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Full text of "Nachricht von seltenen Versteinerungen, vornemlich des Thierreiches, welche bisher noch nicht genau genug beschrieben und erkläret worden"

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NACHRICHT VON SELTENEN 


VERSTEINERUNGEN. 


Tibrary ok the Museum 
COMPARATIVE ZOÖLOGY, 


AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS. 


Founded by private subscription, in 1861. 


RENNEN PREFRSER 


DR. L. pe KONINCK?’S LIBRARY. 
No. EB 4, 


. Nachricht 


von ſeltenen 


Berfieinerunge, 


vornemlich 


des Thier⸗ Reiches, 5 


welche 
bisher noch nicht genau genug beſchrie⸗ 


ben und erklaͤret worden, 
mit Kupfern. 


In drey Sendſchreiben 


6 an 
ſeine Gönner und Freunde 
abgefaſſet 
von 8 
Chriſtian Friedrich Wilckens, 
Inſpectore der Cotbuſiſchen Didces und 
Paſtore Primario. 


Berlin und Stralſund 
bey Gottlieb Auguſt Lange 1769. 


8 
* 


Gun Puh 

E . 

in 
N N N 8 32 


Erſtes 1 
an Seine r 
T. Herrn 


Fr. Heinr. Wilh. Martini, 


a der Arzneykunſt Doctor: 
worinn wahrſcheinlich dargethan wird, daß 
die Conchilioligiſten eben keine Urſach mehr ha— 
ben, das Petrefact, welches bisher unter der Be⸗ 
nennung eines conchitae trilobi rugoſi bekannt 
geworden iſt, als einen Theil ihrer 
Wiſſenſchaft anzuſehen; 
abgelaſfen von dem Verfaſſer. 

FP 


Hochgeehrteſter Goͤnner und Freund! 


am her noch Antheil genommen haben, 
es mit einfließen zu laſſen: daß ich von 1625 
A 0 


) ſ. Berliniſch Magaz. B. IV. S. 54. 


2 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


„ſo genannten Concha triloba rugoſa ein voll- 
„ſtaͤndiges Exemplar aufzuweiſen hatte, und 
„folglich auch im Stande ſeyn würde, et⸗ 
„was gewiſſeres, als bisher daruͤber geſagt 
„werden koͤnnen, dem gelehrten Publiceum 
„mitzutheilen, Vergeben Sie es mir, wenn 
ich aus Mangel Ihres Magazins nicht gerade 
Ihre eigene Ausdruͤcke iezt wiederholt habe! 
Und kaum haͤtten Sie fo etwas ſchmeichelhaftes 
fuͤr mich ſchreiben koͤnnen, wenn es Ihnen nicht 
die Freundſchaft, welcher Sie mich ſeit einiger 
Zeit wuͤrdigen, alſo in die Feder gegeben haͤtte. 
Werden Sie aber auch wohl dieſes ſo guͤnſtige 
Urtheil in der Zukunft gegen alle Einwendungen 
derer, die anders denken, in Sicherheit ſtellen 
koͤnnen? Es ſey aber damit, wie ihm wolle; ſo 
wird Dero gutes Hertz und das eifrige Verlan⸗ 
gen die noch immer anzutreffende Dunkelheiten, 
ſelbſt in der Kenntniß der Petrefacten, durch 
fremden Beitrag vertrieben zu ſehen, Sie hin⸗ 
laͤnglich rechtfertigen koͤnnen. 


Das Petrefact, wovon Sie einige naͤhere 
Nachricht mitgetheilt zu ſehen wuͤnſchen, gehoͤ— 
ret wuͤrklich, wenigſtens in unſern Gegenden, 
nicht nur unter die Seltenheiten auch der zahle 
reichſten und vollſtaͤndigſten Cabinetter, ſondern 
gar unter diejenigen Dinge, davon bisher wenig 
richtiges und gewiſſes hat geſagt werden koͤn⸗ 
nen. . f 


Selbſt 


| von dem Petrefact ic. ) 3 
Selbſt der große Schwediſche Naturforſcher, 


ich meine den Herrn Ritter von Linne, hat be⸗ 
ſonders des lezten Punctes wegen, ein ſehr auf— 
richtiges Geſtaͤndniß mitzutheilen ſich zur Ehre 
gemacht. Nicht nur giebt er derjenigen Verſtei— 
nerung, die mit allen meinigen, bey aller Ver— 
ſchiedenheit, dennoch eine ſehr große Aenlichkeit 
hat, den Namen Entomolithus parodoxus *), 
ſondern er laͤſſet ſich auch noch daruͤber alſo her⸗ 
aus: 0 | 


„Unter unſern Verſteinerungen iſt faſt 
„keine gemeiner, als Entomolithus parado- 


5„5¹ (Au . Tejin B. &. N. =. die in Oft: 


„und Weſtgothland, in Schonen, und 
„auf Oeland ꝛc. in Kalk, Orſtein, und 


„Schiefer, ſo haͤufig liegt, daß ganze 


„lippen daraus zu beſtehen ſcheinen. 
„Sie gleichet zuweilen Inſecten mit Fluͤgel⸗ 
„decken (coleopiera), die nicht groͤßer als 
„Erbſen, oder Bohnen, waͤren, und an 
„andern Stellen findet man ſie ſo groß, als 


peine Hand, und noch großer. Saft keine 


* 


„andere Verſteinerung tft ſchwerer zu er- 


v»klaͤren oder fo deutlich auszulegen, daß 


„man daraus die vollkommene Bildung 
„einſehen kann; deswegen auch die Na⸗ 
A 2 „tur 


*) ſ. Schwed. Magaz. Band XXI. ©. 20. Deſſelben 
Reiſen durch Oeland, teutſche Ausgabe, S. 162. 
Tab. I. fig. III. Reiſen durch Weſtgothland nach 
derſelben Ausgabe, S. 102. Tab. VI. fig. C. 


4 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


„turforfcher noch jetzo nicht wiſſen, zu 
„welcher Claſſe, noch viel weniger zu wel⸗ 
„chem Geſchlechte ſie zu bringen iſt, ſon⸗ 
„dern dieſe Verſteinerung für die ſchwe⸗ 
„ reſte zu unterſuchen halten, bey der fie 
„gleichſam eifern, wer die Sache ausma⸗ 
„chen kann. 


Warum iſt es denn aber ſo ſchwer bey dieſem Ge⸗ 
genſtande die Wiſſensbegierde zu befriedigen? 
Unſtreitig mit daher; weil ſelbſt in den Schwe⸗ 
diſchen Provinzen bey aller Menge derſelben faſt 
gar keine Stuͤcke gefunden werden, die ſo rein, 
fo deutlich und fo vollſtaͤndig wären, als fie der 
Naturforſcher zu ſehen wuͤnſchet. Ohngeachtet 
Ihro Excell. der Graf Teßin gefliſſentlich eine 
Sammlung davon machen laſſen; ſo hat der 
Herr Ritter von Linne nur etwa drey Stuͤck 
einer Abbildung werth geachtet; und ſelbſt unter 
dieſen ſcheinet nur das in der erſten Figur allein 
ein vollſtaͤndiges zu ſeyn ). f 


und wie wolte ich mich nun freuen, wenn es 
mir ſolte gegluͤckt ſeyn, in meiner an ſich ſehr 
einge⸗ 


5) ſ. Schwed. Magaz. I. c. Tab. I. fig. 1. Die in 
der Zeichnung angegebene Fuͤhlhoͤrner, fo was fon: 
derbares ſie ſind; ſo vielen Zweifel haben ſie bey die⸗ 
fen und jenem an der Richtigkeit der Vorſtellung ev: 
wecket. Solte denn aber wol der große Schwede 
dichten und unter ſeiner Aufſicht Bilder malen 
laſſen? 


von dem Petrefact dc. 5 


nn Sammlung ſolche Exemplare 
bisher aufbehalten zu haben, die ſowol Dero 
eigenen als auch anderer Erwartung einiges 
Gnuͤge thaͤten. Wenigſtens ſind ſie rein und 
deutlich, und geben einige Anweiſung zum Nach⸗ 
denken, wenn fie gleich nicht die Ehre der vor⸗ 
zuͤglich vollftändigen Exemplarien auf immer ſol⸗ 
ten behaupten können. 


Ich will fie aber dennoch, bis ſich beſſere ſin⸗ 
den, und um ſie von weniger vollſtaͤndigen, 
die ich auch beſitze und in der Folge mit beruͤh⸗ 
ren werde, deſto beſſer unterſcheiden zu koͤnnen, 
vor der Hand als Ganze von Ihnen betrach⸗ 
tet wiſſen, und bitte mir nur die Erlaubniß 
aus, die ſaͤmtlichen Zeichnungen derſelben, die 
Sie von A bis Q fehen, und für deren Richtig⸗ 
keit ich ſtehe, mit einigen erlaͤuternden Anmer⸗ 
kungen begleiten zu duͤrfen. Solten dieſe groͤ⸗ 
ſtentheils ſehr trocken ausfallen, wie es denn 
wohl nicht anders ſeyn kann; ſo weiß ich im vor⸗ 
aus, daß Sie ſich dadurch nicht werden abhalten 
Laffen, fie alle zu leſen. Einem Freunde und ei⸗ 
nem Naturforſcher fehlet es ja weder an Ge⸗ 
duld, noch an Hofnung, es kuͤnftig beſſer zu 
finden, 


Eigentlich find es fünf ollſtöndige . | 
re, die ich aufbeware. Die zwey vorzüglichiten 
darunter ſehen Sie in den Abbildungen von A 
bis H; wovon das erſte nach fünf verſchiedenen 

| A 3 Lagen 


6 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


Lagen von A bis E; das zweyte aber nach eben 
fo verſchiedenen dagen von F bis H vorgeſtellet 
iſt. Sie ſind beyde ſo groß, als die Vorſtellung ſie 
weiſet, und faſt Kugelrund, als welches auch 
in den Zeichnungen D E am deutlichſten ausge⸗ 
druckt iſt. Der mitlere Ruͤcken (lobus) iſt 
vorzüglich gewoͤlbet und raget daher über die bey⸗ 
den Nebenruͤcken (lobi exteriores) merklich 
hervor. Welch einen bewundrungswuͤrdigen 
Bau entdecket aber nicht hier ſchon das ungewaf⸗ 
nete Auge! Es laͤſſet vollkommen ſo, als wenn 
drey gekruͤmte Raupen oder Würmer ihr ſpitzig⸗ 
ausgehendes Ende oder Schwanzklappe unter 
ihrem Kopfe zu verbergen geſuchet, und in dies 
ſer Richtung ſich an einander angelehnet haͤtten, 
aber auch in dieſer Lage verſchrumpft und ver⸗ 
dorret oder erhaͤrtet waͤren; denn warum ſolte 
man ſich nicht vorerſt die Theile (fg. a. b. c. in A 
und E) als die Koͤpfe von ſo viel verſchiedenen 
Raupen vorſtellen? da das uͤbrige von ihnen 
ſo viel Aenlichkeit mit einer erhaͤrteten Raupe 
oder Wurme hat, und wie Sie in der Figur 
und B ſehen koͤnnen, dieſe ſogenannten Koͤpfe 
mit dem übrigen Leibe oder Ruͤcken eben fo ges 
nau zuſammen haͤngen, als alle die andern Glies 
der deſſelben, woraus er ſonſt zuſammengeſetzet 
iſt. Ueberdem iſt wahr, daß die drey Ruͤcken 
mit ihren drey Köpfen keinen unmittelbaren Zus 
ſammenhang unter einander zu haben ſcheinen, 
und wohl gar in gewiſſen Plaͤtzen z. E. in fig. d 
bey A etwas von einander abſtehen. Ich ſage da⸗ 

. mit 


von dem Petrefact ꝛc. 7 


mit nicht, daß Sie ſich hier drey verſteinerte an 
einander gebackene Wuͤrmer denken ſollen. Ich 
wolte nur blos die erſte Idee, welche dieſer 
Koͤrper uns beybringet, ein wenig beruͤhren. 
Laſſen Sie uns aber das Bild einer Raupe al— 
lenfals gang wegthun, und blos einen Rüden 
nach den andern, und was ſonſt dabey vorkomt, 
ein wenig genauer in Betrachtung nehmen. 
Von dem mitlern Ruͤcken will ich anfangen. 
Dieſer beſtehet aus 20 beſonders an dem breiten 
Ende ganz ſichtbaren erhabenen und gekruͤmten 

Gelenken der Ribben, die ich einzeln, der Fi⸗ 
gur nach, nicht beſſer als mit den Krum— 
hoͤlzern oder Saͤngeſtoͤcken, woran die 
Schlaͤchter ihr getoͤdtetes Vieh aufhaͤngen, zu 
vergleichen weiß. Zwiſchen einem jeglichen ſol— 
chen Gelenke oder Gliede ſtehet in der Mitte 
eine gewoͤlbte Erhoͤhung, die in die Holung des 
gekruͤmten Haͤngeſtocks volkommen einpaſſet, 
oder ſich genau daran anſchließet, ohne jedoch 
eben mit ihm zuſammen zu hängen. Vielmehr 
ſitzet fie dem drunter ſtehenden Haͤngeſtock auf 

ſeiner groͤſten Erhebung in der Mitte unmittel— 
bar als ein Theil von ihm an, und fuͤllet in 
der Zuſammenſetzung die Hohlung des vorherge— 
henden gekruͤmten Gelenkes aus. Nicht nur 
aber das, ſondern ſie gehet auch wohl, wie es 
ſcheinet, ein wenig unter ihm weg. Eine jegli— 
che von dieſen Unterſaͤtzen wird aber dennoch 
| von eher. e auf welchem ſie ſitzet, 
A 4 mit, 


8 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


mittelſt einer kleinen Furche unterſchieden (far 


fig. F. lit. bb). Dieſes alles ſiehet man aber nur 
allein deutlich mit dem Suchglaſe; und damit 
Sie es auch ſehen koͤnnen, ſo habe ich Ihnen 
ein paar ſolcher Glieder oder Ribben mit ihren 
Unterſaͤtzen nach ihrem Verhaͤltniſſe gegen ein⸗ 
ander beſonders in fig. I. abzeichnen laſſen. 
Man koͤnnte alſo den ganzen Ruͤcken nicht un⸗ 
ſchicklich mit dem Ruͤckgrad eines Thieres verglei⸗ 
chen. Da die Gelenke an der Spitze (ſ. in tig. 
D. lit. f. und fig. H. lit. f.) immer kleiner wer⸗ 
den und ſo dicht auf einander folgen, daß man 
ſie nicht mehr ganz genau zehlen kann, daher 
denn auch ihrer wohl 24 an der Zahl angenom⸗ 
men werden koͤnnen; ſo fallen die Stuͤtzen oder 
Unterſaͤtze zwiſchen ihnen daſelbſt gaͤnzlich weg, 
und die Gelenke ſelbſt werden mehr geradlinigt. 
Daß dieſe Ruͤckengelenke am breiten Ende deſ— 
ſelben, beſonders da, wo ſich die beyden Seiten— 
ruͤcken anlehnen, von einander abſtehen, ja ſo 
gar zwiſchen ſich gewiſſe Vertiefungen verurſa⸗ 
chen, oder unausgefuͤllt laſſen, das darf ich nicht 
erſt ſagen; da es die beygelegte Figuren einiger 
maßen deutlich machen. Es iſt aber auch daher 
der ganze Körper etwas rauh und hockerigt an« 
zufuͤhlen. Das merkwuͤrdigſte an dieſem mit— 
lern Ruͤcken iſt aber wohl der Theil, den ich 
unter jene zwanzig Gelenke noch nicht mit ge« 
zehlet habe. Vorher nannte ich ihn den Kopf 
einer verſchrumpften Raupe, weil ich ein⸗ 
mal die Raupe in Gedanken hatte. Jetzt will 

ich 


von dem Petrefact ꝛc. 9 


ich ihn mit einem Flaſchenkuͤrbiß, oder noch 
beſſer mit einem kleinen platten Flaͤſchgen, 
welches zu jeder Seite drey Knoͤpfe oder Hand— 
haben hat, davon die zunaͤchſt am Leibe fichen« 
den die groͤſten ſind, vergleichen. Habe ich gleich 
anfänglich geſagt, daß dieſer Flaſchenfoͤrmige 
Theil an dem uͤbrigen Ruͤckentheil feſt anſchließe; 
ſo muß er ſich doch auch eben fo leicht davon tren⸗ 
nen koͤnnen; denn man findet ihn unter den Ver⸗ 
ſteinerungen zuweilen einzeln. Ich habe ehedem 
dergleichen aufbehalten gehabt, und Hermann 
in ſeiner Maslographie hat einige derſelben, 
die ſehr viele Aenlichkeit mit dem gegenwaͤrtigen 
haben, auf der XIten Tafel n. 44. und auf der XIIten 
n. 31. abgezeichnet. Wie unrecht er aber geur— 
theilt habe, wenn er dieſe Koͤrper, die er ſelbſt 
S. 221. wie runde auch laͤngliche Flaͤſchel 
mit einem Halſe und zweyen Handhaben 
oder Senkeln beſchreibet, dennoch als Echi- 
nitas cordatos minimos canaliculo ſingulari do- 
natos auffuͤhret, und zum andern mahl S. 227. 
Echinitas inſtar lagenulae anſatos ſuperne ca- 
naliculo ornatos benennet, darf ich nun nicht 
noch erſt ſagen. | 


Ich komme denn auf die beyden Seitenruͤ⸗ 
cken (lobi exteriores). Sie ſind ſich beyde voll⸗ 
kommen gleich, einen kleinen Umſtand ausge» 
nommen. Und alſo kann ich ſie mit einer einzi— 
gen Beſchreibung abfinden. Hier ſind bey dem 
erſten Stuͤcke, fo von fig. A. bis E. abgezeichnet 

As iſt 


10 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


ift, 19 Gelenke, und bey dem andern, welches 
fig. F. bis H. vorſtellet, 15 derſelben, die ich zeh- 
len kann. Sie gehen, wie die Zeichnung weiſet, 
beſonders nach der Gegend des Kopfes zu, ein 
wenig gekruͤmmet; da ſie nach der Spitze zu 
mehr geradlinige werden. Eine jegliche der⸗ 
ſelben iſt in der Gegend, wo ſie auf ein Gelenke 
des mitlern Ruͤckens ſtoßet, am breiteſten, aber 
auch geſpalten (bifidus), wenigſtens ſind ſie faſt 
auf die Haͤlfte ihrer Laͤnge mit einer Furche ver⸗ 
ſehen; Eine Furche, die auf beiden Seiten des 
mitlern Ruͤckens ſeiner ganzen Laͤnge nach herab⸗ 
gehet, verurſachet, daß fie ſich blos an demſel— 
ben anzulehnen ſcheinen, ohne unmittelbar mit 
allen Gelenken deſſelben zuſammen zu haͤngen. 
Dieſe Gelenke der Seitenruͤcken fallen auch 
flaͤcher aus, als die Gelenke oder Haͤngeſtoͤcke 
des mitlern Ruͤckens. Tieng ſich nun dieſer mit 
einem Flaſchenaͤhnlichen Koͤrper an; ſo fangen 
ſich die beyden Seitenruͤcken mit einem Koͤrper 
an, der mit einem Fiſchkopfe viel aͤhnliches hat. 
Dieſe Idee faͤlt einem um ſo leichter bey, weil 
der eine Fiſchkopffoͤrmige Theil nach feiner zuge- 
ſpitzten Seite eine kleine Vertiefung oder Grüßs 
chen, gleich einem Auge, zu ſehen giebt (S. 

fig. B. lit. g. und G. lit. g.). 


Der Compagnon von ihm hat aber dieſes Au- 
ge nicht. Und eben dieſes iſt der kleine Um⸗ 
ſtand, deſſen ich zuvor gedachte. Ich wuͤrde 


deſſelben kaum erwehnet haben, weil es ſich ja 
leicht 


bon dem Petrefact Ic 11 
leicht annehmen laͤſſet, daß die Schale oder Haut 
des Thieres hier etwas beſchaͤdiget ſeyn koͤnne. 
Da ich aber in dem zweyten vollſtaͤndigen Exem— 
plare, welches die Figuren F. bis H. vorſtellen, 
ebenfals ein dergleichen Gruͤbchen, jedoch auf 
dem zur rechten Seite ſtehenden Fiſchkopffoͤrmi⸗ 
gen Theile gewahr worden bin; fo habe ich daſ⸗ 
ſelbe einem bloßen Zufalle zuzuſchreiben faſt An- 
ſtand genommen. Je unbekannter die Stein⸗ 
kundige noch bisher immer mit dieſem Petre— 
fact geweſen ſind, und vielleicht auch weiterhin 
bleiben werden, je noͤthiger ſchien es mir, nichts 
bey der Beſchreibung deſſelben aus der Acht zu 
laſſen; ob ich wohl an der Erheblichkeit der Be— 
merkung gern ſelbſt zweifle. Außer dieſen drey 
Stuͤcken (Jobis ), die das Petrefact ausmachen, 
iſt aber noch ein viertes weſentliches Theil deſſel⸗ 
ben von mir anzuzeigen. In der Figur C. ſehen 
Sie es bey bh. nur ſehr undeutlich, weil nicht 
mehr hat abgezeichnet werden koͤnnen, als davon 
wuͤrklich noch da war. In der Figur F. bey ü. 
werden Sie es aber nach ſeiner ganzen Groͤße, 
Vollſtaͤndigkeit und Lage antreffen. Es gleichet 
vollkommen einem runden Haͤngeſtock der 
Schlaͤchter, ſtehet erhaben heraus, ſondert die 
Schwaͤnze und Koͤpfe der drey gekrümten und 
erhaͤrteten Raupen von einander ab, oder giebet 
vielmehr Gelegenheit, daß die drey Spitzen der 
drey Ruͤcken ſich darunter wegkruͤmmen und vers 
bergen koͤnnen. Da es aber weder die drey 
Koͤpfe noch die drey Schwaͤnze oder Spitzen als 


* L ‘ hoͤch⸗ 


12 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


hoͤchſtens in der Gegend der Fiſchkopffoͤrmigen 
Theile um ein weniges mit ſeinen Enden unmit⸗ 
telbar beruͤhret und ein beſonderes Theil, viel— 
leicht wohl gar den Riegel oder das Schloß des 
aus mehreren Theilen zuſammengeſetzten Koͤrpers 
auszumachen ſcheinet; ſo hat es bey meinem er⸗ 
ſten Exemplar leicht verlohren oder ſtark beſchä⸗ 0 
diget werden koͤtznen. | 


Werden Sie aber nicht bald a ich 
aufhören fol? Und fo unrecht thaͤten Sie nicht 
daran. Zu allem Gluͤck weiß ich eigentlich nichts 
erhebliches mehr anzugeben. Aber nein, ich muß 
auch noch hinzuthun, daß Sie ſich hier keine Stein⸗ 
kerne, ſondern die Petrefacten ſelbſt denken 
muͤſſen. Man ſiehet dieſes bey dem Exemplar 
A. bis E. am deutlichſten; ob wohl der Mahler, 
um die Figur nicht ohne Noth zu verſtuͤmmeln, 

nichts davon hat anzeigen muͤſſen. Es iſt nehm⸗ 
lich der eine Seitenruͤcken ſeiner Schale ein 
wenig beraubt, ſo daß man die Schale ſelbſt, 
und den geformten leimigten Kern, welchen ſie 
einſchließer, ohne alle Mühe unterſcheiden kann. 
Dieſe Schale iſt aber braun, etwas glat, 
glaͤnzend, dabey ſchilferigt, beinigt und hornigt, 
fo wie man fie bey gewiſſen Auſtern und Ammons⸗ 
hoͤrnern unter den Verſteinerungen zu finden 
pflegt, und nicht gar zu duͤnn; daher ſie denn 
auch in ſolchen Stellen, wo die Gelenke getheilt 
oder gefurcht ſind, in dem Steinkern merkliche 
Vertiefungen zuruͤckgelaſſen hat. Die 1 
es 


von dem Petrefact ꝛc. 13 


des zweyten Exemplars (ſ. fig. F. bis H.) iſt 
mehr grau als braun, und gleicher einem Stein» 
kerne, ohne es doch zu ſeyn. Und nun will ich 
Ihre Geduld mit dieſen beyden Stuͤcken nicht 
weiter ermuͤden. 


Laſſen Sie uns ſo gleich zu dem dritten, wel⸗ 
ches Sie in fig. K. L. M. nach verſchiedenen La⸗ 
gen abgezeichnet finden, uͤbergehen. Aus der 
Zeichnung bey L. M. werden Sie ſchon ſehen 
koͤnnen, daß es nicht ſeine ganze Vollſtaͤndigkeit 
habe, ſondern des ſpitzern oder untern Theiles 
gaͤnzlich beraubet ſey. Wenn man aber jene 
vollſtaͤndige Exemplarien geſehen hat; fo kann 
man dieſen Mangel ſich ſelbſt bald in Gedanken 
erſetzen. Der Haupttheil iſt denn doch noch ge» 
rettet worden. Da Sie in der Zeichnung die 
drey Ruͤcken und was ſonſt dem fogenannten 
Conchitae trilobo eigen iſt, ſehen koͤnnen; ſo will 
ich nur blos dasjenige mit Ihnen kuͤrzlich durch— 
gehen, was den Unterſchied deſſelben von jenen 

obgedachten beyden Exemplarien ausmachet. 
1) Dort war die Schale braun, hornigt und 
etwas ſtark; hier iſt ſie weiß, andern calcinirten 
Muſchelſchalen aͤhnlich, aber ſo duͤnn, wie 
eine Haut; daher ſie auch an vielen Stellen feh— 
let, und den unter ihr liegenden gruͤnlicht grauen 
glatten Steinkern ins Geſichte bringt. 

2) Dort giengen die Gelenke des mitlern 
Ruͤckens gekruͤmmet und merklich erhaben uͤber 
feine ganze Breite weg; hier find fie faſt gerad» 

e linigt, 


14 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


linigt, kaum ein wenig gekruͤmmet, und nur ein 
wenig erhaben, ſtehen auch nur auf der Mitte 
des Ruͤckens (f. k. in fig. K.); es muͤſte denn 
ſeyn, daß das uͤbrige von ihnen abgeſtoßen wor⸗ 
den waͤre, welches aber anzunehmen die noch 
anzutreffende Gleichheit ſaͤmtlicher mit weißer 
Schale bedeckter Gelenke kaum zulaͤſſet. 
zz) Die Unterſaͤtze in der Mitte der Gelenke 
dieſes mitlern Ruͤckens ſind hier blos kleine 
Strichlein; da ſie bey jenen ein ganz anderes 
Anſehen und Zuſammenhang hatten. f 

4) Der mitlere Ruͤcken war dort eben ſo breit 
und noch breiter, als die Seitenruͤcken. Hier 
iſt er ein gut Theil ſchmaler als dieſe, ob er gleich 
der Woͤlbung nach uͤber ſie hervorraget. | 

5) Auf den Seitenruͤcken find hier die Ge 
lenke nur flache Strichlein ohne geſpalten zu 
ſeyn und werden mit kuͤrzern Strichlein, die zwi⸗ 
ſchen innen ſtehen, abgewechſelt. 

6) Ob und wie dieſe Gelenke der Seitenruͤ— 
cken mit den Gelenken des mitlern Ruͤckens zus 


ſammenhaͤngen, kann ich Ihnen nicht ſagen, 


da die Gegend, wo man dieſes ſehen ſolte, von 
der Schale gaͤnzlich entbloͤßet iſt; und eben ſo 
wenig kann ich 

7) Von dem Flaſchenfoͤrmigen Theile des mit⸗ 
lern Ruͤckens etwas gedenken; da man in dieſer 
Gegend blos den Stein, und weiter nichts ſiehet. 
Daß indeſſen dergleichen etwas hier geweſen ſey, 
davon zeuget nicht nur der kleine laͤnglichte herz⸗ 
förmige Theil der dünnen weißen Schale, gr 

t 


von dem Petrefact ꝛc. 15 
ich mit lit. I. in Fig. K. bezeichnet habe, ſondern 
auch vornehmlich die Gegenwart der Fiſchkopf⸗ 
foͤrmigen Theile, in den beiden Nebenruͤcken, 
welche mit m. und n. in der ſig. K. und mit 
o. p. in der fig. L. M. bezeichnet find, Genug 
alſo auch von dieſem Exemplar. g 


Das vierte, ſo klein es iſt, ſo verdient es den⸗ 
noch feiner mehrern Vollſtaͤndigkeit wegen eben- 
fals Dero Aufmerkſamkeit. Die aus verſchie— 
denen Geſichtspuncten genommene Abbildun— 
gen deſſelben ſind mit den Buchſtaben N. O. P. 
Q. Q. O. bezeichnet, und gleichen vollkommen 
‚feiner Groͤße. Es ſtellet nehmlich Ag. N. die 
Oberflaͤche; fig O. die Unterflaͤche des liegenden 
Koͤrpers vor; gleichwie fig. P. nach der breiten 
obern Seite, und fig. O. nach der untern ſpi⸗ 
tzen Seite, beyde gerade vors Auge gehalten, 


abgezeichnet find: die fig. QQ. laͤſſet uns aber den 


ſpvitzen Theil von der Seite und meiſt ſchraͤg ſehen. 

Ohngeachtet dieſer Koͤrper aber klein und mehr 
platt als Kugelrund iſt; fo hat er dem ohnerach— 
tet mit den beyden erſten ſchon beſchriebenen, 
nicht nur die groͤſte Aehnlichkeit, ſondern dienet 
auch ſo gar eins und das andere darinn richtiger 
und genauer einzuſehen. 


Es finden ſich auch hier die drey Ruͤcken 
(s. lit. a. b. c. in fig. N. und O.), die Unterſaͤtze 
unter den Gelenken des mitlern Ruͤckens, die 
Fiſchkopffoͤrmigen Anſaͤtze der Seitenruͤcken 
(fl. 


16 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, | 


(ſ. lit. d. e. in fig. N. und Q) und der dem 
mitlern Ruͤcken zugehoͤrige Anſatz, ob er gleich 
nicht hier ſo deutlich als ein Flaͤſchgen mit ſei⸗ 
nen Knoͤpfen, ſondern vielmehr als ein fortge⸗ 
wen Ruͤckgrad mit anſtehenden Gelenken, 
ie aber kuͤrzer als die übrigen nachfolgenden in 
dem Ruͤcken ſelbſt find, erſcheinet (f lit. F. in 
fig. N. und O.). So iſt auch der Schlußriegel 
oder Haͤngeſtock, welcher gleichſam die Koͤpfe 
und Schwänze der drey Wurmgeſtalten ab» 
ſondert, hier ſehr deutlich zu ſehen. (ſ. lit. gg. in 
fig O. und O.). Das Verſchiedene von jenen zwey 
erſten Stuͤcken iſt aber noch darin zu ſetzen 
1) daß der mitlere Ruͤcken mit deu Seitenruͤ⸗ 
cken faſt von gleicher Hoͤhe erſcheinet, und ihre 
Breite nicht hat. 2) daß die Gelenke des mit⸗ 
lern Ruͤckens und der Seitenruͤcken zwar ge⸗ 
rade auf einander paſſen, aber theils weiter von 
einander abſtehen, und die Vermuthung, daß ſie 
ſich mehr an einander anlehnen als unmittelbar 
zuſammenhaͤngen, beſtaͤtigen, theils in den Ge⸗ 
lenken der Seitenruͤcken keine Spalte oder 
Furche an dem Ort ihres Anlehnens geſehen 
wird. Ueberdem zehlet man nur 3) 12 Ger 
lenke in den Haupt- und Nebenruͤcken. Man 
wuͤrde ihrer aber gewiß mehrere haben zehlen 
koͤnnen, wenn nicht 4) ein Theil derſelben oder 
die Spitze aller drey Ruͤcken zuſammen ge 
ſchrumpft waͤre, wodurch denn zwey Vertiefungen 
entſtanden find, fo daß man den darüber liegen⸗ 
den Stein zu ſehen bekommt; davon die eine 


ſchmal 


von dem Petrefact ıc. 17 


ſchmal (. lit. h. in fig. O.), die andere aber 
breiter und gewoͤlbter ift, bis an den Schluß⸗ 
riegel gehet, und einem geöfneren Fiſchmaul 
vollkommen aͤhnlich ſiehet (f. lit. i. fig. O.) Zwi⸗ 
ſchen dieſen beyden Vertiefungen liegt der zu⸗ 
ſammengeſchrumpfte Theil als ein Hocker, wel⸗ 
ches durch den lichten Fleck, worauf lit. K wei⸗ 
ſet, angegeben iſt. 


Alle dieſe Bemerkungen ſcheinen große Klei⸗ 
nigkeiten zu ſeyn und machen meinen Vortrag 
allerdings ſehr trocken. Dennoch aber denke ich, 
daß ſie uns einigen Aufſchluß zu dem Geheimniß 
geben koͤnnen, wie dieſer kugeligte Körper, wenn 
er anders auch in ſeinem Leben dieſe Geſtalt ge— 
habt hat, der Nahrung halber und ſonſt ſich ha— 
be oͤfnen koͤnnen. Ich werde nachher dieſer Be— 
merkungen mich wieder bedienen, und zeige nur 
noch an, daß dieſer kleine Körper ebenfals noch 
ſeine natürliche braune hornartige Schale behal- 

ten habe. In fig. QQ., als wo er uͤberſchraͤg 
vorgeſtellet iſt, ſehen Sie aber vorzüglich deut⸗ 
lich, nicht nur, wie der Schlußriegel lit. kk. 
um den Flaͤſchel⸗ und Fiſchkopffoͤrmigen Theil 
ſich herum ſchlinget, ſondern wie er auch in der 
Gegend (lit. 1.) von dem einen Seitenruͤcken 
ein wenig abtrit, als e die Vertiefung 
daſelbſt anzeigen fol. Gewiß ein Umſtand, der 
nicht aus der acht zu laſſen war. 

Von dem fünften Exemplar habe ich Ihnen 


nicht viel zu ſagen; es iſt mit dem vierten der 
B nehm⸗ 


18 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


nehmliche, nur daß er zerdruckt und zerknickt, 
folglich auch in den Gelenken des Hauptruͤckens 
und der Nebenruͤcken noch mehr aus einander 
getrieben iſt. Ich habe denſelben aber dennoch in 

einer dreyfachen Abbildung nach dieſem ſeinen 
Schickſal ſo gut als moͤglich, ob wohl unvoll⸗ 
kommen gnug, vorſtellen laſſen (f fig R. 
S. T.), weil es ebenfals einige Belehrung von ſei⸗ 
ner Natur darbieten kann Uebrigens iſt auch 
dieſem feine natürliche hornattige Haut oder 
Schale geblieben. 15 


Was iſt denn nun aber das Reſultat von al⸗ 
len dieſen kleinen Bemerkungen? Wie wird das 
Original dieſes Koͤrpers von mir etwa angegeben 
werden koͤnnen und muͤſſen? Iſt es eine Schne⸗ 
cke? Iſt es eine Muſchel? Eine zweyſchalige, 
oder eine ſolche, die aus mehreren Schalen beſte⸗ 
het? Oder iſt es wohl gar ein Geſchoͤpf, das zu 
den weichſchaligen und mit einer Lederartigen 
Haut verſehenen Thierarten gehoͤret? Dieſes 
alles, ich kann es leicht denken, werden Sie 
von mir hoͤren wollen, nicht um ſich zu belehrenz 
denn wie vermoͤgte ich dieſes? und wie koͤnte 
Ihnen oder mir dieſes auch nur einfallen? ſon⸗ 
dern nur als mein Freund mit Grunde ſagen zu 
koͤnnen, daß ich aus Gefaͤlligkeit gegen Sie 
mir einige Muͤhe gegeben haͤtte meinen Gegen⸗ 
ſtand gehoͤrig zu verfolgen. 

Ich geſtehe aber gern, daß ich zu furchtſam 
bin Ihnen mit bloßen Muthmaßungen 5 

u 


von dem Petrefact ꝛc. 19 


lich zu werden, und daß ich meine Schwaͤche in 
der Kentniß der Natur bey dieſem Punct nur 
gar zu ſehr fuͤhle. Wenn ich gewiß wuͤſte, daß 
Sie freundſchaftlich ausſtreichen und beſſern 
wolten, was lediglich von meiner unvollkomme— 
nen Einſicht in das Ganze der Natur zeugt; ſo 
wagte ich es doch wohl Ihnen meine unreife Ge— 
danken hieruͤber mitzutheilen. Und hier ſind ſie; 
jedoch blos um mich von Ihnen oder einem an⸗ 
dern Steinkundiger zurecht weiſen zu laſſen. 


Aber ich muß vorher Ihre Geduld noch das. 
durch weiter pruͤfen, daß ich ihnen von den 
weniger vollſtaͤndigen Stuͤcken meines kleinen 
Cabinets, die alle, ſo wie jene, auf Pommerſchen 
Grund und Boden, und beſonders vom Star⸗ 
gardiſchen Felde aufgehoben worden ſind, auch 
etwas vorſchwatze. Stuͤcke und Theile gehören 
zum Ganzen. Und was Natur und Schickſal 
zerlegt hat, das erfpart uns die Mühe es zu 
thun. Ueberdem gehoͤren auch die einzeln Theile 
der bisher ſo genannten Conchae trilobae ſtriatae 
vel laevis zu den Seltenheiten einer Steinfam- 
lung, wenigſtens in unſerer Gegend. 


Ich fange mit derjenigen Figur an, die Sie 
mit I. und vergrößert in fig. II. vor ſich ſehen. 
Und kann wohl was regelmaͤßigeres und ſchoͤne— 
res ſeyn! Die Spitze eines Frauenzimmer-Pan⸗ 
toffels oder einer Schnuͤrbruſt wuͤrde das 
Bild ſeyn, das ich wehlen wuͤrde, wenn ich Sie 
durch ein zweytes Bild zu unterhalten Luſt haͤtte. 

Er. B 2 Was 


20 Erſtes Sendſchr. an Hrn. B. Martini, 


Was kann dieſes aber groß nutzen? Sie betrach⸗ 

ten lieber, ich weiß es, den hier etwas verän- 
derten Bau. Und da die vergroͤßerte Vorſtel⸗ 
lung Ihnen Binlänglich zeiget, daß in dem mit⸗ 
lern Ruͤcken, und in den beiden Seitenruͤcken 
gekruͤmmte Ribben oder Gelenke angetroffen 
werden, wie auch daß zu einer jeden Ribbe der 
Nebenruͤcken, die zuſammen durch die Zahl 
zwoͤlfe beſtimmt werden, zwo dergleichen in dem 

etwas erhabenen und ſchmalern Mittelruͤcken 
gerechnet ſind; ſo darf ich Ihnen nicht erſt ſagen, 
daß daſelbſt 24 ſolche Ribben, ohne einen Un⸗ 
terſatz zwiſchen ſich zu haben, anzutreffen ſeyn. 
Obgleich die Ribben der Seitenruͤcken von den 
doppelten in dem Hauptruͤcken abſtehen, und 
mittelſt der bekannten zwey Furchen abgeſondert 
werden; ſo gehet doch die auch in dieſem Stuͤcke 
noch anfigende natürliche weiße Schale (denn fo 
ſcheinet es) in den. Furchen fort und noͤthi⸗ 
get uns den Zuſammenhang dieſer Ribben 
aller drey Ruͤcken anzuerkennen. Der mit lit. 
a. bezeichnete Theil iſt ein Stuͤck eines weißen 
Selenitiſchen Kalkſteines, woraus der ganze 
Koͤrper auch beſtehet. 


Ein zweytes Bruchſtuͤck liefert Ihnen fig. III. 
Es ſitzet mit ſeiner natuͤrlichen weißen duͤnnen 
Schale auf einem gelbweißen feinen Kalkſteine, 
gleich als wenn es aufgeleimet waͤre, feſt an. 
Die Seitenruͤcken gehen abwaͤrts, ſo daß ſie mit 
dem etwas erhabenen Mittelruͤcken einem Ob⸗ 


dach 


von dem Petrefact c. 21 


dach gleichen. Dieſe Art iſt von denen, die ſich 
den faſt glatten Kaͤfermuſcheln, wie man 
ſie nennet, naͤhert; indem blos zarte Furchen 
die an ſich glatte Flaͤchen in Ribben oder Gelen⸗ 
ke, beſonders an den zwo Seetenruͤcken, 
theilen. Der mittelſte Ruͤcken iſt viel ſchmaler, 
als die Seitenruͤcken, aber auch etwas kuͤrzerz 
das heißt: er gehet nicht mit der ganzen Laͤnge 

der Schale gleich aus, ſondern laͤſſet noch einen 
Theil Schale frey. Dieſer Theil Schale zunaͤchſt 
an der Spitze iſt glatt, wie denn auch ringsherum 
an den Seitenruͤcken etwas Schale, glatt und 
ungefurcht geblieben iſt, ohne doch ſagen zu Fön« 
nen, daß etwas, ſo einem Muſchelrande aͤhnlich 
ſaͤhe, davon anzutreffen waͤre. Etwas eigenes 
bey dieſem Exemplar iſt es, daß die flachen Rib— 
ben der Seitenruͤcken, deren meiſt ſo viel ſind, 
als es Ribben in dem Mittelruͤcken giebt, wie ſie 
denn auch auf einander paſſen, unter einem ſchie— 
fen Winkel anſtehen, als welches in der fig. III. 
nicht hinlaͤnglich angezeiget worden iſt. 


Die IVte Nummer ſtellet Ihnen ein vollkom⸗ 
men aͤhnliches auf einem grauen dichten Kalk— 
ſteine dar. Der mit lit. b. bezeichnete und mit⸗ 
telſt einer gekruͤmmten Linie bemerkte Theil weiſet 
auf den Ueberreſt der noch aufſitzenden duͤnnen 
grauweißen, natuͤrlichen Schale. Ich wuͤrde 
Sie mit diefer Zeichnung verſchonet haben, wenn 
ich nicht die Gelegenheit haͤtte mitnehmen wol— 
len mit Ihnen zu bemerken, daß d die hier als 


B. 3 flach, 


22 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


flach, glatt und nur mit zarten Streifen verſe⸗ 
hene Schale, die in ihren Theilen gleich einem 
Ziegeldach über einander lieget, in dem entbloͤß⸗ 
ten Steinkern, dennoch weit tiefere Furchen 
zuruck gelaſſen habe, als man äußerlich hätte 
urtheilen ſollen. Was daraus wegen der untern 
Flaͤche der weißen duͤnnen Schale, die dem Stein⸗ 
kern unmittelbar aufliegt, folge, wiſſen Sie 
ſchon. Von einem Muſchelrande oder halbzir⸗ 
kelfoͤrmigen Umkreiſe um dieſen Koͤrper herum 
bin ich nichts gewahr worden. | * 


Nun aber werde ich auch ſolche, die mit an⸗ 
dern, beſonders runden, Muſchelſchalen eine meh⸗ 
rere Aehnlichkeit haben, theils weil ſie mittelmaͤ⸗ 
ſig gewoͤlbet ſind, und in der Breite und Laͤnge 
ein ziemlich maͤßiges Verhaͤltniß haben, theils 
aber mit einem bogenfoͤrmigen Umfang auszu⸗ 
gehen ſcheinen, Ihnen vorzulegen die Ehre haben. 


Die groͤßte dieſer Art, die ich beſitze, iſt in der 
fig. V. nach ihrer eigentlichen Groͤße zu ſehen. 


Sie hat eines und das andere, das ihr allein 
eigen iſt, und eines Lithologen Aufmerkſamkeit 
allerdings verdienet. Was die Figur deutlich 
weiſet, will ich nicht einzeln mit Ihnen durchge⸗ 
hen, wohl aber das, woraus Sie ſich ohne bes 
ſondere Anzeige nicht ſo leicht wuͤrden finden koͤn⸗ 
nen. Ich rechne dahin 1) die beyden kurzen 
Ohren, oder die oben zu beyden Seiten des Pe⸗ 

| trefacts 


von dem Petrefact ꝛc. 3% 


frefacts uͤbergeſchlagene Theile der Schale, wel⸗ 
che von dem ſchief ſtehenden laͤnglichten Hocker 
oder Ribbe lit. b ruͤckwaͤrts herabgehen. 2) Dies 
ſen ſchief geſtellten Hocker oder Ribbe lit b. ſelbſt, 
der einwaͤrts nach der zweyten Ribbe des mitlern 
Ruͤckens zugehet, ſich vertiefet oder niedriger 
wird. 3) Die darauf folgende tiefe, und breis- 
te, rte ſtehende, Furchen, lit. cc. die ſich 
bey dem Anfange der dritten Ribbe in dem mit— 
lern Ruͤcken erſt endigen. 4) Daß die grauweiße 
ziemlich ſtarke Schale, deren Dicke einem ziemlich 
ſtarken Pack Papier gleich kommt, und bey dem 
ſchiefen Hocker b. weit dicker iſt, nur bis ſo weit 
ſtehen geblieben ſey, als die Figur weiſet. 
5) Daß der mit zarten bogenfoͤrmigen und pa⸗ 
rallel laufenden Strichen von ir. d. bis d. bezo⸗ 
gene Theil auch noch eine natuͤrliche Schale des 
Petrefacts ſey; wie daraus mit erhellet, daß 
ein Theil derſelben von lit. e. bis e. abgeſprungen 
iſt, wo man denn ganz deutlich nichts als den 
Stein oder die Unterlage dieſer mit Streifen ver— 
ſehenen zweyten Schale, oder Haut mit einer 
ſehr ſchwachen Anzeige von eingedruckten Strich— 
lein gewahr wird. 6) Den einem Mufchelrande 
fo ähnlichen Halbeirkel, wovon der allein übrig 
gebliebene Theil bey lit. f. f. abgezeichnet iſt; 
und welcher, ſo viel ich wahrnehmen kann, 
nicht nur mit der Unterſchale oder Unterhaut zu⸗ 
ſammenhaͤngt, ſondern auch ein wenig uͤbertritt, 
ſo daß er der obern Schale, die ſcharf daran an⸗ 
ſchließet, mit zum halten dienen koͤnnte. Und 

a B 4 was 


24 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


was fehlt wohl noch um berechtiget zu ſeyn, die⸗ 
ſes Petrefact einen Conchitem trilobum zu nen⸗ 
nen? Die Seitenruͤcken der obern Schale ſind 
weitlaͤuftig, aber kaum merklich, der Breite 
nach geſtreift, und faſt ganz glatt, ſo daß der 
Mahler ſie in der Figur faſt zu ſtark ausgedrucket 
hat. Die Ribben des mitlern Ruͤckens haben 
aber auch nach der Groͤße des Koͤrpers keine ſon⸗ 
derliche Erhebung, und werden in der Spitze ſo 
flach, daß man ſie kaum gewahr wird. Das 
ganze Petrefact hat eine Woͤlbung, wie man.fie 
bey den mittelmaͤßig gewoͤlbten Muſchelſchalen zu 
ſehen gewohnt iſt. Noch muß ich ſagen, daß 
die in fig. ggg. angegebene Theile den grauweißen 
Kalkſtein und nicht die Muſchel angehen; 
gleichwie fig. h. auf ein vortretendes Stuͤckeines 
drunter liegenden Orthocaratiten weiſet. So 
angenehm Ihnen aber vermuthlich dieſes Stuͤck 
geweſen ſeyn wird, weil es lehrreich war, ſo 
wird Ihnen das folgende noch weit angenehmer 
ſeyn. Es gehören dazu die fig. VI. und VII. 
welche es ſowohl in der natürlichen als vergrö- 
ſerten Geſtalt nach der Oberfläche vorſtellen, 
gleichwie fig. VII. und VIII. Sie von der andern 
drunter liegenden Flaͤche belehren kann. In 
Abſicht der Oberflaͤche wollen wir nur bemerken, 
theils, daß der mitlere Ruͤcken ungemein hoch 
hervorſtehe und merklich gewoͤlbet ſey; theils, 
daß zu zwo flachen Ribben der Seitenruͤcken je⸗ 
desmahl eine in den mitlern Ruͤcken gerechnet 
werde; theils aber daß die Furchen oder Ribben 

der 


von dem Petrefact ic, - 25 


der Seitenruͤcken nicht die ganze Umfaſſungslinie 
durchgehen, ſondern das aͤußerſte derſelben et— 
was glatt laſſen. Noch eins aber, was ich bey 
keinem andern ahnlich gefunden habe, iſt, daß 
da, wo ſich die Spitze des mitlern Ruͤckens endi- 
get, noch eine ganz kleine Erhebung, oder faſt 
rundlicher Stiel, der aber doch nicht mit dem 
Rande gleich ausgehet, ſondern ein wenig zurück 
bleibt und nach dieſer Gegend zu immer flaͤcher 
und ſpitzer wird, unmittelbar anſitze, und daraus 
ſeinen Urſprung nehme. 


Wie ganz verſchieden ſich aber die Unterflaͤche 
ſehen laſſe, wenn Sie dieſen Muſchelfoͤrmigen 
Koͤrper in Ihrer Hand ſo herum drehen ſolten, 
wie ich jezt thue, ſo daß der Muſchelrand der 
erſten Flaͤche unterwaͤrts ſtehen bleibt, das zeigt 
Ihnen, wie ich ſchon geſagt habe, fig. VIII. IX. 
Und kaum darf ich es Ihnen noch anzeigen, 
daß der Theil d. e. f. auf die Theile a. b. c. paſ⸗ 
ſen und blos durch einen Zufall getrennet und auf 
die Seite geſchoben worden ſind. Aber ſo wer— 
den Sie auch hier faſt alles ſo wieder finden, wie 
Sie es ſchon in den Figuren A. bis H. zu ſehen 
gewohnt wurden. 


Ja, was ſich dort bey den aufs äuferfte ges 
kruͤmmten und gewoͤlbten Stuͤcken nur muth⸗ 
maßen ließ, daß nemlich die zwiſchen den Haupt⸗ 
gelenken angetroffene Unterſaͤtze ‚fi ein wenig 
unter den Gelenken ſelbſt wegzoͤgen, oder von 

B 5 dieſen 


26 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


dieſen etwas, auch wohl ganz, bedeckt werden 
koͤnnten; das ficher man in dieſem Stuͤck mit ei⸗ 
nem einzigen Blick. Belieben Sie nur die mit 
g und h bezeichnete Theile nachzuſehen; fo wer⸗ 
den Sie bey dem erſten die Unterfäge ſehr deut⸗ 
lich, und bey dem andern gar keine finden. 
Da dieſe Krebsſchwanzfoͤrmige Bildung beſon⸗ 
ders des mitlern Ruͤckens hier faſt gerade aus⸗ 
geſtreckt liegt; ſo wuͤrde man von dieſen verſteck⸗ 
ten Gelenktheilen ohne Zweifel nicht viel zu ſe⸗ 
hen bekommen haben, wenn nicht von den dar⸗ 
auf liegenden gewoͤlbten und mehr gekruͤmmten 
Gelenken, die ich ihrer noch groͤßern Kruͤmmung 
halber anfänglich mit den Haͤngeſtoͤcken der 
Schlaͤchter verglich, etwas abgeſprungen wäre, 
Jedoch ſiehet man auch da, wo nichts abge⸗ 
ſprungen iſt, noch etwas weniges davon in lit ii. 
Wie iſt aber dieſer Koͤrper, der nichts Muſchel⸗ 
foͤrmiges vorzeigt, zu dem über ihn liegenden drey⸗ 
ruͤckigen Muſchelfoͤrmigen Koͤrper gekommen? 
Solten ſie wohl beyde als Theile eines und eben 
deſſelben Ganzen anzuſehen ſeyn? Es kann ſeyn, 
es kann auch nicht ſeyn. Woraus ich vermuthe, 
daß es ſeyn koͤnne, iſt theils, daß ich bey je⸗ 
nen Stuͤcken, die fig. A bis N vorſtellet, es ſchon 
gelernt habe, daß das Ende oder die Spitze des 
Koͤrpers mit der Spitze in fig. VI. und VII. 

(wenn ich den Muſchelrand ausnehme) ganz aͤhn⸗ 
lich ſey; theils weil nur wenig Stein zwiſchen 
den beyden Flaͤchen der VIten und VIIten Figur 


anzutreffen iſt, und ur Theil a. b. c. in fig. 
VIII 


von dem Petrefact ꝛc. 27 


VIII. und IX. der Spitze und dem Muſchelrand 
in fig. VI. VII. fo gar hart anliegt; theils aber 
vornehmlich, weil an den Seitenruͤcken der VIII. 
und IX. Figur ebenfals zwo Gelenke, zu einem 
Gelenke des mitlern Ruͤckens gezehlet werden 
koͤnnen. Was mich aber noch aufhält dieſes ges 
wiß zu ſagen, iſt, daß die Gelenke bey a. b. c. d. e. 
f. in fig. VIII. IX. mir ein wenig zu groß und 
nicht verhaͤltnißmaͤßig genug zu ſeyn ſcheinen. 
Jedoch auf dieſen kleinen Zweifel ließe ſich leicht 
antworten, daß der Theil a. b. c. in fig. VIII. IX. 
nicht unmittelbar an dem Theil r. o. p. in der fig. 
VI. und VII. angeſeſſen habe, ſondern ein Zwi— 
ſchentheil verloren gegangen ſey, da denn die— 
uͤbrigen folgenden groͤßern Gelenke dem ohnge— 
achtet ihr richtiges Verhaͤltniß haben koͤnnten. 
Es iſt uͤberdem die caleinirte duͤnne und den Mu⸗ 
ſchelſchalen aͤhnliche Schale ſowol bey fig. VI. 
und VII. als bey VIII. und IX. gleich gut anzu⸗ 
treffen, obwohl ſie bey der leztern etwas ſtaͤrker 
ausfaͤllet. Und ſo mag es denn dabey bleiben, daß 
beyde Flaͤchen dieſes Koͤrpers zu einander gehoͤrige 
Theile eines und eben deſſelben Ganzen ſind. 

Bey der fig. X. will ich Sie nicht lange auf⸗ 
halten. Die Bauart iſt mit fig. VI und VII. 
faſt dieſelbe. Das Verſchiedene darinn iſt blos, 
daß die natuͤrliche Schale braunlicht ausfaͤllet, 
und daß die Seitenruͤcken ganz glatt find. Viel⸗ 
leicht waͤre es der gegliederte Mittelruͤcken auch, 
wenn nicht die Schals in dieſer Gegend abge⸗ 
ſprungen waͤre. 

Die 


28 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


Die XI. Figur aber, die fuͤr dismahl die lezte 
ſeyn ſoll, habe ich nur blos zur Erlaͤuterung der 
fig. V. mit anbringen wollen. Sie ſehen aber 
auch von a. bis b. ein Theil der natürlichen aͤu⸗ 
ſerſt dünnen und zarten. Schale oder Haut, auf 
welchen dieſelbe zarte und noch zaͤrtere Striche 
mit dem Augenglaſe wahrzunehmen ſind. 


Aller Wahrſcheinlichkeit nach werden Sie das 
Ende wuͤnſchen. Und da ich es auch wuͤnſche, 
weil ich es wohl merke, daß ich über die Gebühr 
weitläuftig geworden bin, und Ihre Geduld ge— 
mißbrauchet habe; ſo will ich nur noch darauf 
denk: n, wie ich mich, ohne meine ſeichte Kent⸗ 
35. der Natur gar zu ſehr zu verrathen, über 
alle dieſe Bemerkungen fo kurz als möglich 
erklaͤre. 


Man hat dieſes Petrefact bisher gemeiniglich 
einen Conchitem trilobum rugoſum genennet, 
und mit Hrn. Baumern, der es in feiner Natur⸗ 
geſchichte des Mineralreiches Th. . S. 
326. Trigometten nennet, (anderer gleich un» 
vollkommener Namen, da es z. E. Baͤfer⸗Mu⸗ 
ſchelſtein, Ca ca dumuſchel, Seehaaſe 
heißet, jezt nicht zu gedenken, unter die zwey⸗ 
ſchaligen Muſcheln gezehlet. Herrmann in 
der M aslographie Tab. IX. fig. so führet eine 
Art unſers Petrefacts an, wo der Hauptruͤcken 
in der Mitte glatt, aber der Laͤnge nach mit klei⸗ 
nen Koͤrnlein Ke „und blos an feinem 

Rande 


von dem Petrefact e. 29 


Rande geſtrichelt iſt, und nennet ſie Pe&tuncu- 
lites marmoreus trilobus imbricatus ete. Da 
ich keine derſelben beſitze, ſo habe die Figur aus 
ihm entlehnet. Selbſt der um die Petre⸗ 
facten⸗Geſchichte fo ſehr verdiente Herr Prof. 
Walch hat ſich in dem koſtbaren Bnorriſchen 
Werke S. 95. dafuͤr erklaͤrt. Herr Probſt 
Genzmar zu Targard im Wecklenburgi⸗ 
ſchen, mein alter verehrungswuͤrdiger Goͤnner 
und Freund (denn ich zweifle keinen Augenblick 
daran, daß er nicht der Verfaſſer der beyden 
ſchoͤnen Abhandlungen über dieſen Gegenſtand, 
die in den Arbeiten einer vereinigten etell⸗ 
ſchaft in der Oberlauſitz zu den Geſchich⸗ 
ten der Gelahrheit uberhaupt gehörende 
Band II. S. 235. und Band III. S. 183. au- 
zutreffen und mit Kupferſtichen erlaͤutert ſind, 
ſeyn ſolte) Herr Probſt Genzmar, ſage ich, 
hat Band III. S. 184. ſchon vorher ein gleiches 
gethan. Die daſelbſt mit Nummer 7. 8. 9. be⸗ 
zeichnete Stuͤcke haben ihm dieſe Meynung er— 
leichtert. Da die Zeichnungen aber, wenigſtens 
fuͤr mich, nicht deutlich genug ſind; ſo geſtehe ich 
gern, daß ich daraus dieſelbe Ueberzeugung mir 
nicht ſogleich habe verſchaffen koͤnnen. Und 
wenn er ſich auch noch deshalb auf die mit N. 
17. 18. 19.20. angemerkten vortreflichen Stuͤcke, 
die aus dem Cabinet des ſel. Links, und des 
hoffentlich noch lebenden Herrn Commißions— 
Rath Stuck zu Halle entlehnet ſind, und mit 
den meinigen von fig. A, bis H, die groͤßte Aehn⸗ 
| lichkeit 


30 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


lichkeit haben, aber weniger ſchoͤn regelmaͤßig 
und kugelfoͤrmig ausfallen, berufet; ſo geſtehe 
ich abermal, daß es mir ſchwer werde, ihm dar⸗ 
inn beyzupflichten. Beylaͤufig merke ich hier an, 
daß Sie mir zu viel Ehre erwieſen haben, wenn 
Sie es Ihren Leſern verſicherten, daß außer dem 
fo vorzuͤglich Linkiſchen *) Cabinet zu Leipzig 
in dem meinigen das zweyte bekannte voll⸗ 
ſtaͤndige Exemplar von dieſem noch raͤtzelhaf⸗ 
ten Petrefact anzutreffen wäre, Ihro Ercellenz 
der Herr Graf von Teßin und Herr Stuck, Koͤ⸗ 
niglicher Commißions⸗Rath zu Halle an der 
Saale ſcheinen es auch ziemlich ganz aufweiſen 
zu koͤnnen. Aber wieder zur Sache; um einen 
zweyſchaligen Muſchelſtein daraus zu machen, 
wuͤrden die von mir bey fig. V. VI. X. und XI. 
abgezeichneten Stuͤcke meines wenigen Erachtens 
der Ueberzeugung noch zutraͤglicher ſeyn als jene. 
Sind aber die von A. bis O. Ihnen vorgelegte 
meiſt kugelrunde Exemplaren auch wohl zwey⸗ 
ſchalige Muſchelſteine? Und dennoch haben 
ſie an ihrem gekruͤmmten Ende oder Spitze mit 
den von fig. I. bis fig. IV. ausgeſtreckt vorge⸗ 

ſtellten, 


) Herr Link, Apotheker zu Leipzig, war eigentlich 
nur fo gluͤcklich, dieſes Petrefact in Kupferſtichen 
und abgeformten Wachsſtuͤcken zu beſitzen. Der ſel. 
D. Brückmann legte ihre Geſtalt in ſeiner Epiſt. 
Itiner. XXIII. Cent. I. mittelſt eines Kupferſtiches 
dem forſchenden Naturkundiger vor Augen. Einige 
derſelben gleichen auch meinen von A. bis Q. abge⸗ 
bildeten nicht wenig. N 


von dem Petrefact c. 31 


ſtellten, ja ſelbſt mit denen, die von fig. V. bis 
zur fig. X. geſehen werden, wenn man die Mu⸗ 
ſchelrundungen ausnimmt, viel zu viel Aehnlich⸗ 
keit, als daß man fie nicht alle zu einem Geſchlech⸗ 
te ſolte zehlen wollen und koͤnnen. Einige Ar⸗ 
ten der geſtreiften Bohrmuſchelſteine (Terebra- 
tula) ſind zwar auch kugelrund. Wer findet 
aber nicht ſogleich die ganze Aehnlichkeit mit an⸗ 
dern zweyſchaligen Muſchelſteinen an ihnen? 
Hier aber vermiſſet man ſie in den mehr vollſtaͤn⸗ 
digen Exemplarien gaͤnzlich. Jedoch mein for— 
ſchender Freund, ich meyne den Herrn Probſt 
Genzmar, hat ſeine Meynung bald wieder, und 
ich weiß nicht anders als mit gutem Grunde, 
ſelbſt verlaſſen, wenigftens ſehr eingeſchrenkr, 
und die zuerſt genannte Concham trilobam ru- 
goſam, (warum nicht lieber articulatam oder 
ſtriatam c.) einem noch unbekannten See⸗ 
thiere, das bald ausgeſtreckt, bald gekruͤmmt 
ſeyn koͤnne, zugeeignet. Und hierinn ihm bey⸗ 
zutreten, findet ßch bey mir nicht die geringſte 
Bedenklichkeit Meine Exemplare gebieten eben 
dieſelbe Erklaͤrung. Solte man es ja zu einem 
Teſtaceo machen wollen; ſo muͤßte man es doch 
zu den vielſchaligen Muſchelarten, und einer 
noch nicht natuͤrlich geſehenen Art derſelben 
rechnen. Sehen Sie nur in der fig. A die mit 
lit. a. d. b. e. c. und in fig. F. mit lie. ii. bezeich- 
neten Theile noch einmal an; und erinnern Sie 
ſich auch wieder, was ich bey der Erklaͤrung der 
Ag. Q. . geſagt habe; fo werden Sie a 

4 ey⸗ 


32 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martim, 


Meynung weit eher, als jener, unterſchreiben 
wollen, und werden auch denen, die den Ort des 
Schloſſes und der Oefnung bey dieſer vielſcha⸗ 
ligten Muſchelart zu ſehen begierig find, allen⸗ 
fals einigen Beſcheid geben koͤnnen. Indeſſen 
ſcheinet mir doch die leztere Meynung des Herrn 
Probſt G. weit annehmlicher zu ſeyn, theils 
weil die andere von ihm abgezeichnete aͤhnliche, 
aber ihrer ausgeſtreckten gdage wegen eben fo. 
merkwuͤrdige Stuͤcke ihr ein vorzuͤgliches Gewicht 
mittheilen, theils aber weil ich (das Stuͤck in 
fig. VIII. und IX. ausgenommen) bey allen uͤbri⸗ 
gen mehr eine braune, hornartige, ſchilferig⸗ 
te, oder ſonſt duͤnne Haut, als eine den Muſcheln 
und Schnecken aͤhnliche harte Schale gefun⸗ 
den habe. Hierzu kommt, daß man bey einigen 
den Mittelruͤcken ſchmaͤler, als bey andern, ſiehet, 
welches blos von der mehr oder weniger und 
vielleicht wechſelsweiſe verrichteten Ausdehnung 
der einzeln Ruͤcken, wie auch von der Kruͤm⸗ 
mung des ganzen Koͤrpers herzukommen ſcheinet, 
aber auch ein Thier, welchem dieſes eigen iſt, 
voraus ſetzet. Was ich aber von der abwech⸗ 
ſelnden Ausdehnung und Einziehung der einzeln 
Ruͤcken gemuthmaßet habe; das ſcheinet in der 
Abzeichnung, welche das Bnorriſche Werk im 
Ilten Theil auf der 69ſten mit B 5 bemerkten Ta⸗ 
fel vorlegt, ſeine Beſtaͤtigung zu finden. Hier 
iſt der eine Seitenruͤcken faft um ein Drittel von 
der Breite des andern ſchmaͤler zu ſehen; und 
woher ſoll dieſe ſonſt nirgends in dieſem Geſchlecht 

anzu⸗ 


von dem Petrefact c. 33 


| anzutreffende Ungleichheit entſtanden ſeyn? Der 
uberall gezeichnete Muſchelrand ſchließet gewiß 
den Begrif einer Beſchaͤdigung aus. Und 
ſelbſt die ungewoͤhnlichen Falten dieſes Randes, 
wenn ſie nicht fuͤr des Kuͤnſtlers Erfindung ge⸗ 
halten werden ſollen, helfen meine Meynung un⸗ 
terſtuͤtzen. 


Daß übrigens die bis zur Kugelgeſtalt geſchehe⸗ 
ne Kruͤmmung eine dem Thiere zwar moͤgliche, 
aber doch mehr ſeltene und faſt gezwungene Lage 
und Stellung verrathe, ſcheinet mir nicht nur 
daher erweißlich zu ſeyn, daß man bisher nur 
ſehr wenige von ihnen in dieſer Form gefunden 
hat; ſondern auch daher, daß in den beyden 
vollſtaͤndigen Exemplarien fig. A. bis E. und fig. 
F. bis H. nicht wenig Gelenke, ſo ſtark und 
knochigt fie auch zu ſeyn ſcheinen, dennoch in der 
Mitte geborſten ſind, folglich von einer uͤber die 
Kraͤfte des Thieres gehenden Spannung ein 
Zeugniß geben. Ich habe dieſes in den einzeln 
Gliedern bey fig. 1. lit, aa. anzumerken geſuchet. 


Wie vertraͤgt ſich aber dieſe Meynung mit 
jener Bemerkung, da man, wie in fie. V. VI. 
X. XI., eine Art vom Muſchelrand um die drey 
eee Rn angetroffen har? 


Ich denke 685 doch, daß uns dieſes nicht 
ſehr aufhalten koͤnne. Iſt der wuͤrklich Gelenk— 
volle und in ſich ſelbſt und feinen Theilen beweg⸗ 

C liche 


34 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


liche Koͤrper zu einer kugelrunden Kruͤmmung 
geſchickt geweſen; warum ſolten wir nicht anneh⸗ 
men koͤnnen, daß er nur alsdenn, wenn er aͤuſ⸗ 
ſerſt ausgeſtreckt und ausgeſpannt liegt, alſo 
zuweilen eine duͤnne halbcirkelfoͤrmige Haut 
oder Rand um die Spitze herum ausdehne; die⸗ 
ſe aber auch wieder auf beyden Seiten in ſich 
hinein, und auch wohl unter ſich weg ziehen 
koͤnne, wenn er ſich kruͤmmend zuſammen legen 
will oder muß? Und haben wir ihn denn nicht 
auch wohl ſchon bey aller ſeiner Ausſtreckung in 
fig. I. bis IV, ohne eben einen Muſchelrand dar⸗ 
an zu entdecken, ſehen koͤnnen? 


Ich hoffe, daß Sie das in der fig. XIII. und 
XIII. aufgeſtelte Stuͤck als ein hieher gehoͤriges 
werden anſehen wollen. Mein wertheſter 
Schwager, der Doctor und Med. Practicus, 
Herr Brand zu Berlin hat mir daſſelbe aus 
feinem Vorrathe abzeichnen laſſen; und weil es 
noch zu rechter Zeit in meine Haͤnde kommt; ſo 
nutze ich es mit Vergnuͤgen zu meinem Zweck. 
Es iſt ein faſt volſtaͤndiges aber beſchaͤdigtes 
Stuͤck, welches ſich von den meinigen vornehm⸗ 
lich darinn unterſcheidet, daß man das Petre⸗ 
fact, oder vielmehr den Kern deſſelben, in ſeiner 
geraden Ausſtreckung ſiehet. Bey a. in der fig. XIII. 
find einige ſchwache Ueberbleibſel desjenigen Thei⸗ 
les, welchen Sie in fig. A. bey a. d. e. c. ſehen, 
anzutreffen; und nur des Malers Eilfertigkeit 
hat dieſes in der Zeichnung uͤberſehen. Sein 
gegen 


bon dem Petrefact ꝛc. 35 


gegen uͤber ſtehendes ſpitzeres, aber abgebrochnes, 
Ende, welches in fig. XIII. mit b. c. d bemarkt 
iſt, macht es indeſſen vorzuͤglich merkwuͤrdig; 
denn man lernet daraus 


1) Daß dieſer Körper die in fig. E. mit d. 
e. f. bemerkten Theile, die daſelbſt aller— 
dings noch als von beyden Seiten ausge» 
ſpannt, oder etwas plat liegend vorkommen, 
auch ſo zuſammen ziehen koͤnne, daß ſie die 

Rundung b. c. d. in der fig. XIIII. hervor⸗ 
bringen. 


2) Daß der Muſchelaͤhnliche Rand in gewiſ— 
fen Exemplaren dieſes Petrefaets blos et— 
was zufaͤlliges ſey. Und ſolte ich wohl 
nicht bey meiner oben geäußerten Mutz 
maßung bleiben koͤnne. 


Fragen Sie mich aber nun weiter: ob ich mehr 
als Herr Probſt Genz mar wiſſe? ob ich das 
bisher unbekannte Thier mit ſeinem Namen 
anzugeben verſtuͤnde? und wie viel mehr wer« 
den Sie nicht fragen koͤnnen; ſo habe ich große 
Luſt durch ein offenherziges Mein mich mit ei— 
nemmahl aus der Sache zu ziehen. Einem fol- 
chen -Naturforſcher und beſonders Conchiliologi— 
ſten, als Sie Mein Kerr find, kann mit ſeich⸗ 
ten Muthmaßungen, die nur die Uebereilung 
deſſen, der ſie angiebt, verrathen, wenig gedie— 
net ſeyn, und ich verſpreche es mir auch gar leicht 
von Dero Freundſchaft, daß Sie eher mit mei⸗ 

C 2 nem 


36 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


nem Stillſchweigen als mit meiner ſelbſt entdeck⸗ 
ten Schwachheit zufrieden ſeyn werden. Damit 
Sie aber doch auch nicht glauben ſollen, als 
wolte ich allzubloͤde und ſchuͤchtern gegen Sie 
thun, und als trauete ich es Ihnen nicht zu, 
daß Sie mich bey andern Naturkennern hinlaͤng⸗ 
lich entſchuldigen wuͤrden; ſo will ich Ihnen 
nichts von meinen eigenen und meiner Freunde 
Muthmaßungen jezt verheelen. ar 


Meine [Freunde haben mich theils auf des 
Linnaͤus Ofcabrion oder Chiton aculeatus teſta 
octovalvi ſtriata corpore ſubaculeato (Syſt. Nat. 
Edit. XII. p. 667. $. 3.) theils auf das Geſchlecht 
der Tethyorum oder Spruͤtzlinge hingewieſen. 
Ich finde aber weder in dem einen noch in dem 
andern diejenige Ueberzeugung, die ich mir und 
andern wuͤnſche. 


Meine Muthmaßung gehet aber um ſo mehr 
dahin, daß das Original unfers Petrefacts un» 
ter dem Geſchlecht der Kiefenfuͤße (Branchiopus) 
geſuchet werden muͤſſe. Die vortrefliche Ab- 
handlung des Herrn D. Jacob Chriſtian 
Schaͤfers zu Regenſpurg von dem Krebs- 
artigen Kiefenfſuß mit der kurzen und 
langen Schwanzklappe Regenſp. 1756. 
kam mir, als ich eben auf den Schluß dieſes 
Briefes dachte, recht zur guten Stunde in die 
Haͤnde. Und wie freuete ich mich, als ich auf 
der erſten Tafel die 4te und ste Figur zu Geſich⸗ 

fe 


ur von dem Petrefact e. 37 
te bekam, als welche den Krebsfoͤrmigen Kies 
fenfuß (Branchiopus oder apus caneriformis) 
theils von der Seite des Ruͤckens, welcher mit 
einer hornartigen glänzenden biegſamen Haut 
bedeckt iſt, theils von der Bauchſeite vorſtellen. 
Ich bitte Sie aber auch mit dieſen zwo Abbil— 
dungen noch auf der zweyten Tafel die erſte, an⸗ 
dere und dritte Figur, die den Kopftheil des 
Wurmes nach der innern Geſtalt vergrößert vors 
ſtellen, zu vergleichen; und Sie werden ſogleich 
die groͤſte Aehnlichkeit mit unſerm Petrefact ent- 
decken muͤſſen. Noch mehr aber habe ich mich 
über die fo deutliche Uebereinkunft meines Ger 
genſtandes und meiner darüber angebrachten Vers 

muthungen mit der Nachricht, die Herr Rath 

Schäfer von dem ſeinigen ertheilet, freuen muͤſ 

ſen. Nur etwas ganz weniges ſetze ich davon 
her und laſſe es Ihnen uͤber, ſich desjenigen, 
was ich bey den groͤſtentheils volſtaͤndigen Ders 
ſteinerungen und ſonſt angebracht habe, ſelbſt wic- 
der zu erinnern. | | 


1) Der Krebsförmige Kiefenfuß hat auf ſei⸗ 
nem Ruͤcken ein hornartiges biegſames 
Haͤutchen über fi liegen, welches mit dem 
Microſcop ſehr faltig und runzlich geſehen 
wird, und uͤberdem nur am Kopfe und Ruͤ⸗ 
cken in einem kleinen Theile mit dem darun⸗ 
ter liegenden Thierchen zu eins verbunden 
iſt; folglich das Ausdehnen und Zuſammen⸗ 
ziehen, ſelbſt Zuſammenrollen ſowohl des 

| C 3 Thieres 


38 Erſtes Sendſchr. an Hru. D. Martini, 


Thieres als ſeines Schildes, welches ich 
blos vermuthete, ſehr wohl verſtattet. 

2) Den einem Dreyeck oder Frauenzimmer⸗ 
Schnuͤrbruſt aͤhnlichen und in drey geglie⸗ 
derten Abtheilungen beſtehenden Koͤrper 
(ſ. fig. II.) werden Sie nicht vermiſſen, und 
die ganze Laͤnge und Breite deſſelben, folglich 
auch die Aehnlichkeit mit dem kugelrunden 
Petrefact (fig. A. bis H.) ſogleich entdecken, 
wenn ſie ſich dieſes leztere als ausgeſtrecket, 
und ſeiner Lungenfuͤße beraubt, denken 
werden. | 

3) Was ich bey fig. F. lit. ii. den Saͤngeſtock 

nennte, das wird vermuthlich der in der 

Verſteinerung abgeloͤſete, erhabene umge⸗ 

bogene Rand des untern Bopftheiles 

ſeyn, gleichwie Sie zu den von mir genann⸗ 
ten Fiſchkopf⸗ und Flaͤſchelfoͤrmigen 

Theilen (fig. A. a. d. b. e. e.) ebenfals gnug⸗ 

ſamen Raum und Anweiſung, wo ſie hin 

gehoͤren, und was ſie in dem noch lebenden 

Thiere vorgeſtellet, finden werden. 

4) Herr Rath Schaͤfer zehlet ohne der 
Schwanzklappe zwey und dreißig Ringe in 
ſeinem Wurme. Und wir haben oben nicht 
viel weniger gezehlet. 

5) Dieſe Ringe liegen auch wie bey den Kreb— 
ſen ſchuppenweiſe uͤber einander und zwar 
ſo, daß die einander folgenden Ringe allezeit 
den Zwiſchenraum der vorhergehenden ein— 
nehmen, und folglich eine ſolche Lage 1 25 

da 


— 


von dem Petrefaet e. 39 


daß nichts dazwiſchen durchkommen kann. 
An der Aehnlichkeit laſſen Ihnen die Zeich— 
nungen AH. gewiß keinen Zweifel übrig. 
0 Die Ringe ſelbſt find nicht von einerley 
Subſtanz befunden worden. Die zwoͤlf 
erſten waren hautig, der dreyzehnte und 
folgende war undurchſichtiger, haͤrter und 
hornartiger. Solte ſich aber wohl nicht 
hieraus mit erklaͤren laſſen, warum einige 
Bruchſtuͤcke unſers Petrefacts i denn viel 
was mehreres findet man nicht in unſern 
Cabinettern) bald mit einer der Muſchel⸗ 
ſchalen aͤhnlichen kalkartigen, bald aber 
mit einer hornartigen Haut, und weit oͤf⸗ 
ter mit keiner von beyden bedeckt gefunden 
werden? i 
7) Nicht nur die vielen eungenfüͤße, die es, 
wenn es auf dem Ruͤcken oder Bauche 
ſchwimmet, theils ruͤckwaͤrts und vorwaͤrts, 
theils gegen einander fehr ſchnell beweget; 
ſondern auch die entdeckte wellenfoͤrmige 
Bewegung des Thieres innerhalb der Mu⸗ 
ſchel, oder dem Ruͤckenſchilde, machen es 
zu einem Thiere, das in der Verſteinerung 
bald mehr bald weniger ſich ſelbſt aͤhnlich 
und volſtaͤndig gefunden werden muß. 
Hiezu kommt 
8) Daß man nur ſehr ſelten unter den leben⸗ 
digen Kiefenfuͤßen einen ganz unverlezten, 
wo nicht die Ruderfuͤße und Schwanzklap⸗ 
pe verſtuͤmmelt wären, bisher angetroffen 
4 hat, 


40 | Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


hat, wovon denn theils Zufall theils Ges 
waltthaͤtigkeit von Seiten der Feinde des 
Thieres angegeben worden iſt. 

9) Der Riefenfuß mit der langen Schwanz ⸗ 
klappe hat dieſes beſondere, daß zwiſchen 
den Schwanzborſten ein gewiſſer Anſatz, 
der ein Fortgang der Schwanzklappe iſt, 
angetroffen wird. Und erinnern Sie ſich 
wohl noch des kleinen Anſatzes in dem En⸗ 
de des mitlern lobi bey der sten und 7ten 
Figur? 

10) Daß dieſer Wurm fein Geſchlecht ſehr 
zahlreich, aller Hinderniſſe von Luft und 
Wetter ohngeachtet, vermehren koͤnne, ger 
hoͤret ebenfals hieher, und ſtimmet mit der 
großen Anzahl von Verſteinerungen dieſer 
Art, beſonders in Schwediſchen Landen ſehr 

wohl. | 

11) Anfaͤnglich wachſen dieſe Thiere ſehr 
ſchnell und haben ſchon in drey Wochen die 
Größe von faſt einem Zoll. Indeſſen hat 
Hr. Rath Schäfer nie größere als von 22 
Pariſer Zoll geſehen. Da aber die ſchnelle 
Austrocknung des Waſſers und andere Ur⸗ 
ſachen das Wachsthum des Wurmes, wo 
nicht gänzlich ſtoͤren, doch mindern, daher 
auch in einem Jahre lauter kleine und in 
einem andern wieder lauter große gefun— 
den worden ſind; und da ſelbſt die groͤßeſten 
von ihnen noch eine Haut abwarfen, 
folglich noch nicht ihre ganze aa, 9 

eit 


— 


von dem Petrefact i. 41 


heit erreicht hatten; fo ſchließet der vortref— 
liche Naturforſcher daraus mit gutem Grun⸗ 
de, daß dieſe Thierchen zu einer ſonderba— 
ren Groͤße wuͤrden anwachſen koͤnnen, 
wenn ſie, wie die Krebſe in beſtaͤndigen 
Fluͤſſen, oder wie der Moluckiſche Krebs 
in der See etliche Jahre ungehindert fort— 
wachſen koͤnnten. Und ſo darf es uns denn 
gar nicht befremden, daß wir in den Ver⸗ 
ſteinerungen zuweilen viel größere Exem⸗ 
plarien antreffen, als Herr Schaͤfer die 
ſeinigen angiebt, zumal es ja an gleich klei⸗ 
nen eben ſo wenig fehlet. Das groͤßeſte 
Maaß in der Verſteinerung trift man wohl 
bey dem in dem Graͤflich Teßinſchen Cabi⸗ 
net aufbehaltenen und in Mufeo Teſſiniano 
Holmiae 1753 fol. mai. Tab. III. abgebil⸗ 
deten Bruchſtuͤcke an, wenn es anders mit 

Herr von Linne als ein hieher gehoͤriges 

angeſehen werden kann. 

12) Von dem Fiſchfoͤrmigen Kiefenfuße 
wenigſtens hat es uns Herr Schaͤfer ge⸗ 
ſagt, daß er ſich zuſammenrolle. Kaum 
wuͤrde ich aber das Ende finden, wenn ich 
Ihnen noch mehrere Vergleichungsſtuͤcke N 
vorlegen wolte. Es iſt ohnedem meine 
Meynung gar nicht, daß gerade der Krebs— 
artige Kiefenfuß des Herrn Schaͤfers das 
Original von den verſteinerten ſeyn muͤſſe. 
Es giebt ja Fiſch⸗ Krebs- und Mufcheln- 
wie auch _. a Kiefenfuͤße. Oh⸗ 

| C 5 ne 


42 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Martini, 


ne allem Zweifel iſt es noch eine andere Art, 
und ſolche, die ſich mehr in ſumpfigten 
Seelacken, wo nicht in der tiefen See 
ſelbſt, als in unſern füßen Waſſern aufhaͤlt. 
Gnug, daß wir das Geſchlecht wahrſchein⸗ 

lich gefunden zu haben vorlaͤufig behaupten 
koͤnnen. | 
Und darf ich wohl an Ihrem und anderer 
Befall deshalb zweifeln? Sie find gewiß mit 
mir eins, wenn ich Ihnen ſage, daß der Herr 
von Linne, wie ich jezt eben, gleichfals zur 
guten Stunde, inne werde, ſchon einige Zeit 
fruͤher etwas aͤhnliches gedacht hat. In dem 
bereits gedachten Muſeo Tefliniano S. 98. ſo⸗ 
wohl als auch in den Abhandlungen der Schwe⸗ 
diſchen Acad. B. XXI. S. 23. hat er ſich dahin 
erklaͤret, daß das Inſeet ein Mittelgeſchlecht 
zwiſchen den Brebfen, Monoculis*)und Ouiſeis 
ſeyn muͤſſe, das ſich von Ihnen durch 
zwanzig Einſchnitte eines eyrunden Boͤr⸗ 
pers unterſcheidet. Er wuͤrde es zu den Meer⸗ 
Onifeis gezehlet haben, wenn nicht bey dieſem 
Ge⸗ 


*) Der Branchiopus oder 1 5 cancriformĩs des Herrn 
Schäfers iſt des von Linne Monoculus teſta 
„ antice retuſa cauta biſeta in Syſt. 
nat. p. 68. Friſch nennet ihn im Xten Theil der 
Inſecten S. 1. 2. Taf. I. den floßfuͤßigen Seewurm, 

und Klein (in den Phil. Transact. n. 447. p. I 50. 
und Baddum Memoirs of the Royal Society Vol. 
X. Edit. II. S. 340. Tab. XI. fig. 2. 3. 4.) 
Scolopendram aquaticam ſcutatam. Sulzer 
Inſecten Tab. 24. fig. 153. 


von dem Petrefact ꝛc. 43 


Geſchlecht das Bruſtſchild kleiner und die Ein 
ſchnitte des Koͤrpers nur vierzehn an der Zahl 
waͤren. Indeſſen ſoll der kuͤrzlich verſtorbene 
Bergrath und Mitglied der Petersburgiſchen 
Academie Herr Lehmann in dem neueſten Ban 
de der Nouor. Act. Petrop. dennoch den Oniſeis 
die Ehre angethan haben ſie fuͤr das Original 
unſers Petrefacts zu halten. Weil ich aber die⸗ 
ſes in unſern Buchlaͤden ſo ſchwer anzutreffen⸗ 
de Werk bisher nicht habe zu Geſicht bekommen 
koͤnnen; ſo enthalte ich mich billig des zu fruͤhen 
Urtheils, und erſuche Sie, ſo bald ſie dieſes 
Werk habhaft werden koͤnnen, mit Ihrem pruͤ⸗ 
fenden und entſcheidenden Auge meinen noch 
ſchwankenden Einſichten zu Huͤlfe zu kommen. 

O wie iſt und bleibt doch alles unſer Wiſſen 
nur Stuͤckwerk! Die Naturgeſchichte dient ges 
wiß dazu mit, daß ſie uns recht ſinnlich zur De⸗ 
muth anweiſet. / 

Indeſſen ift doch fo viel als ausgemacht von 
Ihnen anzunehmen, daß die neuern Conchilio⸗ 
logiſten darinn uͤber ihre Grenzen gegangen ſind, 
wenn ſie dieſes Petrefact in ihr Fach gezogen 
und es mit dem Namen eines conchitae trilobi 
rugoſi beſchenket haben. Herr Bruͤckmann 
nennete es weit beſſer in ſeinen Epiſt. Itiner. 
XXIII. Cent. I. Petrefactum Polypi marini, 
und Magnus Bromell in den Ad. liter. Sueciae 
1729. 4. S. 493. lapidem inſectiferum; wir 
aber wollen es vor der Hand Entomolithum 
Branchiopodis cancriformis marini nennen am 

ihm 


44 Erſtes Sendſchr. an Hrn. D. Mart. ꝛc. 


ihm allen Zugang zu unſre verſteinerte Schne⸗ 
cken ⸗ und Muſchel⸗Cabinetter hinfuͤro verſagen. 
Hiermit ſchließe ich aber auch; denn faſt muß 
ich doch zweifeln, ob Sie Zeit und Geduld ge 
nug haben werden, ſich weiter mit dieſem klei⸗ 
nen Gegenſtande Ihrer Wiſſensbegierde abzuge⸗ 
ben. Was ich von andern bisher faſt unbekannt 
gebliebenen Petrefacten, beſonders ſolchen, die 
ſich ihrer drey Rüden wegen auszeichnen, Ih⸗ 
nen mitzutheilen willens war, das verſpare ich 
billig bis dahin, wenn ich eine neue Erlaubniß 
dazu von Ihnen werde erhalten haben. 
Erweiſen Sie mir aber doch auch zulezt die 
Ehre, von mir zu glauben, daß ich gern und zu 
aller Zeit von Ihnen lerne, und daß ich mit der 
lebhafteſten Hochachtung ſtets ſeyn werde 


Ew. Wohlgebohren 


C. den ıften May 
1768. 


ganz ergebenftet Freund 
und Diener 


C. F. W. 


Zwey⸗ 


mn — — 


Zweytes Sendſchreiben 


an den 
Hochedelgebohrnen Hocherfahrnen und 
5 Hochgelahrten Herrn pi 
we B. Feldmann 
Der Argnengelaßrheit Doctor und Phyſicus 
l 5 


welchem die Geſchichte des Nie 
Conchitae trilobi rugoſi eben ſowohl ergaͤnzet, 
als die daruͤber gegebene Erläuterung beſtaͤ— 
tiget wird. 


abgeſaſſet vom Verfaſſer. 
FFF 
Hochgeneigter Goͤnner und Freund! 
Veen werde ich ihn gewiß nicht bey Ih⸗ 


nen, den Freund, der mir, ohne eine bes 
ſondere Erlaubniß deshalb aufweiſen zu koͤnnen, 
einige ſchaͤtzbare Seltenheiten Ihres Petrefacten— 
Cabinets auf eine kurze Zeit anvertrauete, um 
davon einigen Gebrauch zu machen. Entſchul⸗ 
digen muͤſte ich ihn, wenn ich ja ſeinetwegen was 
thun wolte. So lange ich aber Dero mir be— 
kannt gewordnen edeln Characters und Dero 
ihm 


46 ⁊tes Sendſchr. an Hrn. D. Feldmann, 


ihm vorzuͤglich bewieſenen Freundſchaftsproben 
wegen nicht glauben kann, daß Sie dieſes in 
Abſicht ſeiner je noͤthig finden werden; ſo lange 
will ich mir auch dieſes Geſchaͤfte, ſelbſt wenn 
ich es noch ſo gut verſtuͤnde, nicht gern ſelbſt 
auflegen. Hat er eine Entſchuldigung noͤthig 
gefunden; ſo wird er ſie auch vermuthlich ſchon 
aufs beſte beygebracht haben. 


Eine Pflicht, deren groͤßeres Gewicht ich fuͤhle, 

iſt die, daß ich vornehmlich mich bey Ew. 
ohlgebl. entſchuldige. Wie fange ich es 
aber damit an Ihres Freundes Anerbieten ſo 
bald angenommen zu haben ohne weitlaͤuftig zu 
werden, und auch den Schein der Schmeicheley, 
als wovon Dieſelben ſo wenig Freund ſind, 
hinlaͤnglich zu vermeiden? Alles, was ich ſagen 
kann und will, iſt dieſes, daß ich allenfals nicht 
ganz und gar entſchuldiget ſeyn will und daß 
ich mir Dero Vergebung deshalb zu erhalten 
gleich vom Anfang verſprochen habe. Solte 
Ihm, dem guͤtigen Mann, dachte ich bey mir 
ſelbſt, es wohl auf irgend eine Weiſe ganz miß⸗ 
fällig ſeyn koͤnnen, dasjenige, was er einmahl 
zum gemeinnuͤtzigen Gebrauche beſtimmt hatte, 
auch in fremden Haͤnden zu ſehen, wenn nur 
gerade derſelbe Gebrauch davon gemacht wird, 
der davon gemacht werden ſolte? Ich will, dach 
te ich ferner, es verſuchen es damit wieder gut 
zu machen, daß ich Ihm von dem pflichtmaͤßig⸗ 
ſten Gebrauch ſeiner Schaͤtze einige Nichenee 
| RE gebe⸗ 


von dem Petrefact ꝛc. 47 


gebe, und Ihn mir zum Richter meiner daruͤ— 
ber angeſtelten Betrachtungen auf das verbind⸗ 
lichſte ausbitte. Und ſehen Sie, mein Goͤn⸗ 
ner! die eigentliche Urſach, warum ich mir jezt 
die Ehre gebe Ihnen dieſes Blat gehorſamſt zu 
widmen. | 


Urtheilen Sie doch darüber als ein Freund. 
Als ein großer Naturkundiger werden Sie vie⸗ 
leicht noch manches daran auszuſetzen finden. 
Aber auch ſo etwas von Ihnen zu hoͤren ſoll mir 
ausnehmend angenehm ſeyn. Denn ich halte es 
ja wohl billig für meine Schuldigkeit alle Gele— 
genheit mit zu nehmen, wo ich etwas lernen 
und zurecht gewieſen werden kann. 


Vor der Hand ſtehe ich noch immer in den 
Gedanken daß keines Dero Seltenheiten derjes 
nigen Meynung entgegen ſey, ſondern ſie viel— 
mehr beſtaͤtige, die ich in einem Sendſchreiben 
an den Herrn D. Martini zu Berlin vor kurzen 
zu aͤußern mir die Freyheit genommen habe. 
Und wie vergnuͤgt muß mich nicht der Anblick 
und der freyere Gebrauch dieſer jezt durch mich 
gemein gemachten Petrefacten aus dem Feld— 
manniſchen Muſeo gemacht haben? 


Ihr beſtes Stuͤck ſehen Sie in der Xyten Fi⸗ 
gur. Es iſt meiſt vollſtaͤndig, ob man es gleich 
nicht in allen feinen Theilen zu Geſichte bekommt: 
indem einige derſelben zur Haͤlfte oder ganz mit 

dem 


x 


nnn an Hrn. D. Feldmann, 


dem weißgraulichen Kalkſteine, in welchen es 
liegt, bedeckt ſind. Was ich in einer Kugelrun⸗ 
den Geſtalt aufbewahre, das koͤnnen Sie alſo in 
ſeiner ausgeſtreckten Lage dem fortſehendendatur⸗ 
kundiger vorzeigen, und ich ſelbſt habe mich uͤber 
dieſem Ruppinſchen Fuͤndling nicht wenig ge⸗ 
freuet. Die andere Haͤlfte des Steines, die 
darauf paſſet und den Eindruck des Koͤrpers von 

e. b. a. c. d. mit einem Theil der natuͤrlichen 
düngen glaͤnzend braunen Schale, die von g. 
b. a. c. h. abgeſprungen iſt, noch aufſitzend hat, 
habe ich keiner Zeichnung werth geachtet, ſo ſchoͤn 
er auch an ſich iſt. 

Jener erhabene Theil iſt es aber werth, daß 
ihn alle Petrefactenkenner in allen feinen Theilen, 
und faſt von Linie zu Linie, wenigſtens in dem 
Bilde mit ihren Augen verfolgen. Die ganze 
Laͤnge d Ah von i, bis a. ift 1 Zoll Rheinlaͤn⸗ 
diſch Maaß; die groͤſte Breite aber von K bis d. 
iſt (Zoll, weniger einer Linie, die denn unmerk⸗ 
lich in eine rundliche Spitze, Bi wie die Zeichnung 
es weiſet, ausgeht. 


Das beſondere dieſes Stückes iſt alſo: 


1) Der N und merklich gewoͤlbte Kopf⸗ 
theil f. i. 1, welcher glatt iſt, und weil er 
auswaͤrts dem Stein herausgeraget hat, 
bevor er ausgeloͤſet war, faſt gar keine 
Schale mehr, folglich auch keine beſondere 
Zeichnung, die vieleicht auch niemals da 
geweſen iſt, zu ſehen giebt. 

2) Der 


von dem Petrefact ꝛc. 49 


2) Der eine Seitentheil des Kopfſtuͤckes f. k. 
e. iſt von dem mitlern Theile des Kopfes 
bey f. getrennet und liegt etwas tiefer, da 
man hingegen bey der entgegen geſezten Sei— 
te in! nicht das geringſte ſiehet. Da Sie 
in dieſer Figur die Geſtalt deſſelben kaum 
gewahr werden koͤnnen; fo habe ich feinets 
wegen in der XVI. fig. eine beſondere Zeich⸗ 
nung dieſes XVten Exemplars von der Geis 
te nehmen laſſen. Hier ſiehet man aber 
nicht nur bey t die Trennung von dem 
mitlern Theile des Kopfſtuͤckes (i.), ſondern 
auch, wie er von f. bis k. ganz ſpitz wie 
ein glatter Zahn ausgehet und bey e. von 
dem übrigen Theile des Leibes wieder getren— 
net iſt, daher man auch eine kleine Portion 
vom Steine daſelbſt ſiehet, die uns einiger- 
maßen hindert die gantze Geſtalt deſſelben 
richtig zu beurtheilen. Ein erhabner glat⸗ 
ter Puckel, deſſen Diameter 12 Linie Rhein⸗ 
laͤndiſchen Zolles betraͤgt, und bey m. mit⸗ 
telſt eines halben Cirkels angezeigt iſt, macht 
es vorzuͤglich merkwuͤrdig. Ohne Zweifel 
würde man auf der andern Seite bey J. d. in 
der XVten Fig. das nehmliche ſehen, wenn es 
nicht groͤſtentheils vom Steine bedeckt wäre, 


3) Komme ich auf den in drey Ruͤcken abge⸗ 

theilten Leib. Der mitlere Ruͤcken iſt etwa 

4 Linien eines Zolles breit, und eine glei— 

che Breite haben die Seitenruͤcken. Die 
gar > Schup⸗ 


50 a2tes Sendſchr. an Hun. D. Feldmann, 


Schuppenfoͤrmig und dicht uͤber einander 
liegende Ringel werden nach der Spitze zu 
immer ein wenig ſchmaler, aber unmerklich 
genug; da die Riegel der Seitenruͤcken ſonſt 
in allen andern Exemplaren, die ich gefes 
hen habe, entweder gerade liegen, oder 
eine gleichmaͤßige Kruͤmmung haben; ſo ge⸗ 
hen ſie hier nur bis auf die Haͤlfte ihrer 
Größe von den Ringeln des mitlern Ruͤ— 
ckens, als mit welchen ſie recht deutlich ein 
Ganzes ſind, geradlinigt aus, und bre⸗ 
chen alsdenn mittelſt einer nach unten zu 
gerichteten Biegung von dieſer geraden Li⸗ 
nie ab. Dieſer gegliederte dreyfache Ruͤ⸗ 
cken beträgt fünf Linien, gleichwie der uͤbri⸗ 
ge glattere Theil bis an feinem Ende eben. 
fals fuͤnf Linien betraͤgt. 


4) An dieſem Ausgange bur Ende des Koͤr⸗ 
pers iſt noch dreyerley zu bemerken: 


a) Die ganz glatte Schale g. b. a. e h; 
denn der fehlende Ueberreſt derſelben bey 
b. a. c. ſitzet in dem Dubletten S tuͤck 
oder dem darauf paſſenden Weck 


b) Von b. bis c., wo die Schale abge⸗ 
ſprungen iſt, wird man aber auch einen 
neuern Anſatz, an g und h, beſonders 
dadurch gewahr, weil er ein wenig tie⸗ 
fer ſtehet, gleichwie das alleraͤußerſte 

in 


bon dem Petrefact ic. 5 


in b a c. ſchon wieder einen neuen 
ſchmalern ganz flachen Rand oder An⸗ 
ſatz abgiebt. 


e) Ohngeachtet der mitlere Ruͤcken in 
dem Raum von g bis h mit einer ſchar⸗ 
fen Spitze ausgehet, den man dadurch 
zu Geſichte bekommt, daß ein weniges 
von der Schale abgeſprungen iſt; ſo 
ſiehet man dennoch in dem neuen Anſatz 
b a c bey a ebenfals wieder die unter 
der weggeſprungenen Schale verurſach— 
te und zuruͤckgebliebene laͤnglichte Ver⸗ 
tiefung, die aber ſehr flach iſt und durch⸗ 
weg von einerley Breite, das iſt, von 
der Breite eines Striches, den man 
mit der Feder machet, zu ſeyn ſcheinet. 


5) Die Schale oder vielmehr die feſte und 
dichte braunliche Haut des ganzen Leibes 
gleichet in der Dicke einem ziemlich ſtarken 
Papiere; und wo ſie am Ende des Stuͤckes 
ganz abgeſprungen iſt, da ſiehet man 


6) in bac dieſelben Bogenförmigen zarten 
Strichlein, die ich ſchon in fig. XI eines 
meiner Exemplare vorgeſtellet habe. 


Nehmen Sie nun dieſes alles zuſammen, 
ſo werden Sie mit mir leicht glauben, daß 
das Thier bey aller ſeiner ausgeſtreck⸗ 

D 2 ten 


52 ates Sendſchr. an Hrn. D. Feldmann, 


ten Lage, dennoch in einer Art von 
Verkürzung und Zuſammenziehung ge⸗ 
legen habe, als es von ſeinem Schick⸗ 
ſal, welches es verewigte, uͤbereilt 
ward. Sie werden aber auch ferner gern 
mit mir annehmen entweder, daß der 
Wurm nach Art der Muſchelſchalen 
durch neue Anſaͤtze an feinem Schwanz⸗ 
tbsile an Große zunehmen, oder beffer: 
daß es daſelbſt mehr als eine Saut in 
verſchiedener Tiefe und Laͤnge um ſich 
herum ausdehne und eben dadurch 
bald mehr bald weniger die Geſtalt 
einer Muſchel mit ihrer Rundung ers 
halte, ohne doch dieſes jemals geweſen 
zu ſeyn, als wovon ich ſchon in dem er⸗ 
ſten Schreiben hinlaͤngliche Auskunft 
gegeben zu haben glaube; wie denn auch 
ſelbſt der uͤbrige Theil des Leibes und Ko⸗ 
pfes in dieſer XVten Figur keiner einzigen 
meiner Erfahrungen und Vermuthungen 
nur in etwas entgegen iſt. Zweifeln Sie 
aber noch immer an der Richtigkeit dieſer 
meiner Vermuthungen, ſo ſoll Ihr in der 
fig. XVII und XVIII. vorgeſtelltes Stuͤck 
jezt dazu dienen, es faſt unwiderſprechlich 
darzuthun, daß die Geſtalt eines Nu⸗ 
ſchelrandes an der Spitze der drey Buͤ⸗ 
cken blos etwas zufaͤlliges ſey. 


In 


von dem Petrefact x, / 53 


In der fig. XVII. haben Sie einen vertieften 
Abdrck vom untetſten Theile des dreyruͤckigen 
Wurmleibes. Eine zarte ſchneeweiße Schaale, 
die noch groͤßtentheils uͤbergeblieben iſt und als 
les Anſehen einer dünnen Muſchelſchale hat, bes 
decket ihn. Und wer ſolte wohl an der verſtei⸗ 
nerten Muſchelſchale zweifeln? 


f BVeylaͤuftg merke ich jezt an, daß der mitlere 
Mücken derſelben vier Reihen von ſehr ſaubern 
Vertiefungen vorzeige. Die beyden aͤußerſten 
Reihen d und e beſtehen aus ſieben ſichtbar ver- 
tiften Puncten; die innern hingegen bey t, wel— 
che den vorhergehenden und ſich ſelbſt parallel 
gegen uͤber ſtehen, aber der Zahl nach mehrere 
ſind, weil die Spitze nicht mit jenen, aber wohl 
mit dieſen beſtippelt iſt; die innern, ſage ich, fi ſind 
zarter und flacher. Aber genug hiervon. 


Ich komme wieder zur Hauptſache, und dieſe 
war, Ihnen die Muſchelſchale aus dem Ge— 
muͤth zu bringen, als wozu dieſes Stuͤck ganz 
vortreflich dienet. Es iſt nehmlich das, was Sie 
in dem Raum von a bis e Muſchelrand nennen 
wuͤrden, wenn es flach laͤge, hier faſt ſenkrecht 
auf dem Leibe des dreyruͤckigen Wurmes aufſte⸗ 
hend zu ſehen; der Mahler hat dieſes mit dem 
aͤußerſten vertieften Rande bey a b c hinlaͤnglich 
angezeiget zu haben geglaubet; und daß es etwa 
kein Heberreft von der andern darauf paffenden 
Schale oder ein fremder Anſatz ſey, lehret der 

ER Augen⸗ 


54 ꝛtts Sendſchr. an Hrn. D. Feldmann, 


Augenſchein deutlich; indem die natürliche Scha⸗ 
le hier nicht nur gleich weiß und zart iſt, wie 
fie auf dem ganzen Leibe aufliegt, ſondern auch 
mit derſelben aufs genaueſte als ein Ganzes zu⸗ 
ſammenhaͤnget. Der ſcheinbare Muſchelrand 
des Wurmes, den er bey ſeiner Ausſtreckung 
verurſachet, iſt alſo bey dieſem Exemplar unter 
dem Leibe weg gekruͤmmet worden. Und hat 
wohl nicht die von mir in dem erſten Schreiben 
angebrachte Vermuthung, daß dieſes dem 
Wurm zu ſeiner Zeit moͤglich ſey, ſeinen voͤl⸗ 
ligen Beweiß erhalten? 


Noch mehr wird Sie aber davon die Figur 
XVIII. überzeugen konnen, als wo der Muſchel⸗ 
rand a b ſogar zuſammen gerollet iſt, wie etwa 
ein duͤnnes Haͤutchen oder Papier, wenn es 
warm und trocken wird, ſich zuſammen zu rollen 
pflegt; und dieſes werden Sie ſchon mit den 
bloßen Augen, noch beſſer aber mit einem maͤſ⸗ 
ſigen Augenglaße, gleich bey dem erſten Blick 
ſelbſt gewahr werden muͤſſen. Uebrigens iſt ſo— 
wohl an dieſem aufgerollten Rande als auch an 
dem Seitentheile die natürliche zarte weiße, den 
Muſchelſchalen aͤhnliche Haut oder Decke noch 
ganz ſchoͤn zu ſehen. Der Mittelruͤcken iſt aber 

in dieſem bruck verlohren gegangen. 


In der xIxten Figur, die auch einen Abdruck 
vorſtellet, finden Sie den Rand zwar keineswe⸗ 
ges aufgergefs daß aber an dem Wurmkloͤrper, 

der 


von dem Petrefact ꝛc. 55 


der in dieſem ganz ſaubern Abdrucke ehedem ge— 
legen hat, faſt ein gleiches vorgegangen ſey, 
ſcheinet mir daraus mit zu erhellen, daß der 
Rand abe ungemein vertieft ausfaͤlt und ſehr 
hoch hinaufgehet, ſo daß er in die erſte ſtarke 
Vertiefung, welche vom erſten Ringel lit. e fd 
gemacht worden, hinein reichet und alſo den 
ubrigen ganzen Leib ringsherum als mit einer 
einzigen vorzuͤglich tiefen Furche umſchließet. 
Die kleinen Knoͤtchen, die ehedem beſonders den 
mitlern Ruͤcken lit. k zierten, haben hier hin 
und wieder, wie auch die Zeichnung es anmer— 
ket, kleine Gruͤbchen zuruͤckgelaſſen, die aber 
zum Theil ſo ſchwach ſind, daß ſich die ordent— 
liche Lage derſelben nicht zuverlaͤßig von mir an⸗ 
geben laſset Wäre der Stein, der dieſen Ab⸗ 
druck zeiget, ein etwas feinerer Kalkſtein, als er es 
nicht iſt, ſo ſaͤhe man vielleicht auch dieſes mit 
Aabeker Deutlichkeit. 


Vielleicht iſt es aber = eben jezt gedachte 
dünne Haut, die der duͤnnen Muſchelſchale ſo 
aͤhnlich iſt, wodurch Sie noch gehindert werden 
mir Beyfall zu geben? Und ſolten Ihnen wohl 
nicht ſchon gewiſſe verſteinerte Krebsarten, be— 
ſonders von dem Krabbengeſchlechte, woran Sie 
ein gleiches wahrnehmen koͤnnen, zu Geſichte ge⸗ 
kommen ſeyn? Ich beſitze dergleichen von Gehr⸗ 
den bey Hannover, und von Sarö bey See⸗ 
landt. Auf dieſe berufe ich mich denn billig ſo 
Bad „bis Sie mich wegen des Unterſcheides 

D 4 zwi⸗ 


56 2tes Sendſchr. an Hrn. D. Feldmann, 


zwiſchen beyden Haͤuten ein anderes belehret has 
ben werden. Es iſt alſo auch dieſe Erſcheinung 
von einer Muſchelſchaͤle nur bloß was zufaͤlliges. 
Und waͤre ſie es nicht; ſo muͤßten wir ſie ja 
bey allen mit ihrer Schale oder Haut bedeckten 
Petrefacten dieſer Art ſchon angetroffen haben. 
Woher es aber ruͤhre, daß ſie nur bey einigen 
und nicht bey allen Exemplaren noch angetroffen 
werde, das will ich Ihnen ganz genau nicht ſa⸗ 
gen. Der Ort und die Beſchaffenheit der Er⸗ 
de, worinn das Petrefact zu liegen kam, der 
vorhergehende ältere oder jüngere Zuſtand des 
Thieres, ein Zufall, wodurch dieſe erſte duͤnne 
und vielleicht ſchleimigt geweſene Haut des noch 
lebenden Thieres verlohren gegangen iſt: dieſes 
alles und jedes vor ſich reicht dazu hin. Und 
ich laſſe Ihnen gern die vollkommenſte Freyheit, 
darunter zu waͤhlen, was Ihnen gut duͤnket. 


Daß die XXte Figur abermals von einem Ab⸗ 
drucke gemacht ſey, darf ich Ihnen nicht erſt ſa⸗ 
gen. Bloß darum habe ich dieſes Stuͤck mit 
abzeichnen laſſen; weil man daraus ſehen kann, 
daß die ſaͤmtlichen Ringel der drey Ruͤcken, 
wovon aber der eine verlohren gegangen iſt, in 
ihrer Mitte, und nach der ganzen Breite Ders 
ſelben eine zarte Vertiefung ehedem gehabt ha⸗ 
ben muͤſſen, weil ſie einem hier als eine kleine 


erhabene Linie in der Mitte jeglicher Furche vors 


Geſicht kommt. ya 
a 85 


von dem Petrefact ie. 57 


Wie ſchoͤn und lehrreich find aber nicht dage— 
gen diejenigen Bruchſtuͤcke, welche in den mit den 
Zahlen XXI. XXII. und XXIII. bemerkten Figu⸗ 
ren vorkommen? Wenn Sie die dem erſten 
Sendſchreiben beygefuͤgte Abbildungen von fig. 
A, bis H. nachzuſehen belieben wollen; fo wiß 
ſen Sie ſchon vor ſich ſelbſt, daß alle dieſe an 
Groͤße und Geſtalt verſchiedene Figuren das 
mitlere Schild des Wurmkopfes oder die 
von mir ſonſt ſogenannte Slaͤſchelfoͤrmige Theis 
le deſſelben ſeyen; und ich freue mich nicht wenig 
auch hiermit wahrmachen zu koͤnnen, was in 
dem erſten Sendſchreiben meinem Freunde zu 
verſichern die Ehre hatte, nehmlich zu reden, daß 
man zuweilen auch dieſe Theile einzeln verſteinert 
finde. N 


Das groͤßeſte davon in der XXLig. hat in der 
Laͤnge zehn Linien Rheinlaͤndiſch; Oben, wo es 
am gewoͤlbteſten iſt, und bey den zwey erſten 
Knoͤpfen betraͤgt die Breite fieben; und unten, 
die zwey letzten Köpfe mit gerechnet, ſechs der⸗ 
gleichen Linien. Der Theil a. b. iſt ein kleiner 
Ueberreſt desjenigen Seitentheiles vom Kopfe, 
den ich in meinen kugelrunden Verſteinerungen 
einiger Aehnlichkeit wegen in Ermangelung eines 
beſſern Nahmens lig. A. bis H. den Fiſchkopffoͤr⸗ 
migen Theil zu nennen pflegte. Beyde Kopf— 
theile ſind hier, wie die Figur weiſet, mit klei⸗ 
nen unter ſich gleichen Koͤrnlein oder Erhebun— 
gen, ſo wie man ſie an den Krebsſchalen ſiehet, 
A D 5 faſt 


58 2te8 Sendſchr. an Hrn. D. Feldmann, 


faſt Reihenweiſe beſtreuet, und faft bin ich ge⸗ 
neigt zu glauben, daß wir hier die noch natuͤr⸗ 
liche Schale des Wurmkopfes aufbewahrt bekom⸗ 
men haben; Gleichwie ich auch nicht zweifle, 
daß der Fuß des mit drey Knoͤpfen zu jeder Seite 
verſehenen Flaͤſchchens c. d. vermuthlich derjenige 
Theil ſeyn werde, uͤber welchem der erſte Ring 
des Leibes wie eine Krebsſchuppe wegging, als 
es mit dem Thiere und ſeiner Verſteinerung noch 
was ganzes war. Von dem in dieſem grauweiſ⸗ 
fe Kalkſteine zugleich bey lit. e. anzutreffenden 
andern Bruchſtuͤcke des Wurmes ſage ich Ihnen 
aber nichts, weil Sie dieſes albereits 7 
1 ken nen. | ; 


Und eben fo wenig babe ich Ihnen nunmehr 
auch von der XXIIten fig. zu ſagen, weil ſie nur 
darinn, daß ſie kleiner ausfalt und ihrer natuͤr⸗ 
lichen Schale, folglich auch des ihr vielleicht 
ebenfals eigen geweſenen Zierathes der Knoͤtchen, 
beraubt iſt, ſich von der vorhergehenden unter⸗ 
ſcheidet. Finden Sie aber dieſe Figur dennoch 
nach ihrer Breite in dem Verhaͤltniß zu lang, 
und darinn noch von jener unterſchieden; ſo iſt 
dieſes allerdings bloß dem Verſehen des Mah⸗ 
lers zuzuſchreiben. Da einige Seitenknoͤpfe vom 
Steine bedecket ſind, welches ich nicht habe an⸗ 
merken laſſen, ſo kann ich Ihnen die wahre Breite 
nicht angeben. Die ganze wahrekaͤnge dieſes mit⸗ 
lern Kopfſchildes betraͤgt aber ſechs Linien. Bey 
dem ſchoͤnſten und letzten Bruchſtuͤck aber, 155 

N f l 


von dem Petrefact ze. 59 


ich mir auch bis zulezt aufbehalten habe, werde 
ich mehr Worte machen muͤſſen, um alle demſel⸗ 
ben eigene Schoͤnheiten gehoͤrig mitzunehmen. 
Daß es ein poroͤſer weißgelber Kalkſtein ſey, 
den wir vor uns haben, daran liegt Ihnen 
und mir wohl wenig; deſto mehr aber an der 
ſonderbaren Geſtalt, welche der darauf befind— 
liche Steinkern des mitlern Kopffchildes uns in 
fig. XXIII. zu fehen aufgiebt. Nur ſchade iſt es, 
daß wir ihn nicht ganz ſehen, und wenn er ja 
fuͤr ſich ganz iſt, wie es faſt ſcheinet, daß wir 
nicht den Zuſammenhang mit den darauf folgen— 
den Gliedern und Ringen gewahr werden koͤn⸗ 
nen; denn der Raum a. h. e. i. b. d. ift leider 

gar zu ſehr beſchaͤdiget, als noch etwas ordent⸗ 
liches darinn finden zu koͤnnen; ob wohl ein 
Ueberreſt des Steinkerns von a. bis e, und von 
d. bis b. hinlaͤnglich lehret, daß die Zwiſchen⸗ 
flaͤche ehedem zum Ganzen gehoͤret habe. Bey 
demjenigen nun, was wir noch fehen, kommt es 
f auf folgendes an: 


19 Der außerſte faſt halbcirkelfoͤrmige Rand, 
den Sie bey g. e. f. und bis an den folgen⸗ 
den Halbeirkel a. bis d. ſtoßen ſehen, iſt et» 

gentlich 


60 ates Sendſchr. an Hrn. D. Feldmann, 


gentlich kein Rand des Kopftheiles, ſondern 
nur die mit erhabenen kleinen Puͤnctlein 
beſaͤete platte Flaͤche des Steines ſelbſt, wo⸗ 
von ich hernach mehr ſagen werde. Auf 
derſelben erhebet ſich nun | 

2) Der Körper a. e. d. jedoch allmaͤhlig und 
etwa zwey Linien hoch. Er ſtehet nicht 
unmittelbar auf dem ſcheinbaren Halbcir⸗ | 
kel g. e. f. auf, fondern wird noch mittelſt 
einer ringsherumgehenden Furche, die 
mit zarten Queerſtrichlein gleichſam gezäh⸗ 
nelt iſt, davon abgehalten. 


3j) Dieſe Zähne der Furche, die in ſenkrechte 
Strichlein ausgehen, erfuͤllen bey nahe den 
ganzen Raum, der zwiſchen den beyden 
eigentlichen Halbeirkeln g fund hi befind⸗ 
lich iſt. Dieſer Raum kann als das aͤußer⸗ 
ſte von der eigentlichen Grundflaͤche des 
ganzen Kopftheiles angeſehen werden. Er 
betraͤgt kaum eine halbe Linie und gehet zu⸗ 
gleich mittelſt einer ſanften Pen in die 
Höhe. 
8 Der innerſte Halbcirkel hi iſt aber für 


den eigentlichen und erhabenen oder abſte⸗ 
henden 


von dem Petrefact ice. 61 


henden Rand derjenigen Hauptfigur, die 
Sie im Kupferſtiche noch erhabner ſehen, 


zu achten. Sie ſehen aber nicht nur in der 1 


Mitte einen erhabenen Flaͤſchelfoͤrmigen und 
mit wenigſtens zwey laͤnglichten Seiten« 
knoͤtchen verzierten Theil bey k. ſondern Sie 
werden auch finden, daß auf jeglichen fla⸗ 
chen und abwaͤrts nach dem Rande zu ges 
henden Seitentheile des Kopfſchildes a e 
und e f, ohnweit des innerſten Randes, 
und dem mitlern vorzüglich erhabenen Thei⸗ 
le ganz nahe, ebenfals ein Knoͤtchen zu 10 
hen gefommen fey. 


5) Das erhabene Strichlein zwiſchen hk und 
ki haͤnget mit dem innerſten vortretenden 
Halbcirkel in eins zuſammen, und ſcheinet 
dem ganzen Kopftheile ehedem die Grenzen 
geſetzet zu haben. 


Bis hieher iſt mir nichts fremd vorgekommen. 
Was mir aber noch ſchwer zu erklaͤren iſt, iſt 
der aͤußerſte faſt halbcirkelfoͤrmige Rand, oder 
vielmehr die Flaͤche des Steines g e f davon 
ich noch einmahl zu reden verſprochen habe. Er 


“ es aber befonders darum, weil ich nicht ber 
greifen 


62 ꝛtes Sendſchr. an Hrn. D. Feldmann, 


greifen kann, wovon die vielen Koͤrnlein, wo» 
mit er gleichſam beſaͤet iſt, ihren Urſprung ha⸗ 
ben ſolten. Waͤren es vielmehr zarte Gruͤbchen, 
an ſtatt es zarte Körner find, die man hier fies 
het, ſo wolte ich gleich im Ernſte behaupten, 
daß ſie von einer zuruͤckgeſchlagenen Haut, die 
in dem natürlichen Zuſtande des Thieres den gan⸗ 
zen Kopfſchild und beſonders den gleichfals mit 
vielen Koͤrnlein beſaͤeten erhabenen Theil gef d 
bedeckte, und folglich eine Geſtalt von Exhebun⸗ 
gen oder Waͤrzchen mit bringen muſte, verurſa⸗ 
chet worden ſeyen. Es ließe ſich auch dieſes das 
durch ganz wahrſcheinlich machen, weil die Fur⸗ 
che zwiſchen g e f auf beyden Seiten gezaͤhnelt 
iſt, und dieſes anzudeuten ſcheinet. Der Mah⸗ 
ler hat dieſe gezaͤhnelte Furche nur mit Puncten 
und zarten Strichlein angezeigt. Indeſſen 
bin ich doch, wie ich ſchon geſagt habe, hiezu noch 
nicht befugt und dreiſt genug. Ich will es alſo 
von Ihnen hoͤren, wie Sie mich uͤber dieſem 
Punct zurecht weiſen werden. | 
Weil ich einmahl bey den Bruchſtuͤcken des 
Kopfſchildes bin, ſo erlauben Sie mir zulezt noch, 
daß ich eines andern, das von dem Ihrigen eben⸗ 
fals verſchieden iſt, und ſich in der Sammlung 
des 


Emm van dem Petrefact c. 63 


des ai Hofrath Elteſter zu VBeslin ang; 
jezt mit gedenken möge, 


Die XXIV Figur ſtellet es Ihnen richtig dar. 
Und ohne weitlaͤuftiger Anzeige werden Sie ſo— 
gleich merken, daß der mitlere Theil des Kopf⸗ 
ſchildes a be, fo noch bey e mit feinem Ueberreſt 
von natuͤrlicher Schale verſehen iſt, gegen ſeine 
beyden Seitentheile d und e nicht nur verhaͤltniß⸗ 
maͤßig ſehr groß ſey, ſondern auch wegen ſeiner 
dickbaͤuchigen Geſtalt denen andern mitlern Flaͤ— 
ſchelfoͤrmigen Kopftheilen Def Petrefacts ziem⸗ 
lich unaͤhnlich ausfallen. Indeſſen beweiſet der 
noch anſitzende erſte e Ring 
bey ganz deutlich, daß man in dieſem Bruth⸗ 
ſtuͤcke gerade das finde, wofür ich es gegenwaͤr⸗ 
tig ausgebe. 


Wie angenehm ſolte es mir doch ſeyn, wenn 
Sie mein Goͤnner daruͤber mit mir vergnuͤgt 
ſeyn wolten, daß ich Ihre Seltenheiten durch 
dieſe kleine Betrachtung ans Licht gezogen habe. 


Bin ich Ihnen etwa dabey zu genau und zu 
umſtaͤndlich geweſen; ſo werden Sie mir dieſes 
um ſo eher vergeben wollen, als ich eben damit 
einen der offenbarſten Beweiſe, daß es mir bloß 

25 | um 


64 ates Sendſchr. an H. D. Feldmann, ꝛc. 


um Wahrheit zu thun ſey, abgegeben habe. Und 
kann man denn auch wohl in einer Sache, die 
noch erſt gewiß werden ſoll, allzu ſehr genau 
ſeyn? Moͤchten Sie doch auch von nun an nur 
nicht mehr daran zweifeln, daß ich alle Pflich⸗ 
ten der Hochachtung und Freundſchaft, worauf 
Sie allerdings kein geringes Recht haben, eben⸗ 
fals aufs genauſte zu befolgen mir werde ange⸗ 
legen ſeyn laſſen. Ich gebe mir zulezt die Ehre 
mich mit aller Aufrichtigkeit zu nennen 


Ew. Wohlgebohrnen 


C. den ıten Jul, 0 
1768. 


ganz ergebenſter Freund 
und Diener 


C. F. W. 


Drittes 


| 88 e 


* * 2 Wi Bol, 


re Se 80e 8008 508 0 RR 
Drittes Sendſchreiben 


an den 
Hohehrwuͤrdigen und Hochgelahrten 
Herrn 


Herrn Johann Burchard 
Gentzmar 


Paſtorem Primarium und Probſt bey der 
Hauptkirche zu Stargard im Meck⸗ 
lenburgiſchen: 
worin 
von einigen ſeltenen gegrabenen Conchylien 
und andern Verſteinerungen des Thierreiches 
einige Nachrichten zur nähern Prüfung ge 
ſammelt ſind; 


abgelaſſen von dem Verfaſſer. 
PP 


Hochehrwuͤrdiger Goͤnner und Freund! 
He es ſeit einiger Zeit (ich weiß nicht eigent⸗ 


lich warum?) mit unſern geſchriebenen 
Briefen nicht recht fort gewolt; ſo will ich es 
nun mit Ihnen auf einen gedruckten Brief an« 


fangen. n 6 Sa Sie ſich wieder 
meinet⸗ 


66 ztes Sendſch r. an H. Probſt Gentzmar, 


meinetwegen die Feder anzuſetzen, und Ihre wich 
tigere Amtsgeſchaͤfte ein wenig zu meinem Ber 
gnuͤgen, wenigſtens in den Abendſtunden, zu 
unterbrechen. Ich hoffe dieſes um ſo mehr, 
als ich mir jezt die Ehre gebe Sie um einigen 
Unterricht anzuſprechen. Und wer ſolte geſchick— 
ter dazu ſeyn, wenn es auf die Petrefacten⸗ 
keatniß ankommt; Ihre lange Erfahrung; 
Ihre weitlaͤuftige Correſpondenz mit den groͤſten 
Naturkundigern unſerer Zeit, Ahr vortrefliches 
Cabinet und Ihre bekannte Guͤtigkeit laͤßt mich 
gar nicht daran zweifeln, daß ich mich nicht jezt 
an den rechten Mann gemacht haͤtte. f 


Ich habe vor kurzem in zwey einzeln Send— 
ſchreiben an die Herren M. und F. zu B. und R. 
die Sie auch vermuthlich werden geleſen haben, 
in Ruͤckſicht auf den bisher ſogenannten Con- 
chitem trilobum vel laevem vel rugoſum die 
Geſchlechtsart des Originals einigermaßen zu 
beſtimmen geſucht, und bin darinn von allen 
bisher bekannten Erklaͤrungen der Petrefacten⸗ 
kenner nicht wenig abgegangen. Was meynen 
denn aber Sie dazu? 5 


Damit aber die Conchyliologiſten und 10 
Sie, mein Herr! wegen dieſes ſcheinbaren Ver— 
luſtes einer Gattung bey dem Geſchlecht der Ano⸗ 
miten und Oſtreopectiniten einigermaßen ge⸗ 
troͤſtet ſeyn moͤgen; ſo gebe ich mir zufoͤrderſt, 
die Ehre Ihnen einen an Muſchelſtein, 

der 


von dem Petrefact ıc. 67 


der ſchon dieſes Nahmens, ein Conchites trilo- 
bus laevis zu heißen, werth iſt, mittelſt ein paar 
eichnungen vorzulegen, und dieſes um ſo mehr, 
als er in meiner ziemlich ſtarken Sammlung von 
Anomiten der einzige ſeiner Art iſt, und ſelten 
zu ſeyn ſcheinet. e 
Ich habe uͤbrigens wenig davon zu ſagen, als 
nur dieſes, daß er ein Pommerſcher Fuͤndling 
von brauner mit einem Theil ſeiner natuͤrlichen 
Schale noch bekleideter Steinkern, und von der» 
jenigen Art der Bohrmuſchelſteine (Terebratula) 
iſt, die man Anomias rotundas unica lacuna ver- 
ſus verticem directa, denatas nennet. Die XXV 
Figur zeiget Ihnen denſelben von der Seite, 
um den mitlern am Rande ausgeſchnittenen lo— 
bum in ſeiner Woͤlbung deſto beſſer ſehen zu koͤn⸗ 
nen. Er gehet aber von dem Angel der weni⸗ 
ger bauchigten und kuͤrzern Schale, wo er ſpitz 
iſt, und in ſeinem Fortgange immer breiter wird, 
bis zum ausgeſchweiften Rande hin. Die XXVI 
Figur wird Ihnen dagegen von der breiten auf— 
waͤrts gerichteten ebenfals ausgeſchweiften und 
dabey vertieften Furche in der Mitte des Randes 
der zweyten mehr bauchigten Schale, und wie 
ſich dieſe an jene erſte Schale genau anſchließet, 
einigen Begrif verſchaffen; Gleichwie die XXVII 
Figur dazu dienen ſoll, das Verhaͤltniß der bey— 
den Schalen in der Gegend des Angels, wenn 
man den Muſchelſtein von dieſer Seite vors 
Auge haͤlt, wahrnehmen zu koͤnnen: denn es 
2 raget 


68 ztes Sendſchr. an H. Probſt Gentzmar, 


raget hier die kuͤrzere Schale mit ihrer umgebo⸗ 
genen Spitze nicht nur uͤber die andere merklich 
hervor, ſondern man ſiehet auch dieſe zweyte 
vorzuͤglich bauchigte Schale bey a und b platt 
gedruckt, und faft in der 9 eines ‚gleich. 
ſchenklichten Triangels. 


Und weil ich . in die berſteinerte 
Bohrmuſcheln gekommen bin; fo denke ich Ih⸗ 
nen auch nicht mißfaͤllig zu ſeyn, wenn ich ein⸗ 
tzelne ſaubere Haͤlften dieſes Petrefaets, die nach 
ihrer inwendigen Geſtalt merklich von einander 
abgehen, und weil fie keine ſteinigte Ausfuͤllung 
haben, ſehr deutlich geſehen werden en , 
mit abzeichnen laffen werde. 


Es ſind dieſe noch natürliche „ und 
faſt durchſichtige Schalen ſehr dick, und haben 
die Groͤße, die Ihnen der Mahler von der 
XXVII. bis XXXI Figur gegeben hat. Vermuth⸗ 
lich haben die Hocker, Rinnen, und Vertiefun⸗ 
gen, die Sie hier ſehen, ihrem Bewohner zur 
Lage und zur Beveſtigung gedienet. Die XXXI 
Figur habe ich Ihnen zweymahl vorlegen laſſen 
mi:ien, damit Sie bey der erſten, die nach der 
innern Woͤlbung gemacht iſt, nicht nur die Ver⸗ 
tiefungen und Erhabenheiten ſondern auch die— 
ſes wiſſen moͤchten, daß dieſe Schale, ſo klein 
ſie iſt, dennoch aus zwo uͤber einander liegenden 
und in einem gewiſſen Raum von einander ab» 
teme Schalen beſtehe, daher fie auch ſehr dick 


iſt; 


von dem Petrefact ce. 69 


iſt; die eine gehoͤret zur inwendigen Woͤlbung 
und die andere geſtreifte giebt uns die aͤuſere Ge⸗ 
ſtalt der Muſchel. Man wuͤrde dieſe doppelte 
Schale einer und eben derſelben Muſchelhaͤlfte 
aber nicht ſo leicht gewahr werden koͤnnen, wenn 
ſie es nicht durch die beyden faſt Nierenfoͤrmigen 
Locher bey e und d, wo man ganz fuͤglich und 
ziemlich tief mit einem Inſtrument hineinfahren 
kann, ſichtbahr würden, Ob übrigens dieſe Loͤ⸗ 
cher der Natur oder einem Zufall zuzuſchreiben 
ſind, will ich nicht entſcheiden. | 


Die Figur XXXI b laͤſſet Sie aber bey e und 
f denjenigen Anſatz ſehen, den dieſe Muſchel⸗ 
haͤlfte in der Gegend des Gipfels und hinter dem⸗ 
ſelben hat. Er iſt davon nicht nur mittelſt eines 
tiefen Eiuſchnittes ſondern auch feiner Zuruͤckbie⸗ 
gung wegen von dem übrigen Körper, mit deſ⸗ 
fen durchbohrten Gipfel er eine gleiche Hoͤhe haͤlt, 
eine gute halbe Linie abgehalten, und hat faſt 
die Geſtalt eines Triangels. Sie ſehen ihn nach 
feiner innern Geſtalt in der Figur XXXI. a bey 
lit. e. Wie klein muß doch der zu dieſer dicken 
Schale gehoͤrige Wurm geweſen ſeyn, da ſein 
inwendiger Raum verhaͤltnißmaͤßig ſo fehr eng 
iſt! Und wie lieb muß ihn nicht die weiße Vor— 
ſehung gehabt haben, da fie ihn fo außerordent⸗ 
lich zu beſchuͤtzen ſich angelegen hat ſeyn laſſen! 
Uebrigens duͤnket mir, er man aus der Ihnen 
jezt vorgelegten innern Geſtalt der Bohrmuſchel— 
ſteine es ſich begreiflich machen koͤnne, warum 
e * E 3 gewiſſe 


70 ztes Sendſchr. an H. Probſt Gentzmar, 


gewiſſe Terebrateln, die jedoch nur Steinkerne 
ſind, theils in der Mitte eine Art von Schwamme 
oder Spalt, die der Spalte der Hyſterolithen 
ahnlich iſt, vorzeigen; theils aber in der Gegend 
des Schloſſes mit gewiſſen Erhoͤhungen und 
Vertiefungen verſehen ſind. Doch genug von 
dieſer nicht gar zu unbekannten Sache; denn es 
iſt Zeit, es drauf anzulegen, daß Sie mein Lehr⸗ 
meiſter werden muͤſſen. 

Ich frage Sie alſo mit aller Ihnen. gebüh⸗ 
en Achtung und Aufmerkſamkeit, was Sie 
zuförderft aus den Geſtalten machen wollen, die 
ich Ihnen in der XXXII bis XXVten Figur 
vorzulegen die Ehre habe. Der Mahler hat ſie 
ſogar nach ihrer Groͤße wohl ausgedruckt. Und 
ich weiß nichts mehr hinzuzuſetzen, als etwa die⸗ 
ſes: daß es ein mit vielen Koͤrnern beſaͤeter und 
gewoͤlbeter Steinkern von brauner Farbe ſey, 
der ſich mittelſt zweyer tiefen Furchen in drey 
von einander abſtehenden Ruͤcken theilet. Die 
beyden Seitenruͤcken a und b ſind Nierenfoͤrmig 
und gleich breit; der mitlere laͤngere und gewoͤlb⸗ 
tere Ruͤcken aber, ſo breit er auch mit ſeinem 
nach unterwaͤrts etwas umgebogenen Rande bey 
e iſt; ſo gehet er dennoch, nachdem er immer 
ſchmaler wird, auf der entgegen geſezten Seite 
bey d ziemlich ſpitz aus. Weil der Mahler die— 
ſes alles der großen Woͤlbung wegen mit einer 
einzigen Vorſtellung nicht erreichen konnte; 
fo hat er dieſes Petrefaet auch von der andern 
Seite in der fig. XXXIII. vorſtellen muͤſſen. 125 f 

ier 


von dem Petrefact sc. 71 


hier bekommen Sie zugleich noch einen neuen 
dazu gehoͤrigen Seitenanſatz, der von einer drit— 
ten Furche verurſacht worden, bey e zu ſehen. 
Vermuthlich muß ein gleicher auch noch auf der 
entgegenſtehenden Seite bey a geweſen ſeyn. 


Und die XXXIV Figur, die ein kleiners aͤhn⸗ 
liches vom Steine ganz befreyetes Bruchſtuͤck 
vorſtellet, lehret dieſes ganz deutlich. Hier har 
ben Sie vier Furchen und fuͤnf Ruͤcken zu be— 
merken. Der mitlere Eyrunde Ruͤcken raget da, 
wo er merklich gewoͤlbet iſt, uͤber die beyden zu⸗ 
naͤchſt ſtehenden Niererfoͤrmigen Ruͤcken und faſt 
bis auf ihrer halben Groͤße merklich hervor, 
wird aber um dieſer Gegend herum mit einem 
mahl ganz ſchmal und vertieft, bis er wieder 
bey ſeinem Ausgang in b ein wenig an Groͤße zu— 
nimmt und damit eine Ruͤßelfoͤrmige Geſtalt be⸗ 
kommt. Man koͤnnte dieſen Ruͤcken vor ſich al- 
lein betrachtet nicht unſchicklich mit einem Vogel⸗ 
kopfe und dem daran ſitzenden zugeſpitzten aber 
vorn breit werdenden Schnabel vergleichen. Ihn 
ſowohl als die beiden naͤchſten Seitenruͤcken od 
zieren Knoͤtchen von verſchiedener Groͤße nicht 
wenig. Mit eben ſolchen Warzen ſiehet man 
aber auch die zwo aͤußerſten kleinern Anſaͤtze e f 
ausgeputzet. Der Anſatz bey f ift größer als fein 
Compagnon, und hat, ſo weit ſein jetziger Zu— 
ſtand das Auge unterrichtet, ſelbſt, wenn man 
ein Glaß zu Huͤlſe nimt, faſt die Geſtalt eines 
runden in der Mitte vertieften Knopfes. Die 
W E beyden 


72 ztes Sendſchr. an H Probſt Gentzmar, 


beyden wirklich Nierenfoͤrmigen Seitenruͤcken 
cd, trennen ſich aber von dem mitlern Ruͤcken 
a mittelſt ihrer Furchen nicht ganz. Vielmehr 
gehen die Furchen nur etwa auf der Haͤlfte des 
ſtark gewoͤlbten mitlern Ruͤckentheiles an. Und 
um Ihnen auch dieſes ſehen zu laſſen, ſo hat 
der Mahler die hintere Seite dieſes Petrefacts, 
wiewohl nicht deutlich genug, in der Figur 
XXXV. vorgeſtellet. | ar 


Und nun frage ich noch einmahl, mit welchem 
Original Sie es vergleichen moͤchten, und mit 
welchem Nahmen Sie es beehren wolten. Kaͤme 
es bloß auf die Benennung an; fo koͤnnte man 
es lapidem Trintieleum heißen. Dieſen Nah⸗ 
men beſtimmte der noch beruͤhmte Oxfordiſche 
Aufſeher des Aſhmoleiſchen Natur- und Kunſt⸗ 
Cabinets Eduard Luidius fuͤr gewiſſe dem un⸗ 
ſrigen aͤhnliche Koͤrper; So gar dehnte er den 
Gebrauch dieſes Nahmens ſo weit aus, daß er 
ſelbſt einige Exemplare von den ſogenannten Con- 
chitis trilobis darunter begriff. Weil die zwey⸗ 
te ſehr vermehrte DOrfordifche Ausgabe feines 


Werkes von 1760 *) noch immer eine Selten⸗ 


heit 


) Der völlige Titel dieſes Werkes lautet fo: Eduardi 
Luidii apud Oxonienſes Cimeliarchae Ashmo- 
leani Lithophylacii Britannici Ichnographia. 
Siue lapidum aliorumque foſſilium Britannico- 
rum fingulari figura inſignium, quotquot hacte- 
nus vel ipſe inuenit vel ab amicis accepit, Di- 
E ſtribu- 


heit in den Händen der teutſchen Steinkenner 
iſt; ſo habe ich in der XXXVI. und XXXVII. Fi- 
gur die daſelbſt auf der 22ten und 23ten Tafel 
mitgetheilten und mit dem Nahmen eines Drey— 
kerns belegten zwo Zeichnungen entlehnet, und 
vieleicht auch Ihnen einen Gefallen damit erwie⸗ 
ſen. Ohne Zweifel lehret Sie nun aber die 
Verſchiedenheit der Geſtalten, daß der Nahme 
Trinucleus nicht nur fuͤr ſich ſehr unzureichend, 
ſondern auch bey den Koͤrpern nicht gleich gut zu 
kommen konne. Die jezt entlehnte XXXVI. Fi⸗ 

t gur 


ſtributio claſſica: Scrinii ſui lapidarii Reperto- 
rium cum locis ſingulorum natalibus exhibens. 
Additis fariorum aliquot figuris aere inciſis; 
oum Epiftolis ad Clariſſimos Viros de quibus- 
dam circa marina foſſilia et Stirpes minerales 
praeſertim notandis. Editio altera: Nouis quo- 
rundam ſpeciminum Iconibus aucta. Subiicitur 
Authoris Praelectio de Stellis marinis etc. 
Nusquam magis erramus quam in falſis indu- 
ctionibus: ſaepe enim ex aliquot exemplis vni- 
uerſale quiddam colligimus; idque perperam, 
cum ad ea quae excipi poſſunt, animum non 
attendimus, du Hamel, Oxonii, e Typographeo 
Clarendoniano MDCCLX. 8. mai. pagg. 156. 
fine Praefat. et Ind. Tabb. 27. Der Herr Heraus⸗ 
geber iſt Wilhelm Huddesford, ein Nachfolger 
des Luidius in feinem Amte. Die erſte Londner 
Ausgabe von 1699. in 8. ward in demſelben Jahre 
zu Leipzig in octav Format nachgedruckt, und bes 
trägt 11 Bogen, mit 16 Blat Kupfer. Man 
kann ſchon hieraus von der Vermehrung dieſer neuen 
Ausgabe etwas urtheilen. | 


74 ztes Sendſchr. an H. Probſt Gentzmar, 


gur iſt in den beyden Sendſchreiben ſchon oft 
und beſſer, aber unter andern gleich unbeques 
men Nahmen da geweſen. Und die XXVII. Fi⸗ 
gur wird denjenigen, die jezt meine Anfrage an 
Sie veranlaſſen, den Rang ebenfals nicht ftreis 
tig machen. So viel ich ſehe; fo würde man 
dieſe beyden Ihnen jezt von mir in den Figuren 
XXXII. bis XXV. vorgelegte Petrefacten ganz 
ſchicklich für abgeſonderte Kopftheile des bisher 
ſogenannten Conchit :e trilobi rugoſi halten muͤſ⸗ 
ſen. Und warum ſolten ſie nicht in der Geſtalt 
und Groͤße von den in dem vorſtehenden zwey— 
ten Sendſchreiben erwehnten merklich gnug ab— 
gehen? Noch haben wir das wenigſte von dieſem 
Petrefact in allen ſeinen Abaͤnderungen zu Ge⸗ 
ſichte bekommen. Vieleicht ſehen auch unſere 
Nachkommen niemals das eigentliche und bes 
ſtimmteſte Original, oder alle Arten und Ver— 
ſchiedenheiten deſſelben, weil der Aufenthalt des 
Wurmes aller Wahrſcheinlichkeit nach in der 
tiefſten See ſeyn muß — — O wie eingeſchrenkt 
wird nicht noch das Wiſſen ſelbſt den ſpaͤteſten 
Bewohnern des Erdbodens bey aller ihrer An« 
ſtrengung nach Naturkentniß bleiben muͤſſen. 
Gott hat wirklich auch auf dieſer Welt mehr 
Meiſterſtuͤcke und Schoͤnheiten, als wir je zu 
Geſichte bekommen ſollen, verſammelt, und wa⸗ 
rum? Nicht nur auch hierinn ein verborgener 
unermeßlicher Gott zu ſeyn, ſondern auch uns in 
dem lebhafteſten Bewuſtſeyn unſerer Einſchren⸗ 


>” und in der befländigen Hofnung an En: 
eit 


von dem Petrefact ꝛe. 75 


heit und edeln Vergnuͤgen immer reicher zu 
werden, zu erhalten. Weiſer und guͤtiger 
Gott! — — — Aber wieder zur Sache; Sol⸗ 
te ich allenfals wegen dieſer nach den Gruͤnden 
der Aehnlichkeit angebrachten. Muthmaßung 
Ihren Beyfall nicht erhalten koͤnnen, fo weis 
ſen Sie mich nur bald auf ſo etwas, das dem 
Gegenftande angemeßner iſt. Wenigſtens wer— 
de ich es doch noch beſſer getroffen haben als 
Hermann in feiner Waslographie. Er iſt, 
fo viel ich weiß, der einzige Lithologe, der Tab. 
XI. No. 4 ein dem unſrigen ähnliches Petre—⸗ 
fact ſchon vor mir aus der Dunkelheit an das 
Licht gezogen hat. Mit ſeiner beygeſetzten Be— 
ſchreibung aber, daß es ein Echinites minor cor- 
datus tubereulatus et binis inciliis donatus ſey; 
werden Sie vermuthlich nicht zufrieden ſeyn 
koͤnnen. 


Wir wollen aber nun auf etwas anderes kom⸗ 
men, Die fig. XXXVIII. bietet Ihnen einen 
Stein von Stargard in Pommern dar, der 
weiter nichts als eine gehaͤufte Maße lauter fol- 
cher Geſtalten iſt, wie Sie etwa am deutliche 
ſten bey a ſehen koͤnnen. Mit der Huͤlfe eines 
Vergroͤßerungsglaſes ſiehet man aber die Geſtalt, 
noch deutlicher und gerade fo, wie es bey b und e. 
vorgeſtellet iſt. Einigen laͤſſet es auch, nachdem 
vieleicht ihrer zwo allzunahe und verkehrt neben 
einander zu liegen gekommen ſind, als bey lit. d. 
Ich will Ihre Einbildung nicht gern zu fr in. 

03 


76 ztes Sendſchr. an H. Probſt Gentzmar, 


Bewegung ſetzen; ſonſt koͤnte ich Ihnen allerley 
Bilder, denen dieſe Geſtalten aͤhnlen, ins Gemuͤth 
bringen; Nur dieſes muß ich Ihnen ſagen, daß 
der mitlere Kegelfoͤrmige Körper erhöherer iſt, 
als die Seitentheile rings um ihn herum, und 
daß es laͤſſet, als wenn er mit ſeiner Schwere 
einigen Eindruck in der Mitte ſeiner Unterlage 
zu verurſachen vermoͤgend geweſen waͤre. Dieſe 
Unterlage iſt auch nicht flach ſondern gleich einem 
voll ausgeſtopften Bette gewoͤlbet. Indeſſen 
nimmt die Woͤlbung ab, je mehr ſie ſich dem 
Rande naͤhert. Und da dieſer zulezt in einen 
platt liegenden Saum rings herum ausgehet; ſo 
erhaͤlt das Petrefact damit noch mehr eine eyrun⸗ 
de Geſtalt. Die Farbe dieſer kleinen Koͤrper 
iſt uͤbrigens ſchmutzig lichtbraun, gleichwie der 
dazwiſchen liegende Steinkuͤtt etwas heller aus⸗ 
faͤllet. Was wollen Sie nun aber daraus ma⸗ 
chen? Soll es eine Patelle? ein Conchites tri- 
lobus laevis? oder was ſoll es ſeyn? Und wo iſt 
ſein Original? Da ſich dieſe Steinmaſſa ohn⸗ 
weit Ihrer Gegend aus der Prenzlauer Sande 
grube herſchreibet; ſo haben Sie ſeines gleichen 
ohne Zweifel auch ſchon geſehen? Der beruͤhmte 
Schwede Magnus von Bromell hat eben⸗ 
fals dergleichen in Weſtgothland bey dem Cloſter 
Warnheim gefunden und hielt es fuͤr werth uns 
in den Actis literariis Sueciae 1729 S. 527 ei⸗ 
nen Abriß davon zu geben. Seine Benennung 
aber, da er ihn lapidem inſeetiferum nennet, 
wird Ihnen ſo wenig, als mir hinlaͤnglich 

ſeyn. e, 


von dem Petrefact ꝛc. . 


Vielleicht haben Sie ſchon die Kleinigkeiten, 
womit der in der XXXIXten Figur abgebildete 
auch graue Havelbergiſche Muſchelſtein erfuͤllet 
iſt, naͤher kennen lernen als ich? Wie ſie ſich mit⸗ 
telſt des Augenglaſes i in meinem Exemplar ſehen 
laſſen, zeigen Ihnen die in dem ledigen Raum 
befindliche Abriſſe. Sollen es e oder 
ö Muſchelarten ſeyn? 


Noch nehme ich mir die Freyheit Ihnen ein 
paar Anomiten von befonderer Geſtalt zur Bes 
urtheilung vorzulegen. Der erſte ift in der fig. 
XL bis XLII nach verſchiedenen Lagen abgebildet. 
Es iſt aber nur ein Steinkern von muͤrber 
gelber Ochererde. In der XI. fig. ſehen Sie 
die gewoͤlbter und kuͤrzere Haͤlfte, beſonders aber 
den in der Mitte eingebogenen Rand der Mus 
ſchel, wo beyde Haͤlften mittelſt ihrer ungleichen 
langen Furchen und Zaͤhne in einander greifen, 
nebſt einem Theil der Geſtalt, die ſie in der Ge⸗ 
end des Gipfels hat. 


In der XLIlten Figur koͤnnen Sie dagegen 
auf derſelben Hälfte, den Herzfoͤrmigen erhabe— 
nen Schild, der die Mitte der Muſchelhaͤlfte 
einnimmt und bis an den Gipfel oder Schloß 
derſelben reichet, und die Schildfoͤrmige Ver⸗ 
tiefungen zu beyden Seiten dieſes Schildes noch 
genauer beurtheilen; gleichwie Sie bey der XII. 
Sigur von der ce laͤngern, flachern, 9 


78 ztes Sendfeht. an H. Probſt Gengmar, 


auch Schildfoͤrmig geſtalteten, in der Mitte 
mit einem Spalt verſehenen und dem Schloß ge⸗ 
gen uͤber am Rande in der Mitte eingebogenen 
Muſchelhaͤlfte ſich ebenfals einigen Begrif wer⸗ 
den machen koͤnnen. Mir wenigſtens iſt noch 
keine Abbildung oder Beſchreibung dieſes Ano⸗ | 
miten zu Geſichte gekommen. 


Und eben ſo wenig weiß ich Ihnen von > 
andern, deſſen ich jezt gedenken will, etwas bey 
den Schriftſtellern nachzuweiſen. 


I 


Ich beſitze zwey etwas verſchiedene Exemplare, 


aber nur allein die groͤßern Muſchelhaͤlften. Bey⸗ 


de haben eine gedoppelte Zeichnung erfodert, 
um Ihnen ihre Geſtalt und natuͤrliche oder 
bauchigte Größe ganz ſehen zu laſſen. Und weil 
denn auch hier eine Beſchreibung nicht ganz uͤber⸗ 
fluͤßig ſeyn kann; ſo fange ich es mit der in der 
XLIIIten Figur bey A und B vorgeſtelten au 
erſt an. | 


Die noch nafürliche aſchgraue ſehr dünne N 
mit einem gelben dichten Kalkſteine ausgefüllte 
Schale iſt in dieſem Exemplar, die beyden un⸗ 
gleichen Seitenfluͤgel a und b mit gerechnet, eir 
nen ſtarken Zoll breit. Vom ſpitzengeraden 
Schloſſe an gehen etwa eilf bis zwoͤlf ſtarke halb⸗ 
cirkelfoͤrmige dicht und zart in der Laͤnge geſtreif⸗ 
te Runzeln, die immer ſtaͤrker werden, uͤber 
dem etwas gewoͤlbten halben Leib der Muſchel 


weg 


von dem Petrefact e. 79 


weg. Ich ſage den halben Leib; denn von die⸗ 
ſem runzlichten Theil, der einen halben Zoll an 
Laͤnge beträgt, und beſonders von der letzten 
ſtaͤrkſten Runzel e d gehet die andere Hälfte des 
geibes unter einem faſt rechten Winkel umgebo⸗ 
gen mit einem mahl unter ſich weg, und iſt da⸗ 
ſelbſt mit ihrer flachern zart in der Länge geſtreif⸗ 
ten Schale ebenfals noch einen halben Zoll lang. 
Die XIII Ie Figur B wird dieſes deutlich machen. 


Das andere Exemplar dieſes Anomiten, wo⸗ 
zu die Figur XLIV. A. B. gehoͤret, iſt in der 
Hauptſache ſeinem eben gemeldeten Compagnon 
ganz aͤhnlich. Der Unterſchied iſt bloß dieſer, 
daß die natuͤrliche Muſchelſchale hier weiß ſilber⸗ 
farben iſt, und daß man wenigſtens den einen 
Seitenfluͤgel nicht nur laͤnger als bey dem vor⸗ 
hergehenden, ſondern auch ſo gerunzelt, wie der 
halbe Leib ſelbſt iſt, ſehen kann. In der Mitte 
dieſer erſten Leibeshaͤlfte habe ich etwa neun bis 
zehn Runzeln gezehlet. Bis ich einen geſchick⸗ 
tern Namen fuͤr beyde Exemplare von Ihnen 
hören werde, will ich fie Conchitas Rhomboida- 
les anomios inaequilateros nennen. Vielleicht 
wiſſen Sie mir aber auch wohl gar das dazu ger 
hoͤrige Original nachzuweiſen. 75 


Da Stargard in Pommern mir dieſes Pe⸗ 
trefact hergegeben hat, ſo wuͤnſche ich, daß 
Stargard im Mecklenburgiſchen Ihnen auch 
ſchon dergleichen abgeliefert haben moͤge. 

5 Jetzo 


80 3108 Sendſchr. an H.ProbfGenemar, 


Jetzo aber erinnere ich mich, daß kein Brie 
allzulange ſeyn muͤſſe und denke alſo billig au 
den Schluß des jetzigen. Damit doch aber aut 
nichts von dem Ihnen beſtimmten < latte leer 
bleiben moͤge, ſo will ich nur noch ein anderes 
Petrefact, das gewiß ſelten genug iſt, zur Hand 
nehmen. Ich habe meinem Goͤnner zu Zelle, 
dem Herrn Hofmedicus Taube die Kenntniß 
deſſelben zu danken. Und ſchon die Seltenheit 
allein, macht es eines wiederholten Abriſſes 
werth, ob mir gleich bekannt iſt, daß albereits 
der feel. D. Bruͤckmann, in feiner Epift. Itin. 
LXIV. zu erft davon als von einer Selten⸗ 
heit etwas Nachricht gegeben, und die Zeich⸗ 
nung der obern Seite allein mitgetheilet habe. 
Anfaͤnglich wußte er nicht, was er damit ma⸗ 
chen ſolte. Nachher aber hat er in den Addis 
Phyfico-Medicis Acad. N. C. Vol. IX. Noriberg. 

1752. 4. S. 116. und Tab. V. fig. 3. die wie⸗ 
derholte Abbildung mit einer Erklaͤrung verſehen, 
die ſich ganz wohl hören laͤſſet. Es ſoll nehmlich 
dieſes Petrefaet ein Zahn eines Seefiſches ſeyn. 
Artedi in Generibus pifcium n. 19. p. 60. nen⸗ 
net das Geſchlecht Oſtracionem conico oblon- 
gum aculeis undique denſis baſi triquetris hor- 
ridum. Ob es aber allen Arten oder nur eini⸗ 
gen derſelben eigen ſey, daß fie in der Mitte der 
obern und untern Kinnlade zur Zermalmung ih⸗ 
rer Nahrung dergleichen theils vierkantige, theils 
rundliche Zaͤhne verwahren, und welcher Art 


der Schalfiſche der ee Zahn zu gehoͤ⸗ 
re, 


von dem Petetfact e. 81 


re, iſt dennoch bisher unbeſtimmt geblieben. 

Und um ſo weniger halte ich es fuͤr überflüßig, 
Ihnen einen genauern Abriß davon mitzu⸗ 
eilen. ** l 


In der XLVten Bu finden Sie die 185 
Seite deſſelben. on den ſieben erhabenen 
oben ſcharfen und faft gebogenen Ribben, wel 
che mit ihren ſechs Furchen ſehr glat, glaͤnzend, 
dicht und gelber Farbe ſind, iſt die erſte und lez⸗ 
te die ſchmaleſte und niedrigſte. Rings herum 
iſt alles ſo dicht mit kleinen glaͤnzenden Waͤrz⸗ 
gen, als man ſie etwa in einer Ochſenzunge fin⸗ 
det, und noch dichter beſaͤet. Dieſe Waͤrzgen 
mit dem Augenglaſe betrachtet gleichen aber klei⸗ 
neren Zaͤhnen, und daher ſind ſie auch rauh anzu⸗ 
fuͤhlen. Weil bey a etwas abgebrochen iſt, ſo 
ſiehet man ganz deutlich, daß dieſe jezt eben be⸗ 
ſchriebene rauhe Schale eine Linie dick und voll⸗ 
kommen beinartig iſt. Der untere Rand des 
Zahnes gleichet einem etwas faltigen und gerun ⸗ 
zelten Schwamme. Sie koͤnnen dieſes in der 
Figur XL VI, welche die untere Flaͤche des Pe⸗ 
trefacts vor Augen legt, ſehr deutlich ſehen. 
Dieſe untere Flaͤche iſt weiß, kalkartig und po⸗ 
roͤs, und beſtehet in ihrer Mitte aus vielen ſehr 
zarten in einander gedreheten und zum Theil of⸗ 
fenen runden Rohren, fo daß man es von die- 
ſer Seite leicht fuͤr einen Corallenſchwamm hal⸗ 
ten koͤnnte. In der XLVIIten Figur ſehen Sie 
aber den Zahn von der einen dickern Seite, als 
2 wo 


82 ztes Sendſ. an H. Probſt Gengmar, ic. 


wo er von ſeiner Wurzel mittelſt einer ſehr tie⸗ 
fen Furche gleichſam getrennet iſt. Vermuth⸗ 
lich diente dieſe Furche ehedem den Zahn mit der 
Kinnlade deſto genauer zu verbinden und zu 
befeſtigen. e 


Und nun muß ich ſchließen. Mein volles 
Blatt erlaubt mir nur noch Ihnen die aufrich⸗ 
tigſte Verſicherung zu geben, daß ich Ihre Ver⸗ 
dienſte auch um mich niemals verkennen, und 
mich gluͤcklich ſchaͤtzen werde, wenn Sie es mir 
weiter erlauben wollen mich nennen zu duͤrfen 


Der o 


C. den zten Aug. 
1768. 


ganz ergebenſter Freund 
und Diener 


C. F. W. 


* 


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8 2 
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