 2. J-L. 9420.
fol. 14 Alexander m. 1169 V 4. J-L. 11620.
fol. 16 Alexander m. 1170 IX 12. J-L. 11834.
fol. 18 Urban IE. (1186—87) HI 15. J-L. 15815.
fol. 20' Clemens m. 1189 V 17. J-L. 16413.
fol. 22 Clemens HI. 1189 V 17. J-L. 16414.
fol. 23' Celestin IH. 1193 H 14. J-L. 16954.
Archivio della cnria arcivescovile.
1534 verbrannt und jetzt ohne Pergamentarknnden. Von Ma-
nascripten sind benutzt
Memarie sülle chiese di Perugia von Francesco Riceardi, Ms. s.
XVII in 11 voll.
ConventtiS et monasteria regularium Busta I. 11.^).
Processi ecclesiasiici I. Faszikel: Abbatiae s. Pauli super ec-
clesia collis Tabuleni. Mit den beiden Privilegien für das
Kloster S. Paolo di Valdiponte in Copien von 1591
Paschal IL 1110 IV 29. J-L. 6272.
Celestin IH. 1193 HI 5. J-L. 16962 zu m 4.
Archivio di S. Pietro.
Das Archiv ist Monumento nazionale und soll in der Biblio*
thek aufgestellt werden. Vorläufig steht es noch unter der Hut
des Abtes Guido Barbieri. Die prachtvolle Serie der Papst- und
Kaiserurkunden ist schon mehrfach verzeichnet worden; ich wie-
derhole sie der Vollständigkeit halber.
Originale ■) :
Süvester H. 1002 XII 3. J-L. I p. 499 (Vin 19).
Benedict VUI. 1022 XIL J-L. 3792 als Benedict VH. (unter
Grlas und Rahmen).
Benedict IX. 1036 XI 2. J-L. I p. 520 (VIII 32).
Gregor VL 1045 V. J-L. 4123 (Vm 13).
Leo IX. 1062 lU 9. J-L. 4267 (VIH 11).
1) In BasU I. Copie saec XVI von Friedrich I. St. 8998 und von Heinrich
VI. St. 6048.
2) KAiserurkimden : Konrad U. St 1989; Heinrich IH. St. 2820; Friedrich
1. St. 3998 ; Heinrich VI. St 6039. 5048. 6048. 6049.
Papitoriniiideii in Ümbrien. 367
Stephan IX. 1067 XI 2. J-L. 4374 (YHI 9).
Nicolaus n. 1059 H 17. J-L. 4395 (Vm 5).
Nicolaus n. 1069 X 14. J-L. 4413 (VIII 21).
Alexander II. 1065 IV 17. J-L. 4664 (Vm 16).
Engen lU. 1150 VI 12. J-L. 9396 (Vm 39).
Copien :
Gregor VI. 1045 V. J-L. 4123 inserirt in Gregor IX. 1228 X
12 (VUI 2) und Gregor IX. 1229 I 21 (XIH 2).
Leo IX. 1052 III 9. J-L. 4267 inserirt in Gregor DL 1228
X 12 (VUI 8).
Stephan IX. 1057 XI 2. J-L. 4374 inserirt in Gregor IX.
1228 X 12 (Xni 1).
Nicolaus IL 1059 II 17. J-L. 4395 inserirt in Gregor IX.
1228 X 12 (Vin 12).
Alexander IL 1065 IV 17. J-L. 4664 inserirt in Gregor IX.
1228 X 12 (Vm 10).
Urban IL 1092 IX 14. J-L. f 5467. Cop. von 1564 (I 13).
Innocenz U. 1137 U 10. J-L. 7825. Cop. saec. XV (VHI 34).
Copialbücher :
lAbro A: FriviUgiorum et hrevium ven. nwn. s. Petri de Perus.
Ms. Chart, saec. XVI in fol. ')
fol. 1 Benedict VIH. 1022 XII. p. J-L. 3792.
foL 1' Süvester II. 1002 XII 3. J-L. I p. 499.
fol. 2' Benedict IX. 1036 XI 2. J-L. I p. 520.
foL 3 Gregor VL 1045 V. J-L. 4123.
foL 4 Paschal U. 1115 U 8. J-L. 6448.
foL 6 Leo IX. 1062 IH 9. J-L. 4267.
foL 6 Stephan IX. 1067 XI 2. J-L. 4374.
foL 6' Nicolaus U. 1059 X 14 J-L. 4413.
foL 7 Nioolaus IL 1069 H 17. J-L. 4395.
foL 8 Alexander H. 1065 IV 17. J-L. 4564.
foL 10' Innocenz U. 1137 n 10. J-L. 7826.
foL 11' Lucius n. 1144 UI 16. J-L. 8521.
foL 12' Engen IIL 1160 VI 12. J-L. 9396.
foL 13' Engen HL 1145 IV 26. J-L. 8739.
foL 16'— 21' Gregors IX. Transsnmte.
foL 66 Urban n. 1092 IX 14. J-L. f 5467.
Codex difiomaticua Perusinus, EuUstaeus appdtatus, id est edUeetio
moHumentorum medii aevi ad Augustam Perusiam utcuuque spee-
I) Ebenda fol. 2. 9'. 10. IS*. 16'. 16 die 7 Kaisenirkunden.
26*
368 ^' Ke^f.
tanüum opera et studio monachi cuiusdam 8. Petri. Perusiae
1778, Ms. Chart, in 4^
p. 1 Gregor I. B91 VH 2. J-E. 1128.
p. 3 Gregor I. 604 I. J-E. 1992.
p. 7 Gregor I. 600 VI. J-E. 1782.
p. 8 Gregor I. 600 IX. J-E. 1793.
p. 13 Benedict YHI. 1022 XH. J-L. 3792.
p. 25 Süvester H. 1002 XII 3. J-L. I p. 499.
p. 33 Benedict IX. 1036 XI 2. J-L. I p. 520.
Libro B: Iura diversa congregatianis Casinensis, Ms. chart. s.
xvn
p. 4' Urban H. 1092 IX 14. J-L. f 5*67.
p. 24 Alexander IH. 1169 I 30. J-L. 11589.
Libro EE: Perusina beneficium Processus (Prozeßakten des No-
tars Galeotti BartoleUi von 1623) *)
f. 497' Paschal n. 1115 H 8. J-L. 6448.
f. 499' Innocenz H. 1137 H 10. J-L. 7825.
f. 502' Lucius IL 1144 m 15. J-L. 8521.
f. 505 Eugen IE. 1145 IV 25. J-L. 8739.
f. 507'— 523' Gregors IX. Transsumte.
lAbro F: Beneficiorum (Prozeßakten des Notars Marco Torello
von 1640) ist eine Copie des Libro £E.
Archivio antico del Comune.
Das alte Archivio decemvirale ist eine der reichsten
und kostbarsten Sammlungen italienischer Stadtgeschichte trotz
der schon von Bethmann beklagten großen Verluste, die es 1848
erlitten hat. Doch darf die Hoffnung ausgesprochen werden, daß
die damals fortgebrachten, jetzt aber in sicherer Hut befindlichen
Theile des Archivs bald wieder in das Rathaus von Perugia zu-
rückkehren werden. Für unsere Zwecke enthält das eigentliche
Stadtarchiv nicht viel. Die Serie der Papsturkunden beginnt erst
mit Gregor IX. (die ganze Liste verzeichnet Mazzatinti I 107 ff.)
und nur der Band LXXVII Miscellanea: Transsumptus bullarum
papalium et imperialium, von dem Notar Venantius Franciscus
Bruschinus von Camerino, cod. membr. von 1420, hat fol. 3 eine
Copie von
Innocenz H. 1136 XH 13. J-L. 7803 »).
1) f. 492 Friedrich I. St 8993; f. 496' Heinrich VI. St. 6048.
2) f. 4' Friedrieh I. St 8994.
Papsturkimden in ümbrien. 869
Za den Beständen des alten Stadtarchivs ist hinzugekommen
das Archivio delle soppresse corporazioni mit denUr-
kanden der anfgehobenen Klöster. £s ist ein massenhaftes, wich-
tiges nnd so gnt wie jongfränliches Material, das zum Theil noch
der Ordnung harrt. Hier sind die Archive von S. Maria di Yal-
diponte oder Monte Labate, von Monte Corona nnd Monte Acnto,
von Monte Lnce und Monte Morcino, von S. Domenico, S. Fio-
renzo, S. Francesco, S. Severo, S. Secondo, S. Antonio, S. Gin-
liana n. A. Am reichsten ist das Archiv von Monte Labate.
Es beginnt mit einem Original von 995 XU nnd besaß eine Bulle
Johannes XIII. 969 XI 21. J-L. — . S. Anhang,
von der wir leider nur Abschriften des vorigen Jahrhunderts be-
sitzen. Sie wird im Summarium scripturarum antiquarum abbatiae
VaUispontis saec XVI (Ms. 23) fol. 8 citirt als Urkunde Johan-
nes XX. (XrX) von 1024:
Breceptionis monasterii predicti sub regimine et protectione
immediate sedis apostoUce. Copia bullarum pape lohannis
XX. de anno 1024
und ist von dem Abt Johannes Columbino FaUeschi in dem Ms. Ta-
bularii perantiqui cenobii 8. Mariae Vallis de Ponte in Corbiniano
seu monumentorum in ipso asservaiorum epitonien von 1798 (Ms. 10)
als Bulle Johannes XIX. von 1030 copirt worden. Auch CHuseppe
lielforti im Indice deWarchivio di S. Maria di Valdiponte von 1799
(Ms. 16) citirt sie p. 16 als Bulle Johannes XI. zu 1030. Leider
hat sich die Copie dieser Urkunde, auf welche unsere Abschriften
zurückgehen, nicht auffinden lassen^).
Biblioteca comunale.
Von den Mss. hat Dr. Schiaparelli durchgesehen:
Ms. £. 45. Compendio delle memorie ddla cittä di Perugia di Cesare
CrispoUi. Ms. chart. saec. XYI, wo fol. 32' und foL 35 zwei
Breven Alexanders III. stehen, die wohl solche Alexanders
IV. sind. (Vgl. Cesare Crispolti Perugia Augusta 1648).
Ms. C. 11. Miscellanea. Ms. s. XVIII des Carlo Baglicmi
p. 24 Alexander DI. 1178 UI 23. J-L. — . S. Anhang,
p. 29 Celestin UL 1193 XI 24. J-L. -. S. Anhang.
Mariottif Noiurie stUle chiese ddla dtiä e terrUorio di Perugia^ von
denen 6 volL die Stadt und 5 das Territorium behandeln : mit
1) Vielleicht befindet sich die Urkande gleich der Leos IX. J-L. 4167 noch
nnter den Urfcnndea too S. Fnuaoesco dl Perugia (Moratori Antiq. VI 838).
870 P- Kobr,
vielen Citaten and einigen Copien von päpstlichen Urkunden,
darunter
Citti vol. 3 : Eugen HI. 1150 VI 12. J-L. 9396.
Carte Mariotti (Busta C '), Abschriften saec. XVIII mit Noten Ma-
riottis *)
Süvester 11. 1002 XH 8. J-L. I p. 499.
Benedict VIII. 1022 XII. J-L. 3792.
Benedict IX. 1036 XI 2. J-L. I p. 520.
Gregor VI. 1045 V. J-L. 4123.
Leo IX. 1062 III 9. J-L. 4267.
Stephan IX. 1057 XI 2. J-L. 4374.
Johannes XIII. 969 XI 21. J-L. — . S. Anhang.
Leo IX. 1049 m 26. J-L. 4157 ex Muratori.
Benedict VHL 1022 XQ. J-L. 3792.
Biblioteca Dominicini.
Ms. 84 A. Mariotti y Memarie istoriche di Perugia per porta S.
Pietro
p. 46 Eugen m. 1150 VI 12. J-L. 9396.
Ms. 92 A. Serie dei vescavi di Perugia, Ms. chart. in fol. saec.
XVn, wo die verlorenen Urkunden Johanns XIII. von 965
und Gregors V. von 996 für S. Pietro citirt werden.
Ms. 127 A. Historia Spoletina per episcoporum serieni digesta auC'
tare lacobo Philippo - LeancülOj cotrecta et locupletata a Seraphino
de Seraphinis 1656^
p. 228 Alexander 11. 1069 I 16. J-L. 4661 ex orig.
Ms. A 64. F. Cavaüuccij Memorie Auguste assia Annaii deüa chiesa
Perugina, Ms. saec. XVII
p. 38 Gregor L 591 VH 2. J-E. 1128.
p. 39 Gregor L 604 L J-E. 1992.
p. 58 Süvester IL 1002 XH 3. J-L. I p. 499.
p. 66 Leo IX. 1049 Ul 26. J-L. 4157 : della boUa si con-
serva nn esemplare nel convento de' Padri conven-
tuali
p. 67 Benedict IX. 1036 XI 2. J-L. I p. 520.
1) Und den Diplomen Konrad II. St. 1989; Heinrich III. St. 2820; Fried-
rich L St. 3994 and St spur. 8966; Heinrich VI. St 5048.
2) p. 220 Heinrich U. St 1611 ; p. 240 Friedrich I. (IL) St 8720.
Papstarkiuiden in ümbrien. 371
Archivio AnsideL
Ein Ms. membr. saec XYII enthält
foL 8 Honorius IL 1130. J-L. f 7402 *) zu 1125—30.
1.
Johannes XllL überträgt dem Abt Petrus des Klosters S. Maria
in Corbiniano (Valdiponte) und seinen beiden Nachfolgern den Besitz
des Klosters und seiner Pertinenzen.
969 November 31.
Gopie von 1787 unter den Carte Mariofti Perugia Biblioteca co-
munale (Busta C ') [Ä]. — Cojyie von 1798 von C. Fatteschi in Tahw
larii eenobii s. Marias Vallis de Ponte . . epitomen p. 3 Nr. 2 ebenda [B\
Mariottiy der die Urkunde eu 970 setzte, bemerkte dazu ^Mi
fu eomunicata copia di questa bolla da rcv"^ P. abaie di detto
monastero di Monte labate il di 14 febb. 1787.^ Fatteschi schloß
^Huic bull^j cuius non restai nisi informe apographum .... cre^
dimus allatam bullam esse anni 1030, quo decurrebat indiäio
XIII in bulla enunciata tempore lohannis pape XIX^. Die Ab-
Schriften sind scidecht, doch ist eine Emendation des Textes um
so schwieriger und unsicherer, je schlechter in der Kanzlei Jo-
hannes XIIL (vgl. das Original von J-L. 3714) geschrieben
wurde. Zu bemerken ist übrigens, daß das Mittelstück an die
Formel CI des Diumus {ed. Sickel p. 133) anklingt.
Johannes episcopas semos seraorom dei. Petro religioso pres-
bitero et abbat! ^^ ex nostra apostolica aoctoritate acnerabUis mo«
nasterii sancte dei genitricis 8emperqae^> oirginis Mari^ dominc
nostrf, quod ponitor in comitatu Perasi$ loco qoi nocator Corbi«
nianO| et per te^) in dnobos aliis abbatibas^ post te toisqoe suc*
cessoribos secondom regnlam sancti Benedicti ojnobitarem ') oitam
degentibns eiosdem-^ nenerabilis monasterii commorantibos usqae
in tertiam personam diebos oitQ aestr^ tantum. Ad landem re-
spidt domini redemptoris, quod'' intuita pietatis eins faerit semion-
a) abbata jL b) Mmperqne fMi in B. e) ex parte etiam A. d) et
•dbottd A ein. e) cenobiUmm B. f) degent B\ vidUidU fehU
hier no^ mehr. g) nt B.
1) foL 4 Otto n. Spur. 976, ind. 16, imp. 8, dat apnd Bomam 15. kal. maii.
872 P- Kehr,
tibns commendatnm ^). Hic*^ eins dinina placator
dementia atqne alaeres possnnt sernire, inxta qnod snnt polliciti,
sednlas qnoqne^^ eins potentie'^ mente qnieta solnere landes. Igitor
pastorali moti compassione, saltem snb annnali snccedatnr, sicat
inferins designatnr per ordinem, monasterinm ""^ ipsnm cum*^ pr§-
dia sibi pertinentia exapostolici inre**^ patrimonii, inre**^ proprietatis
et nestris snccessoribns fratriim''^ subsidiis«^ atqne alimentis ""^ uel
oblationes sacri altaris et Inminariornm concinnatione pacto infra
scripto diebns nit§ nestr^ possidenda largimnr temporibns. Idcirco
connenit rencrenti^ nestr^ tnnc nos ') implorasse, nt prefatnm mona-
sterinm sancte dei genitricis Mari$ domin§ nostr^ apostolica anc-
toritate mnniamns'^. Propterea flexi**) precibns nestris per huius
pr§cepti paginam statnentes decemimns, nt monasterinin ipsnm
in*) integro cnm cnncta loca nrbana nel rnstica, id est massas
casales*'^) fnndos nninersa pr^dia cnlta uel incnlta longe lateqne
omnia in integro *), sicnti a priscis temporibns ^^ einsdem cnm *) omni
pertinentia fnisse dignoscnntnr nel qnod amodo inantea a fidelibns
christianis inibi oblata fnerint '\ cnm omnibns finibns terminis
^) snis et cnm omnibns ad enm ^) generaliter et in integrum
pertinentibns a presenti tertiadecima indictione tibi atqne a dao-
bns aliis personis abbatnm^) tnisqne snccessoribns einsdem nene-
rabilis*) monasterii existentibns diebns nitg nestr^ nobis concedi-
mns detinendnm. Qnia nero monasterinm ipsnm destrnctnm esse
nidetnr, tno •) namqne stndio tnoqne-^ labore reedificare et ad pri-
stinnm renocare statnm desideramns^) atqne sernos dei*) monacos
castamqne nitam degentes secnndnm regnlam beati*) Benedicti snb
monaatica disciplina inibi adgregare^) et sednlas landes') nna cnm
Inminariornm concinnatione diebns aC') noctibns horis Ileitis in
eodem sancto loce incessanter exhibere , ea prorsns ")
ecclesiasticis niris snblimat, set ^) snb inris sancte Romane ecdesie
existatnr atqne neniatnr , ita saue nt a te tnisqne snccessoribns
h) füer. seraientibas seroet commendatum A; Iner
demandatum B\ vgl Diumus f,XCI (ed, Sickd p. 120): studio pietatis egen-
tibus aliquid fuerit uel Christo seraientibas aut locis uenerabilibus commodatum.
t) hinc B. k) quoque fMi in B. Q potentia AB, m) monasterii B.
n) 80 Bf omnia A. o) so B, aice A. p) fratrunm A. q) subsidiam B-
r) so B, altaritiis A, s) uestre ... nos B. i) mandamos B, u) flexis B.
v) in fMt in A, w) casalis B. x) in integro fMt in A. y) sicut
antiquitos B. «) com — fnerint fehU in B. a) in B ist keine Lücke
angedeutet. b) eam A. e) abbatnum A. d) nenerabilis fehlt in B.
e) sno B, f) snoqne B, g) desideras B. h) sernos dei B; sernos ibi A.
•) sancU S. k) congregare B. l) so B, sedilia ad landem A. m) et B.
n) eihibea B. o) niris S.
Papetorlniiideo in ümbrieo. 373
abbaüboB pro nostra nostrommqne snccessomm pontificnm per
singolos annosi*) anctoritate apostolica^^ in nestra snprascripta
ecdesia*"' sancie MariQ centmn missas pro redemptione anim^
nostr^ canere debeatis. Stataentes qoapropter apostolica censura
sab dioini iaditii obtestatione anathematis interdictom, at nollus
comiti aat'> nicecomiti sine episcopo nel cninscnmqne dignitatis
ant ordinis magn^ parneqne persona qnippiam ex einsdem mona-
sterii pertinentia snbtrahere andeat nel aliqna ^,
sei potins firma stabilitate omnibns diebns**^ nit^ tn^ nit^qne snc-
cessornm diebns, nt snpra iam fatnm*> est, snb monastica disciplina
tenere regere et gnbernare atqne inibi manere*'^ sednlasqne deo
landes referre decernimns. Si qnis antem temerario ansn contra
hnnc nostmm apostolicnm [prinileginm pie a nobis promnlgatnm
in aliqno agere]') temptanerit , sciat se domini nostri^' et beati
Petri apostolomm prindpis, cnins nices gerimns, anathematis in«*
cnrrisse censnras '^ et cnm diabolo et eins atrocissimis pompis [at-
qne cnm Inda traditore domini dei et salnatoris nostri lesn Christi
in etemnm ignem concremandnm simnlqne et in voraginem] tar-
tareosqne") chaos demersnm^^ cnm impiis deficiat. Qni nero pio
intnitu cnstos et obsernator hnins nostr^ pr^ceptionis extiterit,
benedictionis gratiam a Christo lesn domino nostro asseqni merea-
tnr. Post nero trinm abbatnm obitnm memoratnm monasterinm in
integrum cnm omnibns sibi pertinentibns^, sicnti faerit restanra-
tnm atqne melioratnm, ad ins sancte nostr§ Aoman^ ecclesi^ modis
omnibns renertatnr.
Scriptnm per mannsLeonis scriniarii [sancte Romane ecdesie,
in mense nonembrio] ac indictione tertiadedma.
Dat. XI. kalendas decembris per manns Yidonis'^ episcopi et
bibliothecarü
Bene valete.
p) annoB fehU in A. q) aactoritate apostolica fehü in B, r) sabscrip-
tarn ecclesiam A\ in neatra sumpta ecciesia B, s) nel B, t) aUqo. . . . .
... 27. u) diebos fehU in A, v) phal . . . , B. w) remanere B.
x) apotlolicom tentaaerit A (temptaaerit B)\ ith ergänxt die Lüdet
nadk dir JFbrmeJ. y) nostri fehlt in A, m) anathematis nlDcnlo B.
a) pompis tartaroosque A; pompis chaos B. b) domor-
ras B. e) com omni sna pertinentia B. d) Unitonis B.
374 P. Kehr.
3.
St^han IX. bestätigt dem Kloster San Sepolcro unter dem Abt
Fdix nach dem Vorgänge Leos IX, die namentlich aufgeführten J?e-
siteungen und verleiht ihm das Marktrecht.
Copie saec. XI ex. — XII in. Borgo San Sepolcro Ärchivio deUa
curia vescovile (Codid antichi. Privilegi concessi cdla terra del Borgo
1022—1519). — Ebenda Copie von 1540 und Copie saec. XVIII (Dc-
creti. Bolle).
STEPHANVS EPISCOPVS SERWS SEßVORVM DEI. Dilecto
in Christo filio Felici abbati monasterii ''^ sancti Sepalchri nobis
nestrisque etiam snccessoribns imperpetnum. Conaenit apostolico
moderamini pia religione pollentibns beniaola compassione saccnr-
rere et poscentinm animis alacri deaotione impertiri assensnm^^:
ex hoc enim lacri potissimmn premiom a conditore omniam de-
mino uenia^) promeremur, si nenerabilia sanctorom loca oportune
ordinata ad meliorem fuerint sine dubio statum * perducta. Postu-
lastis igitnr a nobiS; at terram inferias scriptam, qoam predecessor
noster dominus Leo nonus papa bon^ memoria per suom pontifi-
cale priuilegium uobis concessit atque confirmauit ^) , uobis conce-
deremus atque confirmaremus '). Inc]inati prQcibns uestris per
huius nostri priuilegii paginam concedimus et confirmamus uobis
curtem in integrum que-^^ uocatur Constantiorum et terram qne-^^
uocatur Sarganina, cum terris cultis et incultis cum omnibus illo-
rum pertinentiis. Confirmamus autem et ecclesiam sancti Martini
cum curte de Farnetu que-^^ Uinciano uocatur sita Figlinol^ cum
omnibus terris ad ipsam pertinentibus. Simul etiam concedimus
terram de Rignanello'^ et terram que-^> uocatur Campus domnicus
et campo de Puzzo et terram que^^ dicitur Flauelle, terram que^'
uocatur Balzorium, cellam etiam qu^ est sanctQ Agnetis sita Peru-
siae comitatu. Similiter autem confirmamus et ecclesiam sancti
Angeli sita Rösciani cum alia ecclesia sancti Donati sita in Mor-
tanula et ecclesiam sancti Benedicti in comitatu Feretrano sita
Miratorum. H^c omnia, sicuti in predictum priuilegium a prefato
a) moDMterio. b) aseoeu. c) staU procal dubio ? d) sUto.
e) coi^rmaremur. f) qui. g) ursprüngU^ Bigoarello.
1) Die Urkunde Leos IX. itt nicht erhalten.
Papstarkonden in ümbrien. 875
donmo Leone predecessore nostro bon^ memoriae aobis factnin
continetnr , com omnibas decimis aestromm omniiun prediomm
absqne olla ambignitate concessis iuris sanct^ Romano ecclesi^, cni
deo anctore desernimns *\ Interponimas antem bis omnibns as-
scriptis et asignamns et stabiliter censemus mercatnm ipsios ab-
bati^ aobis ad tenendnm amissa preceptione concedere et confir-
mare nobis a presenti ^ indictione perpetois temporibas, sicut su-
perios^^ legitar. Stataentes apostolica censnra sab diaini iudicii
obtestationibas et anathematis interdictionibus, at nallus ^ amqaam
nostrorom successoram pontificain ael alia magna paraaque per-
sona caiuscamqae sit dignitatis ael 'ordinis contra banc nostram
apostolicom priailegiam uenire ael insargere aadeat, ita sane at
a aobis singalis qaibasqae indictionibas pensionis nomine sanct^
Roman^ eccle8i§ dao"*) aari solid(i) difficaltate postposita persolaan-
tar'*^ Si qais autem, qaod non optamas, temerario aasa contra
banc nostram apostolicam priailegiam aenire tentaaerit, sdat se
maledictam et excommanicatam et anathematizatam^) et a regno
dei alienatam, socias sit ladq traditoris domini nostri lesa Christi
et com diabolo sociisque sais ^temom gemat sappliciam et insaper
compositaras existat aari optimi mancasos^^ dacentos, medietatem
sacro nostro palatio et medietatem ad predictam monasteriam.
Qai aero pio intaita custos et obseraator extiterit, omni benedic-
tione repleatar particepsqae sit beati Petri regni celoram claai-
geri atqae cam omnibas domini sanctis.
h) hier fMi toM confirmamiu o. ä. i) Lücke für die ZM. k) saper.
I) uttllL m) duos. n) peraoluaior. o) AaaÜiemalixAta. p) mancos.
3.
Gregor VIL nimmt die Kanoniker von Cütä dt CasteUo in den
apostolischen Schutg.
Lateran 1079 FAruar 19.
Orig. Cütä dt Castello Archivio capttdare (Dee. I Nr. 4). —
Copie von 1752 ebenda. Nach dieser Abschrift auch Paulucci Monu-
menta vetusta p. 1 ebenda.
Vgl J'L. 5110. Das Original hat durch Feuehtigleit stark
gelitten. Daher haben es Certini und Mußi Uoß erwähnt. Oe*
schrieben ist der Kontext in der üblichen gregorianischen Curiate
von dem Ingrossator^ den wir «. A. aus J^L. 5015. 5014. 5160
376 P. Kehr,
kennen. In der großen Rota, die eiemlich mitten unter dem Text
steht, lesen wir von der Gregorhand die übliche Devise Misera-
tiones | tu[e domine] | super omnia | opera [tua] |. Datierung van
Petrus. Die jetet verlorene Bulle war durch drei Löcher im Bug
befestigt
6RE60RIVS episcopus seruus seruorum dei. Dilecto in Christo
f[ilio pr^posito et]^) canonicae sancti Floridi in matricae
ecclesia Castellani epi8copa[tus] | c^terisque canonicia canonicae uic-
turia salntem in Christo lesu. Ex con8ider[ationo apostolicaje
sedis, cni licet indigni deseruimus, sie omnium ecclesiaram atili«
tati I conipell[imu]r prouidere, ut iura earum inl^aa sementur et
legales constitutiones a nnllo infringi permittamus. Et ideo peti-
tionibus uestris condescen|dentes, sab tutela et defensione sanctae
Romano ecclesiae quicqnid canonicae inre ^' a Christ[i fijdelibus ioste
et legaliter sunt coUata uel deinceps conferenda, salua | in omnibus
proprii episcopi debita reuerentia, sascipientes apostolica protec-
tione m[anima8], statuentes nuUam regnm uel imperatorum anti-
stitum, nuUum quacunque dignitate preditum | uel qaenquam alium
andere de his quae eidem uenerabili loco a quibuslibet [hominibjus
de proprio iure iam donata sunt uel in futurum deo miserante
collata fuerint, sub cuius|libet [causae oocasioni]sae specie minaere
uel auferre et siue suis usibus applicare uel aliis [quajsi piis de
causis pro suae auaritiae excusatione concedere, sed | cuncta quae
ibi oblata sunt uel oiFerri contigerit, perenni tempore illibata et
sine inquietudine uolumus possideri, eorum quidem usibus, pro
quorum sustentatione guber|nationeque concessa sunt, modis Omni-
bus profutura. Hec igitur omnia quae huius precepti decretique
nostri pagina continet, in perpetuum seruanda decemimus. | Si quis
uero regum imperatorum marchionum ducum comitum antistitum
sacerdotum dericorum iudicum ac secularium personarum banc
constitntionis nostrQ paginam | agnoscens contra eam temerario
ausa uenire temptanerit, potestatis honoris ^> ammonitus semel et
iterum usque tertio per conuenientes indutias, | si non resipuerit
atque predictae ecclesiae non satisfecerit , potestatis honorisque
8ui dignitate careat reumqne se diuino iudicio existere de perpe-
trata | iniquitate cognoscat et, nisi ea quae ab illo sunt male
ablata, restituerit uel [digna] penitentia illicite acta deSeuerit, a
sacratissimo corpore ac | sanguine domini redemptoris nostri lesu
a) CerHni, der die erste Zeile notirt hat, hu filiis preposito et. Jedenfaüs
aber stand nach filio noch der Name des Propstes da. b) statt oestra?
^) so Orig., der Schreiber geriet in eine falsche Zeiie.
Papttarkandan in Umbrien. 377
Christi alienoB fiat atqae in etemo examine [districtae ultloni]
Bubiaceat. Conctis autem eidem loco iasta serlaantibas sit pax
domini nostri lesa Christi, qaatenas et hie fmctam bonae actionis
[peroipiant et apad] districtom iudicem premia.^tern^ pacis inueniant.
R.
Datnm Lateranis XI. kal. martii, per manus Petri sanct^ Ro-
man^ ecclesi^ presbiteri cardinalis ac bibliothecarii, anno VI. pon-
tificatas domni VJi. Gregorii pape, indictione II.
B. dep.
4.
Paschal IL nimmt das Kloster San Sq)olcro in Noileti in der
Grafschaft Castrum Felicitatis (Citta di CcLSteUo) unter dem Abt
Oerard in den apostolischen Schtäz^ bestätigt ihm die Besiteungen und
Güter in namenüicher Auf Mahlung ^ das Taufrechi^ das Marktrecht^
die Zehnten und die Immunität,
Lateran 1106 Januar 18.
Copie von 1540 im Ms. üodici antichi. Privilegi concessi alla
terra del Borgo 1022—1519 f. 9' Borgo San Sepclcro Archivio della
curia vescovüe.
Der Text ist sehr sddecht.
Paschalis episcopus seruns semoram dei. Dilecto filio Oiraldo
abbati monasterii sancti Sepulchri qnod sitnm est in loco Noileti
in comitata castri Felicitatis eiusque successoribus regulariter pro*
moaendis imperpetaom. Ad hoc in apostolice sedis regimen
domino disponente promoti conspicimor, uf ipso prestante^^ reli*
gionem'^ angere et eins serais tuitionem^ debeamus impendere. Tuis
igitor, dilecte in domino fili'^ abbas Gerarde, iustis petitionibns
annoentes, sancti Sepnlchri monasterinm, cni deo auctore presides,
sab tutela et protectione apostolice sedis confonemns et contra
pranomm hominam neqoitiam aactoritatis eins prinilegio commnni-
mns^>. Per presentis^^ igitur decreti paginam*> apostolica anctoritate
statoimus '^, ot qnecnmqae hodie idem cenobiom iaste possidet sine
in fntamm concessione pontificum, liberalitate principom nel obla«*
tione fidelium iaste atqae canonice poterit ^^ adipisci, firma tibi tois-
qae anocessoribas ac illibata permaneant. In qnibas hec proprüs
dnzimas'' aocabalis exprimenda: ecclesia sancti Leonis ioxta bar«
a) et b) proponente. e) reUgionis. d) rationes? e) filiL
f) oomMmilnis. g) propterea. h) pagina. %) oonaemare pataninns.
k) posset 0 enraront
378 P. Kehr,
gam eiusdem monasterii , ecclesia sancti Christophori et ecdesia
sancti Stephan! et ecclesia sancti Ange]i et ecclesia sancte Flore
et ecclesia sancti Paterniani et ecclesia sancti Martini cum carte
Fliginule et ecclesia sancti Thome et ecclesia sancti Hilarii et
curtis Pagauine Vrinanell(e) et Campus dominicus et Balioriura et
Flabellum Micholum et curtis de'"^ Pistulo et Ariele et ecclesia
sancti Petri sita in Fesulis, in comitatu Perusino ecclesia sancte
Agnetis cum curte sua et ecclesia sancti Donati cum suis perti-
nentiis, in comitatu Asisiensi ecclesia sancti Angeli et sancti Cliri-
stophori cum molendinis ac diuersis apenditiis suis. Preterea
quieti ac libertati uestre congregationis per domini gratiam pro-
uidentes, in burgo uestri monasterii baptismum solemniter ex apo-
stolica sedis benignitate concedimus, salua in ceteris Tifornensis
episcopi reuerentia. Mercatum quoque ipsius burgi illesum atqae
ab omni perturbatione securum modis omnibus instituimus ac euntcs
et redeuntes sine uUa molestia uel ui esse precipimus et alibi
aliud mercatum ad damnum ipsius monasterii interdicimus. Deci-
mas autem ex monasterii prediis, sicut predecessorum nostrorum
concessionibus possidetis, nos quoque tam nobis quam uestris suc-
cessoribus possidendas pro obseruanda religione concedimus. Om-
nes preterea libertates siue immunitates, que ipsi cenobio per
auctenticapriuilegia collatacognoscuntur"\ nos quoque decreti pre-
sentis pagina confirmamns. Si qua igitur in futurum ecclesiastica
secularisue persona hanc nostre constitutionis paginam sciens contra
eam*^ temere uenire temptauerit, secundo tertioue commonita, si non
satisfactione congrua emendauerit, potestatis bonorisque sui digni-
tate careat reamque se diuino iuditio existere de perpetrata ini-
quitate cognoscat et a sacratissimo corpore ac sanguine dei et
domini redemptoris nostri lesu Christi aliena fiat atque'') in ex-
tremo examine districte ultioni subiaceat. Cunctis autem eidem
loco iusta seruantibus sit pax domni nostri lesu Christi, quatenus
et hie bone actionis fructum percipiant et apud districtum iudicem
premia eterne pacis inueniant.
Scriptum per manam Bonihominis scriniarii sacri palatii^l
Ego Paschalis catholice ecclesie episcopus ss.**^
Datum Laterani per manum lohannis sancte Romane ecclesie
diaconi cardinalis ac bibliothecarii, XV. kalen. febmarii, indictione
XTTTT, incamationis dominice millesimo centesimo sexto, pontifi*
catus autem domini Paschalis secundi pape anno septimo.
m) et. n) cognoscitnr. o) eas. p) atqae fehlt, q) rosim (?)
Hau scriniarii aacri palatii, wU in J-L, 6612, r) m fMt,
Papstarkunden in Umbrien. 379
6.
Paschäl IL stellt die verbrannte Titel-Kirche SS. Quatuor Coro-
natarum in der Stadt Rom wieder her, errichtet in ihr ein Kloster
und vereinigt mit ihr das Kloster S. Maria in Michaele.
Trastevere 1116 Mai 24.
Cqpie saee. XIV Spoleto Ärchivio ardvescovile {Sassovivo Fase.
Nr. lOT).
Den lÄebhahem der mittelalterlichen Geschichte der Stadt
Rom wird diese Urkunde nicht unwillkommen sein. Die Copie
ist nicht fehlerfrei und die Cardinalsunterschriften bietet sie in
verworrener Ordnung. Diese und orthographische Varianten sind
hier stillschweigend verbessert.
Paschalis episcopus seruus seraomm dei. Tarn presentibas quam
futaris ecclesie filiis in perpetaum« Multas in Romana arbe
celebres qaondam ecdesias seu monasteria daruisse, scriptorum
ueteram monimenta declarunt"), ex qaibas quedam omnino perie-
ronti quedam opido diminuta sunt Nostris sane temporibns sane-
tomm Quattuor Coronatorum ecclesiam^^ tituli nomine insignem
igne consumptam^) nouimus et res ad eam pertinentes multa bei-
lorum diutornitate pessundatas. Sed cum indignum ualde uidere-
tnr, nt tot sanctorum corpora, que eadem fuerant ecclesia tumulata,
per tanta temporis interstitia congruis carerent officiis, diuina
inspiratione excitati^', ecclesiam ipsam licet minoribus spatiis re-
parare et sanctorum multorum illic innenta corpora congruenter
coperire curauimus. Et quia locus idem habitatoribus circumquaque
pereuntibus uersus in solitudinem faerat, oportunum daximus ad
cotidiana sanctorum exequia peragenda monachorum illic congre-
gationem domino prestante statuere. Quorum subsidiis prouiden-
tes, beate Marie que in Michaele dicitur ecclesiam, que monacho*
rum quondam habitaculum fuerat, supradicte sanctorum Coronatorum
ecclesie copulare et cum omnibus eins pertinentiis unire decreui-
mus. Hanc itaque ipsarum unionem fratrum nostrorum consensu
et decreti presentis pagina confirmamus et firmam perpetuo per-
manere sancimus. Omnes enim fundos possessiones seu ceteras
res ad prefatam beate Marie ecclesiam pertinentes sub illius pro«
uisione ac dispositione persistero deliberamus, quem apud sanc*
torum Coronatorum cenobium in^ abbatem preesse contigerit, ut
unum deinceps ex utrisqne cenobium fiat et monaohomm apud
a) daelarint 6) ocdosia. e) coosomptam. d) «xciil dd) sie.
880 P. Kehr,
prefatam titalam permanentium asibas omnium possessionum illamm
fractus redditnsque proficiant nee nlli deinceps liceat predictarom
ecdesiamm sine remm diremptionem facere, sed omnia, nt pre-
diximus, indiaposita coniunctione et unitate sementnr'^ Si quis
autem decreti huins tenore cognito temere, qaod absit, contraire
temptauerit, honoris et officii sui pericnlum patiatnr aut exconin-
nicationis ultione plectatnr, nisi presumptionem snam digna satis-
factione correxerit. Qae omnia ut perpetuam firmitatem semper
obtineant, presentis constitutionis paginam nostra-^ et fratrnm
nostrorum episcopornm sen cardinaliam presbiterornm et dyaco-
norum^) snbscriptionibns roboramns.
B. Ego Faschalis catholice ecclesie episcopns ss. BV.
f Ego Crescentins Sabinensis episcopns ss.
f Ego Petrus Portnensis episcopns ss.
f Ego Cono Prenestrinns*) episcopns interfui et ss.
f Ego lohannes cardinalis sancte Cecilie interfni et ss.
f Ego Corradus hnmilis de titnlo Pastoris presbiter ss.
f Ego Desiderins cardinalis sancte Praxedis ss.
f Ego Bonifatins cardinalis titnli sancti Marci interfni et subscripsi.
f Ego Densdedit cardinalis sancti Lanrentii in Damaso landaui et ss.
f Ego Vitalis cardinalis titnli sancte Balbine laudani et snbscripsi.
f Ego lohannes cardinalis titnli sancti Ensebii landaui et subscripsi.
f Ego Benedictus cardinalis titnli Endoxie ss.
fEgo Theobaldns cardinalis titnli Pamachii^ ss.
fEgo Raynerins cardinalis titnli sanctornm^^ Marcellini etPetri ss.
fEgo Boso cardinalis sancte Anastasie interfni et subscripsi''.
fEgo Petms cardinalis dyaconns sancti Adriani lan-
daui et SS.
fEgo Gregorins"*) cardinalis dyaconns sancti Angeli
landaui et subscripsi.
fEgo lohannes dyaconns cardinalis sancte Lncie lan-
daui et snbscripsi.
fEgo Petms cardinalis dyaconns sanctomm Cosme
et Damiani landaui et ss.
Dat. apud Transtiberim per mannm lohannis sancte Romane
ecdeaie dyaconi cardinalis ac bibliothecarii , IX. kal. ionii, indic-
tione IX, incamationis dominice anno M^. C^. XYI* *'^ pontificatna
autem domni Paschalis secnndi pape anno XYII.
e) semetor. f) nostram. g) dycononun. h) Penestrinns.
i) PabachiL k) sanctL l) scripti m. m) QO. n) M.*C*.yP.
Papstorkiinden in Umbrien. 381
6.
Innocenjs IL nimmt die Kirche 8. Felician in Foligno unter dem
Prior Guido in den apostolisclhen Schute und bestätigt ihr die von dein
Bischof Heinrich von Foligno und Ändern gescJienkten Besitzungen.
Lateran
Abschrift von L. Jacobilli in Copie dei brevi privüegi et istromenti
spettanti alla canonica di Foligno etc. f. 89, Ms. saec. XVII Foligno
Biblioteca del Seminario (A. V. 7).
Jacobilli* s Text ist so schlecht^ daß Klinkenborg an eine
Fälschung eu denken geneigt war. Auch hat Jacobilli selbst nach
der Uchcr Schrift Copia alii priuilegii pape fnnocentii 3. in can-
cellaria episcopatas Fulginensis sie für eine Urkunde Inno-
cenz^ IIL gehalten , was Ughelli I 689 übernommen hat. Aber
die Fassung der Urkunde ist unstceifelhaft die einer echten Inno-
cenz* IL Die Cardinalsunterschriften sind freilich verfälscht worden
und die Datierung ist ganz verdorben. Da des Cardinais Gri-
aogonus von 8. Maria in Partien Nachfolger schon 1139 IV 22
erscheint^ muß die Urkunde aus der vorJiergehenden Zeit stammen,
nicht ctber aus dem Jahre 1140.
Innocentiua episcopus seruas seruorum dei. Dilectis filiis
Gaidoni priori eccleai^ sancti Feliciani Folginensis eiusque fratri-
bus tarn pr^sentibus quam faturis canonice snbstitaendis in perpe«
tuom. Ad hoc in eminenti apostolicf sedis apecula disponente do«
mino constituti esse conspicimur ^\ ut ^^ ecclesiamm quieti salubriter
pronidere curemus^) et filiorum nostroram iostis desideriis gratum
debeamus impertiri assensum. Proinde"^, dilecte'^ in domino fili
Guido preposite-^, tuis rationabilibns postulationibus ac fratrum
taomm deuotioni^) dementer annaimas et^^ ecclesiam, in qua*) do-
mino inspirante canonicam uitam professi estis'^, apostolic§ sedis
priuilegio '^ communimus. Statuimus enim'"\ ut quaseunque pos-
sessiones quecunque bona a recolende memorie") Enrico Fulginensi
episcopo seu ab antecessoribus *) suis aut ab aliis dei fidelibus
eidem ecdesiQ iuste et canonice [coUata]'^ inpresentiarum legitime
possidetis *), uobis nestrisque successoribos integra et illibata per-
maneant. Quecunque pr^terea in futurum concessione pontificum,
a) coDtpidmoB. b) et c) iaremas. d) perinde. e) dflecto.
f) filio Guitoni preponente. g) deaotioDe. h) annaimiu 0 4^ ^*
k) profetnu. I) privilegiam. m) statt sUtuentes? n) recolenda
memoria. o) intercessoribus. ji) canonice aliquamqae. q) potsidet
KfL Q«. 4. Win. VMhikkiML FkitelH^^M«. KltM. MM. B«A 9, 26
382 P. Kehr,
largitione regum uel principum, [oblatione fidel]iam seu aliis ratio-
nabilibus modis pr^stante domino poteritis*') adipisci, fiima et . . .
conseruentur, salua nimirum Fulginensis episcopi iustitia et reue-
rentia. NuUi ergo omnino hominum liceat uestram ecclesiam temere
perturbare aut eins possessiones auferre uel ablatas retinere [mi-
nnere]') aut aliqnibus uexationibus fatigare, sed omnia integra
conseruentur uestris ac pauperum usibus omnimodis profutura.
Si qua igitur in posternm ccclcsiastica secularisue persona hanc
nostr^ constitutionis paginam sciens contra eam temere uenire
temtanerit, secundo tertioue commonita, si non congrae satisfeeerit,
potestatis bonorisque sui dignitate careat reamque se diuino iudicio
existere de perpetrata inquitate cognoseat et a sacratissimo cor-
pore ac sangaine domini et dei nostri lesa Christi aliena fiat
atque in extremo examine districte ultioni subiaceat. Canctis au-
tem eidem loco sua iura seruantibus sit pax domini nostri lesu
Christi, quatenus et hie fructum bone actionis percipiant'> et apud
districtum iudicem premia ^tern^ pacis inueniant. Amen. Amen.
Amen.
Ego Innocentius catholice ecclesi^ episcopus ss.
f Ego Corradus Sabinensis episcopus ss.
f Ego Petrus presbiter cardinalis tituli sancte Susann^ ss.**)
f Ego Lucas presbiter cardinalis [tituli] sanctorum lohannis et
Pauli SS.
f Ego Martinus ^^ presbiter cardinalis tituli sancti Stephani [in Celio
monte] ss.
f Ego Anseimus presbiter cardinalis tituli sancti [Laurentii in] Lu-
cina ••^ SS.
fEgo Oddo diaconus cardinalis sancti Georgii ad
Yelum aureum ss.
fEgo Grisogonus diaconus cardinalis sancte Mari$
in Porticu ss.
fEgo Octauianus'^ diaconus cardinalis sancti Nicolai
in carcere ss.
Datum Lateran, y) per manum Aimerici'^ diaconi cardinalis <*)
sancte Mari^ Noue, S. B. E. cancellarii*>
r) pr^teritis. a) retinere ael Q percipi&t u) card.
8. Sasann^ presbiter lit. tt. ss. v) M&rinus Cibo. w) s. Locin^. x) OcU-
uianus Nari&Uis. y) Lateranen. z) Alaymerici. a) card. tt. 6) €8
folgt in JacMUis Capie Innoceutii IL pape anno primom dominioe anno 1140.
Papsturkunden in Umbrien. 383
7.
Innocenz IL nimmt das Kloster S. Stefano de GaUano unter detn
Abt Bercddus in den apostolischen Schutz und bestätigt ihm die Be-
sitzungen und das BegräbnißrecfU.
Lateran 1143 März 16,
Orig, Spoleto Arehivio arcivescovUe (Sassovivo Nr. 1237).
Die Bulle war an gelben Seidenfäden durch ztcei Jjocher im
Bug befestigt. Das Privileg Innocenz* IL wurde bestätigt durch
Alexander IIL J-L. 12172 und Lucius III.j s. Nr. 16.
INNOCENTIVS EPISCOPVS SERVVS SERVORVM DEL DI-
LECTIS FILIIS BERALDO ABBATI SANCTI STEPHANI DE GAL-
LANO EIVSQVE FRATRIBVS TAM PRESENTIBVS QVAM FVTV-
RIS REGVLAREM VITAM PROFESSIS IN PERPETWM. | Desi-
derium qnod ad religionis propositum et animamra salatem per-
tinere monstratur, animo nos decet libenti concedere et petentium
desideriis congruam impertiri suffragium. Eapropter, dilecti | in
domino filii, uestris iustis'^ postulaiionibus dementer annuimas et
prefatnm monasterium, in quo diuino mancipati estis obsequio, aub
beati Petri et nostra protectione suacipimus et | presentis acripti
prinilegio communimus. Statnentes ut quascumque possessiones
quecumque bona idem monasterium inpresentiarum iuste et cano-
nice possidet ant in futurum concessione pontificnm, | largitione
regum uel principnm, oblatione fidelium seu aliis iastis modis deo
propitio potent adipisci, firma uobis nestrisque snccessoribna et
illibata permaneant. In quibus h^c propriis dnximus | exprimenda
nocabnlis, ecclesiam sancti Petri de Serra cum possessionibos suis,
ecdesiam sancti lohannis de Talongue, ecclesiam sancti Christofori,
ecclesiam sancti Michaelis deBotundalo com possessionibas suis^M
ecclesia sanctQ Mari^ de Uilla alua et^) ecclesia sanct^ Mari^ de
Afrile. Sepnltaram uero, sicnt idem monasterium usqne ad h^c
tempora iuste habuisse dinoscitur, uobis | similiter confirmamus.
Decemimus ergo, ut nulli omnino hominnm liceat prefatnm mona-
sterimn temere perturbare aut eins possessiones auferre uel ablatas
retinere minu|ere seu quibuslibet uexationibus fatigare, sed omnia
integra conseruentnr , eomm pro quorum gubematione et snsten-
tatione concessa sunt, usibus omnimodis profutura, | salua diocesani
epiacopi canonica iusticia. Si qua igitur in futurum ecclesiastica
a) iuatris Or. h) mit folgender Rasur, wahrscheinlich von com , wobei
dann vergessen wurde, das folgende ecclesia in ecclesiam zu corrigiren.
26*
384 P. Kehr,
secularisue persona huius nostre constitutionis paginam sciens |
contra eam temere uenire temptauerit, secundo tertioue commonita,
si non satisfactione congrua emendauerit, potestatis honorisque
sui dignitate careat | reamque se diuino iudicio existere de per-
petrata iniquitate cognoseat^) et a sacratissimo corpore ac sangnine
dei et domini red[enipto]ris nostri lesu Christi aliena fiat atqae
in extremo | examine districte ultioni subiaceat. Canctis autem
eidem loco insta seruantibus sit pax domini nostri lesu Christi,
quatinns et hie fnictum | bone actionis percipiant et apud districtum
iudicero premia §tern^ pacis inueniant. AMEN. AMEN. AMEN.
R. Ego Innocentius catholicQ ecclesi^ episcopus ss. BV.
fEgo Conradas Sabinensis episcopus ss.
f Ego Albericus Hostiensis episcopus ss.
fEgo Guido sanctQ Eomane ecclesie indignus sacerdos ss.
fEgo Thomas presbiter cardinalis tituli Vestine ss.
Dat. Lat. per manum 6ERAKDI sancte Eomane ecclesie pres-
biteri cardinalis ac bibliothecarii, XVII. kal. april., indictione VI,
0 0 0 0 ,
incamationis dominice anno M.C.XL.II, pontificatus uero domm
INNocentii II. pape anno XIHI®.
B. dep.
c) g cofT. aus n.
8.
Hadrian IV. nimmt ä<is Kloster S* Apollinaria unter dem Trior
Bernard in den apostolischen Schutz und bestätigt ihm den namenüich
aufgezählten Besitz und das Begräbnißrecht
Lateran 1156 November 7.
Orig. Spoleto Archivio arcivescovile {Sassovivo Nr. 908). — Ebenda
Cop. von 1218 (Sassovivo Nr. 147).
B^ligiosam uitam eligentibus.
Dat. Lat. per manum Rolandi sancte Eomane ecclesie presbi*
teri cardinalis et cancellarii, VII. id. nouembr., indictione V, in-
camationis dominice anno M^C^L^V^, pontificatus uero donmi
Adriani pape EDI. anno U.
B. dep.
Cardinäle : Ynwrus von Tusculum^ Cencius von Porto und S. -Bm-
Papstarkanden in ümbrien. 386
fina, Gregor (GG.) von Sahina ; Ouiilo von 8. Grisogono, Manfred tw*
S. Sabina^ Julius von S. MarcellOj Astaldus von S. Frisca^ Gerard
von S. Stefano; Odo von S. Criorgio in Velabro, Guido von S. Maria
in Farticuj Jacinthus von S. Maria in Cosmedin,
9.
Hadrian IV. nimud das Kloster San Sepolcro in Nudeto in der
Grafschaft Castrum Felicitatis (üittä di Castello) unter dem Abt Vgo
in den apostolischen Schutz^ bestätigt ihn die Regel von Canialdoli, die
Besitzungen und Güter in namentlicher AufgaMung^ das Taufrecht,
das Marktrecht, die Zehnten und die Immunität.
Fereiüino 1157 October 7.
Copie von 1540 im Ms. Codici antichi. Frivilegi concessi aUa terra
del Borgo 1022^1519 f. 10 Borgo San Sepolcro Archivio della curia
vescavile.
Die Urkunde wiederholt im Ganzen das Frivileg Faschals IL
{s. Nr. 4).
Quotiens illad a nobis.
Datum Ferentini per manum Alberti sancti Adriani diaconi
cardinalis aicem domini R. sancte Komane ecclesie presbiteri cardi-
nalis et cancellarii gerentis, non. octobris, indictione sexta, anno
M^ C*. L^.YU^y pontificatus uero domni Adriani pape IUI. anno IIP.
Cardinale: Uubald (Illibaldus) vofi S. Frassede, Julius von S.
Marcello, Uubald (Albadas) von S. Croce in Gerusalemme, Ueinricfi
vofi SS. Nereo ed Achileo; Oddo von S. Nicola in carcere TuHiafio,
Boso von SS. Cosma e Damiano.
10.
Alexander IIL nimmt das Kloster S. Fetri in Bovaria unter dem
Abt Rainer in den apostolischen Schute, bestätigt ihm die Regd des h.
Benedict^ die namentlich aufgeführten Besitzungen und das Aufnahme-
recht und verleüU ihm das Recfd einen Bischof für die btschöflichen
Functionen zu wählen^ das Begrabniß- und Wahlrecht.
Lateran 1178 Märe 23.
Copie des Carlo Baglioni im Ms. C. 11 p. 24 Perugia BMio-
teca amunale.
386 P« Kehr,
Qnotiens illnd a nobia.
Dat. Lat. per manum Alberti sancte Eomane ecclesie cardina-
lis et cancellarii, X. kal. april., indictione XI, incarnationis domi-
nice anno MCLXXVII, pontificatus uero domini Alexandri pape HI.
anno XVini.
Cardinäle: Hubäld van Ostia; Johannes von SS. Giovanni e Paolo,
Boso von S. Pudenaianaj Johannes von S. Marco, Petrus von Ä Su-
sanna, Vtvianus von S. Stefano in Celio monte; Jacinthus von 8. Maria
in Cosmedin^ Ardicio von S. Teodoro^ Cinthiins voti 5. Ädriano, Uugo
von S. Angela, Bainer von S. GHorgio in Vdabro.
U.
Alexander HL nimmt den Presbiter Petrus und die von ihm wie-
der aufgebaute und ausgestattete Kirche S. Petri de Aura im Bistum
Cittä di Castella in den apostolischen Schutz.
Anagni (1159^79) November 12.
Orig. Cittä di Castella Archivia capitolare {Dec. IV Nr. 3). —
Danach auch bei Pasei, Serie dei proposti p. 130 und bei Paulucci,
Monumenta väusta p. 11 ebenda.
Die Bulle hängt an rosa Seidenfäden durch zwei Melker
im Bug.
ALEXANDER episcopus seruus seruoram dei. Dilecto filio
Petro presbitero salutem et apostolicam benedictionem. | Signi-
ficasti nobis, quod ecclesiam sancti Petri de Aaro in episcopatu
Castellano | sitam a fundamento redificasti et ei possessiones ali-
quantalas adqui|sisti. Unde a nobis postulastis suppliciter et
deuote, ut tarn tibi | quam eidem ecclesie apostolice tuitionis pre-
sidium impertiremur. Nos | igitur deuotione et honestate tua pen-
sata precibas tuis | duxinms benignius annuendum et tarn te
quam ipsam | ecclesiam cum omnibus que inpresentiarum legitime
possidet aut | in futurum iustis modis deo propitio poterit adipisci, |
sub beati Petri et nostra protectione suscipimus et prejsentis scripti
patrocinio communimus. Statuentes | ut nulli omnino hominum
liceat hanc paginam nostre projtectionis infringere nel ei aliqua-
tenus contraire: Si quis | autem hoc attemptare presumpserit, in-
dignationem omnipotentis | dei et beatorum Petri et Pauli aposto-
lorum eins se nouerit incursomm. Dat. | Anagnie U. id. nouembr. |
B.
Papstnrkanden in Umbrien. 387
12.
Alexander IIL nimmt fuxch dem Vorgange Innocenz" 11.^ Cele-
stins IL, Lucius* IL., Eugens IIL, Änastasius' IV. und Hadrians IV.
das Hospital in Jerusalem unter dem Magister Roger in den aposto-
lischen Schute, bestätigt ihm die Besiteungen, das Recht Oratorien und
Cimiterien zu errichten, verleiht ihm Freiheit vom Interäict, das Recht
einen Bischof für die bischöflichen Leistungen zu wählen und das
Wahlrecht.
Velletri 1180 Januar 26{?).
Copie von 1270 Assisi Archivio capitolare.
Die Copie ist sehr schlecht, die DaJtirung nicht ganz in Ord-
nung. Vgl. auch J-L. 13025, mit der die Urkunde aber nidit
identisch zu sein scheint.
ChristiaDe fidei religio.
Dat. Velletr. per manam Alberti sancte Eomane ecclesie prcs-
biteri cardinalis et cancellarii , VII. kal. (?) febr. , indictione XII,
incamationis dominice anno M^.C^LXX Villi, pontificatus uero
domini Alexandri pape III. anno XXI^.
Cardinäle : Hubaldus von Ostia, Berneredus von Fdlestrina, Theo-
dinus (Thome) von Porto und S. Rufina; Vivianus von S» Stefano in
Celio morde, Cinthius von S. Cecilia, Hugo von S. ClcmcfUe, Mattheus
von S. Marcdlo; Jacinthus von S. Maria in Cosmedin, Rainer von
S. Giorgio in Vdabro, Gratian von SS, Cosma e Damiano, Johannes
von S. Angdo, M\attheus'\ von S. Maria Nuova.
13.
Alexander IIL nimmt das Kloster S. Sepolcro in Nudeti in der
Grafschaft Castrum Fdicitatis {Cittä di Castdlo) unter dem Abt Phi-
lipp nach dem Vorgang Hadrians I V. in dcti apostolisdien Schutz^ be-
stätigt ihm die Regd von Camaldoli, die Besitzungen und Güter in
namentlicher Aufzählung, das FarrochiaU und Tauf recht, das Markt-
recht, das Begröbnißrecht, die Zehnten und die Immunität.
Vdldri 1180 April 8.
Copie von 1542 im Ms. Codici antichi. Privilegi concessi alla
terra dd Borge 1022—1519 f. 27 (A) und unvolhtändige Copie von
1540 d>enda f. 11 {B) Borge San Sepolcro Archivio della curia vescovile.
Im Ganzen wörtlich nach der Urkunde Hadrians IV. (s. Nr. 9).
388 P. Kehr,
Qaotiens illud a nobis.
Datum Velletr. per inanum Alberti sancto Romane ecclesie
presbiteri cardinalis et cancellarii, sexto idus aprilis, indictione
decima tertia, incarnationis dominice anno millesimo centesimo sep-
tuagesimo octauo"), pontificatus uero doraini Alexandri pape tertii
anno uigesimo primo.
Cardinäle: Hubdld von Osiia^ Theodinus von Porto und S, Eufina^
Bcrneredus (Birnardus) von Falestrina; Viviau von S. Stefano in Celio
fnontCj ^Cwihius (Curtbius) von S. Cecilia^ Mattheus von S. MarccllOy
Laborans von S. Maria in Trastevere ; Jacinthus von S. Maria in Cos-
mediny Rainer von S, Giorgio in Velabro, Gratian von SS, Cosma e
Damiano, Rainer von S. Ädriano^ Mattheus von S. Maria Nuova.
a) M»C»L»XXVim« B.
14.
Lucius 111. bestätigt dem Prior B. von S. Nicola de Sassovivo in
Temi (Interann.) die von dem Bischof T. von Spoleto getroffene Vir-
fügung, daß in der Purrochie dieser Kirclie keine andere Kirche oder
Bethaus errichtet werden dürfe.
Velldri {1182) August 18.
Orig. Spoleto Archirio arcivescovUe {Sassovivo s. n.).
Bulle an gelben Seidenfäden durch zwei Loclier im Bug.
Intelleximus ex Utteris.
Dat. Velletr. XV. kal. sept.
B.
15.
Lucius III. nimmt das Kloster S. Angdo de Missiano unter dem
Abt Ranerius in den apostoliscfien Schutz , bestätigt t/im die Regel 8.
Benedicts^ die namentlich aufgeführten Besttzungen, das Auffiahmerecht,
die SepuUur und das Wahlrecht.
Veroli 1184 April 14.
Orig. Spoleto Archivio arcivescavüe {Sassovivo Nr. 1098).
Religiosam aitam eligentibus.
Dat. Verolis per manum Alberti sancte Romane ecclesie pres-
biteri cardinalis et cancellarii, XVIII. kal. madii, indictione U, in-
Papstarknnden in Umbrien. 389
carnationis dominice anno M^C^.L^XXXIII1®, pontificatns uero domni
LUCII pape III. anno tertio.
B. dep.
Cardinäle: Theodinus von Porto und & Rußna^ Heinrich von AI-
banOj Paulus von Pcdestrina; Johannes von S. Marco, Loborans von
& Maria in Trastevere, Pandulf von SS. Apostoli; Jacinthus von S,
Maria in Costnedin, Gradian von SS. Cosma c Damiano^ liobo von S.
Angelo, Octavian von SS. Sergio e liaccOf So ff red von S. Maria in
Via lata^ Albinus von S. Maria Nuova.
16.
Lucius IIL bestätigt dem Kloster S. Stefano de Gallano gemäß
seinen Privilegien das vofi einigeti Laien und Klerikern ftach dem Tode
des Abtes B. widerrechtlich bestrittene freie WaldrecM.
Copie saec. XIII Spoleto Arcfnvio arcivescovile {Sassovivo Nr.U241).
Gemeint ist unter den Privilegien die Bulle Alexanders III.
J-L. 12172j von detn auf dem gleichen Pergamentblatt eine Copie
steht, und die Innoccnz* IL von 1143 Märe 16 (Nr. 7).
Sicnt ex litterarum uestrarum.
17.
ürban IIL nimmt die Kirche 8. Prassede in Born unier dem
Prior Gualterus in den apostolischen Schute und bestätigt ihr die be-
reits von Celestin IL, Lucius IL^ Eugen IIL, Anastasius IV. und
Alexander IIL confirmirten Besiteungen.
Verona 1186 Januar SU.
Copie von 1360 Nami Arehivio capiiolare.
Das Notariatsinstrument ist stark zerstört^ so doji u. A. auch
ein Theil der Cardinalsunterschriften verloren gegangen ist. Da das
Archiv von 8. Prassede noch erhalten ist {es beginnt mit 987,
vgL Kehr in Abhandl, d. Gesdlsch. N. F. / P) , so werden sich
das Original dieser Urkunde und vieUeieht auch die Vorurkunden
wohl noch in Bom auffinden lassen.
[Pie postulatio aolnntatis.]
Dat. Verone per manum Transmundi sancte Romane ecclesie
notarii, VI. kal. febr., indictione qnarta, incamationis dominice
390 P. Kehr,
anno M^ CT/XXXV^ pontificatus uero domini ÜBBANI pape m,
anno primo.
18.
Clemens III, ermahnt die Kanoniker von Perugia, ihrem Ärchi-
presbiter die schuldige Ohediens zu leisten und sich der gegen sie vor-
gebrachten Ddicte eu enthalten.
Lateran 1188 Mai 6.
Libro verde van 1574 foL 5 Perugia Archivio capitolare.
Ueberschrift : Has literas impetraait dominus Eugubinus epi-
scopus tempore sui archipresbiteratas.
Clemens episcopus seruns sernomm dei. Dilectis filiis cano-
nicis Perusinis salutem et apostolicam benedictionem. Cum apo-
stolus moneat subditos prepositis obedire nee celestis patria, quam
primus homo per inobedientie delictum amisit, ualeat nisi per obedien-
tiam obtineri, procul dubio multum expedire dinoscitur, ut subditi
prelatis suis obedientes existant. Sicut antem ad audientiam no-
stram peruenit, licet nuper uos dilecto filio nostro arobipresbitero
uestro firmiter promiseritis , quod ei obedientiam seruaretis, nee
in^) spiritualibus nee in temporalibus , ut iuxta commune debitnm
et speciale proraissum facere deberetis, eidem obedientiam obser-
natis, quod utique in maximum redundat animarum uestrarum pe-
riculum nee est aliquatenns tantus excessus absque correctione de-
bita relinquendus ; insnper specialiter est adiectum, quod quidam
ex uobis cellas infra ofScinas et extra in solo ecclesie contra bo-
nestatem et in ipsius ecclesie detrimentum uelut proprias auctori*
täte sna possidere presumunt ; accedit ad hoc quod administrationes
temporales ab ipso archipresbitero nitimini obtinere, ut sie a diui-
nis uos possitis subtrahere et negotiis secularibus implicare. Quo-
niam igitur ea que uestram salutem impediunt, a nobis conuenit
remoueri et ea facere uos oportet, per que uobis ipsis proficere
et aliis uideamini salutis exemplum tribuere, uniuersitatem uestram
per apostolica scripta monemus mandamus et firmiter iniungimus,
quatenus archipresbitero uestro reuerentiam et obedientiam, quam
ei debetis et, ut dictum est, nuper noscimini promisisse, sicut ex-
pedit uestre saluti, tarn in spiritualibus quam in temporalibus sine
appellationis obstaculo ^> impendatis et predictas cellas, sicut iustum
est et consentaneum honestati, ad communem utilitatem fratrum et
a) non. h) appell&tiODe obedientiam.
Papstarknnden in Dmbrien. 391
ecdesie resignetis nee administrationes iam dictas, per quas diai-
DQin officium ualeat retardari, quomodolibet attentetis in damna-
tionem animarum uestramm de eetero usnrpare, alioquin sententiam,
quam idem archipresbiter cum consilio et assensu maioris et sani-
oris partis tulerit in rebelles, ratam habebimus et pr^cipimus ua-
que ad satisfactionem congmam inaiolabiliter obseruari. Datum
Laterani II. nonas maii pontificatus nostri anno primo.
19.
Clemens III. ermahnt die Kanoniker von Perugia^ das Jcanonisd^e
Leben zu beobachten und iJirem Archipresbiter Obediene ssu leisten.
Lateran 1188 Mai 29.
LHbro verde von 1574 fol. 6 Perugia Ärchivio capitolare.
Clemens episcopus seruus seruorum dei. Dilectis filiis arebi-
presbitero et canonicis Perusinis salutem et apostolicara benedi-
ctionem. Si sollicite pensaretisi quod nemo mittens manum [suam]
ad aratrum') aptus est regno dei, non ita facile leue iug^m domini
et suaue uestra temeritas abiecisset, cui per professionem obseruantie
regularia coUa uestra spontanei subdidistis. Ait enim dominus per
prophetam: Uouete et reddite domino deo uestro! et frustra de
dinina miseratione confidit, qni obseruare contemnit quod omnipo«
tenti domino, qui non irridetur, solemni aut uotiua sponsione pro-
mittit. Inde siquidem est quod saluti uestre prouidere uolentes,
uniuersitati uestre per apostolica scripta mandamus et in obedientie
uirtute precipimus, quatenus uitam canonicam, quam nuper professi
estis, regulariter obseruetis, dilecto filio nostro archipresbitero
uestro in regularibus institutionibus et in aliis que ad profectum
nestrum spiritualiter uel temporaliter pertinent, debitam obedien«
tiam et reuerentiam impendentes, alioquin sententiam, quam in re-
belies propter hoc canonice cum sanioris partis capituli consilio
tulerit, ratam esse decernimus et precipimus inuiolabiliter obseruari.
Datum Laterani quarto kal. iunii pontificatus nostri anno primo.
a) et respicieoB retro schaliei die Utk, von 1188 X 17 ein,
30.
Clemens IIL ermahnt den Bischof V. von Perugia^ sich der Ein-
mischung in die Wahl des neuen Archipresbiters durch die Kanoniker
Mu enthalten.
Rom 8. Maria maggiore 1188 Sq^tember SO.
392 P. Kehr,
Libro verde von 1574 f, 6 Perugia Archivio capüolare. Über-
schrift: Post electionem d. Eugnbini episcopi has literas im-
petrauit G. de Martalo cam quibusdam alii(s) canonicis ante
electionem archipresbiteri I. qai nime est.
Clemens episcopus serans seruorum dei. Venerabili fratri V,
Perusino episcopo salutem et apostolicam benedictionem. Ad
audientiam apostolatus nostri peruenit, quod, cum canonici ecclesie
tue aadissent, quod dilectns filias noster B. qaondam ipsornm
arcbipresbiter in episcopum esset electns, et maior pars ipsornm
sibi nellent personam idoneam in archipresbiterum pronidere, iaxta
qaod ipsi et antecessores eorum^ sicut asserunt, fecisse noscuntur,
et ad se tam de ratione quam de consuetadine pertinere propo-
nont, pro tuQ uolantatis arbitrio ipsornm propositnm impedisti.
Qnoniam igitur eorundem canonicornm rationabiles consnetudines
atqne iura neqnaqnam tna debet discretio pertnrbare, fraternitati
tue per apostolica scripta mandamns, quatenns eisdem canonicis
contra consnetndinem ecclesie tue in electione archipresbiteri nee
aliqnod impedimentum prestes nee indebitam molestiam inferas uel
granamen, dnmmodo in archipresbiterum religiosam personam assu-
mant, per cnius prouidentiam religio suscipere debeat incrementum
et res illicite alienatQ ualeant reuocari. Datum Rome apnd
sanctam Mariam maiorem XTL kal. octobris pontificatus nostri anno
primo.
21.
Clemens III. emialint die Kanoniker von Perugia^ das kanofiisehe
Leben zu beobachten und ihretn Archipresbiter Obediene zu leisten.
Lateran 1188 Oktober 17.
Libro verde von 167 A fdl. 7' Perugia Archivio capüolare.
Wörtliche Wiederholung des Mandats von 1188 Mai 29
(Nr. 19). Unter dem Text: „Sine plumbis quia extracte ex simplici
copia scripta in pergameno^.
Si sollicite pensaretis.
Datum Lateran! XVI. kal. nouembris pontificatus nostri anno
primo.
23.
Clemens III. gestattet dem Klerus und Volk van Oubbio^ die Re-
liquien atis der alten Stadt in die neue zu übertragen.
Lateran 1188 Oktober 20.
Papstarkunden in Umbrien. 393
Abschrift von Pecd Membranarum arch. ecd. Eugubinae recensio I
p. 269 Gulbio Ärchivio capitolare aus dem jetet verschollenen Original,
Clemens episcopas seraus seraorum dei. Venerabili fratri B.
episcopo et dilectis filiis clero et populo Eagubino salutem et apo-
stolicam benedictionem. Pia desideria sunt in domino promouenda
et tanto facilins eis preberi consensas , qnanto certins fuerit ea
respicere commodum animarom. Eapropter aestris iustis postula-
üonibas annuentes, auctoritate aobis apostolica indulgemus, ut
sanctorom reliqnias, quas in antiqua ciuitate hactenus haboistis, in
monte abi cinitas de nouo constituitur , liceat transmutare et in
ecclesia, ad quam translate fuerint, dininis officiis interesse. Sta-
toentes ut nuUi omnino hominum liceat haue paginam nostre con-
cessionis infringere uel ei ausu temerario contraire. Si quis autem
hoc attemptare presumpserit , indignationem omnipotentis dei et
beatorum Petri et Pauli apostolorum eins se nouerit incursurum.
Dat. Lateran. XTTT. kal. nouembr. pontificatus nostri anno primo.
23.
Clemens IIL ermahnt die Kanoniker von Perugia^ ihrem Ärehi"
presbiter die schuldige Obediene jm leisten und sich der gegen sie vor^
gebrachten Ddiäe au enthalten.
Lateran 1188 Oktober 21.
lAbro verde von 1574 fcl. & Perugia Ärchivio capitolare.
Ud>er Schrift: Item pr^ctus loannes archipresbiter acquisinit
has literas.
Wörtliche Wiederholung des Mandats von 1188 Mai 6
{Nr. 18).
Cum apostolus moneat.
Datum Laterani XTT, kaL nouembris pontificatus nostri anno
primo.
Clemens III. bestätigt dem Kloster Sassovivo den BesUe der
Kirche S. Nicolaus in Bevagna (de Beuanio), welche der verstorbene
Bisehof T. von Spöleto ihm übergeben und der jetsige Bischof B. dem
Abt refutirt hat.
Lateran 1188 Oktober 26.
Orig. Spoleto Ärchivio arcivescovUe {Sassovivo Nr. 20).
394 P. Kehr,
Bulle an gelben Seidenfäden durch zwei Löcher im ßug.
lustis petentium desideriis.
Dat. Lateran. VII. kal. nouembris pontificatus nostri anno
primo.
B.
35.
Clemens III. hestäligt der zum Kloster 8, Croce di Scissovivo ge-
hörenden Kirche S. Angdo in Camerino den Besitz, die Parrochie
und die Sepultur,
Lateran 1189 Januar 16.
Orig. Spoleto Archivio arcivescovile (Sassovivo Nr, 1011).
lustis petentium desideriis.
Dat. Lateran. XVII. kal. febr. pontificatus nostri anno se-
oundo.
B. dep.
26.
Clemens HL bestätigt dem Kloster Sassovivo den Besitz der
Kirche 8. Nicolaus in Foligno und die dazu gehörende Parrochie und
Sepultur, wie es sie seit vierzig Jahren besessen.
Lateran 1189 Aprü 37.
Orig. Spoleto Arehivio arcivescovile {Sassovivo Nr. 940).
BuUe an geib-rosa Seidenfäden durch zwei Löcher im Bug.
lustis petentium desideriis.
Dat. Lateran. Y. kal. maii pontificatus nostri anno secundo.
B.
27.
Celeztin III. nimmt das Kloster 8. Petri in Bavaria unter dem
Abt Buben nach dem Vorgange Alexanders IIL in den apostolischen
Schutz^ bestätigt ihm die Begdy die Besitzungen und Bechte und ver-
leiht ihm Freiheit vom Interdict.
Lateran 1193 November 24.
Papstarkandeo io Umbriea. 396
Capie des Carlo Bagliani im Ms. C. 11 p. 29 Perugia Biblio-
teca comunale.
Die Urkunde wiederholt das Privileg Alexanders III, {Nr,
10) und fügt am Schluß die neuen Gunstbezeugungen hineu,
Pie postalatio uqlantatis.
Datam Lateran, per manum Egidii sancti Nicolai in carcere
Tnlliano diaconi cardinalis, VUI. kal. decembris, indictione XTT,
incarnationis dominice anno MCXCIII, pontificatas nero domini
Celestini pape III. anno tertio.
Cardinale: ÄUnnus von AlbanOj Ociavianus von Ostia und Velle-
triy Johannes von Palestrina, Petrus von Porto und S. Itufina\ Pan-
dulf (Land.) von SS. Apostoli, Petrus von S. CeciUa, Johannes Felix
von S. Susanua, Guido von S. Maria in Trastevere, Hugo (Ang.) von
S. Martine, Johannes von S, Stefano in Cdio niohte, Soffredus (6of-
fredas) von S. Prassede, Johannes von S. Prisca] Gratian von SS.
Cosma e Damiano, Gregor von S, Maria in Porticu, Gregor vofi S.
Maria in Aquiro, Gregor von S. Giorgio in Velabro, Lothar von SS.
Sergio e Bacco, Bdbo von S. Teodora, Petrus von S. Maria in Via lata.
88.
Celestin HL bestätigt den Schiedspruch des Priors T. von Qua'*
tuor Coronaii in dem Streit zwisclien dem Bischof von Foligno und
dem Abt von Sassovivo Ober die Kapellen S. Thomas, S. Johannes de
Coüe, S. Maria de Capronaco und S. Sixtus und über das vofi dem
Vorgänger des Bischofs voth Foligno bei der Kirche S. Trinitas deponirte
Geld.
Lateran 1197 Februar 12.
Orig. Spokto Arckivio arciveseovüe {Sassovivo Nr. 948).
Que pro bono pacis.
Dat. Lateran. U. id« febr. pontificatas nostri anno sexto.
B. dep.
89.
Cdestin III. beauftragt den Bischof von ürbino, den Streit zwischen
dem Prior von Gtiibio und dem AU von S. Salvatore {de monte Acuta
ad ripam Tiberis) £u entscheiden.
Lateran 1197 FAruar 25.
396 P* Kehr, Papstarkiindaa ia Umbrien.
Copie saee. XIII Gubbio Archivio capitdare (Fase. XIII Nr. 7). —
Danach Abschrift van Pecci Membranarum arch, eccl. Eugubinae re-
censio I p. 286 ebenda.
Celestinus episcopus seraas seruorum dei. Venerabili fratri
ürbinati episcopo salatem et apostolicam benedictionem. Saam
ad nos dilectus filius prior Eug(ubinas) qaerimoniam destinauit,
quod, com dilecti filii abbas et monachi sancti Saluatoris snper
duabus suis ecclesiis molestarent , in dilectam filinm canonicum
ecclesie Engubine et quendam monachum predicti abbatis unani-
miter connenernnt, eoram stare arbitriom promittentes. Ipsi uero
anditis rationibus atriasque partis et testibus pablicatis in danda
sententia, sicut aeeepimus, plurimum pigri sunt et remissi. No-
lentes igitur ut eadem causa diutius protrabatur, fraternitati tue
per apostolica scripta mandamus, quatinus predictos arbitros ut
procedant in prolatione sententie*, sicut debent, moneas efficaciter
et induas, alioquin partibus conuocatis audias causam et eam apel-
latione remota canonico iine decidas; nullis litteris ucritati et
iustitie preiudicantibus a sede apostolica impetratis. Dat. Lat.
Y. kal mar. pontificatus nostri anno VI.
, Nachtrag zu 8. 258.
Nach Mitteilung Schiaparelli's hat unterdessen Prof. Guerrieri
das Original der Urkunde Anaclets 11. von 1134 ^TT 7 (Nr. 9)
für S. Griovanni di Lecce im Archiv des Klosters wiederaufgefunden.
Die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard.
Von
Wilhelm Meyer ans Speyer,
Professor in Göttingen.
Vorgelegt in der Sitzung am 9. Juli 1898.
Im 12. Jahrhundert war Frankreich fruchtbar an ausgezeich-
neten Künstlern, Dichtern und Denkern. Als einer der hervor-
ragendsten Denker galt damals und gilt noch heute Petrus Abae-
lardus. Das verdankte er in Etwas seinem wechselreichen und
romantischen Leben, doch weit mehr der Kraft seines Geistes und
Wortes, mit der er ein einsames Waldthal in eine Akademie ver-
wandelte, ein Vorgang, wunderbarer als die Entstehung der atheni-
schen Akademie. Der edelste Trieb des Menschen, der Trieb der
Forschung, war in ihm verkörpert ; rastlos forschte Abaelard sein
Leben lang, und der Gegenstand seines Forschens waren die höch-
sten Güter des Menschen, die geistigen. W^ie dieser Forschungs-
trieb ihm die reinsten Freuden geschaffen hat, so hat er ihm auch
die größten Kämpfe und Leiden bereitet. Leider besaß Abaelard
zwar viel Selbstbewußtsein, aber nicht den Mannesmuth oder die
Klugheit, daß er in jenen Kämpfen siegte: schon 1121 verbrannte
er auf der Synode zu Soissons sein eigenes Buch (Tractatus de
onitate et trinitate divina), und die Verurtheilung durch die Synode
zu Sens und den Pabst 1040 machten ihn für immer verstummen.
Das wissenschaftliche Arbeitsgebiet Abaelard's war ja be-
schränkt : die Schärfe und Tiefe des Denkens hat vor Allem seinen
Ruhm geschaffen. Aber erhöht hat denselben, besonders bei seinen
Landsleuten, eine andere, echt französische Eigenschaft. Bei seinen
Untersuchungen ging Abaelard besonders gern solchen Ausläufern
derselben nach, welche in neue blendende und überraschende Ge-
danken ausliefen. Diese oft noch mit echt menschlichen Gefühlen
und Verhältnissen in Verbindung gesetzt, dann voll Begeisterung
und in packenden Worten vorgetragen, füllten zumeist die Seele
ffL e«. 4« WiM. NMkTieht«a. PUIoIor-hlitor. KlaHt 1886. H«Ai. 27
398 Wilhelm Meyer,
seiner Hörer und bildeten den Stoff für die Gespräche derselben
und viel tausend Anderer. Abaelard war kein Dichter, und doch
mußte auch ich in meiner Skizze der lateinischen Dichtungsformen
des Mittelalters seine Dichtungsformea ganz besonders hervor-
heben^): er hat auch hier einiges Neue erfunden und jedenfalls
die neuesten Erfindungen mit Vorliebe verwendet.
Ein solcher Forschenseifer, der stets und unerschrocken auch
die schwierigsten Fragen anfaßte, eine solche Vorliebe für blen-
dende und überraschende G-edanken konnte sich auf dem Gebiete
der Dialektik und auf ähnlichen der ungemischten Bewunderung
seiner Landsleute und seiner Zeitgenossen erfreuen. Allein bei
einer Menge der wichtigsten Gegenstände der Forschung, so bei
Fragen der Ethik, ums höchste Gut, um das Wesen Gottes,
führten die Wege hinüber ins Gebiet der Theologie. Abaelard
blieb nicht an der Grenze stehen, sondern in seiner ganzen Lebens-
zeit hat er sich auch mit den schwierigsten Fragen der Dogmatik
und Ethik beschäftigt. Als er in den 30er Jahren in Paris wieder
eine große Schaar begeisterter Hörer um sich versammelt hatte,
begann er wiederum eine Uebersicht der Dogmatik zu veröffent-
lichen, Theologia genannt, von der uns freilich hauptsächlich nur
der 1. Theil, jetzt Introductio ad theologiam betitelt, erhalten
ist % daneben das, was aus einem Auszug der vollständigen Theo-
logia (vgl. Denüie im Archiv für Litteratur- und Kirchengeschichte
1 , 402 - 469 , B84 — 624) gerettet ist in verschiedenen Sentenzen-
sammlungen, der sogenannte Epitome theologiae christianae Abae-
lard's, Koland's Sentenzen hrsg. von Gietl 1891, und anderen).
Auch auf dem Gebiet der Theologie trieb der rastlose ent-
deckungseifrige Forschergeist Abaelard vorwärts, auch hier bewies
er seine Vorliebe für blendende paradoxe und dabei oft an das
menschliche Gefühl appellirende Sätze ; so wenn er davon ausgeht,
daß eine That, deren Verwerflichkeit man sich nicht bewußt
ist, auch nicht strafbar ist, und nun folgert, daß die, welche
Christus kreuzigten, keine Sünde begangen haben, da ja die Einen
nur das Gebot ihrer Obrigkeit erfüllten, die Obrigkeit selbst nur
1) Ztmächst ia der Abhandlung „Der Ludus de Antichristo und über die
lateinisclien Rythmen*^ (Sitzungsberichte der Münchener Akademie 18b2) S. HO
und sonst, dann in der Ausgabe des 3. Plane tus (P. Abaelardi plane tus virginum
Israel, München 1885) und der übrigen 5 Planctus (Romanische Forschungen V,
419 — 436); darnach hat dann G. M. Dreves gearbeitet in Petri Abaelardi Hym*
narius Paraclitensis, Paris 1891.
2) Hierüber hat am besten gehandelt Qoldhorn in der Zeitschrift für histo*
rische Theologie 1866, S. 161—229.
die Anklages&tze des h. Bernhard gegea Abaelard. 399
die Gesetze ihrer Religion nnd ihres Staates zu wahren glaubte.
Solche Gedanken bezauberten Abaelard's Hörer und viele Andere :
allein sie riefen auch Viele zum Kampfe gegen ihn.
(Die Kirche) Nach tausendjährigem Leiden und Kämpfen,
nach tausendjähriger geistiger Arbeit hatte die Kirche eine stolze
Höhe der Macht erreicht, welche schon die Kreuzzüge genügend
bezeugen. Sie hatte nicht nur selbst Ruhe gefunden und sowohl
die kirchliche Lehre wie die hierarchische Organisation weit aus-
gebildet, sondern sie hatte auch die Völker Europa's zu blühender
socialer und politischer Ordnung geführt. Durch sie allein ging
man in das Himmelreich ein, das Ziel alles menschlichen Denkens :
die Folgerungen führten leicht zu dem Schlüsse, daß die geist-
liche und kirchliche Gewalt zur Herrschaft über die weltliche
und staatliche Gewalt berechtigt sei. Der Versuch, diese Theorie
durchzuführen, stieß allerdings auf den Widerstand der wirk-
lichen Verhältnisse; überall entstand Kampf, zwischen Pabst und
Kaiser, zwischen geistlichen und weltlichen Fürsten, zwischen
geistlichen und weltlichen Körperschaften.
Machte auch die Lage der menschlichen Gesellschaft diesen
Kampf gegen die politischen Ansprüche der Kirche unvermeid-
lich, so war doch auf dem Gebiet der kirchlichen Lehre ihre
Autorität nicht bestritten. Die Forschung war nicht verboten,
ja die Dogmatik galt nicht nur als Wissenschaft, sondern da
sie die für jeden Menschen wichtigsten Fragen behandelte, als
die höchste Wissenschaft und ihre Fragen beschäftigten die besten
Köpfe. Ein liebenswürdiges Bild von diesem Forschenseifer gibt
uns der von Walther dem Bischof zu Laon an Abaelard gerichtete
Brief, der uns noch öfter beschäftigen wird (Dacherii Spicilegium
II, 1657, S. 473). Aus einem Buche Abaelard's, aus einem Ge-
spräch mit demselben oder aus den Erzählungen und Disputationen
der Schüler sind eine Reihe von Fragen im Geiste des Bischofs
haften geblieben; sie betreffen zum Theil wichtige Heilsfragen
und Abaelard's Ansichten mochten wohl die Anhänger der ge-
wöhnlichen Lehre aufschrecken. Allein in ruhiger wissenschaft-
licher Weise erörtert Walther einige derselben und fordert Abae-
lard zur Discussion auf, deren Ziel nur die Erkenntniß der Wahr-
heit sein solle. Diese Partei des Forschens, des Fortschritts,
war zahlreich. Man sah ja aus der reichen Literatur der Kirchen-
väter, wie viel auch dort geforscht, geirrt und doch auch richtig
erkannt worden war ; man ließ also auch diese Forschung gewähren.
Eine hauptsächliche Schranke war errichtet: die Forscher mußten
jeden Tag bereit sein, sich vor den Organen der Kirche zu recht*
27*
400 Wilhelm Meyer,
fertigen and die Dichtigkeit ihrer Lehren ihnen aus Bibel und
Kirchenvätern zn beweisen, oder, wenn das ihnen nicht gelang,
ihre Lehren za widerrufen; blieben sie dennoch hartnäckig, so
wurden sie Häretiker und strafwürdig.
Dieser Anspruch der Kirche war nach der Entwickelung der
Dinge berechtigt. Durch tausendjähriges Leiden und Arbeiten,
wobei die besten Geister der Völker mitgethan hatten, hatte
hauptsächlich die Kirche die bestehende Ordnung geschaffen; die
ganze christliche Gesellschaft erkannte an, daß nur durch Ver-
mittlung der Kirche und durch Befolgung ihrer Lehre ein Mensch
die ewige Seligkeit, das Ziel alles Lebens, erlangen könne; so
fiel dem hiefür bestehenden Ausschuß der christlichen Gesellschaft,
der Kirche, nicht nur das Becht, sondern die Pflicht zu, die ein-
zelnen Menschen vor Irreführung zu behüten und deßhalb neu
auftauchende Lehren zu prüfen und zu billigen oder zu verwerfen.
Die Menschen des 12. Jahrhunderts waren geistig stark erregt
und des Disputirens und Spekulirens war kein Ende; deßhalb
hatten die Vertreter der kirchlichen Ordnung und Lehre viele
neu auftauchenden Lehren zu prüfen und zu bekämpfen. Diese
Kämpfe sind wichtig; denn die höchsten Gedanken, welche die
Völker der Zeit denken konnten, offenbaren sich hier. Deßhalb
ist der Kampf so wichtig, welcher in Frankreich um 1140 ent-
brannte zwischen Abaelard, vielleicht dem begabtesten der frei-
sinnigen Forscher des Mittelalters, und Bernhard, in welchem der
Geist und die meisten Vorzüge der damaligen kirchlichen Ordnung
und Lehre so zu sagen verkörpert waren.
Bernhardts lebhafter Geist hatte sich zuerst etwas mit
Dichtkunst und den schönen Wissenschaften genährt, allein außer-
ordentlich früh sich dem Mönchsleben zugewendet. In nie gesehe-
ner Weise suchte er sein Fleisch abzutöden, seinen Willen zu
bezwingen und sein Denken nur in den Glauben zu versenken.
Das Spekuliren war ihm Nebensache ; zuerst kam ihm der Glaube,
dann das Begreifen ; die überlieferte christliche Lehre, die Kirche,
wie sie mit ihren Ansprüchen als Herrscherin alles Irdischen vor
ihm stand, wurde von ihm anerkannt und, was er that, that er
nur in Rücksicht auf das künftige Leben und auf das Gedeihen
der Kirche, welche den Menschen die Seligkeit vermitteln sollte.
Diese Bahn verfolgte er mit eiserner Energie. Aus einem solchen
äußeren und inneren Leben schöpfte die wunderbare Beredsamkeit,
welche ihm verliehen war und deren schriftliche Denkmäler ihn
zu einem Klassiker des Mittelalters machen, die Eingebungen und
Worte, mit denen sie Alle bezwang. Bald war der Jüngling
die Anldages&tze des h. Bernhard gegen Abaelard. 401
nicht nar Abi seines Klosters, sondern die strenge Lebensweise
seiner Brüder, welche er geregelt hatte, wurde von vielen andern
Klöstern angenommen, als deren geistiger Vater er Vieles zu
ordnen hatte. Solche Lebensweise und solche Thätigkeit bildet
keinen geschmeidigen Weltmann aus, sondern einen, den man mit
Otto von Freising 'religionis fervore zelotypum' nennen mag.
Wenn Bernhard überzeugt war, das Wohl des Glaubens und der
Kirche verlange, daß ein bestimmtes Ziel erreicht werde, so nahm
er die Sache auf sich, suchte mit zähem Eifer, ja mit Eigensinn
ohne Rücksicht auf andere, vielleicht berechtigte Verhältnisse
jenes Ziel zu erreichen und setzte alle erlaubten Hilfsmittel, die
sein Geist seine Phantasie und seine Beredsamkeit ihm boten, in
Bewegung, um jenes Ziel zu erreichen.
So entwickelte sich die Hälfte seines Wesens, welche der
andern Hälfte zu widersprechen scheint. Um sicher das ewige
Leben zu erwerben, stirbt ein Mönch nach Bernhards Ideal am
besten möglichst bald oder, wenn ihm das nicht gegönnt wird,
sucht er in dem einsamen Kloster abzusterben: aber Bernhard
selbst hat sich im Getümmel der Welt so viel bewegt, wie kaum
ein Anderer seiner Zeit. Er konnte es nicht ertragen, wenn nach
seiner Ansicht die Sache des Glaubens, sei es an einem Kloster
sei es am Pabste, geschädigt wurde. Schien ihm in Frankreich
ein Kloster mißhandelt , . bei einer Bischofswahl das Becht der
Geistlichkeit oder des Pabstes verkürzt zu werden, so trat er
gegen geistliche oder weltliche Beamte, gegen Fürsten, selbst
gegen seinen König unerschrocken auf. Ja, seit 1130 war er
dem Pabste Innocenz II., der keinem Menschen mehr verdankte
als Bernhard, Jahre lang zur Seite, diesseits und jenseits der
Alpen, verhandelt mit Kaiser und Königen, mit Städten und mit
weltlichen und geistlichen Machthabern jeder Art. Sein rein
ideales Wollen, seine Energie, seine Beredsamkeit ließ ihn geradezu
Wunderbares erreichen. So wuchs das eigene Vertrauen auf
seinen innem Beruf, und die Wunder, welche sein Wort oder Leib
oft wirken sollte, hielt er selbst nicht immer für Täuschung.
(Bernhard und Abaelard) Als Bernhard im Spät-
sommer 1138 wiederum von einem längeren Aufenthalt beim Pabst
aus Italien nach Frankreich gekommen war , kann es nicht sehr
lang gewährt haben, bis er die Spuren von Abaelard' s Wirken
merkte. Abaelard hatte, wie oben gesagt, in Paris wieder eine
Menge begeisterter Schüler an sich gezogen; die blendenden Ge-
danken und interessanten Fragen, mit welchen er die Jugend
402 Wilhelm Meyer,
beschäftigte, begann er dann in einem großen dogmatischen Werke,
der Theologia, darzustellen. Wie er wirkte, das können wir aus
dem schon erwähnten harmlosen Briefe sehen, den Walther, Bischof
zu Laon, an Abaelard, in ziemlich ruhigem Tone gerichtet hat.
Dessen Geist beunruhigten eine Reihe wichtiger dogmatischer
Fragen: allein nur wenige hat er aus Abaelard's Mund oder
Schrift kennen gelernt, die meisten aus den Reden von Hörern
Abaelard's. Nicht sehr übertrieben sind also die Schilderungen in
den spätem Streitschriften gegen Abaelard, daß seine Schriften
diesseits der Alpen weit verbreitet, ja sogar nach Rom in die
Hände der Kardinäle gedrungen seien; daß in Frankreich nicht
nur Gebildete, sondern auch unreife Jünglinge an den Straßen-
ecken über die von Abaelard aufgeworfenen Glaubensfragen dis-
putirten.
(Abt Wilhelm) Die auffallenden Wirkungen der Lehre
und Schrift Abaelard's besprach vielleicht Bernhard bei einer
Zusammenkunft mit Wilhelm, dem früheren Abt von St. Theode-
ricus in Reims, seinem jetzigen Ordensbruder. Jedenfalls hat
derselbe die Sache näher studirt und hat eine Schrift verfaßt,
in welcher er die in Abaclard's Theologia enthaltenen Irrlehren
darlegen und widerlegen will, zuletzt gedruckt im Migne's Cursus
Patrologiae 180 Sp. 249—282. Er hat allerdings 2 Schriften be-
nützt *duo erant libelli idem pene continentes, nisi quod in altero
plus, in altero minus aliquanto iuveniretur'. In früheren Zeiten
hat man gemeint (so schon Martene, Migne 178 Sp. 1119), das
seien die Introductio in theologiam und die Theologia christiana
Abaelard's gewesen; doch Denifle (im Archiv für Litteratur- und
Kirchengeschichte I 594) erkennt hierin mit weit mehr Recht
1) die eigentliche Theologia, deren Rest in der sogenannten Intro-
ductio ad theologiam (Abaelardi Opera ed. Cousin II S. 1 — 149,
Migne 178 Sp. 979—1114) zuerst Goldhorn in einer vortrefflichen
Abhandlung, Zeitschrift für historische Theologie 1866 S. 161 —
229, nachgewiesen hat, und 2) die Sententiae, welche schon Rhein-
wald 1835 mit dem Titel Epitome Theologiae christianae heraus-
gegeben hatte (= Migne 178 Sp. 1685), die aber erst Denifle's
ergebnißreiche Arbeit im Archiv I S. 402—468 und 584 — 624 ins
richtige Licht gestellt hat. Die gefundenen Irrlehren behandelt
Abt Wilhelm in 13 Abschnitten, indem er für eine jede zuerst
aus Abaelard die Belegstellen anführt, dann dieselbe widerlegt.
Diesen Traktat schickte er mit einem Begleitbrief, in welchem
die 13 Irrlehren kurz formulirt aufgezählt werden (Migne 182
Sp. 531/2), sowohl an Bernhard als an Gottfrid, Bischof in Chartres,
die AnklagM&tse des h. Bernhard gegen Abaelard. 403
and forderte beide auf, diese Irrlehren zu bekämpfen, welche
nicht nar in Frankreich, sondern schon in Rom die Geister ver-
wirrten.
Diese Schrift, welche natürlich rasch verbreitet wurde, hat
Abt Wilhelm, wie ich nachher wahrscheinlich machen will, im
Winter 1138/9 verfertigt und im Frühjahr 1139 abgesendet. Bern-
hard (327. Brief, Migne 182 Sp. 533) antwortet vor Ostern: er
habe von diesen Dingen bis jetzt fast Nichts gewußt (er war ja
in Italien), doch seien sie offenbar wichtig. Allein gerade in
solchen Fragen vertraue er nicht viel auf sein eigenes Urtheil;
deßhalb wollten sie zusammen kommen und gemeinsam die Sache
besprechen, aber erst nach der bevorstehenden Osterzeit, die ja
nicht viel Muße zu weltlichen Angelegenheiten übrig lasse. Wahr-
scheinlich hat dann diese Zusammenkunft wirklich stattgefunden:
denn Bernhard hat wirklich den Kampf gegen Abaelard auf sich
genommen.
Der Kampf gegen Abaelard wurde im Laufe des Som-
mers 1139 begonnen. Er wurde hauptsächlich von Bernhard ge-
führt. Von Manchen ist sein Verhalten in diesem Kampfe schwer
getadelt worden: aus Neid soll er den Kampf begonnen haben,
seine Handlungen im Kampfe seien öfter durch Furcht vor Abae-
lard, öfter durch List bestimmt worden und seien mindestens bis
an die Grenzen des rechtlich Erlaubten gegangen. Das ist nicht
nur Bernhardts unwürdig, sondern schon im Allgemeinen unwahr-
scheinlich, ja falsch. Ein Mann, dem der Pabst sehr Vieles ver-
dankte, der dem Kaiser, seinem Könige, geistlichen wie weltlichen
Machthabem jeder Art gegenüber getreten ist , der wie kaum ein
Heiliger verehrt wurde und die höchsten kirchlichen Aemter aus-
schlug, der aber alle diese Erfolge nur seinem Geiste und seiner
Beredsamkeit verdankte, brauchte Abaelard weder um sein Talent
noch um seinen Erfolg zu beneiden und hatte keine Ursache einen
Mann zu fürchten, der ja schon früher verurtheilt und gezwungen
worden war, sein eigenes Buch zu verbrennen (den von Stölzle
1891 herausgegebenen Tractatus de unitate et trinitate divina).
Den Handlungen eines solchen Mannes darf man doch nur dann
tadelnswerthe Gründe unterschieben, wenn das klar zu beweisen ist.
Wir dürfen diesen Streit nicht nach unsem heutigen An-
schauungen von freier Forschung und ähnlichen Menschenrechten
beurtheilen. Damals gab es nur einen Glauben und nur eine
Kirche, welche Abaelard selbst durchaus anerkannte. Aber selbst
freisinnige Theologen gestehen zu, daß manche Lehren Abaelard's
nicht nur die damalige Lehre der Kirche verletzen, sondern auch
404 Wilhelm Meyer,
den von Abaelard anerkannten Grundlagen, der Bibel and den
Kirchenvätern, widersprechen. Bernhard griff ein, wo er in
Prankreich die Sache des Glaubens oder der Kirche bedroht glaubte,
und allgemein gestand man ihm dies Recht zu. Als er die üeber-
Zeugung gewonnen hatte, daß durch Abaelard die Sache des Glau-
bens geschädigt werde, nahm er den Kampf, den Andere nicht
übernehmen wollten, auf sich und führte ihn nach seiner Art, d. h.
mit Ausdauer und Eifer, bis er sein Ziel erreicht hatte. Als
Abaelard's Lehren vom Pabst verdammt, also so weit als möglich
unschädlich gemacht waren, hat er Abaelard selbst nicht weiter
verfolgt.
Bernhard mag in diesem Kampfe gegen bloß theoretische
Lehrmeinungen durch seine Energie weiter geführt worden sein,
als andere Männer der damaligen Zeit sich hätten führen lassen,
zumal wenn er, wie ich glaube, schon vor der Synode zu Sens an
den Pabst den großen, 190. Brief gerichtet hat: allein auch Abae-
lard hat in dem Streite falsche Schritte gethan, und jedenfalls ist
Bernhardts Ueberzeugung von der Richtigkeit seines Glaubens
und Handelns fester gewesen als Abaelard' s Ueberzeugung von
der Richtigkeit seiner neuen Lehrsätze.
(Bernhard und Abaelard vor der Synode in Sens)
Nach dem sachlichen Berichte des Erzbischofs von Sens (Migne
182 Sp. 541) hat Bernhard die Theologia und einige andere
Schriften Abaelard^s eingesehen und dann zuerst allein, hierauf
vor Zeugen Abaelard Vorstellungen gemacht. Ein Chronist, der
allerdings sonst zweite Quelle ist, der Mönch Gottfried, Bemardi
Vita, rH cap. 5 (Migne 185 Sp. 311; seine Zusätze sind ver-
dächtig, weil er Bernhardts Bericht benützt und lobt, seine eige-
nen Aenderungen aber weder andeutet noch rechtfertigt) gibt
sogar an, Abaelard habe Widerruf versprochen. Bann habe Bern-
hard Hörer und Schüler Abaelard's vor dessen Irrlehren gewarnt.
Das wird zunächst durch Bernhardts hauptsächlichste Waffe, durch
Predigten, geschehen sein. Doch nach meiner Ueberzeugung hat
Bernhard noch in dieser Zeit auch den großen Brief gegen Abae-
lard, den 190. bei Migne 182 Sp. 1064—1072, verfaßt. Der ganze
Traktat ist an den Pabst gerichtet, dem ja über alle den Glauben
und die Kirche bedrohenden Gefahren berichtet werden müsse;
Petri impletis vicem, mahnt Bernhard, si vestra auctoritate con-
teritis fidei corruptores. Natürlich wurde dieser Brief sofort in
Abschriften verbreitet.
Abaelard, der trotz seines sehr starken Selbstbewußtsein's
doch durch seine Mißgeschicke seit 1121 gelernt hatte, solche
die AnklagesäUe des b. Bernhard gegen Abaelard. 405
^
Angriffe nicht unbeachtet zu lassen, scheint Bernhardts mündlichen
und schriftlichen Angriffen zunächst auf dem damals häufig be-
nutzten Wege geantwortet zu haben, nemlich in Briefen an
Schüler, die natürlich sofort verbreitet wurden (Bernhard im 189.
Brief, Migne 182 Sp. 356 D 'quae de me ad discipulos suos scrip-
serit, dicere non curo*). Das geschah wohl Ende 1139 und Anfang
1140. Endlich aber, als die Sache Abaelard mehr und mehr
beunruhigte, verfiel er auf den Gedanken einer öffentlichen Dis-
putation mit Bernhard. Eine solche zu veranstalten, verlangte
er wiederholt von dem Erzbischof von Sens, unter welchem die
Bisthümer Chartres, Paris, Orleans, Meaux, Auxerre, Troyes und
Nevers standen (vgl. Hadrian's IV. Privileg vom 11. April 1156).
Dieser gab endlich nach und, da er den Sonntag nach Pfingsten,
2. Juni 1140, ohnedies eine Ausstellung der Eeliquien, durch die
Sens zu allen Zeiten berühmt war, veranstalten wollte, zu welcher
wenigstens die ihm untergegebenen Bischöfe erwartet werden durf-
ten, so bestimmte er den folgenden Montag, also den 3. Juni 1140,
für die Disputation, und forderte, da Abaelard sich bereit erklärte,
auch Bernhard auf, zu diesem Termin nach Sens zu kommen.
Bernhard weigerte sich zu kommen. Manche haben dies ge-
tadelt; da er einmal Abaelard angegriffen hatte, hätte er ihm
auch Rede stehen müssen. Allein man höre Bernhardts Gründe
(Migne 182 Sp. 355 C): Abnui: quia puer sum et ille vir bellator
ab adolescentia; tum quia iudicarem indignum rationem fidei hu-
manis committi ratiunculis agitandam quam tam certa ac stabili
veritate constat esse subnixam; dicebam sufficere scripta eins ad
accusandum cum; nee mea referre, sed episcoporum, quorum esset
ministerii de dogmatibus iudicare. Oder mit anderen Worten:
Bernhard kannte selbst die Schwächen aller Beredsamkeit zu gut;
er wußte, wie wir, daß ganz abgesehen von dem wechselnden
korperUchen Befinden der Disputirenden oft nur die angeborene
oder angeübte größere Schlagfertigkeit den Sieg verleiht, und es
schien ihm unwürdig, daß auf hohe Glaubenslehren vielleicht deß-
wegen ein Schatten geworfen würde, weil vielleicht ihm im Augenblick
ein Trugschluß des Gegners nicht klar würde oder eine wichtige
Belegstelle nicht einfiele. Wenn aber doch disputirt werden müsse,
60 sei ein Ankläger gar nicht nothwendig, da Abaelard's Lehren
ja offipn lägen, und selbst wenn doch ein Ankläger gefordert würde,
könne das mancher der Bischöfe vielleicht besser sein als er und
sollte es eher sein als er; denn die Bischöfe hätten die Sache
des Glaubens in ihren Diöcesen zu überwachen, er, der Abt und
Mönch, nur die Angelegenheiten seines Klosters oder höchstens die
406 Wilhelm Meyer,
seines Ordens. Diese Gründe sind dorchans achtbar. Ja, Bern-
hard hatte vielleicht noch einen andern Grnnd. Sein Ansehen
war schon damals beim Volk und bei den Geistlichen ein sehr
hohes und er selbst war sich dessen bewußt. Wollte er wirklich
Abaelard verderben, so konnte er das viel sicherer, wenn er auf
der Synode gegen ihn auftrat. Wenn ich nun behauptete, Bern-
hard habe eben nicht durch das Gewicht seiner Persönlichkeit und
Beredsamkeit das Urtheil der Richter beeinflussen wollen, was
könnten die, welche ihm jetzt Feigheit vorwerfen, dagegen sagen?
Abaelard deutete Bernhard's Weigerung als Feigheit und gab,
seiner Eitelkeit folgend, diese Ansicht in triumphirenden Worten
kund. Da sich anderseits Niemand fand, der bei der Synode gegen
Abaelard auftreten wollte, so mußte Bernhard doch sich ent-
schließen, selbst auf der Synode zu erscheinen.
Was Bernhard auf der Synode gethan hat, das ist von Man-
chen mehr oder weniger scharf als ungerecht oder hinterlistig
verurtheilt worden. Ich will deßhalb zuerst kurz die Thatsachen
erzählen, dann die Motive prüfen.
Am 2. Juni 1140 hatten sich beim Erzbischof in Sens von
den ihm untergebenen Bischöfen die von Chartres, Orleans, Auxerre,
Troyes und Meaux (sie unterzeichnen den Bericht an den Pabst,
Migne 182 Sp. 540), von ferner stehenden Bischöfen der Erzbischof
von Reims mit seinen Suffraganen von Soissons, Chalons und Arras
(sie unterzeichnen das Gutachten bei Migne 182 Sp. 357) einge-
funden; es war Bernhard erschienen, und Abaelard mit vielen
Schülern. Am Sonntag Morgen predigte Bernhard und forderte
das Volk auf, für einen Verirrten zu beten; dann besahen und
verehrten die Prälaten mit dem König Ludwig VII. die Reliquien.
Nachmittags, wohl im Anschlüsse an die Mahlzeit, saß Bernhard
mit den Kirchenfürsten zusammen; er trug ihnen die Irrlehren
vor, welche er in Abaelard's Theologia gefunden zu haben meinte,
wies die Belegstellen aus Abaelard nach und führte anderseits
Stellen der Bibel und der Kirchenväter an, durch welche diese
Sätze als falsch erwiesen werden sollten. Ueber all dies wurde
verhandelt, wohl geändert zugesetzt und weggelassen. So ver-
einigten sich die Anwesenden über die Grundlagen der morgigen
Verhandlung, d. h. über eine Anzahl von Sätzen , die sie in Abae-
lard's Schriften zu finden glaubten, die ihnen aber gegen di^este
Lehre der Kirche zu verstoßen schienen.
Am Montag dem 3. Juni 1140 versammelten sich die genannten
Bischöfe; es waren zugegen der König und der Graf Wilhelm
von Nevers (nach Otto's von Freising, Gesta Friderici I 48, un-
die Anklages&tze des h. fiernhard gegen Abaelard. 407
wahrscheinlicher Angabe auch der Graf Theobald von der Cham-
pagne), außerdem hohe und niedere Geistliche und Gelehrte in
Menge. Zuerst predigte ein Bischof. Dann begann die Verhand-
lung. Bernhard ließ die Sätze verlesen, wegen deren Abaelard
sich rechtfertigen sollte. Die Verhandlung mußte sich voraus-
sichtlich auf mehreren Stufen bewegen. Zuerst mußte Abaelard
zugestehen, daß der vorgelegte Satz überhaupt seine ausgesprochene
Meinung treffe. Das konnte er in mehreren FäUen nicht ohne
Aussicht in Abrede stellen. Entschieden dann die Bischöfe, daß
die Formulirung nicht den Worten Abaelard*s entspreche, so fiel
dieser Anklagesatz weg; andernfalls war er mit den übrigen,
deren richtige Formulirung von Abaelard nicht bestritten wurde,
nun weiter zu behandeln. In dieser Hauptverhandlung mußte
^ darüber verhandelt werden, ob die Sätze von Abaelard aus Bibel
A und Kirchenvätern zu rechtfertigen seien. Wenn das nach dem
• Urtheil der Bischöfe Abaelard nicht gelang, so mußte er entweder
■ sie widerrufen oder, wenn er halsstarrig blieb, wurde er und
9 seine Sätze wegen Ketzerei verdammt.
Auf diese Verhandlungen aber ließ Abaelard sich nicht ein.
Nach Verlesung der beanstandeten Sätze erhob er sich und appel-
lirte an den Pabst, zum größten Erstaunen seiner Freunde wie
seiner Gegner. Die Bischöfe faßten sich aber bald. Da Abae-
lard appellirt hatte, ließen sie eine Verhandlung gegen ihn selbst
bei Seite. Da aber die gegen ihn formulirten Sätze in ihren
Diöcesen schriftlich und mündlich weit verbreitete Ansichten
wieder gaben, so verhandelten sie über diese Sätze an und für
sich und verdammten dieselben zuletzt als ketzerisch. Dann ver-
faßten der Erzbischof von Sens und seine Suffraganen einen aus-
führlichen Bericht an den Pabst (Brief 337, Migne 182 Sp. 540),
für den Erzbischof von Reims und seine Suffraganen schrieb, wie
der Stil verräth, Bernhard einen an den ersten sieh anlehnenden
kurzen Bericht (Brief 191, Migne 182 Sp. 357), endlich schrieb
Bernhard in seinem eigenen Namen eine längere Darstellung an
den Pabst (Brief 189, Migne 182 Sp. 854). Besonders die dazu
am meisten veranlaßten Bischöfe der Erzdiöcese Sens (Brief 337)
stellen den Antrag, daß Abaelard's Schriften und insbesondere
die in jenen Sätzen formulirten Lehren verdammt und ihm
Schweigen auferlegt, d. h. die Erlaubniß zu Vorlesungen und zur
Heransgabe von Schriften entzogen werde. Der Biograph Bern-
hardts Gottfried berichtet (Migne 185 Sp. 311), nach eingelegter
Appellation habe Bernhard dem Abaelard erklärt, von einer Ver-
urtheilung seiner Person wolle man absehen, er solle nur die be-
402 Wilhelm Meyer,
beschäftigte, begann er dann in einem großen dogmatischen Werke,
der Theologia, darzustellen. Wie er wirkte, das können wir aus
dem schon erwähnten harmlosen Briefe sehen, den Walther, Bischof
zu Laon, an Abaelard, in ziemlich ruhigem Tone gerichtet hat.
Dessen Geist beunruhigten eine Reihe wichtiger dogmatischer
Fragen: allein nur wenige hat er aus Abaelard's Mund oder
Schrift kennen gelernt, die meisten aus den Reden von Hörern
Abaelard's. Nicht sehr übertrieben sind also die Schilderungen in
den spätem Streitschriften gegen Abaelard, daß seine Schriften
diesseits der Alpen weit verbreitet, ja sogar nach Rom in die
Hände der Kardinäle gedrungen seien; daß in Frankreich nicht
nur Gebildete, sondern auch unreife Jünglinge an den Straßen-
ecken über die von Abaelard aufgeworfenen Glaubensfragen dis-
putirten.
(Abt Wilhelm) Die auffallenden Wirkungen der Lehre
und Schrift Abaelard's besprach vielleicht Bernhard bei einer
Zusammenkunft mit Wilhelm, dem früheren Abt von St. Theode-
ricus in Reims, seinem jetzigen Ordensbruder. Jedenfalls hat
derselbe die Sache näher studirt und hat eine Schrift verfaßt,
in welcher er die in Abaelard's Theologia enthaltenen Irrlehren
darlegen und widerlegen will, zuletzt gedruckt im Migne's Cursus
Patrologiae 180 Sp. 249—282. Er hat allerdings 2 Schriften be-
nützt *duo erant libelli idem pene continentes, nisi quod in altero
plus, in altero minus aliquanto iuveniretur*. In früheren Zeiten
hat man gemeint (so schon Martenc, Migne 178 Sp. 1119), das
seien die Introductio in theologiam und die Theologia ehristiana
Abaelard's gewesen; doch Denifle (im Archiv für Litteratur- und
Kirchengeschichte I 594) erkennt hierin mit weit mehr Recht
1) die eigentliche Theologia, deren Rest in der sogenannten Intro-
ductio ad theologiam (Abaelardi Opera ed. Cousin II S. 1—149,
Migne 178 Sp. 979—1114) zuerst Goldhorn in einer vortrefflichen
Abhandlung, Zeitschrift für historische Theologie 18G6 S. 161—
229, nachgewiesen hat, und 2) die Sententiae, welche schon Rhein-
wald 1835 mit dem Titel Epitome Theologiae christianae heraus-
gegeben hatte (== Migne 178 Sp. 1685), die aber erst Denifle's
ergebnißr eiche Arbeit im Archiv I S. 402—468 und 584 — 624 ins
richtige Licht gestellt hat. Die gefundenen Irrlehren behandelt
Abt Wilhelm in 13 Abschnitten, indem er für eine jede zuerst
aus Abaelard die Belegstellen anführt, dann dieselbe widerlegt.
Diesen Traktat schickte er mit einem Begleitbrief, in welchem
die 13 Irrlehren kurz formulirt aufgezählt werden (Migne 182
Sp. 531/2), sowohl an Bernhard als an Gottfrid, Bischof in Chartres,
die Anklages&tse des h. Bernhard gegen Abaelard. 403
und forderte beide auf, diese Irrlehren zu bekämpfen, welche
nicht nur in Frankreich, sondern schon in Rom die Geister ver-
wirrten.
Diese Schrift, welche natürlich rasch verbreitet wurde, hat
Abt Wilhelm, wie ich nachher wahrscheinlich machen will, im
Winter 1138/9 verfertigt und im Frühjahr 1139 abgesendet. Bern-
hard (327. Brief, Migne 182 Sp. 533) antwortet vor Ostern: er
habe von diesen Dingen bis jetzt fast Nichts gewußt (er war ja
in Italien), doch seien sie offenbar wichtig. Allein gerade in
solchen Fragen vertraue er nicht viel auf sein eigenes Urtheil;
deßhalb wollten sie zusammen kommen und gemeinsam die Sache
besprechen, aber erst nach der bevorstehenden Osterzeit, die ja
nicht viel Muße zu weltlichen Angelegenheiten übrig lasse. Wahr- .
scheinlich hat dann diese Zusammenkunft wirklich stattgefunden:
denn Bernhard hat wirklich den Kampf gegen Abaelard auf sich
genommen.
Der Kampf gegen Abaelard wurde im Laufe des Som-
mers 1139 begonnen. Er wurde hauptsächlich von Bernhard ge-
führt. Von Manchen ist sein Verhalten in diesem Kampfe schwer
getadelt worden: aus Neid soll er den Kampf begonnen haben,
seine Handlungen im Kampfe seien öfter durch Furcht vor Abae-
lard , öfter durch List bestimmt worden und seien mindestens bis
an die Grenzen des rechtlich Erlaubten gegangen. Das ist nicht
nur Bernhardts unwürdig, sondern schon im Allgemeinen unwahr-
scheinlich, ja falsch. Ein Mann, dem der Pabst sehr Vieles ver-
dankte, der dem Kaiser, seinem Könige, geistlichen wie weltlichen
Machthabern jeder Art gegenüber getreten ist , der wie kaum ein
Heiliger verehrt wurde und die höchsten kirchlichen Aemter aus-
schlug, der aber alle diese Erfolge nur seinem Geiste und seiner
Beredsamkeit verdankte, brauchte Abaelard weder um sein Talent
noch um seinen Erfolg zu beneiden und hatte keine Ursache einen
Mann zu fürchten, der ja schon früher verurtheilt und gezwungen
worden war, sein eigenes Buch zu verbrennen (den von Stölzle
1891 herausgegebenen Tractatus de unitate et trinitate divina).
Den Handlungen eines solchen Mannes darf man doch nur dann
tadelnswerthe Gründe unterschieben, wenn das klar zu beweisen ist.
Wir dürfen diesen Streit nicht nach unsern heutigen An-
schauungen von freier Forschung und ähnlichen Menschenrechten
beurtheilen. Damals gab es nur einen Glauben und nur eine
Kirche, welche Abaelard selbst durchaus anerkannte. Aber selbst
freisinnige Theologen gestehen zu, daß manche Lehren Abaelard's
nicht nur die damalige Lehre der Kirche verletzen, sondern auch
410 Wilhelm Meyer,
die heftigsten Reden gegen oder für den Angeklagten halten und
stimmte doch zuletzt als Richter ab. Deßhalb hatte auch Bern-
hard früher seine Anwesenheit für überflüssig erklärt; jeder der
versammelten Bischöfe müsse ja an Abaelard's Schriften Anstoß
nehmen und könne die Sätze darlegen, welche gegen das verstießen,
was er als Bischof lehre und beschworen habe. Von der ganzen
Synode wurde also gegen Abaolard die Forderung erhoben *du
hast durch diese und jene Lehren unsern Glauben angegriiFen;
rechtfertige dich'.
Abaelard's unkluge Taktik und die Zaghaftigheit der Bischöfe
brachte es dahin , daß Bernhard als ihr Wortführer den auf
Abaelard gefallenen Verdacht in Worte bringen mußte. Da aber
kam ein Grundsatz Bernhardts in Wirksamkeit. Deutsch hat
(S. 34) mit Recht nachgewiesen, daß Bernhard 1148 in Sachen
Gilbert's ganz ähnlich vorging wie 1140 in Sachen Abaelard's;
er hat sogar bemerkt, daß Bernhard in diesen, durch 8 Jahre
getrennten Fällen ganz ähnliche Worte zur Begründung seines
Vorgehens gebraucht. Es handelt sich darum, daß Bernhard die
schwierigen dogmatischen Thesen vor der öffentlichen Disputation
mit seinen orthodoxen Glaubensgenossen erörtern will. Dies Vor-
gehen bezeichnet Deutsch als Unrecht und meint sogar, erst nach-
dem Bernhard diese List 1140 sich ausgedacht hatte, hätte er seine
Weigerung auf dem Concil zu erscheinen fallen lassen. Nun
citirt Deutsch ebenda (S. 34) den Brief Bernhard's an Abt Wil-
helm (Migne 182 Sp. 533 B) ^quoniam meo iudicio non satis, ut
optime nostis, fidere consuevi praesertim in tam magnis rebus,
operae pretium puto con-siderata opportunitate me atque vos pariter
alicubi convenire et conferre de omnibus'. Das ist genau der
Grundsatz, den Bernhard später ausspricht und befolgt. Aber
wann ist jener Brief geschrieben? Lange vorher, ehe von der
Verhandlung in Sens oder überhaupt von einer Verhandluüg gegen
Abaelard die Rede war. Damit fällt zunächst der von Deutsch
ausgesprochene Verdacht.
Nehmen wir aber diese Aeußerungen mit denen zusammen,
mit welchen er seine Weigerung persönlich in Sens zu erscheinen
dem Pabst gegenüber begründet hat (oben S. 405), so ergiebt sich
ein vernünftiger Zusammenhang. Bernhard, welcher der mensch-
lichen Vernunft nicht Alles zutraute , war in dogmatischen Er-
örterungen nicht sehr geübt und war ihnen nicht sehr zugethan,
nicht den schriftlichen, aber noch weit weniger den mündlichen,
wobei so viele Zufälle die Wahrheit in Schatten stellen konnten.
Doch wußte er wohl, daß solche Verhandlungen nicht immer zu
die Anklages&txe des h. Bernhard gegen Abaelard. 411
vermeiden seien, und das größte Beispiel, die Concilversammlungen,
bewies ihm, daß dieselben doch oft die Wahrheit förderten. Bei
dem geringen Vertrauen, das er solchen schwierigen Fragen gegen-
über auf einen Einzelnen und gerade aach auf sich selbst setzte,
hatte er sich zum Grundsatz gemacht, solche dogmatischen Streit-
fragen vorher mit Andern durchzusprechen und sich auf diesem
Wege eine Ansicht zu bilden. Diesen Grundsatz spricht sein
Brief an Abt Wilhelm klar aus, dieser Grundsatz erklärt die von
Bernhard veranstalteten Vorbesprechungen in Sachen Bernhardts
114U und Gilbert's 1148, und ich würde mich nicht wundern,
wenn derselbe Grundsatz aus Bernhardts Briefen oder Handlungen
noch öfters nachgewiesen würde.
Dieser Grundsatz ist an und für sich ehrlich und für Bern-
hard ehrenvoll. Nun könnte aber doch die strenge Befolgung des
Grundsatzes bei den besonderen Verhältnissen des Falles 'Abaelard*
Bernhard zu einer nicht ganz correcten Handlung verführt haben.
Doch erwägen wir die oben geschilderte Lage: nicht i»t Bern-
hard von Abaelard wegen Beleidigung verklagt, nicht i^t Abaelard
angeklagt, diese oder jene religiöse Ueberzeugung Bernhardts
verletzt zu haben , sondern Abaelard soll vor den Vertretern der
Kirche nachweisen, daß er nicht die Lehre der Kirche durch seine
eigenen Lehren verwirrt oder geleugnet hat. Nun muß aber der
Angeklagte wissen, worüber er sich rechtfertigen soll; sonst ist
die Verhandlung ja uferlos. Deßhalb muß der Gerichtshof dem
Angeklagten die Sätze vorlegen, über die er sich erklären soll.
Diese Sätze müssen möglichst sorgfältig gefaßt sein, und es kommt
dabei auf 2 Dinge an, 1) daß die Sätze wirklich die Ansichten
des Angeklagten wieder geben, 2) daß sie wirklich die anerkannte
kirchliche Lehre verletzen. All das kann in beliebigen Vorver-
handlungen, schriftlichen oder mündlichen, ohne Beisein des An-
geklagten, bereinigt werden. Am Gerichtstage vertheidigt sich
dann der Angeklagte gegen die vorgelegten Sätze ; wie diese die
Anklage des Gerichtshofes selbst darstellen, so kann auch bei
der entstehenden Discussion jedes Mitglied des Gerichtshofes den
Angeklagten bekämpfen oder schützen. Tauchten hierbei neue
Irrlehren des Angeklagten auf, so konnten sie den früher for-
mnlirten zugefügt werden,
Bernhard klagte nicht auf eigene Faust den Abaelard an;
nur gezwungen hatte er es übernommen, zunächst die nothwendigen
Anklagesätze zu formuliren; ich werde später zeigen, wie ge-
wissenhaft er schon bei dem Entwurf dieser Anklagesätze die
geistige Arbeit Anderer zu Hilfe genommen bat und durchaus
412 Wilhelm Meyer,
nicht seiner Meinung allein gefolgt ist. Allein er wollte, wie das
in der Natar der Sache lag und wohl in der Regel geschah, den
Entwurf von den übrigen Mitgliedern des Gerichtshofes durchbe-
rathen und gutgeheißen sehen. Das geschah in jener Verhandlung
am Sonntag Nachmittage. Sodann lag es in der von Bernhard
übernommenen Aufgabe, in der wirklichen Synodal Verhandlung an
erster Stelle die Anklagesätze als Irrlehren zu überführen , d. h.
trocken gesagt, mit Nachdenken und Belegstellen mehr als die
Andern sich im Voraus zu rüsten für die Disputation. Von
der ungern übernommenen Aufgabe brauchte Bernhard in Sens
nur den ersten Theil zu lösen: d. h. er hat die Anklagesätze zu-
sammengestellt und sie mit den Bischöfen durchberathen. Damit
hat er nach meiner Ansicht nicht nur kein Unrecht begangen,
sondern er hat vielleicht nicht anders vorgehen dürfen: jedenfalls
hat er ehrlich gehandelt.
Deutsch postulirt nun (S. 25 und 36) diese Vorverhandlung sei
geheim gewesen. Woher weiß er das? Bernhardts schärfster
Gegner Berengar beschreibt ausführlich diese Versammlung; sein
Bild wäre noch greller geworden, wenn diese Versammlung eine
geheime war: er sagt Nichts davon. Und vielleicht schon am
nächsten Tag nach der Synode verfassen der Erzbischof von Reims
und seine Suffragane den officieUen Bericht an den Pabst: da
sprechen sie offen von dieser Versammlung. Sie war also zwar
natürlich auf die Prälaten beschränkt, sie war aber kein Geheimniß,
und Abaelard kann nicht durch den Schrecken über diese Nachricht
zu seiner übereilten Appellation veranlaßt worden sein, wie Deutsch
als Krönung seiner Hypothese annimmt. Diese Bestürzung Abae-
lard's ist einfacher zu verstehen. Abaelard befand sich in einer
unnatürlichen Lage. Entweder hätte er weiter gehen müssen als
er gegangen war oder nicht so weit. Allein die vielen kecken
und auffallenden Glaubenslehren auszusprechen und Männer wie
Bernhard scharf anzugreifen und dann wieder sich für den treuen,
gläubigen Sohn der Kirche zu erklären und den Erzbischof von
Sens als Glaubensrichter über sich anzurufen, das waren wider-
spruchsvolle Handlungen. In der Mitte seiner Schüler, im Voll-
gefühl seines an sich reinen Strebens war es ihm selbstverständlich
erschienen, daß er alle Schwirigkeiten überwinden und Bern-
hard zu Schanden machen werde. Hier in der glänzenden Ver-
sammlung kam seinem scharfen Sinne plötzlich ein dunkles Gefühl
von den wirklichen Verhältnissen und von der drohenden Grefahr,
daß es gehen könne, wie vor 20 Jahren im Soissons. Ein Held der
That war Abaelard nicht und so that er diesen auffallenden Schritt
die Anklages&tze des h. Bernhard gegen Abaelard« 413
(Nach der Synode von Sens). Abaelard hatte von der
Synode in Sens an den Pabst appellirt. Es mußte also von beiden
Theilen an denselben berichtet werden. Bernhard und Genossen
haben dies, wie oben gesagt, in 3 Schreiben (Brief 337 191 und
189) gethan; dazu fügte Bernhard noch eine Reihe von Schreiben
an die ihm bekannten Kardinäle, um sie für die Sache zu interes-
siren (Brief 192 193 331—336 und 338 ^). Welche Schriftstücke
Abaelard nach Rom geschickt hat, wissen wir nicht. Ziemlich
sicher hat er sehr bald die Apologia verfaßt, aus der uns nur
Citate erhalten sind durch einen Unbekannten, der alsbald eine
ausführliche gelehrte Widerlegung in 3 Büchern schrieb (Migne
180 Sp. 283 — 332). In der Apologia hat, nach meiner Ansicht,
Abaelard die von Bernhard formulirten Anklagesätze bekämpft ;
nach den Angaben des Anonymus hat er daselbst Bernhard seinen
Criminator und die Anklagesätze eine Fälschung desselben genannt
und die Sätze einzeln bekämpft. Wenn der von Otto von Frei-
sing (Gesta Friderici I 49) citirte Anfang wirklich der Anfang
dieser Apologia ist, dann war sie nicht an den Pabst adressirt.
Sonst wäre das Schriftstück dazu geeignet gewesen. In derselben
Zeit mag auch der Brief an Heloise geschrieben sein mit der von
Berengar (Migne 178 Sp. 376) mitgetheüten Stelle, in der Abaelard
mit schönen Worten seine volle Rechtgläubigkeit bezeugt.
Mit der Ausarbeitung dieser Apologia hatte sich Abaelard
wohl aufgehalten. Dann machte er sich auf den Weg nach Rom.
Doch die Schritte Bernhardts und seiner Genossen wirkten ; 'statim
1) Den ganzen Pack lieB Bernhard durch seinen Vertraaten Nico laus
nach Rom bringen. DeBbalb fügt Bernhard an den 8cbluB einiger Briefe uralte
and höchst natürliche Phrasen. Schon die Ostgothenkönige schlieBen die Schreiben,
die sie ihren Gesandten mitgeben, mit Phrasen wie *per legatos verbo robis
aliqna dicenda mandamns'. Wenn nun Bernhard seine Briefe schlieBt: Brief 189
quod melius Nicolaus iste mens imo et bester viva referet voce, oder Brief 838
cetera autem quae vidit et audivit Nicolaus iste meus, imo et vester, viva melius
referet voce, oder Brief SSO in der Berliner Handschrift (Meerman 181 Bl. 144)
*qaod melius Nicholaus iste mens immo et bester viva referet voce, non solum
hoc sed et omnia cetera intimare Tobis latius poterit, sicut plenius novit, oder
Brief 886 cetera praesentium lator latius ezplicabit, so sollte man doch hieraus
und aus dem Umstände, daB Nicolaus später Spitzbubenstreiche beging, nicht
wie ein schlechter Staatsanwalt schlieBen wollen, daB etwa der Meister des Dieners
würdig war, daB (Deutsch S. 41) 'Bernhard nicht alles, was er tu sagen hatte,
dem Pergament anzuvertrauen wagte* und 'daB er die Wahl des Ueberbringers,
dem eine wichtige Rolle in der Führung der ganzen Sache zugefallen war, für
die Erreichung seines Zweckes glücklich getroffen hatte'. Das ist keine histo*
risebe Kritik mehr, sondern zum mindesten Hyperkritik.
414 Wilhelm Meyet,
a Romana sede literae danmationis in Fetrom per Grallicanam
ecclesiam volaverunt' sagt Berengar, Bernhardts Feind. In 2
Schreiben des Pabstes wird das Verlangen der Synodalmitglieder
(Migne 182 Sp. 542 C) vom Pabst durchaus erfüllt, Abaelard's
Schriften und Lehren verdammt und ihm ewiges Schweigen auf-
erlegt, ja er zur Haft in einem Kloster verurtheilt. Beide Schreiben
sind vom 18. und 17. Tag *ante Kai. Augusti* datirt (in der
Ausgabe des Abaelard von 1616 S. 301; bei Otto von Freising,
Gesta Friderici I 49 vom 12. Kai. Augusti). Vgl. S. 434/5.
Wenn dieses Monatsdatum richtig ist, und wir dann den
Worten Berengar' s folgend annehmen, der Spruch des Pabstes sei
statim, also sicherlich nicht nach einem Jahre, erfolgt, so müßte
der Spruch allerdings in der auffallend kurzen Frist von 5 Wochen
erfolgt sein. In dieser Zeit könnte kaum die Apologia von Abae-
lard verfaßt und nach Rom gebracht sein. Der Pabst spricht
auch in der Bulle nur von den Schriftstücken Bernhardts und
seiner Grenossen, nicht von solchen Abaelard's. Deßhalb sagt Be-
rengar : damnatur , proh dolor , absens inauditus et inconvictus.
Da die Schriften Abaelard's angeklagt wurden und in Rom vor-
lagen, so war die persönliche Anwesenheit Abaelard's ebenso
wenig nothwendig als die Bernhard' s und seiner Genossen.
Bald nach der Verurtheilung Abaelard's durch den Pabst
schrieb Abaelard's Schüler Berengar den Apologeticus (Migne
178 Sp. 1857—1870). Im 1. Theile wiU er in burleskem Tone
nachweisen, wie unedel Bernhard überhaupt gegen Abaelard ge-
handelt habe, dann wie Bernhard selbst sich schon schwere Ver-
stöße gegen die richtige Lehre habe zu Schulden kommen lassen.
In einem 2. Theil wollte er dann gegenüber den einzelnen der
von Bernhard zusammengestellten Anklagesätze nachweisen (wie
dies Abaelard in der Confessio und wohl vorher in der Apologia
versucht hat) : ^quae dixerit Abaelardus et quae non dixerit , et
quam catholica mente ea quae dixerit senserit'. Dieses 2. Buch
hat Berengar nicht geschrieben, weil er inzwischen eingesehen hat,
daß jene Angklagesätze ziemlich das Richtige getroffen hatten.
Dazu hatte ihn wohl weniger eigene Einsicht (denn solche Hitzkopfe
belehren sich nicht leicht selbst), als vielmehr Abaelard's Ver-
halten gebracht.
Abaelard hatte sich auf den Weg nach Rom gemacht und
war in das Kloster Cluny gekommen. Dort von dem weisen Abte
Petrus (Venerabilis) freundlich aufgenommen hat er wahrscheinlich
die Kunde von seiner Verdammung durch den Pabst erhalten.
Dessen thut freilich ein Brief des klugen Abtes au den Pabst
die Aoklages&tze des b. Bernhard gegen Abaelard. 415
keine Erwähnang; doch er erzählt, daß Abaelard durch Yer-
mittlong Anderer mit Bernhard eine Zusammenknnft hatte und bei
der Rückkehr berichtete, er habe die früheren Uneinigkeiten bei-
gelegt and sich mit Bernhard vertragen; jetzt wolle er für immer
in Clnny bleiben. Das hat der Pabst gestattet und in einem
Filialkloster ist Abaelard bald, am 21. April 1142, gestorben.
Jedenfalls war in Cluny ein starker Sinneswechsel bei Abaelard
eingetreten. Er hatte geleistet, was er mit seinem Gei^^te hat
leisten können in den Verhältnissen seiner Zeit and in den An-
schaaangen, in welchen er selbst befangen war. Za weiterem
Kampfe hätten viel freiere Anschaaongen von den Grandlagen
des christlichen Glanbens oder größerer Mannesmath gehört als
Abaelard ihn besaß. Er fügte sich in sein Geschick and warde
stilL In die Zeit des Uebergangs in diese Stimmang fällt die
Abfassang der Confessio fidei (Migne 178 Sp. 107). Sie ist
gerichtet gegen die von Bernhard zusammengestellten Anklage-
sätze. Freilich nennt er Bernhard nicht and bezeichnet ihn nar
ironisch mit amicas noster, and freilich nennt er die Anklagesätze
'per malitiam vel per ignorantiam prolata'; doch in den Ant-
worten aaf die einzelnen Sätze zeigt sich nicht mehr der alte Abae-
lard: einzelne leagnet er gänzlich ab, aber bei den meisten wider-
spricht er entweder seinen frühern Worten oder er spielt Versteck.
Ehe ich zwei Einzelfragen, die Zeit der Streitschriften and
die Anklagesätze Bernhardts gegen Abaelard, behandle, will ich
eine Uebersicht über die von mir benützten Qa eilen and neaeren
Darstellangen geben.
Die aaf diesen Streit bezüglichen Schriftstücke sind zameist
in Abaelard's and Bernhardts Werken, za finden. Abaelard's
Werke benätzte ich in der Aasgabe des Franciscns Amboesius
Paris 1616 oder Victor Coasin Paris Band I 1849 Band U 1859,
mehr in dem Dracke bei Migne Patrologia Band 178 Paris 1856.
Bernhardts Schriften benützte ich in dem Abdrack der Mabil-
lon'schen Aasgabe in Aligne's Patrologie Bd. 182 ffl. In Be-
tracht kommen besonders: Walther, Bischof za Laon, Brief an
Abaelard, gedr. in Veternm aliqaot scriptoram . . Spicilegiam,
opera L. Dacherii, 11 Paris 1657 S. 473 — 479; hier werden
etliche Fragen antersacht. Wilhelm, der frühere Abt des
Klosters S. Theoderici in Reims, damals Ordensbrnder des Bern-
hard in Signy, schrieb einen längeren Tracfaiy in welchem in
13 Abschnitten ebenso viele Irrlehren des Abaelard zunächst mit
Belegstellen aas dessen Theologia nachgewiesen and dann mit
28*
406 Wilbelm Meyer,
seines Ordens. Diese Gründe sind durchaus achtbar. Ja, Bern-
hard hatte vielleicht noch einen andern Grund. Sein Ansehen
war schon damals beim Volk und bei den Geistlichen ein sehr
hohes und er selbst war sich dessen bewußt. Wollte er wirklich
Abaelard verderben, so konnte er das viel sicherer, wenn er auf
der Sjmode gegen ihn auftrat. Wenn ich nun behauptete, Bern-
hard habe eben nicht durch das Gewicht seiner Persönlichkeit und
Beredsamkeit das Urtheil der Richter beeinflussen wollen, was
könnten die, welche ihm jetzt Feigheit vorwerfen, dagegen sagen?
Abaelard deutete Bernhard's Weigerung als Feigheit und gab,
seiner Eitelkeit folgend, diese Ansicht in triumphirenden Worten
kund. Da sich anderseits Niemand fand, der bei der Synode gegen
Abaelard auftreten wollte, so mußte Bernhard doch sich ent-
schließen, selbst auf der Synode zu erscheinen.
Was Bernhard auf der Synode gethan hat, das ist von Man-
chen mehr oder weniger scharf als ungerecht oder hinterlistig
verurtheilt worden. Ich will deßhalb zuerst kurz die Thatsachen
erzählen, dann die Motive prüfen.
Am 2. Juni 1140 hatten sich beim Erzbischof in Sens von
den ihm untergebenen Bischöfen die von Chartres, Orleans, Auxerre,
Troyes und Meaux (sie unterzeichnen den Bericht an den Pabst,
Migne 182 Sp. 540), von ferner stehenden Bischöfen der Erzbischof
von Reims mit seinen Snffraganen von Soissons, Chalons und Arras
(sie unterzeichnen das Gutachten bei Migne 182 Sp. 357) einge-
funden; es war Bernhard erschienen, und Abaelard mit vielen
Schülern. Am Sonntag Morgen predigte Bernhard und forderte
das Volk auf, für einen Verirrten zu beten; dann besahen und
verehrten die Prälaten mit dem König Ludwig VII. die Reliquien.
Nachmittags, wohl im Anschlüsse an die Mahlzeit, saß Bernhard
mit den Kirchenfürsten zusammen; er trug ihnen die Irrlehren
vor, welche er in Abaelard*s Theologia gefunden zu haben meinte,
wies die Belegstellen aus Abaelard nach und führte anderseits
Stellen der Bibel und der Kirchenväter an, durch welche diese
Sätze als falsch erwiesen werden sollten. lieber all dies wurde
verhandelt, wohl geändert zugesetzt und weggelassen. So ver-
einigten sich die Anwesenden über die Grundlagen der morgigen
Verhandlung, d. h. über eine Anzahl von Sätzen, die sie in Abae-
lard*s Schriften zu finden glaubten, die ihnen aber gegen di^feste
Lehre der Kirche zu verstoßen schienen.
Am Montag dem 3. Juni 1140 versammelten sich die genannten
Bischöfe; es waren zugegen der König und der Graf Wilhelm
von Nevers (nach Otto's von Freising, Gesta Friderici I 48, un-
f
die Anklages&tse des h. Bernhard gegen Abaelard.
407
wahrsc
pagne) ,
Menge,
lung. Be
sieh rech
eher Angabe auch der Graf Theobald von der Cham-
erdem hohe und niedere Geistliche und Gelehrte in
rst predigte ein Bischof. Dann begann die Verhand-
ard ließ die Sätze verlesen, wegen deren Abaelard
rtigen sollte. Die Verhandlung mußte sich voraus-
sichtlich^uf mehreren Stufen bewegen. Zuerst mußte Abaelard
zugeg^nen, daß der vorgelegte Satz überhaupt seine ausgesprochene
g treflPe. Das konnte er in mehreren Fällen nicht ohne
ussicht in Abrede stellen. Entschieden dann die Bischöfe, daß
die Formulirung nicht den Worten Abaelard's entspreche, so fiel
dieser Anklagesatz weg; andernfalls war er mit den übrigen,
deren richtige Formulirung von Abaelard nicht bestritten wurde,
nun weiter zu behandeln. In dieser Hauptverhandlung mußte
darüber verhandelt werden, ob die Sätze von Abaelard aus Bibel
und Kirchenvätern zu rechtfertigen seien. Wenn das nach dem
Urtheil der Bischöfe Abaelard nicht gelang, so mußte er entweder
sie widerrufen oder, wenn er halsstarrig blieb, wurde er und
seine Sätze wegen Ketzerei verdammt.
Auf diese Verhandlungen aber ließ Abaelard sich nicht ein.
Nach Verlesung der beanstandeten Sätze erhob er sich und appel-
lirte an den Pabst, zum größten Erstaunen seiner Freunde wie
seiner Gegner. Die Bischöfe faßten sich aber bald. Da Abae-
lard appellirt hatte , ließen sie eine Verhandlung gegen ihn selbst
bei Seite. Da aber die gegen ihn formulirten Sätze in ihren
Diöcesen schriftlich und mündlich weit verbreitete Ansichten
wieder gaben, so verhandelten sie über diese Sätze an und für
sich und verdammten dieselben zuletzt als ketzerisch. Dann ver-
faßten der Erzbischof von Sens und seine Suffraganen einen aus-
fuhrlichen Bericht an den Pabst (Brief 337, Migne 182 Sp. 540),
für den Erzbischof von Reims und seine Suffraganen schrieb, wie
der Stil verräth, Bernhard einen an den ersten sieh anlehnenden
kurzen Bericht (Brief 191, Migne 182 Sp. 357), endlich schrieb
Bernhard in seinem eigenen Namen eine längere Darstellung an
den Pabst (Brief 189, Migne 182 Sp. 354). Besonders die dazu
am meisten veranlaßten Bischöfe der Erzdiöcese Sens (Brief 337)
stellen den Antrag, daß Abaelard*» Schriften und insbesondere
die in jenen Sätzen formulirten Lehren verdammt und ihm
Schweigen auferlegt, d. h. die Erlaubniß zu Vorlesungen und zur
Herausgabe von Schriften entzogen werde. Der Biograph Bern-
hardts Gottfried berichtet (Migne 185 Sp, 311), nach eingelegter
Appellation habe Bernhard dem Abaelard erklärt, von einer Ver-
ortheilung seiner Person wolle man absehen, er solle nur die be-
416 Wilhelm Meyer,
vieler Gelehrsamkeit in scharfem Tone bekämpft werden; daza
einen Begleitbrief j in welchem er den Tractat dem Bernhard und
Gottfried, dem Bischof zu Chartres, übersendet und sie zum Ein-
schreiten auffordert. Beide Stücke sind gedruckt in Tissier,
Bibliotheca patrum Cisterciensum IV 112; ich benützte für den
Tractat Migne 180 Sp. 249 , für den Begleitbrief Migne 182 Sp.
531 = Bernhardts 326. Brief. Bernhardts kurze Antwort, Brief
337, siehe in Migne 182 Sp. 533.
Bernhardts großen, an den Pabst gerichteten 190« Brief,
in welchem er etliche Irrlehren des Abaelard theils nur nennt,
theils ausführlich bekämpft, auch Tractatus de erroribus Abaelardi
benannt, benützte ich in dem Abdruck bei Migne 182 Sp. 1053 ; den
188. an die Kardinäle gerichteten Brief nach Migne 182 Sp. 351.
Excerpte aus Abaelard's Theologia in 14 Abschnitten mit
Ueberschriften über jedem Abschnitte und der allgemeinen Ueber-
schrift *Incipiunt capitula haeresum Petri Abaelardi* und der
Unterschrift ^Haec sunt capitula Theologiae, imo Stultilogiae, Petri
Abaelardi' hat nach der von Joh. Durand aus dem Yaticanus 663
gefertigten Abschrift Mabillon in seiner Ausgabe des Bernhard
gedruckt = Migne 182 Sp. 1049 (Cousin II 765).
Den Bericht des Erzbischofs von Sens und seiner
Suffragane an den Pabst über die Synode von Sens, den Deutsch
Abaelard*s Verurtheilung zu Sens S. 29, mit allem Recht der
Feder Bemhard's abspricht, ist als 387. Brief Bernhardts ge-
druckt bei Migne 182 Sp. 540. Der von Bernhard verfaßte
kurze Bericht des Erzbischofs von Reims und seiner
Suffragane steht als 191. Brief Bernhardts bei Migne 182 Sp. 357;
diesen kürzesten Bericht hat auch Otto von Freising (iesta Fri-
derici I 48 überliefert. Bernhardts wichtiger Bericht an den
Pabst über die Synode, 189. Brief, bei Migne 182 Sp. 354; für
den sonderbaren Parallelbrief an den Pabst, no 330, ebenda Sp.
535, habe ich die Berliner Handschrift, Meermann 181 Bl. 142b
verglichen (s. Schluß des nächsten Abschnittes S. 426). Bern-
hardts Briefe an Kardinäle in Rom, no 193 und 193 ebenda 8p.
358, dann no 331—336 und 338 ebenda Sp. 536—543.
Die Bruchstücke der Apologia des Abaelard sind uns
nur überliefert in den 3 Büchern, in welchen ein Anonymus die-
selbe bekämpft. Diese 3 Bücher , deren Anfang fehlt, standen in
einer Handschrift von Clairvaux; aus derselben hatte Ti ssier
eine Abschrift gefertigt; als er dieselbe in seiner Bibliotheca
patrum Cisterciensium IV 1662 S. 238 ffl abdrucken ließ (ich be-
nutze den Abdruck in Migne 180 Sp. 283), war die Handschrift
die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 417
selbst verschwunden. Die Abschrift, welche dem Drucke zu
Grunde liegt, ist wohl identisch mit der Berliner Handschrift
Codex Philippicus 1690, Sirmond's Nachlaß no 3 Bl. 246 ffl. *).
Hier steht zunächst der verstümmelte und deßhalb von Tissier
weggelassene Anfang ; er lautet : {3Iigne 178 Sp. 993 D. Ahaelardi
Iniroductio: Cum itaque de patre Maximus dixerit) : maxima
de patre dixerit, quod per ingenitam deitatem sit omnipotens, per
hoc, cum sit deus, sit etiam ingenitus. Illam quoque patris po-
tentiam, qua solus ipse, non ab alio subsistit, unde solus ipse
^ngenitus dicitur, in omnipotentia comprehendit (= Codex Victor,
bei Cousin II 17)^ et sie eum omnipotentem intellexit, ut quidquid
ad omnipotentiam attinet, non solum quantum ad operationis
effectum verum etiam quantum ad subsistendi modum ei et tan-
quam proprium tribueretur. Ut tale sit scilicet quod dixerit
'per ingenitam deitatem omnipotens', ac si aperte dicat, per
hoc, quod deus est et ingenitus , eum utroque modo , ut diximus,
omnipotentem esse. Sic et cum statim subiungit *et pater per
omnipotentiam*, tale est ac si eam, quam intellexit omnipoten-
tiam , ipsum habere proprie fateremur. Fortasse autem et in hoc
diligentius accipi potest per omnipotentiam pater, ac si dicamus
eam per omnipotentiam, quae, ut dictum est, spiritualiter (specia-
Ufer) tribuitur ei , de ipso sapientiam suam , tanquam filium gene-
rare, cum ipsa videlicet divina sapientia aliquid sit de divina
omnipotentia, cum sit ipsa quoque sapientia aliqua potentia (al.
po. nachgetragen). Et post pauea: (Aligne 178 Sp. 99 i B) Est
itaque divina sapientia quaedam potentia, per quam perfecte deus
cuncta discemere atque cognoscere habet. Et infra: (Migne 178
Sp, 994 C) Quod si tam evangelica . . : hier beginnt der Druck *).
1) '£x codice Clftravallensi acepbalo, io cuius ioitio haec legitur adnotatio:
Disputatio catholicoram patrum contra dogmata Pctri AbaUardi. Deest unus
quatemus, id est primus. Qui tcouerit obedientiam librorum, illum reqairat.
Et in fiiie libri tertii: Unu8 quatemus deest idest primus. requiratur apud
Morenienses monachos iuxta Stampas\ Diese Notizen waren vielleicht von Gott-
fried, Bernhardts Schüler, selbst in die Handschrift zu Clairvanx eingeschrieben.
Denn in seinem Briefe an Albinus, Cardinal. Äthan. (1189 — 1196), in welchem er
die Verhandlung gegen Gilbert 1148 schildert, sagt er auch *Inveni tarnen in
Clara valle libellum cuiusdam Abbatis nigrorum monachorum, quo errores eiasdem
Petri (Abaelardi) notantur, quem et olim me vidisse recordor ; sed a mnltis annis,
ut custodes librorum asserunt, studiose quaesitus primus quaternio non potoit
inveniri. Propter quod propositi nostri est in Franciam destinare ad monasterium,
caios abbas extitit, qui eundem librum composnit, et, si recuperare potero,
transcribi facere et mittere vobis (s. Migne 182 Sp. 1048 und 185 Sp. 596).
2) Da die Citate für eine (noch fehlende) kritische Ausgabe der Theologia
des Abaelard^s wichtig sein werden and da wir, was wir von der Apologia wissen,
418 Wilhelm Meyer,
Da der Anonymus sonst seine Erörterung jedes Satzes mit
Citaten aus der Theologia Abaelard's beginnt, dann die etwaigen
Citate aus dessen Apologia giebt und dann erst seine widerlegende
Gelehrsamkeit in auctoritates und rationes ausgießt, so fehlt im
Anfange dieses Abschnittes gewiß nicht viel. Da anderseits der
hier besprochene Satz das 1. von den 18 Capitula ist und da hier
die allgemeinen Anschuldigungen des Abaelard, Bernhard habe die
(18) Capitula gefälscht, erörtert werden, was doch gewiß im An-
fange der Schrift geschehen mußte, so glaube ich folgern zu müssen,
daß im Anfang dieses 1. Buches nur Weniges fehlt: eine etwa
doppelt so lange Einleitung als sie vor dem 2. und 3. Buche steht
und nur ein kleines Stück vom Anfang des ersten Abschnittes,
so daß der quatemus, den die Mönche von Clairvaux schon im
12. Jahrhundert verloren glaubten, jedenfalls nicht ganz auf diese
Schrift zu rechnen ist. Das Schreiben des Pabstesinnocenz
n, worin Abaelard verurtheilt wird, nebst einem kurzen Zettel,
und auch manche Fragmente der Theologia nur aus diesen Citaten kennen , so
will ich die Abweichungen des Druckes (Migne 180 Sp. 288 ffi.) von der Hand-
schrift in diesen Citaten aus Abaelard oder in ihrer n&chsten Umgebung hier
notiren : 288 A intelligemus. 285 C falso finxisse. denegat sed (!) quod ; sit non
nulla potentia. 266 C illa finxisse. 287 C iustum esse : hoc est essentiae ipsum
esse. Pater; 293 B inquit dei. C dici debet (trte 11 Zeilen nachher); saepe ii.
294 B quia sp iritus dicit. 297 B Buch II beginnt Scio, pater optime H. qnam
proximum sit ; am Band steht Hugo archiep. Rothomagensis ; *quam immane quam
profundum et' hat also Tissier heim Druck zugesetzt. 299 A composita et
(= 806 A) ; converso deus. 300 D zwischen responsione und super steht ein
corrigirter Buchstabe, darüber V ; SOI A eadem trinitate. 801 B die Worte nee
aliquid temporale in illa coiistituamus esse quod scmper ibi non fuerit fehlen
mit Becht 301 C homo est non est in trin. 306 B nach in trinitate personam
folgt (richtig, wie 301 A beweist) : quod est contra catholicam fidem , sie inquiens,
'et, quia duae illae naturae non possunt aliqnid aeternum esse, cum una earnm
careat aeternitate, deus et homo non est aliqua in trinitate persona*. Buch HI
8p. 310 D excitant fehlt; mindestens erwartet man excitabunt. 811 A diligenter
expressit et; de praeposita; in hoc etiam quod. 816 D nisi quod facit nee alio
modo nee alio tempore, ridhtxgf %oit Sp, 310 D zeigt. 315 D iustum est fieri
iniustum (= Introductio). 316 A quidquam cui summa. 816 B praedictis inquit
rationibus ; modo quo facit vel illo tempore, ohne vel dimittit ; vgl. meine Noten
zum 6. Capitulum. 316 B dififusius execratur, rtcA%; denn Abaelard bekämpft
das Capitulum als gefälscht. 316 D die Wörter etiam facere fehlen. 821 D animae
mundi; in medio fehlt. 822 A lesus rex. 322 B disponit vel ille confert; 822 B
non est gratia. gratia igitur. 822 C ante qnam und possumus (= Tissier). 322 C
Uaec a Petro dicta, richtig. 324 A super hoc eum. 825 A supersit praeparatio.
Et ; 825 B Et huius catholicae, dann sie adstruit. S28 D fenrore zeli mihi ; vgl
810 D. Hieraus erhellt, dafi auch die Worte des Anonymus selbst aus dieser
in Berlin befindlichen Abschrift Tissier's vielfach Terbessert werden können.
die AnUagesfttze des h. Bernhard gegen Abaelard. 419
worin verfügt wird, daß er und Arnold von Brescia eingesperrt
und ihre Schriften verbrannt werden sollen, sind (vielleicht zu-
erst?) gedruckt in den Opera Abaelardi 1616 S. 299 ffl. (Migne
182 Sp. 3B9 und 350 Note) ; das Schreiben ist mit anderem Datum
auch von Otto von Freising, Gesta Friderici I 48, überliefert.
Die von Abaelard, wohl schon in Cluny, verfaßte Ent-
gegnung auf die gegen ihn gerichteten Capitula, die sogenannte
Confessio fidei, welche für die Ziele dieser Untersuchung
besonders wichtig ist, wurde in den Opera 1616 zwei Male ge-
druckt, nach der Vorrede und S. 330; derselbe Text findet sich
in Migne 178 Sp. 106 und bei Cousin II 719. Man hat übersehen,
daß ein abweichender Text gedruckt ist von Tissier, Bibliotheca
patrum Cisterciensium IV 1662 S. 2B8 (Migne 180 Sp. 333). Daß
dieser Text zum Theil auf guter handschriftlicher Grundlage
ruht, zeigte mir die Berliner Handschrift des 12. Jahrhunderts,
Meerman 181 Bl. 144 b und die Wiener latin. 998, 12. Jh.
Bereng'ar's stilistisch werthvolles Pamphlet gegen Bern-
hard für Abaelard, welches auch eine schöne Stelle eines Briefes
des Abaelard an Heloise mit einem Glaubensbekenntniß enthält,
der sogenante Apologeticus, an welchen sich der Brief an
den Bischof von Mende mit einem Widerruf anschließt ^ ist ge-
druckt in den Opera Abaelardi 1616 S. 302-314 (Migne 178 Sp.
1857—1874 und Cousin II 779).
Neuere Literatur. Ich nahm hauptsächlich Rücksicht
auf folgende Schriften : M a r t c n e*s Einleitung zur Ausgabe
der Theologia Christiana, Anecdota V 1139 (Migne 178, 1113).
Mabillon*s Noten in S. Bernhardi Opera, Migne 182 Sp. 349
und 1045. Charles de R^musat, Abölard I II 1845. Gold-
horn, Abaelard's dogmatische Hauptwerke, in der Zeitschrift für
historische Theologie 1866 S. 161—229. He feie, Concilienge-
schichte, 2. Aufl. V 1886 S. 451—487. S. M. Deutsch, Abae-
lard*s Verurtheilung zu Sens 1141 = Symbolae Joachimicae II
Berlin 1880 S. 1 — 54. Durch diese Untersuchungen hervorgerufen
ist y acandard, Abelard, sa lutte avec Saint Bemard, sa doctrine,
sa mithode, Paris 1881. Deutsch, Peter Abaelard , ein kri-
tischer Theologe des zwölften Jahrhunderts, Leipzig 1883. Heinrich
Denifle, die Sentenzen Abaelard's und die Bearbeitungen seiner
Theologia vor Mitte des 12. Jahrhunderts , im Archiv für Lite-
ratur und Kirchengeschichte des Mittelalters I 1885 S. 402—469
und 584 — 624. Vacandard, Vie de Saint Bernard I II Paris
1895. (A. Hausrath, Weltverbesserer im Mittelalter, I Peter
Abaelard 1893).
420 Wilhelm Meyer,
Das Jahr der Synode ron Sens und die Zelt der
Torhergehenden Streitschriften.
Die Synode begann zn Sens am Sonntag nach Pfingsten, die
öffentliche Sitzung fand am folgenden Montag statt : das ist sicher.
Allein ob dieser Montag der 3. Juni 1140 oder der 26. Mai
1141 war, darüber schwankt man seit Jahrhunderten. Deutsch,
Abaelard's Verurtheilung S. BO — B4, hat dieser Frage einen be-
sondern Abschnitt gewidmet und sich für 1141 entschieden. Ihm
war, wie bisher alle Andern, so auch Vacandard früher gefolgt;
jetzt entscheidet dieser sich für 1140 (Revue des questions historiques
1891 S. 235—245 und darnach in seinem Buche Vie de S. Bemard
n S. 145). Für beide Ansichten sind die Gründe recht schwach,
doch scheinen mir Vacandard's Gründe für 1140 etwas probabler.
Vielleicht wäre die Frage sicher zu lösen, wenn die französischen
Könige ihren Urkunden Monatsdaten beigegeben hätten. Doch
auch so möchte ich nach Ach. Luchaire, Etudes sur les Actes de
Louis VII 1885, auf Folgendes hinweisen. Ordericus Vitalis be-
richtet, daß a. 1141 *Ludovicus iuvenis Francorum rex ingentem
exercitum congregavit ac ad festivitatem S. Joannis Baptistae
(24. Juni) Tolosam obsidere perrexit'. Auf diesem Zuge wahr-
scheinlich wurden Janville (Angoulßme) Tours Poitiers , ebenso
Talmont Niort St. Jean d'Angeli berührt, freilich in welcher
Reihenfolge und ob auf dem Hin- oder Rückmarsche, das wissen
wir nicht *). Sollte der König 1141 während dieser starken Rüstungen
in Sens Reliquien betrachtet und Disputationen angehört haben?
Die Zelt der Tor^^finge ror der Synode ron Sens.
Nach den Briefen Bernhardts an Abt Wilhelm (no 327) und an
den Pabst (no 189) und nach dem Bericht des Erzbischofs von
Sens an den Pabst (no 337) haben sich die Ereignisse so ent-
wickelt : nach Ostern kommt Bernhard mit Abt Wilhelm zusammen
und verhandelt mit ihm ; Bernhard studirt Abaelard's Theologia,
die Sentenzen und Scito te ipsum (Migne 182 Sp. 353), auch andere
Schriften desselben, so die Erklärung des Römerbriefes (Sp. 1062
D und 1072 D); er findet dann Gelegenheit zwei Male mit Abae-
lard zu verhandeln und ihn zu warnen; da Abaelard widerstrebt,
so warnt Bernhard verschiedentlich die Hörer und Verehrer des
Abaelard vor dem Lehrer und seinen Lehren; das hört Abaelard
und schickt wiederholt (crebro pulsare coepit nee voluit ante de-
1) Za berücksichtigen ist noch die Urkunde für Duo, nach Luchaire, no 46,
zwischen 1. Aug. 1139 und 6. April 1140 ausgestellt; auch die 1137—1140 aus-
gestellte Urkunde no 70 ist, nach den Zeugen au schlieften, in Sens gegeben.
die Anklages&tze des h. Bernhard gegen Abaelard. 421
fiistere) an den Erzbischof von Sens das Verlangen, daß ihm Ge-
legenheit geboten werde, in öfPentlicher Versammlung dem Bern-
hard gegenüber zu treten und sich zu rechtfertigen; endlich
stimmt der Erzbischof zu und wählt hierfür den Sonntag nach
Pfingsten. Da der Termin Abaelard recht ist, lädt der Erz-
bischof Bernhard dazu ein ; Bernhard weigert sich zu kommen ;
doch da Abaelard jetzt erst recht darauf besteht und in Briefen
an seine Schüler den Bernhard schmäht, welche Briefe von Hand
zu Hand gehen , so entschließt er sich doch nach Sens zu gehen,
und schickt den Suffraganen des Erzbischofs von Sens, vielleicht
auch denen des Erzbischofs von Reims, noch schnell einen kurzen
Brief, daß sie gewiß nach Sens kommen sollten. Zum Sonntag nach
Pfingsten sind dann Alle in Sens. All diese Reisen und Verhand-
lungen, die Ausarbeitung der Briefe und deren TJeberbringung sollen
nun nach der landläufigen Ansicht in der Zeit von Ostern 1140 bis
8 Tage nach Pfingsten desselben Jahres, also in höchstens 56
Tagen sich entwickelt haben. Bei den heutigen Verkehrsmitteln
müßte man das einen raschen Geschäftsgang nennen , bei den
damaligen ist er einfach unmöglich.
Was hat diese landläufige Ansicht veranlaßt? Nur eine
Aeußerung Bernhardts in dem Briefe (no 187) , mit welchem er,
nachdem er sich entschlossen hatte doch selbst nach Sens zu gehen,
die Su£Praganbischöfe bittet, auch dahin zu kommen : Nee miremini,
quod ita de subito et in arcto temporis vos invitamus, quoniam
hoc quoque adversa pars in sua versutia et calliditate providit,
ut improvidos invaderet et congredi cogeret immunitos. Das be-
weist aber nur, '^aß zwischen der Aufforderung des Erzbischofs
nach Sens zu kommen und dem Termin selbst nur kurze Zeit lag:
immerhin noch so viel, daß Bernhard zuerst schwankte und Abae-
lard ihn höhnte, und daß dann, als Bernhard davon h()rte und
sich entschloß, er erwarten durfte, daß seine Einladungsbriefe
die Bischöfe noch in ihren verschiedenen Städten erreichten und
dieselben dann zur Reise nach Sens noch Zeit hätten. Man streiche
die hiezu unbedingt erforderliche Zahl Tage von jenen 56 ab und
sehe zu , wie man auf die übrig bleibenden Tage all die vorher-
gehenden Ereignisse vertheilen will. Mir scheint es ebenso un-
möglich, als es unnöthig ist.
Wie viel Zeit die Vorgänge vor dem Schreiben des Erzbischofs
von Sens an Bernhard in Anspruch genommen haben, darüber
haben wir absolut keine Angaben und müssen und dürfen die Zeit-
dauer nach der innem Wahrscheinlichkeit bemessen. Thun wir das,
80 wird es fast gewiß, daß jene Ostern, welche Bernhard in dem
422 Wilhelm Meyer,
Brief an Abt Wilhelm (no 327) erwähnt, nicht 56 Tage, sondern ein
gutes Jahr vor der Synode von Sens lagen. So wird Raum für
die Festsetzung und Ausführung der Zusammenkunft mit Abt
Wilhelm, für die Lesung der verschiedenen Schriften Abaelard's,
für die Reibereien mit Abaelard und seinen Schülern, für die
Verhandlungen Abaelard's mit dem Erzbischof, des Erzbischofs mit
Bernhard, für Abaelard's neue Angriffe auf Bernhard und Bern-
hardts Rundbrief an die Suffraganbischöfe.
Bei dieser Annahme wird auch eine Nebensache lichter. Bern-
hard schrieb an Abt Wilhelm (Brief 327), von Abaelard's Schreiben
und Treiben habe er bisher so gut wie nichts gewußt (herum
plurima vel paene omnia hucusque nescivi). Diese Worte hat
man ihm als Heuchelei vorgeworfen, und mit ziemlicher Berechti-
gung, wenn er sie 1140 oder gar 1141 geschrieben hat. Denn
wenn Abaelard*s Lehren wirklich Frankreich so aufregten, wie es
Bernhard' s von Sens nach Rom gesendete Briefe so lebhaft malen,
so mußte er doch auch 70 Tage vorher, nachdem er bereits V/t
oder 27« Jahre wieder in Frankreich gewesen war davon etwas
wissen; ja sogar der Brief des Abtes Wilhelm, welcher jenen Brief
Abaelard's hervorgerufen hat, schildert die Verbreitung der Lehren
Abaelard's (Migne 182 Sp. 531 BC). Nach meiner Annahme ist
. '^^^ ^ hier kein Widerspruch: Im Spätsommer 1138 kam AslN^hwi» aus
Italien zurück, wo er Größeres zu thun hatte als dogmatische
Lehrbücher zu lesen. In Frankreich nahmen ihn zunächst die
Angelegenheiten seiner Klöster in Anspruch und Händel, wie
jene um die Bischofs wählen in Langres und in Reims, welche er
mit seiner ganzen Energie betrieb. Er konnte also Ende Winter
1138/9 mit Wahrheit schreiben, daß er von Abaelard's neuen Lehren
bisher so gut wie Nichts gewußt habe.
(Die Zeit des 190. und 188. Briefes, Migne 182 Sp.
10B3— 1072 und Sp. 352/3). R^musat (Abflard 1 196 und sonst)
versuchte eine neue Ordnung der Briefe Bernhard's, wonach eine
größere Zahl derselben vor der Synode von Sens geschrieben
wäre. Aber man hat von dieser Neuordnung wohl schon genug,
wenn man hört, daß der älteste aller Briefe jener sein soll (no
330), in welchem die Wendung vorkommt *Qua mente qua con-
scientia recurris ad fidei defensorem , fidei persecutor' , welche
Wendung doch vollkommen parallel ist mit jener im 189. Briefe
^Tu, 0 successor Fetri, iudicabis, an debeat habere refugium
sedem Petri, qui Petri fidem impugnat' oder wie Berengar die
Stelle citirt *Non dcbet refugium invenire apud sedem Petri, qui
fidem impngnat Petri\ daß also Römusat den Bernhard von Abae-
die Anklagesfttze des h. Bernhard gegen Abaelard. 423
lard's Appellation sprechen läßt, ehe Abaelard selbst daran dachte.
Aber im üebrigen ist es so , wie Römnsat sagt : la plnpart des
historiens croient, que saint Bernard ne devint vraiment actif et
n'Äcrivait en cour de Rome qu'aprfes qu' Abölard eut demend^
k Hre jngö au concile de Sens.
Der größte von all den Briefen, welche Bernhard ans Sens
nach Rom gesendet haben soll , der 190. , wurde dann von Hefele
(Conciliengeschichte, 2. Aufl. des B. Bandes S. 463) so charakteri-
sirt: 'Wichtig für die Geschichte der Synode von Sens ist jenes
große Schreiben Bernhardts an den Pabst, worin das, was er
auf der Synode über Abaelard vorgetragen hatte,
zusammengestellt ist. Der Erzbischof von Sens und seine Suffra-
gane berichteten dem Pabst: Bernhard habe aus den Büchern
Abaelard's anstößige Capitula ausgehoben, verlesen und durch
Stellen Augustins und anderer Väter als irrig erwiesen. Und
gerade dies Elaborat mit einem die Briefform herstellenden
Kopfe und Schlüsse ist uns noch als ep. 190 Bernhardts erhalten*.
Diese Ansicht, welche die Neueren (auch Deutsch, Abaelard's
Verurtheilung S. 27, und Denifle, Archiv 1 695 — freilich S. 603 nur
mit *Wenn') angenommen haben, scheint mir falsch und verwirrt
die natürliche Entwicklung der Gedanken und Thatsachen.
Der 190. Brief Bernhardts behandelt zunächst 5 Spalten lang
2 Irrlehren über die'Trinität, dann 1 Spalte lang Abaelard's Defi-
nition des Glaubens; dann springt er mit *Omitto quod' über
6 Irrlehren, die nur ausgesprochen, nicht widerlegt werden; end-
lich bekämpft er 10 Spalten lang 1 Irrlehre betreffend Christi
Erlösungswerk. Das ist eine rhetorisch richtige Anlage , wie der
ganze Brief stilistisch dieses mittellateinischen Klassikers würdig
ist: im Anfang und im Schlüsse Hauptsachen, die Nebensachen in
der Mitte. Nun antwortet aber Abaelard in seiner Confessio
auf etwa 18 Anklagesätze Bernhardts: diese müssen also die offl-
ciellen gewesen sein. Von den 10 Anklagesätzen des 190. Briefes
werden in Abaelard* s Confessio 4 gar nicht berührt, also fallen
nur 6 der 10 Sätze im 190. Briefe mit den officiellen zusammen.
Aber Bemliard war ein geschäftskundiger Mann, und bei einer so
wichtigen Sache wie Anklage wegen Haeresie versteht es sich
doch von selbst, daß die Anklagesätze, jeder einzeln, gründlich be-
sprochen und widerlegt werden: 'sententias . . saepe in audientia
publica lectas et relectas et tam verissimis rationibus quam b.
Augnstini aliorumque sanctorum patrum inductis a domino Clarae-
Vallensi auctoritatibus non solum falsas sed et haereticas esse
evidentissime comprobatas* nennt sie der officielle Bericht. Ist
424 Wilhelm Meyer,
das geschehen, wenn der Vortragende von 18 Sätzen nur 4 wirk-
lich bespricht und weitere 2 nur anführt? Man sieht: der Inhalt
und die Form des 190. Briefes entspricht dem, was man von dem
Referate des Anklägers Bernhard erwarten muß, wie ein Ei dem
Vogel.
Wenn der 190. Brief die dogmatische Beilage zu dem ge-
schäftlichen Briefe 189 sein sollte, dann mußte er ferner andern
Anfang und Schluß oder gar keinen haben. Die vorhandenen
widersprechen. In 189 wird ganz sachgemäß Abaelard's und Bern-
hardts Streit berührt und auch auf Abaelard's Appellation ange-
spielt : im 190. Brief will Bernhard nur dem Pabst *referre pericula
et scandala emergentia in regno dei'; was sollen gar die Schluß-
worte: etsi non aliud quam zelum agnoscitis meum, tamen pro-
priae Interim conscientiae satisfeci. nam cum non esset quod
agerem pro iniuria fidei quam dolebam, operae mihi pretium arbi-
tror, si illum monui, qui* usw.? Schon diese Worte zeigen,
daß der 190. Brief von sich entwickelnden Irrlehren dem Pabste
die erste Kunde bringen und ihn an Vorsicht und etwaiges Ein-
schreiten mahnen will. Er muß also gewissermaßen der erste
Schritt in dieser Sache sein, nicht der letzte, d. h. der 190. Brief
muß längere Zeit vor der Synode zu Sens geschrieben sein.
Ich werde das später auch aus der Zahl und aus der Fassung der
Anklagesätze zu beweisen suchen; hier will ich nur noch auf
einen untergeordneten Punkt hinweisen. Vgl. S. 441/2.
Bernhard beginnt im 190. Briefe die Besprechung der abae-
lardschen Irrlehren betr. die Trinität mit der Wendung *ponit
in trinitate gradus, in maiestate modos, numeros in aeternitate . . .
nonne plus quam Arius hie' (Sp. 1056 A), und schließt diese Er-
örterung mit der Wendung (Sp. 1061 A) *vides,pater sancte, quas
scalas imo quae praecipitia iste sibi paraverit ad ruinam'; in der
Besprechung des Erlösungswerkes findet sich (Sp. 1071 D) die
Wendung *si hoc sapit, cum Pelagio desipit*. Das sind einzelne,
zerstreute Redeblumen, wie sie Bernhard zu Tausenden bietet.
Dagegen in dem Bündel Briefe, welches von Sens nach Rom ab-
ging, ist aus den einzelnen Blumen ein Strauß gebunden. In
nicht weniger als 4 Briefen (330 331 332 338) findet sich die
wörtlich gleiche Periode: Cum Ario gradus et scalas in trinitate
ponit, cum Pelagio liberum arbitrium gratiae praeponit, cum Ne-
storio Cliristum dividens hominem assumptum a consortio trinitatis
excludit ; in 2 andern ist die Periode etwas variirt : ep. 336 Ponit
in trinitate gradus et scalas cum Ario, praeponit gratiae liberum
arbitrium cum Pelagio , hominem assumptum a consortio trinitatis
die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Äbaelard. 425
exdadit, Chrißtum dividit cum Nestorio; ep. 192 Com de trinitate
loqnitur, sapit Arimn; cum de gratia, sapit Pelagiam; cum de
persona Christi, sapit Nestoriom. Auch hier ist klar, was Ei ist
und was Vogel.
Demnach hat Bernhard im Sommer 1139 die verschiedenen
von ihm genannten Schriften Abaelard's eingesehen; dann noch
im Laufe des Jahres zwei Rücksprachen mit Äbaelard gehabt.
Beide waren vergeblich. Deßhalb trat Bernhard mit dem 190.
Briefe •öflPentlich gegen Äbaelard auf, 1139 oder 1140. Dieser
Brief ist scheinbar an den Pabst gerichtet; in Wahrheit sollte er
die lateinische Christenheit vor Äbaelard warnen ; er ist das werth-
vollere Gegenstück zu dem Traktate des Abtes Wilhelm. Jetzt
wurde die Frage brennend. Solche leeren Stilübungen wie die
nur formell interessante Reimprosa des Hugo Metellus, ein Brief
an Äbaelard und ein anderer an den Pabst (bei Hugo, Sacrae
antiquitatis monumenta II 1731 S. 330 — 334), mögen damals noch
manche verfaßt worden sein; wären ja heute noch diese Streit-
schriften und die damit verbundenen dogmatischen und historischen
Fragen ein lehrreicher Stoff zu gemeinsamen Untersachungen eines
Meisters der theologischen Wissenschaft und tüchtiger Schüler.
Äbaelard merkte die heranziehende Gefahr und that den unklugen
Schritt, vom Erzbischof von Sens Gelegenheit zur Rechtfertigung
Äbaelard gegenüber zu verlangen, betreffs der 'dogmata sua, contra
quae ego ausus mutire fuissem*, wie Bernhard sagt.
Für die richtige Beurtheilung des großen 190. Briefes ist es
eine wichtige Frage, ob er wirklich schon längere Zeit vor der
Synode zu Sens veröffentlicht worden ist ; minder wichtig ist diese
Frage bei dem andern Brief, der hier in Betracht kommt, no 188«
Er ist an die Kardinäle gerichtet; Bernhard erinnert die Kardinäle,
daß sie über die Reinheit des Glaubens zu wachen haben, und
schildert die Angriffe auf denselben in Frankreich; besonders in
Abaelard's Theologia, Sentenzen und in dem Buche Scito te ipsum
seien die stärksten Irrlehren ausgesprochen; wenn sie seine Er-
regung für gerecht hielten, sollten sie selbst sich regen und
Äbaelard zu Schanden machen, zur heilsamen Lehre für viele
Verführte. Dieser Schluß ist zu allgemein gehalten als daß eine
bestimmte Anspielung auf Abaelard's Appellation darin gefunden
werden könnte. Während alle Briefe, welche von Sens nach Rom
gingen, 189 191 192 193 (330)') 331—336 und 338, eine Menge
1) Dieter 830. Brief Bernhardts ist ein R&thsel. Er jtimmt mit den andern
damals an römische Kardin&le geschickten Briefen 881 88S 886 888 dieilweise
426 Wilhelm Meyer,
Gredanken, Wörter und Sätze gemeinsam haben, steht dieser Brief
ganz abseits. Dagegen hat er viele Aehnlichkeit mit dem an den
Pabst gerichteten Brief 190: Die Ausdrücke surgentes, scandala,
pericala, referimns und viele andeie auffallenden Wendungen des
Eingangs (§ 1 bei Mabillon) finden sich im 190. Briefe wieder.
Deßhalb ist meine Ansicht, daß mit dem an den Pabst adressirten
190. Briefe zugleich der an die Kardinäle gerichtete 188. Brief
Ende 1139 oder Anfang 1140 nach Rom gesendet worden ist.
Die Anklagcslltze, Gapltnla.
(Nachrichten von Capitula) In den verschiedenen
Schriftstücken dieses Streites ist oft von Capitula *) die Kede.
wörtlich überein; das wäre begreiflich, da er zu gleicher Zeit an den Pabst ge-
richtet ist. Allein auch mit dem damals an den Pabst gerichteten groBen 189.
Briefe stimmt er wörtlich fiberein, noch weit mehr als mit jenen an die Kardinftle
gerichteten. Für einen Stilisten , wie Bernhard , ist es unmöglich , daB er swei
Briefe, welche so weit mit einander übereinstimmen, zu gleicher Zeit oder aucli
innerhalb des Zeitraumes von etwa einem Jahre nach Rom gerichtet hätte; Alle
hätten ihn verlacht. Der einzig neue Gedanke in no 880 *nisi me corporalis in-
firmitas impediret, quantum desiderarem videre amicum sponsi* scheint auf die
Zeit zu deuten, wo Bernhard gehört hatte, daß Abaolard persönlich nach Rom
geben wolle. Doch, wie gesagt, auch diese wenigen Wochen nach der Synode
konnte er nicht ein solches Dupplikat des 189. Briefes nach Rom schicken. DeB-
halb muB man wohl diesen Brief no. 880 für eine Schulübung oder besser mit
liefele, Conciliengeschicbte V, 2. Aufl., S. 461 für einen ersten Entwurf von
no 189 halten; bei einer Appellation nach Rom lag es ja nahe, an persönliches
Erscheinen beider Parteien in Rom zu denken. Da der Brief doch Interesse
hat, will ich eine Auswahl von Lesarten aus der um 1150 geschriebenen Berliner
Handschrift Meerman no 181 Bl. 142^ (rother Titel: Accusatio Bernardi abbatis
apud Innoceutium papam contra M. Petrum) geben: Migne 182 Sp. 586 A patri
et domino dei gratia summo pontifici Innocentio (= 169) B. Clarevall. abbas;
B iniurias suas; inter omnia; nberibus suis fovet; talibus enim et; C Absalon ger-
manitas et; nova nobis fides; sacramentis ecclesie non (= 189); praeterqoam
accepimus (= 189); D evasimus Petrum Leonis (= 189); rapiens et rugiens
(vgl. 189); 8p. 536 A sententias suas inclusit et in tutelam sui erroris (vgl. 836
888); B amicum sponsi inimice sponsi sponsae; me detineret; ego quidem allere
non potui iniurias domini, lesiones ecclesie pacientis, tu autem (vgl. Sp. 1072 D);
C abiit; pascit hedos suos (Cantic. 1,7) iusta tabernacula paatorum. Jetzt
folgt: lacinctas multa mala ostendit nobis. nee enim que voluit potoit, sed
Visus est mihi pacienter ferendus de me qui nee vestre persone nee curie pepercit
quod melius nocholaus iste mens immo et vester viva referet voce ; non solum hoc
sed et omnia cetera intimare vobis latius poterit, sicut plenius novit. Val. (vgl.
189 888 886 und oben S. 418 und 416).
1) Capitula, tituli bezeichneten eigeoUich die Inhaltsangaben der einzelnen
Abschnitte eines Buches, wie sie meistens im Anfang der Bücher zoaanunengestellt
wurden \ dann »ach die einzelnen Punkte einer Anklage.
die Anklages&tze des h. Bernhard gegen Abaelard. 427
Abt Wilhelm^nennt in seinem Begleitbriefe die 13 kurzen Sätze,
in welche er die Irrlehren aas der Theologia Abaelard's formolirt
hat capitula (Migne 182 Sp. 632 A and C: hacc sunt capitula
ex opascolis eius collecta); dagegen in seinem Traetat (Migne 180
Sp. 249 — 282) gebraucht er diesen Ausdruck nicht, auch nicht von
den längeren Auszügen aus der Theologia, in welchen er eben
jene Irrlehren ausgesprochen findet.
In seinem 190. Briefe behandelt Bernhard Irrlehren Abaelard*s,
welche er theils in kurze Sätze formulirt (Sp. 10G2A und C)
theils mit ausführlichen üitaten belegt. Am Schlüsse (Sp. 1072 C)
sagt er 'Haec . . tenetis adversus pauca quidem novae haereseos
capitula . . . Sunt et alia in aliis eius scriptis non pauca
nee minus mala capitula . . CoUegi tarnen aliqua et transmL^r.
Unter diesen alia Capitula aliqua verstehen Manche die unten
erwähnten Excerpte in 14 Abschnitten. Allein der 1., 2. und
14. Abschnitt dieser Excerpte sind von Bernhard im 190. Brief
ebenfaUs behandelt (Sp. 1058 B und 10591); 105GA ffl.; 1059 A
und lOtil A) , ja der Gegenstand des längsten Abschnitts der Ex-
cerpte, no 4 Quod Christus non assumpsit carnem ut nos a iugo
diaboli liberaret, ist ebenfalls von Bernhard nicht weniger als
10 Spalten lang (Sp. 1062—1072) behandelt : wie hätte da Bern-
hard diese 14 Abschnitte nennen können ^alia capitula, ad quae
nee temporis nee epistolae angustia respondere permittit* ? Auf 4
von jenen 14 hatte er ja selbst eben geantwortet. Vgl. S. 435.
Aus dem Codex Vaiicanus 063 gab Mabillon Excerpte ans
Abaelard*s Theologia in 14 Abschnitten, von denen der längste
1 Spalte in Migne's Ausgabe einnimmt, heraus (Migne 182 Sp. 1019,
Cousin II 765). Jeder Abschnitt hat eine besondere Inhaltsangabe;
die ganze Sammlung hat die allgemeine Ueberschrift 'Incipinnt
capitula haeresum Petri Abaelardi' (vgL Bernhardts 190. Brief
Sp. 1072 C 'novae haereseos capitula*) und die allgemeine Unter-
schrift 'Haec sunt capitula Theologiae, imo Stultilogiae P. Ab.',
die übereinstimmt mit Bernhardts 190. Brief Sp. 1061 B 'in primo
limine Theologiae vel potius Stultilogiae suae'.
Capitula spielen weiterhin eine große Rolle in den Berichten
über das Concil von Sens und nachher. lieber die Concil-
verhandlungen haben wir 3 Berichte: Bernhardts Brief an den
Pabst, no 189 (Migne 182 Sp. 356): In praesentia omnium adver-
sario staute ex adverso producta sunt quaedam capitula de
libriB eius excerpta. quae cum coepissent legi, nolens audire exi-
vit . •• Porro capitula iudicio omnium examinata inventa sunt
fidei adversantia; contraria veritati. Im Bericht an den Pabst,
428 Wilhelm Meyer,
den Bernhard im Namen des Erzbischofs von Reims nnd
seiner Suffragane verfaßte, Heißt es (191. Brief, Migne 182 Sp. 357):
Com in conspectu episcoporum super his argueret enm abbas Cla-
rae-Vallis (d. h. die Anklagesätze, die Capitnia, verlesen ließ) . .,
nee confessns est nee negavit, sed . . appellavit. £piscopi autem . .
capitula.librorum eins a sanetis (olim setjgt eu Otto von Freising
Gesta Frid, I 48) patribas condemnata (d. h. wohl, durch Beleg-
stellen ans den Kirchenvätern, besonders ans Augustin, widerlegt),
ne morbus serperet, medicinali necessitate abiudicaverunt.
Am ausführlichsten spricht von diesen Capitula (hier auch
Sententiae genannt) der trockene amtliche Bericht des Erz-
^bischofs von Sens (Migne 182 Sp. 542): Dominus abbas cum
librum Theologiae magistri Petri proferret in medium et quae
adnotaverat absurda imo haeretica plane capitula de libro eodem
proponeret, ut ea magister Petrus vel a se scripta negaret vel, si
sua fateretur, aut probaret aut corrigeret, . . Petrus Abaelardus . .
respondere noluit, sed . . appellans . . discessit . .. Caeterum
sententias pravi dogmatis ipsius, quia multos infecerant et sui
contagione adusque cordium intima penetraverant , saepe in au-
dientia publica lectas et relectas et tarn veracissimis rationibus
quam beati Augustini aliorumque sanctorum patrum inductis a
domino Clarae - Yallensi auctoritatibus non solum falsas sed et
haereticas esse evidentissime comprobatas pridie ante factam ad
vos appellationem , danmavimus. Et quia multos in errorem per-
niciosissimum et plane damnabilem pertrahunt, eas auctoritate
vestra, dilectissime domine, perpetua damnatione notari . . unani-
miter et multa precum instantia postulamus . . . Quaedam autem
de condemnatis a nobis capitulis vobis, re verende pater, con-
scripta transmisimus , ut per haec audita reUqui corpus operis
faciUus aestimetis. Ich habe hier vor danmavimus interpungirt.
Gewöhnlich verbindet man 'pridie ante factam ad vos appellatio-
nem* mit 'danmavimus* und nicht mit 'comprobatas'. Doch 'in
audientia publica lectas et relectas' kann sich nur auf die ge-
schilderte Hauptsitzung am Montag beziehen, und es entstünde so
der unsinnige Satz 'die am Montag wiederholt verlesenen (und
besprochenen) und von Bernhard widerlegten Sätze Abaelards
haben wir am vorangehenden Sonntage verdammt'. Die Worte
'pridie ante . . appellationem' mögen, wie Deutsch meint, nach-
träglich eingeflickt sein und in Etwas die Construction erschweren,
aber einen Sinn müssen sie doch geben wollen, nemlich 'Ob Abae-
lard ein Haeretiker sei und ob er jene Sätze wirklich aufgestellt
habe, das haben wir nach seiner Appellation nicht weiter anter-
die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 429
socht und beurtheilt ; dagegen die formnlirten Sätze , d, h. eben
jene Capitula aus der Theologia, welche in der vorläufigen Be-
sprechung der Kirchenfürsten am Sonntage Abaelard eingehend
besprochen und widerlegt hatte, haben wir am Montage nach ein-
gelegter Appellation an und für sich, ohne Rücksicht auf die
Person ihres Urhebers, zu wiederholten Malen verlesen lassen, be-
sprochen und verdammt' ^). So stimmen die 3 Berichte zusammen.
Auffallend bleibt, daß die Theilnehmer des Concils nur 'quaedam
de condemnatis capitulis* und nicht die vollständige Liste an den
Pabst übersenden, obwohl sie verlangen, daß der Pabst alle ver-
dammen soll (eas auctoritate vestra . . perpetua damnatione notari) ;
freilich verlangen sie auch, daß der Pabst Abaelard's *libro8
perverso sine dubio dogmate respersos condemnarct\ und in diesen
sind ja alle Capitula zu suchen.
Der Pabst spricht in seiner Antwort (Migne 182 Sp. 361)
von den ^missis a vestra fraternitate nobis errorum capitulis'
und erklärt ^destinata nobis a vestra discretione capitula et
universa ipsius Petri perversa dogmata sanctorum canonum aucto-
ritate cum suo auctore damna\amus*.
Eine so bedeutende Rolle haben diese Capitula in dem Prozeß
gegen Abaelard gespielt. Allein sie haben noch weiter gewirkt.
Im Verlaufe des Streites schrieb Abaelard seine Apologia,
*quam contra abbatem (Bernhard) dirigit'. Wir haben leider nur
den Anfang bei Otto von Freising (Gesta Friderici 1 41)) und
etliche Fragmente bei dem Anonymus (Migne IS) Sp, 283 ; oben S.
417), der gegen dieselben schrieb. Abaelard griff darin den Bernhard
'quem criminatorem suuiii appellat' (Sp. 280 B) heftig an. Werden
aber Bernhardts Anklagen genannt, so wird das Wort Icapitu-
lum' gebraucht: allgemein Sp. 286 4nvehitur pro capitulis bis
velut ab eo iactis . . in abbatem' und Sp. 286 C *capitula illa (ab-
batem selzt der Herausgeber su) finxisse commemorat'. Dann ein-
zeln Sp. 285 J) in Apologia . . super hoc capitulum ita dicit fpatri
omnipotentia , iilio quaedam potentia, spiritui s. nulla potentiaj.
Sp. 3U0D in Apologetico suo responsione sua (die Abschrift hat
statt sua einen tmdetitlichen corrigirtcn Buchstaben , darüber V: vicU-
leicht quinta?) super hoc capitulum furiis exagitatus Petrus insanit
et sie nimis intemperanter invehitur in hominem dei, ut non eum
loqui quae loquitur, sed per eum Satanam qui transformat se in
1) Deauch, welcher *pridie ante . . appellationem* mit damaavimas verbindet,
qa< sich S. 86 mit audientia publica und muB schlimme Erfahrungen des Erz-
bischofs von Sens mit einer nicht beachteten Appellation beiziehen, um die Worte
erklären zu können.
E|L Om. d. WiM. MachricUM. PkUolof .-kifior. kUm. 189S. B«A 4. 29
430 Wilhelm Meyer,
angcinm lucis asseveret. ibi post venerabilis abbatis exprobratio-
nem . . *Cuin me arguis' inquit *qtiod non dico quia deus et homo
una sunt in trinitate persona, patenter te id sentire profiteris • /.
Bernhard hatte also nicht seine eigene Ansicht ausgesprochen,
sondern nur in Kürze Abaelard's Ansicht formulirt; damit argu-
mentirt (patenter ostendis) dann Abaelard. Sp. 316 B In Apo-
logia sua . . diligentiore tractatu et quasi viribus in unum coUectis
hoc eapitulum ceteris difFusius exequitur' (si deus id solum facere
potest quod eum facere seu velle convenit, profecto id solum
facere atque velle facere potest, quod quandoque facit etc.).
Es ist wahr, von diesen 3 Capitula wird das 1. in den Excerpten
§ 1 wenigstens berührt, das 2. und 3. im § 5 und § 3 behandelt;
damit ist aber nicht bewiesen, daß diese von Abaelard in der
Apologia bekämpften Capitula des Bernhard mit den Excerpta
zusammen fallen ; denn dieselben Capitula finden sich auch in einer
andern Sammlung.
Berengar läßt in dem Apologeticus den Bernhard sich
rühmen *Nonne caute consulteque egi quod foedum illud sacrile-
gumque dogma manuali quodam indiculo complosi, ne scilicet
breviter volentibus attingere summam rei onerosum esset ire per
spatiosos saltus voluminum Abaelardi?', und antwortet ihm *In-
diculum vidimus, in quo non Petri dogmata, sed nefandi com-
menti capitula legimus, Quod scilicet pater sit omnipotentia
filius quaedam potentia spiritus sanctus nuUa potentia {folgen noch
4 solche kurzen Sätze mit quod). Haec et alia indiculus tuus con-
tinet, quorum quaedam, fateor, Petrus et dixit et scripsit, quaedam
vero neque protulit neque scripsit*. Später bekennt er *Nolui esse
patronus ^capitulorum obiectorum Abaelardo'. Auch hieraus
erhellt, daß diese dem Bernhard zugeschriebenen Capitula nicht
bloße Auszüge nach Art der Excerpta waren (denn welcher Ver-
nünftige konnte deren Echtheit leugnen?), sondern neu formulirte
kurze Anklagesätze, wie die B citirten, welche Sätze so zusammen-
gestellt waren, daß sie rasch einen Ueberblick über Abaelard^s
Irrlehren gaben.
Otto von Freising berichtet in den Gesta Friederici
(I 47 — 49) von dem Streite Bernhardts und Abaelard's und gibt
das Schreiben des Erzbischofs von Reims an den Pabst (= 191.
Brief des Bernhard) und das verurtheilende Schreiben des Pabstes
mit den oben mitgetheilten Erwähnungen der Capitula. Dann
(Cap. 49) folgt Tetrus . . ad Cluniacense coenobium se contulit
apologeticum scribens et praedictorum capitulorum partim
verba, ex toto autem sensum negans . .. Haec aatem paaca de
die AnklagGS&tzo des h. ßernhard gegen Abnelard. 431
multis contra eum posita sufficiant capitula. Folgen 5 kurze
Sätze, die alle mit ^Quod' beginnen.
Der Hauptzeuge ist natürlich Abaelard selbst; der Ange-
klagte muß ja am besten wissen, wessen und wie er angeklagt
ist. Seine letzte Schrift in diesem Streite, die Confessio fidei
(Migne 180 Sp. 105 — 108), ist ganz und gar nur die Antwort auf
'conscriptis contra eum capitulis'. In 17 Abschnitten antwortet
er auf die einzelnen Capitula und führt das erste und das letzte
Capitulum und die Unterschrift wörtlich an. Auch diese Capitula
können nicht jenen Excerpten in 14 Abschnitten gleich oder ähn-
lich gewesen sein, sondern sie müssen von Andern formulirte
kurze Sätze gewesen sein, so daß ebondeßhalb Abaelard sie zum
Theil ableugnen konnte. Die echte Sammlung der Capitula aber
muß jedenfalls zu den Antworten passen, welche Abaelard in
dieser Confessio fidei gegeben hat.
Die echten Capitula.
Die lateinische Pariser Handschrift 15139 (St. Victor 813,
olim St. Victor 1107), welche ich im Sommer 18i)8 dank der Güte
der französischen Behörden in Göttingen für die Geschichte des
Motetts studiren konnte, ist eine Sammelhandsehrift ; doch waren
die verschiedenen Stücke schon im 15. .Jahrhundert zusammen-
gebunden *). Das letzte Stück dieser Handschrift , die 4 Blätter
1) Die für die klassiscben Philologen wichtige erste Hälfte dieser SammeU
handschrift ist nicht mehr im liande und muß, da der Hand alt ist, schon vor
Jalirhunderten abgetrennt worden sein. Die vollständige Handschrift gehörte
einem Manne des 15. Jahrhunderts, welcher sich auf dem Vorsetzblatte, dann
auf Bl. 199 und 290^ nennt: Chilz liures est Jaque Bauchat sergant darmez da
Roi et est se residence Saint Quentin en Vermendos. Bl. 254^ oben nennt sich
ischus liures est Ihohan Dupont (ein magister der Sorbounc Joh. Diipont kommt
vor). Die 2 Vorsetzblätter erhalten ein doppeltes im 15. Jahrhundert geschrie-
benes Inhaltsverzeichniß , aus dem ich die Beschreibung der abgotrennton ersten
Hälfte hierher setze, damit diese werthvollen Stücke, welche wohl ebenso wie die
hier erhaltenen (Bl. 176--S05) im 12./13. Jahrhundert geschrieben waren, ent-
weder im Original oder in direkten Abschriften leichter ermittelt werden können:
Ovidii de vetula libri tres: primus 1 (d.h. auf dem 1. Blatt beginnend), se-
cundus 14, tercius 25. Expositiones quedam trium librorum predictorum 87.
Liber eiosdem Ovidii de amoribus sive de sine titulo, cuius sunt tres libri
parciales: primos 47, secundus 66, tercius 65. £iasdcm Ovidii de remedio
amori8 75, de pulice 85. Eiusdem über fastorum b:3. Liber Calphurnii
Bucolicoram 150. Tüll ins de orature 168. Der erhaltene Theil beginnt mit
Bl. 176 ood schließt mit 805. Der Anfang Bl. 176 ist weder Cicero de oratore
noch de inveatione, was eine neuere Hand beigeschrieben hat, sondern der An clor
ad Hereoniam von Boch IV § 17 *in sermone cousuetudine* an bis lam
29 ♦
432 Wilhelm Mcyef ,
in 8^, 302 — 305 ; interessirten mich als Palaeographen wegen ihrer
littera minutissima ; sie sind beschrieben im Schlüsse des 12. Jahr-
hunderts. Die erste Spalte des Blattes 302 beginnt *In Christo
secundum hominem due dignitates enituerunt quae causa nostrae
salutis extiterunt, dignitas regalis et dignitas sacerdotalis. £x
eo quod rex erat cum diabolo pugnans triumphavit'. Bald nach-
her : dicamus tarnen pater est iustitia filius sapientia spiritus sanctus
misericordia; dann entwickelt sich ein Gespräch der Misericordia
und Iustitia ) an dem sich auch die Sapientia betheiligt. In der
Mitte der 2. Spalte des Blattes 304 schließen die Worte: Ergo
nee humilitatis exempla nee caritatis insignia preter redemptionis
sacramentum sunt aliquid. Dann folgt das nachher zu be-
sprechende Stück. Die Rückseite , d. h. die 3. Spalte , des
Blattes 304 beginnt: Magnum est homini seculari mundas habere
manus, weiterhin ist die Rede von geistiger immunditia und mit
dem Ende der 2. Spalte des Blattes 305 endet die Thätigkeit
dieses Schreibers. Was er geschrieben, rührt wohl von französi-
schen Theologen des 12. Jahrhunderts her.
Die untere Hälfte der 2. Spalte des 304. Blattes enthält in
30 Zeilen, die alle 30 zusammen einen üaum von nur 7 Centimeter
Höhe einnehmen, 17 Absätze, von denen jeder in neuer Zeile mit
*Quod' beginnt, und darüber die Worte: Haec capitula partim in
libro theologiae partim in libro Sententiarum magistri Petri partim
in libro cuius titulus est Scito te ipsiun reperta sunt.
Natürlich dachte ich, als ich diese Ueberschrift las, an den
Magister Sententiarum, den Petrus Lombardus; allein der merk-
würdige Inhalt einzelner der folgenden Sätze machte mich stutzig.
Endlich kam ich auf den früheren Magister Petrus (vgl. Denifle
im Archiv f. Litt. u. Kirchengeschichte 1 609), den Petrus Abae-
lardus und fand, daß dies genau die Capitula sind, gegen weiche
er in derConfessio fidei sich vertheidigt. Damit war die
Wichtigkeit dieses kleinen Stückes sicher gestellt. Nun ging ich
Schlüsse des 5. Baches. Die *pulchra dicta super domiuicam orationem' etc.
bl 247 sind keine ^commentaires', sondern Tropi, von denen ich in den Göttiuger
Nachrichten la9d (Der Ursprung des Motetts) ö. 116 oben einige Proben gegeben
habe. Bl. 254 folgen die Motetten und Aebnliches, worüber Coussemaker, Uistoire
de riiarmonie S. 259 gehandelt hat und aus denen ich in den Guttingor Nach-
richten S. 138 2 zweistimmige, am 29. Nov. 1244, dem Jahrestage der Krönung
Ludwigs des Frommen, gesungene Cantaten veröffentlicht habe (ich hätte dabei
notiren sollen, dai die Worte S. 138 *Francie donat regibus . . oleum leticie pre
suis consortibus* genoounen sind aus Psalm 44, 8 unxit te deus tuus oleo iaetitiaa
prae consortibus tuis).
die Anklages&tze des h. Bernhard gegen Abaelard. 433
weiter; dabei stieß ich in der älteren Literatur über Abaelard
öfter auf die Erwähnung von '17 Capitula'; die Spuren führten
endlich zur Ausgabe der Opera Petri Abaelardi von 1616, welcher
vorangeht eine Apologetica praefatio pro Petro Abaelardo . . per
Franc. Amboesium. Daselbst Bl. bll sagt Amboise: *Capitula
haereseon . . in quodam ms. reperi . . bona fide transscribenda
curavi' ; dann folgen 17 Capitula. Diese Stelle ist mit der ganzen
Praefatio des Amboise wieder gedruckt bei Migne Patrologia lat.
178 Sp. 79.
Und doch wissen die neueren Gelehrten Nichts von diesen
Capitula und meinen, entweder die 14 Abschnitte der Excerpta
seien darunter zu verstehen oder sie erklären dieselben für ver-
loren. Wie konnte das geschehen? Nach meiner Ansicht ist
Mabillon daran schuld. In der Uebersicht über die Geschichte
Abaelard's, welche er in der Note zum 187. Briefe des h. Bern-
hard gibt (Migne 182 Sp. 350), sagte er a. 1690: Extant inter
opera Abaelardi 17 errorum articuli, quos a synodo ad Innocen-
tium missos testatur codex manuscriptus Paracletensis illic cita-
tus *) : sed cum eos in ipsa Bernardi epistola 190 et in epistola
Guillelmi hie 390 (Migne 180 Sp. 249 oder 182 Sp. 531) habeamus
fere omnes, haud necesse est hoc in loco illos attexere. Prae-
ferenda sunt capitula, quae ex codice Vaticano infra referimus
(d. h. die 14 Abschnitte Excerpte , Migne 180 Sp. 1049). Dies
flüchtige und falsche ITrtheil Mabillon's hat die 17 Capitula in
1) Mabillon meint damit wohl die Ädmonitio, welche in Amboise's Aasgabe
auf S. 276 dem 189. Briefe, dem Berichte Bernhardts über die Synode in Sens,
Yon Amboise angehängt ist: Praecedenti epistolae adhaerebant, non in editis sed
in mss. codicibns, Capitula quaedam contra Petrum Abaelardum posita et Inno-
centio summo pontifici missa. Verum quia nulla eorum aut pene nulla in omnibus
ipsius Abaelardi scriptis quae nunc damus reperiri qui?is facillime iudicabit . .,
propterea omittendam hie eorum relationem haud inconveniens iudicavimus. Alio-
quin et quae fuerint subsequens S. Bernardi ad Innocentium epistola (190. Brief)
et, utrum vera, Confessio fidei quam pro sua defensione cooscripsit Petrus satis
indicabunt. Allerdings ist hier nicht die Rede von einem codex Paracletensis,
aber einerseits widerspricht sich Amboise selbst, der hier die Capitula in mehre-
ren Handschriften gefunden und doch sie weggelassen, in der Praefatio apologe-
tica aber sie ex quodam codice abgeschrieben haben will, anderseits ist die Weg-
lassung der Capitula von Mabillon offenbar nach den obigen Worten des Amboise
begründet. Jedenfalls sollten die betreffenden Briefe Bernhardts und des Pabstes
Innocens in einer Anzahl Handschriften eingesehen worden , damit vielleicht das
Datum der Verdammungsbulle des Pabstes (oben S. 414) festgestellt wird, viel-
leicht auch noch weitere Abschriften dieser Capitula gefunden werden. Das Stück
ist ja von der Art, daB es entweder schon bei der Beschreibung einer Handschrift
oder beim Anfertigen dos Index leicht unter den Tisch fi&lh.
434 Wilhelm Meyer,
Vergessenheit gebracht. Die meisten neuern Gelehrten kennen
sie überhaupt nicht, Andere gleiten Mabillon zu Liebe mit Eleganz
von den 17 Capitula zu den 14, wie Charles de R^musat (Ab^lard
I 214, während er in seinem Drama *Abaelard' 1877 S. 400 8 Ca-
pitula von den 17 declamiren läßt) und Vacandard (Vie de Saint
Bernard I 147 und 149). Ich gebe hier den Text der 18 Capitula,
so gut ich ihn mit meinen Hilfsmitteln herstellen kann.
Handschriften der 18 Capitula habe ich bis jetzt
folgende zusammen gebracht: P selbständig und vollständig in
der beschriebenen Pariser Handschrift 15139 Bl. 304 ; hier ist die
Unterschrift Ueberschrift und es fehlt das 7. Cap. M und K :
selbständig aber unvollständig; die Unterschrift fehlt ganz, da-
gegen ist darüber gesetzt *He sunt hereses Petri Abaelardi (Bay-
lardi paucc de multis K). In M (München clm 22271, Windberg
71, 12 Jh.) , einer großen Sammlung von Briefen Bernhardts *),
sind uns angehende Stücke eingesetzt : Bl. 26 a der Anfang des
190 Briefs , bis 'nullam potentiam (Migne 182 , 10B6 A). Bl. 93 b
no 189, Bl. 95 b no 194 (Innocenz 11 großer Brief). Bl. 96 b Inno-
cenz n kleiner Brief (Migne 182, 350 Note ; H. Senonensi, Samsoni
Remensi ; Data lateranis XVII Kl. Augusti ; die Nachschrift fehlt) ;
Bl. 97 a an A. Treverorum archiep. Bl. 97 b He sunt hereses Petri
Abailardi, dann die 18 Capitula; nach dem 2. eingeschoben 'Quod
Spiritus sanctus sit anima mundi'. K = Wien lat. 998 (Theol.
329 , genau beschrieben bei Denis , Codices theol. I 1793 S. 616)
12. Jh. (nicht 13.): Bl. 161 und 176 Abaelard's Confessio. Bl. 173 a
He sunt hereses Petri Baylardi pauce de multis ; die 18 Capitula,
ohne den Einschub nach dem 2. Kapitel. Es schließen sich an:
Bl. 173. b. Bernhardts 189. Brief und der große des Innocenz 11
(Brief 194) ^Data lat. XVH K. Aug.' «).
1) Aehnliche Sammlangen, fast alle aus dem 12. Jb., nennt der alte Hand-
schriftcncatalog der Departementalbibliotheken : Bd. I Laon no 167; U Troyes
no 45 580 1878; III Saint-Omer 137 and 146; IV Arras 70 and 585; Boulogne
76; V Charleville 189; (Douai no 857 eine nocb nicbt b e n ft t z t e Handschrift
der Introductio und von Sic et oon); VI Douai 372 Vol. II. Dann nach dem
neuen Ilandscbriftencatalog der Departementalbibliotheken, Band V Dijoo 190,
VII Grenoble 212. Wohl in all diesen Handschriften steht das selbständige
Stück 'He sunt hereses Petri Ab.' ohne die Unterschrift.
2) Am Hinterdcckel der Wiener Handschrift steht außer der Notis Iste über
pertinet ad S. Mariam Kotewic* (Göttweih) noch ebenfalls im 12. Jh. geschrieben:
Petros Abaielardus in Theologia sua: Predestinatio ut diximus de bonis
tantum est. Quod enim dicit Augustinus et de malis esse, ibi predestinationem
pro prescientia accepit. £st autem predestinatio gratie preparatio. Non (nam ?)
incipit ab ipso primo donorom gratiae (gre) et per successionem diTersonun do-
die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 435
V und W. Sammlung von 5 Briefen: no 191. 189 188 190
und 194') (Innocenz II in V datirt: Laterani XVII kal. aprilis,
in W ohne Datum) : V = Valenciennes (nach dem Handschriften-
catalog der Departementsbibliotheken Bd. 25) no 40 (34), 12. Jh. BL
112 b ffl. ; ich verdanke genauere Nachricht und Abschrift der Güte
des Vorstandes M. Lecat. W = München clm. 22299 (Windberg
99) 12 Jh. BL 1—52. Der 190. Brief ist in diesen Handschriften
vollständig; an seine Schlußworte *collegi tarnen aliqua et trans-
misi' schließt unmittelbar (V BL 121b, W BL 47 a): Ad capitala
tantummodo illa (ista W) respondimus , que signo tali jr {$0 V ;
andere Zeichen hat W) notata sunt. Es folgen die 18 Capitula
vollständig mit der Unterschrift; doch ist nach dem 2. einge-
schoben 'Quod spirtus sanctus sit anima mündig und no 7, das ja
in P ganz fehlt, steht hier zwischen no 16 und 17; nach dem 18.
steht die ganze Unterschrift. Das Zeichen ^ steht in V nur vor
Cap. 12 3 und 13, richtig, da von den 18 Capitula nur diese 4 von
Bernhard im 190. Brief ausführlich wiederlcgt sind ; in W steht
thörichter Weise vor jedem Capitulum ein solches Zeichen. Sogar
vor der Unterschrift *Hec capitula^ etc. stand in W dieses Zeichen ;
das ist aber dann getilgt und ganz geschickt durch ^Bernhardus'
ersetzt. Die Anschiebung der 18 Capitula an den 190. Brief und
der Zusatz ^Ad capitula tantummodo illa respondimus que signo
tali 4r notata sunt' ist die Fälschung eines gelehrten Lesers,
die freilich nicht sehr glücklich ist; denn von den 8 Capitula,
welche auch der 190. Brief aufführt, haben 6 andere Fassung.
noram deinde collatorum usqne ad finem procedit. Sic igitar fit temporal iter
ista preparatio. Si vero predestinatio ab eterno dicatur sicut Providentia vel dis-
positio, ut cum dicimus ^deus ab eterno predestinavit hunc ad vitam\ tale est ac
ri dicatur 'ab eterno providit, qaod huic aliquod bonum daret per quod salvaretur'.
Der Ueberrest der Tbeologia, die sogenannte Introductio ad tbeologiam, bricht
in dem Kapitel de sapientia ab, zn der die praedestinatio gehurt; unsere Stelle
findet sich also darin nicht mehr. Allein sie stammt daraus ; denn in dem Auszug
der Theologia, in der fälschlich sogenannten Epitome Theologiae Christianae
stehen im Schlüsse des 21. Kapitels f^ist genau dieselben Worte, nur etwas ge-
ändert (preparatio. Incipit ab ipso donorum genere et p. s. divinorum donorum).
Ein neuer Beweis, daB diese Sentenzen wirklich aus einem Werke Abaelard*8
ausgezogen sind und daB dieses wirklich Theologia betitelt war.
1) Die Handschriften in Bordeaux 181 und in Cambrai 262, Band 6 und
Band 17 des neuen Handschriftencatalogs der Departementalbibliotheken, scheinen
ihnliche Gruppen von Briefen zu enthalten ; nach dem 5. Band des alten Catalogs
der Departementalbibliotheken enthält Charleville no 67 auBer den Tractaten
des Abtes Wilhelm gegen Abaelard und gegen Wilhelm de Conchis 'aliquot epis-
tolaa Bernardi ad Innocentium et lunocentii ad Bernardum*. Ob hier überall die
18 Capitula an den 190. Brief angeflickt sind V
436 Wilhelm Meyer,
Dann wäre es selbst eines schlechten Stilisten unwürdig zu sagen,
*diese Capitula habe ich widerlegt; es gibt aber noch andere,
schlimme, die ich jetzt nicht widerlegen kann ; ich nenne sie nur\
und dann unter die neuen gemengt jene andern, bereits früher
widerlegten oder genannten alle noch einmal aufzuzählen. Endlich
hat der Fälscher ^respondimus' geschrieben , während der humilis
servns dei oder puer den pluralis maiestatis, so viel ich sehe, in
seinen Briefen nicht anwendet, sicher nicht im 190. Briefe.
(A) Amboise druckt die Capitula in seiner Praefatio ex *quo-
dam ms.'. S. 276 sagt er, er habe dieselben nach dem 189. Briefe
*in codicibus' gefunden. Ob er die Unterschrift gesehen oder nur
in der Confessio gelesen hat, ist unsicher.
(1) Quod pater sit plena potentia, filius quaedam potentia,
Spiritus sanctus nulla potentia.
(2) Quod Spiritus sanctus non sit de substantia patris
aut filii*).
(3) Quod Christus non assumpsit carnem, ut nos a iugo diaboli
liberaret.
(4) Quod neque deus et homo neque haec persona qqae Christus
est sit tertia persona in trinitate.
(B) Quod liberum arbitrium per se sufficiat (sufficit A) ad
aliquod bonum (donum P).
(6) Quod ea solummodo possit deus facere vel dimittere vel
eo modo tantum vel eo tempore quo facit, non alio (et non alio A).
(7) Quod deus nee (non K) debeat nee possit (po. nee de. A).
mala (malum M) impedire (das ganee Capüulum fehlt in P, sieht
in YW nach dem 16,).
(8) Quod non contraximus culpam ex Adam sed poenam tantum.
(9) Quod non peccaverunt qui Christum ignorantes {die Ex-
cerpta und Otto van Freising ignoranter , per ignorantiam Pj
crucifixerunt , et Quod non sit culpae ascribendum (non culpae
adsc. est A) quicquid fit per ignorantiam.
(10) Quod in Christo non fuerit Spiritus timoris domini.
(11) Quod potestas ligandi atque solvendi apostolis tantum
data sit , non etiam successoribus eornm (et n. et. eorum su. W,
non SU. A, et non su. eo. K, nee et. su. eo. M).
(12) Quod propter opera nee melier nee peior efficiatur homo.
(13) Quod ad patrem, qui (quia M) ab alio (animo A) non est.
1) Hier folgt in V W M (nicht in P K A und Confessio) : Qaod spiritus sanctas
Sit anima mondi. Vgl. Anhang no. 4.
die ADklages&tze des h. Bernhard gegen Abaelard. 437
proprie vel specialiter attineat omnipotentia (operatio A), non etiam
(etiam et W) sapientia et benignitas.
(14) Quod etiam {fehlt in P) castus timor excladatnr (exclu-
ditur K). a fatura vita (das Capitulum fehlt bei A).
(15) Quod diabolus immittat suggestiones (malas P) per appo-
sitionem (appositiones P , Operationen! A) lapidum sive (vel K A)
herbarum.
(16) Quod adventus in fine seculi possit attribui patri.
(17) Quod anima Christi per se non descendit (descenderit K)
ad inferos, sed per potentiam tantum.
(18) Quod neque opus neque voluntas neque coneupiscentia
neque delectatio quae (quae KM cum A, fehlt VWP) movet eam
peecatum sit (eam mo. sit p. M), ncc debemus eam velle (eam velle
fehlt K) extingui.
Haec capitula partim in libro Theologiae partim in libro Sen-
tentiarum magistri Petri partim in libro cuius titulus est Scito
te ipsum reperta sunt (so VWP; das Stüch fehlt in KM)*).
Entstehnng und Terbreltnng der 18 Capltnla.
Schon die Thatsache, daß Abaelard in der Confessio auf diese
Sammlung von Capitula geantwortet hat, genügt, um die Autorität
derselben festzustellen. Doch will ich einige Ausführungen bei-
geben, damit künftige Forscher sicherer weiter gehen können.
Es ist philologische Kleinarbeit, allein wie von Irrthümern so gilt
auch von Erkenntnissen, daß kleine oft zu großen führen. Es
handelt sich zunächst darum, die Entstehung dieser 18 Capitula
1) Diese Worte sind in P üeberschrift. Amboise druckt keine üeber* oder
Unterschrift; allein er bemerkt, diese capitula seien Weperia^ si credere fas est,
partim in libro Theologiae partim in libro SentetUiarum partim in libro cui titulus
est Scito te ipsum\ In dem Exemplar, das Abaelard vor Augen hatte, standen
diese Worte wie in V und W am Schluß; denn in der Confessio sagt er: Quod
autem capitula contra me scripta tali fine amicus noster concluserit ut' diceret'
Haec autem' capitula partim in libro Theologiae magistri' Petri'»
partim in libro Sententiarum eiusdem*, partim in libro
cuius' titulus est' *Scito te ipsum', reperta' sunt*, non sine ad-
miratione maxima suscepi', cum nusquam' liber* aliquts\ qui Sententiarum dicatur,
a me scriptus repperiatur'. Sed sicut cetera contra me capitula, ita et hoc
quoque vel' per malitiam vel* per' igoorantiam prolatum est'. 'dicens K,
Wiener tat, Handschrift 998 lil, 176 b ^ fehlt in T, Tissier's Bibliotheca p, Cist.
*fehlt in T ^fthlt in H, berliner Handschrift Meerman 181 Bl 146 b, eiusdem ipsius
K »cui T '/VÄ/t T 'inveniuntur K 'recepi K 'numquam V, die gewöhnlichen Drucke^
und T 'aL li. T 'repperitur B ^ehlt VT *et T ^fehlt VT fehlt T.
438 Wilhelm Meyer,
nachzuweisen. Deßhalb bespreche ich zuerst die Schriften, in
welchen Capitula erwähnt werden, und gebe dann über die ein-
zelnen Capitula, was ich habe.
Ich glaube auch hier zu erkennen, wie Bernhard seinem oben
(S. 410) dargelegten Mißtrauen gegen sich selbst auch hier fol-
gend, zu der schwierigen, aber wichtigen Formulirung dieser An-
klagesätze die Vor- und Mitarbeit seiner Genossen gewissenhaft
benützt hat. Das mag ein einfaches Beispiel lehren. Das achte
Capitulum liegt uns in verschiedenen Fassungen vor:
1) Dicit etiam: ab Adam originalis peccati trahere nos poe-
nam, non culpam.
2) Quod ab Adam non trahimus originalis peccati culpam, sed
poenam.
3) Quod non contraximus ex Adam culpam, sed poenam.
4) Quod non contraximus culpam ex Adam, sed poenam tantum.
5) Ex Adam . . tam culpam quam poenam nos contraxisse
assero . . .
No 1 will also die Worte Abaelard's geben; zu no 3 werden
Belegstellen aus Abaelard angeführt, deren Wortlaut aber soweit
abweicht, daß er auf die Umgestaltung dieses Satzes keinen Ein-
fluß ausgeübt haben kann. Es liegen ofl^enbar in no 2 — 5 rein
stilistische Correcturen von no 1 vor : a b A d a m in no. 1 und 2
wird zu ex Adam in no 3 45; originalis peccati in no 1
und 2 wird in 3 4 5 weggelassen; das Praesens trahere tra-
himus wird zum Perfect des Compositums in no346 contraxi-
mus contraxisse; Poenam, non culpam von no 1 wird in
no 2 und 3 zu non . . culpam, sed poenam, in no 4 non . .
culpam, sed poenam tantum, in no 5 tam culpam quam
poenam. Der Stammbaum und die zeitliche Folge liegt klar.
Wo stehen nun diese Sätze? No 1 steht in des Abt Wilhelm's
Tractat^) (Migne 180 Sp. 281 D, 11. Abschnitt); no 2 in Abt
Wilhelm's Begleitbrief zum Tractat (Migne 182 Sp. 532 C, 11. Ca-
pitulum); no 3 ist die Ueberschrift über dem 8. Abschnitt der
Excerpte (Migne 182 Sp. 1052); no. 4 ist unser 8. Capitulum;
no 5 ist ein Stück aus Abaelard's Confessio: Ex Adam, in quo
omnes peccavimus, tam culpam quam penam nos contraxisse assero,
1) Woher Abt Wilhelm dies Gitat genommen hat, ist nicht gesagt. Die Be-
legstellen des Excerptor's (8. Abschnitt) und die von Neuern, Denifle im Archiv
I 457 und GietI zu Rolands Sentenzen S. 132, angeführten Abaelardstellen haben
andern Wortlaut. Also müssen wir Wilhelm's Angabe folgen, daB er all seine
Sätze ans der Theologia, also diesen aus dem jetzt verlorenen Theile, genom-
men habe.
die Anklages&tte des h. Bernhard gegen Abaelard 439
qaia illias peccatmn nostromm qnoqne peccatoram omnitim origo
extitit atqne cansa (nos fehlt in der berliner Handschrift ; Tissier's
Handschrift hatte *no. om. pe.' ohne *quoque').
(Die Capitula in Walther*s, Bischof von Laon, Brief
an Abaelard) Walther' s Brief (Dacherii Spicileginm 11 473
bis 479) steht im Ganzen außerhalb der Entwicklung des Streites,
da er nur die pars prima der Theologia kennt und in der Haupt-
sache auf Aussagen von Schülern oder mündliche Ausspräche
Abaelard's sich beruft; so wird der am breitesten (S. 475—478)
behandelte Satz, ob summa et plena trinitatis notitia ad hanc vitam
temporalem pertinet, dann der aus Abaelard's Mund vernommene
Satz (S. 479) ^quod deus essentialitcr non sit in mundo vel alibi et
quod angeli et animae nusquam sint', in den spätem Streitschriften
kaum berührt. Aber beachtet scheint Walther* s Brief doch zu
sein. Denn S. 474 wird mit 'maiorcm omnipotentiam esse patris
et filii minorem videmini affirmare' ein wichtiges Stück vorbereitet
zu der Fassung des 1. Capitulums, die dann in Abt Wilhelm*s Be-
gleitbrief als 3. Capitulum auftritt. Ebenda ist die Aeußerung
Abaelard* 8 schon citirt, aus der dann in den Excerpten als Ueber-
schrift des 14. Abschnitts das 13. Capitulum formulirt wird. Ebenso
sind die 2 mündlich dem Walther zugetragenen Sätze (S. 479) : quod
Christus praedicando laborando ad extremum moriendo nihil mer-
nerit und quod nemo propter opera sua bona vel mala nisi pro
sua voluntatc remunerari debeat vel puniri' deutliche Vorstufen
der Fassungen des 3. und 12. Capitulums, welche sich bei Abt
Wilhelm finden.
(Die Capitula in den Schriftstücken des Abtes
Wilhelm) Die 2 Schriftstücke des Abtes Wilhelm sind
nach meiner Ansicht vor Ostern 1139 abgeschlossen und an Bern-
hard gesendet: der Traktat in 13 Abschnitten (Migne 180 Sp.249)
und der nach Abschluß des Traktates geschriebene Begleitbrief mit
den 13 kurzen Capitula (Migne 182 Sp. 542), sind nach seiner
Versicherung nur aus der Theologia, die er in *duo libelli idem
continentes' (vgl. oben S. 402) las, und noch nicht aus *Sic et non'
oder *Scito te ipsum' ausgezogen. Die Abschnitte 11 12 und 13
sind nachträglich, doch vor Abfassung des Begleitbriefes, hinzu-
gefügt, wie schon der Schluß von Abschnitt 10 und das Fehlen
der Kritik in Abschnitt 11 12 13 zeigt. Diese beiden Stücke
sind die Quelle für unsere Capitula 1 — 6 8 9 16 18 , aber sie sind
dies in verschiedenartiger Weise. Die Capitula 3 4 8 9 und 18
und vielleicht die Capitula 2 und 5 sind aus des Abtes Wilhelm
Traktat oder Brief zunächst mehr oder weniger anders stilisirt
440 Wilhelm Meyer,
in die Ueberschriften einzelner Abschnitte der Excerpte genommen
worden und von ,da erst wieder hie und da verändert in die
Sammlung unserer Capitula übergegangen. Dagegen die Capitola
1 und 15 und der Schluß des 18. (nee deberaus eam velle extingoi)
sind unmittelbar aus Wilhelm*s Schriften in unsere Capitula her-
übergenommen. Dabei sind beide Schriftstücke benützt ; trotzdem
nemlich der Begleitbrief die bereits formulirten Capitula zu be-
quemer Benützung bot , ist doch Cap. 15 und der Schluß zu Cap.
18 direkt aus dem Traktat genommen. Der Inhalt der Abschnitte
12 5 9 des Traktats und des Begleitbriefes, dann Stücke der
Abschnitte 3 und 4 des Traktates , das ganze 12. Capitulum und
der Schluß des 13. Capitulums des Begleitbriefes und Theile des
12. und 13. Abschnittes des Traktats spielen zwar in anderen
Streitschriften eine Rolle, sind aber bei der Vorverhandlung in Sens
nicht unter die Capitula aufgenommen worden. Deßhalb habe ich
diese aus "Wilhelm's Schriften stammenden Sätze im Anhang als
no 1—6 behandelt.
(DieCapitula indenExcerptenundinihren Ueber-
schriften). Mehr als die Schriftstücke des Abtes Wilhelm
haben die Excerpte in 14 Abschnitten oder vielmehr die Ueber-
schriften und Inhaltsangaben über den einzelnen 14 Abschnitten
derselben zur Formulirung unserer Capitula beigesteuert. Schon
das obige Beispiel von der Entwicklung unseres 8. Capitulums
beweist, daß diese Ueberschriften der einzelnen Excerptenabschnitte
nicht flüchtig , sondern* mit Benützung der beiden Schriften des
Abtes Wilhelm sorgfältig gemacht sind.
Diese Excerpte kommen in Betracht bei den Capitula 2—9
11 — 13 und bei der 1. Hälfte des 18., und das in zweifacher Weise,
a) Die Capitula 6 7 11 12 und 13 sind nur aus diesen Excerpten-
überschriften gemacht, so daß meistens der Wortlaut der Ueber-
schrift aus den Excerpten selbst für unser Capitulum etwas ver-
vollständigt ist, nur bei Capit. 6. ist eine ziemlich grobe Aus-
lassung von 4 Wörtern aus dem Excerpt in die Ueberschrift, aus
der Ueberschrift in unser 6. Capitulum gewandert, ohne endeckt zu
werden. b) Der Traktat oder der Begleitbrief des Abtes Wilhelm
ist zunächst die Quelle für die Ueberschriften des 1 (nur nach
Traktat), 2, 4, 5, 6, 8, 9, 11 und 13 Excerptenabschnittes ; die Ueber-
schriften des 1. und 9. Abschnittes sind nicht benützt für unsere
Capitula (vgl. Anhang no 3 und 5) ; dagegen von den übrigen dieser
Ueberschriften hängen dann wieder unsere Capitula 2 3 4 (5) 8 9
und die erste Hälfe von 18 ab ; hier ist meistens die Formulirung,
welche der Excerptor dem Wilhelmschen Texte gegeben hat, wörtlich
die Anklagesätse des h. Beruhard gegen Abaelard. 441
in die Capitola übergegangen; so hat er z. B. aas dem Wirrwarr
im 13. Abschnitt des Traktats des Abtes Wilhelm sieb geschickt
die Ueberschrift seines 11. Abschnittes zurecbtgeschnitten , und
diese ist dann wörtlich als unser 9. Capitalum abgeschrieben
worden.
Fragen wir nach den Schriften Abaelard's, aus welchen diese
Excerpte genommen sind, so kommen für mich nur die Ueber-
schriften der Excerpte in Betracht, welche in unsere Capitula
übergegangen sind. Die Capitula 2 3 4 (5) 8 9 und 18 a sind durch
Abt Wilhelm vermittelt: es bleiben also zu betrachten die Ca-
pitula G 7 11 12 und 13, welche zuerst beim Exccrptor auftreten;
H und 13 sind aus erhaltenen Stellen der Introductio genommen;
für 7 11 und 12 werden deutliche Belegstellen aus Abaelard citirt.
Es ist mir nicht gelungen, in Abaclard's gedruckten Schriften den
genauen W^ortlaut dieser Citate wieder zu finden; demnach bleibt
es wahrscheinlich, daß dieselben nicht aus den Sentenzen oder
aus Scito te ipsum, sondern aus dem verlorenen Theil der Theo-
logia des Abaelard genommen sind. Denmach würde die Unter-
schrift dieser Excerpte ^haoc sunt capitula Theologiae (imo Stulti-
logiae) Fetri Abaelardi' das nichtige gesagt haben.
(Die Capitula in Bernhardts 190. großem Brief;.
Es bleiben 4 Capitula, welche nicht aus des Abtes Wilhelm Schriften
noch aus den Ueberschriften der Excerpte genommen sind: cap.
10 C^uod in Christo non fuerit spiritus timoris douiiui. cap. 14
Quod etiam castus timur excludatur a futura vita. cap. Iti (^uod
adventus in fine seculi pussit attribui patri. cap. 17 i^^^d anima
Christi prr se non desceiidit ad inferos sed per potentiam tau-
tum. Nun finden sich merkwürdiger Weise no 10 und 14 von
Bernhard im großen, 190. Briefe ^^Migne 182 Sp. I0ü2 Bj zusammen
erwähnt : Omitto , quod dicit spiritum timoris domini non fuisse
in domino (Christo das 10. CapUiäum), timorem domini (dom. fehlt
im 14. Capitulum) castum in futuro seculo non futurum. Dies zwingt
mich zu prüfen, wie jener Brief Bernhardts sich verhält zu den
Capitula. Zunächst ist in Cap. 14 'domini' jedenfalls nothwendig:
wurde es von dem Zusammeusteller der Capitula oder erst von
den Schreibern unserer Handschriften vergessen V Das ist schwer zu
entscheiden. Dann scheint der stilistische Fehler des Briefes 'in
futuro seculo non futurum^ von Beridiard in dem Capitulum durch
excludatur a futura vita corrigirt zu sein. Das spricht dallir, daß
der Brief vor den Capitula geschrieben ist.
Außer den Capitula 10 und 14 kommt nur noch das 1. Capi*
tolom wörtlich gleichlautend im Briefe vor, Sp. 1056 A: doch
442 Wilhelm Meyer,
ebenso steht es schon in dem Begleithrief des Abtes Wilhelm.
Bernhard hat allerdings den Traktat und den Begleitbrief des
Abtes Wilhelm benützt und die dort sich findenden Citate aus
Abaelard und aus den Kirchenvätern, sowie die eigenen Gedanken
des Abtes Wilhelm durchaus ungenirt als Bausteine in seinem
eigenen Werke verwendet; so hat er auch in seinem Briefe die
im Anhange no 1 3 4 und B besprochenen Sätze aus Abt Wilhelm
aufgenommen, während sie in die Capitula nicht aufgenommen
sind. Das ist sehr begreiflich, wenn er zuerst den Brief, später
und zum Theil in gemeinsamer Berathung mit Andern die Capitula
verfaßt hat. Die Capitula 2 3 13 und IB kommen auch im
Briefe und bei Abt Wilhelm vor : allein in all diesen Stellen geht
der Brief Bernhardts unmittelbar auf den Abt Wilhelm zurück,
z. B. indem er Cap. 3 ausführlich de iure diaboli spricht, dann indem
er das 13. Capitulum noch nicht als solches formulirt hat, sondern
nur im Znsammenhang das betreffende Citat aus Abaelard gibt.
Auffallend wäre es ja nicht, wenn im Brief, über die Capitula
weg, öfter auf Abt Wilhelm zurückgegangen würde; aber die
Thatsache, daß der Brief niemals die Capitula berücksichtigt,
wäre, wenn er nach denselben geschrieben wäre, fast unerklärlich.
Daher schließe ich auch hier, daß der 190. Brief vor der Zu-
sammenstellung der 18 Capitula von Bernhard verfaßt ist. Bei
den Arbeiten dafür hatte er sich aus Abaelard die 2 zusammen-
gehörenden Sätze über den Timor domini (Sp. 1062 B) notirt ; später
bei der Zusammenstellung der 18 Capitula nahm er dieselben aus
seinem Briefe auf, trennte sie aber von einander als Capitulum
10 und 14.
Wie oben gesagt, glaube ich, daß ziemlich lang vor der Sy-
node von Sens, als der 190. Brief an den Pabst abging, Bernhard
zu gleicher Zeit den 188. Brief an die Cardinäle abgehen ließ.
Hier weist er die Cardinäle auf die Sententiae Abaelard^s und auf
das Buch Scito te ipsum hin, da könnten sie außer vielen andern
auch Abaelard's Irrlehren 'de anima Christi' und 'de descensu
Christi ad inferos' finden : sollte das nicht ein Hinweis auf die
Herkunft unseres 17. Capitulum's sein Quod anima Christi per
se non descendit ad inferos sed per potentiam tantum. Dunkel
bleibt also nur die Herkunft des 16. Capitulum's. Bern-
hardts 190. Brief und die Excerpta in 14 Abschnitten be-
rühren sich. Nicht nur ist die Ueberschrift 'Capitula haeresum*
ähnlich Bernhards Worten Sp. 1072 C 'novae haereseos capitula'
und die Unterschrift 'capitula Theologiae imo Stultilogiae P. Abae-
lardr ähnlich Bernhard Sp. 1061 B 'in primo limine Theologiae
die Anklagesätze d. h. Bernhard gegen Äbaelard. 443
vel potias Stultilogiae suae' (der Spott gefiel; vgl. Migne 180 Sp.
284 'in Diabologia illa' and Hugo Metellas 'Theologiam illias immo
frivilogiam legat'), sondern zwischen der Uebersclirift des 1. Ab-
schnittes der Excerpte 'Horrenda similitado de sigillo aereo , de
specie et genere ad Trinitatem* and Bernhardts Worten im 190.
Brief 'Longe fiat a scnsibas nostris . . exsecranda illa de genere
et specie non similitado sed dissimilitado , et nihilominas illa de
aere aereoqae sigillo* maß ebenfalls nähere Beziehung bestehen.
Aber weiter gehende Aehnlichkeiten oder Gleichheiten habe ich
nicht gefanden. Das ist sehr wohl begreiflich, wenn Bernhardts
190. Brief zaerst geschrieben ist, die Excerpte mit ihren Ab-
schnittstiteln aber später: denn was konnte der Exccrptor aaßer
einigen Kraftaasdrücken aas Bernhardts Brief für seine Zwecke
braachen? Wie Vieles aber Bernhard aas den Excerpten und aus
ihren Ueberschriften in die Capitula aufgenommen hat, das habe
ich ja oben nachgewiesen (S. 44iJ/l) : es wäre also unbegreiflich, wenn
er für seinen Brief nur 2 Kraftausdrücke , für die Capitula aber
so Vieles - aus ihnen genommen hätte. Deßhalb glaube ich , daß
zuerst Bernhard die 2 Briefe gegen Äbaelard, no 190 und 188,
vielleicht noch im Ende des Jahres 1139 an den Pabst und an
die Kardinäle gerichtet hat, dann erst ein Anderer die Excerpte
gesammelt and dabei Vieles aus Abt Wilhelm, Weniges aus Bern-
hardts 190. Briefe genommen hat ^).
(Die Capitula auf der Synode von Sens). Als Bern-
hard sich entschlossen hatte , nach Sens zu gehen , also die Rolle
des Anklägers zu übernehmen, mußte er vor Allem an die Formu-
lirang der Anklagesätze denken. Die dort verlesenen Capitula
waren auch nach anderen Nachrichten solche kurzen, von Andern,
nicht von Äbaelard, formulirten Sätze wie wir sie oben in den
18 Capitula vor uns haben. Bernhard hätte seine kostbare Zeit
vergeudet und nach seinem Gewissen sich der Gefahr beträcht-
licher Versehen ausgesetzt, wenn er selbst und allein von Neuem
hätte studiren und excerpiren und die als anstößig befundenen
Sätze formuliren wollen. Diese Arbeit war ja von Abt Wilhelm,
von dem Excerptor und von ihm selbst im 190. Brief früher
schon zum Theil gemacht. Er redigirte also aus den Schriften
1) Schon oben S. 427 ist bewiesen, daß die im Schluß des 190. Briefes er*
w&hnten alia capitula nicht die 14 Excerptcnabscbnitte gewesen sein können-
Diese Sammlung Ton Capitula ist verloren : aber jedenfalls enthielt sie viele Ca-
pitula des Abtes Wilhelm , welche Bernhard im 190. Brief nicht behandelt hatte.
Vgl. noch die S. 435 erwähnte Fälschung.
444 Wilhelm Meyer,
des Abtes Wilhelm und aus dem Excerptor 14 Sätze (alle außer
10 14 16 17), wobei er im Ganzen mehr der Fassung folgte,
welche er in den Ueberschriften des Excerptor's fand, jedoch mit-
unter auch über die Fassung des Excerptor's auf die des Abts
Wilhelm zurückging oder andere Aenderungen traf, vor Allem
aber manche Sätze ganz ausscliloß (vgl. Anhang 1 — 6). Dann
setzte er aus seinem 190. Briefe noch die Sätze no 10 und 14
und vielleicht aus eigenem Lesen noch no 16 und 17 zu.
(Quellen der 18 Capitula). Abt Wilhelm sagt, er habe
die bekämpften Sätze in der Theologia Abaelard's gefunden:
Die Unterschrift der Excerpte besagt, daß diese aus der Theologia
genommen seien, und, wie gezeigt, stimmen zu diesen Aussagen
die anderen Gründe. Es bleiben die Capitula 10 14 16 17. Die
Ueber Schrift unserer Capitula sagt, sie seien partim in libro
Theologiae partim in libro Sententiarum magistri Petri
partim in libro cuius titulus est *Scito te ipsum' reperta. In
Scito te ipsum habe ich zu Cap. 10 14 16 17 keine wörtlich ge-
nügend stimmende Parallele gefunden ; auch nicht in den von Rhein-
wald oder Gietl edirten Sentenzenbüchern oder unter den von
Denifle (Archiv I) citirten Stellen; und zuletzt führen die Sen-
tenzen doch wieder auf die Theologia, da sie ja nach Denifle's
Darlegungen nur ein Abriß ihres Inhaltes sind. So ergäbe sich,
daß auch diese 4 Capitula und somit alle 18 aus der Theologia
des Abaelard stammen. Das stimmt zu dem Berichte de.s Erz-
bischofs von Sens (iligne 180 Sp. 542 A) ^cum dominus abba.s li-
brum Theologiae magistri Petri proferret in medium et quae
adnotaverat absurda imo haeretica plane capitula de libro eodem
proponeret, ut ea magister Petrus vel a se scripta negaret vel,
si sua fateretui', aut probaret aut corrigeret, . . Petrus Abae-
lardus respondere noluit sed . . appellans . . discessit'. Wenn
aber alle 18 Capitula der Theologia entnommen sind, wie konnte
Bernhard in den Titel setzen, sie seien partim in der Theologia,
partim in den Sentenzen und partim in der Ethik gefunden ? Ich
glaube, man wollte ganz passend hervorheben, daß nicht etwa
allein die Theologia solche Irrthümer enthalte, sondern auch die
andern neueren Lehrschriften des Abaelard , d. h. die Sentenzen
und die Ethik; aber statt etwa zu sagen 'capitula reperta in
Theologia et partim in Sententiis aut in libro 'Scito te ipsum'
gerieth Bernhard auf die obige rhetorisch schöne, aber sachlich
nicht genaue Verwendung des 'partim*.
Die Frage, ob die 18 Capitula wirklich genau die An*
sichten Abaelard's wiedergebeuj möchte ich als Phi*
die Aoklages&tze des h. Bernhard gegen AbaeUrd. 445
lologe dahin beantworten, daß, soweit wir die Capitula mit Abae-
lard's Worten vergleichen können, die meisten Capitula so aus
Abaelard's Worten ausgeschnitten sind, daß Nichts dagegen ein-
zuwenden ist ; bei einigen allerdings sind derartige Wörter zuge-
setzt oder weggelassen, daß man die Capitula nicht als genaue
Formulirung der Worte Abaelard's anerkennen kann. Abaelard's
Erklärungen in der Confessio fidei gegen die einzelnen Anklage-
sätze entsprangen nur seinen damaligen Gefühlen, nicht einer
erneuten Einsicht der Akten, d. h. seiner eigenen Schriften, sind
olso fiir die obige Frage fast werthlos.
(Bernhard oder seine Genossen an den 18 Capi-
tula thätig?) Wie oben (S. 410) geschildert, hat Bernhard
seinem Grundsatz und in diesem Fall den Verhältnissen, ja viel-
leicht einem Gebrauche entsprechend, die Anklagesätze, welche er
in der öffentlichen Sitzung nur im Auftrage, also als Mund seiner
Genossen vorbringen wollte, am Tage vorher mit ihnen einzeln
durchberathen. Da hiebei von den Theilnehmcrn manche Aenderung,
ja auch die Hinzufügung oder die Weglassung von ganzen An-
klagesätzen kann veranlaßt worden sein (z. B. Anhang 1 — 6 können
bei dieser Gelegenheit gestrichen worden sein), so ist meine Schil-
derung, wie Bernhard mit Hilfe verschiedener Vorarbeiten die
18 Capitula zusammen gestellt habe, vielleicht etwas zu modifi.
ciren: allein wer bedenkt, wieviel bei derartigen Beratungen ein
wohl vorbereiteter Referent vermag, der begreift auch, daß bei
jener Berathung die Anträge des so trefflich vorbereiteten, eifrigen
und beredten Referenten Bernhard ziemlich glatt durchgingen, oder
umgekehrt, daß die Sammlung der 18 Capitula, mit welchen den
Abaelard anzuklagen Bernhard die Vollmacht und den Auftrag
sich geben ließ, fast durchaus Bernhardts Werk ist.
(Die 18 Capitula in Bernhardts Briefen nach dem
Cuncil von Sens). In der Appellationssache des Abaelard
schrieb Bernhard, der, was er einmal begonnen hatte, auch zum
Ziel bringen wollte, zu den 3 Berichten an den Pabst noch eine
Anzahl Briefe an römische Kardinäle (Brief 1Ü2 11)3 331 — 33G 338).
Der Inhalt der Capitula wird darin wenig berührt. Höchstens
gehen die Wendungen des 338 Briefes ^credere non vult nisi quod
prius ratione discusserit* n. s. w. auf den 1. Absatz des 190. Briefes
zurück. Dann hat sich der Inhalt des 1. 5. und 4. Capitulums
zusammengefunden zu dem oben S. 424 besprochenen Satze *cnm
Ario gradus et scalas in trinitate disponit, cum Pelagio liberum
arbitrinm gratiae praeponit, cum Nestorio Christum dividens ho-
minem assumptum a consortio trinitatis excludit*.
KgLQm, 4. Wim. MM^eklM. PUlotoff^kiitor. KIiMt, 18M. Itetti. 30
446 Wilhelm Meyer,
(Die Capitula in Abaelard's Apologia). Wichtiger
sind die von Abaelard nach der Synode von Sens verfaßten Schriften,
Die Apologia kennen wir nur ans dem, was die 3 Bücher des
Anonymus (Migne 180 Sp. 282 — 328) darüber sagen und daraus
citiren. Darnach richtete Abaelard diese Apologia gegen Bernhard,
den er nennt criminatorem suum, per quem Satanas, qui se trans-
format in angelum lucis, locutus sit; dann spricht er von Capi-
tula, welche Bernhard 'fecisset' oder ^finxisset\ Daß hier das
Wort Capitula nicht etwa allgemein ^Anklagen' bedeutet und sich
so auf den 190. Brief beziehen könnte , geht daraus hervor , daß
von den 4 Sätzen, welche nach den Nachrichten des Anonymus
Abaelard in der Apologia vertheidigt hat, nur der 1. (Sp. 283
Ifl. = Cap. 1) in Bernhards 190. Brief behandelt wird ; dagegen die
3 folgenden (Sp. 299—310 = Cap. 4, Sp. 316—321 = Cap. 6, Sp.
321 — 328 = Cap. B) werden im 190. Briefe gar nicht behandelt.
Daraus ist zu schließen, daß die Apologia in heftigen Ausdrücken
gerade unsere 18 Capitula bekämpft hat und also veröffentlicht
ist nach dem Concil von Sens und vor Abaelard' s Ankunft in
Cluny.
Der Anonymus selbst scheint sofort die Feder ergriffen
zu haben, als Abaelard's Apologia ihm zuging. Er hatte, als er
schrieb, bereits einen oder den andern der späteren Briefe Bern-
hardts in üänden ; denn die oben erwähnte Wendung Bernhardts
'cum Nestorio Christum dividens hominem assumptum a consortio
trinitatis excludit* verwendet er Sp. 301 B: Nestorianam faecem
sequens sie dividit Christum, ut secundum id solum quod verbum
est in trinitate sit, secundum id quod homo nullo modo. Im
Granzen wollte der Mann nicht die Anklagen der Andern wieder-
holen, sondern Neues und Selbständiges geben. £r bekämpft
deßhalb zunächst und hauptsächlich die Apologia, fühlt sich aber
auch Mannes genug, eine Irrlehre Abaelard's nachzuweisen, die
den scharfen Augen seiner Vorkämpfer entgangen war (quod filius
dei semper de deo nascitur Sp. 310 — 316). Daß der schwerfällige
Gelehrte, der selbständig und gründlich sein will, dabei keine
Kücksicht auf die Capitula nimmt, sondern unmittelbar auf die
Quellen , d. h. Abaelard's Aussprüche in der Theologia und in der
Apologia zurückgeht, das ist sehr begreiflich.
(Abaelard's Erklärung anHeloise). Berengar führt
in seinem Apologeticus (Migne 178 Sp. 1862 A) eine schöne Stelle
aus einem Briefe des Abaelard an Heloise an, die eine Art Glau-
bensbekenntaiß enthält (Migne 178 Sp. 376). Die Vertheidigung
zeigt, daß der Brief in die Zeit dieses Streites fällt , die Schilde-
die Anklagesätze dea h. Bernhard gegen Abaelard. 447
rung der ihn bedrohenden Gefahren , daß der Streit schon sehr
weit gediehen war. Capitula werden kaum angedeatet.
(Die 18 Capitnla in Abaelard's Confessio fidei)
Nach dem Zeugnisse des Otto von Freising Gresta Friderici I 49
hat Abaelard nach seiner Ankunft in Cluny ein Apologeticum ge-
schrieben, 'capitulorum partim verba, ex toto autem sensum negans'.
Da der von Otto mitgctheilte Anfang nicht mit dem der Confessio
fibereinstimmt, so hat Otto vielleicht die Apologia mit der Con-
fessio vermengt. Zuerst erklärt Abaelard, er unterwerfe sich der
Kirche ; habe er Falsches gelehrt oder geschrieben, so sei er stets
bereit gewesen und werde er stets bereit sein, zu ändern oder
zu widerrufen. Doch da seine Ehre verlange, 'crimina non recte
obiecta' abzuweisen, so müsse er auf die gegen ihn gerichteten
(contra me conscripta) Capitula antworten. Er antwortet dann
auf Capitulum 1 2 3 4 5 6 9b 7 8 9a 10 und 14 11 12 13 16 17
18 — also auf 17 von den 18; nur nicht auf no 15 — ; endlich
erklärt er, daß er die Sentenzen, welche der Verfasser der Ca-
pitula (ironisch amicus noster genannt) in der Unterschrift ihm
zuschreibe, nicht verfaßt habe: doch 'sicut cetera contra me capi-
tula ita et hoc quoque per malitiam et ignorantiam prolatum est'.
Man darf nicht sagen, daß Abaelard die 18 Capitula widerlegt
hat. Hätte er seine Theologia genau nachgesehen, so hätte er an-
erkennen müssen, daß manche von den 18 Capitula wirklich frühere
Aussprüche von ihm richtig wiedergaben. In seiner Aufregung
und Niedergeschlagenheit schrieb er jetzt, ohne auf seine frühem
Schriften Rücksicht zu nehmen, seine augenblicklichen Ansichten
über diese Glaubenssätze nieder und diese, wenn ich so sagen
darf, so orthodox, als er sie gerade zu fühlen vermochte.
(Die 18 Capitula bei Otto von Freising, Gesta Fri-
derici Imperatoris, I 49). Otto von Freising hat vielleicht die
Apologia, jedenfalls aber die Confessio und unsere Capitula vor
sich gehabt. Er bemerkt : Haec autem pauca de multis contra
eum posita sufiiciant capitula: es folgen Capitulum 1, 2 {ohne dcfi
Schluß aut filii), Quod Spiritus sanctus sit anima mundi {Anhang 4),
3 und- 9a. Das Capitulum, der heilige Geist sei die Weltseele,
muß interpolirt sein, da es in den besten Handschriften sich nicht
findet und auch Abaelard darauf nicht antwortet.
(Die 18 Capitula bei Berengar). Berengar spricht
in seinem Apologeticus (Migne 178 Sp. 1862) von 'manuali quodam
indiculo\ den Bernhard für *volentibus breviter attingere snmmam
rei' zusammengestellt habe. Damit meint er unsere Sammlung
von 18 Capitula. Wenn er dann von demselben sagt 'in quo non
80*
448 Wilhelm Meyer,
Petri dogmata, sed nefandi commenti capitala legimas\ so kann
er selbst das nur beziehen auf die unmittelbar darauf beige-
schriebenen, mit 'scilicet' eingeleiteten Capitula 12 5 6 und 17,
welche er aber leichtsinniger Weise sehr frei citirt. Denn im
Allgemeinen gesteht er in den folgenden Sätzen schon jetzt :
quaedam (von diesen Capitula), fateor, Petrus et dixit et scripsit,
quaedam vero neque protulit neque scripsit. Berengar hatte gewiß
unsere Sammlung der 18 Capitula vor sich. Damals hatte er
noch vor, in einem 2. Buche seines Apologeticus nachzuweisen,
*quae Petrus dixerit et quae non dixerit, et quam catholica mente
ea quae dixerit senserit'. Freilich sein Eifer legte sich und später
gesteht er (Migne 178 Sp. 1873 A): processu temporis meum sa-
pere crevit et in sententiam abbatis pedibus ut dicitur ivi. nolui
esse patronus capitulorum obiectorum Abaelardo, quia etsi sanum
saperent non sane sonabant. Diese Vertheidigung *sie hatten
zwar guten Sinn, klangen aber bös*, hat nur dann einen Sinn,
wenn Berengar die Capitula obiecta Abaelardo jetzt als die richtige
Formulirung der Worte des Abaelard anerkannte.
Oeschichte der einzelnen Capltnla^).
1 Quod pater sit plena potentia, filius quaedam potentia,
Spiritus sanctus nulla potentia.
Vorbereitet ist dieses Capitulum schon durch Walther (Da-
cherii Spicilegium II 473 und 474) 'affirmant . . vos . . esse ri-
1) Zu den Citaten aus dem Anonymus (Migne 180 Sp. 283—824), welcher
uns Ton der Apologia Abaelard's Nachriebt gibt, benutze ich die oben S. 417 ge-
nannte Berliner Handschrift. Den mir wichtigen Text der Confessio fidci Abaelard's
stelle ich her nach 4 Quellen : Y , die gewöhnlichen Ausgaben , d. h. Abaelardi
Opera 1616, nach der Summa privilegii und noch einmal S. 830, Migne 178 Sp.
105; Cousin, Ab. Opera, II 719 mit einigen Varianten aus pariser Handschriften ;
T, der Abdruck in Tissier's Bibliotheca patrum Cisterciensium IV p. 259 = Migne
180 Sp. 329; B = Berlin Meermann 181 Bl. 144 b mit dem roth geschriebenen
Titel unten auf Bl. 114 a Kxcusatio petri\ K= Wien lat. 998, 12. Jh. Bl. 151 u.
176 b *Kpi8tola Petri Baiolardi contra calumpnias obiectorum capitulorum\ Zu ver-
gleichen ist noch z. B. die Handschrift in Cambrai no 27 Bl. 187 (Catalogue des mss.,
Ddpart. 17). Damit der Tollständige Text hier zu finden sei, will ich zunächst den
Anfang und Schluß der Confessio hersetzen, die einzelnen Entgegnungen sind dann
in der S. 447 angegebenen Reihenfolge bei den einzelnen Capitula zu finden.
Univarsis ecdesiae sanctae (s. eccl. TK) filiis Petrus (P. Abaelardus V) ex eis
unus, sed in eis minimus. Notum proverbium est, nihil tam bene dictum quod
non (quin B) possit depravari ; et ut beatus meminit (mem. b. TK) Hieronymus,
qui multos scribit libros, multos sumit iudices. Ego quoque (vero B) cum scrip-
serim pauca (p. scr. V.) Tel (et K) ad comparationem aliorum nulla, reprehensiom«
die Anklages&tse des h. Bernhard gegen Abael&rd. 44g
matmn s. trinitatis profanda mysteria, qaod perfecte et ad plenam
cognoscatis, qnaliter tres personae sint in ana divina essentia
et in personarom plnralitate nnitas divinae essentiae' und 'ma-
notam effugere non potui, cum tarnen in bis (iis T), de quibas graviter accusor,
nallam (sciatdeasi) meam recognoscam (T ; cognoscam V, recognosco BK) culpam
nee siqna fuerit (fait T) procaciter defendam (defendo K). Scripsi forsitau (B, for-
tassis TK, forte alias fortassis V) altqua per errorem quae (qaod K) non oportuit :
scd deum testem et (atque T) iudicem in animam meam (anima mea B) invoco,
quia in bis (de iis T), de quibas a'bcnsor, nihil per superbiam aut per malitiam
(mal. aut p. sup. V) praesumpsi. Multa in scholis multis loqnatas sum nee am-
quam aquas furtivas (nee aquam fartivam TK) vel panem absconditum habuit mea
doctrina (doct. mea TK). palam loqaatas sam ad aedificationem fidei sive morum
(fidei infirmorum T K), qaod mihi salubre Tisum fait (vis. sab. K salubrius v. est
K); et qnaecunqae seripsi libenter omnibus (omn. lib. T) exposni, ut eos iadices
non discipulos haberem. Quod si uspiam per mnltiloquinm (in multiloquio K)
excessi, nt scriptum est, in multiloquio non effugies peccatum, numquam impor-
tuna defensio me effecit (fecit TK) haeretienm, paratnm (paratos V) semper ad
satisfactionem (ad sat. fehlt T) de maledictis meis corrigendis sive delendis (do-
lendis B). in quo eerte proposito usqae in finem perseverabo. Sed sicut meum
est (m. est fehU T) maledicta mea si qua sunt (sint V) velle (vellem T) corri-
gere , sie erimina non reete mihi obieeta propulsare me eonvenit (obi. mi. K.
mihi n. r. iniecta me prop. e. V). cum enim dicat beatns (b. die. B) Augustinus
'cradelis est qui famam suam negligit* ac iuxta Tullium taeiturnitas imitetur
(imitatur B T V) confessionem (eonf. im. T), eonseriptis (quae scripta sunt V) contra
me capitnlis aequum duxi respondere , ea (fehlt V) videlicet ratione servata qua
(quam T) contra derogantium (circa detrahentium T) linguas beatus Gregorius
fideles bis instruit (instituit T) verbis: Sciendum est, quia linguas detrahentium
(det. lin. K) sicut nostro studio non debemus excitare ne ipsi pereant, ita per suam
malitiam (mal. s. T) excitatas debemus aequanimiter tolerare, ut nobis meritum
creseat; aliquando autem etiam (V, est etiam B, nur etiam K, nichts T) com-
peseere, ne dum de nobis mala (ma. d. n. T) disseminant, eorum qui audire nos
ad bona poterant corda innocentium corrumpant. Agnoscat ergo (igitur B)
fraterna Caritas , me qualemcunqne filium ecclesiae cnm ipsa integre (integra B)
euneta recipere (ree. eu. int. T.) que reeipit, cuneta (fMt TK) respuere que res-
pait (quae reeipit recipere, eu. quae respuit respuere V), nee me umquam uni-
tatam (B K, nnionem V, neritatem T) fidei seidisse, quamvis (cum T, licet K) impar
sim (fehlt V) ceteris morum qualitate.
Nach den Entgegnungen auf die einzelnen CapUula und auf die S» 437 n<h
tifie Unterschrift folgt der Schluß : Si qua igitur eonsolatio (quid ig. consolatiouis
T) in Christo Jesu, si qua sunt (fehlt T) viscera pietatis, fraternam caritatem
(pietatem V) vestram (v. ea. B, fraternitatis vestre caritatem K) exoro, ne (ut T)
innocentiam meam (fehlt T), quam a culpa veritas liberat, infamiae (fehlt V) naevo
(B K, aeneno T , nemo alias ueneno V) respergendo delinquat (derelinquat K non
del. T). caritatis (Caritas B) quippe est obprobrium non aeeipere adversus proximum
(suam K) et quae dubia sunt in meliorem partem interpretari et illam semper
(est per K) dominieae pieUtis sententiam attendere : nolite iudieare et non iudi-
cabimini; nolite cundempnare et non eondempnabimini (dampnab. B).
460 Wilhelm Meyer,
iorem omnipotentiam esse patris et filii minorem videmini affir-
mare'; einzelne Stücke finden sich dann im 3. und 4. Abschnitt
des Traktates des Abtes Wilhelm (Migne 180 Sp. 2B4/7; vgl.
259 A nulla potentia und besonders plena potentia — quaedam
potentia — non potentia 260 A). Dagegen das 3. Capitulum in
Abt Wilhelm*s Begleitbrief (Migne 182 Sp. 532) gibt bereits genau
den Wortlaut, welcher in unsere Sammlung aufgenommen ist und
welcher sich noch findet in Bernhardts 190. Brief (Migne 182 Sp.
1056 A), in Abaelard's Confessio und bei Otto von Freising.
Omnipotentia ist statt ^plena potentia' gesetzt bei dem* Anonymus
(Migne 180 Sp. 286 B), wie er überhaupt *omnipotentia* gebraucht,
und im Apologeticus des Berengar (Migne 178 Sp. 1862 C).
Die Wendungen des 190. Briefes *ponit in trinitate gradus . .'
und *nonne plus quam Arius hie' (Migne 182 Sp. 1056 A) hat
Bernhard in den spätem Briefen geändert zu cum Ario gradus
et scalas in trinitate disponit (330 331 332 338 und fast ebenso
336) oder *cum de trinitate loquitur sapit Arium' (192) ; hierauf
scheint Abaelard anzuspielen in dem Briefe an Heloise (Migne 178
Sp. 375): nee audio Arium, qui . . gradus facit in trinitate.
Bei diesem Satze kam es, im Gegensatz zum 13., hauptsächlich
auf das 2. und 3. Glied von quaedam und nulla potentia an, und
es ist nicht zu leugnen, daß die vom Abt Wilhelm citirten Beleg-
stellen (für quaedam besonders Introductio, Migne 178 Sp. 1069 C,
und für nulla besonders Sp. 1072 B) die Formulirung des Capitu-
lums nicht einwandfrei machen, zumal das vorsichtige (vgl. den
Anonymus Migne 180 Sp. 300) proprie oder specialiter des Abae-
lard fehlt ; siehe noch Deutsch , Abaelard S. 277, und Gietl zu
Boland's Sentenzen S. 30 *). So ist es nicht zu verwundern,
daß (nach dem Bericht des Anonymus, Migne 180 Sp. 285 C) Abae-
lard in seiner Apologia 'sanctae religionis et magni nominis abbatcm
insimulet falso {so Codex) finxisse, — quia in Theologia sua scrip-
serit filium esse quandam potentiam, spiritum sanctum nullam.
Id enim in Apologia sua quam contra abbatem Petrus ipse
dirigit se dixisse denegat; sed (so Codex) quod divina sapientia
quaedam sit potentia patris non filius et quod amor patris et filii
sit nulla (non nulla Codex) potentia non spiritus sanctus, se dixisse
profitetur et verum esse pertinaciter contendit*. Die Anfangs-
1) Vacandard, Bernard n p. 127, wül Bernhard entschnldigen Tabbö de
Clainraux discate, non pas elle-m^me, la phrase cit^e, mais le texte propre d*Abd-
lard\ Allein, wie gesagt, im 190. Brief (Migne 182 Sp. 1056 A) nennt and be-
kämpft Bernhard das Ton Abt Wilhelm formnlirte Capitalum, d.h. elle-mömc,
la phrase cit^.
die Anklagesätce des h. Bernhard gegen Abaelard. 461
Worte dieses Absatzes deuten darauf hin, daß sie im Anfang der
Apologia standen, und daß Abaelard bei der Bekämpfung der
Capitula sich vielleicht an die vorliegende Reihenfolge derselben
gehalten hat. Noch in der Confessio erklärt Abaelard : Quod
igitur* mihi* veP per malitiam vel' per* errorem* impositum* est,
quod de* deo* scripserim, quia pater est^ plena potentia, filius
quaedam potentia, spiritus sanctus nuUa potentia, haec ego verba
non tarn humana" quam diabolica, sicut iustissimum est, abhorreo
detestor et ea cum auctore suo® pariter dampno. quac^ si quis
in meis repperiat scriptis, non solum me haereticum, verum ^ etiam
haeresiarcham profiteor. (1 m. ig. T ; 2 fehlt V ; 3 aut T ; 3 und 4
fehlen in V; 5 imposita B; 6 fehlen in V; 7 fehlt V; 8 haeretica
V ; 9 actore B, suo auct. V ; 1 quod B ; 2 sed V).
3 Quod Spiritus sanctus non sit de substantia patris aut filii.
Abt Wilhelm nennt in dem Begleitschreiben als 4. Capitulum :
De spiritu sancto, quod non sit ex substantia patris et filii sie
at filius est ex substantia patris. Diese Fassung entspricht den
im 4. Abschnitte des Traktats citirten Belegstellen aus Abaelard,
z. B. (Migne 180 Sp. 258 B = Introductio bei Migne 178 Sp.
1072 C) : bene . . filius ex patre esse dicitur hoc est ex ipsa patris
substantia esse . . Spiritus vero , quamvis eiusdem sit substantiae
cum patre et filio etiam trinitas ipsa homousion id est unius sub-
stantiae praedicatur, minime tamen est ex substantia patris et
filii, quod esset ex patre filioque gigni, sed magis ab ipsis habet
procedere. Der Satz 'sed non ex ipsa eins substantia' wird Sp.
262 C ffl. besprochen und Abaelard*s Ansicht öfter (Sp. 262 D,
263 A, 264 A und D) formulirt, wobei statt *ex* gelegentlich auch
*de' gesetzt wird. Direkt auf Abaelard's Belegstellen zurück
geht Bernhard im 190. Brief (Migne 182 Sp. 1056 B): spiritum
sanctum procedere quidem ex patre et filio , sed minime de patris
esse filiive substantia; ebenso nach Berengar im Apologeticus
(Migne 178, 1862 D) : quod spiritus sanctus, licet sit eiusdem sub-
stantiae cum filio, non tamen est de eadem substantia. Vgl. noch
GietI zu Roland*s Sentenzen S. 32.
Die Excerpte (Migne 182, 1049) citiren im § 2 dieselbe
Belegstelle wie Abt Wilhelm, aber als Ueberschrift geben sie nur :
Quod spiritus sanctus non sit de substantia patris ; dieselbe Fassung
hat auch Otto von Freising, Gesta Friderici I 49. Allein der
Zusatz aut oder et filii ist fast unentbehrlich; dcßhalb hat ihn
Bernhard wieder zugesetzt, als er unser 2. Capitulum aufstellte.
Abaelard selbst entgegnet darauf in der Confessio: Tarn
filinm quam spiritum sanctum sic^ ex* patre* profiteor esse, nt
462 Wilhelm Meyer,
eiusdem sit cum patre substantiae, eiusdem penitus' volontatis
atque potentiae; quia*, quorum est* eadem* omnino^ substantia^
veÜ essentia, nulla potest esse® vel^ volontatis diversitas vel po-
tentiae inaequalitas. Quisquis antem* me scripsisse asserit, quod
de substantia patris* spiritus sanctus' etiam^ non sit, malitiae id
vel ignorantiae maximae fuit (1 sie K, sicut B, fehlt TV; 2 et
patrem B; 3 vol. pen. TK; 4 quae V; 5 est fehlt V; 6 omn.
ead. VK; 6 und 7 omn. sub. vel fehlt T; 8 esse steht nach diversitas
in T ; 9 fehlt ß ; 1 etiam V ; 2 patris et filii T ; 3 et. sa. T, etiam
fehlt K).
3 Quod Christus non assumpsit carnem, ut nos a iugo diaboli
liberaret.
Vorbereitet ist dies Capitulum durch Walther*s Bemerkung
(Dacherii Spicilegium 11 479) 'apud nos ventilatum est vestram
affirmasse sapientiam, quod Christus praedicando laborando' ad
extremum moriendo nihil meruerit*, wie ja auch der Abt Wilhelm
den 7. Abschnitt seines Traktates (Migne 180, 269) beginnt *astruere
velle videtur, quod Christus gratis mortuus sit'. In seinem Be-
gleitbrief (Migne 182 Sp. 532 B) formulirt er das capitulum no 7:
Quod Christus non ideo assumpsit carnem et passus est ut nos a
iure diaboli liberaret', doch in dem langen 7. Abschnitte des Trak-
tats werden folgende Worte Abaelard's citirt: Ideo, sicut dicunt
doctores, hac necessitate incarnatus est filius dei, ut horao qui
aliter liberari non poterat, per mortem innocentis iure liberaretur
a iugo diaboli. Bernhard hat im 190. Briefe, Migne 182
Sp. 1062 — 1072, diesen Gegenstand behandelt, noch ausführlicher
als Abt Wilhelm; er hat dazu nicht nur die Theologia, sondern
auch *in libro quodam Sententiarum ipsius et item in quadam eius
Expositione cpistolae ad Romanos' gelesen und bespricht besonders
den Ausdruck *iure'.
Der Excerptor (]\Iigne 182 , 1050) hat als Ueberschrift des
4. Abschnittes bereits völlig die Fassung der Worte, welche Bern-
hard als 3. Capitulum aufgenommen hat, ohne *ideo' und ohne
'passus est' und ohne das gefährliche 'iure', aber mit *a iugo';
dieselbe Fassung schrieb aus unsem Capitula Otto von Freising
ab (Gesta Friderici I 49). In derConfessio entgegnet A b a e-
lard: Solum filium dei incarnatum profiteor (conf. K), ut nos a
Servitute peccati et a iugo diaboli liberaret et supemae aditum
vitae morte sua nobis reseraret (in TK steht nos nach diaboli) ; er
greift also in keiner Weise auf die früheren Fassungen zurück.
(Vgl. noch Deniiie, Archiv I 431 und Gietl zu Rolands Sentenzen
5. 1B8 und 161).
die Änklages&tze des h. Bernhard gegen Abaelard. 453
4 Qnod neque dens et homo neqae haec persona quae Christus
est sit tertia persona in trinitate.
Abt Wilhelm faßt in seinem Begleitschreiben (Migne 182, 532)
den 8. Satz also: Qaod Christus deus et homo non est tertia
persona in trinitate; in dem langen 8. Abschnitt des Traktats
(Migne 180, 276) citirt er den Satz Abaelard' s 'Licet concedamus
quod Christus tertia sit persona in trinitate, non tamen concedi-
mus , quod haec persona quae Christus est sit tertia per-
sona in trinitate'. Die beiden Subjekte *deus et homo' und 'haec
persona quae Christus est' waren also vorhanden: so nun begreift
sich die Entstehung der Ueberschrift des 5. Abschnittes der Ex-
cerpte (Migne 182, 1051), welche genau denselben Wortlaut hat
wie unser 4. Capitulum; denn die Lesart der Excerpte 'neque
homo persona' ist natürlich nur Lese- oder Schreibfehler für
'neque haec p.'. Vgl. Gietl zu Roland' s Sentenzen S. 175.
Bernhard berührt im 190. Briefe den Satz nicht; in dem
Pack Briefe, der nach der Synode von Sens nach Rom ging, be-
rührt er ihn in 6 Briefen mit dem Satze 'cum Nestorio Christum
dividens hominem assumptum a consortio trinitatis excludit', wo-
rauf der Anonymus (Migne 180, 301 B) anspielt 'Nestorianam
faecem sequens sie dividit Christum, ut . .'. Unser 4. Capitulum
also war es, wegen dessen Abaelard in der Apologia gegen
Bernhard losbrach: Migne 180 Sp. 300 D In Apologetico suo re-
sponsione (quinta?; in der Handschrift steht ein corrigirter Buch-
stabe ^ darüber V) super hoc capitulum furiis exagitatus Petrus
insanit et sie nimis intemperanter invehitur in hominem dei, ut
non eum loqui quae loquitur, sed per eum Satanam qui transformat
se in angelum lucis asseveret. Ibi post venerabilis abbatis ex-
probrationem per haec eadem verba quod gestabat in pectore
venenum effudit: Cum me arguis, ivquit, quod non dico, quia deus
et homo una sunt in trinitate persona, patenter te id sentire pro-
fiteris. quod quantum sanae fidei contrarium sit, volo tuum erro-
rem recognoscere. Non enim deus et homo, duae istae naturae,
sive singulae sive simul accipiantur, una dici possunt in trinitate
persona' usw. Der Anonymus wendet seine geistigen Waifen
gegen diese Ansichten, im 2. Buche Sp. 299—310, ohne den Wort-
laut unseres Capitulum's zu erwähnen. Abaelard antwortet
in der Confessio auf das 4. Capitulum ziemlich dunkel: Ipsum
(lesum V) Christum sicut verum et unicum dei filium ex substantia
patris ante secula genitum, ita tertiam in trinitate (in trinit. tert.
T, trinam in trinitate B) personam, Spiritum quoque sanctum tam
454 W ilhelm Meyer,
ab ipso filio quam a patre procedentem : et credens assero et aa-
serens credo.
6 Quod liberum arbitrium per se sufficiat ad aliquod bonum
(donum die Pariser Handsrhriß).
Abaelard's Aeußerungen über diesen wichtigen und schwierigen
Stoff werden in vielen Schriften besprochen, werden aber merk-
würdiger Weise fast in jeder Schrift anders formulirt.
Abt Wilhelm citirt im 6. Abschnitte seines Traktates
(Migne 180, 266) uns sonst nicht erhaltene Stellen der Theologia,
z. B. 'si . . homo nihil ex se boni operari possit , ut aliquo modo
ad divinam gratiam suscipiendam per liberum arbitrium sine auxilio
gratiae, prout dictum est, se erigere non possit, non videtur ratio,
quare si peccaverit puniatur'. Solchen Citaten entspricht die
Formulirung des 6. Capitulums in dem Begleitbrief (Migne 182,
532 B) : Quod libero arbitrio sine adiuvante gratia bene possumus
et velle et agere'. In den Excerpten werden im § 6 dieselben
Stellen aus Abaelard citirt, wie vom Abt Wilhelm, ihnen aber
als Ueberschrift ein ganz anderes Stück der Excerpte gegeben,
nemlich: Quod deus non plus faciat ei qui salvatur antequam
cohaereat gratiae, quam ei qui non salvatur. Unser 5. Capi-
tulum ist also hauptsächlich nach dem 6. Capitulum des Abtes
Wilhelm formulirt worden.
In 6 Briefen schreibt Bernhard (Migne 182 Brief 330 331
332 338 336 und 192) von Sens nach Rom: 'cum Pelagio liberum
arbitrium gratiae praeponit' oder 'cum de gratia loquitur, sapit
Pelagium'. Der Anonymus bekämpft im letzten Theile des
3. Buchs (Migne 180, 321 C— 328) diese Ansicht Abaelard's, welche
er aber wieder anders formulirt: Quod gratia illa, qua salvantur
electi, communis est omnibus hominibus. Dabei hält er sich an
Worte Abaelard*s , welche er selbst (321 D) aus dessen Theologia
(Migne 178, 1149 C) anführt 'de gratia dei omnibus communiter
oblata'; vgl. noch Roland's Sentenzen S. 317/8. Berengar
geht im Apologet icus (Migne 178, 1862 D) mit der Formulirung
'Quod homo sine nova gratia possit operari' (bene operari oder
aJiquid boni operari?) wohl auf Stellen, wie die oben aus Abt
Wilhelm angeführte zurück.
Abaelard selbst entgegnet auf unser 5. Capitulum zuerst
in der Apologia nach dem Bericht des Anonymus (Migne 180,
322 B): In Apologia vero stm ;>nmMm quideni se stretiue defendit et
Felagianam anathematieans haeresim de gratia dei cathclice sentit et
scribit; sed postea more suo sübtilis ac vehit alter Proteus lubricus
elabitur et revertitur in id ipsutn. verba illius Jtoc melitAS probabunt.
die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 456
Aa€C prima sunt: *Ego, inquit, gratiam dei voco, quidquid ad salu-
tem hominis de ipso dens disponit vel illi (ille die herl. Handschrift)
confert, quod ipse non meruerit. ait qnippe apostolus: Reliquiae
secundum eleäionem gratiae scdvae factae sunt. $i autem ex gratia,
iam non ex operibus, alioquin gratia iam non est gratia, Grratia
igitar dei est in electis suis, quod eos ab aeterno praedestinaverit,
qaod et fidem eis inspiraverit ; quae utique nostra praecedunt
merita et sine qnibus eum diligere non valemus, ut salvari mere-
amnr. Ipsa enim dilectio, quam ipse per ea quae dicta sunt primo
in nobis efficit, effectus ipsius dei sive donum eins est et eins im-
pntanda gratiae, ante quam etiam nihil salutis possumus promereri.
nnde et apostolus : quid inquit hahcs , quod non accepisti ? Ilaec a
Feiro dicia de dei gratia magis Veritatis quam Petri verba sunt. Hier
hat Tissier a Paulo corrigirt: mit Unrecht; denn bis hierher geht die
1. Hälfte der EntwicJdung Äbaelard's, in welcher er nach dem UrtheU
des Anonymus ^de gratia dei catholice sentit et scribit\ Jetzt folgt
die andere Hälfte: Sp. 323 G At Petrus brevi mutat vulius suos et ad
sclita rediens nobis effiritur alienus . . . Dicit nullis interpositis quod
mihi magni miracuU res est: Ergo, inquit , et ipsum liberum arbi-
trium quia bonum est divinae gratiae est donum et ipsa ratio in
qua ipsum consistit. Dann Sp. 324 A: nam dicit: Cum igitur
dominus tam electis quam reprobis rationem tribuat et viam osten-
dat qua perveniendum sit ad beatitudinem , et ad haue percipien-
dam quam omnibus ofTert praeceptis et exhortationibus suis nos
iugiter invitet: alii super hoc {so die Handschrift) eum audiunt et
praeceptis obtemperant bene vivcndo ut oblata percipiant praemia,
alii contemnunt et in sua remanentes ignavia oboedientiae laborem
refugiunt. Nachher Sp, 325 A: Sic enim inquit ad bene viven-
dum reprobos praeparari sicut electoa, id videlicet dicendo et ad-
moncndo et facultatem praebendo, ut nulla iam supersit excusatio
(praeparatio die Handschrift). Et loquens cum adversariis adiungit
dicens: Sed dicis, quia deus bonam voluntatem in reprobis non
fecit, sicut in electis. Et huius catholicae firmitudinis fundamentum
modis Omnibus destruit et more suo loquens sie adstruii: Culpandi
inquit reprobi non sunt , si recte non vivunt sicut electi , cum ad
rectitudinem vitae illis sit illa negata gratia, sine qua recte vi-
vere nuUatenus possunt. Ich glaube, daß der Anonymus hier
die Gedankenkette Abaelard's uns vollständig mitgetheilt hat.
Dagegen in der Confessio fidei beschränkt sich Abaelard
auf folgende Erklärung gegen unser 5. Capitulum : Gratiam
dei ita omnibus necessariam dico\ ut nee naturae facultas* nee
arbitrii libertas sine illa sufficere possit ad salutem. ipsa quippe
466 Wilhelm Meyer,
gratia nos* praevenit nt velimus, ipsa snbsequitur nt possimns,
ipsa nos conservat* nt perseveremus (1 fehlt V ; 2 facilitas B ;
3 nos vor quippe ?w K ; 4 consociat V).
6 Qnod ea solummodo possit deua facere vel dimittere vel eo
modo tantum vel eo tempore quo facit non alio.
Dieses Capitulum ist aus der Theolop^a ansp^eschnitten; die
philologische Prüfung der Worte beleuchtet klar die Entwicklung
der Capitula. Die Stelle der Theologia (Migne 178, 1101 D)
ist noch als Excerpt zu finden im 3. Abschnitt des Excerptors
(Migne 182, 1050) und im 3. Buche des Anonymus (Migne 180,
316 B). Nach der Introductio lautet die Stelle: Praedictis itaque
rationibus vel obiectorum solutionibus liquere omnibus reor, ea
solummodo deum posse facere vel dimittere, quae quandoque facit
vel dimittit , et eo modo tantum vel eo tempore quo facit non
alio. Die Varianten hiezu sind beim Anonymus unbedeutend: in-
quit hat die berliner Handschrift statt itaque ; quaecunque statt qnac
quandoque; tantum steht vor non alio; quo facit steht doppelt ^ ein-
mal nach modo , ein ander Mal nach tempore , wo Tissier das J.
Mal noch vel dimittit eusetzte ; statt vel steht et vor eo tempore,
Die Abweichung in dem 3. Abschnitt der Excerpta 'vel* statt *et*
vor 'eo modo* ist unbedeutend, aber wichtig die andere, daß die
Worte 'quae quandoque facit vel dimittit' in dem Excerpt gänz-
lich fehlen. Sie sind unentbehrlich; allein durch *quo facit' ge-
täuscht hat der Excerptor die Lücke nicht gemerkt, ja er schnei,
det diese fehlerhaften Worte aus und setzt sie als Capitulum über
den ganzen 3. Excerptenabschnitt : 'Quod ea deus solummodo pos-
sit facere vel dimittere vel eo modo tantum vel eo tempore quo
facit non aJio' : und auch Bernhard merkt hier die Lücke nicht
und schreibt genau dieselben Worte — nur deus ist umgestellt —
als das 6. Capitulum ab. Berengar will im Apologeticus
(Migne 178, 1862 D) unser 6. Capitulum citiren; allein er citirt
nur aus dem Gedächtniß: Quod deus non possit plus facere quam
facit nee melius facere quam facit nee aliter facere quam facit ;
sein Gedächtniß ist also auf andere Fassungen des Satzes abge-
irrt, wie eine z. B. in der Theologia Christiana (Migne 178,
1324 A) zu finden ist *quaerendum arbitror, utrum plura facere
possit deus vel meliora quam faciat, aut ab bis etiam quae facit
cessare posset, ne ea unquam videlicet faceret'. Vgl. noch die
Sentenzen Roland's S. 54 63 66 usw.
Nachdem Bernhard unser 6. Capitulum veröfFentlicht hatte,
antwortete Abaelard in der Apologia. Der Anonymus be-
richtet Migne 180, 316 B: At in Apologia sua multo vehementios
die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 457
fipiritu vertiginis abdncitar ac infelicius aegrotat; diligentiore si-
quidem tractatu et quasi viribus in unum collectis hoc capitulum
ceteris diffasius execratur et ad huius novae adinventionis imo
noxii erroris confirmationem totus incumbit. Abaelard weist zu-
erst nach, voluntatem dei ac potestatem idem esse; die betreffen-
den Citate schließt der Anonymus mit den Worten: Ecee quam
Vera Petrus proponit ; sed in hoc vitandus est, quod ex veriä falsa
concludit. Sic enim dicit : ^Si ergo id solum facere potest,
quod eum facere seu volle convenit, profecto id solum facere
atque velle facere potest, quod quandoque facit, et
eo modo tantum et eo tempore similiter quo facit,
quia videlicet nee alio modo nee alio tempore convenit vel hoc
eum facere vel velle' (etiam facere sdst Tissier eu). Diese Stelle
hatte Abaelard nach dem Wortlaut seiner Theologia, nicht des
Capitulums geschrieben, also steht auch das nothwendige 'quod
quandoque facit' da. Dem entsprechen auch die Formulirungen
des Anonymus 310 D 'quod deus facere non potest nisi quod
fadt nee alio modo nee alio tempore, nee dimittere quin faciat
quod facit' oder 316 D 'quod deus non potest facere nisi quod facit
nee alio modo nee alio tempore'. In der Confessio fidei
füllt Abaelard die Lücke des Capitulums für sich vortheil-
hafter aus : Deum ea solummodo facere^ posse^ credo quae ipsum
facere convenit, et quod multa facere potet^ quae numquam* fa-
dt* (L und 2 fdden in T, po. fa. V; 3 posset BT; 4 non KT; 6
fadet V).
7 Quod deus nee debeat nee possit mala impedire. Hier
steht das Capitulum bei Ämboise, in der Münchener {ß2271^ M) und
Wiener (K) Handschrift ; (d)er in den Handschriften von Valenciennes und
Münc/icn {22299^ W) nach dem 16. Cap, ; in der Pariser felilt es ganz.
In dem 7. Abschnitt der Abaelard- Excerpte (Migne 182,
1052) kommen die einem verlorenen Theil der Theologia entnom-
menen Worte vor: '£t ideo deus a consensu malorum est alienus,
qoi nee debet nee potest mala impedire. Ideo non debet, quia . . .
ideo autem non potest, quia . .'. £s ist also offenbar nur ein
alter Schreib- oder Druckfehler, wenn die Abschnittsüberschrift,
welche der Excerptor nach den citirten Worten gemacht hat, jetzt
lautet Quod deus non debeat mala impedire. Bernhard hat
jedenfalls auch 'non possit' da gelesen und so unser Capitulum
abgeschrieben. Abaelard antwortet in der Confessio:
Mala deum frequenter impedire* fateor-, quia non solum effectum
malignantium praevenit ne quod volunt possint, verum etiam vo-
lontates* eorum immutat^, ut a malo quod cogitaverunt penitua
458 Wilbelm Meyer,
desistant^ (1 und 2 fa. imp. V; affectum dann velint K; 3 uolun-
tatem T; 4 mutat V; dann cogitaverat KA; 6 divertant V).
8 Quod non contraximns culpam ex Adam , sed poenam
tantam.
lieber die Entwicklung dieses Capitulums siehe S. 438.
9 Quod non peecaverunt qui Christum ignorantes {sonst igno-
ranter odcT per ignorantiam) crucifixerunt, et Quod non sit culpae
ascribendum (non culpae adscr. est Amhoise) quicquid fit per igno-
rantiam.
18 Quod neque opus neque voluntas neque concupiscentia ne-
que delectatiü quae (cum statt quae Amhoise] quae fehlt in drei
Handschriften) movet eam peccatum sit, nee debemus eam velle
extingui.
Diese beiden Capitula muß ich zusammen betrachten und ich
habe versucht, die Entstehung derselben durch nebenstehende
Tafel zu verdeutlichen. Die sämmtlichen Bestandtheile der 2
Capitula finden sich im 12. und 13. Abschnitt des Traktates des
Abtes Wilhelm. Hier hatte derselbe mit dem peccatum per
ignorantiam fast den ganzen 13. Abschnitt gefüllt; in dem Be-
gleitbrief warf er in § 12 und 13 Alles durcheinander. Der Ex-
cerptor schied wieder das peccatum per ignorantiam reinlich
aus und schob es in §11. Bernhard, der Zusammensteller un-
serer Capitula 9 und 18, folgte hauptsächlich dem Excerptor. Das
9 Capitulum hat er aus dessen Ueberschrift über § 11 abge-
schrieben, weßhalb auch hier 'ignorantes*, (ähnlich dem ignoranter
der Excerpte), und nicht *per ignorantiam' mit dem Pariser Codex
zu schreiben ist. Das Hauptstück des 18. Capitulum ist aus § 13
des Excerptors und aus dem 12. Abschnitt des Abtes Wühelm zu-
sammengestellt; dann ist der Schluß (m) direkt aus dem 13. Ab-
schnitt des Abtes Wilhelm angeflickt, wobei statt *occidere' das
natürliche 'extinguere' genommen ist.
Woher hat hier Abt Wilhelm seine Sätze und Citate be-
zogen? In den erhaltenen Theilen der Theologia sind sie nicht
zu finden. Nun schreibt Bernhard in dem Briefe an die Kardi-
näle (Brief 188 = Migne 182 Sp. 3B3 C, wohl noch vor dem Con-
cil in Sens geschrieben): ^Legite et alium (librum) quem dicunt
Sententiarum eius necnon et illum qui inscribitur 'Scito te ipsum' :
et animadvertite quanta et ipsi silvescant segete sacrilegiorum at-
que errorum: quid sentiat de anima Christi, de persona Christi,
de descensu Christi ad inferos (Capitulum 17), de sacramento al-
taris, de potestate ligandi atque solvendi (Cap. 11), de originali
peccato (Cap. 8), de concupiscentia (18 b), de peccato delectationis
die Anklagesätze des b. Bernhard gegen Abaelard.
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460 Wilhelm Meyer,
(18 b), de peccato infirmitatis, de peccato ignorantiae (Cap. 9), de
opere peccati (^18 f ), de voluntate peccandi* (18 c). Demnach konnte
man meinen, Abt Wilhelm habe trotz seiner Versicherung, nur
die Theologia benützt zu haben, doch in den angeflickten 3 Ka-
piteln 11—13 vielleicht ein anderes Buch benützt. Die Frage
über den Liber Sententiarum beiühre ich hier nicht. In dem Li-
ber *Scito te ipsum' finden sich fast alle Sätze des Abtes Wil-
helm und zwar in theilweise überraschend ähnlichen Worten,
allein kein Citat des Abtes Wilhelm stimmt wörtlich. Wie schon
Goldhorn, Zeitschrift für histor. Theologie 1866 S. 167, bemerkt
hat, liegen hier nur Aehnlichkeiten , keine einzige Gleichheit vor.
Deßhalb müssen wir dem Abt Wilhelm glauben, daß er auch diese
Sätze aus der Theologia des Abaelard genommen hat, und dem-
nach annehmen, daß sie aus verlorenen. Theilen der Theologia ge-
nommen sind. Bernhard dagegen hat die betreffenden Punkte
seines (188.) Briefes wirklich direkt aus den Sentenzen oder aus
*Scito te ipsum* genommen.
Aus der Zeit nach Veröffentlichung unserer Capitula ist zu
bemerken :
9. Capitulum. Den 1. Theil citirt wörtlich auch Otto von
Freising öesta Friderici I 49 *Quod non peccaverunt qui Christum
ignoranter crucifixerunt'. Abaelard antwortet auf diesen Satz
in einem besondern Abschnitt der Confessio: Crucifixores Christi
in ipsa eins crucifixione gravissimum peccatum fateor commississe
(ipsa fehlt in T, eins in V). Auf den 2. Theil des 9. Capitulums
antwortet Abaelard in einem andern Abschnitte der Confessio:
Multa^ quoque' per ignwantiam facta culpae sunt adscribenda,
maxime cum per^ negligentiam^ nostram' contingit' nos ignorare,
quod^ nobis neeessarium erat praenosse^; quaiis ille fuit de quo
psalmista dicit^ : Noluit intelligere ut bene ageret (1 mala V ; 2
negligentia nostra T, ex negl. no. K; 3 contingat KV, contigit
B; 4 quae V; B nosse KT; 6 ait K, fehlt T).
18. Capitulum. Abaelard leugnet in der Confessio das
ganze Capitulum ab : Novisssimum quoque^ capitulum, quod^ scrip-
sisse criminor, quod neque opus neque voluntas neque concupis-
centia neque delectatio quae movet eam^ peccatum sit, nee debemus
eam^ velle extingui, non^ minus a meis dictis*^ quam scriptis ali-
enum est (1 autem K, fehlt T; 2 quo Cousittf fehlt B und T ; 3 alias
moveant V; 4 ea B V; B nee TV; 6 tam dictis V scr. m. q. d. K).
10 Quod in Christo non fuerit spiritus timorid domini.
14 Quod etiam castus timor excludatur a futura vita. (etiam
fehlt in der Pariser Uandschrift. Das Capitulum fehlt hei Amboise),
die ÄDklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 461
Woher diese beiden Capitula genommen sind, ist unsicher *).
Bernhard berührte sie beide in seinem 190. Brief (Migne 182
Sp. 1062 B) : Omitto quod dicit spiritom timoris domini non foisse
in domino (d, h. Christo) ; Timorem domini castnm in futaro sae-
cnlo non futurom. Ich sehe nicht, weßhalb Bernhard jetzt die
beiden Capitala getrennt hat. In der Confessio verbindet
Abaelard die Antwort auf Cap. 10 mit der Antwort auf Cap.
14 : Multa de Christo dicuntur , quae non tam secundum ipsum^
Caput quam secundum corpus ipsius quod est ecciesia sunt acci-
pienda, ut ille spiritus timoris qui^ est initium sapientiae, quem
videlicet timorem perfecta Caritas foras mittit (1. Johann. 4,18).
Huius igitur timoris spiritum* in anima Christi, quae* perfec-
tissimam habuit caritatem*, nunquam fuisse credendum est, qui
tarnen inferioribus^ eius^ membris non^ deest. Tantae^ quippe per-
fectionis et tantae^ securitatis anima illa extitit per ipsam verbi
unionem, ut sciret nihil omnino se^ posse committere^ unde poenas'
incurreret vel deum offenderet. {Capit. 14:) Castum vero'
timorem in saeculum saeculi permanentem, qui proprie reverentia
charitatis dicitur, tam ipsi^ animae Christi quam electis angelis
et* hominibus* semper inesse^ recognosco. Unde et' de ipsis*
snpemis spiritibus scriptum est 'adorant^ dominationes^ tremunt
potestates (1 fehlt V, ca. ip. K ; ut iUud K ; 2 quod V timoris do-
mini qui K ; 3 ergo V K, fehlt T ; 4 sp. tim. KT; B qui und ca-
rit. hab. V; 6 in inferioribus KV; 7 fehlt V; 8 nunquam K; 9
tam 2 Male B ; 1 se vor nihil K, fehlt V ; 2 comm. po. Y ; 3 penam
B; 3 ergo T, quippe alias vero V; 4 ipse quidem T; dann ang.
eins electis K; 6 statt et hom. hat T eins; 6 inesse fehlt T, ine.
se. V ; 7 fehlt T ; 8 fehlt T : 9 ad. do. fehlt T).
11 Quod potestas ligandi atque solvendi apostolis tantum
data sit, non etiam successoribus eorum.
Nur derExcerptor §12 (Migne 182, 1053) behandelt diesen
Gegenstand. Unter der Ueberschrift *De potestate ligandi et sol-
vendi' gibt er ein Citat, dessen Herkunft nicht zu bestimmen ist,
also wohl aus dem verlorenenen Theil der Theologia, worin es
heißt ^Quaecunque ligaveris etc.' . . nos dicimus quod hoc dictum
est solis apostolis, non successoribus eorum\ Die scharfe For-
mnlirung unseres Capitulums geht zu weit; denn es ist nicht
wahrscheinlich, daß Abaelard jenen Gedanken als seine feste An-
1) Die Qoaestio in Roland's Sentenzen S. 187 'an Christas haboerit timorem'
hat nichts mit Cap. 10 zu tbun. Dagegen vgl. Deutsch, Abaelard, S. S13.
K(L Q«t. 4. Wi«. NMhxiflhton. PliUoloff.-hictor. KImm 189a. Heft 4. 31
462 Wilhelm Meyer,
sieht ausgesprochen hat. Sowohl in jenem Citat beim Excerptor
folgt die Einschränkung 'Si quis tarnen successoribus eorum con-
venire hoc dixerit' etc, als auch in dem 26. Kapitel des Buches
*Scito te ipsum' (Migne 178 Sp. 174 A und D) wird diese Ansicht
mit *ni fallor' vorgetragen. In Allgemeinen vgl. Roland's Sen-
tenzen S. 269.
In der Confessio antwortet Abaelard auf dies Capitulum:
Potestatem ligandi atque^ solvendi successoribus* omnibus aposto-
lorum^ aeque* ut ipsis apostolis concessam esse profiteor, et tarn
indignis* quam dignis episcopis , quamdiu eos ecclesia susceperit*
(1 et B ; 2 omn. succ. T ; 3 ap. omn. V ; 4 ut ip. aeq. V ; 5 dignis
quam ind. T; 6 recipit KT).
13 Quod propter opera nee melior nee peior efficiatur homo.
Schon W a 1 1 h e r , Bischof zu Laon, berührte diese Frage
(Dacherii Spicilegium II 479); Apud nos ventilatum est vestram
affirmare sapientiam . ., quod nemo propter opera sua bona vel
mala, nisi pro sola voluntate, remunerari debeat vel puniri. Der
Excerptor hat dann im 10. Abschnitte (Migne 182, 10B2) wohl
aus dem verlorenen TheU der Theologia Abaelard*s eine Stelle
ausgeschrieben, worin Abaelard auf die Frage tiuid a domino re-
muneretur, opus an intentio seu utrumque? antwortet und dabei
sagt *nec propter opera peior vel melior efficitur homo*. Hieraus
hat der Excerptor dem Abschnitte eine Ueberschrift gegeben,
welche Bernhard buchstäblich (auch 'efficiatur' steht da) als 12.
Capitulum abgeschrieben hat.
Auf dies 12. Capitulum antwortet Abaelard's Confessio:
Omnes in dilectione dei et proximi aequales aequaliter bonos esse^
confiteor* et meritis^ pares, nee quicquam meriti apud deum* de-
perire^, si bonae voluntatis aii'ectus in^ suo praepediatur etfectu'.
Non enim angelus cum a^ deo missus id^ quod facere vult imple-
verit aut anima^ Christi cum suae voluntati effectum addiderit,
melior inde reputari debuit^ ; sed aeque quilibet bonus permanet,
sive tempus operandi^ habeat sive non, dummodo aequalem bene
operandi^ voluntatem teneat* nee in eo quod non operatur**
remaneat^ (1 fehlt T; 2 profiteor KT; 3 merito T; 4 ap. de.
mer. T ; B perit T ; dann et si K 6 a V ; 7 aff'ectu B ; dann
cum an. K; 8 fddt B; 9 feldt KT, si id B; 1 ipsa anima T; 2
hier liegen starke Verschiedenheiten vor; in BKV fe/dt vom vorlie-
genden Texte nur cum, K hat eff. sue vol., dagegen Tissier bietet.^
anima Christi melior efficitur, cum suae voluntati effectum addidit ;
3 op. te. B; 4 be. op. aeq. KT; 5 retineat K, habeat T; 6 eo
quin operetur K; nee bis remaneat feldt in B und T.
die Anklagesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 463
13 Qnod ad patrem, qui ab alio non est, proprio yel spe-
cialiter attineat omnipotentia, non etiam sapientia et benignitas.
Abaelard's Theologia (Migne 178, 994 U) enthält folgende
Stelle: Si itaque potentiam tarn ad naturam subsistendi quam ad
efficaciam operationis referamus, inveniemus ad proprietatem per-
sonae patris proprie vel specialiter omnipotentiam
attinere, qni non solom com ceteris duabus personis deas aeque
omnia efficere potest, verum etiam ipse solus asenonabalio
existere habet , et sicut ex se habet exister c , ita etiam ex se
habet posse. Diese ganze Stelle ist ausgeschrieben im 14. Ab-
schnitt der Excerpte und von *referamus' ab in Bernhardts 15K).
Briefe (Migne 182 Sp. 1051 B und Sp. 1059 A) : da fehlt itaque ;
beide haben *invenimus' und quod statt qui, in beiden fehlt
richtig d e u 8 , beide haben gestellt ^sicut habet ex se (a se £ x-
cerpte falsch). Dieselbe ganze Stelle war schon bei Walt her
(Dacherii Spicilegium II 474) ausgeschrieben : auch da fehlt ^itaque',
dann fehlt ^proprio vel*; dann steht *att. omnip', *quae' statt *qui'
und demnach 4psa sola' ; es fehlt ^deus* und steht ^altero' statt
^alio* : vielleicht wirklich Spuren einer ersten Ausgabe , da ja
Walther sagt 'ad oculos nostros pervenit pars prima cuiusdam
tractatus vestri, quam librum Theologiae appellatis*. Dieselbe
Stelle stand vielleicht auch im Anfange des 1. Buchs des Ano-
nymus (Migne 180, 283). Denn sie geht ja in der Theologia un-
mittelbar voran der Stelle, welche ich oben (S. 417) als Anfang
des Anon3nnus aus der Berliner Handschrift ergänzt habe, und
der Anonymus hat vielfach Ausdrücke, wie 286 D omnipotentia
pertinet ad patrem, omnipotentiam proprie assignat patri usw.
Der Excerptor nun hat seinem 14. Abschnitte die Ueber-
schrift gegeben *Quod ad patrem proprie vel specialiter pertinet
omnipotentia', hat also bloß einige Worte aus Abaelard ausge-
schnitten. Dagegen Bernhard, da er diese Ueberschrift als 13.
Capitulum aufnahm, fügte aus der Stelle selbst die Worte zu 'qui
non ab alio est', was ja nicht zu beanstanden ist; dann aber
glaubte er aus dem ganzen Zusammenhange der Theologia auch zu
dem Zusatz ^non etiam sapientia et benignitas' berechtigt zu sein.
Vgl. im Allgemeinen Grietl zu Koland's Sentenzen S. 21 und 23.
Abaelard entgegnet in der Confessio: Deum patrem aeque
sapientem ut^ filium, aeque benignum nt spiritum sanctum proii-
tcor', quia in nulla boni plenitudine, in nuUa dignitatis gloria dif-
ferre una* personarum* potest ab alia* (1 ut BK richtig, et TV;
2 confiteor T ; 3 una pe. di. V ; 4 persona T ; 5 ab al. po. K).
14. Capitulum, siehe beim 10.
31 ♦
464 Wilhelm Meyer,
15 Quod diabolns immittat suggestiones (malasP) per apposi-
tionem lapidum sive herbarum (appositiones P; Amboise: per Opera-
tionen! lapidam vel h.).
Abt Wilhelm behandelt diese Ansicht Abaelard's an 10.
Stelle. In dem Traktate (Migne 180, 231 B) hatte er Aeußerungen
Abaelard's citirt, worin derselbe auf die Frage *de saggestione
diaboli : . . quomodo possit suggerere hominibus* antwortet : *Facit
haec per physicam rerum, lapidmn sive herbarum; . . apponit ei
lapidem illum sive herbam, quam seit talem habere virtutem\ Da-
gegen in dem Begleitbrief (Migne 180, 532) heißt das 10. Capi-
tulum nur : Quod suggestiones diabolicas per physicam dicit fieri
in hominibus. Bernhard benützt schon in seinem 190. Briefe
(Migne 182, 1062 B) die vollständige Stelle Abaelai'd*s, indem er
erwähnt als Ansicht Abaelard's 'daemonum in nobis suggestiones
contactu fieri lapidum et herbarum, prout illorum sagax malitia
novit harum rerum vires diversas diversis incitandis et incen-
dendis vitiis convenire*. So war natürlich, daß er auch für die
Zusammenstellung dieser 18 Capitula nicht mit dem magern 10.
Capitulum des Abtes Wilhelm sieh begnügte. Dieses 15. Capi-
tulum ist das einzige, auf welches Abaelard in der Confessio
nicht geantwortet hat.
16 Quod adventus in fine seculi possit attribui patri (nach
adventus scheint filii ausgefallen zu sein).
Von diesem Capitulum spricht Niemand sonst: nur Abae-
lard antwortet darauf in der Confessio: Adventum filii in fine
(finem B) seculi posse attribui (att. po. K) patri numquam (sciat
deus) in mentem meam venit nee se verbis meis inseruit.
Wohin dies Capitulum zielt oder woher es genommen ist,
weiß ich nicht. Sollte es so zu erklären sein?: Matth. 24, 37— 39
wird von dem jüngsten Gericht als von dem adventus lilii hominis
gesprochen, aber Marcus XIII 32 lautet *De die iUo vel hora nemo
seit ncque angeli in coelo neque filius, nisi pater (Matth. 24, 36
de die illa et hora nemo seit neque angeli coelorum nisi solns
pater). Um diese Stellen vereinbaren zu können, scheint Abaelard
zunächst jene recens adinventio et profana vocum novitas ausge-
sprochen zu haben, welche der Anonymus aus Abaelards Theologia
(Migne 178, 995 A) zuerst citirt (Migne 180, 2ö4 A) und dann (294 B
und 296 B und C) bekämpft, daß er nemlich jenen adventus filii ho-
minis dadurch erklärte, daß der Vater das Gericht selbst dem Sohne
überlasse, also hinter ihm zurücktrete, sapientiae cedat poteutia in
discussione iudicii. Sollte zur Erklärung des andern Spruches,
daß nur der Vater, nicht einmal der Sohn, den Tag des Gerichts
die Ankl&gesätze des h. Bernhard gegen Abaelard. 465
kenne; Abaelard einen Gedanken aasgesprochen haben, der so ge-
dreht werden konnte, als ob zuerst der allmächtige V a t e r vor-
anstehe und allein den Tag des Gerichts kenne und herbeiführe,
und erst nachher hinter dem allweisen Sohne zurücktrete und ihm
das Gericht überlasse ? So konnte die ketzerische diversitas per-
sonarum (vgl. Cap. 1 2 13) auch hier gefunden werden.
17 Quod anima Christi per se non descendit ad inferos , sed
per potentiam tantum.
Wenn Bernhard in dem 188. Briefe an die Cardinäle schreibt
(Migne 182 , 353 C) , in den Sentenzen Abaelard's sowie in dem
Buche *Scito te ipsum' könnten sie, wie andere ketzerische Ansichten
so auch eine finden *de descensu Christi ad inferos' : so hat er viel-
leicht schon den Inhalt dieses Capitulums im Auge. Ich kann
freilich in den erhaltenen Schriften Abaelard*s keine Aeußerung
über diese, auch in Roland's Sentenzen S. 190—193 behandelte,
Frage nachweisen, die den Wortlaut dieses Capitulums begründete,
welches Berengar im Apologeticus (Migne 178, 18(52 D) nur aus
dem Gedächtniß citirt 'quod anima Christi non descendit ad in-
feros'. Abaelard entgegnet darauf in der Confessio: Sic
ot^ animam- Christi non per se ad inferos descendisse sed per po-
tentiam. omnino a verbis' meis et sensu* remotum est (1 fehlt T.,
2 anima B ; 3 meis verbis VT ; 4 assensu K).
lieber das 18. Capitulum siehe beim 9.
Anhang no 1 — 7.
In den Streitschriften kommen einige Sätze vor, welche in
die Sammlung der 18 Anklagesätze nicht aufgenommen und daher
auch von Abaelard in der Confessio nicht beachtet worden sind,
von denen aber doch einige weit verbreitet waren. Deßhalb will
ich dieselben, welche fast alle schon vom Abt Wilhelm behan-
delt oder formulirt worden sind, hier kurz zusammenstellen.
Anhang 1 Abaelard sagt in der Theologia (Migne
178, 981 C) : Est quippe fides existimatio rerum non apparentium
hoc est sensibus corporis non subiacentium. Abt Wilhelm be-
handelt diesen Satz in seinem Traktat und citirt ihn (Migne 180,
249) also: Fidem diffinivit aestimationem rerum non apparentium
nee sensibus corporis subiacentium; dagegen im Begleitbrief
(Migne 182, 532) formulirt er ihn als 1. Capitulum also: Quod
fidem definit aestimationem rerum quae non videntur. Im 190.
Briefe Bernhard' s, der hier besonders weit geht in der Be-
nützung der Gedanken des Abtes Wilhelm , schrumpft der Satz
466 Wilhelm Meyer,
zusammen (Migne 182, 1061 C D, 1062 B) zu ^fides est aestimatio'.
In die 18 Capitula ist dieser Satz nicht aufgenommen und noch
in den Sentenzen Roland's (S. 11) wird dieser Satz des Magister
Petrus citirt und nicht verworfen.
Anhang 2. Im ganzen 2. Kapitel des Traktates (Migne
180 Sp. 250) bekämpft Abt Wilhelm eine Ansicht Abaelard's,
welche er zuerst aus der Theologia (Migne 178, 989 B) also citirt
*Videtur nobis suprapositis trium personarum nominibus summi
boni perfectio diligenter esse descripta, ut, cum videlicet predica-
tur deus esse pater et filius et spiritus sanctus, eum summum bo-
num atque in omnibus perfectum hac distinctione intelligamus' ;
dann citirt Abt Wilhelm eine andere Stelle Abaelards (alibi, d. h.
doch wohl aus verlorenen Theilen der Theologia) : Nomina Spater
et filius et spiritus sanctus' quamvis sicut et alia nomina de deo
improprie dicantur, tamen ad commendationem summi boni in de-
scriptione ipsius convenienter sunt apposita, per quae potentia dei
designatur et sapientia et benignitas'. Dies Citat wird dann so
formulirt (Sp. 2B1 B) : Dicit nomina patris et filii et spiritus
sancti impropria esse in deo , sed in descriptione summi boni ad
commendationem apposita. Hieraus hat dann Abt Wilhelm im
Begleitbrief (Migne 182, 532) das 2. Capitulum geformt : Quod im-
propria dicit esse in deo nomina patris et filii et spiritus sancti,
sed descriptionem hanc esse plenitudinis summi boni. Unter die
18 Capitula wurde der Satz nicht aufgenommen, und die Ansicht
Abaelards wird ruhig in den Sentenzen vorgetragen (Roland S. 23).
Anhang 3. Zu den gewöhnlichen Bildern, mit denen man
die Dreieinigkeit begreiflich zu machen suchte (Roland's Sentenzen
S. 25) hatte Abaelard in der Theologia (Migne 178, 1068 D—
1070; vgl. Roland's Sentenzen S. 28, wo der Magister Petrus ci-
tirt wird) ein neues gefügt, von dem aeneum sigillum. IMit diesem
Bilde und mit der Besprechung von genus und species verbunden
sind die Sätze von der plcna potentia des Vaters, der quaedam
potentia des Sohnes und der nulla potentia des h. Geistes in dem
Tractat des Abts Wilhelm Cap. 3 und 4 (Migne 180, 254D
und 262 D). Im Begleitbrief des Abtes Wilhelm (Migne 182, 532)
wird dies Gleichniß nicht erwähnt. Dagegen Bernhard im 190.
Briefe bekämpft (Migne 182, 1058 B) ^execranda iUa de generc et
specie non simUitudo sed dissimilitudo et illa de aere aereoque
sigillo (vgl. 1059 D), und der Excerptor gibt den Stellen, welche
er im 1. Abschnitt zusammenstellt (Migne 182, 1049), die ganz
ähnlich klingende Ueberschrift : Horrenda similitudo de sigillo
aereo, de specie et genere ad trinitatem.
die Anklages&ize des h. Bernhard gegen Abaelard. 467
Anhang 4. Der Abt Wilhelm wirft in dem B. Ab-
schnitte des Traktats (Migne 180, 26B) dem Abaelard vor: 1
Dicit animum esse deum seeundum Catonem, spiritum sanetum ani-
mam esse mondi secondom Platonem; 2 ^Bene' inquit 'cum
animal esse mnndum Plato dixerit, ipsom quoque intelligentem hoc
est rationale animal esse perhibait, secnndom hoc scilicet qaod
eins anima, quanto ceteris praestantior existit, tanto rationabilins
in eo cuncta agit ac disponit'. Für den 1. Satz haben wir genü-
gende Belege in der Theologia, z. B. Migne 178, 1013 B Tlatonis
yerba de anima mnndi diligenter excutiamns, ut in eis Spiritnm
sanctnm integerrime designatnm esse agnoscamns; vgl. den Ano-
nymus Migne 180 Sp. 321 Ende, dann Deutsch, Abaelard, S. 284
— 288. Auch von dem 2. Satze dürfen wir annehmen, dass Abt
Wilhelm in der Theologia, freilich in den jetzt verlorenen Theilen,
ihn gelesen hat.
Von den beiden Sätzen hat Wilhelm in seinem Begleitschreiben
nur den 1. also formulirt aufgenommen: 6 Quod Spiritus sanctus
sit anima mundi. Dagegen Bernhard in dem 190. Briefe
(Migne 182 Sp. 1062 B) hat den 5. Abschnitt des Traktates des
Abtes Wilhelm vor Augen und wirft dem Abaelard wiederum die
beiden Sätze vor: dicit spiritum sanetum esse animam mundi;
mundum iuxta Platonem tanto excellentius animal esse quanto
meliorem animam habet spiritum sanetum. Vielleicht aus Bern-
hardts Brief ist der Satz ^Quod sp. s. sit anima mundi' in Ab-
schriften der 18 Capitula nach dem 2. eingeschoben worden; zu-
nächst in der Fälschung in der Handschrift von Valenciennes und
München (22299), dann in München 22271 (M) ; und wohl aus einer
ähnlichen Abschrift führt Otto von Freising Gesta Friderici I 49
mitten zwischen 4 andern Capitula, welche wirklich in der Samm-
lung der 18 Capitula sich befinden, auf ^Quod spiritus sanctus
sit anima mundi'.
Anhang B. Im 9. Abschnitt des Traktats (Migne 180
Sp. 280) wirft Abt Wilhelm dem Abaelard vor *dicit . . sub-
stantia panis et vini mutata in substantiam corporis et sanguinis
domini ad peragendum sacramenti mysterium accidentia prioris
substantiae remanere in aere*. Im Begleitbrief (Migne 182 Sp. B32j
wird dieser Satz vom Abt Wilhelm als 9. Capitulum so formu-
lirt: Quod in sacramento altaris in aere remaneat forma prioris
substantiae. In dem 190. Briefe (Migne 182 Sp. 1002 B) hängt
Bernhard vom Abt Wilhelm ab, wenn er Abaelard behaupten
läßt 'post consecrationem panis et calicis priora accidentia
qnae remanent pendere in aere. Von dem Excerptor wer-
468
Wilhelm Meyer, die Anklages&tze des h. Bernhard gegen Ahaelard.
den im 9. Abschnitt (Migne 182, 1052) zwei andere Belegstellen
ans Abaelard angeführt nnter der Ueberschrift *Qnod corpns do-
mini non cadit in terram' (vgl. Denifle im Archiv I 433 nnd Ro-
land's Sentenzen S. 234). Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese
Citate ans jetzt verlorenen Theilen der Theologia genommen sind.
Anhang 6. Wie die Tafel, die ich zum 9. Capitulnm ge-
geben habe, zeigt, sind viele der im 12. and 13. Abschnitte des
Traktates des Abts Wilhelm enthaltenen Anklagesätze später
nicht verwerthet worden. Von den Capitula des Begleitbriefes ist
später nicht verwerthet no. 12: Qnod nullnm sit peccatum nisi in
consensu peccati et contemptu dei; dann der Schlußsatz von no.
13 : ^huius modi (concupiscentiae delectationis ignorantiae) non esse
peccata sed naturam'.
Anhang 7. Der Anonymus will in seinem dritten
Buche (Migne 180 Sp. 310—315) zuerst den Satz Abaelard's wider-
legen 'quod filius dei semper de deo nascitur'. Diesen Satz hat
Abaelard in der Apologia nicht besprochen ; er wird auch sonst
nirgends angegriffen: die Behandlung desselben ist also Lieblings-
sache des Anonymus. Derselbe citirt für den Angriff aus der
Theologia 'quam brevias potest' den Ausspruch Abaelard's: In
hoc etiam {so Codex) quod per prophetam dicitur ego hodie genui te
ostenditur filium dei semper de patre nasci et semper natum esse.
Goldhorn, Zft. f. histor. Theologie 1866 S. 168, citirt hiezu mit
Wahrscheinlichkeit Abaelard's Theologia, Migne 178, 1000 D; vgl.
Gietl zu Rolandes Sentenzen S. 40 — 42.
Das Schlußgedicht des ersten Buches desProperz.
Von
Friedrieh Leo.
Vorgelegt den 11. August 1898.
Properz hat sein erstes Bach mit einem Gredichte beschlossen,
welches folgendermaßen anfängt:
Qoalis et onde genas, qai sint mihi, Talle, penates,
qaaeris pro nostra semper amicitia.
si Ferosina tibi patriae sant nota sepalcra,
Italiae daris fanera temporibas,
cum Komana saos egit discordia cives 6
(sie mihi praeeipae, palvis Etrasca, dolor,
tu proiecta mei perpessa es membra propinqai,
ta nallo miseri contegis ossa solo):
proxima sapposito contingens Ymbria campo
me genait terris fertilis aberibas. 10
Ich sagte daß das Gedicht so anfängt; wenn wir den Hand-
schriften glaaben, so ist es das ganze Gredicht. Ein Zweifel an
dieser Ueberlieferang ist wohl gelegentlich laat geworden*); im
1) N. Heinaios Advers. p. SS5 sed elegia haec (I 21) et praxime subseqiiens
nü nisi fragmenta sunt operis maioris. Die Ansicht daE I 21 uuYolUt&ndig sei
ist so grundlos und die beiden Gedichte so grundverschieden von einander, daB
man tiefer gehende Erwägungen hinter dieser AeuEernng kaum zu vermuthen hat.
Von P. Francins, dessen handschriftliche Noten er benutzt hat (Santen praef.
Xm sq.)i berichtet Burmann: maioris elegiae fragfnenium viddxUur FVaneio;
vielleicht ist das nur ein Nachklang ans Heinsius' Ad?ersaria. Sonst sind mir
keine Aeoierungen für oder wider bekannt (wenn man nicht Housmans Co^jec-
toren bei Postgate, corp. poet. lat. II, dahin rechnen will), außer daE Lachmann
ni I 21 beide Gedichte gegen Heinsius in Schutz nimmt, üeber I 21 habe ich
Gott Gel. Anz. 1898 S. 743 gehandelt.
470 Friedrich Leo,
allgemeinen aber haben Exegeten und Kritiker das Gedicht wie es
hier vorliegt ohne Einwendung gelten lassen. Der Beweis, daß
es nur der Anfang einer Elegie ist, kann aus Inhalt und Form
dieser Verse mit Sicherheit geführt werden.
Scaliger und Broukhuis haben darauf hingewiesen, daß das
Gedicht seine nächste Analogie an der Schlußepistel des ersten
Buches des Horaz hat. Die Schlußelegien von Ovids Amores und
Tristien IV kommen hinzu. Mit den letzten Versen der Geor-
gica und der Ars amandi (II. III) sollte man diese für sich am
Schlüsse von Gedichtsammlungen stehenden Stücke nicht verglei-
chen. Dort (wie auch in den letzten Versen der Remedia amo-
ris) wird dem Lehrgedicht noch im Ausklingen der persönUche
Charakter gewahrt, der es nach dem Muster Hesiods vom erzäh-
lenden Epos sondert. Wir finden das nicht bei Arat , aber als
tjrpische Form bei Nikander (Ther. 957 xai xsv 'OfirjQaioio xal
slöiti Nixävögoio (ivijötiv ixoig^ tbv Id'QStl^s Kkägov vi<p6B66a noXl%vJi^
Alex. 629) ; dies gibt uns das Recht, die von Vergil und Ovid be-
folgte Art als hellenistisch zu bezeichnen. Dagegen kommen die
Gedichte Properz I 22, Horaz ep. I 20, Ovid am. III 15 aus einer
anderen Wurzel. Die Klassikerausgaben der alexandrinischen
Philologen gaben ein yivog des Verfassers; wahrscheinlich hat
schon Aristophanes von Byzanz damit begonnen, es ist dann für
alle Zeit Sitte geblieben. In der Regel gehörten diese y/i/iy, wie
sie uns überliefert sind, zu den Einleitungen commentirter Aus-
gaben. Aber auch Texten ohne Commentar finden wir in den
Handschriften die vita vorausgeschickt; ich kann dafür Antiphon
und Isaeus anführen, von lateinischen Büchern Plinius' naturalis
historia. Die Stellung vor dem Commentar ist nicht ausschließ-
lich in Gebrauch ; wichtige Beispiele dafür, daß die vita den Schluß
der commentirten Ausgabe bildet, sind der Aischylos und ApoUo-
nios im Laurentianus. Für lateinische Texte läßt sich diese Stel-
lung wohl nur aus später Zeit nachweisen: die TibuUvita steht
hinter dem Text, mittelalterliche Terenzviten, die Juvenalvita von
jüngerer Hand im Pithoeanus. Man darf aber wohl sagen daß die
vita am Anfang oder am Ende des Buches stehen durfte; über
ihre Stellung in uncommentirten Ausgaben läßt sich für die alte
Zeit, soviel ich sehe, überhaupt nichts bestimmtes von allgemeiner
Gültigkeit sagen.
Nun enthält das Gedicht des Horaz ein kleines yivog im
schulmäßigen Stil: das Buch soll berichten erstens von Herkunft
und Lebensschicksalen des Dichters (20 me libertino natum patre et
in tenui re — 23), zweitens von seiner Erscheinung {corporis exigui^
das Schlußgedicht des ersten Baches des Propers. 471
praecanum, solibus aptum), drittens seinem tgÖTCog (ircisci cderem,
tarnen ut placdbüis essem)^), viertens dem Lebensalter. Wie sehr
das dem Schema der antiken Biographie entspricht werde ich an
andrer Stelle zeigen ; Horaz gibt, wie es sich für ihn gehört, eine
Art von Parodie des litterarischen ߣog. Die beiden Gedichte Ovids
sind von etwas anderer Art : das Schlußgedicht der Amores beginnt
mit dem ydvog, knüpft aber daran gleich die Betrachtung über
den künftigen Ruhm; das Gedicht trist. IV 10 beginnt ebenso,
gibt aber dann eine ausführliche Lebensbeschreibung, vüae acta (92).
Properz hebt an qualis et unde genus, qui sint mihi, Tülle, penatcs
guaeris: der Adressat des Buches will Auskunft über das yevog
des Dichters.
Das properzische Gedicht ist das älteste von diesen: es ist
im J. 726 erschienen, das des floraz im J. 734. Ovid könnte sich
ein Master an Properz genommen haben, nicht Horaz. Die Ueber-
einstimmung zwischen Properz und Horaz zeigt, daß beide einem
gemeinsamen Vorbilde folgen, d. h. natürlich einem griechischen
Vorbilde. Man sieht wie die Sache zusammenhängt. Die wissen-
schaftlichen Ausgaben waren mit dem ydvog des Dichters versehen ;
wer noch kein Klassiker war, mußte sich selbst dem Publikum
vorstellen: der hellenistische Dichter, der es zuerst in poetischer
Form zum Schlüsse seines Buchs gethan, hat einen guten und
witzigen Gedanken gehabt, der des Erfolges werth war. Gewiß
haben es ihm viele nachgethan ehe in augusteischer Zeit das bio-
graphische Schlußgedicht uns als litterarische Sitte entgegentritt.
Die Schlüsse der didaktischen Gedichte sind, wie bemerkt, ande-
ren Ursprungs , aber sie geben eine gewisse Analogie zu dieser
Erscheinung.
Wenn also Properz anhub : qualis et unde genus, qui sint mihi,
TuUCf penates quaeris, so erwartete der Leser Angaben über Her-
kunft und Person des Dichters in ausgesuchter Form, in über-
raschender Einkleidung; wie Properz zwölf Jahre sjmter in IV 1
dem Horos seine Biographie in den Mund gelegt hat. Denn auch
dieses Gedicht gehört hierher und es ist von besonderem Interesse
dadurch daß hier die vita den allgemeiner üblichen litterarischen
Platz am Anfange des Buches hat. Wie er so hat auch Ovid
zweimal in verschiedenen Perioden die Sitte befolgt; sehr mög-
1) Die Eigenschaft gilt als charakteristisch : Manil. IV 187 ingenium od «u-
Utas iras faeilisque receptus aequale, Cicero ad Att. I 17,4 et irntabiles animos
tut optimarum aaepe haminutn et eosdem placdbilea e. q. s. (vgl. 2) , Ähnlich Flu«
tarch Tit l Grass. 7. Vgl. Aristot. eth. Nicom. 1126» 13.
472 Friedrich Leo,
lieh daß er wie Ovid das eine mal mehr das andre weniger ge-
geben hat. Aber ganz gewiß konnte dieses Schlnßgedieht nicht
die Leser damit nach Hause schicken, daß es sagte : 'unser Dichter
ist irgendwo in Umbrien nicht weit von Perusia geboren'.
Wir wollen ganz davon absehn daß das Gedicht eine be-
stimmte litterarische Beschaffenheit und Absicht hat: ist es denn
auf irgend eine Weise glaublich, daß Properz die von ihm als
Thema des Gedichts fingirten Fragen 'des Freundes nach der Art
seiner Herkunft, dem Orte seiner Geburt, nach seinem Vaterhause
damit beantwortet daß er sagt, er sei nicht weit von Perusia
irgendwo in Umbrien geboren? Wir finden jetzt in Rothsteins
Commentar den Versuch einer Erklärung: er meint, Name und
Familie habe der Leser aus dem Titel des Buches erfahren; aber
von den Fragen des TuUus verlangt keine die Antwort Sex, iVo-
perthis , und wäre das der Fall , so hätte Properz ihn nicht so
fragen lassen dürfen. Auch die übrige Vertheidigung Rothsteins
ist nicht glücklich. Properz war stolz auf seine Herkunft (IV 1,
121 Vmbria te notis antiqua penatihus edif) wie qndlis genus zur
Genüge andeutet. 'Ich bin aus Assisi, stamme von einem alten
und daheim vornehmen Geschlecht, mein Vater ist gestorben aber
die Mutter waltet im Hause' — soviel wenigstens hat Properz
sagen wollen als er anfing, und es ist durchaus kein Grund er-
denklich warum er es nicht gesagt hätte.
Wenn man dennoch das Gedicht wie es vorliegt für vollstän-
dig halten mag, so kann man das nur in der Meinung thun, daß
in dieser Unfertigkeit, in diesem sachlich unmotivirten Abbrechen
eine versteckte formale Absicht liege, daß grade diese Unfertig-
keit eine epigrammatische Spitze bedeute. Ich kann nichts ent-
decken was einer solchen Meinung materiell zu Hülfe käme; aber
sie ist mehr als einmal wenigstens angedeutet worden. Lachmann
schließt seine Besprechung von 21, 6 mit den Worten: ccterum ei
huic et sequenti carmini dliquid epigrammatici inesse ipse^ ofnnor,
sentis u. s. w. und Reitzenstein äußert die Ansicht (Hermes XXXI
185), Properz habe dem ersten Buche *ohne irgend welchen Anlaß
zwei Epigramme angefügt*. Nun hat das 21. Gedicht, wenn es
auch kein Epigramm ist, doch den Schein einer epigrammatischen
Form; daß aber das 22. mit Epigramm nichts zu thun hat, ist
grade aus seiner Form zu erkennen.
*Nach Herkunft, Heimath und Vaterhaus fragst du mich. Der
Name meines Geburtsortes m()chte dir unbekannt sein ; aber wenn
du Perusia traurigen Angedenkens kennst, so kann ich dir seine
Lage leicht beschreiben. Unter Perusia dehnt sich die fruchtbare
das Schlußgedicht des ersten Buches des Properz. 473
Ebene Umbriens, das ist mein Heimathland'. So kann man den
Gedanken der fünf Distichen paraphrasiren. Er fängt an zu be-
schreiben wie Arat: äjtb rov iyvaö^dvov rö äyvaötov elg yvaöiv
ayu (schol. 73. 74), wobei es wiederum einleuchtet, daß so anzu-
fangen und die Beschreibung nicht zu Ende zu führen absurd ist.
Aber worauf wir zu achten haben, wenn wir das für epigramma-
tische und elegische Form Unterscheidende finden wollen, ist die
Art wie der Dichter den Gedanken führt. Perusia ist bekannt,
es ist bekannt als Ort der noch unvergessenen öffentlichen Trauer ;
dem Gedanken hängt der Dichter nach (v. 3 — 5) , er führt ihn
unmerklich auf seine eigne mit jener verbundne Trauer, den Tod
des Verwandten der kein Grab gefunden hat (6 — 8j ; dann ruft
ihn die Erinnerung an den Anlaß, der ihn Perusia hat nennen
lassen, in die Gegenwart zurück. Diese Art den Gedanken zu
führen ist charakteristisch für die Elegie. Catull 68 gibt die
vollkommenste Analogie : die Griechen zogen vor Troja (v. 87. 88),
Troja das Grab der Helden (89. 90), wo auch mein Bruder sterben
mußte (91—100) , vor Troja zogen die Griechen (101—104). Es
ist der von Tibull vollendete Stil der scheinbar willenlos in der
GedankenbeweguQg hingleitenden, nur mit verborgner Hand die
Zügel sicher führenden Elegie. Daß Properz dieser Stil nicht
fremd \&i weiß jeder ; den besten Beleg aus seinen Gedichten gibt
wohl die Schlußelegie des 2. Buches, von v. 59 an; wäre er es,
do würde doch die Vergleichung mit Catull und Tibull unwider-
sprechlich lehren, daß wir es hier mit Elegie und nicht mit Epi-
granmi zu thun haben. Denn dem Epigramm ist dieser Stil recht
eigentlich innerlich und von Xatur entgegengesetzt; es verlangt
durcbauci ein scharfes, disponirtes, dem Leser sich aufdrängendes
Herausarbeiten des Gedankens. Wenn aber hier Elegie ist, so ist
es der Anfang einer Elegie, und das Ende fehlt.
Daß das Ende dieses Gedichtes fehlt, von welchem feststeht
daß es das letzte des Buches war, ist nicht ohne Bedeutung für
die Textgeschichte. Den Verlust dem Mittelalter zuzuschreiben
und aui' den etwa dem 8. Jahrhundert angehörigen Archetypus
unsrer Handschriften zu beschränken, geht nicht an; wenn die
letzten Zeilen eines Buches verloren sind, so muß man den
Verlust auf die Zeit ansetzen, in der das Buch noch selbständige
Existenz hatte. Der Schluß des Buches ist also verloren gegan-
gen ehe die getrennt erschienenen 4 Bücher des Properz zu einem
Corpus, richtiger ehe sie zum erstenmal zu einer Ausgabe in mem«
branis vereinigt worden sind.
474 , Friedrich Leo,
In der Diction des Gredichtcs stößt man auf zwei , freilich
untereinander sehr verschiedene, Spielarten einer stilistischen Er-
scheinung, auf die ich noch mit ein paar Worten eingehen möchte.
V. 5 cum Eomana suos egit discordia cives: da ist Discordia zur
Römerin gemacht, die ihre Mitbürger in Bewegung setzt; zu
welchem Kampf, das sagt ihr Name. So erklären Hertzberg (der
I p. 153 außer anderem vergleicht I 13, 28 te iuus ardor ogct) und
Rothstein, zunächst gewiß richtig. Aber dem Ausdrucke, nur so
aufgefaßt wie er sich zunächst darstellt, fehlt etwas zur Wirkung.
Die Zwietracht wird nicht lebendiger dadurch, daß sie von Her-
kunft römisch sein soll statt unter Römern Verderben zu stiften,
und den Bürgern wird die ihnen gemeinsame Bezeichnung als
Römer entzogen, die doch der Vorstellung des Kampfes erst das
Grausige gibt. Man empfindet wohl wie sich diese einander be-
dingenden Unsicherheiten des Ausdrucks ausgleichen: sie thun es
dadurch daß die Elemente des einfachen, sachgemäßen oder auch
prosaischen Ausdrucks im Satze enthalten sind. Der antike
Dichter hat darauf gerechnet, daß seine Hörer die natürliche Be-
ziehung der Begriffe aufeinander als Voraussetzung der poetisch
kühnen, ja überkühnen compositio verborum empfanden : die natür-
liche Fassnng des Gedankens aber ist cum Romanos civcs sua dis-
cordia egit. Wenn man das Vertauschung der Attribute nennen
will, so ist man in Gefahr den geheinmißvoUen Vorgang in der
Seele des Dichters zu schematisiren. Es ist eine Art des Aus-
drucks die mit vielem verwandt ist was wir ajtb xotvov oder
isvyna oder wie sonst betiteln. Die Verwandtschaft zeigt sich
darin daß der eine Satztheil erst zur Wirkung konmit wenn der
andere ihn ergänzt hat. Etwas nur Nachzufühlendes, nicht zu
Messendes oder zu Wägendes haben diese Redeformen alle. Auf
V. 5 folgt die Parenthese :
sie*) mihi praecipue, pulvis Etrusca, dolor,
tu proiecta mei perpessa es membra sepulcri,
tu nuUo miseri contegis ossa solo.
tu CS ist aus dem folgenden Verse zu mihi dolor hinzuzuhören,
dadurch werden die kurzen Sätze ineinander verschlungen. Pro-
perz nennt das Etruskerland pulvis Etrusca , schon mit Rücksicht,
1) Ueberliefert sit. Die alte Correctur sie ist wie mich dünkt stilgem&fter
als das von Palmer und Roitzenstein (Ilerm. XXXI 186) vorgeschlagene sed, das
den persönlichen Gegensatz hervorhebt statt die Rede wie anroerklich an das
bürgerliche Unheil anknüpfend weilergehen zu lassen.
das Scblaßgedicbt des ersten ßaches des Properz. 476
wie Rothstein richtig bemerkt, auf den gleichfolgenden Vorwurf
daß der Leichnam dort unbestattet liegen mußte. Das ist ver-
ständlich und nicht allzukühn. Auch nullo solo ist für sich ge-
nommen verständlich: mit keinem Theil des Erdbodens. Aber
sachlich unmöglich und durch keine Spracherklärung erklärbar ist
die Beziehung und Verbindung, die doch vorliegt: pulvis Etrusca
nullo cofitegis ossa solo, denn solum ist allemal das Ganze, pulvis
der Theil. Wenn man die Wörter umtauscht: solum Etruscum
nullo contegis ossa pulvere, so hat mau das materiell nichtige. Darum
hat doch der Dichter nicht die Wörter einfach vertauscht, pulvis
hat er in einer erkennbaren Absicht, das Folgende vordeutend, ge-
wählt ; dann tritt eine Wechselwirkung zwischen pulvis und solum
ein, die sich nicht mehr definiren und schwerlich auf einen mecha-
nischen oder einfachen Willensvorgang zurückführen läßt. Pro-
perz hat Gredichte die sich selbst gemacht haben, er hat auch
solche Redewendungen.
Den Sprachvorgang, um den es sich handelt, hat Wilamowitz
zum Herakles (II* 199) besprochen und aufgeklärt. Euripides ist
nicht selten diesen Weg gegangen; meist sind zwei Satztheile
durch Anaphora (Phoen. BG3), Copula, Antithese verbunden, aber
auch die Attribute innerhalb eines einheitlichen Satzes vertauscht
(Her. 883). Der eine und andere Fall zeigt Absicht, wie zu
Soph. Ai. 660 die Schollen bemerken (s. Wilamowitz) ^) ; so natür-
lich auch Dio Chrys. 12, 46 di axo^g i7tid£ixvvvT£g — dt' o^£id$
iif^oviievoi ^). Das ist rhetorische Antithese, wie with mirth in fw
neral and with dirgc in man läge (Hamlet I 2) , von der eigentlich
poetischen Kühnheit generisch verschieden. Wenn Groethe sagt
da erklingt es wie von Fiügdn, so ist das für sich empfunden, aber
es kommt erst zur Wirkung wenn wir weiter hören da bewegt
sic/iS wie Gesang] das kommt nicht aus stilistischer Ueberlegung
(statt ^Boig iinHv — 'AxQsi&ug atßsiv) ^fovg iilv aißeiv, tinnv dl 'AxifiiÖats.
Aehnlich sagt zu Aen. IV IbO {pedibus celerem et pemicü>u8 alis) Servius: con-
vertu rerum epitheta, nam ^pemix^ pedum est, celeritaa pinnarum est, aas derselben
Vorstellaog die die Kritiker bewogen hat, Plaut. Mü. 630 (pernix sum manibus,
pedibus mobilis) umzusetzen pedibus, manibus. Aber daraus daß *flink' zumeist
die Beine genannt werden (Wulffliu Archiv VllI 452), folgt nichts für die Qrund-
bedeotong. — Vgl. schol. Eur. Ale. 245 (o^^ayta^ xb diVat vstpilag SffOfuciav):
&9zt4nQ6^»S ifyn%iv, dvxl xo^' o^Qcivuci xb vBq>Blai Sivris d(fO(jMiav.
2) Flutarch Timol. 3 iv dh xoig jtoUiiotg ovrco nccldig xal dfJMlAg i%i%^xo
xii9 9v<riv, mitxe noXXijv {ihv iv viip tfvvBCtVy o{>% jlccrr» dl yrnfAwog &v9^%{av
itfi^paivec^ai xaig nf^iBOiv^ ?gl. Philop. 7 mg o^e *axä x^^ ^^^ ^^^'^ tivbg
p9ti avviüii tAv ^QBoßvxiQtov &7tolBin6itBvog,
476 Friedrich Leo,
sondern aus dichterischer Eingebung. Dieser Verschiedenheit aber
kann man sich bewußt sein und doch von der Anmaßung frei,
jeden einzelnen Fall auf die eine oder die andere Seite stellen zu
wollen. Was ich sonst bei Römern nachweisen kann will ich hier
anführen.
Ueberrascht ist man, die Figur als solche bei zwei trocknen
und dürftigen Stilisten zu finden: Q. Cicero de pet. 12 non diffi-
eile cef'tamen cum Ms competitoribuSj qui nequaquam sunt tarn genere
insignes quam vitiis nobiles ^) , Lygdamus 3, 2 blandaque cum muÜa
tura dedisse prece^) und in ähnlicher Satzbildung 4, 42 edidit haec
tristi dulcia verba modo^ wo dulci tristia, wie man seit Broukhuis
liest, freilich der Zusanmienhang verlangt und die Figur, wenn
sie vom Dichter herrührt, nicht wohl gelungen ist; denn man
kann sie einfach durch Umstellung aufheben und verliert nichts
dabei , wie doch 3, 2. Lucrez hat die Kühnheit einmal gewagt :
VI 1127 aut alios hominum pastus pecudumque cibatus '). Die Verse
CatuUs LXIV 31 und 309 sind vielleicht hierherzuziehen. Aus Ver-
gil, dem Wilamowitz allein von den Römern (außer Horaz: to-
nantes egit equos volucremque currum) etwas der Art zutraut, kann
ich zwei Stellen mittheilen die hierher gehören. Aen. VIII 82
Candida per silvam cum fetu concolor albo
procubuit viridique in litore conspicitur sus*).
Das Ufer ist bewaldet (v. 92. 96. 107); durch die Bäume sieht
man die Sau wie sie mit ihrem ganzen Wurf am Ufer liegt. Müßte
man wörtlich verstehn: *die Thiere haben sich durch den Wald
hingelagert und werden auf dem Ufer gesehen', so hätte Peerl-
kamp recht. Auch hat er gewiß recht mit ^f'acilius'] aber der
Dichter konnte erwarten daß sein Leser, wenn conspicitur käme,
per silvam richtig verstehen und die beiden Satztheile in ihre
Wechselbeziehung setzen würde, ecl. Hl 109
et vitula tu dignus et hie et quisquis amores
aut metuet dulces aut experietur amaros.
VergU will durch den antithetischen Ausdruck die Gesammtheit
der Liebenden umfassen: dulces und amaros bilden vollkommenen
1) Bucheler z. St.: difficUe est credert (^uinium tarn inscltnttr locuium esse
ut cum proprietas sermonis adiectiva sie iuberei distribui *non tarn genere nobiles
quam vüiis insignes', ea commiseeret ei inverteret, *insignes* subkUo hohes condnne
et acute dictum,
2) müUaque cum blanda Bergk.
8) Manro z. St. : ^pecudum pastus hominumque cibatu^ would be more usual.
4) Peerlkamp z. St. : faciUus ^conspicitur viridique in litore procubuit sus*.
das Schlaßgedicht des ersten Baches des Properz. 477
Gegensatz, mettiet and experietur nicht vollkommenen; die scliarfe
Antithese hat der Dichter nicht gesucht, weil er keine Figur
suchte sondern der Geist ihn trieb ^). metuet dulces enthält einen
Widersinn, der erst durch experietur amaros ausgeglichen wird;
prosaisch wäre aut experietur (oder sperabit) dulces aut metuet
amaros: darin wäre keine Disharmonie, aber auch keine Auf-
lösung ').
Es wird gewiß mehr dergleichen bei VergU zu finden sein;
gewiß bei Properz. Mit I 22, 5 ist zunächst zu vergleichen 11 1, 28
aut canerem Siculae classica bella fugae. Das Ereigniß war: Siculo
hello classis fugit] damit ist das besondere des Ausdrucks erklärt,
dessen Kühnheit gegen die häufige Figur der Enallage des Ad-
jectivs {ehria cum traherem vestigia] puerorum turba minutaj vgl.
Hertzberg I p. 143. 155) außerordentlich gesteigert erscheint. Wie-
derum auf zwei Satzglieder vertheilt finden wir die Kreuzung
der Begriffe I 18, 19:
vos eritis testes, si quos habet arbor amores,
fagus et Arcadio pinus amica deo:
ah quotiens teneras resonant mea verba sub umbras
scribitur et vestris Cynthia corticibus.
Für teneras ist schon in Handschriften tremtdas gesetzt"), die mei-
sten älteren Kritiker, auch Lachmann, haben teneras verworfen,
Hertzberg und Bothstein vertheidigen es, mit Recht, denn tenerae
umbrae von dem zarten Laube, in dessen zitternder Bewegung der
Zephyr wohnt (v. 2), ist zwar überaus kühn gesagt, aber es über-
schreitet die Stilgrenzen dieses Dichters nicht. Dagegen bleiben
zwei Momente die das Gefühl des Lesers beunruhigen und durch
die Erklärung des einzelnen Ausdrucks nicht beseitigt sind: das
Epitheton, das zu umbrae nur in gewagter Uebertragung tritt,
würde sich mit den im Pentameter erscheinenden cortices aufs
natürlichste verbinden und hier auch mit dem Verbum zusammen
die Anschaulichkeit des Ausdrucks erhöhen *); das Pronomen (vestris)
hätte seine gewiesene Stelle gleich nach der Anrede (19. 20), also
in V. 21 nicht 22. Diese beiden Erwägungen haben Guyet, Kop-
1) Aehnlich Eor. Med. 1122 tps^e {ii^xs vaütv Imovi^ ämf^rriv {irit* 6%09
ntdoerißfi: auch hier die 'Vertauschimg', die antithetische Umfassung , das all-
gemeine Sxov an zweiter Stelle. Vgl. Wilamowitz a. 0.
2) Vgl. Qött. Qel. Anz. 1898 S. 731 und von neueren Besprechungen Roth-
stein Hermes XXIV 24.
8) Calporn. 6, 101, wo H. Schenkl bucol. £ins. 2, 12 vergleicht
4) Vergil ecl. 10, 68 tenerisque mcoa incidere amores arboribus,
Kffl. Om. 4. Wi«. NMhriehtoB. PliUolOff.-hiator. KUim 1898. Htft 4. 32
478 Friedrich Leo, das Schlußgedicht des ersten Buches des Properz.
piers, Schrader, Burmann, Lachmann und jetzt wieder Postgate
dazu geführt, im wesentlichen übereinstimmend, ihrerseits die Epi-
theta zu vertauschen:
ah quotiens vestras resonant mea verba sub umbras
scribitur et teneris Cynthia corticibus,
wodurch dem Dichter eine dem modernen Gefühl erwünschte Ein-
fachheit des Ausdrucks gegeben wird, die er sei es bewußt ver-
mieden sei es der poetischen Inspiration folgend durch eine in
Wirkung und Gegenwirkung ineinander spielende Bildung der
Bede ersetzt hat.
Ueber eine misyerstandene Stelle
in Dantes Commedia.
Von
Max Rieger.
Vorgelegt in der Sitzung vom 29. October 1898.
Seit langer Zeit finden sich in Blancs Yocabolario Dantesco
die Stellen der Commedia verzeichnet, wo das Wort sangae vor-
kommt. Als figürliche Bedeutnng (*par extension') wird daselbst
angegeben: le sang, das Blut, das Geblüt, la famille, la race, das
Geschlecht, la naissance, die Geburt, und unter den 9 Belegen
dieser Bedeutungen erscheint auch Purg. 6, 101 f. :
Giusto giudizio dalle stelle caggia
sovra il tuo sangue;
wo also nach Blancs Meinung zu übersetzen wäre : falle auf dein
Geschlecht, deine Nachkommenschaft. Gleichwohl sieht sowohl
Scartazzini wie Philalethes in diesem Fluchwort eine Beziehung
auf König Albrechts Tod durch Mörderhand, und wie es scheint
hat sich noch jedermann bei dieser Auffassung, die sich ja dem
ersten Blicke leicht aufdrängt, beruhigt, ohne sich die Frage vor-
zulegen, ob il sangue in Verbindung mit einem Possessiv oder
Genetiv irgendwo anders — da es in der Commedia sonst nicht
geschieht — zur Umschreibung der im Possessiv oder Genetiv
angedeuteten Person, also il mio tuo suo sangue einfach für ich
du er, il sangue d' Alberto für Albrecht, gebraucht worden sei.
Es läge nahe, an unsre deutsche Redeweise ein junges, edles, un-
schuldiges Blut zu erinnern, die sich möglicher Weise auch im
Italienischen des Mittelalters findet, wenn das nicht ganz etwas
andres wäre : denn das Blut ist hierbei nicht etwas, das der Person
zugehört, sondern es vertritt die Person, indem ihm ein derselben
zukommendes Attribut beigelegt wird; das der Redner wenigstens
im Sinne hat, wenn unter den Belegen im deutschen Wörterb.
ein und das andre Mal auch ohne Attribut vorkommt dies Blut,
32*
480 Max ftieger,
oder solch ein Blut. Eine Redeweise wie 'Gerechtes Gericht
komme über sein Blut', statt über ihn, oder über sein Haupt,
gibt es im Deutschen wenigstens nicht. Bis sie im Italienischen
durch Beispiele dargethan wird, muß es erlaubt sein, die fragliche
Stelle einstweilen nach Dantes eignem Sprachgebrauch zu verstehn,
das seine Ausleger nicht hätten unterlassen sollen. Sie haben
aber noch etwas andres zu bedenken unterlassen.
Ein Gericht, das von den Sternen fällt, ist ihnen einfach ein
Gericht Gottes; Scartazzini hat dazu nur die Bemerkung, da der
Kaiser nach Dantes System keinen Obern habe als Gott, könne
er allein von Gott bestraft werden. 'Die Sterne' will hienach
so viel sagen wie der Hinmiel in der Weise unsres heutigen Ge-
brauchs, wenn wir den Namen Gottes lieber aus dem Spiele lassen.
Es weiß aber jeder Leser Dantes, daß für diesen die überirdischen
Dinge zu genau systematisiert sind, als daß man die Sterne bei
ihm ohne weiteres als figürliche Redensart zu nehmen hätte für
Gott und sein Regiment, das sich eines zugelassenen Verbrechens
als Strafe für den betroffenen bedienen könnte. Der Sitz Gottes
ist das unendliche Empyreum, das alle himmlischen Sphären
umgibt; und mit Sternen ist auch die äußerste der neun einge-
schlossenen, das primum mobile, noch nicht versehen. Es folgt
nach innen der Himmel der Fixsterne und weiter die Sphären der
sieben Planeten, und diese Sphären, beziehungsweise die Sterne,
in denen sich ihre Kraft sammelt, und eigentlich die Intelligenzen,
von denen sie bewegt werden, wirken bestimmend auf die irdische
Natur, einschließlich der menschlichen nach Leib und Seele. Für
keinen, der auch nur die Canzone Voi ch* intendendo il terzo ciel
movete gelesen hat, bedarf es hierfür des Nachweises. Ebenso
bekannt ist, wie Dante nicht unterläßt, diese Lehre mit der Frei-
heit des Willens gebürend auseinander zu setzen Purg. 16, 73
Lo cielo i vostri movimenti inizia,
nondico tutti: ma, posto ch' iol dica,
lume v' k dato a bene ed a malizia;
so daß von der Verantwortlichkeit für die Handlungen der Men-
schen die Sterne frei bleiben, obgleich ihr Einfluß Neigungen
zum Guten oder Bösen wirken kann. Die Ausleger hätten sich
also erinnen dürfen, daß eine Mordtat wie jede Handlung, zu der
der freie Wille einwilligen muß, nicht von den Sternen fallen
kann , wenn auch von dem movimento , das ihr im Gemüte des
Mörders vorausgeht, der biasmo die himmlische Influenz trifft
(Par. 4, 62—60). Vielmehr hätte der Dichter, auch angenommen,
er beschwöre das Gericht auf Albrechts eignes Haupt, mit seinem
über eine miBverstandene Stelle in Dantes Commedia. 481
Ausdrucke ein durch den natürlichen Causalnexus herbeigeführtes
Unglück meinen müssen. Und an ein solches hat er gedacht, wenn
er, wie ich für unzweifelhaft ansehe, das Gericht über ihn auf
sein Blut (seinen Samen) beschwur, wo es ihn ja härter als an
der eignen Person treffen konnte.
Aus dieser Auffassung folgt nun aber mit Notwendigkeit, daß
die Stelle vor dem Ereignisse des 1. Mai 1308 gedichtet worden
ist. Denn nachdem dasselbe bekannt war, hätte Dante kein an-
dres CTnheil mehr als dieses zum Gegenstand seiner auf den Stand-
punkt von 1300 versetzten Verwünschung machen können; zumal
Albrechts Untergang so leicht mit der ihm wie seinem Vater
schuld gegebenen cupidigia di costä in Zusammenhang gebracht
werden konnte, indem der Mörder ihn um vorenthaltener Erb-
rechte willen gehaßt hatte. Das Ereignis war zu ungeheuer,
mußte auch die wälschen Gemüter zu tief bewegen, als daß Dante
es in diesem Zusammenhang ignorieren konnte, wenn er von ihm
wußte, als er den sechsten Gesang des Purgatorio schrieb.
Nachdem durch die sprachlich gebotene Auffassung von il tuo
sangue ein fester Stützpunkt gewonnen ist, wage ich auch mich
auf den ganzen Eindruck zu berufen, den die Invective gegen den
Alberto Tedesco dem unbefangenen Leser macht. Ist es nicht
der, daß hier eine Leidenschaft spreche, wie man sie nur Lebenden
gegenüber so lebhaft empfindet und ausläßt? Sie spricht — wol
zu bemerken — nicht in einer episch vorgestellten Situation aus
dem Munde einer dabei beteiUgten Person, sondern in einer Zwischen-
rede, womit der Dichter seine Erzählung unterbricht, also auch
deren Horizont verläßt und den der Gegenwart, worin er erzählt,
annimmt. So oft auch die subjectiven Eindrücke, die bei der
historischen Kritik mitspielen, dem Spotte Scartazzinis verfallen,
man kommt auch bei Dante nicht ohne jenes Ding aus, das Lach-
mann das poetische Gefühl nannte und zur Controle der Kritik
unerläßlich fand.
Da der gewählte Standpunkt in der Vergangenheit dem Dichter
reiche Gelegenheit gibt, geschehene Dinge in die Zukunft zu ver-
legen, ist es nicht seine Art, Anweisungen auf die Zukunft aus-
zustellen, die sie vielleicht nicht anerkennen wird; es sei denn
in der eigentlichen Hauptsache seines großen politischen Glaubens,
der doch von dem irdischen Gericht über König Albrecht nicht
bedingt wird. Es ist daher kaum möglich, an der Beziehung des
giusto giudizio auf ein Ereignis vorbeizukommen, darin es wirklich
vollzogen scheint : nämlich auf den Tod des ältesten , tüchtigen
und geliebten Königssohnes Rudolf, den der Vater zum König
482 ^ft^ Rieger,
über Böhmen gesetzt hatte; der 26 Jahr alt im Lager vor Ho-
razdiowic an der Ruhr erkrankte und am selben Tage, wo er
noch eine Urkunde für Heinrich von Rosenberg ausstellte, dem
4. Juni 1307 rasch hinstarb (Palacky Gesch. Böhmens ü, 2, S. B4 f.).
Das war für das Urteil von Zeitgenossen, die sich über Albrecht
zu beklagen hatten, ein von den Sternen auf sein Blut gefallenes
Gericht, so offenbar und neu wie sie es wünschen konnten. Und
obgleich Albrecht nun schon neun Jahre seines Königtums Italien
sich selbst überließ, muß dort die Laufbahn des gewaltigen Her-
schers noch immer von den einen mit feindseliger Besorgnis, von
den andern mit sehnlicher Ungeduld, von allen aufmerksam beob-
achtet und die Todesbotschaft aus Böhmen daher als ein, mit der
Zeitungssprache zu reden, sensationelles Ereignis aufgenommen
worden sein.
Rechnet man für die Verbreitung einer solchen Kunde einen
Monat, so ergibt sich, daß der sechste Gesang des Purgatorio
zwischen dem Juli 1807 und dem Juni 1808 gedichtet war, und
die neuerdings angenommene Chronologie der Werke Dantes, wo-
nach die ganze Commedia erst nach dem Tode Heinrichs VII. ent-
standen wäre, müßte demgemäß corrigiert werden. Mindestens
die 8 ersten Gesänge des Purgatorio, die in dessen Vorräumen
handeln, würden mit dem ganzen Inferno über das Convivio hin-
aufrücken, dessen Entstehung zwischen 1307 und 1308 nicht be-
zweifelt werden kann.
Freilich würde dabei die Vorstellung vorausgesetzt, daß Dante
die 100 Canti seines Werks, so wie sie auf einander folgen, der
Reihe nach auch geschrieben, nicht aber wie Scartazzini (Handb.
5. 382 ff.) meint, nach einem detaillierten Plane bald diese, bald
jene darin vorgesehene Partie ausgearbeitet und so Materialien
gewonnen habe, um sie endlich zum Bau zusammenzusetzen. Ich
halte die erstere Vorstellung bei einem Dichter des Mittelalters
für die berechtigte, es müßte denn die andere aus bestimmten
Anzeichen deutlich erschlossen werden.
Meiner Folgerung scheinen freilich andere chronologische Merk-
male unvereinbar gegenüberzustehn.
Kommt doch schon im ersten Gesänge des Inforno der viel-
beredete veltro vor, dessen Beziehung auf Cangrande della Scala
jetzt wol keinem Zweifel mehr begegnet. Und dieser Fürst war
1307 erst 16 Jahre alt und konnte nicht einmal vor 1313, wo
Kaiser Heinrich starb und ihn als Reichsvikar hinterließ, als die
Hoffnung der guten Sache in Italien betrachtet werden. Um die
Abfassung der ganzen Commedia in die Zeit nach des Kaisers
über eine misyerstandene Stelle in Dantes Commedia. 483
Tod hinab zu rücken kommt hinzu, daß im 19. Gesänge des In-
ferno, in den dem Geiste Papst Nicolaus III. geliehenen propheti-
schen Worten, der Dichter sich von der Lebensdauer des 1314
gestorbenen Clemens V. unterrichtet zeigt.
£s ist jedoch mit jedem solchen terminus a quo an sich eine
misliche Sache. Denn die Möglichkeit läßt sich nicht leugnen,
daß in der langen Zeitdauer, die das große Werk erheischte, der
Dichter längst verfaßte Teile nochmals überging und aus neuen
Motiven, die sich im Fortgang der Zeit ergaben, Aenderungen
oder Einschiebungen vornahm. Solche dürften gerade an beiden
erwähnten Stellen sich als denkbar, vielleicht nicht als unwahr-
scheinlich erweisen. Inf. 1, 60 ist Dante durch die Wölfin an
den Fuß des Hügels, den er ersteigen wollte, zurückgetrieben.
Er ruft V. 88 die Erscheinung Virgils um Hülfe gegen dieses
Tier an und erhält die Antwort a te convien teuer altro viaggio
se vuoi campar d' esto loco selvaggio , die sich mit V. 112
fortsetzen könnte, ohne daß die sich dazwischen einschiebende Aus-
führung über die Natur der Wölfin und ihren künftigen Besieger
etwas förderliches zur Erzählung beitrüge. Und ähnlich verhält es
sich im 19. Gesänge. Es ist so wirksam als sinnreich, wie Dante
es ermöglicht, bei den simonistischen Päbsten, die der Hölle ver-
fallen sind , des im angenommenen Zeitpunkt von 1300 noch am
Leben befindlichen Bonifatius VIII. zu gedenken, indem er ihn
von Nicolaus in. zur Ablösung von der besondern Pein, die immer
der letzte zu leiden hat, erwarten läßt, aber dieser Kunstgriff
wird dadurch, daß ihn der Dichter auf einen nach Bonifatius
kommenden Pabst erstreckt, in einer Weise abgenutzt, wie es
eher auf Rechnung einer nachträglichen als einer ersten Intention
kommen möchte, indes die hierzu verwendeten Terzinen sich glatt
herauslösen und für den Zusammenhang ganz entbehrlich sind.
Eine dritte Prophezeiung im sechsten Gesänge des Inferno,
dem ersten Florentiner, dem der Dichter begegnet, in den Mund
gelegt, wonach die Herrschaft der Schwarzen in Florenz schon
lange Zeit bestanden haben muß, als die betreffenden Worte ge-
schrieben wurden, würde es schwerer fallen, als Interpolation des
Dichters in Anspruch zu nehmen: wäre sie eine, so zeigte sie
sich doch unlösbar verwebt. Aber sie darf für meine chrono-
logische Folgerung billig außer Betracht bleiben, weil lungo tempo
ein zu relativer Begriff ist. Als dessen Maß drängt sich hier die
vorausgegangene kurze Herrschaft der Weißen auf, im Vergleich
mit welcher ein Verbannter den jetzigen Zustand gar bald als
langewährend empfinden konnte. Heißt es doch auch kurz vorher
484 ^ctx Rieger,
im selben Znsammenliange (Y. 64) dopo longa tenzone verranno
al sangne mit Bezug auf Vorgänge, die bei Villani von den ersten
vier Monaten des Jahrs 1300 umfaßt werden.
Ausgeschlossen ist durch diese Prophezeiung des Ciaeco nur
was Boccaccio mitteilt, wie im sechsten Jahre nach Dantes Flucht
die sieben ersten Gesänge des Inferno unter seinen zurückge-
lassenen Sachen gefunden und dem Markgrafen Moroello Mala-
spina für den Verbannten, der sich bei ihm aufhielt, zugestellt
wurden. Diese Erzählung, die Kraus (Dante, S. 63) 'gänzlich mit
dem Charakter reiner Erfindung behaftet' nennt, hat meines Er-
achtens Anspruch auf die sorgfältigste Erwägung ihrer Glaub-
würdigkeit, die ihr auch Scartazzini nicht versagt hat*).
Ausgeschlossen ist vor allem der Verdacht, daß die Geschichte
ein Erzeugnis der novellistischen Phantasie Boccaccios sei, da er
selbst sie zum Gegenstand einer verständigen Kritik macht und
schließlich dem Leser oder Hörer anheimgibt, was er davon für
wahr oder wahrscheinlich halten wolle. Er hat sie zuerst in seiner
1363—64 geschriebenen Vita mitgeteilt, ohne seinen Gewährsmann
zu nennen oder den Namen des glücklichen Finders anzugeben;
später in seinem Comento von 1373 — 74 vernehmen wir, daß er
sie von Dantes Schwestersohn Andrea Poggi hatte, dessen dimestico
er geworden war, einem ungelehrten Manne — uomo idioto — ,
aber d' assai buono sentimento naturale e ne' suoi ragionamenti
e costumi ordinato e laudevole, und daß dieser selbst der Mann
gewesen sein wollte, der im Auftrage von Dantes Gattin fünf
Jahre oder mehr nach dessen Flucht aus Florenz in den von ihr
an einen heiligen Ort geflüchteten Kisten in Gesellschaft eines
procuratore nach Documenten suchte, dabei die sieben Gesänge
fand und sie dem Dichter Dino Frescobaldi vorzeigte. Sogleich
fügt aber Boccaccio hinzu, daß ihm genau dieselbe Geschichte einst
un ser Dino Perini erzählt habe, florentinischer Bürger und int^n-
dente uomo, der secondo ch^ esso diceva in hohem Grade familiäre
e amico di Dante gewesen war; und dieser habe anstatt des An-
drea sich selbst zum Helden der Geschichte gemacht. Welchem
von beiden mehr Glaube zu schenken sei, läßt Boccaccio dahin
gestellt; doch scheint mir aus seiner Ausdrucksweise deutlich zu
sein, daß er selbst dem Andrea zu glauben bereit war, hätte ihm
nicht die Schwierigkeit mit der Prophezeiung Ciaccos die ganze
1) Er nimmt an, um die Nachricht mit der Entstehung der Commedia, wie
er sieldenkt, reimen za können, daB das gefundene Manoscript nur eine Mate-
rialiensammlang, keine aasge&rbeiteten Canti enthielt.
über eine misyersUndene Stelle in Dantes Commedia. 486
Geschichte verdächtig gemacht. War Dino Perini wirklich ein
Vertrauter und als solcher ungefähr Altersgenosse Dantes ge-
wesen, so hatte er um die Mitte des Jahrhunderts, wo Boccaccio
als gereifter Mann zuerst nach Florenz kam, seine achtzig auf
dem Rücken und mag ihnen bei den Geschichten, die er erzählte,
seinen Tribut gezahlt haben. Indes war auch die Erinnerung des
Andrea Poggi nicht mehr frisch und kann ein Teil mjrfchisiert
haben. Nun spielen eine bedenkliche Rolle bei seiner Erzählung
die Anfangsworte des achten Gesangs lo dico seguitando, die dem
anbefangenen Leser nur sagen, daß der Dichter mit dem neuen
Gesänge nicht wie gewöhnlich etwas neues anhebt, sondern in der
am Schlüsse des vorhergehenden Gesangs eröffneten Scene fort-
fahrt; zu deren Erklärung aber der Commentator Andreas Ge-
schichte beibringt und zu verstehn gibt, daß sie die Wiederauf-
nahme der lang unterbrochenen Dichtung nach wieder erlangtem
Manuscripte ausdrücken. Boccaccio konnte diese Erklärung nicht
als seine eigne entschiedene Meinung geben, wenn ihm die Ge-
schichte zweifelhaft war; er hat sie nur zu beliebigem Gebrauche
dargeboten, falls einer sich über das ungewöhnliche seguitando
wundern sollte. Daraus wird es wahrscheinlich, daß er sie mit
der Geschichte von Andrea Poggi übernommen hat; dieser aber,
wenn er die Anfangsworte des achten Gesangs mit seiner Er-
innerung an den Fund des Manuscripts combinierte, ist möglicher
Weise so erst dazu gekommen, die Zahl der gefundenen Gesänge,
die er sich schwerlich zu künftiger Verantwortung notierte, auf
sieben anzugeben. Waren es deren in der Tat nur fünfe, so ge-
hört die Prophezeiung des Ciacco schon der Fortsetzung an, und
die Geschichte des Andrea, die hinsichtlich des Aufenthalts Dantes
bei den Malaspina im achten Gesänge des Purgatorio (V. 133) be-
stätigt wird, bleibt in ihrem wesentlichen Inhalte bestehn als
Zeugnis, daß die Commedia schon vor dem Exil des Dichters ent-
worfen und begonnen war. Eine andre Frage ist, ob man ihr
glauben soll, daß Dante durch die Trennung von seinem Manuscripte
sich genötigt fand, das für ihn so bedeutungsvolle Werk aufzu-
geben, daß er also sich außer Stand fühlte, die fraglichen Ge-
sänge neu zu schaffen. Dies konnte man in Florenz schwerlich
wissen, so wenig wie das was nach Einsendung des Manuscriptes
zwischen ihm und dem Markgrafen verhandelt ward, und dieser
Teil der Erzählung scheint nach Wahrscheinlichkeit erfunden zu
sein, wenn auch nicht von Boccaccio, der ihr die Form gab. Sollte
man es aber wahrscheinlicher finden, daß Dante die in Florenz
zoräckgelassenen Gesänge in den nächsten Jahren seines Exils
486 Max Rieger,
nochmals ausgearbeitet habe, so hört auch so die Schwierigkeit
wegen Ciaccos Prophezeiung auf, da diese vielleicht erst bei der
zweiten Bearbeitung entstand.
So viel steht unter allen Umständen fest, daß die von Boccaccio
benutzte Tradition das Inferno noch vor der Verbannung des
Dichters in Florenz beginnen ließ. Und darin dürfte sie dessen
eignes Zeugnis für sich haben, sofern ich mir nicht mit Unrecht
einbilde, ihn nach Wortlaut und Zusammenhang scharf aufzu-
fassen und einfältig zu verstehn.
Die vielbesprochene Stelle am Schlüsse der Vita nuova, auf
die ich nun kommen muß, lautet : Appresso a questo sonetto appar-
ve a me una mirabil visione, nella quäle vidi cose, che mi fecero
proporre di non dire piü di questa benedetta infino a tanto, che
io non potessi piü degnamente trattare di lei. E di venire a cio
io studio quanto posso, si come ella sa veramente. Siecht, se
piacere sarä di colui, per cui tutte le cose vivono, che la mia
vita per alquanti anni duri, spero di dire di lei quello che non fu
mai detto d' alcuna.
Wenn, was niemand bezweifelt, das hier erwähnte dichterische
Vorhaben eins ist mit dem in der Commedia ausgeführten, so fragt
es sich, in welchem Sinne Dante von ihm spreche: als sei die
Ausführung erst beabsichtigt oder als habe sie begonnen. Es
kommt ganz darauf an, was man sich unter io studio denkt. Es
könnte heißen: ich studiere, d. h. erwerbe mir Kenntnisse, bilde
meinen Geist aus , um der hohen Aufgabe gewachsen zu sein.
Oder: ich bin mit der Vorbereitung des großen Werkes beschäf-
tigt, ich arbeite an der Skizze, sammle Materialien, führe einzelne
Partien schon aus, um sie an ihrem Orte später einzufügen; dies
ist die Auffassung Scartazzinis. Mir scheint weder die eine noch
die andre Auffassung eine wahrscheinliche Vorstellung vom Ver-
fahren eines Dichters zu geben, der mit allem wissenschaftlichen
Sinne und aller Gelehrsamkeit immerhin der Sohn eines einfach
denkenden, wenig schreibenden und dem Gedächtnis viel ver-
trauenden Zeitalters war. Gewiß bedingte der Plan der Com-
media, indem er gefaßt ward, sogleich eine Disposition, und mit
den drei Hauptteilen werden die 100 Gesänge von vorn herein
beabsichtigt gewesen sein ; auch mußte die Construction eines jeden
der drei Reiche entworfen sein, ehe dieselben durchwandert wurden.
Aber warum soll sich der Inhalt der einzelnen Gesänge nicht er-
geben haben, sowie jeder an die Reihe kam verfaßt zu werden?
warum der Ausarbeitung eine längere Periode der Materialsamm-
Inng und methodischen Vorbereitung vorausgegangen sein ? Jahre
über eine misTerstandene Stelle in Dantes Commedia. 487
des philosophischen Studiums waren der wanderbaren Vision vor-
ansgegangen, Jahre des Studiums folgten ihr nach, um neben dem,
was der Dichter sah und erlebte, in seinem Gedächtnisse die Stoffe
abzusetzen, die seiner gestaltenden Phantasie im Fortschreiten der
Arbeit zur Hand waren.
Genau besehen handelt die Stelle am Schlüsse der Vita nuova
gar nicht von der Commedia als solcher, sondern von der beab-
sichtigten beispiellosen Verherrlichung der Beatrice, wozu jene
die Gelegenheit gab. Zu diesem Ziele zu gelangen — di venire
a ciü — bemüht sich der Dichter so viel er kann. Die Gelegen-
heit findet sich aber oder beginnt erst mit den letzten Gesängen
des Purgatorio; die Sendung zuVirgil als Botin der Himmlischen
ist noch eine verhältnismäßig bescheidene Ehre für die verklärte
Geliebte; und vor jener Gelegenheit liegt nach des Dichters
Schätzung noch die Arbeit für einige Jahre. Was er versichert
ist, daß er sich nach Kräften bemühe dieselbe zu fördern, und
begonnen ist sie demnach schon. Die Vita nuova selbst stellt
sich dann heraus als eine Art Prolog zu der Conmiedia, bestimmt,
die Erwartung auf sie zu spannen, aber auch den Leser mit der
irdischen Persönlichkeit bekannt zu machen, deren Macht über
des Dichters Gemüt ihn bewegt ihr die große allegorische Rolle
in seinem Werke zu übertragen.
Das Motiv aber der ihr in dieser Rolle zugedachten beispiel-
losen Verherrlichung hatte die wunderbare Vision geliefert, die
freilich Scartazzini mit allen, die sonst in der Vita nuova vor-
kommen, für rein erdichtet hält, weil ein so gesunder kräftiger
Geist wie Dante kein Visionär gewesen sein könne (Proleg. 423.
Handb. 284). Also hatte wohl auch Paulus der Apostel, der sich
an Energie des Verstandes mit Dante messen kann, keine Träume
und Visionen ? Also hörte wohl auch Sokrates als notorisch nüch-
terner Dialektiker keine Stimme seines Daimonions? Mir dünkt
das ein aus der geistigen Verfassung des modernen Menschen zu
rasch erschlossenes Urteil*). Wer wird nicht zugeben, daß die
Träume und Visionen der Vita nuova mit ihrem ganzen epischen
Inhalte nicht den Wert von Aufzeichnungen eines Tagbuchs haben.
1) Was soll man aber denken, wenn Scartazzini fortfährt: *Die Vision ist
eben die Form, welche er nach Boethius Vorgange gewählt hat, am seine Oe-
danken einzukleiden' ? Boethius führt einen Dialog mit der als ehrwQrdige Frau
personificierten Philosophie auf und muB diese Personifikation zu Anfang not^
wendig episch einführen. Davon konnte Dante etwa lernen, die Dame seiner
Canzonen im Convivio als Philosophie zu allegorisieren ; aber welche Verwandt-
schaft haben mit einem solchen 'Vorgang' die Visionen der Vita nuova ?
488 Max Bieger,
sondern dichterisch stilisiert seien. Sie möchten immerhin ganz
erdichtet sein: wenn aber Dante eine Vision nicht etwa mitteilt,
sondern ohne den Inhalt anzugeben trocken berichtet, daß er sie
gehabt habe mit der und der Folge für sein Wollen und Thun,
so ist das nicht gedichtet, sondern entweder die Wahrheit ge-
sprochen oder geflunkert.
Doch lautet es wiederum, als erkenne Scartazzini die Ge-
schichtlichkeit dieser und andrer Visionen Dantes an, wenn er
S. 285 sagt: *Die Schlußvision des Neuen Lebens gehört zweifels-
ohne zu denen, von welchen F. XXX, 133 fg. die Rede ist, welche
wirkungslos blieben, was von der Vision der göttlichen Komödie
sicher nicht gilt' ; denn bei Visionen, die nur vorgegeben werden,
kann doch, wenn man dies weiß, weder von Wirkung noch Nicht-
wirkung die Rede sein. Da man aber einem scharfsinnigen Ge-
lehrten einen Widerspruch mit sich selbst nicht zutrauen kann,
muß der Sinn des angeführten Satzes wohl der sein: als Dante
den 30. Gesang des Purgatorio schrieb, wollte er, daß der Leser
bei den wirkungslos gebliebenen Visionen, von denen dort Bea-
trice spricht, an jene Vision dächte, die er am Schlüsse der Vita
nuova vorgegeben hatte. Dagegen aber läßt sich einwenden, daß
eine hoffnungslosere Zumutung dem Leser nicht gemacht werden
konnte, nachdem eben dieser Vision vom Verfasser eine besonders
tiefe und nachhaltige Wirkung auf sein Verhalten gegenüber der
verklärten ßeatrice beigelegt war.
Wer unserm Dichter glaubt, was er am Schlüsse der Vita nuova
berichtet, und wer demnach die Idee der Commedia auf die wunder-
bare Vision zurückführt, der wird auch geneigt sein zu glauben, daß
Dante in der Zeitbestimmung der auf sie begründeten poetischen
Handlung nur dem erlebten sein Recht gelassen habe, daß also
die wunderbare Vision im Jahre 1300 um das Frühlingsäquinoctium
stattgefunden habe. Scartazzini muß dahin gestellt lassen, was
den Dichter zu dieser Zeitbestimmung bewog ; denn die Andeutung
daß das Jubiläum mit seinem großen Ablaß durch den tiefen Ein-
druck, den es seinem Gemüte gemacht habe, daran schuld sein
könnte, scheint für ihren Urheber selbst keinen sehr hohen Wert
zu haben. Aber er glaubt durch ein Urteil der Textkritik der
Gleichsetzung des Datums der wunderbaren Vision mit dem der
Handlung des großen Gedichtes eine Stütze zu zerbrechen, die
für sicher gegolten hatte. Das vorletzte Gedicht der Vita nuova
schien durch den Commentar des Dichters (c. 41] bereits dem
Jahre 1300 zugewiesen durch die Worte in quel tempo che molta
gente andava per vedere qnella imagine benedetta, la quäle Gesü
r
über eine misTerstandene Stelle in Dantes Commedia« 489
Cristo lasciü a noi per esempio della sua belUbsima figora; indem
man sich an Yillanis Erzählung hielt, daß im Jubeljahr zur Stär-
kung der Pilger jeden Freitag und Festtag in St. Peter la Ve-
ronica del sudario di Cristo gezeigt worden sei. Wenn man va
statt andava liest, so wird eine Zeit jedes gewöhnlichen Jahres
angedeutet, wo die Veronica zu sehen war, und ein in jedem Jahr
zu gewissen Zeiten wahrzunehmendes Strömen von Pilgern; und
diese Lesart hält Scartazzini für ^unzweifelhaft richtig^ weil sie
in 24 Handschriften, die andre nur in dreien vorkomme. Aber seit
wann entscheidet denn die Mehrheit der Handschriften wie in einem
Parlament über den Wert der Lesarten? Die magliabecchianische
Pergamenthandschrift, die einzige des 14. Jahrhunderts, welche daher
auch d'Ancona und Witte als Herausgeber zu Grunde legen, liest
andava. Mit dieser Form der Vergangenheit blickt Dante aus
dem Standpunkte künftiger Leser auf seine Gegenwart zurück
und es L$t durchaus nicht nötig, wie Scartazzini meint, ans ihr
zu folgern, daß das Buch später als 1300 geschrieben sei
Eine Zeitgrenze seiner Abfassung bildet der Tod des Guido
Cavalcanti, dem es gewidmet ist. Er starb früh im Jahre 1301 ^).
Ln Laufe von 1300 bis in den Anfang des folgenden Jahres mußte
also der Plan der Commedia in den Hauptzügen zu Stande ge-
kommen sein, ihre Ausarbeitung begonnen haben und die Prosa
zu den Gedichten der Vita nuova geschrieben sein. Wenn nicht
etwa der Bericht dieser letztern über des Verfassers Erlebnisse
seit dem 9. Juni 1291 bis zu der wunderbaren Vision eine wirk-
liche Schwierigkeit bildet. Denn diese Erlebnisse scheinen sich
in einen sehr kurzen Zeitraum zusammen zu drängen und die
nahezu neun Jahre bis 1300 entfernt nicht auszufüllen.
Wir wissen aus dem Convivio, daß in diese Jahre Dantes
Studium der Philosophie fiel, das ihm nach einer Dauer von 30
Monaten jeden andern Gedanken vertrieben hatte, also natürlich
länger als dritthalb Jahr dauerte. Wir wissen mehr aus den
zwei in der Commedia angeführten Canzonen und der von der
zweiten derselben vorausgesetzten Ballate Voi che sapete ragionar
d*amore; wir sehen aus diesen Gedichten, daß Dante seine mit
Ruhm begonnene Laufbahn als trovatore weiter verfolgte, bei der
1) ZarQckgekehrt von Sereszano, wohin er mit andern H&aptern der Weißen
confiniert war» um dem Strafurteil über Corso Donati und andre Schwarxe wegen
der Verschwörung im December 1300 ein Gegengewicht su schaffen. Die B&ck-
kehr war dem Guido und seinen Genossen erlaubt worden per lo infermo luogo
und er kam schon krank zurück.
490 Max Rieger,
die Liebe so zu sagen zum Geschäft gehörte, und daß er nach
dem Tode der ersten Geliebten seine Huldigungen anderswo unter-
zubringen verstand. Wir wissen mehr aus der Commedia, wo die
auf der Höhe des Reinigungsberges erscheinende Beatrice vom
Dichter das Geständnis eines den Gütern dieser Welt hingegebenen
Lebens erhält: Le presenti cose col falso lor piacer volser miei
passi tosto che'l vostro viso si nascose (Purg. 31, 34), um dann
in ihrem Vorhalt fortzufahren bis zu der so deutlichen Terzine
Non ti dovean gravar le penne in giuso, per aspettar piü colpi, o
pargoletta o altra vanitä di si breve uso (58), wo die Beziehung
auf den Gegenstand der Ballate lo mi son pargoletta bella e
nuova, des Sonettes Chi guardera giammai senza paura und der
Canzone lo son venuto al tempo della rota, die gleichfalls von
der pargoletta handeln '), nicht zu verkennen ist, und dem strengen
Vorhalt der Himmlischen die graziöse Beimischung einer kleinen
weibHchen Eifersucht gibt. Wir wissen endlich aus der Begeg-
nung mit dem unter den golosi büßenden Forese Donati im 23.
Gesänge des Purgatorio, daß Dante vor dem Jahre 1296, in dessen
Anfang Forese starb, an dem lustigen Leben in Florenz in einem
Maße TeU genommen hat, das ihm die Erinnerung peinlich machte.
Der dunkle Wald, darin er sich in der Mitte des Menschenlebens
fand, war die Welt, an die er sich verloren hatte, aus der er
die lichte Höhe der Philosophie vergeblich zu ersteigen suchte,
weil die drei Tiere, die den Inhalt des Weltlebens darstellen, ihm
den Weg sperrten.
Diese ganze Periode der Abkehr von jener jugendlich idealen
Einheit der Liebe und Religion, die uns in der Vita nuova ent-
zückt, wird in derselben ersetzt durch die Erzählung, wie der
Verfasser alquanti di eine gewisse mitleidige Dame geliebt und
seiner Beatrice vergessen habe; und dadurch war der Versuch
gewiß dringend empfohlen, das Buch in die erste Hälfte der neun-
ziger Jahre zu verlegen, wodurch es zum Denkmal einer nur vor-
übergehenden Rückwendung zu Beatrice, eines vergeblich geblie-
benen Zwischenfalls in der Periode der Abkehr gemacht ward«
Der Versuch, der sich in allzu große Schwierigkeiten verwickelt,
wäre wohl zu umgehn gewesen, wenn man sich die Natur des
1) Die Andeatang einer noch halb kindlichen Geliebten, die von der donna
gentile yerschieden sein muB, liegt aach in Str. 4 der. Canzone Amor, che maoTi
toa virtü dal cielo, wo Amor gebeten wird non soffrir che costei per giovinesza
mi coudaca a morte; chö non s'accorge ancor, come ella place n^ come io
l'amo forte, n^ che negli occhi porta la mia pace.
i
über eine mis verstandene Stelle in Dantes Commedia. 491
Baches als Dichtung und Wahrheit völlig vergegenwärtigt hätte.
Mir scheint, daß schon hier der große Ailegorist sich ankündet,
den wir aus der Commedia kennen, der nicht mit trockener Per-
sonification arbeitet, sondern wirkliche Personen als Träger von
Principien auftreten läßt, die er nicht angibt, sondern zu erraten
aufgibt, so daß die Commentatoren sich an ihrer Formulierung
erschöpfen. Eine solche Grestalt ist Matalda, in der ich glaube
die schöne und liebenswürdige Freundin Beatricens erkennen zu
dürfen, von deren frühem Tode V. n. 8 handelt; eine solche ist
vor allen Beatrice selbst, und für eine solche nehme ich auch die
mitleidige Dame, die später im Convivio als Philosophie allegori-
siert werden konnte, in der Vita nuova aber einen ähnlichen, nur
minder derb gedachten Sinn hat, wie ihn die Deutschen des Mittel-
alters mit der frou Welt verbanden. So konnte der Gegenstand
der ersten neuen Neigung, die den Dichter seiner Trauer um
Beatrice entriß, in dem Werke, das dem Andenken dieser geweiht
ist und mit der Rückkehr zu ihr sein Ziel erreicht, die Abkehr
symbolisieren und gewisser Maßen als Abbreviatur einer ganzen
Lebensperiode dienen. Die alquanti dl drücken nicht eine nur
nach Tagen zu berechnende, sondern, wie in C. 9 und 19, und wie
alquanto tempo in C. 36 eine Zeitdauer aus, die man, ob lang
oder kurz, in poetisch empfundener Darstellung rein unbestimmt
läßt, und die Mitleidige repräsentiert alles das, was dem Dichter
den falschen Trost der Welt gewährt hat.
Ein deutliches Zeugnis für die frühe Entstehung der Vita
nuova soll das Convivio in seinem ersten Capitel ablegen, wo die
Verschiedenheit dieses Werkes von jenem so erklärt wird: io in
quella dinanzi all' entrata di mia gioventute parlai, e in questa
(opera) dipoi quella giä trapassata. Aber diese Worte würden
ja die Vita nuova gar auf 1290, wo Dante 25 Jahre alt war und
Beatrice erst starb, zurückverlegen! Ich halte es für deutlich,
daß hier an die in dem Buch enthaltenen parole rimate, die seinen
Hauptinhalt ausmachen, gedacht ist, und nicht an den so ruhig
sachlichen Commentar. Und nicht anders verhält es sich mit dem
Zeugnis in Conv. 2, 13, wo der Verfasser sagt, daß es ihm nach
anfänglicher Schwierigkeit endlich gelungen sei, in die sentenza
von Ciceros Lälius einzudringen, quanto Tarte di gramatica, ch' io
aveva, e un poco di mio ingegno potea fare ; per Io quäle ingegno
molte cose, quasi come sognando, gik vedea; siccome nella Vita
nuova si puo vedere. In der V. n. kann man das sehen, weil sie die
Grediohte enthält, die zur Zeit jenes Studiums schon vorhanden waren,
nicht weil das Buch, das dieselben enthält, schon geschrieben war.
492 ^*x Rieger,
Aber war nicht gar nach dem Zeugnis der Canzone Donne
ch' avete intelletto d* amore (in dem auf den Dichter bezüglichen
Relativsatze : e che dirä nell' inferno ai malnati : io vidi la spe-
ranza dei beati) die Idee der Commedia schon vor 1290 gefaßt,
so daß es keiner Vision mehr bedurfte um sie zu erzeugen? Aus
dieser Stelle geht so viel hervor, daß Dante sich damals bereits
mit dem Project einer Höllenfahrt trug, und mehr nicht; und
dieses Project muß von dem später ausgeführten sehr verschieden
gewesen sein, weil dieses letztere zu einer solchen Rede an die
Verdammten nirgend Gelegenheit gegeben hätte ; vielmehr erweist
Dante keinen von ihnen die Ehre, jener Seligen gegen ihn Er-
wähnung zu thun. Ich könnte mir denken, daß der junge Dichter
zu einem solchen Werke mit guelfischer Tendenz entschlossen,
vielleicht aufgefordert war, um die verstorbenen Gegner der Partei
Revue passieren zu lassen.
Ich glaube gezeigt zu haben, daß die aus Purg. 6, 101 er-
schlossene frühe Entstehung eines großen Teils der Commedia
mit den recht verstandenen eignen Zeugnissen des Dichters nicht
im Widerspruche steht. Sie paßt nur nicht zu einer bekannten
Construction des innern Lebens oder der geistigen Entwickelung
Dantes, wonach das Convivio als Product einer philosophischen
Periode sich einschieben muß zwischen die Vita nuova als Denkmal
einer naiv gläubigen und die Commedia als Denkmal einer dritten
theologisch befriedigten Periode. Ich habe gegen diese Construction
in der Umbildung, die ihr in Scartazzinis Handbuch geworden,
an sich nichts einzuwenden, und sie bedürfte nur einer leichten
Aenderung, um sich dem exegetischen Resultat, das ich vorlege,
anzubequemen.
Nach Scartazzini muß ja der Uebergang von der zweiten zur
dritten Periode mit Schwankungen und stufenweise geschehen sein,
das er durch die Purg. 30, 133 erwähnten vergeblich gebliebenen
Impulse bestätigt findet. So könnte denn ein erster früher An-
lauf zur Commedia wieder gestockt haben, weil die innere Ent-
wickelung noch nicht zur Reife gelangt war, und während dieser
Stockung könnte die zweite Periode noch einmal neue Kraft ge*
Wonnen und das Convivio hervorgebracht haben.
Nur mochte ich mich dagegen verwahren, daß die Beschäfti-
gung mit der Philosophie und das Vertrauen auf sie, als Inhalt
der zweiten Periode, Gegenstand der Reue für den Dichter and
des strafenden Vorhalts durch Beatrice sei. Dieser Gegenstand
ist nur das Erlahmen des religiös-sittlichen Idealismus der ersten
über eine misTerstandene Stelle ans Dantes Commedia. 493
Periode und die Hingebung an die Zwecke des Weltlebens; die
scuola ch' hai segaitata Porg. 33, 85 kann ich im Zasammenhang
mit der vorausgegangenen Rede der Beatrice nur von der guelfisch-
klerikalen Politik verstehn, der Dante nach der Tradition seines
Hauses und der Lehre Brunetto Latinis bis 1300 gefolgt war,
und nicht von irgend welcher den himmlischen Weg (nostra via)
verlassenden philosophischen Schulweisheit. Gewiß folgte bei
Dante eine theologische auf eine philosophische Periode, aber nicht
in der Weise des Gegensatzes (der sich nirgend erkennen läßt),
sondern nur so, daß die erste als Vorstufe der andern über-
wunden ward.
Ich glaube, die Unterbrechung der Commedia durch das Con-
vivio, die ich annehme, erklärt sich weit leichter und einfacher
aus der äußern als aus der Innern Geschichte Dantes.
Scartazzini ist der erste Biograph, der sich die praktische
Frage vorlegte, wovon Dante als armer, aber stolzer Exulant
allezeit seinen Unterhalt möge bestritten haben, und der aus dessen
gut beglaubigtem Verweilen in Bologna, Padua und Paris wie aus
seiner bezeugten spätem Lehrthätigkeit in Ravenna die einleuch-
tende Antwort fand : als Lehrer der Wissenschaften, die er im da-
maligen Sinne beherrschte ; womit das gleichzeitige Studieren andrer
Wissenschaften bei andern Lehrern derselben Hochschule nach mittel-
alterlicher Weise nicht ausgeschlossen war. Nun ward er, so weit
sein Volgare erklang, als berühmter trovatore aufgenommen und
fand mehr oder weniger Kenntnis seiner Canzonen bei den lite-
rarisch gebildeten Landsleuten vor. Hatte er aber jetzt den Ge-
lehrten und Philosophen zu repräsentieren und galt es, mit diesem
den Dichter unter einen Hut zu bringen und den letztern so zu
sagen dem erstem unschädlich zu machen, so war es für einen
scholastisch disciplinierten Geist kein femliegender Gedanke, seine
Gedichte erotischen wie moralischen Inhalts durch die Kunst der
mehrfachen Auslegung zum Gegenstande von Vorlesungen zu
machen. Aus solchen, vermute ich, entstand der Plan und die
Disposition des Convivio, damit der gleiche Unterricht auch dem
Lese-Publikum der Volkssprache dargeboten würde; während das
unter den gleichen Umständen entworfene Buch De vulgari elo-
quentia den gelehrten Kreisen vorbehalten blieb, um bei ihnen
den Gegenstand zu Ehren zu bringen.
So dürfte es geschehen sein, daß die Commedia, von der die
vollendete erste Cantica einstweilen für sich allein wirken mochte,
im Purgatorio, etwa nach dem die Episode Sordellos beschließenden
KfL 0«. «. Wki. NMkrittht«. PUlolof .-kistor. KUm 1886. H«ft 4. 33
494 ^az Rieger,
achten Gesänge ^), unterbrochen nnd auf eine spätere Zeit zurück-
gestellt ward.
Ist das Convivio, wie Scartazzini nachweist, zwischen 1307
und 9 und ungefähr gleichzeitig, wenn nicht etwas früher, das
Buch von der Eloquenz in der Volkssprache entstanden, so steht
die Frage vor uns, wann und wodurch es geschah, daß beide be-
gonnene Werke torsi blieben. Man sieht in dem Tode Heinrichs VII.
den kritischen Punkt, wo sich Dantes Umkehr zu Beatrice ent-
schied und die dritte Periode seines Innern Lebens begann, mit
welcher die in der zweiten unternommenen Werke aufgegeben
wurden. Auf meinem Standpunkte liegt es näher, die letztere
Wirkung mit Dantes XJebergang nach Paris in Zusammenhang zu
bringen, wo er nach Boccaccio verweilte, bis die Kunde vom Römer-
zug des neuen Königs zu ihm kam. Paris war der Ort, um sich
in die Thomistische Theologie zu vertiefen; und mit diesem Stu-
dium, das für die spätem Teile der Commedia so ergiebig ward,
mögen die Interessen der letzten vorausgegangenen Jahre zurück-
getreten sein, um dem älteren der Commedia für immer den Platz
zu räumen; so daß von hier an bereits die dritte Periode zu da-
tieren wäre.
XJebrigens hatte Dante in das Exil nicht nur seine Minne-
lieder, sondern den Minnesänger selbst mitgenommen, wie wenig-
stens die montanina canzon : Amor dacchä convien pur ch' io mi
doglia mit klaren Worten bezeugt *). Er findet sogar stärkere
1) Die Beziehung auf Heinrich VII. in dem Verse siecht tardi per altri si
ricrea 7, 96, die Scartazzini im Commentar als ausgemachte Sache behandelt,
ist völlig unsicher. Mir scheint daB Sordello (nicht Dante selbst) nur von einem
möglichen andern so pessimistisch spricht ; ich erkläre : daB es zu sp&t sein
wird, wenn ein andrer kommt, um das todkranke Italien zu heilen.
2) Es gehört für mich zu den wunderlichsten Erscheinungen auf dem Gebiet
der Exegese, daB man dieses Gedicht allegorisch von der grausamen Dame Fio-
renza verstanden hat, und sogar den vier sogenannten Steincanzonen die gleiche
Beziehung gibt. Ich vermag kein einziges Gedicht Dantes, das von den Reizen
und der Grausamkeit einer Schönen und den verliebten Qualen des Dichters hau*
delt, in seiner echten und urspünglichen Meinung weder von der Philosophie
noch von der Stadt Florenz noch von irgend einer Abstraction zu verstehn, und
ich kann mir den sinnlich-übersinnlichen Pedanten kaum vorstellen , dem ich ein
allegorisches Machwerk in solcher Manier zutrauen würde. Wenn dem gröBten
Dichter des Mittelalters sein scholastisches Gewissen erlaubte oder empfahl,
einigen seiner Sachen nachträglich eine solche Deutung zu geben, so bleibe dahin
gestellt, was seine Zuhörer in Bologna, Padua oder Ravenna dabei dachten;
daB aber heutige Philologen sich auf diesen Weg verlocken lassen, eoUte man
kaum glauben.
über eine misventandene Stelle in Dantes Commedia. 495
Tone der Leidenschaft als einst gegenüber der mitleidigen Dame;
und so viel man davon der bloßen dicbterischen eloqaentia zu-
schreiben magi darf man doch dabei seines Geständnisses nicht
vergessen io mi son nn, che, qnando amor mi spira, noto e a quel
modo, che ditta dentro, vo significando (Pnrg. 24, 52), und es wird
dabei bleiben, daß Dante noch als Verbannter sich einmal im
Casentino verliebt hat; auch wenn der fragwürdige Brief an den
Malaspina als Zeugnis ans dem Spiele bleibt. Ob diese Episode
seines innern Lebens ganz unbeteiligt dabei war, daß er an einem
auf Beatricens Verherrlichung abzielenden Werke eine Zeit lang
nicht weiter arbeitete, ist ein Gedanke, der vielleicht ein minder
flüchtiges Gehör verdienen würde, wenn wir von der Zeit jenes
Aufenthalts am oberen Arno unterrichtet wären.
83*
Diplomatische Miszellen.
Von
P. Eehr.
Vorgelegt in der Sitzung yom 26. November 1898.
I. Za Petrus dlaconas.
Was bisher über den päpstlichen Bibliothekar und Kanzler
Petrus ermittelt worden ist, hat H. Bresslau im Handbuch der
Urkundenlehre 1 191 ff. zusammengestellt. Ganz richtig charakte-
risirt er ihn als einen pflichttreuen und fleißigen Beamten in ver-
antwortlicher, aber doch eigentlich nur subalterner Stellung. Petrus
war ein wirklicher Kanzleibeamter, der die Urkunden nicht nur,
wie seines Amtes war, regelmäßig datirte, sondern sie auch, zu-
weüen ganz oder zum Theü, selbst mundirte.
Von einem solchen Manne läßt sich wohl auch annehmen, daß
er auch an der Abfassung der Urkunden sich betheiligt hat. Dies
läßt sich nun thatsächlich erweisen. Das Kapitelarchiv in Florenz ^)
1) Ich benutze diese Gelegenheit, Herrn Dr. R. David söhn für die mir
von ihm erwiesene vielfache Anregung und th&tige Unterstützung w&hreud meines
Aufenthalts in Florenz vielmals zu danken. In das Kapitelarchiv selbst führte
mich Herr Dr. Salvatore Minocchi ein und vermittelte mir die günstigste Auf-
nahme bei den Camerlenghi des Kapitels, den Monsigüori Ciaranfi und Oon-
falonieri. — Die Papsturkunden des Archivs hat v. Pflugk-Harttung
Iter 8. 19 unvollständig verzeichnet. Es besitzt folgende Papsturkunden:
Originale :
Leo IX. 1060 VU 15. J-L. 4230 (Nr. 966).
Alexander U. 1062 XI 24. J-L. 4489 (Nr. 980).
Alezander H. 1068 XII 16. J-L. 4666 (Nr. 969).
Qregor VII. 1076 XII 28. J-L. 6015 (Nr. 954).
Paschalis II. 1102 III 4. J-L. 6894 (Nr. 968).
Anastasius IV. 1164 U S. J-L. 9826 (Nr. 959).
diplomatische Miszellen. 497
bewahrt unter Nr. 256 eine Urkunde Benedicts IX. vom 24. März
1038 (J-L. 4109, irrig zu 1036 eingereiht), die sich auf den ersten
Blick als eine ziemlich gleichzeitige Copie erweist. Auf dem
langen schmalen Pergamentstreifen läuft die Schrift, deren erste
Zeile in Majuskeln geschrieben ist, in schlichter Minuskel, ohne
ied» VeJch, di, CurWe de, m der SeripWeüe sich .^.ne..
den Notars Sergius nachzuahmen. Sie ist sicher Florentiner Ur-
sprungs: es ist derselbe Ductus, den wir auch sonst in der Mitte
des 11. Jahrhunderts in den Florentiner Urkunden begegnen.
Daß diese einfache Copie ein nicht geringes diplomatisches
Interesse besitzt, hat bereits R. Davidsohn erkannt, der in
seinen Forschungen zur älteren Geschichte von Florenz S. 177
auch schon das Yerhältniß kurz bezeichnet hat, das zwischen dem
Privileg Benedicts IX, und demjenigen Leos IX. vom 15. Juli
1050 (J-L. 4230) besteht. Er bemerkte, daß unsre Copie dazu
diente, um vermittelst Ausstreichungen und Veränderungen den
Entwurf der Bulle Leos IX. herzustellen. Indem die Herausgeber
der Urkunde Benedicts IX. in völliger Verkennung der Sachlage
diese Korrekturen für solche ansahen, die ihr selbst gelten sollten,
haben sie einen Text geboten, wie er in Wahrheit nie existirt hat.
Ich gebe daher nicht nur den ursprünglichen Text der Urkunde
Benedicts IX., sondern lege auch das eigentümliche Verhältniß
zwischen den Urkunden Benedicts IX. und Leos IX. genauer dar.
Die diplomatische Bedeutung der Sache liegt ja auf der Hand : so
alte Concepte haben wir sonst nicht. Und ebenso selten vermögen
wir in so früher Zeit das Verhältniß zwischen Vorlage, Concept
und Originalausfertigung darzulegen, wie es hier der Fall ist, wo
uns alle drei erhalten sind. Dazu kommt, wie schon berührt, daß
Lucius III. 1184 V 6. J-L. 15038 (Nr. 261).
Urban III. 1186 IX 1. J-L. — (s.N.). Vgl. Davidsohn Forsch. S. 186 Nr. 77.
Copien :
Benedict IX. 1038 III 24. J-L. 4109. Cop. s. XI (Nr. 266).
Gregor VL 1046 II 18. J-L. 4129. Cop. s. XI (Nr. 1038).
Leo IX. 1060 Vn 16. J-L. 4230. Cop. ?. 1319 (Nr. 974).
Nicolaus II. 1060 I 8. J-L. 4426. Cop. s. XII (Nr. 976).
Nicolaas II. s. d. J-L. 4441. Cop. s. XII (Nr. 978).
Alezander II. 1062 XI 24. J-L. 4489. Cop. s. XI (Nr. 961) und Cop. t. 1319
(Nr. 1062).
Alexander D. s. d. J-L. — (Nr. 1018). Vgl. Davidsohn Forsch. S. 177 Nr. 28.
Gregor VII. 1076 XII 28. J-L. 6016. Cop. s. XI (Nr. 979).
Calixt IL 1124 XI 20. J-L. 7174. Cop. s. XII (Nr. 960).
Calixt II. (1124) XI 20. J-L. 7176. Cop. s. XII (Nr. 960).
Honorius II. (1126) I 18. J-L. 7182. Cop. s. XII (Nr. 960).
498 P. Kehr,
dieses Concept ans zu der intimsten Thätigkeit des Kanzlers Pe-
trus selbst führt.
Der Text der zuvor beschriebenen Copie der Urkunde Bene-
dicts IX. ist also vielfach verändert worden. Eine wenig jüngere
Hand hat große Parthien des ursprünglichen Textes durchstrichen,
manchmal auch nur einige Worte, und dann den neuen Text zwi-
schen die Zeilen darüber geschrieben. Einzelne Buchstaben, wie
0 in Corte, das sie in u, also zu carte, corrigirte, sind direct ver-
bessert. Wie der Corrector verfuhr, davon mag das beigegebene,
freilich nicht auf Vollkommenheit Anspruch erhebende kleine Fac-
simile eine Vorstellung geben; eine genauere Nachprüfung soll
der Abdruck ermöglichen, den ich zum Schluß folgen lasse: A ist
der ursprüngliche Wortlaut des Privilegs Benedicts IX.; die cur-
siv gedruckten Stellen darin strich der Corrector aus. B ist der
neue durch eben diese Correcturen hergestellte Text, das Concept
für das Privileg Leos IX.; die cursiv gedruckten Stellen sind
von der Hand des Correctors. Die Varianten endlich der Origi-
nalausfertigung Leos IX. biete ich in den Fußnoten.
Den Corrector erkennt man auf den ersten Blick. Es ist
die jedem Diplomatiker wohl bekannte Hand des
Kanzlers Petrus diaconus selbst.
Wie schon bemerkt, wußten wir bereits, daß der Kanzler in
Person mehrere Urkunden mundirt oder sich an deren Reinschrift
beteiligt hat. Eben hierauf gründete sich in der Hauptsache
Bresslau's XJrtheil über die Stellung, die Petrus in der päpstlichen
Kanzlei einnahm. Jetzt wird sie noch klarer werden, seit wir
wissen, daß er auch als Concipient thätig war. Diese Thatsache
aber ist nicht ohne Bedeutung auch für die methodische Kritik
der Papsturkunden dieser Periode: es wird Aufgabe späterer
Untersuchung sein, das ganze Urkundenmaterial von Benedict IX.
bis Leo IX. auf seine Thätigkeit als Diktator hin zu prüfen.
Denn jetzt besitzen wir ein ganz sicheres Material zur Feststel-
lung des ihm eigenen Diktates in der von ihm persönlich vorge-
nommenen Umarbeitung der Urkunde Benedicts IX. Seine Ver-
änderungen sind keineswegs immer rein sachlich ; sie sind vielfach
nur sprachlicher und stilistischer Natur, so wenn er statt perti-
nentibus setzt pertinentiis, obligetur statt subiaceat, alienetur statt
alienus existat usw.
Wir wissen nun also, wie man in der päpstlichen Kanzlei des
11. Jahrhunderts Concepte machte und welche Thätigkeit der Kanzler
Petrus dabei übte. Aber auch das ist lehrreich, das Verhältnis
zwischen dem Concept und der Originalausfertigang zu betrachten.
diplomatische Miszellen. 49g
Die Urkunde Leos IX. J-L. 4230, für welche Petrua aus der
Vorurkunde Benedicts IX. das Concept herstellte, liegt noch im
Original vor (Archivio capitolare Nr. 966). Der Schreiber ist
wohlbekannt: er hat auch die Urkunden J-L. 4172. 4195 und das
von mir Nachr. 1896 S. 293 Nr. 1 publizirte Original Leos IX.
von 1050 Mai 5 geschrieben. Wir finden ihn dann wieder unter
Benedict X., dessen einzig erhaltenes Original J-L. 4391 er ge-
schrieben und datirt hat. Wenn die Angabe der Datirung, nicht
wie zuletzt unter Leo IX., eine Fiction ist, so war er ein Deut-
scher Namens Lietbuin und hat es vom Schreiber unter Leo IX.
zum Kanzler unter Benedict X. gebracht *).
Dieser Mann also hatte das ihm von seinem damaligen Chef
vorgeschriebene Concept ins Reine zu schreiben. Aber er hat
sich doch nicht ganz streng an dieses gehalten. Zunächst be-
hauptete er in orthographischen Dingen, wie in § usw., seine
Selbständigkeit. Aber auch sachliche Abweichungen sind vor-
handen. Das wichtigste ist, daß er einen Satz bietet, der gar
nicht im Concept steht. Ich stelle die drei Ueberlieferungsphasen
neben einander:
A (Benedict IX.) hat:
cortem de Lacu qu^ est infra plebem sancti Fetri sito Ualeam
cum Omnibus adiacentiis et pertinentibus suis nee non ubi-
cumque in eodem episcopatu aliquid habere uel teuere uidetur
dicta canonica.
B (Concept des Petrus für Leo IX.) hat:
curtem de Lacu qu^ est infra plebem sancti Petri sito Ualeam
cum Omnibus adiacentiis et pertinentiis suis, campnm ni-
holminus Randi nee non ubicumque in eodem episcopatu
aliquid habere uel teuere uidetur ipsa uestra canonica.
C (Originalausfertigung Leos IX.) hat:
curtem de Lacu qu^ est infra plebem sancti PETRI sito Ualeam
cum Omnibus adiacentiis et pertinentiis suis, campum nihilo-
minus Randi, similiter ecclesiam sancti PETRI qn^
dicitur Catuari cum omnibus pertinentiis suis
quam GERARDUS uenerabilis episcopns Floren-
tinQ ecclesi^ in nostra prgsentia contulit pr^li-
batae canonicae, nee non ubicumque in eodem episcopatu
aliquid habere uel tenere uidetur ipsa uestra canonica.
Wie erklärt sich dies Plus ? Der neu hinzugekommene Passus
1) Vgl. Bresslaa Handbuch I 197 A. 1. Ueber die Datare anter Leo IX.
seit Feten Tod 8. nachher.
BOO P- Kehr,
stammt offenbar aus der Urkunde des Bischofs Gerhard von Flo-
renz, in der u. a. den Kanonikern zwar nicht die ganze Kirche,
aber doch zur Hälfte — was Lietbuin übersah — geschenkt wird.
In dieser vom 13. Juli lOBO datirten Urkunde (Copie saec. XI im
Archivio capitolare Nr. 967, ed. Lami S. Eccl. Florentinae mon.
I 97) heißt es:
Similiter et dimidium ecclesiae sancti Petri Gattuarii cum Om-
nibus suis pertinentiis illius canonicae clericis habenda confirmo.
Offenbar ist also neben dem Concept des Kanzlers auch noch
die Urkunde Gerhards selbst zu Rate gezogen worden.
A.
|> BENEDICTVS EPISCOPVS SERWS SERVORVM DEI. DI-
LECTO IN CHRISTO | Rolando sanct? Florentin^ ecclesi^ prgposito
aliisque confratribus canonicis uestrisque successoribus | in perpe-
tuum. Si iustis seruorum dei petitionibus satisfecerimus , procul
dubio apostolica | pr^cepta seruamus. Quapropter Omnibus Christi
fiddibus sanctq Florentinq ecclesiq presen\tibus et futuris notum esse
tiolumus,quodRolanduscanonicorufnprypositus optulit optutibus \ nostris
qtiandam cotifirmationis paginam ab Atone eiusdem sanctq sedis episcopo
sibi suisque confra tribus canonicis concessam nobis ac nostris successo^
ribus commissam regendam et defendendam \ de quibusdam cortibus et
terris atque lods^ sicut inhibi disponuntur, et supplicüer petiitj ut tarn \
ipse quam eius successores apostolica tuitione defensi securo et quieto
ordine deo possint seruire. \ Cuius desiderio ac petitione inclinati
recipimus prqdictum Rolandum pr^positum suosque successores cano-
nicam | uitam ducentes sub nostr^ apostolica defensionis regimine
nee non et eorum cortes et terras, | id est iuxta Florentinam urbem
pratum regis, campum regis cum mansis et territorüs omnibus, |
qug modo in Florentina Corte habet et retinet pr^dicta canonica,
cortem sancti Andrej cum | omnibus sibi pertinentibus , cortem de
Quinto, cortem de Cinctoria totam, sicut ipsi teuere et habere |
uiden/tir, et illam partem eis confirmamus, quam primicerios
contra canonica instituta | usurpare uisus est, plebem de Exinea
cum Corte et mansis et omnibus territorüs et decimatio|nibu8,
qufcumque ad eandem plebem uel cortem pertinere uidetur*>,
a) sicI
diplomatische Miszellen. 601
Einer andern Abweichung lege ich dagegen keinerlei Beden-
tong beL In der Urkunde Benedikts TK.. (A) stand einfach:
ut . . audeat de eornm rebus inste et legaliter eis pertinenti-
bns eos denestire.
Petrus (B) corrigirte:
ut . . audeat de uestris rebus iuste et legaliter u o b i s
pertinentibus uos, dum canonice uixeritis, disuestire.
Im Original (C) endlich ist der Zwischensatz uos, dum ca-
nonice uixeritis ausgelassen, sicherlich nicht, weil dem Liet-
buin die Conditio des canonischen Lebens zu schwer dünkte, sondern
offenbar aus einfacher Flüchtigkeit. Er merkte nicht, daß seinem
Satz nun das Object fehle.
B.
(LEO EPISCOPVS 8ERWS SERVORVM DEI.) I Rolando sanct?
FlorentinQ ecclesi^ pr^posito aliisque confratribus canonicis tuis-
que successoribus | inperpetuum^\ Si iustis seruorum dei petitionibus
satisfecerimus , procul dubio apostolica | pr^cepta seruamus. Qua-
propter inclinati precibus tuis, fUi carissime, cotifirmamus atque corrobo-]
ramus tibi tuisque successoribus canonicis quicquid inpagina concessionis
ei confirmationiSj quam uester uobis fecit episcopus G}^ \ nobis presentibus,
scriptum esse constat, donec tarnen in ipsa uestra cat}onica ita ut modo
seruatur regula. Quam \ scilicet canonicam tuendam et defendendam per
eandem paginam ipse uester episcopus nosir^ nosirorumque successorum
apostolicq I auctoritaii tuendam et defendendam commisitatque supposuit^ ut
quieti et securi ab omni l^sione permanere ualeatis, \ Desiderio itaque ac
petitione ^^ tua^ ut diximus, inclinati te pr^positum tuosque successores
canonicam | uitam ducturos sub nostr^ apostolicQ defensionis mu-
nimine suscipimus et ^) bona omnia, qu^ uestra et habet et habitura
est canonica, uidelicet*^ ctirtes et-^ terras | et iuxta Florentinam urbem
pratum regis'\ campum regis cum mansis et territoriis omnibus, '
qu^ modo in Florentina corte*^ habet et retinet pr^dicta uestra
canonica, ct/rtem sancti Andrej cum | omnibus sibi pertinentibus,
CKrtem de Quinto, ctirtem de Cinctoria*^ totam, sicut ipsi teuere
et habere | uidemtni, et illam partem, quam Petrus primicerius
contra canonica instituta | usurpare uisus est, plebem de Exinea
cum Corte*) et mansis et omnibus territoriis et decimatio.nibus,
quQCumque ad eandem plebem uel curtem pertinere uidentur,
a) imperpetaum Or, b) QERARDVS Or. e) petione Or. d) vorher
schrieb Petrus com. e) uidelicet trug Petrus mit VerweiswigsgeidieH am Ramd
nath, f) et fthU im Or, g) im Or. ist hier totam eingesdwben, h) eurt^
Or. 0 CintorU Or. k) carte Or.
502 P. Kehr,
insnper totam qaod Teazo | filias Lepizi pro salate aniiiiQ su^ in
ecclesia sancti lohannis contulit uel in eadem canonica, terram | sancti
froculi in pr^dicta plebe, cortem d[e Lac]u qu§ est infra plebem sancti
Fetri sito Ualeam cum omnibus | adiacentiis et ^ertinentibus snis
nee non ubicumque in eodem episcopatu aliquid habere uel teuere
uidetur I dida canonica, et quicquid Gerardus archipresbyter pro
beneficio ab ipsa Florentina ecclesia tenuit | tarn in decimationibus
quamque in mansis et in pr^diis nee non et qu^cumque Stephanus
abbas ex beneficio | tenuit iure perpetuo hahenda eidem canonici con-
firmamus, similiter et qu^cumque primicerii | beneficia fuerunt in in-
tegrum necessitatibus f'ratrum habenda confinnamus atque plebem
sancti Ypoliti sitam | Elsae itemque campum et ortum qui est
iuxta ecclesiam sanct^ ReparatQ. Hqc omnia, sicuti ab Atone \ eorum
episcopo concessa sunt, ita nos sibi eorumqne successoribus confir-
mamus et stabilimus in perpetuum et cum | omnibus eorum mobili-
bus rebus seseque mouentibus, quas modo habend uel eis ubiqae
pertinent et | inantea deo iuuante iuste et legaliter adquirere po-
tuerin^ siue ab eiusdem ciuitatis episcopo siue ab | aliis hominibus
publicis et priuatis. Precipientes igitur iubemus et apostolica auc-
toritate confirj mamus, ut neque episcopus eiusdem ciuitatis neque ulla
parua uel magna persona audeat de eorum rebus iuste | et legaliter
eis pertinentibus eos deuestire molestare inquietare aut aliquam
minorationem inferre. Quod qui | temerario ausu fecerit, nisi infra
quadraginta dierum spatium sepe requisitos'^^ emendauerit, anathe-
mates ^^ | uinculo sübiacecU et a regno dei aiienus existat. Qui uero
custos huius nostrg santionis ^^ extiterit, | benedictionem et gratiam
omnipotentis dei et beati Petri apostolorum principis et nostram
habeat.
Scriptum est \ autem hoc priuilegium per manus Sergii notarii et
scriniarii sacri nostri palatii^ nona^^ kal. apriliSf indiäione \ sexta;
feliciter.
t BENE VALETE.
a) siel
Die zuvor besprochene Urkunde Leo IX. J-L. 4230 ist aus-
gestellt am IB. Juli 1050. Vier Tage später, am 19. Juli 1050,
erließ Leo IX. ein Privileg für das Sienesische Kloster San Sal-
vatore in Isola (J-L. 4231). Das Original befindet sich im Staats-
archiv zu Siena (Provenienz San Eugenio di Siena 1051 luglio 19) ^).
1) £d. V. Pflagk-HarttuDg AcU II 72 Nr. 107 aus dem Original mit den
bekannten aogstvoll detaillirten Angaben über das AeoBere des Originals. Aber
diplomatiflche BiiszeUen. 508
insaper totnm qaod Tenzo | filias Lepizi pro salate animQ sa^ in
ecdesia sancti lohannis contnlit nel in eadem canonica , terram |
sancti Proculi in pr^icta plebe, ctertem d[e Lac]u qu§ est infra
plebem sancti Petri sito Ualeam cum omnibus | adiacentiis et perti-
tteir^ti^sois, c\ampum nihilomifi]us Randi'^ nee non abicnmque in eodem
episcopatn aliqaid habere nel tenere nidetur | ipsa uestra canonica, et
qnicqnid Gerardus archipresbyter pro beneficio ab ipsa Florentina
ecclesia"*) tenoit | tarn in decimationibas qnamqne in mansis et in
pr^diis nee non et qu^cumque Stephanus abbas ex beneficio | tenuit,
similiter et qu^cumque primicerii | beneficia fuerunt atque plebem
sancti Ypoliti sitam | Elsae itemqne campam et ortnm qui est
iuxta ecclesiam sanct^ Reparat^. Qu^ omnia, sicnti a Gerardo \
uestro episcopo uobis concessa sont et confirmata, ita nos tibi tuis-
qne snccessoribns confirmamus et stabilimns in perpetuum cum '
omnibns uesiris mobilibus rebas seseqne monentibus, quas modo ha-
be^t^ nel uobis nbique pertinent et | inantea deo inuante inste et
legaliter adqairere potneri^i^ sine ab eiusdem cinitatis episcopo
sine ab | aliis hominibns publicis et prioatis. Precipientes igitur
inbemns et apostolica anctoritate confir|mamaS| nt neque episcopus
eiosdem daitatis neqne nlla parua nel magna persona andeat de
uestris rebus inste | et legaliter uobis pertinentibns uos, dum cano-
nice uixerUis^\ disnestire molestare inqoietare ant aliqnam mino-
rationem uobis inferre. Qnod qoi | temerario ansa fecerit, nisi
infra qnadraginta diernm spatiom^^ emendauerit, anathematis | uin-
cnlo obligetur et a regno dei alienetur usque ad dignam satisfactio-
ncfw. Qui uero custos huius nostr§ sanctionis extiterit, | benedic-
tionem et gratiam omnipotentis dei et beati Petri apostolorum
principis et nostram habeat.
0 im Orig. folgt noch similiter ecclesiam sancti PETRI qa§ dicitar Catnari
com omnibas pertinentiis suis, quam QERARDVS nenerabilis episcopus Floreutin^
ecclesi^ in nostra pr§sentia contulit pr^libatae canonicae. m) Florentinae eccle-
tiae Or. n) aos dum canonice uixeritis fMt im Or, o) spatio Or.
Mit diesem Original tritt meines Wissens zum ersten Mal ein
Schreiber auf, der hernach der thätigste Notar Leos IX. geworden
ist; wir kennen ihn bisher als Ingrossator von J-L. 4231. 4232.
die za besprechenden Verse des Petrus hat er offenbar gar nicht gesehen. —
üeber die Abbadia a Isola vgl. Lnsini im Balletino Senese lY 129 ff« Die Abtei
kam 1446 dorch Engen 17. an San Eugenio.
504 P. Kehr,
4250. 4253. 4254. 4258. 4259. 4266. Er hat die letzteren Ur-
kunden nicht nur mundirt, sondern auch datirt ; er ist also weder
mit Udo noch mit Friedrich identisch^).
Doch nicht deshalb bespreche ich die Urkunde.
Wie immer hat in dieser Zeit der Kanzler Petrus die Dati-
rung hinzugefügt. Aber diesmal begnügte er sich nicht mit seiner
Formel, er schrieb noch auf die Plica die räthselhaften Worte
Ante mens flauis.
Ihr Sinn wird jedoch klar, sobald man einen Blick auf den Rücken
der Urkunde wirft. Auch hier hat Petrus sich verewigt, indem
er in Anlehnung an Ovids Tristien I 8, 1 *) die Verse schrieb
In Caput ante suum labentur flumina retro
Quam sese scripto conferat') Oddo mihi.
Also eher werden die Flüsse zu ihrer Quelle zurückkehren, ehe
Oddo sich mir im Schreibwesen vergleichen kann. Danach kann
man wohl den an das ursprüngliche Ante mens flauis anknüpfenden
Gedankengang ergänzen : Eher wird mein alter Kopf mit blondem
Haar sich bedecken, ehe Oddo usw. Aber er brachte den Vers
so wenig zu Stande , wie wir es vermögen. Doch dann fiel ihm
der Vers aus Ovid ein und so begann er, ihn variirend, auf dem
Rücken der Urkunde von Neuem.
Daß in den Versen des Kanzlers eine ganz bestimmte und
1) Das Ton mir bisher gesammelte Material reicht natürlich noch nicht aus,
am schon jetzt die Geschichte der päpstlichen Kanzlei in allen Einzelheiten dar-
zulegen. Doch will ich der besonderu Wichtigkeit der Sache wegen und weil
Bresslau Handbuch I 195 Anm. 1 es dahingestellt sein läfit, ob auch unter Leo IX.
stets an dem Grundsatze eigenhändiger Datiruug festgehalten worden ist, schon
hier bemerken, daß das unter dem Kanzler Petrus ausnahmslos festgehaltene
Prinzip der Datirung durch den Kanzler nach des Petrus Tod aufgegeben worden
ist. unter dem Kanzler Friedrich datiren — von den ganz für sich stehenden
Urkunden ganz abgesehen — nicht weniger als drei Männer.
A in J-L. (4260). 4263. 4264. 4268. 4259. 4266.
B in J-L. 4278. 4298.
C in J-L. 4279. 4287. 4298a. 4299. 4301.
Die beiden ersteren A und B haben die von ihnen datirten Urkunden auch
geschrieben; sie waren also einfache Notare, die für den abwesenden oder ver-
hinderten Kanzler stillschweigend zu datiren ermächtigt waren. C. dagegen datirt
nur und mundirt nie, woraus sich von selbst ergibt, daß es sich hier um den
Ende Juli 1062 persönlich eintretenden Kanzler Friedrich handelt. Damit ist
denn im ganzen die alte Uebung der eigenhändigen Datirung wiederhergestellt.
2) Ich verdanke den Hinweis auf diese Stelle Herrn Coli. Leo. Bei Ovid steht
In Caput alta saom labentur ab aequore retro
Flumina.
3) Die Worte scripto conferat sind sehr verwischt und nur mühsam erkennlMir.
diplomatische Mlszellen. 505
sehr persönliche Spitze steckt, ist deutlich. Oddo ist ein Mann,
der es ihm, dem alten Kanzler, im Schreiben gleich than will.
Er spottet darüber. Aber wer ist der Oddo?
Es sind zwei Möglichkeiten vorhanden. Entweder bezieht
sich des Kanzlers Spott auf den neuen Notar , der den Text des
Privilegs geschrieben hat. Wir kennen leider seinen Namen nicht.
Sicher aber hatte Petrus kein Kecht, auf dessen Kalligraphie
herabzusehen. Denn der neue Notar schreibt eine elegante diplo-
matische Minuskel, die sich sehen lassen kann. Auch will nicht
recht passen y daß der Kanzler sich mit diesem untergeordneten
oder doch unter ihm stehenden Schreiber vergleicht.
Bekanntlich ist Petrus schon im October 1050 in Langres ge-
storben. Sein Nachfolger wurde der Primicerius der Kirche von
Toul, Udo, der spätere Bischof. Der war schon mit seinem Gönner
Leo IX. bei dessen Erhebung auf den Papststuhl nach Rom ge-
konmien und sicher hat er eine bedeutende Rolle daselbst gespielt ^).
In der päpstlichen Kanzlei freilich konnten wir ihn während des
Petrus Leitung bisher nicht nachweisen. Immer aber ist möglich,
daß schon längst die Absicht fest stand, ihn nach des Petrus Tod
zum Leiter der Kanzlei zu machen. Ich möchte die Hypothese
wagen, daß der spöttische Vers des alten Kanzlers ihm, seinem
zukünftigen Nachfolger, hat gelten sollen.
1} Bresslau, Haadbach I 194.
II. Die Sammlnngen des Angelo Massarelli in San Severino.
Die städtische Bibliothek zu San Severino in den Marken ^)
bewahrt unter andern mehrere Sammelbände des Angelo Massa-
r e 1 1 i ^). L. Bethmann (Archiv XII 562) hat sie bereits benutzt
und auch für die Diplomata- Ausgabe der Monumenta Germaniae')
1) Vgl. Nachrichten 1898 S. 25.
2) Er war Secretär des Tridentiner Coucils und starb 1566 als Bischof Yon
Telese. Seine Briefe aus der Tridentiner Zeit bewahrt noch die Bibliothek seiner
VatersUdt Wie ich höre, beabsichtigt der städtische Bibliothekar, Herr V. £.
A 1 e a n d r i , demnächst eine Monographie über Massarelli zu veröffentlichen. Wir
sind diesem Herrn za nicht geringem Danke verbunden, daft er unsern Sendboten
Herrn Dr. Schiaparelli in der liebenswürdigsten Weise unterstützt hat
8) DiplomaU II 901 (s. Fiesole) and II 911 (s. Rom 8. Andrea in cIito
Scaori).
506 P. Kehr,
sind sie verwerthet worden. Aber viel wichtiger sind sie für die
Papstdiplomatik.
Es kommen für uns hauptsächlich in Betracht die beiden Bände
Miscellanea I und II, geschrieben zum größten Theil von Mas-
sarellis eigner Hand oder doch von ihm mit Notizen, Verweisen
und Regesten versehen.
Den ersten Band bilden mehrere Faszikel mit besonderen
Ueberschriften und eigener Polürung.
1. (fol. 1—53) Summarium vitae pontificum maximorum.
(fol. 64—224) Vite de molti cardinali illustri.
(fol. 226 — ^229) De origine cardinalium.
(fol. 230—237) Ex libro antiquo ceremoniarum.
2. (fol. 1 — 144) Memorie de papi et de cardinali cavate dalle
chiese et edificii di Roma per me Angelo Massarello
Septempedano 1543. 1544.
(fol. 145—180) Et il summario de Pauli Cortese de car-
dinalatu.
3. (fol. 1—100) Subscriptiones pontificum et cardinalium ex
buUis originalibus ipsorum pontificum.
Der zweite Band führt den Titel Adnotationes memoriae
vitae signa insignia diversorum pontificum cardinalium regnm prin-
cipum nationum provinciarum civitatum terrarum totius orbis col-
lectae per me Angelum Massarellum de Sancto Severino Agri Picini
episcopum Thelesinum.
Schon diese Titel verrathen die Tendenz der Studien Massa-
rellis. Er hat ganz systematisch für die äußere Geschichte des
Papstthums und besonders der Cardinäle gesammelt. Vielfach be-
herrscht ihn ein rein diplomatisches Interesse. Er gibt nur selten
vollständige Kopien, denn die ürkundentexte als solche interessir-
ten ihn offenbar nicht, sondern fast immer nur gewisse Theile
der Urkunden, nämlich die Unterschriften der Päpste, der Cardi-
näle mit Bene Valete, Rota und den Exeuzen. Hunderte von Ur-
kunden hat er so verzeichnet und excerpirt. Nicht inmier genau
und fehlerfrei; oft stecken schwere Irrthümer besonders in den
Datirungen, so daß es nicht immer ganz leicht ist, die Urkunde
nachzuweisen. Aber es ist doch ein ungewöhnlich reiches Material,
Daß manche seiner archivalischen Notizen für die Greschichte der
von ihm benutzten Archive, Handschriften und Urkunden von Wich-
tigkeit sind, und daß deren mehr als eine seitdem verloren ist,
gibt seinen Samminngen ihren eignen Werth.
Zunächst noch ein Wort über seine Quellen. Er sammelte
vor allem die stadtromischen Urkunden, die damals noch insdirift-
diplomatische Miszellen. 507
lieh erhalten waren, wie Gregor I. J-E. 1991, Leo III. J-E. 2B3B,
Gregor Vll. J-L. B292. Er benutzte dann ausgiebig die Register,
so das Registrum Gregors VII. und die Register des 13. Jahr-
hunderts , nämlich die Innoeenz' ü., Gregors IX., Innocenz' IV.,
Alexanders IV., Nicolaus' III., Honorius' IV., dann auch das Calixts
in., endlich Deusdedit und Cencius. Von römischen Handschriften
benutzte er den auch von Mittarelli viel citirten Liber archivii mon.
s. Georgii in clivo Scauri de Urbe, femer einen Liber antiquus rc-
rum basilice s, Petri de ürbe und einen Liber antiquus basilice XII
apostolorum de Urbe, in dem ich den Cod. Vatic. 5660 (vgl. Marini
I papiri diplomatici p. 213) vermuthe, dann einen Liber privilegio-
rum mon. ss. Vincentii et Anastasii ad Aquas Saluias und einen Va-
ticanischen Codex mit dem Titel Liber antiquitatum regni Sicilie.
Eifrig hat er selbst die römischen Archive durchforscht und fast
alle Papsturkunden von S. Giovanni in Laterano, S. Pietro in Va-
ticano, S. Ciriaco in Rom, von Porto, S. Rufina und Silva Candida,
zum Theil nach den Originalen excerpirt. Andere Abschriften
besorgten ihm seine gelehrten Freunde, von denen er besonders
häufig nennt Antonio Massa Gallesio und Antonio Agostino. Die-
sen verdankte er die Urkunden von Monte Cassino, S. Vincenzo al
Volturno, La Cava. Hierzu kommen noch die Urkunden von Brin-
disi, Conversano, Troia, Monreale, Anagni. Fast vollständig hat
er die großen Archive von S. Benedetto di Polirone, von Fonte-
vivo, von S. Maria di Reno und von Fiesole ausgeschöpft. Auch
aus Bobbio und S. Victor zu Marseille bietet er Urkunden , und
selbst Ragevin und Aventin citirt er einmal.
Diese Urkunden selbst aufzuzählen lohnt sich wohl nicht, da
die Mehrzahl noch erhalten ist. Andere, für die ich vorläufig
keine andere Ueberlieferung kenne, hoffe ich in den von.Massarelli
selbst angegebenen Quellen noch zu finden. Einige aber, die mir
wichtig zu sein scheinen, biete ich schon hier. Sie geben zugleich
eine Vorstellung von der Natur und der Anlage seiner Sammlungen.
508 P- Kehr,
1.
Clemens II L (Wihert) verleiht dem Erzbischof von Antivari das
Pallium.
Rofn 1089 Januar 8.
Vol. I 2 f. 89 und 1 3 f. T.
Clementis pape III. ex qnadam balla, in qua conceditur palliuin
Dioclensi et Antibarensi archiepiscopo , in cnius fine sunt infra-
scripta duo signa et hec data:
R. BV.
Dat. Romae per manus Seruidei sacri palatii subdiaconi*) in
ecclesia beati Petri apostolorum principis, VI. id. ianuarii, anno
VI. pontificatus domni Clementis III. papae, indietione XII, sub
presentia Lateranen[sis] archidiaconi et Alberti sancte Rufinae epi-
scopi et cardinalium p(resbiterorum) uidelicet Anastasii et W[arini].
1) Das ist wohl der spätere in der Urkunde von 1096 (Nachrichten 1898
S. 82 Nr. 2) als Datar genannte Bischof Servasdei von Pesaro (?).
3.
Innocena IL ertheüt dem Bischof Heinrich von 8. Ägata (de
Qoti) ein Privileg.
Pisa 1135 Januar 1.
Vol. I 3 f 69'.
Ex bulla Innocentii pape secundi directa Henrico Agathensi
episcopo, cui quedam priuilegia concedit sie subscripta:
R. Ego Innocentius catholic^ ecclesi^ episcopus. BV.
Ego Guilhelmus Pr§nestinus episcopus.
Ego Mattheus Albanensis episcopus.
Ego Gerardus ^) presbiter cardinalis tituli sancte f in Hierusalem.
Ego Anseimus presbiter cardinaKs.
Ego Lictif redus *^ presbiter cardinalis tituli Vestine*\
Ego Lucas presbiter cardinalis tituli sanctorum lohannis ^ et Pauli.
Ego Romanus diaconus cardinalis sancte Mari^ in Portion.
Ego Gregorius diaconus cardinalis sanctorum Sergii et Bachi*>.
Ego Albertus diaconus cardinalis sancti Theodori.
a) Seraldos. h) Lanfredos. e) tt. s. Christin^. d) P.
e) M. Seferini et lacobi.
diplomatische Miszellen. 509
Ego Gnido diaconns [cardinalis] sanctomm Cosm^ et DamianL
Ego Gnido diaconns cardinalis sancti Hadriani.
Ego Gnido indignns minister.
Dat. Pisis per mannm Aimerici*^ sancte Romane ecdesie dia-
coni cardinalis et cancellarii, kal. iannarii, indictione XÜ, incama-
tionis dominicQ anno MCXXXY, pontificatos domni Innocentii pape
secnndi anno qninto.
f) Almerici.
3.
Innocens IL ertheiU dem Kloster San Benedetto di Polirone ein
Privileg ^).
Pisa 1136 FAruar 13.
Vol. 1 3 f. 80.
Ex alia bnlla Innocentii pape 11:
B. Ego Innocentins catholicae ecdesiae episcopns ss. BY.
f Ego Gnilhelmns Fraenestinns episcopns ss.
f Ego Bodnlphns Ortanns episcopns ss.
f Ego Anselmns presbiter cardinalis ss.
f Ego Lictifredns ^> presbiter cardinalis titnli Yestinae ss.
f Ego Lncas presbiter cardinalis titnli sanctornmiohannis etPanli ss.
t Ego Gnido indignns sacerdos ss.
f Ego Hnbaldns diaconns cardinalis sanctae Mariae in Yia
lata infimae ss.
f Ego Grisogonns diaconns cardinalis sanctae Mariae in
Porticu SS.
t Ego Azo Camaldnlensis presbiter indignns ss.
f Ego frater Azo Camaldnlensis peccator monachns interfni
ex precepto domni prioris.
f Ego Martinns abbas ecdesiae sancti Sanini interfni et
snbscripsL
f Ego Gerardns abbas ss.
f Ego Albertns indignns abbas monasterü sancti Michaelis
interfni ss.
a) Ootifredui.
1) £• könnte eich aber auch um das von Lacine IT. (s. Nachr. 1896 S. 298)
angefthrte Privileg Innocenz II. für Sesto handeln.
XffL Om. d.WiM. Nmekrlfihtn. PUlol«(«-ki«^- KImm. 1888. Htfl4. 84
610 P. Kehr.
Dat. Pisis per mannm Aimerici sanctQ Bomane ecclesiae dia-
coni cardinalifi et cancellarii, idibus februarii, anno domni Lmocentii
papae secnndi anno YI^.
4.
Innocensf IL ertheiU dem Kloster San Beneddto di Polirane ein
Privileg ^).
(Lateran) 1142 Ociober 22.
VoL I 3 f. 81.
Ex alia bnlla Lmocentii pape 11:
B. Ego Lmocentius catholio^ ecclesiae episcopns ss. BY.
f Ego Conrados Sabinensis episcopns ss.
f Ego Stefanns Praenestinns episcopns ss.
f Ego Petrns presbiter cardinalis de titnlo Pastoris ss.
f Ego Grregorins diaconns cardinalis sanctornm Sergii et
Bachi ss.
f Ego Oddo diaconns cardinalis sancti G-eorgii ad Vellnm
anrenm ss.
f EgoHnbaldns diaconns cardinalis sancte Marie in Via lata ss.
f Ego Octanianas diaconns cardinalis sancti Nicolai in car-
cere ss.
f Ego Petrns diaconue cardinalifi sancte Mariae in Aqniro ss.
t Ego Petras diaconns cardinaUs sancte Mariae in Portiea ss.
f Ego Nicolans sanctf Bomane eccesiae diaconns cardinalis ss.^
Bat. [Laterani] per mannm Gerardi sanct^ Bomane ecclesiae
presbiteri cardinalis ac bibliothecarii, XI. kal. nonembris, indictione
YI% incamationis dominioQ anno MCXT<TT, pontificatns nero domni
Lmocentii 11. papae anno XTTT.
1) Oder für Sesto, s. Nr. 8.
2) Sonst nur aus J-L. 8242 bekannt
5.
Alexander 111. ertheiU dem Bisehof Caüisttis von Conversano ein
Privileg.
Änagni 1176 August 12.
Vol. I 3 f. 32.
Vgl. NachHchten 1898 S. 282 Nr. 18.
diploauttisehe MisxelleiL 5X1
Ab Antonio Angiistino ex bnllis ecdesiae Cnpersanensis m
regno Siciliae.
Alexander episcopns etc. Venerabili fratri Callisto Cnpersa-
nensi episcopo eiosqae snccessoribns canonice snbstituendis in per-
petunm. Monet nos apostolicae sedis etc.
Alexander catholice ecdesiae episcopns.
Habaldns Ostiensis episcopns.
Johannes sanctomm lohannis et Panli titoli Pami^achiL
Boso presbiter cardinalis sancte PudentianQ titoli Pastoris.
Johannes presbiter titoli sancti Marci.
Theodinos'^ presbiter titoli sancti Yitalis et Vestin;.
Manfredos presbiter cardinalis titoli sancte CeciliQ*>.
lacinthos diaconos sancte Mariae in Cosmedin'>.
Hogo diaconos cardinalis sancti EostachiL
Laborans diaconos sancte Mariae in Portico.
Bainerios diaconos sancti Greorgii ad Yelom aoreom'^.
Datom Anagniae per manom Oratiani sancte Romane ecclesie
sobdiaconi et notarii, pridie idos aogosti, indictione IX, incama-
tionis dominice [anno] MCLXXVI, pontificatos oero domni Alexan*
dri pape III. anno XVII^
a) Theodorns. b) Cicill^. e) Coamodin. d) aurL
6.
Alexander IIL ertheüt dem Kloster 8. Just bei Toscandla ein
FrivHeg.
Lateran 1178 April 2.
Vol. I 3 f. SÜ.
Cfr. J'L. 13038a.
Ex bnllis monasterii sanctorom Vinoentii et Anastasii^)«
Alexander etc. Donato abbati monasterii sancti losti prope
Toscanellam ordinis Cisterciensis*) in perpetoonu
Ego Alexander catholice ecclesie episcopos.
HobaLdos Ostiensis episcopos.
a) Cistoniittisis.
1) Ad AqoM SalTiaa.