44. BERICHT
der
8ENCKENBERGISCHEN
NATÜRF0R8CHENDEN GESELLSCHAFT
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FRANKFURT AM MAIN
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Frankfurt am Main
Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft
1913
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet
Übersetzungsrecht vorbehalten
— Ill
An unsere Mitglieder.
Der in erfreulicher Weise zunehmende Umfang unserer Samm-
lungen gebietet eine Erweiterung unseres Museums. Auf
verschiedenen wichtigen Gebieten sind unsere Sammlungen an den
ersten Platz gerückt; zahlreiche und wertvolle Objekte liegen
bereits aufgestapelt und harren ihrer Aufstellung in den erwei-
terten Räumen. Die sich ständig mehrende Zahl der Besucher
des Museums beweist das vorliegende Bedürfnis nach einer fort-
schreitenden Ausgestaltung unserer Sammlungen, die der Vater-
stadt zur Zierde und zum Anziehungspunkt gereichen.
Zur Ausführung der geplanten Ergänzungsbauten sind aber
erhebliche Mittel erforderlich, die wir durch Schenkungen
unserer Gönner zu erlangen nicht zu hoffen wagen. Auch hat
der Plan der Geldbeschaffung durch eine Lotterie die Zustim-
mung der zuständigen Ministerien nicht gefunden.
So hat die Verwaltung unserer Gesellschaft beschlossen, sich
an unsere Mitglieder, Freunde und Gönner um Bewilligung eines
unverzinslichen Darlehens bis zum Betrage von M. 500.000
zu wenden. Über das Darlehen werden einzelne Schuldscheine
über je M. 1000 auf Namen ausgestellt, und jeder Schuld-
schein trägt die Bescheinigung der Deutschen Bank,
daß seine Rückzahlung zum Nennbetrage gemäß
dem jedem Schuldscheine aufgedruckten Tilgungs-
plan binnen 16 Jahren durch Hinterlegung eines Depots
gewährleistet i s t.
Es werden demnach, vom April 1915 beginnend, alljährlich
auf der Deutschen Bank Filiale Frankfurt vor Notar und Zeugen
die zur Rückzahlung kommenden Schuldscheine ausgelost und
die verlosten Schuldscheine unter Benachrichtigung ihrer Inhaber
mit M. 1000 pro Schein zurückbezahlt. Sollten vor einer Ver-
losung Schuldscheine unter dem Nennwerte angeboten werden,
so darf die Tilgung auch durch Rückkauf unter dem Nennwert
— IV —
erfolgen; die Einhaltung des Tilgungsplanes ist auch in diesem
Falle im April jedes Jahres unter Vernichtung der Schuldscheine
notariell zu beurkunden.
Nach diesen Bestimmungen ist also die Rückzahlung jedes
Schuldscheines zu M. 1000 binnen längstens 16 Jahren ganz
unabhängig von unserer Gesellschaft sichergestellt, und
wir bitten somit im Interesse unseres gemeinnützigen Unter-
nehmens nur um Erlaß der Zinsen bis zur Heimzahlung des
Kapitals.
So richten wir nun an alle unsere Mitglieder, an Freunde
und Gönner unseres Museums die herzliche und drinoende Bitte,
uns das erforderliche Kapital zur Aufführung des Erweiterungs-
baues unseres Museums durch Übernahme von Schuldscheinen
vorübergehend zur Verfügung zu stellen, und bitten, uns
unter Benutzung des beiliegenden Formulars möglichst bald mit-
zuteilen, wieviele Schuldscheine Sie übernehmen wollen.
Die Einzahlung des Betrages werden wir durch Rundschreiben
im März nächsten Jahres erbitten.
Die Direktion
der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft;
Geh. Regierungsrat Dr. A. von Weinberg, I. Direktor
Oberstabsarzt a. D. Prof. Dr. E. Marx, 11. Direktor
Dipl.-Ing. P. Prior, I. Schriftführer
Dr. A. Lotichius, IL Schriftführer
Albert von Metzler, Kassier
Walter Melber, Kassier.
V
SENCKENBERGISCHE
NATURFORSCHENDE GESELLSCHAFT, FRANKFURT A. M.
Schuldschein No. . . . M. 1000.—
Die unterzeichnete, mit juristischer Persönliclikeit ausgestat-
tete Gesellschaft hat auf Beschluß ihrer Gesellschaftsorgane ein
unverzinsliches Darlehen bis M. 500.000 aufgenommen und be-
kennt hiermit durch ihre gesetzlichen Vertreter, von
Herrn
M. 1000.—
als Teil dieses Darlehens bar erhalten zu haben und Herrn . . .
.... diese Summe zu schulden.
Die Kündigung des Darlehens seitens des Darlehensgebers
ist ausgeschlossen.
Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt nach Maßgabe des
umstehend abgedruckten Tilgungsplanes durch Auslosung oder
Rückkauf von Darlehensscheinen.
Die Einhaltung des Tilgungsplanes ist durch ein bei der
Deutschen Bank Filiale Frankfurt hinterlegtes Depot gewährleistet.
Frankfurt a. M., 1. März 1914.
Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft:
Wir bescheinigen, daß die Tilgung dieses Schuldscheines
gemäß dem umseitig gedruckten Tilgungsplan durch ein bei uns
eingezahltes Barguthaben gewährleistet ist.
Deutsche Bank Filiale Frankfurt:
— VI —
Tilgungsplan
Rückzahlungstermin
1. April
1915
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1916
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1917
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1918
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1919
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1920
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1921
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1922
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1923
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1924
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1925
» »
1926
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1927
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1928
r> 11
1929
11 n
1930
Zurückzuzahlender Betrag
M. 5.000.—
5.000.—
1
5.000.—
,
5.000.—
5.000.—
,
5.000.—
1
5.000.—
1
5.000.—
,
5.000.—
,
5.000.—
1
10.000.—
,
10.000.—
1
15.000.—
20.000.—
1
30.000.—
.
365.000.—
M. 500.000.
Sollten nicht alle 500 Schuldscheine untergebracht werden, so
erfolgt die Auslosung pro rata der ausgegebenen Schuldscheine.
— VII —
Inhaltsverzeichnis.
Aus der S c h a u s a m m 1 u n g : Seite
Das Zwergflußpferd von Liberia (mit 3 Abbildungen) von E. Marx 1
Die Dronte (mit 2 Abbildungen) von E. Creizenach . . . . 5
Der Triceratops (mit 2 Abbildungen) von F. Drevermann . . . 10
Phenacodiis primaevus Cope (mit 1 Abbildung) von V. Drevermann lOo
Die Veränderlichkeit der Schale von Ibcriis (/ualtcriauiis L. (mit 82
Abbildungen) von C. R. Boettger 183
Sinopa rapax Leidy (mit 4 Abbildungen) von F. Drevermann , 198
Der Schopfibis (mit 1 Abbildung) von F. Haas 283
Unser Planktonschrank. I. Radiolarien und Medusen (mit 13 Ab-
bildungen) von L. Nick 286
Verteilung der Ämter im Jahre 1913 14
Verzeichnis der Mitglieder 16
Rückblick auf das Jahr 1912 (Mitteilungen der Verwaltung) . 38
Kassenbericht über das Jahr 1912 44
Museumsbericht über das Jahr 1912:
Zoologische Sammlung 46
Botanische Sammlung 57
Paläontologisch-geologische Sammlung 58
Mineralogisch-petrographische Sammlung 64
Lehrtätigkeit vom April 1912 bis März 1913:
Vorlesungen, praktische Übungen und Exkursionen:
Zoologie , 107
Botanik 111
Paläontologie und Geologie 113
Mineralogie 115
Wissenschaftliche Sitzungen :
R. Gonder: Die Spirochäten als Erreger von menschlichen
und tierischen Krankheiten und ihre Beziehungen zu
den harmlosen Formen 117
E. Marx: Grundlagen der Schutzimpfungen 118
H. E. Boeke: Bildung und Bau der deutschen Kalisalz-
lagerstätten 119
L. Heck: Lebende Tierbilder von nah und fern .... 120
H. Driesch: Das Problem des Organischen 121
A. Pütt er: Stoffwechsel und Ernährung 123
0 / 1 n
— VIII —
Seite
E. Göppert: Die Variabilität des menschlichen Körpers
und ihre stammesgeschichtliche Bedeutung .... 124
F. Richters: Altsteinzeitliche Funde aus dem nordischen
Gletschermergel 125
E. Strauß: Gifte der Wirbellosen 125
P. Ehrlich: Moderne Heilprinzipien 126
F. Doflein: Der Ameisenlöwe, ein Kapitel aus der Biologie
und Psychologie der Tiere 129
0. zur Strassen: Der Flug der Tiere 130
St. Kekule von Stradonitz: Die Entstehung der sog.
Habsburger Lippe 131
0. Kalischer: Die Bedeutung der Dressurmethode für die
Sinnesphysiologie und Psychologie 132
A. Fischel: Über Ursachen normaler und abnormer Ent-
wicklungsvorgänge bei Tieren und beim Menschen . 134
Festsitzung zur Erteilung des Soemmerring-Preises: 134
M. Möbius: Über die neuen Vererbungsgesetze nach
der Corrensschen Schrift von 1912 137
Jahresfeier am 25. Mai 1913:
H. Siedentopf: Über ultramikroskopische Abbildung mit Erklä-
rung kinematographischer Demonstrationen. Referat (L.Nick) 266
Nekrologe:
Philipp Steffan, mit Porträt (F. Baenvind) G6
Carl Hagenbeck, mit Porträt (Ph. Lehrs) 189
Friedrich Kinkelin, mit Porträt (F. Drevermann) 269
Carl Ger lach, mit Porträt (A. Knoblauch) 278
Vermischte Aufsätze:
E. Schwarz: Der Bali-Tiger (mit 7 Abbildungen) 70
R. von Goldschmidt-Rothschild: Aus dem Hochland von
Ostafrika (mit 6 Abbildungen) 74
A. Schnitze: Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und Tier-
welt (mit 13 Abbildungen) 143
A. von Weinberg: Das Eiweißmolekül als Unterlage der Lebens-
erscheinung 159
G. Böttcher: Lionardo da Vinci als Naturforscher (mit 10 Ab-
bildungen) 203
W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald
IV. Landschaftliches (mit 12 Abbildungen) 236
M. Möbius: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Blüten
(mit 1 Farbentafel) 323
H. Wüsthoff: Eine deutsche Geflügelfarm (mit 6 Abbildungen) 331
Besprechungen:
I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft:
Abhandlungen, Band 31 Heft 4 (S. 341-462): Beiträge
zur Kenntnis devonischer Trilobiten. 2. Beitrag. Ober-
devonische Proetiden, von Dr. R. R i c h t e r (F. Drevermann) 180
— IX —
Seite
Die Gattung Merodon Meigen {Lampetia Meig. olim), von Prof.
Dr. P. S a c k f 0. ä; 181
IL Neue Bücher:
W. Kobelt: Heimatkunde und Heimatarbeit, mit Porträt
(H. Seckel) 93
M. M ö b i u s : Mikroskopisches Praktikum für systematische
Botanik. I. Augiospermae (E. G. Priiigsheim) 97
L. E dinger: Einführung in die Lehre vom Bau und den
Verrichtungen des Nervensystems, 2. Auflage (G. Oppen-
heim) 98
Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg: Vom
Kongo zum Niger und Nil, mit 2 Abbildungen (Ä. Jassoij) 99
A. Siebert, W. Schölermann und 0. Kraus: Wie
lege ich einen Garten an? (M. Möbiiis) 102
K. Eckstein: Die Schmetterlinge Deutschlands mit be-
sonderer Berücksichtigung der Biologie. i.Bdiad (E. Müller) 181
Aus der Schausammlung.
Das Zwergflußpferd von Liberia.
Mit 3 Abbildungen.
Das liberianische Zwergflußpferd, Choeropsis liberiensis Mor-
ton, gehörte bis in die jüngste Zeit zu denjenigen Großtieren
Afrikas, über deren Aussehen und Lebensweise wir nur äußerst
unvollkommen unterrichtet waren. Erst 1844 kam die Kunde nach
Europa, daß in den liberianischen Urwäldern ein Tier lebe, welches
große Ähnlichkeit mit dem gewaltigen Flußpferd habe, aber viel,
viel kleiner sei, so daß man es als Zwergflußpferd bezeichnen
müsse. Dr. Morton brachte damals aus Liberia diese Kunde;
zwei Felle und zwei Schädel konnte er erhalten und nach Phila-
delphia bringen. Das seltene Tier wurde von ihm als „Hippo-
potamus of Western Africa" beschrieben. Nach und nach gelang
es, mehr Bälge und Skeletteile zu beschaffen, so daß zurzeit solche
von etwa zwanzig Tieren in amerikanischen und europäischen
Museen vorhanden sind, vor allem in Philadelphia, London, Berlin,
Paris und Leyden. Aber Prachtexemplare waren die altmodisch
gestopften Bälge nicht, und nur schwer konnten sie einen rechten
Begriff von dem Aussehen des lebenden Tieres geben. Im Jahre
1873 hatten überhaupt zum ersten Male einige Europäer ein leben-
des Tier wenigstens zu Gesicht bekommen, während man bis dahin
ganz auf die Beschreibung der Eingeborenen angewiesen war.
Damals gelang es auch, ein Zwergflußpferd lebend zu verschiffen.
Es kam noch nach Liverpool, wo es zum Glück photographiert
wurde; seinen Bestimmungsort Dublin erreichte es nur sterbend.
Dank der Großzügigkeit der Firma C. Hagenbeck in Stel-
lingen ist jetzt endlich alles Dunkel gelichtet, das über diesen
Tieren bisher schwebte. Der bewährte Afrikareisende Hans
Schomburgk hat es im Auftrag Hagenbecks unternommen,
in einer eigens zu diesem Zweck ausgerüsteten Expedition den
Tieren nachzugehen und zu versuchen, wenigstens einige Exem-
plare lebend zu erbeuten. In der Arbeit fast eines Jahres gelang
es, unter unsäglichen Strapazen im dichtesten Urwald Liberias in
Fallgruben, von denen nach und nach mehr als zweihundert an-
gelegt wurden, fünf Tiere lebend zu fangen. Ferner brachte
Schomburgk Balg und Schädel eines erlegten Weibchens von
70 cm Schulterhöhe heim. Dieses wertvolle Stück wurde für uns
von einem Freund des Museums erworben, und da es genau nach
den lebenden Exemplaren des Stellinger Tierparks präpariert wer-
den konnte, so ist das Senckenbergische Museum um ein Schau-
stück bereichert worden, das in Erhaltung und Präparation alles
übertrifft, was an Tieren dieser Art bisher vorhanden war.
Außer seiner geringen Größe — erwachsene Bullen erreichen
eine Länge von höchstens 180 cm bei 75 cm Schulterhöhe —
unterscheidet sich das Zwergflußpferd in seinem Habitus und in
seinen Lebensgewohnheiten wesentlich vom Nilpferd. Es ist nicht
wie dieses ein eigentliches Wassertier. Selbst wenn wir nicht
durch Schomburgk über seine Lebensweise zuverlässig unter-
richtet wären, lehrte dies schon ein Vergleich seines Kopfes mit
dem des Hippopotamus. Während beim Nilpferd sofort die hoch-
gewölbten Augen auffallen, sowie die auf hügeligen Wülsten
sitzenden, nach oben sich öffnenden Nasenlöcher und die von
Seite zu Seite und von vorn nach hinten konkave Gestalt des
Vorderschädels, — alles Eigentümlichkeiten, die es dem Hippo-
potamus gestatten, im Wasser nur die Nasenlöcher und die Augen
herausschauen zu lassen, während das ganze übrige Tier im Wasser
verborgen bleibt — finden wir nichts davon bei unserem Fluß-
pferdchen von Liberia. Der Vorderschädel ist hier nach allen Rich-
tungen hin konvex, die Augen stehen an normaler Stelle, und die
schrägen Nasenlöcher liegen weit vorn an dem abhängenden Teil
des Schädels dicht über der Schnauze und öffnen sich nach vorn.
Also ein eigentlicher Wasserbewohner, wie der Hippopotamus,
kann es nicht wohl sein. Allerdings liebt auch das liberianische
Flußpferd das Wasser sehr, wie auch die Beobachtung der leben-
den Tiere in Stellingen zeigte. Daß es aber in erster Linie ein
Land-, und zwar ein Waldtier ist, das beweisen auch die verhältnis-
mäßig schlanke Gestalt, die Höhe der Beine und der schlanke,
wenig spreizfähige Fuß, der recht zum Wandern und nicht zum
Schwimmen eingerichtet ist. In der Tat findet es sich auch ziem-
lich weit von den Flußläufen entfernt.
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Seine Haut ist zart und glatt und hat nicht die starken Falten
und Erhebungen wie die des Hippopotamus; nur am Hals, am
Nacken und hinter den Vorderbeinen treten bei gewissen Be-
wegungen größere Falten auf. Die Farbe ist dunkel schiefriggrau,
ins Grünliche spielend, und geht an der Unterseite des Halses,
an den Wangen und der Innenfläche der Glieder in schmutzige
Fleischfarben über.
Sein Haarkleid ist nicht ganz so spärlich wie das des Hippo-
potamus. Reichliche Borsten um die Schnauze, kurze Haare an
den Rändern und der Innenseite der Ohren und schließlich eine
ansehnliche Schwanzquaste zeichnen es aus.
Nicht in großen Herden lebt das liberianische Flußpferd,
sondern nur paarweise dm'chstreift es die Wälder als ein scheues,
stets zur Flucht bereites Wild, bei Tage ruhend imd bei Nacht
auf Nahrungssuche gehend, so weite, immer wechselnde Gegen-
den durchstreifend. Von Charakter ist es offenbar sehr sanft-
mütig, denn auch die frisch gefangenen Tiere Schomburgks
zeigten nichts von Wildheit und Angriffslust. Da es außerdem
auch noch einen schmackliaften Braten liefert, so liegt leider
die Befürchtung vor, daß dieser harmlose Bewohner der liberiani-
schen Urwälder und Flußniederungen bald von den einheimischen
Jägern ausgerottet sein wird. E. Marx.
Die Dronte.
Mit 2 Abbildungen,
Selten hat das Zusammentreffen mit dem Menschen einer
Tierart so rasch den Untergang gebracht wie der Dronte (Didus
ineptus h.), einem flugunfähigen, zu den Tauben gehörenden Vogel
von Mauritius, dessen Skelett neuerdings in den Besitz unseres
Museums gelangt und in dessen Schausammlung ausgestellt ist.
Noch lange nach ihrer Entdeckung durch die Portugiesen
im Jahre 1505 war die Insel unbewohnt, und die Dronte fühi'te
ein ruhiges Leben. Nahrung war reichlich vorhanden und leicht
zu erlangen ; Tiere, die ihr nachgestellt hätten, gab es nicht. Als
jedoch der Mensch auf der Insel erschien und die Dronte ver-
folgte, wurde dem plumpen Vogel seine Hilflosigkeit bald ver-
derblich, und in kurzer Zeit war er ausgerottet.
Die erste Nachricht über die Dronte finden wir in einem
Bericht über die Reise des holländischen Admirals van Neck
— 6 —
nach den Molukken im Jahre 1598. Ein Teil seines Geschwaders
wurde durch einen Sturm nach Mauritius verschlagen, und die
nach frischem Fleisch verlangende Mannschaft erlegte die Dronte,
die gar nicht scheu war, in Menge und plünderte die Nester. Ihr
Fleisch war freilich zäh und schwer genießbar, und van Neck
nennt sie deswegen „Walghvogel" (Walgh bedeutet im Hollän-
dischen „Ekel"). Er gibt eine eingehende Beschreibung des gro-
tesken Vogels nebst einer kleinen Abbildung, die aber offenbar
phantastisch ist. Auch spätere, die Insel besuchende Seefahrer
berichten, daß sie viele Dronten erbeuteten und als Proviant mit-
nahmen. Die Holländer gründeten im Jahre 1644 auf der Insel
eine Kolonie und brachten Hunde, Katzen und Schweine mit ; die
Tiere verwilderten und vernichteten viele Junge und Eier der
Dronte. Rasch ging es mit dieser zu Ende ; die letzte Kunde von
ihr finden wir 1679 in Aufzeichnungen des Steuermanns Harry,
der sie noch lebend sah; aber schon Legu at, der 1693 auf der
Insel verweilte und deren Tierarten aufzählt, erwähnt sie nicht
mehr. Als die Franzosen 1712 Besitz von der Insel ergriffen,
wußte man dort nichts mehr von dem merkwürdigen Vogel.
Die Dronte ist sicher zweimal lebend nach Europa gelangt.
Im Jahre 1626 wurde ein Exemplar durch holländische Schiffer
nach Amsterdam gebracht. Clusius sah in Leyden einen Fuß, der
wahrscheinlich zu diesem Tier gehörte ; über sein Verbleiben ist
nichts bekannt. Im Jahre 1638 sah der holländische Maler Harn on
l'Estrange eine lebende Dronte in einer Schaustellung zu London.
Von diesem Exemplar soll der Balg herrühren, der später in das
Ashmolean Museum zu Oxford kam, aber 1755 wegen eingetre-
tenen Mottenfraßes verbrannt wurde. Zum Glück schrieb das
Reglement des Museums vor, daß von jedem ausgemusterten Vogel
der Kopf und ein Fuß aufzuheben seien ; dadurch sind diese wert-
vollen Teile bis heute erhalten.*)
Über die Lebensweise der Dronte wissen wir wenig. Sie war
wohl Pflanzenfresser, und ihr starker Schnabel hat sie gewiß be-
fähigt, harte Nahrung, wie die reichlich vorhandenen Palmfrüchte
zu verzehi'en. Daß die Flügel der Dronte verkümmerten und ge-
brauchsunfähig wurden, war wohl eine Folge ihrer trägen Lebens-
art. Ihr Nest soll sie aus Blättern hergestellt und nur ein Ei
in der Größe wie das des gemeinen Pelikans gelegt haben. Im
^) Gipsabgüsse von Kopf und Fuß der Dronte sind bei unserem Skelett
in der Schausammlung ausgestellt.
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Magen der erlegten Dronten wurden nach alten Angaben meist
faustgroße Steine gefunden.
Besser sind wir über die äußere Erscheinung des Vogels
durch Beschreibungen und durch eine Reihe von teilweise sehi'
guten bildlichen Darstellungen unterrichtet.^) Die besten Bilder
von ihm sind die des holländischen Tiermalers Roelandt Savery;
sie stammen, soweit sie eine Jahreszahl tragen, aus den Jahren
1626 und 1628 und sollen nach dem Leben gemalt sein. Sie zeigen
die Dronte teils als Einzelfigur, teils mit anderen Tieren vereinigt,
mehrmals als Darstellung von „Orpheus, die wilden Tiere zäh-
mend". Eins der schönsten Bilder von Savery, das Frau Konsul
R 0 1 f e s für unser Museum naturgetreu kopiert hat, befindet sich
in der Kgl. Gemäldegalerie zu Berlin.
Das Gefieder ist auf diesen Bildern schwärzlich dargestellt,
die Unterseite hellbraun, die Flügel und Schwanzfedern sind gelb-
lich. Das Auge ist klein mit weißgelber Iris, die Hornscheide des
Schnabels gelblich, die Füße sind ebenfalls gelb. Das Federkleid war
locker und bestand nur aus Flaumfedern; aus den Abbildungen
geht dies jedoch nicht deutlich hervor. Am Hinterkopf bildete es
eine Kapuze ; die vordere Hälfte des Kopfes war nackt „mit einem
weißen Schimmer, als wenn ein durchsichtiger Schleier ihn be-
deckte". Die Schwungfedern waren kurz, die des Schwanzes
gekräuselt und hoch aufgerichtet; die Befiederung der Beine ging
bis über die Fersen, die vierzehigen Füße trugen starke Krallen.
Der Knochenbau der Dronte, die selten weniger als 50 Pfd.
wog, war sehr la-äftig. Der starke Schnabel war hakig gebogen,
die Schädelkapsel deutet auf ein ganz kleines Gehirn. Das Becken
war breit, der Schultergürte], der Flugunfähigkeit entsprechend
verkümmert.
Weder Bälge noch Eier der Dronte sind erhalten ; lange Zeit
kannte man von Überresten außer dem erwähnten Kopf und Fuß
im Ashmolean Museum und einem Fuß im Britischen Museum nur
0 F. C. Noll hat in dem Jahresfest -Vortrag vom 27. Mai 1888 „Die
Veränderungen in der Vogelwelt im Laufe der Zeit" (Bericht über die Sencken-
berg. Naturf. Ges., Frankfurt a. M. 1889 1. Teil S. 77-143) auch die Dronte ein-
gehend besprochen, sämtliche bekanntgewordenen Bilder des ausgestorbenen
Vogels aufgeführt und drei der charakteristischsten von ihnen auf S. 115 und
116 seiner Arbeit abgebildet. Zwei dieser Gemälde stammen von Savery
(im Britischen Museum zu London und in der Schön born sehen Galerie
zu Pommersfelden in Oberfranken), das dritte von Jean Goiemare und
de Heem (im Besitz des Herzogs von Northumberland).
— 9 —
vereinzelte Skeletteile. Im Jahre 1865 jedoch gelang es infolge
von Nachforschungen, die auf Veranlassung Owens durch den
Schullehrer George Clark auf Mauritius betrieben wurden, in
einem Sumpf zahlreiche Knochen der Dronte zu finden, aus denen
sich je ein Skelett für die Sammlungen von London und Paris
herstellen ließ. Weitere Funde folgten, aber nie wurde ein Skelett
Unser Dronte-Skelett.
im Zusammenhang gefunden; auch gelang es trotz eifrigen Suchens
nicht, an anderen Stellen Reste zu entdecken. Noch heute sind
Skelette der Dronte nur in ganz wenigen großen Sammlungen
vertreten. An dem in unseren Besitz gelangten Skelett sind ein-
zelne Teile durch Abguß vorhandener echter Knochen ergänzt.
Über die Verwandtschaft der Dronte war man lange im un-
klaren. Linne stellte sie wegen des lockeren Gefieders und der
— 10 —
verkümmerten Flügel zu den Straußen, andere Zoologen zu den
Pinguinen oder den Raubvögeln. Erst Reinhardt, der um 1845
einen Schädel der Dronte im Museum von Kopenhagen fand, hielt
sie für den Tauben nahestehend. Dieselbe Ansicht vertraten auch
Strickland und Melville, die in ihrer gemeinschaftlichen Arbeit
„The Dodo and its Kindred" die Verwandtschaft der Dronte mit
den Tauben eingehend begründeten. Auch die Arbeiten von
Owen, sowie die von Milne Edwards über die 1865 gefun-
denen Reste führten, trotz der von den Tauben stark abweichen-
den Bildung mancher Teile, zu dem gleichen Ergebnis.
Die zur Unterordnung der Tauben gehörende Familie der
Dronten, zu der die Dronte jetzt gestellt wird, umfaßt noch zwei
weitere flugunfähige Vögel, welche die Mam'itius benachbarten
Inseln Reunion und Rodriguez bewohnten und in der zweiten
Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts ausgestorben sind. Die Dronte
von Reunion (Didus borbonicus Bonap.) war der von Mauritius
fast gleich, nur soll ihr Gefieder weiß gewesen sein. Die andere
Art, der Solitär von Rodriguez (Pezophajjs solitarius GmeL), war
schlanker gebaut, mit kleinerem Kopf und Schnabel.
Von lebenden Taubenarten steht die samoanische Zahntaube
(Didunciilus strigh^ostris Jardine) der Dronte einigermaßen nahe ;
eine gewisse Übereinstimmung zeigt die Schnabelform beider
Vögel.
Die Bedeutung des Namens „Dronte" ist unbekannt; ein
anderer Name des Vogels „Dodo" soll aus dem Portugiesischen
kommen und soviel wie einfältig heißen. E. Creizenach.
Der Triceratops.
Mit 2 Abbildungen.
Der abgebildete Schädel von Triceratops prorsiis Marsh
verdient schon als der erste auf dem europäischen Festlande eine
ausführliche Besprechung. Der Gesichtsteil des mächtigen Stückes
ist nach einem zweiten, noch unpräparierten Schädel modelliert, bei
dem gerade diejenigen Teile gut erhalten sind, die bei dem er-
sten Exemplare fehlen. Nach der Präparation des zweiten Fund-
stückes, die wegen dringender Arbeiten vorerst noch zurück-
gestellt werden muß, werden beide Schädel zusammen für den
Beschauer ein charakteristisches Bild dieses merkwürdigsten aller
Dinosaurier abgeben.
Der Schädel zeigt auf den ersten Blick eine ganze Reihe
ID
— 13 —
bemerkenswerter Eigentümlichkeiten. Ein eigenartiger, stark ge-
krümmter Schnabel, der im Leben wohl von einer Hornscheide
umgeben war, xmd ein kurzes, gedrungenes Horn auf der Nase
verleihen dem Gesichtsteil ein seltsames Aussehen. Dazu kommen
zwei mächtige, nach vorn geneigte Hörner auf der Stirn. Vor
allem aber bilden die Hinterhauptknochen ein gewaltiges Knochen-
schild, das bei etwa 1^2 m Breite und 1 m Länge den ganzen
Nacken und Hals des Tieres schützend überdacht und am Rande
mit einer Reihe von Zacken geziert ist. Der ganze Schädel bildete
einen einzigen unüberwindlichen Schutzpanzer, so daß der An-
griff eines Raubdinosauriers auf Triceratops nur dann Erfolg ver-
heißen konnte, wenn er überraschend und von der Seite kam.
Von vorn war das gewaltige Tier unangreifbar; denn die einzigen
verwundbaren Stellen, die Augen, sind an ihrem Vorderrand durch
eine starke Knochenleiste geschützt.
Bei unserem Stück sind gerade die Ober- und Unterseite
des Nackenschildes hervorragend gut erhalten. Tiefe Blutgefäß-
eindrücke, die aus breiten Schläfendurchbrüchen entspringen, be-
decken dieses Knochenschild und beweisen, daß es im Leben mit
Haut überkleidet war. Das Gebiß bestand aus sehr zahlreichen,
übereinanderstehenden und sich schnell ersetzenden dreikantigen
Zähnen, die uns erlauben, Triceratops zu den Pflanzenfressern zu
zählen. Das Gehirn des mächtigen Tieres war auffallend klein,
ja im Verhältnis zur Größe des Schädels kleiner als bei irgend-
einem anderen Wirbeltier. Geruch und Gesicht scheinen gut ent-
wickelt gewesen zu sein, während Gehörorgane fast ganz fehlten.
Triceratops lebte in der jüngeren Kreidezeit in den aus-
gedehnten Sumpfgegenden des westlichen Nordamerika. Die
meisten Funde stammen aus den Sandsteinen dieser Epoche in
Montana und Wyoming, die stellenweise durch ein kalkiges Binde-
mittel ungemein hart geworden sind. So stellte das Heraus-
meißeln des abgebildeten Schädels sehr große Anforderungen an
die Geduld des Präparators, lieferte aber auch ein prachtvolles,
der Sammlung zur hohen Zierde gereichendes Objekt. Das
Senckenbergische Museum verdankt diesen und den ergänzen-
den, noch unpräparierten Triceratops-'^Qhdi&el Herrn Geh. Kom-
merzienrat 0. Braunfels, der beide dem Museum seiner Vater-
stadt in großherziger Weise zum Geschenk gemacht hat.
F. Drevermann.
— 14
Protektorin: Ihre Majestät die Kaiserin.
Verteilung der Ämter im Jahre 1913.
Direktion :
Dr. A. V. ^^'einberg, I. Direktor 1 W. Melber, Kassier
Prof. Dr. E. Marx, II. Direktor j Gen.-Konsul Stadtrat a. D. A. v. Metz-
Dipl.-Ing. P. Prior, I. Schriftführer 1 1er, Kassier
Dr. A. L<»tichiiis, II. Schriftführer | Dr. jur. H. Günther. Konsulent
Verwaltung :
Die Verwaltung besteht satzungsgemäß aus den arbeitenden Mitgliedern,
deren Namen im Mitgliederverzeichnis mit * versehen sind.
Sektionäre :
,,,.,,.,. j ni 1 i.i. I Prof. Dr. H. Reichenbach
Vergleichende Anatomie und Skelette ... „ ., ,,, ,, .
° • ( Frau M. Sondheim
Prof. Dr. W. Kobelt
^^"^"*^"^" lDr.A.Lotichius
Vögel Kom.-Rat R. de Neufville
Reptilien Dr. K. Prieme!
Amphibien Prof. Dr. A. Knoblauch
Fische A. H. Wendt
Wirbellose Tiere mit Ausschluß der Arthropoden
und Mollusken Prof. Dr. H. Reichenbach
T 1 i. T- 1 i. / j A 11 ■ \ f Prof. Dr. L. v. Heyden
Insekten: Koleopteren (und Allgemeines) • • • { * w •.
Hymenopteren A. AVeis
Lepidopteren E. Müller
Dipteren Prof. Dr. P. Sack
Hemipteren Dr. J. Guide
Krustazeen Prof. Dr. F. Richteivs
Mollusken Prof. Dr. W. Kobelt
Botanik jProf.Dr.M.Möbin.s
\ M. Dürer
Paläontologie { P^^^' ^''- ^- Kinkelin
I Dr. R. Richter
Geologie ( P"«^' °^- ^- Kinkelin
[ Dr. E. Naumann
Mineralogie Prof. Dr. AV. Schauf
— 15 —
Lehrkörper :
„ , . I Prof. Dr. H, Reichenbach
^"^^^^S^" 1 Prof. Dr. O. zur Strassen
Botanik Prof. Dr. M. Möbius
Prof. Dr. F. Kinkeliu
Paläontologie und Geolosrie it^^^.
1 Dr. F. Drevermann
Mineralogie Prof. Dr. W. Schaut"
Redaktion der Abliaiidlungeii :
AV. Melber, Vorsitzender 1 Prof. Dr. F. Sack
Prof. Dr. L. v. Heyden | Prof. Dr. W. Schauf
Prof. Dr. M. Möbiu.s
Prof. Dr. H. Reichenbach
Prof. Dr. O. zur Strassen
Redaktion des Berichts:
Prof. Dr. A. Knoblauch, Vorsitzender I Prof. Dr. E. 3Iarx
Dipl.-Ing. P. Prior | Prof. Dr. P. Sack
Mnseum :
Direktor Prof. Dr. (>. zur Strassen
Kustos für Paläontologie und Geologie .... Dr. F. Drevermann
( Dr. F. Haas
Assistenten für Zoologie I Dr. Ph. Lehrs
I Dr. L. Nick
[ August Koch
Präparatoren | (xeorg Ruprecht
I Christian Strunz
Techniker Rudolf Moll
Bureau- Vorsteherin Frl. Maria Pixis
Hausmeister Berthold Diegel
Senckenbergische Bibliothek :
Viktoria-Allee 9.
Die Bibliothek der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ist
mit den Bibliotheken der Dr. Senckenbergischen Stiftung, des Physikalischen
Vereins, des Vereins für Geographie und Statistik und des Ärztlichen Vereins
zur „Senckenbergischen Bibliothek" vereinigt.
Bibliothekar Dr. G. AVahl
— 16
Verzeichnis der Mitglieder.
I. Ewige Mitglieder.
An Stelle der Errichtung eines Jahresbeitrages haben manche
Mitglieder vorgezogen, der Gesellschaft ein Kapital zu schenken,
dessen Zinsen dem Jahresbeitrag mindestens gleich-
kommen, mit der Bestimmung, daß dieses Kapital verzinslich
angelegt werden müsse und nur die Zinsen für die Zwecke der
Gesellschaft zur Verwendung kommen dürfen.
Solche Mitglieder entrichten demnach auch über den Tod
hinaus einen Jahresbeitrag und werden nach einem alten Sprach-
gebrauch als „Ewige Mitglieder" der Gesellschaft bezeichnet.
Vielfach wird diese altehrwürdige Einrichtung, die der Ge-
sellschaft einen dauernden Mitgliederstamm sichert und
daher für sie von hohem Werte ist, von den Angehörigen ver-
storbener Mitglieder benützt, um das Andenken an ihre Toten
bleibend in dem Senckenbergischen Museum wach zu hal-
ten, zumal die Namen sämtlicher „ewigen Mitglieder" nicht nur
den jedesmaligen Jahresbericht zieren, sondern auch auf Mar-
mortafeln in dem Treppenhause des Museums mit goldenen
Buchstaben eingegraben sind.
Simon Moritz v. Bethmann 1827
Georg Heinr. Schwendel 1828
Job. Friedr. Ant. Helm 1829
Georg Ludwig Gontard 1830
Frau Susanna Elisabeth Bethmann-
Holweg 1831
Heinrich Mylius sen. 1844
Georg Melchior Mylius 1844
Baron Amschel Mayer v. Rothschild
1845
Joh. Georg Schmidborn 1845
Johann Daniel Souchay 1845
Alexander v. Bethmann 1846
Heinrich v. Bethmann 1846
Dr. jur. Rat Fr. Schlosser 1847
Stephan v. Guaita 1847
H. L. Döbel in Batavia 1847
G. H. Hauck-Steeg 1848
Dr. J. J. K. Buch 1851
G. V. St. George 1853
J. A. Grunelius 1853
P. F. Chr. Kroger 1854
Alexander Gontard 1854
M. Frhr. v. Bethmann 1854
Dr. Eduard Rüppell 1857
Dr. Tb. A. Jak. Em. Müller 1858
Julius Nestle 1860
Eduard Finger 1860
Dr. jur. Eduard Souchay 1862
J. N. Gräffendeicb 1864
E. F. K. Büttner 1865
K. F. Krepp 1866
Jonas Mylius 1866
Konstantin Fellner 1867
Dr. Hermann v. Meyer 1869
W. D. Soemmerring 1871
J. G. H. Petsch 1871
Bernhard Dondorf 1872
Anmerkung: Nach dem Mitgliederbestand vom 1. Januar 1913. Die
arbeitenden Mitglieder sind mit * bezeichnet.
17
Friedrich Karl Rücker 1874
Dr. Friedrich Hessenberg 1875
Ferdinand Laiirin 1876
Jakob Bernhard RikofF 1878
Job. Heinr. Roth 1878
J. Ph. Nikol. 3Ianskopf 1878
Jean Noe du Fay 1878
Gg. Friedr. Metzler 1878
Frau Louise AVilhelmine Emilie Gräfin
Böse, geb. Gräfin von Reichen-
bach-Lessonitz 1880
Karl August Graf Böse 1880
Gust. Ad. de Neufville 1881
Adolf Metzler 1883
Job. Friedr. Koch 1883
Job. Wilh. Roose 1884
Adolf Soemmerring 1886
Jacques Reiss 1887
Dr. Albert von Reinach 1889
Wilhelm 3Ietzler 1890
*Albert von Metzler 1891
L. S. Moritz Frhr. v. Bethmann 1891
Viktor Moessinger 1891
Dr. Ph. Jak. Cretzschmar 1891
Theodor Erckel 1891
Georg Albert Keyl 1891
Michael Hey 1892
Dr. Otto Ponfick 1892
Prof. Dr. Gg. H. v. Meyer 1892
Fritz Neuniüller 1893
Th. K. Soemmerring 1894
Dr. med. P. H. Pfefferkorn 1896
Baron L. A. v. Löwenstein 1896
Louis Bernus 1896
Frau Ad. v. Brüning 1896
Friedr. Jaennicke 1896
Dr. phil. W. Jaennicke 1896
P. A. Kesselmeyer 1897
Chr. G. Ludw. Vogt 1897
Anton L. A. Hahn 1897
Moritz L. A. Hahn 1897
Julius Lejeune 1897
Frl. Elisabeth Schultz 1898
Karl Ebenau 1898
Max von Guaita 1899
Walther vom Rath 1899
Prof. D. Dr. Moritz Schmidt 1899
Kai'l von Grunelius 1900
Dr. jur. Friedrich Hoerle 1900
Alfred von Neufville 1900
Wilh. K. Frhr. v. Rothschild 1901
Marcus M. Goldschraidt 1902
Paul Siegm. Hertzog 1902
Prof. Dr. Julius Ziegler 1902
Moritz von Metzler 1903
Georg Spej'er 1903
Arthur von Gwinner 1903
Isaak Blum 1903
Eugen Grumbach-Mallebrein 1903
♦Robert de Neufville 1903
Dr. phil. Eugen Lucius 1904
Carlo Frhr. v. Erlanger 1904
Oskar Dyckerhoff 1904
Rudolf Sulzbach 1904
Johann Karl Majer 1904
Prof. Dr. Eugen Askenasy 1904
D, F. Heyneniann 1904
Frau Amalie Kobelt 1904
*Prof. Dr. AVilhelm Kobelt 1904
P. Hermann v. Mumm 1904
Philipp Holzmann 1904
Prof. Dr. Achill Andreae 1905
Frau Luise Volkert 1905
Karl Hoff 1905
Sir Julius Wernher Bart. 1905
Sir Edgar Speyer Bart. 1905
J. A. Weiller 1905
Karl Schaub 1905
W. de Neufville 1905
Arthur Sondheimer 1905
Dr. med. E. Kirberger 1906
Dr. jur. AV. Schöller 1906
Bened. M. Goklschmidt 1906
A. Wittekind 1906
Alexander Hauck 1906
Dr. med. J. Guttenplan 1906
Gustav Stellwag 1907
Christian Knauer 1907
Jean Job. Val. Andreae 1907
Hans Bode 1907
Karl von Metzler 1907
3Ioritz Ad. EUissen 1907
Adolf von Grunelius 1907
Conrad Binding 1908
Line. M. Oppenheimer 1908
W. Seefried 1908
18 —
Ch. L. Hallgarten 1908
Gustav Schiller 1908
Frau Rosette 3Ierton 1908
Karl E. Klotz 1908
Julius von Arand 1908
Georg Frhr. von Holzhausen 1908
Dr. med. J. H. Bockenheiraer 1908
J. Creizenaeh 1908
*A. H. Wendt 1908
Paul Reiss 1909
Hermann Kahn 1909
Henry Seligman 1909
Wilhelm Jacob Rohmer 1909
Deutsche Gold- und Silber -Scheide-
Anstalt 1909
Heinrich Lotichius 1909
Frau Marie Meister 1909
Dr. med. Heinrich HoflFmann 1909
Dr. med. Kaid Kaufmann 1909
Fritz Hauck 1909
Eduard Gehler 1909
Frau Sara Bender 1909
August Bender 1909
Eugene Hoerle 1909
Theodor Alexander 1909
Leopold Sonnemann 1909
Moritz Ferd. Hauck 1909
Frau Elise Andreae-Lemme 1910
Frau Franziska Speyer 1910
Adolf Keller 1910 ^
Paul Bamberg 1910
Wilhelm B. Bonn 1910
Dr. med. Philipp von Fabricius 1911
Jakob Langeloth 1911
Frau Anna Canne 1911
*Prof. Dr. Karl Herxheimer 1911
Richard Nestle 1911
Wilhelm Nestle 1911
Dr. phil. Philiijp Fresenius 1911
Dr. jur. Salomon Fuld 1911
Dr. phil. Ludwig Belli 1911
Frau Anna Weise, geb. Belli 1911
Frau Caroline Pfeiffer-Belli 1911
Dr. med. Ernst Blumenthal 1912
Frau Anna Koch, gb.v. St. George 1912
Carl Bittelmann 1912
Eduard Jungmann 1912
Friedrich Ludwig von Gans 1912
*Prof. Dr. Ludwig Edinger 1912
Alexander Askenasy 1912
Hermann AVolf 1912
Wilhelm Holz 1912
IT. Beitragende Mitglieder.
Abel, August, Dipl.-Ing. 1912
Abraham, Sigmund, Dr. med. 1904
Abt, Jean 1908
Adam, W., Zollinspektor 1909
Adelsberger, Paul S. 1908
Adler, Abraham 1912
Adler, Arthur, Dr. jur. 1905
Adler, Franz, Dr. phil. 1904
Albert, August 1905
Albert, K., Dr. phil., Amöneburg 1909
Albrecht, Julius, Dr. 1904
Alexander, Franz, Dr. med. 1904
Almeroth, Hans, stud. rer. nat. 1905
Alt, Friedrich 1894
*Alten, Heinrich 1891
Alten, Frau Luise 1912
Altheimer, Max 1910
♦Alzheimer, A., Prof. Dr., Breslau 1896
Ambrosius, Karl 1912
Amschel, Frl. Emy 1905
Anders, Johannes 1912
Andre, C. A. 1904
Andreae, Albert 1891
Andreae, Alfred 1912
Andreae, Frau Alharda 1905
Andreae, Arthur 1882
Andreae, Carlo, Dr. jur. 1910
Andreae, Heinrich 1912
Andreae, Heinrich Ludwig 1904
*Andreae, Hermann 1873
Andreae, J. M. 1891
Andreae, Konrad 1906
Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen der Wohnung
oder des Titels u. dgl. dem Bureau der Senckenbergischen Naturforschenden
Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen.
— 19
Andreae, Frau Marianne 1910
Andreae, Richard 1891
Andreae jr., Richard 1908
Andreae, Rudolf, Kom.-Rat 1878
Andreae, Rudolf 1910
Andreae, Viktor 1899
*Andreae-v. Grunelius, Alhard 1899
Andreae-Hahn, Karl 1911
Andreas, Gottfried 1908
Antz, Georg, Zahnarzt 1908
Antz, Stephan 1910
Apfel, Eduard 1908
Apolant, Hugo, Prof. Dr. med. 1903
Armbrüster, Gebr. 1905
Askenasy, Robert, Dr. jur. 1910
Auerbach, E., Justizrat Dr. 1911
Auerbach, L., San.-Rat Dr. 1886
Auerbach, M., Amtsger.-Rat Dr. 1905
♦Auerbach, S., Dr. med. 1895
Aurnhammer, Julius 1903
Autenrieth, Karl F. 1912
Avellis, Georg, San.-Rat Dr. 1904
Bacher, Karl 1904
Baer, Jos. Moritz, Stadtrat 1873
Baer, Karl 1910
Baer, Max, Generalkonsul 1897
Baer, M. H., Justizrat Dr. 1891
Baer, Simon Leop. 1860
Baer, Theodor, Dr. med. 1902
Baerwald, A., Dr. med. 1901
Baerwald, E., Dr. jur. 1910
Baerwald, Frau Emma 1912
Baerwind, Franz, San.-Rat Dr. 1901
Bamberger, Karl 1912
Bangel, Rudolf 1904
Bäppler, Otto, Architekt 1911
v.Bardeleben, Fr., Gen.-Major z.D. 1900
♦Bardorff, Karl, San.-Rat Dr. 1864
Barndt, Wilhelm 1902
Barthel, Karl G. 1912
Bartheis, K.L.,Prof.Dr.,Aschaffbg. 1912
Bartsch, W., Buchschlag 1912
de Bary, August, Dr. med. 1903
de Bary, J., Geh. San.-Rat Dr. 1866
de Bary, Karl Friedrich 1891
de Bary-Jeanrenaud, S. H. 1891
de Bary-Osterrieth, Joh. Heinr. 1909
de Bary-Sabarly, Karl 1910
*Bastier, Friedrich 1892
Bauer, Max 1906
Bauer, Moritz, Dr. phil. et med. 1910
Bauer, Rudolf 1911
Bauer- Weber,Friedrich,Ober-Ing.l907
Baumstark, R., Dr. med., Bad Homburg
V. d. H. 1907
Baumstark, Frau Dr., Bad Homburg
V. d. H. 1911
Baunach, Robert 1900
Baur, Karl, Dr. med. 1904
Bechhold, J. H., Prof. Dr. phil. 1885
Beck, H., Dr., Offenbach 1910
Beck, Karl, Dr. med. 1905
Becker, F. Ph., Dr. med. 1905
Becker, H., Prof. Dr. phil. 1903
V. Beckerath, R., Rittmeister a. D. 1912
Beer, Frau Berta 1908
Behm, Franz, Oberst 1910
Behrends, Robert, Ingenieur 1896
Behrends-Schmidt, K., Gen.-Kons. 1896
Behringer, Gustav 1905
*Beit-v. Speyer, Ed., Kom.-Rat, Gen.-
Kons.' 1897
Benario, Jacques, Dr. med. 1897
Bender, Georg, Inspektor 1909
Benkard, Georg, Dr. jur. 1912
Berend, Frau Paula, Dr. 1905
Berg, Alexander, Dr. jur. 1900
♦Berg, Fritz, Justizrat Dr. 1897
Berg, Heinrich 1910
Bergmann, Elias 1912
Berlizheimer, Sigmund, Dr. med. 1904
Berndt, Louis, Dr., Griesheim 1910
V. Bernus, Louis 1909
Berthold, Frl. Berta 1903
Bertuch, August, Prof. 1910
Bessunger, Karl 1909
Besthorn, Otto 1908
V. Bethmann, Frhr. S. Moritz 1905
Beyfuß, Leo 1907
Bibliothek, Kgl., Berlin 1882
Biedermann, Geh. Rat Prof., Jena 1912
Bierbaum, Kurt, Dr. 1911
Binder, Oberstabsarzt Dr.,Darmst. 1912
Binding, Karl 1897
Binding, Theodor 1908
Bing, Albert 1905
20
Birnbaum, A., Bergrat 1912
Bischheim, Bernhard 1907
Bittel-Böhm, Theodor 1905
Blanke, Arnold 1912
Blankenburg, Max 1911
Bleibtreu, Ludwig 1907
Bleicher, H., Stadtrat Prof. Dr. 1903
Blothner, Frl. Elsa 1911
*Blum, Ferd., Prof. Dr. med. 1893
Blum, Frau Lea 1903
Blumental, R. H. 1910
Blumenthal, Adolf 1883
Blumenthal, E. H., Gen.-Direktor 1910
Blümlein, Viktor B. 1909
Bode, H., Gerichtsassessor Dr. 1908
Bode, Paul, Dr. phil., Direktor der
Klinger-Oberrealschule 1895
Bodewig, Heinrich, Dr. jur. 1911
Boehnke, Karl E., Stabsarzt, Dr. 1911
Boettiger, E., Dr., Offenbach 1910
Böhm, Henry, Dr. med. 1904
Böhme, John 1904
Boller, Wilhelm, Prof. Dr. phil. 1903
Bolognese-Molnar, Frau B. 1910
Bonn, Sally 1891
Bopp, Frau W. 1912
Borchardt, Heinrich 1904
Borgnis, Alfred Franz 1891
Borgnis, Karl 1900
Born, Erhard, Dr. jur. 1912
Brach, Frau Natalie 1907
Brandt, F., Hofrat Dr. 1910
Brasching, P. 1912
Braun, Franz, Dr. phil. 1904
Braun, Leonhard, Dr. phil. 1904
Braunfels, 0., Geh. Kom.-Rat 1877
Brechenmacher, Franz 1906
Breitenstein, W., Ing., Algier 1908
Brendel, Wilhelm 1906
Brentano-Brentano, Josef 1906
Briel, Heinrich 1906
Brodnitz, Siegfried, Dr. med. 1897
Brönner, Frau Pauline 1909
Brück, Richard, Justizrat 1906
Brückmann, Karl 1903
V. Brüning, G., Geh. Reg.-Rat Dr. 1903
Bucher, Franz 1906
Bücheier, Anton, Dr. med. 1897
Buchka, Ernst 1911
Budge, Frau Rosalie 1912
Budge, S., Dr. jur. 1905
Buhlert, Fritz, Ingenieur 1910
BuUnheimer, Fritz, Dr. phil. 1904
Burchard, K., Bergassessor, Goslar 1908
Burchard, Kurt, Prof. Dr. jur. 1904
Burgheim, Gustav, Justizrat Dr. 1905
Bürgin, James, Dr. phil. 1912
Burmeister, F., Dr., Offenbach 1912
V. Büsing-Orville, Frhr. Adolf 1903
Büttel, Wilhelm 1878
Caan, Albert, Dr. med. 1912
Cahen-Brach, E., San.-Rat Dr. 1897
Cahn, Albert 1905
Cahn, Heinrich 1878
Cahn, Paul 1903
Cahn, S., Konsul 1908
Canne, Ernst, Dr. med. 1897
Cante, Cornelius 1906
*Carl, August, San.-Rat Dr. 1880
Cassel, S. 1905
Cassian, Heinrich 1908
Cayard, Carl 1907
Cayard, Frau Louise 1909
Challand, Frl. M. 1910
Christ, Fritz 1905
Claus, Gottlob 1912
Cnyrim, Adolf, Dr. jur. 1909
Cnyrim, Ernst 1904
Cochlovius, F., Dipl.-Ing. 1912
Cohen, Frau Ida 1911
Cooper, Will. M., Dr. 1912
*Creizenach, Ernst 1906
Cullmann, R., Landger.-Rat a. D. 1905
Cuno, Fritz, Dr. med. 1910
Cunze, D., Dr. phil. 1891
Curti, Theodor, Direktor 1905
Curtis, F., Prof. Dr. phil., Homburg
V. d. H. 1903
Dahlem, H. V., Aschaffenburg 1911
Dambitsch, Arthur 1907
Daube, Adolf 1910
Daube, G. L. 1891
Daube, Kurt, Geh. San.-Rat Dr. 1906
Deckert, Emil, Prof. Dr. phil. 1907
Deguisne, K., Prof. Dr. phil. 1908
Delkeskamp, Rudolf, Dr. phil. 1904
21
Delliehausen, Theodor 1904
Delosea, R., Dr. med. 1878
Demmer, Theodor, San.-Rat Dr. 1897
Denzer, Heinrich, Vockenhausen 1911
Dettweiler, Frl. Thilli 1911
Deubel, Hans 1911
Deutsch, Adolf, Dr. med. 1904
Diehl, Adolf, Oppenheim 1912
Diener, Max, Konsul 1912
Diener, Richard, Konsul 1905
Diesterweg, Moritz (E. Herbst) 1883
Dieterichs, Fr., Apotheker 1912
Dietze, Karl 1870
Dingler, H., Prof. Dr., Aschaffenbg. 1910
Ditmar, Karl Theodor 1891
Ditter, Karl, Gerrard's Gross 1903
Doctor, Ferdinand 1892
Dondorf, Karl 1878
Dondorf, Otto 1905
Donner, Karl Philipp 1873
Dreher, Albert 1910
Drescher, Otto, Reg.-Rat 1910
Drevermann, Frau Ria 1911
Dreves, Erich, Justizrat Dr. 1903
Dreyfus, Willi 1910
Dreyfuß, Fritz 1910
Dreyfuß, Max 1912
Drory, William L., Dr. phil. 1904
Drory, William W., Direktor 1897
Du Bois, Georg, Dr. phil. 1906
Duden, G., Generaloberarzt Dr. 1912
Duden, P., Prof. Dr. phil.. Höchst 1906
Dumcke, Paul, Gen.-Direktor 1909
Duncan, Frl. E., Darmstadt 1909
*Dürer, Martin 1904
Ebeling, Hugo, Dr. med. 1897
Ebenau, Fr., Dr. med. 1899
Eberstadt, Albert 1906
Eberstadt, Fritz 1910
V. Eckartsberg, Emanuel, Major 1908
Eckert, Frau Marie 1906
Eckhardt, Karl, Bankdirektor 1904
Egan, William 1891
Egger, Edmund, Prof. Dr., Mainz 1911
*Ehrlich, P., Wirkl. Geh. Rat, Prof. Dr.
Exzellenz 1887
Ehrlich, Frl. Rosa 1911
Eichengrün, Ernst 1908
Eiermann, Arnold, Dr. med. 1897
*Ellinger, Leo, Kommerzienrat 1891
Ellinger, Philipp, Dr. phil. 1907
EUinger, R., Dr. jur., Heidelberg 1907
Embden, Gustav, Prof. Dr. med. 1907
Emmerich, Friedrich H. 1907
Emmerich, Heinrich 1911
Emmerich, Otto 1905
Enders, M. Otto 1891
Engelhard, Karl Phil. 1873
Engelhard, Otto, Hofheim i. T. 1908
Epstein, Jak. Herm. 1906
Epstein, Jos., Prof. Dr. phil. 1890
Epstein, Wilhelm, Dr. phil. 1907
Epting, Max, Direktor 1911
Erlanger, Frau Anna 1912
Erlanger, Frau H. 1911
Eschelbach, Jean 1904
Ettlinger, Albert, San.-Rat, Dr. 1904
Euler, Rudolf, Direktor 1904
Eurich, Heinrich, Dr. phil. 1909
Eysen, Anton 1912
Eyssen, Frau Elise 1910
Fade, Louis, Direktor 1906
Fahr, Frl. Aenny, Darmstadt 1912
Feis, Oswald, Dr. med. 1903
Feist, Fr., Prof. Dr. phil., Kiel 1887
Feist, Louis, Kom.-Rat 1906
Fellner, Johann Christian 1905
Fellner, Otto, Dr. jur. 1903
Fenner, Gottfried, Dr. 1912
Fester, August, Bankdirektor 1897
Fester, Hans, Dr. jur. 1910
Finck, August 1912
Finck, Karl 1910
*Fischer, Beruh., Prof. Dr. med. 1908
Fischer, Karl 1902
Fischer, Ludwig 1902
V. Fischer-Treuenfeld, A. 1911
Flaecher, F., Dr. phil. Höchst 1908
Fleck, Georg, Dr. med. 1910
Fleck, Otto, Oberförster 1903
Fleisch, Karl 1891
Flersheim, Albert 1891
Flörsheim, Ernst 1912
Flersheim, Martin 1898
Flersheim, Robert 1872
Flesch, Karl, Stadtrat, Dr. jur. 1907
22
*Flesch, Max, Prof. Dr. med. 1889
Flinsch, Heinrich, Stadtrat 1866
Flinsch, W., Kommerzienrat 1869
Flock, Heinrich 1911
Flörsheim, Gustav 1904
V. Flotow, Frhr. Theodor 1907
Flügel, Josef, Limburg 1907
de la Fontaine, Ernst, Reg.-Rat 1907
Forchheimer, Arthur 1908
Forchheimer, Frau Jenny 1903
Forst, Karl, Dr. phil. 1905
*Franck, Ernst, Direktor 1899
Frank, Franz, Dr. phil. 1906
Frank, Heinrich, Apotheker 1891
Frank, Karl, Dr. med. 1910
Franz, Viktor, Dr. phil. 1910
Fresenius, A., San.-Rat Dr., Jugenheim
1893
Fresenius, Eduard, Dr. phil. 1906
Fresenius, Ferdinand, Dr. phil. 1912
Freudenthal, B., Prof. Dr. jur. 1910
*Freund, Mart., Prof. Dr. phil. 1896
Freyeisen, Willy 1900
*Fridberg, R., San.-Rat Dr. 1873
Friedmann, Heinrich 1910
Fries, Heinrich 1905
Fries, Heinrich, Oberursel 1910
Fries, Sohn, J. S. 1889
Fries, Wilhelm, Dr. phil. 1907
Fries-Dondorf, Frau Anna 1911
V. Frisching, Moritz 1911
Fritsch, Karl, Dr., Zahnarzt 1910
Fritz, Jakob, Hanau 1910
Fritzmann, Ernst, Dr. phil. 1905
Frohmann, Herbert 1905
Fromberg, Leopold 1904
Fromm, Emil, Kreisarzt Dr. 1910
Fuld, Adolf, Dr. jur. 1907
Fulda, Anton 1911
Fulda, Heinrich, Dr. med. 1907
Fulda, Karl Herrn. 1877
Fulda, Paul 1897
Fünfgeld, Ernst 1909
Fünfgelt, Emil 1912
*Gäbler, Bruno, Landger.-Direkt. 1900
Galewski, H., Reg.- Baumeister 1912
Gans, L., Geh. Kom.-Rat Dr. phil. 1891
V. Gans, Ludwig W. 1907
Gaum, Fritz 1905
Geelvink, P., Dr. med. 1908
Geiger, B., Geh. Justizrat Dr. 1878
Geisow, Hans, Dr. phil. 1904
Geist, George, Dr. med. dent. 1905
Geiß, Willi 1912
Gelhaar, Erich, Dr. med. 1910
*Gerlach, Karl, Dr. med. 1869
Gerth, H., Dr. phil., Bonn 1905
Getz, Moritz 1904
Gieseke, Adolf, Dr., Höchst 1912
Gins, Karl 1906
Glimpf, Friedrich 1912
Glöckler, Alexander, Ingenieur 1909
Glogau, Emil August 1904
Gloger, F., Dipl.-Ing. 1908
Gneist, Karl, Oberstleutnant, Dieden-
hofen 1910
Göbel, August, Lehrer 1911
Göbel, Karl 1910
Goering, V., Dir. d. Zool. Gartens 1898
Goeschen, Frau Klara 1910
V.Goldammer, F., Hauptmann a.D. 1903
Goldschmid, Edgar, Dr. med. 1908
Goldschmid, J. E. 1901
Goldschmidt, Anton 1910
Goldschmidt, Julius 1905
Goldschmidt, Julius 1912
Goldschmidt, Frau Luise 1910
Goldschmidt, M. S. 1905
Goldschmidt,R., Prof.Dr.,München 1901
Goldschmidt, Saly Heinrich 1912
V. Goldschmidt-Rothschild, Frhr. Max,
Generalkonsul 1891
*v. Goldschmidt-Rothschild, R. 1907
Goll, Karl, Offenbach 1910
Goll, Richard 1905
Gombel, Wilhelm 1904
Gonder, Richard, Dr. phil. 1911
Gottschalk, Joseph, San.-Rat Dr. 1903
Graebe, K., Geh.Reg.-Rat Prof. Dr. 1907
Gramm, Friedrich Wilhelm 1912
Grandhomme, Fr., Dr. med. 1903
Graubner, Karl, Höchst 1905
Greb, Louis 1903
Greeff, Ernst 1905
Greiff, Jakob, Rektor 1880
Grieser, Ernst 1904
23
Grimm, Otto, Geh. Reg.-Rat Bürger-
meister 1907
Groedel, A. M. Dr. 1912
Grosch, K., Dr. med., Offenbach 1904
Grosse, Gottfried 1907
Groß, Frl. Berta 1911
Groß, Otto, Dr. med. 1909
Großmann, August, Hofheim 1912
Großmann, Emil, Dr. med. 1906
Grumbach, Adalbert, Mannheim 1912
V. Grunelius, Frl. Anna 1912
V. Grunelius, Eduard 1869
V. Grunelius, Max 1903
Grünewald, August, Dr. med. 1897
Grünewald, Richard, Dettingen 1912
*Gulde, Johann, Dr. phil. 1898
Gumbel, Karl, Dr.jur. 1910
V. Günderrode, Frhr. Waldemar 1905
*Günther, Hermann, Dr. jur. 1912
Günther, Oskar 1907
Günzburg, Alfred, San.-Rat Dr. 1897
Gurke, Oskar 1912
Gutenstein, Frau Clementine 1911
Guttenplan, Frau Lily 1907
Haack, Karl Philipp 1905
Haag, Ferdinand 1891
Haag, Ph. 1912
Haas, Ludwig, Dr. 1906
Häberlin, J., Justizrat Dr. phil. h. c. 1871
Haeffner, Adolf, Kom.-Rat 1904
Hagenbach, R., Dr., Höchst 1910
Hahn, Julius 1906
Hahn, Otto, Baurat 1908
Hahn-Opificius, Frau M., Dr. med. 1907
Hallgarten, Fritz, Dr. phil. 1893
Hamburg, Karl 1910
Hamburger, K., Geh. Justizr. Dr. 1891
Hamburger, Fräulein Klara, Dr. phil.,
Heidelberg 1906
Hanau, Ludwig, Dr. med. 1910
Hankel, M., Dr. phil, Offenbach 1911
Hansen, A., Geh. Rat Prof., Gießen 1912
Happel, Fritz 1906
Harbers, Adolf, Direktor 1903
v.Harling, Oberförst.,Roda.d.Weil 1906
V. Harnier, E., Geh. Justizr. Dr. 1866
Hartmann, Eugen, Prof. Dr. ing. 1891
Hartmann, Gg., Niederhöchstadt 1912
Hartmann, Johann Georg 1905
Hartmann, Karl 1905
Hartmann, M., Geheimer San.-Rat Dr.,
Hanau 1908
Hartmann-Bender, Georg 1906
Hartmann-Kempf, Rob., Dr. phil. 1906
Hassel, Georg, Justizrat Dr. 1910
Haßlacher, Franz 1905
Hauck, Georg, 1898
Hauck, Max 1905
*Hauck, Otto 1896
Haurand, A., Geh. Kom.-Rat 1891
Haus, Rudolf, Dr. med. 1907
Häuser, Adolf, Justizrat 1909
Hausmann, Franz, Dr. med. 1904
Hausmann, Friedrich, Prof. 1907
Hausmann, Julius, Dr. phil. 1906
Heberle, August, Ingenieur 1911
Heberlein, Ferd., Direktor Dr. 1910
Heerdt, Rudolf, Direktor 1906
Heichelheim, Sigmund, Dr. med. 1904
Heicke, Karl 1903
Heidingsfelder, Ludwig 1912
Heilbrunn, Ludwig, Dr. jur. 1906
Heilmann, Heinrich 1906
Heintzenberg, Erwin, Offenbach 1908
Heinz-Jung, Frau Emmy 1907
Heister, Ch. L. 1898
Helferich, Frl. M. 1912
Helgers, E., Dr. phil. 1910
Hellmann, Albert, Dr. med. 1912
Hemmerich, Wilh., Hauptmann 1907
Henrich, K. F., Geh. Kom.-Rat 1873
Henrich, Ludwig 1900
Henrich, Rudolf 1905
Heraus, C. W., Hanau 1910
Herborn, Jakob 1912
*Hergenhahn, Eugen, Dr. med. 1897
Hermann, Karl 1911
Hertlein, Hans, Dr. phil.. Höchst 1910
Hertzog, Adolf, Gerichtsassessor 1907
Hertzog, Frau Anna 1908
Hertzog, Georg 1905
Herxheimer, Frau Fanny 1900
Herxheimer, G., Prof. Dr. med., Wies-
baden 1901
Herxheimer, Hans, Dr. med. 1912
Herz-Mills, Ph., Direktor 1903
24
Herzberg, Karl, Konsul 1897
Herzberg, Frl. Resi 1912
Herzog, Ulrich, Dr. med. 1908
Hesdörffer, Julius, San.-Rat Dr. 1903
Hesse, Hermann 1900
Hesse jr., Hubert, Homburg v. d. H. 1910
Hesse, Fräulein J. 1911
V.Hessen, Landgraf Alexander Friedr.,
Kgl. Hoheit 1911
V.Hessen, Prinz Friedrich Karl, Hoheit
1907
Hessenberg, Walter 1908
Heß, Arnold, Dr. phil.. Höchst 1908
Heuer, Frl. Anna, Cronberg 1909
Heuer, Ferdinand 1909
Heuer & Schoen 1891
Heußenstamm, Karl, Dr. jur., Bürger-
meister a. D. 1891
*v.Heyden, L., Prof. Dr. phil. h. c. 1860
V. Heyder, Georg 1891
Heyl, Karl 1912
Heyman, Ernst 1911
Hinsch, Gustav, Wiesbaden 1912
Hirsch, Ferdinand 1897
Hirsch, Frau Lina 1907
Hirsch, Raphael, Dr. med. 1907
Hirsch, Robert 1910
Hirsch-Tabor, 0., Dr. med. 1910
Hirschfeld, Albert 1909
Hirschfeld, Otto H. 1897
Hirschhorn, Fritz 1905
Hirschler, Leopold 1903
Hobrecht, Frl. Annemarie 1907
Hobrecht, Frl. EUy 1912
Hochschild, Leo, 1908
Hochschild, Philipp, Dr. 1907
Hochschild, Salomon 1906
Hock, Fritz 1907
Hoene, R., Oberlandesgerichtsrat 1912
Hoerle, Fräulein Cecile 1907
Hoerle, Julius 1907
Hof, C. A., Dr., Hanau 1912
Hoff, Adolf 1910
Hoff, Alfred, Konsul 1903
Hoffmann, Hans, Dr. phil. 1912
Hoffmann, Karl C., Mexiko 1911
Hoffmann, M., Dr., Mainkur 1910
Hoffmann, Paul, Königstein 1908
Hofmann, Otto 1905
Hofmann, Richard 1910
Hohenemser, Frau Mathilde 1908
Hohenemser, Moritz W. 1905
Hohenemser, Otto, Dr. med. 1904
Hohenemser, Robert, Dr. jur. 1905
Hohenemser, Willy, Dr. phil. 1912
Holl, Joseph & Co. 1905
Holz, August 1909
Holz, Otto 1910
Holzmann, Eduard 1905
Hornberger, Ernst, Dr. med. 1904
Homburger, A., Dr., Heidelberg 1899
Homburger, Michael 1897
Homm, Nikolaus 1906
Homolka, Benno, Dr. 1912
Horkheimer, Anton, Stadtrat a.D. 1906
Horkheimer, Fritz 1892
Horstmann, Frau 'Elise 1903
Horstmann, Georg 1897
v. Hoven, Franz, Baurat 1897
*Hübner, Emil, San.-Rat Dr. 1895
Hübner, Hermann 1912
v.Huene, Frhr., Hauptmann, Offenbach
1910
Hunke, L., Dr. phil. 1912
Hupertz, Eduard, Oberstaatsanwalt,
Geh. Oberjustizrat Dr. 1905
Hüttenbach, Frau Lina 1909
Hüttenbach, Otto 1910
Jacobi, Heinrich, Dipl.-Ing. 1911
Jacobi-Borle, Frau Sophie 1909
Jacquet, Hermann 1891
Jaeger-Manskopf, Fritz 1897
Jaffe, Frau Emilie 1910
Jaffe, Gustav, Justizrat 1905
Jaffe, Theophil, Geh. San.-Rat Dr. 1905
Jäger, Alfred, Dr. phil. 1903
*Jassoy, August, Dr. phil. 1891
Jassoy, Frau Ida 1908
Jassoy, Ludwig Wilhelm 1905
Jelkmann, Fr., Dr. phil. 1893
Jenisch, C, Dr. phil., Mainkur 1908
Jensen, Heinrich, Apotheker 1910
Jilke, Walter, Dr. phil. 1912
Illig, Hans, Direktor 1906
Job, Wolfgang, Konsul 1907
Jordan - de Rouville, Frau L.M. 1903
— 25 —
Joseph, Ludwig, Dr. jur. 1910
Josephthal, Karl 1908
Jourdan, Karl 1910
Istel, Alfred, Gerichtsassessor 1910
Istel, Frau Charlotte, Paris 1908
Jucho, Fritz, Dr. jur. 1910
Jucho, Hch., Dr. jur. 1910
Jung, Frau Emilie 1907
Jung, R., Prof. Dr. phil. 1910
Junge, Bernhard 1907
Jungmann, W., stud., München 1912
Junior, Karl 1903
Jureit, J. C, Kom.-Rat 1892
Jureit, Willi 1910
Kahler, August, Hanau 1912
Kahn, Bernhard 1897
Kahn, Ernst, San.-Rat Dr. 1897
Kahn, Julius 1906
Kahn, Robert, Dr. phil. 1910
Kahn, Rudolf 1910
Kahn-Freund, Richard 1910
Kalb, Moritz 1891
Kalberiah, Fritz, Dr. med. 1907
Kalischer, Georg, Dr., Mainkur 1912
*Kallmorgen, Wilh., Dr. med. 1897
Kcäßbacher, Max 1909
Katzenellenbogen, A., Justizr. Dr. 1905
Katzenstein, Edgar 1906
Kaufmann, G. 1910
Kaulen, Ernst, Amtsrichter 1908
Kayser, Heinrich, Dr. med. 1903
Kayser, Karl 1906
Kaysser, Frau Ehse 1911
Kaysser, Frau Georgine 1909
Kaysser, Heinrich 1911
Keller, Ernst, Direkt, des Lehrerinnen-
seminars 1907
Keller, Otto 1885
Kellner, Frl. Marie 1910
Kessler, Hugo 1906
Keyl, Friedrich, stud., Göttingen 1912
Kilb, Jean, Skobeleff 1911
Kindervatter, Gottfried, 1906
*Kinkelin, F., Prof. Dr. phil. 1873
Kirchberg, Paul, Dr. med. 1912
Kirchheim, S., Stadtrat Dr. med. 1873
Kirchner, Karl, Alzenau 1912
Kissner, Heinrich 1904
Klein, A., Reallehrer, Haspe 1912
Klein, F., Dr. med., Idstein 1912
Klein, W. A. 1910
Klein-Hoff, Jakob 1912
Kleinschmidt, Emil 1912
Kleinschnitz, Franz 1909
Kleyer, Heinr., Kommerzienrat Dr. ing.
h. c. 1903
Kliewer, Joh., Gewerberat 1907
Klimsch, Eugen 1906
Klingelhöffer, W., Dr., Offenburg 1911
Klinghardt, Franz, Dr. 1908
Klitscher, F. Aug. 1878
Knauer, Jean Paul 1906
Knickenberg, Ernst, Dr. med. 1897
Knoblauch, Alex, Leutnant 1910
♦Knoblauch A., Prof. Dr. med. 1891
Knoblauch, Frau Johanna 1908
Knoblauch, Paul, Dr. med. 1905
Knodt, Frau Marie 1912
Koch, Louis 1903
Koch, Walter 1912
Kochendörfer, Ernst, Dr. phil. 1912
Köhler, Hermann, Kom.-Rat 1891
Kohn, Julius, Dr. med. 1904
Kohn, Karl, Direktor 1909
Kohnstamm, 0., Dr., Köngstein 1907
Kölle, Gotthold, Dr. phil. Direkt. 1912
Kölle, Karl, Stadtbaurat a. D. 1905
Kollecker, Erich, Dr. med. 1910
Kolm, Rudolf 1910
Kömpel, Eduard, Dr. med. 1897
König, Albert, San.-Rat Dr. 1905
König, Ernst, Dr. phil., Sindlingen 1908
König, Karl, Dr. med. 1904
Königs werther, Heinrich 1906
Könitzers Buchhandlung 1893
Könitzer, Oskar 1906
Könitzer-Jucho, Frau Lisa 1907
Korff, Gustav jun., Hanau 1912
Körner, Erich, Prof. 1907
Köster, E. W., Direktor 1908
Koßmann, Alfred, Bankdirektor 1897
Koßmann, Heinrich 1908
Kotzenberg, Karl, Konsul 1903
Kowarzik, Frau Pauline 1911
Kraemer-Wüst, Julius 1908
Kramer, Frau Emma 1908
26
Kramer, Robert, Dr. med. 1897
Krekel, E., Forstm., Hofheim i.T. 1904
Krekels, Oskar, Dr. med. 1912
V. Kremski, M., Major, Mainz 1908
Kreuzberg, August 1905
Küchler, Eduard 1886
Küchler, Fr. Karl 1900
Kugler, Adolf 1882
Kuhlmann, Ludwig 1905
Kühne, Konrad, Oberst a. D. 1910
Künkele, H. 1903
Kurz, August 1912
Kutz, Arthur, Dr. med. 1904
Labes, Philipp, Dr. jur., Direktor 1905
*Lachmann, Bernh., San.-Rat Dr. 1885
Ladenburg, August 1897
Ladenburg, Ernst, Kommerzienrat 1897
Laibach, Friedrich, Dr. phil. 1911
Lampe, Ed., San.-Rat Dr. 1897
Lampe, Willy 1900
Landauer, Fredy 1905
Landauer, Max, Cronberg 1907
Langenbach, Ernst 1912
Lapp, Wilhelm, Dr. med. 1904
*Laquer, Leopold, San.-Rat Dr. 1897
Laurenze, Ad., Großkarben 1903
Lausberg, Georg 1910
Lausberg, Karl Friedrich 1912
Lauter, W., Dr. ing. h. c. Charlotten-
burg 1908
Lauterbach, Ludwig 1903
Lehmann, Leo 1903
Lehranstalt für Zollbeamte d. Provinz
Hessen-Nassau, Kgl. 1907
Leisewitz, Gilbert 1903
Leitz, Ernst 1908
Lejeune, Adolf, Dr. med. 1900
Lejeune, Alfred 1903
Lejeune, Ernst 1905
*Lepsius, B., Prof. Dr. phil., Berlin 1883
Leser, E., Geh. San.-Rat Prof. Dr. 1908
Leser, W., Oberlandesger.-Rat Dr. 1907
Leuchs-Mack, Ferdinand 1905
Leupold, Frl. Frieda 1911
Levi, Ernst, Dr. jur. 1912
Levi, Max 1910
Levi-Reis, Adolf 1907
*Levy, Max, Prof. Dr. phil. 1893
Leykauff, Jean 1910
*Libbertz, A., Geh. San.-Rat Dr. 1897
Liebmann, Jakob, Justizrat Dr. 1897
Liebmann, Louis, Dr. phil. 1888
Liebrecht, Arthur, Dr. phil. 1910
Liefmann, Emil, Dr. med. 1912
Liefmann, Frau Marie 1912
Liermann, Otto, Dr. phil., Direktor des
Wöhler-Realgymnasiums 1907
Liesegang, Raphael Ed. 1910
Lilienfeld, Sidney, Dr. med. 1907
Lindheimer, L., Justizrat Dr. 1905
Lindheimer-Stiebel, W., Amtsrat
Schwalbach 1911
Lindley, Sir William 1904
Lindner, Bernhard 1910
Linke, Franz, Dr. phil. 1909
Lipstein, Alfred, Dr. med. 1908
Lismann, Karl, Dr. phil. 1902
Livingston, Frau Emma 1897
Livingston, Frl. Rose 1903
Loeser, Rudolf, Dr., Dillingen 1912
Loew, Siegfried 1908
Lorentz, Guido, Dr. phil.. Höchst 1907
Lorenz, Richard, Prof. Dr. phil. 1910
*Loretz, H., Geh. Bergrat Dr. 1910
*Loretz, Wilh., San.-Rat Dr. 1877
Lossen, Kurt, Dr. med. 1910
*Lotichius, Alfred, Dr. jur. 1908
Lotichius, August 1911
Lotichius, Otto 1911
Löw-Beer, Frau Hedwig 1912
Löw-Beer, Oskar, Dr. phil. 1910
Löwe, Hermann 1908
Löwenstein, Simon 1907
zu Löwenstein -Wertheim - Rosenberg,
Prinz Johannes, Haid 1907
Lucae, Frl. Emma 1908
Lucius, Frau Maximiliane 1909
Ludwig, Wilhelm 1911
Lüscher, Karl 1905
Lust, Heinrich Friedrich 1905
Lüttke, Hans, Dr. Direktor 1912
Lutz, Georg 1912
Lyzeum, Stadt., Höchst 1912
Mack, Frau Helene 1911
Maier, Frau Cecilie 1910
Maier, Herrn. Heinr., Direktor 1900
27
Majer, Alexander 1889
Majer, Hermann 1910
Manskopf, Nicolas 1903
Mappes, Heinrich, Generalkonsul 1905
Marburg, Gustav, 1911
Marburg, Robert 1912
Martin, Ernst, Senatspräsid. Dr. 1912
von Martins, Kurt, Dr. phil. 1912
Maruin, Arthur, Dr. med. 1910
V. d. Marwitz, F. Rittmeister a. D. 1912
Marx, Alfred V., Dr. med. 1912
Marx, Eduard 1907
*Marx, Ernst, Prof. Dr. med. 1900
Marx, Karl, Dr. med. 1897
V. Marx, Heinrich, Falkenhof 1908
V. Marx, Frau Mathilde 1897
Mastbaum, Josef, Hofheim i. T. 1911
Matthes, Alexander 1904
Matti, Alex., Stadtrat a. D. Dr. jur. 1878
May, Adam 1908
May, Franz L., Dr. phil. 1891
May, Martin 1866
May jun., Martin 1908
May, Robert 1891
Mayer, Frl. J., Langenschwalbach 1897
Mayer, Julius 1912
Mayer, Ludo, Geh. Kom.-Rat 1903
Mayer, Martin, Justizrat Dr. 1908
V. Mayer, Freih. A., Geh. Kom.-Rat 1903
V. Mayer, Eduard 1891
V. Mayer, Freiherr Hugo 1897
Mayer-Dinkel, Leonhard 1906
Mayerfeld, Anton 1910
Mehs, Claus 1912
Meister, Frau Josefine 1911
V. Meister, Herbert, Dr. phil., Sind-
lingen 1900
V. Meister, Wilhelm, Reg. - Präsident
Dr. jur., Wiesbaden 1905
Meixner, Fritz 1911
Melber, Friedrich, Konsul 1903
*Melber, Walter 1901
Merton, Alfred, Direktor 1905
Merton, Eduard, Rittnerthaus 1909
♦Merton, H., Dr. phil., Heidelberg 1901
Merton, Walter, Direktor 1906
Merton, Wilhelm Dr. phil. h. c. 1878
Merzbach, Fritz 1911
Merzbach, H. Felix 1911
Mettenheimer, Bernh., Dr. jur. 1902
Mettenheimer, Theodor 1911
*v. Mettenheimer, H., Dr. med. 1898
Metzger, L., Dr. med. 1901
V. Metzler, Hugo 1892
Meyer, Franz 1911
Meyer, Karl, Dr., Höchst 1912
Meyer, P., Ober-Reg.-Rat Dr. jur. 1903
Meyer, Richard, Dr. jur. 1909
*v. Meyer, Edward, San.-Rat. Dr. 1893
V. Meyer, Otto, Rechtsanwalt 1907
V. Meyer-Petsch, Eduard 1906
Michel, Frau Hedwig 1911
Michel, Karl G., Bankdirektor 1912
Minjon, Hermann 1907
*Möbius, M., Prof. Dr. phil. 1894
V. Moellendorff, Frau Betty 1912
Moessinger, W. 1891
Mouson, August 1909
Mouson, Jacques 1891
Müller, Adolf, Höchst 1907
*Müller, Eduard 1909
Müller, H., Bankdirektor 1910
*Müller, Karl, Berginspektor 1903
Müller, L., Oberlehrer 1911
Müller, Max, Fabrikdirektor 1909
Müller, 0. Viktor, Dr. med. 1907
Müller, Paul 1878
Müller-Beek, George, Gen.-Kons. 1912
Müller-May, Georg 1911
Müller Sohn, A. 1891
Mumm V. Schwarzenstein, A. 1869
Mumm V. Schwarzenstein, Fr. 1905
Nassauer, Max, Dr. phil. 1905
Nassauer, Frau Paula 1909
Nassauer, Siegfried 1910
Nathan, S. 1891
♦Naumann, Edmund, Dr. phil. 1900
Nebel, August, San.-Rat Dr. 1896
Nebel, Karl, Prof. 1910
Neher, Ludwig, Baurat 1900
Neisser, Frau Emma 1901
*Neisser, Max, Prof. Dr. med. 1900
Nestle, Hermann 1900
Netzel, H. L. 1910
Neuberger, Julius, Dr. med. 1903
Neubronner, J., Dr. phil., Cronberg 1907
28
Neubürger, Otto, Dr. med. 1891
Neubürger, Th., Geh. San.-Rat Dr. 1860
de Neufville, Eduard 1900
*de Neufville, Robert, Kom.-Rat 1891
de Neufville, Rud., Dr. phil. 1900
V. Neufville, Adolf 1896
V. Neufville, G. Adolf 1896
V. Neufville, Karl, Gen.-Konsul Kom.-
Rat 1900
V. Neufville, Kurt 1905
Neumann, Paul, Justizrat Dr. 1905
Neumann, Th., Prof. Dr. phil. 1906
Neustadt, Adolf 1903
Niederhofheim, Heinr. A., Direktor 1891
Nies, L. W. 1904
Noll, Johannes 1910
V. Obernberg, Ad., Dr. jur. Stadtrat
a. D. 1870
Obernzenner, Julius 1905
Ochs, Richard, Direktor 1905
Odendall, L., Dr. phil. 1912
Oehler, Rudolf, San.-Rat Dr. 1900
Oehler, Frau Viktoria 1910
Oehmichen, Hans, Dipl. Berging. 1906
Oelsner, Hermann, Justizrat Dr. 1906
Ohl, Philipp 1906
Oppenheim, Eduard, Bankdirekt. 1905
Oppenheim, Gustav, Dr. med. 1910
Oppenheim, Moritz 1887
Oppenheim, Paul, Dr. phil. 1907
Oppenheimer, Benny 1903
Oppenheimer, Joe, Justizrat Dr. 1905
Oppenheimer, Frau Leontine, Offen-
bach 1909
Oppenheimer, Max, Dr. phil. 1911
Oppenheimer, Maximilian 1912
Oppenheimer, 0., Dr. med. 1892
Oppenheimer, Oskar F. 1905
Oppenheimer, S., Dr. med. 1910
Oppermann, E., Dr. phil., Höchst 1907
d'Orville, Eduard 1905
Osann, Fritz, Oberstabsarzt Dr. 1909
Osmers, Karl 1910
Osterrieth-du Fay, Robert 1897
Ostreich, Frau Anna, Utrecht 1901
Oswalt, Frau Marie 1910
Oswalt, H., Justizrat Dr. 1873
Pabst, Gotthard 1904
Pachten, Ferd., Justizrat Dr. 1900
Paehler, Franz, Dr. phil. 1906
V. Panhuys, Henry, Generalkonsul 1907
Panzer, Friedrich, Prof. Dr. 1912
Parrisius, Alfred, Dr. phil. 1904
Passavant, Philipp 1905
Passavant, Rudy 1905
V. Passavant, G. Herrn., Konsul 1903
V. Passavant-Gontard, R., Geh. Kom-
nierzienrat 1891
Peipers, August 1905
Peters, G., Dr., Höchst 1912
Peters, Hans 1904
Petersen, Ernst, San.-Rat Dr. 1903
*Petersen, Th., Prof. Dr. phil. 1873
Petsch-Manskopf, Eduard 1912
Pfaff, Frl. Agnes 1912
Pfaff, Frau Maria 1906
Pfeffel, August 1869
Pfeiffer, Franz 1912
Pfeiffer, Richard, Dr. med. 1912
Pfeiffer-Belli, O.W. 1903
Philantropin, Realschule und höhere
Mädchenschule 1912
Phihppi, Frl. Helene 1912
Philippsohn, Frl. Paula, Dr. med. 1907
Picard, Lucien 1905
Pilz, Ernst 1911
Pinner, Oskar, San.-Rat Dr. 1903
Plieninger, Th., Gen.-Direktor 1897
Pöble, L., Prof. Dr. phil. 1903
Ponfick, Wilhelm, Dr. med. 1905
Popp, Georg, Dr. phil. 1891
Poppelbaum, Hartwig 1905
Posen, Eduard, Dr. phil. 1905
Posen, Sidney 1898
*Priemel, Kurt, Dr., Direktor des Zoo-
logischen Gartens 1907
*Prior, Paul, Dipl.-Ing. 1902
Pust, H., Oberstabsarzt Dr., Offen-
bach 1908
Quendel, Chr., Rechnungsrat 1911
*Quincke, H., Geh. Med.-Rat Prof. 1908
Quincke, H,, Senatspräsident 1903
Raab, Frau Luise 1912
Raecke, Frau Emmy 1907
Ransohoff, Moritz, San.-Rat Dr. 1907
Rasor, August 1910
— 29 —
Rath, Julius, Dr., Offenbach 1911
Ratjen, Gustaf, Dr. jur., Bankdir. 1912
Ratzel, August, Prof. 1912
Rau, Henri, Konsul, Mexiko 1910
Rauch, Fritz, Dr. med. 1910
Ravenstein, Simon 1873
Rawitscher, L., Geh. Justizrat Dr. 1904
Reh, Robert 1902
Rehn, L., Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 1893
Reichard, A., Dr. phil., Hamburg 1901
Reichard-d'Orville, Georg 1905
*Reichenbach, H., Prof. Dr. phil. 1872
Reichenbach, Josef 1912
Reichenberger, Frau Else 1912
Reidenbach, Friedr. Wilh. 1908
Reil, August, Lehrer 1911
Reil, Hermann, Dr. med. vet. 1911
Rein, Frl. Ella 1908
V. Reinach, Frau Antonie 1905
Reinartz, Karl, Dipl.-Ing. 1908
Reinemann, Paul 1910
Reinert, Frau Martha 1909
Reis, Ernst 1910
Reishaus, Frl. H., Hamburg 1910
Reiß, A., Dr. jur. 1906
Reiß, Ed., Dr. med., Tübingen 1903
Reiß, Emil, Dr. med. 1907
Reiß, Frl. Sophie 1907
Remy, Arnold 1911
Rennau, Otto 1901
Reutlinger, Jakob 1891
Rhein. Naturf. Gesellschaft, Mainz 1912
Richter, Ernst, Oberapotheker Dr. 1910
Richter, Felix, Bergwerksdir. a. D. 1912
Richter, Johannes 1898
♦Richter, Rudolf, Dr. phil. 1908
♦Richters, F., Prof. Dr. phil. 1877
Rickmann, W., Dr., Höchst a. M. 1912
Riese, Frau Karl 1897
Riese, Otto, Geh. Rat Dr. 1900
Risser, Eduard 1891
Rieß V. Scheurnschloß, Karl, Polizei-
präsident 1912
Rintelen, F., Dr.phil.,Swakopraund 1904
Ritsert, Eduard, Dr. phil. 1897
Ritter, Hermann, Baurat 1903
Ritter, Wilhelm 1910
Roediger, Frl. Anna 1908
*Roediger, Ernst, San.-Rat Dr. 1888
Roediger, Konrad, Dr. jur. 1910
Roediger, Paul, Justizrat Dr. 1891
Roger, Karl, Bankdirektor 1897
Rolfes, Werner 1908
Rollmann, Ludwig 1906
Römer, Frau Marg., Buchschlag 1912
Ronnefeld, Adolf 1905
Ronnefeld, Friedi-ich 1905
Roos, Heinrich 1899
Roos, Israel, Dr. phil. 1905
Roques, Adolf., Dr. phil. 1900
Roques-Mettenheimer, E., Konsul 1897
Rose, Christian 1905
Rose, Ludwig, Dr. phil. 1910
Rösel, R., Fabrikdirektor Dr. phil. 1910
Rosenbaum, E., San.-Rat Dr. 1891
Rosenbaum, Emil, Dr. med. 1910
Rosenbaum-Canne, Frau Marie 1912
Rosenbusch, Eduard 1907
Rosengart, Job., San.-Rat Dr. 1899
Rosenhaupt, Heinrich, Dr. med. 1907
Rosenthal, Max 1910
Rosenthal, Paul 1910
Rosenthal, R., Justizrat Dr. 1897
Rößler, Frl. Charlotte 1907
Rößler, Friedrich, Dr. phil. 1900
Rößler, Heinrich, Prof. Dr. phil. 1884
Rößler, Hektor 1878
Rößler, Hektor, Dr. jur. 1910
Roth, G. G., Dr. med., Hanau 1912
Roth, Karl, Medizinalrat Dr. 1903
Rother, August 1903
Röthig, Paul, Dr., Charlottenburg 1908
Rothschild, D., Dr. med., Soden 1904
Rothschild, Otto, Dr. med. 1904
V. Rothschild, Freifrau Mathilde 1912
Rover, August 1909
Rühle, Karl 1908
Ruland, Karl, Offenbach 1908
Rullmann, Theodor 1912
Rumpf, Gustav Andreas, Dr. phil. 1905
Ruppel, Sigwart, Prof. 1908
Ruppel, W., Prof. Dr., Höchst 1903
Sabarly, Albert 1897
Sachs, Hans, Prof. Dr. med. 1903
Sachs-Hellmann, Moritz 1909
*Sack, Pius, Prof. Dr. phil. 1901
30
Salomon, Bernh., Prof. Generaldir. 1900
Salvendi, Frau Leni 1911
von Sande, Karl, Oberursel 1910
Sandhagen, Frau Marie 1911
Sarg, Francis C. A., Konsul 1906
Sasse, Franz, Dr. med. 1910
*Sattler, Wilh., Stadtbauinsp. 1892
Sauerländer, Robert 1904
Schaefer, P., Dr. med. 1910
*Schäffer-Stuckert, Fritz, Dr. dent.
surg. 1892
Schaffnit, K., Dr. phil. 1903
Scharff, Charles A. 1897
Scharff, Friedrich 1912
Scharff, Julius, Bankdirektor 1900
*Schauf, Wilh., Prof. Dr. phil. 1881
Schaumann, Gustav, Stadtrat 1904
Scheffen, Hermann, Dr. med. 1910
Scheib, Adam 1905
Schellens, Walter, Dr. 1912
Scheller, Karl 1897
Schenck, Rudolf, Dr. phil. 1910
Schepeler, Hermann 1891
Schepeler, Remi 1909
Scherenberg,F., Rg.-Präs.,Koblenz 1905
Scherlenzky, Karl August 1905
Schernitz, H. 1912
Schey von Koromla, Frhr. Philipp 1910
Schiechel, Max, Dipl.-Ing. 1909
Schiefer, Karl 1912
Schiele, Frau Auguste 1910
Schiele, Ludwig, Direktor 1910
Schiermann-Steinbrenk, Fritz 1903
Schiff, Ludwig 1905
Schiff, Philipp 1910
Schild, Eduard 1904
Schladebach, Arthur 1911
Schleich, Wilhelm 1908
Schlesinger, Hugo 1910
Schlesinger, Simon F. 1912
Schlesinger, Theodor Heinrich 1907
Schleußner, Friedr., Direktor 1900
Schleußner, Karl, Dr. phil. 1898
Schlieper, Gustav, Direktor 1910
Schloßmacher jun., Karl 1906
Schlund, Georg 1891
Schmick, Rudolf, Geh. Oberbaurat,
München 1900
Schmidt, Albrecht, Direktor 1912
Schmidt, Frau Anna 1904
Schmidt, J. J., San.-Rat Dr. 1907
Schmidt, W., Dr., Fechenheim 1911
Schmidt-Benecke, Eduard 1908
Schmidt-Diehler, W. 1908
Schmidt-Günther, G. H. Konsul 1910
Schmidt-de Neufville, Willy, Dr. 1907
Schmidt-Polex, Anton 1897
*Schmidt-Polex, Fritz, Dr. jur. 1884
Schmidt-Polex, K., Justizrat Dr. 1897
Schmidtgen, Otto, Dr., Mainz 1912
Schmiedicke, Otto, Gen.-Arzt Dr. 1906
Schmitt, H., Dr. med., Arheiligen 1904
Schmitt, Wilhelm 1910
Schmitz, Ernst, Dr. med. 1908
Schmölder, P. A. 1873
*Schnaudigel, Otto, Dr. med. 1900
Schneider, Alexander 1912
Schneider, Gustav M. 1906
Schöller, Frau W., Düren 1912
Scholderer, Frau A., Schönberg 1910
Scholl, Franz, Dr. phil., Höchst 1908
Scholz, Bernhard, Dr. med. 1904
Schöndube, Hermann 1912
Schott, Alfred, Direktor 1897
Schott, Frau Elisabeth 1912
Schott^ Theod., Prof. Dr. med. 1903
Schrauth, Heinrich 1908
Schreiber, Chr., Telegraphendir. 1912
Schrey, Max 1905
Schuenemann, Theodor 1908
Schüler, Max 1908
Schultze, Herm., Dr., Griesheim 1912
Schulze-Hein, Hans 1891
Schulzweida, Richard 1910
Schumacher, Peter, Dr. phil. 1905
Schürenberg, Gustav, Dr. med. 1910
Schuster, Bernhard 1891
Schuster, Paul, Dr. med. 1908
Schuster,W., Dr., Schloß Neubronn 1910
Schuster-Rabl, F. W. 1905
Schwarte, Karl, Fabrikant 1909
Schwartze, Erich, Dr. phil. 1907
Schwarz, Arthur 1909
Schwarz, Ernst, Dr. phil. 1908
Schwarz, Frau Ernestine 1907
Schwarz, Georg Ph. A. 1878
— 31
Schwarz, Georg, Direktor 1910
Schwarzlose, E., Pfarrer Dr. 1912
Schwarzschild, Alfred 1910
Schwarzschild, Martin 1866
Schwarzschild-Ochs, David 1891
Schweikart, Alex, Dr. phil. 1911
Schwenkenbecher, A., Prof. Dr. med.
1910
Schwinn, G., Marseille 1910
Scriba, Eugen, San.-Rat Dr. 1897
Scriba, L., Höchst 1890
Seckel, Heinrich 1910
Seckel, Hugo, Dr. jur. 1909
Seeger, G. 1893
Seeger, Willy 1904
Seidler, August, Hanau 1906
*Seitz, A., Prof. Dr., Darmstadt 1893
Seitz, Heinrich 1905
Seligmann, M., Amtsg.-Rat Dr. 1905
Seligmann, Rudolf 1908
Sendler, Alexander, Dr. phil. 1909
Seuffert, Theod., San.-Rat Dr. 1900
Sexauer, Otto 1910
Sichel, Ignaz 1905
*Siebert, A., Landesökonomierat 1897
Siebert, Arthur, Kom.-Rat 1900
Siebrecht, Hch., Bankdirektor 1910
Siegel, Ernst, Dr. med. 1900
Siesmayer, Ph., Gartenbaudirektor 1897
Simon, Emil 1910
Simon, Friedr., Prof. Dr. phil. 1908
Simon-Wolfskehl, Frau A. 1910
Simonis, Eduard, Konsul 1907
Simons, Walter, Major 1907
Simrock, Karl, Dr. med. 1907
Singer, Fritz, Dr. phil., Offenbach 1908
Sinning, Heinrich 1912
Sioli, Emil, Prof. Dr. med. 1893
Sippel, Albert, Prof. Dr. med. 1896
Sittig, Edmund, Prof. 1900
Solm, Richard, Dr. med. 1903
Sommer, Julius, Direktor 1906
Sommerlad, Friedrich 1904
*Sondheim, Frau Maria 1907
Sondheim, Moritz 1897
Sondheimer, Frau Emma 1910
Sondheimer, Joseph 1910
Sondheimer, Rieh. N. 1912
Sonnemann, Wilhelm 1910
Sonntag, Frau Emilie 1911
Spahn, P., Wirkl. Geh. Ober-Justizrat
Dr. 1912
Spieß, Gustav, Geh. San.-Rat Prof. 1897
Spieß, Frau Klothilde 1910
Spieß, Otto 1912
Stahl, Robert 1912
Stavenhagen, Julius 1909
V. Steiger, Baron Louis 1905
V. Steiger, Frau Baronin 1912
V. Stein, Frau Baronin Karoline,
Pröbstin 1909
Stendell, W., Dr. 1912
Stern, Adolf 1906
Stern, Frau Johanna 1901
Stern, Mayer 1905
*Stern, Paul, Dr. jur. 1905
Stern, Richard, Dr. med. 1893
Stern, Frau Toni 1911
Stern, Willy 1901
Sternberg, Paul 1905
Stettheimer, Eugen 1906
Stiebel, Gustav, Dr. med. 1912
Stiebel, Karl Friedrich 1903
v. Stiebel, Frau Hermine 1903
Stock, Wilhelm 1882
zur Strassen, Frau Cecilie 1910
*zur Strassen, O. L., Prof. Dr. 1910
Straus, F., Dr. med. 1904
Strauß, Eduard, Dr. phil. 1906
Strauß, Ernst 1898
Strauß, J., Tierarzt, Offenbach 1908
Strauß, Jul. Jakob 1910
Strauß-Ellinger, Frau Emma 1908
Strauß-Hochschild, M. 1910
Stroof, Ignaz, Dr. ing. h. c. 1903
Strupp, Louis, Geh. Kom.-Rat 1908
Sturm, Otto 1907
Süsser, Simon 1912
Sulzbach, Emil 1878
Sulzbach, Karl, Dr. jur. 1891
Szamatölski, Dagobert, Hofrat 1905
Tausent, Karl 1910
Tecklenburg, Wilhelm, Assessor 1907
*Teichmann, Ernst, Dr. phil, 1903
„Tellus", Aktiengesellschaft für Berg-
bau und Hüttenindustrie 1907
32
Textor, Karl, W. 1908
Thalmessinger, H., Dr. jur. 1910
Thebesius, L., Gen.-Konsul Just.-Rat
Dr. 1900
Theis, C. Fr., Dr., Höchst 1910
Theiß, Wilhelm, Reg.-Baumstr. 1907
Theobald, Jakob 1910
Thilenius, Otto, Geh. San.-Rat Dr.,
Soden i. T. 1907
Thoma, Phil. 1893
Thoms, Heinrich, Dr. phil., Kreistier-
arzt 1904
von Trenkwald, Frau M. 1910
Treupel, Gustav, Prof. Dr. med. 1903
Trier, Bernhard 1909
Trier, Frau Herta 1908
Trier, Franz 1911
Trier, Julius 1908
Tröller, Wilhelm, Dipl.-Ing. 1912
Trommsdorf, Wilhelm 1912
Turk, Frl. Herta 1909
Turk, Erich, London 1911
Ueberfeld, Jac. Jvon 1912
Ullmann, Karl, Dr. phil. 1906
Uth, Franz, Justizrat Dr., Hanau 1907
Varrentrapp, A., Geh. Reg.-Rat Dr. 1900
Velde, August, Prof. Dr. 1908
Velde, Frl. Julie, Oberlehrerin 1902
V. d. Velden, Wllh., Hankdirektor 1901
Veiten, Rudolf 1912
Versluys, J., Prof. Dr., Gießen 1910
Vogelsang, Ernst, Dipl.-Ing. 1911
Vogler, Karl, Prof. Dr. phil. 1903
Vogler, K. Frau 1912
*Vohsen, Karl, San.-Rat Dr. 1886
Voigt, Alfred, Direktor 1911
Voigt, W., Prof. Dr. phil., Bonn 1908
Vorster, Karl 1907
Vossen, Fritz 1909
Voß, Otto, Prof. Dr. med. 1907
Wachsmuth, R., Prof. Dr. phil. 1907
Wagener, Alex, H.-Homburgv.d.H. 1904
Wagner, August 1911
Wagner, Gottfried 1905
Wagner, Richard, Landgerichtsrat 1912
*Wahl, Gustav, Dr. phil. 1907
Walcker, Frl. Elisabeth 1912
Waldeck, Siegfried 1911
Walthard, Max, Prof. Dr. med. 1908
V. Wartensleben, Frau Gräfin Gabriele,
Dr. phil. 1902
Wassermann, Ernst, Dr. phil. 1910
Wasserzug, Detmar, Dr. 1910
Weber, Bernhard 1911
Weber, Eduard, Direktor 1907
Weber, Heinrich, Dr. med. 1897
Weber, 0. H., Dr., Griesheim 1910
Weber, Frau Thea 1910
Weidmann, Hans, Direktor 1905
Weill, David 1910
Weill, J. C. 1910
Weiller, Emil 1906
Weiller, Lionel 1905
*v. Weinberg, Arthur, Dr. phil. 1897
v. Weinberg, Karl, Gen.-Konsul 1897
Weinrich, Philipp 1908
Weinschenk, Alfred 1903
Weinsperger, Friedrich 1906
Weintraud, W., Prof. Dr. med., Wies-
baden 1909
*Weis, Albrecht 1882
Weis, Julius, Montigny 1897
Weisbrod, Aug., Druckerei 1891
Weismann, Daniel 1902
Weismantel, O., Prof. Dr. phil. 1892
Weller, Albert, Dr. phil. Direktor 1891
Wendt, Bruno, Dr.jur., Buchschlag 1909
Wendt, Karl 1912
Wense, Wilhelm, Dr., Griesheim 1911
Wernecke, Paul, Baurat 1908
Werner, Felix 1902
Wertheim, Julius 1909
Wertheim, Karl, Justizrat 1904
Wertheim, Max 1907
Wertheimber, Eugen, Dr. jur. 1910
Wertheimber, Julius 1891
Wertheimber-de Bary, Ernst 1897
Wertheimer, Otto, Dr. phil. 1905
Wetzlar-Fries, Emil 1903
Wiederhold, K., Dr., Mainkur 1904
Wiegert, W., Dr. med. vet. 1910
*v. Wild, Rudolf, San.-Rat Dr. 1896
Wilhehni, Adolf 1905
Wilhelmi-Winkel, Gustav 1907
Willemer, Karl, Dr. med. 1905
Winheim, Wilhelm 1911
33
Winkler, Hermann, Direktor 1909
*Winter, F. W., Dr. phil. h. c. 1900
Winter, Frau Gertrud 1908
Winterhalter, Frl. E., Dr. med., Hof-
heim 1903
Winterwerb, Rud., Justizrat Dr. 1900
Wirth, Richard, Dr. phil. 1905
Witebsky, Michael, Dr. med. 1907
Wohlfahrt, Ernst, San.-Rat 1912
Wolf, Eugen, Dr., Süssen 1911
Wolff, Ludwig, San.-Rat Dr. 1904
Wolff, K., San.-Rat Dr., Griesheim 1910
Wolfskehl, Ed., Regier.-Baumeister,
Darmstadt 1907
Wollstätter jun., Karl 1907
Wolpe, S., Zahnarzt, Offenbach 1910
Worgitzky, Georg, Prof. Dr. 1912
Wormser, S. H., Bankdirektor 1905
Wronker, Hermann 1905
Wüst, Georg 1908
Wüst, Hermann 1908
Zeh, Alexander 1912
Zeiß-Bender, Louis, Konsul 1907
Zeltmann, Theodor 1899
Zerban, Eugen 1908
Ziegler, Karl 1905
Ziemßen, Franz, Major 1912
Zimmer, J. Wilh., Stadtrat 1907
Zinn, Charles, Dr. med. 1910
Zisemann, Frau Mathilde 1912
III. Außerordentliche Ehrenmitglieder.
Adickes, Franz, Dr. med. et jur. h. c, Oberbürgermeister a. D. 1907
Ebrard, Friedrich, Geh. Konsistorialrat Prof. Dr. 1911
V. Erlanger, Freifrau Karoline, Nieder-Ingelheim 1907
*Hagen, Bernhard, Hofrat Dr. phil. h. c. et med. 1911
*v. Harnier, Adolf, Geh. Justizrat Dr. 1911
*v. Heyden, Lukas, Prof. D. phil. h. c. jub., Major a. D.
*Kobelt, Wilhelm, Prof. Dr. med., Schwanheim 1912
*v. Metzler, Albert, Stadtrat a. D. 1907
*Rehn, Heinrich, Geh. San.-Rat Dr. 1911
Reiss, L. H. 1908
Schiff, Jakob H., New York 1907
Ziehen, Julius, Stadtrat Dr. phil. 1908
1910
IV. Korrespondierende Ehrenmitglieder.
Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg, Kais. Gouverneur, Togo 1912
Chun, Carl, Geheimer Rat Prof. Dr., Leipzig 1912
Rein, J. J., Geh. Regierungsrat Prof. Dr., Bonn 1866
V. Korrespondierende Mitglieder.
Ahlborn, Fr., Prof. Dr., Hamburg 1909
Albert I., Prince de Monaco, Altesse Serenissime, Monaco 1904
Bail, Karl Adolf Emmo Theodor, Prof. Dr., Danzig 1892
Barrels, Charles, Prof. Dr., Lille 1907
Beccari, Eduard, Prof. Dr., Florenz 1892
Becker, George, Direktor, Valencia 1900
V, Bedriaga, Jacques, Dr., Florenz 1886
Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen des Wohn-
ortes, oder des Titels u. dgl. dem Bureau der Senckenbergischen Naturfor-
schenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen.
— 34 —
V. Behring, Emil, Exz., Wirkl. Geh. Rat, Prof. Dr., Marburg 1895
V. Berlepsch, Graf Hans, Erbkämmerer, Schloß Berlepsch 1890
Beyschlag, Fr., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Berlin 1902
Bolau, Heinrich, Dr., Hamburg 1895
Boulenger, G. A., F. R. S., Brit. Museum (N. H.), Dep. of Zool., London 1883
Boveri, Theodor, Prof. Dr., Zoolog. Institut, Würzburg 1902
Brauer, August, Prof. Dr., Zool. Museum, Berlin 1904
Breuer, H., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Wiesbaden 1887
Brigham, W. T., Bernice Pauhi Bishop Museum, Honolulu 1910
Buchner, E., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Chem. Institut, Würzburg 1907
Bucking, H., Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Straßburg 1896
Bumpus, H. C., Prof. Dr., American Museum of Nat. History, New York 1907
Bütschli, O., Geh. Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, Heidelberg 1875
du Buyson, Robert, Comte, Paris 1904
Conwentz, H., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Staatl. Stelle für Naturdenkmalpflege
Beriin 1892
Credner, H., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Leipzig 1902
Darwin, Francis, M. A., M. B., L. L. D., D. Sc, Hon. Ph. D., Cambridge 1909
Darwin, Sir Georg Howard, K. C. B., Prof., Cambridge 1909
Dewitz, J., Dr., Stat. f. Schädlingsforschungen, Devant-les-Ponts 1906
Döderlein, L., Prof. Dr., Zool. Institut, Straßburg 1911
Douglas, James, Copper Queen Company „Arizona", New York 1894
Dreyer, Ludwig, Dr., Wiesbaden 1894
Dyckerhoff, Rudolf, Prof. Dr. ing. h. c, Biebrich a. Rh. 1894
Ehlers, E., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Göttingen 1905
Engelhardt, Hermann, Hofrat Prof., Dresden 1891
Engler, H. G. A., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Bot. Institut, Beriin 1892
Eulefeld, A., Forstrat, Lauterbach 1910
Fischer, Emil, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Chem. Institut, Beriin 1891
Fischer, Emil, Dr., Zürich 1899
Fleischmann, Karl, Konsul, Guatemala 1892
Forel, August, Prof. Dr. med., phil. et jur. h. c, Yvorne 1898
Fresenius, Heinrich, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Wiesbaden 1900
Fries, Theodor Prof. Dr., Upsala 1873
Friese, Heinrich, Dr., Schwerin 1901
Fritsch, A. J., Prof. Dr., Museum des Königreichs Böhmen, Prag 1890
Fürbringer, M., Geh. Hofrat Prof. Dr., Anat. Institut, Heidelberg 1903
Gaskell, Walter Holbrook, M. D., Physiol. Institut, Cambridge 1911
Gasser, E., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Marburg 1874
Geisenheyner, Ludwig, Dr., Kreuznach 1911
Geyer, D., Mittelschullehrer, Stuttgart 1910
V. Graff, L., Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, Graz 1901
Greim, Georg, Prof. Dr., Darmstadt 1896
V. Groth, P., Geh. Hofrat Prof. Dr., Mineral. Institut, München 1907
Günther, Albert, M. A., M. D., Ph. D., L. L. D., London 1873
V. Gwinner, Arthur, Direktor der Deutschen Bank, Berlin 1909
Haacke, Wilh., Dr., Lingen am Emskanal 1890
Haberlandt, Gottlieb, Prof. Dr., Bot. Institut, Berlin 1905
— 35 —
Habermehl, H., Prof., Worms 1911
Hcaeckel, Ernst, Exz. Wirkl. Geh.-Rat Prof. Dr., Jena 1892
Hagenbeck, Karl, Kom.-Rat, Stellingen bei Hamburg 1905
Hartert, Ernst, J. 0., Ph. D., Zool. Museum, Tring Herts 1891
Hauthal, Rudolf, Prof. Dr., Römer-Museum, Hildesheim 1905
Heller, Karl Maria, Prof. Dr., Zool. Museum, Dresden 1910
Hertwig, 0., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat.-biol. Institut. Berlin 1907
Hertwig, R., Geh. Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, München 1907
Hesse, Paul, Venedig 1887
Hornstein, F., Prof. Dr., Kassel 1868
V. Ihering, H., Prof. Dr., Museu Paulista, Sao Paulo 1898
Jickeli, Karl Fr., Dr., Hermannstadt 1880
Jung, Karl, Frankfurt a. M. 1883
Kaiser, Heinrich, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Hannover 1897
Kammerer, Paul, Dr., Wien 1909
Kayser, E. F., Geh.-Rat Prof. Dr., Geol.-pal. Institut, Marburg 1902
V. Kimakoviez, Moritz, Hermannstadt 1888
Klemm, Gustav^, Prof. Dr., Landesgeolog, Darmstadt 1908
Klunzinger, Karl B., Prof. Dr., Stuttgart 1903
Knoblauch, Ferdinand, Sidney 1884
V. Koenen, A., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol.-pal. Institut, Göttingen 1884
König, Alexander F., Prof. Dr., Bonn 1898
Körner, Otto, Prof. Dr., Ohrenklinik Rostock 1886
Kossei, A., Geh. Hofrat Prof. Dr., Physiol. Institut, Heidelberg 1899
Kraepelin, K. M. F., Prof. Dr., Naturhist. Museum, Hamburg 1895
Kükenthal, Willy, Prof. Dr., Zool. Institut, Breslau 1895
Lampert, K., O.-Studienrat Prof. Dr., Nat.-Kabinett, Stuttgart 1901
Langley, John Newport, Prof., Cambridge 1905
Lankester, Sir Edwin Ray, M. A., D. Sc, L. L. D., Prof., London 1907
Lenz, Heinrich W. C, Prof. Dr., Naturhist. Museum, Lübeck 1899
Lepsius, R., Geh. 0. -Bergrat Prof. Dr., Geol. Landesanstalt, Darmstadt 1896
Le Souef, Dudley, Zool. Garten, Melbourne 1899
Liermann, Wilh., Prof. Dr., Kreiskrankenhaus, Dessau 1893
V. Linstow, Otto, Geh. Rat Dr., Gen. -Oberarzt a. D., Göttingen 1905
Liversidge, A., Prof. Dr., Hornton St. 1876
Loeb, Jacques, M. D., Prof., Rockefeiler Institut, Chicago 1904
Lucanus, L., San.-Rat Dr., Hanau 1908
Ludwig Ferdinand, Prinz von Bayern, Kgl. Hoheit, Dr., Nymphenl)urg 1884
Ludwig, H., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Bonn 1900
de Man, J. G., Dr., lerseke (Holland) 1902
Martin, Ch. J., Dr., Lister Institute of Preventive Medizine, London 1899
V. Mehely, Lajos, Dr., Nationalmuseum, Budapest 1896
Möller, A., 0. -Forstmeister Prof. Dr., Forstakademie, Eberswalde 1896
Montelius, G. 0. A., Prof. Dr., Statens Hist. Museum, Stockholm 1900
di Monterosata, Marchese, Tommaso di Maria AUery, Palermo 1906
Murray, Sir John, Sc. D., Ph. D., Edinburgh 1895 "
Nansen, Fridtjof, Prof. Dr., Lysaker bei Kristiania 1892
Nies, August, Prof. Dr., Mainz 1908
3*
— 36 —
Nissl, Franz, Prof. Dr., Psychiatr. Klinik, Heidelberg 1901
Notzny, Albert, Heinitzgrube, Beuthen 1902
Oestreich, Karl, Prof. Dr., Utrecht 1902
Osborn, Henry Fairfield, A. B., D. So., L. L. D., Prof., Präsident d. American
Museum of Natural History, New York 1909
Pagenstecher, A., Geh. San.-Rat Dr., Naturhist. Museum, Wiesbaden 1894
Pfeffer, W., Geh. Rat Prof. Dr., Bot. Institut, Leipzig 1907
Pfitzner, R., Pastor, Sprottau 1912
Preiss, Paul, Geometer, Ludwigshafen 1902
Ranke, J., Geh. Hofrat Prof. Dr., Anthropol. Institut, München 1883
Rayleigh, The right Hon. Lord, P. C, O. M. Prof., Kanzler der Universität
Cambridge, Essex 1909
Reis, Otto M., Dr., Landesgeolog, München 1902
Retowski, Otto, Staatsrat, Eremitage, St. Petersburg 1882
Retzius, Magnus Gustav, Prof. Dr., Stockholm 1882
Reuss, Johann Leonhard, Kalkutta 1888
Roux, Wilhelm, Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Halle 1889
Russ, Ludwig, Dr., Jassy 1882
Rüst, David, San.-Rat Dr., Hannover 1897
Rzehak, Anton, Prof. Dr., Brunn 1888
Sarasin, Fritz, Dr., Naturhist. Museum, Basel 1898
Sarasin, Paul, Dr., Basel 1898
Scharff, Robert, Ph. D., B. Sc, Nat. Museum of Science and Art, Dublin 1896
Schenk, H., Geh. Hofrat Prof. Dr., Bot. Garten, Darmstadt 1899
Schillings, C. G., Prof., Weiherhof bei Düren 1901
Schinz, Hans, Prof. Dr., Zürich 1887
Schlosser, Max, Prof. Dr., Paläont. Sammlung, München 1903
Schmeisser, K., Geh. Bergrat, Oberbergamts-Direktor, Breslau 1902
Schmiedeknecht, Otto, Prof. Dr., Blankenburg 1898
Schneider, Sparre, Museum, Tromsö 1902
V. Schröter, Guido, Wiesbaden 1903
Schnitze, Leonhard S., Prof. Dr., Marburg 1908
Schulze, F. E., Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Berlin 1892
Schweinfurth, Georg August, Prof. Dr., Berlin 1873
Schwendener, Simon, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr., Berlin 1873
Sclater, Phil. Lutley, M. A., D. Sc, Ph. D., London 1873
V. Semenow.-Tian-Shansky, Peter, Exz., Präsident der Russ. Entomol. Gesell-
schaft, St. Petersburg 1910
Simroth, Heinrich, Prof. Dr., Leipzig 1901
Spengel, J. W., Geh. Hofrat Prof. Dr., Zool. Institut, Gießen 1902
Speyer, James, New York 1911
Steindachner, F., Geh. Hofrat Dr., K. K. Nat. Hofmuseum, Wien 1901
Steinmann, G., Geh. Bergrat Prof. Dr., Geol.-pal. Institut, Bonn 1907
Sterzel, J. F., Prof. Dr., Naturw. Museum, Chemnitz 1908
Stirling, James, Government Geologist of Viktoria, Melbourne 1899
Strahl, H., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Gießen 1899
Stratz, Karl Heinrich, Dr., Haag (Holland) 1887
Stromer v. Reichenbach, Ernst, Freiherr, Prof. Dr., München 1908
— 37 —
Strubell, Adolf Wilhelm, Prof. Dr., Bonn 1891
Sueß, E., Prof. Dr., Präsident d. K. Akad. d. Wissenschaft, Wien 1892
Thilo, Otto, Dr., Riga 1901
Torley, Karl, Dr., Iserlohn 1910
Treboul, E., President de la Soc. nat. des sciences nat. et math., Cherbourg 1902
Urich, F. W., Government Entomologist, Port of Spain (Trinidad) 1894
Verbeek, Rogier Diederik Marius, Dr., Haag (Holland) 1897
Verworn, Max, Prof. Dr., Physiol. Institut, Bonn 1893
Vigener, Anton, Apotheker, Wiesbaden 1904
Voeltzkow, Alfred, Prof. Dr., Berlin 1897
de Vries, Hugo, Prof. Dr., Bot. Institut, Amsterdam 1903
Waldeyer, H.W. G., Geh. Med.-Rat Prof. Dr., Anat. Institut, Berlin 1892
Weber, Max 0. W., Prof. Dr., Zool. Museum, Amsterdam 1903
Weinland, Christ. David Friedr., Dr., Hohenwittlingen bei Urach 1860
Weismann, August, Exz. Wirkl. Geh.-Rat Prof. Dr., Zool. Institut, Freiburg 1860
Wetterhan, J. D., Freiburg 1876
V. Wettstein, Richard, Prof. Dr., Wien 1901
Wiesner, J., Geh. Hofrat Prof. Dr., Pflanzenphysiol. Institut, Wien 1907
Willstätter, Richard, Prof. Dr., Berlin 1911
Wittich, E., Dr., Mexiko 1912
Witzel, Louis, Comuna Prundu Jedetul Jefov (Rumänien) 1906
Wolterstorff, W., Dr., Naturhist. Museum, Magdeburg 1904
Zinndorf, Jakob, Offenbach 1900
38
Rückblick auf das Jahr 1912.
Mitteilungen der Verwaltung.
Das wichtigste Ereignis im abgelaufenen Geschäftsjahr, wie
überhaupt in der ganzen 95-jährigen Geschichte der Gesellschaft,
war die am 28. September 1912 erfolgte Unterzeichnimg des Ver-
trags über die Gründung einer Universität in Frank-
furt am Main, der zwischen der Stadt, der Akademie für Sozial-
und Handelswissenschaften, der Carl Christian Jügelstiftung, dem
Theodor Sternschen Medizinischen Institut, dem Institut für Ge-
meinwohl, der Georg und Franziska Speyerschen Studienstiftung,
dem Physikalischen Verein, der Dr. Senckenbergischen Stiftung,
dem Carolinum, dem Neurologischen Institut und unserer Gesell-
schaft geschlossen worden ist.
Die Frankfurter Universität wird eine Veranstaltung
des Staates im Sinne der §§ 1, 2, 67 ff. II 12 des Allgemeinen
Landrechtes sein und in ihren Verhältnissen nach den für die
übrigen Universitäten geltenden Grundsätzen durch Königliche
Satzung geregelt werden (§ 5 des Vertrags) ; jedoch sind zu ihrer
Verwaltung neben den sonstigen bei Universitäten vorhandenen
Organen der Große Rat und das Kuratorium der Universität
berufen (§ 6). Die Verwaltung unserer Gesellschaft wird zwei
Mitglieder in den Großen Rat entsenden (§ 7), von denen eins
in das Universitätskuratorium zu wählen sein wird (§ 9).
Die Ernennung der ordentlichen Professoren wird durch Seine
Majestät den König, die Ernennung der außerordentlichen Pro-
fessoren durch den Unterrichtsminister erfolgen. Ein unmittel-
barer Einfluß auf die Besetzung der Lehrstühle der von ihr ge-
pflegten Wissenschaften steht demnach unserer Gesellschaft nicht
zu, ebensowenig ein Einfluß auf die gutachtlichen Personalvor-
schläge der naturwissenschaftlichen Fakultät. Wohl aber hat
unsere Gesellschaft das Recht, durch das Universitätskuratorium
— 39 —
Bedenken gegen die üblichen Vorschläge der Fakultät bei dem
Minister zur Geltung zu bringen (§ 11). Auch sieht § 28 vor,
daß die Übertragung und Leitung der der Universität zur Ver-
fügung gestellten Anstalten — der Institute für Zoologie, Pa-
läontologie-Geologie und Mineralogie — durch den Minister nach
Benehmen mit dem Eigentümer erfolgt.
Im übrigen wird die Stellung der Gesellschaft zur Universität
durch § 24 des Gründungsvertrags geregelt:
„Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft
verpflichtet sich, das ihi* gehörige naturwissenschaftliche
Museum, insbesondere auch die Hörsäle, das Demonstra-
tionsmaterial und die wissenschaftlichen Sammlungen nach
einer mit der Direktion zu vereinbarenden Benutzungs-
ordnung unentgeltlich, sowie das Kursmaterial gegen Er-
stattung der Selbstkosten der Universität zur Mitbenutzung
für Unterrichts- und Forschungszwecke dauernd unter der
Bedingung zur Verfügung zu stellen, daß den Universitäts-
professoren der Zoologie, der Mineralogie und der Geo-
logie-Paläontologie die Verpflichtung auferlegt wird, auf
Antrag der Direktion der Senckenbergischen Naturfor-
schenden Gesellschaft für die Dauer der Leitung ihres
Universitäts-Instituts die Leitung des Museums oder der
ihrem Fach entsprechenden Abteilung desselben gegen
eine jährliche Vergütung von 3500 Mark bzw. 1000 Mark,
sowie die Abhaltung einer höchstens zweistündigen, für
die Mitglieder der Gesellschaft bestimmten und für diese
unentgeltlichen Vorlesung gegen eine Vergütung von je
500 Mark pro Stunde und Semester zu übernehmen. Von
der Verpflichtung zur eventuellen Übernahme der Leitung
des Museums kann der Universitätsprofessor der Minera-
logie auf seinen Wunsch entbunden werden. Solange und
insoweit die Senckenbergische Gesellschaft von diesem
Rechte Gebrauch macht, hat sie den Betrag ihrer jetzigen
Aufwendungen für die in Frage kommenden Dozenten,
einschließlich der vertragsmäßigen Steigerung, aber ab-
züglich der vorgenannten Vergütung, an die Universitäts-
kasse abzuführen. — Die Universitäts-Institute für Zoo-
logie, Mineralogie und Geologie-Paläontologie nebst zwei
Hörsälen werden auf dem der Dr. Senckenbergischen Stif-
tung gehörenden Museumsgrundstück als ein Teil des
_ 40 —
Museumsbaues nach näherer Vereinbarung auf Kosten der
Universität von der Senckenbergischen Naturforschenden
Gesellschaft erbaut, von der Gesellschaft auf ihre Kosten
baulich unterhalten und dauernd der Universität zur aus-
schließlichen Benutzung mit der Maßgabe übergeben, daß
andere wie die gedachten Institute darin nicht unter-
gebracht werden dürfen, und daß die Einrichtungs- und
Betriebskosten der Institute, einschließlich Heizung, Be-
leuchtung und Reinigung, von der Universität bestritten
werden.
Im übrigen wii'd die Stellimg und Tätigkeit der
Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft durch
ihre vorstehend geregelte Beteiligung an der Universität
nicht berührt. Insbesondere bleiben ihr die gesamte Ver-
waltung und der weitere Ausbau ihres Museumsgebäudes
imd ihres naturwissenschaftlichen Museums, die ausschließ-
liche Beschlußfassung über dessen Leitung und Benutzung,
über die Anstellung ihres Personals, Festsetzung der Ein-
nahmen und Ausgaben, Erlaß und Handhabung der Haus-
ordnung überlassen. Namentlich kann die Gesellschaft
auf populärwissenschaftlichem Gebiet ihre Tätigkeit un-
abhängig von der Universität fortsetzen.''
Um jedoch durch die Errichtung der Universitätsinstitute
in dem Ausbau ihres eigenen Museums nicht behindert zu sein,
war für die Gesellschaft eine Grundstücksvergrößerung vmerläß-
lich. Sie wird nach § 14 Abs. 3 des Universitätsvertrags erfolgen,
in dem sich die Stadt verpflichtet hat,
„der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft
das westlich an das Senckenbergische Museumsgrund-
stück angrenzende städtische Grundstück in Größe von
3744 Quadratmetern unentgeltlich und dauernd für Zwecke
des Museums oder der Universität im Erbbau zu über-
tragen."
Durch die vertraglich festgelegten Bestimmungen glaubt
die Verwaltung, die volle Selbständigkeit der Gesellschaft
gewahrt zu haben, und erblickt eine ausreichende Gewährleistung
für deren Unabhängigkeit, insbesondere auch bei Anstellimg
ihrer wissenschaftlichen Beamten und in finanzieller Hinsicht,
in folgenden Voraussetzungen :
— 41 —
1) in der bei jedem Dozentenwechsel aufs neue zu treffenden
freien Entschließung der Ve r w a 1 1 u n g, ob sie dem neu-
berufenen Universitätsprofessor die Leitung ihres Museums, bzw.
einzelner seiner Abteilungen und die Abhaltung von Vorlesungen
übertragen will oder nicht, wodurch insbesondere auch
den Entschließungen späterer Generationen in kei-
ner Weise vorgegriffen wird,
2) darin, daß der Gesellschaft aus dem Betrieb der der Uni-
versität zur Verfügung gestellten Institute keinerlei Mehr-
ausgaben erwachsen, und
3) in dem ausdrücklich vorbehaltenen Recht der Gesellschaft,
ihre in den Statuten festgelegten Zwecke und Ziele unbehin-
dert durch d i e U n i V e r s i t ä t weiterzuverf olgen, wie auch ihi'e
gesamte seitherige Tätigkeit, namentlich auf populärwissenschaft-
lichem Gebiet, unabhängig von der Universität fortzusetzen.
Schließlich wird die Gesellschaft den Vorteil genießen, daß
bei eventueller Ausführung des geplanten Neubauprojektes ein
erheblicher Teil des hinteren Traktes eines neuen Lichthofs auf
Kosten der Universität erbaut wird.^)
In sehr erfreulicher Weise ist durch den Eintritt von 179
beitragenden Mitgliedern deren Zahl im Berichtsjahr von 1249
auf 1358 angestiegen, obwohl 15 beitragende Mitglieder ver-
storben und 49 ausgetreten oder verzogen, sowie weitere 6 in
die Reihe der ewigen Mitglieder übergetreten sind. Es sind dies :
Ingenieur Alexander Askenasy, Carl Bittelmann, Prof.
Dr. Ludwig Edinger, Friedrich Ludwig von Gans, Wil-
helm Holz und Eduard Jungmann. Als ewiges Mitglied
eingetreten ist Dipl.-Ing. Hermann Wo 1 f in Bad Homburg v.d.H.
Auch Frau AnnaKoch geb. von St. George (f), die der Gesell-
schaft durch letztwillige Verfügung ein Kapital von M. 20000. —
hinterlassen hat, wurde durch Verwaltungsbeschluß in die Zahl
der ewigen Mitglieder aufgenommen. Schließlich haben die Kinder
unseres verstorbenen arbeitenden Mitgliedes San.-Rat Dr. Ernst
Blumenthal den Namen ihres heimgegangenen Vaters in pietät-
voller Gesinnung in die Liste unserer ewigen Mitglieder eintragen
*) Siehe „Die Zukunft des Senckeubergischen Museums", 43. Bericht der
Senckenberg. Naturf. Ges. 1912 S. 97-103.
— 42 —
lassen. Die Zahl der letzteren ist somit im Berichtsjahr von 172
auf 181 angestiegen.
Durch den Tod entrissen wurden uns ferner : die außerordent-
lichen Ehrenmitglieder Adolf von Grunelius und Geh. Hof-
und Baurat Prof. Dr. Paul Wallot in Biebrich a. Rh., die ewigen
Mitglieder Frau Marie Meister und Sir Julius Wernher in
London, sowie die korrespondierenden Mitglieder Geh. Med.-Rat
Prof. Dr. W. Dönitz in Berlin, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. H. Munk
in Berlin, Dr. Ph. Steffan in Marburg, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr.
E. Straßburger in Bonn und Geh. Rat Prof. Dr. F. Zirkel in Bonn.
Ernannt wurden: Zu korrespondierenden Ehrenmitgliedern:
Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg. Kais. Gouver-
neur in Togo, und Geh. Rat Prof. Dr. Carl Chun in Leipzig.
Zu korrespondierenden Mitgliedern: Pastor R. Pfitzner in
Sprottau und Dr. E.Witt ich in Mexiko.
Zum außerordentlichen Ehrenmitglied: Prof. Dr. Wilhelm
Kobelt in Schwanheim.
Zu arbeitenden (Verwaltungs-) Mitgliedern: Ernst Crei-
zenach und Dr. jur. Hermann Günther.
Zu Mitarbeitern: Dr. E. Bannwarth in Cairo, Bauunter-
nehmer AdamGlockin Rödelheim, MaxGüldnerin Chemnitz,
Lehrer August Kahler in Hanau und Dr. Pierre Murisier
in Lausanne.
Zu unserem großen Bedauern hat sich unser verdienter
Konsulent Justizrat Dr. Fritz Berg aus Gesundheitsrücksichten
genötigt gesehen, sein Amt, das er seit 24. November 1897 be-
kleidete, am 29. Juni niederzulegen. An seine Stelle wurde am
24. August Dr. Hermann Günther zum Konsulenten ernannt.
Konservator Adam Koch, der am 20. April 1857 als Ge-
hilfe in den Dienst des Museums getreten war, ist nach fast
55-jähriger Wirksamkeit am 31. März aus seiner Stelle ausge-
schieden. Nur kurze Zeit war es ihm vergönnt, sich des wohl-
verdienten Ruhestandes zu erfreuen: am 4. Januar 1913 hat der
Tod den pflichttreuen Beamten, dem die Gesellschaft über das
Grab hinaus ein dankbares Gedenken bewahren wird, aus
seinem arbeitsreichen Leben abberufen.
Am I.April wurde Georg Ruprecht als Präparator an-
gestellt.
Die ordentliche Generalversammlung fand am 21. Februar
statt. Sie genehmigte nach dem Antrag der Revisionskommission
— 43 —
die Rechnungsablage füi' 1911 und erteilte dem I. Kassierer W.
Melber Entlastung. Der Voranschlag für 1912, in Einnahmen
und Ausgaben mit M. 137480.65 balanzierend, wurde genehmigt.
Nach dem Dienstalter schieden aus der Revisionskommission
Charles A. Scharff und Moritz von Metzler aus; an ihre
Stelle wurden gewählt Dr. Alfred Me r ton und Heinrich
Andreae; an Stelle des am 28. Februar verstorbenen Mitgliedes
der Kommission Wilhelm Rohmer wurde von der Verwaltung
Eugen Grumbach-Mallebrein ernannt. Für 1912 gehörten
der Revisionskommission ferner an: Justizrat Dr. PaulRoediger
als Vorsitzender, Konsul Etienne Roques-Mettenheimer
und Robert Osterriet h.
Das Stipendium der Askenasy- Stiftung für Botanik wurde
am 5. Mai, am Geburtstag des verstorbenen Prof. Dr. Eugen
Askenasy, an Geh. Hofrat Prof. Dr. Adolf Hansen in Gießen
als Beitrag zu einer Studienreise nach Ceylon erteilt.
Am 29. Mai fand die Jahresfeier statt, bei der Dr. H. Schu-
botz aus Berlin den Festvortrag hielt.
Anläßlich der Feier seines 50-jähi'igen Doktorjubiläums am
13. Dezember wurde Prof. W. K o b e 1 1 in Schwanheim mit den herz-
lichsten Glückwünschen der Direktion und Verwaltung das Diplom
als außerordentliches Ehrenmitglied überreicht.
Mit Ende des Jahres sind nach zweijähriger Amtszeit sat-
zungsgemäß aus der Direktion ausgeschieden : der I. Direktor Prof.
Dr. A. Knoblauch und der I. Schriftführer Dr. F. W. Winter.
An ihre Stelle wiu-den für die Jahre 1913 und 1914 Dr. Arthur
von Weinberg und Dipl.-Ing. Paul Prior gewählt.
44
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— 46
Museumsbericht.
Der Besuch des Museums war ein außerordentlich reger;
unter den 65275 Besuchern des Jahres 1912 waren 1457 zahlende
Personen. Auch viele Fachgelehrte und wissenschaftliche Kor-
porationen, Studenten und Schulen besichtigten die Sammlungen.
Außerdem fanden zahlreiche Führungen durch die verschiedenen
Abteilungen des Museums für die Mitglieder der Gesellschaft,
sowie für Vereine und Gewerkschaften statt.
In der Tischlerei wurden fünf große Schränke mit staub-
dichten Kästen zur Aufnahme der Säugetier- und Vogelbälge an-
gefertigt; weitere Schränke sind in Arbeit. Die Hausdruckerei
lieferte neben den laufenden Arbeiten Etiketten für die zoolo-
gische Lokalsammlung, die biologische Insektensammlung, die
Schausammlung der Würmer, den Embryonenschrank und die
Abteilung der fossilen Wirbellosen.
I. Zoologische Sammlung'.
Die Sammlung der einheimischen Wirbeltiere wurde im
zweiten Stockwerk in vier freistehenden und vier Wandschränken
neu aufgestellt und mit gedruckten Etiketten versehen.
Bei den Katalogisierungs- und Einordnungsarbeiten in den
verschiedenen Abteilungen, sowie beim Anfertigen und Aufstellen
neuer Präparate waren behilflich: Frl. L. Baerwald, Frl. C. Burg-
heim, Frl. P. Haas, Frl. R. Herzberg, Frl. A. Hobrecht, Frl.
E. Hobrecht, Frau Dr. Lehrs, Frau Dr. Löw-Beer, Frl. A.
Reichenbach, Frau E. Reichenberger, Frl. H. Reishaus,
Frl. A. Roediger, Frl. F. Schott, Frl. L. Waldeck und Frl. T.
Wertheimer. Frau L. Cayard setzte ihre embryologischen
Studien fort; E. Creizenach arbeitete in der Skelettsammlung
und beteiligte sich mit Dr. E. Schwarz bei der Katalogisierung
der Ausbeute der Innerafrika-Expedition des Herzogs Adolf
— 47 —
Friedrich zu Mecklenburg. E. Cnyrim war den größten
Teil des Jahres mit der Präparation der Augen- und Augendrüsen-
muskulatur eines indischen Elefanten beschäftigt; das Präparat
ergibt wissenschaftlich wertvolle Resultate.
Einzig in ihrer Art dürfte unsere Sammlung von Wandtafeln
sein, die eigens für die Vorlesungen angefertigt werden. Unter
den zahlreichen neu eingereihten Tafeln sind künstlerisch ganz
hervorragende, die wir Frl. B. Groß {Lychnaspis miranda,
Calocyclas monmnentum) und Frau L. Holz-Baerwind (Plimia-
tella, Ascidien) verdanken. Seit Oktober ist auch Frl. S. Hartmann
an der Herstellung der Wandtafeln beteiligt. Zu der in einer Groß-
stadt oft recht schwierigen Beschaffung von Unterrichtsmaterial
für die praktischen Übungen waren die meisten Teilnehmer des
Jugendkurses, insbesondere A. Schulze -He in, gern behilflich.
Mehrfach wurde Auskunft über Anfragen zoologischen In-
halts erteilt. Material zu wissenschaftlicher Benutzung wurde
ausgeliehen an: die Ausstellung „Der Mensch" in Darmstadt,
H. Graf von Berlep seh- Schloß Berlepsch, Dr. C. Boettger,
Prof. A. Brau er -Berlin, G. A. Boulenger-London, Prof. L.
Edinger, Prof. H. Egge ling- Jena, Oberlehrer P.Ehrmann-
Leipzig, Dr. W.Epstein, Dr. V. Franz, Dr. R. Gonder, 0.
K r ö b e r - Hamburg, Prof. P. Matschie- Berlin, Prof. Th. M o r -
t e n s e n - Kopenhagen, A. Müller- Höchst, Prof. Th. N e u m a n n,
Dr. C. Fr. R 0 e w e r - Bremen, Frl.H. Reishaus, Dr.L. Scheuring-
Gießen, Dr. J.W.Schmidt-Bonn, Dr.E. Schwarz, Dr.A.Send-
1er, Prof. F. Siebenrock-Wien, Prof. A. Steuer-Darmstadt,
H. S t r i d d e, Dr. J. Vi g e n e r -Wiesbaden, A. We her- München,
cand. geol. H.Wegele- Göttingen, Dr. E.Wolf- Süssen i. W., 0.
Graf von Zedlitz-Trütschler-Berlin.
Von vielen Teilnehmern der im Sommer veranstalteten Ex-
kursionen empfingen wir zur Vermehrung der einzelnen Abtei-
lungen dankenswerte Beiträge, die namentlich der Ausgestaltung
der Lokalsammlung zugute kamen.
Außerdem erhielt das Museum von den verschiedensten Seiten
reiche Zuwendungen an zoologischen Objekten. Die Schenker,
denen auch an dieser Stelle herzlich gedankt sei, sind: J. Anders,
E. Andreae, Dr. A. Andres, Dr. E. Bannwarth-Cairo, Frl.
L. Baerwald, H. Graf von Berlep seh- Schloß Berlepsch, A.
Beuth- Oberreifenberg, Biologische Gesellschaft für Aquarien-
und Terrarienkunde, Dr. C. Boettger, L. Bor char dt-Riga, E.
— 48 —
Biichka, Dr. A. Bücheier, G. Biirkhardt, Frl. C. Burgheim,
Prof. H. von Buttel-Reepen, Major W. von Br edow -Berlin,
P. Cahn, E. Cnyrim, Geh. Rat C. Chun -Leipzig, W. M. Cooper,
E.Creizenach, A. Diehl- Oppenheim, E.Diener, Dr.W.Drory,
E. Enslin-Fürth, Prof. P. Ehrmann-Leipzig, M. Eisemann,
Forstrat E u 1 e f e 1 d - Lauterbach, E. E u r i c h, Frl. A. F a h r - Darm-
stadt, E.Fischer, Prof. M. Flesch, Frl. M. von Forkenbeck,
F.Fränkel, L Fries, H. Fruhstorfer-Genf, A. Göbel, Feld-
schütz Göbel, R.v. Goldschmidt-Rothschild, Dr. R. Gonder,
Frau H. Gottschalk-Buchschlag, Frl. B. Groß, Dr. J. Guide,
Obergärtner R.Günther, 0. Gurke, A.Haas-Duala, Haas&Co.,
F. Haag, C. Hage nb eck- Stellingen, Geheimrat A. Hansen-
Gießen, G. H a r t m a n n - Niederhöchstadt, K. Hashagen- Bremen,
P. H e s s e -Venedig, Prof. L. von Heyden, Frl. A. Hobrecht,
Frl. E. Hobrecht, K.Hopf, H. Jacquet, K. Jost, Frl. M. Kayßer,
J. Kilb-Skobeleff, Missionar A. Kling, Prof. A. Knoblauch,
Alex Knoblauch, Frl. H. Knoblauch, Prof. W. Kobelt-
Schwanheim, A. Koch, H. Königswerther, H. Koßmann,
H. Kr ah- Schwanheim, Fr. Krebs, Forstmeister E. Krekel-
Hofheim, Förster L. Krohn, K. Küchler, Inspektor L. Lang,
F. Lange-Haiffa, Zoologisches Museum in Lausanne, Prof. R.
Lauterborn -Ludwigshafen, Dr. A. Lejeune, Dr. 0. Le Roi-
Bonn, A. Levi-Reis, Dr. 0. Löw-Beer, Dr. A. Lotichius,
August Lotichius, Otto Lotichius, Dr. H. Lotz-Berlin,
W. Ludolph, Naturhistorisches Museum-Magdeburg, L. Mair,
Prof. E. M a r X, Dr. F. M a y, J. M a y r, Dr. H. M e r 1 0 n - Heidelberg,
Frl. E. Metzger, C. Molzahn, A. Müller-Höchst, E.Müller,
Frau Ph. von Mumm, G. Nägele -Waltersweiler, Kom.-Rat R.
de Neufville, Neurologisches Institut (Prof. E dinger), H.
Pabst, W. Panzer, E. Parrot, C.Prior, Dipl.-Ing. P. Prior,
Frl. A.Reichenbach, Frl.H.Reishaus, San.-Rat E.Roediger,
Prof. F. Richters, Dr. F. Rintelen-Rosenstein, P.Rosenthal,
Dr. H. Roß -München, Prof. P. Sack, A. Schädel, Dr. R. S.
Scharf f-Dublin, Lehrer Schäfer, Lehrer Scheuring-Überau,
0. Schleifenbaum-Hofheim, W. Scholz, Frl. L. Scholz, Ju-
stizrat K. Schmidt-Polex, M.Schlemmer, Prof. L.S. Schnit-
ze - Kiel, Dr. E.Schwarz, Postsekretär K. Schwebel -Worms,
A. Schulze-Hein, G. Schwinn-Marseille, A. Seidler-Hanau,
Prof. A. S e i t z - Darmstadt, Landesökonomierat A. Siebert, M.
Silb ermann, E. Sondheim, Frau M. Sondheim, Gartenbau-
— 49 —
direktor Spohr, Deutsche Südpolarexpedition, E. Sulzbach, A.
W. Stelf ox-Belfast, Lehrer H. Stridde, Sowerby and Ful-
ton-Kew, FrauM.vonTrenkwald, Frl. L. Wald eck, A.Weber-
München, Dr. A. vo n We i n b e r g, A. We i s, A. H. We n d t - St. Goar,
Frl. T. We r t h e i m e r, C. We spy- Braubach, W. Wi e n e r - Eltville,
Dr. F. W. Wi n t e r, E. Wi t e b s k y, Apotheker Wi 1 1 i c h - Kostheim,
Dr. E.Witt ich- Mexiko, J. J. Wo op en, Dr. E. Wo If- Süssen, H.
Wüsthoff & C 0. - Sprendlingen, A. Zirps-Neutitschein, Zoolo-
gischer Garten.
Einen erfreulichen Fortschritt hat die Handbibliothek zu
verzeichnen. Nachdem Tausende wertvoller Separata jahi'elang
ungeordnet und darum kaum benutzbar aufgestapelt lagen, hat
Frl. A. Hobrecht die große Arbeit übernommen, den ganzen Be-
stand zu ordnen und zu katalogisieren. Die umfangreiche Rom er-
sehe Separatensammlung und zahlreiche Neueingänge sind bereits
fertig bearbeitet. Wertvolle Bereicherung erfuhren die Hand-
bibliothek und die Separatensammlungen der einzelnen Sektionen
von: Dr. W. Alt, Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften,
Dr. C. Boettger, H. Borcherding-Vegesack, M. E. deBoury-
Paris, Dr. A. Dampf -Königsberg, Dr. W. Diensbach, Dr. G.
End er lein- Stettin, Dr. L. Ger main-Paris, D. Geyer- Stutt-
gart, Kaiserliches Gesundheitsamt-Berlin, Dr. R. G o n d e r, Dr. R.
Gondermann-Leipzig, A. Günther t-Flensburg, Dr.F.Haas,
Prof. H. Habermehl-Worms, Dr. D. Häberle-Heidelberg, Dr.
E. C. Hellmayr-München, Prof. L. von Hey den, San.-Rat R.
Hilb er t- Sensburg, Dr. C. Hossens-Berchtesgaden, Dr. Ch.
Janet-Paris,W. Israel- Gera, Kaiser-Friedrich-Gymnasium, Dr.
P. Kammerer-Wien, H. Kauff mann, A. S. Kennard-Becking-
ham, Prof. F. Kinkelin, Prof. B. Klun zing er- Stuttgart, F.
Koenike -Bremen, Prof. W. K ob elt- Schwanheim, Dr. R. LKo-
warzik-Prag, Dr. P.Krüger-München, Liebig-Realschule, Dir.
0. Liermann, F. Mac Farland-Stenford, Dr. J. G. de Man-
lerseke, Prof. P. Mühlen s-Hamburg, Prof. L. von Mehely-
Budapest, Prof. M. Mob ius, F. Müller- Schönberg, L.Müller-
München, Musterschule, Kgl. Naturalienkabinett-Stuttgart, Kom.-
RatR.de Neufville, Dr. L. Nick, Dr. A. Ortmann-Pittsburg,
H. Overton-Sutton, H. B. Preston-London, Prof. A. Pütter-
Bonn, L. H. Reiß, Dr. C. Richters, Prof. F. Richters, Dr. L
Riemenschneider-Dorpat, San.-Rat E. Roediger, Frl. H.
Rörig, Dr. A. R u b b e 1 - Marburg, Dr. L. Scheuring-Gießen,
— 50 —
Dr. M. Seebach- Heidelberg, Dr. A. S e n d 1 e r, Landesökonomierat
A. Siebert, Prof. H. Simroth-Leipzig, Prof. 0. zur Strassen,
Dr. W. J. Schmidt-Bonn, Dr. E. Schwarz, Sowerby and
Fulton-Kew, A. W. Stelf ox-Belfast, Prof . W. S t e m p e 1 -Mün-
ster, Dr. N. Stenshoff-Celle, E. Strand-Berlin, Dr. E. Teich-
mann, G. B. Teubner-Leipzig, Verein für Geographie und
Statistik, Verein für Naturwissenschaftliche Unterhaltung, A.We i s,
Wöhler-Realgymnasium, Dr. W. Wo Iterstorff- Magdeburg, Zoo-
logisches Institut-Basel.
1. Sängetiere.
Nachdem im Jahre 1911 durch Verlegung der Wirbeltier-
Lokalfauna einiger Platz zur Ausdehnung der Säugetierschau-
sammlung geschaffen worden war, wurde im Berichtsjahr die Neu-
aufstellung mit den niederen Gruppen begonnen. Die Kloakentiere
gelangten in neuen und besonders schönen Exemplaren zur Auf-
stellung; die Beutler und Zahnarmen wurden durch eine große
Anzahl hervorragender neuer Stücke ergänzt, während viele der
vorhandenen alten Bälge umgearbeitet wurden, so daß auch dieser
Teil der Sammlung, ohne schon vollendet zu sein, gegen den
früheren Zustand ein recht erfreuliches Bild darbietet.
Von der Säugetierausbeute der Innerafrika-Expedition des
Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg sind nunmehr
sämtliche Felle gegerbt und die Schädel gereinigt. Ein großer
Teil des Materials ist bereits in wissenschaftlicher Bearbeitimg.
Okapi und Riesenschuppentier wurden in der Schausammlung
aufgestellt.
Von den größeren Geschenken sind zu erwähnen: eine Sita-
tunga und ein kapitales Wapiti-Haupt aus dem Atelier von Row-
land Ward-London von Rudolf von Goldschmidt-Roth-
schild, der Balg des großen Schimpansen „August", der nach
fünfjährigem Aushalten im hiesigen Zoologischen Garten leider
eingegangen ist, von August Lotichius, der Balg eines kost-
baren Kamtschatka-Rotfuchses mit weißem Anflug von H. K ö-
nigswerther, ein Riesenducker (Cephalophus sylvicultor) aus
Nordwest-Kamerun von A. Diehl, sowie ein Zwergflußpferd aus
Liberia, ein Mähnenwolf, eine Tibetantilope, ein Paar sibirische
Steinböcke, zwei Schnabeltiere, zwei Arten von Schnabeligeln,
ein Kugelgürteltier, mehrere Arten von Faultieren und viele
Beuteltiere von dem Sektionär Dr. Alfred Lotichius.
— 51 —
Außerdem verdankt die Säugetiersammlung noch wertvolle
Zuwendungen einer großen Anzahl von Gönnern, die nicht alle
einzeln aufgeführt werden können, deren Namen aber in dem
vorhergehenden Gesamtbericht dankend erwähnt sind.
2. Vögel.
Die Vogelsammlung ist um über 3000 Bälge bereichert
worden. Davon entfallen allein 2000 auf die von dem Münchener
Ornithologen Dr. C. Parrot hinterlassene, an Typen reiche Samm-
lung, die E. Parrot in Frankfurt, ein Verwandter des Verstor-
benen, angekauft und dem Museum geschenkt hat. Unter den
übrigen Zugängen, vielfach Geschenken des Sektionärs Kom.-Rat
R. de Neufville, sind besonders hervorzuheben: 189 von Klages
gesammelte und durch H e 11 mayr -München bearbeitete Bälge
aus Venezuela, 120 aus Minas Geraes, 50 aus Indien, 20 aus
Guatemala, 105 (von Dr. E.Witt ich geschenkte) aus Mexiko,
40 aus Neuguinea, 105 aus Venezuela. Für die Schausammlung
erhielten wir u. a. einen riesigen Trapphahn von Major W. von
B r e d 0 w, zwei durch ihre Flugunfähigkeit interessante südameri-
kanische Vögel (Tachyeres und Centrojjebna) vom Grafen von
Berlepsch und eine prachtvolle Rosen move, bekanntlich eine
große Seltenheit, von E. Sulzbach. E. Greiz enach schenkte
ein ziemlich vollständiges Skelett der ausgestorbenen Dronte von
Mauritius.
Bei den Bestimmungen, besonders der amerikanischen Bälge
fand die Sektion die liebenswürdige Unterstützung des Grafen
vonBerlepsch. Die Umarbeitung der „wissenschaftlichen Samm-
lung" in eine Balgsammlung wurde bedeutend gefördert; die
Bälge wurden frisch etikettiert, katalogisiert und in die neuen
Schränke eingeordnet. An dieser Arbeit beteiligten sich anfangs
A. Koch, später Frau Dr. H, Löw-Beer und Frau E. Reichen-
berger.
3. Reptilien und Amphibien.
Zahlreiche Museums- und Privatexkursionen vermehrten das
Material an mitteleuropäischen Kriechtieren und Lurchen. An
Geschenken sind besonders hervorzuheben wiederholte prächtige
Sendungen aus Kamerun von unserem rührigen Mitarbeiter A.
Haas, Reptilien und Amphibien aus der Umgebung von Neapel
(Dr. L. Nick), seltenere, besonders ostafrikanische Arten (Frl. A.
Fahr) und zahlreiche schöne Formen vom Zoologischen Garten.
— 52 —
Durch Kauf gelangten wir in den Besitz manches wertvollen
Stückes aus dem Zoologischen Garten, so besonders der aben-
teuerlich gestalteten Zottenschildkröte (Chelys fimbriata) aus dem
Amazonas-Gebiet. Durch Tausch wurden seltene Stücke von Prof.
Dr. Franz Werner-Wien erworben.
4. Fische.
Aus den reichen Zuwendungen des Jahres ist an erster
Stelle ein besonders stattliches Exemplar des brasilianischen
Lungenfisches Lepidosiren jxiradoxus zu nennen, ein kostbares
Geschenk von Frau Geheimrat Ed. Oehler.
Der Sektionär A. H. Wendt läßt es sich mit unermüdlichem
Eifer angelegen sein, die umfassend angelegte Sammlung der
Süßwasserfische Mitteleuropas durch fortlaufende Zuwendungen
aus den verschiedenen Gebieten zu bereichern. Bei der Be-
schaffung von Material aus den südlichen Schweizer Seen und
deren Umgebung wurde er durch unseren eifrigen Mitarbeiter
Dr. P. Murisier-Lausanne unterstützt.
Weiteren Zuwachs verdankt die Sektion der Biologischen
Gesellschaft für Aquarien- und Terrarienkunde (zahlreiche aus-
ländische Zierfische) und Dr. Löw-Beer (eine umfängliche Kol-
lektion aus der Bucht von Madras).
5. Tunikaten.
Die Gruppe hat im Berichtsjahr, namentlich an Synascidien
erheblich zugenommen, vor allem durch die eifrige Sammeltätig-
keit unseres Mitarbeiters Dr. E. Bannwar th und durch die uns
als Geschenk überwiesenen Dubletten der Deutschen Südpolar-
Expedition.
6. Mollusken.
Der Zettelkatalog der Sektionsbibliothek erfuhr dankenswerte
Förderung durch die gütige Hilfe von Frl. P. Haas. Die Biblio-
thek wurde durch Kauf und Tausch vermehrt, die Neuordnung
der Sammlung, soweit bei dem Mangel an Schränken möglich,
fortgesetzt.
Dr. F. Haas begann die Bearbeitung des sehr wichtigen
Voeltzkowschen Materials aus Madagaskar und den benach-
barten Gebieten.
Dr. C. Boettger bearbeitete die M e r t o n - Ausbeute und
lieh, wie öfters, seine freiwillige wertvolle Hilfe in Sammlungs-
angelegenheiten.
— 53 —
7. Insekten.
Die Insektenschausammlimg ist durch die rege Arbeit der
Sektionäre rüstig vorangeschritten. Die Aufstellung der deut-
schen Koleopteren (Prof. von Hey den) wurde zu Ende geführt,
nachdem die vorhandenen Lücken durch Kauf und durch Schenkung
vieler fehlender Arten (Prof. von Heyden, Deutsch. Entomolog.
Museum-Dahlem) möglichst ausgefüllt worden waren. Die Auf-
stellung der allgemeinen Käfersammlung wurde mit Repräsen-
tanten der Carabiden der ganzen Erde begonnen. Die Hyme-
nopteren-Sammlung (A. Weis) wurde durch Ankauf einer Reihe
von Apiden ergänzt. Die Sammlungen der einheimischen Mikro-
lepidopteren (E. Müller) und Dipteren (Prof. Sack) wurden
vollständig und in der Abteilung für Hemipteren (Dr. Guide)
die deutschen Cicadinen neu aufgestellt.
In den Wandschränken des Insektensaales wurden anatomische
Präparate und biologische Zusammenstellungen untergebracht. Sie
stammen zum Teil aus der alten biologischen Sammlung, die im
Vorraum aufgestellt war; großenteils aber sind sie neu erworben
oder aus dem Material der Exkursionen usw. zusammengestellt.
Einige Entwicklungen sind im Museum gezüchtet worden. Die
Insektenbauten-Sammlung erfuhr einen wertvollen Zuwachs durch
einen Termitenhügel {Termes redtemanni Wasmann), den Prof.
H. von Buttel-Reepen aus Ceylon mitgebracht hat.
Ferner wurden die Kleinschmetterlinge der wissenschaftlichen
Sammlung geordnet, die Zusammenstellung einer Schausammlung
exotischer Schmetterlinge vorbereitet und mit der Aufstellung
einer allgemeinen Dipteren-Sammlung begonnen, sowie in der
Abteilung der Neuropteren und Orthopteren die großen Bestände
an unbestimmten exotischen Stücken neu geordnet.
Zahlreiche wertvolle Geschenke sind der Sektion zugeflossen;
besonders erwähnt seien eine Anzahl neuer oder dem Museum feh-
lender Koleopteren-Arten von Mouhot bei Alexandria (A. Andres
im Namen der Soc. Entomolog. d' Egypte-Cairo), einige weitere
Arten aus Ägypten, darunter der neue Bockkäfer Macrotoma höhmi
Reitter (Dr. E. B a n n w a r t h), ein Cerambyx batus L., aus Brasilien,
lebend mit Holz in Frankfurt importiert (A. G ö b e 1), verschiedene
Größen des Hirschkäfers, (durch Prof. von Heyden von Präpa-
rator Kucharzik-Göblitz angekauft und dem Museum über-
wiesen), zahlreiche Hymenopteren-Arten (A. Weis), eine große
Sammlung — 45 Kasten — paläarktischer Schmetterlinge (C. S opp),
— 54 —
sowie reichhaltige Kollektionen von Insekten verschiedener Ord-
nungen aus Turkestan (K. Küchler), Paraguay (Hauptmann
A. Fischer), Nordwest-Kamerun (A. Diehl), Ceylon und Indien,
darunter seltene Termitengäste (Dr. Löw-Be er, 0. Lotichius
und Geheimrat A. H a n s e n). Für eine Anzahl Insekten von Ker-
guelen und St. Paul (aus dem Material der Deutschen Tiefsee-
Expedition) schulden wir Geheimrat C. Chun besonderen Dank.
Außerdem sind größere und wertvolle Ankäufe von Kole-
opteren aus Deutsch-Südwestafrika (von Fr. Schmitt), Südafrika
(von Missionar A. Kling), Sumatra (von Missionar E.Schütz)
und Brasilien (von F. Zikan), sowie an exotischen Syntomiden
und Hepialiden (von H.Rolle-Berlin) erfolgt.
Für die Aphanipteren- Sammlung wurde im ganzen Jahr
Material an den aus dem Zoologischen Garten eingelieferten
Kadavern abgelesen. Zwölf Arten von Flöhen in mikroskopischen
Präparaten wurden von A. C. 0 u d e m a n s-Arnhem erworben. Sehr
zu begrüßen ist das stärkere Anwachsen der Apterygoten-Sammlung,
der die Ausbeute verschiedener Exkursionen zugute gekommen ist.
Zur Bestimmung und wissenschaftlichen Bearbeitung wurde
Material gesandt an: Prof. 0. Schmiedeknecht-Blankenburg
(Ichneumoniden und Braconiden), Prof. H. H ab ermehl -Worms
(die Ichneumoniden der vonHeyden sehen Sammlung) und Lehrer
O. K r ö b e r-Hamburg (das gesamte Thereviden-Material). Die
Typen folgender neuen Arten, die Kr ob er in seiner Monographie
der Thereviden veröffentlicht hat, befinden sich in unserem
Museum : Thereva algira, Th. semirufa, Gaenozona arcuatn und
Xestomyza aureostria ta.
8. Krustazeen.
Weit über 200 Nummern wurden in diesem Jahre in die
Sammlung der Zehnfußkrebse durch Dr. A. S endler eingereiht.
Hauptsächlich gelangten die Dekapoden zur Bearbeitung, die von
Dr. Bannwarth im Roten Meere, von Dr. Löw-Beer in Cey-
lon, von Dr. Nick in Neapel, von Dr. Reichard auf den west-
indischen Inseln und von Dr. S trüb eil in Amboina und der
Java-See zusammengebracht wurden. Das Material ist so reich-
haltig, daß eine völlige Sichtung noch geraume Zeit in Anspruch
nehmen wird.
Mit dem Bestimmen und Ordnen der Maulfußkrebse wurde
begonnen. Die Bearbeitung der Amphipoden hatte schon im
— 55 —
vorigen Jahre Frl. H. Reishaus übernommen, die die Sammlung
ordnete und den ganzen Bestand mit Ausnahme der Caprelliden
und Hyperiiden revidierte oder neu bestimmte. Nach ihrem
Wegzug hat Frl. R. Herzberg die definitive Neukatalogisierung
der Amphipoden und die Neuordnung der übrigen Gruppen der
Malakostraken mit Ausnahme der Dekapoden und Stomatopoden
weitergeführt. An niederen Krebsen ist eine Anzahl parasitischer
Copepoden aus dem Mittelmeer eingegangen.
9. Arachnoideen.
Das Eingangsjournal verzeichnet in dieser Gruppe für 1912
über 120 kleinere Eingänge von den verschiedensten Orten, mehr
als das dreifache des Jahres 1911. Die auf den Expeditionen
von Dr. J. E 1 b e r t , Dr. H. M e r t o n und Dr. E. W o 1 f gesammelten
Spinnen sind von E. Strand-Berlin bestimmt worden. Derselbe
bearbeitete auch vom 19. August bis 28. September im Museum
die sämtlichen noch unbestimmten australischen und asiatischen
Spinnen, unter denen sich zahlreiche neue Arten fanden. Die
Katalogisierung und Einordnung des neu bestimmten Materials
besorgte Frl. T. Wertheime r. Die Phalangiden hat A. Mülle r-
Höchst zur Durcharbeitung übernommen und dem Museum sein
eigenes Material zur Verfügung gestellt. Von A. C. Oudemans-
Arnhem sind 39 für uns neue Milbenarten in mikroskopischen
Präparaten gekauft worden. Unser gesamtes Gonyleptidenmaterial
ist am Schluß des Jahres an Dr. C. Fr. Röwer-Bremen zur
Revision uud Bestimmung gesandt worden.
10. Myriapotlen.
Die von Dr. H. Merton gesammelten Diplopoden sind von
Dr. J. Carl-Genf bestimmt worden. Eine seit langer Zeit dringend
nötige Katalogisierung und vollständige Etikettierung unserer über
1000 Nummern zählenden Myriapodensammlung ist von Frl.
E. Hobrecht in Angriff genommen und großenteils schon durch-
geführt worden.
11. Würmer.
Auch in der Abteilung der Würmer haben wir mehr als
die doppelte Zahl der Eingänge des vorigen Jahres zu verzeichnen
(93 gegen 36). Besonders erfreulich ist der Zuwachs an Chae-
tognathen; von den 25 bekannten Arten erhielten wir 14 von
20 Fundstellen aus dem Material der Deutschen Südpolar-Expe-
dition. Ebendaher stammen auch einige füi* uns neue Brachio-
— 56 —
poden. Die Schausammlung der Würmer wurde vollständig um-
gearbeitet, ergänzt und etikettiert; um die Aufstellung der neuen
Präparate machte sich Frau M. Sondheim besonders verdient.
12. Ecliinodermen.
Den wichtigsten Zuwachs in dieser Abteilung, die im Be-
richtsjahr ebenfalls im ganzen eine sehr erhebliche Bereicherung
erfahren hat, verdanken wir Geh. Rat Chun, der eine größere
Anzahl Seeigel von der Deutschen Tiefsee-Expedition schenkte.
Unser Mitarbeiter Dr. Bannwarth verschaffte uns zahlreiche
Echinodermen des Roten Meeres, meist nach einer die Farben
gut konservierenden Trockenmethode behandelt; ein großes in
der Schausammlung aufgestelltes Gorgonenhaupt gibt ein gutes
Bild davon.
13. Coelenteraten.
Hier ist etwa das Fünffache von dem, was in den Jahren
1910 oder 1911 gekommen ist, eingereiht worden. Prachtvolle
Formen verdanken wir Geh. Rat C. Chun aus dem Material der
Deutschen Tiefsee- Expedition und Prof. Vanhöffen von der
Deutschen Südpolar-Expedition. Eine große Anzahl von Stein-
korallen aus dem indischen Ozean schenkte Dr. 0. Löw-Beer;
Coelenteraten der verschiedenen Ordnungen, darunter gut er-
haltene große Medusen, schickte uns Dr. Bannwarth vom Roten
Meer; auch die Sammlung von Coelenteraten des Mittelmeeres
erfuhr eine erhebliche Bereicherung. Die Schausammlung zeigt
manches neue Präparat.
Hier sei auch die Aufstellung des von Dr. H. Merton ge-
schenkten Planktonschrankes in der Schausammlung der niederen
Wirbellosen erwähnt, wenn auch nicht alle der darin aufgestellten
Organismen den Coelenteraten angehören.
14. Protozoen,
Frau M. Sondheim setzte ihre Studien an den Kulturanlagen
von Schlammproben aus Madagaskar (Reise Voeltzkow) fort.
15. Vergleichende Anatomie.
Außer durch zahlreiche kleinere Objekte fand die ver-
gleichend-anatomische Sammlimg einen bemerkenswerten Zu-
wachs durch die Fertigstellung mehrerer äußerst instruktiver
Präparate von verschiedenen Organen des im vorigen Jahre von
— 57 —
Direktor Ch. Krone geschenkten indischen Elefanten. Beson-
ders hervorzuheben ist die Hälfte des Unterkiefers mit fertigem
und kommendem Backenzahn, durchschnittene Backenzähne, ein
Stoßzahn mit Papille (von E. Cnyrim präpariert), sowie das
Gehörorgan und verschiedene Skeletteile. Von Inspektor L. Lang
erhielten wir eine Sammlung pathologisch-histologischer Präpa-
rate, die uns als Vergleichsmaterial von großem Wert ist, von
Dr. Bücheier einige menschliche Embryonen. E. Creizenach
verdankt die Skelettsammlung die Weiterführung ihrer Ordnung
und Katalogisierung.
II. Botanische Sammlung.
Die Sammlung ist jetzt fertig aufgestellt; eine besondere
Vermehrung hat sie dadurch erfahren, daß ihr von Geh. Rat
A. Hansen-Gießen ein reiches Material aus Ceylon überwiesen
wurde : 36 Nummern von Alkoholpräparaten, 48 Nummern trockener
Pflanzen und Pflanzenteile und 47 Nummern tropischer Hölzer.
Durch Kauf wurden zwei Früchte der Kigelia africana von Dr.
E. Bann war th-Cairo erworben. Geschenke wurden überwiesen
von: Frl. M.Bauer, Dr. F. Becker, H.Berg, Dr. W. F. Bruck-
Gießen, stud. K. Decke rt, A. Diehl, Dr. F. D r e v e r m a n n , Bot.
Museum-Hamburg, Handelskammer, Prof. L. von Hey den, E.
Hörten-Bad Homburg v. d. H., Frau M. Jung mann, Prof. W.
Kobelt-Schwanheim, A. J. van Laren-Amsterdam, Lowitz-
London, Amtsrichter A. M e y e r-Gummersbach, R. Moll, F. Mül-
ler, Dr. L. Nick, Palmengarten, Dipl.-Ing. P. Prior, Dr. F. Ra-
w i t s c h e r-Freiburg, Frl. H. Reishaus, J. Richter, Ingenieur
R. Rintelen-Münster, San.-RatE.Roediger,Geh.RatH.Schenck-
Darmstadt, Dr. R. Schenck, K. Schwebel-Worms, M. Seelig,
Frau Stahl, Versuchsgarten, Frau A. Weber-van Bosse-
Amsterdam, Dr. F. W. Winter. Unter diesen Geschenken sind
besonders hervorzuheben eine reichhaltige Sammlung tropischer
Früchte (Dr. W. F. Brück), ein prächtiges Exemplar von Sarco-
caulon rigidum aus Südafrika (Ingenieur Rintelen) und zwei
Stammscheiben einer Zeder, die Gärtner F. Müller aus seinem
Garten gestiftet hat.
Das Herbarium wurde einer Durchsicht und Umordnung
imterzogen. Durch Kauf erworben wurden: Merrill, Plantae
Insularum Philippensium Cent. V-X, durch Tausch 2 Centurien
— 58 —
südafrikanischer Pflanzen von Prof. H. S c h i n z-Zürich. Auch das
cecidologische Herbarium von Grevillius und N i e s s e n wurde
der botanischen Sektion überwiesen. An M. R. Hamet-Paris
wurde ein Faszikel Crassulaceen zu wissenschaftlichen Unter-
suchungen leihweise geschickt.
Die Lehrsammlung, die aus Pflanzenmaterial zur Unter-
suchung und Demonstration, aus mikroskopischen Präparaten, Ab-
bildungen und Wandtafeln besteht, wurde in allen Abteilungen
vermehrt. Der Hilfsarbeiter Schell hat sich mit dem Mikrotom
eingearbeitet und eine große Anzahl guter Präparate hergestellt.
Beiträge zu dieser Sammlung haben ferner geliefert: Frau L.
Cayard, Dr. F. Rawitscher, Geh. Rat H. Schenck und Dr.
R. Schenck. Abbildungen haben geschenkt: B. Haldy-Geln-
hausen, L. Hallbach, H. Jungmann und Dr. F. W. Winter.
Auch eine Sammlung von Botaniker-Portraits ist angelegt worden
und umfaßt bereits 100 Nummern. Frau K. Koch hat die einge-
rahmte Photographie ihres verstorbenen Gatten, unseres früheren
Mitarbeiters, geschenkt.
Die Sektionsbibliothek wurde vermehrt durch Schenkungen
von: Brooklyn Botanic Garden, Chem. Fabrik Flörsheim Dr. Nörd-
linger, Prof. E. Gilg-Berlin, Bot. Institut-Hamburg, Frl. Dr.
Knischewsky, Prof. Th. Neumann, Fr. Schaefer, Prof.
Schinz-Zürich, Dr. G. Schott, College of Agriculture-Tokio,
U. S. National Museum-New-York.
Das Laboratorium wurde zu mikroskopischen Arbeiten be-
nutzt von stud. Adler, stud. Jeidel, Dr. F. Meyer, Dr. F.
Rawitscher und Dr. R. Schenck.
III. Paläontologisch-geologische Sanimluiig.
In der Schausammlung sind eine Anzahl neuer Objekte aus-
gestellt, andere, besonders Säugetierreste, neu montiert worden.
Den freundlichen Mitarbeitern Frl. L. Baerwald (Wirbeltiere),
Dr. E. Helgers (tertiäre Zweischaler), Stadtschulinspektor A.
Henze (Kreide), Frl. E. Hüther (Trias) und Frl. B. Turk (tertiäre
Gastropoden) sind wesentliche Fortschritte in der Durcharbeitung
der Sammlungsbestände zu danken. Frl. M.Kay ß er katalogi-
sierte den größten Teil der Handbibliothek; Frl. I. und A. Lich-
tenstein, Frl. A. Pfaff, Frau L Rolfes-v. Sachs, Frl. H.Sonn-
tag, Frl. E.Walker und Frl. M. Weydt fertigten eine Fülle
— 59 —
neuer instruktiver Wandtafeln für die Vorlesung und erklärender
Bilder für die Schausammlung an.
Sammlungsmaterial wurde zur Bestimmung und wissenschaft-
lichen Bearbeitung ausgeliehen an: Th. Crecelius-Lonsheim,
(Ostracoden des Mainzer Tertiärs), Prof. H. Engelhard t-Dresden
(Pflanzen von Salzhausen und Bilin), A.Franke-Dortmund (Fora-
miniferen aus dem Mainzer Becken), Prof. F. Frech-Breslau
(Carbonfossilien aus Kleinasien), C. J o o ß-Stuttgart, (Landschnecken
aus dem Quercy, Miozänfauna von Undorf bei Regensburg), Dr.
W. Paeckelmann-Marburg (oberdevonische Ostracoden), Prof.
W. von Reich enau-Mainz (Pferde von Mosbach), Dr. von
Schönau-München (Kieselhölzer und Blattabdrücke aus dem
ägyptischen Tertiär), Dr. J. Schuster-München (Rätflora von
Bayreuth), Dr. E. Schwarz (Schädel von Palhyaena), Prof. A.
Steuer- Darmstadt (Zweischaler von Weinheim bei Alzey), Prof.
E. Stromer-München (Wirbeltierreste und Gesteine aus dem
Pliozän des Uadi Natrun), Prof. E. Studer-Bern {Hipparion-
Schädel), cand. geol. H. We gele- Göttingen (Mastodonzahn aus
Oberitalien, miozäne Süßwassergastropoden aus der Nachbarschaft),
Dr. W. Wenz (Clausilien von Undorf und Mörsingen) und Dr.
A. Wurm -Heidelberg (Pferdereste von Mosbach).
Eine Anzahl Publikationen beruht ganz oder teilweise auf
Material aus dem Museum:
F. B r 0 i 1 i , Palaeontographica Bd. 59 (Schädel von Placodus
aus dem Muschelkalk),
M. Coßmann, Essays de Paleoconchologie comparee Bd. 9
(Tertiäre Sealarien),
F. Kinkelin, Abhandlungen der Senckenb. Naiurforsch. Ge-
sellschaft Bd. 31 (üntermiozäne Geweihreste — Tiefbohrung bei
Hattersheim),
R. Richter, ebenda (Devonische Trilobiten),
0. Schmidtgen: Zoologische Jahrbücher XV, 2 (Becken
von Halitherium) und Notizblatt des Vereins für Erdkunde Darm-
stadt Bd. 4,32 {Microtus von Mosbach),
W. So er gel: Palaeontographica Bd. 60 (Elefanten von
Mosbach),
G. Ulm er: Beiträge zur Naturkunde Preußens Heft 10
(Trichopteren des Bernsteins), und
A. Wurm: Verhandlungen d. Naturhistor. Med. Vereins Hei-
delberg Xn {Rhinoceros von Mosbach).
— 60 —
Das schnelle Wachstum der paläontologisclien Sammlungen
ist vor allem den nachstehend aufgezählten Gönnern zu danken:
Sektionsingenieur H. Albrecht-Bagdad, Dr. R. Askenasy,
Prof. I. H. Bechhold, Maschineninspektor G. Bender, Prof.
0. Blumenthal-Aachen, Dr. C.Boettger, Oberlehrer H. Busch-
meyer, E. Creizenach, H. V. Dahle m-Aschaf f enburg, Frau
L. Erlanger, Forstrat A. E u 1 e f e 1 d-Lauterbach, Baumeister
E. Feil-Bagdadbahn, K.Fischer, Direktor E. Fran ck, Bau-
unternehmer A. Glock, K. Graubner-Höchst, M. Güldner-
Chemnitz, A. von G w i n n e r-Berlin, E. Heinz, Stadtschulin-
spektor A. Henze, Seine Hoheit Prinz Friedrich Karl von
Hessen, Frl. E. Hüther, C. Jooß-Stuttgart, A. K a h 1 e r-Hanau,
San.-Rat C. Kaufmann, Missionar H. Kling-Namaqualand, Rek-
tor A. Kuno, R. E. Liesegang, Prof. E. Marx, Berginspektor
K.Müller, Bergingenieur H. Oehmichen, R. P a a 1 z o w-Nürn-
berg, Dipl.-Ing. P.Prior, H. Reic h-Nerchau, Direktor O.Rhein-
h 0 1 d-Hannover, Prof. F. Richters, Geheimrat O.Riese, Prof.
F.Simon, A. von Steiger, H. Stiebel, Regierungsbaumeister
W. Theiß, Städtisches Tiefbauamt, Sir Julius Wernher(t)-
London.
Den starken Zuwachs der paläontologisch -geologischen
Handbibliothek verdanken wir Oberbergrat L. von Ammon-
München, Dr. Ch. W. Andrews-London, Prof. N. Andrussow-
Kiew, Dr. Th. Arldt-Radeberg, Prof. G. von Arthaber-Wien,
Prof, W. Ben ecke -Straßburg, Prof. L Bergeron-Paris, Prof. G.
Bodenbender-Cordoba, Prof. J. Bö hm -Berlin, Dr. A.Born-
Freiburg, M. de Boury- Paris, Dr. J. von B u b n o f f - Freiburg,
Prof. W. Deecke-Freiburg, Dr. G. Ender lein- Stettin, Prof. J.
Felix-Leipzig, K. Fischer, Dr. C. Gaillard-Lyon, L Z. Gilbert-
Los Angeles, Dr. M. Gortani-Turin, Dr. D. Haeberle-Heidelberg,
Prof. A. Heim-Zürich, B. Helland-Hansen-Bergen, Prof. L. von
H e y d e n , Dr. R. T. J a c k s o n-Boston, Dr. M. J o n g m a n s-Leyden,
Prof. F. Kinkel in, Dr. F. K 1 u t e-Freiburg, Prof. W. Kobelt-
Schwanheim, Dr. R. L Kowarzik-Weißkirchen, Geheimrat H.
Loretz, Dr. R. Neumann-Freiburg, Dipl.-Ing. Dr. P. Neu-
meiste r-Hamburg, Prof. H. F. 0 s b o r n-New York, Dr. M. R e m e s-
Olmütz, Frau L R o 1 f e s , Prof. A. R z e h a k-Brünn, Dr. G. S c h 1 e-
singer-Wien, Städtisches Schulmuseum, Dr. W. Soergel-Frei-
burg, Dr. A. Spitz-Freiburg, Privatdozent Dr. H. von Staff-
Berlin, Dr. H. G. Stehlin-Basel, Geheimrat G. Stein mann-
— 61 —
Bonn, Dr. K. Stierlin-Freiburg, Prof. K. Stolz-Darmstadt, Hof-
rat F. Toula-Wien, Dr. E. Vincent-Brüssel, Dr. W. Wenz,
Prof. C. Wiman-Upsala, Dr. F. W. Winter.
Die Beschaffung einer Anzahl Separatenkästen wurde durch
eine freundliche Spende von Ingenieur A. Askenasy und Frau
A. Salin ermöglicht.
1. Säugetiere und Vögel.
Der Zuwachs stammt aus dem Diluvium von Weimar, dem
Rheinland und Kalifornien, aus dem Tertiär des Westerwaldes,
der Insel Samos, von Südfrankreich, Ägypten und Nordamerika.
Hier ist vor allem als wertvollste Erwerbung des Jahres ein
Skelett von Phenacodus primaevus Cope zu erwähnen, das nach
dem Originalmaterial Copes in New York ergänzt und montiert
und von Prof. 0. Blumen thai zum Andenken an seinen ver-
storbenen Vater San.-Rat E. Blumenthal geschenkt wurde.
Weiterhin sind die Erwerbungen aus dem ägyptischen Eozän
hervorzuheben, besonders ein prachtvoller Zeuglodon-^QMidie\
ein Geschenk von San.-Rat C. Kaufmann, sowie einige seltenere
Wirbeltiere aus dem Pliozän von Samos, die unser korrespon-
dierendes Mitglied A. von Gwinner für uns erwarb.
Aus der Sammlung O.Emmerich wurde ein Skelett von
Diceratherium minutmn Cuv. präpariert und teilweise ergänzt ; es
wird im laufenden Jahre montiert und ausgestellt werden.
2. Reptilien und Amphibien.
Die Präparation des großartigen TVacAoc^o/z-Skeletts, eines
kostbaren Geschenkes von Dr. A. von Weinberg, (vergl. 43.
Bericht, Seite 51) war das ganze Jahr hindurch die Hauptbe-
schäftigung des Präparators, der eine Vorderextremität und den
prachtvoll erhaltenen Schädel fertigstellen konnte.
Als Geschenke sind hervorzuheben: ein ausgezeichneter
Schädel von Tremaiosaurus aus dem Buntsandstein von Bern-
burg (Prof. L. E dinger), eine große Zahl von Reptilresten aus
dem Muschelkalk von Bayreuth, ein fragmentäres Plesiosaurier-
skelett aus dem englischen Lias, sowie ein schöner Pelagosaurus-
Schädel von Holzmaden (A. von Gwinner) und ein mächtiger
Tomistoma-^ohMel aus dem Eozän von Ägypten (E. Heinz). Die
kurz vor seinem Tode erfolgte Spendung eines beträchtlichen
Geldbetrages durch Sir JuliusWernher ermöglichte den An-
— 62 —
kauf eines guten 2^?//osr/7/?v/s-Skeletts und eines Platecarpus-
Schädels aus der oberen Kreide von Nordamerika.
3. Fische.
Die Neuerwerbungen stammen aus der Kieseiguhr der Lüne-
burger Heide, dem Jura von Holzmaden, der Trias von Süd-
deutschland und der Karroo, dem Perm des Saarreviers, sowie
dem Oberdevon von Wildungen und dem Dillenburgischen. Be-
sondere Erwähnung verdienen die von A. von Gwinner ge-
schenkten, ausgezeichnet erhaltenen Fische aus dem Muschelkalk
von Bayreuth, sowie ein mächtiger Flossenstachel aus dem glei-
chen Horizont von Crailsheim (Frl. E. Hüther).
4. Mollusken.
Der Zuwachs kommt aus dem Diluvium von Weimar, dem
Tertiär von Schleswig-Holstein, Süddeutschland, dem Westerwald,
dem Wiener Becken, Frankreich und Kleinasien, der Kreide von
Norddeutschland, dem Jura von Metz, von Norddeutschland, den
Nordalpen und England, der Trias von Süddeutschland und der
Herzegowina, dem Untercarbon des Rheinischen Gebirges und
Kleinasiens, sowie dem Devon des Rheinlandes.
,5. Arthropoden.
Die Neuerwerbungen stammen aus dem Tertiär Belgiens,
dem Untercarbon von Herborn und Aprath, dem Devon von Dill,
Lahn und der Gegend von Elberfeld, sowie dem Untersilur der
baltischen Provinzen. Der Sektionär Dr. R. Richter sammelte
im Oberdevon von Oberscheid und im Mitteldevon der Eifel. Die
Ankäufe aus dem Devon der Eifel, eine durch Tausch erworbene
Untersilur-Suite und die von Rektor A. Kuno geschenkten De-
chenellen aus dem Devon des Rheinlandes verdienen besonders
genannt zu werden.
6. Brachio3)oden.
Ergänzungen aus dem Culm von Herborn und Aprath, dem
Untercarbon Kleinasiens, dem Devon des Taunus und der Lahn-
gegend, von Elberfeld, Belgien und Kleinasien, sowie aus dem
baltischen Untersilur wurden eingereiht. Hervorzuheben ist eine
große Sammlung aus dem Untercarbon von der Bagdadbahn, ein
Geschenk von Geheimrat Dr. 0. Riese.
7. Echinodermen.
Eine prachtvolle Pentacrinus-PldiXiG von Holzmaden, sowie
eine Muschelkalkplatte mit über 100 Dadocrinus gracilis von
— 63 —
Gogolin, Oberschlesien, sind hervorragende Geschenke von A.
von Gwinner. Eine Anzahl Seeigel stammt aus dem Miozän
Kleinasiens.
8. Coelenteraten.
Die Sammlung vermehrte sich durch einige Stücke aus der
Kreide Norddeutschlands, dem Jura von Schwaben, dem Devon
der Rheinlande und dem Untersilur des Norddeutschen Erraticums.
9. Protozoen.
Ein riesiger Nummulitenkalkblock von der Cheops-Pyramide
bei Gizeh wurde im Lichthofe aufgestellt, ein großes Stück Schreib-
kreide von Rektor A. Kuno für die Schausammlung geschenkt.
10. Pflanzen.
Neue Pflanzenreste aus der Kieseiguhr von Lauterbach und
der Lüneburger Heide, aus dem Tertiär des Vogelsbergs und
aus Böhmen, dem Perm von Chemnitz und Böhmen, dem Carbon
von Baden, Herborn und Osnabrück bedeuten eine wesentliche
Bereicherung. Ein mächtiger verkieselter Baumstamm von Wo-
dolow bei Nachod, Böhmen, wurde von Seiner Hoheit Prinz
Friedrich Karl von Hessen überwiesen; ein prachtvoller
angeschliffener Psaronius ist ein Geschenk von M. Güldner.
11. Lokalsammlung.
Die Zahl der Funde in der Nachbarschaft nimmt wieder
einen großen Teil des Zuwachses ein. Zahlreiche diluviale und
tertiäre Säugetierreste aus der näheren und ferneren Umgebung,
Schildkrötenreste von Münzenberg und Weinheim, Fische von
Flörsheim, sowie Vertreter der meisten Klassen der Wirbellosen
bis zu den Protozoen hinab wurden eingereiht. Wir gedenken
alljährlich dankbar der stets bereitwilligen Unterstützung durch
das städtische Tiefbauamt und seine Beamten, sowie der zahl-
reichen Privatsammler, durch die mancher wertvolle Fund in
das Museum gelangte.
12. Allgemeine Geologie.
Einige Strandbildungen von der Küste des Roten Meeres
wurden erworben, eine Anzahl Lichtbilder von Korallenriffen der
Südsee von Bergingenieur Pilz geschenkt.
— 64 —
IV. 3Iineralogisch-petrographische Saiiimliing.
Berginspektor K. Müller hat auch im verflossenen Jahr
den Sektionär in der Instandhaltung der Sammlung bereitwilligst
unterstützt; insbesondere hat er die Aufstellung der Stufen für
die Erzlagerstättensammlung soweit gefördert, daß sie wohl bald
vollendet sein wird.
Für Geschenke an Mineralien und Gesteinen dankt die Ge-
sellschaft folgenden Gönnern auf das verbindlichste: Ing. A. As-
kenasy, Prof. J. H. Bechhold, Direktor J. Bonhöte-Ober-
Roßbach, Ing. 0. Brie de-Radauthein (Kärnthen), Dr. P.Burg er-
Baumholder, Direktor Carrier-Paris, A. Chabaud-Murtany,
Kommerzienrat Cloos-Nidda, Dr. F. Drevermann, R. Forst-
ström, J.Fritz-Hanau, Ing. H. W. Engel-Hamburg, Frau von
Gosen, A. von G winner-Berlin, Graf F. von Hochberg-
Schloß Haibau (Niederschlesien), Frau Ch. Istel-Paris, Frl. E. von
Jasmund, Dr. H. Lotz-Berlin, A. Liebreich-Weidenau a. d.
Sieg, R. E. Liesegang, Dr. 0. Lotichius, F.Metzger, Berg-
verwalter M ö b u s - Dillenburg, Berginspektor K. Müller, Kur-
direktor A. Mulli-Rohitsch-Sauerbrunn, Dr. R. Mylius, K.
Ochs, W. Papenkort-Rombach, Dipl.-Ing. P. Prior, Dr. Schloß-
macher, der Schlesischen Aktiengesellschaft Lipine und der
Zentrale für Bergwesen-Düsseldorf.
Unter den Geschenken zeichnen sich durch Reichhaltigkeit
und Wert wieder die großartigen Zuwendungen des unermüd-
lichen Gönners und Förderers der Museumssammlungen, unseres
korrespondierenden Mitgliedes A. von Gwinner, aus, unter
denen nur wenige an dieser Stelle genannt sein mögen: 50 El-
baner Turmalinkristalle, 13 z. T. zonar gebaute Turmalinquer-
schnitte verschiedener Fundorte, ein flächenreicher Beryll, eine
ausgezeichnete Mineralserie von Tsumeb (Deutsch-Südwestafrika),
eine ganz hervorragende Gangbreccie mit schaligem Kupfergrün
und Malachit aus der Landschaft Katanga am Kongo, ein Riesen-
block von Kupferkies mit Eisenspat u. a. von der Omorigrube
(Japan) und eine Serie prächtiger, geschliffener Gesteinsplatten
und Erzgangstufen verschiedener Fundorte.
Frau Ch. Istel verdanken wir durch Vermittelung ihres
Bruders E. Creizenach einen 116 Karat schweren geschliffenen
Topas, A. Chaubaud eine mexikanische Silbererzstufe, die für
etwa Mk. 100. — Silber enthält, A. Liebreich eine ausgezeich-
— 65 —
nete Serie Sieger Gangstiifen, die den Übergang von Eisenspat
in Roteisen vortrefflich erkennen lassen. R. E. Liesegang
schenkte entzückende Platten zur Demonstration seiner Achat-
bildungstheorie und zwei Präparate mit Goldkriställchen, die aus
goldchloridhaltiger Kieselgallerte reduziert sind, Graf von Hoch-
berg ausgezeichnete australische Edelopale und opalisierte
Schneckenschalen.
Durch Tausch erhielten wir schwäbische Mineralien von Bau-
rat S c h m i d t - Stuttgart und von Dr. Laub mann- München.
Dem Landesgeologen Prof. Dr. Klemm-Darmstadt hat die
Gesellschaft wieder eine Reihe instruktiver geschliffener Gesteins-
platten aus dem Odenwald zu verdanken, die von ihm gesammelt
wurden, und für die wir nur die Schleifkosten zu tragen hatten.
Durch Kauf wurden neiie Mineralien von Dr. Krantz-Bonn,
der Mineralien-Niederlage der Sächsischen Bergakademie-Frei-
berg, Lehrer Wagner-Saarbrücken, Sonnt ag-Staßfurt, Seibert-
0. Lahr und Missionar Kling erworben. Auch wurde ein Abbe-
Pulfrichsches Totalrefraktometer angeschafft.
A. von Gwinner hat einen ansehnlichen Betrag für die
Erwerbung von Einschlüssen in den Eifelauswürflingen und Laven
freundlichst zur Verfügung gestellt.
Mehrere Herren beschäftigten sich mit mineralogischen oder
petrographischen Studien.
— 66
Philipp Steffan
geb. 10. II. 1838 zu Frankfurt a. M., gest. 30. XII. 1912 zu Cassel.
Über ein halbes Jalirhundert hat Dr. Steffan unserer
Senckenbergischen Gesellschaft angehört: am 28. Dezember 1861
wurde er zum arbeitenden Mitglied ernannt, 1899 trat er bei
seiner Übersiedelung nach Marburg in die Reihe der korrespon-
dierenden Mitglieder über.
Vor allem war es die Senckenbergische Bibliothek, der
Steffan als Administrator der Dr. Senckenbergischen Stiftung,
sowie als Mitglied unserer Gesellschaft und der Bibliothekskom-
mission des Ärztlichen Vereins seine Fürsorge mit unermüdlichem
Eifer zuwandte, und deren Geschichte er in unserem „Bericht"
1899 ausführlich geschildert hat. Sein großherziges Interesse
an der weiteren Entwicklung der Bibliothek hat ihn bestimmt,
in seinem letzten Willen die Dr. Senckenbergische Stiftung mit
einer ansehnlichen Summe zu bedenken.
Dem großen Kreis unserer Mitglieder ist Steffan durch die
anregenden Vorträge bekannt geworden, die er in unseren wissen-
schaftlichen Sitzungen gehalten hat. Unvergessen ist sein interes-
santer Vortragszyklus aus den Jahren 1896 bis 1898 über die Ent-
stehung und Entwicklung der Sinnesorgane und Sinnestätigkeiten
im Tierreich. Zur Erläuterung des Vorgetragenen hat sich Stef-
fan dabei eines bis dahin in unserer Gesellschaft noch nicht ge-
übten Verfahrens bedient, indem er selbstverfertigte, mit Tusche
auf Glas gezeichnete Bilder mittels des Szioptikons projizierte.
In treuer Anhänglichkeit an unsere Gesellschaft hat Steffan
— schon schwer ki'ank — am 13. Oktober 1907 der feierlichen
Eröffnung unseres Museums beigewohnt: damals haben wir den
alten Freund zum letztenmal in unserer Mitte gesehen!
Philipp Steffan war der Sohn eines Frankfurter Gold-
schmieds. Er studierte in Erlangen Medizin und war bei den
damals berühmtesten Augenärzten Graefe in Berlin und Arlt
in Wien Assistent. 1861 ließ er sich in seiner Vaterstadt als
Arzt nieder, und zwar als erster Arzt, der sich ausschließlich
mit Augenkranken beschäftigte. Hier gründete er die Steffan-
5*
— 69 —
sehe Augenheilanstalt (Holzgraben 16) für Unbemittelte und seine
Privatklinik (Krögerstraße 8). Beide Anstalten leitete er dreißig
Jahre lang und hat gewissenhaft wie in seinem ärztlichen Han-
deln auch statistisch genaue Angaben hinterlassen; nach diesen
betrug die Zahl der unentgeltlich behandelten und operierten
Augenkranken in diesen dreißig Jahren 66830: eine Leistung,
füi- die ihm wahrlich die Bevölkerung Frankfurts und die Stadt-
gemeinde eine Bürgerkrone schulden! Auch literarisch war
Steffan tätig; zahlreiche kasuistische Mitteilungen aus seinem
Spezialgebiet hat er im Archiv für Augenheilkunde und in den
klinischen Monatsblättern, eine große Arbeit über Staroperation
in Graefes Archiv veröffentlicht. Er war 1880 Vorsitzender
des Ärztlichen Vereins, von 1884 bis 1899 Mitglied der Admini-
stration der Dr. Senckenbergischen Stiftung; in zwei "Wahlperi-
oden berief ihn das Vertrauen der Arzte des Regierungsbezirks
Wiesbaden in die Ärztekammer unserer Provinz. Bei dem Publi-
kum ebenso wie bei den Kollegen und Spezialkollegen stand sein
auf reiche Erfahrungen gegründeter Rat in hohem Ansehen.
Steffan war eine markante, eigenartige und in seiner
Eigenart populäre Persönlichkeit; er war ein Typus des Alt-
frankfurters in Sprache, Sitten und Gewohnheiten. Durch die
rauhe Schale konnte jedermann leicht den prächtigen Kern er-
blicken, und da sah er einen festen Charakter, ein stark ausge-
bildetes Rechtsgefühl, das vor Konflikten nicht zurückschreckte,
humanes, aber bestimmtes Verhalten gegenüber den Kranken
und eisernen Fleiß. Wer ihm näher trat, lernte noch seine glück-
liche Ehe kennen — Kinder waren ihm versagt — , seine be-
scheidene Lebensführung, die auf alles, was man so Lebensge-
nüsse nennt, verzichtete, und in frohen Stunden eine fast kind-
lich anmutende Heiterkeit. Erst an seinem Lebensabend haben
die Schatten einer herannahenden Hirnerkrankung sein Gemüt ver-
düstert. Als er 1899 nach Marburg übersiedelte, da war er schon
nicht mehr der alte Steffan, wie wir ihn schätzten und liebten;
da war schon die Alienation eingetreten, die zum schließlichen
Verfall geführt hat. Wir aber wollen das Bild Philipp Steffans
aus seinen Mannesjahren in Erinnerung behalten und der Nach-
welt überliefern, das Bild des hervorragenden Augenarztes, des
treuen Kollegen und des aufrechten Mannes.
F. Baerwind.
70
Der Bali-Tiger.
Mit 7 Abbildungen
von
E. Schwarz.
Von der Sunda-Expedition des Frankfurter Vereins für Geo-
graphie und Statistik hat Dr. I. Elbert Fell und Schädel eines
weiblichen Tigers von der kleinen, östlich von Java gelegenen
Sunda-Insel Bali mitgebracht. Dieses Exemplar, das im allge-
meinen dem Java-Tiger sehr ähnlich war, fiel durch seine Klein-
heit auf, die einen merkwürdigen Gegensatz zu der verhältnis-
mäßig großen Form des javanischen Sunda-Tigers bildet. Die
Formen kleiner Inseln sind ja nun freilich oft kleiner als ihre Ver-
wandten vom Festland und von größeren Inseln; bei unserem
Stück ergab indessen eine genaue Untersuchung des Schädels
außer der geringen Größe — seine obere Länge beträgt nur
254 mm gegen 290 mm beim Java-Tiger — so charakteristische
Unterschiede, daß die Abtrennung des Bali-Tigers als neue
Lokalform notwendig erschien. Sie ist unter dem Namen
Felis tigris balica Schwarz beschrieben worden.^)
Tiger von Bali sind bisher nicht in die Museen gelangt,
obgleich die Insel bei ihrer geringen Entfernung von Java nicht
allzu selten von dessen europäischen Bewohnern aufgesucht wird.
Ein Frankfurter, Dr. Eugen Wertheim her, der selbst auf
Bali gejagt hat, schreibt uns über den dortigen Tiger: „Frische
Tigerfährten unter einem Felsvorsprung, unter dem noch vor
verhältnismäßig kurzer Zeit Tiger gesessen hatten, habe ich wohl
vorgefunden, dagegen kein einziges Exemplar zu Gesicht be-
kommen. Doch glaube ich nicht, daß die Tiere auf Bali be-
*) E. Schwarz „Notes on Malay Tigers, with description of a new form
from Bali." The Annals and Magazine of Natural History. London, Sept. 1912,
No. 57 S. 324—326.
Bali-Tiger, Felis tigris balica (Typus) ? von Den Pasar, Süd-Bali.
Geschenk von Dr. E. Wertheimber.
CO
(M
— 73 —
sonders selten sind; ich hatte vielmehr aus den Schilderungen
der Europäer und der Eingeborenen den Eindruck, daß sie ver-
hältnismäßig häufig vorkommen, da beide mir angaben, daß man
mit Hilfe einer Ziege ziemlich sicher sei, einen zu Schuß zu be-
kommen. Über Schaden, den die Tiere anstiften, ist mir übrigens
nichts bekannt geworden."
Die Insel Bali bildet die östlichste Verbreitungsgrenze des
Tigers überhaupt. Er findet sich in der ganzen orientalischen
und in Teilen der paläarktischen Region, wie in Persien, Tur-
kestan und in weiten Gebieten Zentralasiens und Sibiriens bis
zum Amur. Im westlichen Teil seines Verbreitungsgebietes kommt
er zusammen mit dem Löwen vor, den er im allgemeinen geo-
graphisch und biologisch ersetzt.
Der Tiger ist übrigens keineswegs in seinem ganzen Hei-
matgebiet Tropentier, wie man vielfach glaubt; die nördliche
alte Welt ist vielmehr wahrscheinlich seine eigentliche Heimat —
in Sibirien trägt er dem rauhen Klima entsprechend ein langes
Haarkleid. Erst verhältnismäßig spät ist er nach Indien einge-
wandert, und die Teile Indiens, die damals schon Inseln waren,
wie Ceylon und Borneo, hat er nicht mehr erreichen können.
Die beigefügten Abbildungen zeigen Fell und Schädel unseres
Bali-Tigers, sowie zum Vergleich die Schädel des Java- und des
Sumatra-Tigers, welche die Unterschiede der drei Inselformen
deutlich erkennen lassen.
Das typische Exemplar von Felis tigris halica wurde 1909
von K. Gründler in Den Pasar, Süd-Bali, geschossen und von
Dr. Eugen Wertheimber dem Senckenbergischen Museum
als Geschenk überwiesen.
Figiirenerklärimg.
Schädel von malayischen Tigern aus dem Senckenbergischen Museum:
a von oben, b von hinten.
Fig. 1 ? ad. No. 1160, Sumatra. — Fig. 2 ? ad. No. 4, Java. — Fig. 3 ?
ad. No. 2576 (Typus), Den Pasar, Süd-Bali.
— 74
Aus dem Hochland von Ostafrika.
Mit 6 Abbildungen
von
Rudolf von Goldschmidt-Rothschild.
Die modernen Bestrebungen nach erhöhtem Tierschutz in
Deutsch-Ostafrika haben zu einem neuen Jagdgesetz geführt,
das am 1. Januar 1912 in Kraft getreten ist und grundlegende
Änderungen enthält. In ihm sind nicht allein die Wünsche her-
vorragender Kenner der zentralafrikanischen Tierwelt berück-
sichtigt, sondern auch die reichen Erfahrungen der britischen
Nachbarkolonie verwertet worden. Unzweifelhaft hat die Zahl
der Jäger, die alljährlich nach Ostafrika gehen, um in den bis
vor kurzem noch jungfräulichen Gebieten zi. jagen, ungemein
zugenommen. Während noch im Anfang dieses Jahrhunderts die
Dampfer der Deutsch-Ostafrika-Linie im wesentlichen Kaufleute,
Beamte und Schutztruppler hinausführten, bilden jetzt Sports-
leute, namentlich Engländer und Amerikaner, einen großen Teil
der Passagiere. In den Monaten Januar bis März, die durch
Trockenheit und gleichmäßige Witterung ausgezeichnet sind, er-
gießen sich Ströme Jagdlustiger über das Hochland im Innern
von Ostafrika. Vom Küstenort Mombassa aus führt sie die
Ugandabahn in vierundzwanzig Stunden nach Nairobi, dem Sitz
der englischen Regierung, wo in etwa 1500 m Höhe ein gesundes,
dem südeuropäischen ähnliches Klima herrscht. Da Malaria und
andere Tropenkrankheiten dort fast unbekannt sind, so konnte
sich in wenigen Jahren eine recht ansehnliche Stadt entwickeln,
in der vor allem die Fremdenindustrie in Blüte steht. Die Zahl
der Firmen, die sich speziell mit der Ausrüstung von Jagdexpe-
ditionen befassen, ist in ständigem Wachsen begriffen ; schon an
der Küste trifft man verschiedene derartige Firmen, unter ihnen
auch mehrere deutsche. Es ist klar, daß die vielen Jäger, die
— (o —
mit einem Jagdschein ausgerüstet, sich von Nairobi aus in die
Wildnis begeben, in ungünstigem Sinne auf den Wildstand ein-
wirken müssen, nicht dadurch, daß sie denselben schon jetzt we-
sentlich dezimiert haben ; denn dagegen protestieren die strengen
Jagdgesetze, die von jeder Wildsorte nur eine bestimmte und
geringe Anzahl zum Abschuß erlauben — noch immer sind ge-
wisse Gegenden von großen Mengen bevölkert — , vielmehr zieht
sich das Wild, durch die fortwährenden Angriffe beunruhigt,
immer weiter in schwer zugängliche Gegenden zurück und ist
stellenweise schon so scheu geworden, daß es schwierig ist, ihm
auf Schußweite beizukommen. Die Folge davon ist, daß auf jedes
wirklich erlegte Stück ein ziemlich hoher Prozentsatz ange-
schossenes Wild kommt, das entweder dem Siechtum verfällt
oder eine Beute der großen Raubtiere wird.
Auch ich machte manche ungünstigen Erfahrungen, als ich
zum erstenmale im Winter 1908/1909 nach Britisch-Ostafrika ging.
Es war schon ein Fehler, daß ich bereits auf der Ausreise nach
Mombassa Plätze für die Rückfahrt auf einem Dampfer der Ost-
afrika-Linie belegte, mit anderen Worten meine Expedition zeit-
lich genau begrenzte. So mußte ich später Afrika wieder ver-
lassen, ehe ich die Expedition als völlig gelungen ansehen durfte.
Ich hatte geglaubt, Nairobi läge mitten im Jagdgebiet, und war
nachher sehr erstaunt, zu sehen, daß es eines Rittes von mehre-
ren Tagen bedurfte, um in wildreiche Gegenden zu gelangen.
Des weiteren hatte ich die Ausrüstung meiner Expedition, d. h.
Stellung von Trägern und Lieferung von Proviant, einer engli-
schen Firma übertragen, die ihrer Aufgabe so wenig gerecht
wurde, daß ich schon nach wenigen Tagen von Fort Hall, etwa
80 km von Nairobi entfernt, neuen Proviant holen lassen mußte.
Auch war unser Pferdematerial minderwertig und versagte mehr-
fach. Endlich befanden sich unter unseren Trägern manche un-
brauchbaren Elemente, die nur mit äußerster Strenge im Zaum ge-
halten, d. h. zum Gehorsam gebracht werden konnten. So brachte
die Expedition viele Enttäuschungen, aber auch unvergeßliche
Eindrücke zoologischer und jagdlicher Art. Daß sie trotz allem so
günstige Erfolge hatte, verdanke ich nicht zum wenigsten der
ausgezeichneten Führung eines landeskundigen Europäers.
Wie wenige Länder der Welt ist das zentralafrikanische
Hochland zu Tierstudien geeignet; hier findet nicht allein der
Jäger, sondern auch der Zoolog, vor allem der Entomolog, und
2
o
3
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I
(S
C
— 78 —
der Photograph seine Rechnung. Aus Tagebuchaufzeichnungen
will ich im Nachstehenden meine Beobachtungen über das Vor-
kommen und die Lebensweise einiger großer Säugetierarten
wiedergeben, die ich an den südöstlichen Abhängen des Kenia
antraf, und zwar in einem weiten Gebirgstal, das sich zwischen
dem Thika- und Tana-Fluß hinzieht.
Wir erreichten das Tal in einem zehntägigen Ritt von Nai-
robi aus, nachdem wir bis dahin nur auf wenig und sehr scheues
Wild gestoßen waren. Da wir hier zum erstenmale Rhinozerosse
und Büffel sahen und auch sonst der lichte Buschwald von aller-
hand Wild wimmelte, beschloß ich, eine Reihe von Tagen zu
bleiben und ließ ein Dauerlager am Fuße eines mit großen Fels-
blöcken bedeckten Berges aufschlagen. Wasser war in der Nähe
vorhanden, ein schmutzig-bräunliches Rinnsal, das nur dem dur-
stigen Afrikareisenden verlockend sein mag, sich aber mit Hilfe
von Berkefeldfiltern in eine klare, trinkbare Flüssigkeit verwan-
deln ließ. Die Vegetation bestand im wesentlichen aus den für
das afrikanische Hochland typischen Schirmakazien und stach-
lichen Mimosen, die in kleinen Gruppen angeordnet Dickichte
bildeten, sowie aus 2 m hohem, verdorrtem Grase, das unser
Vordringen sehr erschwerte und uns oft jede Aussicht auf jagd-
bares Wild raubte. Auf der Bergkuppe wurzelten zwischen den
Blöcken mächtige Kandelaber - Euphorbien, Agaven, Schling-
pflanzen und Dornengestrüpp. Von ferne schimmerte die eis-
starrende Alpenkette des Kenia zu uns herüber, umgürtet von
dichtem, dunkelgrünem Urwald, der Heimat des Elefanten. Die
Flußläufe waren eingesäumt von prächtigem Kulissenwald, in
dem sich ein reiches Vogelleben abspielt. Während tagsüber die
Tropensonne außerordentlich heiß herabbrannte, herrschte am
Abend erfrischende Kühle; gegen Sonnenaufgang ging die Tem-
peratur sogar mehrfach bis fast auf den Nullpunkt herab, so daß
sich die Gräser mit Reif bedeckten. Unser Lager bestand aus
vier großen Zelten, um die sich nach Westen hin zwischen den
Büschen die primitiven Leinwandverschläge unserer Träger grup-
pierten. Während der Nacht brannten große Holzfeuer, welche
von den Askaris, die uns die Regierung gestellt hatte, unterhal-
ten wurden, um das Raubwild vom Lager und von den Pferden
zu verscheuchen. Das Gebrüll der Löwen aus nächster Nähe
raubte uns so manche Stunde der Nachtruhe; wir hörten, wie
sie von ferne näher und näher an unser Lager herankamen, wie
— 81 —
sie sich von allen Seiten antworteten und dadurch das geängstig-
te Wild gewissermaßen einkreisten. Erst bei Tagesgrauen ver-
stummte das dumpfe Grollen. Unbegreiflich erschien mir der
Leichtsinn einiger Neger, die weit außerhalb der Wachtfeuer
zwischen den Büschen schliefen; offenbar rechneten sie damit,
daß die Raubtiere in dieser an Wild überreichen Gegend nicht
an Menschen herangehen wüi'den. So sehr uns die Löwen in der
Nacht durch ihr Gebrüll belästigten, so wenig sahen wir am
Tage von ihnen. Sie halten sich teils in dem dichten Gestrüpp,
teils in den das weite Tal überall durchquerenden Erdspalten
und ausgetrockneten Flußbetten verborgen, und auch sonst sind
sie im hohen, sonnenverbrannten Grase vermöge ihrer Schutz-
farbe schwer zu erkennen. Dem Menschen weichen sie aus, so-
bald sie seiner ansichtig werden; nur gereizt und angeschossen
sind sie ihm gefährlich. Wir stießen schon in den ersten Tagen
auf zwei dieser Raubtiere; ihre gelblichbraunen Körper ver-
schwanden jedoch im hohen Grase, ehe ich die Büchse in An-
schlag bringen konnte. Später hatte ich Gelegenheit, vier Löwen
in den südwestlich gelegenen Athi Plains zu beobachten; sie
saßen wie große Katzen auf den Hinterbeinen und spielten mit-
einander, etwa hundert Schritt von den Büschen des Athi-Flusses
entfernt. Da nirgends Deckung war, konnte ich mich nicht an
sie heranpirschen, sondern mußte mit unseren durch den langen
Morgenritt ermüdeten Pferden 1000 m weit direkt auf die Löwen
losgaloppieren, leider mit dem Erfolg, daß diese baldigst unser
ansichtig wurden und fluchtartig in dem dichten Ufergestrüpp
verschwanden. Diese Methode der Löwenjagd ist in den Ebenen
von Britisch-Ostafrika die gewöhnliche ; man hetzt die Tiere mit
Pferden solange, bis sie sich stellen, und schießt sie dann auf
geringe Distanz nieder.
Von unserem Lager aus unternahmen wir jeden Morgen in
aller Frühe, bisweilen auch in den späteren Nachmittagstunden,
Jagdausflüge. Überall standen im hohen Grase vereinzelte oder
kleine Rudel von Antilopen. Graziöse Impallas (Aepyceros me-
lampus suara) mit ihrem schöngeschwungenen leierförmigen Ge-
hörn belebten die Savannen; an lichten Stellen fanden wir oft
in großen Mengen das Kongoni (Bubalis cokei), auch Hartebeest
genannt, eine Kuhantilope mit schönem braunem Fell und win-
kelig zurückgebogenen Hörnern. Neugierig äugten sie zu uns
herüber, um, sobald ihnen die Sache nicht geheuer erschien, in
— 82 —
merkwürdigen Sprüngen gesenkten Hauptes die Flucht zu er-
greifen. Es war die erste Antilope, auf die ich in Afrika zu
Schuß kam, mir insbesondere erinnerlich, weil ich mich von der
außerordentlichen Lebenskraft dieser Tiere überzeugen konnte.
Das Kongoni war zusammengebrochen und lag auf dem Rücken;
ich hielt es für verendet und ließ es gerade auf wenige Schritte
in aller Ruhe photographieren, als es sich plötzlich erhob und
mit einigen Sätzen in den Büschen auf Nimmerwiedersehen
verschwand. Weiter stießen wir täglich auf Rudel von Wasser-
böcken (Cohus elUpsiprymnus) , oft fünfzig Stück zusammen-
stehend; auch sie lieben offenes Gelände, halten sich gelegent-
lich wegen der guten Deckung zwischen den Büschen auf,
vielleicht auch wegen der besseren Äsung. Sie gehören zu den
größten Antilopen und imponieren nicht allein durch ihr schönes,
langhaariges Fell, sondern auch durch das kräftige Gehörn. Mehr-
fach sahen wir die Köpfe und Hälse von Giraffen zwischen den
Mimosenbäumen. Zebras belebten massenhaft das weite Tal;
Warzenschweine tauchten im Grase auf; mit hocherhobenen
Schwänzen huschten sie blitzschnell, wie Paviane oder schwarze
Pudel aussehend, in langen Reihen durch die Büsche. Auch Dick-
Dicks und Buschböcke kreuzten unseren Weg; vielfach konnten
wir die verschiedensten Tierarten in friedlicher Gemeinschaft zu-
sammenstehend beobachten: Zebras, Strauße, Impallas, Kongonis,
Wasserböcke ästen nebeneinander — ein prächtiges Schauspiel!
Nach Osten hin erweiterte sich das Tal zu einer fast baum-
losen Steppe. Obwohl das Gras kurz und völlig verdorrt war,
wimmelte es hier geradezu von Wild. Nicht mit Unrecht schien
es die sonnendurchglühte Ebene mit ihrem freien Ausblick dem
unübersichtlichen Buschterrain vorzuziehen, das den heranschlei-
chenden großen Raubtieren und ihren noch gefährlicheren Fein-
den, den Menschen, Deckung gibt. Es ist erstaunlich, mit welcher
Schnelligkeit die Antilopen flüchtig werden, sobald sie eine Ge-
fahr erkennen. In graziösen Sprüngen galoppieren sie dahin, mit
ihren Hufen kaum den Erdboden berührend. Von ihrer jähen
Flucht wird alles Wild mit fortgerissen ; erst kilometerweit kommt
es wieder zum Stillstand.
Unter einem einsamen, weitschattigen Baume stehend, sah
ich zum erstenmale Elenantilopen (Taurotragus oryx Pall.), die,
was Körpergröße und Kraft anbetrifft, am meisten imponierende
Antilope Afrikas. Sie erreicht eine Schulterhöhe von 1,75 m, hat
ein schiefer- bis silbergraiies, kurzhaariges Fell; Stirn und Nase
sind dunkler gefärbt, Lippe und Kinn weiß. Der Hals ist kurz
und äußerst kräftig, vom Kinn bis zur Brust zieht eine starke
Wamme herab. Die gerade gerichteten und leicht um ihre Längs-
achse gewundenen, kräftigen Hörner erreichen beim ausgewachse-
nen Tier eine Länge von 90 cm und mehr. Das Gehörn der Kühe
pflegt weniger hoch und dünner zu sein. Wie ich mich durch
das Fernglas überzeugen konnte, hatte ich eine Unterart der
oben beschriebenen Elenantilope, den T. o. livingstoni, vor mir,
der sich durch acht bis zehn Querstreifen an beiden Seiten des
Körpers auszeichnet. Diese Art lebt im zentralafrikanischen
Hochland, während die Heimat der nicht gestreiften Hauptform
Rhodesia, Angola imd Mozambique ist. Im achtzehnten Jahr-
hundert wurde das Elen in ganz Südafrika bis in die Nähe von
Kapstadt gefunden. Livingstons Elen kommt hauptsächlich im
Kilimandjaro- und Kenia-Gebiet vor ; die am Weißen Nil lebenden
Exemplare sind besonders kräftig und werden mit dem Namen
gigas bezeichnet. In Britisch-Ostafrika scheint die Elenantilope
den lichten Busch oder die spärlich mit Büschen bewachsene
Steppe vorzuziehen; sie führt ein Wanderleben, indem sie in der
trockenen Jahreszeit in die Täler hinabzieht, um in der Regen-
zeit in die Abhänge des Hochgebirges zu steigen. Hier lebt sie
in kleinen Herden oder vereinzelt, in Rhodesia dagegen noch in
großen Mengen zusammen. In letzter Zeit haben eingewanderte
Buren erfolgreiche Versuche gemacht, die an Zugkraft den besten
Ochsen nicht nachstehenden Elen einzufangen und zu zähmen.
Vorsichtig kreisen Berittene die Herden ein, sprengen auf ein ge-
gebenes Zeichen auf die Tiere los und hetzen die jungen Kälber
so lange, bis sie zusammenbrechen. Dann hüllen sie sie sorgfäl-
tig in warme Decken und treiben sie nach einigen Stunden in
die Krale.
Im Anfang glaubte ich, friedlich äsende oder wiederkäuende
Rinder zu sehen, bis mich die geraden gewundenen Hörner eines
andern belehrten. In ihrer Körperform und der Art und Weise,
sich zu bewegen, mit dem Schweife die Fliegen zu vertreiben,
erinnerten sie ganz auffallend an unser Rindvieh. Ein Zwischen-
raum von etwa 2 km trennte mich von dem seltenen Wilde.
Hinter einer flachen Erdsenkung, die von einem trockenen Fluß-
bett durchzogen war, stand ein niedriges Gebüsch; dieses benutzte
ich als Deckung beim Anpirschen. So gelang es mir und meinem
— 84 —
Begleiter, unbemerkt auf 800 m heranzukommen, dann wurde
das Terrain offen, und es blieb mir nichts anders übrig, als auf
Händen und Füßen weiter zu kriechen, was in Anbetracht der
kolossalen Hitze — die Sonne stand fast im Zenit — und der
versengten, harten Grashügel eine Aufgabe war, der sich nur ein
passionierter Afrikajäger unterzieht. Leider bemerkten uns die
Elenantilopen, ehe wir nahe genug gekommen waren, wurden
unruhig und setzten sich langsam in einen schwerfälligen Trab,
der, nachdem ich ihnen eine Fehlkugel nachgesandt hatte, in
wilde Flucht ausartete. Wie elektrisierend wirkte das Beispiel
der Elen auf die Hunderte von anderen Antilopen, die eben noch
träumend in der Sonne gestanden hatten. Einmütig stürmten sie
dahin, eine dichte Staubwolke hinter sich lassend, und kamen
erst in weiter Ferne zum Stillstand. Eine Verfolgung war in der
Mittagshitze auf der offenen Steppe ausgeschlossen.
Zwei Tage später hatte ich mehr "Waidmannsheil; wie ge-
wöhnlich brachen wir von unserem Standlager bei Sonnenaufgang
auf und ritten zwei Stunden lang nach Süden in der Hoffnung,
Giraffen anzutreffen. Unsere Gewehrträger voran, zogen wir
schweigend durch den taufrischen Mimosenbusch; zahlreiche aus-
getrocknete Flußläufe mußten wir durchklettern, hier und da
traten uns Impalla- Antilopen entgegen. Wir ließen sie aber un-
beachtet, um anderes Wild nicht durch Schüsse zu beunruhigen.
Plötzlich blieb mein Gewehrträger stehen und deutete erregt mit
der Hand auf ein Stück Wild, das in 500 m Entfernung stand
und von mir alsbald als Elenantilope erkannt wurde. Vom Pferde
herunter und die Büchse ergriffen war das Werk eines Augen-
blicks. Vorsichtig Deckung suchend pirschte ich mich auf 150 m
heran und gab dann knieend einen Schuß ab, mit dem Erfolg,
daß das mächtige Tier zusammenbrach, um nach einigen Minuten
wieder hoch zu werden. Noch zwei Kugeln sandte ich hinterher
und brachte es von neuem zu Fall. Mühsam mußte ich mich
durch das Grasdickicht winden, um an meine Beute heranzu-
kommen. Es war ein gewaltiger Bulle, an Größe unsere stärksten
Ochsen fast noch übertreffend. Welche Kraft muß die Elenanti-
lope haben, um diesen schwerfälligen, fast plumpen Körper in
wilder Flucht zu bewegen ! Nachdem wir das Tier von verschie-
denen Seiten photographiert hatten, erteilte ich meinen Leuten
den Befehl, das Haupt mit dem Gehörn und den Schweif abzu-
setzen, und überließ ihnen alsdann das Fleisch. In den letzten
C3
— 86 —
acht Tagen hatten meine Träger kein Fleisch von dem geschos-
senen Wilde erhalten, und zwar als Strafe für eine Meuterei,
die am Tana-Fluß ausgebrochen, aber von meinem Führer durch
exemplarische Bestrafung der Hauptschuldigen rechtzeitig ge-
dämpft worden war. Die heutige glückliche Jagd brach den Bann.
Während wir im Schatten einer Mimose den Schwarzen zu-
schauten, die in Anbetracht des Fleisches einen Rieseneifer ent-
wickelten, bot sich uns ein für afrikanische Verhältnisse typisches
Schauspiel : von allen Seiten kamen Aasgeier und andere Raub-
vögel herbei; erst in ungeheuren Höhen kreisend, ließen sie sich
dann vorsichtig herab und nahmen auf den benachbarten Bäumen
Platz. Bald gesellten sich Marabus und schwarze Raben hinzu.
Sie blickten gierig zu uns herüber und schienen auf den Moment
zu warten, wo sie sich des Aases bemächtigen konnten. Zu ihrem
Leidwesen warteten sie vergebens, denn unsere Schwarzen ließen
in ihrem Fleischhunger effektiv nichts von der Elenantilope übrig.
Dafür aber holte ich mir mit der Kugel einen der „schäbigen"
Marabus vom Baume. So konnten wir heute befriedigt ins Lager
zurückkehren, und auch unsere Träger hatten einen großen Tag.
Ein gewaltiger Buschbrand bezeichnete die Stelle, wo wir ge-
jagt hatten. Er war durch die Unvorsichtigkeit der Schwarzen
entstanden und kam erst am späten Nachmittag zum Erlöschen.
Noch eines anderen Bewohners des buschigen Hügellandes
muß ich gedenken, den ich zwischen Thika und Tana river häu-
fig antraf: des Rhinozerosses. Während das weiße, breitmäulige
Rhinoceros simus in Südafrika fast ausgerottet ist und nur noch
in einigen Gegenden des südlichsten Sudan, z. B. in der Lado-
Enklave, vorkommt, bewohnt das schwarze Rhinoceros bicornis
noch in Mengen das Hochland Zentralafrikas. Nirgends tritt es
in größerer Zahl auf, sondern lebt entweder einzeln oder zu zwei
bis drei Stück. Grasige Halden, mit lichtem Busch bedeckt, scheint
es der offenen Steppe vorzuziehen; hier sieht man oft die erd-
farbenen Kolosse ruhig äsend stehen oder im Schatten von Ge-
büsch zur Mittagszeit schlafen. Große, flache Mulden bezeichnen
später die Lagerstätte der Tiere. Ihre treuen Begleiter sind kleine
Madenhacker (Buphagus er^ythrorhynchus), die auf dem Rücken
der Nashörner sitzen und sie von den zahlreichen Zecken be-
freien. Sobald sie irgend eine Gefahr bemerken, flattern sie auf
und warnen dadurch sowohl ihren Schützling wie den Menschen.
Das Vorderhorn des Männchens ist kürzer und gedrungener als
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das des Weibchens. Die gewaltigen, über ein Meter langen Hör-
ner, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten in Zanzibar bei den
Händlern zu sehen waren, sind jetzt sehr selten geworden. Das
Nashorn gilt als Dickhäuter gemeinhin als faul, träge und lang-
sam; nichts ist unrichtiger als dies. Es ist kaum glaublich, mit
welcher Geschwindigkeit und Leichtigkeit es aufspringen und
laufen kann, wenn es verfolgt wird oder einen Angriff unter-
nehmen will. Sein Auge ist wenig scharf, desto feiner jedoch
die Nase. Über die Gefährlichkeit des Tieres werden von den
verschiedenen Jägern ganz abweichende Angaben gemacht, je
nach den mehr oder weniger üblen Erfahrungen. Nach Erzäh-
lungen von Schillings ist das Nashorn an Böswilligkeit mit
dem afrikanischen Büffel oder Elefanten auf gleiche Stufe zu
stellen, während sich andere Jäger von seinem agressiven Wesen
nicht überzeugen konnten. Ich selbst habe während meines etwa
vierzehntägigen Aufenthaltes zwischen Tana- und Athi-Fluß meh-
rere Dutzend Nashörner angetroffen, sowohl auf weite als auch
auf kurze Entfernung, aber nur einmal hatte ich das Gefühl,
attackiert worden zu sein, und mußte zu meinem Schutz zur
Büchse greifen. Großen Respekt vor dem Nashorn hatten übri-
gens meine Träger. Am Tage der Übersiedelung ins Dauerlager
führte mein Diener die Karawane, während ich einen anderen Weg
einschlug. Unterwegs tauchte plötzlich ein Nashorn auf, dessen
Anblick den Schwarzen einen derartigen Schrecken einjagte, daß
sie in demselben Moment ihre Lasten abwarfen und ungeachtet
ihrer mangelnden Kleidung auf die Dornbäume kletterten.
Mein erstes Zusammentreffen mit Nashörnern gehört zu den
schönsten Erinnerungen an meine afrikanische Expedition. Wir
hatten am Tana-Fluß unser Lager aufgeschlagen und hofften,
hier Krokodile, Flußpferde und Wasserböcke zu bekommen. Am
Nachmittag um vier Uhr zogen wir aus, kehrten aber nach An-
bruch der Dunkelheit ohne Erfolg heim. Während meiner Ab-
wesenheit war eins der großen Zelte durch den Leichtsinn eines
Schwarzen in Flammen aufgegangen, bei welcher Gelegenheit
wollene Decken, einige Kleidungsstücke und andere Sachen mit-
verbrannten; die in dem Zelt untergebrachte Munition wurde
zum Glück rechtzeitig gerettet. Noch glänzte der Mond am Him-
mel, als wir uns am nächsten Morgen in aller Frühe erhoben.
Ein kalter, fast eisiger Wind strich durch das Gras und ließ uns
in der leichten Tropenkleidung zittern. Mit reichlich Proviant und
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Wasser versehen ritten wir auf die Berge zu in ein breites Tal
hinein. Der Weg führte anfangs durch lichten Savannenwald und
Gras, das 2 bis 3 m hoch und dicht verfilzt uns nur langsam
vorwärts kommen ließ ; später wurde er steiniger und der Busch
dichter. Als die Sonne sich eben über den Horizont erhob, tauchte
ein Rudel Wasserböcke auf, und kurz darauf wurden zwei Rhi-
nozerosse bemerkt, die in einer Entfernung von wenigen hundert
Schritt ruhig ästen. Ich legte auf das stärkere von beiden an,
doch jagten nach dem Schusse beide Tiere in schneller Flucht
fauchend und pustend los. So schnell es ging, folgten wir ihnen
und fanden bald reichlich Schweiß, die Kugel meiner 450-Cordite-
Büchse mußte also sehr gerissen haben. Nach ungefähr tausend
Schritt erblickte ich eins der Nashörner am Rande eines Grabens;
es witterte mich sofort und wurde eilends flüchtig; das zweite
fand ich mit dem Schuß in der Lunge verendet im Graben. Das
Vorderhorn maß 46 cm Länge. Die Präparierung dauerte über
zwei Stunden; ein Schwarzer wurde ins Lager zurückgesandt,
um ein Axt zu holen, mit der der Schädel herausgehauen wer-
den sollte. Während einige der Leute mit dieser Arbeit be-
schäftigt waren, schnitten andere Streifen aus dem Fell, die zu
Stöcken (Kibokos) verarbeitet werden sollten. Wieder andere
gaben sich der angenehmen Arbeit des Bratens und Essens von
Nashornfleisch hin und schlangen große Stücke davon halb roh
hinunter. Für uns Weiße wurden die Zunge und der Schwanz
reserviert, letzterer zur Bereitung einer ausgezeichneten Suppe.
Um die Mittagszeit stießen wir wieder auf zwei Rhinos,
die auf einer offenen, buschfreien Stelle im hohen Grase stan-
den. Sie glänzten in der Sonne wie mit Fett beschmiert. Nach
einer Viertelstunde hatten wir uns bis auf 50 m angepirscht,
ohne bemerkt worden zu sein. Auf den ersten Schuß stürzte das
eine zu Boden und wälzte sich auf dem Rücken, um sofort wie-
der hoch zu werden und taumelnd noch einige Schritte zu laufen,
ehe es vollends zusammenbrach. Es war ein Weibchen und leider
tragend. Als wir am nächsten Morgen die Stätte aufsuchten, fan-
den wir, von den großen Knochen abgesehen, nichts mehr übrig.
Das 1 m lange Nashornbaby war völlig verschwunden. Zahlreiche
Spuren am Boden deuteten auf nächtlichen Besuch von Hyänen,
Schakalen und Aasgeiern hin.
Einige Tage später stieß unsere kleine Jagdkarawane — die
Träger blieben stets mehrere Kilometer zurück — im dichten
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Busch abermals plötzlich auf zwei Rhinos. Hätten uns nicht die
Madenhacker wenige Sekunden vorher durch ihr Auffliegen ge-
warnt, so wäre das Zusammentreffen für uns vielleicht unan-
genehm abgelaufen. So fanden wir Zeit, von den Pferden her-
abzuspringen, die Büchsen zu ergreifen und ein Schnellfeuer zu
eröffnen. Noch sehe ich die wutschnaubenden Dickhäuter mit
ihren tückisch funkelnden Augen vor mir, wie sie gesenkten
Hauptes auf uns losstürzten. Es war ein kritischer Moment!
Meine schwere Büchse tat ihre Schuldigkeit; die Tiere wandten
sich zur Flucht, und eins von ihnen brach nach hundert Schritt
zusammen, während das andere, gefehlt, laut wehklagend das
Weite suchte.
Rhinozerosse traf ich, wie gesagt, täglich. Einigemal stell-
ten sie sich uns derart in den Weg, daß wir sie mit lauten Rufen,
Steinwürfen, und wenn dies nichts half, mit Schreckschüssen ver-
treiben mußten. Da die Regierung jedem Jäger auf seinen Jagd-
schein nur den Abschuß von zwei Exemplaren erlaubt, so gingen
wir diesen Tieren später nach Möglichkeit aus dem Wege. Un-
zweifelhaft ist das Nashorn in dieser Gegend noch in großen
Mengen vertreten, so daß seine Ausrottung in absehbarer Zeit
wohl nicht zu befürchten ist.
Nach sechstägigem Aufenthalt in dem beschriebenen Lager
zog ich weiter, überschi'itt zweimal den vielfach gewimdenen
Thika-Fluß und gelangte an dem Donio Sabuk, einem mächtigen
Bergkegel, der die ganze Gegend beherrscht, vorbei in die Athi
Plains. In dieser weiten Ebene, die fast baumlos und mit kurzem
verdorrtem Grase bedeckt war, wimmelte es von Wild. Kongonis,
Wasserböcke, Grant- und Thomson-Gazellen, Elen, Impallas, Ze-
bras und Strauße traten in ganzen Herden auf. Vereinzelt stießen
wir auf Giraffen und Gnus. Von den Zebras abgesehen war das
Wild außerordentlich scheu, wahrscheinlich, weil diese Ebene
von der Bahn durchquert und häufig von Jägern aufgesucht
wird, und weil außerdem an den Ufern des Athi-Flusses sich
einzelne Buren angesiedelt haben, die nach südafrikanischer Art
dem Wilde sehr nachstellen. Trotz des Wildreichtums durchzogen
wir die Ebene in möglichst schnellen Tagereisen, und zwar we-
gen einer Zeckenart, „Ticks" genannt, die hier in geradezu un-
glaublichen Mengen vorkommt. An jedem Grashalm, an jedem
Buschzweig saßen diese Blutsauger. Stiegen wir vom Pferde
und gingen einige Schritte zu Fuß, so waren wir mit den Zecken
^-«v
>
— 91 —
wie übersät. Durch die Kleiderritzen krochen sie auf die Haut
und verursachten durch ihren Biß heftiges Jucken, das uns na-
mentlich in der Nacht unaufhörlich plagte. Zeitweise saßen die
Zecken, speziell die kleinere Entwicklungsform, in solchen Men-
gen in der Kleidung, daß sie nur mit einer Bürste entfernt wer-
den konnten. Auch das Wild fanden wir mit Zecken förmlich
überdeckt. "Wie in dieser Gegend Farmer sich ansiedeln können,
ist mir ein Rätsel geblieben.
Mein Begleiter, Dr. von Varendorff, sammelte auf der
Expedition fleißig Insekten, namentlich Koleopteren; einen Teil
der Ausbeute hat das Senckenbergische Museum erhalten. Wie
er mir mitteilt, hat die Käferfauna, der Höhenlage des Sammel-
gebietes entsprechend, ein fast europäisches Gepräge. Tropische,
in die Augen springende Formen, Dynastiden und gigantische
Rüsselkäfer fehlen fast gänzlich. Statt dessen fand er unschein-
bare Formen, Rüsselkäfer, die der europäischen Form der Gat-
tung Otiorrhij nchus gleichen, Igelkäfer (Hispa) mit bizarren
Stacheln in mehreren Arten, die sich kaum von unserer Hispa
(lira unterscheiden, zahlreiche Coccinelliden, rot mit schwarzen
Punkten, ganz wie bei uns. Namentlich war das Vorkommen von
Apfon-Arten, die für die europäische Fauna charakteristisch
sind, auffällig. Prachtkäfer (Buprestiden) waren nur in einigen
Sphenoptera-Arien, wie sie in Südeuropa leben, und in Agrüus-
Arten vertreten; alles aber minuziöse Tierchen, so daß die
Gesamtausbeute gerade keinen farbenprächtigen Anblick bot.
Umso größeres Interesse hat sie Fachleuten gewährt, denn sie
enthielt eine Anzahl neuer Arten; das kann nicht Wunder neh-
men, da sich Entomologen in diese Gegend wohl noch nie mit
dem Streifnetz verirrt haben.
So war das Resultat meiner Expedition nach vielen Seiten
hin, wenn auch nicht glänzend, so doch in Anbetracht der Kürze
der Zeit befriedigend. Ich gewann einen Einblick in die reiche
Fauna der zentralafrikanischen Hochsteppe, in ein Tierleben, wie
es wohl nur wenige Länder der Welt in so reichem Maße und
so großer Abwechselung aufzuweisen haben. Es ist wahr, das
Hinterland von Deutsch- und Britisch-Ostafrika wird immer mehr
der Kultur erschlossen, immer tiefer dringt der Mensch in die
Geheimnisse seiner Tierwelt, und doch harren noch manche Rätsel
der Lösung, noch manche Tierarten werden entdeckt werden
oder ihren Namen ändern müssen, ehe alles genügend erforscht
— 92 —
sein wird. So z. B. unterliegt es keinem Zweifel, daß unter den
großen Antilopen, die heute einen Sammelnamen führen, wie die
Gruppe der Hartebeeste oder Wasserböcke, verschiedene Arten
sich befinden, Arten, die sich durch Zeichnung, Farbe und Ge-
hörn zwar ähneln, aber doch verschieden sind. Oft habe ich mir
die jetzt so aktuelle Frage vorgelegt: „Wann werden die großen
Säugetiere im Innern von Afrika verschwunden sein?" und sie
mir in dem Sinne beantwortet: gelingt es, genügenden Schutz
durch Jagdgesetze, Einfülirung von Schonzeiten und Anlegen
von Wildreservaten zu schaffen, so wird eine Ausrottung in den
nächsten Jahrhunderten nicht zu befürchten sein. Noch sind un-
geheure Mengen Wild vorhanden, und es ist auch fraglich, ob
sich jemals die weiten, sonnendurchglühten Steppen und dürren
Mimosenwälder, die Heimat des Wildes, der Kultur ganz öffnen
werden. Zu vergessen ist auch nicht, daß das Wild schon jetzt
sehr scheu geworden ist und sich mehr und mehr in unwirtliche
Gegenden zurückzieht. Britisch-Ostafrika speziell besitzt südlich
der Ugandabahn bis dicht an die deutsche Grenze heran ein
riesiges, fast unbevölkertes Wildreservatgebiet; hier darf bei
Vermeidung von schweren Strafen nicht geschossen werden. Daß
die englische Regierung aber auch das ihrige tut, um die Jäger
wirksam zu kontrollieren, davon habe ich mich persönlich über-
zeugen können.
— 93
L J B R A R
Besprechungen.
Neue Bücher.
Heimatkunde und Heimatarbeit. Volkswirtschaftliche und
sozialpolitische Aufsätze. Von Wilhelm Kobelt. 520 S.
mit Porträt. Gr.-8°. Frankfurt am Main (Englert & Schlosser)
1912. Preis broschiert M. 10.—.
Wie Kobelt in seinen, in unserem vorjährigen „Bericht" erschienenen
Aufsätzen über den Schwanheimer Wald nicht eine Aufzählung und Schil-
derung einzelner Tiere und Pflanzen gegeben hat, sondern ein lebensfrohes
Bild einer biologischen Gemeinschaft, so sind auch seine Arbeiten auf dem
Gebiet der Volkswirtschaft und Sozialpolitik nicht trockene Berichte über
Einzelforschungen aus irgendwelchen entlegenen Zeiten und Ländern, sondern
es sind Ausschnitte aus dem Wirtschaftsleben Großfrankfurts. Auch in
dem Volkswirtschaftler ist der Biologe zu finden.
Kobelt wird schon deshalb als Volkswirtschaftler nicht vergessen
werden, weil er zuerst auf eine wirtschaftliche Einheit hingewiesen hat, die
vor ihm niemand mit solcher Klarheit erkannt hat: die der Großstadt und
ihrer Umgebung, soweit sie von dieser Stadt wirtschaftlich beherrscht wird
und ihr die Arbeiter liefert. So hat er den Begriff „Groß-Frankfurt"
geschaffen. „ Groß-Frankf urt in unserem Sinn reicht den Main entlang etwa
von der bayerischen Grenze bis zum Lorsbacher Tal, im Taunus bis zur
Wasserscheide und schließt im Norden das Usinger Land und die südliche
Wetterau ein, ziemlich genau bis zum Pfahlgraben, der alten Römergrenze.
Es schließt dann noch das Kinzigtal bis zum Distelrasen und einen Teil der
bayerischen Rhön und des Spessartabhanges ein, südlich vom Main nur den
Kreis Offenbach und die Walddörfer bis nach Kelsterbach." Für dieses Ge-
biet insbesondere gibt nun Kobelt seit etwa vierzehn Jahren die „Gemein-
nützigen Blätter für Hessen und Hessen-Nassau, Zeitschrift für soziale
Heimatkunde" heraus, in denen seine nationalökonomischen Arbeiten haupt-
sächlich erschienen sind. Gewiß mögen die grünen Heftchen gar viele zum
Nachdenken angeregt haben; aber in unserer von Druckschriften überfluteten
Zeit fehlt den meisten die Muße, alles, was an periodischen Schriften auf
den Schreibtisch flattert, zu genießen.
Man muß darum dem Rhein-Mainischen Verband für Volksbildung und
dem Sozialen Museum Dank wissen, daß sie zu Kobelts fünfzigjährigem
Doktorjubiläum am 13. Dezember 1912 die in den „Gemeinnützigen Blättern"
— 94 —
zerstreuten Arbeiten zusammen mit einigen anderswo erschienenen Aufsätzen
zu einem stattlichen Bande vereinigt haben, als Festgabe und Dank dar-
gebracht, ihm „der über vierzig Jahre als Gelehrter, als Mann der selbstlosen
werktätigen Liebe, als schöpferischer Organisator und als Mensch Vorbild
und Führer gewesen ist."
Die größere Hälfte des Buches enthält Aufsätze über die Heimatkunde
im engeren Sinn, und es gibt kaum eine Sparte dieses Gebietes, die K o b e 1 1
nicht behandelt. Aufsätze aus der zoologischen Heimatkunde („Der Lachs
in unserem Gebiet", „Unsere Mäuse") stehen neben botanischen („Die Eichen
der Hanauer Forsten", „Pflanzenschutz"), mineralogischen („Eine Sammlung
heimatlicher Gesteine aus angeschwemmter Ebene"), geologischen („Die Torf-
und Braunkohlenlager in der unteren Mainebene und dem Ried") und meteo-
rologischen („Gewittergeographie"). Abhandlungen über die prähistorische
und historische Entwicklung unserer Gegend und insbesondere unseres Wald-
gebietes finden sich wohl nirgends in solcher Vielseitigkeit zusammengestellt.
Wir greifen nur „Die wirtschaftliche Urgeschichte der Mainebene" heraus.
Hier wird die geologische Entstehung der Gegend von Hanau bis Mainz seit
dem Beginn des Tertiärs geschildert, die Steinbruch-, Kalk- und Ziegel-
industrie aus den stratigraphischen Vorbedingungen heraus erklärt, über die
Besiedelung der Landschaft von der älteren Steinzeit bis zu den Römern
berichtet. Die Lektüre der Aufsätze über die Niederlassung der Franken
und die Schicksale der Dreieich braucht nicht besonders empfohlen zu werden.
Ist doch Kobelt als der beste Kenner dieser Materie bekannt!
Im zweiten Teil des Buches sind zunächst unter dem zusammenfassen-
den Titel „Volkswirtschaft" Fragen hauptsächlich landwirtschaftlicher und
genossenschaftlicher Natur behandelt. Hier ist es neben dem vielseitigen
Gelehrten der warmfühlende Mensch, der besonders hervortritt. Denn je mehr
Kobelt sich selbst bescheiden in den Hintergrund stellt und viele von ihm
geschaffene Institutionen wie mühelos von selbst geworden schildert, umso-
niehr merkt man seine vielseitige Tätigkeit, die immer wieder, von den engen
Grenzen Schwanheims ausgehend, auf alle gemeinnützigen Bestrebungen im
Maingau befruchtend gewirkt hat. Es ist rührend zu sehen, wie ein Mann,
den seine wissenschaftliche Tätigkeit auf den Gebieten der Zoologie der
Weichtiere und der Tiergeographie in den ersten Rang lebender Naturforscher
stellt, Ratschläge erteilt, die die Bauern der Umgegend befähigen sollen,
einen möglichst großen Vorteil aus der Anwendung von Düngemitteln zu
ziehen, wie er Vorschläge zu rationeller Ziegenzucht gibt. Die näheren Kenner
der Konsumvereinsbewegung werden sich freuen, seine Vorschläge zu lesen,
die geeignet sind, eine Vertiefung des Genossenschaftswesens herbeizuführen.
Er hat in sich die manchesterliche Auffassung überwunden, die in einem
Verein lediglich eine Summierung von Einzelindividuen zu irgendwelchen
Zwecken erblickt; er will keine Vereine, sondern Genossenschaften, bei denen
sich jeder als Teil einer höheren Einheit fühlt, wo durch die Integration
dieser ein neues sozialbiologisches Individuum hervorgeht. Deshalb bekämpft
er auch die Richtung, die in dem Konsumverein lediglich den Lieferanten
billiger Lebensmittel, verbunden mit einer Weihnachtskasse sieht; er will
vielmehr, indem er die Nichtverteilung mindestens eines Teiles des Geschäfts-
überschusses vorschlägt, ein Grundvermögen sammeln, das in der mannigfach-
^
— 97 —
sten Weise Gemeinnütziges wirken kann. Kohlenkassen, Volksversicherung
und Baugenossenschaften können sich so den Konsumvereinen angliedern.
Mit den Baugenossenschaften betreten wir ein weiteres Gebiet, das
K o b e 1 1 beackert hat, das des Ansiedelungswesens. Der uns zur Verfügung
gestellte Raum verbietet uns, ihm hier zu folgen. Wir wollen nur darauf
hinweisen, daß der Verfasser mit seiner pessimistischen Beurteilung der Zu-
kunft der Gartenstadtbewegung für unsere Gegend leider recht zu behalten
scheint.
In den beiden letzten Abschnitten beschäftigt sich K o b e 1 1 mit Volks-
bildung und Hygiene. Als echter Genossenschaftler widerlegt er den Vor-
wurf der Vereinsmeierei und weist die Nützlichkeit auch sonst häufig ver-
spotteter Musik- und Unterhaltungsvereine nach. Er legt auch ein gutes
Wort für den natm-wissenschaftlichen Sammeleifer unserer Jugend ein. Seine
Aufsätze zur Bekämpfung des Alkoholismus und der Tuberkulosegefahr sind
der weitesten Verbreitung würdig.
Mit der Ausdehnung und Verbreiterung des Gebietes der Naturwissen-
schaften in unserer Zeit sind neben großen Vorteilen auch unleugenbare
Nachteile verbunden. Die Spezialisierung der Forscher auf einzelne Teilge-
biete und deren stetes Wachstum verhindert manchmal den Überblick über
das Ganze und ist ungünstig für die Kenntnis der Grenzgebiete. Sie er-
leichtert dem eingeschworenen Fachmenschen gegenüber dem schöpferischen
Forscher das Fortkommen. Notwendig ist für den Fortschritt, daß von außen
die Befruchtung diu-ch neue Ideen an die einzelnen Wissenschaften heran-
tritt. So hat Kobelt, von Hause Arzt, sowohl Naturwissenschaften als
Volkswirtschaft in ihrem Innersten bereichert, indem er den Begriff der
Wohngebietsgemeinschaft in sie eingeführt hat. Eine naturwissenschaftliche
Heimatkunde wird bisher an keiner Universität gelehrt. Es wäre der Mühe
wert, hier in Frankfurt einmal den Versuch zu machen und eine Vorlesung
, Biologie des Maingaus" einzuführen. Wir glauben, die Ausführung
dieser Anregung wäre die schönste Ehrung unseres Kobelt.
Und nun zum Schluß ! Die Gemeinde, in der Kobelt wirkt, hat seine
Verdienste gewürdigt, indem sie ihn zum Ehrenbürger ernannt hat. Diese
Ehrung gilt nicht nur — nicht einmal in erster Linie — dem Gelehrten,
sondern dem so vielseitig hilfreichen Menschen. Möge ihm vergönnt
sein, noch eine recht lange Reihe von Jahren zu wirken und viel des von
ihm ausgestreuten Samens aufgehen zu sehen 1
H. Seckel.
Mikroskopisches Praktikum für systematische Botanik
(I. Angiospermae). Von Prof. Dr. M. Mob ins. VIII u. 216 S.
mit 150 Abbildungen im Text. 8°. Berlin (Gebrüder Born-
traeger) 1912. Preis gebunden M. 6.80.
Das reizvolle Möbiussche Büchlein bietet etwas, was bisher noch
nicht vorhanden war, nämlich eine Anleitung zu mikroskopischen Be-
obachtungen im Dienste der Systematik. Dabei werden die Blüten-
teiie auf ihre systematisch wertvollen Merkmale hin an einfachen, durch Hand-
schnitte oder Zerlegung gewonnenen Präparaten demonstriert. Stärkere Ver-
— 98 —
größerungen brauchen nicht angewandt zu werden. Die vegetativen Teile
werden nur nebenher hier und da betrachtet. Alle, die einzelnen Arten
kennzeichnenden Merkmale treten gegenüber den Gattungscharakteren
in den Hintergrund, so daß die Grundtatsachen der Systematik klar hervor-
gehoben werden. Dementsprechend findet auch die Verteilung von Idioblasten,
Haaren usw., sowie die Zusammensetzung und der Verlauf der Leitbündel
nebst ähnlichem kaum Berücksichtigung.
Somit ist der Kreis der vorgeführten Baueigentümlichkeiten ziemlich eng.
Dafür ist aber die Anschaulichkeit um so größer. Es erscheint mir überhaupt
neben dem vom Verfasser betonten Vorzug, die Systematik gewissermaßen prak-
tisch zu lehren und so eine Ergänzung der Bestimmungsübungen zu bieten,
sehr wertvoll, daß die vorgeschlagenen Übungen von der Betrachtung mit
bloßem Auge zur mikroskopischen Untersuchung überleiten. Gerade diese,
für die Anschauung so wichtige Überleitung wird in der Botanik vielfach ver-
nachlässigt. Hier kann das Möbiussche Buch einen ebenso wertvollen
Wandel schaffen wie bei der Art der Einprägung der in unseren pflanzen-
physiologisch orientierten Instituten meist nur theoretisch vorgetragenen
systematischen Tatsachen.
Ervst G. Pringsheim.
Einführung in die Lehre vom Bau und den Verrich-
tungen des Nervensystems. Von Prof. Dr. Ludwig
E dinger. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage. VI und
234 S. mit 176 Abbildungen. 8°. Leipzig (F. C. W. Vogel) 1912.
Preis brosch. M. 6.—, geb. M. 7.50.
Die neue Auflage des Werkes bringt zu dem Inhalt der ersten einen
Zuwachs von drei Kapiteln und vielen Abbildungen. Dem peripheren Nerven-
system ist ein besonderer Abschnitt gewidmet, unter eingehender Berück-
sichtigung des viszeralen (Eingeweide-) Systems, dessen Funktionen durch
sehr instruktive Tafeln erläutert werden. Neu und dvu-ch Übersichtlichkeit
bemerkenswert ist ferner ein Schema der Segmentinnervation der Muskulatur,
das einem längst empfundenen klinischen Bedürfnis entgegenkommt. Aber
abgesehen von solchen Einzelheiten wird das Ganze gekrönt durch die neu
eingefügte Vorlesung über die Beziehungen zwischen dem Aufbau des Nerven-
systems und seiner Tätigkeit, wodurch der Verfasser den Anschluß der Ana-
tomie an die Psychologie erstrebt: Die aus der vergleichenden Anatomie sich
ergebende Scheidung des Gesamtgehirns in Paläencephalon und N e e n-
cephalon führt zu einer prinzipiellen Trennung der Funktionen beider.
E d i n g e r schlägt vor, bei Leistungen des Paläencephalons nicht von Wahr-
nehmungen und Handlungen, sondern von Rezeptionen und Motus zu sprechen
und das Dazwischenliegende nicht als Assoziation, sondern als Relation zu
bezeichnen. Den Begriff der Assoziation wünscht er für die Beziehungen
zwischen den Funktionen des Neencephalons zu reservieren, die als Praxien
und Gnosis gekennzeichnet werden. In den so geschaffenen Rahmen lassen
sich die psychischen Vorgänge beim Menschen sowohl wie bei höheren und
niederen Tieren zwanglos einordnen, in einer Weise, die an der Hand der
— 99 —
Anatomie neue Gesichtspunkte für die Analyse und Beurteilung psychischer
Erscheinungen eröffnet.
Das Werk nennt sich „Einführung". Wohl demjenigen, dem schon
die erste Beschäftigung mit den Problemen des Nervensystems durch solchen
Wegweiser vermittelt wird, der ihm statt bloßen Gedächtnismaterials eine
Fülle von Anregungen gewährt! Aber auch wer sich tiefer in einzelne Pro-
bleme hineingräbt, braucht ein Werk wie das vorliegende, um über der Detail-
arbeit des Arztes oder Forschers nicht den Anschluß an das Ganze zu ver-
lieren. Darin liegt wohl auch vor allem der didaktische Wert des Buches,
daß bei keiner der zahllosen anatomischen Einzelheiten der Blick auf die
dahinterliegenden Probleme verdunkelt wird. So bedeutet die Art der Dar-
stellung an und für sich die vollkommene Lösung eines schwierigen Problems.
Gustav Oppenheim.
Vom Kongo zum Niger und Nil. Berichte der deutschen
Zentralafrika-Expedition 1910/1911. Von Adolf Friedrich
Herzog zu Mecklenburg. 2 Bände. XX u. 722 S. mit
512 bunten und einfarbigen Abbildungen nach Photographien
und Zeichnungen, sowie mit 6 Karten. 8". Leipzig (F. A. Brock-
haus) 1912. Preis gebunden M. 20.—.
Der Verlauf der Forschungsreisen, über die unter dem Titel: „Vom
Kongo zum Niger und Nil" nunmehr ein reich illustrierter Bericht vorliegt,
ist den Mitgliedern der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft
wohlbekannt. Am 15. Februar 1912 hat der Hohe Leiter der Expedition, der
gegenwärtige Kais. Gouverneur von Togo, in dem bis zum letzten Platze mit
einer gespannt lauschenden Menschenmenge besetzten Albert-Schumann-
Theater über seine eigene Reise zur Erforschung des Schari- und Tschadsee-
Gebietes unter Vorführung zahlreicher Lichtbilder berichtet.*) Zugleich hat
eine Ausstellung im Völkermuseum Kunde von der reichen naturwissenschaft-
lichen und ethnographischen Ausbeute der deutschen Zentralafrika-Expedition
gegeben, und haben die Aquarellskizzen des Malers, der den Herzog begleitete,
die Überlegenheit des Künstlerauges über die Augenblicksbilder der Kamera
gezeigt.
Hinzu kam ein Vortrag, den der Zoologe Dr. Schubotz über seine
erfolgreiche Sonder-Expedition in das Heimatgebiet des Okapi bei der Jahres-
feier unserer Gesellschaft am 19. Mai 1912 gehalten hat.-) Schubotz hatte
den Herzog bis zum Tschadsee begleitet; er wollte dann auf der Wasser-
scheide zwischen Schari, Kongo und Nil sammeln, mußte aber wegen der
Unruhen im Dar-Kuti-Gebiet einen südlicheren Weg nehmen und erreichte
(siehe die Übersichtskarte im 43. Band unseres „Berichts"), am Uelle ost-
wärts dringend, den Weißen Nil bei Lado. Das Reisewerk nimmt im IL Band
S. 372 Anm. Bezug auf diesen Vortrag, der die zoologischen Ergebnisse der
') Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg „Über seine II.
Innerafrika-Expedition" (Referat). 43. Bericht d. Senckenberg. Naturf. Ges.
1912 S. 151—155.
2) H. Schubotz „Zoologische Ergebnisse usw." Ebenda S. 324— 858.
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— 101 —
Sonderexpedition zusammenfaßt. Schubotz verdankt die Gesellschaft das
seltene Okapi, über dessen Aufstellung Prof. zur Strassen kürzlich be-
richtet hat,') Es gereicht unserem Museum zur Ehre, daß der Herzog die
Photographie unseres ruhig-äsend dargestellten Exemplares für würdig ge-
halten hat, in seinem Reisewerk aufgenommen zu werden neben dem
hübschen Aquarellbild auf der Einbanddecke des II. Bandes, das ein Okapi
in dem ihm '^wahrscheinlich eigenen Paßgang zeigt.
Sodann haben wir am 30. November 1912 den Bericht des Oberleutnant
a. D. Dr. Schnitze gehört. Ihn hat sein Sonderweg durch die nunmehr
deutsch gewordene Hyläa des Ssanga geführt, in der er Pygmäen antraf, Kunde
von einem Löwen des Urwaldgebietes erhielt und unter anderem einen alten
Tschego erbeutet hat, der in unser Museum gelangt ist. Schnitze hat be-
sonders den geographischen und geologischen Verhältnissen, dem Pflanzen -
und Insektenleben des durchreisten Gebietes seine Aufmerksamkeit gewidmet.^)
Bekannt ist endlich, in wie tatkräftiger Weise viele Frankfurter,
und gerade solche, die unserer Gesellschaft nahestehen, das große Unter-
nehmen des Herzogs im Dienste der deutschen Wissenschaft finanziell unter-
stützt haben, wodurch die hiesigen Museen bei der Ausbeute besonders be-
rücksichtigt werden konnten.
Gerade durch die nähere Bekanntschaft mit Führern und Förderern
der so überaus gefahr- und erfolgreichen Expedition gewinnt das Werk des
Herzogs für die Mitglieder unserer Gesellschaft einen besonders hohen Wert.
Neben den naturwissenschaftlichen Ergebnissen, die Fachgelehrte noch auf
Jahre hinaus beschäftigen werden, findet der Leser viele ausgezeichnete Be-
merkungen über die Geschichte und Kultur der Bevölkerung. Wie bald werden
die alten Zustände, die manchmal an die Kreuzritterzeit gemahnen, durch den
unaufhaltsam vordringenden europäischen Handel vernichtet, Flora und Fauna
gänzlich verändert sein I Wir lesen treffliche Schilderungen des Hauptmanns von
WieseundKaiserswaldau, der unter ungeheuren Schwierigkeiten durch
von Kanibalen bewohnte Wälder zum mittleren Nil durchdrang, und des
Botanikers Mildbraed, der entzückende Bilder der Hyläa und der Inseln
im Golf von Guinea entrollt, sowie des Kunstmalers Heims, dessen Löwin
Simba durch tolle Streiche die Sympathien des Lesers gewinnt.
Der Name des Verlags bürgte von vornherein für eine vorzügliche Aus-
stattung des Werkes. Neben der scharfen Wiedergabe zahlreicher Photo-
graphien aus Steppe und tropischem Regenwald, die oft unter großen Schwierig-
keiten entstanden sein mögen, seien der Abdruck reizender Bleistiftskizzen
der Expeditionsteilnehmer, sowie die schwierige Wiedergabe zahlreicher
Aquarelle besonders hervorgehoben. Sechs ausführliche Karten vervollstän-
digen das Werk ; in die Übersichtskarte, die mit Erlaubnis des Verlags unserem
vorjährigen „Bericht" beigegeben ist, hat Schubotz das Verbreitungsgebiet
des Okapi eingezeichnet.
Ä. Jassoif.
') O. zur Strassen „Die Aufstellung des Okapi". Ebenda S. 287— 292.
^) Der Vortrag erscheint ausführlich im 2. Heft dieses „Berichtes".
— 102 —
Wie lege ich einen Garten an? Ein neues Gartenbuch.
Nach Rogers Gartenbuch im Auftrage der Gesellschaft für
Heimkultur e. V. herausgegeben von Landesökonomierat
A. Siebert, Direktor des Frankfurter Palmengartens, Prof.
W. Seh öl er mann und Garteninspektor 0. Kraus. 334 S.
mit 202 Abbildungen. 8°. Wiesbaden (Westdeutsche Verlags-
gesellschaft m. b. H.) ohne Jahreszahl. Preis geb. M. 7.50.
In England sucht jeder, der einigermaßen dazu imstande ist, ein eigenes
Häuschen mit einem Garten zu besitzen. Dort ist die Gartenkunst deshalb
auch mehr zu Hause als in Deutschland, wo gegenwärtig verschiedene Par-
teien mit den merkwürdigsten Theorien über diesen Gegenstand einander
bekämpfen. Da war es ein sehr glücklicher Gedanke, das englische Buch
von B. R o g e r s ins Deutsche zu übertragen, und so die deutschen Garten-
liebhaber damit bekannt zu machen, nicht damit sie sich genau danach richten,
sondern damit sie aus dem Geist des Buches gute Gedanken schöpfen. In
einfacher Sprache, in der sich ebenso die Liebe des Verfassers zum Garten
wie seine gründliche Kenntnis auf dem ganzen Gebiet ausdrückt, wird alles
erörtert, was für die Gartenanlage in Frage kommt: von der Auswahl des
Terrains und dessen Bewertung an bis zu den Gartengerätschaften und den
einzelnen Pflanzen, von welch letzteren die empfehlenswerten in mehreren
Listen zusammengestellt sind. Um den Standpunkt des Verfassers zu charak-
terisieren, heben wir nur zweierlei hervor, nämlich daß er die Blumenzucht
im Garten an die erste Stelle setzt, und daß er in der Gartenkunst das
Zweckmäßige als entscheidend betrachtet, worunter er das Wohlergehen
der Blumen und die Bequemlichkeit und Behaglichkeit des Gartenbenutzers
versteht. Wie nun dies mit dem Malerischen zu vereinigen ist, das zeigen
die einzelnen Abschnitte, auf die wir nicht näher eingehen können, und zwar
nicht nur in dem gut übersetzten Text, sondern auch in den zahlreichen Text-
figuren und Tafeln. Zu letzteren gehören 32 Gartenpläne, an denen beson-
ders die Vermeidung von Kurven und spitzen Winkeln in der Wegführung,
wenigstens bei den kleinen Gärten, auffällt. Und gerade für die Anlage
kleinerer, einfacher Gärten kann das Buch recht empfohlen werden. Auch
seine Ausstattung ist, was Druck und Abbildungen anbetrifft, sehr zu loben.
Was zu tadeln ist — die Einschiebung von Anzeigen im Text — , fällt der
Verlagsgesellschaft zur Last vnid kann bei einer zweiten Auflage, die hoffent-
lich recht bald erforderlich sein wird, leicht beseitigt werden.
31. Möhius.
Aus der Schausammlung.
Pheiiacodus primaevus Cope.
Mit einer Abbildung.
Mit der Erforschung der Stammesgeschichte unserer Tier-
welt geht es genau wie mit der Zusammenstellung eines Familien-
stammbaumes. Die Vorfahren aus den letzten hundert oder zwei-
hundert Jahren sind leicht festzustellen; dann wird die Über-
lieferung immer spärlicher, die Kirchenbücher versagen, und vor
dem Dreißigjährigen Krieg bietet nur noch der Zufall gelegentlich
die eine oder andere Entdeckung. Um so freudiger aber werden
solche Funde begrüßt, da sie oft ein Licht auf eigenartige ver-
wandtschaftliche Beziehungen werfen, deren Kenntnis ganz ver-
loren gegangen war. Auch in der Stammesgeschichte irgendeiner
Tiergruppe ist es meist leicht, durch die eben verflossene geo-
logische Epoche den Faden fortzuspinnen. Je weiter man aber
in der Geschichte unserer Erde zurückblickt, um so größer werden
die Lücken in der Überlieferung, und schließlich sind es auch
nur Zufallsfunde, deren richtige Behandlung oft ungemein schwierig
ist, die aber zui' Feststellung der Beziehungen zu anderen Tier-
gruppen die allergrößte Wichtigkeit haben. Die Wertschätzung
solcher Funde ist natürlich entsprechend hoch, und jedes Museum
preist sich glücklich, wenn es z. B. einen einzelnen Zahn oder
einen isolierten Knochen eines primitiven Ursäugetiers sein Eigen
nennen darf. Denn vollständige Skelette existieren überhaupt
nicht, und die Fälle, wo ein größerer Teil eines Skeletts gefunden
worden ist, sind ganz vereinzelt geblieben.
Zu den primitivsten aller Säugetiere, und zwar in die Ahnen-
reihe der Huftiere, gehört nun auch der Phenacodus, den unsere
Abbildung zeigt. Man kennt von dieser Gattung bis jetzt zwei
Arten, und von jeder Art war ein Skelett bekannt, beide stark
ergänzt und beide in New York. In Europa werden einzelne
— 104 —
Zähne in den Museen von München, Tübingen und London als
Kostbarkeiten ersten Ranges aufbewahrt. Schon hieraus geht
der ganz außerordentliche Wert eines dritten Skeletts hervor,
dessen Erwerbung und Aufstellung uns nur durch das wirklich
großartige Entgegenkommen des befreundeten New Yorker Mu-
seums möglich geworden ist.
Alle echten Teile unseres Phenacodus stammen von einem
einzigen Individuum, das im Jahre 1910 von W. Granger west-
lich von den Big Horn-Bergen im nördlichen Wyoming (3 Meilen
südlich von Otto) gefunden und mit äußerster Sorgfalt ausge-
graben wurde. Die Ergänzungen sind exakte Abgüsse von dem
einen gleich großen Skelett derselben Art in New York, so daß
durch das Frankfurter Stück den europäischen Forschern zum
ersten Male Gelegenheit gegeben wird, einen Phenacodus als den
typischsten Vertreter der uralten Condylarthra selbst zu unter-
suchen.
Unter diesem Namen faßt man die ältesten aller Huftiere
zusammen, die sich bis jetzt — wenn man von ganz dürftigen
Funden in Europa absieht — nur in den tiefsten Tertiärschichten
Nordamerikas (Untereozän) gefunden haben. In den gleichen
Schichten liegen auch die Ahnen der späteren Raubtiere, Insekten-
fresser und anderer Ordnungen begraben. Wenn man dies aber
nicht wüßte, wenn man nicht die Stammbäume bis in jene Zeit
hätte zurückverfolgen können, so würde kein Forscher daran ge-
dacht haben, in den Resten des Tierlebens der damaligen Zeit
eine ganze Reihe verschiedener Tierordnungen zu unterscheiden.
So ähnlich sind alle diese Tiere, so nahe verwandt erscheinen sie
uns dadurch, daß sie alle auf einer primitiven Entwicklungsstufe
stehen, und daß diese eben bei den meisten Säugetiergruppen
sehr ähnlich ausgesehen hat. Sie haben alle einen niedrigen,
langgestreckten Schädel, ein ganz vollständiges Gebiß mit der
Zahnformel 3.1.4.3 im Ober- und Unterkiefer, die später bei
den meisten Ordnungen stark reduziert wird, und fünfzehige
Extremitäten. Später findet fast stets auch eine Reduktion der
Zehenzahl statt, die z. B. in der besonders gut erforschten Pferde-
reihe schließlich zur Herausbildung des einzehigen Fußes unseres
Pferdes geführt hat. Es ist auch leicht erklärlich, daß es bisher
nur in den seltensten Fällen gelungen ist, die spärlichen und
stets stark zerstörten Funde irgendeines Vertreters der Condyl-
arthra mit Sicherheit in den Stammbaum einer bestimmten
Co
pq
d
o
Ph
c
O
o
— 106 —
Huftiergruppe einzureihen. Bei Phenacodus scheint der Bau der
Füße, besonders das starke Hervortreten der mittleren Zehe, zu
beweisen, daß das Tier zu den Ahnen der Unpaarhufer gehört;
aber am Schädel z. B. ist eine ganze Reihe entschiedener Raub-
tiercharaktere zu erkennen. So kommt es, daß bis heute nicht
einmal Einigkeit darüber herrscht, ob wir in diesem seltenen
Typus den Ahn einer jetzt lebenden Tiergruppe vor uns haben,
oder ob hier, wie einer der besten Kenner, H. F. Osborn, meint,
das Endglied einer Stammreihe vor uns steht, dessen unbekannte
Vorläufer in viel früheren Zeiten gelebt haben und das selbst
keine Nachkommen mehr hinterlassen hat, sondern ausgestorben ist.
Mit unserem Phenacodus ist das erste Skelett aus dem
Untereozän überhaupt in ein europäisches Museum gelangt. Kein
Stück dürfte ein schöneres Denkmal für das rege Interesse sein,
das unser verstorbenes Mitglied San.-Rat Dr. Ernst Blumen-
thal stets für die Entwicklung der paläontologischen Abteilung
unseres Museums gezeigt hat. Seinem Sohn, Prof. Otto Blumen-
thal in Aachen, verdankt das Museum eins seiner wertvollsten
Objekte und gleichzeitig ein verständnisvolles, einzigartiges Zei-
chen der Erinnerung an den zu früh verstorbenen Freund des
Tierlebens der Vorzeit.
F. Drevermann.
107 —
Lehrtätigkeit von April 1912 bis März 1913.
I. Zoologie.
Sommerhalbjahr: Prof. zur Strassen führte Dienstags
abends die im Winter 1911 12 begonnene Darstellung der „Ent-
wicklungsmechanik" zu Ende. Es wurde gezeigt, daß die Er-
scheinungen der Formregulation ebensowenig einer mechanisti-
schen Erklärung entzogen sind wie die der normalen Entwicklung.
Da auch in den früheren Vorlesungen über Tierpsychologie und
über Abstammungslehre die prinzipiell-mechanistische Erklärbar-
keit der dort behandelten Probleme nachgewiesen worden war,
gelangte der Vortragende zu dem Gesamtergebnis, daß kein Grund
vorliege, die Existenz vitalistischer, zielstrebiger oder gar über-
natürlicher Geschehensgründe im Reiche des Organischen anzu-
nehmen.
Mittwochs nachmittags von 4 — 6 Uhr fand ein makroskopi-
scher Kursus über die Anatomie wirbelloser Tiere statt. Zur
Präparation gelangten an je einem Tage: Regenwurm, Blutegel,
Nacktschnecke, Weinbergschnecke, Teichmuschel, Tintenfisch,
äußere Anatomie des Flußkrebses, seine Verdauungs- und Ge-
schlechtsorgane, sein Nervensystem, äußere Anatomie der Heu-
schrecke, Raupe, Küchenschabe, Libellenlarve, Biene.
Der im Winter 1911/12 begonnene Jugendkursus (Frau M.
Sondheim) wurde miter Teilnahme von 24 Knaben und Mäd-
chen während des ganzen Jahres fortgesetzt. Im Sommer wurde
zunächst die Anatomie des Frosches wiederholt und alsdann zu
den Arthropoden übergegangen, von denen Flußkrebs, Heuschrecke,
Küchenschabe, sowie die Mundteile verschiedener Insektenfami-
lien teils makroskopisch, teils mikroskopisch präpariert wurden.
Außerdem fanden für die Teilnehmer des Jugendkurses zwei
Exkursionen auf die Praunheimer Wiesen, eine Führung durch
— 108 —
den Zoologischen Garten und eine durch die Insektensammlung
des Museums statt.
Die zoologischen Exkursionen wurden von Prof. Knoblauch
und Prof. Sack geleitet. Auf zwölf Ausflügen in die nähere
und weitere Umgebung Frankfurts lernten die Teilnehmer zahl-
reiche Vertreter unserer Wirbeltier- und Wirbellosen-Fauna in
ihren charakteristischen Lebensbezirken beobachten und für Samm-
lungszwecke eintragen.
Das Ziel der meist bei schönem "Wetter unternommenen
Exkursionen war:
30. März: Seckbach-Mainkur
21. April: Münster-Lorsbach-Eppstein
28. April : Sprendlingen-Buchschlag-Mitteldick
12. Mai: Trebur-Nackenheim
25. bis 28. Mai: Idstein
2. Juni: Schwanheimer Wald
8. Juni: (abends) Schwanheimer Eichen
15. Juni: Offenbach-Mühlheim a. M.
22. und 23. Juni : Hoherodskopf im Vogelsberg
29. Juni: Schwanheimer Sand
6. und 7. Juli: Braubach a. Rh.
13. Oktober: Köpperner Tal.
An Reptilien und Amphibien durften wir nach den ergebnis-
reichen Exkursionen des Vorjahres keine neuen Formen für unser
Faunengebiet erwarten. Dagegen wurden neue Fundorte fest-
gestellt : für Rana arvnlis Nilss. die Gegend von Mühlheim a. M.,
für Pelohates fuscus Laur. unser Treburer Terrain, wo wir jetzt
alle bei uns auftretenden Anuren, außer Alytes ohstetricans Laur.
und Bana agiUs Thomas, gefunden haben. Diesmal wurden dort
sehr interessante Bastarde, offenbar von Rana esculenta L. und
arvalis Nilss. in allen möglichen Zwischenfärbungen beobachtet;
Alytes-hdiTYQn wurden im Frühjahr bei Eppstein gefangen. Eben-
falls hier und bei Nieder- Auroff kam Molge j^ff^maia Sehn. vor.
Unter Baumstämmen an der Trompeterstraße hatte sich eine
größere Anzahl Feuersalamander versammelt. Von erbeuteten
Reptilien verdient Lacerta viridis Laur. Erwähnung, die wieder-
um bei Braubach in die Schlinge ging. Lacerta vivipara Jacq.
kommt in der Umgegend von Sprendlingen vor.
Der größte Nutzen erwuchs den Insektensammlungen des
Museums. Namentlich die dreieinhalbtägige Exkursion nach Idstein
— 109 —
lieferte reiches Material an Plecopteren und Trichopteren, die
im allgemeinen wenig gesammelt werden und auch bei uns noch
sehr schwach vertreten sind. Wer die neuaufgestellte Schau-
sammlung der sog. niederen Insekten aufmerksam durchmustert,
findet unsere Exkursionsplätze als Fundorte für zahlreiche Arten,
die für uns überhaupt neu sind oder bisher mangelhaft vertreten
waren, wie Chloroperla grammatica Scop., hifasciata Pict., Tae-
niopteryx trifasciata Pict., kempniji Klap., Nemnra lateralis Pict.
(alle von Idstein), Nemura variegata Ol. (Braubach), Hemerobius
nervosus F. (Braubach), Sialis fuligmosa Pict. (Idstein), Rhya-
cophila vulgaris Pict. (Köppern), Limnop)hilus hipunctatus Curt.
(Sprendlingen), Stenophylax concentricus Zett. (Idstein), Chaeto-
pteryx ohscurata Mc. Lachl. (Köppern). Die wissenschaftliche
Sammlung erfuhr noch beträchtlicheren Zuwachs an niederen In-
sekten; für unsere allerdings noch sehr kleine Thripsidensamm-
lung ist die bei Braubach auf Ackerwinden gefangene Aeolothrips
fasciata L. neu. Auch Entwicklungsstadien, die auf späteren
Exkursionen zu ganzen Biologien vervollständigt werden können,
wurden eingetragen, so alle Stadien von Lhnuophüus bipuncfatus
Curt, mit Ausnahme von jungen Larven und Eiern. Von Käfern
wurden zahlreiche Larven, namentlich unter Rinde und im Mulm,
erbeutet; die Zerlegung eines gefällten morschen Birnbaumes er-
gab Käfer und Larven von Sinodendron cylindricum L. An der
Lahn bei Runkel wurde unter anderen Bockkäfern die seltene
kleine Phyfoecia molybdaena Dalm. gestreift. Einen Einblick in
das Leben und Treiben unserer größten Käfer, Ceraynbijx cerdo
L. und Lucanus cervus L., gewährte die Nachtexkursion nach
den Schwanheimer Eichen. Interessante Bergformen brachte die
Vogelsbergexkursion, wenn ihr koleopterologisches Ergebnis sich
freilich auch nicht mit der Ausbeute messen kann, die L. von
Hey den vor fast fünfzig Jahren im Vogelsberg erzielt hat (1867;
siehe 12. Bericht d. Offenb. Ver. f. Naturk. 1871 S. 42—51), trotz
der damaligen Unwirtlichkeit dieses großen Basaltkegels. Der
schwarze Apollo, Parnassius mnemosyne L., den von Heyden
zahlreich beobachtete, kam auch im vergangenen Sommer in
einem Stück ins Netz, obwohl seine eigentliche Flugzeit schon
vorüber war. Von weniger häufigen Faltern waren Melitaea
parthenie Bkh., Chrysophaiius hijjpothoe h., Hemaris scabiosae Z.
und Mamestra glauca Hb. vorhanden. Unter den gefangenen
Hymenopteren befand sich damals auch die große Blattwespe
— no —
Abia sericea L. mit dem grünseiden glänzenden Abdomen. Bei
Schwanheim war die Afterraupe von Lophijrus pini L. stellen-
weise wieder einmal häufig anzutreffen. An jungen Eichen des
Schwanheimer Waldes, durch den uns sein berufenster Kenner,
Prof. Kobe It, geführt hat, tritt die Schildlaus Kermes quercus
L., namentlich an den Schneisen, sehr zahlreich auf. Eine aus
einem alten Stollen bei Idstein herausgeholte Fledermaus (Rhino-
lophus hipposideros Bechst.) gab Gelegenheit zur Jagd auf die
interessanten und seltenen schmarotzenden Nycteribien. Die seltene
Breme Cephenomyia stimulator Clark wurde im Vogelsberg oben
auf dem Tauf steinturm in zahlreichen Exemplaren erbeutet ; ihre
Larve lebt parasitisch im Rachen des Rehes. Von den niedersten
Insekten gingen, wie im Vorjahre, wieder zahlreiche Collem-
bolen ein, ferner einige Machiliden und Gampodea, fast regel-
mäßig mit Scolopendrella vergesellschaftet; sie dürfte in unserer
Gegend recht häufig, aber vielfach übersehen sein. Wenigstens
wurde sie an einem Nachmittagspaziergang der Praktikanten
des zoologischen Jugendkursus auf den Praunheimer Wiesen in
Menge gefangen.
Unter den gesammelten Krustazeen (darunter sehr vielen
Onisciden) fand sich wiederum Chirocephalus gruhei T)jh. von
Seckbach, Enkheim und der Mainkur. Ein besonders günstiges
Fangresultat war eine neue Lokalart von Bithijnella dunkeri
Frfld. aus den Quellbächen des hohen Vogelsberges ; sie tritt mit
Pisidiiini fontiiiale C. Pfr. zusammen auf. Von hier stammt auch,
dem Faunencharakter dieses noch lange nicht genügend erforsch-
ten Gebietes entsprechend, Planaria alpina Dana, ein Eiszeit-
relikt in den Alpen und den höheren Mittelgebirgen Deutschlands.
Einen sehr interessanten Einblick in ihre großen, praktischen
und schönen Anlagen gestattete den Teilnehmern gelegentlich
der dritten Exkursion die Geflügelzüchterei H. Wüsthoff & Co.
in Sprendlingen,
Ein Gesamtbild über die Vogelwelt gab die am 2. Mai füi*
eine größere Anzahl von Damen und Herren veranstaltete Führung
von Prof. zur Strassen durch diese Abteilung des Museums.
An den Nachmittagen des 18. Mai und 24. August fanden
außerdem unter Leitung von Dr. K. Priemel Führungen durch
den Zoologischen Garten statt. Bei dem ersten Besuch wurden
die Papageien, Hühnervögel, die niederen Säugetiere, Nagetiere,
Raubtiere und Affen besprochen und sodann die reichen Bestände
— Ill —
des Aquariums, der Reptilien- und Amphibiensammlung einer
eingehenden Besichtigung unterzogen. Die zweite Führung be-
handelte die Bewohnerschaft der Vogelhäuser und der Teiche,
ferner die Robben und die große Sammlung der Huftiere. Die
anschließende Besichtigung des Insektenhauses erstreckte sich
besonders auf die neuen Anlagen für staatenbildende Insekten.
Soweit als möglich wurden bei den Führungen biologisch interes-
sante Demonstrationen vorgenommen und dadurch den Teilneh-
mern Lebensäußerungen und Gewohnheiten der Tiere vor Augen
geführt, die der Besucher zoologischer Gärten sonst nur selten
einmal durch Zufall zu sehen bekommt.
Winterhalbjahr: Prof. zur Strassen las Dienstags
abends über „Das Tierreich". Damit begann ein Zyklus von Vor-
lesungen, der den Bau, das Leben, die Entwicklung und Stammes-
geschichte aller Tierklassen behandeln und über mehrere Jahre
ausgedehnt werden soll. Im laufenden Semester kamen die Pro-
tozoen, Schwämme, von den Coelenteraten die Hydrozoen zur
Darstellung. Unser Besitz an farbigen Tafeln wurde durch den
Fleiß von Frl. B. Groß und Frl. S. Hart mann wiederum be-
deutend vermehrt.
Mittwochs nachmittags fand ein mikroskopischer Kursus statt,
bei dessen Leitung Prof. zur Strassen von Dr. Nick und Frau
Sondheim aufs beste unterstützt wurde. Folgende Tierformen
kamen, die Mehrzahl in lebendem Zustande, zur Untersuchung:
Daphniden, Copepoden, die Larven von Cor^clhra, Süßwasser-
polypen, zahlreiche Protozoen des süßen Wassers, Foraminiferen,
Radiolarien, Opalina, Gregarinen, freilebende Nematoden und ihre
Entwicklung, Eingeweidewürmer aus dem Hechtdarm {Triaeno-
phorus, Distomen, Echinorhynchen), Taenia^ Dicrocoelium lan-
ceatum, Redien und Cercarien.
Im Jugendkursus (Frau Sondheim) wurde während des
Wintersemesters vorwiegend mikroskopisch gearbeitet. Durch-
genommen wurden eine Reihe von Protozoen, kleine Krustazeen,
Hydra, Planarien, sowie verschiedene parasitische Plattwürmer,
Nematoden, Regenwurm und Blutegel. Auch wurde eine Führung
durch die Coelenteratensammlung des Museums veranstaltet.
II. Botanik.
Sommerhalbjahr: Prof. Möbius las Dienstags und Frei-
tags über „Biologie der Pflanzen". Eingeschrieben waren 54
— 112 —
Damen und Herren. Den ersten Teil der Vorlesungen bildete
eine ausführliche Besprechung der Blütenbiologie und der Be-
stäubungseinrichtungen ; im Anschluß daran wurden die Erschei-
nungen bei der Bastardierung und den sog. Pfropfbastarden be-
handelt. Mit der Biologie der Samen und Früchte, ihrer Ver-
breitung, der Heterokarpie u. ähnl., der Keimung und vegetativen
Vermehrung wurde die Biologie der Fortpflanzungsorgane ge-
schlossen. Der nächste Abschnitt behandelte das Verhältnis
zwischen Tier und Pflanze, und zwar folgende Kapitel : die Schutz-
mittel der Pflanzen gegen die pflanzenfressenden Tiere, die
Ameisenpflanzen, die Milbenhäuschen, die Gallen und die tier-
fangenden und -verzehrenden Pflanzen. Die besprochenen Er-
scheinungen wurden an lebendem und präpariertem Material, viel-
fach mit Hilfe von mikroskopischen Präparaten, deren über 200
aufgestellt wurden, an Wandtafeln und anderen Abbildungen
demonstriert. Auch die wichtigere Literatur wurde in den Vor-
lesungen aufgelegt. Am 28. Juni 1912, dem zweihundertsten Ge-
burtstag Rousseaus, wurde statt der eigentlichen Vorlesung ein
Vortrag über „Rousseau als Botaniker" gehalten.
Das botanisch-mikroskopische Praktikum für Anfänger (Prof.
Möbius) fand Donnerstags von 3 — 6 Uhr statt; es nahmen 20
Damen und Herren teil. Durchgenommen wurde derselbe Kursus
wie vor zwei Jahren : Struktur der Zelle, des Blattes, des Stengels,
der Wurzel und Blüte, Typen von den Farnen, Moosen, Algen
und Pilzen. Die Präparate wurden von den Praktikanten aus
dem frischen oder konservierten Material, das ihnen geliefert
wurde, selbst hergestellt.
Die botanischen Exkursionen wurden ungefähr alle vierzehn
Tage an Samstagnachmittagen unter gemeinschaftlicher Leitung
von Prof. Möbius und M.Dürer veranstaltet. An den acht,
die zur Ausführung kamen, beteiligten sich durchschnittlich 13
Personen. Die erste Exkursion (4. Mai) führte, wie üblich, durch
den Stadtwald (Frühlingsflora des Buchenwaldes), die zweite
(18. Mai) von Hofheim nach Eppstein über die Höhen, mit reicher
und interessanter Ausbeute, die dritte (1. Juni) von Flörsheim
nach Hochheim (Kalkflora in den Steinbrüchen und Sandflora),
die vierte (15. Juni) von Seckbach über Bergen nach dem Enk-
heimer Weiher mit seiner reichen Wasserflora, die fünfte (29. Juni)
nach der Obertshäuser Viehweide und dem Hengster (interessante
Sumpf flora), die sechste (31. August) nach dem Luhrberg bei
— 113 —
Offenbach (Kalkpflanzen) unci den weiter östlich liegenden Wiesen,
die siebente (7. September) von Wixhausen nach Arheilgen (Sand-
flora), die achte (14. September) von der Sachsenhäuser Warte
nach Isenburg durch den Wald zum Studium der reich entwickel-
ten Pilzflora.
Am 8. Juni zeigte Prof. Möbius einer größeren Anzahl
Damen und Herren die botanische Abteilung des Museums, die
sonst dem Publikum nicht zugängig ist.
Mit freundlicher Erlaubnis des Verwaltungsrates der Palmen-
garten-Gesellschaft fanden am 13. April und 15. Juni Besichtigungen
des Gartens, namentlich der gärtnerischen Darbietungen in den
Pflanzen-Schauhäusern, im Palmenhause und den Parkanlagen
unter fachmännischer Führung (Landesökonomierat A. Siebert)
statt. Es hat sich gezeigt, daß solche Besichtigungen durch die
gegebenen Erklärungen von besonderem Wert sind, weil die Teil-
nehmer dabei auf viele interessante Erscheinungen und Neuein-
führungen von Pflanzen aufmerksam gemacht und auf Einzel-
heiten sowohl inbezug auf die allgemeine Pflanzenkunde als auch
auf die geübten Kulturmethoden hingewiesen werden.
Winterhalbjahr: Dienstags und Freitags las Prof. Möbius
über: „Morphologie und Anatomie der Pflanzen". Es nahmen 52
Hörer teil. Die erste Hälfte der Vorlesung beschäftigte sich mit
der Natur und den Bestandteilen der Pflanzenzelle, die zweite
Hälfte mit den Zellkomplexen (Geweben) und dem äußeren und
inneren Aufbau der vegetativen Organe des Pflanzenkörpers, der
Blätter, Wurzeln und Stämme, wobei natürlich auch deren Ent-
wicklung und Wachstum, so besonders zuletzt das sekundäre
Dickenwachstum der Holzgewächse, besprochen wurde. Beson-
deren Wert hat der Vortragende auf die Demonstration der
natürlichen Objekte gelegt und deshalb in den meisten Stunden
zwölf Mikroskope mit Präparaten und erläuternden Zeichnungen
aufgestellt, während einzelne Stunden zur Projektion mikroskopi-
scher Präparate und anderer Objekte benutzt wurden. Auch die
einschlägige Literatur wurde nach Möglichkeit aufgelegt.
III. Paläontologie und Geologie.
Sommerhalbjahr: Die Vorlesungen Dr. Dre vermanns
brachten das Thema des Winters über „Die Geschichte der Erde"
zum Abschluß. Die einzelnen Abschnitte der Erdgeschichte fanden
— 114 —
eine kurze Besprechung, wobei paläogeographisclie Fragen be-
sonders berücksichtigt wurden. Die geologischen Verhältnisse
Mitteleuropas waren stets der Ausgangspunkt, und andere Teile
der Erde wurden nur zum Vergleich herangezogen.
Die Exkursionen (Dr. Drevermann) wurden zum Teil unter-
nommen, um die Diluvialablagerungen der Umgegend kennen zu
lernen. Am 11. Mai wurden die Kriftel-Hof heimer Kiesgruben
besucht und von da über Weilbach das System der „Mittelter-
rassen" überschritten. Am 18. Mai ergab ein Besuch der be-
kannten Aufschlüsse bei Vilbel eine reiche Ausbeute von Sand-
löß-Konchylien, und es wurden die Aufschlüsse im Rotliegenden,
Meeressand und Rupelton besichtigt. Die Pfingsttage wurden
wieder zu einer fünftägigen Exkursion benutzt, die diesmal in
das Dillenburger Gebiet fülirte, wo der Gebirgsbau durch das
Auftreten zahlreicher mächtiger Diabas-Ergüsse und komplizierter
Faltungs- und Überschiebungserscheinungen schwierige Probleme
darbietet. Die ausgezeichneten neuen geologischen Aufnahmen
der Gegend gestatteten trotzdem ein Eindringen in die Lagerungs-
verhältnisse. So brachte der erste Tag (25. Mai) das Studium
der gewaltigen Deckdiabas-Massen und des wundervollen Schup-
penstruktur-Aufschlusses bei Oberscheid, der zweite Tag den Be-
such der neueren Bahnaufschlüsse und des altberühmten Culm-
Fundortes bei Herborn, sowie am Nachmittag das Studium der
Mittel- und Oberdevon-Kalke von Bicken und Offenbach. Am
dritten Tag ging es nach Langenaubach, wo Riffkalk mit groben
Breccien und eine Fülle der mannigfaltigsten Gesteine das Ober-
devon vertreten; der Nachmittag brachte einen Aufstieg zu den
tertiären Braunkohlen, Tonlagern und Basaltdecken des Wester-
waldes und einen Abstieg durch ein wundervolles Trockental im
Riffkalk, an dessen Ausmündung mächtige Wassermassen dem
Boden entquellen. Am Dienstag durchquerten die Teilnehmer
den breiten Silurzug bei Greifenstein und wanderten durch präch-
tige Wälder über die Dianaburg und den Mitteldevonfundort von
Leun nach Braunfels, das ein fröhlicher Abschiedsabend wohl
noch lange in freundlicher Erinnerung erhalten wird. Am letzten
Tag gings zur Bahn hinab nach Weilburg, wo immer noch fleißig
gesammelt und die reiche Ausbeute vermehrt wurde. Am 9. Juni
wurde die alljährliche Exkursion nach Flörsheim und dem Heßler
unternommen, am 15. Juni das Wickertal mit seinen diluvialen
Schottern untersucht. Der 30. Juni galt dem Besuch der Steinauer
— 115 —
Höhle, wobei das Profil durch Röt und Wellenkalk, sowie der
große prächtige Basaltbruch auf der anderen Talseite eingehend
besichtigt wurden. Am 6. und 7. Juli war das Rheintal das Ziel
einer größeren Exkursion. Von den ältesten Schichten des Taunus
an, die bei Aßmannshausen studiert wurden, führte die Wanderung
den Rhein hinab durch Taunusquarzit und Hunsrückschiefer, die
dem Tal ein so wechselvolles Aussehen verleihen, bis St. Goar.
Am zweiten Tag wurden zahlreiche Unterdevonpetrefakten im
Schweizerbachtal gesammelt und vor allem die alten Talterrassen
des Rheines von der Höhe bei Bornich eingehend betrachtet;
dann gings über die Lurlei zurück nach St. Goar und in lustiger
Dampferfahrt nach Bingen und weiter nach Hause. Nach den
Ferien wurde noch einmal eine zweitägige Exkursion in den
Taunus unternommen. Von Bad Nauheim führte der Marsch über
Cransberg nach Usingen, unter häufigen Sammelpausen im Unter-
devon und Besichtigung der gewaltigen Quarzgänge, die dort
abgebaut werden; von dort gings in vollgepackten Wagen nach
Neuweilnau. Am nächsten Tag wurden die reichen Fossilfund-
orte des Weiltals mit gutem Erfolg besucht ; dann wanderten die
Teilnehmer über die Tenne nach Idstein, wo sie gründlich durch-
geregnet den Zug zur Heimfahrt bestiegen. Die Teilnehmerzahl
schwankte regelmäßig zwischen 20 und 30 Damen und Herren.
Winterhalbjahr: Die Vorlesung (Dr. Drevermann)
über „Die Tiere der Vorzeit und ihre Fundorte" war besonders
der biologischen Seite der Paläontologie gewidmet. Alle paläon-
tologisch wichtigen Tiergruppen wurden in ihrer Lebensweise
betrachtet, unter beständiger Vergleichung der bekanntesten
Fundorte und Hervorhebung der Tatsachen, die sich aus dem
Tierleben der Gegenwart auf die Vorzeit übertragen lassen. Der
Nutzen der Versteinerungen zur Lösung paläoklimatischer und
paläogeographischer Probleme wurde nachdrücklich betont. Die
Vorlesung fand ihren Abschluß in einem Vortrag über die Re-
konstruktion der oft mangelhaft erhaltenen und stark zerdrückten
Fossilreste, wobei das reiche neue Material an Wandtafeln be-
sonders willkommen war.
IV. Mineralogie.
Sommerhalbjahr: Als Fortsetzung der Wintervorlesung
besprach Prof. Schauf die „Silikate", von denen die gestein-
— 116 —
bildenden und deren Umwandlungsprodukte besonders berück-
sichtigt wurden. Zur Einleitung in die Petrographie (vulkanische
Erscheinungen) reichte die Zeit nicht aus.
Exkursionen: 1) Steinheimer Basaltdecke: Säulenförmige
Absonderung, Erstarrungsmodifikationen, Stricklava, scheinbare
Durchbrüche, Braunkohle, verkohlte und verkieselte Hölzer (Halb-
opal). Blasenzüge, kugelig-schalige Verwitterungsformen, Sphäro-
siderit, Titaneisen.
2) Eberstadt-Frankenstein-Seeheim-Zwingenberg: Graphit-
quarzit und Chiastolithschief er bei Eberstadt ; Hornblendegabbro,
Diorit, Granit und Hornfelse im Mühltal; Aplit- und Pegmatit-
gänge, Odinit. Frankensteiner Gabbro nebst seinen Ganggesteinen
und Serpentin (Magnetfels). Beerbachit (Gabbro-Aplit) am Weg
nach Seeheim, Schmirgel bei Seeheim. Von da mit der Bahn
nach Zwingenberg. In dem großen Granitbruch beim Ort Gänge
von Vogesit, Minette, Malchit und Alsbachit, Quetschzonen im
Granit.
3) Hochstädter Tal (Auerbach): Injektionen von Granit in
Schieferhornfelse. Vergrusung des Granites. Auerbacher Marmor-
lager mit seinen Kontaktbildungen, Minettegänge. Auf alten Hal-
den konnten noch einige Mineralien gesammelt werden. Pegmatit
mit schönen Turmalinen oberhalb des Bruches.
4) Spessart: Staurolithschiefer bei Klein-Ostheim unterhalb
Aschaffenburg, Pegmatit auf „Dahlems Buckel", Turmalin und
Disthen führende Glimmerschiefer an der Bergmühle bei Damm.
Granitbruch am Weg nach Gailbach : Granat, Turmalin, Titaneisen
im Pegmatit, Schieferletten (Trias) auf Granit, injizierte Schiefer.
Marmorlinse mit Phlogopit. Kersantit und Hornblendegranit in
Gailbach und am Stengerts, Triaskappe des Stengerts. Horn-
blende- und Glimmerschiefer am Weg nach Schweinheim, tief-
greifende Verwitterung bei Unterschweinheim. Zechstein mit
Kalkspatdrusen.
Als die Nachricht von dem Tode Ferdinand Zirkels,
des Begründers der wissenschaftlichen Petrographie, eintraf, wurde
in einer Ansprache an die Hörer der Verdienste des hervorragen-
den Gelehrten und edlen Mannes gedacht.
Winterhalbjahr: Prof. Seh auf las über „Petrographie"
(Ansichten über den Zustand des Erdinnern, die Tätigkeit heutiger
Vulkane und ihre Produkte. Erguß- und Tief engesteine : Gabbro-
— 117 —
Diabas-Melaphyr-Feldspatbasalt ; Granit-Quarzporphyr-Rhyolith-
Obsidian. Beweise für die eruptive Entstehung des Granites).
Zur Einleitung in die Gesteinskunde wurden die heutigen
Ansichten über den Zustand des Erdinnern mit besonderer Be-
rücksichtigung der Ergebnisse seismologischer Studien erörtert.
Daran reihte sich die Schilderung der Haupttypen und des
Mechanismus heutiger imd tertiärer Vulkane. Bei der Betrachtung
ihrer festen, flüssigen und gasförmigen Produkte wurde nament-
lich der Widerspruch Albert Bruns gegen die übliche Auf-
fassung des magmatischen Wassers betont und darauf hinge-
wiesen, daß diese bedeutsamen Forschungen wohl noch der
Revision bedürfen. An der Hand einer basischen (Gabbro-Feld-
spatbasalt) und sauren Reihe (Granit-Rhyolith) wurden die Unter-
schiede zwischen Tiefen- und Ergußfacies des nämlichen Magmas
erörtert, und wurde der, namentlich in Deutschland immer noch
gebräuchlichen Trennung zwischen vortertiären und späteren
Ergußgesteinen gedacht.
V. Wissenschaftliche Sitzungen.
1. Sitzung am 26. Oktober 1912.
Dr. R. Gonder:
„Die Spirochäten als Erreger von menschlichen und
tierischen Krankheiten und ihre Beziehungen zu den
harmlosen Formen."
Die mit dem Namen „Spirochäten" bezeichneten, korkzieherartig ge-
wundenen, flexiblen Mikroorganismen kommen in erster Linie als Erreger
schwerer Krankheiten des Menschen in Betracht. So werden die Syphilis
durch eine von Schaudinn entdeckte, neuerdings Treponema pallidum be-
zeichnete Form und die in den Tropen Asiens und Afrikas, sowie in der
Südsee weitverbreitete Framboesie durch Treponema pertenue hervorgerufen.
Die schweren, besonders an den Extremitäten auftretenden „ Tropengeschwüre "
werden durch Spirochaeta Schandinni erzeugt; das in den Tropen weitverbreitete
und bis nach Europa, in den Balkan und nach Rußland, sich erstreckende
Rückfallfieber (Rekurrens) hat ebenfalls Spirochäten als Ursache. Auch Vögel
und Haustiere werden von ähnlichen Formen heimgesucht: ein dem Hühner-
stand sehr gefährliches Fieber, die Hühnerspirochätosis, wird durch sie her-
vorgerufen, und auch im Blut der Pferde und Rinder leben Fieber erzeugende
Spirochäten.
Außer diesen schwer pathogenen Formen findet man in der Mundhöhle
und im Darmtraktus von Mensch und Tier viele Spirochäten, die bei Krank-
heiten anderer Ursache deren Verlauf sekundär beeinflussen können. Es sei
an die Angina und an Zahnerkrankungen erinnert.
— 118 —
Bei der großen Wichtigkeit dieser Mikroorganismen hat sich die Wissen-
schaft natürlich eingehend mit ihrem Studium beschäftigt. Denn erst mit
einer genauen Kenntnis über Bau, Fortpflanzung und allgemein biologische
Eigenschaften kann auch eine rationelle Bekämpfung der pathogenen Formen
erreicht werden. Schon die Entdeckung des Syphiliserregers allein war für
Diagnose und chemotherapeutische Beeinflussung von eminenter Bedeutung.
Über die Stellung und den morphologischen Bau der Spirochäten ist man
jedoch immer noch nicht ganz im klaren. Erst mit dem Studium harmloser
Formen, wie sie in dem Magen der Muscheln und auch freilebend vorkommen,
wurde besonders im letzten Jahre die Kenntnis eine bessere.
Der Vortragende erläutert den näheren Bau und die Fortpflanzung der
Spirochäten und anderer, sehr ähnlicher, z. T. aber grundverschiedener Mikro-
organismen. Die Schwierigkeit, Spirochäten zu kultivieren, und das Ver-
halten der pathogenen Formen im menschlichen und tierischen Körper können
wohl in Einklang mit Protozoen gebracht werden; Bau und Fortpflanzung
sprechen jedoch dagegen. Aber auch den Bakterien sind die Spirochäten
nicht gut anzugliedern; deshalb ist es am zweckmäßigsten, vorderhand eine
eigene Familie der Spirochäten unter den Protisten aufzustellen.
2. Sitzung am 2. November 1912.
Prof. Dr. E.Marx:
„Grundlagen der Schutzimpfungen."
Unter den vielen prinzipiellen Gegnern der Schutzimpfungen spielen
diejenigen die größte Rolle, welche dieses Verfahren mit dem Schlagwort
„naturwidrig" bezeichnen und verwerfen zu müssen glauben. Gerade diese
Gegner sind aber vollständig im Irrtum, denn die Grundlagen der Schutz-
impfungen sind ausschließlich aus der Natur abstrahiert. Der Zweck jeder
Schutzimpfung ist Immunität, und jeder Vorgang oder Eingriff, der Immunität
erzielt, ist in Wahrheit eine Schutzimpfung. Versetzt der Forscher ein Tier
durch systematische Vorbehandlung, z. B. mit Schlangengift, in einen Zustand
der Unempfänglichkeit gegen dieses Gift, so ist dies genau dasselbe, als wenn
der Imker im Lauf seiner Beschäftigung durch Bienenstiche unempfindlich
gegen Bienenstiche wird. Wie gegen Gifte, suchen wir auch gegen Krank-
heitserreger die Natur in unserem Bestreben nach Schutzimpfungen zu kopieren,
allerdings mit Modifikationen, wie sie erforderlich sind, da der Mensch nicht
in derselben grausamen Weise vorgehen kann und darf, wie es die nicht der
Erhaltung des Individuums, sondern nur der Arterhaltung Rechnung tragende
Natur im größten und erfolgreichsten Umfang tut. Die scheinbare Malaria-
Immunität des Negers in Malariagegenden und die eigentümlichen Verhält-
nisse mancher Ortschaften und Gehöfte zum Typhus erläutern diese rein
natürlichen Schutzimpfungen.
Die gelegentliche Abschwächung des infektiösen Agens, wie sie in der
Natur oft spontan vorkommt (Masern), und die dadurch gebotene Möglichkeit,
eine unvermeidliche Krankheit zu einer Zeit, wo sie weniger Gefahren mit
sich bringt, durchmachen zu lassen, oder die Abschwächung, wie sie be-
stimmte Tierpassagen mit sich bringen (Abschwächung der Menschenpocke
— 119 —
durch Rinderpassage), sind die Methoden, die zunächst in Betracht kommen
und z.B. bei der alten Pasteurschen Schutzimpfung gegen Rotlauf im größten
Maßstab angewandt worden sind. Für viele Infektionskrankheiten ergab die
experimentelle Forschung, daß es möglich war, diese uns gegebenen Grund-
lagen der Abschwächung dadurch noch weiter zu modifizieren, daß man
überhaupt auf ein lebendes Virus verzichtete und sich eines abgetöteten be-
diente. Man erhielt so Methoden, die ohne jede persönliche Gefahr recht
schöne Erfolge zeitigten (Typhus, Cholera, Pest). Gewisse Krankheiten
(Diphtherie, Tetanus) gestatten sogar, bei der Schutzimpfung jede aktive
Mitarbeit des Körpers und damit auch jede — selbst hypothetische — Gefahr
vollständig auszuschalten.
3. Sitzung am 9. November 1912.
Prof. Dr. H. E. Boeke, Halle:
„Bildung und Bau der deutschen Kalisalzlagerstätten."
Die Gesteinschichten der Zechsteinformation bestehen im mittleren Teil
Deutschlands nicht aus dem gewöhnlichen Material der Sedimentgesteine
(Ton, Sand, Kalk), sondern aus löslichen Salzen (Kalziumsulfat als Gips oder
Anhydrit, Steinsalz, Kalium- und Magnesiumsalzen). Salze dieser Art bilden
die im jetzigen Meerwasser aufgelösten Bestandteile, und so erscheint der
Schluß berechtigt, daß auch das Ozeanwasser der Zechsteinzeit eine ähnliche
Zusammensetzung besaß wie das heutige. Die Eintrocknung eines Teiles
des Zechsteinozeans hatte die Ablagerung der genannten Salze in einer Ge-
samtmächtigkeit von 600 bis 800 m zur Folge. Während der abgeschnürte
Binnensee, der bei der Eintrocknung die Salze lieferte, einen großen Teil
des jetzigen Europas bedeckte, haben sich nur in der zentralen Partie des
Areals (dem heutigen Mitteldeutschland) die untergeordnet im Meerwasser
vorhandenen, sehr löslichen Kalium- und Magnesiurasalze so weit angereichert,
daß sie zur Ausscheidung gelangen konnten. Gips-, Anhydrit- und Stein-
salzablagerungen kommen in verschiedenen geologischen Formationen vor;
dagegen scheinen die besonderen Bedingungen für die Bildung einer Kali-
salzlagerstätte in großem Maßstabe nur einmal auf der Erde und in der
ganzen geologischen Vorzeit vorhanden gewesen zu sein. Lokale Salzvor-
kommnisse aus der Tertiärzeit, wie diejenigen von Kalusz in Galizien und
von Elsaß-Lothringen, sind wohl aus" der Umkristallisation von Zechstein-
salzen hervorgegangen.
Der Schatz der deutschen Kalisalzablagerungen wurde erst zu Anfang
der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bei Staßfurt zwischen Magde-
burg und Halberstadt entdeckt und bald darauf auch an vielen Stellen süd-
lich vom Harz, südwestlich vom Thüringer Wald und in der Umgebung von
Hannover bis nördlich nach Mecklenburg hinein. In den ersten Jahrzehnten
beschäftigte sich die Wissenschaft nur oberflächlich mit dieser einzigartigen
Naturbildung, bis das Problem der Kristallisation einer so verwickelt zu-
sammengesetzten Lösung, wie sie das Meerwasser darstellt, von v a n ' t Hoff
mit etwa dreißig Mitarbeitern vom physikalisch-chemischen Standpunkt aus
in Angriff genommen wurde (1896). Ein Zeitraum von etwa zwölf Jahren
— 120 —
war nötig, um diese Arbeit in großen Zügen zu Ende zu führen. Erst nach-
dem die Bildung der Kalisalzlager induktiv, gewissermaßen theoretisch, er-
forscht war, konnte das Studium der natürlichen Genese mit Aussicht auf
Erfolg begonnen werden.
Es stellte sich heraus, daß die Salzablagerungen in ihrem „primären"
Zustande nur in einem kleinen Bezirk, zwischen dem Harz und dem Flech-
tinger Höhenzug (bei Magdeburg) erhalten geblieben sind. Überall sonst fand
schon bald nach der Ablagerung eine Umkristallisation durch Überflutungen
mit ungesättigter Lauge statt. Die so umgebildeten Salzlagerstätten werden
nach dem Vorgang von E verding als „deszendent" bezeichnet. Über den
primären und deszendenten Salzen findet sich im ganzen Kalisalzgebiet eine
salzig-tonige Schicht von 4 bis 10 m Mächtigkeit, welche die Salze vor
weiterer Laugeneinwirkung geschützt hat. Nach der Bildung dieses sog.
grauen Salztons hat die Steinsalzkristallisation von neuem begonnen, stellen-
weise auch begleitet von Kalisalzen, bis nach einer erneuten Salztonbildung
schließlich die dürre, trockene Wüste des Bundsandsteins der Salzausscheidung
ein Ziel setzte.
Infolge der Überlagerung durch die Schichten des Mesozoikums rückten
die Zechsteinsalze immer tiefer unter die Erdoberfläche, und sie würden uns
auch jetzt noch völlig oder größtenteils unbekannt sein, wenn nicht die ge-
birgbildenden Kräfte der Kreide-, und namentlich der Tertiärzeit das Tief-
lagernde emporgewölbt und nach Abtragung der Decke in erreichbare Ent-
fernung gebracht hätten. Dadurch wurde dem Sickerwasser der Oberfläche
Gelegenheit gegeben, die Salze stellenweise ganz oder nur zum Teil aufzu-
lösen. Derartige Restsalze, die oft durch die Auslaugung des sehr löslichen
Chlormagnesiums eine Anreicherung an Kaliumsalz aufweisen, werden als
„posthum" bezeichnet.
4. Sitzung am 17. November 1912.
Prof. Dr. L. Heck, Berlin :
„Lebende Tierbilder von nah und fern."^)
Wer kinematographische Vorführungen nicht mit ganz gedankenloser
Schau- und Neugier besucht, wird es bei gediegeneren und gehaltvolleren
Films nur zu oft beklagen müssen, daß die lebenden Bilder viel rascher am
Auge vorbeiflimmern, als man sie voll erfassen und genießen kann. Auf
Grund dieser Erfahrung sucht der Vortragende den Inhalt jedes einzelnen
Films erst durch ruhige, von erklärenden Worten begleitete Lichtbilder dem
Zuschauer bekannt und vertraut zu machen, ehe derselbe Gegenstand in
vollem Leben auf dem Kinofilm vorüberzieht. Dieser lehrhaft-folgerichtige,
der Leitung der Berliner Urania entsprungene Gedanke hat sich als außer-
ordentlich wirkungsvoll erwiesen und hat die kinematographischen Vor-
*) Um möglichst zahlreichen Mitgliedern der Gesellschaft Gelegenheit
zum Besuch des Vortrags zu geben, fand derselbe zweimal statt, wozu das
Union-Theater seine prachtvollen Räume und seinen ausgezeichneten Pro-
jektionsapparat in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hat.
— 121 —
führungen erst auf eine höhere wissenschaftliche und wirklich volksbildende
Stufe zu heben vermocht.
Nach diesen einleitenden Darlegungen geht der Vortragende zu den
zookinematographischen Rekordleistungen der Brüder Kearton über, die
beim Familienleben unserer einheimischen Singvögel ebenso zum Herzen
sprechen, wie sie beim afrikanischen Großwild Staunen und Bewunderung
abnötigen. Die genialsten Einfälle haben die findigen Photographen ange-
wendet, um zu ihrem schwierigen Ziel zu gelangen. Der originelle „Photo-
graphierochse", in dessen hohlem Innern Mensch und Apparat verborgen sind,
und andere Hilfsmittel haben herhalten müssen, um es zu ermöglichen, daß
wir die Feldlerche, den Fliegenschnäpper, den Hänfling, ja sogar den scheuen,
mißtrauischen Sperber dicht vor unseren Augen ihre Jungen füttern sehen,
so arglos und vertraut, als ob wir unsichtbare Geister wären. Die kinemato-
graphische Arbeit an den Brutstätten der SeevÖgel stellt aber auch an die
körperliche Leistungsfähigkeit des Photographen hohe Anforderungen. Er
muß völlig schwindelfrei und ein guter Turner sein, um von hoher, steiler
Felsküste am Seile tief hinabzuklettern zu den Nistplätzen des Baßtölpels
und anderer Küstenvögel. Dafür hat er aber auch von dort ganz einzige und
großartige Lebensbilder heimgebracht. Noch ungleich größere und schwerere
Strapazen und Gefahren mußten bewältigt werden, um das afrikanische
Großwild trotz aller Flüchtigkeit oder Gefährlichkeit in den Kinofilm einzu-
fangen. Mit dieser Leistung hat Kearton die Blitzlicht-Aufnahmen von
Schillings und seinen Nachfolgern übertrumpft und historisch gemacht.
Was vor wenigen Jahren noch im gewöhnlichen Lichtbild fast ungläubiges
Staunen erregte, sieht man heute schon kinematographisch vor sich: Elen-
antilopen, Gnus, Zebras und Giraffen laufen über die Steppe, Nashörner be-
wegen sich im Busch, Flußpferde spielen auf der Sandbank im Urwaldstrom;
zuletzt aber sehen wir eine Speerjagd der Masaikrieger auf Löwen in allen
ihren Phasen, bis zum Todeskampf eines alten Mähnenlöwen, auf dem Kino-
film an uns vorüberziehen. Man scheidet mit der Überzeugung, daß hier
ein Archiv „lebender Natururkunden " geschaffen ist, das seinen vollen, un-
schätzbaren Wert erst dann erlangen wird, wenn wirklich die traurige Zeit
kommen sollte, daß der Mensch mit seinen Haustieren auf der Erde allein ist.
5. Sitzung am 23. November 1912.
Prof. Dr. H. Driesch, Heidelberg:
„Das Problem des Organischen."
Das Organische ist gleichermaßen ein Problem der Logik und der Er-
fahrungswissenschaft ; es kann daher die Frage nach seinem Wesen auf zwei
verschiedenen Wegen behandelt werden. Der Redner wählt den Weg, der
von der Empirie zur Logik aufsteigt, weil es der für die meisten zugänglichere
Weg ist. Es handelt sich also zunächst um die Sachfrage: Ist das Lebendige
und das Geschehen an ihm dem unbelebten Sein und Geschehen gegenüber
etwas Neues, Eigenartiges, Eigengesetzliches, oder ist es dies nicht? Oder
kurz: „Mechanismus oder Vitalismus"? Auf Grund der Analyse gewisser
biologischer Tatsachengruppen hat der Vortragende drei Beweise der „Auto-
— 122 —
nomie" des Lebens formuliert. Einer derselben gründet sich auf die Analyse
des menschlichen „Handelns" als Naturphänomens und widerlegt zugleich
die Lehre vom „psychophysischen Parallelismus " in seiner üblichen Form;
die beiden anderen gründen sich auf größtenteils vom Redner selbst in
früheren Jahren ausgeführte Experimente im Bereich der zoologischen Formen-
physiologie („Entwicklungsmechanik" nach W. Roux), also im Bereich der
eigentlichen biologischen Zentral Wissenschaft. Eier, junge Embryoteile, oft
auch ganze Organismen sind nach Verstümmelung imstande, sich, ohne eigent-
lich „regenerative" Vervollständigung, lediglich durch eine regulatorische
Umarbeitung ihrer Substanz „verkleinert=ganz" auszugestalten : da die Ver-
stümmelung ganz beliebig gesetzt war, widerlegt diese Tatsache die Annahme,
daß eine „Maschine" die Grundlage der Formbildung gewesen sei (Lehre vom
„harmonisch-äquipotentiellen System").
Der Vitalismus muß sich in doppelter Weise rechtfertigen, auf daß der
von ihm aufgestellte nicht-mechanische Naturfaktor — Redner nennt ihn im
Anschluß an Aristoteles „Entelechie" — aus einem bloßen Unbekannten,
zu einem positiven Naturbestimmer werde. Der Vitalismus muß zeigen, daß
er verträglich ist mit den Lehren von der anorganischen Natur, und daß er
logisch möglich ist.
Entelechie darf weder als Energieart noch als irgend ein Akzidenz der
Materie gefaßt werden; aber der Vitalismus braucht darum den Satz von
der Erhaltung der Energie nicht zu verletzen. Ja, auch der „zweite Haupt-
satz" der Energielehre läßt sich halten: Entelechie suspendiert eben das als
möglich vorgebildete Geschehen und läßt es regulatorisch zu. Diese Hypothese
verdient den Vorzug vor derjenigen Descartes' und Hartmanns.
Die logische Rechtfertigung des Begriffs „Entelechie" kann im Rahmen
des Kant sehen Denkens erfolgen, d.h. es kann gezeigt werden, daß der
Begriff „Ganzheit" eine echte Kategorie, eine Voraussetzung der Möglichkeit
der Erfahrung ist; es kann auch gezeigt werden, daß diese Kategorie sich
einer Form des Urteils zuordnen läßt, wenn nur vorher die „Tafel der Urteile"
selbst revidiert ist (sog. „Deduktion" der Kategorie der Ganzheit). Einfacher
und leichter verständlich ist es, von einer unbefangenen Erfassung der Be-
griffe „Werden" und „notwendige Verknüpfung des Werdens in sich" (nach
dem Schema „Grund-Folge"), auszugehen. Es zeigt sich alsdann, daß es
durchaus nicht nur die eine Form des Werdens geben kann, die im anor-
ganischen Geschehen verwirklicht ist, sondern daß sogar vier „Formen des
Werdens" möglich sind; eine davon entspricht dem vitalistischen Werden.
Zum Schluß wendet sich der Vortragende den Aufgaben zu, die aus
dem Dasein des Vitalismus erstehen: Es gilt, Ganzheit auch im Reiche des
Unbelebten und in überpersönlichen Gemeinschaften zu suchen, in Sonderheit
Phylogenie und Geschichte als echte „Evolution", d. h. als einen Ganzheits-
verlauf zu begreifen; das Dasein des „Ethischen" bietet einen Anhaltspunkt
dafür. Ja, das Ideal der Logik ist es, jeder Einzelheit des Seins und Wer-
dens in der Natur ihren einen, eigenen Platz in einer großen Ordnungs-
ganzheit zuzuweisen. Aber diese „ordnungsmonistische" Forderung bleibt
ein „Ideal". Das Gebot der Gewissenhaftigkeit verlangt die Anerkennung
des Zufalls neben der Ordnung, also den „Dualismus". Im Reiche des
Ordnungsmonismus würde es letzthin nur „das eine Ordnungsgesetz", aber
— 123 —
keine Naturgesetze in der Mehrzahl geben. Wir müssen uns aber begnügen
mit gewissen „Gesetzen" inmitten des Zufalls. Nie freilich dürfen wir ver-
gessen, daß wir mit der heutigen Wissenschaft nur etwas Vorläufiges erreicht
haben, und wir dürfen nie aufhören, das eine Ganzheitsgesetz der Welt zu
suchen und den Zufall, diesen größten Widersacher des Denkens, zu bezwingen.
6. Sitzung am 30. November 1912.
Dr. A. Schultze, Bonn:
„Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und Tierwelt."
(Siehe S. 143.)
7. Sitzung am 7. Dezember 1912.
Prof. Dr. A. Pütter, Bonn:
„Stoffwechsel und Ernährung".
Die vergleichende Physiologie sucht nach den Gesetzen, die den Ablauf
der Stoffwechselprozesse bei den verschiedenen Organismen regeln. Als Maß
für die Intensität des Umsatzes von Stoffen kann man die Menge Sauerstoff
verwenden, die in einer Stunde von einer bestimmten Gewichtsmenge der
Trockensubstanz eines Tieres verbraucht wird. Bestimmt man diesen Wert,
so ergeben sich ganz ungeheure Unterschiede bei den einzelnen Organismen.
Auf der Suche nach den Bedingungen, die den Stoffumsatz so verschieden
gestalten, zeigt sich nun zunächst eine Beziehung zur absoluten Größe der
Tiere und Pflanzen: kleine Exemplare verbrauchen in der Regel pro Ge-
wichtseinheit mehr Stoffe als große derselben Art. Doch ist hiermit kein
allgemeines Gesetz ausgesprochen, denn große und kleine Kieselschwämme
zeigen z. B. pro Gewichtseinheit einen gleich lebhaften Stoffumsatz.
Als allgemeines Prinzip ergibt sich vielmehr hier, wie überhaupt bei
Tieren und Pflanzen, eine Beziehung der Intensität des Umsatzes zur Größe
der Flächen, durch welche die Sauerstoffaufnahme erfolgt. Diese Flächen
sind nämlich bei großen und kleinen Schwämmen für eine gewisse Gewichts-
menge die gleichen; dagegen sind sie im allgemeinen bei großen Tieren im
Verhältnis zum Gewicht kleiner als bei kleinen. Führt man die Berechnung
der Größe des Sauerstoffverbrauchs auf die Einheit der Flächen zurück, die
den Sauerstoff aufnehmen, so erhält man da weitgehende Übereinstimmungen,
wo man bei der Berechnung des Verhältnisses zum Gewicht die gewaltigsten
Unterschiede fand. In der verschiedenen Größe der Lungenfläche liegt z. B.
die Erklärung für die bekannte Tatsache, daß kleine Säugetiere einen viel
lebhafteren Stoffwechsel besitzen als große.
Der vom Organismus verbrauchte Sauerstoff dient dazu, die Nahrungs-
stoffe zu verbrennen; je mehr Sauerstoff verbraucht wird, um so mehr
Nahrung muß aufgenommen werden. Während der tägliche Nahrungsbedarf
des Menschen nur 2,7 °'o der Stoffmenge beträgt, die sein Körper enthält, ver-
braucht die Maus täglich mehr als die Hälfte ihres Eigengewichts, und noch
viel größer ist der Nahrungsbedarf bei den kleinen und kleinsten Lebewesen,
— 124 —
unter denen z. B. die Kahmpilze das siebzehnfache, die Bakterien sogar das
fünfhundertfache ihres Stoffbestandes verarbeiten.
Aus diesen Anforderungen an die Nahrungszufulir ergibt sich für sehr
kleine Organismen die Unmöglichkeit, sich von anderen Lebewesen zu er-
nähren, wie dies die größeren Tiere mit langsamerem Stoffumsatz zu tun
vermögen. Die Kleinwesen können vielmehr ihren Nahrungsbedarf nur da-
durch befriedigen, daß sie gelöste Stoffe aufnehmen, die, wie der Sauerstoff,
durch große Flächen eintreten und mit genügender Geschwindigkeit aufge-
nommen werden können, um die physiologische Verbrennung zu unterhalten.
8. Sitzung am 14. Dezember 1912.
Prof. Dr. E. Göppert, Marburg:
„Die Variabilität des menschlichen Körpers und ihre
stammesgeschichtliche Bedeutung".
Zahlreiche Varietäten des menschlichen Skeletts, der Muskulatur, des
peripheren Nerven- und des Gefäßsystems reproduzieren in zum Teil ganz
überraschender Weise Zustände, die bei niederen Säugetieren die Norm bilden,
und zwar bei solchen, die unter die Ahnen des Menschen eingereiht werden.
Diese Varietäten können nur als Atavismen gedeutet werden, indem innerhalb
der Embryonalentwicklung des Individuums, die nach dem biogenetischen
Grundgesetz die Stufen der Stammesentwicklung in großen Zügen durchläuft,
ein Organ für sich auf embryonaler Stufe stehen bleiben kann. Da die Keim-
entwicklung indessen die Stammesgeschichte nur auszugsweise wiedergibt,
ist nicht jeder Atavismus auf die geschilderte Weise zu erklären, vielmehr
sind zahlreiche Fälle nur vergleichend-anatomisch verständlich.
Den Atavismen steht eine zweite Gruppe von Varianten gegenüber,
die in der Stammesgeschichte nie, auch nicht vorübergehend, die Norm ge-
bildet haben können. Sie weisen in die Zukunft und können durch immer
häufigeres Auftreten schließlich zur Norm werden oder mindestens die Wege
einer zukünftigen Entwicklung vorzeichnen. Sie sind gegenüber den retro-
spektiven die prospektiven Varianten. Über ihre embryonale Entstehung
ist man noch nicht ausreichend unterrichtet : wohl zeigen günstige Fälle, daß
innerhalb der Keimesgeschichte zunächst der Normalzustand erreicht und
dann übersckritten werden kann; aber alle prospektiven Varianten dürften
sich kaum in einem derartigen Sinne entwickeln.
Zu diesen beiden wichtigen Gruppen gesellt sich eine große Menge
rein individueller Abweichungen, bedingt durch Zufälligkeiten, welche die
Embryonalentwicklung störend beeinflussen. Es sind die sog. fluktuierenden
Varietäten, die von der Unzahl der Mißbildungen oder Abnormitäten nicht
scharf abgegrenzt werden können.
Die Lehre von der Variabilität des Körpers hat außer der Feststellung
und der morphologischen Erklärung ihres Gegenstandes auch die kausale
Erklärung und die Erörterung der Frage der Vererbung dieser Abweichungen
zur Aufgabe. An die Bearbeitung dieser Fragen ist die experimentelle
Forschung bereits herangetreten und läßt auch hier die wichtigsten Fort-
schritte erhoffen.
— 125 —
9. Sitzung am 4. Januar 1913.
Prof. Dr. F. Richters:
„Altsteinzeitliche Funde aus dem nordischen Gletscher-
mergel."
Der Vortragende hat zahlreiche Feuerstein- Werkzeuge und -Waffen aus
Labö und dessen Umgebung an der Kieler Föhrde ausgestellt. Diese Manu-
fakte fanden sich auf der Oberfläche der Felder, am Strand und in den Kies-
gruben, in dem Gletschermergel der Moräne des nordischen Gletschers und
in deren Schlämmprodukten, den diluvialen Kiesen und Sauden, und lassen
deutliche Gletscherschrammen in Form paralleler Kritzer erkennen. Der
nordische Gletscher hat bekanntlich Eismassen von 1000 bis 2000 m Dicke
geführt. Nur unter diesem gewaltigen Eisdruck konnte ein so hartes Material
wie der Feuerstein bei seinem Transport durch den Gletscher von anderen
harten Gesteinen geritzt werden. Feuersteinwerkzeuge, die solche Spuren
auf den Schlagflächen zeigen, müssen also schon bearbeitet in den Gletscher
geraten sein, und ihre Herstellung muß auf eine nordische Urbevölkerung
zurückgeführt werden. Daß der hohe Norden in grauer Vorzeit bewohnt
war, wurde durch den gelehrten Inder T i 1 a k in hohem Grade wahrscheinlich
gemacht, der aus den Vedas, den heiligen Aufzeichnungen von Braminen,
festgestellt hat, daß diese Kenntnis von den polaren Himmelserscheinungen,
der Polarnacht, den Morgenröte-Erscheinungen gegen Ende derselben und
den in Kreisen um den Polarstern sich bewegenden Sternen hatten. Zweifel-
los haben die nordischen Urvölker eine Steinzeit durchgemacht; ihre Manu-
fakte sind mit den anderen Gesteinsbrocken in den Gletscher geraten und
finden sich in seinen nach Norddeutschland geschobenen Moränen.
Unter den Funden des Vortragenden sind Formen aus den Kulturen
des Acheuleen, Moustörien und Aurignacien, die genau den Formen des fran-
zösischen und belgischen Paläolithikums entsprechen. Der Redner demon-
striert dies an Exemplaren aus den H a u s e r sehen Ausgrabungen im Vezere-
Tal (Dordogne), neben denen Exemplare von Labö und Umgegend ausgestellt
sind. ^)
10. Sitzung am 11. Januar 1913.
Dr. E. Strauß:
„Gifte der Wirbellosen".
Die Betrachtung der Giftstoffe, die von den Wirbellosen produziert
werden und zur Verteidigung wie zum Töten und Lähmen der Beute dienen,
bietet dem Naturforscher eine Fülle der interessantesten Probleme. So sehr
man sich auch zu allen Zeiten bemüht hat, die Eigenart dieser Stoffe und
ihre sehr auffallende Wirkung zu ergründen, stehen wir doch heute noch
im Anfang der Erforschung tierischer Gifte. Wir sind bei ihnen nicht wie
bei den pflanzlichen Giften imstande, ein nach chemischen oder pharma-
kologischen Gesichtspunkten geordnetes System aufzustellen, und daher ge-
^) Siehe auch den Aufsatz des Vortragenden „Nordische Urfaustkeile"
(mit 15 Abbildungen) im vorjährigen „Bericht* S. 227-244.
— 126 —
nötigt, sie nach Wesen und Wirkung einfach in der Reihenfolge der Tier-
gruppen zu behandeln, bei denen sie auftreten.
Schon die Cnidarier führen Gifte als lebenswichtigste Angriffs- und
Verteidigungswaffen. Sie vermögen mit Hilfe ihrer Nesselkapseln, deren
giftiger Inhalt auf bestimmte Reize hin durch hervorgeschleuderte Nesselfäden
übertragen wird, kleinere Tiere zu töten; die großen Siphonophoren können
sogar dem Menschen äußerst unangenehm werden. Der Giftstoff (Hypnotoxin)
bewirkt bei dem Opfer Somnolenz und schließlich Lähmung der Atmung.
Die Echinodermen besitzen in ihren mit „Giftzangen" verbundenen Giftdrüsen
sehr wirksame Waffen. Über die Natur ihres Giftes ist nichts bekannt.
Giftige Eigenschaften haben auch viele Würmer, namentlich manche früher
für verhältnismäßig harmlos gehaltenen Darmparasiten, wie Bandwürmer und
verschiedene Rundwürmer. Ihre Stoffwechselprodukte gelangen aus dem
Darm des Wirtes in die Blutbahn und rufen durch ihre hämolytische Wirkung
Anämie hervor. Von alters her bekannt und gefürchtet sind giftige Spinnen
und Skorpione. Der Stich des kleinen südeuropäischen Skorpions ist zwar
ziemlich harmlos; dagegen vermögen tropische Formen, namentlich eine
mexikanische Art, nach vielen Berichten den Menschen tötlich zu treffen;
das Agens ist höchst wahrscheinlich stark hämolytisch. Während die ver-
schrieene Tarantel ganz ungefährlich ist, sind andere Spinnen, darunter vor
allem die Malmignatte oder der Karakurt {Latrodedus tredecimguttatns F.) aus
dem Mittelmeergebiet und den südrussischen Steppen, mit Recht sehr ge-
fürchtet. Nicht genügend geklärt ist die Giftigkeit der Tausendfüße, deren
Hautdrüsen übelriechende und ätzende Stoffe ausscheiden. Viel untersucht
sind die Insektengifte. Die heftige Entzündung, die nach einem Bienenstich
auftritt, dürfte durch eine organische Base verursacht sein. Die Wirkung
des Giftes der Ameisen, das bei manchen tropischen Formen schwere Folge-
erscheinungen nach sich zieht, ist sicher nicht allein auf das Vorhandensein
von Ameisensäure zurückzuführen. Unzweifelhaft giftig sind die Haare vieler
Schmetterlingsraupen, besonders die der Prozessionsspinner (Cnethocampa) ; der
Stoff, der lokale Entzündungen auf der Haut hervorruft, ist dem Cantharidin
ähnlich. Das Cantharidin selbst, das sehr genau bekannt ist, findet sich im
Blut der spanischen Fliege {Lijtta vesicatoria L.) ; es ist kristallisierbar und von
der Konstitution eines aromatischen Ringes. Äußerliche Anwendung hat
heftige Entzündungen und Blasenbildungen zur Folge; nach Resorption des
Giftes treten neben Wirkungen auf das Nervensystem auch Nierenent-
zündungen auf ; 0,03 g vermögen beim Menschen Konvulsionen und den Tod
herbeizuführen. Auch andere Käfer scheiden sehr merkwürdige Sekrete aus :
der Bombardierkäfer verpufft eine Substanz, die an der Luft Stickoxyd bildet,
und ein Pausside soll eine Flüssigkeit ausspritzen, die freies Jod enthält.
Dies wäre der einzige Fall, in dem ein Organismus freies Halogen ausscheidet.
11. Sitzung am 18. Januar 1913.
Exz. Wirkl. Geheimrat Prof. Dr. P. Ehrlich:
„Moderne Heilprinzipien."
In der ganzen Welt ist man jetzt bestrebt, die verschiedenartigsten
Infektionskrankheiten chemotherapeutisch zu heilen. Der Weg ist kein ganz
— 127 —
leichter: man muß sich bemühen, die Ätiologie der Erkrankungen genau
festzustellen, was bei gewöhnlichen Bakterien- und Protozoenkrankheiten
mikroskopisch möglich ist. Dagegen gibt es Krankheiten (Masern, Scharlach,
Pocken), deren Erreger dem mikroskopischen Nachweis größte Schwierigkeiten
bereiten. Weiterhin ist es erwünscht, die Erreger der Krankheiten in Rein-
kultur zu züchten. Dies gelingt bei gewöhnlichen Bakterienerkrankungen,
neuerdings auch bei Protozoenerkrankungen (tropische Kinderanämie, Kala-
azar, Sumpffieber) und Spirillenerkrankungen (Rückfallfieber, Hühnerspirillose,
Syphilis) ; aber nur ein Teil dieser Reinkulturen ist imstande, die Krankheit
bei Tieren zu erzeugen. Offenbar können die Parasiten höherer Ordnung
während des Kulturverfahrens so große biologische Veränderungen erfahren,
daß sie für den tierischen Organismus nicht mehr pathogen sind.
Die Möglichkeit, Infektionen an Tieren künstlich zu erzeugen, bildet
die Grundlage der Chemotherapie; denn heilkräftige Substanzen müssen zu-
nächst an großen Reihen von Tierversuchen erprobt werden, bevor sie am
Krankenbett Anwendung finden dürfen. Besonders geeignet sind solche
Stoffe, von denen schon ganz kleine, von der schädlichen Grenze weitent-
fernte Dosen im Tierexperiment heilen. Die Suche nach geeigneten Stoffen
ist nicht ganz leicht. Der Vortragende ließ sich bei seinen Untersuchungen
von der chemischen Vorstellung leiten, daß die Heilstoffe, durch bestimmte
Gruppierungen dazu befähigt, mit den Parasiten eine chemische Verbindung
eingehen, von ihnen verankert werden und sie dadurch abtöten. Fernwirkung
ist nicht denkbar. Ehrlich vergleicht die parasitentötenden Substanzen
mit einem Giftpfeil, dessen Spitze das verankernde Prinzip darstellt und die
Parasiten zuerst trifft; der Schaft ist eine chemische Gruppierung, an den
therapeutisch wirksame Radikale (Arsen, Quecksilber, Antimon) angehängt
werden, also ein Bindeglied zwischen zwei wirksamen Komponenten. Die
Schwierigkeit bei der Konstruktion von Arzneistoffen ist die Auffindung
der Pfeilspitze. Wird dem Schaft eine Gruppe angehängt, die eine maximale
Verwandtschaft zu Gruppierungen des Parasitenprotoplasmas, aber eine mög-
lichst geringe Verwandtschaft zu den Körperzellen besitzt, so entsteht ein
Heilmittel, das den infizierten Körper vollkommen sterilisiert, ohne ihm zu
schaden. Bei der Hühnerspirillose ist dieses Ideal im Salvarsan') (Dioxy-
diamidoarsenobenzol) erreicht, da der hundertste Teil der tödlichen Dosis
zur Heilung ausreicht. Hier ist die Amidophenolgruppe die Pfeilspitze, das
„verankernde Prinzip", das offenbar nicht nur für Spirillen, sondern auch
für Amöben und Bakterien verschiedenster Art in Frage kommt; denn es
sind viele Erkrankungsarten der therapeutischen Beeinflussung durch Sal-
varsan zugängig. Ist die Pfeilspitze einmal an die Parasitenzelle fest ver-
ankert, so kann auch das eigentliche Heilprinzip (in diesem Falle Arsen) an
die Parasitenzelle gelangen und seine therapeutische Wirkung entfalten.
Der Redner wendet sich dann gegen die von einigen Stellen vertretene
Anschauung, daß das Salvarsan als solches nicht imstande sei, Parasiten
direkt abzutöten, sondern daß es indirekt wirke, indem die Körperzellen
^) Über Salvarsan („Chemotherapie der Spirillenerkrankungen, Rück-
fallfieber, Syphilis und Tierkrankheiten") hat erstmalig Ehrlichs Mitarbeiter
Dr. Hat a aus Japan beim Empfangsabend im Senckenbergischen Museum
am 11. Juni 1910 gesprochen.
— 128 —
stimuliert würden, parasitenabtötende Stoffe zu produzieren. Die Anschauung
basiert auf der Beobachtung, daß unter dem Einflüsse des Salvarsans die
Spirochäten unter dem Mikroskop ihre Bewegungsfähigkeit behalten. Der
hieraus gezogene Schluß ist aber ein Trugschluß. Im Speyerhause wurde
nachgewiesen, daß in einer mit Spuren von Salvarsan versetzten Serum-
Spirochätenmischung nach Abzentrifugieren aller Flüssigkeit zwar die Spiro-
chäten noch beweglich waren, daß sie aber, Tieren eingeimpft, eine Infektion
nicht mehr auslösten. Dies beweist, daß das Salvarsan von den Spirochäten
verankert wird, und daß schon minimale Quantitäten des verankerten Arznei-
stoffes ausreichen, die Parasiten an ihrer Vermehrungsfähigkeit innerhalb des
Körpers zu hindern. Eine zelluläre Funktion des Salvarsans ist unter diesen
Umständen ganz ausgeschlossen, da überhaupt kein gelöstes Salvarsan mehr
vorhanden war.
Der Vortragende bespricht ferner die Verankerung des Salvarsans an
die Zelle. Wie erwähnt, wird dasselbe zunächst mit Hilfe der Orthoamido-
phenolgruppierung an die Zelle verankert, und secundo loco tritt eine weitere
Verankerung durch den Arsenrest ein. Nur ungesättigte Arsenreste, die dem
dreiwertigen Typus entsprechen, sind dank der ihnen innewohnenden latenten
Verwandtschaft zu dieser sekundären Verankerung, die die Heilwirkung aus-
löst, befähigt. Vollkommen gesättigte Arsenreste, die fünfwertiges Arsen
enthalten, können nicht mehr von den Bestandteilen der Zelle gefaßt werden.
Der Heileffekt entspricht also gewissermaßen einer Kombinationswirkung
mehrerer Komponenten. Dieser Erfahrung entsprechend hat Ehrlich stets
die „Kombinationstherapie" empfohlen, worunter man die gleichzeitige An-
wendung verschiedenartiger, einen bestimmten Parasiten abtötender Heilstoffe
versteht. Für solche Zwecke sind nur Stoffe verwendbar, die von verschieden-
artigen Rezeptoren der Parasitenzelle gefaßt werden. Zwei Gruppen derselben
Klasse, z. B. der Arsenikreihe, zu kombinieren, hat keinen Zweck ; dagegen
empfiehlt sich die Kombination eines Arsenstoffes (z. B. Salvarsan) mit ge-
eigneten Farbstoffen (Trypaflavin, Trypanrot, Tryparosan). Durch solche
Kombinationen kann der Heileffekt nicht nur addiert, sondern bei geeigneter
Wahl potenziert werden, so daß mit kleinen, unschädlichen Mengen jeder
einzelnen Komponente voller Erfolg erzielbar ist. Die Kombinationstherapie
hat außerdem den Zweck, die bei langandauernder Behandlung häufig vor-
kommende, die Therapie sehr störende Arzneifestigkeit der Parasiten zu ver-
meiden. Wenn eine bestimmte Medikation (Arsenik bei Schlafkrankheit, Chi-
nin bei Malaria, vielleicht auch Quecksilber bei Spirillenerkrankungen) lange
Zeit gegeben wird, so werden die Parasiten fest gegen diese Stoffe und durch
sie nicht mehr beeinflußt. Besonders interessant sind die Verhältnisse bei
Malaria. In Brasilien kommen vielfach chininfeste Malariastämme vor, die
im Gegensatz zum normalen Verhalten durch Chinin nicht im mindesten be-
einflußt werden. Erfahrungen in Breslau und Hamburg haben aber gezeigt,
daß eine zwischengeschaltete Salvarsankur die Chininfestigkeit der Malaria-
parasiten beseitigt.
Der Redner zeigt schließlich an einer Reihe von Tafeln die Heilwirkung
des Salvarsans bei den verschiedenen Krankheitstypen, besonders Spirillen-
erkrankungen : Syphilis, Framboesie, Rückfallfieber, Hühnerspirillose, weiter-
hin einer bösartigen, durch Spirillen verursachten Halsentzündung, der An-
— 129 —
gina Vincenti, und gewissen tropischen Geschwüren. Am glänzendsten sind
die Erfolge bei Framboesie, bei der eine Injektion gewöhnlich zur Dauer-
heilung ausreicht. In Surinam kamen unter 1200 behandelten Fällen nur
12 Rezidive vor, und man hofft, daß es mit Hilfe des Salvarsans möglich
sein wird, diese für die Arbeiterverhältnisse der Tropen höchst bedenkliche
Krankheitsform ganz zum Schwinden zu bringen. Bemerkenswert ist weiter-
hin, daß bei manchen durch Spirochäten bedingten Oberflächengeschwüren
(Angina Vincenti, Mund- und Wangenschleimhauterkrankungen, den hart-
näckigen Unterschenkelgeschwüren der Tropen) durch lokale Aufpinselung
von Salvarsanlösungen oder Applikation einer Salvarsansalbe die Defekte zur
Heilung gebracht werden können. Aber auch eine große Reihe anderer Er-
krankungen, die mit Spirochäten nichts zu tun haben, wird durch Salvar-
san günstig beeinflußt, z. B. eine Malariaform (die Tertiana), auf die Salvarsan
mindestens so gut wirkt wie Chinin, die für die Armee so wichtige Brust-
seuche der Pferde, dann die schwere, mit weitgehenden Eiterungen verbun-
dene tropische Fferdekrankheit, der afrikanische Rotz. Bei einer weiteren
Gruppe wichtiger Erkrankungen (Typhus exanthematicus, Scharlach und
Pocken) scheint das Salvarsan ebenfalls günstig zu wirken.
Der Vortragende schließt mit dem kurzen Hinweis auf die in voller
Bewegung befindlichen, wenn auch wesentlich noch auf Tierexperimente be-
schränkten Heilversuche an den durch Spaltpilze (Pneumokokken, Staphylo-
kokken, Streptokokken) verursachten Erkrankungen, die hoffnungsvolle An-
fänge darbieten,
12. Sitzung am 25. Januar 1912.
Prof. Dr. F. D 0 f 1 e i n , Freiburg :
„Der Ameisenlöwe, ein Kapitel aus der Biologie und
Psychologie der Tiere".
Der Vortragende schildert zunächst das Vorkommen der eigenartigen
Neuropteren-Larve, die als Ameisenlöwe bezeichnet wird, und beschreibt, wie
er sie seit langem im Laboratorium gehalten und beobachtet hat. Dabei sind
ihm schon in den Schilderungen der älteren Autoren Unrichtigkeiten auf-
gefallen, welche die Grundlage der Darstellung in Brehms Tierleben und
vielen anderen wissenschaftlichen und populären Lehrbüchern bilden. Er
wurde aber erst angeregt, das Tier genau zu untersuchen, als er in einem
Lehrbuch der Tierpsychologie aus diesen Schilderungen ganz falsche Schlüsse
abgeleitet fand.
Die Experimente des Vortragenden sind noch nicht vollkommen zum
Abschluß gelangt; sie lassen aber immerhin schon eine Anzahl von interessan-
ten Schlußfolgerungen zu. Im Gegensatz zu früheren Annahmen vollziehen
sich die merkwürdigen Handlungen des Ameisenlöwen, seine Orientierung
im Sand, der Bau seiner Trichterfallen, das Einfangen der Ameisen auf Grund
von sehr einfachen Reflexen. Es sind nicht einmal sehr komplizierte Instinkte,
die bei den Handlungen des Tieres in Frage kommen. Die genaue Unter-
suchung der einzelnen Körperteile und der Funktion der Organe zeigt, daß
das Tier eine zu ganz einseitigen Tätigkeiten differenzierte, kleine Maschine
9
— 130 —
darstellt. In ungewöhnlich deutlicher Weise sieht man die Handlungen durch
den Körperbau, die Sinnesorgane, die Muskelgruppen bedingt.
Trotzdem kann der Ameisenlöwe nicht als reiner Reflexautomat be-
zeichnet werden. Wenn das Tier vor die Lösung von Aufgaben gestellt wird,
die das gewöhnliche Leben ihm niemals bringt, so erkennt man eine deut-
liche Modifizierbarkeit seiner Handlungen. Es hat die Möglichkeit, zwischen
einer Anzahl von Lösungen zu wählen. Experimente zeigen, welche Einflüsse
die Wahl bedingen. Bei diesen Experimenten zeigt der Ameisenlöwe nicht
nur eine gewisse Regulationsfähigkeit seiner Handlungen nach dem Prinzip
des Versuchs und Irrtums, sondern er zeigt auch gewisse mnemische Fähig-
keiten. Eine öfters durchgeführte ungewöhnliche Handlung wird von ihm
immer leichter und gewohnheitsmäßiger ausgeführt.
Trotz dieser etwas höher stehenden Fähigkeiten ist der Ameisenlöwe
doch ein besonders interessantes Beispiel für die Tatsache, daß hoch diffe-
renzierte Tiere mit einseitig funktionierenden Organen sich vielfach dem Be-
griff der Reflexautomaten nähern.
13. Sitzung am 1. Februar 1918.
Prof. Dr. 0. zur Strassen:
„Der Flug der Tiere".
Wenn Tiere „fliegen", d. h. länger in der Luft verweilen, als es durch
bloßen Fall oder Sprung ermöglicht wird, so benutzen sie immer den Luft-
widerstand, und zwar teils den der ruhenden Luft gegen eine bewegte Fläche,
teils den Druck des Windes gegen eine ruhende. Um diese Wirkungen zu
verstärken, haben die Flugtiere flächenhafte Organe (Flughäute, Flügel usw.)
ausgebildet. Viele Tiere verlängern ihre Sprünge, indem sie mit schräg zur
Bewegungsrichtung gestellten Flugflächen im „Gleitflug" niedergehen. So der
Flugfisch Dactijlopterns, der Flugfrosch, Flugdrache und mehrere Säuger, be-
sonders der Flattermaki (Galeopithecns). Um längere Dauer des Fluges, größere
Freiheit und Geschwindigkeit zu erzielen, führen die eigentlichen Flieger
aktive Bewegungen mit ihren Flugorganen aus. Manche, deren Flügel un-
durchlässig und eben sind, gewinnen den Antrieb durch schnelles Hin- und
Herbewegen der schräg zur Flugrichtung gestellten Flügel, ähnlich wie ein
Propeller mit schrägen Flügeln auf das umgebende Medium wirkt. So die
Insekten, der Flugfisch Exocoetns, ferner die Kolibris. Bei anderen wird nur
der Niederschlag des quergestellten Flügels voll ausgenutzt, während der
Aufschlag dazu dient, den nächsten Niederschlag vorzubereiten. Dann muß
natürlich dafür gesorgt sein, daß der Aufschlag geringerem Widerstand be-
gegnet als der Niederschlag. Dies geschieht bei den Fledermäusen durch
leichtes Zusammenklappen und Schrägstellen der Flügel, Bei den Vögeln
wird es durch die Wölbung des Flügels in Verbindung mit einer Art Ventil-
vorrichtung der Schwungfedern bewirkt. Der sog. Segelflug der Raubvögel,
des Albatros usw. ist durch Benützung geringer Schwankungen der Wind-
stärke zu erklären. Hierzu bedürfen die Vögel einer überaus feinen Ma-
növrierfähigkeit, die ihnen einerseits durch zweckmäßige Vorrichtungen zur
Höhen- und Seitensteuerung, andererseits durch hochgradige Empfindlichkeit
für Druckschwankungen gewährleistet wird.
— 131 —
14. Sitzung am 8. Februar 1913.
Dr. A. von "Weinberg:
„Das Eiweißmolekül als Unterlage der Lebens-
erscheinung".
(Siehe S. 159.)
15. Sitzung am 15. Februar 1913.
San.-Rat Dr. G. Böttcher, Wiesbaden:
„Lionardo da Vinci als Naturforscher".
(Erscheint ausführlich in Heft 3.)
16. Sitzung am 22. Februar 1913.
Dr. St. Kekule von Stradonitz, Berlin-Lichterfelde:
„Die Entstehung der sog. Habsburger Lippe".
Über die Art und Weise, wie sich die „Habsburger Lippe" vererbt,
sind in der neuesten Zeit mancherlei Sonderveröffentlichungen, auch von Me-
dizinern, erschienen, namentlich seit der Wiederauffindung der „Vererbungs-
regeln" des gelehrten Brünner Augustinerpaters Johann Gregor Mendel
(f 1884), die lange Zeit unbeachtet geblieben waren. Der Vortragende ist der
Ansicht, daß es zur förderlichen Untersuchung der Frage, wie sich die „Habs-
burger Lippe" vererbt, der Klarstellung der Vorfrage bedarf, wie sie ent-
standen ist, und besonders, ob sie sich als eine einfache oder eine zusammen-
gesetzte Erscheinung herausstellt. Bisher ist man stets davon ausgegangen,
sie sei eine einfache Erscheinung. Am meisten verbreitet ist die Ansicht, die
sie auf Margarethe Maultasch, die letzte Herrin von Tirol (f 1369) zu-
rückführt. Allein Margarethe Maultasch hatte nur einen Sohn, und dieser
starb kinderlos. Auch ist ihr Name „Maultasch" nicht etwa ein Beiname, der
von einer Gesichtsbildung herrührt, sondern der Name einer Burg, nach der
sie genannt wurde. Ebensowenig begründet ist die Ansicht, die „Habsburger
Lippe" stamme von Anna Jagello her, der Gemahlin Kaiser Ferdinands!.,
denn die in Frage stehende Gesichtsbildung findet sich schon bei Ferdinand I.
und bei allen seinen Geschwistern, nämlich bei Karl V. und den vier Schwe-
stern. Ottokar Lorenz leitet die „Habsburger Lippe", dem alten Geschichts-
schreiber Johann Jakob Fugger folgend, von Cimburgis von Masso-
vien, der Mutter Kaiser Friedrichs III. her. Graf Theodor Zichy hat im
Jahre 1898 die Vermutung aufgestellt, die „Habsburger Lippe" rühre von den
zwei Portugiesischen Urgroßmüttern Karls V. her, nämlich von Eleo-
nore von Portugal, der Gemahlin Kaiser Friedrichs HL, und von Isabella von
Portugal, der Gemahlin des Königs Johann IL von Kastilien. Zunächst hat
aber Kaiser Friedrich III. selbst eine stark vorstehende Unterlippe gehabt,
kann diese also unmöglich von seiner Gemahlin durch Übertragung bekom-
men haben. Johann IL von Kastilien hatte vielleicht nicht nur selbst eine
„Habsburger Lippe"; auch sein Urgroßvater Heinrich IL von Kastilien hat
9*
— 132 —
diese bereits sehr ausgebildet und stark gehabt, so daß auch hier die Ge-
mahlin Johanns IL nicht die eigentliche Ursache sein kann. Die „Portu-
giesische Theorie" Zichys scheidet somit aus. Galippe endlich hält, gestützt
auf einen Bericht des alten französischen Memoirenschreibers Brantome,
die , Habsburger Lippe" für ein altes Burgundisches Erbgut, dem Hause
Habsburg durch die Abstammung von Maria von Burgund zugebracht. Schließ-
lich hat der belgische Kunsthistoriker Dr. Oswald Rubbrecht im Jahre 1910
in einem umfangreichen Buch, gestützt auf vorzügliche Bildnisstudien, das
Ergebnis gewonnen, die „Habsburger Lippe" sei keine einfache Erscheinung,
sondern zusammengesetzt aus drei Bestandteilen : der dicken Lippe, dem vor-
stehenden Unterkiefer und einem seitlich abgeplatteten Schädel. Das vor-
stehende Kinn hat nach Rubbrecht das Habsburgische Haus von Kaiser
Friedrich HI. ab; die dicke Lippe bringt das Burgundische Haus hinzu. Jo-
hanna die Wahnsinnige endlich, die Gemahlin Philipps des Schönen, besitzt
in gleicher Stärke den seitlich abgeplatteten Schädel, den vorstehenden Unter-
kiefer und die dicke Unterlippe, und bei beider Nachkommenschaft ist dann
die „Habsburger Lippe" in ihrer kennzeichnenden Form da.
Kekule von Stradonitz hat nun das von Rubbrecht beigebrachte
Bildnismaterial genau nachgeprüft und es durch interessanten, bisher nicht
in Betracht gezogenen Bildnisstoff vermehrt. Danach ergibt sich für die Ent-
stehung der „Habsburger Lippe" folgendes: Der Habsburger Mannesstamm
hringt das vorgebaute Kinn und eine etwas vorstehende, dicke Lippe. Eine
in Maria von Burgund doppelt vereinigte, von ihrer väterlichen und gleich-
zeitig mütterlichen Urgroßmutter Margarethe von Holland oder „von Henne-
gau" herrührende starke Dicklippigkeit tritt als „Burgundische Dicklippigkeit"
hinzu. Zu der Vereinigung beider in Philipp dem Schönen gesellt sich dann
die doppelte, in Johanna der Wahnsinnigen vereinigte Erbmasse Heinrichs IL
von Kastilien mit der sehr dicken, wulstigen Lippe, dem vorgebauten Kinn
und dem langen, schmalen Gesicht. Die anscheinend besonders wichtige Erb-
masse Heinrichs IL von Kastilien haben die Forscher bisher alle nicht genügend
beachtet. Die „Habsburger Lippe" ist also keineswegs eine einfache, sondern
eine aus verschiedenen Bestandteilen, die von ganz verschiedenen Seiten her-
stammen, zusammengesetzte Erscheinung.
Ist dem aber wirklich so, so kann es nicht weiter erstaunen, daß ein
Vererben der „Habsburger Lippe" nach den einfachen Mendelschen Regeln
sich nicht nachweisen läßt. Es wird eben wohl ein selbständiges „Durchein-
ander-Mendeln" der einzelnen Bestandteile der „Habsburger Lippe" statt-
finden, und deshalb wird zunächst eine Untersuchung dieser Verhältnisse
Aufgabe der Forschung sein müssen.
17. Sitzung am 1. März 1913.
Prof. Dr. 0. Kalischer, Berlin:
„Die Bedeutung der Dressurmethode für die
Sinnesphysiologie und Psychologie".
Der Vortragende berichtet über eine neue Prüfungsmethode der Sinnes-
empfindungen bei Tieren, die es gestattet, die Sinnesempfindungen speziell
— 133 —
der höheren Tiere in zuverlässigerer Weise zu prüfen, als man es bisher ver-
mocht hat. Bisher stießen solche Empfindungsprüfungen auf mannigfache
Schwierigkeiten. Die Temperaturempfindung entzog sich überhaupt der Fest-
stellung. Berührte man z. B. den Rücken eines Hundes mit einem kalten oder
einem warmen Gegenstand, so drehte in beiden Fällen das Tier den Kopf
nach der berührten Stelle, und es fehlte die Möglichkeit der Entscheidung,
ob das Tier einen Unterschied empfand. Aber auch die Empfindungen, die
sich prüfen ließen, waren nur bruchstückweise zu erhalten ; die feineren Ab-
stufungen der Empfindungen entgingen der Feststellung. Am brauchbarsten
erwies sich noch die Pawlowsche Speichelreflexmethode, die in manchen
Beziehungen sehr Gutes für die Feststellung der Empfindungen leistet, aber
doch wegen mancher mit ihr verbundenen Schwierigkeiten nur in beschränktem
Umfang brauchbar ist.
Die Methode des Vortragenden beruht auf der Dressur. Er beschreibt
das Prinzip seiner Methode zunächst genauer beim Gehörsinn, der den Aus-
gangspunkt seiner Untersuchungen gebildet hat. Die Tiere werden in der
Weise dressiert, daß sie bei einem ganz bestimmten Ton (Harmonium oder
dgl.), bei dem „Freßton", wie er diesen Ton nennt, nach den vor ihnen liegen-
den Futterstücken greifen, bei allen anderen Tönen („Gegentönen") das
Fressen verweigern. Die Hunde lernen es, diesen Freßton aus einer Anzahl
von Tönen heraus zu erkennen ; sie greifen zu, wenn unter einer Anzahl gleich-
zeitig angeschlagener Töne auch der Freßton ist, und verweigern das Fressen,
wenn der Freßton nicht mit angeschlagen wird. Diese Fähigkeit der Ton-
unterscheidung geht bei den Hunden, wenigstens in den tiefen Lagen, über
die Fähigkeit der besten Musiker hinaus.
Der Vortragende schildert alsdann, wie er diese Hörprüfungsmethode
dazu benützt hat, um eine Reihe von vielumstrittenen Problemen im Gebiet
des Hörsinns der Lösung näher zu bringen.
Hierauf wendet er sich zu den anderen Sinnesgebieten, auf die er das
gleiche Dressurprinzip mit Erfolg übertragen hat. Die Ausführung der
Dressur, die sich entsprechend den einzelnen Sinnen etwas verschieden ge-
staltet, wird für den Geruchsinn, den Farbensinn und den Temperatursinn
beschrieben. In allen diesen Fällen läßt sich über Empfinden und Nicht-
empfinden der Tiere mit Hilfe der Methodik in der leichtesten Weise Aus-
kunft erhalten. Besonders bemerkenswert ist die Schnelligkeit, mit der die
Dressuren auch bei anscheinend schwierigen Empfindungsunterschieden er-
reicht werden. In etwa zwei bis drei Wochen ist die Dressur in den meisten
Fällen beim Hunde in hinreichender Weise vollendet, wobei die täglich einmal
stattfindenden Prüfungen der Tiere nicht länger als fünf Minuten in An-
spruch nehmen. Aus den Versuchen und Ergebnissen geht hervor, daß die
Methodik einer allgemeinen Anwendung für physiologische und psychologische
Untersuchungszwecke fähig ist.
Zum Schluß demonstriert der Vortragende bei zwei von ihm dressierten
Hunden das Prinzip seiner Methode.
— 134 —
18. Sitzung am 8. März 1913.
Prof. Dr. A. Fischel, Prag:
„Über Ursachen normaler und abnormer Entwick-
lungsvorgänge bei Tieren und beim Menschen."
Das ebenso reizvolle wie schwierige Problem, in das Geheimnis der
Entwicklung, d. h. der Umbildung des so einfach gebaut erscheinenden Eies
in den so kompliziert organisierten Körper, einzudringen, hat seit jeher das
Interesse der Menschen erregt. Während man sich bis in die jüngste Zeit
damit begnügen mußte, den formalen Ablauf der Entwicklung festzustellen,
geht man jetzt auch daran, die Ursachen zu ermitteln, die das komplizierte
Getriebe des Entwicklungsprozesses beherrschen. Der Vortragende schildert
zunächst eine Reihe von grundlegenden Versuchen, die angestellt wurden,
um in das Wesen der Befruchtung und der ersten Entwicklungsvorgänge
tiefer einzudringen. So ist es gelungen, das Ei durch physikalisch-chemische
Mittel zur Entwicklung zu veranlassen und einzelne der Komponenten des
Befruchtungsvorganges kennen zu lernen. Experimente an sich entwickeln-
den Eiern ergaben sehr interessante Resultate hinsichtlich der Entwicklung
der einzelnen Körperorgane, die im einzelnen näher geschildert werden. Doch
ist es bis heute noch nicht gelungen, das allgemeine Gesetz, das hier waltet,
sicher festzustellen und das Grundprinzip der Entwicklung auf einfache
physikalisch-chemische Vorgänge zurückzuführen, so bedeutungsvoll auch die
Schlüsse sind, die man aus diesen Versuchsresultaten ziehen kann.
Dagegen ließ sich im speziellen die Wirkungsweise zahlreicher Faktoren
auf die Entwicklung feststellen. Physikalische und chemische Kräfte, die
Funktion, gegenseitige Abhängigkeitsverhältnisse der embryonalen Gewebe
u. a. m. kommen hier in Betracht. Mit solchen Mitteln gelang es, normale
und abnorme Bildungsvorgänge und Organismen künstlich zu erzeugen und
so nach mancher Richtung hin einen Einblick in die Gesetze der Formbildung
zu gewinnen. Der Vortragende schildert derartige Versuchsresultate und er-
örtert zum Schluß, daß sie nicht bloß ein rein theoretisches Interesse für den
Naturforscher besitzen, sondern sich auch mit Vorteil zur Erklärung normaler
und abnormer Entwicklungsvorgänge beim Menschen heranziehen lassen. Für
die Erkenntnis der menschlichen Mißbildungen und Geschwülste ergeben sich
hieraus Schlüsse, die heute schon wichtig sind, in der Zukunft aber, bei Fort-
setzung dieser Versuchsart, eine weittragende Bedeutung gewinnen werden.
Festsitzung zur Erteilung des Soemmerring-Preises
am 7. April 1913.
In dem mit der Büste Soemmerrings und mit frischem Grün ge-
schmückten Festsaal eröffnet der I. Direktor Dr. A. von Weinberg die der
Verleihung des Soemmerring-Preises gewidmete Sitzung mit einem kurzen
geschichtlichen Rückblick.
Samuel Thoraas von Soemmerring, am 28. Januar 1755 zu Thorn
geboren, widmete sich dem Studiimi der Medizin und wurde, kaum 24-jährig,
1779 auf den anatomischen Lehrstuhl des Collegium Carolinum zu Cassel, 1784
— 135 —
an die Universität Mainz berufen. Seine hervorragenden anatomischen und
physiologischen Arbeiten stempeln ihn zu einem der vornehmsten Gelehrten
seiner Zeit.
Nachdem Soemmerring sich im März 1792 mit Maria Elisabeth
Grunelius, einer Tochter des alten Frankfurter Patrizierhauses, vermählt
hatte, ließ er sich 1795 unter die Zahl der hiesigen Ärzte aufnehmen und
verblieb hier trotz mehrfacher Berufungen nach Jena, Halle, Würzburg und
Heidelberg, bis er im April 1805 als Mitglied der Akademie der Wissenschaften
nach München übersiedelte. Hier wurde er Leibarzt des ersten Bayernkönigs
Maximilian Joseph, der ihm den persönlichen Adel und den Geheimrats-
titel verlieh.
Physikalische und chemische Studien, die Soemmerring emsig neben
seinen anatomisch-physiologischen Untersuchungen betrieb, führten ihn zur
Erfindung des elektrischen Telegraphen, den er in der Sitzung der
Akademie der Wissenschaften am Montag, den 28. August 1809 vorzeigte.^)
Indessen geriet diese Tatsache gänzlich in Vergessenheit, und erst nahezu
fünfzig Jahre später, längst nachdem das erste unterseeische Kabel durch
den Kanal gelegt war, hat Soemmerrings Sohn, Hofrat Dr. Wilhelm
Soemmerring, durch die Veröffentlichung von historischen Notizen und
Auszügen aus den Tagebüchern seines Vaters im Jahresbericht des hiesigei)
Physikalischen Vereins (1857 58 S. 23 ff.) den strikten Nachweis erbracht,
daß Samuel Thomas von Soemmerring der Erfinder des ersten galvano-
elektrischen Telegraphen gewesen ist. Sein Originaltelegraph befand sich im
Besitz des Physikalischen Vereins, bis er am 26. Oktober 1905 dem Museum
von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik (Deutsches Museum)
zu München als Geschenk des Vereins überwiesen worden ist.
Auf Anregung des Physikalischen Vereins hat sich bereits zu Anfang
der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts ein Komitee für Errichtung
eines Soemmerring-Denkmals in Frankfurt a. M. gebildet, und in dessen
Auftrag hat Eduard von der Launitz das Modell zu einer Statue Soem-
merrings in Lebensgröße entworfen. Erst ein Menschenalter später ist die
Aufstellung des Denkmals in den Anlagen am Eschenheimer Tor möglich
geworden. Bei Gelegenheit der 68. Versammlung Deutscher Naturforscher
und Ärzte hat am 20. September 1896 die Grundsteinlegung und am 8. August
des darauffolgenden Jahres die feierliche Enthüllung des nunmehr von Hein-
rich Petry vollendeten Denkmals stattgefunden.
Nachdem Soemmerring sich im Jahre 1818 nach Frankfurt zurück-
gezogen hatte, ist er am 17. Oktober desselben Jahres zum wirklichen (arbeiten-
den) Mitglied der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ernannt
und unter die Stifter derselben aufgenommen worden. Am 7. April 1828
wurde von der Gesellschaft gemeinsam mit der Frankfurter Bürgerschaft und
mit vielen deutschen und ausländischen Gelehrten Soemmerrings fünfzig-
jähriges Doktorjubiläum gefeiert. Aus diesem Anlaß wurden dem Jubilar drei
auf der Vorderseite mit seinem Porträt, auf der Rückseite mit einem Relief
der „Basis encephali humani" gezierte Medaillen aus Gold, Silber und Bronze
1) Denkschriften der Kgl. Akademie d. Wissensch. zu München f. d.
Jahre 1809 u. 1810. München 1811, S. 401.
— 136 —
überreicht. Aus den Überschüssen, welche die Beiträge für Herstellung dieser
Medaillen ergeben hatten, wurde am 9. September 1829 die Stiftung eines
„Soemmerringischen Praemiums" beschlossen, wonach alle vier Jahre
am 7. April, am Jahrestag der Promotion des Jubilars, ein Preis — 300 Gulden
(M. 500. — ) samt einer silbernen Medaille — zum bleibenden Andenken an
Samuel Thomas von Soemmerring demjenigen deutschen Forscher zu-
erkannt werden soll, der in diesem Zeitabschnitt „die Physiologie im weitesten
Sinne des Wortes" am bedeutendsten gefördert hat.
Soemmerring starb am 2. März 1830 und wurde auf dem hiesigen
Friedhof beerdigt. Sein Sohn, sein Enkel und sein Urenkel gehören zu den
ewigen Mitgliedern der Gesellschaft.
Am 7. April 1837 wurde der Soemmerring-Preis zum ersten Male ver-
liehen. Die seitherigen Preisträger sind Ehrenberg, Schwann, Bischoff,
Rudolf Wagner, Kölliker, Johannes Müller, Helmholtz, Ludwig,
de Bary, von Siebold, Voit, Sachs, Flemming, Roux, Verworn,
Born, Nissl, Haberlandt und Kammerer.
Die erste fachmännische Beschreibung der Medaille ist durch Eduard
Rüppell im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, 1855 S. 63 erfolgt:
„Hauptseite: Kopf im Profil nach rechts, davor ein Stab mit einer
Äskulapschlange, darunter: G. Loos Dir. C. Pfeuffer fee.
Umschrift: S. TH. A SOEMMERRING NAT. THORUNI D. XXVIII
JAN. MDCCLV DOCT. GREAT. GOTTINGAE D. VII APR. MDCCLXXVIII.
Kehrseite: Untere Ansicht des menschlichen Gehirns, an welcher be-
sonders der Auslauf der Nerven hervorgehoben ist.
Umschrift: ANATOMICORUM PRINCIPI ANIMAE ORGANA QUI
APERUIT ARTIS VIRIQUE CULTORES. D. VII APR. MDCCCXXVIII.
Durchmesser 23 Linien."
Als Vorbild bei der Herstellung des Porträts auf der Vorderseite der
Medaille hat ein Medaillon Soemmerrings gedient, das von Johann Peter
Melchior (1742—1825), seit 1796 Inspektor der Porzellan-Manufaktur zu
Nymphenburg, nach dem Leben ausgeführt worden ist. Geprägt wurde die
Medaille in der Berliner Medaillen-Münze, deren damaliger Dirigent Münzrat
Gottfried Bernhard Loos, deren erster Münzmedailleur Christoph Carl
Pfeuffer war.
Bei der ersten Prägung der Medaille im Jahre 1828 hat der Revers-
stempel mit der Gehirnbasis derart gelitten, daß weitere Prägungen mit ihm
nicht mehr vorgenommen wurden, um ihn nicht der Gefahr des Springens
auszusetzen. An seiner Stelle wurden seitdem — anscheinend seit 1849 —
Reversstempel mit einem blattreichen Kranz von Eichenlaub verwandt, in
dessen leeren Raum die Jahreszahl der Verleihung und der Namen des Preis-
trägers eingraviert werden. Neuprägungen der Medaille (mit verschiedenen
Kranzmotiven) fanden ferner 1860, 1873, 1881/82, 1897 und 1913 statt. Bei
der diesmaligen Neuprägung, die wiederum in der Berliner Medaillen-Münze
von L. Ostermann, vorm. G. Loos vorgenommen wurde, ist für eine Me-
daille in Silber M. 9.— berechnet worden. Die Stempel der Medaille (Porträt-
seite, Rückseite mit Gehirnbasis und Rückseite mit Kranzmotiv) werden im
Archiv der Gesellschaft aufbewahrt.
— 137 —
Die für die diesjährige, 20. Preiserteilung ernannte Kommission hat
aus Prof. E dinger (Vorsitzenden), Exzellenz Ehrlich, Prof. Embden, Prof.
Fischer, Prof. Möbius, Prof. Reichenbach, Prof. zur Strassen und Dr.
von Weinberg bestanden.
In den Kommissionssitzungen wurden die Arbeiten von drei Forschern
in die engere Wahl gezogen. Es waren dies die von Prof. Goldmann-Frei-
burg i. B., der es verstanden hat, durch differenzierte Färbung die Ablagerung
bestimmter Stoffe im tierischen Gewebe nachzuweisen, ferner die Arbeiten
von Prof. Kalischer-Berlin, der durch seine Dressurmethode an Tieren
wichtige Aufschlüsse in der Sinnesphysiologie und Psychologie erreicht hat,
worüber der Genannte in der Senckenbergischen Naturforschenden Gesell-
schaft am 1. März selbst vorgetragen hat, und schließlich die Arbeiten von
Prof. Correns-Münster i. W. über Vererbungslehre.
In Anbetracht der weittragenden Bedeutung, welche die Erforschung
der Vererbungsgesetze für Tier- und Pflanzenwelt in den letzten Jahren ge-
wonnen hat, und der führenden Stellung, die Correns durch die von ihm
veröffentlichten Spezialuntersuchungen und Zusammenfassungen einnimmt,
beschloss die Kommission einstimmig, ihn für den Preis vorzuschlagen.
Im Namen der Kommission berichtet nunmehr Prof. M. Möbius:
„Über die neuen Vererbungsgesetze nach der
Corrensschen Schrift von 1912."
Die Erkenntnis gesetzmäßiger Erscheinungen bei der Vererbung beruht
vorzüglich auf den Untersuchungen des Augustinermönchs Gregor Mendel,
die 1866 veröffentlicht wurden, aber unbeachtet geblieben wären, wenn sie
nicht im Jahre 1900 von Correns, Tschermak und De Vries neu ent-
deckt worden wären. Seitdem ist das Studium des „Mendelismus", wie man
das gesetzmäßige Verhalten der Bastarde in ihrer Nachkommenschaft nennt,
im Pflanzen- und Tierreich zu großer Bedeutung für die Kenntnis der Ver-
erbungserscheinungen überhaupt geworden.
Zunächst ergeben sich drei Hauptregeln oder Gesetze, und zwar als
erstes das der Gleichmäßigkeit der Bastarde in der ersten Gene-
ration. Wenn man also zwei Sorten oder Arten miteinander kreuzt, so ent-
stehen aus den durch Kreuzung erzeugten Samen lauter ganz gleichartige
Pflanzen. Wenn die Eltern nur durch ein Merkmal unterschieden waren,
steht der Bastard in dieser Hinsicht in der Mitte, oder er gleicht ganz oder
fast ganz einem der Eltern, indem das eine Merkmal des Paares über das
andere dominiert.
Die Nachkommen des Bastards, durch Selbstbestäubung oder Kreuzung
der gleichartigen Bastardpflanzen erzogen, geben, wenn es sich nur um die
Differenz eines Merkmals handelt, dreierlei Pflanzen: solche, die dem Bastard
(B), die dem Großvater (A) und die der Großmutter (A^) gleichen, und zwar
in dem Verhältnis B : A : A' = 2 : 1 : 1. In der dritten Bastardgeneration trennen
sich die B-Pflanzen wieder in derselben Weise ; die A- und A'-Pf lanzen aber
ergeben sich selbst gleiche Nachkommen, wenn jede Gruppe wieder rein in
sich fortgezüchtet wird. Das geht so fort und wird als Gesetz der Spaltung
— 138 —
(zweites Gesetz) bezeichnet. An der Spaltung der Nachkommenschaft er-
kennt man, daß die Eltern Bastardnatur besessen haben, während man früher
diese Erscheinung als Rückschlag zur Stammform bezeichnet hatte.
Wenn bei der ersten Kreuzung mehr als ein Merkmalpaar den Unter-
schied bedingt, so wird die Sache dadurch komplizierter, daß einerseits ein
vom Vater und andererseits ein von der Mutter vererbtes Merkmal dominieren
kann: daraus ergibt sich das dritte Gesetz, das der Selbständigkeit der
Merkmale. Wenn z.B. weißblühende Erbsen mit gelben Samen und rot-
blühende mit grünen Samen gekreuzt werden, so erhält man in der ersten
Bastardgeneration rotblühende Erbsen mit gelben Samen, also eine neue
Sorte. In der zweiten Bastardgeneration treten dann alle Kombinationen
auf, die möglich sind. Wenn noch mehr als zwei Merkmalpaare gekreuzt
werden, so ist, wenn auch die erste Bastardgeneration immer einförmig ist,
die Spaltung in der zweiten Generation um so größer, je mehr Merkmalpaare
vorhanden waren.
Diese Gesetze gelten gleichmäßig für die Kreuzung von Arten und
Sorten oder Varietäten. Die Abweichungen von der Regel, die beobachtet
werden, lassen sich zwar noch nicht alle erklären, aber doch z. T. durch
Parthenogenese, wie bei den auch von Mendel gezüchteten Hieraciiim-
Bastarden, z. T. dadurch, daß ein scheinbar einheitliches Merkmal auf zwei
verschiedenen Anlagen beruht.
Wichtig für die Vererbung ist, daß nicht die Merkmale als solche
sondern nur ihre Anlagen vererbt werden, wie sich schon aus dem sog. Domi-
nieren eines Merkmales ergibt. Wichtig ist ferner, daß die Vererbungser-
scheinungen im Einklang stehen mit dem an den materiellen Grundlagen
Beobachteten, nämlich an den Keimzellen, ihren Kernen und deren Teilungen
und Verschmelzungen, woraus wir den Schluß ziehen, daß die Anlagen an
die einzelnen Teilchen der Chromosomen in den Kernen gebunden sind.
Im Anschluß an diese Ausführungen des Referenten, nach denen die
interessanten Ergebnisse der besprochenen Arbeiten vollständig neue For-
schungsgebiete eröffnen, verkündet der I. Direktor, daß auf den Vorschlag
der Kommission der Soemmerring-Preis Prof. C. Correns-Münster i. W. zu-
erkannt worden ist.
— 139 —
Carl Hagenbeck
gest. 14. April 1913.
„Hagenbeck
kommt!" Wer diese
köstliche Zeichnung
Adolf Oberländers
aus dem Anfang der
neunziger Jahre in den
„Fliegenden Blättern"
gesehen hat, dem muß-
te ihr bezwingender
Humor einen Begriff
geben vom Wesen des
menschlichen Königs
der Tiere, der sich sein
Reich aus eigenster
Kraft erobert hatte.
In jahrzehntelangem
Schaffen hat Hagen-
beck die Bedeutung seiner Unternehmungen den allerweitesten
Kreisen zu erweisen verstanden, so daß sie gar nicht an ihm
vorbeigehen konnten, daß auch solchen, denen Tierliebe und Tier-
pflege fernliegende Begriffe waren, schließlich eine Idee davon
aufdämmern mußte, was ein Mensch den Tieren sein kann, was
die Tiere ihm werden können.
Aus ganz kleinen Anfängen heraus hat das begonnen. Als
Carl Hagenbeck am 10. Juni 1844 in Hamburg-St. Pauli zur
Welt kam, betrieb sein Vater dort ein Fischgeschäft. Nebenher
hielt sich Vater Hagenbeck immer einiges lebende Getier:
Papageien, Affen, Pfauen und verschiedenes Hausgeflügel. Die
— 140 —
Freude daran muß sehr früh auf Carl übergegangen sein. Sein
gleichermaßen frühzeitig ausgeprägter Erwerbssinn, der ihn als
echten Hamburger charakterisierte, verband sich so glücklich mit
dieser Neigung, daß er als kleiner Junge schon dem Vater ge-
schickt an die Hand ging. Mit einem halben Dutzend lebender
Seehunde, die er 1848 durch seine Störfischer erhielt, und die in
Hamburg und Berlin ausgestellt wurden, begann für den Vater
eine Reihe von ähnlichen Schaustellungen, die bald zum eigent-
lichen Tierhandel führen sollten. Mit dem Sohn zusammen hat
er diese „Branche" eigentlich erst geschaffen, und Carl hat sie
dann zu jener Höhe ausgebildet, die den Begriff mit dem Namen
Hagenbeck für alle Zeiten verbindet. Gelegenheitskäufe in
deutschen Hafenorten wurden bald durch Ankaufreisen und direkte
Importversuche abgelöst; trotz mancher anfänglicher Enttäu-
schungen trat bald dauernder Erfolg ein. „Ein Tiergeschäft, sei
es klein oder groß, ist ohne Passion für die Tierwelt gar nicht
denkbar." — „Man muß nur die Augen offen halten und jede
Situation zweckentsprechend auszunutzen versuchen, to make
the best of it . . .". Mit diesen zwei Sätzen, die Carl Hagen-
beck am Abend seines rastlosen Lebens niederschrieb^), ist die
Devise seines Werkes gegeben. Kaum der Schule entwachsen,
trat er dem Vater als dessen beste Kraft zur Seite ; mit sechzehn
Jahren schon machte er selbständig größere Geschäfte. Er kam
mit Bodinus und Professor Peters, mit Martin, Wester-
mann und Geoffroy St. Hilaire wiederholt in Berührung
und eignete sich so auch eine nicht nur praktische Tierkenntnis
an. Die Entwicklung der zoologischen Gärten, die zum Teil erst
in jener Zeit einsetzte, ist mit der Entwicklung der Importe
Hagenbecks Hand in Hand gegangen.
Das Kriegsjahr 1866 führte ihn nach Frankfurt a. M., wo er
den gesamten Tierbestand des Gartens der Zoologischen Gesell-
schaft übernahm. Von dieser Zeit an sind seine Beziehungen
zu Frankfurt stets rege geblieben. Im Jahre 1905 wurde er zum
korrespondierenden Mitglied der Senckenbergischen Naturforschen-
den Gesellschaft ernannt, deren Museum seiner Freigebigkeit
manches schöne Geschenk verdankt.
Mit Beginn der siebziger Jahre trat Hagenbeck dann
auch mit jenen vielfältigen „Völkerausstellungen" auf den Plan,
^) In seinem 1908 erschienenen Buche „Von Tieren und Menschen".
Vita, Deutsches Verlagshaus, Berlin-Ch.
— 141 —
die seinen Namen mehr noch als der bisherige ausschließliche
Tierhandel in aller Mund brachten. Auch diese Vorführungen,
die bald in den meisten zoologischen Gärten Eingang fanden,
sind in der folgenden Zeit auf lange Jahre hinaus zu integrieren-
den Begleiterscheinungen der größeren Gärten geworden.
Aus diesen beiden Zweigen, dem ethnographischen und dem
zoologischen, erwuchs Hagenbecks Unternehmen schließlich
zu so gewaltigen Dimensionen, daß er zu Anfang des zwanzigsten
Jahrhunderts an die Schaffung eines eigenen, in großartiger
Weise angelegten Tierparkes herantrat. Stellingen, der Name
des Hamburger Vorortes, in dem die Verwirklichung seiner lange
gehegten Wünsche sich vollzog, ist die Begriffsbezeichnung ge-
worden für ein ganz eigenes Prinzip der Tierhaltung. Wie
Hagenbeck mit unbestrittenem Erfolg bestrebt gewesen ist,
die Bändigung der sog. „wilden Tiere", die bis dahin fast aus-
schließlich mit Peitsche und Speer betrieben worden war, durch
eine verständnisvollere Behandlung zu ersetzen, die auf das In-
dividuelle des Tieres einging und damit in ganz anderer Weise
menschliche Überlegenheit zur Geltung brachte, so hat er auch
in Stellingen es verstanden, seinen Pfleglingen die Gefangenschaft
durch Gewährung möglichster Freiheit weniger fühlbar zu machen.
Damit hat er aber einen mächtigen Schritt vorwärts getan, der
nicht zuletzt auch dem um die Erforschung der Tierwelt wissen-
schaftlich Bemühten, dem Zoologen von Fach, wichtige Dienste
geleistet hat. Man mag im einzelnen über Hagenbecks Prin-
zipien der Tierhaltung urteilen, wie man will — Prinzipien
können und werden immer in einer oder der andern Richtung
auf unfruchtbare Punkte führen — , daß das Bestreben, jedes
Tier in einer seinerNatur möglichst entsprechenden
Umgebung zu halten, von ihm in hervorragender Weise in die
Tat umgesetzt worden ist, das bleibt Carl Hagenbecks unbe-
strittenes, vielleicht sein bedeutsamstes Verdienst.
Ich erinnere mich, nie etwas annähernd Überzeugenderes
gesehen zu haben als die wundervolle Ausstellung lebender
Reptilien aus allen Weltgegenden, die er in den Jahren 1897/98
im alten, einstmals von Friedrich Knauer geleiteten Wiener
Vivarium zeigte. Sie war in gewissem Sinn ein Vorläufer Stel-
lingens ; nur daß damals in Wien durch die besser zu übersehenden
Raumdimensionen sich eine wohl unübertreffliche Geschlossenheit
bot, die die BUdwirkung der einzelnen, mit bester Naturkenntnis
— 142 —
gegebenen Terrainausschnitte aufs schönste hervortreten ließ.
Daß ein Mann wie Ernst Perzina das Ganze leitete, war auch
ein besonderes Verdienst Hagenbecks, der eben überall auch
die rechten Persönlichkeiten hinzustellen verstand. Mehr noch
freilich gehörten dazu vor allem, wie Franz Werner damals
in einem seiner prächtigen Referate^) so treffend gesagt hat,
„die vier großen G: Geduld, Geld, Geschick und Glück"; sie
sind gewiß eine der Grundlagen von Hagenbecks Erfolgen ge-
wesen. Ihn zeichnete das aus, was dem echten Hanseaten eignet:
Zielbewußtsein, Zähigkeit, Selbständigkeit.
Ph. Lehrs.
') In der Zeitschrift „Der Zoologische Garten", 38. Jahrgang 1897 S. 212.
143
Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und
Tierwelt.
Mit 13 Abbildungen 1)
von
A. Schnitze (Bonn).
Zu den schwer ausrottbaren geographischen Irrtümern hat
bis vor kurzem die Annahme gehört, daß die afrikanischen Äqua-
torialgegenden jene ausgedehnten tropischen Regenwaldungen
vermissen ließen, die für Südamerika und die südasiatische Insel-
welt so ungemein charakteristisch sind. Der Grund hierfür ist
wohl darin zu suchen, daß die lebendigen Schilderungen, die der
„Outsider" Stanley in seinem Werk „Im dunkelsten Afrika"
von einem solchen Walde gibt, mit den Beobachtungen Schwein-
furths und anderer Erforscher des Kongobeckens anscheinend
im Widerspruch standen. Zufälligerweise waren alle Forscher,
denen man von vornherein unbedingtes Vertrauen zubilligte, ge-
rade in jenen Gebieten des tropischen Afrika tätig gewesen, in
denen allerdings größere zusammenhängende Regenwaldungen
nicht mehr vorkommen. Heute nun wissen wir, daß — trotz
Schweinfurth, Pogge und Pechuel-Loesche — in Äqua-
torial-Afrika eine Hyläa existiert, die sich mit der der Amazonas-
Niederungen in vielen Beziehungen messen kann, diejenige Insul-
indes an Ausdehnung sogar weit übertrifft.
Zweifellos hat die afrikanische Hyläa, deren Zentrum, wie
Mildbraed nachwies, näher an der Ostküste als an der West-
küste des Kontinents liegt, sich ehedem viel weiter ausgedehnt
und vielleicht sogar, wie floristische und faimistische Reste er-
^) Sämtliche Abbildungen sind Reproduktionen von Originalaufnahmen
des Verfassers. Die mit * bezeichneten Abbildungen sind mit Erlaubnis des
Verlags aus dem Werk „Vom Kongo zum Niger und Nil" von Adolf Fried-
rich Herzog zu Mecklenburg, Leipzig (F. A. Brockhaus) 1912 entnommen.
— 144 —
kennen lassen, große Teile des heutigen Deutsch-Ostafrika be-
deckt. Neben klimatischen Änderungen ist an diesem dauernden
Rückgang des Waldes zweifellos die unvernünftige Waldwirt-
schaft der schwarzen Rasse in erster Linie schuld.
Im Rahmen dieses Vortrages interessiert uns nur die afri-
kanische Äquatorial-Hyläa in ihrer heutigen Ausdehmmg. Wenn
wir von den ebenfalls ansehnlichen Waldungen absehen, welche
die Guineaküste von Sierra Leone bis nach Ashanti hin bedeckt
— und die im Charakter durchaus mit dem großen Äquatorial-
wald übereinstimmt — , so umfaßt diese Hyläa eine sehr unregel-
mäßig begrenzte Fläche, die im allgemeinen nicht über das rechte
Kongoufer nach Süden hinausreicht. Sie beginnt im Nigerdelta
mit einem durchschnittlich 250 km breiten, die Küstenebene be-
deckenden Streifen, der etwa südlich des Sanaga zu dem ununter-
brochenen Waldkomplex sich erweitert. Von der Kamerun- und
Gabunküste reicht dieser, in der Breite von 300 bis 1000 km
wechselnd, bis an den großen zentralafrikanischen Graben, er-
streckt sich also über eine Entfernung von fast 2500 km.^)
Floristisch betrachtet besitzt dieser Wald alle Eigentümlich-
keiten, welche die tropischen Regenwaldungen auszeichnen : große
Verschiedenartigkeit der Zusammensetzung, gewaltige Dimen-
sionen der Hauptwaldbäume mit ihren sonderbaren Wurzelbildun-
gen (Fig. 1), mit Cauliflorie und „Ausschüttung des Laubes",
großen Reichtum an Epiphyten und Lianen mannigfacher Art.
Wenn auch im großen und ganzen der Charakter dieses
Waldes einheitlich ist, so zeigt sich doch, daß einzelne Arten
an gewissen Stellen in großer Menge erscheinen, dann wieder
auf Strecken vieler Tagemärsche hin vollkommen verschwinden,
um ganz plötzlich wieder aufzutauchen, ohne daß vorläufig hier-
für eine genügende Erklärung an der Hand der geologischen
Verhältnisse gegeben werden könnte. Geschlossene Bestände
gewisser Baumarten sind nichts Seltenes, wie z. B. solche des
stattlichen Macrolobium Dewevrei (Fig. 2); auch die Sumpfwal-
dungen der Flüsse sind von einer Einförmigkeit, die dem Charakter
geschlossener Bestände sehr nahekommt.
Ganz falsche Vorstellungen herrschen über die undurch-
dringliche Dichtigkeit des Urwaldes. Es liegt auf der Hand, daß
gerade der unberührte Primärwald mit seinem geschlossenen
•) Vergl. die Übersichtskarte der Reisen der Deutsehen Zentralafrika-
Expedition des Herzogs im vorjährigen „Bericht".
— 145 —
Laubdach und dem ewigen Halbdämmer darunter gar nicht die
Möglichkeit zur Bildung eines besonders dichten Unterholzes
bietet. Die Lianenwirrnis findet sich vielmehr hoch über dem
Boden in den Laubkronen oder aber dort, wo durch irgendwelche
Verhältnisse das Licht durch das Laubdach Eingang findet und
dadurch eine Möglichkeit zur Bildung dichten Unterholzes — dar-
unter ansehnliche Kräuter, meist gewaltige Ingwergewächse —
gegeben ist (Fig. 3). Solche Bildungen werden begünstigt durch
künstliche Lichtungen — etwa auf verlassenem Farmboden —
oder durch das Vorhandensein versumpfter Bachläufe (Fig. 4).
An solchen Sümpfen finden sich vor allem in riesiger Entwick-
lung die Raphiapalmen und in einer Meereshöhe von 500 Metern
ab auch üppige Baumfarne, deren Verwitterungsprodukte offen-
bar an der Braunfärbung des Wassers — wie wir sie im ganzen
Stromgebiet des Kongo vorfinden — schuld tragen (Fig. 5).
Andere falsche Vorstellungen knüpfen sich an das Vor-
kommen mancher Pflanzen, die man als charakteristisch für das
Urwaldgebiet ansieht, die aber in den unberührten Gebieten
überhaupt nicht vorkommen, wie z. B. Ölpalme und Wollbaum
(Eriodendron). Diese beiden Bäume sind geradezu bezeichnend
für sekundäre Bildungen und rechtfertigen durch die Art ihres
Vorkommens den Verdacht, daß sie in Afrika wahrscheinlich
überhaupt nicht heimisch sind.
Wenn — abgesehen von der Vernichtung des Waldes durch
den Menschen — die Hyläa das ganze besprochene Gebiet über-
zieht, so zeigen sich doch auch ganz vereinzelte Stellen von
durchweg sehr geringen Abmessungen, die sog. Grasfelder (Fig. 6),
wo entweder sumpfiger oder steiniger Boden — unverwitterter
Laterit, bzw. Urgestein — die Bildung von Baumwuchs unmög-
lich machen. Hier finden sich je nachdem ein mehr oder weniger
üppiger Krautwuchs, darunter viele Farne, oder eine kurzhalmige
Grasnarbe. Am Rande solcher Grasfelder steht dann vielfach
eine besondere Strauch- oder Baumvegetation, auf den sumpfigen
Stellen üppige Raphia- oder zierliche Phönixpalmen (Fig. 7). Auf
künstlichen oder natürlichen Lichtungen werden in der Regel auch
die wenigen blühenden Kräuter des Urwaldes sichtbar, meist Balsa-
minen, Acanthazeen oder riesige Erdorchideen (Lissochilus, Fig. 8).
So imponierend sich auch die Flora des Urwaldes zeigt, so
wenig tritt die Tierwelt — wenigstens in ihren größeren Formen —
in Erscheinung. Die Gründe sind verschiedener Art. Das Heer
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Fig. 9. Tschego.
— 155 —
der für die freien Steppen charakteristischen Wiederkäuer findet
im Walde nicht die ihm zusagenden Lebensbedingungen, vor
allem nicht genügende Äsung. Nur die Grasfelder oder die Nähe
der Kulturgebiete sind der Entwicklung einer reicheren Tierwelt
günstig (Antilopen und Büffel). Manche Tiere, so vor allem der
Elefant, sind durch die Fähigkeit, weitere Wanderungen unter-
nehmen zu können, von der Ungunst solcher Verhältnisse weniger
Fig. 10. Seidenaffen (Colobus).
abhängig. Manche Arten sind ausschließlich Urwaldbewohner,
wie das eigentümliche Moschustier (Hijaemoschus) und die mei-
sten Schopfantilopen.
Zu den interessantesten Vertretern der Fauna gehören die
großen Menschenaffen, Gorilla, Tschego (Fig. 9) und Schimpanse,
deren Lebensweise noch manche ungelösten Rätsel birgt. Sie,
wie alle anderen Säugetiere, sind durch die umgebende Vege-
tation geborgen, die besser, als alle — immer noch gänzlich
ungenügenden ! — Schutzmaßregeln vor der schamlosen Vernich-
tung der Tierwelt durch die „Bestie Mensch" schützt.
— 156 —
Der Schutz, den der Wald seinen Geschöpfen gewälirt, ist
so trefflich, daß die Fauna der Hyläa immer noch sehr ungenügend
bekannt ist; so ist, um nur ein Beispiel anzuführen, noch nichts
Näheres über die Löwenform bekannt, die zweifellos im Ur-
waldgebiet, und zwar fernab von der Steppe, vorkommt.
Fig. 11*. Goliathkäfer.
Die meist gesehenen Tiere des Urwaldes sind die beweg-
lichen Meerkatzen und Stummelaffen (Fig. 10), die Vögel mit
ihren bunten und vielfach abenteuerlichen Formen (Papageien,
Nashornvögel, Turakus), vor allem aber die Insekten in ihrer
unendlichen Formenfülle und Farbenpracht. Man übertreibt nicht,
wenn man sagt, daß sich das Tierleben des Urwaldes fast allein
in dem der Insekten präsentiert.
Fig. 12*. Papilio antimachiis Drury an der Tränke.
— 158 —
Die Insekten sind, wie in allen tropisch-feuchten Gebieten,
prachtvoll entwickelt. Die riesigen Goliathkäfer (Fig. 11) werden
von keiner anderen verwandten Form der Erde an Größe oder
an vornehmer Pracht übertroffen. Sehr reich ist die Welt der
Schmetterlinge. Während mancher Monate, hauptsächlich zu
Beginn und zu Ende der Regenzeiten, ist der Wald stellenweise
erfüllt von Wolken von Schmetterlingen, die sich zum Trinken
an Bachufern oder Wassertümpeln niederlassen (Papilio Fig. 12),
faulende Waldfrüchte aufsuchen (Euphaedra, Cymothoe und ver-
wandte), oder sich an Tierlosung setzen (Charaxes u. a., Fig. 13).
Fig. 13*. Charaxes castor Cramer.
Da diese Tierformen, die zoogeographisch so bequeme An-
haltspunkte bieten, besonders in die Augen fallen, sind sie oft
weit besser bekannt als manche Gruppen der höheren Tiere ; aber
auch viele der niederen Tiergruppen sind noch so gut wie gänz-
lich unbekannt. Es bleibt hier der Forschung ein weites Feld
offen, das dem Fachmann noch auf viele Jahre hinaus reiche
Arbeit verspricht, und was die Biologie anlangt, so gilt dies
wohl für fast alle Tiere des Urwaldes.
— 159 —
Das Eiweißmolekül als Unterlage der
Lebenserscheinung.
Von
Arthur von Weinberg.
Überall, wo wir die Erscheinung des Lebens wahrnehmen,
sei es bei einzelligen Lebewesen oder den kompliziertesten Or-
ganismen, beobachten wir zugleich die Gegenwart von Vertretern
einer Körpergruppe, die wir Eiweißkörper oder Proteine
nennen. Daneben finden sich zwar meist auch Körper anderer
Art, verhältnismäßig einfachere organische Substanzen wie Fette,
Lipoide, Saccharide, Chlorophyll oder unorganische Substanzen
wie phosphorsaurer Kalk, Kieselsäure. Aber es sind dies keine
konstanten Bestandteile; sie können ganz oder teilweise fehlen.
Leben ohne Eiweißkörper ist jedoch nie beobachtet worden, und
man darf aus dieser Tatsache schließen, daß die Eiweißmoleküle
zu den Lebensvorgängen in naher Beziehung stehen. Meist ist
man noch an die Darstellung gewöhnt, daß die aus Protoplasma
und Kern bestehende Zelle Träger der kleinsten Lebenseinheit
sei. Aber schon vor zehn Jahren hat V er worn in seinem Buche
über die Biogenhypothese wesentlich kleinere Einheiten ange-
nommen, und eine Reihe anderer Forscher hat ähnlichen Gedanken
verschiedenen Ausdruck gegeben, so z.B. Sachs und M. Hart-
mann in der Energidentheorie. Nun haben sich in letzter Zeit
durch die Arbeiten von Emil Fischer, Kossei, Abderhalden
und vielen anderen Forschern unsere Kenntnisse über den Bau
der Eiweißmoleküle ganz außerordentlich erweitert, und ich glaube,
daß wir es nicht mehr nötig haben, uns mit Ver wo rns Biogen-
molekülen, Altmanns Bioblasten und anderen Hypothesen zu
behelfen, sondern daß wir die Eiweißmoleküle selbst als
elementarste Träger der kleinsten Lebenseinheiten
— 160 —
ansprechen dürfen. Es kann dabei ganz offen bleiben, was
das Leben an sich ist, ob es als eine höchste Betätigiingsform
der mechanistischen Energie oder als ein Zweckstreben, eine
Entelechie im Sinne von D r i e s c h , zu denken ist. Es soll lediglich
damit gesagt sein, daß es aus sehr kleinen Einheiten bestellt,
und daß diesen die Eiweißmoleküle als Unterlage dienen, so wie
etwa die Eisenraoleküle die Träger des Magnetismus und hierfür
besonders befähigt sind.
Die Voraussetzung ist also, daß es außerordentlich kleine
Elementarquanten des Lebens gibt. Diese Annahme steht zu-
nächst in Einklang mit den Erscheinungen der biologischen Teil-
barkeit. Man hat einzellige Lebewesen, z. B. Infusorien, in viele
Teile geteilt, und jeder behielt, sobald nur ein winziges Stückchen
des Zellkerns darin war, die Lebensfähigkeit, blieb ein lebendes
System. Eine oft noch viel weitergehende Teilungsfähigkeit be-
obachten wir, wenn Pflanzen oder Tiere Millionen winziger Sporen
oder Keimzellen bilden. Besteht aber das Leben aus sehr kleinen
Elementarquanten, so ist jede seiner sinnfälligen Erscheinungen
eine komplizierte Summe von kleinen Einzelvorgängen, und das
Studium der Enderscheinung muß der Erkenntnis große Schwierig-
keiten bereiten, solange man die Elemente nicht kennt. Es liegt
dies — um bei dem elektromagnetischen Vergleich zu bleiben —
geradeso, wie wenn jemand das Wesen der elektrischen und
magnetischen Naturkräfte durch Experimentieren an einer großen
Dynamomaschine ermitteln wollte, statt die Gesetze der Elek-
tronen zu erforschen. Wenn ich Sie also an dieser Stelle auf
das schwierigste Gebiet chemischer Verkettungen und Schwin-
gungen führe, so mag zu meiner Entschuldigung dienen, daß dies
für die Lebenserforschung heute unerläßlich geworden ist.
Eine Körpergruppe, die den Lebensvorgängen als Unterlage
dienen soll, muß ungemein vielseitig sein, da schon sehr ver-
wickelte Anforderungen an sie gestellt werden, wenn sie auch
nur den einfachsten Erscheinungen entsprechen soll.
Betrachten wir einen einzelligen Organismus primitivster
Art, eine im Wasser lebende nackte Amöbe, so stellt dieselbe
im ganzen ein aus Eiweißsubstanzen gebildetes Klümpchen dar.
Um nun als Individuum bestehen zu können, braucht dieses
Klümpchen einen Abschluß nach außen, eine — wenn auch noch
so dünne — Grenzmembran, die verhindert, daß Teile der Ober-
flächenschicht abgelöst werden. Die Substanz muß also die
— 161 —
Fähigkeit haben, auf die Reize der Außenwelt, seien es chemische
oder physikalische, dadurch zu reagieren, daß sie sich an der
Berührungsstelle verfestigt, eine „Haut" bildet. Daraus ergibt
sich zugleich die Möglichkeit, daß das Urwesen sich teilen kann,
ohne daß Trennungswunden offen bleiben. Eine zweite Voraus-
setzung des Lebens ist die Möglichkeit der Ernährung, einerseits
um verbrauchte oder durch äußere Kräfte zerstörte Bestandteile
des Plasmas zu ergänzen, anderseits um zu wachsen und so die
Fortpflanzung vorzubereiten. Da nun aber die schützende Haut
so beschaffen sein muß, daß die eigenen Körpersubstanzen nicht
von innen nach außen hindurchtreten können, so läßt sie die
gleichen Substanzen — falls solche außerhalb vorhanden sind —
auch nicht von außen herein. Die zum Aufbau des lebenden
Plasmas dienenden Substanzen müssen infolgedessen so gebaut
sein, daß sie leicht in einzelne Bestandteile, in kleine Bausteine
zerlegt und daraus wieder aufgebaut werden können, so daß sie
in der Form von Teilstücken zu diffundieren vermögen. Wo es
zu weiteren Differenzierungen innerhalb der Zellen kommt, müssen
die diffusionsfähigen Teilstücke sich fernerhin in sehr verschieden-
artiger Weise zusammensetzen lassen oder womöglich selber ver-
schieden sein. Nehmen wir auch diese Voraussetzungen als er-
füllt an, so würde alles höchstens dazu ausreichen, um das Dasein
und die Erhaltung eines von Generation zu Generation sich
gleichbleibenden Lebewesens zu gewährleisten. Das Leben hat
aber im Lauf der Stammesgeschichte viel höhere Stufen, immer
vollkommenere Formen erreicht, und zwar, wie wir hier annehmen
dürfen, durch den Kampf ums Dasein. Die Urform dieses Kampfes
besteht darin, daß eine Zelle eine andere, schwächere, aufzehrt.
Da sie beide aus Proteinen bestehen, handelt es sich also um
die Möglichkeit eines Kampfes der Eiweißmoleküle untereinander.
Das eine Wesen muß ein Protein besitzen, das die Fähigkeit hat,
die Substanz des anderen in diffundierbare, aufsaugbare Bestand-
teile zu zerlegen. Zugleich darf aber eine solche Kampfsubstanz
sich nicht gegen die Stoffe des eigenen Körpers richten können.
Schließlich kann im Kampf ums Dasein eine Veränderung der
Arten und Höherentwicklung nur dann zustande kommen, wenn
das Substrat des Lebens selbst entwicklungsfähig ist, also eine
entsprechende Zahl von Variationen zuläßt.
Inwiefern liefert nun das Strukturbild, das uns die Chemie
von den Eiweißkörpern bis jetzt ergeben hat, Anhaltspunkte, um
11
— 162
diese grundlegenden und doch so vielseitigen Anforderungen der
Lebenserscheinung daraus abzuleiten?
Die Eiweißkörper setzen sich aus vielen, relativ einfachen
Teilen zusammen, denen allen eine Gruppe eigentümlich ist,
bestehend aus einem zentralen Kohlenstoffatom (C), das verbunden
ist erstens mit der Carboxylgruppe (COOH), die ihm den Charakter
der Säure verleiht, zweitens mit der basischen Aminogruppe (NHa),
drittens mit einem Wasserstoffatom (H) und endlich viertens mit
einer wechselnden Gruppe, die vorläufig als X bezeichnet werden
COOH
mag! X— C— H 1. Man nennt diese Körper a-Aminosäuren. Die
NH2
wichtigsten der in den Eiweißkörpern gefundenen Vertreter dieser
Klassen sind die folgenden:
HC
COOH
H— C— H
NH2 GlykokoU
COOH
I
CH3— C— H
I
NH2
Alanin
CH3
CHs
COOH
CH— C— H
^ NH2
Valin
CH3
CH3
COOH
CH— CH2-
-C— H
NH2
Leucin
CH3— CH2. COOH
CH— C— H
CH3'^ NH2 Isoleucin
H__H
'C C
,C_C^
H H
COOH
^C— CH2— C— H
NH2
Phenylalanin
OH— C
H_H
'G C'
,c_c.
H H
COOH
^C— CH2— C— H
^ I
NH2 Tyrosin
COOH
OH— CH2— CH2— C— H
NH2
Serin
COOH— CH
COOH
2— C— H
I
NH2
Asparaginsäure
COOH— CH2— CH2
COOH
i-H
NH2
Glutaminsäure
COOH
NH2— CH2— CH2— CH2— CH2— C— H
NH2 Lysin
163 —
NHjv cooh
C— NH— CH2— CH2— CH2— C— H
NH^ NH2
COOH COOH
HC— CH2— S— S— CH2— C— H
NH2 NH2
Arginin
Cystin
CH— NH. COOH
C— CH2— C—
H
COOH
CH2 — C— H
N — CH^
NH2
CH2
Histidin
CH2— NH
H
.Cs
Prolin
COOH
HC C C— CH2— C— H
All '
CH2
COOH
H
H NH2
T^Tj Tryptophan
OH— CH<
CH2— NH
Oxyprolin
Außer diesen wichtigsten bisher aufgefundenen Bausteinen
•der Eiweißkörper existieren sicher noch andere, die seltener vor-
kommen und sich daher bis jetzt der Isolierung entzogen haben.
Die vierten Gruppen (X) sind äußerst verschieden. Manche ent-
halten selbständige saure oder basische Gruppen, andere Schwefel,
mehrfach sind Benzol und andere Ringe vertreten. Die Eiweiß-
körper enthalten von diesen ihren Bausteinen eine wechselnde,
aber immer große Zahl in wechselnder Auswahl. Die Amino-
säuren sind in der Regel zu vielen Hunderten in der verschieden-
artigsten Reihenfolge aneinander gesetzt. Eine unendliche
Variations- und Permutationsmöglichkeit ist damit allein schon
gegeben. Wie groß das ganze Molekül der Proteine ist, ergibt
sich daraus, daß z. B. für Serumalbumin eine Formel gefunden
wurde, die einem Molekulargewicht von 10166 entspricht. Manche
Eiweißkörper besitzen aber noch höhere Molekulargewichte. Be-
sonders genaue Bestimmungen lassen sich mit den kristallisieren-
den, eisenhaltigen Hämoglobinen machen. Dabei wurde z. B. für
das Hämoglobin des Rindes ein Molekulargewicht von etwa 16000
ermittelt; neuere Untersuchungen aber machen es wahrscheinlich,
daß diese Zahlen noch zu niedrig sind, und daß das Molekular-
gewicht der Hämoglobuline mit mindestens 30000 anzunehmen
ist.^) Es ist danach begreiflich, daß die Chemiker noch nicht
1) Piloty. Ber. d. D. ehem. Ges. 1912. 2495.
11*
164 —
imstande waren, die Strukturformel eines bestimmten Eiweißes
vollständig zu ermitteln, und daß wir uns mit schematischen,
typischen Formeln begnügen müssen. Um letztere aufstellen zu
können, müssen wir zunächst wissen, in welcher Weise die Amino-
säuren miteinander verknüpft sind. E.Fischer hat die Synthese
von relativ einfachen Vertretern der Eiweißgruppe, der sog. Poly-
peptide, ausgeführt. Der Aufbau gelang bisher bis zu einem
Polypeptid aus 18 Aminosäuren, das die typischen Reaktionen
der Eiweißkörper zeigt. Durch diese Synthese ist mit Sicherheit
erwiesen, daß die Vereinigung derart zustande kommt, daß die
Carboxylgruppe einer Aminosäure sich mit einer Aminogruppe
einer anderen unter Abspaltung von Wasser vereinigt und so fort,
so daß lange Ketten entstehen.
COOK
X— C— H
X'— C— H
N
oL
I
X^— C— H
N
COH
X"— C— H
NH2
Labile Form
COOK
X— C— H
NH
c'o
X'— C— H
I
NH
c'o
X^— C— H
NH
CO
X"— C— H
I
NH2
Stabile Form
Ob die Gruppe — N=
gebildet wird, blieb zu-
=C- oder -N-C-
OH HO
nächst unentschieden. Diese Gruppen kommen bei organischen
Körpern häufig vor, und man weiß, daß diese sog. desmotropen
Formen ungemein leicht ineinander übergehen. Man nennt die
erste die Lactim-, die zweite die Lactamform. Aus diesen
Formelbildern erkennen wir zunächst, daß jedenfalls alle Eiweiß-
— 165 —
körper, wie lang auch immer die Kette sein mag, am einen Ende
eine saure freie Carboxylgruppe, am anderen Ende eine basische
freie Aminogruppe besitzen. Sie sind gleichzeitig Basen
und Säuren. Dies ist eine Eigenschaft von fundamentaler
Wichtigkeit. Sie befähigt die Proteine, sich sowohl mit basischen
wie mit sauren Körpern zu verbinden, Hydroxyl wie Wasser-
stoffjonen abzutrennen. Besonders können sich aber auch mehrere
Moleküle salzartig zu Molekularaggregaten aneinanderlagern, und
die Eiweißkörper sind daher leicht polymerisierbar. Wir dürfen
auf Grund umfangreicher Forschungen annehmen, daß hierauf
ihre kolloidale Natur beruht. Ihr verdanken die Proteine charak-
teristische physikalische Eigenschaften ; Viskosität, imiere Reibung
und Oberflächenspannung hängen damit zusammen und ebenso
die Eigenschaften der Quellung: alles für die Bildung von Lebe-
wesen wichtige Vorbedingungen. Es würde aber zu weit führen,
auf das wichtige Kapitel der Kolloidchemie der Proteine näher
einzugehen. Die Doppelnatur der Eiweißkörper als Basen und
Säuren ist es, die ihnen indirekt die Fähigkeit verleiht, jene
eigentümliche, halbflüssige Form anzunehmen, die wir Proto-
plasma nennen.
Was nun die beiden Bindungsformen innerhalb der Molekül-
kette, die labile (mit COH) und stabile (mit CO) betrifft, so
dürfen wir annehmen, daß im Eiweiß der lebenden Körper
die labile Hydroxylform überwiegt. Darauf führt insbe-
sondere ihre Wasserlöslichkeit, die bekanntlich bei organischen
Körpern mit der Zahl der Hydroxyle zu steigen pflegt. Durch
äußere chemische und physikalische Einflüsse tritt nun leicht
eine Umlagerung der labilen in die stabile Form ein. Dieser
Vorgang ist charakteristisch für alle Eiweißkörper. Wir nennen
ihn Denaturierung oder Koagulation. Die Umlagerung
der Kettenglieder braucht keine vollständige zu sein ; es ist sehr
wohl denkbar, daß von den zahlreichen Gruppen nur eine ge-
wisse Anzahl umgelagert ist, daher die Erscheinung der unvoll-
kommenen und vollkommenen, der allmählich fortschreitenden
Denaturierung. Lösliche Metallsalze verschiedener Art, Tempe-
raturerhöhung usw. bewirken meist Koagulation und schließlich
vollständige Denaturierung; mitunter genügen dazu schon Spuren
von Kalksalzen und von gewissen Fermenten. Eine Eiweißart,
die alle Übergänge vom Gerinnen bis zur vollständigen Dena-
turierung zeigt, ist z. B. das Fibrinogen des Blutes. Durch die
— 166 —
Koagulation bildet es einen Schutz offener Wunden und leistet
im komplizierten Tierorganismus die gleiche membranbildende
Tätigkeit, der die Urzelle ihre Isolierung, die Protisten ihre
Pelicula verdanken. Auch die sog. Globuline, die sich in allen
Lebewesen vorfinden, gehören in die Kategorie sehr leicht koa-
gulierbarer Eiweißkörper.
Ich möchte hier die Bemerkung einschalten, daß es sehr
wohl denkbar ist, daß mit der Denaturierung die merkwürdige
Erscheinung des Alterns vieler Gerüst-Eiweiße, namentlich
der Bindegewebe, zusammenhängt, die, ohne die chemische Zu-
sammensetzung zu ändern, im Lauf der Zeit immer härter werden.
Auch eine andere Beobachtung wird verständlich, die früher
Verwunderung erregte. Man hat regelmäßig gefunden, daß in
den unter 0^ abgekühlten arktischen Meeren ein erstaunlich
reiches Leben kleiner Lebewesen herrscht, deren Menge die des
Meeres in gemäßigten , und südlichen Gegenden weit übertrifft.
Dies kann man jetzt damit erklären, daß die höhere Temperatur
der Salzlösung die Denaturierung und damit das Altern der Lebe-
wesen beschleunigt. Wie außerordentlich groß hier die Wirkung
kleinster Temperaturänderungen ist, hat sich bei der Bestimmung
der Lebensdauer von Seeigeleiern in Seewasser verschiedener
Wärmegrade gezeigt. Vielleicht ist das Altern der Lebe-
wesen überhaupt nichts anderes als eine Folge der Tendenz des
labilen Zustandes, in den stabilen überzugehen, als eine lang-
same Denaturierung.
Nach ihrem chemischen Bau eignen sich mithin die Eiweiß-
körper zur Bildung von Protoplasma imd Zellhaut. Wie erklärt
sich nun die Differenzierung und Anpassung zu den
Zwecken der verschiedenen Organellen der Protozoen und der
vielartigen Zellen der Metazoen? Wie aus den Strukturformeln
S. 162 u. 163 ersichtlich, sind die Aminosäuren, aus denen sich die
Eiweißkette zusammensetzt, unter sich sehr verschieden. Die
Hauptkette selbst besteht allerdings (S. 164) aus gleichen Gliedern,
aber jedes solche Glied trägt eine vierte Gruppe eigener Art.
Wir können nun feststellen, daß je nach der Natur der in mehr
oder weniger großer Zahl vertretenen Aminosäuren auch das
Verhalten des Eiweißkörpers variiert. Es ist nicht möglich, an
dieser Stelle die Fülle dieser Variationen zu schildern, und ich
möchte nur einige Beispiele anführen. So sind die Eiweiß-
körper, die haltbare elastische Fasern bilden, durch einen hohen
167
COOK
H— C— X
COOK
H-
N
COH
-i-x
Gehalt der einfachsten Aminosäure, des GlykokoUs, ausgezeichnet.
Die Substanz der Seide, das Fibroin, enthält davon durchschnitt-
lich über 30°/o, während z. B. Kaseine überhaupt kein Glykokoll
enthalten. Man kann sich dabei der Vorstellung nicht erwehren,
daß die Kette um so fester und um so elastischer wird, je kleiner
die einzelnen Glieder sind. So fand sich denn auch im Spinn-
gewebe, z. B. dem Netz der großen Spinne Nephila madagas-
cariensis, und ebenso in der Substanz des Byssus, der Fäden,
mit denen sich manche Muscheln, z. B. Pinna nohilis, an ihre
Unterlage fixieren, ein überwiegender GlykokoUgehalt. Auch das
Elastin, aus dem unsere Sehnen bestehen, enthält 26°/o Glykokoll.
Handelt es sich aber darum, das Eiweiß zu härten, es zum schüt-
zenden Schuppenpanzer, zu Haaren
zu verwenden, dann verfährt die
Natur merkwürdigerweise genau so,
wie wenn wir den zu elastischen und
zu leicht schmelzenden reinen Kaut-
schuk fester machen wollen. Wir er-
hitzen ihn dann mit Schwefel, wobei
mehrere Moleküle durch je zwei Ato-
me Schwefel miteinander verbunden
werden. Der Kautschuk wird „vul-
kanisiert". Ganz analog bestehen alle
organischen Gebilde, von denen be-
sondere Widerstandsfähigkeit ver-
langt wird, ohne daß sie ganz starr
sein dürfen, aus Proteinen, die in
großen Mengen das schwefelhaltige
Cystin enthalten, während sich in
anderen Eiweißkörpern nur ganz
wenig davon findet. Solche vulka-
nisierten Eiweißkörper, sog. Kera-
tine, entsprechen etwa dem neben-
stehenden Typus. Meist werden noch
viel mehr solcher Schwefelbrücken
vorhanden sein.
Aber noch in anderer Weise
können die Eiweißkörper durch ge-
eignete Auswahl der Komponenten
ihre Eigenschaften ändern, nämlich
N
H-
H-
COH
-CHi
COH
C— CH2— S— S— CH2— C-
N
COH
-C— CH2
N
OH
N
-S— S— CH2— C-
NH2
COH
X— C— H
I
N
OH
H
NH2
X— C-
— 168 —
durch Benutzung der außerordentlichen Additionsfähigkeit der
vierten Gruppen. Wir sehen in vielen der Aminosäuren, z. B.
in der Asparaginsäure und der Glutaminsäure, seitliche Carb-
oxylgruppen. Durch Häufung von solchen Bausteinen gelingt
es manchen Eiweißarten, große Mengen von Calcium zu binden,
oft — wie bei Phosphorproteiden — mit einer seiner zwei
Valenzen, während die andere mit Phosphorsäure verbunden
ist. Dies ist z. B. der Fall bei einem der wichtigsten Proteine,
dem Kasein der Milch, das als phorphorsäurehaltiges Kalksalz
gelöst ist und auf diese Weise dem zu ernährenden Organismus
den erforderlichen anorganischen Körper zuführt. Auch das
Kollagen, das Eiweiß, das zum Aufbau der Knochen dient und
in ihnen enthalten ist, das wir als Leim extrahieren, enthält
große Mengen Glutaminsäure und besitzt dadurch die Fähigkeit,
phosphorsauren Kalk zu transportieren. Basische Seitengruppen
sind imstande, Kieselsäure zu binden und durch Dissoziation wieder
zu verlieren. Damit läßt sich der Aufbau von Kieselpanzern
an der Oberfläche von Diatomeen und anderen Protisten erklären.
Auch Vereinigungen mit anderen organischen Körpern spielen
eine wichtige Rolle beim Aufbau komplizierter Organbestandteile ;
so sind die Eiweiße in den Zellkernen als Nucleoproteide mit
der wichtigen Nucleinsäure, im Hämoglobin mit dem zur Sauer-
stoffaufnahme erforderlichen Hämatin, in den Mucinen, den
Schleimeiweißen, mit Glukosamin verbunden. Aber es können
sich auch verschiedene Proteinketten unter sich zu bestimmten
Zwecken mit Hilfe der vierten Gruppen vereinigen. Wenn es
im Organismus kompliziertere Funktionen zu erfüllen hat, zeigt
das Molekül stets einen verwickeiteren Aufbau, eine Verästelung.
Dies bewirken Aminosäuren, die eine weitere basische Gruppe
in der vierten Gruppe tragen. In erster Linie sind das Arginin
und Lysin zu nennen. Arginin ist bis jetzt in allen Eiweißkörpern
gefunden worden, bei den zu einfachen Zwecken bestimmten
Eiweißkörpern in geringen, bei den höheren Eiweißen in großen
Mengen, z. B. in den Histonen, den Eiweißkörpern des Zellkerns
der Blutkörperchen. Auch das Lysin findet sich fast in allen
Eiweißen. Die Art des Aufbaues solcher verästelter Moleküle
zeigt das Schema auf Seite 169.
Aus diesen schematischen Strukturbildern ist eine merk-
würdige Eigenschaft der Proteine zu erkennen, die sie von allen
anderen chemischen Verbindungen unterscheidet. Zerschneidet man
— 169 —
X— C— H
COH
COOH
I
X— C— H
N
N
I
X— C— H
COH
N COH
I I
C— NH— CH2— CHo— CH2— C— H
NH (Arffinin) N
NH2
X— C— H
COH
X— C— H
COH COH
H— C— CH2— CH2— CH2 — N
I
N (Lysin)
COH
H— C— X
I
NH2
sie in mehrere größere Teile, so bleiben die Stücke immer
selbst wieder Eiweißkörper. Wir verstehen auf diese
Weise, wie es möglich ist, daß komplizierte Eiweißkörper ver-
schiedenartige Ketten mit wechselnden Funktionen abspalten
können. Schon lange vorher, ehe man sich solche chemischen
Bilder machen konnte, hat bekanntlich Paul Ehrlich die geniale
und so ungemein fruchtbare „Seitenkettentheorie" aufge-
stellt. Nunmehr finden wir sie im Einklang mit der nachhinken-
den chemischen Erkenntnis.
Um die Spaltungsprobleme, die bei der Ernährung
in Frage kommen, zu verstehen, müssen wir uns mit einigen
— 170 —
weiteren wichtigen physikalisch-chemischen Eigenschaften der
Aminosäuren und der daraus gebildeten Ketten vertraut machen.
Wir müssen zu diesem Zweck die Ebene der Tafel verlassen
und uns der Stellung der Gruppen im Raum, der Stereochemie,
der Lehre von der Konfiguration, zuwenden. Bekanntlich ist
anzunehmen, daß die vier Valenzen des Kohlenstoffatoms gleich-
mäßig im Raum verteilt sind wie die Spitzen des regulären
Tetraeders. Sind nun die vier Valenzen mit vier verschiedenen
Gruppen verbunden, so existieren von einem solchen Körper zwei
Modifikationen, deren eine das Spiegelbild der anderen ist.
Mit Ausnahme des Glykokolls ist in allen Aminosäuren das
zentrale Kohlenstoffatom mit vier verschiedenen Gruppen verbun-
den. Sie existieren also in zwei Formen. Man hat nun gefunden,
daß derartige Kohlenstoffverbindungen die Eigenschaft besitzen,
in Lösungen die Schwingungsebene des polarisierten Lichtstrahls
zu drehen, optisch aktiv zu sein, und zwar dreht die eine Form die
Schwingungsebene nach rechts, die andere ebenso weit nach links.
Hl H
Die Betrachtung der vorstehenden Zeichnung ergibt ohne
weiteres den stereometrischen Unterschied der beiden Formen.
Nun hat die Forschung eine weitere Tatsache ergeben, die für
unsere Betrachtung von großer Bedeutung ist. Bei der Dar-
stellung solcher Verbindungen mit sog. asymmetrischen Kohlen-
stoffatomen im Laboratorium erhält man stets inaktive Verbin-
dungen, z. B. inaktives Alanin, während das aus Eiweiß darge-
stellte Alanin linksdrehend ist. Bringt man aber nun solche
künstlich hergestellten inaktiven Stoffe mit ganz anderen optisch
aktiven Stoffen zusammen, die sich damit locker, z. B. zu Salzen
verbinden, so lagern sich die linksdrehenden an die linksdrehenden,
die rechtsdrehenden an die rechtsdrehenden an, und wenn man
— 171 —
z. B. eine linksdrehende Base zum inaktiven Säuregemisch setzt,
kann man so die linksdrehende Säure daraus isolieren. Was be-
deutet nun diese Erscheinung? Wir können uns bekanntlich die
polarisierten Lichtstrahlen als in einer Ebene schwingende elek-
trische Wellen denken, deren Richtung senki'echt zur Fortpflan-
zungsrichtung steht, und die begleitet sind von magnetischen
Wellen, die in einer zu dieser Schwingungsebene senkrechten
Ebene mit gleicher Phase schwingen. Daß eine solche Wellen-
bewegung in einem Kristall, etwa im Quarz, durch die Anordnung
gleichförmig gelagerter Moleküle beeinflußt werden kann, ist zu
verstehen; aber wie ist das in einer Lösung möglich? In dieser
bewegen sich die Moleküle auch bei vollkommenstem Ausschluß
äußerer Einwirkung beständig durcheinander, und mit dem Ultra-
mikroskop können wir diese sog. „Brown sehe Bewegung" sogar
sehen. Offenbar ist die Lage des Moleküls nur dann gleichgültig,
wenn von einem oder mehreren Punkten desselben sich kugel-
förmig ausbreitende Wellen ausgehen. Daraus läßt sich weiter
die Theorie ableiten, daß die Körper mit unsymmetrischen Kohlen-
stoffatomen befähigt sind, den polarisierten Lichtstrahl bald rechts,
bald links, bald stärker, bald schwächer zu drehen, je nach der
chemischen Konstitution der vier mit Kohlenstoff verbundenen
Gruppen, weil diese Kohlenstoffatome bestimmte Schwingimgen
ausführen und aussenden. Die Gesamtwirkung wäre dann also
eine ähnliche wie die Drehung der Polarisationsebene im Magnet-
felde, dem bekannten Faraday-Effekt. Alle in den natürlichen
Proteinen vorkommenden a -Aminosäuren, mit Ausnahme, wie
gesagt, des GlykokoUs, das zwei gleiche Wasserstoff-Gruppen
besitzt, sind aktiv. Die meisten sind linksdrehend, einige aber
auch rechtsdrehend. In den Ketten kombinieren sich diese Eigen-
schwingungen der einzelnen Aminosäuren, und es resultiert eine
Gesamtschwingung, die sich in einer Polarisationsdrehung äußert,
die für jede Eiweißart verschieden ist. Aber wir wissen, daß
innerhalb des Moleküls jedes Kettenglied dabei eine ihm eigen-
tümliche Schwingung beibehält, und können mit gewissen Mitteln,
wie Natronlauge, sogar einzelne Glieder stillstellen. Man nennt
das die intraproteine Racemisierung. Diese Beobachtungen über
die optische Aktivität sind von großer Bedeutung; denn ausge-
rüstet mit der Vorstellung oszillierender und Schwingungen aus-
sendender Kettenglieder können wir dem Problem der Verdauung
und Ernährung näher treten.
— 172 —
An der Oberfläche und auch im Innern einzelliger Lebe-
wesen, wie der Protozoen, beobachten wir die Gegenwart eigen-
artiger sehr aktiver Eiweißkörper, die imstande sind, fremdes
Eiweiß zu zerlegen, während sie das des eigenen Körpers nicht
angreifen. Man hat sie Fermente oder Enzyme genannt.
Ihre spezifische Wirkung führt zu der Vorstellung, daß es Körper
sind, die nur dann auf andere reagieren, wenn diese mit ihren
eigenen Schwingungen in einem Verhältnis der Resonanz stehen.
Treffen solche Resonanzeiweiße zusammen, so addiert sich die
oszillierende Wirkung einzelner Gruppen, und es kann dann so
weit kommen, daß ein in das Wirkungsfeld eines Ferments ge-
ratenes Eiweiß an bestimmten Stellen auseinander gerissen wird.
Die Spaltungsstücke, auch wenn sie noch aus mehreren
Kettengliedern bestehen, sind dann in der Regel klein genug, um
durch die Zellhaut zu diffundieren. Das Hauptziel wird natür-
lich die Spaltung bis zu den Aminosäuren sein, da diese ja im
Organismus in ganz anderer Reihenfolge und Auswahl zu neuen
Proteinen aufgebaut werden sollen. Im Innern der Zelle sind
es dann wieder Fermente, die diesen Aufbau zum zelleignen
Eiweiß bewirken. Hiermit stimmt zunächst überein, daß der
einzige inaktive Baustein, das Glykokoll, stets dem am schwersten
spaltbaren Teil des Eiweißmoleküls angehört, daß also Körper
wie Fibroin, Elastin, Kollagen nur wenig verdaulich sind, am
leichtesten dagegen Kasein und Globin, die kein Glykokoll ent-
halten. Die Fermente zeigen also eine selektive, aus-
wählende Wirkungsweise. Um die weitgehende Bedeutung
dieser Erscheinung klar zu machen, sei z. B. an das Verhalten
eines einzelligen Lebewesens, der Vampyrella spirogyrae, er-
innert, die von bestimmten Algen, den Spirogyren, lebt. Bringt
man die Vampyrella in ein Gefäß mit verschiedenen Algenarten,
so wandert sie herum, bis sie gerade die Alge gefunden hat, auf
die ihre Fermente passen, legt sich an eine Zelle an und saugt
sie auf. E. Fischer, dem wir den Gedanken des Zusammen-
hangs von Fermentwirkung und Konfiguration verdanken, hat die
Fermente und ihre Angriffs Objekte mit Schlüssel und Schloß ver-
glichen. Er sagt (Untersuchungen über Kohlenhydrate und Fer-
mente, 1909, S. 134):
„Der Grund dieser Erscheinungen (der selektiven Wirkung
der Enzyme) liegt aller Wahrscheinlichkeit nach in dem asym-
metrischen Bau des Enzymmoleküls. Denn wenn man diese Stoffe
— 173 —
auch noch nicht in reinem Zustande kennt, so ist ihre Ähnlich-
keit mit den Proteinstoffen doch so groß und ihre Entstehung
aus den letzteren doch so wahrscheinlich, daß sie zweifellos selbst
als optisch aktive und mithin asymmetrisch molekulare Gebilde
zu betrachten sind. Das hat zu der Hypothese geführt, daß zwi-
schen den Enzymen und ihren Angriffs Objekten eine Ähnlichkeit
mit der molekularen Konfiguration bestehen muß, wenn Reaktion
erfolgen soll. Um diesen Gedanken anschaulicher zu machen,
habe ich das Bild von Schloß und Schlüssel gebraucht."
Diesen Auf- und Abbau durch abgestimmte Eiweißkörper,
deren Wirkung sich übrigens auch auf andere optisch aktive
organische Hülfsstoffe, wie Polysaccharide, erstreckt, beobachten
wir nicht nur bei den einzelligen Lebewesen, sondern überall,
wo überhaupt Leben herrscht. Im Samen der Pflanze sind sehr
haltbare Eiweißstoffe aufgespeichert. Sobald sie zu keimen be-
ginnt, treten Fermente auf, die alle diese fest gebauten Körper
in kleine Teile spalten, sie leicht löslich machen, so daß sie leicht
zu befördern sind und in den neu entstehenden Zellen dann
wieder frisch zu anderen Kombinationen aufgebaut werden. Im
Darm der höheren Tiere spielen namentlich die Fermente Pepsin,
Trypsin und Erepsin eine Rolle. Es existieren aber noch viele
andere. Jedes dieser Fermente ist auf bestimmte Gruppen ein-
gestellt; sie helfen sich gegenseitig, komplizierte Moleküle zu
zerspalten, indem das eine Ferment sich gegen diesen, das andere
gegen jenen Angriffspunkt wendet. Ihre Wirkungsweise ist sehr
eingehend studiert. Es zeigte sich dabei, wie verschieden die
Verdaulichkeit der Proteine ist. Namentlich aber ergab sich, daß
die Fermententwicklung keine stöchiometrische Wechselwirkung,
sondern eine katalytische ist, d. h. daß die Fermente selbst bei
der Reaktion nicht verbraucht und nicht verändert werden. Dies
entspricht ganz der entwickelten Resonanz-Theorie. Es genügt
daher auch eine ungemein geringe Menge Ferment, um allmäh-
lich große Mengen der Angriffsobjekte zu zersetzen. Über die
Vorgänge beim Aufbau im Tierorganismus wissen wir zwar we-
nig, aber wir sehen, daß ein solcher stattfindet. Daraus geht
hervor, daß auch die Tiere synthetisierende, aufbauende Wesen
sind und nicht nur abbauende, wie man früher annahm.
Wir sehen somit, wie unsere Anschauungen über den räum-
lichen Bau des Moleküls, seine Konfiguration, mit den tatsäch-
lichen Beobachtungen der Verdauimgs- und Ernährimgserschei-
— 174 —
nungen stimmen, und können uns nun noch den schwierigeren
Vorgängen zuwenden, die stattfinden, wenn zwei mit Fermenten
bewaffnete Organismen aufeinander stoßen, wenn also der Ele-
mentarfall des Kampfes ums Dasein eintritt. Den Sieg
wird das Lebewesen davontragen, das die meisten und aktivsten
Fermente und die unverdaulichste Haut besitzt. Die Urform des
Kampfes ums Dasein ist also ein rein chemischer Kampf,
und chemische Gründe sind es auch, die zur ersten Bildung
der Metazoen, der vielzelligen Organismen, führen. Die an der
Außenseite der Haut befindlichen Fermente können leicht schon
durch mechanische Wirkung verloren werden. Anderseits sind
zur Absonderung aus dem Innern irgendwelche Offnungen er-
forderlich, welche die Festigkeit der Hautstruktur beeinträchtigen
müssen. Setzen sich die Zellen aber zu einer Hohlkugel zu-
sammen, die eine kleine Öffnung besitzt, so sind im Innern der
Kugel die Fermente geschützt, und die Absonderung kann sich
auf diese Seite beschränken. So entsteht der Urtypus der Ga-
strula, die Urdarmhöhle mit dem Blastoporus, dem Urmund.
Noch schärfer als wie bei Protisten läßt sich dieser chemische
Kampf studieren, wenn in die Blutbahn der höheren Tiere fremde
Zellen, seien es Blutkörperchen anderer Tiere oder Bakterien,
gebracht werden. Wir verdanken in erster Linie Ehrlich die
wissenschaftlichen Vorstellungen und grundlegenden Arbeiten auf
diesem ungeheuer interessanten und schwierigen Gebiete, das ich
auch hier nur soweit berühren kann, als es zum Verständnis des
Zusammenhangs notwendig ist.
Im Blutserum und anderen Körperflüssigkeiten der Wirbel-
tiere ist eine Anzahl von Eiweißsubstanzen als Schutzstoffe
enthalten, die sog. Komplementeiweiße, die direkt aber keine
Einwirkung auf artfremde Zellen, z. B. Blutkörperchen anderer
Tiere, Choleravibrionen usw., haben, weil sie nicht darauf ein-
gestellt sind. Um sie wirksam zu machen, sondert der Organis-
mus Substanzen ab, die mit einem Teil ihres Moleküls abge-
stimmt sind auf das feindliche Fremdeiweiß, mit dem anderen
auf das eigene Komplementeiweiß. Ehrlich hat für diese Stoffe
den Namen Ambozeptoren eingeführt. Er sagt von diesen
Körpern, daß sie „gewissermaßen Zauberkugeln darstellen, welche
ausschließlich diejenigen Stoffe treffen, zu deren Vernichtung
sie der Organismus geschaffen" (Chemotherapie S. 8). Sie lagern
sich mit dem auf das Fremdeiweiß abgestimmten Teil an dieses
— 175 —
an, dann erst tritt die andere Molekülhälfte in Aktion und ver-
bindet sich mit dem dazu harmonischen Komplement. Hierdurch
scheint eine disharmonische Spannung des großen Gesamtmole-
küls zu entstehen ; denn wir sehen es sofort vollständig zerfallen,
so zu sagen explodieren. Das Fremdeiweiß, die fremden Blut-
körperchen oder Bakterien verschwinden und zugleich die zu
ihrer Bekämpfung benützten Stoffe. Dieser Vorgang ist also
verschieden von dem Kampf mit den Fermenten; denn diese
wirken katalytisch und bleiben selbst erhalten, während bei dem
geschilderten Vorgange Komplement wie Ambozeptor selbst ge-
opfert werden. Diese zweite Kampfmethode der Proteine ist
also weniger vollkommen als die Fermentwirkung. Und da mit
der letzteren die höheren Tiere im Darmkanal arbeiten, erklärt
es sich, daß wir durch die Fermentwirkung gegen Fremdeiweiße
im Darmkanal weit besser geschützt sind, als wenn sie von außen
ins Blut gelangen.
In das Kapitel des Kampfes der Eiweißkörper untereinander
gehört auch die Wirkungsweise der Präzipitine. Dies sind
Eiweißkörper, die der Organismus von Fall zu Fall erzeugt, um
in sein Inneres gelangte, besonders gefährliche, aber schwer
spaltbare Proteine, die von einem artfremden Organismus her-
rühren und für diesen charakteristisch sind, unschädlich zu machen.
Die Präzipitine lagern sich an das feindliche Eiweiß an und
machen dadurch das Molekül unlöslich und fällen es aus. Ein
Präzipitin ist immer nur auf ein Protein einer besonderen Tierart
eingestellt, seine Wirkung ist eine spezifische. Bringen wir
also z. B. Kasein der Kuh in Form von Kuhmilch in das Blut-
gefäß eines Kaninchens, so findet sich alsbald in seinem Blut-
serum ein Körper, der mit Lösungen, die Eiweiß enthalten, das
von irgendwelchen Organen der Kuh herrührt, einen Niederschlag
erzeugt. Die Beobachtung ergibt, daß das in solchen Lösungen
stets, wenn auch oft nur in relativ kleiner Menge enthaltene
spezifische Kuheiweiß ausgefällt wird. Aber man erhält nur mit
der Kaseinlösung der Kuhmilch einen Niederschlag, nicht mit
einer Kaseinlösung etwa aus Frauenmilch. Man hat daraus ge-
schlossen, daß den Kindern, die mit Kuhmilch genährt werden,
doch etwas von wertvollem Arteiweiß fehlen müsse, da sie ja
namentlich, wie Wassermann betonte, kein „homologes", sondern
„heterologes" Arteiweiß (Präzipitogen) erhalten. Aber die Tat-
sache, daß man nicht nur Kinder, sondern auch viele andere
— 176 —
junge Säugetiere mit Kuhmilch ohne erkennbaren Nachteil auf-
ziehen kann, spricht gegen diese Annahme. Man kann das damit
erklären, daß das Präzipitogen, das Arteiweiß, ungemein beständig
ist. Man kann seine Lösungen eine Viertelstunde lang kochen,
ohne daß es sich verändert, während andere Eiweiße selten höhere
Temperaturen als 60 bis 70° aushalten (z. B. auch nicht der Gegen-
stoff, das Präzipitin). Daß diese Arteiweiße sehr schwer zu
spalten sind, mag ja auch die Tatsache beweisen, daß der Or-
ganismus sie nicht wie sonst mit Fermenten oder Ambozeptoren
zu sprengen versucht, sondern durch Anlagerung unlöslich macht.
Daß ein solcher Körper auch von den Fermenten im Darm des
Kindes nicht gespalten würde, wäre verständlich, so daß das
Arteiweiß für die Ernährung ohne erhebliche Bedeutung und
also ob mit Kuhmilch, ob mit Frauenmilch genährt wird, ziem-
lich gleichgültig wäre.
Die gleichen Unterschiede derArteiweiße beobachten
wir bei den Pflanzen. Es ist das Verdienst Osbornes, ge-
zeigt zu haben, daß jede Pflanzenart ein anderes spezifisches
Eiweiß enthält. Morphologisch nahestehende Arten enthalten
chemisch ähnliches, entfernte Arten ungleiches, so daß auch hier
Chemie und Morphologie parallel gehen. Bei den höheren Tieren
läßt sich das charakteristische Arteiweiß in allen Teilen des Or-
ganismus nachweisen, mit einer merkwürdigen Ausnahme: der
Kristall-Linse des Auges. Diese ist bei allen Tieren gleich
zusammengesetzt und enthält kein Arteiweiß. Es läßt sich das
aber verstehen, wenn wir bedenken, wie ausschlaggebend die
optische Aktivität aller einzelnen Komponenten auf das optische
Verhalten des ganzen Moleküls ist. Es ist klar, daß für die Licht-
brechung bei gewissen Anordnungen im Molekül ein Optimum
erreicht wird, und daß Einlagerung von Arteiweißen andersarti-
ger optischer Aktivität zu Trübungserscheinungen führen würde.
Auch diese Ausnahme von der Regel ist also im Einklang mit
der stereochemisch-optischen Theorie.
Unseren Anschauungen über die allmähliche Änderung der
Arten aber entspräche es nicht, wenn das spezifische Eiweiß
nun von ein für allemal feststehender Konstitution wäre. Kommt
ihm wirklich die bedeutende Rolle zu, die wir ihm zuschreiben,
dann müssen auch individuelle Abweichungen möglich
sein. Tatsächlich ist es Ehrlich und Morgenroth gelungen,
die Existenz individueller Abweichungen in hohem Grade wahr-
— 177 —
scheinlich zu machen. Ehrlich injizierte Blutflüssigkeit von
Ziegen anderen Individuen der gleichen Art und fand, daß in
einzelnen Fällen keine Reaktion auftrat, in anderen Fällen aber
tatsächlich ein nicht ganz identisches Arteiweiß vorhanden war.
Es bildeten sich dagegen reguläre Ambozeptoren, sog. Is o ly-
sine. Allerdings mußten in diesen Fällen verhältnismäßig sehr
große Mengen injiziert werden, um die Reaktion zu erhalten.
Dies ist aber verständlich. Denn von dem variierten Arteiweiß
kann zunächst nur wenig vorhanden sein. Diese Untersuchungen
über Isolysine zeigen die Wandlungsfähigkeit der Eiweißmole-
küle in ihrer höchsten Form, und es ergibt sich daraus ein wich-
tiger Anhaltspunkt für die stammesgeschichtliche Entwicklung.
So sind wir denn von den einfachsten zu immer kompli-
zierteren Funktionen der Proteine gelangt. Ich hoffe, dabei gezeigt
zu haben, daß die physischen Lebensvorgänge mit der Eiweiß-
chemie gut in Einklang zu bringen sind, und ich möchte zum
Schluß noch einige allgemeinere Gesichtspunkte berühren, die
sich aus den entwickelten Vorstellungen ergeben.
Zunächst sind alle die geschilderten Erscheinungen nur mög-
lich bei Gegenwart von Wasser. Nur in Wasser bilden
sich die kolloidalen Molekül-Additionen, nur in wässerigen Lösun-
gen existieren jene intramolekularen Schwingungserregungen,
die uns der Polarisationsapparat verrät. Und tatsächlich setzen
ja die Lebensvorgänge auch der einfachsten Organismen aus,
wenn ihnen das Wasser entzogen wird. Bakteriensporen, Räder-
tierchen (Rotatoria), aber auch Moose, Flechten lassen sich
trocknen und in diesem Zustande jahrelang aufheben. Sie sind
dann scheintot, erwachen aber sofort vom latenten zum aktiven
Leben, sobald man sie in Wasser bringt. Pflanzensamen, die
man 150 bis 200 Jahre in Sammlungen aufbewahrte, sind keim-
fähig geblieben. Im trockenen Zustand fehlt dem Leben die
Unterlage, der Träger : das aktive Eiweiß ; das Leben selbst aber
ist trotzdem etwas anderes als jene Funktionen des Trägers. Ich
möchte dies an einem — wenn auch plumpen — Beispiel noch
deutlicher machen, indem ich Protein und Leben vergleiche mit
einer Lokomotive und ihrem Führer. Geht dem Kessel das
Wasser aus, so bleibt die Maschine stehen, aber der Führer exi-
stiert weiter. Erhält der Kessel wieder Wasser, so kann er die
Fahrt wieder beginnen.
Ich habe diesen Vergleich gewählt, um, wie gesagt, der
12
— 178 —
Vorstellung entgegenzutreten, als ob etwa die ge-
schilderten chemischen Vorgänge oder die Schwin-
gungen das Leben wären. Wir sahen nur, daß es höchst
wahrscheinlich außerordentlich kleine Lebenseinheiten gibt, stoßen
dabei aber sofort auf eine Schwierigkeit, wenn wir die mechani-
sche oder die Fortpflanzungs- und Wachstumsteilung sehen und
wahrnehmen, daß die Menge des Lebens trotz der Teilung nicht
weniger sondern mehr wird. Eine geistreiche Erklärung dafür hat
Jacques Lob versucht (Chem. Entwicklungserregung 1909 S.219).
Er nimmt an, daß die Nucleoproteide, die Kerneiweiße, von denen
Fortpflanzung und Vererbung ausgehen, in ihrem Molekül eine
Seitenkette enthalten, die zugleich ein Ferment für ihre eigene
Synthese ist. Er sagt wörtlich:
„Die Frage nach dem Mechanismus für die Kontinuität der
Erbstoffe ist identisch mit dem eigentlichen „Rätsel des Lebens",
denn das mystische Element in den Lebenserscheinungen ist die
Kontinuität der Organismen. Ich glaube nun, daß dieser Mechanis-
mus sich auf das Prinzip der Autokatalyse zurückführen läßt,
nämlich daß der Zellkern ein Ferment für seine eigne Synthese ist."
(S. 233) „Die künstliche Herstellung lebender aus lebloser
Substanz wird mit der künstlichen Synthese von Nucleiden be-
ginnen müssen, welche die Fähigkeit haben, als Fermente für
ihre eigene Synthese zu dienen."
Nun ist es richtig, daß in den Nucleoproteiden mehrere Ei-
weißmoleküle mit Nucleinsäure verbunden sind, auch ist es ganz
gut denkbar, daß eins dieser Moleküle oder eine Seitenkette der-
selben ein Ferment für die Synthese des Gesamtmoleküls ist. Da-
gegen spricht zwar, daß bisher nicht beobachtet ist, daß Kernsub-
stanz ohne Protoplasma, auch nicht in Nährflüssigkeiten, lebens-
fähig ist. Aber angenommen, es sei der Fall, so wäre damit
lediglich gezeigt, daß die Substanzvermehrung, der Aufbau der
Nucleoproteide in etwas anderer Weise zustande kommt wie bei
sonstigen Proteiden, da sie nicht wie diese von einem unabhängi-
gen Ferment aufgebaut werden, sondern ihr synthetisierendes
Ferment im eigenen Molekül tragen. Mit der Annahme einer sol-
chen Kombination ist aber das Rätsel des Lebens nicht gelöst.
Auch M. Hartmann (Die Konstitution der Protistenkerne
1911) verlegt die Lebenseinheit in den Zellkern, den er sich aus
einzelnen oder mehreren Energiden zusammengesetzt denkt.
Hartmann sagt (S. 49):
— 179 —
„Diese sich nun durch polare Zweiteilung vermehrenden
Energiden, die als die Hauptbildner atypischer Strukturen bei
komplizierten Zellen (Flagellaten) erkannt sind, und auf deren
Teilung und Funktion schon jetzt ein großer Teil morphogeneti-
scher und physiologischer Prozesse sich zurückführen läßt, könn-
ten eventuell geradezu als die eigentlichen elementarsten Lebens-
einheiten selbst betrachtet werden, durch deren Wirkung in einem
atypischen kolloidalen Magma die typische organische Gestaltung
hervorgebracht wird und somit das, was wir Leben nennen, zu-
stande kommt." Dieser einseitigen Betommg des Kerns werden
wir nach allem, was wir von den Funktionen der Proteine gehört
haben, nicht zustimmen können. Wir kommen vielmehr zu dem
Schlüsse:
Nicht die Zelle, auch nicht einzelne Zellteile
(wie der Kern) repräsentieren die kleinste Lebens-
einheit, sondern alle Lebenserscheinungen sind
Summen-Phänomene harmonischer, aus Elementar-
quanten des Lebens zusammengesetzter Systeme. Die
Träger dieser keinsten Lebenseinheiten aber sind
die Eiweißmoleküle.
Die Zelle, das kleinste vollständige System, läßt sich von
diesem Gesichtspunkte einem Bienenstaate vergleichen. In der
Mitte der aus arteigenen Nucleoproteiden bestehende Kern, der
einer Bienenkönigin gleich für die Vermehrung bestimmt ist;
ihm tragen die belebten Eisweißmoleküle, wie die Arbeitsbienen,
Nahrung zu, die einige von außen hereinholen, andere neu auf-
bauen, und ganz wie die Arbeitsbienen häufen sie die Substanzen,
die nicht im Kern verbraucht werden, als Vorratsstoffe in Form
von Fetten und Zuckerarten auf, die wir in den Zellen abgelagert
und dann verschwinden sehen, wenn der Kern sich vergrößert,
um sich zu teilen. Wieder andere schleppen Kalksalze oder
Kieselsäure herbei und erbauen Schutzpanzer. Kurz, vor unseren
Augen entwickelt sich ein kleiner Staat voller Leben. Unser
Ziel, auf chemischem Wege dem Problem des Lebens näher zu
kommen, ist mit dieser Erkenntnis zwar in weite Ferne gerückt;
aber wir dürfen das Vertrauen haben, daß es dem menschlichen
Scharfsinn in Zukunft gelingen wird, auch die Gesetze zu er-
mitteln, die diesen kleinsten Staat der Eiweißmoleküle regieren.
12*
180 —
Besprechungen.
I. Neue Veröffentlicliuiigen der Gesellschaft.
Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge-
sellschaft in Frankfurt a. M. 4". Frankfurt a. M. (Selbstverlag
der Gesellschaft) 1913.
Band 31, Heft 4, Seite 341-423: „Beiträge zur Kennt-
nis devonischer Trilobiten. 2. Beitrag.^) Oberdevoni-
sche Proetiden" von Dr. R. Richter. Mit 2 Tafeln. Preis
broschiert M. 9,50.
Der Verfasser lehrt uns eine merkwürdige Kleinwelt kennen, die allen
Erwartungen der Paläontologen vollständig widerspricht. Man weiß seit lan-
gem, daß die Trilobiten in der zweiten Hälfte des Paläozoikums allmählich
an Mannigfaltigkeit abnehmen, bis sie in der karbonischen und permischen
Zeit erlöschen. Und nun tauchen an der oberen Grenze der devonischen Zeit
mit einem Male in Ablagerungen des offenen Meeres ganz neue, fremdartige
Formen auf, denen noch kein Forscher genügende Beachtung geschenkt hat
und deren endgültige Klarlegung noch manches Rätsel lösen muß. Während
man bisher erwartet hat, gerade hier ein allmähliches Ausklingen des reichen
Trilobitenlebens zu finden, blüht der alte Stamm der Proetiden noch einmal
auf, um schon kurz nachher, im Karbon, auf wenige spärliche Vertreter be-
schränkt zu werden. Alle beschriebenen Formen sind winzig klein und die
meisten sind blind; dabei aber zeigen sie eine solche Fülle absonderlicher
Gestalten und eine so überraschende Artenmenge, daß die erwähnten Eigen-
schaften durchaus nicht als Degenerationserscheinungen gedeutet werden
dürfen, sondern daß sie wohl am besten durch ein Leben in lichtloser nah-
rungsarmer Meerestiefe ihre Erklärung finden. Ein ausführliches Eingehen
auf die interessante Arbeit verbietet der beschränkte Raum; es kann auch
um so eher unterbleiben, als der Verfasser selbst demnächst im „Bericht"
Näheres über die wichtigsten Fragen, deren Lösung ihn beschäftigt, mitteilen
will. Es wäre besonders erfreulich, wenn es ihm gelänge, gerade jenen letz-
ten Ausläufern des blühenden paläozoischen Lebens nachzuspüren und ihre
seltenen und wertvollen Reste für die Wissenschaft und — für das Sencken-
bergische Museum dem Gestein zu entreißen.
F. Drevermann.
^) Die Besprechung des 1. Beitrags „Die Gattung Dechenella und
einige verwandte Formen" siehe 43. Bericht 1912 S. 362.
— 181 —
Seite 425-462: „Die Gattung Merodon Me igen (Lanipetia
Me ig. olim)" von Prof. Dr. P. Sack. Mit 2 Tafeln. Gedruckt
aus den Erträgnissen der Karl und Lukas von Heyden-
Stiftung der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.
Preis broschiert M. 5,50.
Ein sehr erwünschter Erfolg der modernen Systematik, die auf die
Unterscheidung lokaler Varietäten besonderen Bedacht nimmt und zu diesem
Zweck möglichst große Serien vergleicht, besteht darin, daß sie häufig zu
einer Verringerung der Artenzahl führt: Tiere, die man für gänzlich ver-
schiedene Arten hielt, lehrt sie, indem sie alle Übergänge zwischen ihnen
nachweist, als Varietäten einer Spezies kennen. So hat auch P. Sack in
seiner gründlichen Untersuchung der Schwebfliegengattung i/ero^/o/» eine
erhebliche Zahl von Arten zum Range von Varietäten degradiert. Die Gattung
war für eine solche Behandlung durch ihre ungewöhnlich starke Veränder-
lichkeit in Farbe, Zeichnung und Größe besonders geeignet. Und Sack trifft
wohl das Richtige, wenn er diese auffallende Variabilität mit den Lebens-
verhältnissen der Gattung in Verbindung bringt. Die Merodon-hsiTven ent-
wickeln sich nämlich in Zwiebelgewächsen — Tulpen, Narzissen, Krokus
usw. — und sind mit diesen weithin verbreitet worden. Hierdurch kamen
sie vielfach in neue klimatische und sonstige Verhältnisse, die auf ihr Keim-
plasma einwirken und die Bildung neuer Variationen veranlassen konnten.
Sack hat aber auch konstante, plastische Artmerkmale aufgefunden
und mit ihrer Hilfe die Zahl der wirklich „guten" Merodon-Arten von 32 (mit
Ausnahme von 11 Exoten) auf 49 erhöht.
O.S.
II. Neue Bücher.
Schriften des Deutschen Lehrervereins für Naturkunde. 26.Band.
Die Schmetterlinge Deutschlands mit besonderer
Berücksichtigung der Biologie. I.Band. Von Prof.
Dr. Karl Eckstein. 120 S. mit 16 Farbendrucktafeln und
26 Textillustrationen. 8°. Stuttgart (K. G. Lutz' Verlag) 1913.
Wie der vorliegende erste Band der „Schmetterlinge Deutsch-
lands" zeigt, hat sich der Verfasser mit großer Liebe an die Aufgabe ge-
macht, in knapper Form ein lehrreiches Büchlein zu schaffen. Der Inhalt
zerfällt in einen allgemeinen und einen speziellen Teil. Der letztere enthält
die systematische Beschreibung der in Deutschland vorkommenden Tagfalter
(Bhopalocera) und Dickköpfe (Gnjpocera) in annähernder Vollständigkeit, je-
doch unter Weglassung der Varietäten und Aberrationen. Er ist bei aller
Kürze klar und gründlich und gibt ein anschauliches Bild von der Lebens-
weise und Entwicklung der Falter. Die beigegebenen Buntdrucktafeln sind
ganz vorzüglich; sie sind von Dr. K. G. L u t z - Stuttgart zusammengestellt und
teils nach der Natur (Schmetterlinge), teils nach Aquarellen von Prof. J.
Griebel -Neustadt a. H. (Raupen, Puppen usw.) lithographiert worden. Fast
jedem Falter sind auch die Raupe und Puppe beigefügt. Von großem Vorteil
— 182 —
ist, daß die Ableitung der lateinischen Gattungs- und Artnamen und über-
nommene Eigennamen erläutert werden.
Der sehr eingehende und von trefflichen Illustrationen begleitete all-
gemeine Teil gliedert sich in sieben Kapitel. Im ersten, das der äußeren
Erscheinung gewidmet ist, werden der Bau des Falters, der Kopf mit Mund-
teilen, die Augen, der Thorax mit Beinen und Flügeln, die Bildung der
Schuppen, Duftschuppen und Duftorgane, ferner der äußere Bau des Eies, der
Raupe und Puppe geschildert. Das zweite Kapitel behandelt kurz den inneren
Bau des Eies und die inneren Organe gleichfalls von Raupe, Puppe und Falter.
Die Illustrationen stellen Schlund, Darmkanal, Drüsen usw. und Geschlechts-
organe dar. Im dritten Abschnitt werden die Embryonalentwicklung im Ei,
die Lebensweise, das Wachstum und der Fraß der Raupen, wobei auch die
Fraßspuren einiger Schädlinge bildlich wiedergegeben sind, das Verpuppen,
ferner das Schlüpfen und Leben der Falter besprochen. Das vierte Kapitel,
„Fauna, System und Nomenclatur", handelt von der Verbreitung der Arten
und ihrer Einreihung in das System. Im fünften werden die Feinde einzelner
Schädlinge, z. B. der Nonnenraupe und des Kiefernspinners, aufgezählt, wobei
bei letzterem allein etwa 25 verschiedene Parasiten genannt sind. Auch
die Entstehung der Krankheiten, wie Flacherie, Grasserie und anderer Pilz-
krankheiten, ist hier behandelt. Der sechste Abschnitt, „Stellung der Schmet-
terlinge im Naturhaushalt und ihre wirtschaftliche Bedeutung", erläutert vor
allem, wie sich der Mensch der Schädlinge erwehrt.
Das letzte Kapitel zeigt die verschiedenen Zwecke, die eine Schmetter-
lingssammlung verfolgen kann. Es schildert das Anlegen einer entwick-
lungsgeschichtlichen Sammlung (Beobachtung der Metamorphose der
Schmetterlinge, Konservierung der Eier, Raupen und Puppen) neben der rein
systematischen, die sich auch auf kleinere Paunengebiete (geographische
Abgrenzung) oder auf bestimmte Gruppen (mit Einschluß der Aberrationen
und Varietäten) beschränken kann, das Anlegen von Schmetterlings-Bio-
logien (Futterpflanzen, Fraßspuren, Kot der Raupen, Parasiten neben den
verschiedenen Entwicklungsstadien) u. a. m. Danach wird das Präparieren
der Objekte und das Einrichten der Sammlung selbst eingehend besprochen.
Das kleine Werk ist jedem angehenden Sammler warm zu empfehlen.
Der Deutsche Lehrerverein für Naturkunde aber verdient für das, was er sei-
nen Mitgliedern für den geringen Jahresbeitrag bietet, das allerhöchste Lob.
E. Müller.
~ 183
Aus der Schausammlung.
Die Veränderlichkeit der Schale von Iberus gualterianus L.
Mit 82 Abbildungen.
In der Zeit, da man noch jede Landschnecke, die am Ende
des Wachstums ihre Schale mit einem Mundsaum abschloß, und
deren Höhe nicht größer war als ihre Breite, zur Gattung Helix
rechnete, zu einer Zeit also, in der man die Schnecken lediglich
nach Form und Aussehen ihrer Gehäuse unterschied, hielt man
zwei spanische Heliciden, die rundliche, kiellose H. alonensis Fer.
und die abgeplattete, scharf gekielte H. giialteriana L., für so
wenig miteinander verwandt, daß man sie in zwei verschiedene
Sektionen, Otala imd Iberus, der großen Sammelgattung Helix
stellte. Von jeder dieser beiden Arten kannte man Verwandte,
die sich nur durch Größen- und Höhenverhältnisse oder durch
die verschiedene Ausbildung der Unterseite von ihnen unter-
schieden ; so rechnete man H. loxana Rossm., H. carthaginiensis
Rossm., H. campesina Ezq. und H. lorcana Rossm. zu dem Formen-
kreise der H. {Otala) alonensis, H. laurentii Bourg. zu dem der H.
{Iberus) gualteriana. Noch in dem modernsten Werke über die
Landschnecken, dem Pilsbry sehen „Guide to the study of Heli-
ces", ist diese Einteilung beibehalten; denn Pilsbry hatte über-
sehen, daß A. Schmidt schon im Jahre 1853 darauf hingewiesen
hatte, daß sich H. alonensis und H. gualteriana in gewissen Zügen
ihrer inneren Anatomie, nämlich im Bau des Liebespfeiles, eng
aneinander anschließen. Übergänge in der Schalenform zwischen
den beiden äußerlich so grundverschiedenen Schnecken wurden
auch bis in die neueste Zeit nicht bekannt, und erst 1910 konnte
Kobelt in der „Iconographie der Land- und Süßwassermollusken
N. F., Vol. 15, Fig. 2271-2280", einige Schneckenschalen abbilden,
— 184 —
die, obwohl schlecht, da subfossil erhalten, als zweifellose Über-
gänge zwischen den beiden Extremen aufgefaßt werden müssen.
Seit einer Keihe von Jahren sind mir nun große Mengen
der in Frage kommenden Schnecken durch die Hände gegangen,
und so ist es mir gelungen, nachzuweisen, daß alle diese Formen
restlos durch Schalenübergänge lebend gesammelter Schnecken
verbunden sind, ferner, wie sich die einzelnen Formen zueinander
stellen. Teilweise unterstützt durch die Sam.mlungen der Sencken-
bergischen Naturforschenden Gesellschaft (darunter Coli. E. A.
Rossmässler und Coli. W. Kobelt), habe ich Verbindungs-
serien aufgestellt, die auf S. 188 bis 197 abgebildet sind imd für
sich sprechen. Die Formenreihen sind im Senckenbergischen
Museum in der Schausammlung aufgestellt.
Die anatomische Untersuchung der Weichkörper hat gelehrt,
daß die uns hier beschäftigenden Schnecken nicht zu der nur auf
die Weinbergschnecke und deren nächste Verwandte beschränkten
Gattung Helix gehören, daß sie vielmehr ein eigenes Genus bilden,
das nach den zoologischen Nomenklaturregeln den Namen Iberits
führen muß. Da ferner die früheren „Arten" alonensis und
gualterianus samt ihren Verwandten durch Übergänge verbunden,
also in Wirklichkeit gar nicht verschieden sind, so fassen wir
sie unter dem ältesten der verschiedenen Namen zusammen und
nennen sie Iherus gualterianus, dessen diverse Ausbildungsformen
durch Anhängen eines dritten Namens bezeichnet werden können :
so soll z. B. Ih. gualterianus alone?isis die Form angeben, die
der ehemaligen „Art" Helix alonensis entspricht, Ib. gualterianus
umbilicatus die, die sich vom typischen Ib. gualterianus durch
Besitz einer Öffnung, eines sog. Nabels, in der Mitte der Schalen-
unterseite unterscheidet. Anatomisch dürften diese Ausbildungs-
formen nicht voneinander abweichen, vielleicht mit Ausnahme
von carthaginiensis Rossm. und loxanus Rossm., die scheinbar
im Begriff sind, sich im Bau des Genitalapparates etwas zu
differenzieren.
Die verschiedenen Formen des Iberus gualterianus L. lassen
sich folgendermaßen gruppieren, wobei bemerkt sei, daß das Bild
nur die allgemeinen Richtlinien der Ausbildung von Formen dar-
stellen soll. Es ist selbstverständlich, daß es bei der- großen
Veränderlichkeit innerhalb der einzelnen Formen noch geringe
Abweichungen geben kann, die aber nichts Neues darstellen und
für die Systematik ohne Bedeutung sind. Als Grundform kann
— 185 —
man Ib. gualt. alonensis Fer. betrachten. Dieser bildet drei Ver-
kleinerungsformen aus, eine der Grundform in Gestalt sehr- ähn-
liche, Ih. gualt. carthaginiensis Rossm., eine höhere, Ih. gualt.
glohulosus C. Bttg., und eine flachere, Ib. gualt. loxanus Rossm.
Ferner führt eine Reihe durch Aufrollen des Gewindes, so daß
das Gehäuse genabelt wird, und durch Verbreiterung und Los-
lösen des Mundsaumes über Ib. gualt. lorcanus Rossm. zu Ib.
gualt. campesinus Ezq., bei dem das Extrem erreicht ist, und
Ib. giialterianns umbilicatus
11). giialterianns laiirentii
Ib. giialterianns pseudocampesiniis
Ib. giialterianns giialterianns
Ib. giialterianns campesinus
Ib. gnalterianns lorcanus
Ib. gnalterianns intermedins
Ib. gnalterianns loxanns
Ib. gnalterianns globnlosns
Ib. gnalterianns carthaginiensis
Schema eines im Museum aufgestellten Präparates, das alle hier genannten
Formen vor Augen führt.
der seinerseits wieder eine Zwergform, Ib. gualterianus pseudo-
campesinus Kob., ausbildet. Zuletzt setzt Ib. gualt. aloriensis F6r.
einen Kiel an, verflacht das Gewinde immer mehi' und erhält
eine rauhere Skulptur. So gelangt man über Ib. gualt. intermedius
C. Bttg. zu Ib. gualt. gualterianus L. Dieser hat wieder eine
Verkleinerungsform, Ib. gualt. laurentii Bourg., und eine, die
genabelt wird, Ib. gualt. umbilicatus Kob.
Die Formen des Iberus gualterianus L., vor allem Ib. gualt.
alonensis Fer., gehören zu den Charaktertieren des südöstlichen
— 186 —
Spaniens. Sie leben dort in den dürren Sierren oft in einer Trocken-
heit, wo man gar keine so großen Schnecken vermuten sollte,
meist unter Steinen und Geröll verborgen ; nur ein milder Regen
und der frische Tau am Morgen locken sie aus ihren Verstecken
hervor. Dies wissen die Caracoleras, die Schneckensammler, sehr
genau und erbeuten sie am Morgen vor Sonnenaufgang in großer
Menge dort, wo am Tage kaum eine einzige zu sehen ist. In
Spanien bilden nämlich die Landschnecken eine beliebte Speise,
von der kleinen Euparypha jnsana Müll, an bis zu den großen
Iberus- und 0^«/«- Arten. Von den übrigen Schnecken, den Cara-
coles, unterscheiden die Spanier sehr genau die Serranos, die
Bergschnecken, Ib. gualt. aloriensis, lorcaniis und campesinus,
die sehr geschätzt werden und auch höher im Preise stehen als
die Caracoles. Ib. gualt. gualterianus L., „Chapa" genannt, wird
dagegen nicht geschätzt.
Beschreibung der wichtigsten Formen der Reihe.
Iberns gnnUenaniis giialferianns L. (S. 189 Fig. 20; S. 190 Fig. 1; S. 191
Fig. 1). Die Schnecke stellt das Extrem in der Verflachung des Gewindes und
in der Ausbildung des Kieles dar. Die Spitze der Windungen und die Gehäuse-
kiele liegen in einer Ebene. Die Schale ist ungenabelt.
Iberus gualterianus laurentii Bourg. (S. 190 Fig. 7) ist die Verkleinerungs-
form des Ib. gualt. gualterianus L. in der Sierra Elvira bei Granada und stimmt,
mit Ausnahme der Größe, mit diesem überein.
Iberus gualterianus umbilicatus Kob. (S. 191 Fig. 8) unterscheidet sich von
Ib. gualt. gualterianus L. durch den offenen Nabel. Vorkommen : um Almeria.
Iberus gualterianus intermedius nov. subspec. (S. 188 Fig. 9) ist ein Iberus
mit bedeutend höherem Gewinde als Ib. gualt. gualterianus L. Er steht in der
Mitte zwischen diesem und Ib. gualt. alonensis Fer. Er hat ein nicht so flaches
Gewinde wie Ib. gualt. gualterianus L. und weniger rauhe Skulptur, jedoch wie
dieser einen gut ausgebildeten Kiel und ist ungenabelt. Ich habe diese Über-
gangsform hauptsächlich deshalb benannt, weil sie häufiger in den Verkehr
kommt. Sie steht zwischen Ib. gualt. gualterianus L. und Ib. gualt. alonensis Fer.,
so wie Ib. gualt. lorcanus Rossm. zwischen Ib. gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt.
campesinus Ezq. Vorkommen: Prov. Almeria.
Iberus gualterianus alonensis Fer. (S. 188 Fig. 1 ; S. 192 Fig. 1). Dieser in
Siidostspanien am weitesten verbreitete Iberus ist ungekielt, ungenabelt, nie-
dergedrückt-kugelig.
Iberus gualterianus carthaginiensis Rossm. (S. 197 Fig. 12) ist eine Ver-
kleinerungsform des Ib. gualt. alonensis F6r. in der Sierra de Cartagena bis
unweit der Stadt Cartagena (Prov. Murcia). In seinen kleinsten Formen sieht
er der Pseudotachea splendida Drap, sehr ähnlich, unterscheidet sich in der Schale
jedoch von ihr sofort durch die ausgeprägten Spirallinien der Gehäuse-
oberfläche.
— 187 —
Ibenis gualterianns globulosus nov. subspec. (S. 196 Fig. 8) stellt ebenfalls
eine Verkleinerungsform des Ib. gualt. alonerisis F^r. dar, bildet jedoch nicht
derart kleine Formen aus wie die vorhergehende Subspezies. Sie ist bedeutend
höher und kugeliger als Ib. gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt. earth aginiensis
Rossm. Vorkommen: um Almeria.
Ibenis gualterianns lo.xanns Rossm. (S. 195 Fig. 8). In der Sierra de Loja
(Prov. Granada) bildet Ib. gualt. alonensis Fer. auch eine Verkleinerungsform
aus, Sie ist bedeutend flacher als Ib. gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt. carthagi-
niensis Rossm. Letztere steht unter den Verkleinerungsformen des Ib. gualt.
alonensis Fer., was die Höhe des Gehäuses anbelangt, in der Mitte zwischen
dem hohen Ib. gualt. globulosus C. Bttg. und dem flachen Ib. gualt. lo.xanus Rossm.
Iberus gualterianus lorcanus Rossm. (S. 193 Fig. 8.) steht zwischen Ib.
gualt. alonensis Fer. und Ib. gualt. campesinus Ezq. Der Mundsaum ist verbrei-
tert, aber nicht ringsum losgelöst wie bei Ib. gualt. campesinus Ezq. Die Sub-
spezies findet sich in der Umgebung von Lorca in der Provinz Murcia.
Iberus gualterianus campesinus^) Ezq. (S. 193 Fig. 12) ist von Ib. gualt.
lorcanus Rossm. nur verschieden durch die Ausbildung eines verbreiterten,
ringsum losgelösten, zusammenhängenden Mundsaumes. Das Gehäuse ist offen
genabelt. Vorkommen : weitere Umgebung von Lorca (Provinz Murcia) bis in
die Provinz Almeria hinein. Die Form millarensis Kob. '^) ist meines Erachtens
nichts anderes wie ein gut ausgebildeter Ib. gualt. campesinus Ezq. Das Original-
exemplar liegt im Senckenbergischen Museum und wurde von mir geprüft.
Iberus gualterianus pseudocampesinus Kob. (S. 194 Fig. 7) stellt die Ver-
kleinerungsform des Ib. gualt. campesinus Ezq. vor. Vorkommen: Los Miliares
(Prov. Almeria).
Sämtliche Abbildungen sind nach photographischen Aufnahmen in
natürlicher Größe reproduziert.
Caesar R. Boettger.
^) Diese Schnecke wurde von Ezquerra del Bajo als Helix camp esin a
bezeichnet. Das Wort campesina ist aber spanisch, und die maskuline Form
dazu heißt campesino. Ich glaube aber, das Wort in dem lateinischen Namen
als ein lateinisches behandeln zu müssen. Auch ist der Name schlecht gewählt,
denn Ib. gualt. campesinus Ezq. ist eine Bergschnecke, während campesino, a
dem lateinischen campestris gleichzusetzen ist.
^) Iconographie d. Land- u. Süßwasser-Mollusken. N. F., Vol. 15. Wies-
baden 1910. No. 2284 S. 12.
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Übergang'sformen von Ibenis giialt. alouensis Fer. (1) über
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Übergangsformen von Iberus gnalt. alonensis Fer. (1) über
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Ib. giialt. lorcanns Rossm. (8) zu Ib. giialt. campesiniis Ezq. (12).
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— 199 —
Sinopa rapax Leidy.
Mit 4 Abbildungen.
Die Raubtiere der Gegenwart bilden, wenn man von den
Omnivoren Bären absieht, trotz aller Mannigfaltigkeit eine ein-
heitliche Gruppe, deren Zusammengehörigkeit besonders im Gebiß
und im Bau der Extremitäten hervortritt. Die mittleren Back-
zähne dienen nämlich bei allen Räubern zum Zerschneiden des
Fleisches — man braucht nur einmal einer Katze beim Fressen
zuzusehen, wie sie stets mit seitlich gestelltem Kopf ihre Nahrung
zerkleinert — ; daher sind der vierte obere Prämolar, sowie der
ihm entgegenarbeitende erste untere Molar als „Reißzähne" mit
scharfen Längskanten entwickelt und zeichnen sich durch besondere
Größe aus. Die Endglieder der Füße sind als schmale und spitze
Krallen ausgebildet, und in der Handwurzel verwachsen stets
Radiale und Intermedium zu einem einheitlichen Knochen. Die
gleichen Merkmale finden sich nicht nur bei allen Raubtieren
der Gegenwart, sondern ganz allgemein auch bei ihren fossilen
Vorläufern, und man kann wohl sagen, daß bis zum Oligozän
hinab alle fossilen Räuber sich ohne Schwierigkeit in das zoolo-
gische System einreihen lassen. Im Eozän dagegen finden sich
keine echten Raubtiere mehr; hier werden sie durch eine ebenso
geschlossene Gruppe von Tieren vertreten, durch die Creodontia,
die sich in charakteristischer Weise unterscheiden. Bei ihnen
tritt weder im Unter- noch im Oberkiefer ein Reißzahn hervor,
sondern alle Backzähne haben im wesentlichen gleich starke
Kronen. In der Handwurzel sind noch keine Verwachsungen vor-
handen; vielmehr bleiben Radiale und Intermedium getrennt, ja
es ist sogar oft noch ein Centrale vorhanden, das, wie bei einer
Reihe anderer primitiver Säugetiere und bei den Reptilien, sich
zwischen die beiden Reihen der Handwurzelknochen einschaltet.
Als weiteres Merkmal verdienen die Kleinheit und die schwache
Furchung des Gehirns genannt zu werden (man hat bei mehreren
Creodontiern die Hirnhöhle durch Ausgießen abgeformt und so
die äußere Form des Gehirns feststellen können) ; bei den echten
Raubtieren ist es sehr gut ausgebildet und zeichnet sich besonders
durch starke Furchung des Großhirns aus.
Die Creodontier lebten während der Eozänzeit, und ihre
letzten Ausläufer erloschen im Oligozän. Ihre Gestalt war bei
aller Einheitlichkeit in den genannten Merkmalen (nur eine Gruppe
nähert sich durch die Ausbildung eines Reißzahns den echten
Schädel von Sinopa grangeri Matthew aus dem Mitteleozän von Wyoming
(Seitenansicht). 4 : 5 nat. Gr.
Nach W. D. M a 1 1 h e w. Reißzähne sind nicht ausgebildet.
Schädel von Palhgaena hipparionum (Gervais) aus dem Unterpliozän von Samos
(Seitenansicht). 2 : 3 nat. Gr.
Geschenk von Sir William Lindley.
Nach E. Schwarz. p4, ml Reißzähne.
— 201 —
Raubtieren) sehr mannigfaltig; von kleinen, kaum wieselgroßen
Tierchen an sind alle möglichen Gestalten vertreten bis zu mäch-
tigen, den Löwen an Stärke erreichenden Räubern. Sie waren
in ihrer Blütezeit über die ganze Erde verbreitet; aber von der
Mehrzahl der vielen beschriebenen Gattungen und Arten sind
nur dürftige Kieferbruchstücke oder Knochenreste bekannt ge-
worden. Vollständigere Funde — Schädel oder gar größere, noch
Wolf
Handskelette, r Radiale, i Intermedium, c Centrale (Creodontier);
ric Radiale, Intermedium und Centrale verwachsen (Raubtiere).
Nach W. D.Matthew.
zusammenhängende Teile des Skeletts — gehören zu den größten
Seltenheiten, so daß bisher noch kein Museum in Europa ein
Creodontier-Skelett aufstellen konnte. Das hier abgebildete zier-
liche Skelett von Sinopa rapax ist daher von großer Wichtig-
keit für die Schausammlung wie für den Unterricht. Sämtliche
echten Teile — mit Ausnahme des Schädels — gehören einem
Individuum an, das im Jahre 1903 von einer Expedition des
Neuyorker Museums im Mitteleozän am Cottonwood Creek in
— 202 —
Wyoming ausgegraben wurde. Die Ergänzungen sind nach einem
zweiten Skelett modelliert worden, das in Neuyork steht (das
dritte und beste bis jetzt bekannte wird in Washington aufbe-
wahrt). Der Schädel war bei dem Funde nicht erhalten; jedoch
konnte der zerdrückte Schädel eines gleich großen Individuums
miterworben werden, der inzwischen von Präparator Strunz
vorzüglich herausgearbeitet worden ist und das Skelett jetzt
wesentlich ergänzt.
Ein auffälliger Charakter des Tieres, der im Bilde deutlich
hervortritt, ist der starke und lange, wenig biegsame Schwanz,
der im Leben wahrscheinlich ziemlich steif getragen wurde und
daher dem Äußeren der Sinopa wohl eine gewisse Ähnlichkeit
mit dem tasmanischen Beutelwolf Thijlacinus verlieh. Die eigen-
artige starke Knickung der Wirbelsäule ist ein Merkmal, das sich
auch bei dem Raubbeutler Sarcojjhiliis findet. Die Vergleichung
der beiden abgebildeten, im Aussehen so ähnlichen Schädel von
Sinopa und Palhyaena (der prächtige, von E. Schwarz^) be-
schriebene Schädel ist ein Geschenk von Sir William Lindley
und stammt aus dem Pliozän von Samos), sowie der Handskelette
eines anderen Creodontiers (Hijaenodon) und eines Wolfes er-
möglicht ohne weiteres die Erkennung der wichtigsten Merkmale
der rezenten Raubtiere und der Creodontier.
Unser *S'?'/?o/jrt-Skelett ist, wie der im letzten Heft S. 105
abgebildete Phenacodus, ein kostbares Geschenk von Prof. Otto
Blumenthal in Aachen zur Erinnerung an seinen am 9. Dezem-
ber 1911 verstorbenen Vater Sanitätsrat Dr. Ernst Blumenthal.
F. Drevermann.
*) E. Schwarz ,Über einen Schädel von Palinjaena hwpanoniim (Gervais),
nebst Bemerkungen über die systematische Stelhing von Icfithcrinm und Pal-
hijaena". Archiv f. Naturgeschichte, 78. Jahrg. 1912, Abt. A. 11. Heft S. 69—75.
— 203
Lionardo da Vinci als Naturforscher.
Mit 10 Abbildungen
von
G. Böttcher (Wiesbaden).
Als vor etwa zwei Jahren die ungeheuerliche Kunde von
dem spurlosen Verschwinden der Mona Lisa die Welt durchflog,
da mag von denen, die mit den Schicksalen des Lebenswerkes
Lionardos vertraut sind, manch einer sich resigniert gefragt
haben: War es im Grunde nicht das größere Wunder, daß wir
in jenem unvergleichlichen Porträt der schönen Gioconda einen
zweifellosen „Lionardo" so lange besessen haben? Wo sind alle
jene Schöpfungen, durch die der Florentiner Meister ganzen Ge-
nerationen von Künstlern das vergötterte Vorbild wurde, in dessen
Nachahmung sie sich nicht genugtun konnten? Verschollen das
eine, verdorben das andere, manches vielleicht noch heute ver-
kannt, dem Ruhme eines anderen Namens dienend. Was uns
geblieben, reicht eben noch hin, um zu begreifen, warum der
scheinbar unproduktivste Maler in Wahrheit der größte war
seiner Zeit und einer der größten aller Zeiten.
Sind wir so in bezug auf die künstlerische Hinterlassenschaft
Lionardos im Vergleich zu früheren Generationen an unserem
Erbteil arg verkürzt, eine andere Seite im Wesen dieses rätsel-
vollen Mannes kennen wir heute wohl sicher besser als seine
eigene Zeit — den Forscher, den Gelehrten, den Schrift-
steller. Wenn des Künstlers Linke, die vielleicht soeben erst
dem Gesicht eines Apostels in S. Maria delle Grazie mit einigen
Pinselstrichen eine sorgfältig durchdachte Ausdrucksnuance ver-
liehen, nunmehr in der Abgeschlossenheit des engen, mit Rädern,
Schrauben, Retorten und allen möglichen Naturalien vollgestopf-
ten Studierzimmers Blatt auf Blatt bedeckte mit kleinen, ver-
— 204 —
schnörkelten, in Spiegelschrift^) von rechts nach links geschrie-
benen Schriftzeichen, dann ahnten wohl kaum die nächsten Ver-
trauten, welche Schätze an wissenschaftlicher Erkenntnis diese
Hieroglyphen bargen. Was L'ionardo einst zu geben hoffte,
das zeigen uns die klaren Dispositionen, mit denen er den Inhalt
seiner Bücher skizziert. Fertig wurde keines. Was er hinterließ,
war nichts anderes als eine ungeheure Menge von kaum not-
dürftig geordneten Materialien und Fragmenten. Als verstüm-
melte Bruchstücke wiederum jener Fragmente müssen wir leider
die auf uns überkommene Erbschaft bezeichnen. Noch ist die
Entzifferung nicht völlig beendet. Was heute bekannt ist, hat
trotzdem vollauf genügt, um der staunenden Nachwelt zu be-
weisen, daß in dem Schöpfer des Abendmahls, der Mona Lisa
und der heiligen Anna Selbdritt ein ganz eminenter Natur-
forscher gesteckt hat. So überragend an Kenntnissen, so klar,
fast modern in der Methodik, so selbständig in bezug auf den
allgemeinen Standpunkt tritt er uns entgegen, daß wir uns sagen
müssen: Dies Universalgenie wäre berufen gewesen, ein gewal-
tiger Bahnbrecher auch auf dem Felde der Naturwissenschaften
zu werden, — hätte er seine literarischen Werke vollendet und
hinausgeschickt, und hätte man hoffen dürfen, daß die Zunft-
gelehrten weitblickend genug gewesen wären, mit dem Outsider
einen Riesenschritt hinaus zu wagen aus der altgewohnten Bahn.
Werfen wir einen flüchtigen Blick auf den Lebensweg des
großen |Florentiners, so sehen wir den Hang zur Naturbetrach-
tung schon frühzeitig hervortreten. Das Schicksal hat Lionardo,
dessen phänomenal allseitige Begabung es ihm freigestellt hätte,
jede beliebige Karriere mit fast gleicher Aussicht auf Erfolg
einzuschlagen, in die Künstlerlaufbahn geworfen. So werden denn
diejenigen Betätigungen, die seiner stärksten und innersten Nei-
gung entsprechen, zunächst in den Dienst der Kunst gestellt.
Der Maler muß Bescheid wissen mit Optik und Perspektive, er
muß Kenntnis haben vom Bau des Menschen, der Tiere und der
Pflanzen. So vertieft sich Lionardo in physikalische Probleme,
in anatomische, zoologische, botanische Studien. Er experimen-
tiert, er seziert, er liest die Werke der Gelehrten. Überall stößt
er, der sich mit keiner Phrase begnügt, der sich auf seine kla-
*) Die bekannte Linkshändigkeit Lionardos erklärt seine Vorliebe für
die Spiegelschrift so ungezwungen, daß man nicht recht versteht, warum
man so viel nach sonstigen Motiven hierfür gesucht hat.
— 205 —
ren fünf Sinne mehr verläßt als auf die Behauptungen von zehn
Autoritäten, auf klaffende Lücken. Von unzähligen Dingen der
Natur, die ihm im allerhöchsten Maße der Erforschung wert
scheinen, weiß die Wissenschaft seiner Zeit ihm nichts zu sagen.
So beginnt er denn auf eigene Hand zu forschen und die Re-
sultate seiner Beobachtungen zu sammeln. Immer noch sucht er
sich selber einzureden, daß dies alles keinem anderen Ende diene,
als ihm den Weg zu ebenen zur Erlangung der höchsten Meister-
schaft in der Malerei. In Walirheit ist ihm die Betrachtung des
Lebens in der Natur und die Ergründung der Gesetze, nach denen
es sich vollzieht, längst reiner Selbstzweck geworden. Als der
Ruf Lionardos im Zenit steht, als ihn die besten Maler seiner
an Talenten so überreichen Epoche rückhaltlos als ihren unüber-
trefflichen Lehrmeister anerkennen, da gönnt er seiner Kunst in
seinem innersten Herzen nur noch einen bescheidenen Winkel.
Unaufhaltsam ist er in aller Stille hinübergeglitten auf das Ge-
biet der Wissenschaft. Ihr gehört er an mit Leib und Seele.
Versuchen wir nun, diesen merkwürdigen Entwicklungsgang
mehr im einzelnen zu verfolgen, so erscheint schon der Umstand
nicht ohne Bedeutung, daß Lionardo auf dem Lande heran-
wuchs. Vinci bei Empoli, ein florentinisches Bergörtchen, ist der
Tummelplatz seiner ersten Kinderjahre. Hier fand sich Gelegen-
heit genug zum Streifen durch Wald und Flur, und was es an
lebloser Natur wie an Pflanzen und Getier nur irgend zu beob-
achten gab, hat der schöne, blonde Knabe sicherlich mit seinen
neugierigen, hellen, blauen Augen betrachtet und untersucht, sehr
bald auch, wie wir wissen, so gut er konnte, gezeichnet. Den
ersten systematischen Unterricht läßt ihm der Vater, der junge
Notar Ser Piero, der den illegitimen Sproß bald nach der Ge-
burt ganz in seine Familie aufgenommen hat, in der hochange-
sehenen „Scuola d'Abbaco" in Florenz erteilen. Die Republik
war damals an Gelehrten von Ruf nicht minder reich wie an
Künstlern. Lionardos Geburt (1452) und Kindheit fällt ja gerade
in die Mitte des Quattrocento, in eine Epoche also, in der sich
in Florenz jede Art schöngeistiger Kultur unter dem Mäzenaten-
tum des Cosimo De Medici zu vollster Blüte entfaltet hatte.
Neben dem durch die Humanisten neubelebten Studium der
alten Sprachen hatten sich damals Mathematik und Physik
besonderer Pflege zu erfreuen. Diesen Fächern, die er in seinen
Schriften immer wieder als die unentbehrliche Grundlage aller
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1. Lionardo da Vinci, Selbstbildnis (verkleinert). Kg). Bibliothek zu Turin.
— 207 —
Naturerkenntnis bezeichnet, widmet sich denn auch Lionardo
von Anbeginn mit voller Hingabe. Unter seinen Lehrern nennt
man den berühmten Benedetto dell'Abbaco. Sicher von
Einfluß, wenn auch wohl erst etwas später, waren außerdem der
große Physiker Paolo dal Pozzo Toscanelli, dessen Theo-
rien, wie man sagt, Columbus den Anstoß gaben für seine er-
sten Reisen zur Entdeckung des direkten Seeweges nach Ost-
indien, desgleichen der bedeutende Mathematiker, Physiker und
Architekt Leon Battista Alberti.
Das frühzeitig hervortretende ausgesprochene Zeichentalent
wird für die Berufswahl bestimmend. Ser Piero bringt den
vierzehnjährigen Sohn in die Werkstatt des Verrocchio.^) Der
Schüler findet bei diesem Lehrer, dessen Herz er durch die nicht
alltägliche Vereinigung von außerordentlicher Begabung und per-
sönlicher Liebenswürdigkeit sehr bald gewinnt, für seine spezi-
ellen Neigungen volles Verständnis. Meister Andrea ist als
Praktiker in allen Sätteln gerecht, er leistet Treffliches, nicht
nur als Bildhauer und Maler, sondern auch als Holzschnitzer und
Goldschmied. Er hat aber auch eine wahre Leidenschaft für die
Theorie und liebt das Studium der Optik und Perspektive über
alles. Lehrling und Meister scheinen demnach wie füreinander
geschaffen. Auch Lionardo warnt ja stets vor Einseitigkeit,
auch er strebt unermüdlich nach theoretischer Erkenntnis. Zu-
nächst halten Theorie und Praxis einander die Wage. Die Natur-
wissenschaft gilt ihm noch als Dienerin seiner hohen Kunst, der
Malerei, die er aber gerade darum — und das ist sehr charak-
teristisch — so hoch über alle anderen stellt, weil es ihre Auf-
gabe sei, Nachahmerin zu sein der gesamten Natur. ^) Sein gründ-
liches Wissen auf dem Gebiete der Optik gestattet ihm eine
Beherrschung der Perspektive auf seinen Bildern, wie man sie
vordem kaum gesehen. Der Hang aber zur Betrachtung der
^) Man kennt den Schöpfer des weltberühmten Colleoni-Standbildes vor
allem unter diesem Beinamen. Er führte denselben nach seinem Lehrer in
der Goldschmiedekunst. Er selbst hieß Andrea di Michele di Francesco
Cioni. Die Künstler jener Epoche, die meist aus dem Volke stammten und
in ihrer sozialen Stellung als Handwerksmeister galten, wurden in der Regel
mit ihrem Taufnamen genannt, dem man zur näheren Bezeichnung gern einen
Beinamen, oft eine Art Spitznamen hinzufügte. In der Kunstgeschichte hat
sich dann bald die eine, bald die andere der beiden Benennungen als Haupt-
name für die berühmtesten Meister eingebürgert.
■^) Man vergleiche die einleitenden Kapitel im „Buche über die Malerei".
— 208 —
belebten Natur spricht sich aus in der liebevollen Behandlung
des landschaftlichen Hintergrundes. In einer prächtigen, eine
Gegend im lucchesischen Apennin darstellenden Zeichnung^) tritt
uns Lionardo sogar als reiner Landschafter entgegen — etwas
Unerhörtes in jener Epoche. Einen noch schärferen Hinweis aber
auf den wissenschaftlichen Beobachter der Flora und Fauna gibt
uns die Ausführung der einzelnen Pflanzen, Bäume und Tiere.
Wenn wir die entzückende Veilchengruppe auf einem der Pariser
Blätter^') oder die Sumpfdotterblume und die Anemone auf einer
Handzeichnung von Windsor betrachten, so sagen wir uns un-
willkürlich: Auf diesem Pflänzlein hat der Blick eines Malers
geruht, der zugleich ein Botaniker war. Für die Freude an dem
Leben der Tierwelt zeugt die Vorliebe, mit der Lionardo nicht
nur Pferde, Katzen und Hunde, sondern auch Löwen, Leoparden,
Kamele und andere fremdländische Tiere in den verschiedensten
Körperstellungen gezeichnet, gelegentlich auch gemalt hat.
Schon in jenen Lehr- und jüngeren Meisterjahren widmet
sich das heranreifende Genie nicht nur den sämtlichen bildenden
Künsten und der Architektur ; er nutzt seine umfassenden Kennt-
nisse in der Physik, vor allem in der Mechanik, auch dazu aus,
um sich zu einem überaus vielseitigen Ingenieur und techni-
schen Erfinder auszubilden. Aus Nützlichkeitsgründen bevor-
zugt er dabei Pestungsbau und Geschützwesen, sowie alle Zweige
der Wasserbautechnik. So kann er sich ohne Übertreibung, als
es ihm trotz aller rasch wachsenden Berühmtheit in Florenz nicht
gelingt, auf den grünen Zweig zu kommen, dem Ludovico
Sforza jil Moro, der ihn nach Mailand zu rufen geneigt ist,
in einem oft zitierten Schreiben'^) als einen wahren Tausend-
künstler empfehlen.
Als der Moro ihn dann wirklich in seinen Dienst übernimmt,
nähert Lionardo sich den Dreißig. Mailand wird so der Boden,
auf dem sein in voller Entfaltmig begriffenes Ingenium ein schon
sehr beträchtliches Wissen und Können zu unerhört allseitiger
Meisterschaft steigert. Fast noch bewundernswerter muß es uns
dünken, wie er gleichzeitig seine Persönlichkeit in jenem von
wilden Leidenschaften durchtobten, unbändigen Zeitalter zu einem
') Handzeichnung mit der Aufschrift „Di di Sta Maria della neve addj
5 dagosto 1473." Florenz, Uffizien.
^) Manuscr. B. de l'Institut.
^) Codex Atlanticus, Pol. 382. Ambrosiana zu Mailand.
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— 210 —
so wahrhaft vornehmen, so sicher m sich ruhenden Charakter ent-
wickelt, daß er wie ein antiker Philosoph erscheint und niemand
ihm anders als mit Achtung zu begegnen wagt.
Als Maler schafft Lionardo in Mailand in dieser seiner
Blütezeit das weltberühmte Abendmahl in Santa Maria delle
Grazie. Der Bildhauer konstruiert in jahrelangem Ringen das
Riesenmodell zu einem Reiterstandbild für Ludovicos Vater,
den einstigen Condottiere, dann Herzog Francesco Sforza.
Was kann für diesen Ausbund an Gründlichkeit charakteristischer
sein, als daß er eine Anatomie des Pferdes schreibt, ehe er mit
seinen Entwürfen beginnt ! Hier geht wohl neben dem vermeint-
lichen bloßen Streben nach völliger Beherrschung des Problemes
auch schon der Zoologe mit dem Künstler durch. Auf einen sehr
modernen Zweig der Naturwissenschaften führt den Meister seine
rege Betätigung im Tiefbau. Beim Graben der Kanäle gewinnt
er einen Einblick in die Schichtungen der Erdrinde. Zahlreiche
Versteinerungen werden zutage gefördert. So sammelt er sich
das Beobachtungsmaterial, auf Grund dessen er jene kühnen
Theorien über die Geschichte unseres Planeten und seiner Be-
wohner aufzustellen wagt, mit denen er seiner Zeit um Jahr-
hunderte vorauseilte.
Die Mitwelt bewundert und begreift in Lionardo da Vinci
den Maler und Bildhauer, den Architekten, der im Rate der den
Dombau zu Mailand leitenden Baumeister eine gewichtige Stimme
hat, den Festungsingenieur, Artillerie-Inspekteur und Kanalbauer,
desgleichen den geschätzten Festarrangeur, Musiker, Fabel- und
Schwankdichter und D a n t e - Interpreten. Was der fast unheim-
liche Alleskönner aber treibt, wenn er sich in seinen vier Wän-
den wie ein Faust hinter Folianten und sonderbaren Instrumenten
vergräbt, das ahnt die Menge so wenig, daß sie ihn mehr und
mehr für eine Art Zauberer und Schwarzkünstler hält — ihn,
der jeden Mystizismus mit den schneidigen Waffen der Logik
bekämpft, Nekromantie und Astrologie stets als Humbug und
Torheit bezeichnet und bedauert, daß die Alchymisten, denen
die ernste Wissenschaft so manche wichtige Entdeckung ver-
danke, kein vernünftigeres Ziel verfolgten als die gänzlich aus-
sichtslose Goldmacherei. Sucht aber ein berühmter Physiker,
Mathematiker, Geograph oder Astronom die Bekanntschaft des
großen florentiner Malers, so merkt er sehr bald mit wachsen-
dem Staunen: der Mann, mit dem er disputiert, das ist kein in
— 211 —
den Wissenschaften dilettierender Künstler, das ist ein echter
schwerer Gelehrter, nur längst hinausgewachsen durch eigenes
Forschen an der Quelle über die engen Grenzen der traditionel-
len Zunftgelelirsamkeit.
An Ludovico il Moro, der von dem brutalen Condottiere,
seinem Vater, wohl eine gute Portion Schlauheit und die skrupel-
lose Moral, doch ohne dessen großzügiges Draufgängertum, er-
erbt hat, hat Lionardo nicht gerade einen kongenialen Patron.
Immerhin hat Mailand dem tatendurstigen Geiste fast zwei De-
zennien hindurch ein breites Wirkungsfeld geboten. Als Moros
Macht zusammenbricht, da schwankt auch unter den Füßen des
herzoglichen „Kammerherren" Lionardo der Boden. Es hebt
ein ruheloses Pilgern an von Ort zu Ort. Erst finden wir un-
seren Meister in Venedig, wo er Ebbe und Flut studiert. Dann
begegnet er uns als oberster Inspekteur des gesamten Festungs-
wesens im Gefolge der glänzenden Bestie Cesare Borgia —
dem Reinen ist alles rein. Wiederholt weilt er in Florenz, der
alten Vaterstadt, wiederholt in Rom. Doch hier herrscht der
Buonarotti, und Michelangelo ist nicht der Mann, um mit
dem älteren, ihm unter allen als Künstler allein ebenbürtigen, als
Mensch recht weit überlegenen Rivalen eine Goethe-Schiller-
Freundschaft zu schließen. Endlich treffen wir Lionardo noch-
mals in Mailand, jetzt im Dienste des allerchristlichsten Königs,
Ludwigs XII. von Frankreich. Überall hat er experimentiert,
Leichen seziert, Himmel und Erde, Wind und Wetter beobachtet,
gelehrte Werke gelesen und unzählige Blätter mit Figuren be-
deckt und mit seiner Spiegelschrift bekritzelt. Auch die Mona
Lisa ist noch entstanden und hie und da ein anderes Bild. Doch
immer schwerer wird es jetzt, wo sein Ruf als Maler im Zenit
steht, ein Werk von seiner Hand zu erhalten. Immer wieder
läßt seine treue Gönnerin, die Markgräfin Isabella Gonzaga
von Mantua, durch den Generalvikar Pietro di Nuvolaria
bei Lionardo, der eben in Florenz weilt, schüchtern anklopfen,
ob er wohl eine kleine Tafel für sie zu malen bereit sei. Stets
gibt es Ausflüchte, und Nuvolaria schreibt an Isabella: „Im
ganzen haben seine mathematischen Experimente
ihn so sehr vom Malen abgezogen, daß er den Pinsel
nicht mehr leiden kann." Der Wandlungsprozeß vom Künst-
ler zum Forscher, dem nachzugehen wir hier bemüht sind, wird
also schon damals von intelligenten Beobachtern klar erkannt.
14*
— 212 —
Wie sehr hätte man Lionardo für seinen Lebensabend
einen Nobelpreis wünschen mögen, der ihn ökonomischer Sor-
gen überhob. Verdient hätte er sie alle miteinander, sogar den
Friedenspreis; er, der für eine Schlacht keinen treffenderen
Ausdruck fand als „höchst bestialische Raserei", der in seiner
Anatomie darauf hinweist, welches Verbrechen es sei, einen so
wunderbar feinen Mechanismus wie den menschlichen Körper
roh zu zerstören^), dessen Leben hingeht im Kampf für Auf-
klärung und wahre ethische Kultur. So gut ward es ihm nicht.
Teils an der immer bitterer werdenden Sorge um eine gesicherte
Existenz, teils an der fast übermenschlichen Höhe der Ziele, die
seine Prometheusnatur sich gesteckt, zerrieb sich die ursprüng-
lich eiserne Konstitution des alternden Mannes. Wohl hat seine
Philosophie ihn ausgerüstet mit der edlen Waffe der Geduld:
„Die Geduld macht es mit den Kränkungen nicht anders, als es
die Gewänder mit der Kälte machen," — so lesen wir auf einem
seiner Blätter — „indem, wenn du dir die Gewänder vermehrst,
je nach Vermehrung der Kälte, selbige Kälte dir nicht wird
schaden können ; gleicherweise, gegenüber den großen Kränkun-
gen erhöhe die Geduld, und selbige Kränkungen werden deinen
Geist nicht verletzen können." Doch der Prüfungen werden es
gar zu viele. Endlich winkt fern von der Heimat die so lange
ersehnte Ruhe. Franz I. von Frankreich zieht den von ihm
hochverehrten Meister an seinen Hof. Das Schlößchen Cloux bei
Amboise wird sein Alterssitz. Zu spät! Die besten Kräfte sind
verbraucht, nur noch zwei kurze Jahre sind dem müden Greise
beschieden. Im Jahre 1519 ist auch für ihn jenes Ziel erreicht,
dem, wie er sagt, alles Lebendige unbewußt zustrebt: „Und der
Mensch, der mit unaufhörlichem Verlangen immer voll Festlich-
keit den neuen Frühling erwartet und immer den neuen Sommer
und immer die neuen Monde und neuen Jahre, wobei es ihm
scheint, als ob die ersehnten Dinge im Kommen viel zu lang-
sam seien — und merkt nicht, daß er seine eigene Auflösung
wünscht."
Alles, was an Manuskripten und Handzeichnungen Lionar-
>) „E tu, omo, che consider! in questa mia fatica Fopere mirabili della
natura, se giudicherai esser cosa nefanda il distruggerla, or pensa esser cosa
nefandissima il torre la vita deH'omo, del quale, se questa sua composizione
ti pare di maraviglioso artifizio, pensa questa essere nulla rispetto all'anima
che in tale architettura abita."
^11 mil iiiBii II - n — nTmnmnTitr^Tr"*"
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3. Igelkolben (wenig verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.
— 214 —
dos zur Zeit seines Todes in Frankreich vorhanden ist, erbt sein
Schüler und vertrauter Freund Francesco Melzi. Solange er
lebt, wird der Schatz getreulich beschützt. Kaum aber hat er,
hochbetagt, (1570) die Augen geschlossen, da beginnt schon das
Schicksal an dem literarischen Werke des großen Florentiners
das gleiche tückische Spiel zu üben wie an den Erzeugnissen
seiner Kunst. Den Erben Melzis fehlt jedes Verständnis für den
Wert des Schatzes, den ein Zufall ihnen in die Hände gespielt
hat. Für die Mehrzahl jener Blätter voller Weisheit, in denen
es von neuen, wichtigen Entdeckungen wimmelt, beginnt eine
Reihe förmlicher Odysseusirrfahrten, ehe sie endlich in den Hafen
öffentlicher und privater Bibliotheken landen, oft nach schwerer
Havarie. Hier verträumen sie dann wieder Jahrhunderte in tiefem
Dornröschenschlafe. Unserer Zeit erst war es vorbehalten, sie
zu neuem Leben zu erwecken.
Liefern uns nun die endlich entzifferten Manuskriptfragmente
wirklich den Beweis, daß Lionardo da Vinci ein großer Na-
turforscher war? — und, falls dem so ist, worin überragt er als
solcher seine Zeitgenossen?
Wir wollen zunächst einmal ein beliebiges Beispiel heraus-
greifen. Man weiß, daß die Wissenschaften der Geologie und
Paläontologie erst auf eine verhältnismäßig recht junge Ge-
schichte zurückblicken. Im fünfzehnten Jahrhundert gar, da
kannte man für die Entstehung von Petrefakten nur zwei Mög-
lichkeiten der Erklärung. Entweder war dieses muschel-, krebs-
oder fischähnliche Steingebilde ein durch besondere „Konstella-
tionen" hervorgerufenes „Spiel der Natur", oder es handelte
sich um eine Verschleppung durch die Sintflut. Hören wir nun
Lionardo! Er hat von der unaufhaltsam fortschreitenden Auf-
füllung der Meere durch die Geröll- und Schlammassen der Flüsse
gesprochen und die Vermutung geäußert, daß das Mittelländische
Meer einst zu einem bloßen Nilbette einschrumpfen könnte. Dann
fährt er fort:') „Der Mittelländische Busen, als Binnensee, emp-
*) Für die Zitate benutze ich in der Regel, soweit mir nicht der Urtext
bzw, dessen Übertragung ins moderne Italienisch zur Verfügung stand, die
Übersetzung von Marie Herzfeld. Das vortreffliche Buch der Verfasserin
„Lionardo da Vinci, der Denker, Forscher und Poet'', 2. Aufl. Jena 1906,
kann jedem, der sich für Lionardo als Mann der Wissenschaft interessiert,
aufs wärmste empfohlen werden.
— 215 —
fängt die Hauptgewässer von Afrika, Asien und Europa, die ihm
zugewendet sind ; seine Wasser erreichten (einst) den Fuß der
Berge, die ihn umgaben und ihm ein Gestade bildeten, und die
Gipfel des Apennin standen in selbigem Meer in
Form von Inseln, umgeben von salzigem Wasser,
und auch Afrika drinnen bei seinem Atlasgebirge zeigte nicht
dem Himmel entblößt den Boden seiner großen Ebenen von etwa
3000 Meilen Länge, und Memphis lag an der Küste solchen Mee-
res, und auf den Ebenen Italiens, wo heute die Vögel
in Scharen fliegen, pflegten die Fische in großen
Rudeln zu wandern." Zwar gäbe es, da die Dinge älter seien
als die Wissenschaft, keine Urkunden, die fih' Obiges zeugten.
„Aber uns genügen die Zeugnisse der Dinge, die in
salzigem Wasser geboren, sich auf den hohen Ber-
gen finden, weit von den Meeren von damals ent-
fernt." Von Veränderungen der Erdoberfläche durch katastro-
phale Vorgänge hören wir nichts, dagegen entwickelt er die
Entstehung der Sedimentgesteine mit großer Schärfe. Die Fal-
tungen der Lagen, die ihm nicht entgangen sind, erklärt er sich
durch Schwerpunktsverschiebungen in Folge der Wechselwirkung
von Auflagerung und Abtragung durch die Flüsse, die „Verzehrer
der Seiten selbiger Berge." Mit Entschiedenheit bekämpft er die
beiden landläufigen Erklärungen für die Bildung von Versteine-
rungen: „Und wenn du sagen wolltest, daß die Muscheln in dem
Gebirge von der Natur durch die Konstellationen der Sterne her-
vorgebracht seien, auf welchem Weg würdest du zeigen, bringt
solche Konstellation die Muscheln von verschiedenem Alter und
verschiedener Gattung in der gleichen Gegend hervor? — Und
wie würdest du mir den Kies erklären, der in verschiedener
Höhe der hohen Berge in Stufen zusammengebacken ist, warum
hier, und aus verschiedenen Regionen, Kies, vom Lauf der Flüsse
aus verschiedenen Ländern in diese Gegend gebracht? Und dieser
Kies ist nichts anderes als allerlei Stücke aus Stein, welche durch
das ewige Um- und Umdrehen und durch verschiedene Stöße und
Stürze, die sie durch den Lauf der Gewässer erlitten, welche sie
an solchen Ort brachten, die Ecken verloren haben. — Wie kannst
du die große Anzahl Gattungen von Blättern klarlegen, die in
den hohen Felsen solcher Berge eingebettet sind, und die Alge,
eine Meerespflanze, die mit Muscheln und Sand vermischt lie-
gend vorhanden ist? Und so wirst du allerlei Versteinerung zu-
'<».Ä*"*f"'j'*^''**^ "*^1 '^"
4. Tierstudien (verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor. Nach einem Kohledruck
von Braun & Co., Dornach i. E.
— 217 —
sammen mit Seekrebsen sehen, die in Stücke zerbrochen, getrennt
und mit jenen Muscheln vermischt sind."
An anderen Stellen wendet sich Lionardo ebenso bestimmt
gegen die Sintfluttheorie : „Wenn du sagtest, daß die Muscheln,
die man in unseren Tagen innerhalb der Grenzen Italiens weit
von den Meeren in solcher Höhe findet, von der Sintflut, die sie
dort ließ, zurückgeblieben seien, antworte ich dir, nachdem du
glaubst, die Sintflut habe den höchsten Berg um 7 Ellen über-
troffen, wie er schrieb, der sie gemessen hat: Dergleichen Mu-
scheln, die stets in der Nachbarschaft der Seeküste leben, sie
mußten ganz droben auf den Bergen bleiben und nicht bloß so
wenig über der Wurzel der Berge überall, Schicht auf Schicht,
in der gleichen Höhe. Und wenn du sagtest, dergleichen Mu-
scheln seien begierig, den Meeresküsten nahe zu bleiben, und
daß, als es in solche Höhen wuchs, die Muscheln ihren ersten
Sitz verließen und dem Anwachsen des Wassers bis zu dessen
letzter Höhe folgten: hierauf ist zu erwidern, daß die Muscheln
Tiere von nicht hurtigerer Bewegung sind, als es die Schnecke
ist außerhalb des Wassers, und noch etwas langsamer als diese,
weil sie nicht schwimmen, sondern im Gegenteil eine Furche im
Sande machen und durch die Seiten dieser Furche, auf die sie
sich lehnen, in einem Tage 3-4 Ellen wandern; also diese wer-
den mit der gleichen Schnelligkeit nicht vom Adriatischen Meer
bis nach Monferrato in der Lombardei, das 250 Meilen entfernt
ist, in 40 Tagen gegangen sein, wie jener schreibt, der selbige
Zeit gezählt hat^); und wenn du sagst, daß die Wellen sie hin-
trugen, — wegen ihrer Dicke konnten sie sich nicht erhalten,
außer auf dem Boden; . Und wenn du sagst, daß die Mu-
scheln von den Wellen getragen wurden, als sie leer und tot
waren, so sage ich, daß, wo die Toten gingen, sie sich wenig
von den Lebenden trennten, und daß in diesen Bergen alle die
Lebendigen gefunden werden, die man leicht erkennt, weil sie
mit gepaarten Mänteln versehen sind, und sind in einer Reihe,
wo es keine Toten gibt, und ein wenig höher werden deren ge-
funden, wo von den Wogen alle Toten hingeschleudert wurden,
die mit getrennten Schalen nämlich, Und wären die Mu-
scheln von der trüben Sintflut hergetragen worden, so hätten
sie sich, getrennt voneinander, im Schlamm doch gemischt, und
*) In diesem Hinweis auf den, der alles gemessen und gezählt hat, klingt
die feine Ironie des Freidenkers durch.
— 218 —
nicht in geordneten Graden zu Schichten, wie man sie in un-
seren Tagen sieht." Schon diese kurzen Exzerpte aus langen
Reihen von Blättern ähnlichen Inhaltes zeigen mit voller Deut-
lichkeit die Art von Lionardos Argumentation. Aus scharf
beobachteten Erfahrungstatsachen zieht er logische Schluß-
folgerungen.
Wie stellt sich Lionardo nun die Entstehung der Ver-
steinerungen vor? Zunächst behauptet er mit aller Bestimmt-
heit, daß diese versteinerten Wesen einst gelebt haben müssen,
und zwar dort, wo man sie, zu Schichten abgelagert, heute fin-
det: „Wie andere Rotten Unwissender behaupten, die Natur oder
die Himmel hätten sie durch himmlische Einflüsse an solchen
Orten geschaffen, als ob sich an solchen nicht das Skelett von
Fischen fände, die in der Länge der Zeit gewachsen waren, als
ob man an den Schalen der Muscheln und Schnecken nicht die
Jahre oder die Monate ihres Lebens abzählen könnte, wie an den
Hörnern der Ochsen und Hammel ." Den Versteinerungs-
vorgang denkt sich Lionardo für die Mollusken, „wie Muscheln,
Schnecken, Austern, Jakobsmuscheln und ähnliche, die von zahl-
losen Arten sind," etwa folgendermaßen : Angeschwollene Flüsse
überschütten die in der Nähe der Meeresküsten lebenden Mu-
scheln mit ihrem Schlamm ; die Tiere gehen aus Nahrungsmangel
zu Grunde. „Als das Meer mit der Zeit sank und das Salzwasser
abgeflossen war, begann jener Schlamm sich in Stein zu ver-
wandeln und die Schalen selbiger Muscheln, deren Tiere schon
hinweggeschwunden, wurden anstatt von diesen nun von Schlamm
neu angefüllt; und so, bei der Umschaffung all des Schlammes
ringsum in Stein, begann auch jener Schlamm, der innerhalb
der etwas geöffneten Schalen der Muscheln geblieben und durch
diese Öffnung mit dem übrigen Schlamm verbunden war, sich
in Stein zu verwandeln, und so blieben alle Rinden solcher Mu-
scheln zwischen zwei Steinen, d. h. zwischen dem, der sie um-
schloß, und dem, welchen sie einschlössen : wie man sie noch in
vielen Orten auffindet — — ."
In Sachen der Sintflut wagt Lionardo noch einen weiteren
kühnen Schritt. Er wirft die Frage auf: Kann die Sintflut,
die zu Noahs Zeiten kam, überhaupt eine allgemeine
gewesen sein? — und er muß diese Frage verneinen. „Wir
haben in der Bibel, daß vorbesagte Flut sich aus vierzig Tagen
und vierzig Nächten fortgesetzten und allgemeinen Regens zu-
— 219 —
sammengesetzt habe, und daß solcher Regen um sechs Ellen sich
über den höchsten Berg des Weltalls erhob; und wenn dem so
war, daß der Regen allgemein gewesen sein würde, so beklei-
dete er dmxh seine Wasser unsere Erde mit sphärischer Gestalt,
und die sphärische Oberfläche hat jeden seiner Teile gleich weit
entfernt vom Zentrum seiner Sphäre; daher, befand sich die
Sphäre des Wassers in der Art des genannten Umstandes, so
ist es unmöglich, daß das Wasser auf ihr sich bewegte, weil
das Wasser in sich selber sich nicht bewegt, außer es steigt
herab; also, das Wasser einer solchen Flut, wie ging es weg,
wenn hier bewiesen ist, daß es keine Bewegung hatte? Und
wenn es wegging, wie bewegte es sich, wenn es nicht abwärts
ging? Und hier fehlen die natürlichen Ursachen, daher
ist es notwendig zum Sukkurs solchen Zweifels das Wunder zu
Hilfe zu rufen oder zu sagen, daß solches Wasser von der Hitze
der Sonne weggedampft wurde." Als er das Wort „Wunder"
niederschrieb, da mag jenes feine, kluge, leicht ironische Lächeln
seine Lippen umspielt haben, das uns im Gesichtsausdruck der
Mona Lisa so merkwürdig fesselt, wohl darum zumeist, weil
wir einen Abglanz darin zu erkennen wähnen vom Geiste ihres
Schöpfers. — Er hat ja die gestellte Frage verneint, er braucht
es also nicht noch zu sagen, daß er das Wunder nicht zu ak-
zeptieren geneigt ist.
Welche Fülle sorgfältiger Beobachtung, welche tiefe Ge-
dankenarbeit, welches Vertrauen zu der eigenen Intelligenz spricht
sich allein in jenen wenigen Blättern aus, herausgegriffen aus
den Tausenden und Abertausenden, die er hinterließ! Hat man
nicht, während man Obiges liest, nach wenigen Sätzen den
Maler Lionardo völlig vergessen? Muß nicht den Paläon-
tologen von heute die Empfindung überkommen, als reiche ihm
ein Fachgenosse über vier Jahrhunderte hinweg die Hand!
Ähnliches haben die Anatomen William Hunter und
Blumenbach gefühlt, die so glücklich waren, als die ersten
mit dem Auge des Fachmannes alle die Hunderte von wunder-
vollen anatomischen Zeichnungen Lionardos betrachten zu dür-
fen, die man in Windsor aufbewahrt. Etwas Maleranatomie hatten
sie erwartet. Was sie fanden, das waren die weit in der Be-
arbeitung vorgeschrittenen Materialien zu einem monumentalen
Werke über wissenschaftliche Anatomie und Physio-
logie, vollkommen genügend, um den Verfasser zu einem der
— 220 —
größten Anatomen seines Jahrhunderts zu stempeln. Für Hunter
und Blumenbach war der Text noch ein Buch mit sieben Sie-
geln. Trotzdem war es ihnen, als sie den prachtvollen Darstel-
lungen des Knochen- und Muskelsystems die kompliziertesten
Nerven- und Gefäßpräparate und Abbildungen der verborgensten
Eingeweide folgen sahen, ohne weiteres klar, daß hier der reine
Forschertrieb den Künstler längst über seine ursprünglichen
Zwecke hinausgedrängt hatte. Diese Nervenplexus gingen den
Maler und Bildhauer genau so wenig etwas an wie die ver-
steinerten Muscheln und Krebse den Wasserbauingenieur. Man
durchblättere den „Mondino", der noch lange nach Lionardo
da Vinci als anatomisches Lehrbuch im Gebrauch gewesen ist,
ein kleines Büchlein, in dem auf etwa vierzig Seiten ohne Illu-
strationen im wesentlichen die drei Körperhöhlen abgehandelt
werden, und nun schaue man hinein in die beiden Folianten mit
den Faksimilereproduktionen der Blätter Lionardos. Selbst
spätere, bereits illustrierte Nachfolger jenes Lehrbuchs und diese
erst halbfertigen Materialien verhalten sich etwa zueinander wie
die Federzeichnungen des „kleinen Moritz" zu dem Porträt der
Gioconda. In dem Texte, der uns jetzt in der Urform wie in mo-
dernem Italienisch und in Französisch vorliegt, hört man gewiß
hie und da den Künstler heraus; meist aber glaubt man, einen
Anatomieprofessor sprechen zu hören, der an der Hand von raf-
finierten Demonstrationsmethoden, wie man sie vielfach heute
wieder benutzt, dem Schüler den Bau des menschlichen Körpers
erläutert. Stets stellt sich dabei der Physiologe neben den Ana-
tomen. Man weiß zuweilen nicht, was man mehr bewundern soll:
die unglaubliche Menge positiven Wissens oder den Scharfsinn,
der für jede Eigentümlichkeit im Bau eines Organs die Bedeu-
tung für die Funktion zu ergründen sucht und oft genug schon
richtig erkennt.
Wir haben gerade in dieser seiner Anatomie vielleicht den
besten Gradmesser für den gewaltigen Wissensdrang, der diesen
Mann beseelte. Das Sammeln von Pflanzen, Tieren und Petre-
fakten, das mochte man wohl als eine Schrulle belächeln, aber
man hatte keinen Grund, es zu hindern. Lebende Menschen
räderte und vierteilte man in der guten alten Zeit lebendig auf
offenem Markte; Tote aber aus bloßer Neugier zu zergliedern,
das war damals selbst für einen Lionardo da Vinci, den
Hofarchitekten und Kriegsingenieur des Herzogs, ein nicht un-
^
5. Blutkreislauf (verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.
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6. Situs viscerum (stark verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.
— 223 —
gefährliches Beginnen. Aber selbst, wenn der erste schwierige
Schritt gelungen, die Leiche beschafft war und Gefahr nicht
gerade drohte, so war doch die Arbeit an sich eine ganz anders
ungemütliche Sache wie heute ein Sektionskurs auf dem Prä-
parierboden einer Universität. Inonardo weiß denn auch ganz
genau, daß kein anderer sobald wieder imstande sein wird, ana-
tomische Kenntnisse so wie er an der Urquelle eigener Beob-
achtung zu erwerben. Gerade darum will er seinen Traktat so
überreich illustrieren, jeden Teil von drei bis vier verschiedenen
Seiten gesehen darstellen, die Knochen zudem noch durchsägt.
Man betrachte seine Serie von Schädelpräparaten. Wie schön
werden da u. a. die durch zweckmäßige, in ilii'er Führung an
einem Ganzbilde vorher angedeutete Schnitte eröffneten Neben-
höhlen der Nase demonstriert, Dinge, die man wie hundert an-
dere, die ihm ganz geläufig waren, erst nach vielen Generationen
wieder in annähernd gleicher Korrektheit behandelt finden sollte.
„Und hättest du auch Lust zu dergleichen Dingen", — so
äußert sich Lionardo über die Vornahme von Sektionen —
„so könntest du durch Ekel daran gehindert werden. Auch Furcht
könnte dich zurückhalten, in den Stunden der Nacht zu hausen
mit diesen toten Menschenleibern, aufgeschnitten und schrecklich
anzuschauen. Überwändest du auch diese Furcht, so möchte dir
vielleicht die Kunst des Zeichnens mangeln und die Wissenschaft
der Perspektive. Könntest du aber selbst zeichnen, so verstehst
du vielleicht nicht die Methode, wie man berechnet der Muskeln
Kraft und Stärke. Auch könnte Ausdauer dir fehlen und Geduld.
Ob alle diese Dinge in mir waren oder nicht, darauf werden die
120 von mir geschriebenen Bücher (Kapitel) ja oder nein ant-
worten. Und wenn ich hierin nicht so weit vorwärtskomme, wie
man verlangen könnte, so ist nicht Gewinnsucht daran schuld,
auch nicht Nachlässigkeit, sondern Mangel an Zeit."
Wer war es nun, der da immer noch mehr von ihm ver-
langte? Kein anderer als er selbst. Immer höher schraubt er
seine Ziele hinauf. Man lese die Disposition, die er für sein
Anatomiewerk entwirft: „Dies Werk muß beginnen mit der
Empfängnis des Menschen, und du mußt die Art des Uterus be-
schreiben und wie das Kind ihn bewohnt,^) und in welcher Stufe
es sich in jenem aufhält und die Art, lebendig zu werden und
^) Wir besitzen von Lionardo vortreffliche Zeichnungen von Föten in
der Gebärmutter, und zwar in ihrer richtigen Stellung.
— 224 —
sich zu nähren. Und sein Wachstum und welches Intervall sei
zwischen einem Grad des Wachstums bis zum anderen, und
was es hinausstößt aus dem Leibe der Mutter, und aus welchem
Grunde es manches Mal aus dem Leibe seiner Mutter vor der
gehörigen Zeit herauskommt. — Dann wirst du beschreiben, wel-
ches die Glieder seien, so nachher, wenn das Kind geboren ist,
schneller wachsen als die anderen, und das Maß eines Kindes
von einem Jahr. Dann beschreibe den erwachsenen Mann und
die Frau und deren Maß und verschiedene Natur der Beschaffen-
heit, Farbe und Physiognomie. — Nachher beschreibe, wie er
zusammengesetzt ist aus Adern, Nerven, Muskeln und Knochen.
Dies wirst du im letzten des Buches tun." Seiner Anatomie
wollte er also eine Entwicklungsgeschichte vorausschicken,
sowie eine Physiologie der Geburt.
Doch Lionardo interessiert sich nicht nur für den gesun-
den Organismus und den normalen Ablauf seiner Funktionen, er
ist auch Patholog und pathologischer Anatom. Außer
Gehenkten seziert er ja vor allem Leute, die in Spitälern ver-
storben sind. Dabei stößt er auf krankhafte Veränderungen, die
er sorgfältig notiert. Bewundernswert sind u. a. seine ausführ-
lichen Erörterungen über Arteriosklerose. Er ist geneigt, hierin
die Hauptursache des einfachen Alterstodes zu sehen. Die ver-
dickten Gefäßrohre, meint er, erschwerten den Zustrom des er-
nährenden Blutsaftes, und dadurch litte dann mehr und mehr die
Lebenskraft aller Organe.
Immer weiter führt den Meister sein Forschertrieb. Schon
ihm gilt der Mensch — als Objekt naturwissenschaftlicher Be-
trachtung — nur als ein Glied in der Tierreihe, So stellt er
sich denn die Aufgabe, jeden Körperteil des Menschen mit dem
entsprechenden der verschiedensten Tiere zu vergleichen, um
festzustellen, worin sie übereinstimmen, worin sie sich vonein-
ander unterscheiden. Er plant mit anderen Worten eine ver-
gleichende Anatomie. Da stößt er aber auf eine neue Lücke,
die er womöglich wieder selber füllen möchte. Er vermißt ge-
nügende Beschreibungen der vielen Tierarten, die ihn interes-
sieren. Eine Übersicht über die wichtigsten Säugetiere will er
daher bringen, als deren Inhalt er aufführt: „1. Mensch. Die
Beschreibung des Menschen, in der auch jene enthalten sind, die
ungefähr von gleicher Gattung sind, wie Pavian, Affe
und ähnliche, deren es viele gibt. 2. Löwe und sein Gefolge,
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7. Studien am Armskelett (verkleinert). Kgl. Schloß zu Windsor.
— 226 —
wie Panther, Unze, Tiger, Leoparden, Wölfe, Luchse, Wildkatzen,
Genetten und gewöhnliche Katzen und andere mehr. 3. Pferd
und sein Gefolge, wie Maultiere, Esel und ähnliche, die oben
und unten Zähne haben. 4. Rind und sein Gefolge, gehörnt und
ohne Oberzähne, wie Büffel, Hirsch, Damhirsch, Rehbock, Schaf,
Ziege, Steinbock, Moschustier, Gemse, Giraffe."
So gleitet Lionardo von der Anatomie auf das Gebiet der
eigentlichen Zoologie hinüber. Auch bei seinen physiologischen
Auseinandersetzungen zieht er gern das Tier zum Vergleich
heran. Wie er im Anschluß an Zeichnungen des Kehlkopfes, der
Zunge und der Mundmuskulatur die Theorie der Stimme und
Sprache erörtert, fällt es ihm ein, der Entstehimg von allerlei
tierischen Stimmlauten nachzugehen. „Die Fliegen haben ihre
Stimme in den Flügeln. Das wirst du sehen, wenn du sie ihnen
ein wenig beschneidest oder sie ihnen mit etwas Honig be-
streichst, so daß es sie nicht gänzlich am Fliegen hindert. Der
durch die Bewegung der Flügel hervorgebrachte Ton wird dann
rauh geworden sein und die Stimme wird sich nach der Höhe
oder Tiefe hin verändern je nach dem Grade der Behinderung."
Da hat man den ganzen Lionardo! Beobachtung und Experi-
ment, — nichts anderes läßt er gelten in dem, was er Wissen-
schaft nennt. Auch das ist recht charakteristisch, wie er von der
Zunge auf die Sprache und von der Sprache auf die Sprachen
der verschiedenen Völker kommt. „Kein Muskel hat eine so große
Anzahl von Muskeln notwendig wie die Zunge, von welchen 24
bekannt sind außer jenen anderen, die ich gefunden habe, und
von allen Gliedern, die sich willkürlich bewegen, übertrifft dieses
alle anderen an Zahl der Bewegungen. — — Nimm gut in Be-
tracht, wie durch die Bewegung der Zunge, mit Hilfe der Lippen
und der Zähne, die Aussprache aller Namen der Dinge uns be-
kannt geworden ist, und die einfachen Wörter einer Sprache und
die zusammengesetzten an unser Ohr nur vermittelst dieses In-
strumentes gelangen : welche, wenn alle Effekte der Natur einen
Namen hätten, sich bis zur Unendlichkeit erstreckten ; und
dies würde die Zunge nicht bloß in einer einzigen Sprache aus-
drücken, sondern in außerordentlich vielen, welche, auch sie, sich
ins Unendliche erstrecken, weil sie beständig von Jahrhundert
zu Jahrhundert und von Land zu Land sich verändern, wegen
der Vermischung der Völker, so durch Kriege und andere Zu-
fälle unaufhörlich sich mengen, und wenn wir unsere Welt
— 227 —
als ewig zugäben, müßten wir sagen, daß solche Sprachen
von unendlicher Mannigfaltigkeit gewesen sind und
noch sein müssen, wegen der Unendlichkeit der Jahrhunderte,
die in der Unendlichkeit der Zeit enthalten sind ." Diese
Begriffe entfernen sich wieder recht weit von der Bibel und ihrer
„babylonischen Sprachenverwirrung". Lionardo hat übrigens
recht umfassende und eingehende Sprachstudien getrieben.
Wir finden in den verschiedensten Manuskriptsammlungen, vor
allem aber im Codice Trivulzio, ganze Seiten mit Vokabeln be-
schrieben, lateinischen wie italienischen. Den letzteren sind oft
Ausdrücke aus der Volkssprache gegenübergestellt.
Nicht minder wie die Zoologen, können auch die Botani-
ker Lionardo da Vinci zu den ihren zählen. Das beweisen
allein zur Genüge die umfangreichen Kapitel über Bäume und
Pflanzen im Buche über die Malerei. Wie immer verliert er sich
hier fortwährend in rein wissenschaftliche Einzelheiten. Zuweilen
sucht er sich selber zu zügeln: „doch dies soll an einem anderen
Orte abgehandelt werden. Ich will es hier nicht näher besprechen,
da es der Maler nicht zu wissen braucht." Sicherlich hat ihm
ein Werk vorgeschwebt, das wir heute etwa mit „Morphologie
und Physiologie der Pflanzen" betiteln würden. An Materialien
dazu fehlt es in seinen Aufzeichnungen nicht. Daß er auch den
Problemen des pflanzlichen Lebens mit Experimenten beizukom-
men gesucht hat, wird uns nach allem, was wir von ihm wissen,
kaum noch überraschen. „Die Sonne gibt den Pflanzen Seele und
Leben, und die Erde ernährt sie mit Feuchtigkeit. Was diesen
Fall anlangt, so habe ich schon einmal probiert, einer Kürbis-
pflanze nur eine ganz kleine Wurzel zu lassen, und die hielt ich
mit Wasser gut in Nahrung. Diese Pflanze brachte alle Früchte,
die sie zu zeugen vermochte, zur vollen Entwicklung, es waren
ihrer ungefähr 60 Stück Kürbisse, von der breiten Sorte. Und ich
achtete mit Fleiß dieses Lebens und erkannte, daß der Nachttau
es war, der mit seiner Nässe reichlich durch die Ansätze ihrer
großen Blätter eindrang zur Ernährung dieser Pflanze mit ihren
Kleinen."
„Ich achtete mit Fleiß dieses Lebens!" — Hier gibt
uns Lionardo selbst das Wort an die Hand, mit dem wir ihn
am treffendsten als Naturforscher charakterisieren können. Bio-
loge ist er, wo immer er in die Geheimnisse der organischen
Welt einzudringen bemüht ist, und gerade als solcher ragt er
15*
— 228 —
riesengroß aus seiner Zeit heraus, ein einsamer Pionier, der
kommenden Geschlechtern die ersten Lichtungen rodet in der
Urwaldwildnis von Unwissenheit und Aberglauben.
Ungeheuer ist der Umfang von Lionardos Betätigung in
der Mathematik und den mathematischen Naturwissen-
schaften. Sein ganzes Leben lang hat er Geometrie, Arith-
metik und Algebra getrieben und physikalisch experimentiert,
und die Zahl der Blätter, die er mit Figuren und Formeln be-
deckt hat, geht eher in die Tausende als bloß in die Hunderte.
Auf allen diesen Gebieten hat er jedoch bereits mit gewichtigen
Vorarbeitern zu rechnen. Besonders die Araber studiert er fleißig
und macht sich Auszüge aus ihren Werken, so daß es heute im
einzelnen Falle oft nicht leicht ist, zu entscheiden, ob dieser
oder jener Satz seine eigene Meinung ausspricht oder die eines
Gelehrten, den er zitiert. Sollte einer der neuesten Kritiker^)
recht behalten, so hat Lionardo da Vinci vielleicht gerade
in diesen seinen Lieblingsfächern nicht so viel Originelles ge-
leistet, als man beim ersten Bekanntwerden seines literarischen
Nachlasses zu glauben geneigt war. Soviel steht in jedem Falle
fest, daß er sich den Wissensschatz, über den seine Zeit ver-
fügte, auch in diesen so schwierigen Materien so zu eigen ge-
macht hat, daß berühmte Vertreter der Mathematik und Physik
ihn überall suchen und sich gemeinsames Arbeiten mit ihm zur
Ehre rechnen.
Einen breiten Raum nimmt naturgemäß die Optik in den
Aufzeichnungen Lionardos ein. Ausführlich behandelt er die
Theorie des Sehens. Über die Bedeutung des binokularen Sehens
für die Erlangung eines stereoskopischen Bildes der Gegenstände
gelangt er zu recht klaren Vorstellungen. Mehrfach beschreibt
er die Lichtreaktion der Pupille. Auf einem der anatomischen
Blätter sehen wir, wie die Augen mit den gekreuzten Sehnerven
dem Boden der Orbita und der Schädelbasis aufliegen. Licht und
Schatten, das perspektivische Sehen werden eingehend bespro-
chen. Vollkommen vertraut ist Lionardo mit der einfachen
(linsenlosen) Camera obscura, wenn er sie auch nicht er-
funden zu haben scheint. Er kennt die Umkehrung des Bildes
und erklärt sie richtig. Ganze Serien von Figuren und Text-
anmerkungen beschäftigen sich mit der Reflexion an gera-
^) Dr. Otto Werner „Zur Physik Leonardo da Vincis". Intern.
Verlag f. Kunst u. Lit., Berlin.
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9. Schädelhöhle und Blutgefäße der harten Hirnhaut (Originalgröße,
beschnitten). Kgl. Schloß zu Windsor.
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10. Schädel mit eröffneter Stirn- und Oberkieferhöhle (Originalgröße,
beschnitten). Kgl. Schloß zu Windsor.
— 231 —
den und gekrümmten Flächen, mit allen denkbaren Arten von
Spiegeln.
Praxis und Theorie stehen nun bei Lionardo in ständiger
Wechselwirkung. Das Studium der Flamme führt ihn zur Kon-
struktion des Zylinders. Neben den Beschreibungen und Dar-
stellungen parabolischer Spiegel finden wir die Zeichnung einer
Maschine zu ihrer Anfertigung. An die Betrachtungen über die
größere Leichtigkeit und das Aufsteigen der erwärmten Luft
schließt sich ein Wasserhebewerk durch Saugkraft und der oft
zitierte selbsttätige Bratspieß mit einem Propeller im Schorn-
stein. Das Ingenieurfach betrieb Lionardo stets mit größter
Liebe zur Sache. Was Wunder, wenn ihn mit ganz besonderer
Intensität diejenigen Zweige der Physik anzogen, die sich mit
dem Spiele der Bewegung erzeugenden Kräfte befassen. Als vor-
trefflich, wenn auch natüi'lich noch nicht in allen Einzelheiten
korrekt, gelten seine Beobachtungen über den Fall und den
Stoß. Die Hebelgesetze soll seit Archimedes nie wieder
jemand mit solchem Erfolg bearbeitet haben. Wie tüchtig er als
Hydrauliker war, ist allgemein bekannt. Die Techniker von
Fach rühmen sein kinematisches Feingefühl, das ihn oft
auch da das Richtige finden läßt, wo die theoretische Begründung
nicht Stich hält. Trotz seines steten Strebens nach scharfer, ma-
thematischer Durchdringung seines Gegenstandes überwiegt, wie
No ether sagt, bei ihm die Fähigkeit intuitiver Erkenntnis das
Talent für die reine Abstraktion. Das wird man gern glauben.
Nennen wir doch Intuition eben jenes sprunghafte, fast unbe-
wußte Durcheilen langer Kausalkettenreihen, durch das ein Genie
das Resultat wie vermittelst höherer Eingebung zugeflüstert er-
hält, während der schwerfälliger arbeitende Kopf es sich durch
mühsames Fügen von Glied an Glied erkämpfen muß. Lionardo
war überaus fruchtbar als Erfinder. Von seinen zahllosen Kon-
struktionen seien nur einige von denen, die die Fachleute be-
sonders rühmen, als Beispiel genannt: Bohrmühlen, Säge- und
Hobelmaschinen, eine vortreffliche Feilenhauermaschine, Spinn-
und Seilflechtmaschinen, Webstühle, Tuchscherapparate, Wasch-
maschinen, Mühlen, Wagen, Zirkel, Pump- und Wasserhebewerke,
Tauchapparate — dies und sehr vieles Ahnliche, ganz abgesehen
von alle dem, was er in der Vervollkommnung des Festungs-
baues und der Belagerungstechnik geleistet hat.
Daß Lionardo da Vinci sich auch in jahrelangem, heißem
— 232 —
Ringen um die Erfindung eines Flugapparates abgemüht hat,
das ist ja bekannt genug. Etliches davon findet man am Schlüsse
des höchst interessanten kleinen Büchleins über den Flug der
Vögel. Man staunt, wie nahe der Meister auch bei der Behand-
lung des so überaus schwierigen Vogelflugproblemes in vielen
Punkten dem Kern der Sache kommt. Mitten in die Reihe von
nüchternen wissenschaftlichen Erwägungen über die verschie-
denen Veränderungen in der Stellung des Schwanzes und der
Flügel, mit denen der schwebende Vogel bald die Kraft des
Windes benutzt, bald seine Stöße, die ihn aus dem Gleichgewicht
zu bringen drohen, pariert, finden wir, wie zur Entschuldigung
des trockenen Tones, einen Hymnus an die Wahrheit eingestreut,
die die kleinsten Dinge zu adeln vermöge, während die Lüge das
Erhabenste, ja selbst die Gottheit in eine niedere Sphäre_hinab-
zerrt.^) — „Du aber, der du von Träumen lebst," so schließt er,
„dir gefallen besser die sophistischen Argumentationen und die
Schwindeleien der Schwätzer über große und ungewisse Dinge
als sichere und natürliche, doch von nicht solcher Erhabenheit."
Wenn Lionardo wiederkäme, um nachzuschauen, wie weit wir
heute gekommen, dann würden ihm Kulturerrungenschaften wie
„Christian Science" und „Okkultismus" einigen Schmerz bereiten.
An dem Ausbau aller jener Wissenschaften, deren Ziele er nur
vorahnend in ihren Grundrissen zu skizzieren vermochte, dürfte
er allerdings wohl seine Freude haben.
Noch ist so mancher Wissenszweig, den Lionardo in den
fast endlosen Bereich seiner Forschertätigkeit gezogen hat, nicht
einmal genannt worden. Meteorologischen Studien hat er
sich mit Eifer und Erfolg gewidmet, die verschiedensten ter-
restrischen Vorgänge beobachtet. Er hat nicht nur zu prak-
tischen Zwecken, wie im Dienste des Cesare Borgia, vor-
^) Ed e di tanto vilipendio la bugia, che s'ella dicessi be' gran cose dl
dio, ella to' di grazia a sua delta; ed e di tanta eccellenzia la veritä, che
s'ella baldassi cose minime, eile si fanno nobili. — Senza dubbio, tal pro-
porzione e dalla veritä alia bugia quale de la luce alle tenebre; ed e essa
veritä in se di tanta eccellenza che ancora ch'ella s'astende sopra umili e
basse materie, sanza conparazione ell'eccede le incertezze e bugie estere so-
pra li magni e altissimi discorsi; perche la mente nostra, anchora ch'ell'abbia
la bugia pel quinto elemento, non resta perö che la veritä delle cose non sia
di somo nutrimento delli intelletti fini, ma non dei vagabundi ingegni. — Ma
tu che vivi di sogni, ti place piü le ragion soffistiche e barerie de' palari
nelle cose grandi e incerte, che delle certe, naturali, e non di tanta altiu-a.
— 233 —
treffliche kartographische Aufnahmen gemacht; aus reiner
Wißbegier ist er den Flüssen, deren die Erdoberfläche ständig
ummodellierende Erosions- und Kärrnertätigkeit sein größtes In-
teresse erregte, bis zu den obersten Quellen gefolgt. Selbst zu
den Eisregionen ist er im Monte Rosa-Gebiet emporgeklommen.
Während er die Sterndeuterei verlachte, hat er die wissenschaft-
liche Astronomie mit größter Liebe betrieben. Jedes Eingehen
auf Einzelheiten verbietet sich hier von selbst. Als Kuriosum sei
nur die Tatsache erwähnt, daß auf einem Blatte mitten zwischen
geometrischen Figuren in besonders großen Buchstaben der Satz
geschrieben steht: „Die Sonne bewegt sich nicht!"
Ein wichtiges Thema für sich allein wäre die von Lionardo
da Vinci befolgte allgemeine Methodik. Wenige Worte
darüber müssen hier genügen. Während die offizielle Wissen-
schaft noch mit einem Fuße fest in der Scholastik steckt und
vor Autoritätenglauben kaum erst die Augen zu öffnen wagt,
über Gott und die Welt philosophiert und alles Wissen, das „nur"
auf Sinneswahrnehmung beruht, in die zweite Rangstufe verweist,
kommt da der scheinbar dem Naturforscher bloß ins Handwerk
pfuschende Maler und ruft den überlegen die Nase rümpfenden
Herren immer von neuem zu : Ihr Toren verachtet die Erfahrung
durch die Sinne. Ich sage Euch, sie ist die einzige Quelle wahrer
Wissenschaft. Was darüber hinausgeht, „das überlasset den Mön-
chen, diesen Vätern des Volkes, die alles wissen durch höhere
Intuition". Die im Weltall herrschenden Gesetze könnt jedoch
auch Ihr erkennen und zwar vermittelst der Beobachtung und
des Experimentes. Stellt Fragen an die Natur, variiert die
Versuchsbedingungen und achtet auf die Folgen. Doch seid nicht
voreilig im Schließen. Wohl, die Natur kann sich nicht irren,
täuschen kann sich aber Euer Urteil. Erhaltet Ihi' auf die näm-
liche Frage immer wieder die nämliche Antwort, dann erst dürft
Ihr hoffen, das unabänderliche Gesetz gefunden zu haben.
Daß er das alles sagt, wäre sofort durch seitenlange Zitate
zu belegen. Lionardo, der vollbewußte Vertreter der
induktiven Methode, der erste fast moderne Experimen-
talforscher, — er war als Naturforscher wahrlich kein Dilet-
tant. Mögen die heutigen Fachmänner bei weiter vorschreitender
Kritik ihm noch manchen Irrtum nachweisen, mögen sie fest-
stellen, daß er diese oder jene Wahrheit nicht, wie man glaubte,
als erster ausgesprochen hat, daß er manche Entdeckung, die
— 234 —
man ihm zuschreibt, von irgendeinem Vorgänger übernommen,
all das kann seiner Größe ebensowenig Abbruch tun wie die
Tatsache, daß wir ihn noch mit den scholastischen vier Elemen-
ten sich abplagen sehen. Er war ein Mensch, also irrte er, — und
zwar ein Mensch des fünfzehnten Jahi'hunderts, dessen Schlacken
ihm notwendigerweise anhaften mußten. Mit Originalität^) aber
und Priorität braucht man es bei einem solchen Genie im ein-
zelnen nicht allzu genau zu nehmen. Auch wo er sich eine fremde
Melodie aneignet, bekommt dieselbe wie von selbst ihre neuen
Noten. Noch ein anderes aber hat man eingewendet. Alles, was
Lionardo für Aufklärung und Fortschritt gearbeitet und ge-
dacht hat, blieb ja in seinen Manuskripten vergraben, all seine
Entdeckungen mußten von neuem gemacht werden. Er hätte
demnach die Wissenschaft wohl fördern können, es in Wirklich-
keit aber nicht getan. Dies wäre nun ein recht kurzsichtiger
Schluß. Lionardo war ja weder stumm, noch war er ein Ere-
mit. Er war im Gegenteil sehr beredt, und er stand mit den
besten Köpfen seiner Epoche in regem Verkehr. Mit diesen hat
er doch auch von dem gesprochen, was sein Herz bewegte. Wer
will es unternehmen, die Samenkörner, die er auf solche Weise
ausstreute, auf ihren Wegen zu verfolgen, bis sie — oft an
einem ganz anderen Orte — zu der schönen Frucht einer fest
begründeten Wahrheit heranreiften. Dann kennen wir den Namen
dessen, der sie pflückte, nicht aber den des Säemannes. Eins
aber ist ganz sicher: Die eingehende Beschäftigung mit diesem
reinen Wahrheitsucher und selten vornehmen Charakter hat auch
für uns noch einen hohen, zum mindesten erzieherischen Wert.
Auch für Lionardo hat das schöne Wort volle Geltung, das
Goethe einst seinem Freunde Schiller ins Grab nachsandte:
„Und hinter ihm, in wesenlosem Scheine,
Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine."
*j Man vergleiche den hübschen Aufsatz: „Über Originalität" von Egon
Frieden (Wien) in Nr. 44 (1913) der Frankfurter Zeitung.
— 235
Verzeichnis der Werke,
ans denen die vorstehenden AbbihUmgen (mit Ausnahme von 4)
entnommen sind.
1: The literary works of Leonardo da Vinci compiled and edited from
the original manuscripts by Jean Paul Richter, Vol.1. London (Sampson
Low, Marston, Searle & Rivington) 1883. PI. I (Titelbild), Heliogravüre.
2 und 3: Leonard de Vinci, Croquis et dessins de Botanique etc.
Feuillets inedits, reproduits d'apres les originaux conserves ä la Bibliotheque
du Chateau de Windsor. Paris (Edouard Rouveyre, editeur) 190L Blatt 8
und 16, Lichtdrucke.
5 und 8: Leonard de Vinci, Croquis et dessins de nerfs et vaisseaux.
Feuillets inedits, reproduits d'apres les originaux conserves ä la Bibliotheque
du Chateau de Windsor. Paris (Edouard Rouveyre, editeur) 1901. Blatt 1
und 10, Lichtdrucke.
6: Leonard de Vinci, Notes et dessins sur le thorax et l'abdomen etc.
Feuillets inedits, reproduits d'apres les originaux conserves ä la Bibliotheque
du Chateau de Windsor. Paris (Edouard Rouveyre, editeur) 1901. Blatt 10,
Lichtdruck.
7: I manoscritti di Leonardo da Vinci della Reale Biblioteca di
Windsor. Dell' Anatomia, Fogli A. Publicati da Teodoro Sabachnikoff.
Parigi (Edoardo Rouveyre editore) 1898. Blatt 1 Rückseite, Lichtdruck.
9 und 10: Ebenda, Fogli B. Torino (Roux e Viarengo editori) 1901,
Blatt 41 Vorder- und Rückseite, Lichtdrucke.
236
Der Schwanheimer Wald.
IV. Landschaftliches.^)
Mit 12 Abbildungen
von
W. Kobelt.
•^ Betrachten wir uns mm zum Schluß den Schwanheimer Wald
ein wenig vom Standpunkt des spazierengehenden Naturfreundes.
Was dem Frankfurter dabei auffällt und ihn besonders anlockt,
ist der Gegensatz zu dem in seiner ganzen Ausdehnung forstlich
gepflegten und sorgsam bewirtschafteten Stadtwald, sind die
noch nicht ganz von der Kultur ausgerotteten Reste des alten
Naturwaldes. Im Anschluß an die vorzüglichen photogra-
phischen Aufnahmen des Herrn Dr. Fritz Winter wollen wir
einige derselben hier zu schildern versuchen.
Der lange, aber schmale Schwanheimer Wald wird seit ur-
alter Zeit durch drei Längswege aufgeschlossen: die im ersten
Abschnitt (I 77)^) erwähnte Bischofsstraße, die seine Süd-
grenze bildet, die Lange Schneise, die dem Fuß der Kelster-
bacher Terrasse entlang vom Poloplatz bis an die Kelsterbacher
Grenze unter der Schwedenschanze zieht, und den Hart weg,
der dem Nordrand des Waldes entlang läuft, sich aber jetzt an
der hohen Sanddüne hinter den alten Eichen spaltet und einen
Zweig geradeaus erst der Rechten Wiese entlang und dann ge-
radeaus zwischen der Alten und der Neuen Wiese zum Sumpf-
distrikt der „Sauros" schickt und schließlich in einen Fußpfad
übergeht, der an der Grenze unmittelbar vor Kelsterbach endet.
Alle drei Wege sind uralt, wenn sie auch hier und da eine Ver-
^) Die Abschnitte I bis III sind im vorjährigen , Bericht" erschienen.
^) Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Hefte I bis III, die
arabischen Ziffern auf die Seitenzahlen des vorjährigen „Berichtes".
T3
M
2. Hainbuchen.
— 239 —
legung erlitten haben. Besonders der mittlere Weg lief früher
näher am Fuß der Helle hin ; er ist dort noch an einzelnen Stellen
erkennbar. In nordsüdlicher Richtung konnte der Wald westlich
vom Sandgebiet früher, außer bei abnormer Trockenheit und bei
strengem Frost, nur an zwei Stellen passiert werden: auf dem
Waadweg, der von der Waldbahnstation Unterschweinstiege
südlich läuft, und über den Wanzenweg. Der Waadweg folgte
der im ersten Abschnitt erwähnten Kiesschwelle, die vom Ober-
wald zum Dorf und weiter zum Sand im Dannewald zieht. Sein
alter Lauf ist heute noch im Waldesdickicht erkennbar ; über ihn
ging der Verkehr vom Taunus nach Mörfelden und zur Berg-
straße. Der Wanzenweg aber ist ein in seiner Entstehung noch
rätselhafter Damm durch die Riedwiese, der die Sindlinger Fähre
mit der Bischofsstraße verband. Der Weg, der vom Dorf zur
Station Schwanheim der Ludwigsbahn führt, ist erst nach 1859, nach
Eröffnung der Bahn, fahrbar gemacht worden ; er heißt in Erin-
nerung an seinen ehemaligen Zustand heute noch der Wasserweg.
Die landschaftliche Physiognomie unseres Waldes wird im
wesentlichen bedingt durch die Grenzen zwischen Sand, resp.
Kies und Moorboden. Wie bereits im ersten Abschnitt erwähnt,
schieben sich von dem großen Kies- und Sandplateau, das den
Frankfurter Wald trägt, zwei schmale Rücken bis in die Wald-
wiesen vor und scheiden den ehemaligen Schwanheimer Bruch
in drei große Buchten, die nach Westen hin zusammenfließen und
dort die Waldwiesen und nach der Grenze hin den Urwald und
den umgebenden Bruch tragen. Geht man oberhalb der Wiesen
durch eine der Schneisen von Norden nach Süden, so trifft man
erst Eichen, dann mengen sich Birken dazwischen, dann kommt
reiner Kiefernwald. Weiterhin senkt sich der Weg wieder; die
Mulde füllt ein Dickicht von Kreuzdorn {Rhanums frangula),
dann kommt ein Graben, von Erlenstämmen begleitet; dieselbe
Abwechslung wiederholt sich noch einmal, bis jenseits der Langen
Schneise am Abhang der Kelsterbacher Terrasse reiner Kiefern-
wald in forstmäßiger Bewirtschaftung den Schluß macht. Weiter
nach Westen hin verschwinden die Sandschwellen, und die Unter-
schiede verwischen sich. Nur längs der Rechten Wiese zieht
sich noch ein breiter, flacher Rücken bis zum Wasserweg; er
wird gekennzeichnet durch einen prachtvollen Bestand der Hain-
buche, wie man ihn weit und breit nicht zum zweitenmal findet.
Die Bäume sind nur mittelstark und kennzeichnen sich durch den
— 240 —
Wuchs in ringförmigen Gruppen als Ausschlag aus uralten Wurzeln.
Ein paar viel stärkere Einzelstämme, aus übergeflogenem Samen
erwachsen, stehen auf der anderen Seite der Wiese mit unseren
schönsten Eichen und Buchen zusammen, bis 90 cm im Umfang.
Auffallend sind in diesem sumpfigen oder richtiger moorigen
Wald die überall zerstreut stehenden prachtvollen Kiefern. Unter-
sucht man genauer, so überzeugt man sich leicht, daß hier in
geringer Tiefe unter dem Moorboden reiner Sand liegt, und daß
die Kiefern überall auf kleinen Erhöhungen der Sandunterlage
stehen. Nördlich der Wiesen, auf dem wenig fruchtbaren Aulehm
der Ebene, findet man so gut wie keine Kiefer.
Aus diesem Teil des Waldes stammt ein Ausfuhrartikel, der
den Namen Schwanheims in weiten Kreisen bis nach Holland hin
bekannt gemacht hat, die Schwan heimer Blumenerde.
Lange, ehe ich wußte, wo Schwanheim liegt, war mir sein
Name wohlbekannt. Meine Mutter war eine eifrige und glückliche
Blumenzüchterin und tat, was sie konnte, um sich gute Blumen-
erde zu verschaffen. Wenn die Zeit des Umpflanzens kam, wurde
ich regelmäßig zu einem der Frachtfuhrleute geschickt, die damals
allein den Verkehr mit dem für sie drei Tagereisen entfernten
Frankfurt besorgten, und mußte ein Körbchen voll Blumenerde
holen. Die Herren Frachtfuhrleute betrieben nämlich neben dem
Lohnfuhrwerk immer auch einige Privatgeschäfte und brachten
Sachen mit, die den Händlern nicht in den Kram paßten. Davon
sind mir zwei in Erinnerung geblieben: Düsseldorfer Senf und
Schwanheimer Blumenerde. Als mich dann die Laune des Zu-
falls nach Schwanheim verschlug, erkundigten wir uns — meine
Frau war nicht minder große Blumenfreundin als ich — natürlich
auch nach der „Blumenerde". Unter diesem Namen kannte man
sie allerdings nicht; hier heißt sie nämlich „Blumengrund" oder
gewöhnlich einfach „Grund", und die Leute, die sie im Walde
aufkauften und nach Frankfurt zu den Gärtnern brachten, hießen
und heißen noch „Grundbauern". Sie waren damals zahlreicher
als heute und lieferten Schiffsladungen voll „Grund" in die
rheinischen und selbst holländischen und belgischen Gärtnereien.
Es wurde dabei viel Geld verdient. Durch das unregelmäßige,
planlose Grundgraben wurde aber der Waldboden ruiniert und
noch ungleicher gemacht, als er von Natur war. So nahm schließ-
lich die Forstbehörde die Verwertung des „Grundes" selbst in
die Hand, und heute ist der Verkauf des Blumengrundes ein
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regulärer Teil des Forstbetriebes im Schwanheiraer Gemeindewald,
der einen ganz hübschen Ertrag in die Gemeindekasse liefert.
Aber nicht überall besteht der Boden des Sumpfwaldes aus
Blumengrund. Wenn man zwischen dem Poloplatz und dem
Waadweg den Wald durchquert, trifft man vielfach auf Strecken,
wo der Wald entsetzlich kümmerlich ist und mächtige, meterhohe
Grasbüschel kaum einen Baumwuchs aufkommen lassen. Seit
Jahrzehnten kämpft die Forstbehörde hier vergeblich gegen den
Schindemann oder, wie der Schwanheimer sagt, den Schinder-
hannes (Pfeifenschmiele, Molinia coerulea Mnch.). Der Frank-
furter Forstbehörde geht es auch nicht besser; im Oberwald,
namentlich im Kesselbruch, überzieht der Schindemann gleichfalls
große Strecken und trotzt mit seinen tiefeindringenden Wurzeln
jedem Ausrottungsversuch.
Einen besonders interessanten, aber nur sehr selten von
Fremden benutzten Spazierweg bietet eben, solange die Trocken-
periode anhält, der völlig ausgetrocknete Hauptgraben, der
fast vom Poloplatz aus in ziemlich gerader Linie bis zur Schweden-
schanze zieht. Reichlich anderthalb Stunden lang, führt er durch
den üppigsten Teil des Waldes, dem die Trockenheit bis jetzt
noch am wenigsten geschadet, den auch die Kultur noch am
wenigsten beleckt hat. Auch in feuchteren Zeiten, wo die Sohle
des Grabens unpassierbar ist, kann man an seinen erhöhten Rän-
dern ziemlich bequem von einer Schneise zur anderen kommen,
und der mit dem Wald nicht genau vertraute Spaziergänger fin-
det an ihm einen sicheren Führer durch die intimsten Schönheiten
des Waldes. Freilich, ganz ohne Hindernisse geht es nicht ab,
und man muß darauf gefaßt sein, ab und zu einmal über um-
gefallene Bäume, Kreuzdorn, Traubenkirsche, wohl auch einmal
über eine Birke oder Kiefer hinüber zu voltigieren oder auch
unter ihnen durchzuschlüpfen. Am lohnendsten ist die Partie
vom Waadweg bis zur Waldwiese und dann wieder in einem wei-
ter südlich liegenden anderen Zweig des Entwässerungssystems
vom Wasserweg bis zur Riedwiese.
Wenn man von dem Schwanheimer Wald spricht, so denkt
man in erster Linie immer an die alten Eichen, die „tausend-
jährigen", die freilich, wie im vorigen Abschnitt erwähnt, diesen
Namen nicht verdienen, aber doch als Reste des altberühmten
Eichwaldes ein gewisses Interesse haben, ganz abgesehen davon,
daß sie vielen Generationen von Malern als Studienmaterial ge-
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ö. Aus den „alten Eichen".
— 245 —
dient haben und auf mehreren bekannten Bildern verewigt sind.
Es ist ein kümmerlicher Rest geworden. Nicht viel über hundert
sind noch vorhanden, darunter kaum ein Dutzend, die den alten
Ruf einigermaßen rechtfertigen; gesund und kräftig ist keine
einzige mehr. Sie stehen freilich zum größten Teil auf sehr
ungünstigem Boden. Schon in geringer Tiefe, 40 bis 50 cm unter
der Oberfläche, liegt in ihm eine Konglomeratschicht, ein Ortstein,
durch Raseneisen verkitteter grober Mainkies, den auch die Pfahl-
wurzel der Eiche nicht durchbrechen kann. Im Winter sammelt
sich auf ihr das eindringende Wasser und trat früher in großen
Lachen zutage. Im Sommer verschwindet es auch in normalen
Zeiten fast ganz, und die Trockenperiode der letzten dreißig Jahre
hat den Eichen den Rest gegeben. Nur wo im östlichen Teil des
Eichwaldes Sand auf dem Konglomerat liegt und die Wurzeln
etwas mehr Nahrung finden konnten, haben sich einige stärkere
Stämme entwickeln, resp. erhalten können. Sie stehen unter
Naturdenkmalschutz; im Jahre 1909 sind die schlimmsten Schäden
ausgebessert, die Löcher mit Zement ausgefüllt worden; aber
für lange wird es kaum helfen.
Von dem Wald, wie er noch vor fünfzig Jahren den Abhang
der Helle bedeckte, hat sich noch ein kleiner Rest zwischen dem
Waadweg und der Pumpstation im Goldsteinrauschen in einer
Einsenkung erhalten, durch die in alten Zeiten der Weg von
Schwanheim nach Mörfelden auf die Höhe hinauf führte. Die
Stelle heißt heute noch „am alten Weg". Warum der Wald hier
und auch weiter westlich bis zum Beginn der großen Ausschachtung
geschont wurde, als der übrige Teil des Abhanges der Kelster-
bacher Terrasse abgetrieben und mit Kiefern bepflanzt wurde,
weiß ich nicht; aber wir müssen der Forstbehörde, die es ange-
ordnet, dafür dankbar sein. Ein paar gewaltige Eichen, einige
wunderschöne breitkronige Buchen und die stärksten Kiefern
unseres Waldes bieten ein prächtiges Bild. Auf der Höhe liegt
hier gerade eine Anzahl Hünengräber, die größten unserer
Gemarkung. Das Plätzchen verdiente wohl, unter Naturdenkmal-
schutz gestellt zu werden.
Ein interessantes Waldstück liegt hinter den Eichen zwischen
diesen und der Dammschneise, früher nur in der trockensten
Jahreszeit betretbar, jetzt leider der Austrocknung verfallen. Man
erreicht es am bequemsten, wenn man von der Haltestelle Schwan-
heim auf dem bequemen Radfahrweg der Waldbahn bis an den
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— 247 —
Pflanzgarten folgt, zuerst den Waldrand entlang, vorbei an der
Bretzeleiche (III 266) und an der höchsten Sanddüne unseres
Waldes, dem Pfingstberg, mit seinen prächtigen Kiefern, von
denen ganz auffallend oft zwei und selbst drei mächtige Stämme
aus einer Wurzel zu kommen scheinen, eine sonst nicht sehr
häufige Erscheinung. Man achte hier auf die im vorigen Ab-
schnitt erwähnten Mistelbüsche in den höchsten Wipfeln, die sich
besonders im Winter deutlich abheben. Hinter dem Holzhäuschen
am Pflanzgarten ^) dehnt sich ein prächtiger Mischwald, anfangs
auf ziemlich trockenem Boden stehend, aus Hainbuchen, Eichen
und einzelnen Buchen zusammengesetzt, dann immer üppiger
werdend, mit Haselbüschen, Vogelbeeren und Kreuzdorn durch-
wachsen, der Boden dicht mit Farnkräutern (Aspidiuni spinulosum
und Asp. filix mas, seltener Asplenium filix fenima) bedeckt,
von deren frischem Grün sich der Fingerhut (Digitalis purpurea)
wundervoll abhebt. Geißblatt durchrankt das Gebüsch und hängt
von den Baumwipfeln herab; es bietet namentlich am Südrand
des Mischwaldes, an der Dammschneise, prächtige Bilder. Da-
zwischen steht eine der schönsten Buchen unseres Waldes. An
einem Entwässerungsgraben steht die (HI 256) abgebildete Erle.
Auch sonst finden sich abenteuerliche Baum- und Buschformen
genug. Wer sich im Wald nicht sicher zu orientieren weiß, folgt
am besten einem Fußpfad, der vom nördlichen Ende des Forst-
gartens ab im Bogen durch den Distrikt zieht und auf die Damm-
schneise ausläuft; er kann sonst die Erfahrung machen, daß man
im ebenen Wald gar zu leicht aus der Richtung kommt und im
Kreis herumläuft, was übrigens hier ein harmloser Scherz ist.
Geht man dann die Schneise in der Richtung auf die in der Ferne
auftauchende Waldwiese entlang, so kommt man an der Kreuzungs-
stelle mit der nächsten Schneise an eine unserer schönsten Eichen,
die dem früheren Förster Diefenhardt zu Ehren benannt ist.
Herr Dr. Fritz Winter hat von ihr eine prächtige Aufnahme
gemacht. Hier ist der Boden bedeckt mit der wilden Balsamine
(Ir}ipatiens noli längere L.), dem Kräutlein Rührmichnichtan, und
in dem Graben stehen üppige Farnkräuter {Asplenium filix femina).
Dem Wiesenrand entlang führt ein Fußpfad durch den pracht-
*) Ein Maler, der bei seinen Studien an den Eichen hier manchmal
rastete, hatte an der Rückwand dieses Häuschens auf den Fensterladen einen
Einsiedler in Öl gemalt, an dem Kunstliebhaber ihre Freude haben konnten.
Das Bild ist leider im Lauf der Jahre arg beschädigt worden.
7. Mischwald.
8. Mischwald.
9. Diefenhardts-Eiche.
10. Die stärkste Hainbuche.
— 252 —
vollen Hainbuchenwald, von dem wir oben gesprochen, — Freund
Winter hat auch von ihm eine vorzügliche Aufnahme gemacht,
die seine Eigentümlichkeit getreu wiedergibt — nach einer be-
sonders geschützten Ecke am Waldrand,- wo der Krankenwagen-
verein unter prächtigen Eichen eine Ruhestätte für Invaliden und
Erholungsbedürftige unterhält und ein paar Anlagen gemacht
hat. Die Stelle ist botanisch interessant durch das Vorkommen
eines sonst im Frankfurter Wald fehlenden Kreuzkrautes (Senecio
fuchsii). Im Frühjahr bedeckt der Knoblauchshederich den Boden
und überrascht Unkundige, die ihn für Maiblumen halten, durch
seinen unangenehmen Knoblauchgeruch. Nur vereinzelt stehen
die echte Maiblume und das Schattenblümchen dazwischen, und
die vielblütige Maiblume {Gonvallaria inultiflora) erreicht eine
ungewöhnliche Höhe. Im Nachsommer treten für sie die Goldrute
{Solidago virgaiirea), das nordische Habichtskraut (Hieraceiim
boreale) und eine Galeopsis ein, und die Hecken durchrankt der
Heckenknöterich {Polygonum dumetorum).
Auch der Mineralog findet hier in dem fast steinfreien Wald
etwas nicht Uninteressantes. Die Gesteinsbrocken, die im Gebüsch
der Ruhestätte zerstreut aufgestellt sind, bilden eine Gesteins-
sammlung eigener Art: einen Teil des von dem Ausschuß für
Volksvorlesungen zusammengebrachten Heimatmuseums. Sie ent-
hält gegen fünfzig Nummern aus den verschiedensten Teilen
Deutschlands und war früher im Garten der Turnhalle aufgestellt,
wo sie aber wenig beachtet wurde. Bei der Übersiedelung des
Museums in das alte Schulgebäude fand sie hier Unterkunft. ^)
Wohl die schönsten Bäume unseres Waldes stehen links von dem
zur Eisenbahn führenden Weg längs des Südrandes der Rechten
Wiese, der Liegehalle gegenüber. Zu ihnen gehört die früher
(II 177) abgebildete Vogeltränk -Buche; neben ihr steht noch
eine Anzahl mindestens ebenso starker Genossinnen, mehrere
Eichen, die den „Tausendjährigen" durchaus nichts nachgeben,
und einige Hainbuchen von ungewöhnlicher Stärke. Sie bilden
zusammen eine wunderbare Gruppe, die hoffentlich noch lange
erhalten bleiben wird. Freilich, vor den Elementen kann man
sie nicht schützen: im vorigen Jahre hat der Blitz eine dicht am
Waldsaum stehende Eiche getroffen, und sie siecht seitdem lang-
^) Der Plan, hier auch die wichtigsten Pflanzen des Waldes zu ver-
einigen, ist durch die andauernde Trockenheit und den Mangel an Mitteln
seither vereitelt worden.
— 253 —
sam dahin. Der Wald hinter dieser Baumgriippe bietet dem
Naturfreund manchen Genuß. Auch rechts des Wasserwegs in
dem schmalen Saum, der hier längs des Weges bei der Anlage
der „Kameruner Wiesen" und des Spielplatzes für den Fußball-
klub erhalten blieb, stehen einige prächtige Bäume. Was weiter
westlich liegt, ist der Forstwirtschaft verfallen, wird aber, wie
es der östlich angrenzende Distrikt bereits getan, bald als wohl-
gepflegter junger Eichwald eine fröhliche Auferstehung feiern.
Geht man dem Südrand der Wiesen entlang, so trifft man
einige hundert Schritte vor dem verfallenen Wellblechhäuschen,
an dem früher bei den großen Treibjagden gefrühstückt wurde,
eine Erscheinung, die wohl einen Spaziergang dorthin lohnt. Dicht
am Waldrand findet sich ein Hexen ring, wie ich niemals einen
ähnlichen gesehen habe. Völlig kreisrund, 25 bis 30 m im Durch-
messer, liegt er da, der Ring selbst über 1 m breit, zwei Wiesenpar-
zellen einnehmend, einer Rennbahn im kleinen so völlig gleichend,
daß die Besitzer der Wiese bei dem Förster Beschwerde erhoben,
daß die Rehe oder die Damhirsche dort ihren Tummelplatz hätten.
Als ich im verflossenen Herbst zum erstenmal darauf aufmerksam
gemacht wurde, war der ganze Ring dicht mit riesenhaften
Pfefferpilzen {Laciaria piperata L.) bewachsen, einer am
anderen, viele bis 30 cm im Durchmesser, ein wunderbares, auf
Hunderte von Metern hin sichtbares Bild. Gerne hätte ich es
photographisch verewigen lassen ; aber die eine Hälfte war schon
abgemäht, und der Besitzer der anderen Hälfte stand mit der
Sense daneben. Er sagte mir, daß er den Ring schon von seines
Vaters Zeiten her kenne, daß derselbe früher viel kleiner ge-
wesen und stetig nach außen gewachsen sei, daß aber die Pilze
erst seit dem vorigen Jahre in solcher Menge aufgetreten seien.
Erfreut war er nicht darüber, da das Vieh wegen des scharfen
Pfeffergeschmackes derselben das Grummet nicht annimmt und
er sie deshalb jedesmal sorgsam ausrupfen muß. Auffallend ist
mir, daß ich den Pfefferpilz wohl am Waldrand, aber niemals
auf der Wiese selbst gefunden habe.
Zwischen dem westlichen Ende der Waldwiesen und der
Kelsterbacher Grenze liegt der interessanteste Teil unseres Waldes,
dem die Trockenheit noch nichts hat anhaben können. Offiziell
führt er den wenig poetischen Namen „Sauros". Er hat den
Charakter des alten Sumpfwaldes noch unverfälscht bewahrt und
ist auch heute noch bei einigermaßen feuchtem Wetter nur an
— 254 —
zwei Stellen passierbar. Ein Gewirr von rankendem wildem
Hopfen mit riesigen Blättern bildet den Rand gegen^ die Wiesen ;
mit ihm mischen sich lianenartige Triebe des Geißblattes, oft
tief in die Stämme einschneidend und schwächere geradezu er-
würgend. Nur längs des Hauptgrabens, der als Cloaca maxima
von Schwanheim alljährlich gepytzt wird und deshalb erhöhte
trockene Ränder hat, kann man ihn durchschreiten. In den letzten
beiden Herbsten freilich konnte man auch hier den Hauptgraben
selbst als Weg benützen, und erst in der Nähe der Riedwiese
zeigten sich Spuren von Wasser. Ich glaube kaum, daß sich
irgendwo schönere Erlengruppen finden als längs des Haupt-
grabens. Aber auch prachtvolle Eichen fehlen nicht, und auch
Eschen, Aspen und Weiden haben sich erhalten. In geringer Ent-
fernung rechts vom Graben steht auch eine der wenigen Ulmen,
die unser Wald enthält, ein höchst sonderbares Exemplar mit
sehr starkem, aber niedrigem Stamm, der sich dann in eine Menge
verhältnismäßig schwacher Äste verteilt.
Wenige hundert Schritte weiter nördlich, dicht am Waldrand
gegen das Feld hin, liegt die interessanteste unserer Waldabtei-
lungen, jetzt in Frankfurt als „ Schwanheimer Urwald" be-
kannt und viel von Naturfreunden und auch von Futter suchenden
Aquarienbesitzern besucht. Auf den Generalstabskarten ist er als
„Rodsee" bezeichnet, der Schwanheimer nennt ihn „Rosee" oder
„Rohsee". Er hat mit den Entwässerungsgräben des Schwan-
heimer Bruches nichts zu tun, ist vielmelir der letzte Rest eines
alten Mainarmes, der in uralten Zeiten vom Dorf nach der Kelster-
bacher Senke zog und im Feld wie am Waldrand noch an einigen
Stellen nachweisbar ist. Die Klein wiesen Schneise zieht
kaum 50 Schritte von ihm vorbei, das Feld ist nur durch einen
vorwiegend aus mächtigen Haselbüschen bestehenden Buschwald
von ihm getrennt; aber kein Unkundiger wird, wenn er vorbei-
geht^ auf den Gedanken kommen, daß hier sich eine etwa zehn
Minuten lange, allerdings schmale, seeartige Wasserfläche hin-
zieht, die bis in die letzten Jahre ein getreues Bild der Sümpfe
gab, die zur Römerzeit große Gebiete Deutschlands erfüllten.
Die Abbildung im vorigen Abschnitt (III 258) und Fig. 1 1 geben
eine gute Vorstellung von dem Randgebiet bei niedrigem Wasser-
stand. Dann ragen aus dem seichten Wasser und seiner Um-
gebung seltsame Wurzelgebilde empor, die erst in etwa einem
Meter Höhe in eine Anzahl schwacher Erlenstangen übergehen
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— 257 —
und an der Übergangsstelle einen Absatz bilden, der meist Moos
und Farnkräuter trägt. Aus der Wasserfläche ragten früher da-
zwischen überall Schwertlilien und andere Wasserpflanzen empor,
und ein dichtes Gewirre von Hottonia palustris erfüllte den Raum
zwischen ihnen. Im Winter steigt das Wasser bis an den Absatz
der Erlenstämme empor. In den letzten Jahren ist freilich der
See in jedem Herbst ausgetrocknet; die Hottonia hat sich eine
Zeitlang als dünner Rasen auf dem feuchten Boden erhalten; im
vorigen Sommer erfüllte ein Dickicht von Wasserkerbel (Oenanthe
phellandrium Lam.) das Hauptbecken, und man konnte den
unteren, mehr flußartigen Teil des Sees an vielen Stellen trockenen
Fußes überschreiten. Ein vielbegangener Fußpfad führt jetzt dem
rechten Ufer entlang nach Kelsterbach und gestattet ein bequemes
Betrachten, während am linken Ufer sich ein breiter bruchiger
Saum hinzieht, der mit Vorsicht zu betreten ist.
Man kann sich kaum einen größeren Kontrast denken als
den zwischen dem eben geschilderten „Urwald" und dem kaum
zehn Minuten entfernten Sandgebiet des Tannenwaldes oder,
wie der Schwanheimer sagt, des „Dannewaldes" (I 83). Ich
möchte namentlich den Lehrern empfehlen, bei Schülerexkursionen
in unseren Wald den Rückweg vom Rodsee nach Schwanheim
durch den Sand zu nehmen. Er ist leicht zu finden. Vom Wald-
saum führen mehrere Wege nach dem ihm parallelen Kelster-
bacher Weg, und schon eine Ackerlänge jenseits desselben be-
findet man sich auf einem Sandboden, der dem Märkischen Sand
nur wenig nachgibt. Es ist ein Teil der ausgedehnten Sandfläche,
die am Südrand des alten Nieddeltas sich nach Kelsterbach er-
streckt. Ein alter Mainlauf, derselbe, der den Rodsee bildet, be-
grenzt sie nach Süden ; heute schneidet der Main von Griesheim
bis Sindlingen mitten durch sie hindurch. Es ist Spessartsand-
stein, den der alte Main zerrieben und oberhalb der Nied ab-
gelagert hat, eine alte Uferbildung, aber stellenweise vom Winde
umgelagert und zu dünenartigen Bildungen umgewandelt. Zäher
Bauernfleiß hat seinen größten Teil für die Kultur gewonnen.
Aber in der Mitte ist ein großes Stück liegen geblieben, vielleicht
noch zehn Hektar haltend, an das der Pflug noch kaum gerührt
hat. Es hat früher einen geschlossenen Kiefernwald getragen, und
die Gemeinde Schwanheim hielt streng darauf, daß die Boden-
decke nicht aufgerissen wurde ; alte Erfahrung hatte sie offenbar
gelehrt, was das unter Umständen für sie bedeuten könnte. Als
17
— 258 —
aber zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts eine neue Zeit
anbrach und die Menschen klüger wurden als ihre Vorfahren und
gleichzeitig die Menschenzahl zunahm und mehr Land nötig
wurde, beschloß die Gemeinde 1812, den mitten in ihrer Gemarkung
liegenden Wald zu fällen, das Land anzureden und mit Obst-
bäumen zu bepflanzen. Es mag damals wohl eine feuchte Periode
im Maintal gewesen sein, die den Boden sich mit Vegetation
bedecken ließ, und die Gemeinde konnte den Erlös für das Land,
etwa 1000 Gulden, in den Kriegszeiten gut gebrauchen. Als aber
dann wieder trockene Zeiten kamen, zeigte es sich, daß die Alten
doch klüger gewesen waren, als sie das Pflügen im Sand ver-
boten. Die Bodendecke verschwand, und der Sand begann zu
wehen und lohnte den Ackerbau nicht mehr. Man ließ ihn als
„Drieschland" liegen. Als ich 1869 nach Schwanheim kam, hatte
sich in einer Reihe von feuchten Jahren der Boden wieder mit
Heidekraut, Quendel und Sandimmortelle bedeckt, die Gemeinde-
Schafherde weidete dort, und im Nachsommer brachten die
Bienenzüchter ihre Völker an geschützte Stellen und machten
reiche Honigernten. Hier und da standen noch riesige, meterstarke
Kirschbäume und, wo es einigermaßen anging, waren junge Obst-
bäume gepflanzt. Nur an einigen Stellen, auf den Dünen, war
der Kiefernwald stehen geblieben und in ihm ein paar Eichen-
gruppen, Überreste des älteren Waldes, in deren Schatten auf
Himmelfahrt oder Pfingsten nach alter Sitte die Gesangvereine
ihr Waldfest feierten. Nur eine einzige Stelle, wenige Quadrat-
meter groß, war blanker Sand. Da setzte 1882 die Trockenperiode
ein, die heute noch fortdauert. Die Bodendecke wurde immer
spärlicher, die jungen Zwetschen- und Kirschenbäume verküm-
merten, die alten starben ab, und die kahle Stelle wuchs mit
unheimlicher Schnelligkeit nicht nur in der Flächenausdehnung
sondern auch in der Tiefe. Aus der flachen Senke, in der sie
lag, wurde ein breites, tiefes Tal, und nun erinnerten sich auch
die alten Bauern, daß der Vorgang sich schon einmal abgespielt
und eine ganze Anzahl Morgen guten Landes — Gerstenboden —
mit Flugsand überschüttet hatte. Sie haben mir in den Sand-
gruben gar manchmal die alte Kulturschicht unter dem Sand
gezeigt. Wenn man an warmen Sommertagen bei Westwind dort
vorbeikam, konnte man meterhoch über dem Boden den Sand
in Bewegung sehen, das Bild eines echten Wüstensturmes im
kleinen, und konnte den Fortschritt der Verwüstung beobachten.
— 259 —
Die Kiefern des spärlichen Waldes, der die nicht in Kultur
genommenen Teile des Sandes bedeckt, sind eigentümlich sparrig
gewachsen, oft vielfach verzweigt, und die jüngeren und beson-
ders die am Rande stehenden Bäume zeigen einen eigentüm-
lichen latschenartigen Wuchs (III 264). Die unteren Äste kriechen
2 bis 3 m weit über den Boden hin; aber dann steigen die
Stämmchen senkrecht empor, ohne sich wie bei dem echten
Krummholz des Hochgebirges in der Richtung des vorherrschen-
den Windes niederzubeugen. Bei ganz jungen Exemplaren er-
kennt man deutlich, daß der unterste und oft auch der zweite
Quirl sich ganz flach auf dem Boden ausbreiten und erst mit
dem dritten die eigentliche Stammbildung beginnt. Es ist also
nicht, wie im Hochgebirge und wie in den Dünen der Nordsee-
inseln, der Sturm, der das eigentümliche Wachstum bedingt;
dieses ist vielmehr als eine Anpassungserscheinung, als Schutz
gegen die Austrocknung, zu betrachten. Wo der Mensch ein-
greift, lassen sich auch in diesem Sand ganz hübsche Stämme
erziehen; wo das aber nicht der Fall ist, behält jeder Stamm die
Äste bis zum Boden. Ein besonders interessantes Bild bietet der
Anblick von einer alten Krähenhütte aus, die auf dem nördlichen
Dünenzug steht.
Auch die niedere Flora hat allerhand Eigentümliches. Die
alte Bodendecke hat zwar in den letzten 31 Jahren schwer ge-
litten, aber ausgestorben dürfte wohl kaum eine der Arten sein.
Heidekraut, Quendel, die gelbe Sandimmortelle, die Zypressen-
Wolfsmilch {Euphorbia cyparissias L.) sind noch überall zu finden
und werden bei feuchteren Sommern bald wieder den Boden
bedecken. An den Rändern der Sandgruben gedeiht üppig die
Königskerze {Oenothera biennis L.), der Eindringling aus Nord-
amerika, und die Hundszunge {Cynoglossum officinale L.), im
Sommer von den Karpfenschwänzchen {Macroglossa stellatarum
L.) umschwärmt. Auch die nur auf solche Standorte beschränkte
blaue Jurinea cyanoides Bechst., ein Relikt aus der Steppenzeit,
das sich hier wie auf dem Mombacher Sand bei Mainz erhalten
hat, wird diese Trockenperiode, wie so manche vorher, unge-
fährdet überstehen.
Merkwürdigerweise findet sich im bewaldeten Teil des Sand-
gebietes eine ziemlich reiche Pilzfauna. Vorherrschend ist der
Fliegenpilz, dem sich vereinzelt der Pantherpilz anschließt; an
dem giftigen Knollenblätterpilz fällt die geringe Ausbildung der
17*
— 260 —
Wurzelknolle auf (III 280). Von den eßbaren Pilzen tritt der
Butterpilz ausschließlich in der Form des Sandröhrlings {Boletus
variegatus Swainson) auf, heller gefärbt, aber mit der charakte-
ristischen schmierigen, leicht abziehbaren Oberhaut ; er wird auf-
fallend selten von Maden angegriffen. Die Ziegenlippe vertritt
der Rotfuß {Boletus chrijsentereon Bull.), ebenfalls heller gefärbt,
mit zerrissener Oberhaut und wie die Stammform oft durch Maden
ungenießbar. Auch der Parasolpilz ist von der gewöhnlichen
Waldform einigermaßen verschieden.
Die Fauna des Sandgebietes ist natürlich eine sehr arme,
schon wegen des absoluten Wassermangels. Nur in einer einzigen
Sandgrube wird der Grundwasserspiegel erreicht und ist für den
Menschen durch eine rohe Holztreppe zugänglich gemacht. In
dem lockeren Flugsand finden selbst die Höhlenbewohner keine
geeigneten Wohnplätze. Das Kaninchen, das früher vereinzelt
vorkam, hat sich ganz in den Wald zurückgezogen; der Fuchs,
an dessen Vorkommen einige Namen von Gewannen erinnern, ist
verschwunden; Mäuse und Wühlmäuse gehen selbst in Mäuse-
jahren nur ganz vereinzelt über die Grenzen des Ackerbaues
herüber. Reptilien treten vollständig zurück ; doch scheint in den
Sandgruben die Zauneidechse {Lacerta agilis L.) in neuerer Zeit
etwas häufiger geworden zu sein. Nur noch für den Insekten-
sammler findet sich bessere Ausbeute. Im Gegensatz zum übrigen
Teil der Gemarkung (II 184) hat sich der Maikäfer {Melolotitha
hippocastani Fabr.) erhalten; es ist ausschließlich die Form mit
schwarzem Brustschild. Von Käfern hat ferner einiges Interesse
der im Juli fliegende zottige Maikäfer {Anoxia villosa F.). Auf
den Sand beschränkt, wenigstens in unserer Gegend, ist Cicin-
dela hybrida L., die merkwürdigerweise auf den sandigen Wegen
des Gemeindewaldes vollständig fehlt.
In den Sandgruben hat in den letzten Jahren Herr Dr. Guide
eine reiche Ausbeute an Wanzen gemacht; darunter befindet
sich eine ganze Reihe von Arten, die der pontisch-sarmatischen
Steppenfauna angehören, einige davon bis jetzt in ganz Deutsch-
land nur hier nachgewiesen, wie Camptotelus costalis H. S., Di-
jnorphopterus spinolae Sign, und Derephysia foliacea Fall. var.
hiroi Horv. Auch das eigentümliche Dünentier Chorosoma schil-
lingi Schml. und die sonst nur in Steppen lebende Pentatomide
Carpocoris Imiulatus Goeze kommen hier vor. Von seltenen
Geradflüglern sind Sphingonotus cyanopterum Chrp., Phanero-
— 261 —
ptera falcata Scop, und Calopiemis italicus L. zu erwähnen. Der
Ameisenlöwe ist nach demselben Forscher als Larve recht häufig ;
es ist Herrn Dr. Guide aber niemals gelungen, ein geflügeltes
Exemplar — das Tier fliegt gegen Abend — zu erbeuten.
Ein nicht unwichtiger Charakterzug unserer Sandfauna ist
das vollständige Fehlen aller Gehäuseschnecken, während in dem
sonst so ähnlichen Mombacher Sand einige Ai'ten {Vitrina, Xero-
phila costulata, Zehrina detrita) massenhaft auftreten. Dort ist
eben der Sand eine alte Stranddüne, aus zerriebenen kalkhaltigen
Tertiärschichten entstanden; unser Sand ist dagegen, wie schon
erwähnt, zerriebener Spessartsandstein und deshalb vollständig
kalkfrei, so daß Schnecken kein Material zum Aufbau ihrer
Häuser finden.
Anhang: Die Schwedenschanze.
Die Schwedenschanze gehört zwar nicht mehr zur Gemar-
kung Schwanheim, aber sie schließt sich untrennbar an deren
Wald an und darf deshalb und wegen der Rolle, die sie bei der
Festsetzung der Grenze unseres Waldes gespielt hat, nicht un-
erwähnt bleiben.
An der Westgrenze unseres Gemeindewaldes liegt ein Be-
zirk, der sich in vieler Hinsicht von den übrigen Teilen des
Waldes unterscheidet und den besonderen Namen „der Hinkel-
steiner Acker" trägt. Er ist bis in das vorige Jahrhundert hinein
immer von Zeit zu Zeit kahl abgetrieben und dann eine Reihe
von Jahren hindurch als Ackerland behandelt worden ; ließen die
Erträgnisse nach, so säte man ihn wieder mit Kiefernsamen an
und ließ die jungen Bäume schlagreif werden. Ein ähnliches
Bewirtschaftungssystem galt auch an einigen anderen Stellen im
Walde (z. B. am Alteberg). Am Hinkelsteiner Acker bricht die
regelmäßige Einteilung des Waldes ab; er ist offenbar erst später
demselben beigefügt worden, vielleicht, als das Dorf Husen (I 82),
Sindlingen gegenüber, Schwanheim einverleibt wurde.
Ein tiefer Wasserriß am Westrand des Hinkelsteiner Ackers
bildet heute die Gemarkungsgrenze und gleichzeitig die Landes-
grenze gegen das Großherzogtum Hessen. An der Westseite
seines Ausganges, der nach zwei Seiten steil abfällt, erhebt sich
ein Ringwall, den nach der Tradition die Schweden im Dreißig-
jährigen Krieg aufwarfen, um die „Wolfenburg" in Kelsterbach,
— 262 —
das feste Residenzschloß des Fürsten von Isenburg-Langen, zu
beschießen. Die Anlage dürfte aber sehr viel älter sein.
Der hessische Landeskonservator Herr Prof. Dr. Anthes
bemerkt über die Schwedenschanze : ^)
„Vor Kelsterbach liegen in einer schnurgeraden Linie auf
einer Strecke von über 25 km mindestens sieben größeren Hügel-
gräber-Gruppen, an denen die alte Straße [unsere heutige Süd-
grenze] vorbeigezogen sein wird. Im ersten Teil folgt ihr Verlauf
dem Hochufer des Flusses (der Kelsterbacher Terrasse). Da wo
sie den Main erreicht haben muß, liegt die Schwedenschanze,
20 Minuten vom Bahnhof, ganz nahe der Stelle, wo ein jetzt
entfernter Hinkelstein-) stand. Die Nordfront der Umwallung
schließt sich unmittelbar an das Steilufer an und ist hier am
flachsten, nur noch ca. ^ji m hoch. Die Seiten schließen sich
leicht gekrümmt an die Nordflanke an. Der größte Durchmesser
von West nach Ost beträgt von den Wallkronen aus gemessen
56, der kleinste 40 m. Im Süden ist der Wall, von der Graben-
sohle aus gerechnet, noch über 7 m hoch. Auf der dem Fluß
zugekehrten Nordseite zieht sich etwas bergabwärts eine kleine
Terrasse hin, deren Bestimmung im jetzigen Zustand unklar ist,
denn die Anlage hat trotz ihres noch recht stattlichen Ansehens
im Laufe der Zeit sehr gelitten; besonders das Innere ist wieder-
holt aufgefüllt imd zur Herstellung eines Festplatzes eingeebnet
worden. — Die Schwedenschanze macht durchaus den Eindruck
eines Ringwalles, obgleich auch hier ohne Ausgrabungen etwas
Sicheres nicht gesagt werden kann. Cohausen kommt in seiner
Beschreibung der 1883 in der Nähe aufgedeckten bronzezeitlichen
Hügelgräber auch auf die Schanze zu sprechen, hütet sich aber,
sie in unmittelbare Verbindung mit den Gräbern zu bringen oder
überhaupt ein Urteil auszusprechen. Angesichts der oben er-
wähnten Tatsachen muß aber auch diese Anlage unbedingt unter
denen aufgeführt werden, die dringend eine Untersuchung mit
dem Spaten erfordern."
Der genaueste Kenner der Ringwälle und ähnlicher Bau-
ten in unserer Gegend, Herr Architekt Thomas in Frankfurt,
schreibt mir:
„Meine Ansichten über die Kelsterbacher Schwedenschanze
sind heute genau dieselben wie die gegenwärtigen von Prof.
1) In: Archiv Hessische Geschichte N. F., Bd. V, S. 516.
2) Nassauische Annalen XVIII S. 200 ff.
— 263 —
Anthes. Wenn auch die bescheidene Anlage das Äußere eines
Ringwalles zeigt, so ist sie immerhin den weniger auffälligen
Besonderheiten nach als eine dem frühen Mittelalter zugehörige
Burg zu erkennen. Bei einer solchen war die Wehrlinie — genau
wie bei einem Ringwalle — als primitive Trockenmauer ausge-
baut, in ebenem Gelände hinter einem möglichst breiten Wehr-
graben, und erst in jüngerer Zeit trat, sofern ihr Bestand gesichert
werden sollte, an Stelle der Trockenmauer (aus Erde oder Stein)
die Mörtelmauer.
Bei meiner Untersuchung und sorgfältigen Aufnahme im
Jahre 1904 fand ich die Merkmale ihrer Bedeutung, die ich kurz
nachher dem Frankfurter Verein für Geschichte und Altertums-
kunde an Ort und Stelle auseinandersetzte. Die Ansicht, daß an
ihr eine Aptierung für Feuerwaffen vorgenommen sei ^), kann ich
leider nicht teilen. Im Gegensatz weist alles darauf hin, daß sie
schon sehr frühe ihre Bedeutung als Wehranlage verloren hat und
aufgegeben worden ist. Das auf uns Überkommene darf somit
ein erhöhtes Interesse beanspruchen. Die gegenwärtig noch er-
kennbaren Einzelheiten verweisen überzeugend auf die Abwehr
des Nahekampfes. Selbst die von Ihnen angeführte Besetzung
der Schanze in jüngster Zeit (in den Revolutionskriegen, Ko.) hat
keine Spuren von Änderungen zum Zweck der Feuerverteidigung
hinterlassen, ebensowenig sind dort Spuren vielleicht älterer Nach-
benutzung wahrzunehmen. Allerdings zeigen Wall und Graben
starke Verschleif ung. Dies kann jedoch bei vielhundertjährigem
Bestehen in Anbetracht der geringen Konsistenz der Bodenart
nicht wundernehmen. Daß aber der Hof etwas planiert worden,
ist mü- selbst erinnerlich. Dabei ist eine, im Burghof zentralge-
legene, den festlichen Veranstaltungen um 1860 hinderliche mäßige
Vertiefung ausgeglichen worden. Das ursprüngliche Bild der früh-
mittelalterlichen Schöpfung konnte damit wegen der Kenntnis
der Tatsache keine Beeinträchtigung erfahren ; denn bei der ver-
gleichenden Berücksichtigung des vorliegenden Restbestandes an
Elementen aus ihrer früheren Bauperiode neben den durch die
neue Forschung an verwandten Anlagen gesicherten Ergebnissen,
ist auch der verlorengegangene Ausbau in der Hauptsache kein
1) Ich hatte diese Ansicht bei einer Besichtigung zusammen mit dem
Landesgeologen Dr. Albert von Reinach gefaßt und in einem Brief an
Herrn Thomas ausgesprochen.
— 264 —
Rätsel mehr. — Von Funden weiß ich nichts; ein Bronzeschwert
soll vor sehr langer Zeit gefunden worden sein."
Ein wohlerhaltenes Bronzeschwert (? Scramasax) mit kupfer-
nen Nieten, in den achtziger Jahren bei Anlage eines Fußpfades
am Steilhang gefunden, wurde mir von Herrn Oberförster Thurn-
Mönchhof übergeben; ich gab es an Dr. von Reinach, und es
dürfte wohl mit dessen Sammlung in das Saalburg-Museum ge-
kommen sein.
Nachtrag.
(Zu I 86)
Zur Urgeschichte Schwanheims hat ein Fund, der bei der
Anlage der Wasserleitung in der Neugasse gemacht wurde, einen
wichtigen Beitrag geliefert. In anderthalb Meter Tiefe stießen
die Arbeiter auf eine Grabstätte aus der Bronzeperiode.
Der Finder war glücklicherweise ein geborener Heddernheimer,
der mit derartigen Sachen Bescheid wußte, und der Aufseher
sorgte dafür, daß alles geborgen und ich sofort benachrichtigt
wurde. Unter den Scherben einer — offenbar schon bei der
Bestattung beschädigt gewesenen — Tonurne lagen drei Arm-
ringe, tadellos erhalten, zwei aus starken Bronzeperlen bestehend
und an der Rückseite offen, der dritte aus Bronzedraht äußerst
zierlich geflochten und noch elastisch und federnd, und ferner
eine große durchbohrte Tonperle mit blauen eingebrannten Ver-
zierungen, die von Spirallinien umgeben waren. Außerdem fan-
den sich noch ein länglich viereckiger Metallrest, vielleicht die
Einfassung einer Messerscheide, mid ein kleines scharfkantiges
Kieselschieferblättchen, das offenbar zu dem Funde gehörte, da
der Lehm des Fundortes völlig steinfrei ist. Brandspuren sind
nicht gefunden worden. Der Fund ist in unserem Heimatmuseum
geborgen; Herr Archivdirektor Dr. Brenner in Wiesbaden wird
über ihn genauer berichten. Die Hoffnung auf weitere Funde
ist leider bis jetzt unerfüllt geblieben.
(Zu m 253)
Die Angabe über das Vorkommen des Wasserschier-
lings im Rodsee beruht nach einer freundlichen Mitteilung des
Herrn M. Dürer, des gründlichsten Kenners unserer Flora, auf
— 265 —
einer Verwechslung mit dem Wasserkerbel {Ocnanthe phel-
laudriu7n Lam.), der wenigstens für den Menschen nicht giftig
ist. Unser gelber Fingerhut ist nach demselben Digitalis
amhigua Murray).
(Zu m 277)
Der Täubling der gewöhnlichen Hexenringe auf den Wiesen
ist gelegentlich einer kleinen Pilzausstellung als der Masken-
ritterling ( Tricholotna person atum Fries) erkannt worden und
wird seitdem von den Schwanheimer Pilzfreunden als delikater
Speisepilz eifrig gesammelt. Auch der zweifarbige Ritter-
ling {Tricholotna bicolor Pers.) ist unter den guten Speisepilzen
anzuführen. Beide konnten 1912 bis zu den ersten Frösten im
November gesammelt werden.
— 266 —
Jahresfeier am 25. Mai 1913.
Den Festvortrag hielt der Begründer der ultramikroskopi-
schen Untersuchungsmethode Dr. H. Siedentopf- Jena:
„Über ultramikroskopische Abbildung mit Erklärung
kinematographischer Demonstrationen".
Da während des Vortrags eine große Reihe ultramikrosko-
pischer Aufnahmen neben solchen Bildern, wie sie das gewöhn-
liche mikroskopische Sehen liefert, gezeigt wurde, erläuterte der
Redner zunächst kurz das Wesen der Ultramikroskopie, die
im Jahre 1902 auf Anregung von Zsigmondy vom Vortragen-
den gefunden wurde. Man kann dabei nicht, wie der Laie anzu-
nehmen geneigt ist, durch besondere optische Einrichtungen über
die stärksten bisher angewandten Vergrößerungen hinausgehen.
Die Grenzen hierfür sind in der Wellennatur des Lichtes ge-
geben: Durchdringen Lichtwellen die feinsten Strukturen eines
miki'oskopischen Präparates, so treten Beugungserscheinungen
auf, die eine richtige Abbildung von Einzelheiten unterhalb einer
bestimmten Ausdehnung durch noch so vollkommene Linsen-
systeme unmöglich machen. In der Ultramikroskopie aber hat
man mit dem Prinzip der direkten Abbildung gebrochen. Einzel-
heiten, die man beim gewöhnlichen Mikroskopieren nicht mehr
erkennen kann, die ihre Anwesenheit aber durch Störungen im
direkt abbildenden Strahlenbüschel verraten, erkennt man durch
seitliches Betrachten dieses Strahlenbüschels im „ D u n k e 1 f e 1 d "
an den Beugungserscheinungen. In der Praxis wird durch be-
stimmte Blenden oder Kondensoren das beim gewöhnlichen Mi-
kroskop durch das Objekt von unten hindurch gelangende zentrale
Licht fortgenommen und das Objekt im Dunkelfeld nur von den
Seiten beleuchtet, wodurch ein sog. Refraktionsbild erzielt
wird. Damit werden bei allen gebräuchlichen Vergrößerungen
unserer Mikroskope an den verschiedensten Untersuchungsgegen-
ständen Teile im Dunkelfeld sichtbar und der Untersuchung zu-
gänglich gemacht, die im Hellfeld ganz oder teilweise verloren
gehen. Freilich muß die Ultramikroskopie dabei auf ein getreues
Bild des Objektes mehr oder minder verzichten.
— 267 —
Die im Verhältnis zur Hauptaufgabe des Vortrags wohlbe-
messenen theoretischen Ausführungen des Redners ließen den
kinematographischen Bildern den nötigen Raum ; möglich
gemacht waren diese durch das freundliche Entgegenkommen des
Zeiss-Werkes in Jena, das die wertvolle Apparatur kostenlos
zur Verfügung gestellt hatte. Die Aufnahmen bewegten sich in
den verschiedensten Zweigen der Naturwissenschaften und er-
wiesen die ausgedehnte Anwendungsmöglichkeit dieser neuen Art
der Projektion. Aus der Physik wurde die Brown sehe Mole-
kularbewegung vorgeführt, aus der Chemie die Umwandlung
von weißem in roten Phosphor. Den größten Anteil aber hatten
die biologischen Wissenschaften durch die Vorführung
lebender Organismen. Auf der Leinwand bewegt sich das Plasma
in pflanzlichen Zellen, und die Pollenschläuche wachsen
— allerdings in stark beschleunigtem Tempo — auf die weib-
liche Narbe zu, solange die darunterliegende Eizelle noch nicht
befruchtet ist. Wundervoll plastisch rollen die Volvoxkugeln in
ihrer steten, ruhigen Bewegung; einige entlassen vor unseren
Augen Tochterkolonien. Freunde der Protozoen und anderer
„Lebewesen des Wassertropfens" müssen ihre helle Freude ge-
habt haben an dieser Wiedergabe verschiedener Formen in allen
Einzelheiten der fast für jede Art charakteristischen Bewegun-
gen: dem Weiterschrauben der Paramaecien, dem ruckweise er-
folgenden Aufrollen des Stieles, dem Schlag der Wimpern im
Peristomfeld der Vorticellen, dem Marschieren der Stylonychien.
Lebensvorgänge im Plasma der Einzeller, die sich bisher nur
dem geübten Beobachter unter dem Mikroskop offenbarten, wie
das Spiel der kontraktilen Vakuolen in Amöben und Paramaecien,
Kern- und Zellteilung, Kopulation usf., können dreihundert Hörern
auf einmal und denkbar anschaulich gezeigt werden. Die zunächst
ganz auf individueller Beobachtung basierenden Angaben über
das physiologische Verhalten der Einzeller gegen verschiedene
Reize, wie z. B. den elektrischen Strom, erscheinen nun auf dem
Lichtschirm eines Hörsaals!
Auch die Metazoen waren vertreten: die kleinen Krebse
des süßen Wassers, Daphnien und dann Kopepoden, deren Nau-
plien beim Auskriechen aus dem Ei auf den Film gebannt waren,
Rädertiere, die zierlichen Plumatellen mit ihren äußerst sensiblen
Tentakelbüschen und Hydra beim Verschlingen ihrer Beute.
Freilich kann bei diesen größeren und dichteren Objekten auch
— 268 —
das exakteste Fokiisieren während der Aufnahme die individuelle
Beobachtung nicht ganz ersetzen; das kinematographische Bild
bietet aber alles, was etwa ein Praktikant an einem lebenden
Objekte sehen würde.
Sehr instruktiv sind die Aufnahmen der Trypanosomen im
Blute, der Spirochäten und der Spermien, sowie die Einverlei-
bung der Trypanosomen in weiße Blutkörper durch Phagocytose.
Zwei Diapositive, welche die Apparate zur Herstellung von
kinematographischen Aufnahmen im Ultramikroskop zeigen, wur-
den zum ersten Male vorgeführt.
Der Vortrag hat nach zwei Seiten hin viel gegeben : Er ver-
mittelte einmal eine klare Vorstellung über das Wesen und das
Aussehen eines ultramikroskopischen Bildes und bewies sodann
die hohe Bedeutung, die dem vielgeschmähten „Kino" zukommt,
wenn er einmal als Unterrichtsmittel zugänglicher sein wird
als heute. Schon die kinematographische Demonstration der See-
igelentwicklung durch Prof. Fl e seh am S.November 1911, sowie
die Vorführung „lebender Bilder" unserer einheimischen Sing-
vögel und des afrikanischen Großwildes durch Prof. Heck am
17. November 1912^) hatten den weiteren Ausbau dieses Hilfs-
mittels für den Unterricht vermuten lassen. Was aber jetzt ge-
boten wird, zeigt, daß diese Art der Veranschaulichung von
Naturform und Naturvorgang unentbehrlich für unsere bio-
logischen Lehrinstitute werden wird, und daß ihr bald kein grö-
ßeres Institut mehr wird entraten wollen. Begriffe, wie der der
amöboiden Bewegung können damit im Augenblick klar gemacht
sein; für manche populären Vorträge wird der Kinematograph
schließlich conditio sine qua non werden. Freilich wird in der
Biologie die Kamera kaum je imstande sein, das menschliche
Auge zu ersetzen oder an Aufnahmefähigkeit zu übertreffen,
wie in der Astronomie. Aber sie ist, namentlich jetzt in Ver-
bindung mit dem Kinematographen, dazu berufen, die Re-
sultate wissenschaftlicher Forschung durch die ursprünglichste
und beste pädagogische Methode, die der eigenen Anschau-
ung, rascher und klarer Allgemeingut werden zu lassen, als
dies die übersichtlichste Abhandlung oder das beste Bild oder
der vollendetste Vortrag je vermögen.
L. Nick.
1) Siehe 43. Bericht 1912 S. 150 und 44. Bericht 1913 S. 120.
Jf
(HJ'piinlsJiH
271 —
Friedrich Kinkelin
gest. 13. August 1913 zu Frankfurt a. M.
Ein rastloses Leben liegt abgeschlossen vor uns; aber der
Tod war ihm kein Zerstörer, er kam als Erlöser. Seit dem Ent-
schlafenen vor Jahresfrist seine treubesorgte Gattin im Tode vor-
ausgegangen war, erlosch sichtlich die bewundernswerte Stand-
kraft, die trotz aller Leiden des Alters den zähen Körper erfüllte,
und ein müder Greis sehnte sich nach Ruhe. Er hat sein Leben
lang nicht allzuviel davon genossen!
Georg Friedrich Kinkelin war am 15. Juli 1836 zu
Lindau geboren, wo sein Vater als Arzt praktizierte und er selbst
im Kreise jüngerer Geschwister seine glückliche Kindheit und
die ersten frohen Jugendjahre verlebte. Frühzeitig trat seine
große musikalische Begabung zutage, die durch die Pflege der
Musik im Hause seines Vaters, der lange Vorstand des Lindauer
Liederkranzes gewesen ist, zur Meisterschaft im Gesang geför-
dert wurde: ein kostbares Erbteil, das ihm und anderen viele
Stunden des Lebens verschönt hat. Die prachtvolle landschaft-
liche Umgebung seiner Vaterstadt, der Bodensee und die am
Pfänderzug gelegene malerische Ruppburg, der Lieblingsschau-
platz seiner frohen Jugendspiele, weckten früh den Sinn des
lebhaften Knaben für die Schönheiten der Natur und ließen in
ihm, der ursprünglich für den Beruf eines Landwirtes bestimmt
war, immer eindringlicher den Wunsch wach werden, sich dem
Studium der Naturwissenschaften zu widmen. Dieser, seiner
innersten Neigung folgend, studierte er nach Absolvierung der
Lateinschule zu Lindau und Augsburg und der Gewerbeschule
daselbst an der polytechnischen Schule zu München und der
Universität Berlin und hospitierte dann weitere zwei Semester
an der Münchener Universität, indem er sich nebenher auch noch
auf das Gymnasial -Maturitätsexamen vorbereitete. Im Herbst
1858 bestand er die Reifeprüfung am Maximilians-Gymnasium zu
— 272 —
München. Die Staatsexamina in Naturbeschreibung und Chemie
schlössen 1861 sein Universitätsstudium ab, das er noch drei
Jahre lang in München fortgesetzt hatte.
Fritz Kinkelin ist ein strebsamer, ungemein fleißiger Stu-
dent, aber auch ein flotter Bursch gewesen, der das grünweiß-
schwarze Band der Algovia, das später durch die schwarzrot-
goldenen Farben der Münchener Bm'schenschaft Arminia ersetzt
wurde, froh und stolz getragen hat und für seine Überzeugung
auch mit der blanken Klinge eingetreten ist.
Unter dem Einfluß seiner Münchener akademischen Lehrer
Oppel, von Kobell und Buchner waren Paläontologie und
Geologie, Mineralogie und Chemie die Lieblingsgebiete seines
Studiums geworden; doch war es zunächst die Chemie, in der
Kinkelin als Assistent an der Gewerbeschule zu Lindau und
am chemisch-technischen Laboratorium (Prof. Bolley) zu Zürich
seine weitere Ausbildung suchte, bis er 1863 die Leitung ei-
ner Farbenfabrik in Berlin übernahm (bis 1866). Das rastlose
Treiben und Drängen um die Rentabilität des Geschäftes und
kaufmännische Anforderungen, die in seiner neuen Stellung an
ihn herantraten, paßten jedoch schlecht zu dem auf ruhige, ernste
Forschertätigkeit gerichteten Wesen Kinkelins, und nachdem
noch dazu sein junges häusliches Glück dm-ch den Tod seiner
ersten Gemahlin ein jähes Ende gefunden hatte, gab er seine
einträgliche Stellung auf und widmete sich, nach vorübergehen-
der Tätigkeit an einer anderen chemischen Fabrik in Staßfurt,
dem Lehrerberuf, der ihm neue Aussichten auf die Befriedi-
gung seiner innersten Neigungen eröffnete.
Am 6. Mai 1867 wurde Kinkelin als Bezirkslehrer für
Arithmetik, Physik und Naturgeschichte an der Schule zu Zo-
fingen im schweizerischen Kanton Aargau angestellt, eine Stel-
lung, die ihm Muße genug ließ, die geologisch-paläonto-
logischen Studien, die er schon als Student betrieben, mit
neuem Eifer wieder aufzunehmen. Und mit welchem Ernst hat
er sich neben seiner Berufstätigkeit diesen Studien gewidmet.
Bald hatte er einen Kreis gleichgesinnter Freunde, „der Engere''
genannt, um sich versammelt. Allwöchentlich fanden im Hause
eines der Mitglieder Zusammenkünfte statt, zu wissenschaftlichem
Austausch und zu gemütlicher Pflege der Freundschaft. Kin-
kelin war die Seele der Vereinigung. Er war der Lehrer der
anderen, der Führer auf geologischen Exkursionen in den Schwei-
— 273 —
zer Jura, die oft mehrere Tage, mitunter bis zu einer Woche
dauerten. Die wenigen noch lebenden Freunde aus jenem Kreise
zählen diese Exkursionen, auf denen sie Kinkel in begleiten
konnten, zu ihren schönsten Erinnerungen aus einer fast
ein halbes Jahrhundert zurückliegenden ZeitI In Zofingen hat
Kinkelin auch ein neues Glück in der Ehe mit einer Schwester
seiner ersten Gattin (1870) gefunden.
Als er nach sechsjähriger Tätigkeit seinen dortigen Wirkungs-
kreis verließ, schenkte er ein gut Teil seiner reichen Sammlun-
gen, namentlich Petrefakten aus dem Schaffhauser Jura, seinem
Freunde H. Fisch er-Sigwart, dem verdienstvollen Beobachter
des schweizerischen Reptilien- und Amphibienlebens. Sie sind
jetzt mit dessen eigenen Funden als stattliche geologisch-paläon-
tologische Sammlung dem Museum einverleibt, das von einem
hochherzigen Zofinger Bürger seiner Vaterstadt geschenkt wor-
den ist. Auch in späteren Jahren hat Kinkel in noch manches
wertvolle Stück dem Museum in Zofingen zugewandt; dort ist
in treuem Gedenken an sein rastloses Wirken auch sein Bild
aufgehängt mit der Aufschrift
„Ein Freund und Gönner unseres Museums" .
Ostern 1873 wurde Kinkelin als Nachfolger Karl Kochs,
des späteren Landesgeologen, an die Realschule und höhere
Töchterschule der hiesigen Israelitischen Religionsgesellschaft
berufen. Im Mai 1874 promovierte er in Basel und zu Ende des-
selben Jahres wurde er vom Preußischen Unterrichtsminister vom
Examen pro facultate dispensiert. Vom Herbst 1876 an wirkte
er als Oberlehrer der Naturwissenschaften vorübergehend an
der hiesigen Musterschule, dann an der Elisabethenschule und
an dem mit ihr verbundenen Lehrerinnenseminar, bis er nach
dreißigjähriger Dienstzeit an den städtischen höheren Schulen
Frankfurts am 1. Oktober 1906 in den wohlverdienten Ruhestand
trat. Im Herbst 1894 war ihm bereits der Professortitel ver-
liehen worden.
Die warmherzigen Worte der Erinnerung, die dem erfolg-
reichen Wirken des Entschlafenen an seinem Grabe von den
Direktoren der Elisabethenschule und des Lehrerinnenseminars
gewidmet worden sind, sie bekunden die hohe Verehrung, deren
sich Kinkelin bei allen seinen Mitarbeitern zu erfreuen hatte,
und zugleich die anhängliche Liebe und Dankbarkeit, die ihm
18
— 274 —
aus weiten Kreisen seiner ehemaligen Schülerinnen über den Tod
hinaus bewahrt werden!
Ja, er hat in vorbildlicher Treue sein hohes Amt ver-
sehen, obwohl es ihm nicht den ersehnten Beruf brachte. Diesen
fand er vielmehr — hier, wie in Zofingen — in den Stunden,
die der Dienst des Tages ihm übrigließ, und er hat ihn mit aller
Kraft ausgefüllt. Und hier ist auch die tiefe Dankesschuld abzu-
tragen, die die Senckenbergische Naturforschende Ge-
sellschaft und ihr Museum, damit aber zugleich ganz
Frankfurt, dem Verstorbenen zollen muß. Unmittelbar nach
seiner Übersiedelung hierher trat er der Gesellschaft als Mitglied
bei; noch im gleichen Jahre (1873) wurde er zum arbeitenden
Mitglied ernannt, — nomen est omen in diesem Fall — und dann
bekleidete er nicht weniger als zehn Jahre lang (1875-1884) die
Stelle des ersten Schriftführers der Gesellschaft. Niemand außer
ihm hat in den letzten 70 Jahren diesen Posten so lange Zeit
mit Treue und Unermüdlichkeit versehen; aber es kennzeichnet
Kinkelin vollständig, daß er außerdem noch Zeit fand, in der
Bibliotheks-Kommission, in den Redaktionen des Berichts und der
Abhandlungen, der Ordnung des Archivs und den Kommissionen
zur Erteilung des v. Reinach-Preises und des Askenasy-Stipen-
diums fleißig mitzuarbeiten und sich trotzdem mit voller Kraft
auf die Geologie der neuen Heimat zu werfen. Seine
innige Freundschaft mit Karl Koch, dem frühverstorbenen
Landesgeologen und hervorragenden Forscher, hat ihn wohl in
diesem Vorhaben bestärkt, und fast alle seine zahlreichen Pu-
blikationen im Bericht und in den Abhandlungen der Sencken-
bergischen Gesellschaft dienen der geologischen Erforschung der
Frankfurter Umgegend. Sie ist nicht zuletzt durch Kinkelin zu
einer der bestbekannten Gegenden Deutschlands geworden. Aber
wie hat er auch gesucht und geforscht! Keine Straßengrabung,
keine Ausschachtung für einen Hausbau wurde jahrzehntelang
geschaffen, ohne daß er sie gesehen hätte. Entstanden nun gar
größere Aufschlüsse, wie sie z. B. für die Mainkanalisation, die
Frankfurter Hafenbauten und die Wassergewinnung aus dem
Stadtwald notwendig wurden, so war er täglich in Wind und
Wetter draußen und schleppte alle Funde getreulich ins Museum.
Seine Arbeiten sind eine wahre Fundgrube für wissenschaftliche
Beobachtungen. Wo heute lange Straßenzüge die Erdschichten
verhüllen, da hat er noch gesammelt, und so ist die Lokalsamm-
— 275 —
lung aus der näheren und weiteren Umgebung Frankfurts, sein
ureigenstes Werk, eine Zusammenstellung von bedeutsamen Do-
kumenten geworden, die heute nirgends mehr erreichbar sind.
Kein Wunder, daß er als der beste Kenner des geologischen
Baues unserer Gegend oft um seinen Rat gebeten wurde, wenn
es galt, die Wasserversorgung der wachsenden Großstadt
Frankfurt auszubauen und zu verbessern.
Wie hat sich Kinkelin gefreut, 1882 zuerst Vorlesungen
über die Geologie der Heimat halten zu können, und wie hat er
Jahr für Jahr sich bemüht, seine Begeisterung für die Wissen-
schaft anderen einzuflößen. Hier sei vor allem Albert von
Reinachs gedacht, den er auf zahlreichen Exkursionen in die
Geologie der Umgegend einweihte und ihn so befähigte, in selb-
ständigem Schaffen seiner Lieblingswissenschaft zu nutzen.
Im Jahre 1884 wurde Kinkelin mit seinem Freunde Oskar
Boettger Sektionär der geologisch-paläontologischen Abteilung
des Museums, und sofort beginnen alljährlich im Bericht aus-
führliche Mitteilungen über die Vermehrung „seiner Sektion" zu
erscheinen. Überall in der Sammlung ist seine saubere, klare
Handschrift zu sehen, und keine der zahlreichen Gruppen ist un-
vermehrt geblieben, obwohl die Mittel zu Anschaffungen damals
noch knapper waren als in der Gegenwart. Zwei Abteilungen
aber waren seine Lieblinge: einmal die diluvialen Wirbel-
tiere von Mosbach bei Wiesbaden und dann die reichen
fossilen Floren des Mainzer Beckens. Besonders die
letztgenannte Gruppe hat ihm Freude und Genugtuung bereitet
und hat den größten Anteil an der wissenschaftlichen Bedeutung
seiner Arbeiten. Die reichen Pliozän-Floren, die er zuerst in
der Niederräder Schleusenkammer nachwies und mit unendlicher
Mühe, von zahlreichen Freunden unterstützt, aus dem zähen,
schmutzigen Letten gewann, sind ein einzigartiger Besitz des
Senckenbergischen Museums geworden, und Kinkelins wissen-
schaftliche Arbeiten darüber, die wahrhaft erschöpfend alle Fra-
gen behandeln, haben den Wert der Sammlung ungemein erhöht.
Niemand wird über das Pliozän der weiteren Umgebung Frank-
furts, ja von ganz Westeuropa überhaupt, arbeiten können, ohne
seine Arbeiten darüber zu studieren.^) Darum hat ihn auch die
^) Hervorgehoben seien aus der Fülle von Kinkelins Publikationen
die beiden großen Arbeiten über die Oberpliozän-Flora der Frankfurter
Gegend in den Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge-
18*
— 276 —
Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft zweimal mit
dem V. Reinach-Preis ausgezeichnet (1893 und 1908).
Und als Kinkel in endlich im Jahre 1888 einige Räume zur
Aufstellung einer geologisch-paläontologischen Schausammlung
bekam, mit welcher selbstlosen Zähigkeit und welcher schier un-
begreiflichen Arbeitskraft hat er jede freie Minute seiner Sektion
gewidmet! In den unterirdischen Räumen am Eschenheimer Tor
hauste er, umgeben von Kisten und Kasten, von Schlämmproben
und fossilen Knochen, stets bereit, seine Sammlungen zu zeigen,
und immer bedacht auf ihre Vergrößerung. Mit dickem Mantel
und schweren Filzschuhen bekleidet, hat er im Winter in den
ungeheizten Sälen gearbeitet und sich oft sein Mittagessen ins
Museum schicken lassen, nur um vorwärts zu kommen. Kein
Wunder, daß ihm seine Sammlung ans Herz gewachsen war,
und daß es ihm schwergefallen ist, sich mit den vielen neuen
Ideen abzufinden, die nach der Verlegung des Museums an die
Viktoria-Allee kamen und kommen mußten. Zäh hielt er an dem
für Recht Erkannten fest; war er aber einmal nach langem
Ringen überzeugt, daß das Neue auch wirklich besser war, dann
gab es kein Zögern und kein mißmutiges Beiseitestehen; dann
war er der erste, der mit Feuereifer die Arbeit begann. Er hat
das Aufblühen seiner Sektion bis zuletzt mit dem allerregsten
Interesse verfolgt. Gern hat er bis in die letzten Monate seines
Lebens hinein Freunden und Kollegen die Sammlungen gezeigt,
und noch in den Ostertagen dieses Jahres hat er sich trotz aller
Schwäche ins Museum bringen lassen, um die Süddeutschen Geo-
logen noch einmal zu begrüßen und mit ihnen einen Händedruck
zu tauschen.
So hat er die Grundlagen der geologischen Sammlung in
Frankfurt in rastloser Tätigkeit geschaffen; so ist sein Leben
ein Kette von Mühe und Arbeit für sein Ideal gewesen. Der
Weg zu seinem Ziel führte ihn geradeaus, und dabei ist er gar
manchmal mit seinem rücksichtslosen Draufgehen, mit seinem
Haß gegen jede Diplomatie, hart angestoßen. Aber er hat nie
Seilschaft 15. Band 1886 und 29. Band 1908, sowie die abschließende Studie
über den Oberpliozän -See, ebenda 31. Band 1912. — Eine umfassende
Zusammenstellung aller bisherigen Kenntnisse über das Tertiär und
Diluvivim unserer Gegend enthält seine Arbeit „Die Tertiär- und
Diluvialbildungen des Untermaintales, der Wetterau und des Südabhanges
des Taunus" in den Abhandlungen zur geologischen Spezialkarte von Preußen
luid den Thüringischen Staaten Bd. 9 Heft 4 1892.
— 277 —
etwas nachgetragen, und immer wieder hat er den Gegner be-
zwungen durch seine Energie, die alle Kraft seinem Museum
widmete, und die vor allem keine Rücksicht gegen sich selbst
kannte. Es ist ihm mit seiner Eigenheit im Leben nicht leicht
geworden, und mancher, der ihn nicht kannte, hat nur die rauhe
Außenseite seines Wesens kennen gelernt. Aber wer ihm näher
trat, der erkannte den absolut zuverlässigen, warmherzigen Mann,
der treu gegen andere war, der aber auch treu seiner Über-
zeugung folgte, und dem jede Äußerlichkeit fremd war. Sein
Leben galt dem Dienst der "Wissenschaft und der
selbstlosen Arbeit zu ihrem Nutzen; so wird die Wissenschaft
ihm durch ein warmes Gedenken über das Grab hinaus dankbar
sein. Seine zweite Heimat Frankfurt aber darf den Namen
Friedrich Kinkelin neben den ihrer besten Söhne eintragen!
F. Dreverrnann.
— 278
Carl 6erlach
geb. 28. 2. 1843 zu Frankfurt a. M., gest. 15. 8. 1913 zu Freiburg i.B.
Dr. med. Carl Gerlach war der Unsere mit Leib und Seele!
Von früher Kindheit an bis zu seinem Tode hat er der Sencken-
bergischen Gesellschaft das lebhafteste Interesse entgegen-
gebracht: als Knabe und noch als Greis ist er ein regelmäßiger
Hörer unserer Vorlesungen gewesen, in seinen besten Mannes-
jahren hat er unablässig für das Museum gesammelt, und noch
über den Tod hinaus ist er durch ein großherziges Vermächtnis
auf die weitere Entwicklung unserer Schausammlung bedacht
gewesen.
Die Liebe zur Natur war ihm angeboren. Mit seinem fast
gleichaltrigen Mitschüler und Freunde Oskar Boettger, dem
Sohn des Dozenten der Chemie am Physikalischen Verein, war
Gerlach ein täglicher Gast in Rudolf Boettgers Labora-
torium, das sich damals in unserem alten Museum am Eschen-
heimer Tor befand, und dadurch auch ein häufiger Besucher
unseres Museums. Hier haben beide Knaben die erste An-
regung zum Sammeln von Naturalien empfangen, und dieser
Neigung sind sie ihr ganzes Leben treu geblieben. Als Primaner
des hiesigen Gymnasiums haben sie die Vorlesungen unserer
Gesellschaft und der Dr. Senckenbergischen Stiftung besucht:
Lucae, Weinland, Georg Fresenius und Volger waren
ihre Lehrer, die den jungen Ger lach für die Medizin und die
Naturwissenschaften zu begeistern wußten.
Nach Absolvierung des Gymnasiums (1863) studierte Carl
Gerlach in Tübingen, Freiburg, Greifswald und Marburg, über-
all bedacht, seine Sammlungen zu vergrößern, — er hatte sich
unter dem Einfluß Otto Volgers besonders auf fossile und
rezente Schnecken verlegt — und die Ferienaufenthalte im
Elternhaus stets fleißig zum Ai'beiten in der Senckenbergischen
^.y<L^ Ä^C^lt^— Z-
Cd^
— 281 —
Anatomie und unter C. F. Nolls Anleitung in unserem Museum
benutzend. Nachdem er 1868 in Marburg die medizinische Staats-
prüfung abgelegt imd promoviert hatte, ließ er sich als prak-
tischer Arzt in seiner Vaterstadt nieder und war zunächst als
Armenarzt für die hiesige Deutsche reformierte Gemeinde tätig.
Doch bald war ihm eine besonders günstige Gelegenheit geboten,
sich in Hongkong als Arzt niederzulassen, und Carl Gerlach
wäre der letzte gewesen, ein solches Anerbieten auszuschlagen,
das seinem Sammeleifer ein neues, weites Feld der Betätigung
eröffnete. Im Frühjahr 1869 verlegte er seinen Wohnsitz nach
Hongkong, und dort hat er während eines Menschenalters eine
reich gesegnete ärztliche Tätigkeit entfaltet. Indessen war er
seiner großen Klientel nicht nur ein sorgsamer ärztlicher Be-
rater, sondern auch der treueste Freund, und er ist es den vielen
deutschen Familien, die er im fernen Osten kennen gelernt hat,
geblieben, längst nachdem sie nach Europa zurückgekehrt waren,
und nachdem er selbst die ärztliche Praxis aufgegeben hatte.
Stets eifrig bestrebt, den Fortschritten seiner Wissenschaft
zu folgen, führte ihn die Kunde von Robert Kochs bahn-
brechender Entdeckung des Cholera- und des Tuberkulose-Bazil-
lus nach Deutschland zurück, wo er sich 1885 im hygienischen
Institut zu Berlin mit den subtilen mikroskopischen und bakterio-
logischen Untersuchungsmethoden bekannt zu machen suchte, um
auf dem neu errungenen Gebiet wissenschaftlicher Forschung
selbständig mitarbeiten zu können. Es war das einzige Mal wäh-
rend seines zweiunddreißigjährigen Aufenthaltes in Hongkong,
daß er vorübergehend in die Heimat zurückkam. Im übrigen
nützte er die Zeit beruflicher Ferien stets zu längeren Studien-
und Sammelreisen in das Innere von China und Japan aus,
deren reiche Früchte sich zum großen Teil in unserem Sencken-
bergischen Museum befinden. Vor allem ist es eine prachtvolle
Kollektion von Kieselschwamm-Skeletten, darunter eine riesige
Eupleciella imperialis aus der Sagami-Bai, alle in mustergültiger
Erhaltung, die nur der Sorgfalt zu danken ist, mit der Gerlach
persönlich den Transport dieser zerbrechlichen Gebilde über-
nahm. Auch unsere geologische Sammlung aus dem Mainzer
Becken ist durch ihn, in Verbindung mit Boettger, vielfach
gefördert worden.
Im Jahre 1901 kehrte der 58jährige endgültig nach Frankfurt
zurück und trat nun — nachdem er bereits am 24. April 1869
— 282 —
zum korrespondierenden Mitglied der Gesellschaft er-
nannt worden war — in die Reihe der arbeitenden Mit-
glieder ein. Freilich hat er an den Arbeiten der Verwaltung
nur selten teilgenommen; um so regelmäßiger aber hat er bis
in die letzten Wochen seines Lebens hinein unsere zoologischen
und paläontologischen Vorlesungen und alle wissenschaftlichen
Sitzungen besucht, stets in einer der ersten Reihen des Hörsaals
sitzend und mit gespannter Aufmerksamkeit den Ausführungen
der Vortragenden folgend.
Nur wenige unserer jüngeren Mitglieder haben den schlich-
ten, bescheidenen Mann noch kennen gelernt; kaum einem von
ihnen ist er persönlich nahegetreten. Aber mit seinem alten
Freunde, unserem Oskar Boettger, mit dem er während seiner
langjährigen Abwesenheit in regstem Briefwechsel und wissen-
schaftlichem Meinungsaustausch stand, ist er in enger Freund-
schaft verbunden geblieben, bis Boettgers Tod im Herbst 1910
das Band zerrissen hat^ das beide Männer länger als ein halbes
Jahrhundert aufs engste verknüpft hatte. Nun ist auch e r heim-
gegangen, ein edler, guter Mensch, ein pflichttreuer Arzt, ein
begeisterter Anhänger und Förderer seiner Wissenschaft, dem
die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und ihr Mu-
seum in aufrichtiger Dankbarkeit über das Grab hinaus ein treues
Gedenken bewahren wird!
A. K?ioblauch.
283 - /<^IW< ^
|l:uI L I 8 R A !
Aus der Schausammlung.
Der Scliopfibis.
Mit einer Abbildung.
Der Schopfibis ist ein Charaktervogel der öden Gebirge
Kleinasiens, Syriens, Arabiens und Abessiniens. Einzelstehende,
steile Felsklippen sind sein Lieblingsaufenthalt, so daß der etwa
haushuhngroße Vogel mit seinem metallisch schimmernden, raben-
schwarzen Gefieder, dem nackten Kopf und dem mähnenartigen
Schopf im Nacken schon auf weite Entfernungen in die Augen
fällt. Die nackten Wangen, der Schnabel und die Füße dieses
seltsamen Tieres, das, obwohl es Sumpf und Wasser überhaupt
meidet, den Ibissen zuzurechnen ist, sind von purpur- bis braim-
rötlicher Färbung; den nackten Oberkopf bedeckt im Alter eine
bläulichschwarze hornige Platte.
Wie ein Märchen aus uralten Zeiten mutet es uns an, wenn
wir erfahren, daß dieser Vogel oder ein ihm äußerst ähnlicher
Verwandter, der Waldrapp, noch vor gar nicht allzulanger Zeit
in den Alpen, ja sogar im Frankenjura nistete. Der vortreffliche
schweizer Zoolog Conrad Gesner war es, der den Waldrapp
am Ende des sechzehnten Jalu"hunderts zuerst als „corvus sil-
vaticus" beschrieb und in seiner Historia animalium abbildete.
Nach G e s n e r s Angabe nistete der Waldrapp — Waldrabe {cor-
vus süvaticus) nach heutiger Schreibweise — auf isolierten Fels-
schroffen im obersten Rheintal, im Schweizer Jura bei Mariastein
und auf Juraklippen bei Kelheim und Passau. Er kam mit den
Störchen, zog aber weit früher als diese, schon anfangs Juni,
wieder nach Süden, nachdem er zwei oder drei Junge großge-
zogen hatte. Die jungen Waldrappen galten, so lange sie noch
nicht fliegen konnten, für einen besonderen Leckerbissen, wes-
halb ihnen eifrig nachgestellt wurde. Die rücksichtslose Verfol-
gung der Vögel mußte bald zu ihrer völligen Ausrottung führen.
oc
Si
— 285 —
und tatsächlich wird schon im Jahre 1620 (in Rebmanns Na-
turae magnalia) der Waldrapp zum letzten Male, und zwar aus
dem „höchsten Birg" erwähnt. Nach Lauterborn und Killer-
mann dürfen wir eine Stelle bei Plinius, Historia naturalis,
Lib. X, als Beleg für das Vorkommen des Waldrapps in den Al-
pen im ersten Jahrhundert n. Chr. ansehen; eine spätere Chronik
erwähnt diesen Vogel aus der Zeit Friedrichs IL bei Bad
Pfäfers in der Schweiz, so daß seine Existenz in Mitteleuropa
durch sechzehn Jahrhunderte hindiu^ch als erwiesen gelten kann.
Linne benannte im Jahre 1758 den ihm selbst unbekannten,
bei Gesner beschriebenen und abgebildeten Vogel als eremita
und erkannte somit seine Existenz an, wähi-end spätere Forscher
in dem restlos verschwundenen Waldrapp ein Fabelwesen oder
eine Fälschung erblickten und Gesners und L inn es Angaben
vollkommen vernachlässigen zu dürfen glaubten. So geriet der
"Waldrapp gänzlich in Vergessenheit.
In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts brachten
nun Hemprich und Ehrenberg aus Syrien und Arabien und
Rüppell aus Abessinien eine Ibisart mit, die den Namen Schopf-
ibis {Geronticus comatus Rüpp.) erhielt, und deren Typus sich
in unserem Senckenbergischen Museum befindet. Diesen Schopf-
ibis glauben E. Hartert, 0. Kleinschmidt und W. Roth-
schild in der Abbildung des sagenhaften Gesner sehen Wald-
rapps zu erkennen, und schließen daraus, beide Tiere seien
identisch, weshalb nach den Nomenklaturregeln für den bisher
gebräuchlichen Rüpp eil sehen Namen comatus der vergessene
Linne sehe eintreten und der Schopf ibis weiterhin Geronticus
eremita L. heißen muß. Mit dieser Feststellung ist der Gesn er-
sehe Waldrapp aus der Reihe der Fabelwesen wieder unter die
wissenschaftlich belegten Tiere aufgerückt, und das Einzige, was
noch gegen seine vollkommene Identität mit Rüppells Schopf-
ibis sprechen könnte, ist der Umstand, daß Gesner für den
letzteren charakteristische Merkmale, wie z. B. die den Hinter-
kopf bedeckende blauschwarze Hornplatte, in der sonst vorzüg-
lichen Beschreibung seines Waldrapps nicht erwähnt. Auch der
Engländer Alb in gibt in seiner Natural History of the Birds,
1740, auf Taf. 18 die Abbildung eines schweizer Waldrapps, aus
der Sammlung von Sir Th. Lowther, nicht mit der schwärz-
lichen Hornplatte, sondern mit rötlicher Glatze. Jedoch glaubt
(nach brieflicher Mitteilung) E. Hartert, der genaue Kenner
— 286 —
der Vogelliteratur, die Beschreibung von Gesner und die Ab-
bildung von Alb in nur mit äußerster Vorsicht aufnehmen zu
dürfen, und meint, daß das Auslassen einzelner Merkmale in
ihnen nie als Artkriterium betrachtet werden kann. Immerhin ist
es aber möglich, daß die auf ein so weites Gebiet (Mesopotamien-
Marokko und Abessinien- Bayern) verbreitete Art Geronticiis
eremita in absehbarer Zeit in geographische Unterarten
aufgespalten wird, und dann müßte die Alpenform (Gesner s
Waldrapp) Geronficus eremita eremita L., die abessinische Form
dagegen (Rüppells Schopfibis) Geronticus eremita coma^ws Rüpp.
heißen. ^ ^^^^^
Unser Plaiiktonschrank.
I. Radiolarien und Medusen.
Mit 13 Abbildungen.
Einleitung.
Unsere zoologischen Museen sind heute über die Aufgabe
hinausgewachsen, das Tierreich in gedrängter Übersicht allein
systematisch vorzuführen und allenfalls noch die Morphologie an
typischen oder charakteristischen abweichenden Formen durch
anatomische Präparate zu veranschaulichen. Man versucht heute,
auch „biologisch" auszustellen und dem Beschauer einen klaren
Begriff vom Leben der Tiere selbst zu geben. Damit soll aber
weniger, wie in einem der alten Schullehrbücher, eine Fülle
von Einzelkenntnissen über die „Lebensweise", über Bauten und
Nester, geographische Verbreitung, Zusammenleben usw., ge-
geben werden, als ein Verständnis für den tierischen Organismus
als Ganzes und seine Beziehungen zur Umwelt, die sein Aussehen
und seine Verrichtungen als in ihr notwendig erklären.
Vollständig kann dieses Ziel freilich im zoologischen Mu-
seum nie erreicht werden, da hier das Wichtigste für derartige
Vorführungen, das lebende Objekt, fehlen muß. Es wird immer
erste Aufgabe einer Schausammlung, die an eine große wissen-
schaftlich-systematische Hauptsammlung angegliedert ist, bleiben,
dem interessierten Laien den Überblick über die Formenfülle
selbst zu geben. Die Eigenart einer für das Publikum bestimm-
ten Sammlung verlangt aber auch die Erklärung der Form, und
die heutigen Strömungen in Hochschul- und Schulunterricht wei-
sen nachdrücklich darauf hin. So bleibt es für jedes naturhistori-
— 287 —
sehe Museum ein Problem, das richtige Verhältnis zwischen bio-
logischer und systematischer Schaustellung zu finden und sich
auf der einen Seite von allerhand wissenschaftlich gewagten und
oft auch geschmacklosen Spielereien, auf der anderen von trocke-
ner Pedanterie fernzuhalten.
Versuche, Tierformen in ihrer natürlichen Um-
gebung verständlich zu machen, sind seit langer Zeit angestellt
worden; wohl jede Sammlung weist z, B. ältere Präparate von
Insekten mit Schutzfärbung in der schützenden Umgebung auf.
In den letzten Jahrzehnten hat man sich bemüht, dieses Prinzip
ins Große zu übertragen, indem man die Tierwelt etwa einer
bestimmten tiergeographischen Region in natürlicher Umgebung
zu Gruppen zusammenstellte. Die beiden Kojen unseres Museums
mit Ausschnitten aus der Landschaft Deutsch-Ostafrikas und aus
der Arktis mit ihren Charaktertieren bezeichnen die Ziele solcher
Bestrebungen, die mehr Wert auf einen „Ausschnitt aus der
Natur'' als auf eine Gruppierung des gesamten faunistischen
Materials legen. Sodann besitzen wir eine in ihrer Eigenart frei-
lich kaum heraustretende Zusammenstellung planktonischer Lebe-
wesen im Saal der Niederen Wirbellosen, die in einem Wand-
schrank mit schwarzem Hintergrund untergebracht ist. Zu dieser
ist seit mehr als Jahresfrist ein zweiter Planktonschrank in
demselben Saal hinzugekommen, der seiner Aufgabe in viel
glücklicherer Weise gerecht wird. Er steht vor einem Fenster,
und seine vier Wände bestehen aus Spiegelglas. Das Licht kann
so durch die „Glastiere" des Meeres hin durchtreten, und damit ist
auf einfachste Art die hervorstechendste Eigenschaft, die Durch-
sichtigkeit, der meisten Lebewesen des Planktons dem Beschauer
sofort demonstriert.
Unser Planktonschrank soll kein Ausschnitt aus dem Leben
des Meeres sein ; dies können wir nie in unsere Schränke bannen,
und wer es genießen will, der muß es an Ort und Stelle schauen.
Wohl aber bringt unser Schrank eine Veranschaulichung
der charakteristischen Eigenschaften, die ein Tier
zum Planktonten stempeln, und gestattet dem Lehrer, die allge-
meinen Begriffe der Planktonkunde an einem geschlossenen
Bilde zu erläutern. — Die sehr wertvollen Objekte verdanken
wir, ebenso wie den Schrank mit der ganzen Ausrüstung, Herrn
Dr. H. Morton in Heidelberg.
Für die Zusammenstellung der Objekte — durchsichtige
— 288 —
Planktontiere des Golfes von Neapel — war zunächst der
praktische Gesichtspunkt maßgebend, nur große, in ihren Einzel-
heiten dem bloßen Auge zugängliche Stücke zu wählen; dann,
diese möglichst verschiedenen systematischen Gruppen zu ent-
nehmen, um die Konvergenzen in der Anpassung an planktoni-
sche Lebensweise vorzuführen, und schließlich auch die verschie-
denen Wege dieser Anpassungen zu zeigen. Schranken gezogen
waren nicht nur durch die Größe der in überwiegender Zahl
mikroskopischen Angehörigen des Planktons; auch die Konser-
vierungsmethoden sind für viele gerade der großen, schwer zu
erhaltenden Formen noch nicht ausreichend, um die Objekte im
durchfallenden, jede Trübung und Beschädigung unbarmherzig
enthüllenden Licht aufstellen zu können, obwohl die ausgestell-
ten Exemplare Zeugnis ablegen für den berechtigten Ruf der
bewährten Neapler Technik (Fig. 1).
Der Begriff „Plankton" ist noch nicht sehr alt, obwohl
die Beschäftigung mit dem „pelagischen Auftrieb" und dem zu
seinem Fange verwandten „MüUerschen Netz" viel weiter zurück-
reicht als die Prägung der Definition, und obwohl die Plankton-
kunde heute bereits eine durchgearbeitete Spezialdisziplin ge-
worden ist. „Alles, was im Wasser treibt, einerlei ob hoch oder
tief, ob tot oder lebendig. Das Entscheidende ist, ob die Tiere
willenlos mit dem Wasser treiben, oder ob sie dieser Triebkraft
gegenüber in einem gewissen Grad die Selbständigkeit bewahren.
Die Fische gehören daher höchstens in der Form von Eiern und
Brut zum Plankton, aber nicht als erwachsene Tiere. Die Cope-
Erklärung der Abbildung.
Fig. 1. Unser Planktonschrank. Geschenk von Dr. Hugo Morton.
Obere Reihe : 1 Lampetia pancerina Chun — 2 Diplujes siebolcU KöUiker —
3 Vclella spirans Eschsclioltz — 4 Cestus veneris Lesueur — 5 Thalassicolla
muieata Huxley — 6 Tiedemannia neapolitmia Delle Chiaje.
Mittlere Reihe : 7 Pilema pulmo Linne — 8 Cymbulia peroni Blainville. —
9 Pelagia uoctilnca Peron et Lesueur — 10 Pterotrachea coronata Forskäl —
11 Aequorea forskalea Peron et Lesueur — 12 Alciopa cantvaini Delle Chiaje —
13 Lampetia pancerina Chun.
Untere Reihe: 14 Praya maxima Gegenbaur — 15 Asterope Candida Delle
Chiaje — 16 Salpa maxima-africana Forskäl, Kette — 17 Cotylorhisa tnbercnlata
Linne — 18 Carmarina hast ata Haeckel — 19 Pyrosoma giganteiim Lesueur —
20 Pilema pulmo Linne — 21 Salpa maxima-africana Forskäl, Amme — 22 Phy-
sopliora hydrostatica Forskäl — 23 Vanadis formosa Claparede — 24 Haiistemma
rubrum Vogt.
19
— 290 —
poden, obwohl lebhaft schwimmend, werden doch willenlos mit
dem Wasser fortgerissen und müssen daher zum Plankton ge-
rechnet werden." So hat Hensen (1887) erstmalig das Plankton^)
definiert, und Umfang und Inhalt des Begriffes sind bis heute
wesentlich die gleichen geblieben. Das Charakteristische der
Planktontiere des Meeres und auch des süßen Wassers ist also,
daß sie hilflos im Wasser schweben und von jeder Woge
oder Strömung mitgerissen werden, ob sie eine Eigenbewegung
haben oder nicht. Sie finden ihre Lebensbedingungen in allen
Tiefen, doch sind bestimmte Arten und Gattungen meist auch an
bestimmte Tiefen gebunden; verbreitet sind die Planktonten von
mehreren Tausend Metern Tiefe bis zur Oberfläche des Wassers
herauf. Die wesentlichste Fähigkeit, die ihnen den Aufenthalt in
ihrem Milieu ermöglicht, ist das Vermögen zu schweben.
Rein physikalisch tritt ein Schweben ein, wenn das spezifische
Gewicht eines eingetauchten Körpers gleich dem der betreffen-
den Flüssigkeit ist. Der Planktologe erweitert den Begriff etwas,
indem er das Schweben einer minimalen Sinkgeschwindigkeit
gleichsetzt, vielleicht auch dann noch von Schweben spricht,
wenn ein Planktontier sich durch schwache Eigenbewegung in
der Schwebe hält. Die Bedingungen, unter denen beim Plankton
ein Schweben eintritt, sind von Wolfgang Ostwald auf die
einfache Formel gebracht
o. 1 u • j- 1 -i Übergewicht
bmkgeschwmdigkeit = .? ^s-^i — ^ —, -, r*
° ° Innere Reibung x Formwiderstand
Wird die Sinkgeschwindigkeit zum Minimum, dann tritt Schwe-
ben ein. Daß eine direkte Proportionalität zwischen Übergewicht
und Sinkgeschwindigkeit besteht, ist ohne weiteres klar. Je mehr
ein Planktontier spezifisch schwerer als das Meerwasser ist, um
so größer ist seine Sinkgeschwindigkeit. Damit also ein Schwe-
ben herauskommt, muß vor allem das spezifische Gewicht der
Planktonten sehr gering, im Meere annähernd gleich sein dem
des Meerwassers (der Schicht, in der sich der Organismus auf-
hält). Man hat also a priori Einrichtungen zu erwarten, die dazu
berufen sind, das spezifische Gewicht herabzusetzen. In der Tat
wird dies auch auf den denkbar verschiedensten, aber gleich
zweckmäßigen Wegen erreicht. Vor allem findet sich außer-
ordentlich verbreitet die Ausbildung von Substanzen im Orga-
*) TO nXayxTÖv = das Treibende.
— 291 —
nismus, die spezifisch leicht sind, wie die sehr wasserreiche
Gallerte, die z. B. den außerordentlich voluminösen Schirm
der Medusen fast allein bildet. Sie findet sich überhaupt bei al-
len größeren Planktontieren, so bei sämtlichen Stücken unseres
Schrankes. Auch Schleimabsonderung kann denselben Zweck
verfolgen. Daß die Gallerte übrigens — ausnahmsweise — den
ganzen Organismus direkt leichter macht als Meerwasser, wird
für Aurelia aurita, die häufige Ohrenqualle der Nord- und Ost-
see, angegeben. Sie soll, wenn sie ihre gewöhnlichen Pump-
bewegungen einmal sistiert, langsam nach oben steigen. Eine
Erleichterung des spezifischen Gewichts tritt auch ein, wenn das
Plasma, vorwiegend bei den planktonischen Protozoen, die Fähig-
keit besitzt, Vakuolen auszubilden, deren Inhalt leichter ist als
das Wasser, aber auch viel leichter als die Körpersubstanz selbst,
die, ihrer Vakuolen beraubt, im Wasser untersinken würde. Sehr
häufig, namentlich bei den prächtigen Siphonophoren, ist auch
die Ausscheidung von Gasen im Körper oder in besonderen
Gasbehältern, wie eben bei jenen. Dadurch wird natürlich ein
außerordentlich wirksamer Auftrieb erzielt, der manche, wie die
großen Seeblasen, die Physalien, dauernd an der Oberfläche hält.
Eine andere Siphonophore, die Segelqualle Velella, schwimmt
ebenfalls mit Hilfe von Gas an der Oberfläche; das Gas aber
ist atmosphärische Luft, die von außen in einen Hohlraum auf-
genommen wird. Während diese Gase, ausgenommen bei Formen
wie Velella, diKch besondere Drüsen ausgeschieden werden, sind
Fett- und Öltropfen, die das Gewicht des Plasmakörpers
ebenfalls sehr wirksam kompensieren, in der Regel Produkte des
Stoffwechsels. Dadurch ist ein direkter Zusammenhang zwischen
Stoffwechsel und Schwebfähigkeit gegeben, eine Abhängigkeit
des einen vom anderen, und damit wiederum eine Regulation des
einen durch das andere. Überhaupt sind Vorrichtungen, die das
Schweben im Wasser regeln und ein Sinken oder Steigen her-
beiführen, wenn es für die Planktonten nötig ist, mit den mei-
sten Schwebeeinrichtungen in überraschend zweckentsprechender
Weise verbunden. Gasblasen können entleert werden, und ihr
Träger muß sinken, bis neues Gas gebildet ist. Vakuolen werden
ausgestoßen oder resorbiert, wenn irgend ein Reiz ihren Besitzer
irritiert, und Flucht in die Tiefe ist die Wirkung. Sogar die an-
scheinend so solide Gallerte ist nicht unveränderlich. Die Schirm-
höhe mancher großen Medusen ist vom Zustand der Ernährung
19*
— 292 —
abhängig, und auf Änderungen im Salzgehalt erfolgt bei den
Gallerttieren die Antwort in Vergrößerung oder Verkleinerung
ihres Umfangs.
Von den beiden Faktoren des Nenners unserer Gleichung ist
die innere Reibung eine rein physikalisch-chemische Größe. Es
ist ja bekannt, daß Öl z. B. eine größere innere Reibung hat als
etwa Äther, daß — ganz abgesehen von den spezifischen Ge-
wichten — in ersterem ein Körper infolge der größeren Vis-
kosität (Klebrigkeit) der Teilchen viel langsamer sinkt als in
letzterem. Ähnliche Unterschiede finden sich auch im Meerwasser,
hervorgerufen wesentlich durch verschiedenen Salzgehalt, vor
allem aber durch verschiedene Temperatur: je wärmer das Was-
ser, desto geringer ist seine innere Reibung. Der zweite Faktor,
der ebenfalls in umgekehrtem Verhältnis zur Sinkgeschwindig-
keit steht, ist der Form wider st and oder äußere Reibungs-
widerstand. Für ihn kommen in Betracht das Verhältnis der
absoluten Oberfläche zum Volumen und die Größe der Vertikal-
projektion. Der erste Punkt bedarf keiner Erläuterung. Und daß
die maximale Oberfläche nicht in vertikaler Richtung ausge-
bildet sein darf, sondern in horizontaler entwickelt werden muß,
weil so dem Zug nach unten der größte Widerstand entgegen-
gesetzt ist, daß es also auf die Größe der vertikal nach unten
projizierten Fläche für das Sinken sehr ankommt, ist ebenfalls
verständlich. Wenn wir planktonische Lebewesen auf die Aus-
gestaltung ihrer Oberfläche durchmustern, so finden wir überall
da, wo nicht verhältnismäßig kräftige Eigenbewegung oder aus-
reichende Vorrichtungen zur Herabsetzung des spezifischen Ge-
wichtes vorhanden sind, das Bestreben, die Oberfläche nach
Möglichkeit auszudehnen. Daher die Ausgestaltung von Fall-
schirmen in den Formen vieler Medusen oder von flachen
Scheiben, die horizontal im Wasser stehen, daher die lang-
gestreckten Ketten und Bänder, wie bei den Siphonophoren
und Salpen. Am wunderbarsten und mannigfachsten ausgebildet
aber sind die Vorrichtungen zur Vergrößerung der Oberfläche
bei Formen, die ihrer Kleinheit wegen für unseren Schrank nicht
in Betracht kommen, bei skelettragenden Protozoen und bei den
kleinen Krebsen des Meer- und Süßwassers. Man kann hier an
der Länge und Differenzierung der Schwebestacheln und -borsten
und sonstigen Anhänge sofort erkennen, ob man Warm- oder Kalt-
wasserformen vor sich hat: in warmem Wasser sind sie länger
— 293 —
als in kaltem. Auch hier findet sich also die Möglichkeit, durch
Verlängerung oder Verkürzung der Anhänge den Formwiderstand
zu erhöhen oder zu erniedrigen, sich also der jeweiligen inneren
Reibung, die mit jenem aufs engste korrespondiert, anzupassen
und ihn zu regulieren.^) Die Temporalvariationen unserer Daph-
nien sind ein bekanntes Beispiel für die Selbstregulation im tieri-
schen Organismus gegenüber Veränderungen in der Umwelt.
Eine weitere Möglichkeit, sich schwebend zu halten, besteht
für sehr viele der Planktonwesen in der Fähigkeit, aktive
Schwimmbewegungen auszuführen, die jedoch immer so
schwach sind, daß das Tier ein Spiel der Strömung oder der
Wellen bleibt; andernfalls darf man es eben nicht mehr zum
Plankton zählen. Alle diese verschiedenen Wege, ein Schweben
zu erreichen, treten in der Regel nicht vereinzelt auf, sondern
werden bei jeder Form mehr oder weniger kombiniert. Der ganze
kunstvolle Organismus eines Planktonwesens fordert so förmlich
die bio mechanische Anal3^se heraus.
Neben den Einrichtungen für die Bewegung sind seit langem
die Schutzmittel der Planktonten aufgefallen. Es ist allbe-
kannt, daß die Tiere nahe der Meeresoberfläche ganz glashell
und durchsichtig sind. Daß hier ein Fall von Schutzfärbung
vorliegt, scheint bei allen jenen ganz wasserhellen Tieren, die
auch der Geübte im Schöpf glas nicht sogleich findet, außer aller
Frage. Daß aber die Durchsichtigkeit der Glastiere dieser schüt-
zenden Wirkung wegen entstanden sei, wurde mehrfach bestrit-
ten (Hensen, Brandt, Doflein). „Weil die Gefahr einer
Verletzung der Glaskörpergewebe in den wiegenden Wellen der
hohen See sehr gering ist, konnte das Wasser — welches keine
Vermehrung des Stoffwechsels bedingt — in ausgiebigstem Maße
bei der Gewebebildung verwendet werden, um den Körper der
Tiere möglichst zu vergrößern" (Hensen). Damit ist natürlich
eine der wesentlichsten Vorbedingungen für die Aufhellung eines
Planktontieres gegeben, wenn man bedenkt, daß ein solcher Or-
ganismus in extremen Fällen bis zu 98*^/0 Wasser enthält. Einen
anderen Grund führt Doflein ins Feld: „Wenn ich die ganze
Fülle des Lichtes empfand, welches auf die unendliche Fläche
niederstrahlt, stieg in mir der Gedanke auf, ob nicht die Kristall-
') Es gilt dies nicht ohne Einschränkung; auch andere Faktoren wie
die Viskosität des Wassers haben Einfkiß auf die Form der Fortsätze. S.
Woltereck 1913.
— 294 —
klarheit der Tiere mit dieser Macht des Lichtes in Zusammen-
hang stände. Ist es nicht für diese Tiere vorteilhaft, wenn die
Mehrzahl der Sonnenstrahlen ihren Körper passieren muß, ohne
gebrochen und reflektiert, ohne in besondere Energieformen um-
gesetzt zu werden? Und werden vielleicht besondere Strahlen-
gattungen ausgenützt, wenn sie auf die grellgefärbten Organe
im Innern der Tiere fallen? Besteht etwa ein großer kausaler
Zusammenhang, welcher Luft, Wasser und lebende Substanz in
bestimmter Weise aufeinander zu wirken zwingt?" Wirklich ist
es sehr auffällig, wenn man sieht, daß gerade manche der durch-
sichtigsten Quallen lebhaft gefärbte Geschlechtsorgane haben
oder der große durchsichtige Heteropod Pterotrachea einen ganz
undurchsichtigen Eingeweideknäuel, daß also gerade die für die
Art oder das Individuum wichtigsten Organe dem Auge eines
Räubers gezeigt werden. Bei sehr lebhaften Farben, namentlich
manchen stark nesselnden Quallen und Siphonophoren, hat man
Schreck- und Warnfärbung zur Erklärung angenommen. Eine
echte, ,um ihrer selbst willen entstandene Schutzfarbe ist aber
jedenfalls das Dunkelblau, das vielen ausgesprochenen Ober-
flächentieren eigen ist. Es läßt die Tiere, von oben gesehen,
verschwinden und schützt sie gegen die Schnäbel der Albatrosse,
sowie auch gegen Fische und Schildkröten an der Meeresober-
fläche selbst. Man findet dieses Blau bei manchen großen Ra-
diolarien der Oberfläche, dann bei pelagischen Krebsen und
Schnecken, wie Glaiicus und der Veilchenschnecke Janthina,
und vor allem bei der Siphonophore Velella, der stolzen Segel-
qualle. — Eine der prächtigsten Naturerscheinungen, das Meer-
leuchten, geht auch auf Planktonorganismen zurück, und zwei
der am intensivsten leuchtenden Formen, Pijrosoma und Pelagia,
haben auch bei uns Aufstellung gefunden. Über die biologische
Bedeutung des Phänomens selbst sind die Meinungen geteilt.
Begründete Theorien sind nur für das Leuchten der Tiefsee-
organismen aufgestellt.
An der Zusammensetzung des tierischen Planktons nehmen
Vertreter der verschiedensten Tierklassen teil. Wir haben zahl-
reiche planktonische Protozoen. Unter den Coelente raten
gehören ganze Klassen, wie die Siphonophoren und Ctenophoren,
zum Plankton. Unter den Hydro- und Scyphozoen bilden
viele Familien planktonische Geschlechtsgenerationen, Medusen,
aus, oder sind überhaupt als Medusen ohne Polypengeneration
— 295 —
rein pelagisch. Bei den Würmern sind es die Alciopiden, die
zu „Glastieren" geworden sind. Von den Mollusken haben wir
dabei namentlich die Pteropoden und Heteropoden, aber auch
sehr charakteristische Cephalopoden. Im Gegensatz zur Lebens-
weise der ausgebildeten Echinodermen treiben sich ihre ab-
sonderlichen Larvenformen draußen auf der freien See herum,
ebenso die Larven aus Familien festsitzender oder schmarotzen-
der Krebse; andere Krebsgruppen enthalten nur Planktontiere.
Alle Chaetognathen und ein großer Teil der Tunikaten
gehören ins Plankton und schließlich auch Wirbeltiere, Fische,
wenn auch hier die allermeisten sich nur im Jugendstadium vom
Wasser treiben lassen, später aber in ihrer Bewegung selb-
ständig werden.
Literatur: Brandt, K. Über Anpassungserscheinungen und Art der
Verbreitung von Hochseetieren. Erg. Plankton-Exp. I. A. 1892. — Chun, C.
Die geographische Verbreitung der pelagisch lebenden Seetiere. Zool. Anz. 9.
1882. — Ders. Die pelagische Tierwelt in größeren Meerestiefen. Bibl. Zool.
1. 1887. — Haeckel,E. Plankton-Studien. Jena 1890. — Hensen,V Einige
Ergebnisse der Plankton-Expedition. Sitzgsber. Kgl. Preuß. Akad. Wiss. Berlin
1.1890. — Ostwald,W. Zur Theorie des Planktons. Biol. Ztrlb. 22. 1902.—
Ders. Zur Lehre vom Plankton. Naturw. Wochenschr. 18. 1903. — Ders.
Theoretische Planktonstudien. Zool. Jahrb. Syst. 18. 1903. — Steuer, A.
Planktonkunde. Leipzig. 1910. — Wesenberg-Lund,C. Von dem Ab-
hängigkeitsverhältnis zwischen dem Bau der Planktonorganismen und dem
spezifischen Gewicht des Süßwassers. Biol. Ztrlb. 20. 1900. — Woltereck, R.
Über Funktion, Herkunft und Entstehungsursache der sog. „Schwebefortsätze"
pelagischer Cladoceren. Zoologica 67. 1913.
A. Radiolarien.
Unter den Protozoen des Planktons treten vor allem die
Kadiolarien durch einen geradezu fabelhaften Formenreichtum
und die mannigfachsten Schwebeeinrichtungen hervor. Diese sind
gerade hier Gegenstand grundlegender allgemeiner Arbeiten über
die hydrostatischen Apparate gewesen. Mit Ausnahme einer Gat-
tung sind die Radiolarien ausschließlich pelagisch und finden
sich in allen Tiefen. Da bestimmte Formen durch ihre Organi-
sation an bestimmte Tiefen gebunden zu sein scheinen, hat man
den Vorschlag gemacht, gewisse Meerestiefen nach dort vor-
kommenden Radiolarien zu benennen. Die oberste Schicht, von
der Oberfläche bis zu 50 m Tiefe, wurde danach als Colliden-
schicht bezeichnet, weil hier die CoUiden auftreten, mit einem
— 296 —
Durchmesser bis zu mehreren Millimetern, große Einzelformen
und Kolonien, Riesen unter den meist mikroskopisch kleinen Ra-
diolarien. CoUiden allein kommen daher ihrer Größe wegen für
unseren Planktonschrank in Betracht und sind durch eine An-
zahl Exemplare von Thalassicolla nucleata Huxley (5),^) eine
monozoische Form in der Familie, vertreten. Wie bei allen Ra-
diolarien enthält der Protoplasmaleib eine hier sehr derbe, häu-
tige Zentralkapsel, die den zentralen dichteren Teil des Plasmas
mit seinen Körnchen, Fettropfen und Eiweißkörpern, sowie den
Kern enthält und von zahlreichen Poren durchsetzt wird. Durch
diese steht das intracapsuläre mit dem extracapsulären Plasma
in Verbindung, von dem beim lebenden Tiere die Pseudopodien
ausstrahlen. Auch an den konservierten Exemplaren unterschei-
det man diese Schicht auf den ersten Blick von der dunklen
undurchsichtigen Zentralkapsel mit ihrem Inhalt. Während die
meisten Radiolarienfamilien Skelette ausbilden, die oft an Schön-
heit ihresgleichen unter den organischen Gebilden suchen (Fig. 2)
und die Radiolarien fast populär gemacht haben, treten solche
bei den Colliden nur in sehr einfacher Form auf oder fehlen
ganz, wie bei unserer Thalassicolla (Fig. 3).^) Die Hartgebilde
der meisten übrigen Radiolarienfamilien stellen, vielfach in Ver-
bindung mit muskulösen Teilen des extracapsulären Plasmas, einen
ebenso einfachen wie zweckdienlichen hydrostatischen Apparat
dar, mit dessen Hilfe der ganze Organismus auf die verschiede-
nen Reize seiner Umwelt durch Sinken oder Steigen reagieren
kann, wie es die Arbeiten von F. Dreyer und V. Hacker dar-
getan haben. Bei den Colliden ist der ganze Schwebeapparat
— abgesehen von den Pseudopodien, die als Schwebefortsätze
wirken — durch das außerordentlich voluminöse extracapsuläre
Plasma repräsentiert (s. Fig. 3), steht aber jenen Apparaten hin-
sichtlich der mechanischen Vollkommenheit in keiner Weise nach.
Die intracapsuläre Sarkode hat trotz ihres verhältnismäßig großen
Fettgehaltes ein relativ hohes spezifisches Gewicht. Eine ihrer
Rinde beraubte Zentralkapsel sinkt im Seewasser sofort unter,
um dann gleich zur Regeneration des wichtigen fehlenden Teiles
zu schreiten. Dieser hat im ganzen ein wesentlich geringeres
*) Die eingeklammerte Zahl entspricht der Nummer des Glases im
Planktonschrank.
'^) Mangels einer brauchbaren Vorlage für Thalassicolla nucleata ist die
naheverwandte Thalassophysa pelagica Haeckel dargestellt.
— 297 —
spezifisches Gewicht als das Seewasser. Eine von seinem Plasma
ausgeschiedene Gallertmasse ist allerdings meist etwa so schwer
wie jenes, bei Thalassicolla sogar nach Verworn etwas schwe-
rer; aber das ganze extracapsuläre Plasma ist von Vakuolen (Al-
Fig. 2. Calocyclas monnmenhim Haeckel. Nach Ha e ekel, gemalt von Frl. B. Groß.
veolen) durchsetzt, die ihren Ursprung im Plasma selbst haben.
Ihr Inhalt, die Vakuolenflüssigkeit, weicht in seiner Zusammen-
setzung nicht unerheblich vom Seewasser ab imd ist viel leichter.
Durch die Größe des leichten Rindenteiles — er übertrifft bei
— 298 —
manchen Formen die Zentralkapsel um das Tausendfache an Vo-
lumen — wird einmal der Reibungswiderstand im Wasser ver-
mehrt, dann aber das hohe spezifische Gewicht des Binnenkörpers
völlig kompensiert. Die beiden Teile des Thalassicolla-Köv^QYS,
<>>
Fig. 3. Thalassophysa pelagica Haeckel. Nach Haeckel.
sind nun so kombiniert, daß ihr gesamtes spezifisches Gewicht
dem des Meerwassers fast gleich ist; ganz geringfügige Ände-
rungen im Gewicht des Meerwassers oder bei dem Tiere genü-
gen, um ein sofortiges Steigen oder Sinken hervorzurufen. Nach
— 299 —
den Berechnungen Brandts, dessen schönen Untersuchungen
wir die Kenntnis des Baues der Colliden im wesentlichen ver-
danken, dürfte bereits die Vermehrung des spezifischen Gewich-
tes einer schwebenden Collide um 0,0001 bis 0,0002 genügen,
um ein sofortiges Untersinken herbeizuführen. Regulierbar ist
dieser hydrostatische Apparat der Colliden mit dem denkbar ge-
ringsten Kraftaufwand. Auf einen Reiz hin ziehen sich die über
die Gallertschicht hinausragenden Pseudopodien ein; der Reiz
überträgt sich auf das gleichfalls reizbare und kontraktionsfähige
Plasma des Extracapsulariums, das die Vakuolenwände bildet;
diese ziehen sich zusammen und reißen ein, so daß der Vakuolen-
inhalt in das Wasser hinausgelangen kann. Das Tier wird klei-
ner und spezifisch schwerer und muß sinken. In einer ruhigen
Wasserschicht werden die Pseudopodien wieder ausgestreckt, die
Sekretion neuer Vakuolenflüssigkeit im extracapsulären Plasma
beginnt, und schließlich steigt die Thalassicolla wieder zur Ober-
fläche. Ein Untersinken aus inneren Ursachen findet sich nur vor
der Bildung der Schwärmer; in diesem Falle stirbt der hydro-
statische Apparat ab, das Tier sinkt, und die Zoosporen schwär-
men in der Tiefe aus, nach Brandts Berechnung für Thalassi-
colla iiucleata etwa in 800 bis 1000 m. Normalerweise wird das
Fluchtmittel des Sinkens durch stärkeren Seegang sowie durch
thermische Reize, zu starke Abkühlung oder Erwärmung, her-
vorgerufen.
Literatur: Brandt, K. Biologische und faunistische Untersuchungen
an Radiolarien und anderen pelagischen Tieren I. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. 9.
1896. — Ders. Beiträge zur Kenntnis der Colliden. Arch. f. Prot.-Kde. 1. 1902.
Doflein, F. Lehrbuch der Protozoenkunde. Jena 1909. — Dreyer, F. Die
Principien der Gerüstbildung bei Rhizopoden, Spongien und Echinodermen.
Jen. Ztschr. Naturwiss. 26. 1892. — Haeckel,E. Die Radiolarien. Berlin
1862-1888. — Haecker, V. Über die biologische Bedeutung der feineren
Strukturen [^des Radiolarienskeletts. Jen. Ztschr. Naturwiss. 39. 1905. —
Verworn, M. Über die Fähigkeit der Zelle, aktiv ihr spezifisches Ge-
wicht zu ändern. Arch. ges. Physiol. 53. 1893.
B. Medusen.
Planktontiere xai' e^oxvv sind die Medusen oder Quallen,
jedem bekannt, der einmal am Seestrand geweilt hat. Ans Ufer
geworfen sind sie formlose, flache Gallertklumpen, bei der Be-
rührung im Bade erzeugen sie einen unangenehm nesselnden
— 300 —
Schmerz ; wer sie aber kennt und richtig gesehen hat, dem sind
sie in ihren regelmäßigen und doch äußerst zierlichen und zar-
ten Formen ein ästhetischer Genuß. Ihre Gestalt läßt meist die
Grundform einer mehr oder minder flachen Glocke erkennen, aus
der ein Klöppel heraushängt. Trotz dieser einheitlichen, immer
wiederkehrenden Form faßt man als „Medusen" Angehörige zweier
nicht unmittelbar verwandten Klassen zusammen. Sie verdanken
ihre Ähnlichkeit in der äußeren Form ihrer wesentlich gleichen
Lebensweise in der gleichen Umgebung und sind ein altbekanntes
Beispiel der Konvergenz.
Die eine Gruppe der Medusen, die Hydro me dusen, zu
denen unter den im Schi^ank ausgestellten Formen Aequorea
forscalea Peron et Lesueur (11) und Garmarina hastata Haeckel
(18) gehören, stehen in allen ihren ursprünglichen Vertretern (zu
denen aber z. B. Gar marina nicht gehört) mit sog. Hydro-
polypen, höchst einfachen, nach dem Typ der bekannten Hydra
gebauten niederen Meerestieren, in Generationswechsel und bil-
den deren Geschlechtsgeneration; Pilema x)ulmo, Pelagia noctiluca
und Gotijlorhiza iubercidata sind Scyphomedusen, in deren
Entwicklung ebenfalls eine polypenartige Ammengeneration auf-
tritt (nicht bei Pelagia). Dieses Scyphostoma weist aber einen
ganz anderen und viel höher differenzierten Bau auf als der
Hydropolyp.
Gemeinsam ist den Medusengenerationen der beiden Klassen
natürlich das, was eben Anpassung an das planktonische Leben
darstellt. Die überwiegende Mehrzahl aller Quallen ist fast ganz
farblos und hat ein geringes spezifisches Gewicht. Beides wird
vorwiegend bedingt durch den außerordentlich hohen Wasser-
gehalt, der z. B. bei Aurelia aurita, der bekannten Ohrenqualle
der Nord- und Ostsee, bis zu 97,99*'/o gehen kann (nach Möbius).
Pilema besteht nach Untersuchungen von Krukenberg aus
95,392''/o Wasser, 3°/o anorganischen und l,608"/o organischen Ver-
bindungen. Charakteristisch für alle Medusen ist ihre Bewegung.
Durch heftige Kontraktionen des Schirmes, der bei den Hydro-
medusen regelmäßig mit einem nach innen vorspringenden Rande,
dem Velum, versehen ist, wird das Wasser aus dem Schirmraum
ausgetrieben und das ganze Tier durch den Rückstoß mit der
Schirmfläche voran weiterbewegt. Die Zusammenziehung ist
ermöglicht durch eine ringförmig am Innenrande des Schirms
und bei den Hydromedusen auch im Velum angeordnete quer-
— 301 —
gestreifte Muskulatur, die Wiederausdehnung durch die Elasti-
zität der Schirmgallerte. Die einzelnen Stöße erfolgen, solange
das Tier nicht beunruhigt ist, in außerordentlich gleichmäßigem
Khythmus und erzeugen bei vielen Arten eine sehr rasche Be-
wegung. Eine große Pilema vermag im Seewasseraquarium trotz
ihrer Zartheit förmlich an die Scheiben anzuprallen. Diu'ch diese
pumpenden Bewegungen bleiben die meisten Formen ständig an
der Meeresoberfläche, deren Sauerstoffreichtum ihnen Lebens-
bedingung ist; im mangelhaft gelüfteten Aquarium verlangsamt
sich der Schlag der Glocke sehr bald, wird unregelmäßig und
erlischt mit dem Tode des Tieres. Erhöhtem Interesse begegnet
die Bewegung der Medusen in neuerer Zeit, weil sich hier, in-
folge des außerordentlich klaren und einfachen Aufbaues eines
Medusenschirmes, die Rhythmik in der Bewegung eines Organes
überhaupt leicht untersuchen läßt. Bei sehr vielen Arten ist er
zudem histologisch recht gut erforscht und bietet den großen
Vorteil, daß, anders wie etwa bei dem Wirbeltierherzen, die
nervösen Elemente stellenweise frei von muskulären der Unter-
suchung zugängig sind. Mit dem Rhythmus des Wirbeltierherzens
z. B. stimmt der des Medusenschirmes in einer überraschenden
Anzahl von Einzelheiten (Be the) vollkommen überein, und seine
genaue Erforschung läßt praktischen Nutzen auch für die Kennt-
nis der Herzphysiologie erwarten (Romanes, von Uexküll,
Bethe, Veress).
Die Aufnahme der Nahrung geschieht bei den meisten Me-
dusen mit Hilfe der bekannten, in den Einzelheiten des Mecha-
nismus aber noch recht strittigen Nesselkapseln (man vergl. nur
Will, Toppe, Jakobson aus neuester Zeit), die auch gleich-
zeitig das wichtigste Verteidigungsmittel darstellen. Sie sind in
den Randfäden oder an bestimmten Teilen der Mundarme zu
ganzen Batterien angehäuft. Kommt irgend ein anderes Plankton-
tier, das seiner Größe nach überwältigt werden kann, mit ihnen
in Berührung, so entladen sich diese Kapseln. Je mehr sich das
Beutetier bemüht, loszukommen, mit um so mehr Nesselkapseln
kommt es in Berührung. Die Fangarme der Meduse, die eine
hochentwickelte Muskulatur haben, legen sich zudem noch zu
mehreren um das Opfer und können es förmlich verstricken.
Festgehalten wird es außer durch die Fangarme vor allem auch
durch die eingedrungenen Nesselfäden, deren basale große Stilett-
haken, wie Toppe bei Hydra gesehen hat, den Eingang für den
— 302 —
Faden öffnen, oft auch noch durch besondere Klebzellen. Bei
anderen Medusen, wie bei Püema, erfolgt die Aufnahme auf
andere Weise, wovon noch zu sprechen sein wird. Eine Zer-
legung der gröberen Nahrungspartikel findet zunächst durch Fer-
mente statt, die von Drüsenzellen des Entoderms oder bei den
Scyphomedusen auch des ectodermalen Schlundrohres ausgeschie-
den werden. Die so vorbereitete Nahrung wird dann durch Pha-
gocytose aufgenommen: Entodermzellen nehmen, soweit bekannt,
ganz allgemein bei den Coelenteraten, die kleineren Nahrungs-
körper in sich auf und verdauen sie, etwa wie Amöben sich
Algen einverleiben und in ihrem Plasma verdauen. Eine völlige
Fermentverdauung scheint durch die Wasserzirkulation innerhalb
des Darmsystems der Medusen ausgeschlossen (Jordan). Im
einzelnen ist die Art der Nahrungsverteilung recht verschieden
bei den verschiedenen Formen und oft ungenügend bekannt.
Literatur: Bethe, A. Die Bedeutung der Elektrolyten für die rhyth-
mischen Bewegungen der Medusen I. Arch. ges. Phys. 124. 1908 — II. ib. 127.
1909. — Jordan, H. Vergleichende Physiologie wirbelloser Tiere I. Die
Ernährung. Jena 1913. — K r u k e n b e r g , C. Fr. W. Über den Wassergehalt
der Medusen. Zool. Anz. 3. 1880. — Maas, 0. Die Scyphomedusen. Fortschr.
Erg. Zool. 1. 1909. — Mob i us, K. Wassergehalt der Medusen. Zool. Anz. 5.
1882. — Romanes, G. J. Further Observations on the locomotor system of
Medusae. Philos. Trans. R. Soc. London 167. 1877. — v. UexküU, J. Die
Schwimmbewegungen von Rhizostoma pulmo. Mitt. Zool. Stat. Neapel 14. 1901.
Veress, E. Sur les mouvements des M^duses. Arch. Internat. Physiol. Liege-
Paris 10. 1911. — Wolff, M. Das Nervensystem der polypoiden Hydrozoa und
Scijphozoa. Ztschr. allg. Physiol. 3. 1903. — Die sehr umfangreiche Literatur
über Nesselzellen (darunter Hadzi, Toppe, Will) ist zusammenge-
stellt bei Jakobson, A. Die Nesselzellen. Arch. Nat-gesch. 78. 1912. — Für
alle Medusen: Delage, Y. et Herouard, E. Traite de Zoologie concrete
IL 2. Paris 1901. — Haeckel,E. Das System der Medusen. Jena 1870-1881.
Mayer, A. G. Medusae of the World. Carnegie Inst. Washington 1910.
Die eine der beiden aufgestellten Hydromedusen, Aequorea
forskalea Peron et Lesueur (11, Fig. 4), eine Leptomeduse aus
der Familie der Campanopsiden, erreicht unter diesen den größ-
ten Glockendurchmesser; Claus hat Exemplare von 250 mm
Breite gesehen, H a e c k e 1 gibt sogar 400 mm an. Im Gegensatz
zu den meisten Hydromedusen fehlt ihr ein Magenstiel fast ganz.
Der Mund öffnet sich auf der Unterseite des flachen, dicken,
scheibenförmigen Gallertschirmes ; sein Rand ist bei jungen Indi-
viduen einfach vierteilig und erscheint bei älteren vielfach ge-
— 303 —
läppt, namentlich wenn er etwas kontrahiert ist: er ist als der
innerste, zackige Ring in dem ausgestellten Exemplare deutlich
sichtbar. Dieser weite Mund führt in den bei dem Stück des
Planktonschrankes ebenfalls gut sichtbaren Magen, von dem
strahlenförmig nach allen Seiten die Radiärkanäle auslaufen. Sie
münden in einen Ringkanal, der nahe an dem scharfen Rand um
die ganze Meduse herumläuft; leider ist der Rand bei unserem
Exemplar nach der unteren Seite umgeschlagen. Bei jungen In-
dividuen laufen erst vier, dann acht Radiärkanäle in den Ring-
kanal, die primären und auch für die meisten erwachsenen Hydro-
Fig. 4. Aeqnorea forskalea Peron et Lesueur.
Exemplar des Planktonschrankes (11), nat. Gr.
medusen in der Regel typischen Zahlen. Beim Heranwachsen der
Aeqnorea vervielfachen sich diese wenigen Kanäle bis zu weit über
hundert, die dann oft nicht mehr regelmäßig verlaufen ; es können
Verzweigungen auftreten, oder zwei Kanäle vereinigen sich usw.
Mit den Radiärkanälen pflegt die Zahl der Randtentakel bei den
Hydromedusen gewöhnlich zu korrespondieren. Bei Aequorea ist
dies bei jungen Exemplaren und oft auch noch im Alter der Fall;
doch sind mehr oder weniger Tentakel als Radiärkanäle keine
Seltenheit. Bei konservierten Exemplaren sind die Fangfäden
stark kontrahiert und ganz unansehnlich; bei einem lebenden
— 304 —
Tiere aber bilden sie zarte Anhänge, die hinter der großen, sich
ruckweise zusammenziehenden Scheibe nachschleppen und den
Scheibendurchmesser an Länge mehrfach übertreffen. An der
Basis jedes der Tentakel findet sich an der Innenseite des Schirms
je eine feine Öffnung, die auf einer kleinen Erhebung liegt und
vom Ringkanal nach außen führt. Man betrachtet diese Poren
als Ausfuhrstellen für Exkrete, die das Entoderm der Papillen
ausscheidet; sie fungieren danach als Harnorgane. Außerdem
haben auf dem Schirmrand bei Aeqiiorea zahlreiche geschlossene
kleine Bläschen Platz gefunden, die in ihrem Innern je ein festes
Konkrement enthalten: Sinnesorgane statischer Natur, die mit
einem bei den freilebenden Medusen viel höher als bei den ses-
silen Polypen entwickelten Nervensystem in Verbindung stehen.
Nach innen vom Schirmrand ragt das für die Hydromedusen
charakteristische Velum vor, verhältnismäßig sehr klein bei der
großen Aequorea und in unserem Präparat etwas gefaltet, aber
stellenweise sehr deutlich zu sehen.
Aequorea ist die Geschlechtsgeneration eines sehr kleinen
und einfach gebauten Polypen, der Carnpanulina. Die Medusen
sind, wie es die Regel ist, getrennt geschlechtlich. Gonaden von
ectodermaler Herkunft liegen beiden Seiten der Radiärkanäle,
als trübe Streifen deutlich sichtbar, an. Sie sind bereits bei
Exemplaren von 35 mm Durchmesser in Entwicklung und wer-
den bei großen recht ansehnlich. Doch variiert ihre Ausdehnung
längs der Radiärkanäle; auch können sterile Kanäle zwischen
fertilen liegen. Die Reifung und Ausstoßung der Geschlechts-
produkte erfolgt bei der Aequorea des Mittelmeeres im März
und April.
Aequorea muß sicherlich unter die schönsten Medusen ge-
zählt werden. Junge Tiere sind absolut wasserklar und farblos,
und ihre nachziehenden Tentakel sehen aus, als flössen sie von
der Scheibe ab und das Tier löste sich im Wasser auf. Später
erscheinen die Gonaden als mattweiße Streifen; ihre Färbung
kann sich weiter in der Scheibe ausbreiten, meist aber bildet sich
blaues Pigment, wie bei vielen Oberflächentieren, an Scheiben-
saum und Tentakeln, bei Männchen auch an den Gonaden und
in ihrer Umgebung. Die weiblichen Geschlechtsorgane sind im
Reifestadium durch den Dotter der zahllosen, dicht gedrängten
Eier gelblichrosa gefärbt, und auch das ganze Tier erscheint
dann oft zartrot. Doch wechselt die Färbung innerhalb der Art
— 305 —
sehr. Die Konservierung verändert die Form des Mundrandes,
und zwar bei den einzelnen Individuen in ganz verschiedener
Weise. Kein Wunder, daß bei älteren Systematikern, namentlich
bei Haeckel, Aequorea forskalea nicht nur in eine ganze An-
zahl Arten, sondern sogar in mehrere Gattungen zerspalten wor-
den ist. Gefunden wurde die Meduse bisher im Mittelmeer sowie
an den atlantischen Küsten Europas und Nordamerikas.
Literatur: Claus, C. Über Aequorea forskalea als Aequoride des
Adriatischen Meeres. Arb. Zool. Inst. Wien 3. 1880.
Die zweite Hydromeduse unseres Planktonschrankes, die zu
den Rüsselquallen (Geryoniden) gehörige Carmarina hastata
Haeckel (18, Fig. 5), ist eine in vieler Hinsicht sehr abweichende
Form. Vor allem fällt in ihrer Familie bei der Entwicklung der
Generationswechsel aus : die Meduse erzeugt unmittelbar wieder
die Meduse ohne Polypengeneration. Dann aber ist ihr Körper
nicht vierstrahlig gebaut, wie es bei den Medusen die Regel ist,
sondern sechsstrahlig. In dem Ringkanal münden sechs Radiär-
kanäle, die in den sechs Kanälen der sechs hohlen Tentakel ihre
Fortsetzung über den Ringkanal und die Scheibe hinaus finden.
In der ganzen äußeren Form repräsentiert Carmarina dabei im
Gegensatz zu Aequorea den Typ der Hydromedusen : ein richti-
ger Schirm, aus dem ein langer konischer Stiel, der Magenstiel,
herabhängt. Der Schirm, der bei den größten Exemplaren etwa
80 mm Durchmesser und fast zwei Drittel dieses Durchmessers
an Höhe erreicht, besteht vollständig aus einer wasserklaren
Gallerte (Fig. 6), der gegenüber das Kanalsystem mit den an-
liegenden Organen an der Unterseite des Schirms an Masse ver-
schwindet. Wie Haeckel beobachtet hat, ist die Schirmhöhe
vom Ernährungszustand des Tieres abhängig: gut genährte In-
dividuen haben einen höheren Schirm als solche, die gehungert
haben. Der Stiel, der aus dem Schirm herabhängt und dessen
Durchmesser an Länge übertrifft, ist ein ganz solider, ebenfalls
durchsichtiger Gallertzapfen, an dessen Ende der Magen durch
einen Einschnitt abgegrenzt ist. Dieser läßt sich übrigens auf
den ersten Blick an seiner opaken, mattweißen Färbung und
seiner runzeligen Oberfläche von dem prallen, glatten und glas-
klaren Stiele trennen, auch beim lebenden Tier. Bei unserem
konservierten Exemplar ist er zur Seite und nach oben abge-
bogen. An den Magen schließt noch ein ebenfalls in der Regel
20
— 306 —
etwas abgesetztes Mundrohr an, in dessen Bereich die Körper-
wand höher gefaltet ist als beim Magen. Ein sehr eigentüm-
liches Gebilde hat der Familie den Namen „Rüsselquallen" ver-
schafft. Der gallertige Stiel, an dessen Ende der Magen liegt,
schickt in diesen noch einen gleichfalls gallertigen Fortsatz hinein,
Fig. 5. Carmarina hastata Haeckel.
Exemplar des Planktonschrankes (18), nat. Gr.
den Zungenkegel, der gewöhnlich im Innern ruht, aber auf Reize
hin vermöge seiner subepithelialen Muskulatur aus dem Munde
sich hervorschiebt und züngelnd nach der Seite des Reizes hin be-
wegt. Vom Magen aus laufen die sechs Radiärkanäle an der Peri-
pherie des Gallertstiels zum Schirm hinauf, durch ihre milchige
— 307 —
Färbung bei unserem konservierten Exemplar leicht von den da-
zwischen liegenden, heller erscheinenden Partien mit Epithel-
muskulatur zu unterscheiden. Die Radiärkanäle biegen dann auf
der Unterseite des Schirmes, der Subumbrella, um und wenden
sich dem Ringkanal zu. Hier im Schirm liegen ihnen beiderseits
die abgeplatteten Geschlechtsorgane an, bei den männlichen Tie-
ren der Hoden als eine gleichmäßig trübe Masse, die Ovarien
Fig. 6. Carmarina hastata Haeckel. Schematischer Durchschnitt. Nach Haeckel.
Rechts ist ein Radialkanal in seinem ganzen Verlauf getroffen, links geht der
Schnitt zwischen zwei Radialkanälen durch,
ga Gallerte der Glocke, ra Radiärkanal, ms Mantelspange, st Statocyste,
kri Knorpelring, ve Velum, ri Ringgefäß, go Gonade, ma Magen, zk Zungen-
kegel.
der Weibchen körnig und heller. Die breit-lanzenförmige Gestalt
dieser sechs Organpaare — die Spitze ist nach dem Rande zu
gekehrt und liegt ein wenig oberhalb des Ringkanales — hat die
Veranlassung zu dem Speziesnamen „hastata^^ gegeben. Die Pro-
dukte der Gonaden drängen sich zur Reifezeit, im Mittelmeer im
April, durch die Subumbrellarmuskulatur unter das Epithel und
bringen es zum Platzen (Haeckel). Aus dem befruchteten Ei
20*
— 308 —
entwickelt sich, wie bemerkt, eine Larve, die direkt zur Meduse
wird. — Außer den Radiärgefäßen gehen vom Ringkanal noch
andere Gefäße aus, die ebenfalls nach dem Zentrum der Glocke
hinziehen, aber bald blind enden, die sog. „Zentripetalkanäle".
Zwischen je zwei Gonaden, also in jedem der sechs Sektoren,
liegen sieben solcher Kanäle, drei größere und vier kleinere.
Auch die Tentakelkanäle laufen in den Ringkanal ; im Gegensatz
zu den larvalen Tentakeln sind nämlich bei der entwickelten
Carmarina diese sechs radiären Fangfäden hohl. Die soliden
Anhänge der Larven gehen in den Radien immer verloren und
meist auch in den Interradien, weil sie sehr steif und spröde
sind und leicht abgebrochen werden. Die in der Regel allein
vorhandenen sechs hohlen Haupttentakel können durch Erschlaf-
fen ihrer Muskulatur außerordentlich lang, bis viermal länger als
der Mundstiel werden. Sie hängen von der im Wasser schweben-
den Meduse herab und wirken wie Angeln. Wenn ein kleineres
Tier sie berührt, wird es durch zahlreiche Nesselbatterien be-
täubt, festgehalten und durch Verkürzung des Tentakels zum
Munde geführt. Dieser ergreift die Beute ; der Zungenkegel wirkt
dabei wahrscheinlich als eine Art von Geschmacks- und Geruchs-
organ. Um größere Beute zu fassen, können sich Mundrohr und
Magen ganz enorm erweitern. Auf jede Beunruhigung hin wer-
den die Tentakel zusammengezogen, so daß die ringförmigen
Batterien, wie Perlen in einer Kette, dicht aufeinander zu liegen
kommen. Bei starken und andauernden Reizen beginnen die Fä-
den sich zu verschlingen und wirr durcheinander zu Imechen, so
daß man in einen Haufen jener gesellig lebenden marinen An-
neliden zu blicken glaubt und den Knäuel für unlösbar hält, bis
das beruhigte Tier ihn leicht wieder entwirrt. Das diffuse Nerven-
system der Medusen ist natürlich auch hier wohl entwickelt ; von
Sinnesorganen sind wie bei Aequorea nur Statolithen, zwölf an
der Zahl, entwickelt; sie stehen am Rande des Schirms in den
Radien und Interradien, sind aber in die Gallerte eingeschlossen.
Das Velum ist kräftig ausgebildet und bei unserem Tier gut zu
sehen. Der Schirmrand ist in eigenartiger Weise versteift durch
einen Wulst aus knorpelartigem Gewebe; das Epithel darüber
ist mit Nesselkapseln gespickt. Von dem Nesselwulst oder -säum
gehen, entsprechend den zwölf Statolithen, zwölf Schirmspangen
ab, schwach gekrümmte, kleine Haken aus dem gleichen Knorpel-
gewebe, die auf der Außenseite am Schirm in die Höhe streben.
— 309 —
Sie sind ebenso wie der Nesselwulst eine Art Skelett und damit
eine Schutzvorrichtung für den Schirm. Die rhythmischen Kon-
traktionen nämlich lassen den Scheitelteil des Schirms fast un-
berührt, während die äußeren Partien so kräftig zusammenge-
zogen werden, daß sie fast einen Zylinder bilden. Die elastische
Gallerte des Schirmes wird dadurch heftig gepreßt, und der
Schirmrand, der den stärksten Druck auszuhalten hat, ist durch
diese Vorrichtung in der Lage, einen kräftigen Widerstand ent-
gegenzusetzen, und so wird ein Aufreißen des Randes verhütet.
Auch Carmarina ist im Leben ein wunderschönes Tier. In
der Jugend ist sie glashell, und erst bei reifen Tieren treten
die Geschlechtsorgane als eine Trübung hervor, die schließlich
mattweiße oder Rosa -Färbung zeigt. Ebenso schimmern alle
Teile, die Nesselkapseln oder Muskelzellen enthalten, mattrötlich,
so die Tentakel, der Nesselsaum, die Muskelbänder des Magen-
stiels usw. Die große, stolze Meduse hat von jeher die Auf-
merksamkeit der Forscher auf sich gezogen. Ihre Entwicklung
wurde von Fol und Metschnikoff bereits früh eingehend
untersucht, und Maas ist neuerdings mit entwicklungsmechani-
schen Fragen an dieses Objekt herangetreten. Auch für physio-
logische Versuche (Be the, Nagel u. a.) ist sie ihrer Größe
wegen sehr geeignet; ein sehr auffallender Befund ist, daß sich
keine Phagocytose nachweisen läßt (Jordan); vielleicht verdaut
sie nur durch Fermente, wenigstens scheint der von Haeckel
beobachtete Reichtum des Magens an großen einzelligen Drüsen,
die sich auf sechs Drüsenblätter verteilen, auf diese Möglichkeit
hinzuweisen. Auch histologisch bietet Garmarina Eigentümlich-
keiten, So entsenden die Muskelzellen durchgängig mehrere
Muskelfasern, anstatt nur eine, wie gewöhnlich (Krasinska
1912). Erleichtert sind Untersuchungen an unserer Meduse durch
ihre weite Verbreitung. Sie findet sich in den tropischen Teilen
des Atlantischen, Indischen und Pazifischen Ozeans, sowie im
Mittelmeer, wo sie am größten wird. Immer aber lebt sie draußen
auf freier See an der Oberfläche und nicht in dem unreinen
Wasser der Häfen. Ihre Entwicklung macht sie ja auch von der
Landnähe ganz unabhängig.
Literatur: Fol,H. Die erste Entwicklung des Geryonideneies. Jen.
Ztschr. Naturw. 7. 1873. — Haeckel, E. Beschreibung neuer craspedoter
Medusen aus dem Golfe von Nizza, ib. 1. 1864. — Ders. Die Familie der
Rüsselquallen, ib. 2. 1865. — Krasinska, S. Beiträge zur Histologie der
— 310 —
Medusen. Zool. Anz. 40. 1912. — Maas, 0. Über den Bau des Meduseneies.
Verh. D. Zool. Ges. 1908. — Nagel, W. Versuche zur Sinnesphysiologie von
Beroe ovata und Carmarina hastata. Arch. ges. Physiol. 54. 1893. — Ders. Experi-
mentelle sinnesphysiologische Untersuchungen an Coelenteraten ib. 57. 1894.
Die Scyphomedusen, zu denen die übrigen Medusen un-
seres Planktonschrankes gehören, sind von den Hydromedusen
durch ihre Organisation und namentlich durch ihre Entwicklung
Fig. 7. Pelafjia noctilnca Peron et Lesueur.
Exemplar des Planktonschrankes (9), nat. Gr.
scharf getrennt, wenn sie der anderen Klasse auch im ausge-
bildeten Zustande durch Konvergenzerscheinungen äußerlich sehr
ähnlich werden. In ihrer Entwicklung tritt, wie bei den typischen
Hydromedusen der Hydropolyp, normalerweise das Stadium des
festsitzenden Scyphopolypen als der ungeschlechtlichen Genera-
tion auf. Freilich kann es auch analog den Verhältnissen bei
Carmarina bei einzelnen Gattungen wie bei Pelagia noctiluca,
die wir ihres einfachen Baues wegen hier voranstellen, ausfallen.
— 311 —
Die Entwicklung erfolgt bei dieser direkt über ein freischwim-
mendes Larvenstadium, das indessen, wie Goette gezeigt hat,
die Organisation eines Scyphopolypen in den Grundzügen auf-
weist, aber infolge der Lebensweise nicht definitiv ausbildet.
Pelagia noctiluca Peron et Lesueur (9, Fig. 7), die in einem
Fig. 8. Scyphomeduse vom Typus der Pelagia, schematisch. Um die Organi-
sation zu zeigen, ist ein Teil des ganzen Körpers und ein Stück der Sub-
umbrella herausgenommen. Nach Delage-Herouard.
ga Gallerte der Glocke, ma Magen, sgo Subgenitalöffnung, rmu Ringmuskel,
sik Sinneskolben, te Tentakel, mda Mundarme, mta Marginaltasche, go Gonade,
sgh Subgenitalhöhle, gaf Gastralfilamente.
kleinen, aber gut erhaltenen Exemplare ausgestellt ist, ist eine
im Mittelmeer und den warmen Teilen des Atlantischen Ozeans
— 312 —
sehr verbreitete Form, die im Sommer oft große Schwärme bil-
det. Im Golf von Neapel ist sie in manchen Jahren die häufigste
große Meduse, in anderen wird sie kaum angetroffen. Seit alters
berühmt ist sie — ^noctüuca^ ! — als eins der Tiere, die das
Meerleuchten verursachen. Ihr intensives Licht geht nach Pan-
c e r i von dem fettartigen Inhalt gewisser Epithelzellen der Ober-
fläche aus, die zusammen mit zahlreichen Nesselzellen in den
am konservierten Exemplar deutlich sichtbaren Nesselwarzen an-
gehäuft sind. Diese kleinen Höcker werden am lebenden Tier
durch ihr braunes Pigment sehr auffällig. Es vereint sich mit
dem zarten Hellrot bis Purpurrot der ganzen Meduse und ihren
intensiv rot gefärbten Gonaden und Tentakeln zu einem bunten,
imgemein reizvollen Gesamtbild, lebhafter als es gewöhnlich bei
Planktontieren getroffen wird. Die Farben sind durch verschie-
dene Medien extrahierbar und von Griffith und Platt studiert.
Die Medusenglocke der Pelagia, die bis 55 mm Durchmesser
erreicht, besteht aus einer sehr festen, fast knorpelartigen Gal-
lerte. Je nach dem Grade der Kontraktion erscheint sie etwas
höher als breit oder breiter als hoch. Ihr Rand ist gelappt, ein
Charakteristikum der Scyphomedusen, und trägt acht Tentakel
und mit diesen alternierend acht sog. Sinneskolben, die als um-
gewandelte Tentakel aufzufassen sind. Von der Mitte der Glocke
hängt ein kurzes, vierkantiges Schlundrohr herab, das sich in
vier längere, rinnenförmige Mundarme fortsetzt (Fig. 8). Die
Ränder der nach innen offenen Rinnen sind faltig und reich ge-
zackt und mit zahllosen Nesselbatterien versehen. Sie können
ebenso wie die Tentakel durch Erschlaffen der Muskulatur sehr
verlängert werden und dienen dann, genau wie diese, zum Er-
greifen der Beute. Bei vielen verwandten Scyphomedusen mit
reduzierten Tentakeln haben die Mundfahnen deren Funktionen
vollkommen übernommen. Das kurze Schlundrohr mit einem den
vier Hauptradien des Tieres entsprechenden kreuzförmigen Lu-
men, nach allgemeiner, aber neuerdings (Hadzi) wieder bestrit-
tener Ansicht ectodermal im Gegensatz zu dem entodermalen der
Hydromedusen, führt in einen weiten linsenförmigen Magenraum
innerhalb der Glocke, der allmählich in niedrigere Seitenteile
übergeht. Nur draußen an der Peripherie ist der große Hohl-
raum durch sechzehn Leisten in sechzehn Marginaltaschen ein-
geteilt. In jede von ihnen ragt in der Mitte des Außenrandes
eine tiefe Einbuchtung, in der abwechselnd ein Tentakel oder
— 313 —
ein Sinneskolben sitzt. Es sind danach also acht Tentakel und
acht Sinneskolben vorhanden. Die Hohlräume der Taschen setzen
sich direkt in die ihrer Anhänge fort; denn die Tentakel und
die ihnen homologen Sinneskörper sind ganz oder wenigstens
großenteils hohl. Die Einbuchtungen, in denen diese Organe
sitzen, gehen nach innen natürlich als Vorsprünge in die Mar-
ginaltaschen hinein und teilen dadurch jede in zwei kleine Rand-
taschen. Ein diese Räume verbindender Ringkanal fehlt völlig.
Innerhalb des weiten Magens erheben sich, wie bei allen Scypho-
medusen, auf der Unterseite vier Wülste, die mit eigenartigen
wurmförmigen Anhängen, den Gastralf ilamenten, besetzt sind;
diese liefern verdauende Sekrete.
Die Sinneskolben, die den Sinnestaschen ansitzen, enthalten
bei den Scyphomedusen gewöhnlich einen ganzen Komplex von
Sinnesorganen, außer den statischen Organen noch Ocellen und
in einem den Kolben bedeckenden Lappen auch das Organ eines
offenbar auf chemische Reize eingestellten Sinnes (Geruch und
Geschmack?). Die Sinneskolben von Pelagia noctiluca, die unser
Exemplar als feine Punkte am Rande zwischen den Tentakeln
erkennen läßt, führen im Leben orangegefärbte, kristalline Kon-
kretionen, die als Teile eines statischen Organes aufzufassen
sind, aber keine weiteren Rezeptoren.
Betrachtet man den Schirm einer Pelagia von unten, so sieht
man außer den Zügen eines großen Ringmuskels, der auch in
sechzehn Blätter zerfällt, vier ovale Öffnungen; sie führen in
ziemlich ansehnliche Säcke, die Subumbrellarhöhlen, über denen
die Gonaden in der Magenwand liegen. Diese schimmern als dunkle,
hufeisenförmig gebogene Wülste bei unserem Exemplar deutlich
durch die Glocke durch. Die Geschlechtsprodukte gelangen nach
Metschnikoff im Dezember, nach Goette aber während des
ganzen Jahres durch Magen und Mund nach außen. Das be-
fruchtete Ei, dessen Entwicklung durch Krohn, Kowalewski
und Goette genau studiert ist, liefert direkt wieder die Meduse.
Literatur: Goette, A. Vergleichende Entwicklungsgeschichte von
Pelagia nodilnca. Ztschr. wiss. Zool. 55. 1893. — Krohn, A. Über die jüngsten
Entwicklungsstufen der Pelagia noctilnca. Müllers Arch. Anat. Physiol. 1855. —
Metschnikoff, E. Embryologische Studien an Medusen. Wien 1886.
Pilema (Rhizostoma) pulmo Linne, die bei uns in einem
größeren (20, Fig. 9), sowie in vier kleinen, in einem Glase ver-
314
einigten (7, Fig. 10) Exemplaren ausgestellt ist, ist eine der häu-
figsten und bekanntesten Scyphomedusen des Mittelmeeres. Sie
wird außerordentlich groß; es sind Stücke bis zu 60, ja 80 cm
Glockendurchmesser bekannt. Da sie ziemlich lebenszäh ist, findet
sie sich fast regelmäßig in den Seewasseraquarien der Mittelmeer-
Fig. 9. Pilema pulmo Linne. Exemplar des Planktonschrankes (20), nat. Gr.
Stationen; in Neapel wurde vor etwa zwei Jahren ein wunder-
volles Tier, eins der größten, die gefangen wurden, ungefähr
zwanzig Tage am Leben gehalten.
Der Bau der Pilema (Fig. 11) ist wesentlich komplizierter
als der von Pelagia, aber leicht verständlich und von dieser
abzuleiten, wenn man die Entwicklung verfolgt. Innerhalb der-
— 315 —
selben tritt ein Stadium mit einer im Prinzip ^jelagla-gleichen
Organisation auf. An einer Scheibe sitzen vier rinnenförmige
Mundarme. Darauf legen sich aber die Ränder der Rinne zu-
sammen und verwachsen, so daß jeder Arm einen Hohlraum ein-
schließt. Auch der ganze Mund wird verschlossen imd bleibt nur
durch eine seichte Kreuzfurche markiert. Schon vor dem Ver-
schluß der Rinne hat sich jeder der vier Arme an seinem Ende
gespalten, und jeder dieser Teilarme trägt nun seinerseits eine
Fig. 10. Pilema pulmo Linne. Exemplare des Planktonschrankes (7), nat. Gr.
Rinne. Ein Längenwachstum der Mundarme findet nur in diesen
acht Teilarmen statt, die zu den eigentlichen acht Mundarmen
werden, während die ursprünglichen vier Anlagen lediglich dicker
und durch Gallertgewebe, das sich von der Seite her zwischen
sie schiebt, vereinigt werden. Sie bilden so schließlich einen
kurzen Stamm, an dem die acht Mundarme hängen. Die Rinnen
sind auf den acht Armen mitgewachsen und haben sich überall
geschlossen bis auf sehr zahlreiche kleine Poren (Ostiolen), durch
316
die das Tier jetzt seine Nahrung in die Armkanäle hinein auf-
nimmt. Um diese aufnehmenden Stellen möglichst zu verviel-
fachen, ist der untere Teil der Arme und damit die Verwachsungs-
naht auf der Innenseite, der „Rinnenseite", vielfach zierlich
gespalten und verästelt. Außerdem ist im Lauf der Entwicklung
die Naht an jedem Arme in zwei Linien auf die Außenseite ge-
wandert, und jede dieser hat sich wieder gespalten und ihrerseits
Fig. 11. Scyphomeduse vom Typus der Pilema, schematisch. Um die Organi-
sation zu zeigen, ist ein Teil des Körpers herausgenommen. Nach Delage-
H^rouard.
ga Gallerte der Glocke, ma Magen, go Gonade, akr innere Armkrausen,
akn äußere Armkrausen, eko Endkolben, ski' Schulterkrausen, sik Sinnes-
kolben, sgo Subgenitalöffnung.
zerklüftet. An der Umbiegungsstelle dieser inneren und äußeren
Verwachsungsnähte tritt dann eine Trennung ein. Hier sprossen
die Endkolben hervor, die bei Pilema pulmo dreikantig sind,
— 317 —
mit geflügelten Kanten. Ein besonderes Merkzeichen der gan-
zen Familie der Rhizostomiden, zu der Pilema gehört, sind die
Schulterkrausen, die unabhängig von der ursprünglichen Mund-
armnaht an dem Armstrunk hervorsprossen und sich durch Osti-
olen nach außen öffnen, ebenfalls acht Paare, wie die unteren
Außenkrausen, während die Innenkrausen nur achtmal in Ein-
zahl vorhanden sind. Die „Scapuletten" liegen bereits unter dem
Schirm und sind in der Seitenansicht des Tieres nur eben sicht-
bar. Wie die unteren Krausen stehen sie mit den Armkanälen
in Verbindung; von diesen gehen jedesmal Seitenkanäle an sie
heran, spalten sich und öffnen sich dann in den zahlreichen Osti-
olen sekundär nach außen (Delage). Alle Krausen sind mit
zahlreichen kleinen Fäden, Lippententakeln (Digitellen), besetzt,
die die Waffen der Meduse, die Nesselkapseln, tragen. Durch
ihre große Anzahl und die reiche Verzweigung der Linien, in
denen die Ostiolen stehen, erhalten die Krausen jene wundervoll
feine, blumenkohlartige Oberfläche, die den Rhizostomiden unter
allen Quallen einen besonderen Reiz verleiht. Außer den Lippen-
tentakeln sind übrigens auch die terminalen Auftreibungen an
den Endkolben mit Nesselbatterien versehen. Lange, nesselnde
Tentakel am Schirmrande, wie bei Pelagia, fehlen hier und in
den verwandten Familien vollständig.
Die Glocke von Piletna ist höher als eine Halbkugel, die
mittlere Partie stärker gewölbt als der Rand und von ihm ab-
gesetzt. Am Rande selbst sitzen nur die acht Sinneskörper,
jeder mit einer im Leben orangefarbigen Anhäufung von Kon-
kretionen, die statische Organe darstellen. Ein Ocellus fehlt
daran auch bei Piletna. Jeder Kolben ist von zwei spitzigen
Gewebelappen flankiert. Zwischen den Sinneskörpern ist der
Saum wie normal gelappt, und zwar kommen auf jeden der acht
Sektoren acht Randlappen. Auf der Unterseite der Glocke er-
scheinen, beim konservierten Exemplar sehr deutlich auch oben
durchscheinend, die konzentrischen Streifen des Ringmuskels, der
in sechzehn Abschnitte zerlegt ist. Der Magen, der das Zentrum
der von einer sehr derben Gallerte gebildeten Glocke einnimmt,
ist auf der Unterseite (Armseite) durch die solide Mundscheibe
völlig geschlossen. Eine kreuzförmige Vertiefung, die im Kreuz-
punkt am tiefsten geht, ist der Rest des vierspaltigen Mundes.
In diesen Zentralraum treten vier aus den vier primordialen Arm-
rinnen entstandene Kanäle, und in diese münden wieder, ihrer
— 318 —
Entstehung entsprechend paarweise, die acht Hauptarmgefäße.
Der weite Magen liegt unter der zentralen Aufwölbung; die
Seitenpartien sind im Gegensatz zu Pelagia geschlossen und von
einem Kanalsystem durchsetzt. Sechzehn, an unserem großen
Exemplare deutlich sichtbare Radiärkanäle gehen vom Magen
bis zum Glockenrand ; acht davon korrespondieren mit den Rand-
körpern, die übrigen liegen dazwischen. Vereinigt werden sie
durch einen Ringkanal, der in ziemlicher Distanz vom Rande
verläuft, sowie durch ein Netzwerk anastomosierender Gefäße
zwischen Ringkanal und Rand, aber auch innerhalb des Ring-
kanals. Höchst sonderbar ist die Art, in der die Nahrung in
dieses komplizierte Hohlraumsystem, das A. Brandt bereits 1870
mit Hilfe von Injektionen genau untersucht hat, gelangt. Eine
Aufnahme größerer Beutestücke in den Zentralmagen hinein ist
natürlich ausgeschlossen, wenn auch die Ostiolen der Arme ziem-
lich ausdehnungsfähig sind. Durch ihre überaus reiche Zahl über-
treffen die vielen kleinen Mauler an Gesamtfläche für Nahrungs-
einfuhr den großen Mund einer Pelagia ganz erheblich. Jedes
Mäulchen hat außerdem seine eigene Tentakelbewaffnung, wie
etwa eine einzelne Hydra für ihren Mund. Was an Tieren,
namentlich an pelagischen Krebsen, die ja an der Meeresober-
fläche, wo Pileina lebt, zu den häufigsten Organismen gehören,
an die Mundkrausen gerät, ist verloren. Und nach diesen Mund-
krausen hin geht nach jedem Schlag der Medusenglocke eine
Wasserströmung, die solches Plankton mit sich reißen wird.
Denn jeder Schlag treibt die Meduse vorwärts; der schwere An-
hang der Glocke aber, die Mundarme mit ihren Krausen, können
infolge der Trägheit nicht sofort nachfolgen; dadurch wird der
Abstand zwischen Armen und Glocke im Voranschießen größer,
d. h. auch der zwischen ihnen liegende Magen muß sich erwei-
tern, und durch die Ostiolen und Armkanäle muß Wasser in ihn
hineinströmen (Uexküll). Außer dieser mechanischen Fang-
methode, die Pilema die Hauptnahrung liefern dürfte, kann sie
auch große Tiere bewältigen. Diese werden durch die Nessel-
kapseln der Endkolben und Digitellen betäubt, von den Armen
umschlossen und außerhalb des Tieres durch verdauende Fer-
mente aufgelöst; der Nahrungsbrei kann dann durch die Ostiolen
leicht aufgeschluckt werden; unverdauliche Reste, wie die Panzer
größerer Krebse, werden einfach durch Öffnen der Arme fallen
gelassen (Hamann 1882). Die Geschlechtsorgane haben ahn-
— 319 —
liehe Gestalt und Lage wie die der Pelagien. Auch bei Pilenia
liegen sie im Dach von vier großen Subgenitalhöhlen, die sich
über der Mundscheibe in die Meduse eingestülpt haben. Die
Eier werden innerhalb des weiblichen Tieres durch eingedrungene
Spermien befruchtet und durchlaufen hier auch ihre erste Ent-
wicklung, deren weiterer Verlauf noch nicht in allen Stadien
bekannt ist.
Pilenia pulmo ist ausgezeichnet durch eine zarte, durch-
sichtig cremegelbe Farbe; die Mundarme sind dunkler gelb und
ebenso die Gonaden, die beim lebenden Tiere deutlich durch-
scheinen. Einen außerordentlich reizvollen Gegensatz zu dem
Mattgelb bildet die Farbe der Randlappen, ein tiefes Kobaltblau,
das bei den konservierten kleinen Tieren sogar zum Teil noch
als Anflug erhalten ist. Ein blauer Anflug ziert häufig auch die
Endkolben; nach Krukenberg ist die Farbe Cyanein.
Literatur: Brandt, A. Über Rhi^ostoma cnvieri. Mem. Acad. Imp.
Sc. St. Petersbourg 7. ser. 16. 1870. — Hamann, 0. Die Mundarme der
Rhizostomeen und ihre Anhangsorgane. Jen. Ztschr. Naturwiss. 15. 1882. —
Hesse, R. Über das Nervensystem und die Sinnesorgane von Ehüostoma
cmieri. Ztschr. wiss. Zool. 60. 1895. — v. Uexküll, J. s. S. 302.
Sehr auffallend gefärbt im Gegensatz zu den meisten übrigen
Medusen ist Cotylorhiza tuberculata Linne (17, Fig. 12), von der
wir ein schönes, aber durch die Konservierung, wie fast immer,
ganz ausgebleichtes Exemplar besitzen. Die Glocke der Meduse,
etwa die Form eines Hutes mit erhöhter Krempe, ist lebhaft
braungelb und wird nach dem Scheitel der stark gewölbten Mittel-
partie hin dunkler. Auch die Unterseite der Glocke ist braungelb,
und die Anhänge sind auffallend bunt, so daß man bei dieser
und einigen anderen lebhaft gefärbten und zugleich stark nesseln-
den Medusen (Chrysaora) Schreckfarben erkennen will, die ja in
der Tierwelt sehr verbreitet sind.
Die Organisation von Cotylorhiza (Fig. 13) ist im wesent-
lichen gleich der von Pileina\ sie ist wie diese eine Rhizostomee
mit sehr zahlreichen kleinen Mundöffnungen an acht kurzen, an
der Basis gespaltenen Mundarmen. Darin, daß ihr Schulterkrau-
sen fehlen, ist sie niedriger organisiert als Pilema. Eine sehr
auffallende Besonderheit ihrer Familie läßt ihren Bau aber we-
sentlich komplizierter erscheinen. Die vier Genitalhöhlen, die bei
Pilema über der Mundscheibe in die Meduse hineingebuchtet
— 320 —
waren, sind hier außer bei ganz jungen Exemplaren über der
Mundscheibe zusammengeflossen und bilden eine einzige große,
vierstrahlige Subgenitalhöhle, die sich mit den vier primären
Mündungen nach außen öffnet. Sie trennt Magen und Mund-
scheibe nahezu vollständig. Letztere trägt die Arme; sie ist
lediglich Armscheibe und hängt mit der Glocke durch die vier
breiten Pfeiler zwischen den Subgenitalostien zusammen. In der
Scheibe hat sich im Innern noch ein Hohlraum erhalten, der dem
Fig. 12. Cotijlorlilsa tuberculatn Linne.
Exemplar des Planktonschrankes (17), nat. Gr.
gegen die Mundscheibe gelegenen Teile des PzYewzfz-Magens ent-
spricht. In diesen treten die Armkanäle ein. Ihre Kommunikation
mit dem Magen erfolgt durch vier in den Pfeilern auftretende
Kanäle. Die Mundarme, die durch ihre Spaltung auf den ersten
Blick fast verdoppelt erscheinen, besitzen reiche Krausen, die im
Leben purpurn oder violett gefärbt sind, während Armscheibe
und Arme selbst eine milchigweiße oder leicht cremegelbe Farbe
aufweisen. Von den Mundarmen hängt eine große Anzahl ge-
— 321 —
knöpfter Anhänge herab, die auch in unserem Präparat noch
etwas von ihrem Purpur bewahrt haben. Es sind die Nessel-
kolben, die nach Hamann auf Gruppen von verschmolzenen
Digitellen zurückzuführen sind, den Enclkolben an den Armen
von Pilema also morphologisch nicht gleichwertig. Außer diesen
Kolben hat Cotylorhiza noch einige allmählich sich verjüngende
Filamente an jedem Mundarm.
Die sehr feste Glocke ist wie bei Pilenia tentakellos und
Fig. 13. Scyphomeduse vom Typus der CotylorJiisa, schematisch. Um die
Organisation zu zeigen, ist ein Teil des Körpers herausgenommen. Nach
Delage-Herouard.
ga Gallerte der Glocke, ma Magen, ars Armscheibe, pf Pfeiler, sik Sinnes-
kolben, mda Mundarme, akn äußere Armkrausen, akr innere Armkrausen,
di Digitellen, go Gonade.
besitzt acht Randsinneskörper, die auch nur statische Apparate
enthalten. Die Sinneskolben werden von Seitenlappen eingefaßt;
dazu trägt der Glockenrand jedes Oktanten normalerweise noch
zehn Randlappen, die zum Teil wieder gespalten sind. Auf der
21
— 322 —
Unterseite sind die Ringmuskulatur des Randes und die weiter
nach innen gelegene Radialmuskulatur bei unserem Tier gut zu
sehen. Von dem großen Magen, der den Raum unter der Mittel-
wölbung einnimmt, gehen sehr zahlreiche Radiärkanäle bis zum
Rande und durchschneiden ein reiches Netzwerk von Kanälen,
zwischen denen ein deutlicher Ringkanal nicht auftritt.
Die Geschlechtsorgane liegen auf der einheitlichen Genital-
membran, die das Dach des Subgenitalraums bildet. Zur Zeit
der Reife hat Claus bei weiblichen Tieren hier massenhaft Sper-
mien gefunden, die die reifen Eier im mütterlichen Organismus
befruchten. Auch die Entwicklung vertäuft bis zur Schwärm-
larve in der Mutter. Die freie Larve setzt sich fest und liefert
die Polypengeneration, das Scyphostoma, aus dem auf vegeta-
tivem Wege die Medusenlarven entstehen. Cotylorhiza ist gerade
eine der Formen, an denen die Entwicklung der Scyphozoen ein-
gehend untersucht wurde (Gegenbaur, Claus, Goette, Hein).
Unsere Meduse findet sich im Mittelmeer zeitweise häufig,
oft aber auch selten. Auch im Roten Meere hat sie Vanhöff en
gesehen, und nach A. G. Mayer ist Haeckels Cotylorhiza ambu-
lacrata von den Kanaren mit ihr identisch. Sie lebt wie Pilema,
soll aber nur im Reifestadium ausgesprochenes Oberflächentier
sein. Der Schirm erreicht einen Durchmesser von 15 bis 20 cm,
sogar 30 cm nach einer Angabe von Will. Seine lebhafte Braun-
färbung intra vitam ist durch parasitische Algen (Zoochlorellen)
verursacht, die im Gastrovascularsystem flottieren und das ento-
dermale Gewebe der Meduse besiedeln; Medusenlarven von 1,5mm
Durchmesser zeigen sich bereits infiziert. Wie Pilema ist auch
Cotylorhiza eine der am meisten für physiologische Unter-
suchungen herangezogenen Medusen, da sie, eine große Form,
auf den zahlreichen zoologischen Stationen des Mittelmeeres
leicht zu erhalten ist.
Literatur: Claus, C. Über die Entwicklung des Scyphostoma von
Cotylorhiza. Äiirclia und CJirijsaom. Arb. Zool. Inst. Wien 9. 1891. — Gegen-
baur, 0. Zur Lehre vom Generationswechsel und der Fortpflanzung bei
Medusen und Polypen. Würzburg 1854. — Goette, A. Entwicklungsgeschichte
der Anrelia anrita und Cotylorhiza tiibercnlata. Hamburg und Leipzig 1887. —
Hamann, 0. s. S. 319. — Hein, W. Untersuchungen über die Entwicklung
von Cotylorhiza tiibercnlata. Ztschr. wiss. Zool. 73. 1903. — Vanhöffen,E.
Untersuchungen über semaeostome und rhizostome Medusen. Bibl. Zool. 3. 1888.
L. Kick.
— 323
Beiträge zur Biologie und Anatomie der
Blüten.
Mit einer Farbentafel
von
M. Möbius.
Die oft sehr merkwürdigen Formen und Farben der Blüten
lassen sich mehr oder weniger gut als Anpassungen an die durch
Insekten oder andere Tiere erfolgende Bestäubung erklären. Be-
sonders auffallend ist es nun, wenn eine Blüte im ganzen oder
einzelnen eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Tier er-
kennen läßt. Derartige Erscheinungen zeigen manche Orchideen,
welche Familie sich überhaupt durch die oft sehr bizarr gestal-
teten Blüten auszeichnet. So gibt es eine Art, die Oncidium
Papilio genannt worden ist, weil die geöffnete Blüte einem flie-
genden Schmetterling nicht unähnlich sieht. Beiden Ophrys-
Arten derselben Familie kennen wir eine Bienen-, eine Fliegen-
und eine Spinnen-0/?Är?/s, die ihren Namen daher haben, daß
gewisse Teile der Blüte durch Gestalt und Farbe an eins dieser
Tiere erinnern. Vor einigen Jahren hat Carl Detto^) die Er-
scheinung zum Gegenstand einer besonderen Studie gemacht und
ist zu derselben Ansicht wie Robert Brown gekommen, daß
nämlich Bienen und Hummeln durch jene Tierähnlichkeiten vom
Blütenbesuch abgeschreckt werden sollen. Das Nähere wolle man
in der zitierten Abhandlung selbst nachsehen. Dort wird noch
ein anderer Fall von Insektenähnlichkeit besprochen, bei dessen
Deutung aber der Verfasser zu keinem bestimmten Ergebnis
kommt: es handelt sich um die Mohrenblüte in der Dolde der
wilden Möhre. Die weißen Dolden mit dem bekannten „Mohr"
in der Mitte erwecken allerdings den Eindruck, als ob ein kleiner
1) Flora Bd. XCIV 1905 S. 287.
21-
— 324 —
Käfer oder eine Fliege auf ihnen sitze, imd man hat darin
teils ein Mittel zur Anlockung von bestäubenden Insekten, teils
ein Mittel zur Abschreckung von Weidetieren sehen wollen. Ich
möchte mich lieber der ersten Anschauung anschließen und, ohne
sie näher zu begründen, das, was Kronfeld ^) früher von der
Beschaffenheit der abweichenden Mohrenblüte angegeben hat,
durch einige Worte und Abbildungen ergänzen.
Sehr auffallend ist es, daß nur bei manchen Pflanzen die
Dolden und auch nicht alle Dolden derselben Pflanze mit Mohren-
blüten versehen sind: nach Detto finden sie sich bei 23 bis
53 ^/o. Äußere Einflüsse scheinen dabei nicht maßgebend zu sein,
denn auf derselben Wiese findet man nebeneinander rein weiße
Dolden und solche mit dunkler Blüte in der Mitte. Man muß
aber genau zusehen; denn nicht immer ragt die Mohrenblüte
über die Dolde hervor, sondern manchmal steht sie etwas tiefer
als die anderen Blüten. Immer jedoch habe ich sie im Zentrum
gefunden, und zwar teils so, daß das zentrale Döldchen ganz auf
die Mohrenblüte reduziert ist, teils so, daß noch zwei bis drei
andere Blüten neben ihr in diesem ausgebildet sind (Fig. 8). Die
Schwesterblüten sind rein weiß oder besitzen einzelne dunkel-
rote Kronblätter. Ferner findet man alle Übergänge zwischen
normalen Blüten und echten Mohrenblüten, sowohl was die Form
als auch was die Farbe betrifft (Fig. 10). Und in der Mohren-
blüte selbst sind nur die Kronblätter dunkel oder auch die Staub-
gefäße, die Griffel und das Griffelpolster. Die dunkle Färbung
beniht nicht auf dem Farbstoff an sich; denn er ist das gewöhn-
liche rote Anthocyan, wie man es sonst bei roten Blüten findet.
Da aber nicht nur die Epidermis auf beiden Seiten, sondern auch
die Zellen des inneren Gewebes den Farbstoff enthalten, und da
zahlreiche Lufträume im Innern das Blütenblättchen undurch-
sichtig machen, so wird äußerlich der Eindruck eines an das
Schwarze grenzenden Rotes hervorgebracht. Übrigens finden sich
auch alle Übergänge von dieser bis zu einer hellrosenroten Farbe.
Was die Form betrifft, so ist die Mohrenblüte insofern nor-
mal ausgebildet, als sie fünf Kronblätter, fünf Staubgefäße und
einen unterständigen Fruchtknoten mit zwei Griffeln besitzt. Die
Form des Kronblattes ist aber eigentümlich und kann am besten
beschrieben werden, wenn man sich denkt, es sei entstanden aus
') Kronfeld „Über Anthokyanblüten von Danviis Carota'^ (Bot. Zentral-
blatt Bd. XLIX 1892).
— 325 —
einem fast kreisförmigen Blatt, das in der Mittellinie zusammen-
gebogen ist: die beiden Hälften sind nach hinten gerichtet und
einander mehr oder weniger genähert. In der Faltungslinie ist
das Blatt nach vorn übergebogen, so daß der obere Endpunkt
dicht über den unteren zu liegen kommt, mit dem es zwischen
Fruchtknoten und Griffelpolster angewachsen ist. Die Abbildun-
gen in Fig. 8 und 10 werden dies am besten klarmachen. Leider
müssen wir uns mit dieser Beschreibung begnügen und können
keinen Grund für diese abweichende Bildung angeben, die nach
Kronfelds Vermutung vielleicht ursprünglich eine Gallen-
bildung gewesen ist.
Ich komme nun zu einem anderen Fall von Insektenähn-
lichkeit der Blüten, den ich vor kurzem als eine neue Beob-
achtung in den Berichten der Deutschen Botanischen Gesellschaft
(Bd. XXX 1912 S. 265) mitgeteilt habe, wo aber leider die zum
rechten Verständnis erforderliche bunte Abbildung nicht beige-
geben werden konnte. Er betrifft gewisse Ritt er sporn arten,
deren Blüten den Anschein erwecken, als ob in ihnen eine Hum-
mel sitze. Bei Delphinium ist nämlich der Kelch blumenartig
entwickelt und gewöhnlich blau gefärbt, während die eigent-
lichen Blütenblätter, in der Anzahl reduziert, teilweise in Nek-
tarien umgewandelt sind. Als Typus mag D. elafmn, eine alpine
Art, gelten, bei der die Farbe des Kelches ein helleres oder
dunkleres Blau ist, das auf der Außenseite ins Violette spielt.
Die Kronblätter, von denen nur die vier oberen ausgebildet sind,
haben eine braune Farbe. Dieselbe Verteilung der Farben habe
ich bei zwanzig anderen Arten der Gattung gefunden. Die brau-
nen Kronblätter sind es nun, die durch Farbe und Form eine so
merkwürdige Ähnlichkeit mit einem Hummelrücken zeigen, wie
man an Fig. 2 sieht, wo eine großblütige Gartenvarietät abge-
bildet ist, die es noch deutlicher als das echte D. elatum mit
kleineren Blüten (Fig. 1) zeigt. Nun aber sind Hummeln die
eifrigsten Besucher und Bestäuber der Delphinium-Blüten. Wenn
man also der Ähnlichkeit eine biologische Bedeutung bei-
legen will, so kann sie unmöglich in einer Abschreckung dieser
Insekten, wie bei den Ophri/s-Arten, gefunden werden. Wir kön-
nen uns vielleicht eher vorstellen, daß hier eine eigenartige An-
lockung vorliegt, die darauf beruht, daß immer viele Blüten
an einer Infloreszenz vorhanden sind. Wenn es also einer auf
Blumenbesuch ausfliegenden Hummel scheint, daß bereits andere
— 326 —
ihrer Art in den Blüten einer Ritterspornpflanze sitzen, so wird
sie vielleicht gereizt, auch hinzufliegen und sich eine noch un-
besetzte Blüte zu suchen; kommt sie aber heran, so erkennt sie
ihren Irrtum und kriecht in die erste beste Blüte hinein. Nicht
ausgeschlossen ist dabei, daß andere Insekten durch die vorge-
täuschte Hummel abgeschreckt und so die Blüten den Hummeln
zum Besuch reserviert werden. Es ist schwer, die Ähnlichkeit
für eine nur zufällige zu halten; denn erstens wird die Hummel
gerade an der Stelle imitiert, wo sie wirklich ihren Platz in
der Blüte beim Besuch einzunehmen pflegt, ebenso wie bei den
Ophrys-Arten die Insektenähnlichkeit gerade auf dem Labellum,
dem Anflugplatz für Insekten, zum Ausdruck kommt. Zweitens
sind Gestalt, Färbung und Behaarung der die Hummel nach-
ahmenden Blütenblätter so ungewöhnlich, daß man nicht umhin
kann, diesen Gebilden eine biologische Bedeutung zu-
zuschreiben. Man muß nur im Sommer an einem solchen Ritter-
sporn beobachten, wie die Hummeln — besonders ist es Bombus
hortorum — in die Blüte kriechen, und wie dann ihr dunkles
Brustschild und der gelb und weiß behaarte Hinterleib, von oben
und hinten gesehen, wieder im großen und ganzen das Bild dar-
stellen, das die unbesetzte Blüte bot (Fig. 2 und 3).
Sehen wir uns nun die in Betracht kommenden Teile der Del-
phininm-BWite, also die Kronblätter oder Fetalen, etwas näher an :
Die zwei oberen sind zu Nektarien umgebildet, sie sind vollkom-
men symmetrisch und bestehen aus einem hinteren spornförmi-
gen und einem vorderen blattförmigen Teil (Fig. 5). Man könnte
sie mit einer spitzen Düte vergleichen, die an dem erweiterten
Ende aufgeschlitzt ist, so daß nur das hintere Ende, also ein
Viertel des Ganzen, wirklich röhrig gestaltet ist. Die aufge-
schlitzte Seite ist bei beiden der Medianlinie zugewendet, und
ungefähr in der Mitte der Länge ist das Blatt dem Blütenboden
aufgewachsen. Von da aus nach vorn und aufwärts ist die Mün-
dung braun gefärbt; auch der Sporn ist dunkelbraun, die Mitte
ist grünlich. Die beiden anderen Fetalen stellen schmale blatt-
förmige Körper dar, die nach unten und hinten in einen hell-
gefärbten Stiel verschmälert, vorn breiter und in zwei Zipfel
gespalten sind. Der blattförmige und der stielförmige Teil stehen
ungefähr in einem rechten Winkel gegeneinander, ersterer ab-
wärts nach vorn, letzterer abwärts nach hinten gerichtet. Der
braune Lappen ist auf der Fläche mit gelben und am unteren
— 327 —
Rand mit weißen Haaren besetzt. Die zwei Lappen der seitlichen
Kronblätter hängen parallel nebeneinander und so dicht, daß sie
mit den inneren Rändern etwas übereinander greifen. So bilden
die nach oben gerichteten Lappen der oberen Fetalen und die
nach unten gerichteten Lappen der seitlichen Fetalen, von außen
gesehen, ein scheinbar einheitliches Gebilde, das, wie gesagt,
einem Hummelrücken nicht unähnlich ist. Wenn wir Bomhus
hortorum als Muster nehmen, so finden wir den dunklen Teil
des Brustabschnitts und den Hinterleib nachgeahmt, während der
vordere gelbweiße Rand des ersteren Abschnitts nicht nachge-
ahmt zu werden braucht, da er nebst dem Kopf der nektarsaugen-
den Hummel in der Tiefe der Blüte verschwindet. Aber sowohl
die gelben wie die weißen Haare des braunen Hinterleibs (Fig. 4)
haben ihr Gegenstück an denen der braunen Blütenblätter.
Besonders eigentümlich ist die Ursache der gelben Farbe
der Haare. Denn sie wird weder durch Anthoxanthinkörner, noch
durch gelben Zellsaft erzeugt; sondern die äußerste Schicht der
dicken Wandung ist es, an welche die Farbe gebunden ist, wie
man schon beim Einstellen auf den optischen Längsschnitt und
noch besser an einem Durchschnitt des Haares sieht. Diese
Schicht hebt sich zugleich in vielen kleinen Falten von der
dickeren inneren Schicht ab und bewirkt dadurch die höckerig-
rauhe Beschaffenheit der Außenseite des Haares (Fig. 7). Dieses
ist immer einzellig, 15 bis 20 mal so lang wie breit, oben zuge-
spitzt, unten mit schwach verbreiterter Basis der Epidermis ein-
gefügt und mit körnigem Inhalt versehen (Fig. 6). Die Haare der
Hummel sind bei ungefähr gleicher Länge viel dünner und außen
mit zahlreichen, feinen, aufwärts gerichteten Stacheln besetzt.
Die braune Färbung wird durch einen wie das Anthocyan
im Zellsaft gelösten Farbstoff bewirkt, den ich früher genauer
beschrieben und Anthophaein genannt habe.^) Ich fand ihn
zuerst bei der Pferdebohne, Vicia Faha, wo er die dunklen
Flecken auf den Flügeln der Schmetterlingsblüte hervorruft. Da
ich damals keine kolorierte Abbildung davon geben konnte, so
möchte ich es bei dieser Gelegenheit nachholen (Fig. 11-13) und
hinzufügen, daß solche dunklen Flecken auch bei anderen Vicia-
Arten vorkommen, von denen ich nach Untersuchung an Herbar-
material Vicia melaiiops, V. tricolor, V. Pannonica, V. Narhonen-
') Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. Bd. XVIII 1900 S. 346.
— 328 —
sis, V. truncatula und V. Pseudo-Orohus nennen kann; sie stam-
men aus Süd- und Osteuropa und Sibirien. Das Anthophaein
scheint keine große Verbreitung im Pflanzenreich zu haben;
außer Vicia besitzt es also noch die Gattung Delphinium^ in
der besonders eine Art, D. triste, zu bemerken ist, da bei ihr
nicht nur die Krön- sondern auch die Kelchblätter braun gefärbt
sind. Ferner kommen noch gewisse Orchideen aus der Verwandt-
schaft von Coeloyyne in Betracht. Nachdem ich zuerst auf das
Vorkommen von Anthophaein bei C. Massangeana hingewiesen
hatte, ist dann von Schlockow gezeigt worden, daß unter den
Orchideen nur die Arten aus der Unterfamilie der Coelogyninae
in ihren Blüten Anthophaein führen, hier aber mit einer Ausnahme
alle untersuchten Arten. ^) Bei der Bromeliacee Aechmea clavata
fand ich, daß die in älteren Blüten schwarz gefärbten Kronblätter
auf beiden Seiten in der Epidermis Anthophaein enthalten: das
ist also noch ein vereinzeltes Vorkommen dieses Farbstoffes in
Blüten. Schließlich enthalten auch die Blütentragblätter von
Asphodelus albus in ihren Epidermiszellen den genannten Farb-
stoff und erscheinen dadurch im frischen Zustand bräunlich, beim
Trockenwerden schwarzbraun. Also nur in einzelnen, ganz ent-
fernt voneinander stehenden Gruppen ist bisher das Vorkommen
des Anthophaeins nachgewiesen: bei Delphinium unter den Ra-
nunculaceen, bei Vicia unter den Papilionaceen, bei Coelogyne
und Verwandten unter den Orchidaceen, bei einer Aechmea-Ait
unter den Bromeliaceen und bei der Liliacee Asphodelus, hier
aber nicht in den Blüten selbst, sondern in deren Tragblättern.
Noch merkwürdiger ist wohl, daß eine gewisse Blüten-
färbung — soweit mir bekannt ist — nur bei Arten einer ein-
zigen Gattung auftritt: ich meine das fettglänzende Gelb
der Ranunculus-Arten, die deshalb im Volksmund trefflich als
„Butterblumen" bezeichnet werden. Ich habe vor längerer Zeit
die Ursache dieser Erscheinung eingehend beschrieben-) und
möchte jetzt darauf zurückkommen, um die damals nicht beige-
fügten Abbildungen nachzuholen.
Wählen wir als Beispiel den scharfen Hahnenfuß, Ranuncu-
lus acer. Hier ist die Oberseite eines jeden Kronblattes vom obe-
ren Rand aus auf etwa zwei Drittel der Länge fettglänzend.
') Schlockow „Zur Anatomie der braunen Blüten." Inaug.-Dissertation,
Heidelberg 1903.
0 Botan. Zentralblatt Bd. XXIII 1885 Nr. 29 u. 30.
— 329 —
Die Grenzlinie des oberen glänzenden und des unteren nicht
glänzenden Teils verläuft im Zickzack, und zwar folgen die auf-
wärts gerichteten Zacken den das Blatt durchziehenden Haupt-
nerven, während die nach unten gerichteten zwischen den Nerven
liegen (Fig. 14), Die Unterseite ist in ihrer ganzen Ausdehnung
gleichmäßig mattgelb (Fig. 15). Die Ursache des Fettglanzes
beruht auf zwei Umständen, nämlich erstens darauf, daß der
Farbstoff nicht wie gewöhnlich in Form gelber Körner auftritt,
sondern als eine die ganze Zelle erfüllende ölartige Substanz,
die allerdings aus gelben Körnern (Anthoxanthin) entsteht, und
zwar erst, nachdem die Blüte sich völlig aus der Knospe ent-
faltet hat (Fig. 16). Der andere Umstand ist die Anhäufung
kleiner Stärkekörner in der Zellschicht unter der Epidermis der
Oberseite, wodurch ein undurchsichtiger Belag unter der wie ein
gelbes Glas wirkenden Epidermis und folglich eine Spiegelung
zustande kommt. Wir sehen dies am besten an einem Querschnitt
durch ein Blütenblatt an der spiegelnden Stelle (Fig. 17). Die
Epidermiszellen der Oberseite sind sehr niedrig und außen glatt;
die nächste Schicht ist die Stärkeschicht, die auch nur so weit
ausgebildet ist, als der glänzende Teil des Blattes reicht, an der
Basis also fehlt. Dann folgen noch einige indifferente Schichten
ohne Stärke und Farbstoff, und die Epidermis der Unterseite
schließlich enthält das gewöhnliche Anthoxanthin, also die gel-
ben Chromatophoren, durch die in den meisten Fällen die gelbe
Färbung der Blüten entsteht, wie z. B. bei der Sumpfdotterblume
{Caltha palustris) und der Trollblume {TrolUus europaeus). Sie
sind den Butterblumen nahe verwandt, haben aber keine fett-
glänzenden Blüten. Wenn also wirklich keine andere Gattung
wie Ranunculus einen solchen Fettglanz der gelben Blütenfarbe
zeigt, so ist dies auch insofern interessant, als hier eine nach
morphologischen Merkmalen gebildete systematische Gruppe
sich auch durch den Besitz gewisser chemischer Substanzen
auszeichnet, woraus dann wiederum geschlossen werden kann,
daß auch die letzteren eine gewisse systematische Bedeutung
besitzen.^)
^) W i e s n e r hat dies z. B. für den Milchsaft in der Gattung Euphorbia
nachzuweisen versucht.
330 —
Tafelei'klärung.
1. Blüte von Delphinium elatum (1 : 1)
2. Blüten einer anderen Delphinium- Kvi (1:1)
3. Dieselbe Blüte mit der Hummel Bombus hortorum (1 : 1)
4. Bombus hortorum von oben (1 : 1)
5. Eins der oberen Fetalen aus der Blüte Fig. 2 (vergr.)
6. Ein Haar vom Fetalum derselben Blüte (vergr.)
7. Der obere Teil eines gelben Haares (noch stärker vergr.)
8. Zentrale Döldchen von Daucus Carota mit Mohrenblüte (6 : 1)
9. Einzelne Mohrenblüte nach Entfernung von fünf Staubgefäßen und vier
Fetalen (10 : 1)
10. Übergang zwischen normaler Blüte und echter Mohrenblüte (5 : 1)
11. Blüte von Vicia Faba (2:1)
12. Der eine Flügel aus der Blüte (1 : 1)
13. Querschnitt durch den schwarzen Fleck an dem Blatt Fig. 12 (stark vergr.)
14. Ranunculus acer, Kronblatt von oben (vergr.)
15. Dasselbe von unten (vergr.)
16. Epidermiszellen aus dem glänzenden Teil von Fig. 14 (stark vergr.)
17. Querschnitt durch den glänzenden Teil des Blütenblattes von Ranunculus
repens (stark vergr.)
U. Bei: d. Seiickeiib. Naturf. Ges. 1913.
Taf. I.
6 \6
M. Möbius pinx.
Werner u. Winter. Frankfurt a. M.
Eine deutsche Geflügelfarm,
Mit 6 Abbildungen
von
Hugo Wüsthoff.
Dicht hinter der von prachtvollem Hochwald umgebenen
Villenkolonie Buchschlag liegt inmitten von Wiesen unsere vor
zwei Jahren neugegründete Geflügelfarm. Das gesamte Ge-
lände derselben umfaßt etwa 70000 qm und ist durch eine Weiß-
dornhecke vollständig eingefriedigt. Die Gemeinde Sprend-
1 in gen, in deren Gemarkung der Besitz gelegen ist, hat bei
der Anlage der Farm in zuvorkommendster Weise von der vom
Bahnhof zum Ort führenden Landstraße aus eine 150 m lange,
6 m breite Fahrstraße bauen und Wasser- und Gasanschluß bis
an die Besitzung legen lassen.
Die Einteilung des Geländes ist dem Zweck der Anlage ent-
sprechend erfolgt. Außer Wiesen mit neuangelegten Weiden-
kulturen, drei Teichen und Ackerland ist ein großer Obstpark
vorhanden, der mit etwa 1100 Bäumen, meist Buschobst und
Halbstämmen, besetzt ist. Die Bäume stehen in den Ausläufen
für das Geflügel, dem sie im Sommer den notwendigen Schatten
spenden ; das Geflügel dagegen liefert den Bäumen einen außer-
ordentlich wertvollen Dung, der es möglich macht, die Grasnarbe
in den Obstanlagen für die Tiere stehen zu lassen, ohne daß die
Ertragfähigkeit der Bäume darunter leidet. Diese Kombination
von Geflügelzucht mit Obstbau kann demnach für die Land-
ausnutzung als sehr günstig bezeichnet werden.
n:
Cf5
CR
>
— 335 —
Gleich beim Betreten der Farm fällt der Blick auf die Zucht-
ställe für etwa 600 Pecking-Zuchtenten mit Ausläufen von
80x20 m für je 80 bis 100 Enten und mit einer großen Teich-
abteilung. Die Teiche werden von dem das Grundstück durch-
fließenden Hengstbach gespeist und enthalten deshalb stets
frisches, den Tieren zuträgliches Bachwasser. Etwas weiter im
Gelände fällt dem Besucher das malerisch gelegene Haupt-
wirtschaftsgebäude auf, das in der Mitte das Büro, sowie
die Privat- und Verwalterwohnung enthält. Im Ostflügel befindet
sich hinter der auf der Nordseite gelegenen, kühlen Eierkam-
mer der äußerst praktisch eingerichtete Brutsaal, der 40 Brut-
maschinen für etwa 10000 bis 12000 Eier zu fassen vermag. Es
kommen nur Cremat-Brüter zur Verwendung, die mit Gas ge-
heizt werden und sehr sparsam arbeiten. Gegenwärtig sind 33
Maschinen im Betrieb, die im Lauf des Jahres etwa 20000 Ent-
chen und Kücken liefern. Durchschnittlich kann auf etwa 60 ^/o
Kücken der eingelegten Eier oder auf 80-90 °/o der befruchteten
Eier gerechnet werden. Solche guten Erfolge sind natürlich nur
bei aufmerksamer Behandlung der Brut zu erreichen, deren Tem-
peratur in den einzelnen Perioden eine verschieden hohe sein
muß. Der Verlauf des Brutgeschäftes läßt sich bei den
Cremat-Brütern genau verfolgen, und Besucher, die gerade Glück
haben, können das Aufpicken der Eier und das Ausschlüpfen der
jungen Tiere beobachten. Unmittelbar an den Brutraum schließt
sich das vortrefflich eingerichtete Warmhaus an, das im Früh-
jahr oft bis 5000 Kücken in allen Altersstufen beherbergt. Nach
dem Verlassen des "Warmhauses sieht man sich den Kolonie-
ställen gegenüber, die inmitten der prachtvollen Obstanlagen
überall zerstreut gelegen sind. Auf der Nordseite der Farm liegt
schließlich noch der 76 m lange Mastschuppen, der Tausende
von Schlachtenten aufnehmen kann.
Gezüchtet werden in erster Linie Pekingenten, deren
Zuchtstämme aus reinrassigen Frühbruten (amerikanischen und
deutsch-amerikanischen Pekingenten) bestehen. Außerdem aber
werden auch weiße indische Laufenten gezüchtet. Bei
guter Wartung und Pflege liefern beide Arten ausgezeichnete
Resultate. Im Jahre 1912 waren fast durchweg 95-96 ''/o der Eier
befruchtet; aus einer Brutmaschine mit 252 Eiern wurden z. B,
nur zwei Eier als unbefruchtet ausgeschiert.
Das Hauptaugenmerk muß auf die Aufzucht und Auswahl
— 336 —
der Ziichtenten gerichtet sein. Tiere, die nicht aus einer ganz
einwandfreien, vorzüglich ausgekommenen Brut stammen, kom-
men für Zuchtzwecke überhaupt nicht in Betracht; denn die Er-
fahrung hat gelehrt, daß solche Tiere selbst als Schlachtware
stets einen Minderwert gegenüber glattgeschlüpften Enten be-
sitzen. Der Zu cht stamm ist die Grundlage der ganzen Zucht;
alle Mühen und Kosten sind vergeblich, wenn er nicht in jeder
Hinsicht einwandfrei ist. Die Richtigkeit dieses Grundsatzes, den
man wohl mit Recht auf die Geflügelzucht überhaupt ausdehnen
kann, wurde uns auch von einer großen Anzahl namhafter Züch-
Ein Zuchtstamm weißer Reichshühner.
ter, die bei uns ihren Bedarf an Zuchtstämmen deckten, bestätigt.
Der beste Beweis aber für die ganz besondere Leistungsfähig-
keit einer solchen zielbewußten Züchtungsweise ist wohl die Tat-
sache, daß wir bereits Anfang September mit dem Brüten von
Enteneiern beginnen konnten, von denen schon 80°/o befruchtet
waren, und daß bereits im Oktober die ersten jungen Peking-
enten der neuen Saison schlüpften. Auch legte eine ganze Anzahl
von Enten, die auf der Farm gezüchtet sind, in diesem Jahre
schon über 100 Eier, während bis jetzt als höchste Leistung 80
Eier im Jahre angesehen wurde.
Außer Enten werden noch weiße Reichshühner gezüch-
tet, von denen eine Reihe vorzüglicher Zuchtstämme vorhanden
Xi
— 338 —
ist, darunter Hennen, die schon im November je 18 bis 20 Eier
legten. Das prächtige Reichshuhn, namentlich das weiße, dürfte
eins der besten Nutzhühner sein, da es sowohl als Fleisch- wie
als Legehuhn gut ist. Als Legehühner sind diese Tiere allen
anderen Rassen vorzuziehen ; sie brüten freilich nicht so oft wie
viele der schweren Rassen, sind aber gute und besonders sorg-
same Mütter. Auch zu Schlachtzwecken sind sie sehr geeignet,
da sie sich durch weißes Brustfleisch und weiße Beine auszeich-
nen und einen saftigen, vollfleischigen Braten liefern. Gut ge-
mästet können die weißen Reichshuhn-Poularden jeden Vergleich
mit der besten französischen Ware aushalten.
Schließlich werden auf der Farm auch noch Schweine ge-
halten, die sich mit den Schlachtabfällen und Rückständen aus
den Trögen vorteilhaft mästen lassen. Sie sind im westlichen
Teil der Farm untergebracht, wo sich die Schlacht-, Pack-
und Versandräume und ein großer Futterboden nebst
Futterküche befinden. Zum Transport der benötigten großen
Mengen von Futtermitteln dienen etwa 1000 m Geleise, das die
einzelnen Gebäude miteinander verbindet und nicht nur viel
Arbeit, sondern auch viel Lohn erspart und deshalb eine sehr
empfehlenswerte Einrichtung ist.
Die „Süddeutsche Geflügelfarm" wurde bereits von
vielen Züchtern, Liebhabern, Tierärzten und Zoologen, sowie auch
von zahlreichen Vereinen und wissenschaftlichen Gesellschaften
besucht, darunter von Mitgliedern der Senckenbergischen Natur-
forschenden Gesellschaft, die mit einer zoologischen Exkursion am
28. April 1912 die Besichtigung unserer Farm verbunden haben.
Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Kn o blauch in Frankfurt am Main
Druck von Werner u. Winter in Frankfurt am Main
44. Bericht
der
Senckenbergisclien Naturforsclienden Gesellschaft
m
Frankfurt am Main
Heft 1
mit 24 Abbildungen
Ausgegeben
April 1913
Inhalt : Seite
Aus der Schausammlung:
Das Zwergflußpferd von Liberia 1
Die Dronte 5
Der Triceratops 10
Verteilung der Ämter im Jahre 1913 14
Verzeichnis der Mitglieder 16
Rückblick auf das Jahr 1912 (Mitteilungen der Verwaltung) .... 38
Kassenbericht über das Jahr 1912 44
Museumsbericht über das Jahr 1912 46
Nekrolog: Philipp Steffan 66
Vermischte Aufsätze:
E. Schwarz: Der Bali-Tiger 70
R. von Goldschmidt-Rothschild: Aus dem Hochland von
Ostafrika 74
Besprechungen :
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Nachdi-ack nar mit Qaellenangabe gestattet, Übersetzungareclit Torbehalten
Frankfurt am Main
Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft
1913
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Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main
Druck von Werner n. Winter in Frankfurt am Main.
44. Bericht
der
Senckenbergischen llaturforsclienden Gesellscliaft
m
Frankfurt am Main
Heft 2
mit 15 Abbildungen
Ausgegeben
Juni 1913
Inhalt : Seite
Aus der Schau^ammlung:
Phenacodus primaevus Cope 103
Lehrtätigkeit von April 1912 bis März 1913:
Vorlesungen, praktische Übungen und Exkursionen 107
Wissenschaftliche Sitzungen 117
Nekrolog: Carl Hagenbeck 139
Vermischte Aufsätze:
A. Schultze:Die afrikanische Hyläa, ihre Pflanzen- und Tierwelt 143
A, von Weinberg: Das Eiweißmolekül als ünteriage der Lebens-
erscheinung 159
Besprechungen :
L Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft 180
IL Neue Bücher 181
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übeisetzungsreclit Torbehalten
Frankfurt am Main
Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft
1913
Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2.—.
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nachmittags im Sommer (April bis September) von 2-5, im Winter
(Oktober bis März) von 2-4 Uhr
Dienstags von 10-1 Uhr
Mittwochs im Sommer von 3-5, im Winter von 2-4 Uhr
Donnerstags von 10-1 Uhr
Freitags von 11-1 Uhr
Samstags im Sommer von 3-5, im Winter von 2-4 Uhr
Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum
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44. Bericht
der
Senckenbergischen Naturforschenden Gesellscliaft
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Heft 3
mit 108 Abbildungen
Ausgegeben
September 1913
Inhalt : Seite
Aus der Schausammlung:
Die Veränderlichkeit der Schale von Iberus gualterianus L. . . 183
Sinopa rapax Leidy 198
Vermischte Aufsätze:
G. Böttcher: Lionardo da Vinci als Naturforscher 203
W. Kobelt: Der Schwanheimer Wald IV 236
Jahresfeier:
H. Siedentopf: Über ultramikroskopische Abbildung mit Er- '■
klärung kinematographischer Demonstrationen (Referat) . . 266
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten
Frankfurt am Main
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1913
Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2.
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Frankfurt am Main
Heft 4
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Ausgegeben
Dezember 1913
Inhalt : Seite
Nekrologe:
Friedrich Kinkelin 269
Carl Gerlach 278
Aus der Schausammlung:
Der Schopfibis 283
Unser Planktonschrank. I. Radiolarien und Medusen .... 286
Vermischte Aufsätze:
M. Möbius: Beiträge zur Biologie und Anatomie der Blüten . 323
H. Wüsthoff: Eine deutsche Geflügelfarm 331
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten
Frankfurt am Main
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1913
Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6, — . Preis des einzelnen Heftes M. 2.
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