Jlaumannia.
Archiv
für Die Ornithologie,
vorzugsweise Europa’s.
Organ der deutschen Ornithologen-&esellschaft.
Herausgegeben
von
Eduard Baldamus.
ee 1854.
Stuftgart, 1854.
Hoffmann’sche Verlags-Buchhandlung-
London, Williams & Norgate, Henrietta Street, Coventgarden.
Inhaltsverzeichniss.
Ueber die europäischen Pieper. Von Zander
Bemerkungen und Zusätze. Von E. Baldamus Bar AT AL TOR
Einige Notizen über die blaue Elster, Pica cyanea.. Von Baron R. König-
Warthausen
Beobachtungen über domesticirte Vögel. "Von Baron R. König- Warthausen
Ornithologische Bemerkungen. Von Dr» A. Dehne . . . SR EM 2% smlRarg USE
Ornithologische Erinnerungen. Von A. Dehne ...
Eine kurze Schilderung der Kleider der PROBEN: Falken und anderer Raub-
vögel. Von.L. Brehm ;
Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien. Von H. D. ah W a f l e n-
green... ee OR
Ornithologische Notizen. Von Graf Casimir Wodzicki. x ;
Beiträge zur Anatomie und ERROR der en EHRE: von Dr. s. (Mit
PIE: x RER OLBER
Notizen . . BER As u a an a a 3 r .109::7208;
Bitte :. .. ER Fond a Da ar a Ka Yale Ps nr TEE . 1 RE ER
Bekanntmachungen 5 55109. 208,, 5389:
Literatur-Nachweise aus dem Gebiete der "Ornithologie F Bi
Ueber eine neue (?) kleine Schwanenart. Von B. Altum (nebst Tafel) .
Reminiscenzen über stufenweise Entwickelung der vaterländischen Ornithologie
in der ersten Hälfte unseres’ Jahrhunderts. Von Dr. J. F. Nau-
mann
Material zur Fortpflanzungsgeschichte des‘ gemeinen Eisvogels, Alcedo ispida L.
Von Baron R. König-Warthausen ; A
Noch ein Wort über Aquila pennata. Vom Grafen C. Wodzicki A
Aus einem Briefe an Herrn Grafen €. Wodzicki, vom Herausgeber
Vergleichende Aufzählung der aüf dem S.0. Thüringer Walde und der in der ;
Umgegend von Schlotheim in N.W. Thüringen vorkommenden Vö-
gel. Von Dr. J. Speerschneider (Schluss) . .
Ein Brutplatz der Hirundo rupestris in Deutschland. Von Albr. Rindfleisch
Skizzen aus dem Vogelleben Nordamerika’s. Von Alexander Gerhardt.
= Oologie ae in betrachtet. Von G. H. Kunz
Be. .-',
Notes sur les 'Larides par Charles- Lucien Prince Bonaparte
Auszug aus dem Protokolle der achten Versammlung der Deutschen Ornitholo-
gen-Gesellschaft zu Gotha
Präsenzliste der Mitglieder der achten Versammlung der Deutschen Örnitholo-
gen- -Gesellschaft zu Gotha ee. weis
Notizen aus meinem ornithologischen Tagebuche. "Von w. Hintz 1. {
Seite
IV
MG
Ueber die Farben der Vogelfedern im Allgemeinen, über das Schillern insbe-
sondere. Von Bernard Altum
Mittheilungen über meine literarische, sammlerische und beobachtende T T hätig-
keit im Gesellschaftsjahre 1853—54. Von Dr. N. Kjärbölling
Beilage Nro. 3... .» TEN RE REITER
Grundriss eines natürlichen 'Systemes der Vögel. Für die Ordnung der ornithol.
Sammlung des Herzogl. ge zu RER entworfen
von Dr. Fr. Staude . . TER s { Rn: N
Alta 2 SE EL NE RE A
Erklärung i
Ueber die Ehen der Vögel. "Von rn Brehm. i
Ueber. das Vorkommen und Nisten der Steindrossel, Turdus saxatilis, am. nörd-
lichen Harze. Von Dr. Hennecke in Goslar
Vorläufiges über die von B. Altum beschriebene kleine Schwanenart. “Yon Dr.
G. Hartlaub
Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze = Brehm’s „Ueber Species und Subspe-
cies‘‘ in Naumannia für 1853, erstes Quartal. Von J. Hammar-
gren, Phil. Mag. in Carlstad in Schweden a RE
Beobachtungen über den Wespenfalken, Pernis apivorus. Von Th. Behrens .
Ueber das Vorkommen der €. locustella im Altenburg’schen. Von Fr. Schach
Einiges über den Fang der Raubvögeln. ‘Von Friedrich Schach ;
Kurzer Bericht über eine ornithologische Exeursion am ae im Juni
1854. Von €. F. Wiepken f REN
Planches coloriees. des Oigganx de la Beleigle, et de leurs Deufs. Par ke F-
Dubois et; A ABIT
Literarische Berichte .
Rechnungsablage über Einnahmen. und Ausgaben der D. 0. 6. vom 3. Oetober
1850 bis 18. Juli 1854 . . N} ?
Zur Erklärung der Abbildungen der Kukkukseier (Mit Tafel) ;
Einladung zur Subscription auf Alfred Edmund Brehm’s Reiseskizzen aus "Nord.
Ost-Afrika . } : F A
Verzeichniss im Tausch oder käuflich abzulassenden Vogeleier
7: Be 2 . y .- . ®
Ayleuacrubvieapula Landb.. Mas.
Nach der Natur ‚gemal£ von.D! I, Fr. Naumann.
d: 18. April 1854.
(Beilage Nr. 8.)
Ueber die europäischen Pieper.
Von
Zander.
Man hat in neuerer Zeit angefangen, auch dieser, früher sehr ver-
nachlässigten Vogelsippe mehr Aufmerksamkeit zu schenken, und zu den
vier europäischen Hauptarten, die man zu Bechstein’s Zeit erst
kannte, sind durch die neuern Beobachtungen noch einige hinzugekom-
men. Doch sind die Ornithologen noch uneins darüber, ob alle neu
aufgestellten Arten auch wirklich gute Arten sind. Ich habe desshalb
denselben eine sorgfältige Untersuchung gewidmet, und theile das Er-
gebniss in Nachstehendem mit. j
Neuere Methodiker haben die Pieper (Anthus, Bechst.) in meh-
rere Sippen zerspalten. So trennte Vigors die Stelzenpieper un-
ter dem Sippennamen Corydalla, Swainson die Brachpieper unter
Agrodroma, Kaup die Baumpieper unter Pipastes, Blyth dieselben
unter Dendronanthus von den eigentlichen Piepern; ja, auch die Wie-
senpieper wurden von Kaup unter dem Sippennamen Leimoniptera
noch von Anthus geschieden, so dass in dieser Bechstein’schen Sippe
nur die Wasserpieper geblieben sind. Solche Zersplitterung ist offen-
bar zu übertrieben, denn die Charaktere sind durchaus nicht der Art,
dass sie zur Begründung besonderer Sippen berechtigten. Weil z. B. der
Stelzenpieper einen längern Lauf, längern Sporn und längere Zehen
hat, als die übrigen Arten, so glaubte man, ohne seine Lebensweise nur
einigermassen zu kennen, schon ein Recht zu haben, für ihn eine eigene
Sippe zu bilden. Fahren wir fort, so zu zersplittern , Zusammengehöri-
ges so auseinander zu reissen, dann werden wir bald dahin kommen,
„dass jede Species eine eigene Sippe für sich bildet. Sollte indess bei
‘* den Piepern eine Trennung geschehen, so möchte sich nach meiner
Naumannia. 1854. 1
2
Ansicht, allein die des Baumpiepers einigermassen rechtfertigen lassen,
der offenbar in Habitus und zumal Lebensweise noch am meisten ab-
weicht. Mir scheint es jedoch‘ das Natürlichste, unsere europäischen
Pieper unter dem Bechstein’schen Namen ‚‚Anthus‘“ beisammen zu lassen,
weil alle den ihnen eigenthümlichen Charakter an sich tragen, der sie
naturgemäss zu einer Sippe vereinigt,
1. Der Stelzenpieper. (Spornpieper.)
Anthus Richardi, Vieill.
Synon. Anthus Richardi, Vieill. Dict. t. 26. pag. 491 et Faune
Fr. pag. 178. |
Anthus rupestris, Menetr, Catal. p. 37.
Corydalla Richardi, Vigors, Gen. of Birds. — Brehm, Nat. d. V.
D. S. 322.
Anthus macronyx, Gloger, Handbuch d. N. d. V. E. IL. S. 269.
Anthus longipes, Hollandre, Faune de la Moselle. p. 84.
Artkennzeichen. Die gelblich fleischfarbenen Läufe
(15 hoch) und Zehen lang, Nagel der Hinterzehe viel län-
ger als diese und sehr wenig gekrümmt, mit der Zehe 4“
lang. Die längste Hinterschwinge 4“' kürzer als die längste
Vorderschwinge. Färbung des Gefieders ohne Grün. —
Länge des Vogels 8".
Beschreibung. Da dieser Pieper noch nicht allgemein bekannt
ist und die Beschreibungen, welche man von ihm hat, zum Theil nicht
ganz richtig sind, so will ich ihn hier nach zwei Exemplaren von Hel-
goland und nach einem aus Afrika genau beschreiben.
Sommerkleid. Der Schnabel am Oberkiefer und an der Spitze
schwärzlich, am Unterkiefer gelblich-fleischfarben, so auch die Füsse.
Alle obern Theile schwarz- oder dunkelbraun, mit ziemlich breiten
gelblichbraunen und gelblichgrauen Federkanten; über den Augen ein
gelblichweisser Streif. Kehle und Bauch schmutzig weiss mit einem An-
striche von Gelblich, Seiten des Halses, Brust und Weichen rostgelblich;
auf beiden Seiten der Kehle ein schwärzliches Streifehen vom Mundwin-
kel herab, an den Seiten des Halses und auf der Oberbrust schwärzliche
lanzettförmige Flecke, welche in den Weichen in Längsflecke übergehen;
die untern Schwanzdeckfedern gelblichweiss. Die kleinen Deckfedern
der Flügel schwärzlich mit weisslichen Rändern, die grossen Deckfedern
3
und die hintern Schwungfedern ebenso, aber nur an der Spitze mit
weisslichen, sonst mit rostgelben Rändern; die grossen Schwungfedern
schwärzlich , mit schmalen weisslichen Kanten. Die beiden mittlern
Schwanzfedern braunschwarz mit rostgelblichem Saume, die drei folgen-
den ganz schwarz und nur sehr unmerklich grau gekantet, die vorletzte
mit einem grossen, weissen, keilförmigen, bis über die Mitte der Feder
hinabgehenden Fleck und einem weissen Saume an der äussern Fahne;
die äusserste Feder fast ganz weiss, nur mit einem braunen Längsstrei-
fen am Rande der Innenfahne.
Im Herbstikleide hat das Gefieder viel mehr Rostgelb und ähnelt
dem des Brachpiepers; doch ist die Zeichnung des Oberkörpers stets viel
dunkler, als bei diesem. Der ganze Oberkörper ist schwarzbraun, mit
breiten, schmutzig rostgelben Federrändern; die Kehle schmutzig weiss,
die übrigen Theile des Unterkörpers hell rostgelb, auf der Brust mit
dunkelbraunen Schaftflecken und hier, so wie an den Seiten, am stärk-
sten rostgelb.
Das Kleid der Jungen vor der ersten Mauser kenne ich
nicht. Wahrscheinlich ähnelt es dem der jungen Brachpieper. Die Beschrei-
bung aber, welche Degland gibt, möchte ich eher auf junge Herbst-
vögel beziehen; denn ich bin der Meinung, dass sie eben so wenig
Rostgelb in ihrem Gefieder haben, wie die unvermauserten Brachpieper.
Aufenthalt. Man trifft ihn in Spanien, Frankreich, Sardinien,
Italien, Oestreich, Griechenland, England, Helgoland, im nördlichen Afrika
und westlichen Asien, jedoch überall nicht häufig. Auf. Helgoland er-
scheint er auf dem Zuge zu Ende des August. In Griechenland bewohnt
er, nach von der Mühle, — Beitrag zur Ornith. Griechenlands $. 58.
— die felsigen Hügel am Auslaufe der Gebirge.
Lebensweise. Hierüber ist wenig bekannt. Graf von der Mühle
a. a. OÖ. sagt bloss von ihm, dass er sehr schnell auf dem Boden zwi-
schen Gesträuch, mit gestrecktem Halse, herumlaufe, und singend wie
Lanius collurio in die Höhe steige, wobei er jedoch nicht den Schwanz
ausbreite, wie dieser. Seine Stimme soll übrigens der des Brachpiepers
ähnlich, aber viel stärker sein.
Fortpflanzung. Auch von dieser ist nichts Sicheres bekannt.
Nach Roux soll er weisse, mit unregelmässigen röthlichen Flecken be-
säete Eier legen. Hr. Prof. Thienemann führt in seiner Fortpflanzungs-
geschichte der. gesammten Vögel $. 253 an, dass er aus Griechenland
«Nest und Eier erhalten habe, welche diesem Pieper angehören sollten.
v 1 *
4
Nach ihm stimmt das Nest mit einem, ihm aus Griechenland zugesandten
des A. campestris überein, und die Eier gleichen in Grösse und Gestalt
ebenfalls denen des Brachpiepers. Die Färbung derselben soll jedoch im
Allgemeinen viel eintöniger erscheinen, als sie gewöhnlich bei denen des
Brachpiepers vorkommt, allein das Korn nicht wesentlich verschieden °
sein. Es sind auf Taf. XXV. fig. 14. a. b. zwei Eier abgebildet.
Bemerkungen. Es wird diese Art von manchen Ornithologen
noch bestritten; doch bin ich fest überzeugt, dass es eine gute Art ist,
schon dem Habitus nach, wenn auch die Lebensweise des Vogels bis
jetzt wenig bekannt ist. Wer denselben gesehen hat, wird nicht länger
zweifelhaft- sein und ihn nie mit dem folgenden verwechseln, von dem
er sich durch die Grösse, die hohen Fusswurzeln, den langen Sporn und
die langen Zehen, so wie durch eine andere Zeichnung hinlänglich
unterscheidet. _
Wenn Herr Prof. Thienemann (Rhea Heft 2. $. 174) in der
| Diagnose dieses Piepers sagt: »Grösse und Färbung des Brachpiepers«,
so ist diese Angabe durchaus nicht richtig; denn der Stelzenpieper ist
merklich grösser, als der Brachpieper, mindestens 1 Zoll länger, und
auch anders, auf dem Oberkörper stets dunkler, gefärbt.
Die Beschreibung, welche Graf Keyserling und Prof. Blasius
(Wirbelthiere Europa’s I. S. 173) von dem Stelzenpieper geben, passt
auf diesen Vogel gar nicht, weil sie nämlich bei Entwerfung derselben
irrthümlich einen ganz andern Vogel vor.sich gehabt haben. Das Exem-
plar, nach welchem die Beschreibung entworfen worden, soll aus dem
Berliner Museum gewesen sein, wo aber A, Richardi noch gar nicht
vorhanden ist, wenigstens es damals noch nicht war.
2. Der Brachpieper.
Anthus campestris, Briss. (Bechst.)
‚ Alauda campestris, Briss. Orn. (4763) I. p. 408, nur passen die
Worte: »superne griseo-fusca ad olivaceum inelinans« nicht recht auf
diesen Vogel, den etwas Olivenfarbiges findet sich in der Färbung des
Oberkörpers durchaus nicht. Bechstein’s ornith. Taschenb. I. $. 200.
Ob die Gmelin’schen Arten, als Alauda mosellana, A. obscura, A.
lusitana, A. testacea, A. minor und Motacilla maculata et massiliensis,
welche von einigen Ornithologen hierher gezogen werden, wirklich zu
A. camp. gehören, lässt sich nicht mit Sicherheit nachweisen, weil die
Beschreibungen zu unklar und unbestimmt sind.
5
Bonaparte (Consp. av. I. p. 247) zieht auch Alauda yrandior,
Pall. Zoog. I. p. 525 hierher; doch scheint mir dieses Citat nicht hier-
her‘ zu gehören, weil so Manches in der Beschreibung auf den A. cam-
pestris nicht recht passen will.
Anthus campestris, Bechstein, Nat. Deutschl. II. S. 722.
Anthus rufescens, Temm. Man. d’Orn. ed. 2. I. p. 267.
Anthus rufus, Vieill. Diet. t. 26. p. 493.
Anthus campestris, agrorum et subarquatus, Brehm, Nat. der V.
Deutschl. S. 324, 325.
\ Agrodroma campestris, Swains., nach Bonaparte Consp. av. I.
p. 247. |
Artkennzeichen. Die gelblichen Läufe 13 hoch; der
Nagel der Hinterzehe so lang als diese und etwas gekrümmt,
mit der Zehe 8% lang; die längste Hinterschwinge ragt über
die Vordersehwingen hinweg; Färbung des Gelieders ohne
grünliche Beimischung. — Länge des Vogels 7’.
Beschreibung. Es wird nicht nöthig sein, von diesem Pieper
eine ausführliche Beschreibung zu geben, da wir deren in Naumann’s
Vög. Deutschl. IH. S. 745, in Brehm’s Beiträgen I. S. 870 und in
mehrern andern ornithologischen Schriften sehr gute finden. — In der
Färbung unterscheidet er sich von A. Richardi durch den viel hellern,
weniger gefleckten Oberkörper, und eben so auch durch die weit weni-
ger gefleckte Brust. In Frankreich kommen Exemplare vor, welche so-
wohl auf dem Ober-, als am Unterkörper wenig oder gar keine Flecke
haben, wie ein Stück aus der Sammlung des Hrn. Degland zeigte.
Solche Exemplare aber finden sich hauptsächlich wohl nur in südlichen
Gegenden, denn in nördlichen trifft man nie so ungefleckte, auch selbst
unter recht alten Vögeln nicht.
Aufenthalt. Er bewohnt die gemässigten und besonders die süd-
lichen Gegenden Europa’s, doch geht er bis in’s mittlere Schweden und
selbst bis nach Finnland hinauf, nach Graf Keyserling und Prof, Bla-
sius jedoch nicht bis nach Britannien; ist aber auch in Vorderasien, so
wie im nordwestlichen Afrika beobachtet, wo er gar nicht selten sein
soll: wogegen er in Deutschland nirgends ‚sehr häufig vorkommt, weil
er hauptsächlich dem Süden angehört. Er bewohnt vorzugsweise die
unfruchtbaren Sandhügel, und meidet alle gebirgigen, feuchten, frucht-
baren und grasreichen Gegenden. i |
Was über die Lebensweise und Fortpflanzungsgeschichte
6
bekannt ist, findet sich in Naumann’s Vög. Deutschlands a. a. ©. und
in Thienemann’s Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel S.
252; in welchem letztern Werke auch auf Taf. XXV. "ig: 43. a: bio;
drei Eier abgebildet sind.
Bemerkungen. Der Name »A. rufescens«, welchen Temminck
diesem Pieper gegeben hat, passt nicht ganz auf ihn; denn einen röth-
lichen oder isabellfarbigen Anstrich hat das Gefieder nur nach der Herbst-
mauser und ist derselbe grösstentheils oder fast ganz schon wieder ver-
schwunden, wenn der Vogel im Frühling zu uns kommt. Doch wäre es
möglich, dass sich diese Färbung im Süden länger erhielt, da namentlich
Exemplare aus Spanien mehr. röthlich sein sollen, wenn diess nicht etwa
auch Herbstvögel sind.
3. Der Woasserpieper,
Anthus spinoletta, Lin. (Bonap.)
Alauda Spinoletta, Lin. S. N. ed. 12. I. p. 288.
Alauda campestris Spinoletta, Gmel. Lin. S. N. I. 2. p. 7194.
Anthus aquaticus, Bechstein, Nat. Deutschl. II. S. 732.
Anthus montanus, Koch, baier, Zool. I. S. 179.
Anthus spinoletta, Bonap. Consp. av. I. p. 247. — Keyserl. und
Blasius, Wirbelthiere I. S. XLVM.
Anthus coutelli, Audouin, nach Bonap. Consp. av. I. p. 247.
Anthus aquaticus, hiemalis et alpinus, Brehm, Nat. d. V. Deutschl.
S. 328, 329. HE
Artkennzeichen. Schnabel und Füsse schwarz; die
längste Hinterschwinge 7 kürzer,-als die längste der
Vorderschwingen; die helle Zeichnung auf den äussersten
Schwanzfedern rein weiss; Schwung- und Schwanzfedern
. weisslich gekantet; Färbung ohne Grün. — Länge 7" 2-9,
Beschreibung. Im Sommer ist der Oberkörper bräunlich asch-
grau, kaum merklich dunkler gefleckt, auf dem Kopfe und am Hinter-
halse am reinsten grau; über dem Auge mit einem breiten, rostgelblich
oder schmutzig weissen Streif; die beiden mittlern Schwanzfedern dun-
kel. graubraun, mit grauen, die übrigen schwärzlich, mit lichtgrauen
Säumen, die vorletzte aber rein weiss gekantet und mit einem kleinen
weissen Keilflecke an der Spitze; die äusserste mit ganz weisser Aus-
senfahne und mit einem grossen weissen Keilfleck, welcher von der
7
Mitte bis zur Spitze geht, die kleinen Flügeldeckfedern wie der Rücken
gefärbt; die mittlern und grossen Deckfedern dunkel graubraun mit licht-
grauen Kanten und weisslichen Spitzen, wodurch zwei weissliche Flügel-
binden entstehen; die Schwungfedern gleichfalls dunkel graubraun mit
weisslichen Kanten. Der Unterkörper weisslich, mit röthlichem Anfluge
auf der Brust und mit einigen verwaschenen Längsflecken an den Seiten;
zuweilen. finden sich auch in der Kropfgegend einzelne verwaschene
dunkle Fleckchen. '
Das Weibchen ist von dem Männchen kaum verschieden; es hat
nur einen mehr weisslichen Augenstreif und einen lichtern, weniger
röthlich angeflogenen Unterkörper.
Alte Männchen und Weibchen im Herbst und Winter sind
oberhalb dunkel braungrau, mit einem geringen olivenfarbenen Anstrich,
Nacken und Hals heller und grauer, als der Rücken, überall mit verlo-
schenen schwarzgrauen Flecken; unterhalb schmutzig weiss mit vielen
verwaschenen dunkel braungrauen Flecken neben der Kehle, auf der
Brust und an den Seiten; die Schwung- und Schwanzfedern mit breitern
rostgelblichgrauen Kanten, als im Frühlinge ; die Flügelbinden grauweiss.
Schnabel und. Füsse etwas lichter, als im Sommer.
Die jungen Herbstvögel ähneln den Alten im Herbste; aber sie
sind auf dem schmutzig gelblichweissen Unterkörper viel mehr gefleckt;
der lichte Streif über den Augen ist sehr schmal und kaum bemerkbar,
und die Flügelbinden sind schmutzig rostgelblich weiss. Schnabel und
Füsse sind noch. etwas lichter, als bei den Alten im Herbste.
Aufenthalt... Er bewohnt im Sommer die Gebirgsgegenden des
gemässigten und südlichen Europa, so namentlich die Pyrenäen, die
Alpen und das Riesengebirge sehr häufig; aber auf dem Brocken scheint
er in der Brutzeit*) noch nicht vorzukommen. Im Winter zieht er sich
‘von den Gebirgen in die Ebenen herab, findet sich dann einzeln auch in
ziemlicher Entfernung von Höhenzügen an Bächen, warmen kiesigen
Quellwassern an Teichen und Torfmooren, selten an Strandgewässern,
und erscheint als verirrter Vogel in manchen, seinem Sommeraufenthalte
sehr fern liegenden Ländern. Dann soll er auch in Aegypten und Syrien
vorkommen.
*) Dagegen, nach mündlichen Mittheilungen des Hrn. Prof, Blasius, um so häu-
figer zur Zugzeit, schon vom August an. Ob er nicht doch dort brüte, werden die
genaueren Nachforschungen des genannten Gelehrten hoffentlich bald entscheiden.
Vergl. Naum, 1853. III. p. 337, | ! E. Baldamus.
8
Lebensweise, Ueber. diese ist im Ganzen erst wenig bekannt.
Was wir Sicheres darüber wissen, theilt uns Gloger, der den Vogel
auf dem Riesengebirge beobachtet hat, in seinem Handbuche der Nat.
der V. Eur. I. $. 263 mit.
Fortpflanzung. Ueber diese finden wir gleichfalls m Gloger’s
Handbuch a. a. 0. eine kurze Angabe; dann aber auch in Thiene-
mann’s Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel $. 257. Thie-
nemann hat ebenfalls auf dem Riesengebirge mehrere Nester dieses
Vogels mit Eiern gefunden, wovon er uns die Beschreibung mittheilt;
nur muss man, sowohl bei ihm als bei Gloger, das absondern, was sich
auf die folgende Art bezieht, da beide noch A. spinoletta und A. obscu-
rus zusammenwerfen, wie diess auch noch von Naumann und mehreren
Andern geschieht. Auf Taf. XXV. fig. 10 hat Thienemann drei Eier
des A. spinoletta abgebildet.
Bemerkungen. Der A. montanus, Koch, ist dieser Vogel im
reinen Sommerkleide; wogegen der A. aquaticus, Bechst., der Vogel
im Herbstkleide ist. — Gloger zieht zu A. spinoletta auch den A. lu-
dovicianus, Lichtenst., und versetzt desshalb den Aufenthalt des Was-
serpiepers in die Polargegend und nach Amerika, wo er: jedoch nicht
vorkommt. Der A. ludovicianus, Lichtenst., welcher in der Polarge-
gend und im Norden von Amerika sich findet, ist nicht mit dem A. spi-
noletta oder A. aquaticus, Bechst. zu verwechseln, sondern eine gute,
selbstständige Art, und bereits von den meisten Ornithologen,, ja selbst
von Thienemann anerkannt. Brisson hat ihn schon unter Alauda pen-
sylvanica als Art aufgeführt, s. Brisson Orn. (1763) I. p. 413.
4. Der Felsenpieper.
Anthus obscurus, Pennant. (Temm.)
Alauda obscura, Pennant, Brit. Zool. I. p. 482. nec. Gmel.; aber
Latham, Ind. Orn. II. p. 494. n. 7.
_ Alauda petrosa, Montagu Transact. of Lin. Soc. Vol. IV. p. 41,
nach Nilsson.
Anthus petrosus, Flem. Brit. An. p. 74, nach Keys. und Blasius.
Anthus rupestris, Nilss. Orn. suec. I. p. 245.
Anthus littoralis, Brehm, Lehrbuch der Nat. der eur. Vög. I. S. 239.
Anthus aquaticus, Selby. | nach Bonaparte, Consp. gen. av. I.
Anthus campestris, Bewick. p. 247.
9
‚Anthus obseurus, Temm. Man. d’Orn. IV. p. 628. — Keyserl. u.
Blasius, Wirbelthiere I. $S. XLVIN. n. 166. — Degland, Orn. europ.
I. pag. 428.
Anthus immutabilis, Degland, Orn. europ. I. p. 429.
Artkennzeichen. Schnabel und Füsse dunkelbraun; die
längste Hinterschwinge 2 kürzer, als die längste der Vor-
derschwingen; die helle Zeichnung auf den äussersten
Schwanzfedern grau getrübt; die Schwanzfedern von der
dritten an grünlich gesäumt, Färbung des Oberkörpers
mit olivengrünem Anfluge. — Länge: 7" bis 7" 24",
Beschreibung. Der Felsenpieper ist bestimmt eine gute Art
und durchaus nicht mit dem Wasserpieper zu verwechseln; denn er un-
terscheidet sich von diesem hinlänglich durch einen chrkächern und lich-
tern Schnabel, durch hellere Füsse, und durch eine ganz andere Zeich-
nung und Färbung am Ober- und Unterkörper. Das Grünliche, das er
stets in seinem Gefieder hat, und das bei der vorhergehenden Art nicht
vorkommt, macht ihn auf den ersten Blick kenntlich. — Das Männ-
chen im Frühlinge ist oberhalb olivengrüngrau mit dunkeln Schaft-
flecken, auf dem Kopfe etwas grauer, als auf dem Rücken; unterhalb ist
es gelblichweiss mit stärkerem oder schwächerem röthlichen Anfluge,
oder auch ohne diesen, und mit verwaschenen braungrauen Schaftflecken
an den Halsseiten, auf der Brust, in den Weichen und an den längsten
untern Schwanzdeckfedern. Ein Streif über den Augen und die Kehle
sind schmutzig weiss, der Augenliedrand weisslich. Die Flügel schwärz-
lich, an den kleinen Deckfedern mit grüngrauen Federsäumen, an den
mittlern und grossen mit hellgrauen, welche zwei Flügelbinden bilden,
an den vordern Schwungfedern mit schmalen grauweissen, an den hintern
‘mit breitern graugrünen Kanten. Der Schwanz gleichfalls schwärzlich,
mit graugrünen Kanten von der dritten Feder an; die beiden äusseren
Federn jederseits schmal grauweiss gerändert, die äusserste mit einem
grossen schmutzig weissen Keilfleck an der Spitze der Innenfahne, die
zweite mit einem kleinen weissen Spitzenfleck. Der‘Schnabel dunkel-
braun, an der Wurzel des Unterkiefers lichter; die Füsse und Iris gleich-
falls dunkelbraun. |
Ein von diesem etwas verschiedenes und mehr dem Herbstkleide
ähnliches Sommerkleid tragen die auf Färö vorkommenden Felsenpieper,
welche Graba (Reise nach Färö $. 57) folgendermaassen beschreibt :
»Ueber den Augen ein schmutzig gelblichweisser Strich ; der Augenliedrand
»
weiss; Kopf, Mantel und Bürzel dunkel olivengrün, durch die schwarzen
Schäfte und Federränder fleckig erscheinend. Schwungfedern erster
Ordnung braunschwarz, die erste an der äussern Fahne grau, die übrigen
hell olivengrün gesäumt, Schwungfedern zweiter Ordnung mit breiterem
olivengrünem Rande an der äussern Fahne gesäumt. Die kleinen (mitt-
lern) und grossen Deckfedern dunkel braunschwarz; erstere an der Spitze,
letztere an der äuseren Fahne hellgrau gesäumt, wodurch auf dem Flü- :
gel zwei helle Binden entstehen. Die äussere Schwanzfeder hat einen
schmutzigweissen keilförmigen Fleck, die zweite einen schmalen Rand
von dieser Farbe an der äussern Fahne, die übrigen olivengrün an der
äussern Fahne gesäumt; die beiden mittlern von etwas hellerer Farbe
ohne Saum, Kinn, Hals, Halsseiten schmutzig gelblichweiss. Jede einzelne
Feder der Brust und des Bauches ist nach der Spule hin _schwärzlich,
an dem Schafte, besonders bei der Spitze, dunkel olivenfarben, die
Spitzen der beiden Fahnen hell olivenfarben und olivengrau, wodurch
das Ganze ein geschäcktes Ansehen erhält; untere Schwanzdeckfedern
gelblichgrau.« — Diese Verschiedenheit ist allerdings “auffallend; aber
ich vermuthe, dass die im Norden wohnenden Felsenpieper, aus klimati-
schen Ursachen, im Frühlinge ihr Kleid nicht verändern, sondern das
Herbstkleid ein ganzes Jahr hindurch tragen; wogegen die im südlichen
Schweden und Norwegen, so wie an den dänischen Küsten lebenden
ihre Herbsttracht im Frühlinge mit einer andern vertauschen. — Tem-
minck beschreibt ein ähnliches Kleid unter Var. A. des A. obscurus,
Man. d’Orn. IV. p. 630.
Das Weibchen im Frühlinge gleicht fast ganz dem Männchen,
nur dass es am Unterkörper etwas unreiner gefärbt und ‘mehr und
schärfer gefleckt ist. Schnabel und Füsse sind etwas lichter, als beim
Männchen. Im Laufe des Sommers nutzt sich das Gefieder sehr
ab; der Oberkörper bekommt dann eine viel grauere Färbung, indem das
Grünliche ziemlich verschwindet; indessen bleibt immer noch ein grün-
licher Schimmer an mehreren Stellen des Oberkörpers, ‘besonders an den
Säumen der hintern Schwung- und der Schwanzfedern. Die Grundfarbe
des Unterkörpers verliert das Gelbliche und wird schmutzigweiss.
Im Herbste ist der Oberkörper dunkel olivengraugrün oder dunkel
olivengrün mit schwärzlichen Schaftflecken, der Augenstreif sehr klein
und von Farbe gelblichweiss; der Unterkörper schmutzig hell rostgelb
mit grossen verwaschenen olivenbraungrauen Flecken an den Seiten des
Halses, der Brust, an den Weichen und den längsten Unterschwanzdeck-
11
federn; die Flügelbinden grau, etwas dunkler als im Frühlinge und zum
Theil etwas ins Olivenfarbene ziehend; die braunschwarzen Schwung- und
Schwanzfedern olivengrün gerandet, die erste Schwung- und Schwanz-
feder schmal hellgrau gekantet; die helle Zeichnung an den beiden äussern
Federn des Schwanzes schmutziger als im Frühling.
Die Jungen nach der ersten Mauser ähneln den Alten in der
Herbsttracht.
Aufenthalt. Er bewohnt die klippigen Meeresküsten von England,
Schottland, Dänemark, Färö, Schweden und Norwegen bis zum Polar-
kreis hinauf, welche Gegenden er zum Theil auch im Winter nicht ver-
lässt. Doch viele, wahrscheinlich aber nur jüngere Vögel, wandern im
Herbst in gemässigtere Länder und kommen dann an die deutschen,
holländischen und französischen Küsten, wo sie besonders den felsigen
Meeresstrand und die steinigen Mündungen der Flüsse zum Aufenthalt
wählen, und überhaupt immer in der Nähe des Meeres sich halten, was
bei der vorhergehenden Art nicht der Fall ist, welche nur selten an die
Küsten des Meeres sich begibt.
Lebensweise. Man weiss bis jetzt nichts weiter über dieselbe,
als was Nilsson und Graba uns darüber mittheilen. Ersterer sagt
(Orn, suee. I. p. 247), dass er in Stimme und Gesang dem A. pra-
tensis ähnle, dass er, wie dieser, singend in die Luft steige und, ohne
Flügelbewegung, schwebend und sanft, während des Singens, sich wie-
der auf die Felsen herablasse. — Graba (Reise nach Färö $. 59) nennt
den Gesang des auf Färö vorkommenden Felsenpiepers dem der Sylvia
sibilatrix ähnlich, und führt an, dass er sich auf Felsblöcken, die unmit-
telbar an der See liegen, aufhalte, sehr schnell darauf herumlaufe, sich
mit einem wiederholten sist sist in die Luft schwinge, und sich auf
Felsen herablasse, die von den Wellen bespült werden, wo er unter
dem Seetang seine Nahrung suche, welche, nach Nilsson, aus Insekten
und Larven besteht.
Fortpflanzung. Von dieser sagt Nilsson nur, dass er unter
- Felsblöcken zwischen Gras niste und 5 schmutzigweisse Eier lege, welche
mit braunen, am stumpfen Ende dichter stehenden und fast in einander
_ fliessenden Flecken besetzt seien. Graba beschreibt die Eier nicht und
erwähnt nur, dass man sein Nest zwischen Felsblöcken finde, wo etwas
Moos und Gras wächst. — Thienemann behauptet (Fortpflanzungsge-
schichte der ges. V. S. 257 unter der Beschreibung der Fortpfl. des A.
aquaticus), dass Nest und Eier von denen des Wasserpiepers nicht
12
verschieden seien; er hat zwar auf Taf. XXV. fig. 11 drei Eier des
färöischen Piepers abgebildet, welche allerdings von denen des Wasser-
piepers etwas verschieden sind, aber er bemerkt, dass sich ganz gleiche
auch aus der Schweiz und den Sudeten finden. Ein Nest, welches er
von Färö erhalten hat, beschreibt er folgendermaassen: »4% breit,
2a‘ hoch und weit, 12“ tief. Es besteht aus wenig Moos, Grasstöck-
chen mit langen, dünnen Halmen und Blättern, nebst langen Haaren des
nordischen Schafes, welche mit einigen Rosshaaren die innere Ausklei-
dung bilden. Mehrere andere von der nordischen Form waren diesem
sehr ähnlich, nur dass oft etwas zarter Seetang beigegeben war.«
Bemerkungen. Den Anthus immutabilis, welchen Degland
(Ornithologie europeenne I. p. 429) als neue Art aufgeführt, und dem
er desshalb diesen Namen beilegt, weil er das ganze Jahr hindurch das-
selbe Kleid behält, halte ich für nichts weiter, als für den in der nörd-
lichen Zone sich im Frühlinge nicht verändernden oder vermausernden
A. obscurus, wie Graba ihn beschreibt (s. oben). Die Exemplare,
welche ich von Degland in Händen gehabt habe, schienen mir nichts
anderes zu sein. Auch ist das Artkennzeichen, welches Degland anführt,
nicht der Art, um darauf eine neue Species begründen und diese dar-
nach mit Sicherheit von dem A. obscurus unterscheiden zu können. Er
sagt zwar in der Diagnose des A, immnutabilis: Ongle du pouce un peu
plus long que ce doigt et courbe; rectrice la plus laterale brune en
dedans, grise en dehors et terminde de blanc; la suivante bordee de
gris en dehors et la pointe blanche; raie-sourciliere blanche et apparente
seulement derriere les yeux. — Taille: 17 cent. 2—3 mill., — und
dagegen in der Diagnose des A. obscurus: Ongle posterieur tres-long;
rectrice la plus laterale d’un cendre roussätre, avec une large täche
brune sur les barbes internes, et une petite täche d’un cendr& roussätre
a lextremite de la suivante; raie sourciliere blanchätre, &troite, appa-
rente surtout derriere les yeux. — Taille: 16 cent. 1—2 mill.; aber es
ist weder in der Länge des Sporns, noch in der Zeichnung der Schwanz-
federn, noch in Grösse und Färbung des Augenstreifs ein constanter
Unterschied. Die bei dem A. immut. angegebenen Charaktere passen
auch sehr gut auf den A. obscurus. Nach den Exemplaren, welche ich
zu untersuchen Gelegenheit hatte, bestand die Verschiedenheit des A.
immut, hauptsächlich darin, dass der Körper etwas grösser, Schnabel und
‚Füsse etwas dunkler, jener auch ein wenig stärker, und die Flecke des
Unterkörpers etwas zahlreicher und grösser waren, als es gewöhnlich
13
bei dem’A, obscurus der Fall ist. Diese Abweichungen von der ge-
wöhnlichen Form scheinen mir aber zur Feststellung einer neuen Art
nicht hinreichend zu sein, um so weniger, da sie selten ganz constant
sind; vielleicht dass spätere Beobachtungen über die Lebensweise dieses
Piepers mehr Grund zu einer. specifischen Trennung geben. Eine gute
Subspecies wird es übrigens jedenfalls sein.
5. Der Polarpieper.
Anthus pensylvaniceus, Briss. (Thien.)
Ui: Alauda pensylvanica, Briss. Orn. (1763) I. p. 413.
Alauda Louisiana, Lark. Alauda ludoviciana, Latham, Syn. II.
2. p. 376. n. 7. — Gmel. Lin. $S. N. L 2. p. 793. n. 14.
Alauda rubra, Gmel. Lin. S. N. I. 2. p. 794. n. 15. — Wilson,
American ornithology, V. p. 89. pl. 42. f. 4.
Alauda rufa, Wils.
A. rubens, Merr. ) nach Bonaparte Consp. gen. av. I. p. 249,
A. pipiens, Aud.
Anthus ludovieianus, Lichtenst, Doubletten-Verz, S. 37. n. 421.
— Holböll, Beitrag zur Fauna Grönlands, übers. von Paulsen, S. 24.
Anthus pensylvanicus, Thienemann, Rhea. Heft 2. S. 171.
Artkennzeichen. Der starke Schnabel und die Füsse
schwärzlich; die längste Hinterschwinge 1‘ kürzer, als
die längste (iste) Vorderschwinge; die helle Zeichnung
auf den äussersten Schwanzfedern glänzend weiss und an
der ersten die Hälfte der Feder einnehmend, der Schaft
derselben grösstentheils weiss. Färbung des Oberkörpers
mit Olivengrün. Zügel gelblich. — Länge: 61, — 6%".
Dieser Pieper, welcher von einigen Ornithologen, als Richardson,
Temminck und Gloger, für übereinstimmend mit dem Wasser- und Fel-
senpieper gehalten wird, unterscheidet sich von ersterem, mit dem er
den 'schwärzlichen Schnabel und die schwärzlichen Füsse gemein. hat,
durch eine viel dunklere und olivengrüne Färbung des Oberkörpers,
durch eine weit grössere Ausdehnung des Weissen im Schwanze (fast
wie bei A. pratensis), durch die um 4— 2/4 kürzern Läufe und ein
anderes Verhältniss der Schwungfedern zu einander; von letzterem durch
den dunklern Schnabel und die dunklern Füsse, und gleichfalls durch
einen noch dunklern Oberkörper, so wie durch das reine Weiss in der
14
Schwanzzeichnung; und von beiden noch ausserdem durch eine geringere
Grösse, einen längern Schwanz im Verhältnisse, gelbliche Zügel und eine
ganz andere Färbung und Zeichnung des Unterkörpers. Er steht in der
Mitte zwischen dem Wasser- und Wiesenpieper, und bildet ohne Zweifel
eine gute Art. ;
Beschreibung. Das Männchen im Frühlinge ist oberhalb
dunkel olivengrün, viel dunkler als bei dem vorhergehenden, auf dem
Rücken am dunkelsten und ganz düster, nach dem Kopfe zu am hellsten
und in's Aschgraue ziehend, überall mit wenig bemerkbaren, verloschenen,
dunklen Schaftflecken; die Zügel und ein Kreis um das Auge sind rost-
gelblich; der Unterkörper ist schmutzig rostgelb oder röthlichgelb, an
der Kehle und den untern Schwanzdeckfedern in's Rostgelblichweisse,
an den Seiten aber in’s Olivengraue übergehend, um die Kehle herum
und auf der Brust (nur gerade nicht immer, wie Thienemann sagt,
einen starken Fleckenring bildend) mit kleinen dunkelbraunen Spitzen-
flecken, welche in den Weichen zu Längsflecken werden. Die Flügel
braunschwarz; die kleinen Deckfedern derselben olivengrüngrau gesäumt,
die mittlern und grossen mit hell bräunlichgrauen Säumen, welche zwei
Binden bilden; die vordern Schwungfedern mit. schmalen weisslichen
Rändern, die hintern mit breitern, am Wurzelende mit hell olivenbraun-
grauen Säumen; der Schwanz etwas dunkler, als die Flügel, schwärzlich,
die äusserste Feder nach ‚aussen schräg rein weiss halbirt, Chat also viel
mehr, und überdiess auch ein weit reineres Weiss, als es beim Wasser-
pieper vorkommt,) die zweite Feder auch noch mit einem tiefen, schrä- ®
gen, weissen Fleck am Ende und mit einer schmalen weissen Kante an
der Aussenfahne; die folgenden Federn mit olivengrüngrauen, die beiden
mittlern aber nach vorn mit schmalen hellgrauen Kanten. Die Iris dun-
kelbraun.
Das Weibchen ist etwas blässer, als das Männchen, auf dem Kopfe
elwas mehr gefleckt, und am Unterkörper weniger röthlichgelb, sondern
vielmehr lehmfarben.
Das Herbst- und Winterkleid ist weniger lebhaft; der Ober-
körper ist in demselben überall dunkel olivengraubraun mit verloschenen
dunkeln Schaftflecken, der Unterkörper lehmgelb mit kleinen dunkel-
braunen Spitzenflecken neben der Kehle, mit vielen und grössern schwarz-
braunen Schaftflecken unter der Kehle und auf der Brust, und solchen
Längsflecken an den Seiten, so dass der Unterkörper dichter und grösser
gefleckt ist, als im Frühlingskleide.: Schnabel und Füsse etwas heller.
15
Die Ju ngen kenne ich nicht; wahrscheinlich aber sind sie den
Alten im Herbstkleide ähnlich. Nach Thienemann sollen sie unten
eine blässere, mehr in das Grünliche ziehende Färbung haben.
Aufenthalt. Er bewohnt Nordamerika bis ziemlich weit in den
Polarkreis hinein, wo er die Stelle unseres Wiesenpiepers vertritt, dem
er in Allem am nächsten steht; kommt nach Holböll auch in Grönland
häufig vor, und gehört somit, wenn wir Grönland mit in das Gebiet der
europäischen Fauna ziehen, zu den europäischen Vögeln, als welcher er
bisher noch nicht aufgeführt ist. Wir können ihn aber jetzt mit um so
grösserem Recht dazu zählen, da er, nach Thienemann, auf dem
Zuge auch schon bei Edinburg angetroffen worden ist und Hr. Mac-
gillivray ihn dort erhalten hat. Er hält sich, wie der Wiesenpieper,
mehr auf begrasten Flächen auf und selten an Seeküsten. Holböll
sagt: »Dieser Anthus ist kein Klippenvogel, wie nach Nilsson A. aqua-
ticus, sondern hält sich im Sommer auf den Graswiesen in der Nähe
der Meerbusen und zur Zugzeit bei den Häusern auf, wo er sich von
Fliegen- und Phalänenlarven nährt.«< Im Winter wandert er, und es
ziehen sich dann die zahlreichen Züge dieser Vögel über den südlichen
Theil von Nordamerika, wo sie sich meist auf bebauten Flächen, doch
auch am Meeresstrande und an Flussufern halten.
Lebensweise. Was die betrifft, so wissen wir darüber bis jetzt
wenig. Holböll theilt uns darüber nichts mit; er erwähnt nur, dass
das Männchen am Nestorte mehr schrillend als angenehm singe, indem
dasselbe laut und durchdringend dieselbe Strophe wiederhole (welche
quivit, quivit, quivit laute), sich dabei in einer Spirallinie erhebe
und dann plötzlich gerade niederstürze.
| Fortpflanzung. Er nistet nur in der Nähe und innerhalb des
Polarkreises, auf Grönland nur im nördlichen Theile. Nest und Eier
gleichen sehr denen des A. pratensis. Ersteres, welches Ende Juni oder
Anfangs Juli erbaut wird, hat einen ziemlichen Umfang und ist nach
Thienemann (Fortpfl. der ges. V. S. 256), welcher durch Möschler
aus Labrador Nest nnd Eier erhalten hat, 41a —5‘ breit, 1%,‘ hoch,
2la— 2a" weit und 14‘ tief, besteht aus schwarzen Flechten, etwas
Moos mit Torfklümpchen, Grashalmen und Blättern, die auch inwendig,
nebst einigen zarten Grasrispen, die ziemlich saubere Auskleidung bilden,
oder es besteht aus Reischen, Haarflechten, Laub- und Lebermoosen und
sehr zarten Grashalmen, und ist im Innern mit Haaren ausgelegt. In
dasselbe legt das Weibehen 5—6 Eier, welche 8—9 1%‘ lang und 6'
16
bis 63/4 breit sind, (dasjenige, welches ich von Möschler besitze, misst
nach hiesigem Maasse 10’ in der Länge und 72‘ in der Breite) und
einen mässigen oder ziemlich starken Glanz haben, Grundfarbe und
Flecken stimmen mit denen von A. pratensis überein, nur dass diese oft
etwas mehr abstechen ; selten kommen einfarbige graugrüne oder grün-
braune vor. Viele haben einen dunklen Haarzug. Ihr Korn kommt dem
von A. arboreus am nächsten, so dass sie dadurch von denen des A. pra-
tensis am leichtesten zu unterscheiden sind. Taf. XXV. fig. 9 des Thiene-
mann’schen Werkes finden sich einige Eier dieses Piepers abgebildet.
6. Der Wiesenpieper.
Anthus pratensis, Lin. (Bechst.)
Alauda pratensis, Lin. $S. N. ed. 12. I. p. 28%.
Alauda sepiaria, Briss. Ornith. (1763) 1. p. 407.
Anthus pratensis, Bechstein, Vögel Deutschl. II, S. 732.
Anthus sepiarius, Vieill. Dict. Vol. 26. p. 486.
Leimoniptera pratensis, Kaup. ,
Artkennzeichen. Der schwache Schnabel unten gelb-
lichfleischfarben; die Füsse hellbräunlich; die längste
Hinterschwinge wenig kürzer, als die vier längsten Vor-
derschwingen; der Schaft der ersten Schwanzfeder von der
Mitte an weiss; die Färbung des Oberkörpers mit Oliven-
grün gemischt; die Zügel grau. Länge: 6% — 6%“.
Von der vorhergehenden Art unterscheidet sich der Wiesenpieper
durch einen schwächern und lichtern Schnabel, hellere Füsse, kürzern,
Schwanz und weniger reines Weiss in demselben, sowie durch eine
ganz andere Färbung des Ober- und Unterkörpers.
Es wird nicht nöthig sein, eine ausführliche Beschreibung dieses
Piepers hier zu geben, da wir deren in den ornithologischen Handbü-
chern schon zur Genüge besitzen und besonders Naumann in seiner
Nat. der Vög. Deutschl. II. S. 774 fill. uns eine solche mit seiner ge-
wohnten Genauigkeit gibt.. Ich erwähne daher hier nur, dass dieser
Pieper, wie es öfters bei solchen an Individuen sehr zahlreichen und
weit verbreiteten Vogelarten vorkommt, sehr variürt, sowohl in der
Färbung und Zeichnung des Kleides, als in der Länge und Stärke des
Schnabels, und eben sowohl in der Höhe des Kopfs, als auch in ‘der
Länge des Sporns. Der Oberkörper ist bald grauer, bald grüner, bald
17
gelblicher; niemals aber fehlt ganz das Grüne. Der Unterkörper hat
bald mehr, bald weniger Rostgelb, und mitunter fast einen ganz weissen
Grund; auch ist er bald mehr, bald weniger gefleckt. Aber alle diese
Abänderungen sind theils klimatisch, theils örtlich, theils bloss individuell
und geben zu Aufstellung von Arten durchaus keinen Grund. Wenn
man die Extreme allein betrachtet, so kann man allenfalls verleitet wer-
den, die eine oder andere Abänderung als eine eigene Art anzunehmen ;
aber legt man die Uebergänge dazwischen, so wird man alsbald die
Unhaltbarkeit derselben gewahr. Brehm hat aus diesen Abänderungen
das gemacht, was sich einzig und allein daraus machen lässt, nämlich
eine Reihe von Subspecies, von denen er elf in seiner Nat. der Vög.
Deutschl. S. 332 ff. anführt und denen er folgende Namen gegeben hat:
1. Der Morastpieper, Anthus stagnatilis.
2. Der dänische Pieper, A. Danicus.
3. Der Wiesenpieper, A. pratorum.
4. Der Sumpfpieper, A. palustris.
5. Der hochköpfige Pieper, A. alticeps.
6. Der dünnschnäblige Pieper, A. tenuirostris.
7. Der Singpieper, A. musicus.
8. Der grünliche Pieper, A. virescens,
9. Der Lichtensteins-Pieper, A. Lichtensteinii.
0. Der Haidenpieper, A. desertorum.
11. Der Bergpieper, A. montanellus.
Hiermit ist indessen die Reihe der Subspecies noch nicht geschlos-
sen, ‘denn Brehm’s Sammlung, aus welcher ich durch die grosse Güte
“meines verehrten Freundes eine ganze Reihenfolge dieser Vögel zur
Ansicht hatte, wofür ich ihm hier meinen aufrichtigen Dank sage, finden
sich noch viele, die er schon mit Namen belegt, aber zum Theil noch
nicht bekannt gemacht hat.
Aufenthalt. Der Wiesenpieper bewohnt im Sommer die ganze
hördliche Hälfte von Europa, bis in den Polarkreis hinauf, kommt nach
Middendorff selbst in Sibirien vor, und nach Paulsen auch noch in
” Grönland, wo er indessen von der vorhergehenden Art, die dort seine
Stelle einnimmt, schon fast verdrängt wird. Er hält sich besonders auf
begrasten Moor- oder Torfboden auf, und wenngleich er vorzugsweise
niedrige und ebene Gegenden zu lieben scheint, so geht er doch auch
hoch auf die Gebirge hinauf und findet sich sogar brütend auf den Alpen.
Im Winter wandert er schaarenweise in die südlichen Länder Europa’s,
Naumannia, 1854. 2
18
und geht dann selbst nach Afrika, vielleicht auch nach Syrien hinüber.
‘Während seiner Wanderungen bindet er sich nicht so genau an den
Boden, sondern begibt sich dann auch auf Stoppelfelder, auf Kohl-,
Rüben- und Kartoffeläcker, und sehr gern auf junge Wintersaaten.
Was die Lebensweise dieses Piepers betrifft, so gibt uns Nau-
mann in seiner Nat. der Vög. Deutschl, a. a. OÖ. von derselben eine
sehr schöne Schilderung, der ich nichts hinzuzufügen weiss. Doch muss
ich erwähnen, dass in dem Gesange der Männchen nach Individualität
und Oertlichkeit oft eine sehr grosse Verschiedenheit stattfindet, so dass
man mitunter einen ganz andern Vogel zu hören glaubt, was mir aber
eben so wenig, wie die Abänderung in der Färbung, Grund zu einer
specifischen Trennung zu sein scheint, da wir dergleichen ja bei vielen
andern Vögeln gleichfalls finden.
Auch über die Fortpflanzungsweise dieses Vogels theilt uns
Naumann das bis jetzt Bekannte mit, sowie Thienemann in seiner
Fortpflanzungsgeschichte der ges. Vögel $. 255, in welchem Werke auf
Taf. XXV. fig. 8. a—d zugleich vier Eier abgebildet sind.
7. Der rothkehlige Pieper.
Anthus cervinus, Pall. (Keys. et BI.)
Motacilla cervina, Pall. Zoogr. I. p. 511.
Anthus rufogularis, Brehm, Lehrbuch der Nat, aller Vögel Eur.
II. S. 963.
Anthus cervinus, Keyserling und Blasius, die Wirbelth. Europ.
Il. S. XLVII. . ”
Anthus cecilü, Audouin.
Anthus aquaticus, Blyth. } nach Bonaparte Consp. av. I. p. 248.»
Anthus rosaceus? Hodgs.
Anthus pratensis rufigularis, Schlegel, krit. Uebersicht der eur.
Vögel S. XXXVI.
Artkennzeichen. Die Füsse gelbbraun; die beiden
längsten Unterschwanzdeckfedern mit einem schwärzli-
chen Längsfleck; die längste Hinterschwinge fast so lang
wie die längsten Vorderschwingen; der Schaft der ersten
Schwanzfeder grösstentheils weiss; die Färbung des Ober-
körpers ohne Grün; die Kehle bei alten Vögeln schön rost-
farben. — Länge: 6 — Tr",
19
Beschreibung. Das alte Männchen im Frühling. Der
Schnabel schwärzlich, an der Wurzel des Unterkiefers gelblich; der Au-
genstern braun; die Füsse gelbbraun, etwas dunkler, als bei dem Wie-
senpieper. Der ganze Oberkörper schwarzbraun, mit breiten, hell grau-
braunen Federsäumen auf dem Kopfe, Hinterhalse, Unterrücken und
Bürzel, so dass die Grundfarbe auf dem Kopfe und am Hinterhalse nur
in Streifen erscheint und auf dem Bürzel ziemlich verdeckt wird; auf
dem Oberrücken mit schmälern und lichtern, mit. Grauweiss gemischten,
Federrändern, welche die Grundfarbe in grossen breiten Schaftstreifen
erscheinen lassen, so dass desshalb hier, ungeachtet der lichtern Feder-
ränder, die Färbung doch ein weit dunkleres Ansehen hat, als an den
übrigen Theilen des Oberkörpers; (oder wenn man, wie Temminck
und Degland, die Ränder als Grundfarbe betrachtet, so ist der ganze
Oberkörper hell graubraun, auf dem Oberrücken am hellsten und mit
Grauweiss gemischt, überall mit schwarzbraunen Schaftflecken, welche
auf dem Kopfe und Hinterhalse in Streifen erscheinen, auf dem Ober-
rücken sehr breit werden und fast die ganze Feder einnehmen, so dass
von der Grundfarbe nur ein schmaler Rand übrig bleibt, welche aber
auf dem Unterrücken und Bürzel wieder mehr hervortritt und die Schaft-
dlecken fast verdeckt;) über den Augen ein hell rostfarbener Streif,
Zügel und Augenstreif rostfarben (Temminck gibt die Zügel hellbraun
an); Ohrgegend hellbraun, in’s Rostfarbene übergehend. Die Seiten des
Halses, Kehle und Gurgel schön rostfarben mit rosenröthlichem Anfluge ;
der übrige Unterkörper blassrothgelb oder rostgelblichweiss; um die
Gurgel herum zieht sich auf der Oberbrust und etwas an den Seiten
des Halses hinauf ein Gürtel von schwarzbraunen, lanzettförmigen Flecken,
welche in den Seiten Längsflecken werden; Bauch und After ungelleckt,
‚aber die längsten Unterschwanzdeckfedern mit langen Schaftstreifen. Die
Schwanzfedern schwarzbraun, die erste grösstentheils weiss, sammt dem
Schafte, an der innern Seite von der Wurzel schief hinauf braun; die
zweite an der Spitze mit einem kleinen weissen Keilfleck und schmalen
weissen Rande an der Aussenfahne; die übrigen graugelb gesäumt,
Die Flügel schwarzbraun, an den kleinen Deckfedern mit breiten,
braungrauen Säumen, welche den Grund fast verdecken, an den mittlern
und grossen mit gelblich grauweissen Säumen, welche am Ende breiter
sind, als an den Seiten, und so zwei Binden bilden, an den vordern
Schwungfedern mit schmalen weisslichen Kanten, an den hintern mit brei-
tern, hell graugelben Rändern, die später etwas in’s Weissliche verbleichen.
2%
20
Die Zeichnung des Unterkörpers variürt bei den Männchen sehr oft;
denn es kommen nicht selten, besonders in Nubien, Individuen vor, bei
welchen der ganze Vorderhals bis zur Brust hinab, nebst Halsseiten und
Augenstreifen, schön rostfarben sind mit ziemlich starkem rosenrothen
Anfluge, die Zügel schmutzig weiss, und der Unterkörper überall sehr
wenig, nur an den Seiten gefleckt. So gezeichnete nennt Audouin,
nach einem Exemplar aus dem Berliner Museum, A. cecilii.
Bei andern zieht sich die Rostfarbe auch wohl noch auf die Brust
hinab, aber sie wird unterhalb der Kehle blässer und verliert hier den
rosenrothen Anflug, ist auch nicht mehr fleckenfrei, wie denn überhaupt
bei diesen der Unterkörper viel mehr gefleckt erscheint, als bei jenen,
zu welchen sie den Uebergang bilden. Diese sowohl, wie jene nennt
Brehm Anthus cervinus und trennt sie als Subspecies von seinem A.
rufogularis. Ich halte sie bloss für Altersverschiedenheiten oder für
klimatische Abänderungen, denn als Art möchte ich sie schon aus dem
Grunde nicht gelten lassen, weil sich kein haltbares und auf alle Kleider
passendes, unterscheidendes: Artkennzeichen angeben lässt.
Bei den jüngern Männchen ist die Rostfarbe an der Kehle nicht
so schön, wie bei den alten, denn es fehlt ihr der röthliche ‘Anflug.
Auch ist bei ihnen der Unterkörper in der Kropfgegend und auf der
Brust mehr gefleckt.
Das alte Weibchen ähnelt den jüngern Männchen.
Im Herbstkleide ist die Farbe des Oberkörpers mehr olivenbraun,
aber ohne Grün; der röthliche Anflug auf der Rostfarbe der Kehle fehlt
auch dem Männchen; der Unterkörper hat grössere, zahlreichere und
dunklere Flecken, und der Schnabel ist lichter, als im Frühlinge.
Die Jungen nach der ersten Mauser haben eine gelblich-
weisse Kehle und noch keine Rostfarbe ; sonst ähneln sie den Alten im
Herbstkleide. Mit dem Wiesenpieper sind sie jedoch durchaus nicht zu
verwechseln, da sie sich von diesem sowohl durch den Mangel des
Grünen im Gefieder, als auch durch die schwarzbraunen Schaftstreifen
an den längsten Unterschwanzdeckfedern auf den ersten Blick unter-
scheiden.
Aufenthalt. Seine Verbreitung erstreckt sich von Dalmatien und
Lappland an durch den angrenzenden Theil von Asien bis zu den Inseln
bei Amerika. Auch ist er in Aegypten und Nubien häufig. In der kal-
ten und gemässigten Zone ist er Zugvogel, selbst noch in Griechenland.
Auf dem Zuge kommt er in mehrere Länder des südlichen und west-
21
lichen Europa’s, so namentlich nach Sieilien, Sardinien und dem südli-
chen Frankreich, selten nach dem südlichen Deutschland, noch seltener
nach dem nördlichen und bis nach Dänemark hinauf. In Lappland kommt
er im Frühlinge später an, als der Wiesenpieper. Wie dieser, liebt
auch er die begrasten Flächen, doch weniger die feuchten, als vielmehr
die trockenen.
Lebensweise. Ueber diese weiss man bis jetzt immer noch
wenig; vielleicht aber dass A. Brehm, der diesen Vogel in Aegypten
zu beobachten Gelegenheit hat, uns noch Einiges über dieselbe mitzu-
theilen weiss. In vielen Stücken mag er in der Lebensweise wohl mit
dem Wiesenpieper übereinstimmen, da er diesem ja am nächsten steht.
Nach Schrader’s Beobachtung in Lappland steigt das Männchen wäh-
rend der Begattungszeit, ähnlich dem Wiesenpieper, singend in die Höhe,
hält die Flügel, eine kurze Zeit schwebend, aus einander, und wirft sich
dann mit einem Ruck schnell wieder hinunter; welches Spiel es oft
wiederholt. In wie fern übrigens sein Gesang von dem des Wiesen-
piepers verschieden oder nicht verschieden ist, darüber berichtet uns
Schrader leider nichts.
Seine Nahrung hat er wahrscheinlich mit dem Wiesenpieper
gemein.
Fortpflanzungsweise. Hierüber führe ich nur an, was Schra-
der darüber in Lappland beobachtet hat und Hr. Past. Pässler im Jour-
nal für Ornithologie von Dr. Cabanis Heft IV (1853) S. 252 uns mit-
theilt: »Dieser Vogel, heisst es dort, nistet nie so, wie der Wiesenpieper,
an feuchten Orten, sondern stets an trockenen, Das erste sichere Nest
fand Schrader Mitte Juni’s unter dem Rande eines flachen Steines, in
einer kleinen Vertiefung des Bodens, von Empetrum nigrum überschattet,
mit vier Jungen und einem faulen Eie. Ein zweites, etwas früher mit
fünf bebrüteten Eiern, aufgefundenes Nest stand am Fusse einer zarten
Birke, gleichfalls unter Gestrüpp von Empetrum, nigrum wohl versteckt.
Die Wände des Nestes bestehen zunächst aus groben Halmen, denen
_ feinere folgen; mit letzteren ist auch das Innere ausgelegt. Die Eier,
an Grösse den Wiesenpieper-Eiern gleich, sehen diesen weder an Ge-
stalt, noch an Färbung und Zeichnung ähnlich. Sie sind 14‘ lang und
6-61‘ breit. Ihre Form ist sehr gestreckt, die grösste Dicke nahe
am Ende liegend, die Höhe stark zugespitzt, die Schaale sehr zart und
glänzend. Einige sind auf graubraunem Grunde mit schiefergrauen Schaa-
lenflecken, sowie mit bräunlichgelben verwaschenen und scharf ausge-
22
prägten sparsamen dunkelbraunen Punkten und Schnörkelchen versehen;
und die so gezeichneten ähneln den Eiern der Emberiza schoeniclus,
entfernter jedoch auch manchen Abänderungen derer von Emberiza lap-
ponica. Andere zeigen eine matte, röthlichbraune Grundfarbe, schiefer-
graue Flecke in der Schaale, und röthlichbraune verwaschene Flecke
nebst schwarzbraunen Pünktchen auf der Oberfläche. Noch andere sehen
den graulichen Baumpieper-Eiern nicht unähnlich: sie haben auf weiss-
grauer Grundfarbe schiefergraue Schaalenflecke, matt röthlich graubraune
andere Flecken und scharfe schwarzbraune Punkte.
Bemerkungen. Naumann hält noch in seinem Werke über die
deutschen Vögel den rothkehligen Pieper für das recht alte Männchen
des Wiesenpiepers; eben so Gloger. Schlegel und Thienemann
halten ihn für eine klimatische Abänderung desselben; wesshalb Letzterer
in seinem neuen Werke über die Fortpflanzungsgeschichte der gesamm-
ten Vögel auch gar nichts Besonderes ‚von ihm erwähnt. Degland ist
ebenfalls über die Selbstständigkeit desselben als Art noch.ungewiss und
bezeichnet ihn desshalb mit einem Fragezeichen. Doch so sehr auch
diese, sowie manche andere Ornithologen, gegen die Selbstständigkeit
dieser Species vielleicht noch eingenommen sein mögen, so halte ich sie
doch, und ausser mir schon viele Andere, entschieden für eine gute Art,
die sich constant von der vorhergehenden unterscheidet. Man hat vor-
gegeben, dass kein Artkennzeichen aufzufinden sei, woran man diesen
Vogel in allen Kleidern untrüglich von dem Wiesenpieper zu unterschei-
den vermöchte; aber es findet sich dieses sowohl in der sehr verschie-
denen Färbung des Oberkörpers, welcher das Grünliche, das bei A.
pratensis, wenn zuweilen auch nur sehr wenig, immer vorhanden ist, bei
A. cervinus stets mangelt, als auch in der Zeichnung der beiden läng-
sten Unterschwanzdeckfedern, welche in allen Kleidern einen bis vor die
Spitze der Feder reichenden dunklen Schafifleck haben, der allen übrigen
europäischen Piepern fehlt, und wovon nur eine Andeutung bei dem
Anth. obscurus vorkommt.
8 Der Baumpiepenr.
Anthus arboreus, Bechst.
Alauda trivialis, Gmel. Lin. $; N. I. 2. p. 796. n. 5. Ob die A.
trivialis Lin. S. N. ed. 12. I. p. 288 hierher gehört, ist ungewiss und nach
der Diagnose schwer zu bestimmen. Manche ziehen sie zu A. pratensis.
23
Alauda pratensis, Briss. Orn. (1760) IH. p. 343.
Motacilla Spipola, Pall. Zoogr. I. p. 512.
Alauda turdina, Scopoli.
Alauda minor, Bewick.
Pipastes arboreus, Kaup. nach Bonaparte Consp. av. I. p. 248.
Dendronanthus trivialis, Blyth.
Cichlops thermophilus? Hodgs.
Alauda minor, Latham, Synops. übers. von Bechstein II. S. 377.
n. 8 gehört ebenfalls wohl hierher.
Anthus arboreus, Bechstein. Naturg. Deutschl. IL. S. 706.
Anthus foliorum, ie et herbarum, Brehm, Vög. Deutschl.
S. 326, 327.
Artkennzeichen. Die Füsse Fleischfarben; der Nagel
der Hinterzehe kürzer als sie und im vierten Theile eines
Kreises gebogen; die längste Hinterschwinge von der
Länge der Vorderschwingen; der Schaft der ersten
Schwanzfeder der ganzen Länge nach braun; das Gefieder
mit grünlichgemischten Federrändern. — Länge: 7“ 2 bis
zu gu,
Eine Beschreibung dieses Piepers hier zu geben, scheint mir
überflüssig zu sein, da wir dieselbe in allen ornith. Handbüchern sehr
gut und richtig, und besonders in Naumann’s Vögel Deutschl. IH. S.
758 ff. sehr ausführlich finden.
Aufenthalt. Er bewohnt fast ganz Europa bis an die Grenze der
Polarländer hinauf, nur Irland nicht; dann die an Europa grenzenden
Länder von Asien, selbst Sibirien*), und das nördliche Afrika, in wel-
chem letzteren er hauptsächlich den Winter zubringt, denn in Europa
bleibt in dieser Jahreszeit nur selten einer zurück. Er ist wahrer Wald-
‘
*) Nach v. Middendorff (Sibir. R. Bd. IT. Thl. 2. p. 163 ff.) „gehören die im
südlichen Sibirien (Südküste des Ochotskischen Meeres, S’tanowöj- „Gebirge etc.) häufig
“ vorkommenden Baumpieper, grösstentheils der japanischen, von Temminck
und Schlegel (Siebold Fauna japon., Aves p. 58. t. XXIID abgebildeten und beschrie-
benen Abart dieses Vogels an.‘‘ Indessen schoss M. auch einige alte Männchen,
welche von den europäischen, z. B. der Gould’schen Abb., nicht im Geringsten ab-
weichen. Die Baumpieper des S’tanowöj-Gebirges sind durchnittlich etwas kleinern
Wuchses, als die europäischen. Im Hochnorden Sibiriens wurde er nirgends ange-
troffen. Die in Sibirien gefundenen Eier zeigten nur diejenige Farbenvarietät, welche
von Thienemann auf Taf. XXV. fig. c abgebildet sind.
: Baldamus.
24
vogel, und unterscheidet sich darin von allen seinen europäischen Sippen-
verwandten.
Ueber seine Lebensweise finden wir ebenfalls in Naumann’s
Werk a. a. O. alles bisher Beobachtete, und eben dort auch das über
seine Fortpflanzungsweise Bekannte. Ueber letztere siehe jedoch
auch Thienemann’s Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel
S. 254 nebst den dazu gehörenden Abbildungen mehrerer Eier auf Taf.
XXV. fig. 7. a—e.
Barkow im December 1853.
H. Zander,
Bemerkungen und Zusätze.
Von
E. Baldamus.
Die längst erwartete und höchst dankenswerthe Arbeit meines Freun-
des Zander über die Pieper wird ohne Zweifel viel zur Aufklärung
dieser theilweise — namentlich in der Synonymik — bisher vernach-
lässigten Familie (oder Subfamilie, Bp. — Anthinae = erste Subfa-
milie der Familie Motacillidae, Consp. av. I, p. 247) beitragen, und
liefert neben der kritischen Sichtung des vorhandenen Mate-
riales, besonders des synonymistischen Apparates, fast alles zu einer
vollständigen Monographie der europäischen Arten bisher noch
fehlende. Alles bisher Bekannte und das Neueste hier gleich beisam-
men zu haben, ist der Zweck der folgenden Bemerkungen und Zusätze.
Die Familie oder Subfamilie der Anthinae, von Bonaparte
mit allem Rechte zwischen die Alaudinae und Motacillinae gestellt, ent-
hält nach ihm (Consp. av. 1. c.) 37 bis 38 Species, von denen einige
noch unsicher sein, zu denen aber auch noch einige hinzukommen dürf-
ten. Ihre geographische Verbreitung zeigt das Eigenthümliche,
dass, während den Continenten der alten Welt und Südamerika un-
gefähr die gleiche Anzahl von Species eigenthümlich ‚ist, die grosse
nördliche Hälfte der neuen Welt nur eine Species besitzt, (A. pensyl-
vanicus, Br., ludovicianus, aut.) Europa hat, mit Einschluss der eben
genannten, 8 Arten, meist mit Afrika und Asien gemeinschaftlich, und
nur die Brütezonen von 2 Arten dürften vielleicht gänzlich in Europa
liegen (A. aquaticus und obscurus). A. Richardi und campestris brüten
25
auch in Afrika, wahrscheinlich auch im südwestlichen Asien, A. pratensis,
rufogularis (cervina, aut. recent.*) und arboreus erstrecken ihre Brüte-
zone zum Theil weit ins nördliche und mittlere Asien hinein, und brüten,
wenn nicht die beiden andern, so doch A. rufogularis auch in N.Afrika.
Afrika gehören ausserdem 9, Asien 6, Südamerika 9 Oceanien 3
und Nordamerika 1 Species.
Prinz Charles Lucian Bonaparte trennt seine Subfamilie in drei
Genera: Corydalla, Vig, Agrodroma, Sw. und Anthus, Bechst.
Consequenterweise hätte er auch, wie bereits Zander bemerkt, und mit
grösserem Rechte Blyths Genus Dendronanthus adoptiren müssen. Die
beiden ersten Genera Bps. zählen je 2 Arten: Corydalla Richardi und
Sinensis, und Agrodroma campestris und australis, Sw.; die übrigen
34 kommen auf das Genus Anthus, und sind nach der Provenienz auf-
geführt (Consp. av. 1. c.).
Von der Lebensweise der nichteuropäischen Arten kennt man
sehr wenig, und hat nur einige dürftige Data über die Fortpflanzungs-
geschichte zweier oder dreier Species, (A. australis, Vig. et H. und
Correndera, Az.) s. Thienem. Fortpfl. d. gesammten Vögel, p. 258. f.
Beireffs der europäischen Arten ist noch Folgendes zu bemerken.
Die Maasse und die Färbungen von Anthus Richardi schei-
nen nach den verschiedenen Lokalitäten doch grösseren Abweichungen zu
unterliegen, und noch heute nicht alle Kleider genügend bekannt zu sein.
Freund Zander misst die Totallänge mit 8 Zoll, Dr. Degland (Ornith. europ.
I. p- 416.) mit 18 CM., ein vor mir liegendes altes W. aus Afrika hat 19,1
CM., was eine Differenz von 3,5 resp. 2,4 CM. = 15Y.“' und 113
ergibt **). Verhältnissmässig differiren natürlich auch die übrigen Maasse.
Anthus campestris ist doch auch in Norddeutschland an den geeig-
neten Lokalitäten nicht so. ganz einzeln, wenn gleich nicht so häufig als
arboreus und pratensis, Seine unter den gewöhnlichen Umgebungen
so wenig auffallenden Farben, sein schönes und zurückgezogenes We-
—
- *) Siehe weiter unten,
**) Leider ist die Ornithologie noch immer bezüglich der Anwendung der Maasse
hinter andern Disciplinen der Naturwissenschaft zurück, die meist ohne Ausnahme
das so bequeme und genaue neufranzösische Maass angenommen haben, während
wir neben dem altfranzösischen (in Frankreich verbotenem!) das englische und
gar noch manche andere anwenden. Auch wäre es wünschenswerth, dass ein festes
Prineip für die Ausgangspunkte der verschiedenen Messungen aufgestellt und zu-
nächst von den Mitgliedern unserer 0. 6. angenommen und befolgt würde, Die
Ornithologie würde bald die grossen Vortheile einer solchen Einigung erfahren,
26
sen, die leicht überhörbare- Stimme, und sein verhältnissmässig von Men-
schen wenig besuchter Aufenthaltsort lassen ihn seltener erscheinen, als
er es wirklich ist. Er macht, wie alle europäischen Gattungsgenossen
regelmässig nur eine Brut, und eine zweite nur, wenn die erste,
(wie es aus nahe liegenden Gründen besonders ihm und dem Wiesen-
pieper passirt) verunglückt ist.
A. cervinus. Wenn sich die Ansichten Dr. von Middendorffs #) be-
währen sollten, so hätten wir statt der einen, manchem Ornithologen
noch verdächtigen Art zwei dergleichen, und noch dazu 'als europäisch
anzunehmen, den A. rufogularis, Brehm, als die »vorzugsweise im süd-
licheren Europa und in Nordafrika heimische Art, und den A. cervinus.
K. und Bl. **), .die Motacilla cervina, Pall., hochnordischen, obgleich weit
südwärts reichenden Vorkommens«. Dieser letztere »ist in dem gesamm-
ten Hochnorden der alten Welt in grosser Häufigkeit und als einziger
Repräsentant seines Geschlechts vorhanden, obgleich er nicht zu den
vorzugsweise polaren Vögeln gehört, da er, am Taimyrflusse nur aus-
nahmsweise vorkam, obzwar an der Boganida (71° n. Br.) eben so sehr
häufig als an den Küsten des Eismeeres im russischen Lapplande. Im
nördlichsten Sibirien war dieser Vogel ein Hauptbewohner der Tundra,
allein auch im S.O. Sibiriens wurde ein solcher im S’tanowöj-Gebirge am
26. Mai, (mithin offenbar nicht mehr auf dem Durchzuge) erlegt. Die
sibirischen Exemplare zeichnen sich alle durch die rostgelbliche, dabei
aber etwas violett überflogene (genau der Brustfärbung der Turteltaube
entsprechende) Färbung ihrer Wangen- nebst Augengegend, der Kehle,
der Bauchseite, des Halses und der Oberbrust aus, obgleich sich Vögel
unter ihnen befinden, welche zwischen dem Ende des Mai und des Juli
geschossen wurden. Diese Färbung setzt auf der Oberbrust ziemlich
scharf begrenzt ab von der gelblichweissen, seitlich mit schwarzen Pin-
selflecken gezeichneten Bauchfärbung. Der Rücken ist sehr. dunkel, und °
man sieht auf ihm gar keine röthlichen oder gelblichen Tinten, da’ die
schmalen, hellern Ränder der Rückenfedern weisslich- oder grünlich-grau
sind. Die vier ersten Schwingen sind fast gleich lang und werden von
*) Dr. A. Th. von Middendorff’s Sibirische Reise, Bd. II. Th, 2. p. 164. ff.
**) Keyserling u. Blasius, die Wirbelthiere Europa’s, p. 172. ‚Bei der Verwir-
rung, welche in den Benennungen der Pieper herrscht — sagt Midd. a. a. 0, —
lege ich einen Nachdruck darauf, dass ich hier unter A. cervinus, Pall,, denjenigen
Vogel verstehe, welcher von K. u. Bl. beschrieben worden ist.“ Demnach würde
diese Beschreibung auf A, rufogularis, Br., nicht passen.
27
der längsten Schulterfeder beinahe erreicht, u. s. w. wie K. u. Bl. an-
gegeben. Die Innenhälfte der weissen äussersten Steuerfeder bräunlich ;
ein spitzer dreieckiger weisser Fleck auf dem Ende der Innenfahne der
zweiten Steuerfeder; die übrigen Steuerfedern einfarbig schwarzbraun.
Die Färbung der Unterseite des Halses und der Kehle ist bei einzelnen
W. (jüngere?) verblichener und minder ausgedehnt als bei den M.; na-
mentlich lassen sich aber die W. noch am leichtesten daran unterschei-
den, dass bei ihnen die Oberbrust dicht mit grossen braunschwarzen
Pfeilflecken getropft ist, welche sich, in mehreren Reihen hinter einander
gelegen, zu einem grossen Halsbande gestalten (gleichwie beim A. rufo-
gularis), dagegen diese Pfeilflecke bei den M. nur vereinzelt auf beiden
Seiten der Oberbrust zerstreut liegen, und sich von hier, gleichwie bei
den W., auf die Flanken hinabziehen. Doch gewährt auch dieses Merk-
mal keine durchgängig sichere Unterscheidung der Geschlechter. Am frisch
geschossenen Vogel waren: der Oberschnabel dunkelhornfarben, der Un-
terschnabel an seiner Spitze ebenso, an seiner Wurzelhälfte aber hell-
gelb; die Iris dunkelkastanienbraun; die Schienbeine und Zehen heller als
die Iris; die Zehensohlen aber pomeranzig-gelb.«
»Ein W. von A. rufogularis wurde am 13. August, also vielleicht
schon auf dem Durchzuge, bei Uds’köj-Oströg geschossen. Dieses stimmt
vollkommen mit europäischen Exemplaren überein, und namentlich mit
Gould’s Abbildung (The birds of Europe, II. pl. 139). Die längste Schul-
terfeder der mir vorliegenden Exemplare überragt die Schwingen um ein
paar Linien. Die vierte Schwinge nebst der ersten, und wiederum die
zweite nebst der dritten sind unter einander gleich lang.«
So weit Dr. von Middendorff, und er sagt überdiess ausdrücklich,
dass es ihm »aus zoologisch- geographischen Gründen wahrscheinlich
scheine, dass in Kamtschatka nicht der bei Gould abgebildete A. rufogu-
laris, sondern eben eine andere Art, der A. cervinus, Pall., vorkommen
müsse, weil er, wie bereits bemerkt, diesen hochnordischen obgleich
weit südwärts reichenden Vogel von dem erstern, vorzugsweise südli-
_ chen, trennen zu müssen glaube *).
Vergleichen wir damit die Angaben Vilh. Liljeborg’s **) (Nau-
*) Wir müssen freilich bekennen, dass wir diesem Grunde nicht Gewicht genug
beizulegen vermögen.
”*) Bidrag till Norra Rysslands och Norriges fauna, samlade under en veten-
skaplig resa i dessa länder 1848; af Vilh. Liljeborg. K. Vetenskaps Akademiens
Handlingar. 1850. II.
28
mannia II, 2. p, 98. ff.), der nach der Ansicht v. Midd. also den Palla-
sischen Vogel vor sich hatte, so widersprechen sich zunächst die beiden
Gelehrten scheinbar direkt hinsichtlich des Vorkommens der Art neben
und zwischen A, pratensis, und Liljeborg findet in dem überwiegenden
Vorkommen des A. pratensis längs der ganzen nördlichen Küste
des alten Continents sogar einen Grund gegen die Annahme, dass
A. cervinus lediglich Localvarietät sei. »An den Stellen‘, wo ich ihn
getroffen, war das Verhältniss.so; und wäre er in Sibirien der gemeinste
gewesen, so würde wohl Midd. ihn dort gefunden haben. So war es
aber nicht — Midd. fand nur A. pratensis in Sibirien.« Theilweise wird
nun allerdings dieser Widerspruch durch die Bemerkung Middendorff’s
gehoben, dass unter den von ihm für Lappland aufgeführten Piepern A.
rupestris Cobscurus) durch Versehen weggelassen, indem junge Vögel
dieser Art im Herbstkleide ‘unter dem Namen A. pratensis aufgeführt
seien, während der Vogel, den er damals (Baer und Helmersen, Beiträge
zur Kenntniss des russischen Reiches, 1843, 8tes Bdchn., N. 35 und 36
der zweiten Tabelle zu p. 200) A. aquaticus genannt, die ächte Motac,
cervina Pall, sei. Aber freilich bleibt noch das Citat Liljeborg’s (Bull.
Phys. Mathem. de St. Petersbourg, Tom. II. p. 295) für seine Behaup-
tung übrig, »dass v. Baer und v. Midd. den A. prat. als selten für die
russische Lappmark angeben, und dass Midd. ihn auch in Sibirien ge-
funden habe. Indess könnte auch hier ein so leicht möglicher Irrthum
obgewaltet haben, und wir haben wohl unbedingt Midd. jetzt so bestimmt
ausgesprochener Behauptung über das alleinige Vorkommen des A. cer-
vinus im Hochnorden der alten Welt Glauben zu schenken, um so mehr,
als Lilj. selbst nur eine verhältnissmässig sehr kleine Strecke der »nörd-
lichen Küste des alten Continentes« zu untersuchen Gelegenheit hatte,
seine Behauptung überdiess nur eine Folgerung aus Midd. frühern An-
gaben und schliesslich allerdings mit einem »soll«*) eingeleitet ist. Es
möchte demnach denn doch wohl Prof. Sundeval Recht haben mit seiner
bereits 1840 ausgesprochenen Vermuthung, dass A. cervinus »die östliche
Form«, oder vielmehr der östliche Repräsentant von A. pratensis sei,
wenn wir auch den bestimmten Angaben Liljeborg’s gemäss die Grenze
beider nicht an’s Nordcap verlegen, sondern entweder an die von Blasius
gezogene (Dwina) oder an die alte (Ural) faunistische Grenzlinie des
*) „Uian den lär langs hela norra kusten af gamla Kontinenten vara vida
mindre talrik“, K, V. Handl. 1850. II. p. 279.
29
nördlichen Europa und Asien, was natürlich ein vereinzeltes und selbst
häufigeres Vorkommen der Grenznachbarn jenseits und diesseits, unter
gewissen Bedingungen nicht ausschliessen kann.
Wenn nun unter diesen Voraussetzungen ein Beweis Liljeborgs für
die Speciesdignität des A. cervinus entkräftet würde, so bleiben
dennoch genug für ihre Feststellung übrig: die rothe Kehle ist
weder Alters- noch Geschlechtskennzeichen; beide Arten
kommen wenigstens an der Grenze ihrer Verbreitung ne-
ben einander vor, ohne sich gegenseitig zu verpaaren; die
Eier sind so constant verschieden, dass diese Verschie-
denheit allein eine specifische Trennung rechtfertigen
würde *); endlich tritt noch die von Midd. benachdruckte geogra-
phische Verbreitung, jetzt mit ihrem vollen Gewichte,
hinzu, um eine von A, pratensis verschiedene gute Art zu
etabliren.
Ob diese gute europäische Art nun aber die Motac. cervina
des Pallas, oder der A. rufogularis Brehms, oder ob beide synonym sind:
diese Fragen harren meines Bedünkens noch der endgültigen Lösung.
Ein grosser Theil des dazu nöthigen Materials befindet sich sicher im
Bereiche der Herrn v. Middendorf, Liljeborg und Brehm, denen wir
hiermit unsere Zeitschrift mit dem Versprechen der Lieferung sorgfälti-
ger Abbildungen von Naumann’s Meisterhand anbieten dürfen **).
Schlieslich empfehlen wir die event. Berichtigung u. s. w. des vor-
liegenden monographischen Materials der europäischen Pieper allen Freun-
den unserer Wissenschaft, indem ich zugleich im Namen meines lieben
Freundes Zander Hrn. Dr. Degland unsern Dank für die zuvorkommende
*) So constant, dass unter den Hunderten von Wiesenpieper-Eiern, welche
ich gesehen, auch nicht ein einziges nur entfernte Aehnlichkeit mit
der Färbung und Zeichnung der c. 20 von Hrn, Schrader eingesandten E. des A.
cervinus zeigt: vorausgesetzt, dass dieser reisende Sammler richtig gesehen und
berichtet hat. Weniger Gewicht können wir auf den angeblich ganz verschie-
‘denen Standort des Nestes legen (s. oben). Man sage’ übrigens nicht, dass
jene Eierverschiedenheit rein klimatisch oder lokal sei: in dieser Ausdehnung wäre
eine solche bisher ohne Beispiel! Ausserdem gleichen die lappländischen Eier von
A. pratensis denen der übrigen Lokalitäten vollkommen.
**) In Dr. v. Middendorff’s oft eitirtem Reisewerke ist zwar sein A. cervinus,
(Tab. XIV. fig. 1. Altes M. in Sommertracht; 2. A, dessen äussersie, B, dessen
zweitnächste Steuerfeder; 3, der Kopf des alten W.) abgebildet, allein gerade diese
Abbild. scheint uns zu den weniger gelungenen zu gehören, besonders im Vergleiche
zu den Naumann’schen. ie
30
Güte ausspreche, mit welcher er uns die reiche Suite der Pieper seiner
Sammlung zur Benützung überliess.
E. Baldamus.
Einige Notizen über die blaue Elster, Pica cyanea.
Von
Baron R. König- Warthausen.
Die blaue Elster, Corvus cyaneus Pall., Pica cyanea Cuv. heisst auf
Spanisch Garrula und Rubilargo. Ihr Vorkommen scheint sich über ganz
Spanien zu erstrecken, wo sie nichts weniger als selten ist.
Dann findet sie sich erst wieder im Osten, jenseits des Baikal-See’s,
hält sich dort am Ufer der Gewässer, besonders in Weidendickichten
auf und nistet Ende April oder Anfang Mai, lebt jedoch während dieser
Zeit sehr versteckt.
Baron E. v. Hayn*) traf sie in der zweiten Hälfte des Januars
1851 beim Uebergang über die Sierra Morena in beträchtlicher Anzahl
beisammen, auf der Landstrasse dem Pferdemist nachgehend. Sie liessen
sich ziemlich nahe kommen, flogen dann auf die höchsten Baumspitzen,
machten viel Lärm und zuckten häufig mit dem Schwanze. Sonderbarer
Weise nannte man sie dort Pigeones (Tauben).
Früher waren nur zwei aus Spanien stammende, im britischen Mu-
seum zu London befindliche Eier bekannt. Im Jahr 1852 gelang mir
durch gütige Vermittlung eines in Spanien ansässigen Landsmanns ein
Paar Eier, bei Cordoba.“*) gesammelt, zu erhalten, und jetzt bekomme
ich ebendaher und aus derselben Quelle drei wohlerhaltene Nester sammt
den Eiern***). Die Herrn Thienemann und Baldamus haben letztere
*) Weitere ornithologische Notizen hat mein mit den Naturwissenschaften ver-
trauter Vetter mir leider nicht mitgebracht, ausser, dass er „ziemlich um dieselbe
Zeit‘‘ auf dem Quadalquivir unermessliche Schaaren von Enten antraf und auf den
allenthalben stattfindenden Vogelmärkten einige ihm nicht bekannte südliche Vögel
sah, neben einer grossen Menge für die Küche gefangener Lerchen, Rothkehlchen u. s. w.
**) Bei Madrid waren keine aufzutreiben.
***) Leider wurden mir meine 28 St. voll zugeschickt. Die zweite Sendung, die
ich mehr als ein Jahr später erhielt, war mit der ersten abgegangen, wesshalb die
meisten eingetrocknet oder zersprungen ankamen; desshalb habe ich auch Nichts
abzugeben.
31
inzwischen auch erhalten; die Nester wird Prof. Dr. Thienemann mit
bekannter Genauigkeit beschreiben, da ich ihm eines der meinigen für
seine Sammlung und die beiden andern zur Beschreibung überlassen
habe. Aus diesem Grunde beschränke ich mich absichtlich auf einige
allgemeine Notizen. Die Zahl der Eier scheint 5—9 zu sein*). Sie
ähneln in ihrer Mehrzahl sehr denen des nordamerikanischen Blauhehers,
Corvus cristatus L., sind aber meist etwas mehr gelblich und markirter
gezeichnet, auch zartschaaliger; wenige sind bedeutend kleiner als die
übrigen und gröber gefleckt, wodurch sie an manche Würgereier, na-
mentlich an die des südlichen Lanius personatus, Temm., erinnern. Nur
ein Nest enthielt Eier mit hellblaugrünlichem Grunde **).
Die bisher unbekannten Nester ähneln nicht entfernt denen unserer
Elster; sie sind vielmehr unbedeckt und auf den ersten flüchtigen An-
blick eigentliche Würgernester, vorherrschend aus grünem Material, na-
mentlich wolligen Kräutern erbaut; nur eines erinnert in sofern an die
des Eichelhehers, als seine äussere Umkleidung hauptsächlich aus dürren
Stengeln und Wurzeln zusammengesetzt ist, Bei näherer Betrachtung
lässt sich jedoch nicht verkennen, dass es richtige Krähennester sind
und das Würgerartige besteht mehr in den Stoffen, zum Theil auch in
der Form. Die Zusammenhäufung des Materials ist grob und klumpen-
weise. Eine Hinneigung zur Bauart der Würger, selbst mancher Sänger
und Drosseln muss man immerhin zugeben. Ebenso sind ja auch bei den
Vögeln selbst, wie überhaupt, so besonders bei, diesen Gruppen die
Trennungslinien schwer zu ziehen, und die Natur zeigt auf jedem ihrer
Schritte, dass sie nach ganz anderen Gesetzen verfährt, als die mensch-
liche Systematik. Sie bildet allerdings Classen, aber nicht in einfacher
Reihenfolge, sondern mit allseitigen Berührungspunkten, indem sie überall
Beziehungen zu Höherem und Niedrigerem darstellt; gerade Linien kennt
sie nicht.
Jedenfalls steht die sogenannte blaue Elster den Hehern, namentlich
den zahlreichen amerikanischen Cyanocoraces näher als der gemeinen
Elster. Der nächste Verwandte unseres Halbwürgers scheint eigentlich
Corvus Stelleri zu sein, welcher ihn im Norden auch gewissermaassen
*) Beim Eichelheher fand ich öfters Gelege mit 8 Eiern; 9 Eier erhielt ich nur
einmal. Bei den gemeinen Elstern kam mir diese Zahl öfters vor.
**) Ueber die Zeit der Einsammlung weiss ich nur, dass die Sendungen am
28. Mai in Bayonne abgingen. Einige Eier waren schwach bebrütet; ein Brief mit
Notizen ging unterwegs verloren.
32
vertritt. Der Unglücksheher, Corvus infaustus L., wurde sogar von den
Systematikern anfangs zu den Würgern gestellt. Pica und Garrulus von
Corvus generisch zu trennen, halte ich überhaupt für unstatthaft, wenn
es aber geschieht, so hat die Pica cyanea auf den Namen eines Hehers,
weit begründetere Ansprüche. Sehr passend ist desshalb der spanische
Name Garrula.
Dass selbst der gemeine Mann von jeher und überall die nahe Ver-
wandischaft der Krähen und Würger geahnt hat, zeigen viele den letz-
teren beigelegte Provinzialnamen, z. B. Bergelster, im nördlichen
Deutschland Kriekelster (d. h. Zwergelster), in Württemberg Hetzen-
könig, Hetzenbarenkönig, Gaitzenkönig, in der Schweiz Dornagaster,
in Frankreich Pie-grieche u. s. w.
Hohenheim, im December 1853.
Baron R. König-Warthausen.
Beobachtungen über domesticirte Vögel.
Von
Baron R. König- Warthausen.
. Die ganze Lebensweise der zu Hausthieren gemachten Vögel hat
natürlich unter dem Einfluss der menschlichen Kultur manche Verände-
rung erlitten und bietet desshalb dem Ornithologen nur geringes Interesse.
Allgemeine Schlüsse auf den Thiercharakter lassen sich indessen immer-
hin ziehen, und man findet bei dem Hausgeflügel, als dem für derlei
Beobachtungen zugänglichsten Theil der ganzen Klasse, nicht selten
interessante Sonderlinge.
4) Columba Livia L.
Im August 1849 bemerkte ich einen ganzen Flug Haustauben, die
sich bisher stets auf den angrenzenden abgeräumten Fruchtäckern herum-
getrieben hatten, auf Wiesen eifrig Nahrung suchend. Da kein Gras-
saamen vorhanden war, konnten sie nur Insekten oder wahrscheinlicher
Schneckchen suchen, was jedenfalls aus reiner Liebhaberei und nicht aus
Noth geschah. Einen Fall von ausserordentlicher Lebenszähigkeit kann
ich aus eigener Erfahrung verbürgen. Eine Taube, welcher die Köchin
33
x
den Kopf abgerissen hatte, flog im Todeskampf, ohne irgendwo anzu-
stossen, direkt zum Fenster hinaus und über das benachbarte Dach weg.
Ueber sogenannte Wachtauben konnte ich in Württemberg bis jetzt
Nichts‘ erfahren.
2) Columba risoria L.
Ein Paar Lachtauben suchte in meiner Voliere einen der Natur mög-
lichst entsprechenden Nistplatz und baute sein stets wieder benutztes
Nest auf einen Tannenbusch; ein anderes dagegen heckt immer an der
Erde, obgleich es hier geboren ist, während gerade jene an ihrem frü-
heren Aufenthalt genöthigt waren, am Boden zu brüten. Auch im Zim-
mer tragen sie die Eierschaalen möglichst weit vom Nest weg. Ein Paar
hat die. Gewohnheit, bei jeder Brut, sobald das zweite Ei gelegt ist, das
erste aus dem Nest zu. werfen und unter den Rand desselben zu schar-
ren. Sonderbar sieht es aus, wenn oft beide Alten zugleich auf dem
einen Jungen sitzen. Das Männchen löst das Weibchen Morgens 10 Uhr
und Nachmittags zwischen Zwei und Drei auf einige Zeit vom Brüten
ab. Ich machte die Bemerkung, dass manchmal ein Ei erst gegen Mittag
gelegt wird. In meiner Voliere befinden sich fast immer einzelne ledige
Tauben, allein keine will sich mit einem schon seit drei Jahren zu
diesem Zweck gehaltenen Turteltäuber verbinden. Im Gegensatz hiezu
vereinigte sich vor längerer Zeit in Ludwigsburg eine männliche Lach-
taube mit einem Rebhuhn; dieses legte auch wirklich Eier (von
denen ich besitze), allein sie waren. unbefruchtet, wenigstens wur-
den, wie sich auch erwarten liess, trotz eifriger Bebrütung keine Jun-
gen ausgebracht.
° Wie sehr die Lachtauben für die Krankheiten ihrer Zimmergenossen
empfindlich sind, fand ich an den meinigen bestätigt, denn als ich einst
heftigen Katarrh hatte, husteten und niesten sie fortwährend; ein ander-
mal, als ich von ‘der Nesselsucht befallen wurde, bekamen auch sie
einen Hautausschlag. Die Redensart, »sanft wie die Tauben«, findet
auf sie nicht immer ihre Anwendung. Namentlich ein Täuber zeigte
sich gegen andere im Zimmer umherlaufende Vögel sehr eifersüchtig
und unverträglich. Auf ein Rebhuhn hatte er es vorzugsweise abge-
sehen; dieses verfolgte er fortwährend und misshandelte es thätlich,
sobald es sich dem Nest oder dem Futtertrög näherte.
Naumannia. 1854. Kyeck ; 3
34
3) Phasianus pietus L..
Im vergangenen Jahre machte ich die Erfahrung, dass Goldfasane
bisweilen schon vor völlig zurückgelegtem ersten Lebensjahre fortpflan-
zungsfähig sind. Der Hergang war dieser: Am 7. Mai 1851 legte meine
alte Henne ihr erstes Ei, am 18. ihr fünftes, am 27. Mai ihr achtes und
letztes Ei. Am 22. Juni waren die Jungen ausgekrochen. Von diesen
kam nur ein Paar glücklich durch den Winter, welches am 27. Mai 1852
schon Junge hatte. Eine Verwechslung ging sicher nicht vor sich, da
das alte Stammpaar den Frühling nicht erlebt hatte. Das erste Ei des
jungen Paars war ein ziemlich dunkles, fast glanzloses Spulei; unter den
übrigen fanden sich nur zwei- unbefruchtete. Der einjährige Hahn war
im Herbst desselben Jahrs vollkommen ausgefärbt und die Länge seines
Schwanzes betrug 23 Decimalzoll, eine Länge, die mir bis jetzt nicht
wieder vorkam. B
Cafetier Werner in Stuttgart besass drei Jahre einen selbstgezoge-
nen Vogel, den er desshalb für einen Zwitter hielt, weil sein Gefieder
aus dem beider Geschlechter zusammengesetzt und er der Anfeindung
sowohl der Hähne als der Hennen ausgesetzt war. Anfangs trug er das
weibliche Kleid mit der Halskrause und einigen gelben Federn, im drit-
ten Jahr aber wurde das Hahnengefieder ziemlich vorherrschend. Ueber
4) Phasianus gallus L.
theilt mir mein Vater mit, dass wir gegenwärtig mehrere letzten Som-
mer ausgebrütete Exemplare haben, bei denen man ebenfalls nach dem
Aussehen nicht mit Bestimmtheit auf das wahre Geschlecht schliessen
könne: Hühner mit Hahnenschwänzen, Hähne welche nicht krähen, schein-
bar Kapaunen von Geburt! Wahrscheinlich hahnfedrige Hennen.
In alten Wunderbüchern liesst man, dass Vögel bisweilen lebendige
Junge zur Welt gebracht hätten, ja es gibt sogar alte Bilder, welche
derlei Vorgänge versinnlichen. Wohl auf so schwachen Boden gegrün-
det erzählt Bechstein irgendwo in einer Anmerkung, es sei erwiesen,
dass solche Beispiele beim Haushuhn schon vorgekommen seien. Diess
kam mir, wie wohl Jedermann, stets lächerlich vor; wie erstaunt war ich
aber, als ich 1851 bei meiner Ankunft in Tharand als Neuestes erfuhr,
die verwitiwete Frau Pastorin Täubert habe vor einigen Tagen im Leibe
eines geschlachteten Huhns ein ausgebildetes Küchlein gefunden. Ich
erkundigte mich alsbald persönlich und erfuhr Folgendes: In der ersten
Hälfte Aprils hatte die ‚Frau Pastorin ein todtes Huhn gekauft; die
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»Eingeweide« wurden in Wasser geworfen und hierin entdeckte sie und
ihre Schwester, dass aus einem geplatzten Häutchen etwas Besonderes
hervorsah. Bei genauerer Untersuchung fand sich ein ganz kleines, aber
ziemlich gut ausgebildetes Hühnchen, an welchem Kopf, Flügel, Füsse und
»Krallen« deutlich zu erkennen waren. Von einer andern Umhüllung
als einem häuligen Sack wurde Nichts wahrgenommen. Dieser war faltig
zusammengeschrumpft, grösser als eine welsche Nuss, mit Spuren irgend
einer eingetrockneten Materie (Eiweiss?). Das Aussehen des Embryo
war durchsichtig und unreif. Das Huhn war stark und gesund gewesen,
auch hatte es nur ganz kleine Eier am Eierstock.
Als ich den Vorfall Herrn Dr. Thienemann erzählte, lächelte er na-
türlich und meinte, das Huhn habe wohl die Eigenschaft gehabt, seine
Jungen aufzufressen und sei desshalb getödtet worden. Ich bin weit
entfernt, alten Fabeln Glauben verschaffen zu wollen, kann mir die Sache.
aber doch nicht recht auf natürlichem Wege erklären. Am wenigsten
ist mir glaublich, dass das Huhn den halbreifen Vogel sammt der Um-
hüllung unverletzt verschlungen habe. Solche unnatürliche Mütter konı-
‘ men allerdings vor, allein sie pflegen ihre Jungen vorher zu zerhacken;
könnte selbst der Schnabel so weit geöffnet werden, so wären dann ge-
wiss Eierschaalen an der Umhüllung hängen geblieben, von denen keine
Spur vorhanden war. Auch wäre dann der Embryo gewiss nicht in den
Eingeweiden (wohl im Legedarm), sondern im Schlund oder Magen ge-
funden worden, Lässt sich der Fall denken, dass ein Ei aus verschie-
denen Gründen nicht gelegt werden konnte, so darf man auch an die
Möglichkeit einer Ausbrütung im Mutterleibe, wie bei anderen Thier-
klassen glauben. Das Fehlen einer harten Schaale konnte bei einem so
ausserordentlichen Prozesse der Entwicklung nur förderlich sein.
5) Meleagris gallopavo L.
Im Jahr 1838 fiel in Warthausen einem Truthahn ein, einmal das
Brüten zu versuchen. Zu diesem Zweck setzte er sich auf Kartoffeln.
_ Nachdem er diese längere Zeit ohne den gewünschten Erfolg besessen
hatte, verliess er sie, vertrieb die Haushühner aus dem Lege-Korb und
begann da sein Geschäft aufs Neue. Man setzte ihn nun der Merkwür-
digkeit wegen auf eine Anzahl Hühnereier; diese bebrütete er auch mit
grosser Sorgfalt und Ausdauer, tödtete abet die Jungen, sobald sie im
Begriff waren, die Schaale zu verlassen.
Ein anderer, welcher im vorigen Sommer keine Hennen hatte, und
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wohl grosse Sehnsucht nach einem eigenen Herd hegte, wandte all seine
Sorgfalt dem jungen Geflügel zu, begleitete die jungen Haushühner be-
ständig und gerieth desshalb nicht selten mit ihren Müttern in Streit.
Sobald er etwas Geniessbares fand, lockte er und legte es ihnen mit
mütterlicher Zärtlichkeit vor; kaum wagte er in ihrer Gegenwart selbst
Etwas zu geniessen und that recht verwundert, wenn sie das Grüne
verschmähten, welches er ihnen im Garten abhackte. Er liess sich viel
gefallen, wurden seine vermeintlichen Kinder aber gar zu aufdringlich,
so setzte es Schnabelhiebe nach allen Seiten. Als man ihm für das
künftige Jahr zwei kaum halbwüchsige Hennen anschaffte, war er sehr
erfreut und widmete, mit gänzlicher Vernachlässigung seines früheren
Umgangs, diesen seine ungetheilteste Aufmerksamkeit. Gleich am ersten
Tage ging er nur noch mit ihnen, zeigte ihnen im Garten alle Annehm-
lichkeiten des neuen Aufenthalts und führte sie jeden Abend in den Stall;
dafür waren sie aber auch recht dankbar und anhänglich. Es sah höchst
possierlich aus, wenn er Abends vor dem Schlafengehen mit grossem
Selbstgefühl sie abwechselnd auf dem Rücken im Geflügelhof auf und ab
trug. Solche Spazierritte wurden in der Folge täglich auch im Garten
gemacht, und es kostete den Alten fast eben so viel Mühe als die Jun-
gen, sich im Gleichgewicht zu erhalten. Ihre Absicht, auch Nachts auf
seinem Rücken zu schlafen, schien ihm jedoch zu missfallen, denn er
schüttelte sie zu ihrem nicht geringen Missvergnügen immer wieder’ ab,
Namentlich eines der Jungen machte ihm dabei durch seine Zudringlich-
keit viel Mühe. |
Bekanntlich haben die Truthähne einen so starken Sinn für das
andere Geschlecht, dass sie im blinden Eifer sogar Steinen ihre Huldi-
gungen darbringen. Einer schon seit mehreren Tagen in angehender
Verwesung auf dem Miste liegenden Henne, zollte der Wittwer thätli-
chen Tribut der Liebe, gerade als hätte sie noch gelebt.
6) Anas boschas L.
Unsere Hausenten stammen von wilden ab; der ersten Generation
waren die Flügel verstümmelt, der zweiten wurden, theils weil viele
fortflogen, theils weil sie unter dem Dach oder im benachbarten Gehölz
brüteten, zahme (glattköpfige) Enten beigegeben. Im Lauf der nächsten
Jahre erhielten die meisten Hauben (d. h. grosse Dunenbüschel auf der
Stirn), welche sich forterbten. Ob wohl in Folge dieser Vermischung?
Vor zwei Jahren kam ich zufälliger Weise dazu, als -im Magen
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einer Ente ein, ein Oblongum bildendes, einen Zoll langes Blechstück
gefunden wurde, durch dessen durchlöcherte Mitte ein ziemlich starker
und an der Spitze krumm gebogener Nagel ging; zwischen Blech und
Nagelkopf hing noch eine Kleiderhafte von Draht. Das Thier schien
übrigens durchaus kein Magendrücken empfunden zu haben. Bei einem
andern Exemplar fand ich den einen Oberarmknochen mitten durch ge-
brochen, aber seitlich wieder fest verwachsen und die so entstandenen
ohstahlidlen splitterigen Spitzen durch umhüllende Knochensubstanz dem
Fleisch unschädlich gemacht.
7) Anser cinereus M. et W.
Ich besitze ein Junges im Dunenkleid mit vier Füssen, drei Flügeln,
zwei Schwänzen und einem Kopf. Es ist eigentlich ein Zwilling, da ein
doppelter Rückgrath vorhanden war. Wenn dasjenige Thier auf den
Füssen steht, zu dem der Kopf gehört, so sehen am hintern Theil seines
Körpers zwei Füsse in die Höhe und unter diesen gehen die Schwänze
seitlich abwärts, Der dritte Flügel ist in der Mitte des Rückens empor-
gerichtet; der Oberschnabel ist verkümmert. Die alte Gans tödtete diese
Missgeburt bald nach ihrem Zur-Welt-Kommen durch einen Biss in Hin-
terkopf und Genick.
Charakterschilderungen von Hausgänsen, namentlich wie der in Würt-
temberg allbekannten »Regimentsgans«, die erst neuerdings in Ulm das
Ende ihrer Laufbahn erreichte, gibt Landbek im Buch der Welt (Stutt-
gart, Hoffmann’scher Verlag) Jahrgang 1850 S. 31. S. 191—192.
‘ Hohenheim im November 1853.
Ornithologische Bemerkungen.
Von
Dr. A. Dehne.
Turdus fuscilateralis. (‚Brehm.) Dunkelbraunseitiger Ziemer,
Am 21. Juni dieses Jahres (1853) bekam ich ein Nest mit fünf
beinahe flüggen Jungen obiger Subspecies der Wachholderdrossel (T.
pilaris L.). Es hatte im Loessnitzgrunde, ganz nahe bei einer Mühle,
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zwischen den Zweigen einer schwachen, vier Ellen hohen, geköpften
Weide *), hart am Ufer des Loessnitzbaches gestanden. Dieses Nest
schien schon mehrere Male zum Brüten benutzt worden zu sein, denn
es bestand aus zwei bis drei ganz gleichen Schichten durch Erde ver-
bundener Nestbaumaterialien, als Wurzelfasern, Grasbüscheln, Halmen
u. s. w., hatte reichlich fünf Zoll im Durchmesser und drei Zoll Höhe;
es Yen wenig versteckt.
Die Jungen waren am ganzen Oberkörper mit Ausnahme der Schwung-
und Schwanzfedern durch hellgelbe mehrentheils lanzettförmige Schaft-
flecken ausgezeichnet; jetzt (December) haben sich diese so verloren,
dass davon keine Spur mehr vorhanden ist; der Kopf ist hell-, der
Rücken dunkelolivenbraun, Hals und Bürzel sind schieferfarben geworden ;
Kehle, Gurgel, Obertheil der Brust lebhaft rostgelb; die Seiten gleich-
falls, doch sieht man hier von der Grundfarbe sehr wenig, indem sie
von grossen schön dunkelbraunen Flecken fast gänzlich bedeckt sind.
Ueber die Augen läuft ein ziemlich deutlicher heller Strich; dieser war
früher, wie auch die dunkelbraunen Striche zur Seite der Kehle, viel
schärfer ausgedrückt, als diess jetzt im Herbstkleide der Fall ist. —
Untertheil der Brust, Bauch, Aftergegend, Schenkel, Unterseite der Flü-
gel graulich weiss. — Der Schnabel, früher mehr hornfarben, hat jetzt
die gewöhnliche Färbung: Spitze bräunlich hornfarben, das Uebrige gelb,
angenommen; beim Weibchen ist hier die Hornfarbe vorherrschend. Gau-
men und die übrige Mundhöhle gelb; Zunge fleischfarben. Die Füsse, in
den ersten Monaten hell fleischfarben, sind jetzt bräunlich fleischfarben
geworden. Krallen dunkel hornfarben. — Pupille dunkel-, Iris hellbraun.
Von diesen Ziemern besitze ich jetzt noch drei lebend; ihr Farben-
wechsel zeigte von Anfang an viel Auffallendes und es war höchst
interessant, zu beobachten, wie die schönen gelben Schaftflecken nach
und nach immer undeutlicher und blässer wurden, bis sie endlich ganz
verschwanden.
Vergleicht man diese Drosseln mit gewöhnlichen nordischen Wach-
holderdrosseln, so gewähren sie einen von diesen sehr versehiedenen
Anblick, namentlich zeichnet sie das lebhafte Rostgelb des vordern Un-
terkörpers, wie auch die beinahe ganz braunen Seiten aus, an denen
von der schönen rostgelben Grundfarbe wenig zu bemerken ist.
‘*) Auch hier sind diese Nester theils hoch, theils niedrig, sowohl auf Laub-,
als auf Nadelbäumen (Kiefern) angebracht.
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Da diese Subspecies noch bei Wien häufig vorkommt, so bin ich
mit Brehm der Meinung, dass sie von Osten nach und .nach bis zu uns
vorgerückt ist; hier ist sie erst seit einigen Decennien heimisch gewor-
den und jetzt an ihren Brutplätzen ziemlich zahlreich, wo sie sich durch
ihre wohlbekannte Stimme sogleich verräth.
In der Gefangenschaft bleiben diese Vögel immer etwas scheu; sie
fliegen, wenn man sich ihnen nähert, ängstlich in der Voliere umher
und lassen dabei ihre angenehmen weit hörbaren schäckernden Töne in
schneller Folge hören. Unreinlich sind sie im Käfig, wie alle ihre Ver-
wandten, im höchsten Grade und sie beschmutzen mit ihren Excremen-
ten, welche das unzersetzte Pigment der Fliederbeeren, womit sie zum
Theil ‘gefüttert werden, enthalten, ihre Mitgefangenen dermaassen , dass
unter andern eine weisse Pfautaube überall violett gefleckt erscheint.
Kringilla montana L, var. fuliginosa,. Der russfarbige
Feldsperling.
In Folgendem gebe ich die Beschreibung einer sehr hübschen Spiel-
art des Feldsperlings, welche am 16. December 1846 von meinem Sohne
Julius, aus einem Schwarme gewöhnlicher Feldsperlinge (Fr. montana
Linn.) hier erlegt wurde. — Es ist ein Männchen.
Oberkopf und Nacken röthlichbraun; Oberrücken lebhaft kaffeebraun ;
Zeichnung desselben mehr wie bei Fringilla domestica; Unterrücken und
Schwanz wie gewöhnlich. Der für einen Feldsperling sehr starke Schna-
bel, Kinn, Kehle, Brust mattschwarz mit geringem Anflug von Braun;
Nasenborsten, Halsring und Backen ebenso, aber dunkler; Bauch, Bürzel
und Schenkel graulich russfarben; Füsse wie gewöhnlich.
Am ganzen Vogel keine Spur von Weiss; sogar die beiden weissen
Flügelbinden fehlen und sind nicht einmal durch eine andere Farbe an-
gedeutet, daher auch die Flügel viel weniger bunt erscheinen, als bei
gewöhnlichen Feldsperlingen.
Sollte dieser Sperling vielleicht Bastard von Fringilla domestica
(Männchen) und Fr. montana (Weibchen) sein? ich bin beinahe geneigt,
diess zu glauben, da er auch in der Grösse die Mitte zwichen Beiden hält. .
Psittaeus grandis (Linn.) Grosser rother Lori von Ceylon.
Am 22. August d. J. (1853) entflog aus der Schaubude der Frau
Münz in Kötzschenbroda ein sehr zahmer rother Lori (Psittacus grandis
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Linn.); er trieb sich in den nahe liegenden Weinbergen umher und
zeigte sich Nachmittags am 26. auch auf meiner Besitzung am-Loessnitz-
grunde, wo er sich zuerst auf einer Kiefer niederliess. Da wir vermu-
theten, dass er sehr hungrig sei, so wollten wir versuchen, ihn durch
Zucker, Obst, Hanf, Milchsemmel u. drgl. in einen grossen Papageikäfig
zu locken; aber kaum näherten wir uns der Kiefer, auf welcher er un-
gefähr in der Höhe von zwölf Ellen sass, so flog er unter -lautem Ge-
schrei davon und setzte sich in derselben Höhe auf eine Acacie ganz
in der Nähe unseres Wohnhauses. Hier wollten wir ihn ruhig bis zum
Dunkelwerden sitzen lassen, um ihn dann zu fangen; doch verscheuchte
ihn das Gebelle unserer Hunde; er suchte Schutz in den höchsten dicht-
belaubten Zweigen einer italienischen Pappel, verliess diese aber alsbald
und flog in gerader Richtung nach der mit Buschholz besetzten Kuppe
unseres hohen Weinbergs. Früh Morgens am 27. war er auch hier
nicht mehr zu finden und erst am 31. wurde er auf‘ dem Rittergute
Cunnersdorf bei Gittersee eingefangen, wo er am Abend des 4. Septem-
ber’s, wahrscheinlich in Folge von Ermattung, und eingetretener Kälte
starb. — Er war demnach über acht Tage im Freien gewesen und
mochte sehr wenig Nahrung gefunden haben.
In einem benachbarten Orte hatte er durch’s offene Fenster bei einem
Auszügler-Paare einen Besuch abgestattet; man hielt ihn aber wegen
seines blutrothen Gefieders für einen Unglücks-Propheten und zwang ihn
mit Stecken, durch dasselbe Fenster wieder zu entfliehen. Hierdurch
erklärt sich seine spätere Schüchternheit, welche ihn abhielt, Fremden
sein Zutrauen zu schenken und sich ihnen zu nähern, um Futter zu
bekommen.
Durch die Güte des Chirurgus Ziegner in Kötzschenbroda wurde ich
von seiner Anwesenheit in Dresden, wohin man ihn gebracht hatte, in
Kenntniss gesetzt und da er zu meiner Verfügung gestellt war, so über-
nahm der geschickte Conservator Caroli die Mühe des Ausstopfens für
meine Sammlung. — In diesem Augenblicke steht das prachtvolle Thier
vor mir und ich gebe hier seine Beschreibung:
Grösse des Psittacus ochrocephalus Gmel. Linn., Kopf, Hals, Rücken,
Flügel, Schenkel nebst angrenzenden Unterkörper, oberer Theil des
Schwanzes schön carmoisinroth, Schultern und Flügelränder nebst Schwung-
federn schwarz mit blauem Anflug; über dem Nacken ein breites Band
von blauem Duft. — Derselbe Duft, welchen Buffon sehr passend mit
Dufte der reifen Pflaumen vergleicht, verbreitet sich von der Brust bis
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zwischen die Schenkel; allenthalben, vorzüglich an der Brust, schimmert
das ursprüngliche Roth durch.
Das Ende des Schwanzes, ungefähr ein Drittel der Länge desselben
betragend, ist dottergelb, sowie die Federn um den After. Auf der
untern Seite sind die Schwanzfedern eigentlich ganz gelb, nur schimmert
das Roth der obern Seite bedeutend durch.
Der Schnabel ist rein schwarz; Oberschnabel mit starkem Haken
und Kerbe versehen.
Augen braun mit hochgelber Iris.
Füsse aschgrau mit starkgekrümmten schwarzen’ Krallen.
Geschrei und Flug waren, als er von hier fortflog, rabenartig. —
Uebrigens werden die Loris sehr zahm und zeigen sich keineswegs un-
gelehrig. — Als Vaterland des Beschriebenen wird vorzüglich Ceylon
angegeben.
Nachschrift zu Turdus fuscilateralis Brehm.
Mitte August d. J. erhielt ich ein junges hier geschossenes Männ-
chen, welches sich von den drei Wachholderdrosseln, die ich noch lebend
besitze, bedeutend unterscheidet; es bietet nämlich von unten ganz den
Anblick der Misteldrossel (T. viscivorus L.) dar, indem Brust und Bauch
ohne Ausnahme mit dunkelbraunen Flecken übersäet sind; nur sind
diese mehr abgerundet, statt dass sie bei T. viscivorus grösstentheils
eine dreieckige Gestalt haben.
Oben sind, vorzüglich auf dem olivenbraunen Rücken die Schaft-
flecken noch vorhanden, aber sie erscheinen sehr blass.
Grösse und alles Uebrige, wie bei gewöhnlichen Wachholderdrosseln.
Hoflössnitz bei Dresden.
A. Dehne.
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Ornithologische Erinnerungen.
Von
A. Dehne.
Systematisch aufgeführt.
Aquila ossifraga Brisson. Der Seeadler.
Diesen schönen Adler habe ich in Penig ein Dutzend Jahre lebend
gehabt; in den letzten Jahren bekam er einen weissen Schwanz und
weisslichen Kopf; er war flügellahm geschossen, jedoch so hergestellt,
dass er sich ziemlich leicht in die Luft erheben konnte. Einst setzte
ich in seinen sehr geräumigen Käfig einen Fischadler (Pandion haliaötos)
und gab beiden reichliches Futter, fand aber dessen unerachtet am an-
dern Morgen den letztern zu meiner grossen Betrübniss zerrissen; der
Seeadler hatte sich in aller Frühe, ehe es bemerkt wurde, über sein
Opfer hergemacht. Ratten, welche häufig auf dem Hofe umherliefen
und durch seinen Frass herbeigelockt wurden, fing er öfter und ver--
zehrte sie mit Appetit. Er war ziemlich zahm und liess seinen lauten,
gellenden, aus wenigen einfachen Tönen bestehenden Ruf vorzüglich
dann vernehmen, wenn ihm Futter gebracht wurde. Wenn man ihn aus
seinem Behältnisse herausliess, um ihn besser beobachten zu können,
dann hatte man grosse Mühe, ihn zu bewältigen und wieder hinein zu
schaffen. Mit den Schwung- ‚und Schwanzfedern wechselte er alle zwei
Jahre so, dass er während der Mauser in jedem Jahre die Hälfte verlor.
Falco apivorus Linn. Wespenbussard. Pernis Cuv.
Drei junge beinahe ausgewachsene Wespenbussarde, welche ich in
Penig bekam, konnte ich nicht am Leben erhalten; sie wollten durchaus
keine Rindslunge und Fleisch annehmen und wurden auch durch das,
was man ihnen gewaltsam beibrachte, nicht hinreichend genährt; Wespen,
Hummeln, Käfer, Mäuse, Frösche frassen sie zwar begierig; aber es war
nicht möglich, diese in hinreichender Menge herbeizuschaffen, und so
starben sie nach wenigen Tagen. Ein altes Weibchen wurde mir von
einem Landmanne lebend überbracht; er hatte dasselbe beim Ausscharren -
eines Hummelnestes überrascht, bei welcher Beschäftigung bloss noch
der Schwanz über der Erde sichtbar gewesen war.
43
Falco peregrinus Linn. Weanderfalke.
Ein prachtvolles altes Weibchen, welches ich der Güte des Herrn
Hofrath Reichenbach verdankte, habe ich vom 26. Februar 1851 bis
zum 21. September 1852 lebend gehabt; es starb wahrscheinlich in Folge
des Genusses von kranker Rindslunge, denn es war vorher vollkommen
gesund und befand sich auch im schönsten Gefieder. Dieser herrliche
Vogel vom edelsten Anstande gefiel allgemein, und sein kluges, durch-
dringendes Auge erhöhete noch das Interesse, welches man an ihm
nahm, bedeutend. Unwillkührlich wurde man bei seinem Anblick an die
schöne Stelle in Dante’s divina Commedia. Paradiso canto XIX. vers. 34
bis 36 erinnert. |
„Quasi falcone ch’esce di capello,
Muove la testa, e con l’ale s’applaude,
Voglia mostrando, e facendosi bello.‘
In der Uebersetzung von Philalethes (K. H. Prinz Johann von Sachsen)
T. I. p. 260. |
„Dem Falken gleich, wenn er der Haub’ entkommen,
Das Haupt bewegt und mit den Schwingen Beifall sich schlägt,
Voll Lust sich und die Schönheit zeigend.‘“
Der Haken seines Schnabels erreichte oft eine unnatürliche Länge
"und mehremale brach er beim Zerreissen des Geflügels ab; er reprodu-
cirte sich aber bald wieder auf gleiche abnorme Weise. Nach jungen
Hühnern war er sehr lüstern und es kam mehreremal vor, dass er mit
Blitzesschnelle Gebrauch von seiner Fertigkeit im Fangen machte, wenn
sie sich unbesonnen seinem Käfig näherten oder gar durch die Latten
hineinhüpften. Seine Beute ihm zu entreissen, wäre vergeblich gewesen,
denn der erste Druck mit seinen kräftigen Fängen war hinreichend, ihr
das Lebenslicht auszublasen. — Im Februar 1850 bekam ich einen Wan-
derfalken, welcher im Hofe einer Mühle des Lössnitzgrundes mit solcher
Gewalt auf eine Henne gestossen war, dass er unvermögend, sich schnell
loszumachen, darauf getödtet wurde.
Falco subbuteo Linn. De Baumfalke.
Man kann diesen niedlichen, schön gezeichneten kleinen Falken
mit Sperlingen, Mäusen, Käfern, Heuschrecken u. drgl. sehr gut im Käfig
ernähren und er gewährt dann viel Unterhaltung. Ich bekam vor län-
44
gern Jahren ein im Muldenthale geschossenes Exemplar, welches den
ganzen Kropf voll grosser Riesenameisen (Formica herculeana Linn.)
ohne irgend eine andere animalische Substanz enthielt; es war eine
Masse vom Umfang eines Hühnereies; ein Beweis also, dass dieser Falke
in Ermangelung grösserer Thiere sich dem mühsamen Fange kleinerer
Insekten unterzieht, um seinen Hunger zu stillen.
Falco Tinnunculus Linn. Der Thurmfalke. Cerchneis Boje.
Unter den hiesigen kleinen Falken, wenn man ihn im Dunenkleide
aus dem Neste nimmt und aufzieht als Käfigvogel wegen seines zutrau-
lichen Benehmens und seiner Zahmheit einer der hübschesten. Ich hatte
einst einen mehrere Jahre in Penig, welcher frei herumflog, sich auf
die Giebel der Häuser setzte, Sperlinge fing und nachdem er oft stun-
denlang abwesend gewesen war, aus den entferntesten Staditheilen wie-
der in seinen Käfig zurückkehrte, — Oft sind mir weggeflogene nach
kurzer Abwesenheit wieder gebracht worden; leider werden aber noch
öfter solche zahme Vögel von unberufenen Schützen, da sie gar nicht
scheu sind, todtgeschossen.
Astur palumbarius Briss.. Taubenhabicht.
Aus der Nähe der Höllmühle bei Penig erhielt ich einst aus einem
sehr hoch auf einer Fichte befindlichen Horste die beiden Alten mit ihren
drei Jungen. Die Alten waren unter einem Fallnetze mit einer Taube
gefangen worden. Alle fünf waren verschieden gezeichnet, selbst die
drei Jungen hatten unter sich ein sehr unähnliches Colorit. — Nicht bloss
nach dem Alter und dem Geschlechte, sondern auch nach der Individua-
lität ist die Zeichnung und Farbe verschieden.
Ohne Geflügel und kleine Säugethiere ist es nicht möglich, Habichte
fortzubringen, und da ich nicht im Stande war, dergleichen in hinrei-
chender Menge herbeizuschaffen und sie mit Rindslunge zu füttern
versuchte, so starben sie binnen wenigen Tagen sämmtlich. Dasselbe
gilt von dem Sperber, Nisus Cuv.
Strix dasypus Bechstein. Das rauchfüssige Käutzchen.
Ein nettes, possirliches Käutzchen. Ich habe es nur einmal in’Penig
lebend bekommen, wo es im dichten Nadelholze von einem Knaben mit
45
den Händen gefangen wurde. Es eignet sich, wie das gewöhnliche
kleine Käutzchen (Strix Noctua Retz.) vorzugsweise zum Halten im
Käfig, indem es ungemein zahm wird.
Strix flammea Linn. Sschleierkautz.
Wenn man ihn vom Dunenkleide an aufzieht, welches durch Füttern
mit Mäusen, Sperlingen u. drgl., im Nothfalle auch Fleisch, sehr leicht
ist, so wird er zuletzt so zahm, dass er aus- und einfliegt. — Bekannt-
lich nistet er oft in Taubenschlägen, ohne die Tauben zu beunruhigen;
diese zeigen auch nicht die geringste Furcht vor ihm. Hierdurch erin-
nert er an den Prairiekautz (Noctua cunicularia), welcher friedlich mit
dem amerikanischen Murmelthiere und andern grossen Nagern in deren
Colonieen und Höhlen lebt.
Ich habe die prächtige Schleiereule, deren Farben- und zarter Fe-
derschmuck mit Nichts zu vergleichen ist, sehr oft lebend gehabt. Sie
gewährt durch ihre geheimnissvollen, affenartigen Bewegungen, durch
ihre sonderbaren Kopfwendungen, ihr Blinzeln mit den Augen u. s. w.
sehr viel Unterhaltung. Fliegt sie im Winter: aufgeschreckt von unge-
fähr in den Schnee, dann wird sie geblendet und man kann sie mit den
Händen ergreifen.
Merkwürdig ist es, dass alt eingefangene oft augenblicklich fressen,
andere Individuen dagegen hartnäckig alle vorgeworfene Nahrung ver-
schmähen und endlich Hungers sterben. Diese Erfahrung habe ich meh-
reremal gemacht.
Syınium Aluco Boje. Der Nachtbaumkautz.
Ich habe ihn oft lebendig gehabt; er wird ziemlich zahm und gibt,
wenn man ihm eine Maus oder einen Sperling bringt, seine Freude durch
ein zutrauliches Girren zu erkennen. Seine Wohlthäter kennt er genau;
gern lässt er sich von ihnen streicheln; kommt ein Fremder, oder nähert
sich ihm ein Hund oder ein anderes Thier, dann knackt er nach Eulen-
art mit dem Schnabel. Nachts lässt er seine ‚weit hörbare Stimme oft
ertönen. Am Tage sitzt er gewöhnlich, wie im tiefen Nachdenken ver-
sunken, stundenlang bewegungslos und mit den Augen blinzelnd im Käfig;
verdriesslich ist ihm dann jedwede Störung seiner Ruhe. Erregt irgend
Etwas seine besondere Aufmerksamkeit, dann streckt er den Kopf weit
46
vor, fixirt den Gegenstand unter den lächerlichsten Bewegungen und
beruhigt sich, nachdem er ihn gefahrlos befunden hat,
Bubo maximus Cuv. Der Uhu.
Eine majestätische Eule mit dem edelsten Anstande; ernst, sich um
die Aussenwelt wenig bekümmernd, sitzt sie völlig aufrecht in ihrem
Verschlage; ihr schönes grosses Auge mit safrangelber Iris ist auch am
Tage nicht unthätig. und ziemlich deutlich sieht sie Alles, was sich
ihr nähert.
Wohl sechs Jahre habe ich einen männlichen Uhu lebend gehabt;
er war jung aufgezogen und ganz zahm. Nachts rief er häufig voll-
kommen deutlich sein langgedehntes weit schallendes Uhu—u—u—u. —
Um ihn bei guter Gesundheit zu erhalten, ist es unumgänglich nothwen-
dig, wenigstens wöchentlich ein Paarmal für frisches Geflügel oder Säuge-
thiere, Krähen, Elstern, Kaninchen, Hamster, Ratten u. drgl. zu sorgen.
Bei Rindfleisch und Rindslunge allein lebt er nicht lange, frisst zuletzt
wenig, magert ab und stirbt allmählig dahin. — Auch von der mittlern
Ohreule (Strix Otus, Linn.) gilt das Letztere.
(Fortsetzung folgt.)
Eine kurze Schilderung der Kleider der europäischen
Falken und anderer Raubvögel.
Von
L. Brelm.
Im vorletzten Hefte der Naumannia habe ich eine kurze Abhandlung
über Species et Subspecies gegeben, welche mir die Verpflichtung auf-
legt, das in ihr Behauptete weiter auszuführen und durch Thatsachen zu
beweisen. Dies glaube ich am Besten bewirken zu können, wenn ich
kurze Schilderungen der europäischen Vögel hier mittheile. So mag
denn eine solche von den grössern europäischen und anderer ihnen sehr
ähnlicher Falken hier folgen; die Fortsetzung wird bald gegeben werden.
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‘Der Falke. Falco, Linn.
Die eigentlichen grossen Falken haben kein mittleres Kleid, son-
dern bekommen nach der ersten vollständigen Mauser, welche im zwei-
ten Herbste des Lebens vollendet wird, ihr ausgefärbtes Kleid und
sind auch im dritten Jahre zeugungsfähig, werden nur mit zunehmendem
Alter merklich schöner, verändern sich aber nicht wesentlich.
Mehrere kleine Falken machen aber von dieser Regel eine Aus-
nahme; denn sie vermausern während des ersten Winters ihres
Lebens alle kleinen Federn, wie wir sehen werden, stossen also
Schlegels Behauptung, dass die jungen Vögel im ersten Lebens-
jahre ihr Gefieder nicht wechselten, sondern das ausge-
färbte Kleid durch blosse Farbenveränderung der Federn
und durch Fortwachsen der schon lange gestandenen erhiel-
ten, gänzlich um,
I. Der Schlachtfalke. Falco lanarius, Linn.
Das Jugendkleid. Dieser Vogel steht in Gestalt und Zeichnung
zwischen den Edel- und eigentlichen Falken mitten inne, und dies
zeigt sein ‘Gefieder in jedem Alter. Der junge Vogel ähnelt dem is-
ländischen Edelfalken auf dem Kopfe und Vorderkörper, übrigens dem
Wanderfalken. Der Kopf ist weissgelblich und wie der gelblichweisse
Nacken mit braunen Längeflecken besetzt. Der übrige Oberkörper braun
mit rostfarbigen deutlichen Federrändern ; die tiefbraunen Schwungfedern
haben auf der innern Fahne hellrostfarbige und rostgelbliche Querflecken,
" welche nach hinten zu abnehmen und an den hintern ganz fehlen. Der
Unterflügel ist schwarzgrau mit den rostgelblichen Querflecken des Ober-
flügels. Die längsten Unterflügeldeckfedern sind grauschwarz , mit rost-
gelblichen Querflecken, die andern Unterflügeldeckfedern sehr tiefbraun
mit blass rostgelblichen Kanten und Seitenflecken, die Flügelkante und
ein Streif neben ihr blassgelblich mit braunen Längeflecken; die braunen,
aschgrau überflogenen Steuerfedern haben, die beiden mittlern ausge-
nommen, auf der innern Fahne 8 rostfarbige Querflecken, auf der äus-
sern einige solcher Augen, d. h. rundliche Flecken. Die Kehle und die
Kopfseiten sind weisslich, die braunschwarzen Backenstreifen kurz und
schmal, der übrige Unterkörper ist weisslich, nach unten gelblichweiss
mit braunen Längeflecken, welche an den Seiten so gross werden, dass
das Gelbliche nur in einer Kante an dem Braun bemerkbar ist und die-
ses die Seiten bedeckt, —
48
Es gibt junge Schlachtfalken, bei denen die braunen Flecken
des Vorderkörpers viel kleiner sind und desswegen einzelner stehen und
auch die Seiten nicht bedecken. S. Susemühls Vögel Taf. 7a. 2.
Im zweiten Lebensjahre vermausert dieser Falke alle seine Federn
und erscheint dann im zweiten Herbste seines Lebens in
dem ausgefärbten Kleide. Der Oberkörper ist braun mit mehr
oder weniger deutlichen rostgelblichen Federrändern, der Kopf weisslich
oder hellrostgelblich, dunkler gestreift, der Unterkörper rostgelblich mit
schmalen braunen Backenstreifen und Längeflecken. Das ausgefärbte
Kleid ändert so sehr ab, dass es wahrscheinlich 2 verschiedenen Falken-
arten angehört.
1) Der Krähenfalke (Wanderfalke). Falco cornicum, Brm. (Falco
communis, Linn. Falco peregrinus, auct.)
Jugendkleid. Der Schnabel, die Wachs- und Augenhaut sind
hornblau, die Fusshaut perlfarben, in’s Gelbliche ziehend; der Oberkörper _
schieferschwarz, bläulich überlaufen, mit rostrothen Kanten, der rostgelbe
Unterkörper mit schwarzen, schwarzblau überlaufenen Längeflecken. Der
Unterflügel ist grauschwarz, mit rostfarbigen Querflecken auf der innern
Fahne der Schwingen; die längsten Unterflügeldeckfedern schieferfarben,
mit rostrothen Querflecken, die übrigen sind braun, mit rostgel-
ben Querflecken. Das ist das schöne Kleid des eben ausge-
flogenen Falken. Es verändert sich aber bald und hat schon im An-
fange des Oktober folgende Farben :
Die Wachs- und Fusshaut ist gelblich, der Oberkörper braun mit
roströthlichgrauen Federkanten, der Unterkörper weissgelblich mit braunen r
Längeflecken. Das Weibchen hat eine weniger schöne Zeichnung als
das Männchen. Bei Beiden sind die Backenstreifen gross und
wie die Stelle unter den Augen weit herab schwarz.
Dieses Kleid wird den Herbst und Winter über getragen, oft ohne
dass eine Feder gewechselt würde; allein im Frühjahre beginnt die
Mauser, — ein am 27. April 1817 hier geschossenes Weibchen unserer
Sammlung zeigt auf dem Ober- und Unterkörper schon viele Federn
des ausgefärbten Kleides, — dauert den ganzen Sommer hindurch
fort und bringt unserem Krähenfalken sein schön ausgefärbtes
Kleid. Der Oberkörper ist tief schieferblau, mit dunklern Querbinden,
auf dem Kopf und Nacken rein schieferschwarz, an dem Vorderkörper
rostlehmfarbengelb, auf dem Bauche und an den Seiten in’s Hellasch-
graue fallend, mit sehr grossen, besonders breiten, schwarzen
49
Backenstreifen und breitem, schwarzem Felde unter den
Augen, auf dem Kropfe mit schwarzen Längeflecken, welche bald
Querflecken, auf dem Bauche, an den Seiten und Schienbei-
nen aber Querbinden werden. Der grauschwarze Unterflügel hat
rostgelbliche Querflecken an den Schwingen und längsten Unterflügel-
deckfedern, die übrigen der letztern sind graulichweiss mit schönen
schwärzlichen Querbinden ziemlich dicht besetzt. Länge 16”
bis 19, |
2) Der nordische Wanderfalke. Falco griseiventris, Brm.
(Falco peregrinus, Linn.) |
Dieser Falke ist kaum kleiner als Nr. 4, und wenn nicht Species,
doch jedenfalls eine interessante Subspecies, welche sich in beiden Klei-
dern von dem vorhergehenden unterscheidet und eine kurze Beschreibung
verdient.
Das Jugendkleid ist viel dunkler als bei Nr. 4, oben schwarz-
braun mit schmalen rostgrauen Federrändern, der Unterkörper weiss-
lich mit braunschwarzen Längeflecken, der Unterflügel matt-
schwarz mit deutlichen hellrostfarbigen oder rostgelblichen Querbinden,
welche auch an den längsten schwarzgrauen Unterflügeldeckfedern sichtbar
sind; die übrigen Unterflügeldeckfedern sind braunschwarz,
nicht braun, mit weisslichen Querbinden und Spitzenkanten.
Wie bei Nr. 1, geht bei unserem Falken die Verwandlung des Ju-
gendkleides im zweiten Lebensjahre in das ausgefärbte vor sich.
Dieses ist sehr schön, auf dem Oberkörper blauer, als bei Nr. 1. Der
Unterflügel an seinen Unterflügeldeckfedern sanft hellaschgrau in’s
Weissliche mit sehr schönen schwarzen Querbinden. Der Unterkörper
ist viel lichter, als bei Nr. 1, bis zur Brust blassgelb oder weisslich,
grau überflogen, was nach und nach in ein gelbliches, an den Seiten
reines Aschgrau übergeht und viel zarter schwärzlich gefleckt und ge-,
bändert ist, als bei Nr. 4. Bei recht alten Vögeln, wie bei einem am
24. Oktober 1826 im Orlthale geschossenen Männchen unserer Samm-
lung, werden die schwärzlichen Flecken so klein, dass sie überall selbst
an den Hosen nur pfeil- und herzförmig sind und nur an den Seiten
noch Querbinden bilden. Die ausgefärbten Weibchen sind auf dem
Oberkörper dunkler, -auf dem untern mehr gelb und stärker gebändert,
als die alten Männchen. Die schwarzen Backenstreifen sind sehr gross
und die Wangen oft ganz schwarz oder schieferfarben. Dies ist der
Naumannia. 1854. 4
50
eigentliche Falco peregrinus, Linn., denn er lebt in Schweden und kommt
von da nach Deutschland, aber schwerlich nach Afrika.
3) Der kleine Wanderfalke (Tannenfalke). Falco abietinus,
Bechst. (Falco peregrinus, Linn.)
Ob ich gleich glaube, dass Bechstein unter dem oben stehenden
Namen das Männchen des Wanderfalken beschrieben hat, behalte ich
ihn doch bei, um nicht einen neuen in das System zu bringen. Dieser
Falke unterscheidet sich auf den ersten Blick von den beiden vorher-
gehenden durch die viel geringere Grösse. Sein Männchen ist nur
14" 6° lang und 33" breit, also 1% kürzer und 21,“ weniger breit,
als Nr, 1. Auch seine Zeichnung: ist anders.
Das Jugendkleid ähnelt dem von Nr. 1, allein auf dem Nacken
stehen mehr weissliche Federn. Die rostfarbigen Federkanten sind sehr
deutlich, der Unterkörper ist höher rostgelb gefärbt und seine schwarz-
braunen Längeflecken sind viel schmäler, als bei diesem und bei Nr. 2;
auch die Unterflügeldeckfedern sind viel heller, denn sie
sind rostbraun und braun in die Quere gestreift. Dies ist die
Zeichnung des Männchens. |
Das junge Weibchen ist etwas dunkler, als das Männchen,
was sich besonders an den Unterflügeldeckfedern und an den Längeflecken
des blässern Unterkörpers zeigt.
Dieser Falke beginnt schon im Herbste seine Mauser und setzt sie
im ‚Winter fort — ein am 22. November 1833 im Rodathale geschos-
senes junges Männchen zeigt schon am untern Vorderhalse, wie an
der Ober- und Unterbrust Federn des ausgefärbten Kleides, noch
mehr ein am 412. Januar 1848 bei Sandersleben erlegtes Weibchen —
und vollendet sie während des Sommers, so dass auch er im zweiten
Herbste seines Lebens sein
ausgefärbtes Kleid trägt. Dieses ist sehr schön, auf dem Ober-
körper dem der vorhergehenden ähnlich, aber beim Weibchen stärker
gefleckt und mit hellern Federkanten versehen und auf dem Unterkörper
höher gefärbt. Während bei Nr. 2 ein helles Aschgrau auf ihm herr-
schend ist, zeigt sich bei unserem Falken ein sehr schönes Rostgelb,
welches beim Männchen besonders auf der Brust sehr hoch, auf dem
Bauche etwas mit Aschgrau überflogen, auch bei dem Weibchen be-
sonders an der Brust sehr sichtbar und bei beiden mit kleinen schwar-
zen, herzförmigen und Querflecken, an den Seiten mit solchen Quer-
7
51
flecken besetzt ist. Der Unterflügel ist au seinen blassrostgelben Deck-
federn wie bei Nr. 2, also mehr als bei Nr. 1, gebändert.
Die schwarzen Backenstreifen sind gross und ragen
weit über die grossentheils dunkeln Backen herab.
4) Der weisswangige Wanderfalke. Falco leuco-genys, Brm.
Der Backenstreifen ist schmal, die Stelle hinter ihm un-
ter dem Auge grossentheils oder ganz weiss.
Dieser Falke nähert sich durch seinen schmalen Backenstreifen
und seine hellen Wangen dem Falco Feldeggii so sehr, dass sein Männ-
chen im Jugendkleide von dem Weibchen des letztern in demselben sehr
schwer zu unterscheiden ist. Desswegen ist es nothwendig, beide ge-
nau kennen zu lernen.
Das Jugendkleid des Männchens. Der Oberkörper ist dunkel-
braun mit schmalen rostgrauen Federrändern, welche sehr bald verschiessen
und dann grau erscheinen; auf dem Oberkopfe sind diese Kanten
deutlicher und bilden eine helle Schattirung auf dunkelm Grunde.
Hinter den Augen befindet sich ein wenig bemerkbarer rost-
gelblicher Streif, der sich kaum erkennbar an dem Hinter-
kopfe herumzieht und auch bei .Nr. 3 angedeutet ist. Unter ihm
stehen mehrere rostgelbliche, braun gestreifte Federn. Die Unterflügel-
deckfedern sind braun und weisslich unter einander gefleckt und gestreift.
Der Unterkörper ist weisslich mit sehr schmalen braunen
Längeflecken, welche, wie bei Nr..3 und 1, unten an den Seiten
Querstreifen werden. Die braunschwarzen Backenstreifen sind
schmal, die Stelle hinter ihnen unter den Augen ist weiss-
lich. Das Weibchen ist etwas dunkler, hat ein wenig Grau unter dem
Auge und auf dem Unterkörper grössere braune Längeflecken.
Dieser Falke beginnt und vollendet seine erste Mauser wie die vor-
hergehenden und bekommt gewöhnlich, doch nicht immer, im zweiten
Herbste sein vollendetes ausgefärbtes Kleid. Ein am 28. Oktober
1825 im Saalthale geschossenes Männchen trägt es noch nicht vollstän-
dig, denn es hat noch im Flügel einige Schwung- und Deckfedern und
im Schwanze noch einige Steuerfedern vom J ugendkleide.
Das ausgefärbte Kleid unterscheidet sich von dem aller. vor-
hergehenden im männlichen Geschlechte durch den stark gebän-
derten Oberkörper, die rostfarbigen Flecken an den Seiten des
Nackens, den gelblichweissen, mit kleinen Flecken, die an den
Seiten und Schienbeinen Querbinden werden, besetzten Unterkörper, den
A*
52
stark rostgelblich gebänderten Unterflügel und die weissen, mit weit
von einander abstehenden schwarzen Querbinden besetzten
Unterflügeldeckfedern. Das Hauptkennzeichen sind aber
die schmalen, schwarzen Backenstreifen und die grossen-
theils weissen Wangen.
Das Weibchen ist auf dem Oberkörper weniger deutlich gebän-
dert, als das Männchen, und hat bei gleicher Farbe und Zeichnung
des Unterkörpers gewöhnlich einen schmalen dunkeln Streifen unter den
Augen. Den jungen Vogel dieser Art finden wir bei Susemihl Taf. 8.
Fig. 2.
Bemerken muss ich noch, dass diese sehr genaue Beschreibung der
verschiedenen Wanderfalken nach 20 auserlesenen Stücken unserer
Sammlung entworfen ist. Ein merkwürdiger Umstand ist der, dass die
jungen Wanderfalken, welche am Menzaleh-See bei Damiette, wo
sie sehr reichliche Nahrung haben, überwintern, im Frühjahre in der
Mauser am meisten zurück sind. Ein solches Weibchen von Nr. 4,
das am 4. April 1849 dort geschossen ist, hat bei sehr verbleichtem
Gefieder noch keine einzige Feder erneuert.
Ich bin überzeugt, dass die unsern Wanderfalken ähnlichen Falken
des Auslandes, wie der amerikanische, der neuholländische und ostin-
dische, eine ähnliche Verwandlung des Jugendkleides in das aus-
gefärbte zeigen werden; doch fehlen mir die Belege zu dieser Ver-
muthung. — Dass übrigens der Federwechsel der Alten sich oft sehr
weit hinauszieht und mit dem Brutgeschäfte in gewissem Verhältnisse
steht, leidet keinen Zweifel. Ein altes Weibchen von Nr. 2 in unserer
Sammlung, das am 20. April 1832 am Friessnitzer See geschossen wurde,
mausert am Vorderkörper; es hatte aber auch keinen entwickelten Eier-
stock und keinen Brutflecken, war also jenes Jahr ungepaart geblieben.
Manche Naturforscher werden vielleicht sagen, die vorstehenden
vier verschiedenen eben beschriebenen Wanderfalken — ob man sie
als Species oder Subspecies betrachten will, gilt mir gleich — seien
Altersverschiedenheit eines und desselben Vogels. Dagegen bemerke
ich, dass unsere Sammlung von allen diesen vier verschiedenen
Wanderfalken Junge besitzt, welche den Uebergang in das ausge-
färbte Kleid dieser verschiedenen Falken deutlich zeigen.
Feldeggs Falke. Falco Feldeggii, auct. (F. peregrinoides, Temm.)
Das Jugendkleid dieses Falken hat mit dem des zunächst vor-
u
53
hergehenden so grosse Aehnlichkeit, dass das Weibchen in demselben
mit dem Männchen von Falco leuco-genys zu verwechseln ist. Das
junge Männchen. Der Oberkopf ist braun mit rostgelben Federrän-
dern, die Stirn und ein Streif hinter den Augen, welcher
sich um den Hinterkopf herumzieht blassrostgelb mit
braunen Schaftstreifen. Unter diesem Streifen steht ein bräunli-
cher Flecken, und unter diesem sind die Nackenfedern blassrostgelb mit
braunen Schaft- und Spitzenflecken. Der übrige-Oberkörper ist braun
mit rostfarbenen Federkanten; die in’s Schwarzgraue ziehenden Schwung-
federn sind auf der innern Fahne mit rostgelben Querflecken besetzt,
von denen sich bei denen zweiter Ordnung aych. auf der äussern eine
Andeutung zeigt, die untere Seite der Schwingen und die längsten Un-
terflügeldeckfedern sind schwarzgrau mit hellrostfarbigen Querbinden;
die übrigen Unterflügeldeckfedern braun mit weissgelblichen breiten
Spitzenkanten, zu denen bei den grössern noch solche Querflecken kom-
men; der braune Schwanz ist aschgrau überflogen und hat 6 bis 7 rost-
farbige Querbinden; der Unterkörper ist weissgelblich, an der Unterbrust
dunkler, mit schmalen schwarzbraunen Backenstreifen, an dem Vorder:
halse und Bauche ungefleckt, übrigens mit schmalen braunen Längeflecken,
welche an den Seiten Querflecken werden.
Das junge Weibchen ist auf dem Oberkörper dunkler als das
Männchen, und hat hinter den Augen und am Nacken einen weniger
deutlichen weisslichgelben Streifen — die Federn an ihm haben breite
schwarzbraune Schaftflecken, der Schwanz zeigt auch eine helle Binde
mehr, der Unterflügel blässere Querbinden und das Braun der Unter-
flügeldeckfedern tritt mehr hervor, auch sind die schwärzlichen Backen-
streifen etwas grösser, als beim Männchen. Dieses Weibchen unter-
scheidet sich von dem gleich alten Männchen des Falco leuco-genys
4) durch eine hellere Zeichnung längs des Oberkopfs,
welche durch die blassrostgelben Federkanten gebildet wird, 2) durch
die hellere Nackenzeichnung, 3) durch die hellern Unter-
flügeldeckfedern, welche in einem breiten Streifen unter dem Hand-
gelenke herab dachziegelartig über einanderliegen und 5 bis 6 braune
und weissliche Bogen übereinander bilden, und 4) durch
die bedeutendere Grösse, welche deutlich hervortritt, wenn man
beide Falken neben einander stellt. Dieses Jugendkleid erleidet
schon während des Winters eine bedeutende Veränderung durch Ver-
bleichen und Abnutzung der Federn; allein auch die erste Mauser tritt
54
bald ein, welche diesem Falken bis zum nächsten Herbst sein ausge-
färbtes Kleid bringt.
Ein am 17. Mai 1848 in Kordofan bei Melpess geschossenes ein-
jähriges Weibchen sieht so aus: der ganze Oberkörper ist erdbraun,
auf dem Kopfe und Oberrücken dunkelbraun, der hinter den Augen
anfangende, um den Hinterkopf sich herumziehende, hier aber wenig
bemerkbare Streifen ist hochrostroth mit braunen Schäften; auf jeder
Seite des Nackens steht ein sehr deutlicher hochrostrother,
braun gestreifter Flecken; der Unterflügel zeigt die Zeichnung
des Jugendkleides, aber abgeschossen und verbleicht; der Unterkörper
hat alte, ganz verschossene Federn des Jugendkleides und viele neue
des ausgefärbten; diese sind bis zur Brust auch am Bauche und
After rostgelb, ungetleckt, übrigens rostgelblich lehmfarben mit rundli-
chen und herzförmigen braunen Fleckchen besetzt. In jedem Flügel sind
drei frische Schwungfedern des ausgefärbten Kleides schon hervor-
gewachsen, aber die Steuerfedern sind alle noch vom Jugendkleide her.
Das ausgefärbte Kleid *). Der Oberkörper ist aschfarben-schie-
ferblau mit schwärzlichen Flecken, auf dem Hinterkopfe und Nacken
rostfarben, dunkler gestreift, an den schieferschwarzen Schwungfedern
auf der innern Fahne mit rostfarbenen Querflecken; der Schwanz ist schie-
ferblau und schwarz gebändert, nach aussen hin lichter mit gelblicher
Spitzenkante; der Unterkörper hat zwei schmale, kurze schwärzliche
Backenstriche und auf rostlehmgelbem Grunde mehr oder weniger schwärz-
liche Striche, längliche und herzförmige Flecken. Diese sind beim Weib:
chen — siehe Susemihl Taf. 8, a. — häufiger und grösser, als beim
Männchen; ja es gibt recht alte Männchen, welche sie gar nicht,
oder nur eine Andeutung davon haben. Noch muss ich bemerken, dass
ich Feldeggs Falken mit ganz rostrothem Oberkopfe, wie ihn Suse-
mihl auf Taf. 8 abbildet, noch nicht gesehen habe.
Die afrikanischen Falken, welche Feldeggs Falken nahe
stehen, zeichnen sich von ihm und allen europäischen Verwandten da-
durch sehr aus, dass sie längere Fusswurzeln haben; denn diese sind
länger als die Mittelzehe, während bei den europäischen
und Feldeggs Falken der umgekehrte Fall stattfindet.
Wir besitzen von ihnen folgende zwei Arten.
*) Ich gebe jetzt von diesem und von dem ausgefärbten Kleide der verwandten
Falken nur eine kurze Beschreibung, behalte mir aber vor, eine vollständige mit-
zutheilen.
55
»
Der rothköpfige Falke, Falco biarmicus, auct. (Falco peregri-
noides? Temm.)
Das Jugendkleid. Der Oberkörper ist düster braun mit wenig
vortretenden rostfarbigen Federrändern, die Stirn und ein Streif über
den Augen ist rostgelblich, einer hinter ihnen schwarz, der Hinterkopf
und Nacken hellrostfarben mit schwarzbraunen Längestreifen, welche auf
dem Nacken sehr schmal sind; die schwarzbraunen Schwungfedern haben
bis zur elften hellrostfarbige Querflecken; der Unterflügel ist schwarz-
grau bis zur elften Schwung- und an seinen längsten vordern Deck-
‘federn mit hellrostfarbigen Querflecken, die übrigen Unterflügeldeckfe-
dern sind braun, mit blassgelben Federrändern,, rundlichen und Quer-
flecken, welche aber nicht sehr hervortreten, weswegen die Zeichnung
des Unterflügels sehr dunkel erscheint. Der braune Schwanz hat eine
hellgelbe Spitzenkante und rostfarbige Querflecken, welche 8, auf den
beiden mittlern Steuerfedern aber nur 3 Querbinden bilden. Der weiss-
liche, auf der Brust gelblich überflogene Unterkörper hat kleine schwarze
Backenstreifen und vom Kopfe an schwarzbraune Längeflecken, welche
an den Seiten fast die ganzen Federn einnehmen, an den Schienbeinen
aber schmal sind und am Unterbauche nur als Schaftstriche erscheinen.
Dieses Kleid geht wie bei F. Feldeggii in das ausgefärbte über,
ein im December 1850 am blauen Nil erlegtes Weibchen im ersten Win-
ter seines Lebens zeigt schon deutliche Spuren des ausgefärbten
Kleides.
In ihm ist der Stirnanfang gelblich, die Stirn selbst und der Vor-
derkopf schieferschwarz, der Hinterkopf und Nacken hellrostfarbig mit
schwärzlichen Schaftstrichen, der übrige Oberkörper schieferbläulich mit
schwarzen Querbinden. Die Schwungfedern erster Ordnung sind schwärz-
lich mit rostfarben- und grauweissen Querflecken auf der innern Fahne,
die der zweiten Ordnung schwärzlich mit schieferblauen Querbinden auf
der äussern Fahne, alle mit hellen Spitzenkanten; der Unterflügel ist
‚schwärzlich mit grauweissen Querbinden an den Schwungfedern erster
Ordnung; die Unterflügeldeckfedern sind gelblich, die längsten mit matt-
schwarzen Querbinden, die andern mit dunkelschwarzen, herzförmigen
Länge- und Querflecken. Der Schwanz und seine obern Deckfedern
sind schön aschgraublau mit 12 bis 13 schmalen, schwarzen Querbinden,
von denen die vorderste die Breiteste ist, und rostgelber Spitze. Auf
der innern Fahne sind diese Steuerfedern lichter — sie ziehen in's
Rostfarbene oder Rostfarbenweisse — und wenn sie eine Weile gestanden
56
haben, bekommen sie eine hellgraue oder gelblichgraue Grundfarbe,
gegen welche dann die schwarzen Binden sehr abstechen. Auch die
Schwung- und ihre obern Deckfedern verschiessen so, dass die schiefer-
blauen Querbinden auf der äussern Fahne grau erscheinen. Der Unter-
körper ist gelblich, heller oder dunkler, nachdem die Federn längere
oder kürzere Zeit gestanden haben, hat vor dem Auge einen schwärz-
lichen Flecken, einen schwarzen kurzen Backenstreifen und auf dem
Bauche, an den Seiten und Unterschwanzdeckfedern dunkle Fleckchen
von sehr verschiedener Gestalt. Oben sind sie herzförmig, weiter herab
breiten sie sich aus und werden Querflecken und Querbinden, am Bauche
und an den Unterschwanzdeckfedern sind sie Schaftstreifchen, bilden an
den letztern aber auch blaugraue Querflecken.
Bei dem Weibchen sind diese dunkeln Flecken häufiger und
grösser, als bei dem Männchen; je älter die Vögel sind, desto kleiner
erscheinen sie; ja es gibt ganz alte Männchen, bei denen sie kaum
sichtbar sind. Siehe Susemihls Abbildung, Taf. 9. Fig. 1, an welcher
aber der dunkle Streifen hinter dem Auge fehlt und der Schwanz viel
zu wenig dunkle Binden hat.
Dem eben beschriebenen Falken sehr ähnlich ist ein anderer afri-
kanischer, welcher sich aber recht gut, wie der zunächst vorhergehende
zuweilen nach Europa verirren kann. Es ist
der rostgelbrothköpfige Falke. Falco tanypterus, auct.*)
Er ist in allen Kleidern dem zunächst vorhergehenden sehr ähnlich,
und deswegen oft mit ihm verwechselt worden, was um so weniger zu
verwundern ist, je seltener die meisten Ornithologen Gelegenheit haben,
mehrere von diesen in den europäischen Sammlungen einzelnen Vögeln
mit einander zu vergleichen,
Jetzt gebe ich nur das nothwendigste über diesen Falken; künftig
soll er eine sorgfältig ausgeführte Beschreibung erhalten.
Das Jugendkleid. Das Männchen. Der Stirnanfang ist gelb-
lichweiss mit schwärzlichen Schaftstrichen; die Hinterstirn schwarz, was
auch den Scheitel zum Theil mit einnimmt; der Hinterkopf und Nacken
hochrostfarben, im Nacken mit einem schwarzen Querflecken; auch ziehen
sich schwärzliche Schaftstriche vom Scheitel in das Rostfarbige herein;
ein sehr breiter schwarzer Streifen läuft hinter dem Auge
*) Wenn ich mich nicht irre, steht er schon sehr frühe, von Lichtenstein be-
stimmt, unter diesem Namen im Berliner Museum, so dass diesem grossen Natur-
forscher die Ehre, ihn entdeckt zu haben, gebührt.
57
nach den Schultern herab; der übrige Oberkörper ist schwarzbraun
nur mit einer Spur von hellern Federrändern, welche auf
dem Unterrücken ganz fehlt. Die braunschwarzen Schwungfedern
haben bis zur elften auf der innern Fahne rostfarbige Querflecken; der-
grauschwarze Unterflügel zeigt an seinen 41 vordersten Schwung- und
grössten Deckfedern blassgelbe Querflecken, die übrigen Unterflügeldeck-
federn sind schwarzbraun, viel dunkler, als bei F. biarmicus, mit rost-
gelben Spitzenkanten und Seitenflecken. Der schwarzbraune Schwanz
hat, die beiden mittelsten Steuerfedern ausgenommen, 7 bis 9 hellrost-
farbige Querbinden und ein gelbes Spitzenband; auch die längsten Ober-
schwanzdeckfedern zeigen einen gelben Spitzensaum. Der gelblichweisse
von der Brust an rostgelbe Unterkörper hat vor dem Auge einen schwärz-
lichen Flecken, welcher sich unter demselben nach hinten zieht und in
einen kurzen, aber deutlichen Backenstreifen ausläuft. Er ist von dem
Kopfe an mit grossen schwarzen, fast die ganze Feder ein-
nehmenden Längeflecken, bedeckt, welche ihm eine dunklere
Zeichnung geben, als irgend ein vorhergehender Falke hat. Am Unter-
bauche und an den Schienbeinen werden diese Flecken schmal und an
den Unterschwanzdeckfedern sind sie nur als Schaftstreifen zu sehen.
Das Weibchen. ähnelt auf dem Oberkörper dem Männchen
sehr; doch ist der ganze Hinterkopf und Nacken schwarz gestreift, die
Unterflügeldeckfedern sind stärker gefleckt, aber die schwarzen Länge-
flecken auf dem Vorderkörper sind schmäler und lassen desswegen mehr
von dem rostgelben Grunde desselben sehen; nur die Unterschwanzdeck-
federn sind stärker gefleckt, als beim Männchen.
Dieses Jugendkleid unterscheidet sich wesentlich von dem des
F. biarmicus 4) durch den schwärzern Vorderkopf, 2) den
schmälern schwarzen Streifen hinter den Augen, 3) den
fast gänzlichen Mangel der hellern Federränder auf dem
Oberkörper, 4) den dunklern Unterflügel, 5) den viel dunk-
‚lern Unterkörper und 6) die bedeutendere Grösse. Ueber-
haupt ist Falco tanypterus ein weit mehr ausgebildeter Vogel, als Falco
biarmicus. _Diess zeigt sich auch
im ausgefärbten Kleide. Ueber dieses für jetzt nur so viel,
dass die Falken, welche es tragen, nicht nur grösser, sondern auch
viel schöner, als Falco biarmicus sind, einen weit mehr gebän-
derten, mit rostfarbigen Querbinden durchzogenen, Oberkörper haben,
sich aber wesentlich von ihnen durch den ganz rostgelbrothen oder
58
sehr hellrostfarbigen Oberkopf, der auf der Hinterstirn und dem
Vorderscheitel bei Falco biarmicus schieferschwarz ist, unterscheiden.
Der Nackenfalke. Falco cervicalis*), Lichtenstein et Brehm.
(Falco peregrinoides? auct.)
Dieser schöne Falke hat die Grösse unseres nordischen Wan-
derfalken, des Falco griseiventris, und ist bedeutend kleiner, als Falco
hiarmicus, aber viel grösser, als Falco Feldeggii; denn seine Länge be-
trägt 15° bis 18%. Er gehört zu den Falken, bei denen die Fuss-
wurzel länger ist, als die Mittelzehe — dasselbe finden wir bei Falco
biarmieus tanypterus — und zeichnet sich vor allen vorhergehenden
durch die Kürze seiner Zehen aus. Am meisten fällt diese Verschieden-
heit der Fusswurzel und Zehen in die Augen, wenn man die Füsse
unseres Nackenfalken mit denen von Falco Feldeggii vergleicht.
Dieses Kennzeichen ist um so wichtiger, weil es auch die Unterschei-
dung der einander sehr ähnlichen Jugendkleider dieser Falken möglich
macht. Ein anderes Kennzeichen, welches auch in allen Kleidern brauch-
bar ist, gibt die Gestalt des Schädels dieser Falken ab. Bei Falco biar-
micus ist dieser ziemlich, bei F. tanypterus sehr, bei F. cervicalis wenig
gewölbt, was sogleich in die Augen fällt, wenn man die Vögel von vorn
ansieht; da bemerkt man nemlich leicht, dass sich die befiederte Haut
des Stirnanfangs kaum über die Wachshaut erhebt. Die andern Kenn-
zeichen in der Zeichnung der ausgefärbten Vögel werde ich weiter
unten angeben. a
Das Jugendkleid ähnelt dem der beiden zunächst vorhergehen-
den Falken so sehr, dass ich nur noch Weniges darüber zu bemerken
für nöthig erachte. Die schwärzlichen Streifen hinter den Augen und
neben der Kehle sind schmal, der Hinterkopf ist schmutzig rostfarben,
fast überall mit schwarzbraunen Längeflecken besetzt, die rostfarbigen
und rostgrauen Federränder des Oberkörpers sind wenig bemerkbar, die
rostfarbenen Querbinden an den Steuerfedern sehr schmal, bei mehreren
auf der äussern Fahne nur in Flecken angedeutet, die an den Schwung-
federn ebenso deutlich,‘ als bei den zunächst vorhergehenden, aber etwas
schmäler und länger sind. Die Unterflügeldeckfedern sind braunschwarz
und schwärzlich mit rost- und blassgelblichen Kanten und rundlichen oder
*) Ich behalte diesen Namen bei, weil ich unsern Falken im Berliner Museum
unter ihm aufgestellt fand, um keinen neuen einzuführen, ob ich gleich .: dass
er auch dem FalcofFeldeggii oft beigelegt wird.
59
breit gezogenen Querflecken. Die Zeichnung des Unterkörpers ist wie
bei den vorhergehenden.
Ein am 8. September 1851 bei EI Tabbe in Nubien geschossenes
Männchen hat schon einige Federn des ausgefärbten Kleides, wel-
ches im zweiten Jahre vollendet wird. Dieses ist sehr schön. Der
Schnabel ist vor der etwas breiten citronengelben Wachshaut gelblich,
an der Spitze schwärzlich, die gelbe nackte Stelle um die Augen breit,
der Augenstern wie bei allen ächten Falken braun; die in der Jugend
bläulichen Füsse sind eitronengelb; die Stirn und der Vorderkopf schwarz,
etwas in’s Schieferschwarze fallend, auf dem Mittelkopfe bekommen die
dunkeln Federn rostfarbige oder rostrothe Kanten, welche sich weiter
herab immer mehr ausbreiten und auf manchen Federn die dunkle Farbe
nur noch am Schafte erscheinen lassen; der Oberrücken und Oberflügel
ist schwarz, etwas matt mit schieferfarbigen Querbinden, die Schultern
sind schieferfarben mit schwärzlichen Querbinden, der Unterrücken und
die Steuerfedern aschblaugrau mit schwarzen Querbinden, auf den Steuer-
federn sind diese sehr schmal und desswegen zahlreich; auf der mittlern
stehen von ihnen bei unserem Männchen 12, auf der äussern 15. Die
Schwanzspitze ist rostgraugelb; die schwärzlichen Schwungfedern haben
auch helle Querbinden, welche an denen erster Ordnung nur auf der
innern Fahne stehen, an den vordern weisslich und sehr zahlreich sind,
nach hinten dunkler werden und an Zahl abnehmen, an denen der zwei-
ten Ordnung auch auf die äussere Fahne übergehen und schieferfarbig
werden. Der mattschwärzliche Unterflügel erscheint desswegen hell ge-
bändert, die Unterflügeldeckfedern weichen von denen der vorherge-
henden Falken sehr ab, denn sie sind rostgelblich und düsterweiss —
das Letztere die längsten — überall mit schwarzbraunen Quer-
und einigen herzförmigen Flecken, welche nur an der Flügel-
kante als Längeflecken erscheinen. Bei den beiden zunächst vorherge-
henden Falken sind diese dunkeln Flecken fast lauter Längeflecken, was
. eine ganz andere Flügelzeichnung bewirkt und diese Unterflügeldeckfe-
dern viel weniger gefleckt erscheinen lässt. Der Unterkörper ist schön
rostgelb, mit schmalen kurzen braunen Streifen neben der Kehle und sol-
chen langen hinter den Augen, übrigens rein, nur an den’ Seiten und
den Unterschwanzdeckfedern mit einigen braunen herzförmigen und Quer-
flecken besetzt und ausserdem hier und da mit solchen Punkten besprengt.
Diess ist die Zeichnung des Männchens; das Weibchen ist
auf dem Unterkörper etwas .stärker gefleckt und natürlich viel grösser,
60
als das Männchen. Er bewohnt Nordostafrika; unsere Vögel sind in
Nubien und Sudan erlegt.
Es dürfte zur genauen Kenntniss der vorstehenden nicht leicht zu
unterscheidenden Falken nöthig sein, hier noch eine kurze Uebersicht
derselben und ihre Hauptkennzeichen zu geben. Sie zerfallen in zwei
Abtheilungen, und zwar nach der Gestalt ihrer Füsse.
I. Falken, deren Mittelzehe länger, als ihre Fusswur-
zel ist. Dahin gehören:
4) Der Schlachtfalke. Falco lanarius, kenntlich an seinen etwas
kürzern Flügeln, welche das Schwanzende nicht erreichen und seinem,
in allen Kleidern hellen, oft rostgelblichen, dunkler gefleckten Ober-
kopfe, wohnt östlich, geht aber ziemlich weit hinauf, kommt wahrschein-
lich nicht in Nordostafrika vor. |
2) Der Krähenfalke. Falco cornicum, Brehm. «(Falco peregri-
nus, auct.)
Dunkler Oberkopf und Nacken, im Alter rostlehmgel-
ber Grund des Unterkörpers, in der Jugend braune schmale
Längeflecken auf demselben, grosse schwarze Backenstrei-
fen, die Stelle unter den Augen ist weit schwarz; Länge 16
bis 19. Er bewohnt Mitteleuropa, brütet in Deutschland und wandert
nach Egypten, wo man aber nur Weibchen antrifft.
3) Der nordische Wanderfalke. Falco grisei-ventris, Brehm.
(F. peregrinus, Linn.)
Sehr dunkler Oberkopf und Nacken, im Alter grossen
Theils aschgrauer Grund des Unterkörpers, in der Jugend
braunschwarze Längeflecken auf demselben, grosse
schwarze Backenstreifen, die Wangen fast oder ganz
schwarz; Länge 15° bis 18 Bewohnt Skandinavien, wandert durch
Deutschland und geht schwerlich bis nach Egypten.
4) Der kleine Wanderfalke (Tannenfalke). Falco abietinus,
Bechst. (F. peregrinus auct.)
Der Oberkopf ist dunkel, der Nacken hat 2 helle grosse
Flecken, im Alter rostlehmgelber Grund des Unterkörpers,
in der Jugend mit schmalen schwarzbraunen Längeflecken,
die grossen schwarzen Backenstreifen ragen weit über
die grossen Theils dunkeln Wangen herab; Länge 14 bis 151g
5) Der weisswangige Wanderfake. Falco leuco-genys, Brehm.
(Falco peregrinus, auct.)
61
Der Oberkopf ist dunkel, der Nacken hell, der Grund
des Unterkörpers der Alten rostgelblich, die braunen Län-
geflecken der Jungen auf demselben sind schmal, die klei-
nen Backenstreifen lassen die Wangen fast oder ganz weiss.
Er bewohnt Deutschland und geht bis nach Egypten.
6) Der amerikanische Wanderfalke, Falco anatum, hat nach
der Versicherung der Naturforscher sehr kurze Füsse und der ostin-
dische, gewiss eine besondere Art, ist nach unserem Bruch. welchem
ich die Benennung desselben überlasse, viel kleiner, und der neuhol-
ländische, Falco melanogenys, Gould*), ist etwas anders gezeichnet.
7) Feldeggs Falke. Falco Feldeggii, auct.
Nur der Vorderkopf dunkel, der Nacken rostroth, oder
rostgelblich, oder rostgelblichweiss, geringe Grösse, denn
das Weibchen ist kaum grösser, als das Männchen von Falco
grisei-ventris.
Er bewohnt Nordostafrika, kommt aber auch in Griechenland und
Dalmatien vor und verirrt sich sogar in der Jugend äusserst selten nach
Deutschland. |
I. Kalken, deren Mittelzehe kürzer, als ihre Fuss-
wurzel ist. Dahin gehören:
4) Der rothköpfige Falke. Falco biarmicus, auct. (Falco pe-
regrinoides? Temm.)
Bei den alten Vögeln ist der rostrothe Kopf auf der
Hinterstirn, bei den Jungen noch weiter mit schiefer-
schwarzen Längeflecken bedeckt und hat im Nacken einen
braunen Flecken, die Unterflügeldeckfedern sind im Alter
ziemlich stark mit braunen Länge- und herzförmigen
Flecken besetzt, in der Jugend braun mit rostgelblichweis-
sen rundlichen Flecken und Rändern; Länge 16‘ bis 19".
Er lebt in Egypten und verirrt sich gewiss äusserst selten nach
. Europa.
2) Der rostrotihgelbköpfige. Falco tanypterus, auct.
Bei den alten Vögeln ist der ganze Oberkopf rostgelb-
roth mit dunkeln Schäften, der ganze Mantel mit rostfar-
bigen Querbinden durchzogen, die rostgelblichweissen
*) Dieser Falke ist von dem Wanderfalken kaum so sehr verschieden, als
unser Falco leucogenys.
62
Unterflügeldeckfedern sind mit braunen Länge- und eini-
gen solchen Querflecken dünn besetzt; die Backenstreifen
sind kaum angedeutet. Im Jugendkleide ist der Unterflü-
gel weniger, als bei Nr. 1 an seinen Deckfedern braun.
Länge 16 ad! bis 19 Int,
Er lebt in Egypten und verfliegt sich gewiss nur äusserst selten
nach Südeuropa.
3) Der rothnackige Falke. Falco cervicalis, Licht. et Brehm.
(Falco peregrinoides, auct.). &
Der Vorderkopf ist bei den Alten und Jungen schwarz,
der Nacken reinrostroth, der Hinterkopf auf solchem
Grunde mit schwarzen Längeflecken; die Backenstreifen
sind sehr klein; die Zehen auch im Verhältnisse kurz.
Er bewohnt Nubien und geht bis Chartum hinauf, ob er die süd-
europäischen Inseln berührt, kann ich nicht sagen.
(Fortsetzung folgt.)
Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien.
Von
H. D. 5. Wallengren,
auf Trolle-Ljungby bei Christianstadt in Schweden.
Schon im vorigen Jahrgange der Naumannia hatte ich die Ehre einen
Beitrag zur Kenntniss der geographischen Verbreitung der Vögel inner-
halb Skandinavien und der dazu gehörenden Provinzen zu geben, indem
ich ein Verzeichniss der bis jetzt auf Gottland, theils zur Heckzeit, theils
nur während des Winters und der Zugzeit anzutreffenden Vögel, ein-
schickte. Der Wunsch meines werthen Freundes, des Redacteurs
der Naumannia, hat mich zum Versuche veranlasst ‚„ eine kurze Ueber-
sicht der Brützonen der Vögel zu geben, welche während der Sommer-
monate unsre kalte Halbinsel besuchen und bewohnen; und ich muss
hierbei bekennen, dass Vieles, ihre Verbreitung in den vereinigten Rei-
chen angehend, bis jetzt noch dunkel ist, besonders was die Provinzen
in den Grenzen der Lappmark und von dort bis an’s Eismeer betrifft,
obschon auch diese in neuerer Zeit von mehreren Reisenden und ausge-
63
zeichneten Ornithologen untersucht worden sind. Jedoch habe ich,
geleitet von Reisebeschreibungen und was sonst diese Sache angehend
in unsern Zeitschriften sich vorfindet, versucht diesen Stoff so darzu-
stellen, wie ich ihn bis jetzt selbst kenne.
Um nicht bei jeder Angabe die Quelle zu eitiren, will ich hier die
Schriften aufzählen, welche ich benutzt habe. Diese sind:
Skandinavisk Fauna af S. Nilsson, Foglarne. Lund 1835.
Die Wirbelthiere Europa’s von Graf Keyserling und Prof. Blasius ;
Braunschweig 1840.
Ornithologie europeenne par Degland. Paris 1849.
Danmarks Fugle af Kjaerbölling. Kjöbenhavn 1852.
Ornithologiska Jaktagelser under en Resa i Ume, Pite och Lule
Lappmarker 1845 af C. G. Löwenhjelm (uti Kongl. Wet. Acad.
i Stockholm. Handl. 1845 p. 441 u. £).
Anteckningar under en Resa i Norrlands och Luleä Lappmarker,
1843 von demselben (Kongl. Wet. Acad. Handlingar 1843 p. 385.)
Ornithologiska Bidrag till Skandinaviens Fauna, samlade i det Nord-
ligaste Skandinavien frän d. 24. Jän. 1841 till d. 26. Juli 1842
af A. Malm (Naturhistorisk Tidskrift af H. Kröyer 5. Band 1844
bis 1845 p. 180).
Bidrag till norra Rysslands och Noriges Fauna, samlade under en
Resa i dessa Länder 1848 af W. Liljeborg (Kongl. Wet. Acad.
Handl. 1850 p. 235).
Observationes Zoologicae von demselben. Lund 1845.
Om: de i trakten af Carlstad förekommande fogelarter af Friherre
C. G. Gederström. Upsala 1851.
Comparative List of the Birds of Scandinavia and Great-Britain by
H. Wheelwright. Carlstad 1852.
Öfwersigt af Kongl, Wet. Acad. Förhandlingar, Stockholm 1844 bis
1853. $
Förteckning, jempte nägra anteckningar öfvir de i Bohuslänska
Skärgärden observerade Foglarne af W. von Wright (Göthe-
borgs Kongl. Wet. och Witterh. Samhälles Handl. 1850 p. 45
und 1851 p. 65).
Resa genom Ume Lappmarker in 1832 af J. W. Zetterstedt.
Örebro 1833.
Ausser diesen habe ich auch meine mehrjährigen Anzeichnungen,
unsere Vogelarten angehend, benutzt, sowie auch das, was ich während
64
meiner kleineren Reisen habe beobachten können. Ebenso haben auch
die besonderen Nachrichten meiner Freunde mir Gelegenheit gegeben,
solches, was noch nicht allgemein bekannt war, angeben zu können;
unter ihnen muss ich besonders dankbar nennen, Adj. Liljeborg und
Forstverwalter Gadamer, welche mir reichhaltige Beiträge zukommen
liessen. — Jedoch muss ich beklagen, dass ich, Norwegens Vögel be-
treffend, nicht so vollständige Notizen habe geben können, wie ich es
gewünscht hätte, da ich nicht Gelegenheit habe »Rasch: Fortegnelse
og Bemerkninger over de i Norge förkommende Fugle«
(Nyt Magazin for Naturwidenskaberne 1838 und 1835), benutzen zu
können.
Nachdem ich vorbereitungsweise dieses angeführt habe, gebe ich
nun Notizen über die Verbreitung aller hier heckenden Vögel, um dann
aus diesem Speciellen das Allgemeine vorstellen zu können, das man
aus ihnen ziehen kann. Jedoch habe ich geglaubt, in den Anmerkungen
auch kurze Nachrichten von den Vögeln geben zu müssen, welche auf
unserer Halbinsel angezeichnet worden sind, ohne dass sie hier jedoch
geheckt haben. Hierdurch erhält man eine allgemeine Uebersicht über
alle hier im Lande his jetzt getroffenen Vögel. Auch habe ich hier und
da solche Notizen mit angegeben, welche mir interessant schienen, ob-
wohl sie gerade nicht eigentlich unser Thema angehen. Schliesslich
muss ich um gütige Nachsicht anhalten für die Mängel, die man hier
und da finden möchte, da der Schwierigkeiten bei Bearbeitung dieses
Aufsatzes sehr viele waren, besonders da die Nachrichten, welche mir
zugänglich waren, im Ganzen nur gering und bisweilen auch undeutlich
waren.
Erfte Abtheilung: Landoögel,
Falco gyrfalco, Linn.
(F. candicans, Gmel, F. islandicus, Briss. F. gyrfalco, Schleg.)
Der Jagdfalke, welcher als Junger zur Winterzeit sehr weit südlich,
nicht nur auf unserer Halbinsel, sondern auch auf unserem Welttheil,
herumstreicht, so dass er sogar Dänemark, Deutschland, England und
Frankreich besucht, hält sich als fortpflanzungsfähig jederzeit im höhern
Norden auf, wo er auf dessen wilden und öden Klippen, theils im Innern
des Landes, theils auch an den Küstenstrichen grosse Verheerungen
65
unter Säugethieren und Vögeln anstellt. Zur Winterzeit besucht er je-
doch die Höfe, und ist dann nicht ganz so scheu, obwohl er auch dann
noch sich gar wohl vor dem schleichenden Jäger zu achten weiss, all-
zeit hohe Stellen zum Ruheplatze wählend, um freie Aussicht überall
hin zu haben. Während des Sommers ist sein eigentlicher Aufenthalt
in den Birken-,. Weiden- und ‚Schnee-Regionen der Alpen, und er
gibt schon dadurch seine Natur als Polarvogel zu erkennen. Wollen
wir nun auch seine südliche Grenze ziehen, so fällt sie in Schweden nicht
weit vom Polarkreise, und der 65.° n.B. dürfte wohl der südlichste sein,
wo dieser Vogel oft noch mehr hecken möchte. Doch muss angemerkt
werden, dass er auch inner der angegebenen Grenze überall in den Alpen,
im Innern des Landes, ziemlich selten ist, dagegen nur längs der Eis-
meerküste mehr zahlreich vorkömmt. Die dunkle Varietät (F. gyrfalco,
Schleg.. Degl.) wurde südlichst von Adj. Liljeborg bei Tromsö in
Norwegen mit Sicherheit angetroffen. Die beiden andern Varietäten:
F. candicans et islandicus: werden in dem vor angegebenen Gebiete
angetroffen. In Norwegen dürfte er wohl noch südlicher in der Heck-
zeit angetroffen werden.
Falco peregrinus, Briss.,
Nimmt vorgenannter Falk an Anzahl zu, je weiter man im Polarkreise
hinaufkommt, so nimmt in selber Weise diese Art ab, und wird am Allge-
meinsten als Heckvogel in Schweden und Norwegen, in den südlich vom
Polzirkel belegenen Provinzen, angetroffen. Hier, wo steile Klippen kleinere
Landseen umgeben, kann man auch gewiss sein, diesen Falken wohnhaft
zu finden, und auch noch südlichere Provinzen können Stellen aufweisen,
wo er heckend gefunden wurde. Selbst habe ich ihn ansässig gefunden
in Schonen und: Blekinge, obwohl er hier sehr selten ist, hauptsächlich
darum, weil es hier keine eigentlichen Klippen gibt. In den Scheeren
des Bohuser Kreises fängt er an gemeiner zu werden. Obwohl er an
Zahl im Polzirkel abnimmt, hört er in diesem jedoch nicht ganz und gar
auf, sondern man trifft ihn auch noch nördlicher, zwischen dem 67—68.°
n. B. an, und ohne Zweifel geht er bis an die Küste des Eismeeres,
welches man daraus vermuthen kann, dass er in Amerika noch bis zum
74.° n. B. heckt. Im südlichen Schweden kommt er gegen den 1. April
an und verlässt uns zur Herbstzeit, Ende October. Jedoch scheint auch
ein oder der andere hier zu überwintern, besonders an der Meeresküste,
-
Naumannia. 1854. ‘)
66
wo es reichlich Wasservögel gibt, da man ihn an solchen Stellen noch
im December angetroffen hat.
Falco subbuteo, Linn.
Dieser kleine und schöne Falk ist in den südlichen und mittlern
Landschaften Schwedens der gemeinste vom ganzen Geschlecht, und ver-
räth sogleich seine Gegenwart in den Wäldern durch sein gelles Geschrei.
Die nördlichste Gegend, wo er als heckend bemerkt wurde, ist bei Stor-
bücken in der Luleäi Lappmark, nahe am Polzirkel. Doch schon bei
weitem früher hört er auf gemein zu sein. Schon in der Gegend von
Carlstad in Wermland ist er weniger allgemein, und so verhält es sich
auch in Dalekarlien. Der Grund dazu scheint in der bergigen Natur
dieser beiden Landschaften zu liegen, da er noch bei Upsala, welches
nördlicher als Carlstad liegt, gemein ist, und wesswegen man annehmen
kann, dass er längs der Ostseeküsten, wo das Land mehr flach ist, wei-
ter nach Norden hinauf geht, als im Innern und den westlichen Theilen
des Landes. In den letztern kommt er sehr sparsam vor, und scheint
an gewissen Stellen ganz und gar zu fehlen. Ob er auch in- Norwegen
vorkommt, weiss ich nicht. Die Reisenden, deren Beschreibungen ich
vor mir habe, haben ihn nicht unter den dort angegebenen Vögeln auf-
geführt. Da er in England vorkommt und dort Standvogel ist, muss,
wenn er in Norwegen fehlt, oben angedeutete Ursache — die bergige
Natur — Schuld haben. In Schweden ist er ein Zugvogel.
Falco lithofalco, Briss.
(F. aesalon, Temm.)
So wie F. peregrinus im Norden seinen Ersatz in F. gyrfalco hat,
so hat der Lerchenfalk denselben im Zwergfalken, welcher dort in allen
felsigen Wäldern eben so gemein, als der vorige in den flachern Ge-
genden des Südens ist. Jedoch erstreckt sich die Heckzone des Zwerg-
falken mit ihrer südlichen Grenze weiter in den Bezirk des Lerchenfal-
ken, als der Jagdfalk in den des Wanderfalken. Schon im 57.°n. B.
trifft man ihn heckend an, obwohl mehr sparsam in den östlichen Pro-
vinzen, und als Heckvogel trifft man ihn dort ununterbrochen bis in die
Nähe des 65.° n. B., von wo ab. er noch gemeiner wird bis an die Küste
des Eismeeres. In den westlichen Theilen der Halbinsel ist er schon
bei 58° n. B. gemein. Ä
67
Seinen Horst baut er aus Reisern und Moos, entweder im Gipfel
einer hohen Kiefer oder in einer Felsspalte, am liebsten am südlichen
oder westlichen Abhange eines Berges. Obwohl in Grossbritannien Stand-
vogel, gleich wie seine beiden verwandten Vorgänger, wird er hier, so
wie diese im Allgemeinen als Zugvogel betrachtet, und beginnt schon
Ende August in Schonen auf den Feldern herumzustreichen, worauf er
im October verschwindet. Im Frühjahr kehrt er weit früher zurück, als
der Lerchenfalke, und ich habe ihn hier im südlichen Schweden schon
am 18. März wiedergesehen; zu den nördlichsten Lappmarken kommt er
gegen den 9. Mai zurück. Ein oder der andere überwintert hier jedoch,
gleich wie der Wanderfalk.
Falco tinnunculus, Linn.
Der Thurmfalke, der im westlichen Europa den Platz einnimmt, den
F. vespertinus, Linn., im östlichen innehat, wird in ganz Scandinavien
'heckend angetroffen — ja bis zu den Küsten des Eismeeres hinauf. Auf
die Alpen geht er bis zur Schneeregion hinauf, und diess gibt zu erken-
nen, dass er auch die kältern Gegenden der Polarländer bewohnt.
Prof. Blasius und Graf Keyserling’s Angabe (Wirbelth. Europ. p. XXIX),
dass der Thurmfalke »die alte Welt, mit Ausschluss des höchsten Nor-
dens« bewohne, ist daher falsch, wenn sie unter dem höchsten Norden,
Schwedens und Norwegens Polarländer verstehen, da er sicher in
den Finnmarken bis auf Nordcap angetroffen wird. Jedoch dürfte
er nicht gar weit östlich von hier aus gehen, da man ihn nicht in
Enare und Utsjoki Lappmarken (44—47° L. und 69° n. B.) und auch
nicht am weissen Meere angetroffen hat. Da er so weit nach Norden
an Scandinaviens Küste hinaufgeht, erscheint es wunderlich, dass er,
nach Faber, nicht auch auf Island, und, nach Holböll, auch nicht auf
Grönland vorkommt, welche beide Länder doch in faunistischer Hinsicht
die meiste Aehnlichkeit mit den nördlichen Theilen unserer Halbinsel
_ haben; jedoch dürfte die Ursache hiervon in der insularen und vom europ.
Festlande, durch das Meer, weit abgeschiedenen Lage, sowie auch in der
Gewohnheit dieses Falken, während der Zugzeit mehr den Waldrändern und
Bergzügen, als den Gewässern zu folgen, zu suchen sein. Anfang April
kommt er in Schonen an und zieht Ende September wieder fort, und diese
Art, sowie F. subbuteo, dürften die einzigen des ganzen Geschlechtes
sein, welche als eigentliche Zugvögel betrachtet werden können, weil
Er
68
weder ich, noch ein Anderer, so viel ich weiss, sie während der Win-
termonate irgendwo im Lande angetroffen hat.
Anm. F. vespertinus, welcher manchmal in Finnland und Dänemark geschos-
sen worden ist, ist bis jetzt noch nicht in Scandinavien bemerkt worden.
F. lanarius, Linn., Nilss., Temm. (F. sacer, Schlegl., Degland.
F. eyanopus, Gessn.) kommt während der Zugzeit- in jungen Exemplaren
höchst selten und nur zufällig im südl. Schweden vor, und heckt daher nir-
gends im Lande:
Astur palumbarius, Linn.
Der Taubenhabicht steigt auf den Alpen nur bis in die Nadelholz-
region hinauf, und kann darum im hohen Norden nicht als Heckvogel
getroffen werden. Er ist auch nicht aufgeführt unter Islands und Grön-
lands Vögeln, und in Scandinavien wird er nicht sehr weit im Polzirkel
angetroffen, sondern dürfte der 67." n. B. als seine nördlichste Heck-
station angesehen werden. Während der Zugzeit kommt er jedoch
“manchmal noch nördlicher vor, wie z. B. bei Skjetsomjärwi, auf der
Grenze zwischen Muonioniska und Enare Lappmark (zwischen dem 68. bis
69." n. B.). Im südlichen Schweden ist er gemein und heckt in den grös-
sern Wäldern, ist jedoch ziemlich selten während der Heckzeit in Schonen,
weil diese Provinz Gebirge entbehrt, welche er dem Flachlande vorzieht.
Doch kommt er hier und da auch in dieser Provinz vor. Zur Herbstzeit
kommt er in grosser Menge, besonders jüngere Individuen, welche im
November und Anfang December nach südlicheren Gegenden streichen;
die meisten ältern bleiben jedoch den ganzen Winter hindurch hier. Ich
habe öfter im Januar und Februar junge Individuen gesehen und ge-
schossen, welches beweiset, dass auch nicht alle von diesen fortziehen.
Während dieser Monate trifft man sie besonders an offenen, von Was-
servögeln zahlreich besuchten Flüssen und Strömen an. So verhält es
sich auch in Dalekarlien, so dass man diese Art als Standvogel betrach-
ten muss. Im März zieht er sich nach den Wäldern und weiter nörd-
lich zurück.
Astur nisus, Linn.
Der Finkenhabicht gehört selber Region an, wie sein voriger Ver-
wandter, geht jedoch kaum so hoch nach Norden hinauf, als jener, ob-
wohl er eben so hoch auf die Alpen hinauf steigt. Die nördlichste
69
Gegend, :wo er bis jetzt während der Heckzeit getroffen wurde, ist unter
65° n. B., so dass man ihn noch nicht im Polzirkel gefunden hat. Ob-
wohl ein Theil fortziehen mag im Winter, so ist er doch in den
südlichen Provinzen Standvogel, weil man nicht wenige — alte und junge
— ‚während der kältern Monate auf den Feldern und an den Häusern
herumstreichen sieht. In den nördlichen Gegenden seiner Heckzone
dürfte er Strichvogel sein, aber schon unterm 59.0 n. B. ist er Stand-
vogel.
®
Aquilu fulva, Linu.
(F. chrysaötos et fulvus, Linn. F. fulvus, Nilss, Temm. F. chrysaötos, Nilss)
Den Steinadler trifft man auf den Alpen durch deren ganze Nadel-
holzregion, und er ist während der Heckzeit in den Lappmarken und den
mördlichsten Provinzen, in den Alpen, ziemlich gemein, am gemeinsten
jedoch gegen die westlichen Seeküsten zu. Seine Heckgrenze nach
Süden ist schwer anzugeben, weil. die Observationen, diesen Adler be-
treffend, sehr gering sind. Vielleicht dürfte sie jedoch zwischen den
64—63.° n. Br. fallen. In Norwegen, welches von überwiegend mehr
bergiger Natur ist, wird er jedoch weit südlicher angetroffen. Während
des Winters ist er in den südlichen Provinzen nicht selten und da auch
im Hochlande. Nirgends in Schweden unter oben angegebener Grenze
ist er, so viel mir bekannt, heckend angetroffen worden. Diess fällt
mir um so mehr auf, da er von Dr. Kjaerbölling, als heckend im
flacheren Dänemark — wiewohl selten — aufgeführt wird.
Anm. Aquila naevia, Briss. (F. maculatus, @mel.) ist nur ein einziges Mal
bei Ellinge in Schonen im September geschossen worden; kommt aber nir-
gends im Lande heckend vor.
Aquila albieilla, Linn.
(F. albieilla et ossifragus, Nilss. Aqu. albieilla et borealis, Brehm.)
Dieser Adler ist an allen Seeküsten, auch die flachern nicht ausge-
nommen, von Schonen bis an’s Eismeer in allen Monaten des Jahres
gemein. Auch sieht man ihn ansässig an den Landseen, sowohl im süd-
lichen als nördlichen Scandinavien.. Kammerjunker v. Wright, welcher
Gelegenheit hatte seine Lebensweise eine längere Zeit auf den Scheeren
des Bohuser Kreises beobachten zu können, erzählt darüber Folgendes:
»Die Sitte dieses Vogels, mit Ausnahme des Sommers, da er auf
den Scheeren übernachtet, sein Nachtlogis in Nadelwäldern, am liebsten
0
an den Ufern der Landseen, nicht weit vom Meere zu suchen, gibt dem
Jäger eine sichere Gelegenheit ihn zu schiessen, wenn er vor der Abend-
dämmerung sich in Schussnähe bei den grössern Bäumen (sogenannten:
»Örnefurer«-Adlerkiefern) anstellt, von denen man weiss, dass der Adler
sie gewöhnlich zum Nachtlogis auswählt, wenn er am Abende von der
Wasserjagd des Tages zurückkommt. Schon zeitig des Morgens, oft
schon in der Morgendämmerung, begeben sich die Adler wieder — ge-
wöhnlich alle, welche in demselben oder in nahestehenden Bäumen ge-
schlafen — fast auf einmal auf die Scheeren, wo sie grosse Verwüstung
unter den Seevögeln und Fischen anrichten. Die Schellente, den Säger
und den Alk scheint er am meisten zu verzehren, denn deren Ueber-
reste wurden am meisten, und von Fischen der Dorsch und der Aal,
in seinem Magen angetroffen. Dagegen fand ich sehr selten beim Adler
Ueberreste von der Stockente, welches daher kommen mag, dass dieser
aufmerksame und scheue Vogel sogleich aufsteht, wenn er ihn in der
Entfernung kommen sieht, da hingegen die tauchenden Wasservögel nicht
selten auf so nahe Distance beim Heraufkommen aus dem Wasser über-
rascht werden, dass sie nicht wagen aufzufliegen, sondern lieber ihre
Rettung durch Wiedertauchen suchen, welches ihnen aber nichts hilft,
wenn es auf so seichtem Wasser geschieht, dass der Adler sie sehen
und über ihnen folgen kann, ‚bis sie durch Mangel an Luft gezwungen
sind heraufzukommen, denn da werden sie sogleich ergriffen. Selten
oder nie geschah es, wenn ich am Abende beim Nachtquartier diesen
gefrässigen Vogel geschossen, dass er nicht auch den ganzen Kropf
voll von Vögeln und Fischen hatte, am meisten von ersteren — dann
sind sie aber auch ungeheuer fett. Jedoch kann er auch sehr lange
hungern ehe er stirbt. Ein alter Vogel, den ich flügelte, konnte sich
nicht entschliessen, 13 Tage — sage dreizehn Tage — lang das Geringste
von ihm vorgeworfenem frischen Fisch oder Vogel zu verzehren, son-
dern musste todigeschossen werden, um ihn nicht länger zu plagen.«
Hierzu möchte ich noch fügen, dass man ihn an den Schonischen
Küsten sehr oft Enten und Hechte, sowie andere grössere Fische fan-
gen sieht, dass er sich jedoch nie an Lämmern vergreift, welche auf
denselben Inseln, wo er seinen Wohnplatz aufgeschlagen hat, auf Weide
sind, und welche ununterbrochen des Tages wie des Nachts, vom
Frühling bis zum Herbst, dort gehen. Die, welche ich geöffnet, haben
nur einmal Reste von Säugelhieren gezeigt, und diess waren die Läufe
eines jungen Hasen.
71
Anm. Aquila leucocephalus, Linn., Temm. kommt, so viel mir bekannt,
während keiner Jahreszeit in Scandinavien vor. Wenn er je auf Lofoden in
Norwegen gesehen wurde, so war dies nur zufälligerweise, und er ist dort
keinesweges gemein während des Sommers, wie Temminck sagt; im Gegen-
theil ist er noch niemals von irgend einem Reisenden der scandinavischen
Naturforscher, welche den norwegischen Archipelag besucht, gefunden worden;
mithin ist sein Anspruch, zu den in Europa heckenden Vögeln gerechnet zu
werden, grossem Zweifel unterworfen, besonders da es als ziemlich sicher
angesehen werden mag, dass er nicht einmal auf Island heckt, sondern er
muss als nordamerikanischer Vogel betrachtet werden, welcher bisweilen, wie
andere seiner Landsleute, sich an Europa’s Küsten verirrt.
Pandion haliaötus, Linn.
- Der Fischaar hält sich an allen Landseen auf, von Schonen bis über
den Polzirkel hinauf. Jedoch ist er weit mehr gemein in den mittlern
Provinzen, als in den nördlichen. In letztern kommt er sparsam vor,
bis zum 68.° n. B., wo er aufzuhören scheint Heckvogel zu sein. Malm
führt an, dass er von den Lappen gehört habe, dass dieser Vogel am
Enare-See unterm 69.° n. B. vorkommen solle, er wurde dort aber weder
von Malm, welcher diesen Ort selbst besucht, noch von Prof. Middendorff
im russischen Lapplande gefunden, so dass man Ursache hat zu bezwei-
feln, dass er an diesem See vorkomme. Obwohl Standvogel in England,
ist er doch in ganz Scandinavien Zugvogel; kommt an Mitte April und
verlässt uns wieder im September und October.
Milvus regalis, Briss.
(F. milvus, Lin.)
Der rothe Milan, welcher in Osten durch Milus niger, Briss.
CM. ater, Gmel.) vertreten wird, und den man bis nach Archangel zum 65.
n. B. hinauf trifft, ist im südlichen Schweden und Norwegen einer der
gemeinsten Raubvögel; so auch im mittlern Schweden, wenigstens bis
zwischen dem 60—61.° n. B. Wie hoch er eigentlich nach Norden
hinaufsteigt, ist bis jetzt noch nicht mit Sicherheit abgemacht; er wurde
jedoch noch nicht in Ume und Pite Lappmarken angetroffen, so dass, wenn
er ja so hoch hinaufgeht, er sicher nicht den 65.° n. B. übersteigt,
sonach bis zum selbem Breitegrade, wie sein verwandter, M. niöger, im
Osten, nördlichst angetroffen wird. Als Zugvogel kommt er nach Scho-
nen Anfang oder Mitte März; nach den westlichen und mittlern Land-
schaften Mitte oder Ende April, und verlässt uns Ende September oder
72
Anfang October. In England ist er Standvogel, in Scandinavien dagegen
findet er sich nicht während der Wintermonate. Mir ist nur ein einzi-
ger Fall bekannt, dass man ihn hier im December gesehen hat.
Anm. Milvus niger ist noch nie bei uns angetroffen worden.
Buteo vulgaris, Bechst.
(F. buteo, Lin.)
Der Bussard ist in Schwedens Wäldern ein häufig heckender Raub-
vogel bis zum 62.° n. B. hinauf, dann aber wird er immer seltener und
kommt nur an den Küstenlandschaften der Ostsee bis nach dem Polzirkel
hinauf, den er nie übersteigt. Der nördlichste Ort, wo man ihn heckend
gefunden hat, ist Pajirim, wo Löwenhjelm am 21. Aug. 1843 eine Familie
sah. In Scandinavien ist er Zugvogel, der in den südlichen Provinzen
meist schon im März anlangt, und in den mittlern gegen Mitte April; —
verlässt uns im September und October. Doch scheint ein oder der
andere im südlichen Schweden zu überwintern, da man ihn im Januar
und Februar sowohl gesehen, als auch geschossen hat. Da hält er sich
am meisten än offenen Bächen auf,- wo er Frösche verzehrt. Während
der Zugzeit sieht man ihn in grossen Gesellschaften in der Luft kreisen,
ganz wie der rothe Milan. .Beim Herbstzuge dagegen zieht er mehr zer-
streut, und sein Flug ist da niedriger und mehr schleichend auf den
Feldern, als im Frühjahre.
Buteo lagopus, Brünn,
(F. lagopus, Nilss.)
Diese Art repräsentirt den Vorigen in den Polargegenden und steigt
auf die Alpen bis zum ewigen Schnee hinauf, in dessen Nähe er auch
auf Felsvorsprünge seinen kunstlosen, aus Reisern und Aesten erbauten
Horst stellt. : Zum Nistplatz wählt er gewöhnlich die unzugänglichsten
Felsabsätze, ist aber sehr dummdreist, wenn man den Horst beunruhigt,
so dass er in Bogen auf den Friedenstörer. herabstösst, und auf alle
Weise seine Brut zu vertheidigen sucht. In den Alpthälern baut er
seinen Horst im Gipfel eines hohen Baumes. Zwischen dem 63—64.0
n. B. beginnt er schon zu hecken, wird im 65.° schon häufig und be-
wohnt das ganze Polarland bis zu.den Küsten des Eismeeres. Obwohl
er nach Dr. Kjaerböllings Angabe (Ornith. Dan. p. 18) in Jütland ge-
73
heckt haben soll, ist er doch während des Sommers in Schweden noch
nicht unter obengenannter Grenze gefunden worden, obwohl die süd-
licher daran belegenen Provinzen bequemere und passendere Brutplätze
darbieten, als das mehr flache Jütland.. Obwohl der. grösste Theil
während des Winters fortzieht, bleibt doch ein und der andere im süd-
lichen Schweden und trifft man ihn dann während der Wintermonate:
December — Februar in Waldparcellen, Gärten und auf den Feldern in
Schonen an. Im Frühjahr kommt er in grossen Schaaren im März in
letztgenannter Provinz an, und im April in den mittlern Provinzen des
Landes. Zur Herbstzeit beginnt er schon im August und Anfang Sep-
tember sich im südlichen Schweden zu zeigen, mehr häufig jedoch erst
Mitte letztgenannten Monats, worauf er seinen Zug nach Süden so all-
mählich beginnt. Unter diesen Wanderungen scheint er mehr den See-
küsten und dem Flachlande, als dem Bergrücken, der Schweden von
Norwegen trennt, zu folgen, da er nicht unter Wermland’s und Dale-
karlien’s Vögel aufgenommen ist. Er wird auch nur als sparsam im
Bohuser Kreise erwähnt, wogegen er sich: häufig in Uppland, Smaland
und Schonen zeigt.
Pernis apivorus, Lin.
Obwohl man im Allgemeinen geneigt ist, diese Art als einen mehr
östlichen Vogel zu betrachten, und daher als selten bei uns, soll diess
| jedoch nicht so sein, besonders da er in dem mehr westlich gelegenen
England Standvogel ist und in mehreren Departements in Frankreich
zahlreich sein soll. Bei uns trifft man ihn sehr häufig während des
Herbst- und Frühlingszuges, so dass er sich in eben so grosser Menge
in Schonen ‚zeigt, wie B. lagopus, ja sogar in manchen Jahren eben so
zahlreich, wie Buteo vulgaris; und in den Wäldern des südlichen Schwe-
dens bis nach Wermland hinauf, trifft man ihn sehr oft heckend. In
Dalekarlien ist er jedoch seltener, und kommt nie in Lappland vor, wess-
_ wegen man den 64.° n. B. als seine Grenze gegen Norden hin anneh-
men kann, oder ungefähr dieselbe Gegend, wo B. lagopus anfängt sich
zu zeigen. Seine Zugzeit im Herbst fällt gegen Ende August und An-
fang September, und im Frühjahr in den April. Während des Winters
habe ich ihn noch nie hierselbst gesehen.
74
Circus cyaneus, Linn.
(Aceipiter veriabilis, Pa ll.)
Die Weihenarten sind im Allgemeinen selten über ganz Scandinavien.
Jedoch heckt obengenannte an ein oder der andern Stelle in den östli-
chen Provinzen des mittlern Schwedens, sowie z. B. in Uppland. Ihre
eigentliche Heckzone ist jedoch mehr östlich als auf unserer Halbinsel.
In Russland ist sie gemein bis zum 65.° n. B. Soweit nach Norden
hinauf ist sie jedoch noch nie in Schweden getroffen worden. Sie ist
unter Wermland’s und Dalekarlien’s Vögeln nicht mit aufgezählt. Im
Bohuser Kreise ist sie nur während der Zugzeit im April beobachtet
worden. In Dänemark kommt sie besonders auf Jütland vor. In Eng-
land ist sie Standvogel, und in Frankreich trifft man sie am meisten in
den nördlichen Departements; ist bei Lille heckend gefunden. Will man
sich nun eine grade Linie gezogen denken vom 64.° n. B. und 50. w.L.
quer über zum 50.° n. B. und 10.° w. L., so dürfte man ziemlich nahe
die nördliche Grenze der Heckzone dieser Art gefunden haben, welche
wohl an einzelnen Stellen oscilliren kann, im Ganzen genommen aber
mit dem wirklichen Verhalten einzutreffen scheint,. und welche alle die
Orte einschliesst, wo diese Art bis jetzt normal, wenn auch- weniger
oder mehr häufig, heckend gefunden worden ist. Während des Winters
sieht man ein oder das andere Individ, obwohl selten, doch an Schonens
Küsten herumstreichen.
Circus eineraceus, Montagu.
Diese Weihe ist in Schweden weit seltener als vorige, und so viel
mir bekannt, nur einmal heckend, nehmlich auf Gottland, getroffen wor-
den, wo sie im Jahre 1834 von unserem berühmten Ingenieur P. Wahl-
berg, bekannt durch seine für Zoologie so erspriesslichen Reisen im süd-
lichen Afrika, angemerkt ist. Auch wurde sie einmal während des Herb-
stes in Schonen getroffen.
- Anm. Circus pallidus, Sykes. ist auch einmal in Scandinavien, aber nicht zur
Heckzeit, geschossen worden.
Circus rufus, Briss.
Der Brandfalk soll nach Prof. Nilsson (Skand. Fauna. Vögel 1. p. 70)
sowohl in Schonen als auch in den nördlichen Provinzen des Reiches
75
und in Norwegen vorkommen. In Schonen heckt er nur an wenigen
Stellen, unter andern auch im nordöstlichen Schonen, ungefähr 1 Meile
von meinem Wohnort; in wie weit er aber in den nördlich von Schonen
gelegenen Provinzen heckt, ist mir gänzlich unbekannt. Er ist nicht mit
Gewissheit im Bohuser Kreise, in Wermland und Upland, auch nicht auf
Gottland, nach Angaben, welche mir vorliegen, gefunden worden, wess-
wegen ich geneigt bin anzunehmen, dass die nördliche Grenze für seine
Heckzone nicht weit nördlich von genannten südlichen Provinzen liegen
mag. So wie seine vorige Verwandten, ist er Zugvogel hier im Lande.
Strix ulula, Lin. in In. Sv.
(Str. funerea, Lath., Temm., Nilss. Str. nisoria, Mey.)
Die Habichtseule geht durch die ganze Nadelwald-Region und steigt
sogar bis in die Birkenregion der Alpen. Sie legt ihren Horst auf hohe
Kiefern an, und er ist zusammengesetzt aus Reisern und Aesten und mit
trocknem Moos und Flechten ausgefüttert. In diesen legt sie bis an 7
weisse und abgerundete Eier, etwas kleiner als die der Str. aluco. An-
fang Juli sind die Jungen flügge. Schon im mittlern Schweden trifft man
sie heckend, obwohl noch selten, zwischen dem 59—60.® n. B. Ich
vermuthe jedoch, dass sie noch südlicher hecken mag, da man sie in
Schonen, obwohl selten, schon Ende Juli und Anfang August sieht, wo
sie noch nicht in ihrem Winterzuge begriffen sein kann, sondern den
"Sommer in angrenzenden Wäldern zugebracht, und sich dort auch ohne
Zweifel fortgepflanzt haben mag. In der Nähe und innerhalb des Pol-
zirkels selbst ist sie schr gemein und geht bis an die Küsten des Eis-
meeres hinauf. Sie jagt sowohl am Tage als auch in der Dämmerung.
Während des Winters trifft man sie nicht selten jährlich in Schonen.
Strix liturata, Thunb.,, Nilss.
(Str. uralensis, Pall. Str. macroura, Mey.)
Der uralische Kautz, der eigentlich seinen Wohnort mehr östlich
hin, als auf unserer Halbinsel hat, und besonders in-der uralischen Berg-
kette häufig ist, und welches Pallas Veranlassung zu dem jetzt wenig
mehr passenden Speciesnamen gab, ist in Schweden keckend angetfoffen
worden bis zwischen den 59—60.° herab, obwohl ziemlich selten. Ich
erhielt im Sommer sowohl in Schweden als auch in Finnland geschossene
76
Exemplare vom 62—63.° n. B., und über den 64.° hinaus trifft man
diese Art hier und da in der ganzen untern Waldregion. Es ist jedoch
dem Zweifel unterworfen, ob sie bis zum Eismeere hinaufsteigt, oder ob
sie schon beim 69.0 n. B. aufhört. Nach Angabe des Herrn Grafen
Wodzicki, in der Naumannia, ist sie in Galizien heckend getroffen wor-
den, so dass, wenn man sich eine grade Linie vom 49. n. B. und 57.°
w. L. nach dem 59.° n. B. und 32.0 w. L. gezogen denkt, man ziem-
lich genau ihre bis jetzt äusserlich bekannte westliche Heckgrenze, ge-
zogen hat.
Strix lapponica, Sparrm.
(Str. barbata, Pall., Keyserl. u. Blas.)
Die Lappische Eule folgt den Zügen der Lemminge, und kommt dann
nicht selten in Scandinaviens nördlichen Provinzen vor; sonst ist sie aber
sehr selten. Im Jahre 1839—40 war sie in allen lappländischen Wäl-
dern sehr häufig. Mittlerweile wurde sie im November bei Horndals
Fabrik in Dalekarlien unter 60Y,° n. B. geschossen, welches Herr Lund-
borg auf folgende Weise erzählt:
»Diese Eule fiel einen Arbeiter an, welcher mit Grabenarbeit auf
einem grösseren Torfmoor beschäftigt war, und versuchte ihn im Rücken
zu greifen. Nachdem er sich von der Eule befreit hatte, blieb sie still
sitzen, während er nach Hause ging, um ein Gewehr zu holen. Zurück-
gekommen schoss er vorbei, und ging wiederum nach Hause, um auf's
Neue zu laden, worauf er sie dann mit dem zweiten Schuss erlegte. Es
war ein Weibchen und sehr mager.«
Sie ist jedoch während des Winters noch südlicher als an dieser
Stelle getroffen worden. In der Nähe von Carlstad in Wermland, unter
5912 n. B., und bei Fiholmen in Südermanland, unter fast demselben
Breitegrade, wurde sie ebenfalls einmal geschossen. Jedoch fällt die
südliche Grenze ihrer Heckzone nicht so südlich als die angegebenen
Orte. So viel mir bekannt, ist sie in neuerer Zeit, während des Som-
mers, nicht südlicher angetroffen worden, als bei Jockmock unterm Pol-
zirkel in Lule Lappmark, wo 2 Exemplare, Männchen und Weibchen von
Pastor Ullenius geschossen und präparirt wurden. Herr Löwenhjelm
erzählt darüber Folgendes:
»Das Weibchen wurde in der Nähe, Anfang Juni, im Neste auf
Eiern liegend geschossen. Diess hatte sie in einem dicht bestandenen
77
Kiefernwalde auf einem 3 Ellen hohen Stubben*), in welchem, da er alt
und gefault war, sich eine Höhlung gebildet, und wo sie ohne Dach
über'm Kopfe lag. Im: Neste lag ein weisses Ei von der Grösse eines
Uhueies. Unten am Fusse des Stubben lag das andere auf dem Moose,
ganz unbeschädigt. Das Männchen wurde bei Pirkijaur im Februar, mitten
am Tage, vom Gipfel einer hohen Fichte geschossen. In der Gegend
von Jockmock haben sich mehrere dieser Vögel gezeigt.«
‚Prof. Nilsson hält es jedoch für wahrscheinlich, dass sie sich, sowie
vorige Art, »in den grossen, öden Wäldern der mittlern Landschaften
des Reiches, und von dort wieder weiter nach Norden hin« aufhalten
soll. Sie ist auch im Sommer bei Lycksele unterm 64?/3.° n. B.
geschossen worden, so dass man mit Sicherheit annehmen kann, dass
ihre Heckzone im Süden bis zum 64.° n. B. gehen mag, und vielleicht
streckt sie sich auch zum 62—63.° n. B. herab.
Strix nyctea, Lin,
(Str. scandiaca, Lin. Tn. Sv. Str. nivea, Thbg. Str. candida, Bonap.)
Mit dieser Eule verhält es sich ganz so, wie mit voriger, nehmlich
dass sie den Lemmingzügen folgt, und sich auch nur in solchen Gegen-
den fortpflanzt, wo dieses Thier gemein ist. Wie wir wissen, unter-
nehmen diese Nager periodische Wanderungen von den hohen Alpen
nach dem Flachlande hinab, weit südlich von deren Grenze. Bei solchen
Wanderschaften halten sie sich ein oder zwei Jahre an diesen südlichen
Stellen auf, worauf sie wiederum von dort verschwinden. Hierin muss
man die Ursache suchen, dass beide, sowohl diese als auch vorige
Eule, welche beide hauptsächlich von diesen Nagern leben und ihre Jun-
‘gen damit erziehen, in gewissen Jahren: häufiger sind nicht bloss in
der eigentlichen arctischen Zone, sondern auch weit südlich von ihr,
als in andern Jahren, und besonders wenn es so eintrifft, in solchen
Jahren, wo die Lemminge sich ungewöhnlich vermehrt haben. Jedoch
“wirkt die Propagation und die Wanderungen der Lemminge mehr auf
diese als vorige Eule ein. Darum ist sie auch häufiger in der arctischen
Zone unserer Halbinsel, und während des Winters streicht sie weiter
nach Süden herab als vorige, so dass sie sich nicht so selten in Schonen,
Dänemark, ja auch manchmal in England und Deutschland einfindet.
*) Stubbe (Schwedisch) —= Stubben (Niederdeutsch) = Baumstumpf.
Baldamus.
78
Auf den Alpen geht sie bis in die Schneeregion hinauf, wo sie auch zur
Sommerzeit sich am liebsten aufhält; doch heckt sie auch in niedriger
gelegenen Gegenden. Der südlichste Ort, wo sie auf unserer Halbinsel
heckend gefunden worden ist, ist im Gulbraudsdalen nahe Dowrefjell
unterm 60.° n. Br. in Norwegen, wo Adjunct Liljeborg im Jahre 1843
nicht nur mehrere Familien, sondern auch ihren Horst mit Eiern traf.
Ueber jener Grenze findet sie sich auch überall auf den Alpen bis zum
Nord-Cap , niemals aber im Flachlande oder in Schwedens Küstenprovin-
zen, wohin sie sich nur im Winter, wenn Schnee in den Alpen gefallen
und die Nahrungsmittel weniger zugänglich sind, begibt, so dass man
sogar in den mittlern und östlichen Provinzen auf einmal bis auf 10
Stück hat zählen können. Sie scheint also zur Sommerszeit sich auf
dem Bergzuge (Seweberget), welcher Schweden und Norwegen trennt,
und auf dessen Seitenverzweigungen aufzuhalten, wesswegen man sie
auch selbst in Lappland nur auf den Alpen antrifft, und nur zur Winter-
zeit in der hoch nach dem Norden gelegenen Enare Lappmark, welche
keine eigentlichen Alpen besitzt, vorkommt. Obwohl eine wirkliche Tag-
eule, ist sie jedoch sehr phlegmatisch, und sitzt oft lange auf ein und
derselben Stelle, ohne sich zu rühren, besonders auf einem hohen Fels-
block, wo sie freie Aussicht überall hin hat. Im Winter, wenn man sie
an südlichen Orten trifft, sitzt sie gern auf Steinmauern und grössern
Steinen, oder in Ermanglung derer auf einem Erdhügel; sie lässt aber
den Jäger nicht gern schussgerecht ankommen, obwohl sie aufgescheucht
nur kurze Strecken fliegt. Dieselbe Scheu zeigt sie auch bei ihrem Horste.
Adjunct Liljeborg erzählt über den Horst dieser Eule Folgendes:
Am 3. Juni fand ich ihren Horst auf einem kleinen, leicht zu ersteigen-
den Absatze, oben auf dem Gipfel eines öden Berges und weit entfernt
vom Walde. Die Ursache, welche sie vermocht hier ihren Horst anzu-
legen, bestand hauptsächlich darin, dass Myodes lemmus hier gemein
war. Ihr Horst war auch mit vielen todten Lemmingen garnirt, welche
vielleicht das Männchen dem brütenden Weibchen zugetragen haben
mochte. Der Horst war höchst einfach, nur in einer wenig tiefen Grube
zubereitet, welche mit einigem trockenen Grase und einigen vom
Vogel selbst abgefallenen Federn ausgefuttert war. Er enthielt 7 gleich-
farbige, schmutzig weisse und ovale Eier. Jedes derselben hielt 58
Millim. in der Länge und 45 Millim. im Diameter. In Form und Farbe
gleichen sie am meisten denen von gewöhnlichen Haushühnern, waren
aber gegen das dünne Ende weniger zugespitzt. Uebrigens varüirten sie
79
sehr wenig in der Grösse unter sich. Der eine Vogel, ohne Zweifel
das Männchen, das auf einem Absatze in einiger Entfernung vom Horste
sass, floh sogleich als ich mich näherte. Der andere lag auf dem Horste,
bis ich mich ihm näherte, hielt jedoch nicht so nahe, dass ich ihn hätte
erlegen können. Da flog auch dieser auf und setzte sich in einiger Ent-
fernung, um observiren zu können, was ich vornehmen würde. Als
er mich dem Horste nähern und die Eier ausnehmen sah, gab er seine
Angst durch einen scharf zischelnden Laut und durch einen andern,
welcher ungefähr wie Krau! Lrau! klang, und durch Schütteln mit den
Flügeln zu erkennen, wobei er auf mich zuflog. Jedoch wagte er es
nicht mir sehr nahe zu kommen. Sonach ist es keinem Zweifel unter-
worfen, dass diese Eier gewiss diesem Vogel angehörten. Als ich die
Eier ausbliess, enthielten sie Foetus von sehr verschiedener Grösse. In
zweien derselben war er so gross, dass ich ihn kaum herausbekommen
konnte ohne die Schalen zu zerbrechen. In den übrigen dagegen waren
sie noch so klein, dass. sie sich leicht durch ganz kleine Löcher aus-
blasen liessen. An den grössern zeigten sich schon, obwohl zerstreut,
Federn.«
Derselbe Reisende traf auch gegen den 24. August eine Familie
von 6—7 Jungen, von denen er mehrere schoss. Diese waren schon
flugbar, wurden aber noch von den Eltern gefüttert und verpflegt. So-
wohl die Alten als auch die Jungen waren sehr scheu und vorsichtig
und daher schwer anzuschleichen. — Diess beweist deutlich, dass die
Angaben, welche man über die Anzahl der Eier hatte, welche diese Eule
legt, nicht ganz übereinstimmend mit der Wirklichkeit waren, sondern
dass sie darin Str. ulula am nächsten kommt, welche auch eine grössere
Anzahl Eier legt.
Anm. Str, nebulosa, Forst., Bonap. hat sich noch nie in Scandinavien ge-
zeigt.
Strix aluco, Linn.
ge (Str. stridula, Lin. F. Sv.
Wie hoch diese Eulenart nach dem Norden hinaufgeht, ist noch
unbekannt. Noch in Wermland, Dalekarlien und Uppland ist sie in Wäl-
dern häufig, sowohl im Winter als auch im Sommer; aber in den eigent-
lichen Lappmarken über dem 64.°n. B. scheint sie sich nicht zu finden.
Wenigstens ist sie nicht aufgenommen unter den von Löwenhjelm ver-
zeichneten Vögeln in Ume, Pite und Lule Lappmark, noch von Malm
80
unter den Vögeln in Enare und Utsjocki Lappmark. Adjunct Liljeborg
fand sie weder bei Archangel noch bei Tromsöe.
Anm. Str. noctua, Retz., Licht. (Str. nudipes, Nilss. Str. psilodactyla
Degl.) ist nur ein einziges Mal in Schweden gefunden worden, und wurde
da in Loma Kirche auf der westlichen Küste von Schonen gefangen.
Strix 'I'engmalmi, Gml, Nilss.
(Str. funerea, Lin. F. Sv., Nilss. Str. Dasypus, Bechst.)
Diese kleine schöne Eule trifft man in den Nadelwaldregionen bis
auf die Alpen in den nördlichen Provinzen; wie weit sie aber nach
Norden geht, dürfte noch nicht für ausgemacht angesehen werden. Die
nördlichste Stelle, wo man sie hier zu Lande mit Gewissheit getroffen
hat, ist, bei Pajirim, nahe am Polzirkel. Sie soll aber auch bei Quickjock
unterm 67 Yg.° n. B. vorkommen. Gegen Süden im Lande ist sie bei
Upsala heckend gefunden worden, aber ich halte es für glaublich, dass
sie auch in den südlichsten Provinzen hecken mag, weil ihr zeitiges
Auftreten in Schonen, schon im September, dafür zu sprechen scheint,
da sie kein Zugvogel ist, sondern nur im Herbste und Winter herum--
streicht, sowie die meisten ihrer Verwandten. Mittlerweile wage ich
nicht es als bestimmt auszusprechen, da noch zureichende und sichere
Observationen fehlen. Selbst habe ich sie mehrere Male, Anfang und
Mitte September, im nördlichen Schonen angetroffen.
Strix passerina, Lin., Nilss.
(Str. acadica, Temm. Str. pygmea, Bechst.)
Mit dieser Eule verhält es sich ganz so, wie mit voriger. Zur
Winterzeit trifft man sie bis hier in Schonen, ja bisweilen ziemlich zahl-
reich, aber ob sie sich im südlichen Schweden fortpflanzt, wie man
vermuthet, ist ungewiss. Ebenso wie weit man sie nach Norden zu auf
unserer Halbinsel heckend trifft. Im Polzirkel scheint sie jedoch nicht
vorzukommen; sondern nur in den mittlern Landschaften, sowie in Werm-
land, Dalekarlien, Uppland und den südlichen Lappmarken, wo sie auch
an mehreren Stellen heckt.
Anm. Str. fammea, Linn. ist nur einmal in Schweden im October bei Ystad
in Schonen angetroffen worden, wo sie im Hafen vom Maste eines Schiffes
herabgeschossen wurde.
81
Strix brachyotos, Forster.
(Str. ulula, Gmel., Temm. Brachyotus, Bonap.)
Diese Art hält sich während der Heckzeit auf den Alpen im nörd-
lichen Schweden auf, sowohl- in der Weidenregion, als oben auf dem
ewigen Schnee, wo sie hoch und schnell fliegt. Während dieser Zeit trifft
man sie nicht im eigentlichen Flachlande oder an den Küsten. Ihre
südliche Grenze scheint um den 63.° n. B. einzufallen, und sie geht bis
zum Eismeere hinauf. Unterm Herbst und Frühjahr, da sie regulär von
und nach dem Norden zieht, trifft sie auch in Schonen ein, allein sie
scheint dann von ihren Heckplätzen herabzusteigen und den Küsten der
Ostsee zu folgen, wo sie dann auch in genannter Zeit oft vorkommt.
Zu diesem Schlusse werde ich dadurch geleitet, dass ich sie nirgends
unter den Vögeln aufgezeichnet finde, die während der Zugzeit in den
westlichen oder nahe dem Seweberg liegenden Provinzen vorkommen,
dagegen wohl unter denen, welche sich in den Landschaften längs der
Ostseeküste finden.
Strix bubo, Lin.
(Bubo europaeus, Less. Bubo maximus, Bonap.)
Den Uhu trifft man besonders häufig in Scandinaviens bergigen und
waldreichen Provinzen, besonders in den mittlern; er heckt jedoch auch
hier und da in den südlichen, bis herab nach Schonen. So findet man
ihn auch heckend in den Lappmarken, und sogar bis hinaus auf die klip-
pigen und waldlosen Inseln des Eismeeres, an Norwegens Küste. Im
Winter, wo er weit herumstreift, kommt er nicht selten in den Wald-
parzellen und an den Seeküsten von Schonen vor. Wenn man ihn auf
der Krähenhütte gebraucht, welche Jagdmethode hier zu Lande selten
angewendet wird, geschah es, dass auch Arten seines eigenen Geschlech-
tes sich einfanden. Forstverwalter Gadamer erzählt, auf diese Weise
Str. ulula geschossen zu haben, welche sich schreiend einfand und auf
die Fallbäume schlug, als der Uhu zum ersten Male arbeitete. Er heckt
sehr zeitig, noch ehe der Schnee schmilzt findet man schon seinen
Horst mit Eiern im südlichen und mittlern Schweden.
Naumannia. 1854. 6
‚
82
Strix otus, Lin.
(Otus vulgaris, Bonap.)
Im südlichen und mittlern Schweden ist dieser Uhu eben so häufig
wie Str. aluco, und heckt in den meisten Wäldern in grösserer oder
geringerer Menge. Wie weit er auf unserer Halbinsel nach Norden
hinaufsteigt, kann man noch nicht für ausgemacht ansehen. Möglicherweise
geht er an den Ostseeküsten höher nach Norden, als im Innern des
Landes. Verhält es sich so, so ist der 64." n. B. seine nördliche Grenze.
Im Winter streift er in kleinern Gesellschaften herum, und findet sich
dann auch an andern Orten ein, wo er sonst im Sommer nicht zu treffen
ist, Er kann nicht als Zugvogel betrachtet werden, weil wenigstens sehr
viele hier bleiben, auch im strengsten Winter. Sowohl ich als auch
viele andere haben ihn mitten im strengsten Winter geschossen, und
auch noch bei Upsala ist er Standvogel.
(Fortsetzung folgt.)
Ornithologische Notizen.
Von
Graf Casimir Wodzicki.
Ich schrieb im Sommer 1853 an Dr. Cabanis über Crex pratensis,
welcher junge Vögel würgte und dieselben mit dem grössten Appetite
verzehrte, als wenn diese zu seiner Hauptnahrung bestimmt gewesen
wären. Am 9. Juni desselben Jahres sandte ich einen Aufsatz über
Rallus aquaticus der Naumannia zu, in welchem ich den Verdacht aus-
spreche, dass die Ralle den grössten Schaden unter den Eiern und jun-
gen Rohrvögeln anrichtet und unzählige Bruten zerstört; bald erlangte
ich den sichern Beweis für diese Vermuthung, und eile den noch unbe-
kannten Räuber anzuzeigen.
In einer ziemlich grossen Stube hielt mein Freund, Herr v. Tacza-
nowski, dem ich viele Erfahrungen verdanke und der ein tüchliger, ge-
wissenhafter und unermüdeter Forscher ist, — allerlei Vögel, unter
welchen Crex und Rallus über ein Jahr lebten, sich aber nie gut ver-
tragen konnten, da sie täglich mit einander rauften. — Eines Tages
wurde ein Stieglitz flügellahm und hüpfte auf dem Boden; bald wurde
-
83
er von der Ralle verfolgt und endlich mit dem Schnabel getödiet. Sie
fasste ihn hierauf mit einem Fuss, riss mit dem Schnabel die Bauch-
höhle auf und verzehrte mit grosser Lust die Eingeweide, liess aber alles
andere Fleisch unberührt liegen. Seit diesem Anfange verfolgte die
Ralle alle Vögel, selbst während der Dämmerung jagte sie fleissig, und
wir fanden täglich Leichen ohne Eingeweide. Ihre Raubsucht ging so-
weit, dass sie sich an ihren Feind, den Crex pratensis, wagte, und sie
würde ihn gewiss umgebracht haben, hätten wir diesen Räuber nicht
fortgeschafft. Dieser Fall zeigt die Differenz der nahe verwandten Arten,
Crex verzehrte alles Fleisch, Rallus begnügte sich mit den Eingeweiden
und wollte selbst hungrig das Fleisch nicht fressen, beide sind demnach,
wie es scheint, grausame und schädliche Vögel *).
Nr. 2. Unweit Lublin, im Königreich Polen, wo noch unermessliche
Wälder stehen, befand sich ein Horst von Aquila brachydactyla, in wel-
chem ein Junges sass. Den Waldhegern wurde eine Belohnung ver-
sprochen, wenn sie die jungen Adler lebend in halb ausgewachsenem
Gefieder einliefern würden. Um den Lohn nicht zu- verlieren, gingen
die Leute fast jeden Tag an den Baum, kletterten öfters bis zum Horste
und wurden endlich dem Adlerpaare so lästig, dass einst an hellem Tage
das Weibchen sein Junges mit den Klauen packte und einige hundert
Schritte weiter trug, auf einen verlassenen Milanhorst; das Männchen als
treuer Gefährte: begleitete die Gattin. Diese Beobachtung theilte ich
schon dem ornithologischen Journale vorigen Sommer im Kurzen mit, da
ich aber weitere Details seit dieser Zeit erfahren habe, denke ich diese
wichtige Beobachtung zu veröffentlichen, die wieder bei den Adlern die
Intelligenz beweiset.
Nr. 3. Vorigen Herbst beobachtete ich zwei Ketten Rebhühner,
die so merkwürdige Schwimmer waren, dass man sie zu den Wasser-
vögeln hätte stellen mögen. — Die stärkere Kette war sehr vorsichtig,
stand sogleich auf, sobald sie nur eine Gefahr ahnte, strich auf einen
Sumpf, in welchem Graskufen dicht neben einander standen, bei einem
über zwei Fuss hohen Wasserstande. Jeder von den Jägern dachte,
*) Es ist dabei freilich zu beachten, dass die Vögel in der Gefangenschaft von
ihren natürlichen Sitten Manches aufgeben und verlernen, und dagegen manche an-
dere, und merkwürdigerweise meist schliimmere Eigenschaften und Gewohnheiten
annehmen. Indess soll und kann mit dieser Bemerkung keineswegs der Schluss,
welchen unser um die Wissenschaft hochverdienter Herr Correspondent aus den von
ihm beobachteten neuen und höchst interessanten Thatsachen zieht, entkräftet
werden. E. Baldamus.
6*
84
dass die Vögel auf den Kufen vertheilt sich niedergelassen haben wür-
den, was aber nicht der Fall war, da wir, um uns zu überzeugen, an
einem warmen Herbsttage den ganzen Sumpf mit Hunden absuchten und
nicht ein Huhn trafen, da die Kette schon auf dem anderen Ufer sich
befand. — Eine andere Kette strich jedesmal, so oft sie aufgejagt wurde,
in's Gebüsch am Ufer des Flusses, und ohne durch Gefahr gezwungen
zu sein, liefen die Hühner sogleich in’s seichte Wasser und schwammen
über 420 Schritte weit an das andere Ufer. Als wir diese Erfahrung
gemacht hatten, liessen wir eines Tages die Hühner auftreiben, und
legten uns am entgegengesetzten Ufer platt nieder. Bald sahen wir denn
auch die Vögel in’s seichte Wasser laufen, ohne zu zagen dem alten
Hahne folgen, dann dicht neben einander schwimmen, scheinbar ohne
Anstrengung; sie trugen dabei die Sehwänze in die Höhe gehoben, die
Flügel etwas vom Körper entfernt, kamen heraus, schüttelten das Ge-
fieder, wie die Haushühner nach einem Sandbade, und schienen gar nicht
ermattet zu sein. Wir schossen einige Stücke, um uns zu überzeugen,
ob das Fleisch dieser Rebhühner vielleicht gar den Geschmack
der Wasservögel angenommen hätte, es schmeckte aber
vortrefflich.« — Diese Beobachtung wird manchem Jäger das Ver-
schwinden solcher Vögel erklärlich machen und sie auf den Gedanken
führen, dass man oft auf der Jagd in solchen Localitäten nachsuchen
muss, wo sonst das Feder-Wild nie verbleibt. Das eben erzählte Factum
gibt uns aber auch wieder ein interessantes Beispiel des Intelligenzgra-
des mancher Vögel, der unsere Bewunderung erregen muss. Bei vielen
geht freilich die Erfahrung verloren, viele werden durch die Gefahr nicht
klüger, es treffen sich aber unter allen Arten Individuen, die mit Ver-
stand und Gedächtniss besonders begabt, sich alles gut merken und jeder
Gefahr auszuweichen wissen.
Nr. 4. Wie nahe die Wachteln den Hühnern stehen bewei-
set nachstehende Beobachtung, die vorigen Winter gemacht wurde. Man
traf im Monate November, nachdem ein tiefer und lockerer Schnee ge-
fallen war, eine Wachtelfamilie an. Die armen Vögel gruben auf den
Wintersaaten Löcher in den Schnee, wie die Rebhühner, lagen darinnen
den ganzen Tag, und suchten ihre Nahrung ganz so wie ihre nahen
Verwandten es zu thun pflegen, durch Wegkratzen des Schnees. So
lebten die Wachteln, wie es schien ohne Mangel der Nahrung und Wärme
zu spüren, bis gegen die Hälfte des Januars, dann verschwanden sie
spurlos. Ob die Vögel in dieser rauhen Jahreszeit ihre Reise noch
3 85
antraten oder von den Raubvögeln verzehrt wurden, konnte ich nicht
erfahren.
Nr. 5. Dass die Elstern grossen Schaden durch Zerstören vieler
Bruten kleiner Vögel anrichten, besonders durch das Austrinken ihrer
Eier, weiss Jedermann, dass aber die Elstern auf das Federwild jagen
gleich den Raubvögeln, wusste wohl Niemand, denke ich. Wir sahen
einige von diesen Vögeln im Herbste emsig im Grase suchen, und hätte
der Vorstehhund nicht zwei Wachteln aufgejagt, so würden wir gar
nicht die Beobachtung gemacht haben. Sobald nun die Wachteln auf-
standen, flogen ihnen die Elstern nach, liessen sich an derselben Stelle
nieder, wo jene eingefallen waren, und verfolgten auf diese Weise, fort-
während krächzend, die Wachteln. Dieses Spiel. trieben sie über eine
Stunde lang und ermüdeten das arme Wild so sehr, dass es kaum noch
kleine’ Strecken fliegen konnte und sich endlich in’s Gebüsch schlug.
Die Elstern setzten sich zuerst auf die Aeste, sprangen zu Boden und
überwältigten, wie es schien, die ermüdeten Wachteln, da nach einer
halben Stunde Ruhe die Elstern wieder herausflogen und sich in dar
Gegend veriheilten.
Nr. 6. Die Hühner-Habichte sind als gefährliche und muthige
Räuber bekannt; es gibt aber unter ihnen so listige und: intelligente
Vögel, dass sie unsere Bewunderung erregen müssen. Ich gestehe, dass
die intellectuelle und so zu sagen moralische Seite der Vögel, der Grad
ihrer Intelligenz, ich möchte fast sagen, die Verschiedenheit in der Aus-
bildung ihres Verstandes, die Differenzen im Muthe und der List, am
meisten meine: Aufmerksamkeit fesseln. — Wie viele Erzählnngen in
mannigfaltigen Werken lesen wir über Treue und List, Verstand und kluge
Erfahrung der Säugethiere, und wie wenige Beobachter haben nach die-
ser Seite hin den Vögeln Gerechtigkeit wiederfahren lassen, wie wenige
Ornithologen das moralische und intellectuelle Leben ihrer Lieblinge,
diese so interessanten Geheimnisse der Luftbewohner, veröffentlicht !
Und doch wird darüber, wenn nicht mehr, doch gewiss eben so viel
Interessantes und Neues erfahren von jedem Beobachter, der im Freien
den Vögeln seine Zeit schenkt, besonders aber für denjenigen, der einige
Paare Vögel den Sommer über verfolgt und ihnen das intime Leben ab-
lauscht. — Man wird nicht lange nach derartigen Vögeln zu suchen ge-
zwungen sein, in jeder Art bieten sich interessante Individuen dar, be-
sonders zur Zeit der Brut, und sie werden bald genug die Aufmerksamkeit
fesseln. — Ich will in Kurzem zwei Fälle zur Charakteristik des Hühners-
86
*
Habicht (Astur palumbarius) erzählen, welche klar beweisen, dass unter
vielen, wo nicht allen Vögeln sehr gescheidte und kluge Individuen sich
vorfinden.
Auf meiner Herrschaft in Podolien wurden viele Tauben gezogen,
bald sahen wir die Taubenschläge überfüllt und die Vögel nahmen auf
den Dächern der Kirche und der Wirthschaftsgebäude ihre Zuflucht. Die
grosse Anzahl der Tauben lockte bald alle Habichte und Falken der Um-
gegend herbei, da wie bekannt, die Vögel sich gegenseitig über die
Gefahr benachrichtigen, und sich auch auf dieselbe Weise zur Mahl-
_ zeit laden. Meine Tauben wurden aber auch so verfolgt und decimirt,
dass sie nicht mehr in's Feld zu fliegen wagten und ihre Nahrung zwi-
schen den Gebäuden suchten.. Die Erfahrung und Klugheit der Tauben
spornte die Raubvögel zu grösserer List, und der Wetteifer war höchst
interessant zu beobachten. Die Tauben verliessen ihre Verstecke sehr
selten und immer am Boden streichend, gingen auch nie weit vom Hofe
weg. Dieses sonderbare Spiel dauerte über eine Woche. Die Raub-
vögel mussten doch den Kürzern ziehen; nur zwei schlaue Habichte
wussten durch ein verständiges Jagen alle Tage ihre Nahrung zu be-
kommen. — Einer derselben sass stundenlang mit aufgesträubtem Ge-
fieder auf einem Strohdache ziemlich versteckt, ohne sich zu rühren,
mit eingezogenem Halse, offenbar die Stellung einer Eule nachahmend. —
Die Tauben wurden bald zutraulicher, setzten sich auf dasselbe Dach
und der Bösewicht rührte sich nicht; sobald aber die Vögel aus- oder
einflogen, schoss er wie ein Pfeil auf sie los und verfehlte selten die
Beute, mit welcher er jedesmal in die Baumgärten flog, wohl durch Er-
fahrung belehrt, dass in denselben kein Feuergewehr abgeschossen wird,
da die Gärten zwischen den Gebäuden stehen, was gewiss auch seine
Intelligenz beweiset. — Der zweite Habicht, noch klüger, muthiger und
durchtriebener wie der vorige, kam jeden Tag um dieselbe Stunde, jagte
die Vögel in den Taubenschlag und machte darauf eine förmliche Treib-
jagd; er setzte sich nehmlich auf die Einflugbrettchen, lief um den Tau-
benschlag herum, stellte sich dann mit ausgebreiteten Flügeln auf eine
Seite des Taubenschlages, und schlug so lange an die Bretter desselben,
auf derselben Stelle herumtanzend, bis er endlich eine Taube hinaustrieb,
die er sogleich verfolgte.
Krakau, den 2. Februar 1854. B
Graf Casimir Wodzicki.
87
Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Vögel
Europa’s.
I. Das Knochengerüst und die Muskulatur der Zunge.
Von Dr. 8. en
(Mit Abbildung.)
‚Wenn gleich die Ornithologie in unserem deutschen Vaterlande,
seit einer Reihe von Jahren, sich eines recht erfreulichen Anbaues rüh-
men darf, so muss doch jeder vorurtheilsfreie Verehrer derselben beken-
nen, dass ihre wirklich wissenschaftliche Ausbildung in keinem besonders
günstigen Verhältniss zu der auf sie verwendeten Kraft und Zeit steht,
dass. die Ornithologie noch lange nicht die wissenschaftliche Exaktheit -
erreicht hat, deren sich viele andere, weit weniger Bekenner zählende,
und zum Theil weit schwierigere Zweige der Zoologie schon längst er-
freuen. Fordert man für diese meine Behauptung einen Beweis, so ver-
‘ gleiche man nur die Systemkunde der Infusorien mit den Systemen. der
Vögel. Diese verschiedenen, vielen Classificationsweisen, in denen bald-
‘ die Form. des. Schnabels, bald die Eigenthümlichkeiten der Füsse und
Fussschilder, bald die Federn der Flügel und des Schwanzes, bald sogar
die Färbung etc. eine sehr wichtige Rolle spielen, und in denen gar oft
recht wunderbare und wunderliche Zusammenstellungen zum Vorschein
kommen, sprechen, glaube ich, zur Genüge, dass man die Vögel nicht
besonders gründlich, wenigstens nicht wirklich wissenschaftlich studirt
hat. Ich bin überzeugt, mancher bejahrte, höchst. verdienstvolle, ehren-
werthe, und im alten Sinne recht gründliche Ornitholog wird wegen die-
ses Vorwurfes der Unwissenschaftlichkeit und Ungründlichkeit zürnend
gegen mich, den Neuling, den Finger erheben, allein die Hand auf's
Herz und offen! Was hat man bis jetzt fast allgemein, was hat Mancher
seine ganze Lebenszeit zu erforschen gesucht ? — Den Vogel und dessen
Natur? — Nein, nur dessen Oberhaut mit ihren Anhängseln , höchstens
‚einige, aus dem Ganzen sehr willkürlich herausgerissene Theile. Man
hat seine Ehre und das Heil der Ornithologie in einer recht grossen,
vollständigen Sammlung schön ausgestopfter, und gut aufgestellter Vogel-
bälge gesucht. Man hat fröhlich den Körper zum Fenster hinausgewor-
fen, sobald man glücklich den Balg wohl erhalten von einem gut ge-
83
schossenen, seltenen Exemplare gezogen hatte, um den Bau des Körpers
hat man sich gar nicht oder doch nur sehr wenig bekümmert, und doch
ist es nur die Anatomie, und zwar eine vergleichende Anatomie, die
allein die Ornithologie fördern, sie zu einer gründlichen Wissenschaft
erheben kann. Durch sie werden wir gewisse, nach bestimmten Gesetzen
gebildete Vogeltypen kennen lernen, constante, anatomische Charaktere
werden Grenzlinien für die Genera und Species ziehen lassen, man wird
neben einem vernünftigen Trennen und Scheiden, auch auf ein Vereini-
gen des Verwandten von der Natur selbst hingeführt werden, es wird
durch das Studium der vergleichenden Anatomie der Vögel endlich ein
fester Damm dem Andrang jener Zersplitterungssucht entgegengesetzt wer-
den, die in jedem abweichenden Fleckchen in der Farbe des Gefieders
eine neue Species, in einer etwas längeren oder kürzeren Feder u. s. w.
ein neues Genus sieht, und die, wenn sie in dem Maasse fortschreitet,
- wie sie begonnen, den verderblichsten Wirrwarr in Kurzem zur Folge
haben wird.
Man lege denn Hand an das Werk, man studire recht sorgfältig
das Knochengerüst, die Muskulatur, das Gefäss- und Nervensystem sammt
dessen Centralorgan, das Gehirn, die Verdauungs- und Sinnesorgane, den
Bau der Federn, des Schnabels etc. der einzelnen Genera und Species,
man ziehe bei dem feineren Baue einzelner Gebilde das Mikroscop, das
in andern Feldern der Naturwissenschaft so Grosses geschaffen, zur Hülfe,
man wird sicher, wenn auch erst nach langer, mühevoller Arbeit, höchst
lohnende Resultate gewinnen.
Ich habe mich entschlossen, ’von Zeit zu Zeit die Ergebnisse meiner
anatomischen Untersuchungen über den Bau des Vogelkörpers in diesen
Blättern niederzulegen, und mache den Anfang mit einem Artikel, in
welchem ich mich bemüht habe, ein Organ, das, mit der ganzen Nah:
rungs- und Lebensweise des Vogels in enger Verbindung stehend, nicht
gerade unwichtig genannt werden kann, die Zunge, in ihrem Baue und
ihrer Funktion etwas zu beleuchten.
Bei den meisten Säugethieren ist die Zunge ein ziemlich glatter,
meist länglicher Muskel, der, auf dem Boden der Mundhöhle ruhend,
theils an diesen, theils an den Gaumen und die benachbarten Theile be-
festigt, von der schleimabsondernden Haut (Schleimhaut) des Rachens
zum grössten Theil überkleidet wird. Zufolge ihrer eigenthümlichen
Befestigung und vor Allem der Complieität der sie bildenden und zu-
sammensetzenden Muskelbündel, wird sie zu sehr mannigfachen Bewe-
89
gungen befähigt, die ihr zur möglichst vollkommenen Frfüllung ihrer
Funktion nicht abgehen dürfen.
Ihrer Verbindung, ihrer ganzen Natur nach, ist die Zunge ein Glied
in dem grossen Systeme der Verdauungsorgane, welchem zunächst die
Bestimmung zufiel, ‚bei den ersten Akten des Verdauungsvorganges, bei
dem Einbringen der Nahrung, dem Kauen und dem Schlucken thätig zu
sein. Das Erstere, das Einführen der Speise in den Mund, verrichtet
zum Theil, bei einer grossen Anzahl der Säugethiere wenigstens, die
Zunge. Man beobachte z. B. ein grasendes Rind, man wird gewahren,
dass die Zunge, aus dem Munde hervorgestreckt, sich hakenförmig um
das Gras schlingt, und dieses in den Mund zieht, wo es theils durch
die Zunge, theils durch die Zähne vollends abgerissen wird. Der Hund
taucht beim Trinken die Zunge in das Wasser und indem er dieselbe
rasch wieder zurückzieht, schnellt er jenes in den Mund. Die Zunge
vertritt also bei vielen Säugethieren die Stelle eines Organes zum Fassen,
zum Ergreifen und Einbringen der Nahrung; bei manchen kommen ihr
dabei die vordern Gliedmaassen zu Hülfe,, z. B. bei den Affen, Eich-
hörnchen, Mäusen etc, Bei’ den Menschen verrichtet dieses Geschäft
die Hand. i
Bedenkt man, welche Bedeutung die chemische Beschaffenheit der
in den Verdauungskanal eingebrachten Substanzen für den ganzen Kör-
per hat, wie durch viele die durch den Akt der Ernährung verloren
gegangenen und ausgeschiedenen Theile des Körpers neu ersetzt wer-
den, und nur dadurch der ganze Organismus sich erhält, wie viele an-
dere aber auch höchst störend, ja zerstörend eingreifen in die zooche-
mischen Processe, die wir in ihrem gesammten Endresultate als physi-
sches Leben bezeichnen, so muss man sehr begreiflich finden, wenn die
Zunge in gewissem Grade die Eigenschaft eines chemischen Prüfsteines,
eines Reagens der chemischen Beschaffenheit der Substanzen, die in den
Verdauungskanal eingebracht werden sollen, besitzt, mit anderen Worten,
wenn die Zunge schmeckt.
Den Geschmacksinn kennen wir nur etwas näher beim Menschen.
Wie er sich aber in den verschiedenen Thierclassen ausbreitet und ver-
hält, darüber sind die Untersuchungen höchst mangelhaft, freilich auch
sehr schwierig, und haben noch lange nicht zu einem befriedigenden
Resultate geführt. Sind ja noch nicht einmal die Untersuchungen darüber
geschlossen, durch welche Nerven dieser Sinn vermittelt wird.
Die bei weitem grösste Anzahl der Säugethiere besitzt zur Zerklei-
9.»
nerung der in den Mund eingeführten Nahrung Zähne. Diese Gebilde
würden aber ihren Zweck nur sehr unvollkommen erreichen, wenn nicht
ein bewegliches Organ, wie die Zunge, die zwischen jenen hervorglei-
tenden Theile wiederholt zurückschöbe. Die Zunge spielt daher eine
ebenfalls nicht unwichtige Rolle bei dem Akte des Kauens, wie sie auch
beim Schlucken keinesweges unthätig ist. Ist nämlich die Speise bis zu
einem gewissen Grade zerkleinert, so wird sie durch besondere Bewe-
gungen der Zunge in die Nähe des Gaumens geführt, der durch die
Zusammenziehung seiner Muskeln das Angekommene weiter hinab in die
Speiseröhre befördert.
Beim Menschen ist die Zunge als Vermittlerin der Sprache seit un-
denklichen Zeiten allgemein anerkannt worden, die ältesten Sprachen
fassten die Ausdrücke Zunge und Sprache in ein Wort. Kann man: aber
wohl auch bei den Thieren die Zunge ein Sprachorgan nennen? Diese
Frage dürfte nicht so leicht beantwortet sein, als vielleicht der erste
Schein glauben lässt. Es handelt sich hier vorzüglich um zweierlei;
erstens, was versteht man unter Sprache, und zweitens, wie verhält sich
die Zunge bei derselben. — Die Sprache des Menschen ist der durch
Reihen artikulirter Laute (Wörter) bezeichnete Ausdruck eines Gedan-
kens, einer Vorstellung. Es gehört hierzu ein vernünftiges, denkendes
Selbstbewusstsein, das freilich den Thieren, nach den gewöhnlichen Be-
griffen, gänzlich abgeht. Gleichwohl finden wir, dass viele Thiere durch
gewisse Töne und Laute sich verständigen, also Aehnliches wie der
Mensch durch die Sprache erreichen. Man spricht daher wohl von einer
Thiersprache, nennt sie aber in Gegensatz zur menschlichen unartikulirt.
Beide lassen sich aber doch zurückführen auf Töne, die durch den aus
der Lunge gepressten Luftstrom im Kehlkopf erzeugt, und im Munde oder
der Rachenhöhle verschieden modulirt werden. In der menschlichen
Sprache spielt dabei die Zunge eine sehr bedeutende Rolle, deren Wich-
tigkeit vorzüglich zu Tage tritt, wenn dieses Organ gelähmt oder sonst
bedeutender verletzt wird. Auch das Thier modulirt höchst wahr-
scheinlich jene zur Verständigung dienenden Töne. In welcher Art und
Weise diess freilich geschieht, ist noch nicht hinreichend untersucht.
Man wird also mit ‘ziemlich sicherer Berechtigung die Zunge bei einer
grossen Anzahl von Säugethieren, ein Organ der Sprache nennen dürfen,
diese freilich im weitesten Sinne aufgefasst.
Wir haben demnach in der Reihe der Säugethiere, als der, den
Vögeln zunächststehenden Thierclasse, die Zunge:
9
1) als Organ zum Fassen, Ergreifen und Einbringen der Nahrung in
den Mund;
2) als Hülfsorgan beim Kauen und Schlingen;
3) als Organ des Geschmacksinnes,
4) als Modulator der Stimme, als Sprachorgan.
Gehen wir mit diesen gewonnenen Vorstellungen über zu den Vö-
geln, so werden wir die Bedeutung und Function der Zunge bei diesen
Thieren nur dann gehörig zu würdigen und richtig zu beurtheilen im
Stande’sein, wenn wir uns über ihren Bau so viel als möglich vollstän-
dig belehrt haben. Denn Struktur und Verrichtung der Organe stehen
überall in entsprechendem Verhältniss.
In mehr als einer Hinsicht muss bei der Vogelzunge auffallen, dass
die Natur hier einen etwas anderen Bauplan, als bei den Säugethieren
verfolgt hat. Nicht einen sehr beweglichen Muskel wie bei diesen, fin-
den wir bei dem Vogel, sondern eine schmale, mehrfach gestaltete,
knorpelige, starre Platte, die von der Schleimhaut des Rachens über-
kleidet, auf einem ganz eigenthümlichen Knochengerüst ruht. Dieses,
sowie die mit ihm im Zusammenhange stehenden Muskeln, Gefässe und
Nerven, wie auch jene Knorpelplatte, die eigentliche Zunge, wären die
Theile, die zunächst untersucht werden müssten. Von vorn herein kann man
wohl vermuthen, dass dieselben im Wesentlichen nicht bedeutend abändern
werden, dass man dieselben Knochen, Muskeln, Nerven etc., wohl so
ziemlich, wenn auch nicht in derselben Gestalt, doch in derselben Ver-
bindung und derselben Bedeutung, durch die verschiedensten Classen der
Vögel wieder finden wird, womit indess keinesweges gesagt sein soll,
dass eine weitere Untersuchung ganz überflüssig wäre. In der Gestalt
der Knorpelplatte, der eigentlichen Zunge, herrscht aber ein solcher
Formenreichthum, dass, so weit wenigstens meine Erfahrungen gehen,
"jedes Genus, ja jede Species, besondere Eigenthümlichkeiten darin auf-
zuweisen hat. Man vergleiche hierzu die Fig. I—-VI auf der beigefügten
Tafel, wo in Fig. I die Zunge nebst deren Spitze von Oriolus galbula, in
"Fig. II die Zunge und Zungenspitze von Fring. coelebs, Fig. II die der
Fring. montana, Fig. IV die von Corvus corone, Figur V die Zungen-
spitze von Parus major, Figur VI von Parus coeruleus abgebildet ist.
Besonders ist es die Zungenspitze und Zungenwurzel, die in sehr man-
nichfachen Gestaltungen auftritt. Eine nähere Untersuchung dieser Theile
behalte ich mir für eine spätere Arbeit vor. Jetzt soll uns zunächst
der Bau des Zungenbeines und die mit diesem im Zusammenhang stehende
92
Muskulatur beschäftigen, zu welcher Untersuchung ich aus mehrfachen
Gründen von der Zunge des gemeinen Raben Corvus corone ausgegan-
gen bin, und auf die sich die folgenden Resultate auch zunächst bezie-
hen, wie aber schon bemerkt, dürften sie in einem weit grösseren
Kreise, in den Häuptsachen wenigstens, Geltung besitzen.
I. Das Knochengerüst der Zunge.
Nimmt man das Zungenbein des Menschen im Allgemeinen, als ty-
pische Form für diesen Theil des Säugethierskelettes an, so findet man
dasselbe bestehend aus einem halbkreisförmig gebogenen, kleinen Kno-
chen, den Körper des Zungenbeines, an welchem sich an jedem Ende
zwei paarige, kleinere Knöchelchen, die Hörner, ansetzen. Es liegt
regelmässig hinter und unter dem Unterkiefer, zwischen diesem und dem
Kehlkopf, und steht jederseits durch ein Band mit dem Schläfenbeine in
Verbindung. Sonst dient es bei den Säugethieren nur als Ansatzpunkt
einer Menge Zungenmuskeln, nimmt aber selbst keinen weiteren Antheil
an der Bildung dieses Organes. er
Bei den Vögeln ist dieses Verhältniss ein bedeutend anderes. Was
zuerst die Lage und Verbindung hier betrifft, so ist sie folgende. Der
Unterkiefer des Vogels stellt bekanntlich ein gleichschenkeliges Dreieck
dar, dessen Spitze (Fig. XVI, A.) nach vorn gerichtet den Schnabel bildet,
dessen beide Schenkel (Fig. XVI, B.) aber in ihrem hinteren, freien Ende
zu einem Gelenkhöcker (Fig. XVI, C.) anschwellen. In dem “Raume
zwischen diesen beiden Schenkeln lagert das Zungenbein, dessen sehr
verlängerte Hörner hinter dem erwähnten Gelenkhöcker sich nach aussen
auf den Hinterkopf schlagen, und hier, sammt ihren Muskeln von einer
eigenen Fascie umkleidet, zwischen den Weichtheilen bis ziemlich in die
Mitte des Schädels, bei den Spechten selbst bis vor zur Schnabelwurzel
verlaufen. Von den Knorpelenden der Hörner gehen Fasern elastischen
Gewebes zu der Beinhaut des Schädels, mit der sie zusammenschmelzen.
Eben so abweichend wie diese Verbindung ist auch die Gestalt. Zwar
kann man auch Zungenbeinkörper und Hörner unterscheiden, indess sind
diese Theile doch sehr abweichend von dem Typus des Säugethierzungen-
beines, namentlich ist der Körper nicht halbkreisförmig gebogen, sondern
. gerade in die Länge gestreckt, liegt nicht quer, sondern in der Längen-
axe. An seinem vorderen Theile haften zwei symmetrische, in ihrem
vorderen Ende durch Bandmasse und Zellgewebe verbundene, ziemlich
starke Knochen, durch ein straffes Gelenk (Amphiarthrosis) an. (Fig. VI,
93
VI, IX, a). Während diese Knochen, die wir die Basalknochen der
Zunge nennen wollen, horizontal stehen, tritt der Körper des Zungen-
beines (Fig. IX, b.) unter einem stumpfen Winkel von etwa 135° nach
unten und hinten. Seitlich, in der hinteren Hälfte des Zungenbeinkör-
pers, setzen sich an einer Auftreibung die langen Hörner an (Fig. IX,
c, d, e, VII, VIII, c.), deren jedes in zwei (Fig. IX, c u. d.) durch ein
straffes Gelenk («) verbundene Theile (Glieder) zerfällt. Das erste Glied
steigt nur leicht gekrümmt ‚abwärts, das zweite aber biegt sich in einem
fast vollen Halbkreis aufwärts.
Während bei den Säugethieren, so viel mir bekannt, kein eigentli-
cher Knochen, höchstens eine schwache Knorpelplatte in der Substanz
der eigentlichen Zunge zu finden, bilden bei den Vögeln die beiden
Basalknochen den wesentlichsten Bestandtheil dieses Organes, namentlich
in dessen hinterem Theile. Von einer wirklichen Muskelsubstanz ist hier
keine Rede, bei den Vögeln wenigstens, die ich zu untersuchen Gelegen-
heit hatte. Die Schleimhaut, die von der Mundhöhle auf die Zunge über-
tritt, diese in ihren freien Theilen gänzlich überkleidet, am unteren, vor-
deren Theile eine Längsfalte, das Zungenbändchen, bildet, besitzt in der
Regel ein ungemein stark entwickeltes Epitolium. Unter der Schleim-
haut :stösst man auf bald mehr, bald weniger Zellgewebe,, während das
Innere der Zunge von einer knorpeligen, elastischen Substanz eingenom-
men wird, die sich an die Spitzen der Basalknochen anfügt.
Lässt man diese letzteren aus ihrem Verbande, und reinigt sie ge-
hörig von den adhärirenden Gewebstheilen, so wird bei Corvus corone
die Untersuchung etwa Folgendes ergeben. — Die Knochen besitzen
eine Länge von etwa 9 Linien und eine grösste Breite nahe an 1!) Lin.
Jeder derselben lässt deutlich drei Flächen unterscheiden, eine obere,
eine äussere und eine innere. Die erstere (Fig. X, A.) liegt horizontal
und ist in allen ihren Theilen ziemlich gleichbreit. An ihrer ganzen
äusseren, und im vorderen Drittel ihrer inneren Kante schneidet sie
scharf ab, dagegen wölbt sich diese obere Fläche in den beiden hinteren
‚Dritteln der inneren Kante, sanft in die innere Fläche (B) hinüber, so
dass an dieser Stelle eine geringe Verengerung entsteht. Durch dieses
Verhalten entsteht, sobald die beiden Knochen in ihre natürliche Lage
zusammengelegt werden, zwischen beiden ein leerer, ein spitziges Drei-
eck darstellender Raum (Fig. VII, x). Am Ende des hintern Drittels
ist an dieser in Rede stehenden Fläche ein kleiner Vorsprung nach
innen, (Fig. X, D.) von dem Gelenkhöcker herrührend, zu bemerken.
94
Unmittelbar hinter diesem ragt das kegelförmige, etwas nach aussen und
unten gekrümmte, etwa 2 Linien lange Horn (Fig. X, C.) des Zungen-
basalknochens hervor.
Die äussere Fläche (Fig. XI, A.) stellt sich gegen die obere nicht
rein nach aussen, sondern vielmehr nach unten und aussen. Dabei ist
sie nicht flach, sondern etwas gewölbt. Ziemlich schmal in ihrem vor-
dersten Theil beginnend , verbreitet sie sich bis zu 1%; Lin. am Ende
des zweiten Drittels ihrer Länge. Während nämlich ihre obere Kante
gerade verläuft, macht die untere mehrere Biegungen und zwar in der
Weise, dass sie anfangs allmählig abwärts steigt, an der tiefsten Stelle
ein kleines Knötchen. (Fig. XI, B.) bildet, von hier in einem seichten
Bogen sich wieder etwas aufwärts wendet, noch einmal einen zweiten
Höcker (Fig. XI, C.) den Gelenkhöcker umschreibt, und endlich steil
aufwärts zu dem schon mehrfach erwähnten Horne (Fig. XI, D.) übergeht.
Die innere Fläche (Fig. XU, A.) sieht nur um Weniges auch nach
oben, verschmälert sich in ihrem vorderen Theile um ein bedeutendes,
während sie in anderen Theilen durch die Vorsprünge, die ihre untere
Kante umschreibt, bis an 1/3 Lin. breit wird. Hinten wird diese Fläche
von einem Höcker begrenzt und überragt, (Fig. XI, C.) der auf seiner
Höhe eine dreieckige Gelenkfläche trägt, die schief nach unten, innen
und hinten gegen die Ebene der inneren Fläche sich stellt. Unmittelbar
hinter diesem Gelenkhöcker krümmt sich das Horn (Fig. XI, D.) stark
nach aussen.
Will man sich belehren, welchen von den beiden Knochen man vor
sich hat, den recht- oder linkseitigen, so gibt man ihm die Stellung,
dass das gekrümmte Horn nach hinten, die obere, ebene, gleichbreite
Fläche nach oben, der kleine Höcker vor dem Gelenkhöcker nach unten
sieht, steht dann die Gelenkfläche des Gelenkhöckers nach links, so ist
der betreffende Knochen der der rechten, im entgegengesetzten Falle
der der linken Seite. So weit ich das Zungenbein der Vögel untersucht
habe, habe ich die paarigen Zungenbasalknochen immer gefunden, oft
allerdings sehr klein, und von der eben beschriebenen Gestalt bei Corv.
» corone etwas abweichend. So lassen sich bei den Körnerfressern z. B.
nicht so scharf die drei Flächen scheiden, die Knochen sind, namentlich
in der Gegend des Gelenkhöckers, oft von der Seite stark zusammenge-
drückt, die vorderen Hälften derselben treten mehr von einander etc., in
allen Fällen aber ist die Gelenkfläche, das auswärts, nach hinten stehende
Horn, so wie das kleine Höckerchen vor dem Gelenkhöcker vorhanden,
95
Am Zungenbeinkörper des Corvus corone, ‘der beiläufig eine
Länge von 6 Linien hat, lassen sich etwa folgende Theile unterscheiden:
1) das Köpfchen, 2) der eigentliche Körper, 3) die hintere Gelenkan-
schwellung und 4) der Fortsatz.
Bringt man das Knöchelchen in seine natürliche Lage, so springt
das Köpfchen (Fig. XV, A.) bedeutend über den Körper vor, der dann
gerad nach vorn sehende Theil erscheint etwas ausgeschnitten. An sei-
nen Seiten gewahrt man dann auch zwei, nach aussen und oben gerich-
tete Gelenkflächen, (Fig. XV, a.) die durch eine viereckige Ebene (Fig.
XIH, b.) auf dem Scheitel des Köpfchens von einander getrennt werden.
Der Körper selbst (Fig. XV, B.) ist in seinem vorderen Theile von oben
nach unten zusammengedrückt. Längs der Mitte seiner Oberfläche läuft
eine seichte Leiste (Fig. XII, c.) vom Nacken des Köpfchens ausgehend
bis zum Fortsatz. Eine ähnliche, doch hinten und vornen breitere Leiste,
findet sich auch auf der Unterseite. (Fig. XIV, b.) Ober- und Unterseite
stossen übrigens in einer stumpfen, concaven Kante zusammen. In sei-
ner hinteren Hälfte wird der Zungenbeinkörper allmählig breiter und
dicker, und hier'an der Stelle, wo es die grössten Dimensionen erreicht
hat, senkt sich seitlich eine grubenförmige Gelenkfläche (Fig. XV, b.
Fig. XIV, c. Fig. XII, d.) nach hinten und aussen sehend ein, in der
die Gelenkköpfehen der Zungenbeinhörner artikuliren. Zwischen diesen
beiden Grübchen verschmälert sich der Knochen wieder und ragt als ein,
etwa eine Linie langer, Fortsatz über sie hinaus. An diesem Theile
haftet ein dünner, spatelförmiger, mit seinen Flächen nach oben und unten
sehender Knorpel, (Fig. VII u. VIH, d.) der durch ein dünnes Bändchen
(Fig. XV, H.) mit der unteren Seite des Kehlkopfes in Verbindung steht.
In natürlicher Lage ruht das Ende dieses Knorpelfortsatzes auf der Un-
terfläche jenes Organes.
Um dem Zungenbeinkörper die richtige Stellung zu geben, hat man
nur den sich verschmälernden Fortsatz nach hinten und unten, das Köpf-
chen mit den seitlichen Gelenkflächen nach vorn und oben zu richten,
so dass dessen schnauzenförmiger Vorsprung gerad nach vorn schaut.
Was nun den Zungenbeinkörper bei anderen Vögeln anbelangt, so
findet man hier ebenfalls grossen Wechsel in der Grösse und Form.
‘Das Köpfchen ist bald gestreckter, bald kürzer, bald ausgeschweift, bald
so, bald anders gestaltet, nie aber fehlt dasselbe oder seine beiden Ge-
lenkflächen, so mannigfach dieselben auch gestaltet sein mögen. Der
eigentliche Körper ändert ebenfalls in seiner Form sehr ab. Am gewöhn-
96
lichsten findet man ihn seitlich zusammengedrückt, immer aber treibt er
sich in der Gegend, wo die Zungenbeinhörner sich ansetzen, mehr oder
weniger auf. Den Fortsatz, so wie den spatelförmigen. Knorpel und
dessen Verbindung mit dem Kehlkopf, habe ich gleichfalls bei allen Vö-
geln, die von mir untersucht wurden, wieder gefunden.
Es macht wohl keine grosse Schwierigkeiten, die mehrfach erwähn-
ten Zungenbeinhörner (Fig. IX, c, d, e.) als ganz ähnliche Theile, wie
die grossen Hörner am Zungenbein der Säugethiere, wieder zu erkennen.
Freilich haben sie ihre Form insofern um ein Bedeutendes geändert, als
sie verhältnissmässig sehr gestreckt geworden sind, und überdiess jedes
einzelne in zwei Theile, ein vorderes oder erstes, und ein hinteres oder
zweites Glied zerfällt, die beide durch ein straffes Gelenk verbunden,
eine nur geringe Beweglichkeit an einander ermöglichen. Indem sich
diese Hörner, namentlich deren zweites oder hinteres Glied der Con-
vexitat des Hinterkopfes anschmiegt, müssen sie natürlich aufwärts ge-
krümmt erscheinen.
Bei dem: gemeinen Raben, Cory. corone, und der ‚grössten Mehrzahl
der Vögel ist der Bau dieser Knochen höchst einfach. Die beiden Enden
des ersten Gliedes treiben sich regelmässig zu Gelenkanschwellungen auf,
von denen die vorderste, stärkere eine längliche, gewölbte Gelenkfläche,
die nach vorn und: innen sehend mit dem Zungenbeinkörper artikulirt,
besitzt. Die hintere, viel schwächere dagegen, lässt eine runde, flach-
grübige Gelenkfläche bemerken. Der das hintere Glied des Zungenbein-
hornes darstellende Knochen ist in seiner Gestalt dem vorderen, ersten
allerdigs ähnlich, doch zeichnet er sich dadurch vor ihm aus, dass er
nur an seinem vorderen Ende sich scwach auftreibt, und hier ein kleines,
schwaches Gelenkknöpfchen besizt, an seinem hinteren Ende aber ein
dünner, einige Linien langer Knorpel sich ansetzt. . Beide Knochen, der
des ersten und zweiten Gliedes, sind in der Regel von oben nach unten
zusammengedrückt.
Bei Corvus. corone ist das vordere Glied des Zungenbeinhornes 13
Linien, das hintere nur 12 Lin. lang. Bei den meisten Vogelspecies variürt
aber das Grössenverhältniss sehr, doch findet man bei den meisten das er-
stere mehr oder weniger länger als das zweite. Indess bei den Spechten z. B.
scheint sich diess Verhalten umzukehren. Auf eine weitere Differenz stosst
man bei der Einlenkung der Hörner in den Zungenbeinkörper. Der Winkel
nämlich, unter dem jene zu diesem stehen, ist im Allgemeinen allerdings
Obs.et ad.Näb.del.D? S.
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35
%
97
spitzig, doch nach Länge und Breite des Schnabels, besonders des Un-
terschnabels, dieses bald mehr, bald weniger.
Aus dem Umstande, dass die einzelnen Knochenstücke des Zungen-
beingerüstes insgesammt durch straffe, also nur wenig freie Gelenke mit
einander verbunden sind, folgert sich von selbst eine nur beschränkte
und einfache Beweglichkeit derselben gegen einander; es frägt sich nun
nur noch, ob vielleicht die Zunge zu grösseren und freieren Bewegungen
durch ihre Verbindung mit den Weichtheilen befähigt wird. Zur Erle-
digung dieser Frage, wie überhaupt zur Kenntniss der möglichen Motio-
nen, müssen wir die Muskeln dieses Organes kennen lernen. Wir wer-
den dann auch einige von den Functionen der Vogelzunge beurtheilen
können.
I. Die Muskeln der Zunge der Vögel. (Fig. XVIu. XVIL)
Da, wie wir gesehen haben, eim eigenthümliches, complicirtes Kno-
chensystem als Stütze und Träger der Zunge der Vögel sich vorfindet,
das von dem Zungenbein der Säugethiere und insbesondere des Menschen
bedeutend in seiner Gestalt und Zusammensetzung abweicht, so muss
auch das Muskelsystem, das ja überall und in jeder Beziehung sich sehr
genau an den Bau des Knochenskeletts anschliesst, besondere Eigen-
thümlichkeiten in seiner Anordnung besitzen. Beim Vogel steht, wie
beim Säugethier, die Zunge mit Unterkiefer, Kehlkopf und Brustbein
durch Muskeln in Verbindung; bei ersteren sind diess aber auch die
einzigen Theile, während bei letzteren noch mehrere andere Muskeln an
die Zunge schicken, durch welche diese jenen nahe gebracht und von
denselben entfernt werden kann; besonders gilt diess vom Oberkiefer
und Schlüsselbein. Ueberdiess ist die Vogelzunge mit der Säugethier-
zunge zusammengehalten sehr muskelarm zu nennen. Die nächste Folge
dieser Armuth muss natürlich eine grössere Beschränktheit in der Be-
wegungsfähigkeit sein. Während die meisten Säugethiere die Zunge auf
‘ die mannigfachste Weise nicht nur auf- und abwärts, zur rechten und
linken Seite schieben können, sondern sie auch, vermöge einer eigen-
thümlich angeordneten, sehr ausgebildeten Muskulatur in ihrer Substanz,
zu den verschiedensten Gestalten zusammen zu ziehen und auszustrecken
im Stande sind, geht die Fähigkeit für letztere Bewegungen der Vogel-
zunge so gut wie gänzlich ab, und erstere beschränken sich bloss auf
ein Vor- und Rückwärtsgeschobenwerden.
Naumannia. 1854. ®
98
Die einzelnen Muskeln, die sämmtlich paarig vorhanden, lassen sich
in vier Classen theilen, als:
4) solche, durch die die Zungenbeinhörner mit dem Unterkiefer in
Verbindung treten, |
2) solche, die vom Kehlkopf nach dem Zungenbein gehen,
3) solche, die Brustbein und Zunge verbinden,
4) solche, die die einzelnen Glieder des Knochengerüstes der
Zunge an einander in Bewegung setzen.
A. Muskeln zwischen Unterkiefer und Zungenbeinhörnern.
4) Untersucht man die beiden Glieder des Zungenbeinhornes in
ihrer natürlichen Lage am Schädel, so gewahrt man längs des seitlich
nach aussen gelegenen Randes des ganzen zweiten Gliedes einen ver-
hältnissmässig starken Muskel (Fig. XVI, 1.). Er hüllt den Knochen, in
dem seine Fasern an dessen anderem Rande sich gegenseitig begegnen
und umschlagen, fast gänzlich ein, und bildet, da die Fasern sich nur
oben an dem weiter vorn erwähnten Knorpelende fest ansetzen, eine
Art Scheide, in welcher sich das Horn frei auf- und abschieben lässt.
Verfolgt man diesen Muskel zu seiner Ursprungsstelle, so trifft man diese
an der nach innen gekehrten Fläche des Unterkiefers, unmittelbar vor
dem Gelenkhöker desselben, mit einem starken Bündel beginnend und
nach vorn etwa Ys Zoll lang sich fortsetzend. Seiner Lage und seiner
Verbindung nach muss dieser Muskel das zweite Glied des Zungenbein-
hornes vom hinteren Theile des Kopfes abwärts ziehen und dadurch die
ganze Zunge bedeutend nach vorn zu schieben im Stande sein.
2) Mitten von der freien, unteren Fläche des Gelenkhökers des
Unterkiefers entspringt ein zweiter Muskel (Fig. XVI, 2.). Er schlägt
sich schnell nach innen und oben zu der äusseren Kante des ersten
Gliedes des Zungenbeinhornes, verläuft hier nach vorn zum äusseren
Rande des Zungenbeinkörpers, wo er seinen Ansatzpunkt findet.
In seiner Hauptbedeutung ist dieser Muskel der Antagonist des un-
ter 1) beschriebenen d.h. er zieht die vorwärts geschobene Zunge wie-
der zurück. Wirkt bloss der der einen Seite, so muss er freilich die
Zunge um -Weniges auch nach der entsprechenden Seite ziehen.
B. Muskeln zwischen Kehlkopf (Luftröhre) und Zunge.
Untersucht man den Raum zwischen Zungenbeinkörper und Kehl-
kopf auf der unteren Seite des Schlundes, so findet man hier zwei
Paar Zungenmuskeln verlaufen, von denen jedoch nur das eine hieher
gehört, nämlich
99
3) das innerste Paar (Fig. XVI, 3.). Dieses entspringt seitlich von
den vordersten Ringknorpeln der Luftröhre, verläuft, durch eine sehnige
Fascie, die den spatelförmigen Knorpel sammt dessen Bändchen bedeckt,
gegenseitig verbunden, gerad nach vorn; tritt dann in dem Winkel, den
die Zungenbeinhörner mit dem Zungenbeinkörper machen, auf die obere
Fläche des letzteren, läuft über sie hin und setzt sich unmittelbar vor
dem Gelenkhöker der Zungenbasalknochen an (Fig. XVII, 3.). Bei ihrer
Contraction nähern diese Muskeln die Zunge dem Kehlkopfe und ziehen
daneben den etwa nach oben gerichteten Hintertheil der Zunge nieder-
wärts. In dieser Wirkungsweise kann dieses Muskelpaar als Antagonist
der unter 4 und 7 beschriebenen Muskeln betrachtet werden.
C. Muskeln zwischen Zunge und Brustbein. In diese Rubrik
gehören
4) die beiden Muskeln, die jederseits von dem eben beschriebenen
dritten Paare lagern (Fig. XVI, 4.). - Verfolgt man sie nämlich, so findet
man, dass sie nicht an der Luftröhre entspringen, sondern verhältniss-
mässig sehr lang am ganzen Halse oberflächlich hinablaufen und ihren
endlichen Ursprung nahe an dem Winkel des tiefen Brustbeinausschnittes
nehmen. Zu ihrem Ansatze treten sie aber ebenfalls auf die Oberfläche
der Zunge, heften sich aber schon in der Gegend des ersten Gelenkes
zwischen dem ersten Gliede der Zungenbeinhörner und Zungenbeinkörper
an (Fig. XVII, 4.). Aus diesem Verhalten folgert sich die einfache
Wirkung, die Zunge nach den feststehenden Brustbein hin, abwärts zu
ziehen.
D. Muskeln zwischen den einzelnen Knochentheilen des
Zungenbeines.
Präparirt man auf der unteren Seite der Zunge das Zellgewebe so
wie die übrigen, störenden Theile, wie Gefässe, und ein sich hier ver-
breitendes Nervengeflecht hinweg, so wird man auf 3 Paare von Muskeln
stossen.
5) Vor Allem fällt eine sehr schlanke Sehne sogleich auf. Unter-
‘- sucht man dieselbe, so findet man, dass sie einem Muskel angehört (Fig.
XVI, 3.), der auf der oberen Fläche des ersten Gliedes des Zungenbein-
hornes lagernd, hinten in der Nähe des zweiten Gelenkes dieses Kno-
chens entspringt, und sich am ersten Gelenke nach aussen auf die un-
tere Fläche des Zungenbeinkörpers schlägt, in der erwähnten Sehne
gerad nach vorn läuft, und sich endlich an dem kleinen Höker, unmit-
telbar vor dem Gelenkhöker der Zungenbasalknochen,: ansetzt. Die
wi
100
Wirkung der Contraction dieser Muskeln besteht darin, die Spitze der
Zunge abwärts gegen den Unterschnabel, den hinteren Theil derselben
mit ihren Hörnern aufwärts gegen den Oberschnabel zu richten.
6) Eine ganz ähnliche Wirkung hat ein anderes Muskelpaar (Fig.
XV, 6.), das auf der unteren Seite des ersten Gliedes des Zungenbein-
hornes entspringt, und zwar längs deren vorderer Hälfte, von hier auf
den Zungenbeinkörper überspringt, an der inneren Seite der vorherge-
henden Muskeln 5) gerad nach vorn verläuft, und sich hinter dem vor-
deren Höker der Zungenbasalknochen ansetzt.
7) Das siebente Paar der Zungenmuskeln (Fig. XVI, 7.) entspringt
längs der Leiste auf der Unterfläche des Zungenbeinkörpers, tritt von
hier aus quer über diesen Knochen nach dem vorderen Theile der Hör-
ner der Zungenbasalknochen, wo es sich ansetzt. Es dienen diese bei-
den Muskeln dazu, den erhabenen Hintertheil wiederum abwärts zu zie-
hen, der Zunge eine horizontale Lage zu geben. In dieser Weise kön-
nen sie als Antagonisten der unter 5 u. 6 beschriebenen Muskeln gelten.
Sehen wir uns nun nach diesen Betrachtungen nach den Verrich-
tungen der Zunge um, die durch Bewegungen derselben vermittelt wer-
den, so finden wir, dass hieher das Erfassen der Nahrung, die Hilfe-
leistung beim Schlucken und das Moduliren der Stimme gehören.
Da der hornartige, feste nur in einer Richtung bewegliche Vogel-
schnabel zum Erfassen der Nahrung nicht gerade geschickt construirt
genannt werden kann, ihm auch kein anderweitiges Hilfe leistendes Or-
gan zur Seite steht, so könnte man vielleicht erwarten, dass zu diesem
Zwecke die Zunge um desto günstiger eingerichtet wäre, allein es findet
gerade das Gegentheil statt. Ihre elastische sonst in ihrer Substanz un-
bewegliche Hornplatte kann nur höchst mangelhaft einen Gegenstand
fassen und in den Schnabel einbringen. Um sie doch einigermaassen
dazu zu befähigen, ist sie häufig an ihrer Spitze mit eigenthümlichen
Spitzen und Stacheln bewaffnet, und ausserdem bei einigen Vogelfamilien
durch sehr lange Zungenbeinhörner und daran haftende, entwickelte
Muskeln in den Stand gesetzt, sich weit aus dem Schnabel zu strecken,
weiche Insekten und deren Larven anzuspiessen, oder dieselben doch
von ihren Ruheplätzen aufzuscheuchen, um mit dem Schnabel, wie mit
einer Pinzette gefasst zu werden.
Bedenkt man, dass’ dem Vogel einerseits wirkliche Backenmuskeln
abgehen, dass ihm ebenso ein weicher Gaumen fehlt, dass andererseits
jie freiesten und ausgedehntesten Bewegungen der Zunge nach vor-
101
und rückwärts, also nach dem Schlundeingange zu, möglich sind, dass
die Zunge an ihrem hinteren Rande eigenthümlich eingeschnitten, oft mit
nach hinten gerichteten Stacheln und Spitzen besetzt ist, so dürften alle
diese Verhältnisse zu der Annahme berechtigen, dass dieses Organ seine
Thätigkeit und seinen Zweck hauptsächlich bei dem Akte des Schlingens
entfalte, zumal da kein weiterer Apparat vorhanden, durch welchen die
Speise von der festen Schnabelspitze bis zum Eingang in die Speiseröhre
befördert werden könnte. Ist in diesem Akte die Zunge in Thätigkeit,
so kann man ihre Bewegungen etwa in folgender Weise auffassen. Nach-
dem der Schnabel den zu verschluckenden Bissen gefasst, drückt ihn die
Zunge nach oben und schiebt ihn, sich durch die Contraction der von
der Luftröhre und dem Brustbein stammenden Muskeln, rückwärts zie-
hend, längs dem Oberschnabel nach hinten gegen den Eingang in die
Speiseröhre. Hier angekommen senkt sich die Spitze der Zunge, da-
gegen richtet sich deren Wurzel in die Höhe. Die Stacheln an dersel-
ben, so wie die Hörner der Zungenbase fassen ihn jetzt und schieben
ihn theils vollends in das Bereich der Schlundmuskeln, theils verhindern
sie bei der sich entfaltenden Thätigkeit der letzteren ein Ausweichen
nach vorn. Jene Theile würden also zum Theil den weichen Gaumen
vertreten.
Eine sehr grosse Anzahl von Vögeln zeichnet sich bekanntlich durch
die Fähigkeit aus, die Stimme auf die mannigfachste, oft melodiereichste
Weise zu moduliren. Der grösste Theil dieser Eigenthümlichkeit ist
allerdings in dem Vorhandensein eines eigenen Organes, des unteren
Kehlkopfes begründet, allein wohl ausser Zweifel spielt bei diesen Ton-
variationen die Zunge eine nicht unbedeutende Rolle. Indem dieselbe
bald nach oben, bald nach unten, bald nach vorn gegen die Schnabel-
spitze, bald rückwärts gegen den oberen Kehlkopf schnellt, und dadurch
die Gestalt der Schnabelhöhle ändert, muss sich damit nothwendig eine
Aenderung im Tone verbinden. Ausserdem kann höchst wahrscheinlich
die elastische Zungenspitze von dem Luftstrome aus dem Kehlkopfe in
_ eine fibrirende Bewegung versetzt werden, was ebenfalls eine Reihe
von Modulationen in der Stimme zur Folge haben muss. Welche ein-
zelne Töne freilich durch die verschiedenen Stellungen und Bewe-
gungen der Zunge bedingt sind, diess zu erörtern, machte eine sehr
umfangreiche Untersuchung nothwendig. Es müssten hier vor Allem
die einzelnen Laute der Vogelstimme näher und weit sorgfältiger als
es bisher geschehen zergliedert und das Verhalten der Zunge dabei
102
durch direkte Beobachtungen und Experimente untersucht werden, .
eine Aufgabe, die die Grenzen dieses gegenwärtigen Artikels weit
überschritte.
Dr. Ss
Erklärung der Tafel.
Fig. I, A. Zunge von Oriolus galbula, 2mal vergrössert. B. Zungen-
spitze, stark vergrössert, von oben gesehen.
Fig. I, A. Obere Ansicht der Zunge von Fring. coelebs, 6mal vergrös-
sert. B. Zungenspitze bei stärkerer Vergrösserung.
Fig. IH. Zunge von Fring. mont., 6mal vergrössert, von oben gesehen.
Fig. IV. Zunge des Corv. corone, 2mal vergrössert. |
Fig. V. Zungenspitze von Parus major, stärker vergrössert.
Fig. VI. Zungenspitze von Parus coeruleus, stärker vergrössert,
Fig. VII. Obere Ansicht des Zungenbeinskeletts von Cory. corone.
a. Zungenbasalknochen.
Zungenbeinkörper.
Langes Horn des Zungenbeines.
Spatelförmiger Knorpel.
Knorpelige Substanz, die von der Spitze des BES ERUREANRHOERONG
entspringt.
x. Dreieckiger Raum zwischen den beiden Zungenbasalknochen.
Fig. VIII. Untere Ansicht des Zungenbeinskelettes, auch hier, wie in allen
\ folgenden Figuren von Cory. corone.
a. Zungenbasalknochen.
a. Vorderes Hökerchen.
ß. Gelenkhöker.
Y. Horn des Zungenbasalknochens.
b. Zungenbeinkörper.
c. Stückchen vom Zungenbeinhorn.
d. Spatelförmiger Knorpel.
Fig. IX. Knochengerüst des Zungenbeines, von der Seite gesehen.
a. Zungenbasalknochen.
b. Zungenbeinkörper.
c. Erstes Glied des Zungenbeinhornes,
d. Zweites Glied des Zungenbeinhornes.
a. Gelenkverbindung.
. Knorpeliger Fortsatz,
Spatelförmiger Knorpel.
er.»
m ©
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
103
X. Rechtseitiger Zungenbasalknochen, 2mal vergrössert.
A. Obere Fläche.
B. Innere Fläche.
C. Horn.
D. Gelenkhöker.
XI. Stellt die äussere Fläche des rechtseitigen, 2mal vergrösserten
Zungenbasalknochens dar.
A. Aeussere Fläche.
B. Vorderer Höker.
C. Gelenkhöker.
D. Horn.
XIU. Ansicht der inneren Fläche des rechtseitigen Zungenbasal-
knochens, bei 2maliger Vergrösserung.
A. Innere Fläche.
B. Vorderes Hökerchen.
C.. Gelenkfläche des Gelenkhökers.
D. Horn. ,
XII. Zungenbeinkörper, bei 3maliger Vergrösserung von oben
betrachtet.
A. Köpfchen des Zungenbeinkörpers.
a. Gelenkfläche.
b. Viereckige Fläche.
B. Körper mit der oberen Leiste c.
..€. Fortsatz.
&
d. Gelenkfläche.
XIV. Zungenbeinkörper, 3mal vergrössert, von unten gesehen.
A. Vorspringendes Köpfchen.
a. Gelenkfläche.
B. Körper.
b. Untere Leiste.
C. Fortsatz des Zungenbeinkörpers.
c. Gelenkfläche.
XV. Zungenbeinkörper, 3mal vergrössert, von der Seite betrachtet.
A. Köpfchen mit Gelenkfläche a.
B. Körper.
C. Fortsatz. ü
c. Gelenkfläche (Gelenkgrübchen).
104
Fig. XVI. Stellt die untere Ansicht der mit dem Unterschnabel in Ver-
BrRmBTa=nkIbaBß >
bindung stehenden Theile, besonders die Muskeln der Zunge
dar.
. Schnabelspitze.
. Schenkel des Unterkiefers.
. Gelenkhöker.
. Oberer Kehlkopf, der etwas abgezogen ist.
Untere Fläche der Zunge.
Zungenbeinkörper.
. Spatelförmiger Knorpel.
. Bändchen zwischen Kehlkopf und spatelförmigen Knorpel.
. Erstes, vorderes Glied des Zungenbeinhornes.
Zweites, hinteres Glied des Zungenbeinhornes.
. Knorpelfortsatz.
Von den Muskeln sind die oberflächlichen der einen Seite entfernt,
um die tieferen zu Tage zu legen.
. Erstes
. Zweites
. Drittes
. Viertes
. Fünftes von der oberen Fläche des Zungenbein-
. hornes hervorgezogenes
6. Sechstes
7. Siebentes
nm wm
Muskelpaar.
Fig. XVII. Stellt die obere Fläche des Knochenskeletts der Zunge
A,
B.
C.
etwas vergrössert dar.
Zungenbasalknochen.
a. Ansatzpunkt des dritten Muskelpaares.
b. Horn.
Zungenbeinkörper.
Zungenbeinhorn.
3. Drittes Muskelpaar.
4. Viertes Muskelpaar.
105
Notizen.
Merkwürdig häufig sind in diesem Jahre bei uns in Schlesien
Falco lagopus und peregrinus. Von Ersterem habe ich selbst bereits
8 Exemplare erlegt, und streichen auf unserem Gute wohl noch 12
solche umher, die einzeln und zu zweien ihre bestimmten Reviere haben.
Die Flugbreite des grössten der von mir erlegten Exemplare betrug
5' 4"; und war seine längste Schwungfeder 15Y, Zoll lang. Es war
ein altes Weibchen. Falco peregrinus habe ich noch nicht erlegen kön-
nen, da er zu unstätt ist. Vor Kurzem beobachtete ich 2 solche, die in
der Luft zu spielen schienen. Der eine liess wiederholt einen eigen-
thümlichen Laut hören, der wie Gigak klang und sehr hell war. Falco
lagopus war gar nicht scheu und liess mitunter mit der Kugel 2—3mal
auf sich schiessen ohne wegzufliegen. — Vor Kurzem fing ich in einem
Mardereisen Falco buteo masc. von beinahe schwarzer Färbung, dessen
Flugbreite 5‘ betrug. Sonst, in früheren Wintern, kamen weder Falco
lagopus noch peregrinus so häufig hier vor, sondern nur selten. Die
sonst so häufigen Falco palumbarius und tinnunculus habe ich in diesem
Winter noch gar nicht bemerkt. Lanius excubitor ist, trotz des hohen
Schnee’s und der anhaltenden Kälte, ziemlich häufig; ferner Turdus pi-
laris, Fringilla coelebs in Schaaren, unter letzteren viele montifringilla
und chloris. Von Fringilla domestica masc. hörte ich neulich in einem
Stall, als es ein anderes Männchen verfolgte, täuschend den Gesang des
Kanarienvogels, wenn dieser in der Brutzeit das Weibchen verfolgt,
nachahmen, natürlich sang er die Töne selbst wie jeder andere Spatz.
Wie stark sich dieser Vogel vermehrt, dazu folgenden Beweis: Vorigen
Winter wurden in unserer Schäferei über 300 Stück gefangen, und in
diesem Winter bereits 286. Dabei habe ich selbst im vorigen Sommer
nahe an 400 Eier in derselben Schäferei ausgenommen, und fliegen
ebendaselbst wohl noch ebenso viele umher. — Den 10. Juni fand ich
in einem Strauche des Caprifolium, welcher dicht an unserem Wohn-
hause, an einem sehr belebten Wäschtrockenplatz steht, ein Nest von
Fring. chloris mit 6 Eiern, deren eines einen Fleckenkranz am spitzen
Ende hatte. — Anas boschas fem. habe ich am 4. December 1853 auf
dem Eise, was bei uns schon alle Gewässer bedeckte, geschossen. —
Regulus ignicapillus und flavicapillus waren ziemlich ‘häufig; ich habe
ihnen stundenlang zugesehen, da man bekanntlich dicht neben ihnen
106
stehen kann, ohne dass sie sich dadurch stören lassen. Dabei ist mir
folgendes aufgefallen: mitten unter beiden Arten hüpfte noch ein kleines
Vögelchen, weder Regulus ignicapillus noch flavicapillus, ich sahe ja
beide dicht daneben, welches doch entschieden ein Regulus *) war; da-
bei war es wohl um 4 kleiner als jene beiden, und trotzdem ich mehre
Male mit Vogeldunst derauf geschossen habe, konnte ich es doch nicht
treffen. Der ganze Vogel war nicht grösser als die Kuppe eines star-
ken Daumens. Sollte es wohl also noch eine andere Art Regulus geben?
Die Färbung war ganz hellgrüngrau, der Gesang wie der seiner Nach-
barn. — Anfang December traf ich in einem kleinen Erlenbusch auf
einer Stelle von der Grösse einer Quadratruthe wohl an 20 Strix otus
beisammen.
Als seltsam und sehr selten variirend führe ich folgende Eier an:
1) Fringilla domestica: Ich selbst besitze davon 1 Ei, dessen obere
Hälfte schwarzbraun, dessen untere weiss ist. Durch die Länge der
Zeit, ich besitze es seit circa 8 Jahren, ist das Schwarzbraun etwas aus-
geblichen. 2) Corvus glandarius: In der Sammlung eines Comptoiristen
sah ich ein Ei, welches eine hellgrüne Farbe ohne alle Flecken hat.
Leider ist diese kleine Sammlung von Eiern, in der es an Farbenva-
rietäten schöne Exemplare gibt, so ziemlich unzugänglich. Der junge
Mann hatte das Ei selbst in diesem Jahre unter anderen gewöhnlich ge-
färbten ausgenommen. Eine andere Varietät der Eier dieses Vogels ist
hell weissgelb, mit lichten grauen Flecken. 3) Falco tinnunculus: Ich
besass (leider habe ich es mir ganz zerschlagen) hievon ein Ei, welches
ich mir selbst ausgenommen, und das rein weiss mit 3 grossen schwar-
zen Flecken versehen war; rothe waren nicht darauf.
H. Lübbert.
Es
Ein neuer? Ädler in Europa.
Gleichzeitig benachrichtigen mich die Herrn Dr. Degland und Abbe
Caire von einer notice publiee dernierement, & Marseille, par le savant
ornithologiste, Dr. Jaubert, über Aöyle Sainte-Victoire, Aquilu Barthe-
lemyi, eine zwischen A. imperialis und fulva stehende Art. M. Degland
vermuthet die Identität dieses Vogels mit dem »A. chrysa&tos der Deut-
schen,« M. Caire, der die »Originalexemplare mit seinen eigenen Augen
gesehen hat,« garantirt die Authentieität und. Genauigkeit der folgenden
Notiz; des Dr. Jaubert,
*) Vielleicht Regulus modestus?
107
»Aigle Sainte-Victoire, Aquila Barthelemyi. Livree constamment
la m&me et toujours foncee, semblable a celle de l’Aquila Chrysaötos,
(fulva); tete et parties superieures du cou couvertes de plumes acu-
mindes, d’un roux brun, pr@mieres scapulaires, c’est ä dire les plus
rapprochedes du corps, blanches, formant une Epaulette de 6 a 7 Centi-
metres de long, sur 3 ou 4 C.M. de large. Queue noirätre, traversee
de bandes irregulieres d’un cendr& brun; bec couleur de corne; cire,
commissure du bec et doigts jaunes; iris brun roux.
Les jeunes jusqu’a l’äge de quatre ou cing ans se distinguent par
la coloration blanche de la moiti&E superieure de la queue. Au nombre
des premieres plumes, qui apparaissent, se montrent deja celles qui
doivent former l’Epaulette blanche.
Cet aigle plus trapu que Taigle royal (A. fulva), presente des
tarses et des pieds plus forts. Les oeufs varient entre eux par le plus
ou moins de täches vineuses sur un fond cendre. Cet aigle se repro-
duit constamment A Aix, en Provence; on l’a rencontre aussi dans les
Pyrendes. On l’avait confondu jusqu’a present mal-A-propos, soit avec
le Falco fulvus, soit avec le F. imperialis ou heliaca.«
E. Baldamus,
Ein recht altes Männchen von Circus cyaneus scheint den Winter
über hier geblieben zu sein. Herr Lieutenant Kaplick hat es mehrmals
zu Anfang Januars bemerkt. Ich sah es am 13. dieses Monates.
Auch Alauda arvensis scheint in grösserer Anzahl ganz in der
Nähe überwintert zu haben. Hier erschien sie mit dem ersten Eintritte
des Thauwetters zu Anfang Januars.
Ferner bemerkte Herr Kaplick gegen Ende dieses Monates einen
Milvus ater.
Eine Plectrophanes nivalis, junges Weibchen, wurde in der Nähe
von Cöthen durch Herrn Baumeister Sehring in Edderitz erlegt. Sie
befand sich, allein, unter einer Schaar von Emb. citrinella und miliaria.
Schon vor Mitte Januars, beim Schnee, liess F\ palumbarius seine
Paarungstöne sehr laut und eifrig hören. _
FE. Baldamus.
In diesem Winter habe ich einen Turdus (pilaris?) erhalten, der
sonderbar gefärbt ist. — Er ist ein Albino. — Der ganze Vogel ist
108
schneeweiss; an der Brust einige matt- rostgelbe Flecken; der Ober-
rücken mit 4 dunkelbraunen Federn, die sonderbar genug, ein Kreuz
bilden, dergestalt: = ı— Der Schnabel orangegelb, die Füsse ebenso.
Die äussersten Federn des Schwanzes säbelförmig nach aussen gekrümmt,
so dass der Schwanz einem aufgeschlagenen Fächer gleicht. So ge-
färbt ist dieser Turdus einer der schönsten Vögel, den man wohl sehen
kann. Derselbe ist in meiner Sammlung aufgestellt.
Im vorigen Jahre 1853 kam ebenfalls in dieser Gegend eine unge-
heure Menge von Muscicapa atricapilla vor; es war im Maimonat, und
die Vögel zogen nach Norden. Alle Bäume der Gärten des Städtchens
waren von diesen kleinen Sängern umflattert, und einige drangen so-
gar zwischen die Häuser ein, und wurden in den Vorstuben gefangen.
Es befremdete mich sehr, da ich dann in der Naumannia las, dass man
dieselben Beobachtungen an den verschiedensten Orten gethan habe,
und ich frage, wie der geschickte Ornitholog, Herr Baldamus, »was
kann die Ursache dieser Erscheinung sein?« Würden sich vielleicht
diese Vögel in ihrer eigentlichen Heimath, Ost. Cent. Europa (siehe
Naum. 1853, zweites Quartal) so vermehrt haben, dass sie darum nach
West und Norden emigriren müssen, gleichwie unter den Menschen die
Europäer jährlich nach Amerika ziehen, und gewisse Jahre in grösseren
Haufen, als gewöhnlich? Der Vogel war vormals hier in Schweden nicht
häufig, jetzt aber ist er gemein (vergl. Nilssons Skand. Fauna. 2 Del.).
Amal in Schweden, den 10. Januar 1854.
T. Hammargren.
Bitte!
An Herrn Professor Dr. J. F. Naumann ergeht hierdurch die an-
gelegentliche Bitte, doch gefälligst in diesen geschätzten Blättern ein
kritisches Verzeichniss der in der Folioausgabe des Werkes seines
unvergesslichen Herrn Vaters so naturgetreu abgebildeten Vögel zu ge-
ben. Der Werth dieses vortrefflichen Werkes (Cöthen 1797 u. f.), mit
welchem die deutsche Ornithologie eigentlich erst beginnt, würde da-
durch noch ungemein erhöhet werden und alle Besitzer desselben wür-
den sich mit mir durch Gewährung dieser Bitte zum wärmsten Danke
verpflichtet fühlen.
Hoflössnitz bei Dresden, im: Jan. 1854.
Dr. A. Dehlıne.
109
Bekanntmachungen.
Als ordentliche Mitglieder sind der Deutschen Ornithologen-
Gesellschaft beigetreten:
Herr Freiherr Clamer von Münchhausen in Leitzkau.
» Pastor Gueinzius in Prödel, bei Magdeburg.
» Ahbe Caire in Sanieres, Dep. des Basses-Alpes.
» Thierarzt G. Oeltjen in Oldenburg.
» Oekonom H. Lübbert in Zweybrodt, in Schlesien.
» Dr. phil. A. Hummel aus Cothen, z. Z. in Liefland.
» Dr. med. J. Speerschneider in Schlotheim, in Thüringen.
Durch den Tod verlor dieselbe:
Dr. Hugo Sander in Cöthen.
Der Sekretär d. D. 0. 6.:
E. Baldamus.
Für die Bibliothek der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft sind ein-
gesandt:
Beiträge zur Fauna des Charkow’schen und der anliegenden Gouver-
nements. A. Ornithologische Beobachtungen gesammelt auf Reisen
im Charkow’schen und in den anliegenden Gouvernements, von
Prof. A. Czernay. (Extrait du Bulletin de la Societe Imperiale
des Naturalistes a Moscou. Tom. XXI.)
Bibliotheca historico-naturalis. 1853. I. I. Göttingen. 8.
Durch Herrn E. A. Zuchold in Leipzig.
E. Baldamus:
Literatur-Nachweise aus dem Gebiete der Ornithologie.
The magazine of natural history, and journal of zoology ete., con-
ducted by Edward Charlesworth. 4 volumes. London: Long-
man, Brown Green and Longmans 1837—1840. 8.*)
Vol. 1. 1837.
John Gould, „A synopsis of birds of Australia.“ p. 51-52. (Recension.)
*) Das obige bildet die Fortsetzung von John C. Loudon, Magazine of natural history.
9 volumes. London 1819-36. 8. — Nach dem Erscheinen obiger 4 Bände legte Charlesworth
die Redaction nieder. Von da an wurde dafür herausgegeben „Annales and magazine of natural
history conducted by Selby, Johnston, Babington, Balfour and Taylor. Davon erscheint jetzt der
7. Band. Ich hoffe von den beiden hier genannten den Inhalt später angeben zu können.
110
Woodcock shot in July. p. 52.
White Patridge shot. p. 52.
The Hedge Coalhood (Pyrrhula vulgaris) laying in November. p. 53.
Late singing of birds. p. 53.
New Tringa, shot near Yarmouth. p. 54.
Migrations of swifts. (Cypselus murarius, Temm.) p. 108-110.
Edward Moore, On the birds of Devonshire. p. 113-115.
J. D. Hoy, A notice of the occuürrence of two species of the genus Tringa,
new to the British Islands; with a list of the rarer birds killed in Suffolk, and the
adjoining borders of Norfolk and Essex, from the autumn of 1835 to December
1836. p. 115-118.
W. L*. Notice of the breeding of woodcocks in Selkirkshire; with observations
upon the habits and manners of the black and red grouse, and carrion erow, in
Scotland. p- 118-122.
Notes on, and notices of the crossbill (Loxia ceurvirostra, Linn.) p- 164-167.
Variation in the plumage of birds. p. 167-168.
Edward Moore, On the passerine birds of Devonshire. p. 176-180.
Edward Biyth, On the habits and peculiarites of the common bottletit or
mufflin (Mecistura vagans, Leach, Parus caudatus, of Linnaeus!) p. 199-208.
c. fig.
Pugnacity of the robin. p. 222-223.
E. Moore, Climbing and gallinaceous birds of Devonshire. p. 227-229.
Edward Biyth, On the reconciliation of certain apparent discrepancies obser-
vable in the mode in which the seasonal and progressive changes of colour are
effected in the fur of mammalians and feathers of birds; with various observations
on moulting. p. 259-263.
John Gould, A synopsis of the birds of Australia. Part. II. p. 270. (Recension.)
Natural phenomenon of ventriloquism in a bird. p. 279.
Edward Blyth, On the reconeiliation etc. (concluded from p. 263.) p. 300-311.
E. Moore, On the wading birds of Devonshire. p. 319-323.
W. Swainson, Birds of Western Africa. p. 324-330. c. fig. (Recension.)
George Fairholme, Observations on woodcocks and fieldfares breeding in Scot-
land. p. 337-340.
Edward Moore, On the web-footed birds of Devonshire. p. 360-366.
On woodcocks!, fieldfares, and redwings building within the British islands.
p. 439-441.
On certain alleged tokens of affinity which have been held to connect {he pi-
geons with the poultry. p. 442-443.
Eagle’s nest in loch skene. p. 443-445.
Ventriloquism of birds. p. 445.
John Gould, Observations on some species of the genus Motaeilla of Linnaeus.
p. 459-461.
Edward Bilyth, Some remarks on the plumage of birds. p. 477-481.
George Robert Gray, Description of a new subgenus, and some remarks on
birds belonging to the family Zaniadae. p. 487-490. c. fig.
Notice respecting Rhea Darwinü Gould. p. 504. -
Andrew Smith, Characters of a new form in Ihe Fringillidae; with a descrip-
tion of the only species yet referrible to it. p. 535-536.
Edward Biyth, Notes on the pern, or honey buzzard. p. 536-541.
111
Notice respecting a young Cuck0o, p. 554.
Redwing’s nest near godalming in Surrey. p. 555-
Two specimens of the green sandpiper shot in August. p. 555.
A. fork-tailed stormy petrel (T’halassidroma Leachü.) p- 555-556.
Richard Chambers, Observations on the humming-bird. p. 592-596. c. fig.
The green Sandpiper. p- 605-606.
Change of plumage in the guillemot. p. 607-608.
Domestication.of grouse (Lagopus brittanicus). p- 608.
Extract from the „Proceedings of the zoological society“ relating to the habits
of the Vultur Aura. p. 638-641.
Wildgeese in Germany. p. 644-645.
Vol. II. 1838.
Charles L. Bonaparte.
Transmission of experience in birds, in the form ofinstinctive knowledge,
pag. 50-53.
Singular effect supposed to have been caused by change of temperature on
small birds. p. 53.
(Wm. Thompson) Golden and sea eagle, Aguila Chrysaöios and A. albicilla.
pag. 164.
(—) Bald eagle, Haliaölus leucocephalus, Savig. p. 164-165.
Charles Lucian Bonaparte, Prince of Musignano, Observations on the long-
tailed Trogon. p. 229-231.
„A geographical and comparative list of the birds of Europe and North America.
By Charles Lncian Bonaparte Prince of Musignano. Van Voorst, London, 1838.
p. 237. Recension.
Edward Blyth, Outlines of a new arTangement of insessorial birds. p. 256-268.
Capture of the white-tailed eagle (Falco albicilla, Penn. Mont., Haliaötus albi-
eilla, Selby), on the Suffolk coast, February 22, 1838. p. 292-293.
Probable cause of the death of parrots, ane other birds confined in cages.
p. 293-294,
T. C. Heysham, Some observations on the habits of the dottrel, (Charadrius
Morinellus, Linn.) made in Cumberland, during the summer of 1835. p. 294-304.
Edward Blyth, Outlines of a new arrangement of insessorial birds. (Continued
from p. 268.) p. 314-319.
John Skaife, Miscellaneous ornithological notes. p. 331-334.
Woodcocks breeding in Ross-shire. p. 347-348.
Edward Bilyth, Analytic descriptions of the groups of birds composing the
order, Insessores Heterogenes. p. 351-361.
„Jardine’s naturalist’s library. — Ornithology. — Muscicapidae or fly-catchers.
— By W. Swainson. Lizars, Edinburgh; Highley, London.“ p. 389-390. Recension.
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Pomarine Skua. p. 395-396.
Native woodcocks. p. 396.
Plumage of the smew. p. 398.
Brehm, Observations on some of the domestic instinets.of birds. p. 399-406.
Edward Blyth, Analytie descriptions of the groups of birds composing the
order Insessores Heterogenes. p. 420-426.
112
John Skaife, On the ornithology of Blackburn and the north of Lancashire.
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Plumage of the smew merganser. p. 451.
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Freds Me’ Coy, Remarks on Mr. Eyton’s arrangement of the gulls. p. 487-490.
John Hancock, Notes on the trumpeter bird, or Waracobi of the Arowahs of
Guiana; Psophia crepitans of Linnaeus. p. 490-492.
J. B. Harwey, Note on birds. p. 512.
John Skaife, On the ornithology of Blackburn, and the north of Lancashire.
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Eyton’s arrangement of the gulls. p. 567.
(Weissenborn) Gypaötos barbatus. p. 567.
(—) Flight of pigeons. p. 567.
(—) Collecting the nests of the Hirundo esculenta. p. 568-569.
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order Strepitores. p. 589.
(E. Moore) The pied fly-catcher. p. 634.
(—) Northern diver. (Colymbus glacialis.) p. 634.
Vol. II.
Arthur Strickland, Upon the claims of, the Ardea alba — great egret, or
white hearn, to be considered a British bird. p. 30-32,
Edward Blyth, Analytie descriptions of the groups of birds composing the
order Strepitores. p. 76-84.
(Joseph Clarke) Ornithological notes. 99-100.
W. Bernard Clarke, Remarks on the red-legged partridge. (Perdix rubra,
Briss.) p. 142-144.
W. 6. Pelerin, On the strüekiral differences observable in the C’rania of the
four British species of the genus Cygnus. p. 178-180. c. xyl.
(Weissenborn) Curious capture of a white-headed eagle. p. 197-198.
(A. Dugmore) Capture of an eagle at Swaffham. p. 198.
H. L. Long, Notice of the discovery of the nests and eggs of the common
erossbill, near Fearnham, Surrey. With additional remarks by Yarrell. p. 236-239.
(E. Eardly Wilmot) Breeding of the woodcock in England. p. 255.
(J. Brown) Breeding of the crossbill in Gloucestershire. p. 310.
(H. L. Long) Breeding of the crossbill in Surrey. p. 311.
(Jonathan Couch) King penguin. p. 312.
(D. W. Mitchell) Capture of rare birds. p. 467.
(Edw. Biyth) On fieldfares breeding within the British islands. p. 467-468.
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(Joseph Clarke) Note of Lozia curvirostra, Temm. (Cross- bill. p. 565.
Vol. IV.
(Charles Prideaux) Little bustard shot in Devonshire. p. 57.
T. C. Eyton, Remarks on the skeletons of the common tame goose, the Chinese
goose, and the hybrid between the two. p. 90-92.
(T. Bell Salter) Hint to ornithologists. p. 104, — A mode of preparing eggs
for collections.
(Henry Me Lauchlan) Hoopoe taken at Fishguard, Pembroke. p. 250. _
Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien.
Von
H. D. 3. Weallengren,
auf Trolle-Ljungby bei Christianstadt in Schweden.
(Fortsetzung.)
Cuculus canorus, Linn.
Diesen Vogel, den man hier in Schweden für einen sicheren Früh-
lingsboten betrachtet, trifft man überall in Sckandinavien — vom südli-
chen Schonen bis oben nach Nordkyn am Eismeere. Er geht auf den
Alpen ‚bis in die Birken- und Weidenregion hinauf, und man sieht ihn,
nach Prof. Nilsson, »bisweilen über die. Schneefelder fliegen, um von
dem einen buschbewachsenen Thale nach dem andern zu gelangen,«
und ist, nach demselben berühmten Zoologen, eben so zahlreich im
Norden, als im Süden unserer Halbinsel.« Er ist natürlicherweise auch
hier zu Lande Zugvogel, und da man in mehreren Gegenden unserer
Halbinsel seine Ankunft im Frühjahr ziemlich genau wahrgenommen, will
ich in folgender Tabelle die Zeit dafür angeben, entnommen aus Angaben
die an die Königl. Wissenschafts-Akademie in Stockholm übergeben und
von dieser publieirt worden sind:
® ch wede m 1845. 1846. 1847. 1848.
Schonen (551/g—56° n. BJ). » . | 2-9 | 9-85 | ns | 35
Blekinge*(56° n. B.) . . .”. . 6/5; 5/5 9%, 28],
Öland und die Küste des Calmar-
kreises (57° n. B.) a 12/, Ed | 5/75 x
Gottland (Nähr an S$.0.Küste u. Wisby) _ — S— 1; 7s
Provinzen östlich vom Wetternsee
(58-590: n. BY Saga 333 3/5 3/5, — 9/5 | Ba —10]5
Naumannia. 1854. 8
Schwedenm 1845. | 1846. | 1857. | 1848.
Provinzen westlich vom Welternsee .
(58—590 n. B.) - Ss) a) Ye 1 96— 85
Gegend um den Mälarsee (59— 600
n. Br.) ae | 9-75 | Rh) 9%
Wermland ee 10/, _ ni PB
Ostseeprovinzen zwischen 60-920 n. B. 15/5 — Y—1%5 11/,
Dalekarlien zwischen 60-62° n. B. 1, 19/, = 14/5
Ostseeprovinz. zwischen 62-640 n. P. — 18/, _ 17),
„...64-66° n. B. Bi 28/, 23/27], 20/, 2/5
Lopziiiniik u 64-66° n. Br.
(Lycksele) . . 27/, 21), 3/, 17/,
Lappmark zwischen 66- 670 | n. Ei _ 25/5 — _
Lappmark zwischen 67-68° n. B.
(Quicklock):: tu... Nr FE et LA i 195°
Lappmark zwischen 67-68° n. .B.
@Gelliware) . » er eleiete — 15/5 15/5 %/,
Karesuando 681/5° n. B. ar. 2g ra 3 ei
Dazu kann noch gefügt werden, dass der Kukkuk im Jahre 1842
nach Enare Lappmark gegen den 23. Mai kam.
Aus dieser Tabelle ersieht man deutlich, dass Cuculus canorus im
südlichen und mittlern Schweden, bis zum 64—66° n. B., ziemlich suc-
cessiv von Süden nach Norden kommt, aber über und an genannter Pol-
höhe scheint er sich zeitiger einzufinden, als an mehr südlich gelegenen
Orten. So z. B. kam er nach Gellivare (670 20° n. B.) während der
Jahre 1846—47 schon am 15. Mai an, und war letzgenanntes Jahr in
dieser Zeit schon gemein, während er dagegen in die Mälargegenden
1846 zwischen dem 8.—1417. desselben’ Monats anlangte; in den Ost-
seeprovinzen zwischen dem 62—64.° n. B. gegen den 18., und 1847 in
letztgenannten Provinzen zwischen dem 64—66.° n. B., den 21.—27. Mai.
Wenn man dabei bedenkt, dass Gelliware ziemlich weit im Innern des
Landes liegt und die Tabelle uns augenscheinlich in die Hand gibt, dass
der Vogel eher in den Küstenländern eintrifft, als in dem unter selber Pol-
höhe gelegenen inneren Lande, so kann man sich nicht leicht auf andere
Weise die zeitigere Ankunft in diesen nördlicheren Gegenden erklären, als
dass man annimmt, dass die Vögel, die dorthin kommen, den östlichen
Weg längs Finnlands Küste nehmen und sich in’s Innere des Landes
— ja vielleicht auch etwas nach Süden hinab — ziehen, und denen be-
gegnen, welche den westlichen Weg über die dänischen Inseln genommen.
Diese Schlussfolgerung scheint auch dadurch bestärkt zu werden, dass
115
nach der Tabelle von 1848 der Kukkuk in dem, im Innern des Landes
so hoch gelegenen Quickjock (67° 3‘ n. B.) eher, oder wenigstens in
selber Zeit anlangte, als in den südlichern Ostseeprovinzen zwischen
64—66° n. B.
Picus martius, Linn.
'In Schonen ist diese Art während der Heckzeit ziemlich selten,
kommt jedoch hier und da in den nördlichen Theilen, wo es Nadel-
wälder gibt, vor. In Smaland und andern Provinzen des südlichen
Schwedens trifft man ihn häufiger. In den grossen und dichten Kiefer-
wäldern der mittleren Provinzen ist er jedoch am häufigsten; kommt
auch in den Lappmarken, ein Stück in den Polarkreis hinein, über dem
67° n. B. vor. Viel weiter hinauf scheint er nicht zu gehen, da er von
Malm nicht in Karesuando oder Enare Lappmark getroffen wurde; auch
Adj. Liljeborg sah ihn nicht um Tromsöe in Norwegen. Nach den Alpen
hinauf geht er, so weit die Kiefern Hochwald bilden.
Picus viridis.
In den Laubwäldern der südlichen Provinzen ist dieser Vogel häufig,
nimmt aber 'mehr und mehr nach Norden zu ab, und scheint an der
lappländischen Grenze zwischen dem 63—64.° n. B. aufzuhören. In den
Alpengegenden hält er sich nur in den Thälern auf, und geht nicht auf
die Alpen hinauf.
Picus canus.
In Schonen kommt dieser Specht niemals zur Heckzeit vor. In
Smaland trifft man ihn manchmal, in den mittlern Landschaften von Schwe-
‘ den und Norwegen aber öfter. Jedoch ist er weit seltner als voriger.
Gegen Norden hinauf steigt er kaum weiter als voriger, so dass er noch
nicht als in Lappland vorkommend angemerkt ist. Mit Ausnahme Scho-
nens, hat sonach diese Art, so viel man weiss, dieselbe Heckzone in
unserem Lande, wie voriger.
Anm. Löwenhjelm berichtet, dass Pastor Bjürkman ihm erzählt habe, bei Quick-
jock einen grünen Specht gesehen zu haben, ohne jedoch näher angeben zu
können, welchen von beiden und zu welcher Zeit:
8*
116
Picus leuconotus, Bechst.
Dieser ist die seltenste Art des Geschlechtes, und ist in keinem
Theile. des Landes häufig, sondern im Gegentheil sehr‘ selten. Im
Calmarer Bezirke und auf Gottland heckt er und ist sonach der 75.°
n. B. die südliche Grenze für seine Heckzone. In Wermland, Dalekar-
lien, Uppland und, wie es scheint, bis zum Polarkreis — bis in die Nähe
von Jockmock — kommt er hie und da vor. In Wermlands Wäldern
soll man ihn noch am häufigsten treffen. In Russland fand Adj. Liljeborg
ihn nördlichst bei Kargopol, zwischen dem 61—62.° n. B.
Picus medius, Linn.
Dieser Specht gehört den südlichsten Provinzen Schwedens an:
Schonen und Blekinge, und man trifft ihn kaum in Smaland, so dass die
nördliche Grenze seiner Heckzone wenig über 563° n. B. reicht. Auch
in Mitten derselben ist er ziemlich selten.
Picus major, Linn.
Dieser ist die gemeinste Art des ganzen Geschlechtes und man
trifft ihn während der Heckzeit bis in Lapplands Polarkreis gelegenen
Nadelwäldern, und dürfte man ihn so weit nach Norden hinauf treffen,
als die Kiefer noch Wald bildet.
Picus minor, Linn.
Dieser kleine, nette Specht findet sich während der Heckzeit sehr
selten in Schonen, wogegen er in den mittlern und nördlichen Thei-
len der Halbinsel ziemlich häufig is. Auf den Alpen trifft man ihn
durch die ganze Nadelholzregion; auch geht er weit in den Polarkreis
hinein. Jedoch soll er nach Malm nicht so weit nach Norden hinauf,
wie bei Jackasjärwi (67.° n. B.) wohnhaft, sondern dort bloss wäh-
rend der Streichzeit sichtbar sein. Im Winter ist er nicht selten in
Schonen.
Picus tridactylus, Linn.
Während des Winters streicht diese Art bis Smaland und Bohuslän
herab, aber er dürfte wohl kaum südlicher hecken, als im nördlichen
117
Wermland und dem südlichen Dalekarlien unterm 60.° n. B. In den
Küstenprovinzen über dieser Grenze trifft man ihn jedoch nicht heckend,
sondern nur im Lande selbst; und in Lappland’s Kieferwäldern ist er der
gemeinste aller seiner Verwandten. Auf die Alpen hinauf geht er, so.
weit Nadelholz wächst. Die ganze Polarregion hindurch, bis in die
norwegische Finnmark trifft man ihn, und Malm sah ihn bis zur Mün-
dung des Passwigilelfven (Palsjocki), durch welchen Enare See seinen
Ausfluss in’s Eismeer hat.
Jynx torquilla, Linn.
Im südlichen Schweden ist dieser Vogel sehr gemein in den Wäl-
dern während des Sommers; im mittlern Schweden dagegen nimmt er an
Zahl sehr ab. Im südlichen Dalekarlien unterm 60." n. B. ist er selten,
wogegen er aber bei Upsala unterm 59%.° n. B. noch gemein ist. Diess
scheint anzudeuten, dass er auf der östlichen Küste weiter in dem
Lande hinauf geht, als längs des Bergrückens. Jedoch bemerkt Prof,
Nilsson, dass er auch nördlich um Dowrefjell in Norwegen vorkomme,
wesswegen man annehmen kann, dass er wenigstens bis zwischen den
63—64.° n. B. hinaufgeht. In den Lappmarken ist er, so viel mir
bekannt, noch nie gefunden worden, sonach nicht über den 64.° n. B.
hinaus. Adj. Liljeborg führt ihn nicht unter den Vögeln an, welche er
in Russland zwischen Petersburg und Archangel traf.
Anm. I. Alcedo ispida, L. ist mehrere Male in Schonen getroffen und gesehen
‘ worden; es ist jedoch sehr ungewiss, ob er hier heckt. Nach Angabe eines
Jägers, der die Vögel ziemlich gut kennt, soll er sich während des Sommers
nicht gar so selten an einem Flusse in Schonen finden. Ich habe mich jedoch
noch nicht davon überzeugen können, ob es sich so wirklich verhält.
" Anm. II. Merops apiaster, Lin. wurde auch einmal bei Ystad in Schonen, wo
zwei Individuen, Männchen und Weibchen, im Juni 1816 getroffen worden,
geschossen. Auch wurde er im Juli oder August 1829 in Dahlsland ge-
schossen, und bei Hörningsholm in Södermanland. Er ist nicht als hier
heckender Vogel bemerkt worden.
Nucifraga caryocatactes, Linn.
(Caryocatactes guttatus, Nilss.)
Diese Art hat sich seit einigen Jahren, bis jetzt regulär, in Schonen
mehr oder weniger zahlreich eingefunden, so dass ich vermuthe, dass
er, nachdem er im Jahre 1844, beiläufig gesagt, in zahllosen Schaaren
118
die südlichen Theile Schwedens und andere mehr südliche Länder von
Europa besuchte, theilweise in der Nähe sich angesiedelt und propagirt
hat. Sonst kann man auf keine genügende Weise seine zeitige Ankunft
zur Herbstzeit jeden Jahres hier im nordöstlichen Schonen erklären,
welche mehrentheils schon im September, bisweilen erst im Oktober
geschieht, worauf er sich hier während der Wintermonate aufhält. Auch
in diesem Herbste (1853) zeigte er sich hier und wurde auch geschos-
sen. Man hat jedoch keine genügende Nachricht über seine wirklicke
Heckzone hier im Lande. Das einzige, welches man mit Sicherheit weiss,
ist, was Prof. Nilsson in seiner skandinavischen Fauna, Vögeln I. p. 150
anführt: »In Schwedens mittlern Landschaften ist der eigentliche Sommer-
Aufenthaltsort dieses Vogels; auch kömmt er dann in den nördlichen
Gegenden vor, sowie auch in Norwegen bis Stördahl über Tronthjem
hinauf. Vielleicht geht er noch nördlicher.« In den Lappmarken ist er
jedoch von keinem der Ornithologen, die in jüngster Zeit dort gereist,
angetroffen worden — nicht einmal von Löwenhjelm, der zuletzt im Jahre
1845 diese Gegenden bereiste, also im Jahre nach dem grossen Zuge
dieser Vögel nach Süden. Von Baron Cederström wurde diese Art als
zweifelhafter Heckvogel um Carlstad in Wermland herum aufgenommen,
und von Lundborg ist er ganz und gar nicht angeführt, weder vorkom-
mend noch heckend im südlichen Dalekarlien; aber Mesch nimmt ihn im
Verzeichniss der Vögel um Upsala als dort heckenden Zugvogel auf,
ohne jedoch weiter davon zu sprechen, und als solchem hat auch Dr.
Andree ihm einen Platz unter den auf Gottland heckenden Vögeln ein-
geräumt; auch war er dort jedem Jäger sehr wohl bekannt und von
ihnen als Heckvogel angesehen. Hiernach kann man sehen, dass man
weder seine südliche noch nördliche Grenze hier im Lande mit einiger
Gewissheit angeben kann, dass er als Heckvogel unserer Fauna, und
vorzüglich den mittlern und östlichen Provinzen des Landes angehört,
aber auch, dass er wohl nicht in Lappland, also nicht überm 64.0 n. B.
vorkömmt.
Sturnus vulgaris, Linn.
In dem südlichen und mittlern Schweden ist dieser Vogel sehr ge-
mein, und an mehreren Orten ein von Hausbesitzern gern gesehener
Mielhgast. Gegen 670 n. B. hört er an Norwegens westlicher Küste
ganz auf; an Schwedens östlicher Küste dagegen schon zwischen dem
119
63—64.0.n. B. ‘Manchmal, zur Frühjahrszeit, sieht man ihn in kleinen
Schaaren (d4—6 Stück) bei Quickjock in Lappland (gegen 67° n. B.);
er schlägt aber seine Wohnstätte dort nicht auf; man glaubt, dass er
von Norwegen dorthin komme, indem er der Thahlstrecke folgt, welche
von beiden Seiten um den Sulitjelma, von Saltensfjord bis Quickjock
reicht (Pastor Björkman); auch findet man ihn nicht regulär bei Lule
oder Jockmock (nahe am Polarkreis).
Folgende Tabelle gibt seine Ankunft im Frühlinge in Schweden,
unter verschiedenen Polhöhen; dabei muss aber bemerkt werden, dass
er in den südlichen Provinzen, und zwar schon um 58.0 n. B., beson-
ders in milden Wintern, in nicht unbedeutender Zahl überwintert;
1845. | 1816. | 1847. | 1848.
Bchöfen: Pa en 35_50/, 26-27/,. | den ganzen | 28/,.31/,
Blekinge - »... dito 27 /9-5/3 5-18/, 27/912],
Öland und Küste des eluarbezirke. _ 4/g-3/z 2%6/,-6/, u
Gottland . . » -» . . E= ZZ 13-16), 13),
Provinz. östlich um er Wettern-
see (58-590 n. B.) » » 2...» 1_7/, A_11/, 1_20/, 27/g-11/,
Provinz. westlich um den Wettern-
see (58-590 n. B.) » -» » « 50/5-21/, 2-15/, 15_17/, 2/,-18/,
Gegend um den Mälaren (59-600n. B. ) 21 3-2/, 14/3-%/, 1/z-3/4 12/,-16/z
Ra ce ae 2/y _ BE at
Dalekarlien®) ; .„... näs,» == _ ie a
Ostseeprovinzen zwischen 62- 640n. B. E= 15/z >e er
Ostseeprovinzen zwischen 63-660 n.B. 25/5 _ Le
Quickjock . . 4, eu sr 3,5 1,
Gelliware (67020° n. .B. yae). ER —_ 21), ei 11/,
Anm. I. Pastor roseus, Linn. ist ein oder das andere Mal hier in Schweden
geschossen, aber nie während der Heckseit hier BERFIEND: worden. Sogar in
Lappland ist er angetroffen worden.
Anm. II. Oriolus galbula, Linn. ist auch einige Male hier getroffen worden,
jedoch nicht während der Heckzeit. Man sagt jedoch, dass er im Innern des
*) Obwohl Angaben über die Ankunft anderer Zugvögel in dieser Provinz nicht
fehlen, so ist doch keine, welche den Staar erwähnt. Diess kann sich jedoch nicht
davon herleiten, dass die Art sich dort nicht finde, da ich mehrere Male seine Eier
von dort erhalten habe. .
**) Was die Angabe über das Vorkommen dieser Art bei Gelliware betrifft, so
zeigt es sich deutlich, dass der Vogel dort nicht jährlich vorkommt, sondern dass
er dort, so wie in Quickjock, sich ein oder das andere Mal wahrscheinlich auf dem-
selben Wege einstellt, wie am vorher genannten Orte, oder auch von Finnland, uni
wahrscheinlich auch, ohne dort zu hecken.
120
Landes, "im Calmarbezirke bei Wimmerby hecken solle — aus welchem
Grunde jedoch, weiss ich nicht. Die Angabe ist mitgetheilt von Cand. J. A.
E. Wetterberg. Als ich den Calmarer Bezirk bereiste, traf ich ihn nirgends.
Corvus corax et cormix, Linn.
Diese zwei Arten sind in ganz Scandinavien bis nach der Eismeer-
küste bei Tromsöe in Norwegen gemein. Erstgenannter steigt weit auf
die Alpen hinauf und ist dort häufiger, als im Flachlande der Lappmarken,
und geht gegen Norden bis zum Nord-Cap und Wardöe hinauf. Corvus
cornix dagegen scheint im Innern der Lappmarken, welches im Polar-
kreis liegt, selten zu sein, geht jedoch bis an die Eismeerküsten östlich
vom Nord-Cap und auch auf die Alpen hinauf, so weit es noch Nadel-
holz gibt. |
Anm. Corvus corone, Linn. ist so viel ich weiss, nur bei Upsala heckend ge-
funden worden (1842), wo sie mit einer Corvus cornix gepaart war, worüber
Mesch folgenderweise berichtet: „Ich erhielt 3 Junge, welche vor der Mauser
alle C. cornix wurden. Sie starben bald, so dass ich nicht bestimmen kann,
wie es nach ihr geworden wäre.‘ — Diese Art betreffend, welche von Gada-
mer unter den im nordöstlichen Schonen im Herbste und Frühjahr vorkommen-
menden Vögeln (Naum. Il. B. 3 ff. p. 2.) aufgenommen worden ist, muss ich
bemerken, dass sie hier so viel ich weiss, noch nie geschossen worden ist,
und dass es sonach möglich ist, dass der hier im Herbst und Frühjahr „nicht
selten‘‘ vorkommende, und für C. corone gehaltene Vogel möglicherweise eine
junge C. frugilegus, mit an der Schnabelwurzel noch nicht abgenutzten Fe-
dern, sein könnte. Aus dieser Ursache habe ich in meinem Verzeichnisse über
die Vögel des nordöstlichen Schonens (Öfversigt af Kongl. Wet. Acad. Förhandl.
1849. p. 311) diese Art als zweifelhaft angeführt, obwohl die von mir gese-
henen Individuen mir stärker gebaut vorkamen, als C. frugilegus. Die ich ge-
sehen habe waren so scheu, dass ich ihnen nicht in Schussnähe kommen
konnte, und ich kann mich nicht erinnern, ihre Stimme gehört zu haben. Auf
Gottland findet sie sich nicht. Die Individuen, welche Dr. Andree Anlass
gaben, sie als gottländische Art aufzuführen, sind jüngere Individuen von
C. frugilegus, wovon ich mich überzeugte, als ich im Gymasialmuseum in
Wisby die Originale untersuchte.
Corvus frugilegus, Linn.
Diese eigentlich dem Flachlande angehörende Art, welche sehr
zahlreich im südlichen Schonen vorkommt, aber nicht, so viel ich weiss,
in den nördlichen Theilen dieser Provinz heckt, weil diese mehr wald-
reich und von mehr gebüschiger Natur sind, trifft man wiederum auf
Öland und auf Gottlands südlicher Spitze heckend, so wie auch, obwohl
selten, in der Nähe von Carlstad in Wermland, nicht aber im südlichen
Dalekarlien. In Angermanland soll sie jedoch auch vorkommen, und sich
121
sogar im Winter bis an das, im Polarkreis gelegene Quickjock, wo
ein Individuum zwei Winter hinter einander zugebracht haben soll, und
1840 geschossen wurde, verirren. Im südlichen Schweden geschieht es
ebenfalls, dass man sie im Winter nahe an Häusern sieht; so hielt
sich eine derselben verflossenen Winter (1852—53) an meiner Wohnung
auf, so wie auch eine bei Trelleborg auf der Südküste von Schonen am
16. Febr. 1850 gesehen wurde. Ihre nördlichste mit Sicherheit bekannte
Heckgrenze in Schweden scheint zwischen 59—60° n. B. zu fallen, und
wenn sie auch manchmal über diese Grenze hinaus heckend getroffen
werden sollte, so gehört diess wenigstens zu den Seltenheiten.
Corvus monedula, Linn.
Die Dohle hört schon im südlichen Dalekarlien auf, ein gemeiner
Heckvogel zu sein, obwohl sie noch bei Upsala oft zum grössten Theile
überwintert. In Norwegen kommt sie noch als Heckvogel bis zwischen
dem 64—65.° n. B. vor und dürfte diess auch ihre nördliche Grenze
sein, wobei jedoch bemerkt werden muss, dass sie als heckend nicht in
den im Innern Schwedens zwischen dem 63—64.° n. B. gelegenen
Provinzen vorkommt, dagegen manchmal, obwohl selten, in den Küsten-
provinzen zwischen denselben Graden. In Schonen überwintert sie zum
Theil.
Pica caudata, Linn.
Die Elster hält sich nur in der niedern Nadelholzregion auf, und
ist in der, im Polarkreis gelegenen Lappmark seltener als €. coraxz und
cornix. Doch fand sie Malın im Innern des Landes noch bei Muonioniska,
unterm 68.° n. B., nicht aber in Enare Lappmark (69° n. B. 45° w.L.)
Sonach scheint sie im Polarkreise nach Osten zu um den 68.'n.B.
und 41',.0 w. L. aufzuhören, wogegen sie an der Eismeerküste bei
70° n. B. und 370 w. L. noch gemein ist. Auch bei Hammerfest (70?
.n.B, u. 41130 w.L.) kommt sie vor, so dass man mit Recht annehmen
kann, dass sie auf der Westküste bis zum Nord-Cap hinaufsteigt. Oest-
lich von hier, oder in Ostfinnmarken, soll sie sich nur höchst selten
sehen lassen.
Garrulus infaustus, Linn,
Dieser in den bergigen Landschaften der Halbinsel nicht seltene
Vogel, wird schon im südlichen Theile von Dalekarlien in Schweden und
122
in Gudbrandsdalen in Norwegen unterm 60° n. B. heckend gefunden,
worauf er dann zu beiden Seiten um den Kaınm der Alpen bis zum
Eismeere hinauf vorkommt, wenigstens bis zum 69—70.° n. B., wo Malm
ihn an der Mündung des Passwigilelfven fand. Auf die Alpen steigt er
bis zur Birkenregion hinauf. In den Küstenprovinzen der Ostsee trifft
man ihn mehr im Winter, und selten südlich bis Stockholm. Im
Sommer dagegen trifft man ihn an dieser Küste nicht eher als in Wester-
botten, zwischen dem 63—64.® n. B., jedoch ist er auch hier noch
selten, bis man den Polzirkel erreicht, wo er auch im ganzen Flach-
lande häufig wird. Seine Fortpflanzung und sein Nest betreffend, sagt
Malm, der jedoch nur leere Nester fand: »Er baut während der Winter-
monate sein kunstloses Nest aus Flechten und Grashalmen im Walde,
und zeigt sich Ende Mai mit flugbaren Jungen;« und Löwenjhelm, der
am 11. Juni flugbare Junge schoss, sagt: »Es ist merkwürdig, dass man
von dem Neste und den Eiern dieses Vogels als von etwas ganz Unbe-
kanntem sprach. Das Volk selbst verwunderte sich darüber, niemals ein
Nest dieses so gemeinen Vogels gefunden zu haben, obwohl es oft kleine
Junge trifft.« |
Garrulus glandarius, Linn.
So wie vorhergehende Art eigentlich ihren Stammort in der Nähe
des Alpenrückens und dessen Verzweigungen und in der Polarregion
hat, so hat diese ihren eigentlichen Aufenthalt in den Laubwäldern des
Flachlandes und in den südlichen und mittlern Provinzen, besonders dort
wo Hasel und Eiche vorkommt. Jedoch scheut sie auch nicht die Kiefer-
wälder, sogar in der Nähe der Alpen, so dass sie noch gemein ist, wo
Garr. infaustus sich zu zeigen beginnt. Ihre nördliche Brütgrenze
scheint in die Nähe des 63.° n. B. zu fallen, oder in die Polhöhe des
Dowrefjell in Norwegen; doch, obwohl selten, trifft man sie noch etwas
nördlicher bis zum 64. n. B. Während des Herbstes soll sie ein oder
das andere Mal bei Quickjock im Polarkreis gesehen worden sein.
Coracius garrula, Linn.
Obwohl nirgends gemein, trifft man doch diesen schönen Vogel hier
und da in den südlichen und mittlern Provinzen der Halbinsel, wenig-
stens bis nach Upsala. Im südliche Dalekarlien ist sie jedoch nur ein-
mal gesehen worden, so dass die nördliche Grenze für seine Heckzone /
zwischen den 60—61.° n. B. zu fallen scheint.
123
Bombyeilla garrula, Linn.
Die Fortpflanzung dieses Vogels betreffend, hat Pastor Björkman fol-
gende Angabe geliefert, »dass er einmal bei Jockmock (im Polarkreis)
und einmal bei Gelliware das Nest dieses Vogels gefunden habe. Beide
Male hatte er es im niedern Stumpfe eines ausgefaulten Baumes, 2—3 Ellen
über der: Erde gefunden. Das Nest bestand aus Grashalmen, Federn und
etwas Rennthierhaaren. Der Vogel liess beim Abfliegen vom Neste sei-
nen gewöhnlichen Lockton hören; in dem einen Neste fand er 6—7 kleine
Junge, in dem andern 3 Stück blauweisse ,„ mit schwarzen Strichen und
Flecken gezeichnete Eier.« Diess ist die einzige zuverlässige Nachricht
über die. Fortpflanzungshistorie dieses Vogels, welche wir besitzen *). —
Dieser Vogel scheint, so wie der Gimpel und mehrere andere, sein Nest
sehr wohl zu verstecken, und im Allgemeinen sich auch während der
Fortpflanzungszeit still zu verhalten, was noch die Schwierigkeiten ver-
mehrt das Nest zu entdecken, obwohl der Vogel in den grossen und
dichten Nadelwäldern der miltilern und nördlichsten Provinzen unserer
Halbinsel sehr gemein ist. Die südlichste Stelle, so viel ich weiss, wo
er bis jetzt als normal vorkommend zur Heckzeit getroffen wurde, ist
in der Nähe von Carlstadt in Wermland (58'%° n. B.). Nach der Ost-
seeküste scheint er nicht herabzugehen, sondern er hält sich mehr längs
des Alpenrückens und dessen Verzweigungen. Der 59—60.® n. B.
macht daher seine südliche Heckgrenze aus. Jedoch wurde er zur Som-
merszeit auch manchmal noch südlicher in Schweden getroffen, beson-
ders nach solchen Wintern, wo er ungewöhnlich zahlreich sich zeigte.
So hatte Herr Graf Chr. Dücker die Güte mir zu erzählen, dass er in
seinem Garten in Uddarp, 1 Meile westlich von Christianstad in Schonen,
vor einigen Jahren ein Paar Seidenschwänze um Johannis sah, welche
beschäftigt waren, ihre erst ausgeflogenen Jungen zu füttern, welches
beweist, dass sie in der Nähe geheckt. Der Hof liegt auch so schön in
einem grossen und schönen Walde, dass es an passenden Heckplätzen
‘nicht fehlte, wenn sich solche auch nicht gerade im Garten vorgefunden
hätten. Auch in südlichern Ländern Europa’s hat man den Vogel über-
sommern sehen, nachdem er im Winter zahlreich war. Unter anderem
mag hier nur angeführt werden, dass er den ganzan Sommer 1845
in mehreren Paaren in den Gärten der Stadt Baden sichtbar war, und
*) Diess stimmt auch ziemlich gut mit dem was Degland in seiner Ornith. Eu-
ropeenne I]. p. 351 angibt.
124
sich auch wahrscheinlich fortpflanzte (Behren’s Allg. Forst- und Jagd-
zeitung 1845 pag. 155). Den Winter vorher war er dort in Menge.
In gewissen Wintern ist er zahlreich im südlichen Schweden, dazwischen
ist er seltener, kommt, wie es scheint, jedoch jährlich vor. 1844 bis
1845, als er in Baden vorkam, traf man ihn im südlichen Schweden in
geringer Zahl,
Caprimulgus europaeus, Linn.
Dass diese Art im Polarkreise vorkommen sollte, halte ich nicht für
glaublich, da er schon in den Lappmarken selten ist. Die nördlichste
Stelle, wo man ihn treffen möchte, ist wohl Sorsele, unterm 65%.
n. B., wo er nach Löwenhjelm zu finden sein soll.
Cypselus apus, Linn.
Ueber die ganze Halbinsel ist diese Art gemein, bis zwischen den
68. u. 69.° n. B., und steigt durch die ganze Nadelholzregion auf die
Alpen hinauf, In der norwegischen Finnmark über oben angegebene
Grenze hinaus, und in Utsjocki Lappmark ist sie nicht zu finden. Beim
Jwalojocki, welcher in den Enaresee ausfliesst, ist die nördlichste Stelle,
wo man sie hecken gesehen hat.
Hirundo rustica et urbica, Linn.
Beide steigen durch die Nadelholzregion auf die Alpen hinauf und
letztere sieht man sehr oft heckend, nicht wie gewöhnlich an Häusern,
sondern an Felswänden. Erstere ist im Polarkreis seltener als letztere,
jedoch heckt sie noch zwischen dem 68—69.° n. B., wo Malm sie an-
sässig fand bei Jwalojocki; Prof. Middendorff fand sie bei Kola, un-
gefähr unter selber Polhöhe. Auf Norwegens Nordwestküste soll sie
nicht ganz so hoch nach Norden zu finden sein und niemals auf Lofoden
und nur selten auf Hundholmen, unterm 673.0 n. B. (Prof. Nilsson).
Letztere geht bis an’s Eismeer hinauf, und ist noch gemein, da wo
erstere schon selten ist. Malm erzählt, diese letztere betreffend, deren
vorjährige Nester er an den Kirchen in Karesuando und Juckasjärwi
untersuchte: »dass er einige derselben leer fand, in andern aber halb-
erwachsene Junge, welche in derselben Ordnung lagen, als da sie noch
lebten;« und macht folgenden Schlusssatz: »Man sieht hiernach, dass
125
die Eltern nicht allzeit ihre Jungen mit sich bekommen, sondern sie wer-
den genöthigt, hastig kommenden Winters wegen, ihre Lieben als ein
Opfer des Hungers und strengen Klimates, zurückzulassen.« Diese
Schlussfolgerung kann gewiss volle Richtigkeit haben, ihre Anwendung
dagegen aber nur für solche Paare finden, welche aus zufälliger Ursache
später zu hecken begannen, als die Art es sonst thut. Es gibt aber
auch, wie man weiss, viele Ursachen, welche die Vögel dazu vermögen,
Nest, Eier, ja sogar die Jungen zu verlassen, ohne dass die Zuggzeit
zu solchen Abnormitäten Veranlassung gibt. Man sieht auch hier im
südlichen Schweden nicht selten Schwalben (sowohl H. rustica, als auch
H. urcica) ihre Eier, und sogar auch die Jungen verlassen, ohne dass
Klima oder Migration es verursachen.
Hirundo riparia, Linn.
Diese Art findet sich durch ganz Scandinavien bis an die Eismeer-
küste, und ist im Polarkreis fast eben so gemein, wie in den südlichen
Theilen der Halbinsel.
Museicapa grisola, Linn.
Wird sogar bis an die Glacieren der Alpen heckend gefunden und
geht nach Norden wenigstens bis Jwalojocki, zwischen dem 68—69.°
n. B., und wird sowohl im Innern des Landes wie auch an den Küsten
angetroffen.
Muscicapa atricapilla, Linn.
Dieser scheint nicht so hoch nach dem Norden hinauf zu steigen,
wie voriger, obwohl er ebenfalls ins Innnere des Landes hineingeht bis
an den Fuss der Alpen. Aber schon im nördlichen Helsingland ist er
selten und der nördlichste Ort, wo er, so viel mir bekannt, getroffen
wurde, ist bei Quickjock (67° n. B.), also nicht gar zu weit in den
_ Polarkreis hinein.
Museicapa albicollis, Temm.
(M. Collaris, Bechst.)
So viel bekannt ist, trifft man diese Art nur auf Gottland heckend
— in den übrigen Provinzen Schwedens aber nicht einmal unter der
Zugzeit; sie scheint ihren Weg über Curland zu nehmen.
126
Lanius excubitor, IL.
Diese Art, welche im Allgemeinen überall in Scandinavien ganz
selten ist, und während der Heckzeit am seltensten in den südlichen
Provinzen, geht in den Alpen bis in die Birken- und Weidenregion
hinauf. In Schonen heckt er an einer oder der andern Stelle in den
nördlichen und nordöstlichen Gegenden, so wie in den grössern und ber-
gigen Wäldern, nicht weit von meinem Wohnort. In der Nähe der Alpen,
besonders in den nördlichen Provinzen, ist er jedoch weniger selten,
als in den flächeren, nach den Küsten zu gelegenen. In den Lappmar-
ken kommt er ebenfalls hier und da vor, sowie z. B. bei Stensele, Hor-
nafvum, Teggelwas und Quickjock, und wird auch in der Enare Lapp-
mark angetroffen und bei Waranger, so dass er als Heckvogel durch
ganz Scandinavien bis an die Eismeerküste zu gehen scheint. Im Win-
ter trifft man ihn weniger selten in den südlicheren Provinzen, als wäh-
rend des Sommers.
'Lanius collurio, L.
‘Gehört vorige Art mehr den nördlichen, als den südlichen Provin-
zen an, so verhält es sich mit dieser umgekehrt. Sie ist sehr gemein
in den südlichen Provinzen der Halbinsel, und dasselbe Verhältniss findet
noch statt bei Upsala und im südlichen Dalekarlien; wo sie aber gegen
Norden aufhört, ist noch nicht mit Sicherheit bekannt. Doch findet sie
sich nicht in Lappland, oder über dem 64°n.B.
Anm. Lanius minor, Gmel. ist zur Frühjahrszeit auch einmal in Schonen an-
getroffen worden, jedoch, so weit man weiss, noch nie heckend. Selbst habe
ich ihn einmal bei Ljungby gesehen.
Tuurdus viseivorus, L.
In Schonen ist dieser Vogel als Heckvogel selten, obwohl man ihn
hier und da antrifft, aber in den Nadelwäldern der obern Provinzen, bis
nach Dalekarlien und Uppland hinauf, ist er ziemlich gemein, worauf er
wiederum an Zahl abnimmt und seltener wird, je weiter man nach Nor-
den kommt. In den Lappmarken ist er sehr selten, und nur bei Lyck-
sele (64%; °n.B.) bemerkt worden. An der Ostseeküste ist er bei Lule
(65Y20n.B.) gefunden worden, so dass man Ursache hat anzunehmen,
dass seine nördlichste Heckgrenze an letztgenanntem Orte ist; hierbei
muss jedoch bemerkt werden, dass man ihn in der Nähe von Kölen (Al-
127
penrücken) bis zu dieser Grenze nicht trifft, obwohl man ihn in Norwe-
gen wenigstens noch bis Stördalen, nördlich von Trondhjem, zu Gesicht
bekömmt. Ueber den Polarkreis geht er nicht.
Anm. Turdus varius, Pall u. Horsf. ist einmal in Jemtland angetroffen wor-
den. Im Museum zu Lund ist ein Exemplar mit der Devise: „Geschossen auf
Fyen,‘‘ sonach ebenfalls in Dänemark angetroffen.
Turdus pilaris & iliacus, L.
Beide Arten nehmen dieselbe Heckzone in Scandinavien ein, je-
doch steigen sie nicht gleich weit auf die Alpen hinauf. Erstere geht
bis in die Birken- und ‚Weidenregion bis zum Rande des ewigen Schnees,
da hingegen letztere schon mit der Nadelwaldregion aufhört. In den
südlichsten Provinzen, Schonen und Blekinge, kommen sie nicht heckend
vor, aber auf Gottland, in den nördlichen Theilen von Smaland und im
Bahnserkreise fangen sie an vorzukommen, obwohl noch sparsam. Schon
in Wermland und Uppland sind beide gemein, und sind es durch die
Lappmarken bis an die Küste des Eismeeres. Deren südliche Heckgrenze
fällt sonach im 57° n. B. ein. Während der Strichzeit sind beide sehr
häufig in Schonen; erstere überwintert hier ebenfalls in grösseren
Schaaren.
Turdus musiceus, L.
In den südlichen und mittleren Theilen der scandinavischen Halb-
insel trifft man diese Art sehr gemein während der Heckzeit, wo sie
sowohl Buchen- als auch Kiefernwälder mit ihrem angenehmen Gesange
belebt. Gegen Norden zu wird sie seltener, und scheint dort durch
T. iliacus ersetzt zu werden. Doch trifft man sie sparsam bis in den
Polarkreis hinein, ja bis auf die Alpen. Die nördlichste Stellen, wo
sie während der Heckzeit gefunden wurde, ist Quickjock, unterm 67°
n.B., und Gelliwara, unterm 6733°n.B., so dass sie doch wenigstens
in den Polarkreis hinein geht. In den nördlicher liegenden Karesuando,
_ Enare und Utsjocki Lappmarken ist sie nicht bemerkt worden.
Turdus torquatus, L.
Die südlichste Gegend, wo man diese Drossel heckend gefunden,
ist im Bahnserkreise, wo sie sich auf den felsigen Inseln Tjörn (58°
n. B.) und Ornst ansässig gemacht hat, und jährlich vorkommt. Von
dort folgt sie der ganzen Bergkette bis an die Eismeerküste, und man
128 i
trifft sie sowohl in Norwegen als auch in Schweden in allen Provinzen,
welche vom Sewegebirge und dessen Verzweigungen durchzogen sind.
In Norwegen geht sie, der bergigen Natur des Landes wegen, bis an
die Küste des atlantischen Meeres, und kommt auch auf den Inseln vor;
in Schwedens Küstenprovinzen aber trifft man sie nicht während der
Heckzeit, sondern nur in den den Alpen näher gelegenen Provinzen. Auf
die Alpen hinauf steigt sie über alle Vegetation hinaus, und sonach bis
in die Schneeregion — und bis an die Küste des Eismeeres. Im Herbst
und Frühjahr, wenn sie von und nach ihren Heckplätzen zieht, kommt
sie sowohl im östlichen, als im südlichen Schonen vor.
Turdus merula, L.
Die Schwarzdrossel gehört eigentlich mehr den südlichen und mitt-
leren Provinzen unserer Halbinsel an, und ist dort sehr zablreich ; nimmt
aber gegen Norden ab und wird dort selten, wo sie von voriger er-
setzt wird. Ueber den Polarkreis dürfte sie wohl kaum hinausgehen;
man trifft sie jedoch in den Lappmarken, so wie z. B. bei Lycksele und
Hornafvan, welch letzteres die nördlichste Stelle (60°n. B.) ist, wo man
sie bemerkt hat. Im südlichen Schweden bleibt sie auch während des
Winters in grösserer Menge.
Cinclus aquaticus, Bechst.
In Schonen habe ich nur an wenigen Stellen, so wie bei Arup und
Torfebro, diesen Vogel hecken sehen. Er gehört eigentlich mehr den
Alpengegenden mit deren Wasserzügen und Wasserfällen an. Im Innern
von Smaland, so wie auch in Ost-Gothland, welche Provinzen keine
eigentlichen Alpen haben , trifft man ihn auch manchmal heckend „ aber
erst in der Nähe des Alpkammes, der Schweden und Norwegen von
einander trennt, kommt er häufiger vor, und steigt dort bis in die
Schneeregion. Im Innern von Lappland, sowohl dem südlichen als nörd-
lichen, wo er, wie an südlicher gelegenen Orten, Winter und Sommer
zubringt, trifft man ihn hier und da, sowie auch in den Finnmarken,
sowohl östlich als auch westlich um Nord-Cap. Obwohl er sonach Stand-
vogel für's ganze Land ist, so streicht er doch zum Theil von seinen
Heckplätzen im Norden südlicher und er wird dann häufiger im Winter
in Schonen angetroffen.
129
” Motaeilla alba et flava, L.
Diese beide Arten findet man heckend über die ganze Halbinsel,
vom südlichsten Schonen bis zur nördlichsten Finnmark, wo man. sie
östlich und westlich um’s Nord-Cap gefunden hat. Jedoch hat letztere
zwei Farbenvarietäten, welche vielleicht einander in dem ungleichen Ter-
rain gewissermassen ersetzen. Die südliche, deren Männchen aschblauen
Kopf und Halsrücken hat, scheint schon in Westerbotten aufzuhören ge-
mein zu sein. Die nördliche dagegen, deren Männchen oben einen
schwarzen Kopf hat, beginnt schon in letztgenannter Provinz sich zu
zeigen und wird im Polarkreis gemein. Doch entbehrt man noch zu-
reichender Angaben, die geographische Verbreitung beider betreffend.
Beide ‚Varietäten sind jedoch noch bei Gelliware in Lule und Enontekis
in Torne Lappmark aufgeführt, und. ohne Angabe des Farbenunter-
schiedes ist M. flava noch bei Karesuando unterm 68° n. B. ange-
merkt. Beide Formen trifft man während der Zugzeit im mittlern und
südlichen Schweden.
Anm. Motacilla Yarelli ist in mehreren Exemplaren bei Götheborg bemerkt und
eine am 21. März 1843 daselbst geschossen worden. Sie wurde auch in Nor-
wegen bemerkt und Prof. Sundewall glaubt, dass sie dort hecke.
Anthus rupestris, Nilss. et A. pratensis, L.
An allen steinigen und klippenvollen Küsten um ganz Skandinavien
herum ist ersterer gemein. ‘Die Ungleichheiten in Farbenzeichnung und
Dimension zwischen den südlichen und nördlichen Formen, siehe Liljeborgs
Aufsatz: »Verzeichn. der bei Tromsöe in Norwegen observirten Vögel«
(Naum. I. B. 2. H. p. 111.). Man trifft ihn auch an den grössern Land-
seen des südlichen ‘und mittlern Schwedens. — Letztere Art ist eben-
falls überall auf der Halbinsel zu treffen, und scheint sogar in den
nördlichen Gegenden gemeiner zu sein, als in den südlichen. Sie steigt
bis in die Weiden- und Schneeregion hinauf, und wird sowohl westlich
als auch östlich um Nord-Cap gefunden.
Anthus cervinus, Pall.
(Anthus rufogularis, Brhm.)
Dieser Vogel, welcher, sowie es scheint, ohne Ursache von meh-
reren Verfassern nur als eine Varietät von Anth. pratensis betrachtet
worden ist, gehört dem höchsten Norden unserer Halbinsel an, wo er,
Naumannia. 1854. 9
130
zuerst von Malm, bei Seusjärwi im Innern der Enare Lappmark, welche
zwar innerhalb Russland’s politischen Grenzen liegt, in faunistischer
Hinsicht aber zu Skandinavien gerechnet werden möchte, heckend ge-
troffen. Dann traf Adj. Liljeborg ihn bei Schuretskaja und Tromsöe,
wesswegen seine bis jetzt bekannte Heckgrenze in den 69° n. B. fällt.
Obwohl in Dänemark bemerkt (den 27. Februar 1848 bei Veile), ist er
doch noch nie im südlichen Schweden gesehen worden, wesswegen man
annehmen muss , dass er zu oben angegebenen Heckplätzen über Russ-
land ankommt.
Anthus campestris, Bechst.
hat unter allen seinen Verwandten die eingeschränkteste Heckzone. Nur
auf der südlichsten Spitze von Gottland, auf Öland und in Schonen,
Halland und Blekinge, kommt diese Art hier und da vor, so dass ihre
nördliche Heckgrenze in den 57° n. B. fällt.
Saxicola oenanthe, L.
wird überall auf unserer Halbinsel, sowohl auf den Steintriften des
Flachlandes, wie auf den schneebedeckten Plateaus der Bergen; so-
wohl an der flachen Ostseeküste, als auch auf den steilen Felsenwänden
des Eismeeres, angetroffen.
Saxicola rubetra, L.
Diese Art scheint nicht so gar weit in den Polarkreis hineinzugehen,
obwohl man sie sparsam bis Quickjock, unterm 67° n. B. gefunden hat.
Auf den Alpen kommt sie nicht vor, sondern nur in den gebüschigen
Gegenden des Flachlandes und in den Thälern. Bei Lycksele und Ske-
lefteä zeigt sie sich jährlich; ebenso scheint es auch bei Jockmock zu
sein, aber bei Quickjock wahrscheinlich nur selten. Bei dem etwas nörd-
licher gelegenen Gelliware ist sie nicht bemerkt worden. In den südli-
chen und mittlern Gegenden der Halbinsel ist sie nicht selten. Löwenhjelm
bemerkt, dass ihr Gesang in den nördlichern Gegenden weit voller,
klarer und weit schöner sei, als in den südlichen. Vielleicht aber ver-
ursachte das Vergnügen, an so nördlich gelegenem Orte, welcher über-
haupt arm an guten Sängern ist, einen alten Bekannten zu treffen, dass
man seinen Gesang überschätzte.
Anm. Saxicola rubicola, Lin wurde am 24. Dechr. 1851 bei Malmö in Schonen
131
ach REED En ei
geschossen , wohin sie sich wahrscheinlich von Dänemark verflogen. Weder
vor- oder nachher ist sie auf unserer Halbinsel angetroffen worden.
Erithacus philomela, Bechst.
Es ist sehr merkwürdig, dass wir im südlichen Schweden nur diese
besitzen und nicht auch Erith. luscinia, Lath, da beide in Dänemark,
ja selbst in der Gegend von Kopenhagen , vorkommen. Letztere ist
jedoch noch nie innerhalb Skandinaviens Grenzen getroffen worden, wo-
gegen Erith. philomela sich in letzterer Zeit mehr nach Norden zu
verbreitet zu haben scheint. In Schonen, Blekinge und Calmareskreise
und auf Öland und Gottland ist sie seit lange als heckend angemerkt,
und man hat geglaubt, dass sie im Westen unserer Halbinsel nicht weiter
gehen solle, als bis zu der Bergstrecke, welche, Schonen von Hallund
trennt, aber vor einigen Jahren observirte man sie bei Renningstorp,
nahe Skara in West-Gottland, sowie sie sich auch in Südermanland ein-
gefunden hat. Ihre Heckzone ist sonach nicht so eingeschränkt, wie
man vermuthete, sondern man kann annehmen, dass die nördliche Grenze
für diesselbe in die Nähe des 59° n. B. fällt. Jedoch ist diese Art, so
viel ich weiss, noch nicht in Norwegen bemerkt worden, auch nicht in
den bergigen Provinzen Schwedens, wie z. B. in Bohus und Wermland.
[2 # [
Krithacus phoenicurus, L.
Durch ganz Skandinavien bis zur Eismeerküste, sowohl von West-
als Ost-Finnmarken, trifft man diesen guten Sänger, und auf die
Alpen geht er bis durch die Nadelholzregion, und ist einer der wenigen
Sänger, welche die Wälder unseres hohen Nordens beleben.
Erithacus tithys, Lath.
(Mot. erithacus, Lin.)
Diess ist einer unserer seltensten Sänger und nur an wenigen
Stellen im Lande bemerkt, so dass seine Heckplätze hier zu Lande,
wenn sonst man es als abgemacht ansehen kann, dass er als Heckvogel
unserer Fauna angehört, mit Recht als ausser seiner Heckzone liegend,
betrachtet werden müssen.
Erithacus rubecula, L.
Wie weit dieser Sänger nach dem Norden unserer Halbinsel hinauf-
geht, dürfte noch nicht so genau ausgemacht sein. In Wermland, im
9%
132
südlichen Dalekarlien und Uppland ist er sehr gemein, scheint aber nicht
sehr weit in’s Innere des Landes, in dessen höher gelegene bergige.
Landschaften hineinzugehen, und Löwenhjelm merkt an, dass er ihn
nicht in den Lappmarken fand, d. h. über den 64°n.B. hinaus, wohl
aber in den darüber hinaus liegenden Küstenlandschaften oder in Wester-
botten, bis wenigstens nach Schelefteä (um 64%3° n. B.). Unter die
Zugvögel, welche nördlich davon gelegene Stellen besuchen, ist er nicht
aufgenommen. Prof. Nilsson sagt jedoch in seiner Skand. Fauna, Vögel.
I. p. 293, dass er im Norden bis in die Nähe des Polarkreises gehe.
Im südlichen Schweden geschieht es, dass ein oder der andere in ge-
linden Wintern zurückbleibt.
Erithacus sueeica, L.
(Mot. coerulecula, Pall.)
Eigentlich den Alpengegenden angehörend, wo man ihn an den Alpen
hinauf in der Birken- und Weidenregion in grosser Anzahl trifft, sowie
auch im Flachlande, besonders an Flüssen, deren Ufer mit Weiden be-
wachsen sind, kommt diese Art im südlichen und mittlern Schweden
nicht heckend vor. In Norwegen dagegen ist er schon auf dem Dowre
zu finden, worauf er dem Alpenrücken zu folgen scheint. In den süd-
lichen Lappmarken ist er selten, und so viel ich weiss, dort nur von
Prof. Zetterstedt, bei Knalten, etwas südlich von Lycksele, oder am
643° n. B., 36° w. L., gefunden worden. In der Nähe und im Polar-
kreis ist er dagegen sehr gemein, eben auch in der schwedischen Lapp-
mark und geht von dort bis an’s Eismeer, sowohl westlich als auch öst-
lich vom Nord-Cap. Seinen Zug nach Süden betreffend, weiss man nun,
dass er über das südliche Schweden geschieht, wo man ihn im Herbste,
besonders in Kartoffeläckern trifft, er ist jedoch sehr schwer zu entdecken,
theils weil er sich still verhält, theils auch weil er sich unterm Kartoffel-
kraute verbirgt, und ungern auffliegt, sondern lieber läuft. Auch trifft
man ihn an gebüschigen Stellen, er hält sich aber allzeit auf der Erde
auf, wesswegen man ihn leicht übersieht. Die Lappen nennen diesen
Vogel: Sata-kielinen (hundertzüngiger Sänger) seines abwechselnden Ge-
sanges wegen.
Anm. Erith. cyanecula, Mey. (Sylvia Wolfü, Brehm.) kommt in Schweden
nicht vor.
1353
Sylvia atricapilla, L.
So wie es sich mit dem Rothkehlchen verhält, so verhält es sich
auch mehr oder weniger mit diesem. Seine Grenze gegen Norden ist
noch nicht richtig bestimmt. Adj. Liljeborg fand ihn beim Dowre in Nor-
wegen; unter den Vögeln aber, welche im südlichen Dalekarlien vorkom-
men, ist er nicht genannt, obwohl man ihn noch hier und da bei Carl-
stad in Wermland und bei Upsala in Uppland antrifft. Keiner der Rei-
senden, welche die Lappmarken besucht, und deren Reisebeschreibungen
vor mir liegen, nennen diesen Vogel, weder als in Westerbotten, noch
dem eigentlichen Lapplande vorkommend. Jedoch sagt Prof. Nilsson in
seiner Fauna, »dass er, obwohl sparsam, in ganz Skandinavien vorkomme,
von Schonen bis in die nördlichsten Landschaften.«
Sylvia hortensis, Pennant.
Durch’s ganze südliche und mittlere Schweden ist dieser Vogel sehr
gewöhnlich, auch trifft man ihn sowohl in den südlichen als nördli-
chen Theilen der Lappmark, so dass er den Polarkreis übersteigt, ob-
wohl er dort sehr sparsam ist. Man trifft ihn hier besonders am Fusse
der Alpen, in den üppig bewachsenen Thälern. Die nördlichste Stelle,
wo man ihn observirt, ist bei Quickjock; er dürfte wohl aber noch höher
gehen, so dass der Alpenrücken seine nördliche Grenze über dem Polar-
kreis bilden dürfte, und gegen Nordost der Zweig des Alpenrückens,
der in östlicher Richtung Enontekis Lappmark durchzieht und in welchem
der Jwalojocki, der in den Enaresee fällt, seine Quellen hat. 68° n. B.
wird da seine Grenze. Weder in West- noch in Ost-Finnmarken oder
in Enare Lappmark ist diese Art bemerkt.
: | Sylvia curruca, L.
(Sylvia garrula, Mey.)
ist eine ziemlich häufig vorkommende Art dieses Geschlechtes in den
südlichen und mittlern Theilen des Landes. Obwohl sparsam, kommt sie
jedoch auch in Norwegen nördlich um Dowre vor, wenigstens bis Wär-
dalen (zwischen 63—64° n. B.) und auch in Schweden ist sie unter diesem
Breitengrade im südlichen Lappland angemerkt, sowie z. B. in der Nähe
von Lycksele, und ber ungefähr selber Polhöhe traf Adj. Liljeborg sie in
Russland, worüber er sagt: (Naum. II. 2. 35) »wurde einmal von mir,
einige Meilen südlich von Archangel observirt.«
134
Sylvia nisoria, Bechst.
Nur in Schwedens südlichsten Provinzen trifft man diese Art sehr
sparsam. In Schonen ist sie an mehreren Stellen heckend gefunden wor-
den, besonders in den östlichen und nordöstlichen Theilen dieser Pro-
vinz, so auch in Blekinge, auf Öland und Gottland. In Norwegen ist sie,
so viel ich weiss, nicht observirt, obwohl Temminck diese Art als selten
in diesem Lande aufführt. Auch ist sie noch nie in Schwedens west-
lichen, nördlich von Schonen gelegenen Provinzen bemerkt worden.
Sylvia einerea, Lath.
(Mot. sylvie, Lin. Mot. hippolais, Lin. F. Sv. descript.)
Dieser Sänger scheint selbe Heckzone einzunehmen, wie S. curruca.
Jedoch ist er noch nicht in den eigenttichen Lappmarken bemerkt wor-
den; nicht einmal in den südlichsten: Asele Lappmark, obwohl er an
einigen Stellen nördlich um Trondhjem in Norwegen getroffen worden
ist, und noch im südlichen Dalekarlien gemein ist. Adj. Liljeborg fand
ihn in Russland bis Archangel häufig.
Phyllopneuste trochilus, L.
An den Seiten der Alpen steigt diese Art durch die ganze Birken-
region hindurch, und schon diess beweisst, dass er nicht allein den süd-
lichen und mittlern Provinzen unserer Halbinsel angehört, sondern auch
den nördlichsten. So ist er auch ein häufiger Heckvogel durch ganz
Skandinavien und eine der wenigen Sylvien, welche in dem kurzen
Sommer mit ihrem Gesänge den Wandrer in West- und Ost-Finnmarkens
Alpen erfreuen.
Phyllopneuste rufa, Gmel. Lath.
(Sylvia abietina, Nilss. Sylvia acredula, Pall.)
Dieser Sänger gehört ausschliesslich den Fichtenwäldern an, wess-
wegen er auch nur so hoch auf die Alpen hinaufsteigt, als es noch
solche Wälder gibt. Er setzt sich aber, so viel man bis jetzt weiss,
nie in solchen Wäldern südlicher Provinzen fest. Dowrefjell in Norwe-
gen scheint im Sommer seine südliche Grenze zu bilden, und erst unter
dieser Breite oder um den 63°, trifft man ihn in Schweden in genann-
ter Jahreszeit. Er geht jedoch nicht sehr hoch nach dem Norden hinauf,
sondern hört in der Nähe des Polarkreises auf*), in welchem man ihn
*) Geht, und zwar nicht ganz einzeln, sogar bis zum 700 hinauf. Ich erhielt
135
noch nie bemerkt hat. Zwischen diesen hier angegebenen Grenzen ist
er kein seltener Heckvogel. Im Herbst- und Frühjahrszuge ist er ziem-
lich häufig in den südlichen Provinzen.
Phyllopneuste sylvicola, Lath.
(Sylvia sibilatriv, Bechst.)
Diese Art hat von diesem Geschlechte die eingeschränkteste Heck-
zone. Nur die südlichen und östlichen Provinzen Schwedens besucht sie
im Sommer. Schonen, Blekinge, Calmarbezirk, Öland und Gottland, Ost-
Gottland, Südermanland und Uppland scheinen die einzigen Provinzen zu
sein, wo sie zur Sommerszeit, obwohl sparsam, getroffen wird. In den
westlichen, sowie Halland, Bohuser Bezirk, Wermland und Dalekarlien
ist sie noch nicht bemerkt worden; nicht einmal während der Zugzeit,
wogegen sie in dieser Zeit in Schonen nicht selten ist.
Hypolais icterina, Viell. Degl.
(Motacilla hippolais, Lin. F. Sv. diagn. Sylvia hippolais, Lath. Bechst. Nilss.)
Den einzigen Repräsentanten dieses Geschlechts auf unserer Halb-
‘insel trifft man hier und da in den südlichen und mittlern Provinzen. In
Schweden scheint. er nicht weit nach Norden hinaufzugehen. Weder im
südlichen Wermland oder Dalekarlien, noch auch bei Upsala in Uppland
wurde er bemerkt, aber auf den Inseln beim Bohuser Bezirke, um den
Wettern, Glan und Bräwiken, Hjelmaren und Mälaren kommt er sparsam
vor, so dass diese Wasserzüge seine nördliche Heckgrenze auszumachen
scheinen, welche sonach zwischen den 59—60° n. B. fällt. In Nor-
wegen ist er viel weiter nach Norden hinauf angemerkt, da Prof. Nilsson
ihn in Wärdalen und an der Grenze von Helgeland oder um den 65°
n. B. traf. Er dürfte hier jedoch der Seeküste und dem in’s Land hinein-
gehenden Meerbusen folgen und nicht im Innern auf den Alpen vor-
kommen.
Calamoherpe arundinacea, Gmel.
Dieser Rohrsänger ist nur an wenigen Stellen in den westlichen
Theilen von Schwedens südlichen Provinzen observirt. Bei Götheborg
Eier aus der Gegend des Warangerfjord. Auch ist er, wenigstens nicht überall,
auf den Fichten- oder Nadelwald beschränkt. Er brütet hier und anderwärts in Deusch-
tand in Laub- und sogar in tiefliegenden Auenwäldern keineswegs selten.
Baldamus.
136
und bei Landskrona ist er geschossen worden und ist dort nicht selten
im Rohre.
Anm. I. Malm hat in „Öfversigt af Kongl. Wet. Acad. Förhandl. Stockholm 1851.
Nro. 6.“ eine neue Art dieses Geschlechtes unter dem Namen Calam. media
beschrieben, welche eine Zwischenform zwischen Calam. turdoides und
arundinacea zu sein scheint, aber mehr ersterem gleicht, von welchem sie
vielleicht eine kleinere Rage sein dürfte. “Das Exemplar, auf welches die Be-
schreibung sich gründet, wurde im Schilfe eines Morastes des Göthaelf bei
Gothenburg den 22. Aug. 1849 von Kaufmann Malmlen geschossen.
Anm. II. In wie weit Calamoherpe palustris, Bechst. wirklich in Schweden
vorkommt, wie man es vermuthete, da einige Exemplare bei Gothenburg
geschossen wurden, die man für diese Art hält, dürfte als noch nicht abge-
macht angesehen werden, seitdem man observirt hat, dass C. arundinacea,
deren Nest mit Eiern man gefunden, unter 2 Farbennuangen vorkommt —
eine Tostgelbe, und eine kaum merkbar rostgelbe, welch letztere den älteren V.
im Sommer anzugehören scheint. Nest und Eier des vermeinten C. palustris
hat man noch nicht gefunden, und das Local, wo er vorkommt, stimmt mehr
mit dem überein, welches Cal. arundinacea vorzieht, der sich auch dort
findet.
Calamoherpe schoenobaenus, L. Fn. Sv. Nr. 246. Nilss.
(Sylvia phragmitis, Bechst. Salicaria phragmitis, Keyserl. u. Blas.
Calamod. phragmitis, Degl.)
Fast in allem Schilfe des südlichen und mittlern Schwedens kommt
diese Art während der Heckzeit häufig vor; sowohl an. der Seeküste, wie
auch an Landseen. Auch in den Ländern im Polarkreis trifft man ihn
wenigstens bis Tromsöe in Norwegen; jedoch östlich ums Nord-Cap, in
den Ost-Finnmarken und in Utsjocki und Enare Lappmark ist er noch
nicht angetroffen worden.
Anm. Die Ursache, warum spätere Verfasser diesem Vogel nicht den Namen zu-
getheilt, der ihm mit Recht zukommt, kann ich nicht begreifen. Keyserling
und Blasius, sowie auch Degland, welche sonst treu dem Prioritätsrechte
folgen, haben ihm doch den von Bechstein 1802 gegebenen Namen zugelegt,
obwohl Linne in seiner Fauna Sueecica 1761 ihn deutlich unter dem Namen
Motacilla schoenobaenus beschreibt, und obwohl Nilsson in seiner Orni-
thologia Suecica wiederum beweist, dass gerade diess der Vogel sei, den
Linne unter angegebenem Namen beschreibt. Man wird wohl zugeben, dass
der Vogel, den Linne in seiner Fauna Sueeica beschreibt und von welchem er
sagt: „habilat inter Scirpos Scaniae“ in Schweden und hauptsächlich in
Schonen gefunden werden müsse. Keinen andern als diesen trifft man hier, _
und er ist an allen Schonischen mit Schilf bewachsenen Landseen sehr ge-
mein. Die gegegene Beschreibung kann auch nur auf diesen passen und
durchaus nicht auf Calam. aquatica, Gmel. Lath. (Sylvia paludosa, Viell.),
der übrigens noch nie in Scwedens Grenzen angetroffen worden ist. Keyser-
ling und Blasius führen Linnes Namen als synonym für ihre Salicaria phrag-
137
mitis an, Degland dagegen lässt durch Temmincks fehlervolle Synonymie
sich so verwirren, dass er nicht einmal bei beiden Arten Linne’s Beschreibung
andeutet, sondern nur in einer Note sagt, dass die Frage schwer zu lösen
sei. Aehnliches ist auch einigen andern Autoren begegnet, welche Beschrei-
bungen nach Linne@’s Zeit gegeben haben, durchaus aber weder Linne’s noch
Nilssons, welche keine Schwierigkeiten haben.
Accentor modularis, L.
Diese Art dürfte auf unserer Halbinsel nicht südlicher*) als in den
Lappmarken, oder über dem 63—640 n. B. hecken. Er geht weit in
den Polarkreis hinein, und ohne Zweifel bis zum Eismeere, sowohl öst-
lich als auch westlich ums Nord-Cap, obwohl man ihn dort im Sommer
nicht getroffen, aber in Ost-Finnmarken und Utsjocki Lappmark im Herbste
geschossen hat. In letzterer Landschaft wurde er am 10. Octbr. 1841
von Malm geschossen, der ihn jedoch nirgends an diesen Orten, die er
besucht, im Sommer wohnhaft gefunden hat. Auf den Seiten der Alpen
geht er durch die ganze Nadelholzregion hinauf. Während der Winter-
zeit bleiben mehrere in Schonen, Blekinge und Bohuser Bezirke.
Troglodytes europaeus, Leach.
(Motacilla troglodytes, Linn. Troglod. punctatus, Brehm.)
Wie weit dieser Vogel nach Norden hinaufsteigt, hat man noch
keine sichere Nachricht. Im südlichen Schweden ist er ein ziemlich ge-
meiner Heck- und Standvogel, und kommt auch als solcher noch in Da-
lekarlien und Uppland vor, obwohl er dort sparsamer zu sein scheint.
Von in den Lappmarken Reisenden ist er, so viel ich weiss, noch nicht
bemerkt worden. Prof. Nilsson in seiner Skand. Fauna sagt jedoch, dass
er »in allen Landschaften Skandinaviens von Schonen bis Lappland«
vorkomme.
Certhia familiaris, L.
Diese Art geht als Heckvogel nicht weit über Dowrefjell in
Norwegen und gleiche Polhöhe in Schweden, und ist auch im Sommer
nicht in den Lapppmarken bemerkt worden. Im Winter ist er jedoch
bei dem, im Polarkreis gelegenen Quickjock observirt worden (den 16.
*) Die Verbreitung dieser Braunelle scheint von ganz eigenthümlichen und noch
wenig gekannten Bedingungen abhängig. Obige Angabe ist ein Beweiss mehr von
ihrem sporadischen, eingesprengten Vorkommen. Baldamus.
138
December 1848), so dass er vielleicht, obwohl sehr sparsam, auch in
den Lappmarken hecken, und dem Blicke der Reisenden daselbst bis
jetzt entgangen sein mag.
Sitta europaea, Linn. Pall. Nilss.
(Non vero Auct. recent.)
(Sitta uratensis, Licht., Keyserl. u. Blasius, Schleg., Degl. S. sericea,
Temm. S. asiatica, Bonap.)
Im südlichen und mittlern Schweden ist dieser Vogel sehr gemein,
ist jedoch noch nicht im südlichen Dalekarlien bemerkt worden, obwohl
er bei Upsala gemein ist. In den Lappmarken und in Westerbotten ist
er noch in keiner Jahreszeit angetroffen worden, so dass man mit Recht
annehmen kann, dass seine Heckgrenze gegen Norden beim 61—62°
n. B. aufhört, besonders da er auch nicht bei Helsingfors in Finnland als
heckend angegeben ist. Auf Seeland ist er im Winter angetroffen worden.
Anm. Dieser Vogel ist von den Ornithologen lange für den im übrigen Europa
vorkommenden 8?tia caesia gehalten worden, und da über Exemplare, die ich
nach Deutschland geschickt, Zweifel entstanden, ob sie wirklich vom süd-
europäischen verschieden seien, will ich in Kürze hier den Stoff aufnehmen,
obwohl ich bei anderer Gelegenheit ausführlicher darauf zurückkommen,
= und eine mehr detaillirte Beschreibung über unsern Sitta nach verschiedenen
Jahreszeiten geben dürfte. Vor Allen hat zuerst Gloger im Handb. der Vögel
Europas p. 376 den Unterschied zwischen S. uralensis und 8. eaesia ange-
merkt, welch letzteren er $. europaea, Lin. nennt. Dann hat Brehm in
der Zeitung für Zool., Zootom. und Palaeozool. Nre. 26 Sept 1849 dasselbe
gethan, dabei aber unsern Sitta als getrennt von sowohl S, uralensis als
S. caesia angesehen. Adj. Liljeborg hat schliesslich in „Öfversigt af Kongl
Wet. Acad. Förhandl.” Stockholm 1851 Nr. 9 u. 10 gezeigt, dass Linne's
Sitta europaea dieselbe ist wie Pallas’ Sitia europaea, oder Lichten-
steins und Glogers S$Sitta wuralensis, und diess aus guten Gründen.
Sehen wir erst auf Linne’s Beschreibung, so wie sie sich in seiner Fauna
Sueecica (1761) p. 37. Nro. 104 findet, so lautet die Diagnose folgender Weise:
„retrieibus nigris: lateribus quatuor intra apicem albis,“ und in der Be-
schreibung heisst es weiter: „Gula, pectus, abdomen alba. Tectrices in-
feriores rectricum et latera abdominis maeculis ferrugineis et albis tincta
—= = Rectrices 12, quarum 4 estremae sunt signalae macula alba, api-
cem verticaliter ad dimidium partem secans; 2 secundariae fuscae apice
solummodo canae; 2? lamen mediae totaliter canae.“ Sehen wir dann auf
die Diagnose, welche Pallas gibt von seinem Sifta europaea (2oog. Rosso-
asiatica I. p. 545), so lautet sie so: „Supra ceoerulescens, fascia oculari
nigra, subtus albida lateribus ferrugineis.“ Hieraus ist es klar, dass beide
Verfasser ein und dieselbe Art beschrieben haben, welche unten weiss und
nurin den Weichen rostbraun, und sonach nicht S. eaesia, die auch
an Brust und Bauch rostbraun ist und nur weisse Kehle hat.
Die Beschreibung, welche Pallas gab, war jedoch die erste Ursache, dass sie als
139
sibirische Art, S. uralensis genannt wurde, und diess aus dem Grunde, dass
P., ohne jedoch eine sibirische Varietät eigens zu beschreiben oder nur zu
nennen, in seiner Beschreibung nur diese Worte (p. 546) hinzufügt: „en Si-
biria candidior.“ Diese Worte zeigen sonach nur, dass seine Art, welche
offenbar eben Linne’s ist, weiter in Sibirien hinein noch weisser wird, als sie
hier und in Russland ist, welches ja auch mit vielen andern Thierarten sich
so verhält. Nun beschreiben alle in obenstehender Synonymik angegebene
Verfasser ihren Sitta uwuralensis (oder sericea 1. asiatica) gerade so wie
Linne und Pallas ihren Sitta europaea beschreiben, woraus natürlich folgt,
dass diese beiden Arten zu einer einzigen zusammenfallen, und die Ver-
wirrung ist dadurch entstanden, dass sie glaubten, ohne Pallas Arbeit nä-
her um Rath zu fragen, dass dieser eine unten rein weisse Art ohne Rost-
braun an den Weichen beschrieben habe, obwohl er ausdrücklich von diesem
letztern spricht und nur hinzusetzt, dass sie in Sibirien weisser werde, jedoch
damit durchaus nicht verneint, dass sie auch dort rostbraun an den Seiten
sei, sondern nur anzudeuten scheint, dass sie dort den schwachen rostro-
then Anstrich am Bauche nicht so stark wie in Schweden und Russland
besitzt. Dass es so zugegangen ist, wird besonders dadurch sehr klar,
dass die’ meisten der Verfasser auch nicht ein Wort von der Farbenzeich-
nung der Weichen bei Sitta uralensis sagen, und dass sie Pallas Beschrei-
bung nicht zu Sitta caesia (ihren europaea), sondern zu Sitta uralensis
ziehen. S. caesia hat den Linneischen Namen nur darum erhalten, weil die
Verfasser nicht seine Fauna Suecica um Rath gefragt. — Aus dem, was
nun hier angeführt wurde, ist es klar, dass Linne@s und Pallas Sitta eu-
ropaea synonym ist mil Sita uralensis späterer Verfasser, und dass sie ihren
ältesten Namen wieder erhalten muss, sofern man nicht beide Localnamen
verwerfen und ihr den von Temminck gegebenen zutheilen will; und dass
S. europaea späterer Verfasser ein von der erstgenannten verschiedene Art
ist, welche den Namen erhalten muss, welchen Mey. und Wolf 1810 in ihrem
Taschenb. d. Deutsch. V, ihr gaben, oder S. caesia. Die Art, welche Prof. Retzius
in seiner Fauna und Prof. Nilsson sowohl in seiner Ornith. Suecica als auch
in Skand. Fauna beschrieben haben, ist $. europaea, Lin., Pall. und nicht
S. caesia, Mey.; dagegen die Art, welche Dr. Kjaerbölling in „Danmarks
Fugle“ p. 70 unter dem Namen S. europaea beschrieben und auf Tab. X. der
illum, Abbildungen abbildet, ist S. caesia, welches er auch in den Zusätzen
p. 419 ausdrücklich berichtiget. Bechsteins, Temmincks, Cuviers, Vielliots,
Lessons, Keyserlings und Blasius; Schlegels und Deglands Sitta europaea
ist ebenfalls S. caesia, welche Art sonach dem südlichen und westlichen
-Europa angehört.
Upupa epops, L.
Schon im südlichen Schweden ist dieser Vogel ziemlich selten, und
im mittlern gehört er zu den seltensten Heckvögeln. Auf den Inseln
der Bohuser Scheeren, in Wermland und Dalekarlien scheint er nicht
vorzukommen; in den östlichen Provinzen dagegen trifft man ihn an.
Jedoch kommt er auch in Norwegen bis zum Dowre vor, welchen Alpen-
.
140
rücken er nicht zu übersteigen scheint, wesswegen man annehmen kann,
dass seine höchste nördliche Heckgrenze gegen den 62° n. B. fällt,
welches jedoch nicht für die Provinzen Schwedens gilt, welche nahe an
der norwegischen Grenze liegen, sondern nur für die südlichen Land-
schaften, und für die des mittlern, welche an der Ostsee liegen.
Parus major et P. ater, L.
Beide Arten, von welchen die erstere in Schonen höchst gemein ist,
trifft man in den Nadelwäldern genannter Landschaft heckend. Sie sind
ebenfalls in Schwedens übrigen südlichen und mittlern Provinzen gemein
und sie kommen auch in den Lappmarken vor, wenigstens in Asele
Lappmark. Erstere Art scheint aber weiter nach Norden hinaufzusteigen
als letztere, welche wohl nicht über 65° n. B. vorkommt, wenigstens nicht
im Innern des Landes, da Löwenhjelm sie nicht unter den Vögeln auf-
zählt, die er während zweier Reisen in Ume, Pite und Lule Lappmar-
ken anzeichnete. Erstere trifft man, obwohl sparsam, bis zum Polarkreis,
und sie scheint nur im Winter diesen zu übersteigen, da man sie in dieser
Jahreszeit manchmal bei Quickjock observirt hat; und ein einziges Mal
sah sie Malm in Enare Lappmark, aber nirgends fand er sie dort wohnhaft.
Parus cristatus, L.
In Schonens Nadelwäldern trifft man diese schöne Meise heckend,
obwohl sparsamer als ihre übrigen dort heckenden Verwandten. In den
übrigen südlichen und mittlern Landschaften kommt sie häufiger vor,
geht aber nach Norden nicht so hoch, dass man sie in den Lappmarken
trifft, sondern es scheint ihre Grenze um den 63° n. B., oder in der
Polhöhe von Dowrefjell zu fallen.
Parus sibiricus, Gmel,
Während der Heckzeit kommt diese Meise bis unten am Fjellefjeld
und Hallingdalen in Norwegen oder zwischen dem 60—61° n. B. vor,
aber in Sweden trifft man sie nicht so südlich in genannter Jahreszeit.
Prof. Zetterstedt glaubte sie in den südlichen Lappmarken gesehen zu
haben, und Löwenhjelm hat es bestätigt, dass sie wenigstens bis Lyck-
sele vorkomme, also südlichst unterm 64° n. B., wo sie in Nadelwäldern
gemein ist und auch auf den Alpen bis in die Birkenregion getroffen
”
141
wird. Gegen Norden jedoch nimmt sie an Zahl zu, und wird dort bis
an die Küsten des Eismeeres, sowohl westlich als auch östlich ums Nord-
Cap angetroffen. Das Nest dieses Vogels, welches Malm in Enare und
Utsjocki Lappmarken fand, befindet sich in hohlen Bäumen; seine Unter-
lage besteht aus Moos, welches ohne Ordnung in den Baum gestopft ist.
Inwendig dagegen ist es mit Lammwolle ausgefuttert. Bisweilen hat
der Vogel auch mit ganzen Stücken von den Bälgen dieser Thiere das
Innere des Nestes ausgefuttert. Die Eier, 7—9 an der Zahl, an
Gestalt gleich denen von Certhia, sind von Farbe weiss mit hellrothen
Flecken und Punkten. In seiner Heimath ist der Vogel nicht scheu,
sondern sehr neugierig. Zur Winterzeit streicht er ziemlich weit nach
Süden in unserem Lande, so dass er einige Male bei Upsala geschossen
worden und einige Male in kleineren Gesellschaften in den Bohuser
Scheeren gesehen worden ist.
Parus fruticeti, mihi.
(S. palustris, Auct.) et P. borealis, de Selys.
Da der Unterschied zwischen diesen beiden Arten erst neulich von
den Ornithologen unseres Landes observirt worden ist, ist es beinahe
noch unmöglich die Grenze für deren Heckzone zu ziehen. In Schweden
war ich es, der zuerst P. borealis, in Winter 1848, in den Nadelwäl-
dern, nahe meinem Wohnorte im nordöstlichen Schonen, entdeckte, und
im Sommer desselben Jahres traf ihn‘ Adj. Liljeborg bei Archangel in
Russland. Vorher war er von de Lamotte in Norwegen gefunden. Von
dieser Zeit an haben sowohl ich und Liljeborg ihn während des Sommers,
sowohl in Schonens als auch in Smalands Nadelwäldern, obwohl spar-
samer als P. fruticeti gefunden, und Prof. Sundewall fand beide bei
Stockholm. Ohne Zweifel kommt P, borealis auch in den Lappmarken
bis ans Eismeer vor, welches man Grund hat anzunehmen, da man ihn
auf Island und bei Archangel gefunden hat; aber die Reisenden in den
nördlicheren Landschaften nennen nur eine Art: P. palustris, welche wie
Löwenjhelm sagt, obwohl sparsam vorkommend, doch bei Quickjock und meh-
reren andern Stellen vorkommt, und nach Norden zu abzunehmen scheint,
in selbem Verhältniss wie P. sibiricus zunimmt. Malm sagt über seine
P. palustris, dass sie als Strichvogel zur Winterzeit sich in Enare und
Utsjocki Lappmarken finde, so weit es noch Birkenwald gebe, und dass
man sie bis zum Eismeere treffe, von wo sie sich aber sobald der Schnee
schmelze, wieder nach südlichen Gegenden znrückzöge. Diese Aussagen
142
können sich auf beide Arten beziehen, aber auch vielleicht nur eine an-
gehen, so dass man in dieser Sache für den Augenblick gar nichts
abmachen kann.
Parus fruticeti ist im südlichen und mittlern Schweden gemein, nicht
aber auf Gottland. Parus borealis, die vielleicht eine nördliche und öst-
liche Form von ersterer ist, ‘scheint die Nadelwälder vorzuziehen, wo-
gegen P. fruticeti Erlen und Birken zu lieben scheint, und trifft man
sie nur in solchen Nadelwäldern, wo Erlen und Birken ebenfalls vor-
kommen. In Gärten, wo man P. fruticeti oft antrifft, kommt P. borealis
nie vor.
Anm. Mit P. sibirieus kann P.borealis niemals verwechselt werden, wohl aber
mit P. fruticeti und der Nordamerikanischen P. atricapillus (Rath), jedoch
gibt es hinlängliche Unterscheidungsmerkmale zwischen ihnen allen, um sie
als constante Arten ansehen zu dürfen. Die Synonymic von P. borealis und
P. fruticeti betreffend, will ich einige Bemerkungen machen. Mir will es
scheinen, dass Linne mit seiner Beschreibung von P. palustris in der Fauna
Suecica p. 98 Nr. 169 P. borealis, de Selys und nicht P. palustris, Auct.
recent. verstanden habe. Der Grund für diese meine Ansicht ist folgender.
Die Diagnose für P. palustris, Linne l. c. lautet folgendermaassen: „Capite
nigro, temporibus albis, dorso einereo,“ und die Beschreibung: „Caput
a rostro ad nucham supra oculos nigrum. Tempora infra oculos alba.
Corpus supra cinereum, subtus candido-cinereum, plumae tamen om-
nes nigrae, apicibus solum colorem exhibentes visibilem. BRemiges nigri-
cantes margine exteriore albido, fascia nulla per alas. Rectrices
et tectrices dorso concolores. Rostrum nigrum. Pedes plumbei, Rectrix,
margine exteriore alba. Will man sich nun nicht darum kümmern, dass
Linne sagt, seine P. palustris habe weisse Schläfe, was auch von
Parus fruticeti gilt, so ist noch vieles übrig in Linne’s Beschreibung, was
man streng genommen auf Parus palustris, Auct. recent. nicht beziehen
kann, dagegen vollkommen auf Parus borealis. Um die Farbe des
Rückens bei seiner Parus palustris zu bezeichnen, benutzt Linne dasselbe
Wort: „einereus,“ welches er bei P. ater anwendet (p. 97. dorso cinereo),
welches seine volle Anwendung auf P. borealis haben kann, nicht aber auf
P. fruticeti, deren Rückenfarbe eher der der P. eristatus gleicht, und von
welcher Linne sagt: „dorsum fusco-cinereum.“ Weiter sagt er, dass bei sei-
ner P. palustris die Flügelfedern an der äussern Kante weiss (albidae) sein
sollen, wie es sich auch, besonders mit denen der 2ten Ordnung, bei Parus
borealis verhält, besonders in der Wintertracht, — bei. P. fruticeti aber in
keiner Jahreszeit, sondern hier sind sie hell aschgrau. Die erste Schwanzfe-
der soll an Linne’s Art an der äussern Kante weiss sein, welches auch bei
P. borealis eintrifft, aber nicht bei S. fruticeti, bei welcher er schmal und
aschgrau ist. Hiernach muss man die Folgerung machen, dass Linne’s P. pa-
lustris, de Selys P. Borealis im Winterkleide ist, und wenn nun noch hinzu-
kommt, dass beide diese, einander so nahe stehenden Arten, in Uppland ge-
mischt mit einander vorkommen, so gewinnt diese Ansicht noch mehr an
Gewissheit, so dass man Linne’s Beschreibung keineswegs zur Parus pa-
143
Zustris späterer Verfasser ziehen kann, und woraus auch noch folgt, dass
P. palustris, Auct. einen Namen trägt, der ihr ursprünglich nicht angehört.
Will man nun der P, borealis nicht den Namen palustris geben, welches
ohne Zweifel das richtigste wäre, und welches auch am meisten mit dem
Prioritätsrechte übereinstimmte, so muss man doch, um Missverständnissen vor-
zubeugen, der P. palustris späterer Verfasser einen andern Namen geben,
und diess ist der Grund, warum ich für sie den Namen PP. fruticeti vorge-
schlagen habe, welcher auch am meisten für sie passt, da einer der Unter-
schiede in der Lebensweise dadurch bezeichnet wird.
Parus coeruleus et P. caudatus, L.
Beide Arten scheinen dieselbe Heckzone zu haben. Im südlichen
und mittlern Schweden ist erstere in jeder Jahreszeit ziemlich gemein,
letztere dagegen trifft man sparsamer; nur im Spätherbst und Winter,
wenn sie sich in Zügen gesammelt, wird sie mehr gemein, sowohl in
Nadel- als auch Laubwäldern. Keine dieser Arten werden unter irgend
einer Jahreszeit in Lappland angetroffen, und obwohl die Schwanzmeise
nicht unter den in der Nähe von Carlstad m Wermland verzeichneten
Vögeln aufgenommen ist, findet sie sich doch sowohl im Bohuser Bezirke
als im südlichen Dalekarlien, und in Norwegen bis an Dowrefjell. Die
nördliche Heckgrenze beider scheint sonach in den 63° n. B. einzufallen,
und nur vielleicht an der Ostseeküste etwas höher hinauf zu gehen,
wenigstens was die Blaumeise betrifft.
Anm. P. cyanus, Pall. soll nur 2mal im Winter gesehen und geschossen wor-
den sein, nämlich einmal in Südermanland und einmal in Schonen.
Regulus cristatus, Willugb.
(Regulus crococephalus, Brehm.)
In allen Nadelwäldern in ganz Skandinavien bis in den Polarkreis,
wenigstens bis zwischen 67—68° n. B. trifft man diese Art heckend.
In den südlichen und mittlern Landschaften ist sie in jeder Jahreszeit
gemein, nicht aber in den nördlichen, wo sie sparsam vorkommt, und
so weit hinauf nach Norden bis Enare und Utsjocki Lappmark findet
man sie nicht.
Anm. Regulus ignicapillus, Brehm, Naum. ist nirgends in Skandinavien ge-
funden worden.
Alauda arvensis, L.
Diese sehr bekannte Lerche trifft man überall, sowohl im südlichen
als auch mittlern Skandinavien und sie steigt auch hoch nach Norden hinauf,
144
obwohl sie dort im Innern des Landes sparsamer vorkommt als an den
Küsten. Ob sie in Norwegen bis ans Nord-Cap vorkommt, ist noch
ungewiss, obwohl sie bis zu Lyngensfjord (69° n. B. 380 w. L.) obser-
virt worden ist. Oestlich um genannte Spitze findet sie sich nicht; we-
nigstens wurde sie nicht von Malm in Enare und Utsjocki Lappmark
heckend getroffen, sondern nur einmal im October bei Utsjocki Kirche
geschossen. In der schwedischen Lappmark dagegen ist sie in der Heck-
zeit sowohl bei Quickjock, obwohl selten, wie auch bei Gelliware,
Juckasjärwi und Karesuando, wo sie auf den neubebauten Aeckern ge-
mein sein soll. Hiernach scheint es, als ob 42—43° w. L. in den im
Polarkreis liegenden innern Theilen der Lappmark die östliche Grenze
für diese Art und 69—70° n. B. die nördliche Grenze ausmachen solle.
Alauda alpestris, L.
(Alauda nivalis, Pall.)
Der südlichste Ort, wo dieser Vogel in der Heckzeit angetroffen
worden ist, ist bei Quickjock (67° n. B.), wo sie auf der Wallialp von
Löwenhjelm geschossen wurde. Nördlich von hier trifft man ihn bis
an’s Eismeer, seltener jedoch im Innern des Landes. An den Küsten
und in Finnmarkens Alpmorästen ist er gemeiner. Ein mehr östli-
cher Vogel als vorhergehende Art, trifft man ihn auch häufiger in
Ostfinnmarken (östlich vom Nord-Cap) als in Westfinnmarken. Auf den
Seiten der Alpen geht er bis in die Birken- und Weidenregion, auf
solchen Stellen, welche mehr flach, grasreich und sumpfig sind. Hier
setzt er sein Nest, wie die Feldlerche, an die Seite eines Grashügels,
oder einer andern Erhöhung. Sowie die Feldlerche erhebt er sich auch
von der Erde, während er singt. Im Herbst und Winter streicht diese
Lerche weit nach Süden herab, scheint aber bei diesen Zügen mehr
der Westküste und dem Bergrücken, der Norwegen von Schweden trennt,
zu folgen, als der Ostseeküste, welches ich daraus schliesse, dass sie in
Menge bei Kullaberg an der nordwestlichen Küste von Schonen geschos-
sen worden ist, auf der östlichen Küste dieser Landschaft aber sehr sel-
ten vorkommt. Selbst habe ich sie nur ein einziges Mal (im März), in
der Nähe meiner Wohnung im nordöstlichen Schonen, geschossen und
Forstverwalter Gadamer hat sie auch nur einmal in derselben Gegend
gesehen.
Anm. Alauda eristata, Lin. kommt nirgends in Skandinavien keckend vor, so
viel man weiss. Nur im südlichen Schonen und 'in Upland soll man sie
145
manchmal im Frühjahr in Gesellschaft der Haidelerche treffen. Von den ein-
zigen, mir bekannten schwedischen Exemplaren wurde das eine bei Hofs
Pfarrhof in Schonen am 26. Mai 1833 und das andere bei Upsala im Früh-
jahr 1841 geschossen.
Alauda arborea, L.
Von Schonens nördlichen Nadelwäldern an kommt diese Lerche
hier und da heckend vor bis in’s mittlere Schweden hinauf, wo sie um
den 62—63° n.B. aufzuhören scheint. Wenigstens ist sie nicht in Lapp-
land und nicht einmal in dessen südlichsten Orten angemerkt.
(Fortsetzung folgt.)
Ueber eine neue (?) kleine Schwanenart.
Von »
B. Altuın, nebst Tafel.
Jeden Kenner der deutschen Ornis werden sicher bei Besichtigung
der ausgezeichneten Vogelsammlung des Herrn Hauptmann v. Zittwitz
hier in Münster *), dessen zuvorkommender Freundlichkeit ich nachstehende
Notizen verdanke, die drei Exemplare einer kleinen Schwanenart höch-
lichst interessiren. Es repräsentiren dieselben die beiden Geschlechter
und verschiedene Altersstufen. Das erste ist ein Männchen in einem
Alter von ungefähr 3 Jahren, das 2te ein sehr altes Weibchen und das
3te ein junger Herbstvogel. Sie wurden erlegt in der Gegend von
Haselüne im Hannoverschen, ungefähr 2—3 Stunden von Meppen auf
einem Haidemoore im Jahre 1851, und zwar das Männchen und der junge
Vogel am 28. October, und das ‘alte Weibchen am 5. November dessel-
ben Jahres, und von den Wildhändlern hier zum Verkauf ausgeboten.
Noch ein viertes Individuum war geschossen, ging aber durch Unvor-
sichtigkeit verloren. Es waren ihrer im Ganzen 5 Stück gewesen, die
sich nichts weniger als scheu gezeigt hatten.
Auf den ersten flüchtigen Blick sollte man diese 3 Schwäne für den
Naumann’schen Cygnus melanorhinus (— minor) halten, weil sie unge-
fähr der Grösse nach mit diesem übereinstimmen; doch bieten sich bei
etwas näherer Betrachtung so wesentliche Unterschiede dar, namentlich
*) Jetzt in Glogau.
Naumannia. 1854. 10
146
in Bildung des Schnabels und der angrenzenden nackten Theile, dass an
eine Identität mit jener Art nicht zu denken, es vielmehr mehr als
wahrscheinlich ist, es handle sich hier um eine 4te Art deutscher
Schwäne. Sollte indess Naumann’s Vermuthung, die er tom. II. p. 499.
ausspricht, dass nämlich Cyg. Bewickii (Yarrel), Cyg. islandicus (Brehm)
und sein Cyg. melanorhinus zu einer und derselben Art gehören, un-
richtig sein, so hat uns vielleicht nur ein anderweitig hinlänglich be-
kannter Fremdling besucht. Nach meinen Hilfsmitteln ist es mir nicht
gestattet, einen näheren Vergleich anzustellen, da ich die beiden ersten
der genannten Arten nur aus den Notizen in Wiegmann’s Archiv Jahrg.
1838 kenne. Noch lieber aber möchte ich diese 3 Exemplare mit Cyg.
immutabilis (Tem.), den ich in dem neuesten Verzeichniss der Vögel
Europa’s, in so fern mir bekannt ist, mit einem ? bezeichnet finde, ver-
gleichen können, mit dem sie nach der Vermuthung des Herrn Besitzers
wohl identisch sein könnten und vielleicht wirklich sind. Dem sei aber
wie ihm woll&, als deutsche Art ist dieser Schwan vielleicht nirgends
beschrieben oder aufgeführt, und ich erlaube mir desshalb in der Vor-
aussetzung, dass es manchem Leser unserer Naumannia nicht unlieb ist,
durch die Veröffentlichung die Aufmerksamkeit der Ornithologen auch
in weitern Kreisen auf diese Thiere hinzulenken. i
Die Grösse stimmt, wie gesagt, im Ganzen mit der des Cyg. me-
lanorhinus ungefähr überein, nur ist diese Art schlanker gebaut, der
Hals im Verhältniss zu seiner Dicke länger, das Gewicht, in so fern der
Herr Besitzer sich dessen noch erinnert, zwischen 10—11 Pfund. Die
Maasse sind folgende: Länge von der Schnabel- bis Schwanzspitze beim
Männchen 481, Zoll, *) Schwanz 7 Zoll, Flügellänge (vom Corpus bis
zur Spitze der Schwingen) 22 Zoll, Flugweite 85 Zoll. — Das Gefieder
ist von der gewöhnlichen Struktur, mit Ausnahme der Kopf- und Hals-
befiederung, die namentlich beim Männchen mehr, “als beim Weibchen
eigenthümlich, beim jungen Vogel jedoch von der gewöhnlichen Beschaf-
fenheit ist. Die Federn zeigen sich nämlich an ihren Spitzen bedeutend
verschmälert, so dass selbe sich sehr fein enden, indem sie fast nur
aus dem Kiele. und einigen feinen, jedoch ziemlich straffen Fahnenfasern
hestehen und dadurch ein fast borstenartiges Ansehen haben. Die Farbe
dieser verjüngten Spitzen ist nicht weiss, sondern mehr oder weniger
braun, so dass der ganze Kopf, namentlich Oberkopf und Genickgegend,
*) Rheinländisches Maass.
Taf.Lu.l.
B. Allıum, ad. nab. pırnae.
TE 2. Gaza Dbo,
147
und der Hals dadurch mit bräunlichen lanzettförmigen Schmutzflecken
bedeckt zu sein scheint. Wiewohl ich mir keinen bestimmten Grund
dieser Färbung anzugeben weiss, so bin ich doch durch bekannte Ana-
logien genöthigt, selbe irgend welcher äussern Einwirkung zuzuschrei-
ben, wesshalb ich bei der Abbildung keine Rücksicht darauf genommen
habe. — Der Schwanz zählt beim M. 14, beim W. 16, beim j. V. 20
Steuerfedern, welche Differenz vielleicht in der Mauser begründet ist,
und ist ziemlich keilförmig gebauet, die ruhenden Flügel lassen unge-
fähr % desselben unbedeckt.
Der Schnabel ist namentlich beim M. im Profil besilenn auffallend
verschieden von dem des Cyg. melanorhinus. Der schwach umgränzte,
ziemlich breite Nagel ragt weit mehr hakenförmig über den Unterschna-
bel hervor. Von ihm steigt die Firste zur Stirn nicht in einer fast ge-
raden Linie auf (was jedoch beim j. V. der Fall ist), sondern ist vor
den Nasenlöchern niedergedrückt, steigt dann wieder sanft aufwärts und
bildet unmittelbar vor der Stirnbefiederung einen nicht unbeträchtlichen,
ziemlich schroff emporsteigenden Höker. Der vertiefte Seitenrand des
Oberschnabels ist am Nagel deutlich zu erkennen, verschwindet aber
allmählig gänzlich. Der Unterschnabel wird weit weniger vom Ober-
‚schnabel überragt und ist daher fast in seiner ganzen Länge von der
Seite her sichtbar. Die etwas über der Horizontallinie nach vorn sich
erhebenden Nasenlöcher liegen etwas näher der Spitze und Firste, als
der Basis und dem. Seitenrande des Oberschnabels, gestatten eine fast
senkrechte Durchsicht und bilden einen sanften, gegen die Firste con-
vexen Bogen. An der der Schnabelwurzel zugewendeten Seite enthalten
sie in ihrem Innern im obern Theile ein kleines vorspringendes Haut-
läppchen.
Die bunte Färbung der nackten Haut der Schnabelwurzel und der
angrenzenden Theile erstreckt sich vom Mundwinkel an erst. parallel,
dann etwas aufsteigend, längs dem Seitenrande des Oberschnabels, und
. steigt in einer fast senkrechten, jedoch etwas zackigen Linie, die Nasen-
höhle schneidend, nach oben und zieht sich längs der Firste und dem
Höker zur Stirnbefiederung, von der sie sich zum Auge, dieses in einem
schmalen Rändchen umkreisend, wendet und dann in einem sehr schwa-
chen Bogen zum Mundwinkel zurückkehrt. — Von der äussersten Spitze
des Nagels, bis an den Mundwinkel beträgt die Länge des Schnabels
3 Zoll 2 Linien, seine überall. fast gleiche Breite 1 Zoll 2 Linien.
Die Farbe des Schnabels ist beim ‘alten Vogel mit Ausnahme der
10 *
148
erwähnten Basishaut, die nicht hellgelb, sondern wirklich orangegelb,
dunkelchromgelb gefärbt ist, tief schwarz. Jene gelbe Zeichnung bildet
aber nicht, wie bei den ähnlichen Arten, einen einzigen, vor der Stirn
sich über die Schnabelfirste hinüberziehenden Fleck, sondern ist hier
durch die schwarze Firstfläche, so wie durch den ungefähr % Zoll brei-
ten, gleichfalls schwarzen Höker in zwei durchaus getrennte Seitenflecke
gesondert. (cf. Taf. 2, Fig. 2.) Also sowohl Form, als Farbe, als Aus-
dehnung derselben unterscheiden diesen Schwan. von seinen Verwandten
sehr leicht.
Das Weibchen stimmt bis auf den schwächeren Höker mit dem M.
überein. Beim jungen Vogel fehlt derselbe gänzlich; besonders auffal-
lend aber ist bei ihm, dass die beim alten Vogel orangegelb gefärbte
Partie grösstentheils mit kleinen schuppenähnlichen, die Haut theilweise
nicht vollständig bedeckenden Federchen von bräunlicher Farbe versehen.
ist. Aehnliche kleine Federn bilden auch den Anfang der sich weiter,
wie beim a. V., zur Schnabelspitze hin erstreckenden Stirnbefiederung.
Die sonstige Farbe des j. V. ist ein mehr oder weniger gesättigtes weiss-
liches, schmutziges Grau, das besonders am Oberkopf, im Nacken und
den Enden der grossen Schwingfedern 2ter Ordnung dunkler, am gan-
zen Vorderhalse und der Brust und Bauchseite des Vogels namentlich
aber am Flügel in der Gegend des Handgelenkes sehr licht erscheint.
Uebrigens befindet sich diese Färbung nur an den Spitzen der Federn,
so dass die bedeckten Theile derselben ziemlich rein weiss erscheinen.
Die Farbe des Schnabels ist beim j. V. einfach hellbleifarben, ähn-
lich wie die Füsse von Platypus ferinus.
Die Füsse sind beim alten Vogel tief schwarzbraun (nicht schwarz),
beim jungen Vogel wie der Schnabel, und die Sohlen des letztern fast
rein weiss gefärbt. Der Unterschenkel ist beim Männchen vom Fersen-
gelenk aufwärts ungefähr 1 Zoll hoch unbefiedert; der Lauf bei dem-
selben 31a Zoll, Mittelzehe mit Kralle fast 5 Zoll, Aussenzehe fast 4%
Zoll, die Innenzehe wenig kürzer, Hinterzehe 1 Zoll 1 Linie. — Beim
jungen Vogel sind sämmtliche Maasse natürlicherweise verhältnissmässig
geringer.
Die Tracheen (Taf. 2, Fig. 3 und 4.) erleiden nach dem Alter be-
deutende Veränderungen. Beim alten Weibchen (Fig. 3.) erstreckt sich
der Bogen derselben seiner ganzen Ausdehnung nach, ungefähr 3 Zoll
tief, in’s Brustbein hinein; beim dreijährigen Männchen (Fig. 4.) ist die
Biegung viel unbedeutender und senkt sich kaum 3% Zoll in dasselbe.
149
Beim jungen Vogel ist diese Biegung der des 3jährigen Männchens fast
gleich, berührt aber kaum die Höhle des Brustbeins.
B. Altum.
Reminiscenzen .
über
stufenweise Entwickelung der vaterländischen Ornithologie in
der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts.
[2
Von
Dr. 3. E. Naumann.
Folgende Rückerinnerungen mögen bloss ein Versuch sein, in Kur-
zem anzudeuten, worauf in jüngerer Zeit die gewaltigen Fortschritte in
Kenntniss der Vögel unsres gemeinsamen Vaterlandes sich stützten, da
die Ursache des anscheinend öfter vorkommenden Einwanderns einzelner,
früher hier unbekannter Vogelarten aus ihrem wahren Vaterlande zu uns
am wenigsten darin zu suchen sein möchte, dass sie in manchen Gegen-
den unsres Landes einen Ersatz fänden für ihre sonstigen fern von uns
liegenden Wohnsitze, zumal eine bei uns mehr vorgeschritiene Boden-
kultur, eine geregeltere Bewirthschaftung der Waldungen oder gar das
Ausroden vieler Wälder, Trockenlegung der Sümpfe, Beschränkung der
Gewässer u. dgl. m. ihnen etwas Anziehendes schwerlich sein dürften.
Wir haben sie daher mehr für Verirrte, durch ungünstige oder wider-
wärtige Verhältnisse, im Wind und ‚Wetter vom rechten Wege ihres
Zuges vereinzelt Verschlagene zu halten, so dass dergleichen allerdings
nicht oft vorkommen können. Dasselbe mag jedoch, so gut es wie heute
auch für alle Zukunft möglich bleiben wird, auch in frühern Zeiten eben
so oft, oder wahrscheinlich noch öfter, sich ereignet haben, nur war ein
Kenner, um es zu bemerken, nicht vorhanden.
Wenn daher von verschiedenen Seiten zuweilen die Meinung auf-
tauchte, als hätten in neuerer Zeit viele Vögelarten unser Deutsch-
land besucht, die in früherer Zeit hier nicht vorgekommen wären, so
ist Letzteres wohl meistens nicht so; man bemerkte, man erkannte sie
nur sonst nicht, zum Theil weil es an Interesse für so etwas fehlte.
Freilich findet man in vor fast 100 Jahren gedruckten Werken und Nach-
150
richten meistens’ wohl nichts von solchen Raritäten; aber wie dürftig
waren auch damals die ornithologischen Kenntnisse unsrer Voreltern,
und wie selten unter ihnen diejenigen, welche neben der Praxis auch
einige theoretische Kenntnisse zu sammeln sich die Mühe gaben, oder
so viel des Dürftigen, grossentheils meist Unbestimmten, wie es bei
ältern Autoren sich hin und wieder vorfand, sich anzueignen vermoch-
ten, um es bei vorkommenden Fällen in Anwendung bringen zu können.
Versetzen wir uns in diesem Betracht nur in die letzten Viertel des vo-
rigen Jahrhunderts oder vor Auftreten Bechsteins zurück, so finden wir,
dass damals die gesammte Ornithologie überhaupt und die vaterländische
ins Besondere praktisch fast bloss vom zumeist ungebildeten Jäger oder
Vogelfänger betrieben wurde, diese Leute aber das Vergnügen des Fan-
gens gern mit dem ihnen daraus erwachsenden pekuniären Gewinn ver-
banden, weil das Vogelwildpret für die Tafeln der Feinschmecker, wie
jetzt grossentheils noch, stets sehr gesucht war, wobei es ihnen aber
nicht darauf ankam, die Arten genau oder doch nicht viel anders als
nach Beschaffenheit und Geschmack des Fleisches, demnach auch des
Geldwerthes, zu unterscheiden.
Es wurde in jenen Zeiten viel mehr Vogelwild gefangen als ge-
schossen, weil man das Fangen, das fast allenthalben auch Nichtjagdbe-
rechtigten erlaubt war, weit besser verstand als das Schiessen, indem
unsere heutigen, so vielfältig verbesserten Schiessgewehre, Schiessmittel
und vermöge dieser die Uebung im gewandten Schiessen jener Zeit
bekanntlich ganz abgingen. Kam ihnen ein gefangener Vogel als ein un-
gewöhnlicher vor, so wurde, wie ich von meinem Vater oft vernommen,
wohl zuweilen versucht, insoweit man diess damals verstand, ihn beim
Leben zu erhalten, doch viel häufiger untersucht, ob er vielleicht einen
wohlschmeckenden Braten gäbe. — Auf diese Weise mag damals oder
vielleicht noch in weit früherer Zeit der Nachtreiher (A. nyeticoraz)
sogar die Ehre erlangt haben, der ersten Wildpretsklasse (hohen Jagd)
zugezählt zu werden; so wie ebenso mehrere grosse Vögel, Kranich,
Trappe, Schwan u. a. wegen ihrer stattlichen Grösse und ihrer
besonderen Schlauheit oder Menschenscheu, trotz ihres groben Flei-
sches. — Kam man manchmal auch zu etwas ungewöhnlich Scheinendem,
so kannte man damals wieder kein Mittel, ihm seine äussere Gestalt zu.
erhalten; die Kunst des Abbalgens und Ausstopfens lag ja noch in der
Wiege, und nur sehr wenige erfinderische Köpfe und geschickte Hände
vermochien einen Vogel so zu präpariren und aufzustellen, dass er nur
151
einem Vogel ähnlich blieb. Daher gab es dazumal auch keine Samm-
lungen wie heut zu Tage, worin man sie zu Tausenden neben einander
naturgetreu präparirt aufgestellt gefunden, sie leicht mit einander ver-
gleichen und sich nach Wunsch über sie hätte belehren können *). So
mögen vor 100 Jahren alle jene östlichen Drosselarten und viele andere
in neuerer Zeit m Deutschland aufgefundene, bisher uns fremd er-
schienene Vögelarten ebenso auch damals schon bei uns vorgekommen,
jedoch unerkannt geblieben sein. So z. B. wurde Falco Cenchris einige
Jahre vor 1822 zuerst wieder von mir als auch deutscher Vogel erkannt,
weil ein Männchen desselben in meiner Nachbarschaft erlegt worden,
während Frisch schon vor 1763 ein junges Weibchen der Art besessen
und diese ohne Weiteres für völlig einheimisch gehalten; wie viele der-
selben Art mögen aber vielleicht in der langen Zwischenzeit noch ausser
jenen, aber unerkannt oder unbeachtet im Lande erlegt worden sein!
Und dem Aehnliches mag sich auch mit vielen andern Vögelarten, die
wir jetzt genauer kennen und zu bestimmen verstehen, zugetragen haben.
Wenn man aus dem jetzt öfter vorkommenden nördlichen Erscheinen
mancher südlichen Vogelarten ein Vorrücken derselben nordwärts be-
merkt haben will, so möchte sich diess doch nicht auf sehr viele aus-
dehnen, vielmehr wohl bloss auf einzelne Individuen oder Paare be-
schränken, und immer so gewesen, nur nicht beachtet worden sein. Et-
was Anderes ist es mit einem Anwachsen an Zahl und einer dadurch
veranlassten grössern Verbreitung in einem gewissen Zeitraum, aber
diess ist noch nicht als ein willkürliches Vorrücken nach Norden zu be-
zeichnen, wie man es z. B. von unsern Hausröthling behauptet hat.
Allerdings hätte es bei diesem wohl einigen Anschein dazu, da auch ich
aus meinen Knabenjahren mich noch sehr wohl erinnere, wie höchstens
*) Die Kunst des Ausstopfens warmblütiger Thiere hat sich bekanntlich erst
mit dem jetzigen Jahrhundert auszubilden angefangen, und in verschiedenen Metho-
den zu ihrer derzeitigen Höhe aufgeschwungen, denn selbst noch in den Jahren, als
Levaillant reisete, verstand man kaum, Bälge so zuzubereiten, dass sie später
noch ausgestopft werden konnten. Ich selbst besitze von Temminck noch einen
von jenem berühmten Reisendeu in Afrika ausgestopften, alten männlichen C‘. per-
enopterus, in welchem sich, als ich ihn aufzuweichen und umzuändern versuchte,
beinahe noch das ganze Knochengerüst vorfand, und diess demnach von Nitzsch
noch zu anatomischen Zwecken benutzt werden konnte. Weil damals dieser Vogel
überhaupt noch vielen, ja mancher grossen Sammlung fehlte, sparte ich keine Mühe,
um diess Exemplar wenigstens so herzustellen, dass es als Andenken an jenen in-
teressanten Reisenden immer noch dienen kann.
152
zuweilen auf dem Durchzuge ein einzelner junger oder weiblicher Vo-
gel dieser Art, weniger im Frühjahr bei oder auf Gebäuden unsres Dörf-
chens, als auf dem Herbstzuge (meist junge Vögel vom Jahr) zwischen
den Pflanzenreihen naher Kohläcker angetroffen wurde, so dass, als ich
damals schon Vögel nach der Natur oder dem Leben für meinen Vater
malen lernte, ein altes Männchen dazu aus einer nahen Stadt herbei-
geschafft werden musste; denn unser Hausröthling wohnte in jener
Zeit auf unsrer Ebene ‚„ und zwar gar nicht häufig, fast nur in den
grössern, aber nicht in ganz kleinen Städten; in höher gelegenen,
grossen, mit hohen Gebäuden und Kirchthürmen versehenen, jedoch nir-
gends in einem unserer kleinern Dörfer ohne hohe Gebäude. — Wäh-
rend unsere Vögel nun in jetziger Zeit, ohne Ausnahme, in keiner un-
serer Städte und eben so wenig in einem Dorfe, selbst in tiefliegenden,
wenn sie nur nicht gar zu niedrige Gebäude haben, vermisst wird, wenn
auch, wie andere verwandte Singvögel in dem einen Jahr mehr, in einem
andern weniger zahlreich, nicht allein auf dem Durchzuge, sondern auch
(gewöhnlich zwei Mal in jedem Sommer) bei uns Junge aufziehend. Ob-
gleich er so vor mehr denn 60 Jahren auf unserer Ebene viel einzelner,
wenn auch keine Seltenheit war ‚„ so darf man ihn jetzt dagegen wohl
zu den gemeinsten Vögeln unsres Landes zählen. : Auffallen möchte da-
bei, dass die wachsende Vermehrung des Vogels mit Verbesserung der
Bodenkultur des Landes gleichen Schritt zu halten scheint. Sie hat sich
nämlich in unserm Anhalt, im Verlaufe jenes Zeitraums, so gehoben,
dass man diesen Ausdruck ‘buchstäblich auch auf den Boden anwenden
könnte, indem derselbe, nach dem wie er jetzt behandelt und was auf
ihm erzielt wird, in der That sich erhöhet zu haben oder an sich höher
geworden zu sein scheint, was auf tiefliegenden, vormals zu feuchten Acker-
flächen, die desshalb von unsern Vorfahren mit Vertiefungen zum Sam-
meln überflüssigen Schnee- und Regenwassers durchkreuzt waren, die
aber nach und nach in den letzten und vorletzten Jahrzehnten völlig ge-
ebnet worden, dem Beobachter nicht entgehen kann, ‚und dass sich dessen-
ungeachtet der Ertrag des Bodens erhöhet hat, ohne dass wie ehemals
hier zu viel Feuchtigkeit bemerkbar würde. Durch derartige Verbesse-
rungen musste sich natürlich auch die Wohlhabenheit der jetzigen Be-
sitzer immer mehr heben, diese ein behäbigeres Leben führen lernen,
in Folge dessen sich anständigere Wohnungen, grössere und höhere
Wirthschaftsgebäude erbauen u. s. w., was Alles unserm Vogel behag-
licher sein mochte und ihn darum veranlasst haben mag, sich von Jahr zu
153
Jahr in wachsender Zahl über das wirthliche Ländchen zu verbreiten. —
Diese Erscheinungen liegen mir, weil ich an ihrem Verlauf selbst Theil
genommen, wirklich zu nahe, als dass ich mir versagen könnte, zur
Bekräftigung des eben Mitgetheilten, auf diess Faktum noch etwas näher
einzugehen: Als ich nämlich 1807 den Besitz meines Landgütchens an-
trat, waren sämmtliche Gebäude, desselben in alter Weise viel zu niedrig
(resp. zu enge) und alle baufällig; ebenso war es auch bei sämmtlichen
Nachbarn im Dörfchen. Den Hausröthling kannte man hier gar nicht;
liess sich ja einmal ein Durchziehender in den nächsten Umgebungen
des Orts erwischen, so betraf diess, in jener Zeit für den Sammler
wahrhaft seltene, Ereigniss höchstens einen verspäteten jungen Vogel
desselben Jahres, und nie bekamen wir damals einen Alten hier zum
Schuss. Nach und nach mussten jedoch, nicht allein in meinem Gehöfte,
sondern auch in allen andern, sämmtliche alte Gebäude durch höhere
und sonst zweckmässigere Neubauten ersetzt werden, und von Jahr zu
Jahr wuchs die Zahl derselben, so. dass vom Anfange der Dreissiger
Jahre an unser Dorf ein viel stattlicheres Aussehen gewann, und mit
viel mehrern höhern Gebäuden sich geziert sahe als zuvor. Schon da-
mals (etwa 1830) hatte ich die Freude, das erste Männchen unsres Vo-
gels auf dem First meines (ebenfalls neuerbauten) Wohnhauses täglich,
vom frühesten Morgen an, singen zu hören und aus dem nächsten hohen
Gebäude die Jungen von ihm ausfliegen zu sehen. Von da an fehlte
uns nun nicht nur dieses Paar keinen Sommer wieder, sondern es wuchs
ihre Zahl hier mit jedem Jahr und bald so an, dass ausser diesem, wäh-
rend der letzten Sommer, in verschiedenen andern Gehöften, noch drei
andere Paare sich angesiedelt haben, und unser kleines Ziebigk, das
im Anfange dieses Jahrhunderts noch von keinem einzigen bewohnt
wurde, demnach zur Zeit vier nistende Paare aufzuweisen hat, die erst
noch im vorigen Jahr, wie früher schon alljährlich regelmässig, wieder-
gekehrt sind.
Ein anderer, sonst bloss im Süden oder Südosten Europa’s zu
suchender und von dort erhaltener Vogel hat sich neuerdings auch viel
weiter nach Norden zu brütend gefunden, als man ihn kaum zufällig
und vereinzelt anzutreffen vermuthet hätte, nämlich der kleine Flie-
genfänger (Muscicapa parva), der neuerdings bekanntlich bis in die
Wälder Pommerns, in die Nähe der deutschen Ostseeküste, vorgedrun-
gen, welcher beiläufig nach dem gründlichen Beobachten eines Dr.
Schilling in zwei Arten zerfallen soll, als M. parva und M. minuta
154
benamset, und in Cabanis ornith. Journ. I. Jahrgg. von S. 129 bis
137 vollständig beschrieben worden. Es entbehrt jedoch gerade nicht
aller Wahrscheinlichkeit, dass diese zum Theil ziemlich versteckt leben-
den, weder durch Grösse, noch Farbe oder ein stark in die Sinne fal-
lendes Betragen sehr bemerklich werdenden, kleinen Vögelchen bis etwa
vor 30 Jahren den Augen eines tüchtigen Beobachters zufällig könnten
verborgen geblieben sein. Dazu wäre es vielleicht auch möglich, dass
die ersten dieser südöstlichen Einwanderer erst von Jahr zu Jahr in
der nördlichern Lage, wo man sie nicht vermuthet hatte, unbeachtet
geblieben und sich um so stärker vermehrt, vielleicht auch aus ihrem
südlichern Winteraufenthalt immer mit noch mehrern ihrer Art zurück-
gekehrt sein könnten. Wenn es auch mit diesen kleinen Vögeln die-
selbe Bewandtniss haben dürfte, wie bei den schon erwähnten sibiri-
schen Drosseln, von denen ja auch schon einzelne Paare Junge in
deutschen Ländern ausgebrütet haben, und sich vielleicht schon häu-
figer hier vermehrt haben könnten, wenn sie nicht mehr und leichter
als andere, weniger für die Tafel beliebte Vögel immer wieder wegge-
fangen worden wären*). Dass es in früherer Zeit öfters nicht am Auf-
spüren, sondern mehr am Erkennen mancher Arten gefehlt, sehen wir
ebenfalls an zwei südöstlichen Arten, nämlich an Falco laniarius und
an Strix uralensis; da als Thatsache jetzt bekannt geworden, dass beide
schon seit vielen Jahren in Böhmen (jede in einem andern Theile die-
ses grossen Landes) heimisch und nistend vorkommen, während wir sie
sonst erst in den Karpathen, in Galizien und weiter südlich und
östlich suchen zu müssen meinten.
Die bloss einzeln in Deutschland erschienenen und ohne längern
Aufenthalt bloss durchstreifenden Südländer, wie unter manchen andern
Seltenheiten z. B. ein Pterocles arenarius, Merops apiaster, Otis tetras,
O0. houbara u. m. a, in Hessen ein Elanus melanopterus, in Mecklen-
burg ein Cypselus melba und ein (junger) Cursor isabellinus, — dür-
fen wir indessen wohl nur als einzelne Verirrte oder durch widerwär-
tige Umstände soweit nordwärts verschlagene Reisende betrachten; aber
ihr Vorkommen gibt, wie bei so vielen andern, den Beweis, wie sehr
sich zur Zeit, neben andern naturhistorischen Studien, auch die Orni-
*) Ich erinnere beiläufig bloss an das Vorkommen von Bechsteins Turdus
dubius und unsern 7. pallens, an denen noch vorhandene Reste vom Nestkleide
darauf hindeuteten, dass sie nicht in Sibirien, sondern in unsrer Nähe ausge-
brütet sein mussten.
155
thologie in unserem Vaterlande verbreitet hat, dass sie selbst den unter-
sten Schichten des Volks hin und wieder nicht mehr ganz fremd ge-
blieben, und die in jüngst vergangener Zeit entstandenen, vielen klei-
nern und grössern Sammlungen ausgestopfter Vögel selbst von unserem
Landmann im Interesse der Wissenschaft mit Wohlgefallen betrachtet
werden, ja dazu beitragen helfen, den Reiz, welchen die uns umgebende
Natur auf den Gebildeten übt, auch auf ihn übergehen und sein Be-
streben zum. Aneignen mehrseitiger Kenntnisse anregen zu lassen. So
ist das Sammeln und zur Schau Aufstellen der Gegenstände aller Fächer
der Naturwissenschaft in den letzten Jahrzehenten zuverlässig ein Mittel
geworden, namentlich in Bezug auch auf die Vögel, uns zu den riesigen
Fortschritten zu verhelfen, deren wir, so weit es wenigstens unser Va-
terland betrifft, uns dermalen zu erfreuen haben.
Das Letztere hat aber nicht allein Bezug auf das Erscheinen früher
in Deutschland niemals gesehener Vögel aus wärmern Klimaten,
sondern zum Beweise des Ebengesagten auch auf nordische Vögel.
Wenn vor kaum 100 Jahren ein hier im Binnenlande erlegter, alter,
männlicher Mergus merganser unsern Vorfahren eine so unerhört seltene
Erscheinung, als seitens der Jäger — die damals nebst ihren Herrschaf-
ten fast allein die Jagden betrieben — ein niemals gesehenes Geschöpf
sein konnte, weil in jener Zeit die Ausübung der Jagd sich fast nur
auf Hochwild, Hirsche, Rehe, Wildschweine und das diese gefährdende
sogenannte Raubzeug bezog, — so war denn in solchem Falle gewiss
zu entschuldigen, zumal man das Ausstopfen nicht dem Namen nach kannte,
dass der Jagdherr ein so schönes, als ihm unbekanntes Geschöpf, zu
einem bleibenden Andenken, vom Hofmaler lebensgross in Oel malen liess,
damit es als ein Wunder auch auf die Nachwelt kommen möge. Folgendes
Factum aus jener Zeit, statt vieler andern. Ein Freund der Ornis und anti-
quarischer Kunst hat eine ziemliche Anzahl solcher Bilder gesammelt, die
zum Theil mit abenteuerlichen Unterschriften versehen, dasselbe ebenfalls
von mehrern, damals in diesem oder jenem Winkel Deutschlands vorge-
kommenen, uns jedoch jetzt nach allen Situationen ihres Lebens bekannten
Vögeln bezeugen; doch befindet sich in dieser deutschen kleinen Samm-
lung — wohl zu merken — auch ein recht gutes Bild von Anser ruficollis, in
2facher Ansicht, das der Möglichkeit des Vorkommens dieser seltnen nord-
sibirischen Art auch im deutschen Binnenlande zum Beweise dienen kann. *)
*) Da der Besitzer dieser wahrhaft interessanten kleinen Sammlung, die frei-
lich unter vielen mittelmässigen, ja einigen schlechten, doch immer kenntlichen Bil-
156
Dass auch hochnordische Vögel, wahrscheinlich durch Stürme und
Unwetter, bis zu uns, und zwar tief ins Land herein, verschlagen wer-
den können, haben wir, namentlich bei Seevögeln, oft schon in Erfah-
rung gebracht, z. B. mehrmals von T'halassidroma pelagica, Th. Lea-
chii, Sula (Dysporus) bassana, mehreren Arten aus den Gattungen
Larus, Lestris u. a. m. Auch ist bekanntlich neuerdings in der Nähe
von Danzig Somateria dispar s. Stelleri, so auch $. spectabilis er-
legt, beide bekanntlich Bewohnerinnen des hohen Nordens im Osten
von uns, ja von letzterer Art bekanntlich erst vor Kurzem ein altes
Männchen im Prachtkleide an deutscher Küste bei Greifswald
geschossen worden; anderer Vorfälle der Art mit Schneeeulen u. a.
auch mehrerlei kleinern Vögelarten des hohen Nordens nicht zu ge-
denken. Höchst wahrscheinlich mögen derartige Fälle früher sich noch
viel öfter ereignet haben, doch kannte, oder vielmehr beachtete man in
damaliger Zeit so Etwas nicht. Damit ist es denn nun heutzutage an-
ders geworden; denn wenn eine Seltenheit auch zuvörderst in die Hände
eines Nichtkenners gekommen, so wird dieser doch, wenn er nicht zu
den ganz Unaufmerksamen oder Unbesonnenen gehört, bald einen Mann
zu finden wissen, welcher den Fund zu würdigen versteht, weil es be-
kanntlich in Deutschland, in jetziger Zeit, wohl schwerlich noch eine
Gegend geben dürfte, in welcher, wenn auch nicht ein wirklicher Orni-
tholog, doch wenigstens ein Liebhaber dieser Wissenschaft anzutreffen
wäre, um dem Anfragenden Auskunft u. s. w. geben zu können.
Wie schon oft und auch in dieser Zeitschrift bezugsweise mehrfach
erwähnt, möchte uns vor der Hand die Ursache ein Räthsel bleiben,
wesshalb eine ehemals nur in hochnördlichen Ländern, in Massen bei-
sammen, sich fortpflanzende Drosselart, nämlich unser allbekannier T'ur-
dus pilaris, seit einiger Zeit auch südlichere Brüteplätze bezogen hat,
und damit zum Theil bis zu uns, in die Mitte von Deutschland vor-
geschritten ist. Ein Wunder schien es mir schon, als ich zuerst 1805
in einer Gegend Schlesiens, unfern der polnischen Grenze, ein Wäld-
chen kennen lernte, in welchem bereits ein paar Sommer nacheinander
ein einzelnes oder einige Paare dieser Drossel genistet und Junge aus-
dern, auch mehrere von wirklichem Kunstwerth hat, — ein hochbetagter Greis,
ohne direkte Leibeserben ist, dessen Nachlass bei seinem Ableben an Verwandte
übergeht, die vielleicht diese Bilder nicht beachten oder nicht beisammen lassen; —
so möchte ich Sammler anrathen, sie durch Ankauf u. s. w. ihrem vielleicht baldi-
gen gänzlichen Verschwinden zu entreissen.
157
gebracht hatte. Viele Jahre später und mehrere Paare beisammen fand
bekanntlich Gloger in einer uns schon näher liegenden Gegend des-
selben Landes. Später waren sie uns noch näher gerückt; ob von dort
her oder aus mehr nach Norden gelegenen Ländern, kann Niemand wis-
sen, wenn auch damals bemerkt worden, dass jenseits Königsberg
in Preussen diese Drosseln auch schon nistend angetroffen würden,
Ich fand nämlich ganz zufällig zu meinem Erstaunen eine nistende Ge-
sellschaft derselben in einem Gehölze bei einem Dorfe Sachsens, nur
wenige Meilen von meinem Wohnorte; und von da-an (etwa um 1822)
fanden sich endlich auch in den Waldgegenden unseres Anhalt zuerst
nistende Paare dieser Art ein, die von Jahr zu Jahr an Zahl der Brüte-
paare zunahmen und in jüngster Zeit an einigen Orten Nistereien bil-
deten, die selbst den Speculationsgeist der Dorfknaben weckten, welche
Handel mit den Eiern. zu treiben begannen, sie an Sammler zu verkau-
fen suchten, weil bekanntlich in jetziger Zeit leider das zur Verminde-
rung aller befiederten Geschöpfe so sehr wesentlich beitragende Eier-
sammeln zu einer Art von Manie geworden; so dass es auch von
solchen (Exempla sunt odiosa!) mit Eifer betrieben wird, welche die
bezüglichen Vögel kaum oberflächlich oder bloss dem Namen nach ken-
nen, und sich bloss begnügen, an Form und Farbe der Eier sich zu
ergötzen. Sapienti sat! }
Jenes Vorrücken nistender Wachholderdrosseln hat denn auch
auf ihren. Zug, namentlich die Zeit desselben, einen wesentlichen Ein-
fluss ausgeübt; denn in jener Zeit, als mein Vater, nebst vielen andern
Vogelfängern hiesigen Landes, das Stellen eines sogenannten Vogelher-
des noch eifrig betrieb, sahe man unsern Vogel einzeln nicht oft vor
Ende des Octobers und in Schaaren erst im November eintreffen, wäh-
rend er in jeiziger Zeit schon mit der Singdrossel (unserer ersten
Drossel für den Herbstzug) gefangen wird, und dieser Fang, freilich
nicht in solchen Massen wie früher, vielmehr einzelner auch durch die
Zugzeit der zunächst folgenden Rothdrossel dauert, bis endlich die
Schaaren der im höhern Norden ausgebrüteten Wachholderdrosseln
nachrücken und, wie in alter Zeit, bei uns erst im November zu er-
scheinen pflegen. — Zugegeben, dass uns die zu Grunde liegenden
Veranlassungen zu diesen Veränderungen lange noch ein Problem blei-
ben möchten, so dürfte dieses Naturwunder noch durch folgende Beob-
achtungen uns um desto unerklärlicher werden: Wie erwähnt, sahe ich
von meinen Knabenjahren an, gegen Beendigung des Durchzuges der
158
Rothdrossel erst den der Wachholderdrossel beginnen und so
ist es heute noch. Beide zeigen jedoch mehr gegenseitige Anhänglich-
keit zu einander, als gegen andere Arten der Gattung, wenn auch die
Zuneigung zur Wachholderdrossel eine fast allgemeine auch für die
übrigen Drosseln ist (was jeder Vogelsteller bezeugen kann), vielleicht
weil sie als eine der umsichtigsten gelegentlich den sichersten Führer
macht. Wir wissen, dass die grossen Brüteplätze jener Beiden im ho-
hen Norden (nach Boie u. a.) nahe beisammen liegen oder oft in
einander greifen; dass sie dort in Massen neben einander ausbringen
und sich im Herbst, zuerst die Rothdrosseln, bald nachher auch
die Wachholderdrosseln, auf die Reise zu uns und weiter
“ südlich oder westlich begeben; — wir wissen ferner, dass nur sehr
selten und ausnahmsweise hin und wieder ein vereinzeltes Paar der
Rothdrossel in unsern Waldungen zum Nisten zurückbleibt, jedoch
alle Uebrigen massenweisse immer wieder nach dem Norden zurückkeh-
ren, um dort meistens in grossen Vereinen ihre Bruten zu machen.
Warum, frägt es sich nun, hat nicht auch diese Art, wie ihre Gesell-
schafterin die Wachholderdrossel, zu welcher sie sich so gern ge-
sellt und mit der sie überall harmonirt, ihre Brüteplätze in eben so grossen
Gesellschaften, wie sie sie dort zu wählen pflegt, theilweiss nicht auch
mehr nach Süden verlegt? Zumal gegenüber dem Vorbilde von Letzterer,
welcher sie doch im Uebrigen sonst so treulich anhängt? Wer vermag
diess Räthsel genügend zu lösen!
Erst mit dem Beginnen unseres Jahrhunderts hat sich unerwarteter
Weise endlich auch ein kleiner Punkt an der äussersten Nordgrenze
unseres deutschen Vaterlands in neuerer Zeit als ein äusserst wichtiger
Sammelplatz für die deutsche Ornithologie, ja eines grossen Theils selbst
anderer europäischen Länder, für uns erschlossen, nämlich die kleine
Felseninsel Helgoland, von woher, seitdem man dort die Aufmerk-
samkeit mehr auf die Kenntniss der Gattungen und Arten lenkte, im
Betracht des geringen Umfangs dieser isolirten, von deutscher Nord-
see umwogten Klippe, eine sehr bedeutende Anzahl früher weniger oder
als deutsche gar nicht gekannten Vogelarten unsern Sammlungen zuka-
men. — Auf sie ist im vollen Maasse anzuwenden, was über den frü-
hern Stand der Ornithologie im deutschen Vaterlande schon oben gesagt
wurde; denn vor kaum vier Jahrzehnten ahnete man den Werth dieser
Insel für den Sammler kaum. Man stellte in den Zugperioden zwar den
oft massenhaft dort erscheinenden Vögeln mit Fangen und Schiessen
159
eifrigst nach, entweder um sie selbst zu verspeisen, oder die beliebte-
sten davon (wie Drosseln und Waldschnepfen) nach Hamburg und an-
dere volkreiche Orte, zu willigem Kauf und guten Preisen auf den
Markt zu schaffen. Bloss ein einziger Mann, Hr, Reimers, auf Helgo-
land geboren und ansässig, hatte so viel Sinn für Kunst und Wissen-
schaft, dass er ihm interessant scheinende Vögel zu sammeln anfing, sie
hübsch ausstopfen lernte und zu seinem Vergnügen aufstellte, doch
meistens ohne ihre richtigen Namen zu kennen. Allein unser nackter
Felsen Helgoland hatte damals noch keinen ornithologischen Ruf; man
wusste bloss, dass ausser den vielen alljährlich zwei Mal zum Verspei-
sen dort gefangenen Zugvögeln, nur noch etwa einige hundert Paare
Lummen und Alken in seiner höchsten und schroffsten Felsenwand in
jedem Jahr ihre Brut machten, dass aber sonst selbst nicht einmal
Sperlinge im Städtchen lebten oder höchstens nur ganz einzeln und
bloss besuchsweise, oder vielleicht durch Wind und Wetter dahin ver-
schlagen, und selten da erschienen. So war es noch im Sommer 1819
als ich mit meinen Freunden Fr. Boie und P. v. Wöldike die Inseln
der jütländischen Westsee in ormithologischer Hinsicht bereisete,
jene Fachkenner mir aber abriethen, das nach ihrer Meinung ausser den
Zugperioden wenig Interessantes bietende Helgoland beiläufig mit zu
besuchen. So wenig Ruf hatte damals noch unsere kleine Felseninsel,
selbst für die eifrigsten Sammler. — Als jedoch später ein mir innigst
ergebener Freund sich dahin begab, sich bald mit obengenanntem Hrn.
Reimers befreundete, und dessen Wissen mit meinen und andern
Schriften unterstützte, kam sofort mehr Zug in das Sammeln; es fanden
sich bald einige junge Helgolander, welche mit gutem Erfolg bemühet
waren, sich einige Fertigkeit im Abbalgen und Ausstopfen anzueignen,
um die Ergebnisse ihres Fleisses an die das dort neu etablirte Seebad
Besuchenden leicht in Zahlung zu verwerthen, die bald aber auch das
wissenschaftlich Werthvollere unterscheiden lernten. In dieser Periode
(Juni, 1840), wo ich meinen erwähnten Freund *) auf einige Tage be-
suchte, und in lieber Gesellschaft, von ihm und Reimers geführt, auf
Lummen und Alken Jagd machte, hatte ich auch die Freude, den dort
wohnenden Seemaler, Hr. Gätke, kennen zu lernen, welcher damals
eben angefangen hatte, sich mit dem Studium der Ornithologie zu be-
——
*) Baron Hilmar von dem Busche-Lohe, welcher leider einige Jahr spä-
ter dort ein frühes Grab fand.
160
fassen und eine kleine Sammlung von auf Helgoland vorkommenden
und daselbst erlegten Seltenheiten für sich anzulegen begann, welche
jetzt, ungerechnet was er an_Doubletten mehrfach an Auswärtige über-
lassen, die überraschendsten Resultate vor Augen stellen soll. Schwer-
lich möchte für Deutschland ein zweites Plätzchen aufzufinden sein,
das, hinsichtlich unserer vaterländischen Vögelkunde, zu einer solchen
Fundgrube für diese Wissenschaft werden könnte oder bereits gewor-
den ist, als das kleine Felseneiland Helgoland. |
Material”*) zur Fortpflanzungsgeschichte des gemeinen
Eisvogels, Alcedo ispida L.
Von
Baron R. König- Warthausen.
‚„‚Incubat Aleyone pendentibus aequore nidis.“ Ovid.
Es ist wie überhaupt, so auch in der Naturgeschichte eine allge-
meine Erfahrung, dass man in früheren Zeiten jeder auffallenden Erschei-
nung gleich eine höhere Bedeutung beimass, und dass meistens dasjenige
mit dem Glanz des Fabelhaften geschmückt wurde, worüber man theils
aus Unwissenheit, theils auch in Folge allzupoetischer Weltanschauung
keine genügenden Aufschlüsse hatte.
Zu solch unverdienter Ehre gelangte auch unser Eisvogel. Präch-
tiges Gefieder, sparsames- Auftreten, scheues und umherziehendes Leben,
sowie eine ziemlich verborgene Nistweise haben herbeigeführt, dass die
Alten sein ganz alltägliches Fischerleben zum Gegenstande schöner Poe-
sien machten. .
Die Fabeln über sein schwimmendes, künstliches Nest und die Wind-
*) Ich glaube, dass eine Anhäufung recht vieler Daten für die Aufklärung eines
noch nicht gehörig beobachteten Gegenstandes weit förderlicher ist, als die blosse
Angabe der daraus zu ziehenden Schlüsse. Ich veröffentliche desshalb selbst auf
die Gefahr hin, zu langweilen, das, was ich über die Fortpflanzungs-Zeit des Eis-
vogels sammelte, in seiner Gesammtheit. Um die hiedurch nöthig gewordene Länge
meines Aufsatzes wieder gut zu machen, lasse ich (trotz eines Vorraths von 60 Eiern !)
alles Oologische unberücksichtigt, da in dieser Beziehung zu den Beobachtungen
eines Thienemann Nichts hinzuzusetzen ist.
161
stille-während der winterlichen Brutzeit, wie sie Aristoteles und Plinius,
und diesen nachschreibend noch viele Andere erzählen, fanden eigentlich
erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts’ allgemeine Widerlegung *). Was
Ulysses Aldrovandi **) über unsern Gegenstand schreibt) halte ich für
werth, hier angeführt zu werden. Er tischt die Erzählungen der für
unfehlbar gehaltenen alten Meister auf, trennt Aleyon und Ispida, lässt
jedoch wenigstens letzteren in selbst gegrabenen Löchern nisten und
sagt, Caelius Calcagnius wolle sogar den Aleyon »nidificantem in prae-
ruptis scopulorum« gefunden haben. Merkwürdiger Weise setzt er Alcyon
und Ispida (beides unser Eisvogel), wovon er mit Belon den Alcedo vo-
calis (Calamoherpe turdoides Boje) als sicher verschieden trennt, zwi-
schen Chloropus und Vanellus.
So viel Geschichtliches glaubte ich voranschicken zu dürfen, ehe ich
zum wahren Sachverhalt und zum Standpunkt der Gegenwart übergehe.
Folgendes ist die Zusammenstellung des unser Thema behandelnden
schriftstellerischen Materials, soweit ich durch eigenen Besitz im Stande
bin, eine solche zu geben:
»Die Eisvögel fangen vom Märzmonat an, ihr Loch zu besuchen:
man sieht um diese Zeit das Männchen lebhaft das Weibchen verfolgen.
— Von 4 Eisvögeln, die man mir am 21. August 1778 brachte und die
auch so gross waren, wie die Alten, ob sie gleich im Nest gefangen
waren u. s. w. — Man brachte mir, sagt Herr Montbeillard, am 7. Juli
1771 5 kleine Eisvögel (es waren 7 im Nest).« — Buffon, übersetzt
von Otto, Bd. 24, S. 97, 99—101.
»In südlichen Gegenden baut er sein Nest schon Ende Januars und
im Februar, bei uns aber erst im März, sobald als einige gelinde Früh-
lingstage kommen. — Februar: Man findet in der ersten Hälfte Eier von
Eisvögeln.«< Bechstein, Vögel Deutschlands, I, 1113. IH, 1178.
»Nach den Eisvogeleiern darf man nicht vor Mitte Mai suchen. In
*) Die Mythe von Ceyx und Alcyone, ‘sowie viele abergläubische Irrthümer der
verschiedensten Völker berühren die Fortpflanzungsgeschichte nicht.
**) Sein nach damaligen Begriffen enormes Wissen (auf die Compilationskunst
gegründet) weiss der Herr Professor aus Bologna glänzend zu zeigen. Man erhält
z. B. bei den einzelnen Vögeln über Folgendes Aufschluss: Ordinis ratio, Aequivoca,
Synonyma, Genera, Differentiae, Locus, Vietus, Vox, Cantus, Coitus, Partus, Nidus,
Ingenium, Mores, Praesagia, Auguria, Cognominata, Denominata, Moralia, Symbolum,
Hieroglyphica, Emblema, Proverbia, Fabulosa, Apologus, Usus in medieina, in cibo,
Usus allii! Dem ungeachtet ist noch jetzt Manches von Wertl. Das Werk erschien
zu Bologna 1599 und 1634; 1610 zu Frankfurt. .
Naumannia. 1854. 11
162
der ersten Hälfte des Juni findet man nackte Junge oder noch stark be-
brütete Eier in den Nestern; nicht vor Ende Juni, gewöhnlich aber erst
im Juli gibt es ausgeflogene Junge; wenn aber im August noch eben
ausgeflogene vorkommen, so sind sie von Eltern, deren erste Brut zu
Gründe ging, denn diese machen in der Regel nie mehr als eine Brut
im Jahre.«c Naumann Bd. 5, S. 499, 501.
»Vom April bis Mai vereinigen sich die Paare — von Mitte Mai bis
Anfang Juni beginnt das Weibchen zu legen.« Thienemann, Fortpflan-
zung der gesammten Vögel S. 103.
Im ältern Eierwerk von Thienemann und Brehm wird (III, S. 75—77)
ein Beispiel angeführt, wo Zorn ein Nest mit halberwachsenen Eisvögeln
schon Ende Februar fand. Er legt im Mai 7 weisse Eier —.« Oken
Bd. 7.-I, S. 220. Im Supplement (von Berge) heisst es im Mai oder
Juni. | ' |
»Brütet manchmal schon im Februar, gewöhnlich erst im März.«
Landbek, Vögel Württembergs.
»Für seine Jungen hackt er im Mai tiefe Löcher,« v. Tschudi
Alpenwelt. S. 74 *).
Da mich diese Widersprüche von jeher interessirten, machte ich vor
längerer Zeit hierauf in der Naumannia (Bd. 1, Heft 3, S. 65 u. 66)
aufmerksam und habe fortwährend durch Sammeln der nothwendigen
Data mich bemüht, zur Aufklärung beizutragen. Ich gebe meine Resul-
tate in der Reihenfolge, in der ich sie erhielt:
4) Am 30. März **) 1848 bei Stuttgart 5 ausgeflogene Eisvögel
vor der Nisthöhle.
2) Am 6. Mai 1850 4 frische Eier von Denkendorf, auf denen der
männliche Vogel gefangen wurde. | Ä
3) Am 2. Juni 1851 9 Stück, frisch gelegt von Aich bei Neckar-
thailfingen.
4) Am 20. Juni 1851 6 Stück, ebendaher.
5) Am 7. Juli 1851 7 starkbebrütete Eier von den Ufern der Na-
*) Frisch beschreibt Nest und Eier gut, schweigt aber über die Nistzeit; eben
so Cuvier, Meyer und Wolf (im Taschenbuch I. S. 134) lassen ihn auch in Fels- und
Rattenlöchern, sowie unter Baumwurzeln nisten, was jedenfalls zum Mindesten sehr
zu beschränken sein möchte? Aehnliche Angaben führt Oken a. a. 0. aus verschie-
denen alten Autoren an.
*%*) In der Naumannia a. a. 0. gab ich aus Versehen, da mir meine Notizen
nicht zur Hand waren, den 18. April an. — Dass sich im März gepaarte Paare
hitzig verfolgten, kam mir übrigens in andern Jahren mehrmals vor.
163
gold; das auf dem Nest gefangene Weibchen war stark in der
Mauser. ;
6) Am 21. Juli 1851 6 frische Eier von Aich.
7) Am 4. Mai 1852 grub ich eine Niströhre an der Weisswitz bei
Tharand auf, fand aber erst ein Ei. Da die Vögel seit 3 Tagen nur
wenig sichtbar waren und der Eingang von den Exkrementen ganz weiss
aussah, hatte ich geglaubt, die Vögel brüteten schon. Die in diesem
Falle vorgenommenen genauen Ausmessungen glaube ich hier anführen
zu dürfen. Der Eingang lag in erdigem mit vielen kleinen und grossen
Steinen gemischtem Sand, 4‘ 714 (Decimalmaass) über dem Wasser-
spiegel, in horizontaler Richtung 4‘ von demselben entfernt; über dem
Loche sprang das Ufer 2‘ 21%‘ hervor, unter ihm war die Entfernung
des Bodens 2‘ 3“. Die Röhre war am Eingang fast 3° breit, 2 34"
hoch, verengte sich dann durch einen unten liegenden Stein, der theil-
weise mit ausgegrabener Erde bedeckt war und in abwärts laufender
Richtung 21,“ hervorsprang; nun wurde das Ganze kreisrund, im Durch-
messer 1‘ 8—9‘' (einen Fuss hinter der Mündung gemessen). Der
Gang stieg in dem Maasse aufwärts, dass das Eingangsloch 5“ tiefer
lag als der unmittelbar vor dem Kessel befindliche höchste Punkt. Die
Höhlung für die Eier hatte einen seitlichen Durchmesser von 6‘, in der
Höhe von 4“. Röhre und Kessel waren zusammen 2‘ lang. An den
Seiten des letzteren ragten einige kleine Steine hervor und es zeigten
sich Spuren, dass die Vögel anfangs noch tiefer hatten graben wollen,
allein durch die Bodenverhältnisse verhindert worden waren. Nach Zer-
störung ihres Nestes-zogen sie an den benachbarten Forstteich, wo sie
auch nochmals genistet zu haben scheinen.
8) Am 12. Mai 1852 von Gärtringen 9 bebrütete Eier.
9) Am 4. Juni 1852 7 Stück aus der Gegend von Neckarthailfingen.
10) Am 17. Juni ebendaher 6 frische Eier.
11) Am 20. Juni 1853 7 frische Eisvogeleier von Kirchentellinsfurt
bei Tübingen. ;
Weitere über diesen Gegenstand gesammelte Nachrichten habe ich
theils mündlich, theils schriftlich von glaubwürdigen wissenschaftlichen
Freunden erhalten: \
Inspeetor Tobias schrieb mir aus Leipzig: »In meinen Jour-
nalen habe ich den 11. Mai 4834, 9. Mai 1839, 4. Mai 1840 ange-
merkt, wo ich Eier für meine Sammlung ausgenommen und gegen Ende
Er°
164
Juni 1838 so stark bebrütete, dass an ein Ausblasen nicht mehr zu den-
ken war.« j
Dr. Günther hat mir seiner Zeit folgende schriftliche Notiz über-
geben: »Am 8. Juli 1850 sah ich zwischen Lustnau und Kirchentellins-
furt an einer von Gebüsch freien, ausgewaSchenen Uferstelle des Neckars
aus einem runden, 3‘ im Durchmesser haltenden Loch Alcedo ispida
fliegen; ich fuhr sogleich mit meinem Kahn der Stelle zu, wo mir der
abscheuliche Geruch und die sich in der Höhle befindenden Exkremente
auch alsbald das Nest dieses Vogels erwiesen. Da sich beim Sondiren
zeigte, dass sich die Höhle gegen 4 Fuss bis zum eigentlichen Kessel
in die Länge erstreckte, musste die Untersuchung bis zum nächsten Tag
verschoben werden, wo ich 7 Junge fand, die in 4—5 Tagen ausgeflo-
gen wären. — Diese Verspätung rührte einfach daher, dass der Neckar
im Frühjahr 1850 wie gewöhnlich über seine Ufer stieg, wodurch die
Vögel entweder bei einem ersten Nisten gestört, oder überhaupt daran
verhindert wurden. Dass sie vorher an keinem andern Ort genistet
hatten, bin ich überzeugt, da ich sie nun schon seit 3 Jahren immer an
derselben Stelle beobachtete, ohne jedoch früher das Nest finden zu kön-
nen, obgleich es gerade am offensten Platze stand.«
Med. Dr. Schütz in Calw täeilte mir in neuester Zeit Nachste-
hendes über unser Thema mit: »Im Mai 1852 sagte mir mein Kräuter-
sammler, er wisse ein Eisvogelnest mit Jungen. Ich ging flugs mit ihm,
da mich das unterirdische Brüten dieses Vogels interessirte und fand
einen circa 15 Fuss hohen Erdsturz (in Folge der Ueberschwemmung
von 1851) am Nagoldufer zwischen Klutheim und Waldeck, wohl 100
Schritte lang, senkrecht in die dort sehr tiefe Nagold abfallend. An ihm
bemerkte ich vom andern Ufer aus drei runde Löcher, aus deren einem
ich einen Eisvogel aus- und einfliegen sah. Ich begab mich auf einem
grossen Umweg auf die andere Seite, liess einen Pfosten einschlagen und
liess mich an diesem hinab; ich fand das 2—3' grosse, völlig runde
Loch etwa 2’ unter dem Grasboden und konnte, so lang mein Arm war,
horizontal hineinreichen, ohne das Ende zu erlangen, wobei ich einen
starken Geruch nach faulen Fischen und Moschus verspürte. Nun
liess ich von obenher graben, bis die im Umkreis fast kopfgrosse kessel-
artige Höhle kam, die mit feinem, weissen, aus Fischgräthen bestehen-
dem Sand gepolstert war und 3 flügge Junge enthielt. Diese rollten
(damit möchte ich ihr eigenthümliches Geschrei am Besten bezeichnen)
fürchterlich; ich nahm sie nach Hause und erhielt sie 6 Wochen mit
165
Fleisch. Die beiden andern Löcher, die etwa 10 Schritte von diesem
entfernt waren, untersuchte ich nicht mehr, da der Abend nahte und die
Sache ein wenig gefährlich war« *).
Julius Hoffmann benachrichtigt mich, dass er am 1. September
1853 4 ausgewachsene Junge nebst todtem Alten zum Verkauf angebo-
ten erhalten habe. Diess sind wohl dieselben, welche Conservator
Ploucquet Anfang September, als bei Schönaich aus dem Neste ge-
nommen, ‘erhielt und ausstopfte.
Was Pfarrer Baldamus über die Nistzeit ze , vergleiche
Naumannia a. a. O. in der Anmerkung **),
Meine Schlussfolgerungen aus dem Obigen gehen dahin, dass:
4) die gewöhnliche Brutzeit in den April, Mai und Juni, somit in
einen ziemlich ausgedehnten Zeitraum fällt;
2) dass spätere Bruten wie überhaupt, so auch bei diesem Vogel
leicht zu erklären sind, nehmlich a) durch Zerstörung des ersten Nests,
b) durch Verhinderung am Brüten, namentlich in Folge von Ueber-
schwemmungen ;
3) dass früheres Brüten nicht Regel ist, aber zweifellos vorkommt,
wenigstens als merkwürdige Ausnahme. Die Ursachen hievon sind frei-
lich schwer zu finden, liegen aber gewiss theils ausserhalb des Vogels,
nehmlich 1) in der jeweiligen “Witterung und 2) in dem vor äusseren
Einflüssen geschützten Nistlokal, theils auch in den Vögeln selbst, vor-
nehmlich 3) in gesteigerter Brutwärme. Diese muss jedenfalls gross
sein, da sie ohne eine warm haltende Unterlage im Stande sind, bei
geringer Körpergrösse und mässiger Befiederung eine bedeutende Anzahl
ziemlich grosser Eier ***) in der kurzen Zeit von 15—16 Tagen aus-
zubrüten. Ob 4) Alter und 5) Nahrung grosse Bedeutung haben, will
“>
*) Diesen Sommer theilte mir Freund Schütz mündlich mit, sein Pflanzensamm-
ler habe auch in diesem Jahre die Vögel dort getroffen und spreche von einer kleinen
Kolonie. Dass jedoch selbst nur 3 Paare in so geringer Entfernung beisammen
brüten, ist mir nicht wahrscheinlich. Leider konnte mir Sch. die gewünschte Auf-
klärung nicht geben, da er abgehalten war, selbst nachzusehen.
**) Die meisten unserer Vogelsteller erzählen von einem frühzeitigen Brüten;
sind gleich Berichte solcher Leute im Allgemeinen nichts weniger als glaubwürdig,
so verdienen sie doch gewiss Berücksichtigung, wenn es sich von auch sonst con-
statirten seltenen Fällen handelt.
**) Rechnet man das Gewicht des fortpflanzungsfähigen Weibchens zu 2 Loth,
das von einem Ei zu 1 Quenichen, so kommt ‚sich bei mittlerer Eierzahl Gewicht
von Vogel und Eiern fast gleich; bei höchster Zahl der Eier übersteigen diese den
Vogel noch um 3 Achtel des Gewichts (d. h. 3/, Loth).
166
ich dahin gestellt sein lassen, obgleich es nicht unwahrscheinlich ist, _
ebenso ob 6) geographische Verbreitung und namentlich Isothermenlinien
bei einem von Schottland und Sibirien bis Afrika wohnenden Vogel von
erheblichem Einfluss sind. Im mittleren Europa bringt diess jedenfalls
keine Veränderung hervor.
Immerhin bleibt es interessant, dass sich der Eisvogel je nach dem
Vorhandensein verschiedener Einflüsse nicht immer streng an die Nor-
malbrutzeit bindet, und er erinnert hierin gewissermassen an die Kreuz-
schnäbel *).
Noch ein Wort über Aquila pennata.
Vom
Grafen TC. Wodzicki.
(Brief an den Redacteur d. B.)
... Ich greife zum dritten Male nach der Feder, um über Aquila
pennata einige Aufklärungen zu geben, die Sie gütigst im nächsten Hefte
der Naumannia veröffentlichen wollen. Der Sporn zu meinem Aufsatze
ist Ihr interessanter Aufsatz im letzten Hefte der Naumannia vom Jahre
1853 (Beiträge zur Oologie und Nidologie), wo auf Seite 420 wieder
der Zweifel auftaucht, dass Aquila pennata und minuta zwei Species sein
könnten, unter der Vermuthung, dass sich Schreiber dieses vielleicht
getäuscht hat. Ich muss etwas weit zurück und die Sache ab ovo auf-
nehmen, um zu beweisen, dass dieser Vogel von mir fortwährend und
beim Horste beobachtet worden ist, und jedes Jahr-Beweise geliefert
hat, dass seine Eier im Korne, Gestalt und Farbe mehr variren, als
Buteonen-Eier; weiter ist mir klar, dass bis jetzt Niemand die Gelegen-
heit gehabt hat, so viele Paare zu beobachten, als ich es seit drei Jah-
ren konnte. Da mir ein einziges Frühjahr 7 Gelege sammt den Vögeln
geliefert hat, das künftige Jahr ein einziges, das letzte zwei Paare zu
beobachten gab, so bin ich im Stande mit mehr Sicherheit aufzutreten,
als viele Andere, die wohl eine grössere Anzahl von Eiern der Aquila
pennata besitzen mögen als ich, diese aber gekauft und eingetauscht
*) Dass solche früh nistende Paare keine zweite Brut machen, ist wahrschein-
lich, aber durchaus nicht bewiesen.
167
haben, wobei meistentheils das Vaterland unbekannt bleibt, und bei wel-
chen die Alten nicht geschossen worden sind. Sie sagen, dass die Ab-
bildungen Thienemann’s, die Exemplure des Pesther Museums und die-
jenigen meiner Sammlung verschieden von den kleinen, runden, weissen
des Grafen Dzieduszycki sind. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen,
dass die Eltern dieser weissen Eier Ihrer Sammlung *), eben so wie die
anderer Sammlungen unbekannt sind, und meiner Ansicht nach schwache
Beweise liefern, wo gegen alle Exemplare der meinigen und die zwei
des Grafen Dzieduszycki die Alten entweder beide oder wenigstens
einen zum Beweise gehabt haben. So sind denn unsere Waffen sehr
ungleich; ich will aber dennoch streiten für die Wahrheit und den Fort-
schritt unserer Wissenschaft. Eben die weissen, rundlichen Eier
des Grafen Dzieduszycki und die beiden schlecht präparirten Vögel
haben mich in den Irrthum geführt, der Aqu. minuta Brehm’s beizutre-
ten, und den Artikel über den Vogel im 2ten Bande 2tes Heft 1852
unserer Naumannia p. 65 zu schreiben! Als ich mich deutlich überzeugte,
dass die weissen Achselflecken ungemein leicht beim Präpariren unter
die Flügel gerathen und sehr schwer wieder aufzufinden sind, so wurde
mir klar, warum so viele Aqu. pennata ohne weissen Flecken in den
verschiedenen Sammlungen stehen, und viele tüchtige Kabinets-Gelehrte
(Nesthocker) zu dem Irrthume verleiten, zwei Arten des Zwergadlers
anzunehmen. Da Wahrheit und Fortschritt der Wissenschaft Ziel meines
Lebens sind, die skrupulöseste Gewissenhafligkeit das Mittel, da ferner
Eigenliebe und das qu'en dira-t-on vor dem Lichte der Ueberzeugung
weichen müssen, so muss ich demüthig bekennen, dass ich geirrt habe,
und Sie waren so gefällig, meinen Protest im 1. Heft III. Bds. S. 93 zu
veröffentlichen. Obwohl mir bewiesen schien, dass ich Nichts mehr zu
beobachten hätte, unterliess ich doch nicht, jede Gelegenheit zu be-
nützen, diesen Vogel in allen Kleidern zu untersuchen. Aus diesem
Grunde machte ich eine Reise nach Russisch-Polen, wo ziemlich com-
plette Sammlungen von inländischen Vögeln sich vorfinden. Auch dort
fand ich die nämlichen Beweise, obwohl die Exemplare aus verschiede-
nen Lokalitäten herstammten. Freilich fand ich einige Aqu. minuta, die
*) Dem ist nun freilich eben nicht so, wie ich bereits a. a. 0. bemerkt. Die
Eier meiner Sammlung sind seitens ihrer Provenienz durch den eben so kenniniss-
reichen als gewissenhaften Sammler ausdrücklich und sicher bestimmt, und glei-
chen vollkommen den beiden „sicher bestimmten“ Eiern der Sammlung des Grafen
Dzieduszycki. Baldamus.
168
aber unter den Flügeln Aqu. pennata waren; endlich sah ich einen
Zwergadler, der auf dem einen Flügel Aqu. pennata, mit herrlichen,
weissen Achselflecken war, und mit dem anderen Flügel als ein düste-
rer Aqu. minuta sich vorstellte. So kann ich denn keck behaupten, dass
Aqu. minuta nichts als Aqu. pennata im ersten und zweiten Jahre ist.
Ob mein demüthiges Bekenntniss Nachfolger finden wird, bezweifle ich
sehr, die Zurücknahme des mihi bei einer neuen Species kommt so
schwer! Ich will lieber freiwillig dieses Opfer der Wissenschaft bringen,
als dass mich praktische Forscher (Nestflüchter) durch veröffentlichte
Beweise dazu zwingen. Wie viele Species haben wir schon begraben,
seitdem wir unsere Versammlungen haben, wie viele liegen noch auf
dem Sterbebette, die nur von ihren Vätern mit Eigenliebe erhalten, auch
gar bald in's Grab sinken werden, da leben ohne Wahrheit ein Schein-
leben ist. Die Erfahrungen des Einen nützen selten einem Anderen,
und Montesquieu sagt sehr richtig: L’experience est une suite de sot-
lises. Jeder glaubt klarer zu sehen als sein Vorgänger, und so kommt
er auf die Spur der Entdeckungen; Jeder erwirbt die Erfahrung auf
eigene Kosten! Wenn dadurch die Wissenschaft nicht in Verwirrung
käme, würden wir Jeden lustig laufen lassen auf dieser Bahn; allein
nicht Jedermann hat den Muth, seinen Irrthum zu bekennen, und das
erschwert den wahren Fortschritt. — Die Zwergadler sind höchst interes-
sante Vögel. Sie sind wahre Adler und haben viel von den Falken an
sich. Schon das runde, gut geformte Nest, aus feinen Reisern con-
struirt, weit vom Stamme auf einem Gabelaste angelegt, eine Zärtlich-
keit der Gatten, wie man sie nur bei den Tauben sieht, unterscheidet
sie von ihren Verwandten; ebenso der Backenstreif, der die Edelfalken
charakterisirt, und der in jedem Alter zu sehen ist. Die Stimme, ähn-
lich der der Buteonen, aber wohlklingender, täuscht leicht den Beobach-
ter. Ich könnte noch viele Unterschiede hier aufzählen, da aber der
Aufsatz nur eine kurze Reclame sein soll, will ich mir für später eine
weitläufige Beschreibung dieses niedlichen Adlers vorbehalten. Im Nest-
flaume ist der Zwergadler perlgrau, das erste Gefieder ist schwarzbraun,
unten mit dunklen Schäften, wie bei Milvus ater, die Deckfedern der
Flügel lichter; so erscheint er im Herbste des ersten Jahres. Im Früh-
jahr kommt er wohl (so denke ich wenigstens) mit demselben Gefieder
wieder zu uns; es sieht heller aus, weil es abgebleicht ist, und er
bleibt in dem Kleide bis zum Herbste. Die meisten Vögel der Samm-
lungen Europa’s sind 1- oder 2jährige. Nach Beendigung des Brutge-
169
geschäftes fängt der Zwergadler an zu mausern, verlässt uns aber bald,
um im Frühjahre als herrlicher, rostbrauner Vogel zu erscheinen. (Die-
ses Kleid erinnert an das Gefieder der Varietät oder vielmehr der be-
sonderen Race des A. fulva, nämlich A. chrysaötos). Der Unterleib
ist dann rostbraun mit dunklen Schäften, der Backenstreif dunkelbraun,
der Mantel wie beim vorigen Kleide, nur etwas lichter. Endlich der
alte Vogel bekommt den weissen Unterleib mit gelbbraunen Schaftflecken,
den lehmbraunen Mantel mit dunkler Schattirung. Meiner Erfahrung nach
kommen die Vögel im 2ten und 3ten Kleide seltener zu uns, als die
braunen; es scheint mir, dass die Jüngeren von den Alten verdrängt
werden, und in rauherem Klimate ihre Zuflucht suchen müssen. Im alten
Kleide sieht das Männchen dem Weibchen ähnlich, der Grössen-Unter-
schied ist weit weniger sichtbar, als bei anderen Adlern, was auch die
Eier beweisen, da man in einem Gelege einen genauen Vergleich an-
stellen muss, um das Ei des künftigen Weibchens von dem des Männ-
chens zu unterscheiden. Ich bin überzeugt, dass die Adler, wie beinahe
alle Raubvögel, sich als Geschwister paaren, beim Zwergadler ist es am
leichtesten zu sehen, ebenso bei A. albicilla, wo die Kleider verschieden
sind. Sieht man wo einen Alten mit Jüngeren gepaart, so hat einer der
Gatten das Leben verloren, und der Alte hat den Jungen gezwungen,
die Braut oder den Bräutigam abzutreten: also ist es immer nur eine
Ausnahme. Dieser Despotismus in der Natur der Alten gegen die Jun-
gen sah ich bei allen Vögeln, selbst Mot. alba, eine vieljährige Bekannt-
schaft von mir, lieferte mir dazu ein Beispiel, und viele Störche. Wenn
selbst die jungen Gatten schon gepaart sind, und ihr Horst bereits ange-
fangen und es widerfährt einem in der Nähe lebendem Paare das Un-
glück, Wittwer zu werden, so jagt er vom andern Horste junge Männchen
weg, und nimmt mit orientalischem Muthe und Stolze dessen Platz ein.
Voriges Frühjahr schoss ich ein sehr altes Weibchen, das Männchen hatte
dasselbe Kleid. Zu gleicher Zeit beobachtete ich ein junges braunes Paar,
(denn die jungen Vögel brüten immer später) welches erst Anstalten zum
Brüten traf. Nach drei Tagen musste mein junger Zwergadler weichen
und der alte nahm das Weibchen sammt dem Horste in Besitz. Eine Täu-
schung war nicht möglich, da kein drittes Paar in der ganzen Gegend
zu sehen war, die ich jedes Jahr gewissenhaft untersuche.
Anfangs Mai findet man 2, selten 3 Eier in einem Horste, die höchst
merkwürdig variiren. Ich dachte, als ich meinen ersten Artikel schrieb,
dass die dunklen, also einjährigen, Vögel diese weissen, rundlichen,
170
kleineren Eier legten, da wirklich zwei Horste solche geliefert haben,
allein später bekam ich einen Horst, bei dessen Eiern auf weissem Grunde
schwache Flecke durchschimmerten, und endlich ein Gelege, wo das
eine ganz weiss, das andere gefleckt war, und so bin ich’ denn zur
Ueberzeugung gelangt, dass weder das Alter noch die Lokalität diese
Verschiedenheit hervorbringen, und dass die Zwergadler geschaffen sind,
so verschiedene Eier zu-legen, wie die Buteonen. Mit dem Korne war
es eine viel schwierigere Aufgabe, und ich begreife sehr leicht, dass
ein Kabinets-Gelehrter, der viele Zwergadler-Eier aus verschiedenen Län-
dern besitzt, mit der Lupe in der Hand bei gutem Lichte sich vor seinen
Arbeitstisch setzt, und die Eier in 2 Gruppen auseinander legt, die lich-
ten mit grobem Korne auf eine Seite und die starkgefleckten mit feinem
Korne auf die andere Seite, dass er sie vergleicht und mit Freuden
ausruft: Das sind doch gewiss zwei gute Species! Ein Forscher
oder Nestflüchter wird auch irren, die Natur steht ihm aber offen, diese
Natur, die Alles so charakteristisch und systematisch geordnet hat, und
die uns den Schleier jedesmal aufdeckt, wenn wir nur fleissig und ge- '
wissenhaft weiter forschen. Es ist uns nicht gegeben, nach unserem
Wunsche Entdeckungen zu machen; viele Jahre vergehen oft darüber
und die Natur verhüllt das Geheimniss, sie verlangt die seltenste Aus-
dauer, sie prüft uns lange, aber wie herrlich ist ihre Dankbarkeit, wie
schön und wunderbar die verborgenen Schätze, wenn sie damit den For-
scher belohnen will.
Um Ihre A. minuta so recht in den Sattel zu heben, eitiren Sie
einen Brief von Dr. Degland, den ich eben so wie Sie, mein werthester
Herr, zu schätzen weiss, und der als Kabinets-Gelehrter sicher einen
hohen Rang einnimmt, was auch sein praktisches Werk hinlänglich be-
weiset. Er ist aber Nesthocker!!! und macht die Species an seinem
Arbeitstische! Um dieses zu beweisen, braucht man ja nur das Werk in
die Hand zu nehmen und zu lesen: »Herr X hat mir diese Beobachtung
mitgetheilt,« »Herr A. mir dieses berichtet,« Herr B. meine Ansicht für
richtig angesehen,« diese Eier erhielt ich von dort,« »die anderen von
daher,« aber keine hat er gesammelt. Herr Degland hat aber nicht 8
alte Vögel vom Horste geschossen und gewiss wenige Eier dieses sel-
tenen Vogels herausgenommen, und so sind seine Beweise für die
Speciesverschiedenheit sehr schwach, da er aus vielen Ländern durch
Kauf und Tausch die Eier erhalten hat, von Leuten, die gewiss nicht
Geduld gehabt haben, Tage lang beim Horste zu verbleiben. “Wie kann
171
Jemand nach weissen, etwas gröber gekörnten Eiern auf eine Speciesver-
schiedenheit schliessen, wenn er nicht weiss, was für ein Vogel diese
Eier gelegt hat? Die Aquila minuta im Pariser Museum sind, ich möchte
sagen schlecht maskirte A. pennata. Ich habe grobkörnige, ungefleckte,
weisse Eier, die weit grösser.sind, als alle gefleckten meiner Sammlung.
Aus diesen würden gewiss grosse A. minuta geworden sein; und recht
dunkle, die kleiner sind wie die kleinsten des Buteo vulgaris. Das Korn
ist ein echtes Adler-Eier-Korn,: es finden sich aber so viele Nuancen,
dass man ohne Lupe den Uebergang schwer sehen kann. Einige sind
so rauh, dass man das Korn. mit blosser Hand fühlt, andere scheinen
ganz glatt, haben aber ein sehr deutliches Korn; und dazwischen gibt
es so viele Uebergänge, dass man sie alle schwerlich aufzählen könnte.
Die mir bekannten Eier haben folgende Form und Farben; sie werden
von jungen, wie von alten Weibchen gelegt, ohne Unterschied:
a) Zwei Eier, rundlich, grobkörnig, inwendig grün, wie die Eier der
Ciconia nigra, auswendig weissgrünlich, in der Sammlung werden
sie bald. kalkweiss, die inwendige Farbe hält länger (bei mir schon
3 Jahre); diese Eier sind kleiner wie alle andere 2 1 — 4 zu
(Leipziger Maas) bauchig, an beiden Enden beinahe gleich rund,
unbebrütet und unausgeblasen wogen sie 3 Loth weniger 14 Gran,
ausgeblasen 60—62 Gran. Diese Eier wurden von einem jungen
‘Weibchen gelegt, das dunkelbraun war mit weissen, grossen
Achselflecken.
b) Vier Eier mit demselben Korn etwas ovaler, von derselben Farbe,
rein ausgeblasen 5 Gran schwerer, zwei vom jungen, zwei vom
alten Weibchen gelegt.
c) Zwei Eier, die eben so klein waren wie Lit. a, von derselben
Farbe, mit schmutzig gelblichen Flecken sparsam bestreut auf dem
ganzen Eie; vom alten Weibchen.
d) Zwei grünlich weisse Eier von sehr grobem Korne, schön grün
inwendig, auswendig einige gelbe Flecken, die vom Schmutze her-
zustammen scheinen, die sich aber nicht wegwaschen lassen. Un-
ausgeblasen 3 Loth, rein 7312 Gran, L. 2 4", B. 1" 11; die
Form wie die der vorigen. Vom 2—3jährigen Weibchen gelegt.
e) Drei Eier in einem Gelege, die höchst interessant sind, und wovon
ich nirgends ähnliche getroffen habe. Alle sind klein, wie die un-
ter Lit. a beschriebenen, das Korn viel feiner, glatt anzufühlen,
172
von schöner, spitziger Form und doch bauchig; das eine ist weiss-
lich grün, ungefleckt; das zweite kalkweiss mit schmutzigen, ziem-
lich grossen Flecken von gelbbrauner Farbe; das dritte von noch
feinerem Korne, was man nur mit der Lupe erkennen kann, mit
dunklen kastanienbraunen Flecken und Punkten, sparsam auf dem
ganzen Eie vertheilt, die Spitze aber damit ganz bedeckt. Die
Eier wiegen 70—71 Gran, L. 2 2“, B. 1“ 9“, Vom alten Weib-
chen. Das letzte Ei ist in der Farbe den stark gefleckten Eiern
von M. ater sehr ähnlich.
d) Mitte Mai sass ein junges braunes Weibchen auf einem einzigen
Ei, welches wieder ganz verschieden ist: Gewicht blos 55 Gran
L. 2“, B. 1“ 9“, das Korn fein und glatt, doch sichtbar ohne
Lupe. Der Grund ist gelblich, beinahe verdeckt von dunkleren,
kleinen Pünktchen, die rostgelb auf dem spitzigeren Ende erschei-
nen; deswegen hat die Hälfte des Eies einen rosafarbigen Anflug.
Dieses schöne Ei ist ohne bauchig zu_sein beinahe gleich an
beiden Enden. Alle Väter und Mütter der beschriebenen Eier hat-
ten weisse Achselflecken, die selbst beim frischen Vogel leicht zu
verdecken sind.
Der Zwergadler ist viel zutraulicher, als andere Adler, also leichter
zu schiessen; er kreiset weniger, sitzt stundenlang auf demselben Baume,
ist dabei ungemein zärtlich, denn ich sah ihn auf dem Horste stehen
und mit dem Weibchen schnäbeln; das Männchen brütet einige Mal des
Tages, nicht nur in den Mittagsstunden. Sein Flug ist rasch und ge-
wandt, vom Horste streicht er wie ein Falke ab. Er fängt Vögel und
Mäuse, Frösche, Eichhörnchen, Maulwürfe, wie es scheint mit Leichtig-
keit, da er immer gut bei Leibe ist und der Jagd nur wenig Zeit wid-
met. Das Aufsitzen auf seinen Horst ist auch charakteristisch; er setzt
sich weit von diesem auf den Ast, bückt den Kopf hinunter, bläst den
Kropf auf und schreitet langsam, wie eine Taube darauf zu, bis er end-
lich auf den Rand kommt; bei dieser interessanten Gymnastik lässt er
ein wohltönendes, flötenartiges keg, keg, keg, hören. Ob ich Sie über-
zeugt habe, weiss ich nicht, doch schrieb ich die Beobachtungen nieder,
weil ich es der Wahrheit schuldig war. Wenn dieses Frühjahr wieder
einige von diesen Vögeln mir zur Beobachtung bietet, und ich was
Neues entdecke, sollen Sie davon alsogleich in Kenntniss gesetzt wer-
den; und nun, Herr Kollege, einen Gruss und den herzlichen Wunsch,
173
dass Sie Vieles und Neues entdecken in der Vogelwelt, aber nur recht
wenige neue Species!
Hochachtungsvoll verbleibt
Krakau, den 17. April 1854.
Graf Casimir Wodzicki.
Aus einem Briefe an Herrn Grafen C. Wodzicki,
vom Herausgeber.
»... Abgesehen davon, dass meine incriminirte Bemerkung dem
Publikum und mir die Freude verschafft hat, wieder einmal ein stets in-
teressantes Lebenszeichen von Ihnen zu erhalten, hat sie denn doch
auch den Gegenstand selbst durch Ihre Entgegnung, meines Bedünkens,
wesentlich gefördert, und obschon Ihre auf Thatsachen gestützten Argu-
mente mich noch nicht völlig überzeugt, so bekenne ich doch offen,
dass sie meine Ansicht mindestens stark erschüttert haben. Ueberzeugt
bis jetzt desshalb nicht, weil Ihnen die Eier meiner Sammlung nicht zur
Vergleichung standen, und mir nur ein Exemplar der Ihrigen. Ich sende
Ihnen desshalb auch die mir augenblicklich zu Gebote stehenden Exem-
plare mit der Bitte, sie mir nebst den Exemplaren Ihrer Sammlung zu
retourniren. Wir werden dann sehen, wie bedeutend oder schwach der
Unterschied im Korne zwischen den verschiedenen Individuen und Ge-
legen ist.
Denn eben nur auf das Korn habe ich bisher Gewicht legen kön-
nen. Herrn Dr. Thienemann, dem Schöpfer der wissenschaftlichen Oologie,
gebührt das Verdienst, die Struktur der Schaale als das standhafteste
und eigentlich einzige ausreichende Kriterium der Artbestimmung aufge-
stellt zu haben, und obwohl diese schwierige Seite der Oologie weit
davon entfernt ist, diejenige wissenschaftliche Bestimmtheit, Schärfe und
systematische Ausbildung erreicht zu haben, deren sie jedenfalls fähig
ist, so bleibt sie doch wenigstens für den Praktiker das bisher einzig
sichere Mittel zur sonst überall so schwierigen Bestimmung der Eier,
Ich habe Gelegenheit gehabt, sehr viele sicher bestimmte Eier zu un-
tersuchen, wahrscheinlich mehr, als irgend ein Ornitholog oder Samınler,
— deren wo keiner z. B. so viele und verschiedene Raubvögelhorste
selbst erstiegen haben dürfte; — aber nie ist mir ein Beispiel vor-
gekommen, dass Eier derselben Species in der Bildung des
174
Kornes einen speeifischen Unterschied gezeigt hätten. Wie
bemerkt, es fehlt uns noch eine — Porographie möchte ich es nen-
nen — indess, wer eben Untersuchungen mit und ohne Lupe angestellt
hat, wird aus Erfahrung wissen, was gemeint ist. Es soll damit aber
nicht die Möglichkeit überhaupt geleugnet werden, dass — wie in
so vielen andern Beziehungen — die Natur nicht auch in der Kornbil-
dung der Eier ein und derselben Species abwiche; aber — mein hoch-
verehrter Herr Graf — obschon Sie mich nicht ganz undeutlich zu den
»Nesthockern« verweisen wollen, — eine Ehre übrigens, die ich selbst
nicht gern abweisen möchte — so bin ich in der That doch vielleicht
ebensosehr »Nestflüchter« als Sie selbst, und als solcher werden Sie mir
es verstatten, dass ich mich nicht eher vollständig überzeugt er-
klären kann, als bis ich mit eigenen Augen gesehen und wieder gese-
hen habe. Hoffentlich kommen Sie nach Gotha, und da werden wir se-
hen und hören!
Dass ich meines ehrenwerthen Freundes Dr. Deglands briefliche
Worte citirte, ist wohl verzeihlich, da sie so ganz ä propos kamen.
Degiand, ein ganz tüchtiger Kabinets-Gelehrter, ist freilich kein prakti-
scher Oolog; aber darauf kommt es in vorliegendem Falle in der That
auch weniger an.
Schliesslich noch einmal ausdrücklich mein Bekenntniss hinsichtlich
der Speciesfabrikation! Vielleicht bedauert Niemand so sehr den
Leichtsinn, die Entdeckungssucht, die Eitelkeit und Einseitigkeit, — die
hauptsächlichen Quellen so mancher neuen Species! Steht uns doch noch
nicht einmal der Speciesbegriff in der Ornithologie ganz fest, der
Natur und ihren Forschern sei’s geklagt! Ein gutes Hundert im Kataloge
der europäischen Vögel dürfte bedenkliche Fragezeichen erhalten, ginge
er durch die Hände sämmtlicher Ornithologen! Ausdrücklich sage ich es
noch einmal: mir liegt so gut wie Nichts an dem verfänglichen »Mihi,«
und ich bin gar nicht ängstlich ob der Priorität! Auch habe ich noch
nicht das Glück oder wenn Sie wollen, das Unglück gehabt, eine neue
Species zu entdecken, obwohl ich vor vielen Ornithologen reiche Gele-
genheit dazu hätte...
E. Baldamus.
175
Vergleichende Aufzählung der auf dem S.0, 'Thürin-
ger Walde und der in der Umgegend von Schlotheim
in N. W. Thüringen vorkommenden Vögel.
Von
Dr. 3. Speerschneider.
WFortsetzung.)
37) Corvus caryocatactes, in der Volkssprache Tannenhehr, Tannenhäger,
schwarzer Nusshacker genannt, kommt in der Umgegend Schlot-
heims nur selten vor, was vielleicht seinen Grund in dem fast gänz-
lichen Mangel der Nadelholzwaldungen dieser Gegend haben mag.
Ich selbst habe hier bis jetzt noch nicht ein einziges Exemplar im
Freien beobachten können. Im südlichen Thüringen dagegen ist der
Vogel keineswegs eine seltene Erscheinung, obwohl nicht in jedem
Jahre und in jeder Lokalität gleich häufig. So wurden in den Jah-
ren 1844 und 45 mehrere Exemplare bei Rudolstadt und Blanken-
burg erlegt, 1846 scheint er daselbst, so viel mir bekannt, nicht
vorgekommen zu sein. Als ich zu Pfingsten 1847 einen Freund zu
Paulinzelle besuchte, fand ich :zu meinem grossen Erstaunen zu
dieser Zeit den Tannenhehr in den dortigen Waldungen sehr ge-
mein. Ich kam auf die Idee, dass der Vogel daselbst brüten könne,
suchte jedoch den ganzen Tag vergeblich nach dem Neste, aber
noch 4 Wochen später schickte mir mein Freund zwei frisch ge-
schossene Individuen zugleich mit der Nachricht, dass es ihm, aller
Mühe ungeachtet, nicht gelungen sei, ein Nest des Vogels aufzu-
finden. Die höheren Punkte des südlichen Thüringer Waldes scheint
C. coryocatactes entweder gar nicht, oder doch nur selten zu be-
suchen. Während meines Aufenthaltes in Katzhütte wenigstens
habe ich über sein Vorkommen daselbst nichts Bestimmtes erfahren
können.
38) Coracias garrula, Mandelkrähe, Blaurake, Birkenhäger. Wenn auch
hier um Schlotheim etwas selten, doch häufiger als im südlichen
Thüringen. Bei einem Dorfe hiesiger Gegend, Namens Allmenhau-
sen, wurde vor einigen Jahren ein Päärchen der Blaurake sogar
nistend gefunden. Im Rinnethale und im untern Theil des Schwar-
39)
176
zathales wurde der Vogel in einer Reihe von Jahren nur einigemal
beobachtet. Das engere Thal der Schwarza, sowie das höhere Ge-
birge scheint er zu meiden. Jägern und Vogelstellern ist der Vogel
in den Forsten um Katzhütte nie vorgekommen.
Oriolus galbula, hier Pfingstvogel, Pirol, am Thüringer Walde ge-
nannt, findet sich in fast allen Laubholzwaldungen der Umgegend
Schlotheims in grosser Anzahl. In der Sonder, einem solchen Ge-
hölz etwa Y Stunde Wegs von hier, haben vergangenes Jahr we-
nigstens 10—12 Paare gebrütet. Bei Blankenburg und Rudolstadt
ebenfalls nicht selten, namentlich in den hohen Kastanienbäumen
und deutschen Pappeln letzterer Stadt häufiger; weit einzelner im
unteren Theil des Schwarza- und Rinnethales. Mit dem Eintritt in
das engere Schwarzathal vermisst man sogleich unter den mannig-
faltigen Vogelstimmen die flötende des Pirols, und man fühlt in der
That hierdurch nicht. eben unmerklich, dass man einen andern Be-
zirk der Ornis betreten.
40) Sturnus vulgaris, Staar, hier häufig, vorzüglich in lichten Waldungen,
41)
weit seltener in der nächsten Umgebung der Ortschaften. Im süd-
lichen Thüringen dagegen hat die Pflege, die man diesem Vogel
angedeihen lässt, dieses Verhältniss umgekehrt. In Rudolstadt,
Paulinzelle, in neuerer Zeit auch in Blankenburg und vielen andern
Ortschaften wird man überall, theils unmittelbar an den Häusern,
theils auf langen jene überragenden Stangen befestigte Kästen, so-
genannte Staarkästen, bemerken können, die der Staar mehr als
hohle Bäume zu lieben scheint, und in denen er gewöhnlich sein
Brutgeschäft verrichtet. In Folge dieser nicht gerade nutzenbrin-
genden Hege, denn der Staar thut in Gärten den jungen Pflanzen
oft bedeutenden Schaden, hat sich der Vogel von dem Walde und
dem Felde zwischen die Wohnungen der Menschen gezogen, und
sich dabei wirklich in's Ungeheuere vermehrt. Auf den feuchten
Wiesen bei Rudolstadt, und besonders bei Paulinzelle, bemerkt man
gar nicht selten Schwärme von einigen Tausend Stück. Ungleich
weniger häufig, ja sogar selten, ist dieser Vogel in dem engeren
Thale der Schwarza nnd dessen Seitenthälern, und in den höher
gelegenen Gegenden des eigentlichen Waldes, z. B. bei Katzhütte,
ist der Staar gerade keine so sehr gewöhnliche Erscheinung.
Bombycilla garrula, Seidenschwanz, erscheint nur manche Jahre,
nach dem Volksglauben alle sieben Jahr, gegen den Herbst und
42)
43)
177
Spätherbst oder im Winter in Thüringen, dann aber gewöhnlich in
grossen Massen, scheint aber dann doch nicht gleichzeitig in beiden
''Theilen des Gebietes gleich häufig zu sein. So wurde er im Spät-
herbst 1847 auf den Vogelheerden bei Blankenburg in grosser Menge
gefangen, während er in derselben Zeit hier bei Schlotheim fast
gar nicht beobachtet wurde. Im Winter 1851 war er um Schlot-
heim sehr häufig, dagegen zur -selben Zeit bei Blankenburg selten.
Die Höhe des Gebirges scheint er seltner, nur einzeln und nur so
lange, als ihm die Beere der Eberesche hinreichende Nahrung bietet,
zu besuchen.
"Muscicapa grisola, Fliegenschnäpper. In beiden Theilen unseres
Gebietes den Sommer hindurch gleich häufig, nur etwas seltener
in den höheren Theilen des Schwarzathales und auf der Höhe des
Gebirges.
Museicapa atricapilla, schwarzköpfiger Fliegenschnäpper. Um Schlot-
heim ziemlich‘ häufig, nur einzeln im Rinne- und dem weiteren
Schwarzathale. In dem höheren Theile des letzteren habe ich ihn
zu beobachten nie Gelegenheit gehabt.
44) Muscicapa collaris, Halsbandfliegenschnäpper. Nun schon zwei
Jahre hinter einander hat sich dieser seltene Vogel in hiesiger Ge-
gend im Frühjahr eingestellt. Es ist 'mir sogar wahrscheinlich ge-
worden, dass er hier selbst nistend gefunden werden kann, wofür
wenigstens sein spätes Vorkommen zu sprechen scheint. Vergan-
genes Jahr nämlich bekam ich durch die Güte des Herrn Förster
Irmisch noch zu Pfingsten ein eben erlegtes, schön ausgefärbtes
Männchen. Ueber sein Vorkommen im südlichen Thüringer Walde
habe ich ‘Nichts in Erfahrung bringen können.
45) Muscicapa parva. Als ich letzverflossenes Frühjahr 1852 mit mei-
nem Freund, Herrn Lungershausen, von einer ornithologischen Ex-
cursion zurückzukehren im Begriff stand, bemerkten wir in dem
Weidengestrüpp eines Wassergrabens ein kleines, munteres Vögel-
chen, das in seinem Betragen viel Aehnliches mit einem Troglodytes
. parvulus zeigte, durch Körperbau, Grösse und Farbe sich aber we-
sentlich von ihm unterschied. Wir betrachteten den auffälligen
Vogel eine Zeit lang, kamen auch (Herr Lungershausen wollte eine
deutlich rothgefärbte Brust am Vogel bemerkt haben) auf die Ver-
muthung, dass wir es mit dem bezeichneten, seltenen Fliegen-
schnäpper zu thun hätten, konnten aber doch, theils wegen der
Naumannia. 1854. 1
‚ 46)
47)
178
Beweglichkeit und Scheuheit des Vogels, theils durch die herein-
brechende Dämmerung an einer weiteren Verfolgung verhindert,
diesen Tag zu keinem bestimmten Resultate gelangen. Als ich den
nächsten Tag Morges von einem Geschäftsgange eben nach Hause
zurückgekehrt war, legte mir Hr. Lungershausen den gestern beob-
achteten und eben erlegten Vogel mit grosser Freude vor, Es war
wirklich ein Männchen der Muscicapa parva im Prachtkleide, das sich
gegenwärtig in der Sammlung des genannten Herrn befindet. Auch
das Weibchen will nach einiger Zeit Herr Chirurg Picard, ein sehr
eifriger Ornitholog und Oolog, beobachtet haben. Wahrscheinlich ist
es mir seit der Zeit geworden, dass dieser Fliegenschnäpper bei
seiner Wanderung, vielleicht nach dem Harze, öfterer unsere Ge-
gend passiren mag.
Turdus viscivorus, Misteldrossel, am Thüringer Walde gewöhnlich
mit dem Namen Schnärre bezeichnet. Ich weiss nicht, ob ich das
Fehlen dieses Vogels in der Umgegend von Schlotheim mehr dem
Fehlen der Nadelholzwaldungen, oder dem Mangel des Viscum album
zuschreiben soll. Letztere Pflanze »habe ich bis jetzt hier nur in
zwei Exemplaren gefunden. Im südlichen Theil unseres Bezirkes
findet sich Turd. visc. von der Ebene bis hinauf auf die Höhe des
Gebirges gleich häufig den ganzen Sommer hindurch. Ziemlich zahl-
reich brütet sie in den ausgedehnten, alten Waldungen um Paulin-
zelle. Im Herbst wird sie in jener Gegend häufig auf dem Heerde
gefangen. Einzelne überwintern, namentlich in gelinden Wintern,
die meisten aber ziehen mit den, in kleineren Truppen ankommen-
den nördlicheren Wanderern, südlicher.
Turdus musicus, Singdrossel, bei Blankenburg und am Thüringer
Walde Zippe genannt. Es ist wahr, die Singdrossel findet sich
zahlreich in der Umgegend Schlotheims, doch steht diese Zahl in
keinem Verhältniss zu der Menge dieser Vögel, die das südliche
Thüringen, namentlich die höheren Theile des Schwarzathales und
die Waldungen um Paulinzelle bewohnen. Man begreift erst, wie
passend die Bezeichnung Turd: musicus, wenn man eines von jenen
imposanten, nicht hundert, sondern tausendstimmigen Concerten ge-
hört hat, das der Vogel in den engen Thälern jenes Gebirges ge-
gen Abend gibt, wenn die ersten lauen Hauche der Frühlingsluft in
jene wildromantischen Schluchten dringen. Ich muss gestehen, ich
habe oft stundenlang, von diesen Stimmen bezaubert, gelauscht.
179
Wie alle ihre Gattungsverwandten hat auch die Singdrossel das
Schicksal, im Herbst vor ihrem Abzuge in ungeheurer Menge auf
dem Vogelheerde gefangen zu werden. Dieser Drosselfang auf dem
Thüringer Walde ist allbekannt. Man würde sich aber irren, wenn
man ihn sich über das ganze Gebirge in gleicher Ausdehnung vor-
stellen wollte. Ich kenne diesen Theil unseres Vaterlandes ziem-
lich genau, muss aber behaupten, dass ich die meisten Vogelheerde
in der Umgegend von Blankenburg und Rudolstadt gefunden habe,
denn auf einem Terrain von etwa ', Quadratmeile zählt man dort
nicht weniger als zehn, die fast jedes Jahr sämmtlich bestellt wer-
den. Bedenkt man nun, dass nach dem Tagebuche nur eines Heer-
des, in -einem Zeitraum von etwa vier Jahren mehrere Tausend
Stück blos der Singdrossel gefangen wurden, so wird man sich eine
Vorstellung machen können, wie viel Vögel jährlich als Opfer jener
Vogelfangwuth fallen. Trotzdem habe ich doch noch keine merk-
liche Abnahme in der Häufigkeit der Turd. music. in jener Gegend
bemerken können.
48) Turdus iliacus, Weindrossel oder gewöhnlicher schlechtweg Drossel
genannt, passirt jedes Jahr auf dem Herbst- und Frühlingszuge in
grosser Anzahl, sowohl die hiesige platte Gegend, wie die Gebirge
Thüringens. Ihr Fang auf dem Heerde ist besonders ergiebig an
etwas nebeligen, mit feinem Staubregen verbundenen Herbstmorgen,
wesswegen die Vogelsteller des südlichen Thüringer Waldes jenen
Zustand der Atmosphäre mit dem Namen »Drosselwetter« belegt
haben, welche Bezeichnung sich auch unter dem Volke etwas aus-
gebreitet hat.
49) Turdus pilaris, Krammetsvogel oder Kremser von den Vogelstellern
genannt. Auf dem Herbst- und Frühlingszuge hier eben so häu-
fig, als am ‚südlichen Thüringer Walde. Das Vorkommen der
Hauptwinternahrung, die Früchte nämlich des Juniperus communis in
Menge auf letzterem, scheint die Ursache zu sein, warum diese
Drossel dort weit öfterer und in weit bedeutenderer Anzahl als
hier, wo dieser Strauch fast gänzlich fehlt, überwintert. Nur durch
tiefen und anhaltenden Schnee, wodurch ihm jene Nahrung entzo-
gen wird, scheint der Vogel weit mehr als durch blose Kälte zu
einer südlicheren Wanderung bestimmt zu werden, denn ich habe
ihn, ungeachtet die Kälte so intensiv war, dass er in Menge erfror,
noch bei Blankenburg bleibend gefunden.
ar
180
Der Krammetsvogelfang war früher an dem letztgenannten Orte
so bedeutend, dass die jährlich auf dem Heerde umgekömmenen
Vögel nach Tausenden zu zählen waren. Mit einem einzigen Netz-
schlag habe ich selbst über 300 Stück fangen sehen. Seit einigen
Jahren indess ist der Fang bedeutend unergiebiger geworden. Alle
Vogelsteller der dortigen Gegend klagen, dass die früheren, wirk-
lich wolkenähnlichen Flüge, sehr klein geworden waren. Bere
dürfte diess wohl kaum sein.
50) Turdus merula, Amsel, Stockamsel, bewohnt Sommer und Winter
51)
53)
einzeln die hiesige Gegend, das Rinne- und Schwarzathal, letzteres
bis in seine höchst gelegenen Theile. Bei zu tiefem Schnee scheint
sie die tiefer gelegenen Gegenden aufzusuchen und aus dem dich-
ten Walde in lichte Hecken zu ziehen.
Turdus torquatus, Schildamsel, am Thüringer Walde gewöhnlich .
Meer- oder wohl richtiger Mähramsel genannt, wird nur auf ihrer
Wanderung bald einzeln, bald in kleinen Truppen von höchstens
10—12 Stück in beiden Theilen des Gebietes getroffen. Auf dem
Thüringer Walde fällt ihre Ankunft im Herbst kurz vor das Ein-
treffen des Turd. iliacus. Auf dem Frühjahrszuge kommt sie um
Schlotheim noch ziemlich spät vor. So erhielt ich 1852 ein frisch
erlegtes Weibchen noch gegen Ende Mai.
Cinelus aquaticus am südlichen Thüringer Walde ei als
Wasseramsel bezeichnet, fehlt der hiesigen Gegend gänzlich, wäh-
rend er im Rinne- und Schwarzathale überall, doch einzeln anzu-
treffen ist, Man wird wohl kaum einige hundert Schritte an dem
Ufer der Schwarza hinwandern, ohne nicht auf ein Pärchen dieses
Vogels an dem rauschenden Flüsschen zu stossen, und kaum ist
wohl, bis auf die Höhe des Gebirges ein Thal mit einem Bache zu
finden, der nicht wenigstens von einem Paar Wasseramseln be-
wohnt wird.
Sylvia rubecula, Rothkehlchen. Im Herbst und Frühjahr hier wie
im südlichen Thüringen gleich häufig. Den Sommer über scheinen
aber, vielleicht von den Nachtigallen vertrieben, sich hier weit we-
niger Brutvögel aufzuhalten, als im Rinne- und Schwarzathal. Auf
der Höhe des Waldes wird das Rothkehlchen etwas seltener.
54) Sylvia suecica, Blaukehlchen. An wenigen Stellen hiesiger Gegend
auf dem Frühlingszuge, Anfangs bis Mitte April, ziemlich häufig,
doch noch nie nistend beobachtet. Kommt ebenfalls, doch seltener,
181
im weiteren Thale der Schwarza und Rinne vor, im letzten wohl
sogar nistend. In den höheren Theilen des Schwarzathales fehlt
das Blaukehlchen gänzlich.
55) Sylvia phoenicurus am Thüringer Walde Türkischer Rothschwanz
genannt, ist in beiden Theilen des Bezirkes durchschnittlich gleich
häufig, nur im engeren und höheren Schwarzathale etwas seltener.
56) Sylvia thätys, Rothschwanz, wie der Vorige überall in Obstgärten
und Baumpflanzungen zu treffen, wird auf der Höhe des Waldes
etwas sparsamer, doch noch immer häufiger als Sylv. phoenicurus.
57) Sylvia luscinia, Nachtigall. Fehlt in dem südlichen Theile unseres
ö Gebietes so gut wie gänzlich, höchstens hält sich, während des
Frühjahrzuges, bisweilen ein Exemplar einen, höchstens zwei Tage
an einigen Orten der Umgegend Blankenburgs auf. Das engere und
höhere Schwarzathal besucht die Nachtigall nie. Sehr häufig ist
dagegen dieser Sänger in der Umgegend Schlotheims. Es gibt hier
Stellen, wo man 10—15 der besten Schläger zugleich ein wahres
Concert geben hört. Man legt überall der Nachtigall wenig Scheu
vor den Menschen und grosse Zutraulichkeit zu demselben bei,
schildert ihren Fang als leicht etc. Diess mag wohl nur von jenen
Vögeln gelten, die in der Nähe der Städte, in zahlreich besuchten
Anlagen gepflegt werden, auf den hiesigen, mehr wilden Vogel,
passt es nicht so ganz. Die Nachtigall benimmt sich hier ziemlich
scheu, und ganz und gar nicht so dummdreist beim Fange, wie
man gewöhnlich angibt. Vergangenes Frühjahr versuchte ich mit
Herrn Lungershausen einiger Exemplare habhaft zu werden, allein
bei der grössten Vorsicht und Genauigkeit beim Stellen, glückte uns
dieses innerhalb drei Wochen fortgesetzten, eifrigen Bemühens nur
mit einem einzigen Vogel. Vielleicht liegt die Veranlassung zu diesem
scheuen Betragen der Nachtigall in hiesiger Gegend in dem Abge-
legensein der Wohnorte des Vogels vom häufigeren Menschenverkehr.
98) Sylvia hortensis, Gartengrasmücke. Hier im Schwarza- und Rinne-
thale häufig, auf der Höhe des Waldes nur wenig seltener.
59) Sylvia cinerea, Graue Grasmücke, überall in ziemlich gleicher Häu-
figkeit vorhanden.
60) Sylvia garrula, Müllerchen, Heckenmüllerchen in beiden Distrikten
gewöhnlich, weniger häufig auf der Höhe des Gebirges.
61) Sylvia atricapilla, hier um Schlotheim Schwarzplättchen, schwarz-
köpfige Grasmücke, am Thüringer Walde gewöhnlich schlechtweg
is?!
Schwarzkopf genannt. In beiden Theilen des Gebietes ziemlich gleich
häufig, nur auf der Höhe des Gebirges seltener. In früherer Zeit
war die schwarzköpfige Grasmücke in der Umgegend von Blanken-
burg weit häufiger als gegenwärtig. Die häufigen Nachstellungen
dieses sehr beliebten Sängers, der oft mit 1—3 Rthlr. bezahlt wird,
haben ihn sehr bemerkbar verringert.
62) Sylvia arundinacea. So weit meine eigene Erfahrung reicht und
ich aus glaubhaften Mittheilungen erfuhr, findet sich dieser Vogel in
dem bezeichneten Gebiete nur an den Teichen bei Paulinzelle, wo
ich ihn während des Sommers 1847 einigemal beobachtete. Auch
in der Nähe Mühlhausens soll sich der Vogel finden.
63) Sylvia palustris. Von mir ebenfalls nur auf den Paulinzeller Teichen
bemerkt, und zwar etwas häufiger als der vorhergehende Rohrsänger.
Im südlichen Theile unseres Gebietes sind die Paulinzeller Teiche
wohl nur die einzige Lokalität, die den Rohrsängern einen passen-
den Aufenthalt gewähren können. Von nicht unbedeutender Aus-
dehnung, zum grössten Theil dicht mit Schilf bedeckt und ringsum
von Buschwerk umgeben, ist mir aufgefallen, dass, bei doch gewiss
günstigen Verhältnissen, ich nur die beiden angeführten Species und
zwar in geringer Anzahl dort beobachtet habe. Möglicherweise
können mir einige andere Species entgangen sein, doch bietet sich
mir vielleicht bald Gelegenheit, jene Gegend einer nochmaligen,
gründlichen Revision zu unterwerfen. Auch hier bei Schlotheim
finden sich, namentlich in der Umgebung des Hanfsee’s, und an den
Teichen bei Ebeleben Oertlichkeiten, die wohl geeignet wären, Rohr-
sängern einen angenehmen Aufenthalt zu bieten, gleichwohl ist mir
daselbst bis jetzt noch nicht eine einzige Species derselben vor-
gekommen. Vielleicht bringt aber die Zukunft doch noch Einiges
an das Licht.
64) Sylvia ignicapilla, Goldhähnchen. Hier nicht selten, weit häufiger
in dem .südlichen Gebiete bis auf die höchsten Punkte des Gebirges.
Ueberwintert.
65) Sylvia flavicapilla. In hiesiger Gegend ziemlich selten, etwas häu-
figer in einigen Theilen des Schwarzathales. Wandert gegen den
Winter hin, wie es scheint, südlicher.
66) Sylvia hypolais. In beiden Theilen des Gebietes gleich häufig, wird
in den höheren Theilen des Schwarzathales etwas seltener.
67) Sylvia rufa. In allen Waldungen des südlichen Thüringens ziemlich
183
gewöhnlich, kommt in der Umgegend von Schlotheim nicht oder
doch nur selten vor.
68) Sylvia trochilus. Im nördlichen, wie im südlichen Thüringen bis auf
die Höhe des Gebirges nicht selten.
69) Sylvia sibilatrix. In allen Theilen des Gebietes nicht selten.
70) Troglodytes parvulus, Zaunkönig. Obwohl der Vogel um Schlot-
heim eine ganz gewöhnliche Erscheinung ist, so dürfte derselbe
am südlichen Thüringer Walde doch in noch grösserer Anzahl vor-
kommen. Er liebt allerdings am meisten zerrissene, mit dichtem
Gesträuch umgebene Bach- und Flussufer der Ebene, doch habe ich
den Vogel auch häufig im dunkeln Nadelholzwalde, entfernt von
jenen und auf den höchsten Punkten des Gebirges gefunden.
71) Sazxicola oenanthe, Steinschwätzer, in der Umgegend Blankenburgs
Steinklätsche genannt. Das innige Wechselverhältniss zwischen
unorganischer und organischer Natur ist allgemein und längst be-
kannt, allein doch nur erst in der Botanik gehörig gewürdigt wor-
den. ‘Auch in der Zoologie und in specie in der Ornithologie ver-
dient ‚dieses 'Verhältniss. gewiss mehr Beachtung als es. bis jetzt
genossen. Boden und Gebirgsart üben sowohl direkten als indi-
rekten, entschiedenen Einfluss auch auf die Vogelwelt; denn am
Ende wird diese doch auch von jenen getragen und erhalten,
und muss sich dem zu Folge nach ihrer ganzen Organisation,
nach ihrer ganzen Natur genau an die Eigenthümlichkeiten von
jenen anschliessen. Nahrung und Fortpflanzung sind die letzten,
hauptsächlichsten und augenfälligsten, indess gewiss nicht die ein-
zigen Glieder dieser verbindenden Kette.
Am südlichen Thüringer Walde stossen sehr verschiedene Ge-
birgsarten hart zusammen, Muschelkalk, Sandstein jüngerer Forma-
tion, Grauwake,- an einigen Punkten selbst Porphyr wechseln man-
nigfach und schnell mit einander ab. Da kann man recht gut beob-
achten, wie Saxicola oenanthe nicht schlechtweg magere Triften mit
Steingeröll, sondern vorzüglich Boden mit Muschelkalk - Unterlage
bewohnt. Die Berge am linken Schwarzaufer haben sehr viel Ge-
röll, auf ihrer Höhe oft grosse, dürre Triften aber keinen Muschel-
kalk, und da ist Saxicola nur selten und sehr vorübergehend zu
treffen. Die Berge am linken Rinneufer bestehen zum grössten
Theil aus Muschelkalk und daselbst findet sich der Vogel sehr häufig.
Im höheren Schwarzathale fehlt der Muschelkalk ebenfalls gänzlich,
72) "Saxicola rubetra. Einzeln um Blankenburg und im Rinnethale, fehlt
73)
74)
184
und hier fehlt auch, trotz vieler grossen mit Geröll bedeckten Leh-
den, unser Vogel. Die hiesige Gegend um Schlotheim hat in grosser
Ausdehnung den Muschelkalk zur Unterlage und überall ist Saxicola
oenanthe häufig. .
im engeren und höheren Schwarzathale, wenigstens habe ich selbst
den Vogel dort nie beobachtet. Bei Schlotheim ist derselbe häufiger.
Sazicola rubicola. Fehlt ebenfalls im Schwarzathale, wenigstens in
dessen engerem Theile gänzlich; ist im Rinnethale und um Blanken-
burg selten, häufiger soll er in der Umgebung Rudolstadts zu fin-
den sein. In der Nähe von Schlotheim beobachtete ich den Vo-
gel nun schon mehreremal. Wahrscheinlich ist er hier selbst Brut-
vogel.
Parus major, um Schlotheim Kohlmeise, bei Blankenburg gewöhn-
lich Kohlhahn oder schlechtweg Meise, auf dem Walde Finkmeise
genannt. In allen Theilen des Gebietes häufig. Diese Meisenart ist
es vorzüglich, die am Thüringer Walde, ihres grossen Nutzens so-
wohl in Baumgärten als im Forste ungeachtet, besonders in der
Umgegend von Blankenburg und Rudolstadt auf eine wahrhaft schau-
dererregende Weise zu Tausenden auf ihren Herbstwanderungen
auf der Meisenhütte gefangen wird. Es sind mir Fälle bekannt, wo
binnen wenigen Stunden 4—6 Schock dieser niedlichen Thierchen
so ihr Leben verloren. Nun denke man sich, dass der Fang 3—4
Wochen oft täglich mit sogenanntem gutem Erfolg betrieben werden
kann, und zwar auf einem verhältnissmässig kleinen Terrain, auf
wohl 15—20 Hütten und man wird es nicht wunderbar finden,
wenn diese Meise, trotz ihrer zahlreichen Bruten, in jener Gegend
endlich ganz ausgerottet wird. Um Schlotheim kennt man, Gott -
Lob! diese vertilgende Fangart nicht.
75) Parus coeruleus. In beiden Theilen des Gebietes bis hinauf auf
die Höhe des Gebirges nicht selten, doch hier um Schlotheim, we-
nigstens manche Jahre hindurch, weit häufiger als am Thüringer
Walde.
76) Parus eyanus. Ich kann mich noch sehr gut eines kleinen, weis-
sen und sehr schön blauen Vogels erinnern, den ich als Knabe bei
Blankenburg verfolgt habe, und welchen ich schon damals, ohne
ihn nur dem Namen nach zu kennen, für eine grosse Seltenheit in
unserer Gegend hielt. Es war ohne Zweifel Par. cyanus, der sich
77)
78)
79)
80)
81)
185
gegen den Herbst nach Thüringen verirrt hatte. Seit jener Zeit
habe ich einen ähnlichen Vogel in jener Gegend nie wieder ge-_
sehen. Herr Lungershausen hat den Vogel bei Schlotheim wahr-
:scheinlich ebenfalls vor einigen Jahren bemerkt.
Parus palustris. Hier Platt-, am Thüringer Walde Dreckmeise ge-
nannt. In hiesiger Gegend sehr einzeln. Häufig dagegen in der
Umgegend von Blankenburg, im unteren Schwarza- und im ganzen
Rinnethale. Spärlich im engen und höheren Schwarzathale.
Parus ater, Tannenmeise. Fehlt ungeachtet des Mangels der Nadel-
holzwaldungen als Brutvogel der hiesigen Gegend nicht gänzlich,
denn die zwei Exemplare, die ich bisher hier im Frühjahr bemerkt
habe, waren wohl nicht blos Wanderer nach dem Harze. Im süd-
lichen Thüringen ist diese Meise in allen Nadelholzwaldungen, be-
sonders in denen des Schwarzathales bis hinauf auf die höchsten
Punkte, häufig. Ueberwintert allerdings, doch scheinen Viele sich
auch südlicher zu ziehen.
Parus ceristatus, Kuppmeise, fehlt hier ebenfalls. Bis jetzt habe ich
um Schlotheim noch. nicht ein einziges Exemplar beobachtet. Im
südlichen Gebiete ist sie,. wie die Vorhergehende, besonders im
Schwarzathale häufig. |
Parus caudatus, Schwanzmeise, in der Umgegend Blankenburgs
unter dem Namen Störzmeise allbekannt. In beiden Theilen Thü-
ringens häufig, besonders im unteren Schwarzathale und im gan-
zen Rinnethale, doch auch auf der Höhe des Gebirges keinesweges
selten. |
Accentor modularis. Bei Blankenburg mit den Namen Fuchtchen
oder Brandfuchs, hier Heckenbrunelle benannt, erscheint mit dem
ersten Frühjahr hier um Schlotheim, wie auch im südlichen Theile
des Gebietes in allen Baumgärten und Hecken gleich häufig, allein
bei vorgeschrittener Jahreszeit verhalten sich beide Gegenden un-
gleich. Im südlichen Thüringen, namentlich in der Umgegend von
Blankenburg, verlässt der Accentor modularis das Thal und das
offene Feld und begibt sich in die Bergwälder, wo er in niederen
Fichten und Tannengebüsch sein Brutgeschäft verrichtet. Hier bei
Schlotheim hält er sich bis Mitte April überall häufig auf, später
aber verschwindet er nach und nach mehr und mehr, und fehlt den
Sommer über fast gänzlich. Wahrscheinlich bezieht er in dieser
Zeit die Gebirgswaldungen des Harzes. Gegen den Herbst erscheint
186
er zwar wieder, indess nur sehr flüchtig und sehr einzeln. Am
Thüringer Walde zieht er sich nach dem Brüten wieder in die
Hecken des Thales auf einige Zeit herab. |
82) Motacilla alba, Graue Bachstelze, Ackermännchen. In allen Theilen
Thüringens häufig, nur den dichten Nadelholzwald vermeidend, dess-
wegen im engeren Schwarzathale nur an den Ufern des Flusses
und auf freien Plätzen zu treffen.
83) Motacilla flava, Gelbe Bachstelze. Beide Theile des Gebietes be-
wohnend, doch sparsamer als die Vorhergehende. Etwas häufiger
an den Bächen und Schwarzaufern im höheren Gebirge, wie auch
bei Paulinzelle. Scheint häufiger als Mot. alba zu überwintern.
84) Motaeilla sulphurea wird in der Volkssprache von der Mot. flava
nicht unterschieden. Hier um Schlotheim, wie auch bei Blanken-
burg, im Schwarza- und Rinnethale überall im Allgemeinen nur
sehr einzeln, vielleicht im höheren Schwarzathale um Katzhütte
etwas häufiger. Ich erlegte daselbst in kurzer Zeit zwei Exemplare.
84) Anthus arboreus nistet in beiden Theilen des Gebietes nicht gerade
selten.
86) Anthus pratensis, Wiesenpieper. Erscheint jedes Frühjahr und jeden
Herbst zur Zugzeit und ist dann hier bei Schlotheim, bei Blanken-
burg und Paulinzelle häufig, seltener dagegen im ganzen Schwar-
zathale.
87) Anthus campestris, Brachpieper. Zur Zugzeit hier, wie auch im
südlichen Theile Thüringens, nur einzeln im offenen Lande. Im Ge-
birge dagegen habe ich ihn noch nicht beobachtet. |
88) Anthus aquaticus, Wasserpieper. Ich führe diesen Vogel vorläufig
unter den Thüringischen Vorkommnissen auf, indem ich einst, im
Frühjahr, bei Paulinzelle einen Vogel angetroffen habe, den ich für
Anth. aquaticus halten muss. Andererseits bin ich nicht im Stande
einen Grund aufzufinden, warum der Vogel auf seinen Wanderungen
Thüringen gänzlich vermeiden sollte. Die Lokalitäten des Gebirges,
wenigstens in dessen südlichem Theile, sind für den Vogel nicht so
geeignet, als man vielleicht erwarten könnte.
89) Alauda arvensis, Feldlerche, oder gewöhnlich blos Lerche genannt.
Findet sich sehr zahlreich in der hiesigen Umgebung. Im südlichen
Thüringen nur in der offenen Gegend, wie im unteren Schwarza-
thale und im ganzen Rinnethale häufiger. Im engeren ‚Schwarza-
thale seltener, doch gibt es einige Stellen des höheren Gebirges,
90)
91)
187
wie z. B. bei dem Dorfe Meuselbach, in der Nähe von Katzhütte,
wo in Folge ausgedehnteren Ackerbaues, die Feldlerche in Eiiinener
Anzahl sich vortindet.
Alauda ceristata. Um Schlotheim mit dem Namen Hauben-, bei
Blankenburg Kupplerche bezeichnet. Diese Lerche gehört zu den-
jenigen Vögeln, deren Verbreitung noch einiges Räthselhafte für
mich hat. Hier um Schlotheim trifft man Alauda cristata sehr häufig
Sommer und Winter hindurch, im südlichen Thüringen, wo sich
doch viele Stellen finden, die der hiesigen Gegend in vielfacher
Hinsicht sehr gleichen, ist sie dagegen eine ziemlich seltene Er-
scheinung. Ich habe sie dort in Jahren nur etwa 3mal und zwar
nur in strengen Wintern beobachtet. In früherer Zeit soll sie bei
Blankenburg sogar gänzlich gefehlt haben. Im engeren Schwarza-
thale habe ich den Vogel nie angetroffen, jedenfalls ist er daselbst
sehr selten. Wollte man diese Eigenthümlichkeit mit der Enge des
Thales in Verbindung setzen, so muss ich dagegen einwenden, dass
das Soolthal in vielen Punkten, wo sich unser Vogel doch ziemlich
häufig findet, z. B. bei Jena, nur wenig breiter sein dürfte als das
untere Schwarzathal. Auch mit dem Vorhandensein der Landstras-
sen, wie man angegeben hat, scheint die Verbreitung des Vogels
wenigstens in nicht so unbedingtem Zusammenhange zu stehen.
Hier in Schlotheim sind solche Strassen nur erst seit Kurzem ange-
legt, und doch findet sich Alaud. erist. daselbst schon seit viel län-
gerer Zeit. Bei Blankenburg existiren Chaussee’n schon seit vielen
Jahren, und doch ist, wie gesagt, jene Lerche noch nicht einge-
wandert. Zweifelsohne liegen noch näher zu erforschende Verhält-
nisse der eigenthümlichen Verbreitung der Alaud. crist. zu Grunde.
Alauda arborea, Haidlerche, Baumlerche. Kommt in der Nähe von
Blankenburg nur im unteren Schwarzathale, und zwar auf den Ber-
gen am linken Schwarzaufer, so wie an einigen Stellen des Rinne-
thales häufiger und zwar brütend vor. Im höheren Schwarzathale
fehlt sie. In der hiesigen Gegend, die sie auf dem Frühjahrszuge
im Allgemeinen häufig aber flüchtig besucht, wird sie einzeln als
Brutvogel getroffen.
92) Emberiza nivalis, Schneeammer. Wurde hier in strengen Wintern
schon einigemal’ beobachtet‘ und erlegt. Im südlichen Thüringen,
wenigstens um Blankenburg, im Schwarza- und Rinnethale ist der
Vogel bis jetzt nie getroffen worden.
93)
94)
188
Emberiza miliaria, um Schlotheim nicht selten, einzeln auch nistend.
Bei etwas anhaltender Kälte und tieferem Schnee erscheint diese
Ammer ziemlich zahlreich auf den Gehöften der Dörfer und Städte
und wird vom Volke gewöhnlich mit dem falschen Namen Hortulan
bezeichnet. Um Blankenburg und im Rinnethale ist der Vogel ziem-
lich selten, im Gebirge wohl gänzlich fehlend.
Emberiza citrinella, hier Goldammer, im südlichen Gebiete gewöhn-
licher Emmerling oder Hämmerling vom Volke genannt. Ueberall
häufig bis in die höchsten Theile des Gebirges, doch den tieferen
Nadelholzwald vermeidend. .
95) Emberiza cia, Zippammer. Im Jahre, wenn ich nicht irre, 1844
96)
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wurde diese Ammer während des Sommers im Schwarzathale auf
der Tränke mehrmals gefangen, Sie hat daselbst, obgleich ich ihr
Nest nicht auffinden konnte, doch höchst wahrscheinlich im niede-
ren Fichtengebüsch genistet. Vor- und nachher ist der Vogel nicht
wieder beobachtet worden. In hiesiger Gegend ist er noch nicht
vorgekommen.
Emberiza hortulana.- Soll hier vorgekommen sein. Ueber ihr Vor-
kommen bei Blankenburg im Schwarza- und Rinnethale ist mir nichts -
zuverlässiges bekannt geworden.
Emberiza schoeniclus, Rohrammer, Rohrsperling. Um Schlotheim
ziemlich selten, nistet aber vielleicht doch am hiesigen Badensee.
Kommt in strengen Wintern bisweilen in die Nähe der Stadt. Bei
Blankenburg und im Schwarzathale, wenigstens sehr selten. Bei
Paulinzelle ist sie mir einzeln vorgekommen, doch glaube ich nicht,
dass sie an jenen Teichen nistet.
98) Fringilla coelebs, Fink oder Finke. Sowohl im nördlichen als süd-
lichen Theile des Gebietes sehr häufig. Geht bis auf die höchsten
Punkte des Gebirges. Auf dem Wurzelberg bei Katzhütte kann man
sie im Frühjahr zu Tausenden schlagen hören, ebenso in den Na-
delholzwaldungen bei Paulinzelle. Der Vogel wird im Herbst bei
Blankenburg häufig auf dem Heerde gefangen. Die grosse Liebha-
berei für den Finken gehört mehr dem nördlichen Thüringer Walde
(Ruhla) als dem südlichen an.
99) Fringilla montifringilla, Quäcker. In beiden Theilen des Gebietes
im Herbst durchziehend, aber nur manche Winter bleibend. Im All-
meinen auf dem höheren Thüringer Wald häufiger als in den tiefer
gelegenen Gegenden und in der Ebene.
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189
Fringilla chloris, Grünling. Bei Schlotheim ziemlich häufig, bei
Blankenburg, im Schwarza- und Rinnethale weit seltener nistend,
aber während des Herbstes auf dem Zuge desto zahlreicher, wo
der Vogel oft zu Hunderten auf dem Vogelheerde gefangen wird.
Bisweilen überwintern dann Einzelne.
Fringilla cannabina, Hänfling. Im Ganzen in hiesiger Gegend viel
zahlreicher vorhanden als im südlichen Thüringen und namentlich
auf der Höhe des Waldes. Obgleich jedes Jahr eine bedeutende
Anzahl überwintert, so ziehen sich gewiss viele doch auch südlicher.
Fringilla carduelis. Gewöhnlich Stieglitz, seltener Distelfinke vom
Volke genannt. Im ganzen Gebiete an den Orten häufig, wo sich
die verschiedenen Arten der Distel finden. Da nun diese Pflanzen
auf dürrem, unbebautem Lehm und Thonboden vorzüglich wuchern,
so findet sich Fring. carduelis an solchen Lokalitäten vorzüglich
häufig. Desswegen findet man ihn hier überall in Menge, desglei-
chen im Rinnethale, namentlich an den nach Süden gelegenen Ab-
hängen der nördlichen Berge desselben, etwas seltener wird er im
Schwarzathale. Der Stieglitz bleibt in jener Gegend bis spät im
Herbst, ja bis im Winter und streift in dieser Zeit nicht selten
einzeln mit den Zeisigen in allen Erlenpflanzungen umher. Die
Meisten: verlassen im tiefen Winter, wenn die Nahrung erschöpft,
die Gegend und nur einzelne bleiben zurück.
Fringilla spinus, Zeisig, am südlichen Thüringer Walde in der
Volkssprache Zisg genannt. In seinem Vorkommen der Verbrei-
tung der Erle folgend, desshalb hier um Schlotheim, wo die Erle
so gut wie gänzlich fehlt, nur sehr einzeln und höchstens im Früh-
jahre, vielleicht auf der Wanderung zu finden. Im südlichen Thü-
ringen überall, bis in die höchsten Theile des Schwarzathales, sehr
zahlreich vorhanden. Brütet häufig in den Nadelholzwaldungen des
Schwarzathales. Im Herbst schwärmen grosse Schaaren in den
ausgedehnten, alten Erlenpflanzungen umher, besüchen dann auch
die Gärten, wo sie an den Samen der Salatpflanze (Lactuca sativa)
bedeutenden Schaden anrichten. Bei strenger Kälte, und wenn die
Haupt- und Lieblingsnahrung, der Samen der Erle, spärlicher wird,
wandern jene Schaaren von einer Gegend zur andern.
Fringilla linaria. Am südlichen Thüringer Walde unter dem Volks-
namen Zöttscher oder Zähtscher bekannt. Erscheint nur manche
Jahre im Herbst und Winter meist zahlreich in der Umgegend
190
Blankenburgs, im Schwarza- und Rinnethale, durchschwärmt in
Schaaaren, wie der Zeisig, ältere Erlenpflanzungen, deren Samen
ihm wie jenen eine Lieblingsnahrung zu sein scheint. Oefters als
die niedrige Gegend besucht er die höheren Punkte des Gebirges.
Bei Katzhütte habe ich den Vogel mehrere Winter hinter einander
beobachtet, während er zu gleicher Zeit im tieferen Schwarza- und
Rinnethale nicht zu treffen war. Den Waldbewohnern ist er ein
sehr lieber-und theurer Stubenfreund nicht sowohl wegen seiner
Zahmheit und Zutraulichkeit oder seines Gesanges, sondern, wie
mir vielfach versichert wurde, wegen seiner sehr löblichen Eigen-
schaft als unermüdlicher Flohfänger. In manchen jener unreinli- _
chen Stuben sah ich 4—6 solche Vögel zu diesem Zwecke ge-
halten.
Vergangenes Frühjahr 1853 sah ich eine kleine Schaar von Fr.
linaria die hiesige Gegend eine Zeit lang durchstreifen und sich
von den Kätzchen und Knospen der italienischen und deutschen
Pappel nähren. Diese Vögel wurden von den hiesigen Bewohnern
als seltene Gäste bezeichnet, die vorher noch nie erschienen wären.
Mir selbst ist es der einzige Fall, dass ich dem Vogel hier begeg-
net bin. Jedenfalls kann er für die Gegend von Schlotheim als
eine aussergewöhnliche Erscheinung gelten.
105) Fringilla flavirostris. Soll ziemlich verbürgten Nachrichten zu
Folge hier schon beobachtet worden sein. Im südlichen Theile
unseres Gebietes ist mir von seinem Vorkommen Nichts bekannt
geworden. it
106) Fringilla erythrina ist in hiesiger Gegend sicher vorgekommen,
dagegen noch nie in der Umgegend Blankenburgs.
107) Fringilla scrinus, ist allerdings eine seltene Erscheinung, doch
schon vorgekommen, sowohl hier, wo er glaubwürdigen Versiche-
rungen nach, früher häufiger als gegenwärtig gewesen sein soll,
als auch Dei Blankenburg.
(Fortsetzung folgt.)
191
Ein Brutplatz der Hirundo rupestris in Deutschland.
Wenn man das ziemlich unwirthliche und felsenreiche Ötzthal, wel-
ches etwa 1 Stunde unterhalb Imst in das obere Innthal einmündet,
hinaufwandert, befindet man sich ungefähr nach zweistündigem Gehen
am Fusse der sogenannten Engelwand, einer breiten dunkeln Felsen-
masse, die zwischen den Dörfern Ötz und Umhausen, hart an der Land-
strasse, fast senkrecht zu einer gewaltigen Höhe emporragt. Als ich
am 5. Sept. 1853 auf einer Reise durch Tyrol an der genannten Stelle
vorüber wanderte, zog der Anblick einer Vogelart, die mir bisher noch
nie zu Gesicht gekommen war, meine Aufmerksamkeit auf sich. Dass
sie den Schwalben angehören mussten, verrieth ihr Flug und noch mehr
ihr Benehmen auf den ersten Blick. Gerade da, wo durch einen ein-
springenden Winkel am Fusse der Felswand eine weite windstille Ein-
buchtung gebildet wurde, trieben 6—8 dieser Vögel ihr anmuthiges und
graziöses Spiel. Fast unhörbaren Fluges, Fledermäusen ähnlich, verfolg-
ten sie sich abwechselnd; bald schossen sie pfeilschnell hart an den Fel-
sen hin, indem sie alle seine Ecken und Winkel mit gewandten Schwen-
kungen förmlich ausmaassen, bald wieder schwammen sie leise, mit un-
bewegten Schwingen, durch den Luftraum der Höhlung, bald endlich
standen sie unbeweglich über mir, fast wie es die Thurmfalken zu ihun
pflegen, aber mit sehr geringer oder scheinbar gar keiner Bewegung
der Flügel. Dabei liessen sie hin und wieder einen kurzen, sanften,
fast melancholischen Ton hören, wie der schwirrende Laubvogel, wenn
ein menschlicher Besuch ihn für seine Brut fürchten lässt; nur viel lei-
ser, abgebrochener. Sitzen oder an dem Felsen hangen sah ich sie nie,
auch verhinderte leider das gedämpfte Licht in der genannten Höhlung
. und die dunkle Farbe des Gesteins ihre Farbe und Zeichnung ganz deut-
lich zu erkennen. Soviel konnte ich indess bemerken, dass ein lichtes
Grau, an Kopf und Flügel mehr in’s Dunkle gehend, den Oberkörper
bedeckt. Der weissliche Unterkörper zeigte bei den meisten Exemplaren
einen brandgelben Anflug an den Schultern. Der breite kurze Schwanz
war mit weisser Zeichnung geziert und an den Wurzeln der grössern
Schwungfedern hatten die spitzdreieckigen Flügel eine schwärzliche
Färbung, die beim Fliegen fast wie ein viereckiger Fleck erschien. Diese
192
obwohl undeutlich und mühsam wahrgenommene Kennzeichen liessen doch
kaum an der Identität meiner Vögel mit der in den nördlichen Alpen seltne-
ren Hir. rupestris zweifeln. Was mir am meisten auffiel, war, dass, sie bei
so später Jahreszeit ihre Brutgeschäfte noch nicht vollendet hatten. Denn
in beträchtlicher Höhe, doch aber für einen kräftigen Steinwurf erreich-
bar, konnte man deutlich 4 Nester bemerken, die ganz nach Art unserer
Hir. urbica aus Lehm oder Mergel gefertigt und unter einer vorsprin-
genden Steinplatte angeklebt waren. Zwei davon hingen an einander
und alle zeigten oben ein längliches Schlupfloch aus den bei der Stille
des Ortes das Gezwitscher der Jungen ganz deutlich zu: hören war.
Nur noch einmal traf ich in Tyrol die Felsenschwalbe. Der
Ort hatte mit dem oben beschriebenen einige Aechnlichkeit. Drei Stun-
den von Innsbruck beim Dorfe Zirl befindet sich auf der halben Höhe
der Martinswand eine flache, aber geräumige Höhle, derselbe Ort, wohin
sich einst bei der Gemsjagd der Kaiser Max verstiegen haben soll. In
diesem weiten ebenfalls vor dem Winde geschützten Felsenloche, zu dem
heutzutage ein leidlich bequemer Fussweg hinaufführt, beobachtete ich
14 Tage später etwa 6 der erwähnten Schwalben. Sie trieben ihre
harmlosen Gaukeleien, ohne sich vom Beobachter darin stören zu lassen.
Die Nester aber suchte ich ohne Erfolg.
| Albrecht Rindfleisch.
Skizzen aus dem Vogelleben Nordamerika’s.
Von
Alexander Gerhardt. *)
Schliesslich kann ich nicht unterlassen, Dir eine wenn auch noch so
aphoristische Skizze des augenblicklichen Vogellebens zu geben. Ver-
gleiche damit das von uns so oft- belauschte Leben und Treiben der
Vogelwelt unserer Heimath, und Du wirst neben mancher Uebereinstim-
mung auch interessant Abweichendes genug finden. Es ist heute der
23. Februar, früh 7 Uhr. Die Sonne scheint überaus warm. Ueber dem
spiegelglatten St. John**) fliegen lange Reihen von Pelecanus fuscug
*) Aus einem Briefe an Herrn H. Kunz in Leipzig durch diesen mitgetheilt.
**) Herr A. Gerhardt befand sich zur Zeit nahe der Mündung dieses Flusses im
nördlichen Florida. B.
193
stromaufwärts. Schwärme von Rhynchops niger kommen von der Küste
zurück, wo sie sich eben noch unter die Schaaren der Seeschwalben-
und Mövenarten, Sterna Cayana, hirundo, Larus marinus etc. gemischt
hatten. Mergus serrator schwimmt in kleinen Gesellschaften am Ufer
hin. Auf den jetzt trockenen Austerbänken laufen mit grosser Geschäf-
tigkeit ZLimosa fedoa und Charadrius vociferus herum, eifrigst ihre
Nahrung auflesend; Haematopus palliatus dagegen sitzt ernst und mit
herabgesenktem Schnabel, wie in tiefem Nachsinnen verloren , auf eben
diesen Plätzen und kümmert: sich nicht im Geringsten um die rings
schreienden, laufenden, flatternden und fliegenden Tringen und Tetanen
verschiedener Art. Einige Ardea candidissima kommen eben herzu,
und zieren die zeitweilige Bevölkerung des belebten Ufers. Corvus
americanus zieht schreiend vorüber. Ammordamus maritimus lockt
ammerartig, im Garten herumlaufend; Orpheus polyglottus hat sich auf
eine Wetterfahne gesetzt und singt sein wechselvolles Morgenlied. Vom
jenseitigen Ufer tönt das heisere Krähen der Häher herüber. Anthus
noveboracensis fliegt mit bachstelzenartigem Lockton vorüber. Delphine
wälzen sich schnaubend- im Wasser. Pyrgita melodia lockt im nahen
Gebüsche. Numenius longirostris fliegt mit grossem Geschrei vorüber
und in die nahen Marschstrecken, von wo bereits die Stimme des Rallus
virginianus erschallt. Icterus phoeniceus singt von einer am Wege
stehenden hohen Fächerpalme herab. Die reizende Columba passerina
kommt in Truppen in ein zum Zuckerrohrbau vorgerichtetes Feld neben
dem Hause, und liest dort kleine Sämereien auf, und reinigt so die
Plantage von manchem Unkraut. Alceda haleyon kommt laut schnarrend
geflogen, und setzt sich auf einen aus dem Wasser hervorragenden
Pfahl; plötzlich stürzt .er sich in die Fluthen, einen Fisch erfassend, im
Fluge verschlingend und seinen frühern Platz wieder einnehmend. Che-
lidon bicolor erfüllt die Luft. Pelecanus americanus sitzt phlegmatisch
auf einer erhabenen Sandbank , unberührt von dem fernen Brausen des
Oceans. Da hast du. die Beobachtungen einer Stunde. Es ist & Uhr
und Frühstückszeit.
Wie anders ist es dagegen heute, acht Tage später! Kaltes Re-
genwetter! Vom Winde gepeitscht schlagen die Wellen an’s Ufer. Eine
lange Reihe Phalacrocorax floridanus sitzt auf eben jener Sandbank,
welche früher die weissen Pelekane einnahmen. Larus argentatus liegt
unruhig hin und her. Pelecanus fuseus zieht schweigend in langen
Reihen, zuweilen einen spitzen Winkel bildend. Numenius longirostris
Naumannia. 1854. x 13
194
lässt dagegen wie beim guten Wetter seine helle Stimme hören. Lanius
ludovieianus hat von einer Gebüschspitze Besitz genommen, um Insekten,
besonders Grillen aufzulauren. Die wenigen Vögel, welche noch auf den
Sandbänken herumlaufen, Charadrius vociferus, Limosa hudsonica etc.
werden durch die Wellen von dort verjagt. Gracula Quiscala zieht,
nur zuweilen einen kurzen, schrillen Lockruf ausstossend, nach den
Sümpfen, um dort zu übernachten. Einige Enten schwimmen noch auf
dem Flusse herum, und lassen sich kaum von dem heimkehrenden Loot-
senboote stören. Nur die Delphine sind noch so munter, wie vor acht
Tagen. Es ist 5 Ufr und bald wird das Licht im gegenüberstehenden
Leuchtthurme angezündet werden. Im Hofe eilen die Hühner mit herab-
hängendem Schwanze dem Stalle zu, wohin sie ihr sehr stolzer Herr
und Gemahl lockt. Dieser ist schwarz mit goldgelben Achseln und stahl-
blauen Flügeln. Ich aber eile zum Kamine und will mir ein Heimathlied
singen, denn ich bin allein, und nur eine alte Negerin geht ab und zu...
Die Oologie physiologisch betrachtet.
Von
©. H. Kunz.
Dem Oologen wird häufig der Vorwurf gemacht, dass seine Wissen-
schaft eine unnütze oder doch entbehrliche sei; nicht zu gedenken, dass
Viele sie gar nicht als Wissenschaft anerkennen wollen. Nutzen freilich
für das praktische Leben, wie die Chemie, Physik und andere schon seit
langer Zeit cultivirte Wissenschaften, hat die Oologie bis jetzt noch nicht
geschaffen und wird sie auch wohl schwerlich je schaffen können: desto
mehr aber verdient das Streben der Männer Anerkennung, welche sich
die Aufgabe gestellt haben, die Oologie auf einen Standpunkt zu erhe-
ben, wo sie nicht mehr als Spielerei, Liebhaberei Einzelner betrachtet,
sondern als ein interessanter und wichtiger Theil der Naturwissenschaf-
ten im allgemeinen, besonders aber als der Ornithologie unentbehrlich
anerkannt werden wird.
In Nachstehendem will ich einige meiner Erfahrungen, Beobachtun-
gen und daraus gefolgerten Schlüsse im Gebiete der Oologie mittheilen,
voraussetzend, dass Manches neu und noch unbekannt sein dürfte, da
195
die so Manchem gewiss schon längst aufgefallenen Thatsachen bis jetzt
noch keiner gründlichen Untersuchung unterworfen worden sind.
Die Schale der Eier besteht aus zwei Theilen.
Die Bildung des ersten, untersten Theils, der eigentlichen
Schale, geschieht im untersten Theile des Legeleiters und ist in der
Hauptsache anorganischer Natur; der zweite, äusserste Theil, der die
eigentliche Schale überdeckende Ueberzug, welcher dem Eie das
Aussehen gibt, wird in der Cloake gebildet und ist organischer Natur.
In der Cloake werden auch durch den sich bildenden Ueberzug mit seinen
Beimischungen die verschiedenen Farben und Flecken gebildet. Der Be-
weis für diese Beobachtung ist sehr leicht und einfach. Jedes aus dem
Vogel geschnittene oder durch irgend welche Einflüsse zu zeitig gelegte Ei,
welches im ersteren Falle entweder noch ausserhalb der Cloake befind-
lich gewesen oder wenn schon darin, jedoch noch nicht so weit vorge-
schoben, dass es legereif gewesen wäre: ist entweder ganz ungefärbt
oder je nach der Dauer des Aufenthalts in der Cloake theils mehr, theils
weniger, nie aber vollkommen ausgefärbt.
Von dem Vorhandensein eines Ueberzugs über die eigentliche Schale
kann man sich bei vielen Arten, bei welcher derselbe sehr stark aufge-
tragen ist, dadurch überzeugen, dass man ihn mittelst eines Messers
abschaben kann, wodurch denn die darunter liegende Schale mit ihrer,
der Art eigenthümlichen von der des Ueberzugs unabhängigen Färbung
zum Vorschein kommen wird. Dieser Ueberzug ist je nach der Art ver-
schieden, entweder mehr oder weniger dick aufgetragen; vorhanden je-
doch ist er, wenn auch noch so dünn, jederzeit. Dass einzelne Arten
z. B. Crotophaga, Sula, Phoenicopterus, Pelecanus etc. mit derartigen
Ueberzügen versehen sind, ist längst bekannt; ich bemerke nur, dass
wenn man diese kalkigen Ueberzüge als charakteristische Eigenthünlich-
keiten dieser Arten aufstellte, man nur insofern recht hatte, als man das
Charakteristische auf die ungewöhnlich dicke und lockere Consistenz der
diese Arten auszeichnenden Ueberzüge bezog: die Ueberzüge selbst aber
sind nach meiner oben ausgesprochenen Ansicht nur regelrechte Erschei-
nungen. ‘Sie wurden bemerkt weil sie in Folge der Nahrung oder an-
derer Einflüsse leicht bemerkbare Eigenschaften besitzen, während die
Ueberzüge anderer Eier nicht erkannt wurden, weil sie theils inniger
verbunden und fester auf der Schale haftend, theils ohne kalkige Bei-
mischungeh, theils farblos sind.
Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass der die Schale be-
13*
196
deckende Ueberzug dem Eie den grössten Theil seiner Charakteristik
verleiht. Bei den Arten, bei welchen der Ueberzug nicht so dick auf-
getragen ist, dass die Construction der Schale hindurchscheinen kann,
bilden die Poren und das Korn derselben sehr wichtige Artkennzeichen,
deren Kenntniss bei der Bestimmung und Unterscheidung der Eier un-
umgänglich nothwendig ist. Was die Färbung der Schale. betrifft, so
variirt sie in rein weiss, grau, gelblich, röthlich und grünlich in den ver-
schiedensten Schattirungen. Sehr erschwert wird die Bestimmung der
Eier durch das so häufige Vorkommen von zu zeitig gelegten und dess-
halb entweder nur unvollkommen oder gar nicht gefärbten Eiern. Hier
kann nur langjährige Erfahrung und kalte Beurtheilung unterstützt durch
die Untersuchung mittelst einer guten Lauge zum gewünschten Ziele
führen; denn kalt und besonnen muss bei der Bestimmung der Eier zu
Werke gegangen werden, weil der den Sammlern eigenthümliche Drang,
Seltenheiten zu besitzen, leicht die Ursache wird, in einer Varietät
eine seltene, neue Art zu erblicken. Dass die grosse Verschieden-
heit der Eier zu den mannigfachsten Fälschungen Anlass gibt, ist bekannt
genug, da man sehr oft bei Eierbeziehungen, absichtlich und unabsicht-
lich, falsch bestimmte Exemplare erhält.
Wenn in dem bisher Gesagten das zu zeitige Legen die Veran-
lassung ist, dass die Eier wenig oder gar nicht gefärbt sind, so füge ich
hinzu, dass das zu oft wiederholte Legen dieselben Erscheinungen
hervorbringt. Es ist bekannt, dass die Eier der Vögel, denen die erste
Brut zerstört worden ist, beim zweiten Gelege blässer, ja wenn noch
öfter zerstört, zuweilen rein weiss aussehen, wenn auch die Normaleier
gefärbt und gefleckt waren. Der Grund dafür ist entweder in der durch
die ersten Gelege verursachten Absorption der den Ueberzug bildenden
Flüssigkeit oder möglicherweise in der Ausweitung der Cloake, welche
ein schnelleres, weniger anstrengendes Durchgehen der Eier gestattet,
zu suchen.
Ich glaube, dass das bisher Gesagte den in letzter Zeit: öfters be-
sprochenen Albinismus der Eier erklärt. Es lässt sich dadurch auch
ganz naturgemäss erklären, warum die in ihrem Vaterlande bräunliche
Eier legenden Haushühner bei uns weisse Eier legen, während .die
Eier der Pfauen, Trut- und Perlhühner trotz eben so langer Domestici-
rung und Acclimatisirung ihre ursprüngliche Färbung beibehalten haben.
Die Haushühner wurden gezwungen, so viel als möglich Eier zu legen,
während die übrigen Arten, welche nicht des Eierertrags wegen gehal-
197
ten werden, nur so viel zu legen brauchen, als die Natur ihnen ange-
wiesen hat.
Unwillkürlich drängt sich die Frage auf: woher kommt das ver-
schiedene Aussehen der Eier; gibt es Regeln, Gesetze,
welche das gefärbte oder ungefärbte, gefleckte oder unge-
fleckte Aussehen der Eier bestimmen? Ich werde diess in Nach-
stehendem zu beantworten und die aufzustellenden Sätze durch Beispiele
zu erläutern suchen. '
Ungefleckte Eier legen diejenigen Vögel, welche
a) ihre Nester in Löcher oder Höhlen bauen, deren Auf-
merksamkeit demnach von äusseren Einflüssen nicht
in Anspruch genommen wird,
b) sich durch ein ruhiges, stilles oder träges Tempera-
ment, gleichviel ob sie in Löcher oder Höhlen bauen,
auszeichnen. |
Die scheinbar vorkommenden Ausnahmen werde ich weiter unten
kurz zu erklären suchen. Ungefleckte und fast durchgehends rein weisse
Eier legen die in Löchern und Höhlen nistenden genera Strix, Picus,
Coracias, Sturnus, Pastor, Muscicapa, Erythacus, Accentor, Yunx, Merops,
Alcedo, Upupa, Cypselus, sowie die der exotischen Ornis angehörenden
genera Psittacus, Perdalotus, Bucco, Centropus, Indicator, Picumnus, Da-
celo, Galbula etc. Was die nicht in Löchern nistenden, ungefleckte Eier
legenden Columbidae, Ardeidae, Anatidae, so wie die Crotophagae be-
trifft, so ist der Grund in der sub b ausgesprochenen Ansicht zu suchen.
Sehr interessante, meine oben ausgesprochenen Ansichten unter-
stützende, Belege bieten die Muscicapidae dar. Butalis grisola baut zwar
auch ein ziemlich verstecktes Nest, nie aber so vor äussern Einflüssen
geschützt, als die wahren Fliegenschnäpper, welche in Baumhöhlen nisten.
Der erstere legt gefleckte, die letzteren ungefleckte Eier. Noch
schlagendere Beweise liefern die Schwalben. dCecropis rustica baut
ein offenes Nest: die Eier sind stark gefleckt; Chelidon urbica legt das
ihrige so an, dass nur durch ein kleines rundes Eingangsloch in das
sonst nicht allzu tiefe Nest zu gelangen ist: die Eier sind wenig und
blass getüpfelt, zuweilen rein weiss; Cotyle riparia dagegen,
welche sich lange Röhren in die steilen Wände der Flussufer, Sand- und
Lehmgruben gräbt und im hintersten Theile ihren Nistplatz aufschlägt,
legt rein weisse, ungefleckte Eier.
198
Unterstützt werden meine oben aufgestellten Sätze noch vorzüglich
durch die Arten, welche ungefleckte Eier legen, obgleich die Normal-
färbung des ganzen genus eine gefleckte ist. Hierher gehören Petro-
cossyphus cyanus et saxatilis, Erythacus tithys et phoenicurus etc. Diese
Vögel nisten ebenfalls versteckt in Löchern oder Höhlen und legen un-
gefleckte Eier. Dieselbe Wirkung, als die schützenden Verstecke schei-
nen die theils tiefen, theils verschlossenen Nester mancher Arten her-
vorzubringen; einen hierher gehörigen Fall habe ich schon bei den
Schwalben, bei Chelidon urbica, erwähnt. Ich füge noch hinzu: Cinclus
aquaticus, Aegithalus pendulinus und die Exoten Opetiorhynchus, Synal-
laxis etc. Diese Arten nisten zwar nicht in Höhlen, bauen jedoch so
grosse, theils nur mit einem Eingangsloche versehene, dunkle, die
Vögel vor äusseren Einflüssen schützende Nester, dass die
Wirkung der Theorie nach dieselbe sein muss als bei den in Löchern
nistenden Vögeln. In der That legen auch diese Arten ungefleckte, rein
weisse Eier. Dasselbe gilt auch von Sylvia cisticola Das sehr tiefe,
eiförmige, zwischen Grasstengeln angebrachte Nest ist wohl vermöge sei-
ner Bauart, so wie des Standorts im hohen Grase, als ein sehr geschütztes
zu betrachten; die Eier sind ungefleckt. Es existiren zwar in den Samm-
lungen ausser den ungefleckten Eiern dieser Gattung auch gefleckte, ich
glaube daher kühn behaupten zu können, dass diese Eier einer bis jetzt
noch nicht bekannten, weniger geschützt bauenden Calamoherpe ange-
hören. Bestätigt sich diess, so würde dieser Fall wieder den Beweis
liefern, in welch’ innigem Zusammenhange die Oologie mit der Ornitho-
logie steht.
Wenn die bisher aufgeführten Beispiele als Beweise für die sub a
ausgesprochene Ansicht gelten sollten, so reihen sich daran als recht
‚schlagende Beweise für das sub b Angeführte die Meisen mit ihren
nächsten verwandten Arten. Diese Vögel legen, trotzdem, dass
sie in Löchern nisten, gefleckte Eier. Doch wer kennt nicht das diese
Arten auszeichnende muntere, unruhige, kecke Temperament! Soll der
sub b aufgeführte Satz seine Richtigkeit haben, so müssen diese
Vögel gefleckte Eier legen.
In meinem Aufsatze über den Kukkuk, Naum. 1 Bd. 2, Heft stellte
ich zuerst die Ansicht auf, dass der Anblick der im Neste liegenden
Eier so auf das im Legen begriffene Kukkuksweibchen einwirke, dass
das Ei Färbung und Zeichnung derselben annehme; in Verbindung damit
stelle ich folgenden Satz auf;
199
Die Gegend, die Lage, kurz die Umgebung des Nestes
haben Einfluss auf die Färbung der Eier.
Beweise dafür liefern die Pieper und Lerchen. Die Eier derselben
sind theils grau, theils grün, -theils olivenfarbig und wie die dazwischen
fallenden verschiedenen Nüangirungen heissen mögen. Diese Arten nisten
auf der Erde in Aecker, Wiesen oder Haidegegenden. Charadrius hirti-
cula, cantianus, minor und die verwandten Arten legen ihre Eier in
kunstlose Nester, wenn die in den Sand gescharrten Vertiefungen, oft
ohne jede Unterlage, Anspruch auf diese Bezeichnung machen können:
die Grundfarbe der Eier ist gelblichgrau, der Farbe des Sandes so täu-
schend ähnlich, dass man beim Suchen des Nestes häufig vorübergeht,
ohne es zu bemerken. Die Trappen legen olivenfarbige, in grau, grün
oder bräunlich spielende, dunkler gefleckte Eier: die Nistplätze sind die
grünen Getreide- und Repsäcker. Man sehe nur auf die Arten, deren
hauptsächliches Vorkommen in den Haidegegenden, in den Steppenlän-
dern Asiens und Afrika’s ist, als Galerida nemorosa et brachydactila,
Cursorius, Hemipodius, Pterocles, Struthio etc. die Eier nicht nur, son-
dern sogar die Vögel zeichnen sich durch ein fahles, gelblichgraues, dem
Aufenthaltsorte entprechendes Aussehen aus. ° Ich glaube in dem ange-
führten Satze auch die Ursache gefunden zu haben, wesshalb Montifrin-
gilla nivalis ein so ganz von den ihm verwandten Arten abweichendes
ungeflecktes, rein weisses Ei legt. Dieser Vogel legt bekanntlich sein
Nest in den Felslöchern und unter den Dächern der in den höchstgele-
genen Theilen der Alpen, in der Schneeregion, befindlichen Häuser an;
ich selbst hörte einen Vogel dieser Gattung Ende Mai auf den Dächern
des Hospizes auf dem St. Bernhard früh Morgens sein munteres Lied-
chen singen, trotzdem, dass die Kälte so arg war, dass der Frost die
Fensterscheiben mit Eisblumen überzogen hatte. Bei diesem Vogel übt
sicherlich die geschützte, versteckte Lage des Nistplatzes ihren Einfluss
auf die ungefleckte Färbung aus: die monotone, blendende, weisse
Umgebung aber bedingt in Verbindung mit ersterer Ursache die rein-
weisse Färbung.
In obigem Satze findet auch die Erscheinung ihre Erklärung, dass
die Eier ein und derselben Gattung, in verschiedenen Gegenden gelegt,
verschiedenfarbig aussehen. Im 2. Quart. der Naum. 1853 pag. 224
macht Herr Graf Rödern auf die verschiedene Färbung der Eier von
Curruca cinerea, je nach dem Standorte, aufmerksam; eine ähnliche
Beobachtung theilt Herr Dr. Gloger in Cabanis’s Journal, Fringilla
200
coelebs *) betreffend mit; es ist längst bekannt, dass Curruca orphea **)
aus Frankreich bezogen anders gefärbt ist, als die ungarischen: diese
Thatsachen müssen einen Grund haben und sie finden ihre Erklärung in
obigem Satze. Die Eier von Otis tetrax aus Süd-Russland bezogen,
sehen durchgehends grünlich aus, während man aus Frankreich, Spanien
und Nord-Afrika zuweilen olivenrothbräunlich gefärbte Exemplare erhält.
Diese Vögel wählen in Süd-Russland die in ungeheurer Ausdehnung da-
selbst befindlichen grasreichen Steppen zu ihren Nistplätzen, während
sie wahrscheinlich in Spanien und Nord- Afrika in dürren, sonnver-
brannten Boden das zur Aufnahme der Eier bestimmte Loch scharren
müssen. }
In Vorhergehendem habe ich hauptsächlich die ungefleckten Eier be-
handelt, ich wende mich nun zu den gefleckten. Die Fragen, welche
sich dem Forscher unwillkürlich aufdrängen, sind die: welches sind die
Bestandtheile der Flecken und wie entstehen dieselben?
Die Flecken sind rein organischer Natur und bestehen
aus Blut, welches sich beim Durchgange durch die Cloake theils rein,
theils mit der den WUeberzug bildenden Flüssigkeit vermischt, an die
Schale anhängt. Alle jene tiefschwarzen, rothbraunen, röthlichen und
gelblichen Flecken in den verschiedensten Schattirungen werden durch
diesen Stoff gebildet und nur die verschiedenen ‚Grade der Concentration
bilden die Farbenabstufungen der. zu oberst auf dem Ueberzuge haf-
tenden Flecken; denn die Farbenunterschiede der tiefer liegenden Flecken,
derjenigen, welche unter dem Ueberzuge liegen oder damit vermischt
sind, werden durch die Färbung des Ueberzugs bedingt.
Jede Art hat nur eine Farbenschattirung der Flecken
und diese ist ein Theil seiner Charakteristik. Nie wird die Farbe der
auf dem Ueberzuge haftenden Flecken ein und derselben Art verschie-
dene Schattirungen zeigen, die blassrothen werden immer blassroth, die
dunkler gefärbten dunkel erscheinen. Ich brauche wohl nicht erst zu
erwähnen, dass hier nur von gesunden, reifen Eiern die Rede sein kann,
-
*) Die Eier von F. coelebs kommen in ihrer oft sehr abweichenden Färbung
und Zeichnung stets neben und untereinander vor. Die Abweichungen sind
also keine lokale oder temporäre. B.
=) Es ist nun. freilich eben noch die Frage, ob heide Eier demselben Vogel, dem
Orpheussänger nämlich angehören, s. Naum. 1853, p. 424, was hiermit keineswegs
bestritten werden soll. Uebrigens entsprechen die beiden typischen Zeichnungen die»
ser Eier auf eine überraschende Weise den beiden Typen derer von F. covelubs.
E, Baldamus,
201
Bekanntlich zeigen jedoch die Flecken verschiedene Färbungen, fast alle
gefleckten Eier zeigen ausser den dunklen, theils hellere, theils fast
ganz verwaschene von derselben Farbe, sowie andere in’s bläuliche, oli-
vengrünliche, grauliche u. s. w. spielende Flecken. Durch diese Erschei-
nung wird das Dasein eines Ueberzugs über die Schale am deutlichsten
und sichersten bewiesen, denn dieser Ueberzug ist es eben, welcher
durch seine Färbung die Veränderung der eigentlichen Farbe der Flecken
bewirkt; durch ihn verwandelt sich die eigentliche Farbe des Bluts in
“ alle möglichen Schattirungen, vom dunkelsten Braun bis in’s hellste Grau,
von dunkel olivengrün bis hell aschblau. Gh
Ich halte dafür, dass hier der Platz ist, einige Worte über die bis
jetzt angewandte Methode, die Eier zu beschreiben, anzuführen. In den
meisten Werken sind die Eier. einfach nach Grösse, Gestalt und Färbung
und nur bei den auffallendsten Schalenbildungen nach deren Construction
beschrieben. Ich habe darzuthun gesucht, wie einflussreich Gegend,
Lage und Ort des Nistplatzes auf die Färbung des Ueberzugs der Eier
ist; ich frage nun, wenn diess der Fall ist und die Färbung des Ueber-
zugs die Farbe der damit vermischten oder darunter liegenden Flecken
bestimmt: ist es dann möglich ein Ei nach einer Beschreibung richtig zu
bestimmen? Beispielsweise nehme man die genera Fringa, Totanus, Sco-
lupex und die zunächst damit verwandten Arten, auf alle passt die Be-
schreibung: birnförmige Gestalt, auf olivengrünem, braunem oder grauem
Grunde dunklere olivenbraune u. s. w. Flecken; Buteo und Milvus, die
Edelfalken, die Sänger, kurz die meisten der artreichen genera sind
entweder gar nicht oder schwer richtig nach Beschreibungen zu be-
stimmen. Es muss dahin gearbeitet werden, die jede einzelne Art unter
allen Verhältnissen charakterisirenden Kennzeichen aufzusuchen. Wie ich
bereits weiter oben bemerkte, ist die Lupe ein unentbehrliches Hilfsmit-
tel, einen Theil der Charakteristik zu finden und festzustellen und kann
ich nicht umhin auf das grosse Werk unseres Prof. Dr. Thienemann hin-
zuweisen, in welchem die damit gefundene Resultate mit aufgeführt sind.
Doch bei vielen Arten reichen die damit gefundenen Resultate nicht aus;
es muss jede Art wenigstens ein sie charakterisirendes Kennzeichen
besitzen: diese aufzufinden und festzustellen ist Aufgabe des Oologen!
Die Beweisführung, dass die Ueberzüge die verschiedenartigen
Fleckenfärbungen hervorbringen, ist sehr leicht. Man nehme z. B. Eier
von Nisus communis; bekanntlich sind dieselben auf grünlich- oder bläu-
lichweissem in älterem, verblichemem Zustande rothbraun und bläulich-
202
graubraun gefleckt. Man schabe einfach mit einem Messer über die ver-
waschenen, blässeren bläulichbraunen Flecken, und durch Hinwegnahme
des Ueberzugs wird die rothbraune Färbung der auf dem Ueberzuge
haftenden Flecken zum Vorschein kommen. Diese Methode versuche
man mit jedem Eie, welches verschiedene Fleckenfärbungen zeigt und
jederzeit wird durch das Fortschaffen des Ueberzugs die eigentliche
Färbung der Flecken zum Vorschein kommen.
Aus diesen Thatsachen schliesse ich, dass der Ueberzug und die
Flecken gleichzeitig während des Aufenthalts des Eies in der Cloake
gebildet werden, dass durch das Fortschieben des Eies die zu unterst
liegenden Flecken von dem sich gleichzeitig bildenden Ueberzuge wie-
_ der verdeckt werden und je nach seiner Dichtigkeit mehr oder weniger
heller oder dunkler oder verwaschen durchscheinen und nach Maassgabe
der Färbung des Ueberzugs anders gefärbt erscheinen. Recht deutlich
tritt der Einfluss der Färbung des Ueberzugs auf die Fleckenfärbung bei
den rothen Varietäten der Sänger und Würger hervor; sind die Exem-
plare grau oder bräunlich, so werden die Flecken die dunklere Schatti-
rung dieser Farben zeigen, während bei den rothen Varietäten auch die
Flecken diese Färbung zeigen, denn bei diesen Arten sind auch die zu
oberst liegenden Flecken vom Ueberzuge überdeckt.
Schliesslich spreche ich die Hoffnung aus, dass die in vorliegender
Arbeit ausgesprochenen Theorien Anerkennuug finden und die Oologie
immer mehr als Wissenschaft betrieben werden möge.
Rüge.
Wie wenig, hinsichtlich _wissenschaftlicher Entdeckungen, es
frommt, unbekümmert und ohne alle Rücksicht auf seine Vorgänger und
ihre schon viel früher bekannt gemachten Erfahrungen, jetzt noch, ganz
dasselbe nämlich, für neu ausgeben zu wollen, was schon vor
einem halben Jahrhundert aller Welt durch den Druck veröffentlicht
worden, beweist neuerdings unter andern das Wiederholen einiger in-
teressanten Momente aus der Fortpflanzungsgeschichte unserer Stagni-
cola chloropus. Es muss eine wahrhaft tiefe Kränkung für den sein,
dessen Mühe und Fleiss man damit so ignorirt, als hätten sie gar nicht
existirt, wie geschehen durch das in Cabanis Journ. f. Ornithol.
203
Jahrg. I. Heft 6. S. 451. und Jahrg. II. Heft 2. S. 190 Mitgetheilte.
— Ganz dasselbe ist aber von Naumann dem Vater bereits vollstän-
diger als vor ihm von irgend Jemand, gerade bei diesen Vögeln ge-
schehen, seinen Lieblingen, die er täglich, ja fast stündlich, auf dem
Teiche vor seinem Fenster vor Augen hatte, mit Liebe hegte, in allen
Situationen ihres Lebens beobachtete, und diess in naturgetreuer schlich-
ter Weise bereits im Jahr 1800 in seiner Naturgesch. der Land-
und Wasservögel etc. II. S. 139—143 beschrieb, — das ebenso,
aber noch ausführlicher, ja erschöpfend, von Naumann dem Sohn
geschehen, im Jahr 1838 in seinem grossen Werke: Naturgesch. d.
Vög. Deutschlands IX.-S. 609 — 617. Es hat schon damals, nach
alljährlichen Wiederholungen festgestellt werden können, dass St. chlo-
ropus unter günstigen Umständen stets in jedem Sommer zwei
Bruten mache und die halberwachsenen Jungen der ersten Brut die
der zweiten faktisch erziehen helfen; auch ist dort genügend aus-
einander gesetzt, welches Missgeschick ausnahmsweise ein zweites
Brüten in demselben Sommer bisweilen verhindern kann. Refe-
rent hat diese auch ihm sehr liebe Vögel bis heute nicht aus den
Augen gelassen und kann nur bestätigen Alles was in jenen beiden
Werken über sie gesagt worden. Aber für eine neue Entdeckung,
wie es in jenem Journal genommen, kann Referent die Sache nicht
halten, und es will ihm — wenn auch böse Absicht davon ausgeschlos-
sen geblieben — bedünken, dass den Schreiber jener beiden Aufsätze
mindestens eine nicht zu entschuldigende Eilfertigkeit zum Bekanntma-
chen seiner sogenannten oder bloss ihm neuen Entdeckung verleitet
haben dürfte, dass er aber seine Mühe füglich hätte sparen können,
wenn er den Gegenstand zuvor in jenen beiden Werken nachgeschlagen
haben würde.
Ein Freund des alten Naumann.
Notizen
Wir haben jetzt (15. Januar 1854) in Schweden, namentlich in
Schonen, einen strengen Winter, so dass ich manchen hochnordischen
Vogel zu acquiriren hoffe. In den Lappmarken dagegen ist das Wet-
204
ter ungewöhnlich mild, so dass mehrere Vogelarten, welche dort sonst
nicht Standvögel sind, — wenigstens nicht jährlich — noch jetzt sich
dort aufhalten.
Wallengren.
Zu dem Verzeichnisse der Vögel Oldenburgs sind zwei
neue Arten nachzutragen, welche uns der verflossene Winter gebracht
hat. Es wurde nämlich Procellaria glacialis vier Meilen von der See
todt aufgefunden und Alauda alpestris unter andern Lerchen (A. arven-
sis) lebendig gefangen; beide Vögel wurden dem Grossherzogl. Museum
überliefert.
Auf der Rückreise nach dem Norden zeigten sich in diesem Früh-
jahr auffallend wenig Vögel, und auch die hier brütenden sind nur
schwach vertreten. Jedoch sind die Nachtigallen in ziemlicher Menge
zu uns zurückgekehrt, d. h. luscinia; (philomela kommt bei uns nicht vor).
Drei Stunden von Oldenburg im Sumpflande bei Holle hat ein Jäger
ein Paar Anser torquatus beobachtet. Vielleicht haben diese bei uns
sonst so seltenen Gänse dort gebrütet oder brüten wollen.
©. W. von Negelein.
Bis jetzt habe ich (Ueckermünde, 24. Mai 1854) hier herum die
Horste und Nester folgender Vögel aufgefunden: Corvus corax, Strix
'bubo et aluco, Aquila albicilla, Falco peregrinus, buteo, milvus, palum-
barius, Picus martius, Alcedo ispida, Ciconia nigra, Aquila naevia, Pan-
dion haliaötos, Falco ater, Turdus merula et viscivorus, Totanus ochro-
pus, Circaöt. brachydact., Alauda cristata, Picus medius, Falco nisus,
Muscicapa luctuosa u. s. w. Das Beste von dem Allem ist unstreitig das
Ei vom Natternadler! Ich habe die besten Aussichten noch ein Ei dieses
Adlers zu erhalten, da das Paar grosse Anstalten gemacht hat, um noch-
mals zu legen, was ein schon der Eier beraubtes Paar von F. peregri-
nus und Pand. haliaöt. auch bereits gethan hat.
Th. MKrüper.
Auch in unseren Auenwäldern sind in diesem Jahre die hier
gewöhnlichen Vögel an Individuen merklich weniger zahlreich,
als sonst, besonders die nahe und an der Erde nistenden, eine
Thatsache, die ihre genügende Erklärung in der Verwüstung der vor-
jährigen Brut dieser Vögel durch das Hochwasser findet. Auffallend aber
205
ist nach der vorjährigen ausserordentlichen Häufigkeit der Mangel an
Muscicapa atricapilla, nicht nur in hiesigen Revieren, sondern, wie es
scheint, auch anderwärts. Dass die Brücher unserer Gegend nicht
so zahlreich besetzt waren, dass selbst manche'regelmässige Be-
wohner, z. B. Tot. g/areola und ochropus gänzlich fehlten (als
Brutvögel nämlich), liess sich bei dem trockenen Frühjahre kaum anders
erwarten. Sehr häufig waren indess an den Ufern der Saale und
Elbe Cyanecüla suecica und Sal. palustris, (dieser prächtige und un-
ermüdliche Sänger, der nach meinem Geschmacke die Hypolais vulgaris
übertrifft, sowohl in der Klangfarbe seiner Stimme — halb Flöten- und
halb Oboen-Ton — als in der reichern Modulation der Töne und Strophen).
Auch Sylvia atricapilla und nisoria waren zahlreich vertreten. Anthus
campestris hatte sich vielfach auf fettem, bebautem Boden ange-
siedelt, selbst in Gegenden, wo ich ihn früher nie bemerkt habe.
Herr Lieutenant Kaplick führte mich Anfang April d. J. zu einem
Horsie von Astur palumbarius, (im schönen Lödderitzer Reviere). Es
schoss Jemand das abstreichende — wahrscheinlich zweijährige — Weib-
chen und liess die Eier wegnehmen. Ungefähr 4 Wochen später kam
ich mit genanntem Herrn wieder an diesem Horste vorbei, und nach
langem Klopfen strich ein anderes Weibchen vom Horste, in welchem
sich 3 Eier befanden.
Ein Paar P. caudatus hatte sein schönes Nest in diesem Frühjahre
zwischen 2 nahe beisammenstehenden armdicken Bäumen so angelegt,
dass es nur mit den Seitenwänden an den beiden Bäumen befestigt war.
Es war fertig gebaut, als ich es in Gegenwart des Herrn Prof. Nau-
mann, dicht hinter meinem Garten fand. Das Nest wurde verlassen.
Nach 3 Wochen fand ich einige und fünfzig Schritte davon das Nest des-
selben Paares ganz auf dieselbe Weise und in derselben Höhe zwischen
zwei eben solchen Bäumen angelegt. Ich nahm es weg, und wollte das
andere dazu nehmen, verreiste aber am folgenden Tage. Nach acht
. Tagen zurückgekehrt, wollte ich Herrn Pfarrvikar Altum dies Nest zeigen;
wir waren aber nicht wenig verwundert, dasselbe vollständig zerzaust
zu sehen, und zwar von den Schwanzmeisen selbst, welche das Nest-
material eifrigst zu-einem neuen Nestbaue verwendeten, der diessmal
hoch auf einem Baume, doch aber wieder ähnlicher Weise zwischen
zwei Aesten vorgenommen und vollendet wurde. Ueberhaupt waren die
vielen von mir aufgefundenen Nester der Schwanzmeise alle sehr nie-
drig gestellt, in Zäunen, dickem Schwarzdorngebüsch u. s. w., wenig-
206
stens die zuerst angelegten (vom 11. März bis Mitte April). Offenbar
waren die häufigen Stürme jener Zeit den langgeschwänzten Thierchen
sehr unbequem; sie hielten sich und baueten wohl besonders desshalb
ihre Nester so niedrig. Die später angelegten waren fast ohne Aus-
nahme höher und viel höher auf Bäumen angelegt.
Ich war im vorigen Jahre nicht wenig betrübt, dass mein alter
Gast, Musc. atricapilla, mich verlassen hatte, (s. Naumannia 1853.
p. 338). Um so mehr erfreute mich-sein (ziemlich spätes) Eintreffen
am 23. April d. J. Erstaunt aber war ich, Männchen und Weibchen
ohne Weiteres das Nistkästchen desselben Baumes, das sie früher inne
hatten, beziehen, und eine Sylv. phoenicurus vertreiben zu sehen. Auch
war das Weibchen so zutraulich und that so bekannt, dass ich fast
glauben möchte, es sei das frühere, alte Weibchen gewesen. . Ich
konnte, wie früher, das Kästchen vom Baume nehmen, ohne dass das
Weibchen herausflog, und die Herrn von Münchhausen und von Kemnitz
haben das Kästchen in der Hand gehabt, den Deckel abgenommen und
das liebe Thierchen betrachtet, ohne dass es nur Miene machte, von
den Eiern zu gehen. Zu bemerken ist noch, dass diess Kästchen ein
neues, aber auf derselben Stelle aufgehangen war.
Wäre meine Vermuthung richtig, so würde daraus folgen, dass die
Gatten zuweilen auseinander kommen, etwa auf dem Zuge verschlagen
werden, sich anderweitig paaren, und später mit einander zusammen-
treffend, den frühern Bund von Neuem schliessen. Merkwürdig und
sonst unerklärlich bleibt allerdings das Gebahren des vorjährigen Weib-
chens in Vergleich zu dem Benehmen des frühern und des jetzigen.
Ich kann den Freunden der Ornithologie nicht angelegentlich genug
die Nistkästchen empfehlen!
Ich hatte kürzlich die grosse Freude, eine Calamoherpe pinetorum
in meinem Garten einmal wieder nisten zu sehen. Leider ist das Nest,
bevor noch das Weibchen ausgelegt hatte, wieder zu Grunde gegangen,
und mir nicht ein einziges Ei zu Theil geworden. Das Ei, welches ich
im Neste liegen sah, hatte so ganz die charakteristische Färbung derer
der C. pinetorum, dass es nicht zu verkennen war.
H. Zander.
207
Bei einem Besuche, den ich in diesem Frühjahre Herrn Oberförster
von Meyerinck und seinem berühmten Reviere *) in Begleitung des
Herrn Pfarrvikars B. Altum abstattete, übergab mir der als ausgezeich-
neter Jäger und tüchtiger Ornitholog bekannte Forstmann seine Schiess-
listen, welche vom Jahre 1839—1847 reichen. Sie sind interessant ge-
nug, um in weitern Kreisen bekannt zu werden. Herr von Meyerinck
schoss innerhalb genannter Zeit:
40 Rothhirsche (29 jagdbare)
41 Rothspiesser
20 alte Roththiere
23 Schmalthiere
81 Schaufler
52 Damspiesser
74 alte Damthiere
12 Schmalthiere
144 Rehböcke
21 alte Rehe
1 Schmalreh
45 Sauen
6091 Hasen
104 Kaninchen
79 Füchse
2 Dachse
2 Marder
2 Iltisse
111 Fasanen
2535 Rebhühner
39 Wachteln
301 Waldschnepfen
350 Bekassinen
.
*) Die durch den reichen Wildstand und die Königl. Jagden berühmte Setz-
linger Haide in der Altmark: ein auch in ornithologischer Hinsicht durch eine
charakteristische Vertheilung und durch einen sehr reich besetzten und malerischen
Reiherstand interessantes Revier. Wir werden Näheres hierüber sammt einer
Abbildung des Reiherstandes, von Freund Altum und mir nach der Natur gezeichnet,
in einem der nächsten Hefte geben, sprechen aber schon hier Herrn von Meyerinck
unsern Dank für die gastfreundliche Aufnahme und die zuvorkommende Förderung
unserer wissenschaftlichen Untersuchungen aus.
208
2 Gänse
722 Enten
47 Raubvögel, darunter
4 Adler
28 Fischreiher
113 Kormorane
7 Trappen
68 grosse Strandläufer.
Hoffentlich können wir im nächsten Hefte die Schusslisten des ver-
storbenen Försters Naumann geben.
x. Baldamus.
Bekanntmachungen.
Für die Bibliothek der Deutschen Ornithologen-Gesell-
schaft (Naumann’s-Stiftung) sind eingesandt:
Durch Herrn E. A. Zuchold in Leipzig:
1) Observations on some Species of the Genera Tetrac and Ortyx,
natives of North America. By Mr. David Douglas, F.L. S. 1828.
2) Description of a Species of Tringa, new to England and Europe.
By William Yarrell, Esq. F..L. S. 1828.
3) Description of some new Species of Birds chiefly to the rare Ge-
nera Phytotoma, Indicator and Cursorius. By Mr. Benj.
Leadbeater. F. L. S. 1825.
Der Sekretär d. D. 0. €@.:
E. Baldamus.
Notes sur les Larides
par
Charles-Lucien Prince Bonaparte.
Monsieur le notaire Bruch *) vient enfin de passer l’acte qu’on
"attendait depuis longtemps, et dont nous avions revu ensemble les minu-
tes, avec ses clients de vieille date, les Cariens. Ce Memoire, en lui
restituant son veritable nom, publie dans le second numero du Journal
d’Ornithologie de Mr. Cabanis, est tel qu’on l'attendait de la capacite de
*) Endlich hat Herr Notar Dr. Bruch seine lange erwartete Arbeit über die
Lariden veröffentlicht, die ihn so lange Jahre beschäftigte und die wir gleichsam
unter unsern Augen allmählig entstehen sahen. Diese Arbeit, welche im 2ien Hefte
von Cabanis Journal für Ornithologie enthalten ist, entspricht völlig den Erwartun-
gen, zu denen uns die wissenschaftliche Weise des eifrigen Directors der Mainzer
Sammlungen berechtigte. Die Wichtigkeit dieser jahrelang gereiften Arbeit veran-
lasst mich, hier einige Berichtigungen und Vervollständigungen derselben mitzuthei-
len, die mir von Interesse zu sein scheinen.
Es wäre ein Glück für die Wissenschaft, wenn Hr. Bruch, trotz seines leider
leidenden Zustandes, sich entschliessen könnte, auch die Sterninen zu sichten, die
noch viel mehr zu wünschen übrig lassen, als die Larinen. Die Liebe zur Wissen-
schaft, die uns so vielen Kummer, so viele herbe Täuschungen und so viele Leiden
der schlimmsten Art, die moralischen Schmerzen, überwinden lässt, dürfte noch viel
mehr Gewalt über den physischen Schmerz haben.
Durch diese kritische Uebersicht der Sterninen, welche die Wissenschaft von
Hrn. Bruch erwartet, wäre endlich die ganze Familie der Lariden in Ordnung ge-
bracht. In der That hat Hr. B. jetzt schon einige Species behandelt, die nach un-
serer Ansicht die Subfamilie der Lestrigier bilden, die so zu sagen nur ein An-
hang der Larinen ist. In demselben Verhältniss stehen die Rhinchopinen zu
den Sterninen, nur dass sie denselben nicht voranstehen, sondern nachfolgen.
Es tritt jeden Tag mehr hervor, dass wenn man möglichst genau dem Gange
der Natur folgen und denselben darstellen will, man die organisirten Wesen in pa-
rallelen Reihen aufstellen muss. Die erste der Reihen unter den Lariden,
die der wahren Larinen, theilt sich in zwei Unterreihen: Lareae und Xemeae.
Naumannia. 1854. 14
210
ce zele Directeur du Musee de Mayence. L’importance que l’on doit
attacher A l’&minent travail qui fut l’occupation principale pendant nom-
bre d’annees de son auteur, me determine & relever les quelques er-
reurs et omissions que jai pu y reconnaitre.
Il serait heureux que Mr. Bruch, malgre l’etat fächeux d'infirmite
dans lequel il se trouve, se decidat & mettre e&galement en ordre les
Sterniens, qui laissent encore plus & desirer que les £ariens. L’amour
de la science qui fait surmonter toutes les deceptions, tous les m&com-
doit A plus forte raison. faire oublier les douleurs physiques.
La famille entiere des £arides serait ainsi passe en revue, au moyen
de cet arrangement des Sferniens que la science reclame de Mr. Bruch.
I a deja en effet trait des quelques esp&ces formant & notre avis la
Sous-famille des Lestrigiens, qui n’est pour ainsi dire qu’un appendice
des £ariens. Celle des Ahincopiens est dans des conditions semblables.
par rapport aux Sterniens sauf quelle suit au lieu de preceder.
Il est facile de se convaincre tous les jours davantage que c'est
par ‚Series paralleles qu'il convient le mieux de disposer les &tres orga-
nises afın de suivre et de representer les plus fidlement possible les
lois de la Nature. La premiere des Series que nous venons d’indiquer
parmi les £arides, celle des vrais
ter rtens
se subdivise elle-möme en deux: Lareae et KZemene.
Familia Laridae.
Subfamilia Lestriginae.
1. Cimoliornis, Owen Fossil. 1.
diomedeus- A
2. Catarracta, Bp. ex Brünn. Antarct. 1.
antarctica.
3. Stercorarius, Bp. ex Br. Arct. 1.
skua.
4. Coprotheres, Reich. ex Ray, (Stercorarius, Bruch, p.) Arct. 1.
pomarinus.
5. Lestris, Ill. (Stercorarius, Bruch, p.) Art. 2.
longicaudatus.
‚Subfamilia Latrinae.
a. Lareae. b. Xemeae.
6. Procellarus, Bp- (Epitelarus) 0c. 1.
7. Leucophaeus, Bp. Am. m. 1. 17. Adelarus, Bp. Afr. Am. m. 4.
. Blasipus, Bp.
. Gabianus, Bp-
211
Pacif. As. Am. 3.
Austr. 2.
10. Larus, L. (Dominicanus, Bruch.).
Cosm. 9.
11. Laroides, Brehm, (Plancus! Reich.
ex Klein. — Glaucus, Bruch.)
FE Cosm, 10.
12. Gavina, Bp. (Glaucus, p. Bruch)
Cosm. 6.
13. Gelastes, Bp. (Gavia, Bruch, nec
Br. nec Boie) Cosm. 7,
14. Pagophila, Kp. (Gavia, Boie, nec
2.
4
>
15. Rissa, Brünn.
16. Rhodostelhia, Macgill,
Br. - Cetosparactes, Maegill.)
Groeul. 2.
Arct. 1,
Hemisph. bor. 3.
Am. 3.
Med. M. rubr. 1
18. Atricilla, Bp-
19. Ichthyaötus, Kp.
20. Gavia, Bp. ex Br. Cosm. 8.
21. Chrvicocephalus, Eyton. Eur. As. 1.
22. Creagrus, Bp. Am. s.:occ. 1.
23. Xema, Leach. M. arct. 1.
Subfamilia 229. Larinae.
A. Lareae.
Procellarus, Bp. (Epitelarus)
1. neglectus, Bp. » . -»
Leucophaeus, Bp.
2. haematorhynchus, King... .
3. Heermamni, Cassin. . » » .
Blasipus, Bp.
4. crassirostris, Vieill. *)
5. Bridgesii, Fraser. .
Gabianus, Bp.
6. pacificus, Lath. (major)
- 7. bathyrhynchus, Maegill. (minor) .
Larus, L.
‚8 marinüus, L ....
9. pelagicus, Anglor.
10. vetula, Mus. Paris.
11. dominicanus, Licht. .
12: Buscus, Li"...
13. fuscescens, Licht.
* 14. Verreauxii, Bp. .
15. antipodum, Gr.
16. cachinnans, Pall.
6. Laroides, Brehm.
17. glaucus, Brünn. Bh,
18. glaucopterus, Kittl. ae
19. leucopterus, Faber.
*) So im Mspte. Bruch (l. c. p. 107.) eitirt „Vigors*
tigkeit des einen oder andern Citates nicht entscheiden.
ex M. antarct., Am. m
. ex Chili, Peru, Ins. Falkid.
ex Pacific, Am. s. occ. Californ.
ex
. eX
Japonia.
Am. m.
Austr.
Austr.
ex
ex
Atl. occ., Medit., Caspico.
M. Ind., Paeif.
Afr. m.
. ex Am. m., Brasil.
'ex Atl., Medit.
M. rubro.
Am. calid.
Zeeland.
Afr. s. or, M. Casp.
boreal. Eur. et Am.
Kamtschatka.
arct. reg.
dazu.
Der Herausgeber.
14*
Ich kann über die Rich-
212
20. glaucescens, Licht. . eX AM. Ss. 0cc.
21. glacialis, Benicken . « ex- Groenland.
22. argentatus, Brünn. ex Atlant., Medit., M. nigro.
23. argentatoides, Richardson ex Am. S.
24. leucophaeus, Licht. ö - ex M. rubro et Adriat.
25. borealis, Brandt. . ex AS. Ss.
26. oceidentalis, Audub. ex Californ.
2. Gavina, Bp.
27. canus, L.
28. lacrymosus, Licht.
* 29. kamtchatchensis, Bp.
30. zonorhynchus, Richards.
* 831. ;Bruchi, Bp: W.%°
32. Audouini, Parteandasn
8. Gelastes, Bp.
33. Lambruschinii, Bp.
34. Hartlaubi, Bruch. . . .
* 35.
36.
37.
Gouldi, Bp.
Jamesoni, Wils. et 5.
38. Andersoni, Bruch. ;
39. Pomarre, Bruch.
9. Rissa, Brünn.
40. tridactyla, L. . i
ALSTER N .00,0:,%
42. Kotzebuii, Bp.
10. Pagophila, Kp.
43. eburnea, L.
44. brachytarsa, Hollb.
211. Rhodostethia, Mac Gillivr.
45. Tosea, Jard. Dee
corallinus, Bp. (maculipennis?)
. ...ex Eur., As. occ., Afr. z.
| ex M. ind., rubro.
. » ex As, bor. or.
ex Am. s. or.
Ad EX AMD: 8.066:
ey LOX-Medit.
. ex M. Medit., rubro.
ex Afr. m. et or.
ex Am. m.
2. BOX SAUStR 8,
. .eX Austr. m.
ex N. Zeelandia.
« « . eX Micronesia Otheiti.
ex Hemisph. bor. _ '
. ex borealib. As. or. Am. occ.
. ex Am. s. occ., Californ.
..» ex Groenland.
. . ex Groenl. s.
> Am. bor.
B. Xemeae.
12. Adelarus, Bp.
46. leucophthalmus, Licht.
47. Hemprichi, Bp.
a. Africani, typiei.
ex M. rubro.
ex M. rubro.
b. ER aberrantes.
48. fuliginosus, Gould
49. Belcheri, Vig.
13. Ichthyattus, Kp.
50. Pallasii, Kp. - .
14. Atricilla, Bp.
51. Catesbaei, Bp.
* 52. minor, Bp.
53. macroptera, Bp.
215. Gavia, Br.
54. serranus, Tschudi. . .
a. Melayavia, Bp-
0... eX Am. m., Chili.
. eX Am. M. 0cc.
ex M, rubro.
‚or ...eX Am. :$S. 066.
ex Antillis.
. ‚ex Am. m.
. ex Am. m.
213
ee
55. melanocephalus, Natterer. 2.» ex Medit. et Adriat.
56. cueullatus, Licht. . » » . 2... ex Am. calid.
57. pipixcan, Wagl. . . ... 2»... eX Mexico.
58. melanorhynchus, Tremm. . » . . ex Am. m.
50: Kittlitzi, Bruck u 9 2a 0X AuR
60. Franklini, Riehards. ... . . .. ex borealib. Am. s.
61. Bonapartii, Richards. . .». ». . . ex Am. S.
62. subulirostris, BP » ,» » 2... ex Am. Ss.
b. Gavia, Bp.
63. glaucotis, Meyer. . » » 2... 0...ex Chili, Ins. Falkd.
64. maculipennis, Licht. et u 88,,Brazil.
65. ridibundus, L.L . -» . ..» 2...» ex Eur. m. et Ined. As. occ. As. S.
66. capistratus, Tlemm. .». . » » .... ex M. medit., rubro.
67. poiocephalus %, Sw. . » 22.2. ex Afr. cc.
68. brunnicephalus, Jard.. . . =». ex India m. occ.
ec. Cirrhocephala, Bp.
69. eirrhocephalus, Vieill. (major) . . ex Am. m. or.
70. poliocephalus, Wied. (minor) ....eX Am. ım.
16. Chroicocephalus, Eyton.
71: minutus,: Pal: .. 5.004 Wie EX (EUF SOFAS: S-
17. Creagrus, Bp.
72. füurcatüs, NebouxX. . . ».. ... 8X Anl. S. 0€c.
28 Zemma,lLeach. : . . 292. 00.2. eX MM. arclico.
La principale addition que nous ayons ä faire au Memoire de Mr.
Bruch est certes notre Procellarus neglectus, singulier genre dont on
ne connait encore que le jeune, obscur&ment conserve depuis 1831 dans
le Musde de Paris oü le porta Mr. d’Orbigny de je ne sais quelle loca-
litE des mers du sud. Ce Larien montre une forte tendance vers les
Lestrigiens, sans pouvoir &tre pris pour l’un d’eux. Si contre toutes
les rögles de la Nomenclature nous donnons un double nom ä& ce sin-
gulier genre, c’est pour moins mecontenter les puristes qui pourront,
substituer le second Epitelarus ä celui que nous preferons; et eviter A
Monsieur Cabanis d’en donner un de sa facon A un oiseau trop long-
temps neglige dans nos Galeries Nationales. Voici ses caracteres gen6-
riques, et. spöcifiques. |
Rostrum brevissimum compresssum: digitorum membrana valde
emarginata: alae caudum brevem vix. excedentes.
‘
*) Da, wie Cabanis wohl mit Recht bemerkt, der Name poiocephalus ein corrumpirter zu
sein scheint, und ausserden Prinz Max von Wied den richttg gebildeten, poliocephaius, vergeben
hat, so dürfte für die Swainson’sche Art — ihre Bewährung vorausgesetzt, Dr. Bruch zieht sie
mit seiner Gavia Hartlaubii zusammen, 1. .c. p. 102.— ein andererer Name zu wählen sein.
Der Herausgeber.
214
u
Statura L. cani: fuscus, capite subrufescente; subtus albido-fusces-
cens: remigum apicibus speculum constituentibus, uropygio tectrieibusque
caudalibus, albis: cauda alba, fascia lata subapicali fusca: rostro flavo
apice fusco. An adultus ?
Passons ä la revue du Memoire de Mr. Bruch, et occupons nous
d’abord des genres. Nous qui croyons devoir conserver le nom Linneen
de Larus a un des groupes les plus restreints, nous nommons ainsi le
genre Dominicanus de Bruch, et adaptons le nom Laroides de Brehm
au Glaucus de Bruch. Outre que ce nom generique est preoccupe
parmi les animaux invertebres, le nom Plancus emprunte de Klein par
Reichenbach, auroit lui-m&me la priorite sur celui de notre auteur. Nous
le concevons d’ailleurs dans des limites moins etendues que lui, et nous
nommons Gavina, Bp. les dernieres especes que nous en detachons.
Le quatrieme genre de Bruch est appel& par nous depuis longtemps
Gelastes; ce Gavia de Bruch n’est d’ailleurs ni celui de Boie, qui est
le genre Pagophila, Kaup (Cetosparactes, MacGill.) ni celui de Swain-
son qui apparlient aux Noddis, ni celui de Brisson auquel le nom doit
etre conserve.
Le sixieme genre de Bruch est coupe par moi en deux: chacune
de ses especes formant le iype d’un genre separe, Xema restant ä
Sabini, Leach, pour laquelle il fut cree, et fuscatus, Neboux (non
Lesson) etant celui de Creagrus, Bp.
Le septieme genre auquel Mr. Bruch etend le nom de Chroicoce-
phalus, Eyton, comprend mes genres:
1. Ichthyaötus, Kaup, pour la seule espce” ainsi nommee par
Pallas;
2. Atricilla, Bp. pour trois especes, dont une non admise par Mr.
Bruch, et lautre confondue & tort par lui avec le L. Serrannus de
Tschudi, qui est son personatus, Nattereri;
3. Gavia, Brisson, pour la grande masse des especes, ayant pour
type le Z. ridibundus, et finalement
4. Chroicocephalus pour la petite espece a bec mince, L. minutus
qu’il vaut mieux laisser seule, sans m&me lui adjoindre ses plus proches
allies, le L. bonapartii, et le subulirostris.
Monsieur Bruch n’a pas tout-A-fait bien compris ses trois derniers
genres 10, 11, 12, Adelarus, Blasipus et Leucophaeus, qu'il a pris de
moi, ayant r&parti les especes autrement que je n’en avais l'intention,
et que je n’en comprends les affinites.
215
Mais hätons nous d’arriver & la partie la plus essentielle, et la mieux
traitee par notre auteur, & la critique des especes. Dans son premier
genre Gabianus, Bp. notre auteur n’en admet qu’une, qu’il nomme pa-
eifieus, Lath., en lui donnnant pour synonymes, leucomelas, Vieill., et
georgü, Vig., auxquels on peut ajouter comme quatri&me dathyrhynchus,
MacGill. Ces synonymes cependant doivent &tre, suivant moi, repartis
entre deux espeses, qui se distinguent fort bien par la taille.
Les especes du second genre, mon Larus propre, sont bien nom-
mees et determindes par notre auteur. Je n’ai autre chose ä faire re-
marquer si non que voulant conserver le nom specifique de dominicanus
a une de ses especes (ce que ne pouvait faire Mr. Bruch, qui l’emploie
pour le genre, et le cite d’ailleurs sous trois esp&ces) je l’applique ex-
clusivement au D. vociferus, Bruch, parce que je crois que c’est & cette
race du Bresil, que l’a donne Lichtenstein, pour la premiere fois.
J’ai aussi & ajouter une espece nouvelle qu’on pourrait designer,
comme le Larus fuscus du Chili, et que je nommerai Larus Verreauzi,
Bp. ex Chili. . Minor L. fusco eui similis: alis longissimis, remigibus
niyris subunicoloribus, macula singula alba subapicali: rostro valde
robustiore, flavissimo.
On sait que le seul. Montague a donne au fuscus, L. (flavipes
Meyer, le nom d’argentatus, generalement applique ä des espöces plus
grandes de Larus et de Laroides.
Le troisieme genre de Bruch, qui finit pour moi apres sa vingtieme
espece, est tres-bien mis en ordre par notre auteur. Il nomme consul
d’apres Boie sa premiere espece, ne pouvant se servir comme nous, du
nom specifique glaucus, qu'il emploie pour le genre. Il ne faut pas
confondre le Zeucopterus, Faber (qui est le glaucoödes, Temm.) avec
celui de Vieillot; comme aussi faryentatoides, Richards. (nonne potius
Bonaparte?) propre & l’Amerique du Nord, avec les pretendus argenta-
toides d’Europe qui.encombrent les collections. Les nuances assez diffi-
ciles a saisir entre les esp&ces dont nous venons de parler et surtout
entre elles, et le glaucopterus Kittitz, et glaucesceus, Licht., et le gla-
eialis, Benicken sont admirablement etablis par notre auteur. Par contre
je ne pense pas que sa dixseptitme espece michahellesü, Bruch, differe
de sa huitieme Zeucophaeus, Licht. C’est des quatre dernieres especes
du troisieme genre de Bruch, que je forme mon genre Gavina. Ajoutons
y deux especes nouvelles, 1) Gavina kamtschatchensis, Bp., qui est
la race kamtschadale du Larus canus, L., comme le Zaerymosus, Licht.,
216
en est la race africaine, et le zonorhynchus, Richards, la race nord-
americaine. 2) Gavina bruchi, Bp., race mexicaine, & bec remarquable-
ment court, de ce m&me L. canus.
Le quatrieme genre de Bruch pour lequel je ne congois pas qu'il
puisse avoir prefere le nom de Gavia A celui que j’ai propose @elastes,
a pour type cetie belle espece de la Mediterrande pour laquelle il adopte
le nom speecifique de gelastes, Licht. passant sous silence ses nombreux
synonymes. Le seul qui puisse disputer la priorit€ au nom de Lam-
bruschinii sous lequel je Yai figure dans ma Faune Italienne, apres avoir
cart comme generique celui de Gelastes est le nom encore douteux
de rubriventris Vieillet, que je fais ici revivre pour la premiere fois.
Ajoutez encore aux synonymes celui de melanotis Reich. qu’il ne faut
pas confondre avec L. »igrotis de Lesson, qui est un jeune Chhroicoceph.
minutus.
Je suis pr&i a adopter comme Gelastes hartlaubi la nouvelle espece
du Cap de Bonne Esperance, tout en doutant qu’elle s’etende jusqu’ä la
cöte indienne. Mais je l’adopte pr&cisement parce que je ne crois pas
quelle ait rien a demeler avec Larus poiocephalus, Sw. qui est un
Chroicocephalus de Bruch, representant sur les cötes d’Afrique, notre
ridibundus d’Europe. :
Ajoutez ici une nouvelle espece du Museum de Paris, que j’ai
nommee Gelastes corallinus ä cause de son bec encore plus e&clatant
que dans les plus beaux de ses congeneres. Elle nous mene directe-
ment au jamesoni du professeur Wilson d’Edimbourgh, qu’il ne faut pas
confondre avec le celebre- ornithologiste americain, lui aussi &cossais,
ni avec les membres d’une autre famille Wilson qui patronnent si large-
ment dans ce moment la science ä Philadelphie.. Qui ne connait le
Lurus jamesoni de la Nouvelle Holland, qui est celui de Wilson, de moi,
et de tutti quanti? C'est bien legerement et d’apres des doutes emis
verbalement, sur des especes voisines que Mr. Bruch m’accuse de vouloir
chonger le nom de ce Laride, et de transporter le sien A son ander-
soni. C'est evidemment & ce dernier plutot qu’ä sa pomare, que se
rapporte une espece que j’avais considerde comme nouvelle, et ä laquelle
jJavais voulu appliquer le nom d’un ami commun, aussi savaut que la-
borieux et modeste, et dont il ne peut plus @tre question das cette
occasion.
Quant a mon Gelastes gouldi d’ailleurs inedit, au lieu d’ötre plus
petit que le jamesoni, comme le suppose gratuitement Mr. Bruch, il est
217
plus grand, et se trouve sur les cötes septentrionales de la Nouvelle
Hollande, ‚tandis que le jamesoni parait confine aux cötes meridionales
de ce continent. Les excellentes especes de Mr. Bruch, andersoni et
pomare terminent convenablement le beau genre Gelastes.
Je n’ai rien & observer sur le douzieme genre Rissa, Brünnich de
Mr. Bruch, si non que les especes meritent encore d’etre compardes, ne
fusset que pour mieux en etablir la synonymie. Larus niveus, Pallas
par exemple ne serait-il pas le m&me que drachyrhynchus de Gould: et
ä cause de ce nom m&me ne vaudroit-il pas mieux appeler Kotzebui,
comme je Tai fait dans mes manuscrits, la bonne espece des cötes Nord-
ouest de l’Amerique & laquelle on applique le nom plus que douteux de
brevirostris, Brandt. J’ai decouvert ä n’en pouvoir douter que le fa-
meux Pulo-condor de Sparmann, qui & tant intrigu6 les ornithologistes
n’etait qu’un jeune Rissa: mais est-il bien vrai qu'il provienne des cli-
mats chauds de l’Asie? On a vu plus haut ceque je pense des deux
especes du genre Xema, du Chroicocephalus, Eyton, si amplifie par
Mr. Bruch, et: que je restreins au contraire au seul L. minutus de Pal-
las (pygmeus, Bory, nigrotis Less.), de /Ichthyaetus, et des trois
especes de mon Atricilla, de sorte que mes observations ne porteront
que sur les Xemes, que je conserve encore dans mon genre Gavia, Bp.
ex Brisson, si different de celui de Mr. Bruch. Parmi elles se distingue
encore un groupe de Lariens ä t&tes noires (Melagavia, Bp.) dont le
melanocephalus, Natterer, est le representant en Europe, et le vrai
serranus, Tschudi (personatus, Natterer) de !’Amerique meridionale la
plus grande espe&ce. A ce groupe appartiennent le Z. ewcullatus, Licht.
des plus chaudes parties du Nouveau Monde, auquel je ne pense pas
que Mr. Bruch ait raison de reunir le L. pipixcan, Wagl., du Mexique.
Il faut y ajouter encore le Franklini, Richardson, de ’Amerique plus
boreale, le Kitlitzi, Bruch, du Chili, que je ne connais pas, et le L.
melanorhynchus, Temm., que Bruch ne veut pas admettre, et qui peut-
etre ne differe pas d’une des especes dejä Eenumerdes. Consultez la
Planche colorice de Temminck, sans oublier que dans les collections se
trouvent souvent sous ce nom des Larus bonaparti ä bec noir, ou des
L. Franklini, et d’autres especes; et qu’on le fait tantöt venir de ’ Ame-
rique du Nord, tantöt du Chili. Pourquoi ne serait-ce pas le Kitlitzi
dont l’original est conserve dans le Museum de Petersbourg?
Le second groupe, celui des veritables @avia a pour type et re-
presentant en Europe le FKarus ridibundus, L. dont il est impossible
218
d’eloigner sa petite race, Larus capistratus, Temm. aboli par ce pa-
triarche de l’Ornithologie qui vient, sans le vouloir, de le faire revivre
dans son tenuirostris; car cet oiseau n’est pas comme on le croit ge-
neralement mon Gelastes lambruschini, mais bien la Gavia capistrata en
plumage d’hiver.. C'est encore, en cet etat, le Z. „iyrotis de Reichen-
bach; et bien loin d’etre un oiseau septentrional comme l’avait proclame
Temminck (qui naturellement n’a pa retrouver dans le Nord que de
veritables ridibundus) c'est une espece essentiellement meridionale.
Une belle serie dans tous les äges se trouve au Musede de Frankfort.
Notre ridibundus d’Europe est represente aux grandes Indes par
le drunnicephalus de Jardine, que-les puristes appelleront drunneiceps,
et sur le cötes occidentales d’Afrique par le petit Z. poiocephalus, Sw.
que je concevrais plutöt que Mr. Bruch eut reuni ä son proche congenere
capistratus, plutöt qu’au Gelastes hurtlaubi du Cap, si different,
L’Amerique possede aussi quelques espeses de ce groupe, le ylau-
cotis, Meyer (albipennis, Licht.) du Chili, si semblable au ridibundus, et
si absurdement nomme cucullatus dans la plus part des Musces de
!’Angleterre et de l'Irlande ; le maculipennis, Licht. du Bresil, sur lequel
nous appelons encore l’attention des Naturalistes voyageurs, et finalement
l’elegant Larus cirrhocephalus, Vieillot, a capuchon d’un gris si clair
qu’il se distingue a peine du blanc de neige du reste du plumage.
Deux races se font distinguer par la taille dans cet oiseau du Bresil et
du Paraguay: faut-il les considerer comme distinctes, et appliquer plus
particulierement & la grande le nom de eirrhocephalus, YVieillet, reser-
vant pour la petite le synonyme de polocephalus, Wied, sous lequel l’a
figure Temminck, dans les planches coloriees? Cet oiseau A la rigueur
peut &tre considere comme le type d’un sous-genre ä part. A propos
du mauvais nom poliocephalus disons qu’outre la confusion ceree par
l’espece douteuse de Swainson, je ne crois pas que Bruch ait raison de
eiter un poliocephalus, Temminck, comme synonyme de ZL. atricilla, L.
On aura voulu traduire en grec le nom plumbiceps de Michahelles,
qu'une erreur typographique a change en plumiceps. Je n’ai rien a dire
sur les especes de Pagophila et de Rhodostethia. Quant aux dixieme
genre Adelarus, adopte par Bruch de moi, les especes africaines sont les
typiques. Il est difficile d’en eloigner fuliginosus, Gould, et beicheri,
Vig. confondus & tort par Mr. Bruch. Un superbe exemplaire du premier
se voit dans le Mus&ee de Francfort; mais quant aux autres especes leurs
affınites et analogies sont beaucoup plus complexes et difficiles & etablir.
N
219
Le Larus heermanni, Cassin, de la Californie, malgr& son apparente res-
semblance avec le dridgesi doit plustöt se ranger sous Leucophaeus
avec haematorhynchus; et le melanurus qui s’eloigne tant du bridgesiü
par ses couleurs et son bec doit au contraire lui &tre reuni, etant pour
ainsi dire un Blasipus a gros bec, (Blasipus crassirostris, Bp. ex Vieill.)
que Öridgesi soit done comme Mr. Bruch T’a voulu le type de mon
genre Blasipus; qu’haematorhynchus le soit par la m&me raison de mon
genre Leucophaeus, puisque il a et& le premier ä& les publier et ä les
caracteriser. Mais proclamons hautement: Que ces deux genres doivent
chacun s’enrichir d’une esp&ce, qui au premier coup d’oeil est loin de
ressembler ä sa congenere: que malgre des differences, plus apparentes
que substantielles, malgr& la couleur generale claire dans Aaematorhyn-
chus, foncee dans heermanni; malgre le bec rouge, robuste et angou-
leux chez le premier, noire, grele et presque lineaire dans le dernier,
ces deux especes doivent &tre reunies generiquement: Et que melanurus
et bridgesi se trouvent ensemble par les m&mes raisons, tout en diffe-
rent par les m&mes characteres superficiels, de sorte que l’on peut ma-
thematiquement etablir cette proportion, que Blasipus melanurus est &
Leucophaeus haematorhynchus ce que Blasipus bridgesi est A Leuco-
phaeus heermanni.
| Ajoutez aux synonymes de Blasipus bridgesi, espece qui se trouve
au Perou et aux iles Gallopages, le synonyme anterieur, mais non publie,
de polios, Natterer: et au Memoire de Mr. Bruch ce que tous les Or-
nithologistes savent, que Z. haemotorhynchus, King, est aussi L. sco-
resbii, Traill.
Auszug aus dem Protokolle der achten Versammlung
der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft zu Gotha,
Gotha den 18, Juli 1854,
Die erste Sitzung der achten Ornithologen-Versammlung begann
heute um 10 Uhr im Saale des Herzogl. Schauspielhauses, welcher von
Sr. Hoheit dem Herzoge der Versammlung für ihre Sitzungen gnädigst
bewilligt worden war. Am Abende vorher waren, wie üblich, die
Tagesordnung vorläufig festgestellt, und zu Vorsitzenden für den
220
ersten Tag Herr Geheime Hofrath Dr. Reichenbach, für den zweiten
Hr. Pastor Brehm, für den dritten Hr. Dr. Hartlaub gewählt worden.
Zunächst bewillkommnete der Lokal-Geschäftsführer, Hr. Dr. Hell-
mann aus Gotha, die Versammlung im Namen seiner Vaterstadt in kur-
zen, herzlichen Worten, und machte die Mittheilung, dass Se. Hoheit,
der Herzog Ernst von Coburg-Gotha, die Versammlung gegen 12 Uhr
mit seinem Besuche beehren werde. Hr. Geh. Hofr. Reichenbach
nimmt in seiner Eigenschaft als Vorsitzender »den freundlichen Gruss
dankbar an«, weist auf den Zweck der Versammlungen hin und glaubt
auch von der gegenwärtigen mehrseitige Förderung der Lieblingswissen-
schaft erwarten zu dürfen. Hr. Dr. Cabanis theilt darauf mit, dass er
in gleicher Weise, wie im vorigen Jahre, eine »Erinnerungsschrift
an die diessjährige Versammlung zu veröffentlichen gedenke, und ersucht
die Versammelten um Mittheilung der Manuscripte der zu haltenden Vor-
träge«. Der Sekretär der Gesellschaft und Redakteur der Naumannia
findet in diesem Vorhaben eine Beeinträchtigung des officiellen
Organes der Gesellschaft, und bittet, die Vorträge diesem zu überge-
ben. Dr. Cabanis meint das Recht für sich zu haben und will ge-
legentlich der Besprechung der Statuten etc. auf diesen Gegenstand zu-
rückkommen. Pfr. Baldamus beruft sich einfach auf die heute noch in
Kraft stehenden Statuten.
Der Sekretär der Gesellschaft verliest sodann die auf die ertheilten
Ehrendiplome (s. Naum. 1853 p. 145, 116.) eingegangenen Dankschrei-
ben, 1) von Sr. Hoheit, dem Herzoge Ernst zu Coburg-Gotha,
2) von den Gebrüdern Jules und Edouard Verreaux in Paris und
3) von Sir William Jardine, im Namen seiner Tochter, der Witiwe
des leider so früh und so plötzlich gestorbenen Mr. H. E. Strickland
in Apperly Green. Sir W. Jardine, der den unvollendeten Theil
der Bibliographia (vollständiges Verzeichniss der literarischen Arbeiten
aller lebenden Zoologisten und Geologen etc.) seines verstorbenen Schwie-
gersohnes beendigen will, bittet die Zoologen und Geologen um möglichst
baldige Zusendung eines Verzeichnisses ihrer Arbeiten unter seiner
Adresse; Jardine Hall, by Lockerby, N. B.
Dr. G. Hartlaub spricht »über die Thätigkeit aussereuro-
päischer Ornithologen der Gegenwart«, nachdem er mitgetheilt,
wie .er gehofft habe, der Versammlung die Gypsabgüsse der vorweltli-
chen Rieseneier des Aepyornis maximus vorlegen zu können, die indess
221
noch nicht eingetroffen seien*). Mit den Vereinigten Staaten von
Nordamerika beginnend, hebt Dr. H. hervor, dass die Herausgabe
der grossen und prächtigen Werke über Ornithologie durch die stets
wachsende Betheiligung und Unterstützung des Publikums ermöglicht
wird. Wie in der Literatur so in den Sammlungen macht Nord-
Amerika täglich bedeutendere Fortschritte. Die ornithol. Sammlung
der Academy of N. Sc. of Philadelphia enthält z. Z. gegen 30,000
. Vögel, in mehr als 6000, wahrscheinlich nahe 7000 Arten, 6000 Eier,
wovon 1368 Species sicher bestimmt sind; darunter ein Ei von einem
Apteryx, von der Grösse eines Kasuareies, und wahrscheinlich einer
dritten noch nicht aufgefundenen Species angehörend. Der Hauptförderer
dieser Sammlung ist Dr. Wilson, der jede Sammlung zu jedem Preise
kauft und ihr unter der ausdrücklichen Bedingung zum Geschenk macht,
dass seiner in keinerlei Weise dankend gedacht werde. An der Spitze
dieses Museums steht Dr. Heermann. Der Hauptschriftsteller der Aka-
demie ist Dr. John Cassin, talentvoll, das reiche Material mit scharfer
Kritik und grossem Fleisse bewältigend, und stets die schwierigsten und
dunkelsten Partieen, (z. B. die Caprimulgen etc.) zur stets fördernden
Bearbeitung wählend. Die halb politischen Entdeckungsreisen nach Texas,
Neucalifornien und die Westküste, an deren Spitze oft Militärpersonen
stehen, haben zum Theil bedeutende Resultate geliefert, besonders die
Küste zwischen Mexiko und Kalifornien. Hier wurde der erste wahre
Falke Amerika’s, eine dem F. lanarius nahestehende Art, entdeckt;
ferner ein Cypselus mit weissem Kopf und Hals. Interessant ist, dass
die Westküste Amerika’s in faunistischer Hinsicht eine merkliche Ver-
schiedenheit von der Ostküste zeigt: die Westküste, an das ältere und
höher organisirte Asien grenzend, bietet wie überhaupt so auch in der
Ornis höher organisirte Formen als die an Afrika stossende Ostküste.
Es sind aber nicht nur neue Arten entdeckt, auch interessante Beob-
achtungen bezüglich der Lebensweise der Vögel wurden gemacht; so
z. B. legt ein Specht, — Picus formicivorus, — förmliche Wintervor-
räthe an, indem er in die Rinde der Eichen etc. Löcher meisselt, in
welche er Eicheln, Nüsse etc. fest einklemmt, und nicht eher an diese
Winternahrung geht, als bis der Schnee das Auffinden sonstiger Nah-
rung verhindert.‘ Die Bäume haben so das Aussehen, als ob Nadeln mit
*) Ebenso ging es Ref., der den Gebrüdern Verreaux geschrieben hatte, ihm
diese Eier gleich nach Gotha zu adressiren, zugleich mit einer Anzahl der interes-
santesten Vögel, welche sie ihm für diesen Zweck angeboten hatten.
222
sehr convexen Köpfen überall hineingeschlagen wären. Prof. Baird in
Washington hat die Säugethiere und Vögel in Capt. Stansbury’s Bericht
über die Expedition zu den Mormonen am grossen Salzsee bearbeitet;
es wurden dort 31 Arten beobachtet. Die Expedition zur Erforschung
des Colorado hat einige neue Ortyx-Arten, und Dr. Heerman’s ornith.
Durchforschung Californiens neben manchem Andern den speecifischen
Unterschied der beiden amerikanischen Kraniche festgestellt.
Merkwürdige Züge aus dem Leben hochnordischer Vögel gibt Dr.
Sutherland in dem Journal der Entdeckungsreise der Lady Franklin
und Sophia, z. B. dass Mergulus Alle zur Brütezeit eine Art von Tasche
unter und zu beiden Seiten der Zunge erhält, in welcher sie ihren Jun-
gen ihre Lieblingsnahrung, Sommarus arcticus u. a. Crustaceen zuträgt.
In Südamerika ist das ornithol. Leben lange nicht so rege als
in Nordamerika. In Mexiko, Rio Janeiro und Chili — in letzte-
rem Lande von Dr. Philippi aus Kassel — wird gesammelt, beobachtet
und beschrieben, und Dr. Sclater hat sich die Förderung der Ornitho-
logie Südamerika’s zur Lebensaufgabe gestellt.
In Asien ist in neuester Zeit Ceylon eine lebhafte Station für
die Ornithologie geworden. Aerzte und Residenten fördern und studi-
ren die Insel, deren Hochgebirge eine von den Küstenstrichen verschie-
dene Ornis, und bereits gegen 150 neue Arten geliefert haben. Cal-
eutta’s vortreffliches Museum, unter Dr. Blyth’s Leitung, durch den die
continental-indische Ornis bedeutend gefördert worden, zählt jetzt gegen
1200 Arten des asiatischen Festlandes. Die Nikobaren sind bekannter
geworden; viele Beobachtungen über die Lebensweise auch seltener
europäischer Vögel gemacht. Die Jagdlust der englischen Officiere hat
manchem von ihnen Interesse für die Ornithologie eingeflösst, und ob-
schon das grosse Material in Abnahme begriffen zu sein scheint, so ist
doch noch manches Neue zu gewärtigen.
In Afrika ist die Ausbeute für die Ornithologie vergleichsweise
geringer gewesen, als in früheren Jahren, wo Verreaux u. A. sammel-
ten und beobachteten. Zwar sind noch einige Sammler am Kap und in
Südafrika überhaupt, indess weniger wissenschaftliche Thätigkeit und
keine so guten und fleissigen Publikationen. Die wichtigste Expedition
ist die zunächst im Interesse der Jagd unternommene von $. Franeis
Yalton, in die Gegend von Damara, die westlichste Afrika’s, welche
reiche Ausbeute geliefert hat. Auch in Nordafrika hätte mehr ge-
leistet werden können. Die Zählung der bis jetzt bekannten Species
223
Afrika’s ergibt für Südafrika 750, für Ostafrika (Dr. Peters) 300
und für Westafrika (Dr. Hartlaub) 600 Arten.
Australien ist durch Gould und seine Sammler nach vielen
Seiten hin durchforscht worden, das ornithol. Leben z. Z. ziemlich rege.
Die englischen Missionen haben zum Theil wichtige Resultate geliefert.
Das Museum in Sidney ist jetzt besser, als Gould es fand; es enthält
Skelette von Dinornis etc. Im zoologischen Garten hat man Apteryx
lebend. Für die Nordküste von Neuholland hat die Expedition des
Schiffes J. B. M. Rattlesnake wichtige Ergebnisse gehabt. Nordaustra-
liens Ornis ist fast dieselbe, wie die Neuguinea’s; es fehlen nur noch
die Paradiesvögel dieser Insel. Auch wurde von Capt. Kennedy’s un-
glücklicher Expedition ein echter Kasuar entdeckt, der sich noch in
keiner Sammlung befindet, der aber leider liegen blieb, da von dem ge-
sammten Personal nur ein Führer am Leben blieb. Bei merklicher Ab-
nahme der neuen Arten haben wir einen ziemlich vollständigen Katalog
der neuholländischen Vögel.
Einige Inseln (z. B. Formosa etc.) und Länderstriche, China und
besonders seine westlichen Länder sind noch wenig oder gar nicht be-
kannt, doch haben englische und französische Missionäre manches Neue
geliefert.
Geh. Hofrath Reichenbach bemerkt, dass zu Picus formicivorus
noch zwei ähnliche Formen, P. melampogon und flavipilaris kommen,
welche Cassin nicht gekannt hat. _P. Brehm hofft: viel: von L. Land-
beck, der nach Kalifornien ausgewandert. Aehnliche Gewohnheiten wie
P. formieivorus haben auch Lanius spinitorquus und Sitta europaea, und
wie-Merg. Alle futtern auch unsere Tauben ihre Jungen mit einer Käse-
substanz. Dr. Cabanis: der Edelfalke Nordamerika’s ist nicht neu,
im ‚Berliner Museum als F. mexicanus aufgestellt und in Bonaparte’s
Conspectus beschrieben. Dr. Hartlaub: Cassin unterscheidet diese Art
von jener.
Dr. Cabanis spricht ȟber die Verwandtschaft von Cypselus,
Caprimulgus und Trochilus in oologischer Hinsicht«, und zeigt
einige Eier einer Cypselus- und Trochilus-Art vor. Linne hat Hirundo,
Cypselus und Caprimulgus zusammen; erst Nitsch trennt Cypselus und
Trochilus von den Schwalben, weil jenen der Singmuskelapparat fehlt.
Auch in oologischer Hinsicht ist eine bedeutende Differenz vorhanden :
während die Eier der Schwalben gewöhnliche Eiform haben, sind
224
die von Cypselus, Caprimulyus und Trochilus von länglicher, an beiden
Enden gleich abgestumpfter, fast walzenförmiger Gestalt.
P. Brehm: Auch im Nestbau ist Cypselus von Hirundo verschie-
den; erstere überkleistern die Nester mit einer schleimartigen Substanz,
was die Schwalben niemals thun, und sie gehören auch desshalb nicht
in eine Sippe. Dr. Hartlaub: Wenn der Nestbau maassgebend sein
soll, so gehört Trochilus auf keinen Fall hierher; die Nester der Koli-
bri's sind sämmtlich aus Pflanzenwolle filz- oder wattenartig bereitet.
H. Kunz: Wenn Nester und Eier für die Stellung im System allein
oder vorwaltend entscheiden sollten, zumal nach einem einzelnen,
willkürlich genommenen Merkmale, so würden die heterogensten Arten
zusammengestellt, und umgekehrt das Verwandteste weit von einander
gestellt werden müssen. Die bezeichnete Eiform kommt auch sonst in
einzelnen Species anderer Genera vor.
- Geh. Hofrath Reichenbach: Von grösserer Wichtigkeit erscheint
ein anatomischer Unterschied, der des Zungenbeines, das mit dem
der Spechte grosse Aehnlichkeit hat; auch finden sich noch andere
Beziehungen zwischen den Trochilideen und Picideen. Pf. Baldamus
will in seinem spätern Vortrage ausführlich auf diess Thema zurückkom-
men, und deutet vorläufig an, dass die Form der Eier eben so wenig
als Färbung, Zeichnung und Grösse ein sicheres Kriterium für die
Bestimmung der Arten abgeben, und also noch weniger ein einzelnes —
die Form — für die Systematik entscheidend sein könne.
Pf. V. Altum trägt »über die Metallfarben der Vogelfe-
dern in specie das Schillern und Irisiren derselben« vor.
(S. Beilage Nr. I, welche auch die sich daran knüpfende Debatte brin-
gen wird.) Die Debatte wurde unterbrochen durch den Eintritt Sr.
Hoheit, des Herzogs Ernst, der die Versammlung mit seinem Be-
suche beehrte. Der Vorsitzende Geh. Hofrath Reichenbach begrüsst
Se. Hoheit im Namen der Versammlung, rühmt den lebhaften Antheil
an Kunst und Wissenschaft, den — ein hoher Vorzug Deutschlands —
seine Fürsten genommen haben und noch nehmen, und preist die Ge-
sellschaft glücklich, die ihre Versammlung unter den Augen eines so
ausgezeichneten Fürsten in Gotha halten darf.
Nachdem er noch Sr. Hoheit die heutige Tagesordnung mitgetheilt,
fordert er den Pf. Baldamus auf seinen Vortrag zu halten. Balda-
mus will zu Gunsten eines Meisters vorläufig zurücktreten, und bittet
Hrn. P. Brehm das Wort zu geben.
225
P. Brehm besteigt die Tribüne und dankt gleichfalls Sr. Hoheit für
Seine hochehrende Theilnahme unter Hinweisung auf die Entdeckungen,
welche durch den Herzog, unser erstes Ehrenmitglied, im Gebiete der
Ornithologie gemacht wurden. Er bittet darauf Se. Hoheit und die Ver-
sammlung, ihm zu der im Nebenzimmer aufgestellten Sammlung von
seltenen und neuen Arten, besonders Raubvögeln, zu folgen, und ent-
wickelt dort an dem bewundernswürdig reichen Materiale seine neuesten
Ansichten »über die Adler und Falken«*).
Begleitet von der Versammlung besichtigte Se. Hoheit sodann in
einem andern Nebenzimmer die Ausstellung Dr. Kjärböllings, die,
besonders reich an schönen Exemplaren der grossen Edelfalken, dem-
selben Gelegenheit zur Besprechung mancher Species , insbesondere der
Artverschiedenheiten von F. groenlandieus, islandicus und norvegicus gab.
S. Beilage Nr. 2. |
In den Saal zurückgekehrt, musterte Se. Hoheit die vom Pf. Bal-
damus mitgebrachten, zu seinem Vortrage ȟber die Kennzeichen
zur Bestimmung der Eier und das Verhältniss der Oologie
zur Systematik« ausgewählten Typen seiner Sammlung. An diesen
Beweisstücken wies Ref. nach, dass »weder Gestalt, noch Grösse,
noch Färbung und Zeichnung constant genug seien um darin
sichere Artkennzeichen zu finden, dass vielmehr die Kristall-
bildung der Oberfläche, das sogenannte Korn, die Eigenthümlichkeit
der Poren das bisher standhafteste Kriterium abgegeben habe, und dass,
wenn die Oologie ein ganz unzweifelhaftes Hülfsmittel für die
Systematik sein solle, weitere und genauere Untersuchungen des
Kornes mittels des Mikroskopes sicher bedeutendere Resultate liefern
würden. (S. Beilage Nr. 3.) Hr. Buchhändler J. Baedecker legt hier-
auf »im Namen seines leider durch häusliche Unglücksfälle abgehaltenen
Vaters Proben von dessen Werke »Eier der europäischen Vögel,
nach der Natur gemalt von F. V. J. Baedecker« vor, das in 10 Lie-
ferungen, Folio, von je 8 Tafeln, ä Lief. 2 Thlr. demnächst erscheinen
soll (s. die Ankündigung weiter unten). Die vorgelegten Proben leisten
in Zeichnung, Druck und Illumination das in diesem schwierigen ‚Fache
nur Mögliche, und lassen die meisten ähnlichen Werke weit hinter sich.
Der Verfasser hat aber auch keine Mühe und Kosten gescheuet, um die
möglichste Vollkommenheit der Abbildungen zu erreichen, wie er denn
*) Der Vortrag wird in einer der beiden ornithol. Zeitschriften erscheinen.
Naumannia. 1854. 15
226
bei der Prüfung und Bestimmung des vorliegenden Materials grosse
Sorgfalt und Genauigkeit sich zum Gesetz gemacht. Das Werk fand
grosse Theilnahme bei der Versammlung, die sich in dem ungetheilten
Lobe desselben und dem Wunsche für seinen glücklichen Fortgang
aussprach. 5
Durch den Geschäftsführer Dr. Hellmann wurden der Bibliothek
der Gesellschaft seitens der Hrn. Verfasser: 1) Neue Naturgeschichte
der Stubenvögel, ein Lehrgedicht von Bechstein dem Jüngern (Han-
nover, Hahn’sche Buchhandlung 1846); 2) Vogelheerd-Klänge aus dem
Thüringer Wald, Sonette. von Ph. H. Welcker, — übergeben, der
Versammlung selbst aber eine höchst interessante Broschüre: »Der
Naturtrieb, Schrift zur Begrüssung der Gesellschaft deutscher Orni-
thologen bei ihrer Versammlung zu Gotha am 18. Julius 1854, von W.
H. Ewald, Dr. der Philos.«, sowie die bereits bekannte und sehr zu
beherzigende »Aufforderung zur Schonung und Pflege der nützlichen
Vögel, von Dr. H. O. Lenz« überreicht.
Nach dem der Hr. Vorsitzende im Namen der Versammlung und
der Gesellschaft für diese freundlichen und ehrenden Gaben gedankt
und die morgende Tagesordnung verlesen, wurde die Sitzung gegen
halb 2 Uhr geschlossen.
Ein gemeinsames Mittagsmahl im Gasthofe »zum Mohren« vereinigte
um 2 Uhr die Versammelten, an welche sich einige Herrn von Gotha
freundlichst angeschlossen hatten. Dem mit herzlicher Freude ausge-
brachten und aufgenommenen Toaste auf Se. Hoheit, den Herzog Ernst
zu Coburg-Gotha, folgten andere auf die Versammlung, deren. Vor-
sitzende, die Stadt Gotha, die Koryphäen der Wissenschaft, die gegen-
wärtigen Damen, den Sekretär, den Geschäftsführer, die Journalisten ete.
. und, wie schon so oft, verflossen die Stunden des Mahles in trauter und
heiterer Gemüthlichkeit. Um 4 Uhr brach man unter freundlicher Füh-
rung des Direktors der herzogl. Sammlungen, Hofrath Dr. Ewald, und
des Geschäftführers Dr. Hellmann, zur Besichtigung derselben nach dem
herzogl. Schlosse auf, welche unter der sorgfältigen und umsichtigen
Leitung der genannten Herrn sichtlich im schönsten Gedeihen sind. Die
ornithol. Sammlung ist neuerlich nach einem später ausführlich zu er-
wähnenden an das Oken’sche sich anschliessendem Systeme von Dr.
Staude geordnet worden und bot manches Interessante dar. Ein Con-
cert im Garten des »Schützen« erwartete die Rückkehrenden, welche
der Abend im Saale des »Mohren« vereinigte.
Reinhardisbrunn, den 19. Juli 1854.
Die Sitzung des heutigen Tages wurde in dem zauberisch schönen
Reinhardtsbrunn, am Fusse des Inselberges, in dem Saale des dortigen
Gasthofes abgehalten. Man war um 6 Uhr Morgens in mehreren Wagen
dorthin aufgebrochen. Beginn der Sitzung gegen 9 Uhr. Vorsitzender:
P. Brehm. .
Dr. Hellmann liest die Einleitung zu »einem von Dr. Staude in
Coburg entworfenen rnewen Systeme der Vögel, nach wel-
chem die Herzogl. Sammlungen zu Coburg und Gotha auf
Befehl des Herzogs geordnet worden sind.« cS. Beil. Nr. 4)
Der Vorsitzende, P. Brehm hält einen mehr populären Vortrag
»über die Ehen der Vögel«, an den sich eine lebhafte und interes-
sante, obwohl nicht immer streng bei der Sache bleibende Discussion
knüpft, die wir sammt dem Vortrage in extenso liefern werden. (Siehe
Beil. Nr. 5.) | |
Der Vorsitzende, welcher wie alle Anwesenden vorausgesehen,
dass der schöne Morgen und die Vielen neue, reizende Gegend eine
rechte Aufmerksamkeit nicht aufkommen lassen wird, verweist die noch
übrigen Vorträge der Tagesordnung auf die nächste Sitzung und schliesst
die heutige mit allgemeiner Zustimmung um 10%, Uhr.
Dr. Hellmann theilte der Versammlung darauf mit, dass sie von
Sr. Hoheit dem Herzoge auf heute Abend 7 Uhr zum Thee befohlen sei.
Nach Besichtigung des herrlichen Parkes brach man nach der »Tanz-
buche« auf, einer über Reinhardtsbrunn und dem Inselberge gegenüber
ziemlich hoch gelegenen Gastwirthschaft. Die ausführlichere Erzählung
der Auffindung eines jungen Kukkuks in einem Neste von Acc. modu-
laris und eines Kukkukseies in einem dicht darüber hangenden Neste
von Regulus ignicapillus (?) müssen wir wegen Mangel an Raum und
Zeit gleichfalls für später aufsparen.
Nach 7 Uhr begab sich die Versammlung in den Park des Herzogl.
Schlosses, vor welchem sie von Ihren Hoheiten, dem Herzoge und der
Herzogin empfangen und Höchstdenselben durch den Geschäftsführer Dr.
Hellmann vorgestellt ward. Ihre Hoheiten unterhielten sich mit den An-
wesenden in. der leutseligsten Weise, und diese konnten aus eigener
Anschauung die Ueberzeugung gewinnen, wie der Ruhm der tiefen und
vielseitigen Bildung und Liebe zu Kunst und Wissenschaft, den das edle
deutsche Fürstenhaus in ganz Europa erworben, ein wohlbegründeter ist,
ER®
228
und wie diese Eigenschaften, gepaart mit Einfachheit, Wohlwollen und
ritterlichem, ehrenfestem Wesen nicht nur seine glücklichen Unterthanen,
sondern ganz Deutschland mit Liebe und Stolz auf diesen ihren Fürsten
blicken lassen. Se. Hoheit, der Herzog, sprach sich mehrseitig über orni-
thologische Fragen und die Ergebnisse seiner ornithol. Jagdexcursionen,
besonders in Ungarn, aus, und führte die grosse Mehrzahl der Versamm-
lung auf Bitten des Referenten zu dem Geflügelteiche, auf welchem
sich mehrere Arten seltener Gänse und Enten befinden. Die Entdeckungs-
geschichte des Kukkukseies schien die höchsten Herrschaften besonders
zu interessiren, und Referent wurde von Sr. Hoheit ausdrücklich aufge-
fordert, dieselbe in der Gothaer Zeitung ausführlich mitzutheilen *). Mit
einbrechender Dunkelheit wurde die Gesellschaft entlassen, und den
durch die Erlebnisse und Genüsse des schönen Tages freudig Aufge-
regten war die Rückfahrt in der wohlthuenden Abendkühle eine sehr
angenehme.
Gotha, 20. Juli 1854.
Beginn der Sitzung gegen 9 Uhr. Vorsitzender: Dr. Hartlaub.
P. Brehm liest unter Vorzeigung beweisender Thatsachen ȟber Prof.
H, Schlegel's Verfärbungstheorie« (wird in einer der Zeitschrif-
ten ausführlich erscheinen).
Dr. Hennecke trägt seine Beobachtungen »über das Vorkom-
men von Turdus sawatilis am Harze vor, wo sie in der Nähe von
Goslar seit mehreren Jahren genistet hat, (s. Beilage Nr. 6). Freiherr
Balduin von Münchhausen bemerkt, dass der Wirth der Thüringer
Eisenbahn - Restauration in Halle im Besitze einer Steinmerle sei,
welche den Schlag der Nachtigall und Drossel vereinigt **). Oberforst-
rath Salzmann: Dass Turdus saxatilis auch im Thüringer Walde beob-
achtet worden sei, und wahrscheinlich auch an geeigneten Stellen sich
fortpflanze. P. Brehm hat ihr Nest mehrfach erhalten; sie ist in der
Lausitz, bei Gera, Bingen und anderwärts angetroffen worden. Dr. Hell-
*) Ist bereits in vielen Zeitungen mitgetheilt worden.
**) Dr. Hennecke, Altum, Sehring, Kunz und Referent hörten diese Steinmerle
bei ihrer Rückkunft von einem Ausfluge durch den Thüringer Wald singen. Der
Wirth, bei dessen Erscheinen sie sogleich zu singen anfing, behauptet, dass es ein
Weibchen sei, was denn doch noch stark zu bezweifeln sein dürfte. Jedenfalls ist
es ein gelernter Vogel, der fast Nichts von dem Naturgesange hat.
229
mann: Sie gehöre am Rheine an passenden Orten gar nicht zu den
seltenen Erscheinungen *).
Geh. Hofr. Reichenbach verzichtet wegen Mangel an Zeit und
Interesse vorläufig auf den angekündigten Vortrag »über die Kolibri’s«.,
H. Alfred Brehm verbreitet sich anstatt des angekündigten Vortrages
»über den ornithologischen Charakter der Wüste« über die
Diagnose dreier egyptischer Adler — A. rapax, raptor und
albicans, und legt mehrere interessante und zum Theil neue Arten von
Corvus, Ardea etc. vor, sowie eine von Circaötos gallicus constant ver-
schiedene Species oder Subspecies, welche im Süden vorkommt und von
Brehm €. meridionalis genannt worden ist.
Der Sekr etär der Gesellschaft legt eine Zeichnung Altum’s von
dem Reiherstande der berühmten Letzlinger Haide in der Altmark vor,
sowie eine sehr genau und ausführlich geführte Liste über Ankunft und
Wegzug der meisten Zugvögel in Pommern vom Jahre 1829, vom För-
ster Hintz I. Beide Arbeiten werden später in der Naumannia mitge-
theilt werden.
Der Sekretär erhält darauf das Wort zur Ablegung des Ge-
schäftsberichtes und der vorläufigen Rechnungsablage, da der
Rendant nicht gegenwärtig. Der Vorsitzende schreitet nun zur sta-
tutenmässigen Wahl eines neuen Vorstandes, da das Triennium
mit heutiger Sitzung abgelaufen. Es wird zunächst über die Wahl des
Rendanten abgestimmt und Hauptmann Kirchhoff (auf Schäferhoff
bei Nienburg in Hannover) gegen eine Stimme gewählt. Dieser erklärt
sich bereit, das Amt zu übernehmen, unter der Bedingung, dass die
Reste vom alten Rendanten eingezogen und überhaupt definitive Rech-
nung abgelegt resp. Decharge ertheilt werde und zwar wo möglich bin-
nen 4 Wochen. Auf seine Anfrage wird ferner bestimmt, dass das
Rechnungsjahr nicht das Kalenderjahr, sondern das Versammlungsjahr
sei, die Beiträge aber praenumerando gezahlt werden **). Ferner schlägt
%
*) Referent, der den interessanten Vogel in Ungarn häufig singen hörte, glaubte
ihren Gesang in den Felsen des Schwarzathales unterhalb Schwarzburg zu hören,
und machte die eben genannten Reisegefährten darauf aufmerksam. Dr. Hennecke
fand diese Felsenpartieen denen von Goslar am Harz, wo er die Steinmerle beob-
achtet, sehr ähnlich. r
**) Ist bereits so gehalten worden.
Der Sekretär.
230
der Rendant vor, den Kassenbestand in eine sichere Sparkasse verzins-
lich anzulegen, wozu er durch die Versammlung ermächtigt wird.
Bevor man zur Wahl der übrigen Vorstandsmitglieder übergeht,
entspinnt sich eine Debatte über die Zweckmässigkeit der Fünf-
zahl, und die Geschäfte des Vorstandes. Der Vorsitzende
bemerkt, dass der bisherige Vorstand wenig Lebenszeichen von sich
gegeben habe. Dr. Cabanis behauptet dasselbe und verlangt, dass
der Vorstand, als das eigentliche Haupt der Gesellschaft, Etwas thun
müsse. Der Sekretär bittet Hrn. Dr. Cabanis, speciell anzugeben,
welche besondere Thätigkeit er von dem Vorstande verlange, und seinen
Antrag zu formuliren. P. Brehm will gleichfalls wissen, was der Vor-
stand zu thun habe. Dr. Cabanis weiss das augenblicklich selber nicht
anzugeben, allein es müsse anders werden, die Geschäfte könnten nicht
in einer Hand ruhen. Der Sekretär: Man hat mir von einer Seite
her öffentlich vorgeworfen, dass ich die Versammlung, resp. die Gesell-
schaft tyrannisire. Wohlan, meine Herren, die Meisten von Ihnen wis-
sen, worin diese Tyrannei besteht, und Ihnen, die Sie es nicht wissen,
will ich es sagen. Wenn es Tyrannei ist, dass ich die Statuten, auf
Grund deren wir eben Mitglieder der Gesellschaft sind, aufrecht zu hal-
ten suchte, so lange sie eben rechtsgiltig sind; wenn ich Mitglieder für
unsere Gesellschaft anwarb, wo ich Gelegenheit dazu hatte; wenn ich
die Geschäfte anderer Vorstandsmitglieder besorgte, damit sie eben
besorgt wurden; wenn ich im Interesse der Ordnung und des Beste-
hens unserer Versammlungen, vielfach aufgefordert durch Klagen
und Mahnungen der Mitglieder, welche endlich auch zum Worte
kommen wollten, etwa den Vorsitzenden, der sich zu weit in nicht
zur Sache gehörenden Auseinandersetzungen verloren hatte, oder brevi
manu Anordnungen gegen klare Bestimmungen der Statuten traf, unter-
brach — und wenn Sie das Tyrannei nennen wollen, so habe ich aller-
dings die Versammlungen oder vielmehr einzelne Mitglieder derselben
tyrannisirt. Aber nicht als Sekretär der Gesellschaft, sondern einfach
als Mitglied derselben habe ich so gehandelt, und muss mich um so
mehr wundern, dass mir dieser Vorwurf neben andern Verdächtigungen
von einer Seite her gemacht worden ist, von welcher ich ver-
schiedentlich aufgefordert worden bin, die parlamentarische etc.
Ordnung aufrecht zu erhalten, und (z. B. in Altenburg) den Vorsitzen-
den zu unterbrechen. Ich habe das in dem klaren Bewusstsein ge-
than, dass ich mir dadurch keineswegs Freunde erwerben werde: indess
231
das Bestehen unserer Gesellschaft und Versammlungen galt mir mehr,
als persönliche Rücksichtnahme auf die Erhaltung freundlicher Gesinnung
einzelner Mitglieder derselben gegen mich *),
Geh. Hofr. Reichenbach: Der Sekretär solcher Gesellschaften ist
allerdings das Hauptorgan derselben, durch den die hauptsächlichen und
laufenden Geschäfte besorgt werden. Ausser ihm ist aber auch der
Vorstand zur Oberleitung der Geschäfte bestimmt. Die Zahl von fünf
Mitgliedern, die Hunderte von Meilen auseinander wohnen können, und
deren gemeinschaftliche Thätigkeit durch die weite Entfernung gehindert
werden muss, ist zu gross, und ich finde eben in der Festsetzung die-
ser zu grossen Anzahl einen Missgriff. Ich schlage demnach die Abän-
derung der Statuten in der Weise vor, dass der Vorstand künftig
nur aus drei Mitgliedern bestehe, die auf ein Jahr ge-
wählt werden. Der Vorsitzende, Dr. Hartlaub ist mit diesem
Vorschlage einverstanden. Dr. Hennecke will mit Referenten, dass
der Vorstand, um die Zeit nicht bei alljährlichen Wahlen zu vergeuden,
auf drei Jahre gewählt werde. Der Vorsitzende stellt die Frage:
ob ein Vorstand von drei Mitgliedern auf drei Jahre ge-
wählt werden soll, zur Abstimmung, die einstimmig bejaht
wird.
Der Vorsitzende fordert hierauf Dr. Cabanis auf, den bespro-
chenen Antrag in Betreff seines ornithol. Journales zu stellen. Dr. Ca-
banis ersucht die Versammlung, die genannte Zeitschrift gleich-
falls als Organ der Deutschen Ornithologen-Versammlung
gelten zu lassen, und begründet seinen Antrag damit, dass manche
Ormithologen, die nicht gerade Mitglieder der Gesellschaft seien, und
deren bisheriges Organ nicht lesen, doch auch Kenntniss von den Ver-
handlungen der Ornithologen - Versammlungen zu nehmen wünschten.
Der Herausgeber der Naumannia, Pf. Baldamus hat, da jetzt die Sache
auf dem allein ordnungsmässigen und rechtlichen Wege zur Sprache ge-
bracht sei, gegen die Gewährung dieses Gesuches Nichts einzuwenden,
sofern die Versammlung ihre Zustimmung gibt. Er schlägt nun vor,
- *) In Gotha erhielt ich zuerst Kenntniss von dem Vorhandensein eines zweiten
Protokolles der Halberstädier Versammlung, — in der Erinnerungschrift z. G. an
die 7. Jahresversammlung etc. herausgegeben von Dr. J. Cabanis — das von Hrn.
Geh. Hofrath Reichenbach als hervorgegangen durch die „von Allen empfundene
Noihwendigkeit, einen vollständigen, wahren und unparteiischen Bericht über jene
Versammlung zu besitzen“ bezeichnet wird. Wir werden später darauf zurückkommen.
Der Sekretär.
232
dass, da seine Zeitschrift vorzugsweise der praktischen Seite der euro-
päischen Ornithologie zugewendet sei, dieser zunächst die einschlägigen
Vorträge der Versammlungen — selbstredend mit Zustimmung der Ver-
fasser — vorbehalten bleiben, während die die Systematik und die
exotische Ornis betreffenden Vorträge zunächst dem Journale für Orni-
thologie zukommen sollen. Geh. Hofrath Reichenbach bemerkt, dass
die Hauptsache bei dergleichen Unternehmungen die Förderung der Wis-
senschaft sei, und dass auch in andern Zweigen der Naturwissenschaft,
(Entomologie, Botanik etc.) mehrere gediegene und befreundete Zeit-
schriften neben einander beständen, und dass dasselbe Verhältniss auch
hier statthaben könne. H. Kunz macht darauf aufmerksam, dass wenn
beide Zeitschriften auf dem Titel sich als Organ der Gesellschaft be-
zeichneten, die Leser einer einzelnen derselben “sich im vollständigen
Besitze der Verhandlungen der Versammlung glauben könnte, was.
nach den gemachten Vorschlägen doch nicht der Fall sei. Baldamus
entgegnet, dass einem solchen Missverständnisse, welches allerdings ge-
gen das Interesse der Versammlungen sei, dadurch vorgebeugt werden
könne, dass beide Journale die Protokolle vollständig und wenn
nicht alle einzelnen Vorträge in extenso, doch einen Auszug daraus
unter Hinweisung auf die vollständige Arbeit in dem andern Journale
bringen könnten *). |
Bei der nun vorgenommenen Wahl eines neuen Vorstandes
wurden zu Mitgliedern desselben:
Prof. Dr. J. F. Naumann mit 12
Pastor Ch. L. Brehm mit 9 ) von 14 Stimmen
Dr. G. Hartlaub mit 12
*) Die Verlagshandlung der Naumannia hat solche unter der ausdrücklichen
Bedingung übernommen, dass sie das (alleinige) Organ der Deutschen Ornithologen-
Gesellschaft sei. Durch obigen Beschluss, der origineller Weise zwei Organe für
eine und zwar sehr kleine Gesellschaft schafft, wird das Bestehen beider Zeit-
schriften gefährdel. Die schönen Redensarten über Opfer zu „Förderung der Wis-
senschaft“ Kosten nichts, decken aber auch keineswegs die Auslagen für Honorar
und Herstellung einer Zeitschrift. Die Unterzeichnete hat bisher durch Herausgabe
der Naumannia sehr grosse pecuniäre Opfer gebracht, (der bisherige Absatz deckt
nicht einmal die Honorare!) wird sich aber wohl hüten, sich ferner mit der Sache
zu befassen, wenn zum Schaden noch Undank kommen soll. Würde also der
Beschluss der verehrlichen Ornithologen - Gesellschaft, zwei Organe zu besitzen,
aufrecht erhalten werden, so dürfte die Naumannia für das Jahr 1855 nicht mehr
erscheinen.
Hoffmann’'sche Verlagsbuchhandlung.
233
gewählt. Einzelne Stimmen erhielten Dr. Cabanis (5) und Geh. Hofrath
Reichenbach (4).
Zum Sekretär wurde Pf. Baldamus einstimmig gewählt. Der-
- selbe theilte nun noch einen Brief des P. Pässler mit, in welchem der-
selbe der Versammlung anzeigt, dass er die auf der vorjährigen Ver-
sammlung zusammengebrachten 24 Thaler für L: Schrader durch Otto
Wigand diesem zugesendet, und von ihm eine mit vielem Danke ausge-
stellte Quittung erhalten habe.
Ferner die Anfrage des Herrn Baedecker: ob er sein dem-
nächst erscheinendes Eierwerk (s. ‘oben) der D. Ornithologen-
Gesellschaft dediciren dürfe. Die Versammlung fühlt sich im
Namen der Gesellschaft dadurch geehrt.
Ferner einen Antrag von H. Kunz: Die Mitglieder der Gesell-
schaft mindestens 4 Wochen vor der jeweiligen Versamm-
lung zu dieser durch besonders zugeschickte Karten einzu-
laden. Wird angenommen.
Endlich einen Antrag von Prof. Blasius, den Referent zu dem
Seinigen macht: Die Tagesordnung der nächsten Versammlung
wird wenigstens theilweise auf der vorhergehenden be-
stimmt. Die Vortheile dieser Einrichtung leuchten sofort ein, sie wird
zum Beschluss erhoben, und der Vorstand ersucht, die Sache in die
Hand zu nehmen. Dieser fordert zu Vorschlägen betreffs der nächst-
jährigen Tagesordnung auf, und es werden nach einigem Debattiren:
1) die Falken (speciell Edelfalken),
2) die Pieper,
3) die Verfärbungstheorie, nach allen Seiten hin erör-
tert (auch nach der von Altum angeregten physikalischen
und chemischen)
als bestimmter Gegenstand der nächstjährigen Tagesordnung festgestellt,
und die Mitglieder der Versammlung wie der Gesellschaft aufgefordert,
. für möglichste Erledigung derselben sich nach allen Seiten hin vorzu-
bereiten.
Als Ort der nächstjährigen Versammlung wird Braunschweig
vorgeschlagen und sofort angenommen, unter der Voraussetzung, dass
sich dort ein der Gesellschaft angehörender Geschäftsführer findet. Der
Vorstand will sich dieserhalb an die dortigen Mitglieder Prof. Blasius und
H. v. Vechelde wenden. |
Ueber die Bestimmung der Zeit erhebt sich eine längere Debatte,
234
in welcher Alles wiederholt wird, was schon früher darüber diskutirt
worden ist. Es lassen sich, wie man endlich einsieht, nun einmal hier-
bei nicht alle Wünsche und Interessen vereinigen, und es wird: beson-
ders auf den Vorschlag des Prof. Dr. Naumann u. A., die volle Woche
nach Pfingsten für die nächste Versammlung gegen 2 Stimmen an-
genommen.
Der Vorsitzende — Dr. Hennecke hatte an Dr. Hartlaub’s
Stelle, der früher abzureisen gezwungen war — den Vorsitz seit einiger
Zeit übernommen, erklärte hierauf die Tagesordnung der achten Ormi-
thologen-Versammlung für erledigt, und nachdem er nochmals Sr. Hoh.
dem Herzoge Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha den Dank der
Versammlung ausgesprochen und auch Hrn. Dr. Hellmann für seine
Geschäftsführung gedankt, die achte Versammlung der Deutschen Orni-
thologen-Gesellschaft zu Gotha (gegen 1 Uhr) für geschlossen.
Der Sekretär d. D. 0. 6.:
Es. Baldamus. i
Präfenjzlifte
der Mitglieder der achten Versammlung der Deutschen
Ornithologen-Gesellschaft zu Gotha.
4) Dr. Ludwig Reichenbach.
2) Dr. Jean Cabanis.
3) Heinrich Zander.
4) A. Sehring.
5) N. Kjärbölling.
6) Dr. J. F. Naumann.
7) Balduin von Münchhausen.
8) F. L. Madauss.
9) Heinrich Kunz.
10) Dr. Gustav Hartlaub.
11) Dr. Hennecke.
12) Reinhold Brehm.
13) Ludwig Brehm.
14) Kirchhof.
15) Bernard Altum.
2335 °
16) F. Schlüter.
17) Alfred Brehm.
18) Dr, A. Hellmann.
19) E. Baldamus.
20) :Carl Nette.
Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien.
Von
H. D. 3. Weallengren.
(Fortsetzung.)
Emberiza miliaria, I..
Nur in Schonen und Halland trifft man diese Art während der Brut-
zeit, und sie bleibt auch in den kältesten Wintern in diesen Provinzen,
ohne nach südlichen Ländern zu ziehen. In keiner der übrigen Provinzen
Skandinaviens trifft man sie. Nur einmal ist sie auf der Insel Orust in
den Bohuser Scheeren geschossen, seitdem aber weder dort noch im
übrigen Bohuser Bezirke bemerkt worden.
Emberiza eitrinella, L. et E. hortulana, L.
In den südlichen und mittlern Provinzen sind diese Vögel häufig,
erstere sowohl Sommer wie Winter, letztere dagegen nur im Sommer;
aber gegen Norden kommen sie in der Heckzeit sparsamer vor. Jedoch
gehen sie sehr weit in den Polarkreis, ja bis in die Alpen hinein. Er-
stere scheint ihre Brütezone aın weitesten nach Norden auszustrecken,
indem man sie noch bei Juckusjärwi und Iwalojocki zwischen dem 68,
. bis 69." n. B. antrifft, wo letztere nicht bemerkt worden ist. In den
Ostfinnmarken trifft man weder die eine, noch die andere, auch nicht
bei Tromsöe in Norwegen. Noch am 67. n. B. trifft man Emberiza
hortulana nistend. | |
Emberiza schoeniclus, L.
Unter allen seinen Verwandten in Skandinavien hat der Rohram-
mer die weit erstreckteste Heckzone, da er nicht blos in dessen nörd-
+ 236
lichsten Theilen, sondern auch im südlichsten Schonen, wo er sich in
Morästen, bewachsen mit Weidenarten, hier und da sich fortpflanzt. In
Smaland habe ich ihn ebenfalls in der Heckzeit angetroffen; in den mitt-
lern und nördlichsten Landschaften dagegen ist er weit häufiger, beson-
ders nach den Alpen zu, an deren Seiten er bis in die Birken- und
Weidenregion aufsteigt. Man findet ihn also über die ganze Halbinsel
bis an die Küsten des Eismeeres, so dass Keyserling’s und Blasius An-
gabe (Wirbelth. Europ. p. XXXIX), dass er nicht im hohen Norden
vorkommen soll, insoweit sie Skandinaviens Polarländer darunter ver-
stehen, unrichtig ist. i
Emberiza rustica, Pall., Nilss.
Der einzige Reisende, der in den Lappmarken diese Art getroffen,
ist Prof. Zetterstedt, der sie bei seiner ersten Reise (1821) bei Hapa-
randa im Mai entdeckte und unter dem Namen Emb. borealis beschrieb.
Prof. Nilsson hat später das Originalexemplar des Prof. Zetterstedt mit
der von Pallas im Berliner Museum deponirten Emb. rustica verglichen
(vide Skand. Fauna p. 376.) und gefunden, dass es derselben Art an-
gehöre. Auf seiner zweiten Reise nach den Lappmarken (1832) fand
Prof. Zetterstedt diesen Vogel an mehreren Stellen in Ume-Lappmark,
sowie bei Lycksele, wo er »gemein« sein soll (Siehe Zetterstedts Resa
genom Ume Lappmark 1832 p. 62 u. 63), beim Dorfe Gaskelougt (p.
109), am See Gratian (p. 117), an den Dörfern Wilhelmina (p. 156)
und Elysiö (p. 193). Dr. Sahlberg soll ihn ebenfalls in den Lappmar-
ken geschossen haben; Löwenhjelm und Malm aber trafen ihn nirgends.
Anm. I. Emb. pusilla, Pall. ist von Prof. Nilsson im April einmal in Schonen,
in Gesellschaft mit dem Rohrammer gefunden worden.
Anm. ll. Emb. borealis, Degl. (Ornith. europ. 1. p. 273.) ist nicht dieselbe Art
wie Zetterstedts Zmb. borealis, und mir ganz unbekannt, wenn es nicht
dieselbe Art wie Zmdb. nivalis ist, was ich dennoch nicht glauben kann,
Plectrophanes nivalis, L. et P. lapponica, L.
Diese beide Arten kommen nicht in den Wäldern des Flachlandes
noch in den Thälern Lapplands vor, sondern nur erst auf den Alpen,
auf welche erstere Art bis in die Schneeregion dringt, letztere aber
nur bis in die Weidenregion auf niederen und flacheren Alpen, so
wie an dem Strande der Alpenseen; er zieht also grasreiche Al-
penplateaus den mit Schnee und Steinblöcken angefüllten Stellen vor,
welche erstere vorzugsweise liebt. Unterm 63—64.° n. B. dürfte viel-
237
leicht keine von beiden vorkommen, wenn nicht erstere vielleicht auf
den hohen Alpen des Dowre in Norwegen hecken mag. Im hohen Nor-
den in den Finnmarken, sowohl westlich als östlich um’s Nordcap,
trifft man beide Arten auf den Alpen an der Eismeerküste brütend;
aber in südlichen Gegenden ihrer Brütezone nur im Innern des Landes.
Im Herbst und Frühjahr trifft man beide auf den Feldern in oben ange-
gebenen Grenzen und gegen den Winter ziehen sie südlicher, so dass
erstere in letztgenannter Jahreszeit mehr oder weniger gemein — je
kälter oder gelinder der Winter ist — im südlichen Schonen sich ein-
findet, besonders an der Seeküste; wogegen letztere, so viel ich weiss,
im Winter noch niemals hier getroffen worden ist, und wahrscheinlich
über Finnland zieh. Da er aber, nach Dr. Kjärbölling, manchmal in
strengen Wintern auf Seeland vorkommen soll, so vermuthe ich, dass er
bisweilen auch Schonen besucht, obwohl ich ihn bis jetzt vergebens ge-
sucht habe. Er soll auch manchmal Frankreich und Belgien besuchen.
Löwenhjelm fand sein Nest auf der Erde in einem Alpenmäuseloche, und
es war innen mit trocknem Grase und Rennthierhaaren ausgefuttert. In
demselben waren am 15. Juli noch keine ausgeflognen Jungen. Nicht alle
Individuen des Pl. nivalis verlassen die Alpen im Winter, sondern ein
Theil alter Männchen überwintern und zeigt sich da oft bei Quickjock.
Löwenhjelm hatte von den Lappmarken einen lebenden Spornammer,
von welchem er erzählt: »In Jockmocks Pfarrhof hatte man im April
einige Exemplare der auf den Aeckern herumfliegenden Heerden von
Emb. lapponica gefangen. Unter ihnen glückte es einen lebenden zu
erhalten, der uns, während wir um Johannis dort waren, mit seinem Ge-
sange erfreute. Er sang unverdrossen Nacht ‚und Tag. Sein Gesang
besteht aus klaren Flötentöonen, gemischt mit Gezwitscher und gleicht
sowohl dem der Lerche als dem des Hänflings; er ist stark und wohllautend,
aber nicht sehr abwechselnd. Der Vogel springt wie eine Lerche auf
der Erde, hüpft aber manchmal etwas. Er liegt oft auf dem Sande und
‚liegt über Nacht am liebsten so; badet sich mit Passion im Wasser.
Herr Pastor Ullenius hatte die Güte mir diesen Vogel zu schenken, als
ich im August nach Hause reiste, und glücklich hat er nun gegen 150
Meilen zurückgelegt. Schon im Anfang August hatte er sein schönes
Sommerkleid abgelegt und sich in seine Herbst- und Winterkleidung ge-
kleidet, welche der Herbsttracht der Emb. schoeniclus gleicht. — —
Im Käfige ist er nicht sehr lebhaft, und man nährt ihn mit Canarien-
saamen und Samen von Trifolium und Alopecurus pratensis. Er liebt die
238
Fliegen sehr.. Er hörte im Juli auf zu singen, begann aber wieder im
November, setzte dann 3 Wochen fort, worauf er ganz schwieg.«
Coccothraustes vulgaris, Pall.
(Loxia coccoth., Linn. Fringilla coccoth. Temm.)
Obwohl ziemlich selten findet man diese Art hier und da nistend
in den südlichen Provinzen von Schweden: Schonen, Halland, Blakinge
und Smaland. Auch in diesen Provinzen ist er noch selten, ist jedoch
mehreremale auch bei Carlstadt, Westeräs und Örebro, wo er sich viel-
leicht auch fortpflanzt, besonders da er in der Nähe letztgenannter Stadt
auch den Winter in mehreren Individuen zubrachte, getroffen worden.
Auch in den Lappmarken ist er angemerkt. Prof. Zetterstedt sah ihn
im Sommer im Juli beim Dorfe Wilhelmina (641% n. B. 34° w. L.) in
Asele Lappmark, so dass man annehmen kann, dass er bis dorthin spo-
radisch heckend vorkommt. Im Winter bleibt wenigstens ein Theil bei
uns zurück — so verhält es sich auch in England und Frankreich.
Chlorospiza chloris, L.,
(Loxia chloris, Lin. Fringilla chloris, Tem m.)
Im südlichen und mittlern Schweden und Norwegen triffi man die-
sen Vogel ziemlich allgemein in den Wäldern heckend, er bleibt auch zum
grossen Theil selbst im Winter hier, wenigstens in den südlichen Pro-
vinzen. In.den Lappmarken ist er noch nicht bemerkt worden; in Nor-
wegen dagegen trifft man ihn noch etwas nördlich um Dowre, so dass
seine. nördliche Grenze zwischen den 63—64.° n, B. zu fallen scheint.
Pyrgita domestica, L. et P. montana, L.
(Fringilla domestica et montana, Lin.)
Bei diesen beiden tritt ein merkwürdiges Verhältniss ein, dass der
erstere nämlich in Norwegen bis Bode (67° n. B.) geht, letzterer aber,
nach Nilsson, noch einen Breitegrad höher bei 68° n. B., noch allgemein
ist; ersterer dagegen kommt in Schweden noch in den Lappmarken, ob-
wohl sparsam, bis Juckasjärwi und Kittälä unterm 68.°n. B. vor und ist
dort Sommer und Winter zu finden, letzterer dagegen ganz und gar
nicht, nicht einmal im südlichen oder Äsele Lappmark, also nicht unter
64.° n. B., oder 4 Breitegrade südlicher als in Norwegen. Doch geht
er vielleicht etwas höher nach Norden hinauf längs der Ostseeküste.
Bei Archangel in Russland traf Liljeborg beide Arten, keinen von bei-
239
den aber bei Tromsö in Norwegen. In den eigentlichen Alpengegenden
kommt auch der Haussperling in den Lappmarken nicht vor, und nur
sehr selten verirrt sich einer nach Ostfinnmarken. Keiner von beiden
findet sich regulär auf Gottland.
F'ringilla cvelebs, L.
Dieser schöne Fink ist im südlichen und mittlern Schweden, wo ein
Theil der Männchen wenigstens überwintert, ein sehr gemeiner Heck-
vogel. In den nördlichsten Landschaften trifft man ihn dagegen in der
Heckzeit seltener. Doch kommt er in den Lappmarken bis in die Al-
pengegenden vor und geht nach Norden bis Iwalojocki unterm 68 1%.
n. B. Beim südlichen Juckasjärwi ist er gemeiner als bei Iwalojocki.
An den Seiten der Alpen geht er wenigstens bis in die Nadelholzregion.
Fringilla montifringilla, I..
So viel mir bekannt nistet dieser Vogel nicht im südlichen und
mittlern Schweden. Erst innerhalb der Lappmarkgrenzen unterm 64.°
n. B. kommt er als Heckvogel vor und nimmt dann an Menge zu je
mehr man nach Norden kommt, so dass man ihn in allen Wäldern an-
trifft bis nach dem Eismeere hinauf, sowohl westlich als östlich vom
Nordeap. An den Seiten der Alpen ‚geht er bis in die Weidenregion
hinauf.
Anm. I. Durch Druckfehler ist Fr. montifringilla in der Naumannia Il. 2. p. 3
als heckender Zugvogel im nordöstlichen Schonen genannt worden.
Anm. II. Fringilla nivalis, Lin., welcher von Prof. Nilsson in d. Ornith. suecia
aufgenommen wurde in Ansehung eines Exemplares, welches man angab als
von Norrland herstammend, ist noch nicht in Skandinavien getroffen worden,
wie er selbst später erläutert.
Carduelis elegans, Steph.
(Fringilla carduelis, Lin.)
Diesen schönen Vogel trifft man sowohl im ‚südlichen als mitt-
lern Schweden hier und da heckend an, und in Norwegen bis Dowrefjell,
worauf er sich selten zeigt, so dass seine Brütegrenze gegen Norden
-
zwischen den 63—64.° n. B. zu fallen scheint. In den Lappmarken ist
240
er von spätern Reisenden nicht getroffen worden, obwohl Leem angibt,
dass er manchmal in den Finnmarken gesehen werden soll.
Carduelis spinus, L.
(Fringilla spinus, L.)
Den Zeisig trifft man heckend durch’s ganze südliche und mittlere
Schweden ziemlich gemein, er kommt aber in der lappländischen Waldre-
gion nur sparsam vor, und nicht nördlicher als bis Quickjock am 67.°
n. B. Wenigstens ist er nicht bei Juckusjarwi oder in den Enare und
Utsjocki Lappmarken gefunden worden; auch nicht bei Tromsö. Auf
die Alpen steigt er bis in die Nadelholzregion und in Schonens Nadel-
wäldern heckt er ebenfalls, und kommt hier, so wie im mittlern Schwe-
den, das ganze Jahr hindurch vor.
Cannabina linota, Gmel., Lath.
(Fringilla cannabina, L.)
Der Rothhänfling gehört nur den südlichen und mittlern' Landschaf-
ten unserer Halbinsel an. In Norwegen geht er bis Dowrefjell, aber in
Schweden ist er schon im südlichen Dalekarlien ein mehr seltner Heck-
vogel und verschwindet zwischen dem 61—62.° n. B. ganz und gar.
In Schonen wenigstens überwintert er zum Theil, in den übrigen Pro-
vinzen aber zieht er im Herbste fort und kommt im Frühjahr wieder.
Cannabina flavirostris, L.
(Fringilla flavirostris, Lin. Fring. montium, Temm., Bonap.)
Bei Lycksele (64% n. B.) traf Prof. Zetterstedt diesen Vogel wäh-
rend seiner Reise in den Lappmarken 1832 (vide p. 62) und er heisst
dort Sissisiten. Später traf er ihn auch bei Wilhelmina unter demselben
Breitegrade wie Lycksele, jedoch tiefer im Lande. Doch scheint er in
der ganzen schwedischen Lappmark, bis in den Polarkreis hinein, sehr
selten zu sein, da Löwenhjelm ihn während seiner beiden Reisen nicht
finden konnte, Nach Prof. Nilsson soll er in den niedern Regionen in
Nähe der Alpen vorkommen. Adj. Liljeborg fand ihn um Tromsö ge-
mein, so dass er ihn bis an’s Eismeer traf, obwohl Malm ihn nicht in
den Ostfinnmarken und Utsjocki und Enare Lappmarken fand. Zur Win-
terzeit ist er im südlichen Schweden und Schonen häufig und kommt
dann oft in die Gehöfte.
Anm. Fring. montium, Gmel, Syst. I. n. 68 ist nicht dieser Vogel. Was Gme-
241
lin dort sagt: „gutture et peetore nigricantibus“ kann durchaus nicht auf diese
Art in irgend einer Jahreszeit angewendet werden.
Linaria rufescens, Viell,
(Fringilla linaria, Lin., Nilss.)
In Norwegen trifft man diese Art nicht eher als am Dowrefjell und
dessen Verzweigungen nach Westen zu, und in Schweden unterm 63.
bis 64.0 n. B., worauf er mehr allgemein wird, je weiter man nach
Norden und in die Alpengegenden gelangt. Auf diesen letzteren geht
er bis in die Schneeregion hinauf. Man trifft ihn sowohl in West-, als
Ostfinnmarken bis an’s Eismeer. Im Winter ist er in Schonen ziem-
lich gemein. .
Anm. Linaria borealis, Viell,, Bonap., Degl. habe ich hier in Schonen im
Winter noch nicht gefunden. Linaria canescens, Bonap., Degl., von Dr.
Kjärbölling in Dänemark gefunden, habe ich auch noch nicht hier finden
können. In wie weit diese beide auf unserer Halbinsel hecken, ist mir nicht
bekannt. Fring. borealis, Keyserl. u. Blas. scheint mir synonym mit L.
canescens, Bonap. zu sein und nicht mit L. borealis, Viell., wie Degland
glaubt. Für ihren F. borealis geben sie folgende Diagnose: „Die Schwingen
mit breiten weissen Säumen, Bürzel rein weiss“, welches wohl aufL. canes-
cens passt, nicht aber auf L. borealis, dessen Bürzel weiss mit rosenrothem
Anstrich ist, oder auch mit schwarzbraunen Längsstrichen. Diese Ansicht
gewinnt auch an Stärke, da Keyserling und Blasius L. canescens, Gould
als synonym mit ihren F. borealis anführen.
Pyrrhüla sanguinea, Klein.
(Loxia pyrrhula, Lin. Pyrrh. europaea, Viell. Pyrrh. vulgaris, Temm., Nilss.)
In den Wäldern des nördlichen Schonens habe ich diesen Vogel im
Sommer selten angetroffen. Ebenso kommt er auch in Smaland und
andern Provinzen des südlichen Schwedens vor, obwohl sehr sparsam
während der Heckzeit; aber in den mittlern Provinzen so wie in Werm-
land und Uppland und andern wird er mehr gemein, und in den Lapp-
‘marken trifft man ihn wenigstens bis Galliware, unterm 67.° n. B. Wahr-
scheinlich ist es jedoch, dass er hier bis an den Alpenrücken an den
Finnmarken, und vielleicht gar über diesen bis an’s Eismeer geht, ob-
-wohl er noch nicht von Reisenden dort getroffen worden ist. Im süd-
lichen Schweden findet er sich jeden Winter in Menge ein.
Anm. Erythrospiza erythrina, Gmel. ist ein einziges Mal auf Gottland ge-
schossen worden, kommt aber nirgends auf unserer Halbinsel heckend
vor.
Naumannia. 1854. 16
242
Corythus enucleator, Lin, Nilss.
Prof. Zetterstedt fand diese Art selten bei Lycksele (64%3° n. B.)
und dürfte sie daher in den ganzen Lappmarken vorkommen, obwohl
sparsam, und obwohl sie nicht von Löwenhjelm observirt wurde, dem
man aber sagte, dass sie bei Jockmock und Galliware vorkommen solle.
Malm fand sie bei Juckusjärwi und in den Nadelwäldern der Enare
Lappmark heckend, obwohl auch dort selten. Da sie von diesem Reisen-
den nicht in den Finnmarken angemerkt, und von Adj. Liljeborg nicht
bei Tromsö gefunden wurde, hat man Ursache anzunehmen, dass sie
nicht den Alpenrücken übersteigt, der Lappland von den Finnmarken
trennt. Prof. Nilsson sagt, dass der Vogel im Sommer mehr dem Innern
des Landes als dert Küstengegenden angehöre. Im Winter geschieht es,
dass diese Art sich im südlichen Schweden einfindet und auch Schonens
südliche und östliche Gegenden, besucht. In diesem Herbste (d. 29. Oct.
1853) hat Forstverwalter Gadamer ihn im nordöstlichen Schonen in
mehreren Exemplaren gefangen.
Loxia pithyopsittacus, Bechst. ct L. eurvirostra, Lin.
Diese Kreuzschnäbel trifft man heckend von Schonen bis in den
Polarkreis, über welchen jedoch nur letztgenannter zu gehen scheint.
Der nördlichste Ort, wo dieser angemerkt wurde, ist Quickjock. Jedoch
soll er, nach Prof. Nilsson, sich in den nördlichsten Provinzen so weit
finden, als es noch Nadelwälder gibt, also noch höher nach Norden
als Quickjock. Im südlichen Schweden ist ersterer am häufigsten, im
nördlichen aber scheint es sich umgekehrt zu verhalten.
Anm.. Zoxia bifasciata, Brehm, Sundew. (Z. leucopiera, Nilss.) war im
October 1845 und Januar 1846 im südlichen und mittlern Schweden gerade
nicht selten. 1841 im August wurde ein junger Hahn auf Tjoöw in den Bo-
huser Scheeren geschossen. Vorher waren nur zwei Exemplare bekannt,
welche in Schweden gefunden worden waren. Forstverwalter Gadamer hat
seitdem auch ein junges Weibchen 1848 gefangen; und sah eine Familie von
mehreren Stücken auf Disteln. Da Liljeborg diese Art als Heckvogel bei
Archangel allgemein fand, sollte man vermuthen können, dass sie auch in
den nördlichen Gegenden unserer Halbinsel hecken möge, besonders da Lilje-
borg ihn im Fichtenwalde antraf, und er also nicht, wie man vermuthete, den
Lerchenwäldern ausschliesslich angehört.
Columba palumbus, L.
In Schonen ist diese Art in der Heckzeit selten, aber schon im
südlichen Smaland trifft man sie ziemlich häufig, und sie kommt dann in
243
allen Nadelwäldern des mittlern Schwedens, sowie auch in Norwegen,
bis zum 63—64.° n. B. vor. Ueber dem 64.° n. B. oder in den eigent-
lichen Lappmarken ist sie nicht angetroffen worden.
Columba oenas, L.
Die Hohltaube ist die gemeinste ihres Geschlechtes im südlichen
Schweden, kommt auch an manchen Stellen im südlichen Norwegen vor,
aber schon im südlichen Dalekarlien, wo vorige gemein ist, trifft man
diese sparsam, und über dem 61.°n. B. scheint sie sich nicht zu finden.
Sie geht nicht so weit nach Norden wie vorige, ist auch in den Lapp-
marken noch nicht getroffen worden. Nördlich um Dowreffjell findet sie
sich auch nicht.
Columba livia, Briss., Nilss.
Diese Art, welche sich auf Klippen am Mittelmeere und in England
findet, trifft man auch auf Rennesö in der Nordsee, nahe Stavanger, an
Norwegens westlicher Küste, unterm 59.° n. B., und ist diess die ein-
zige Stelle in Skandinavien, wo sie heckend vorkommt. Sie ist dort
Standvogel.
Anm. Diese Art hat zwei schwarze Bänder über die Flügel, und ist also nicht
“ Brehms Col. amaliae (Iris XXI. H. 2. p. 136.), welche nur 2—3 schwarze
Flecken auf den Flügeln haben soll. Sie findet sich nicht in Norwegen, in so
weit es nicht eine jüngere C. livia ist-
Columba turtur, L.
Obwohl diese Art noch nicht mit Sicherheit in Skandinavien heckend
gefunden wurde, dürfte sie doch als Heckvogel, obwohl sparsam , vor-
kommen. In Schonen wurde sie 1848 und einmal 1850 gepaart gesehen
(vide Naum. I. 3. p. 9), und schon 14840 wurde ein altes Männchen
im Juli bei Hudikswall (61%5° n. B.) geschossen. Im Jahre 1841 schoss
Pastor Björkman 2 Stück bei Quickjock und im Herbst 1843 sah man
‘einen kleinen Flug derselben daselbst. Seitdem ist sie jeden Herbst
dort gesehen worden. Sie soll von Nordwest nach Quickjock kommen,
besonders wenn viel Schnee in den’ Alpen fällt, und also dem Thalzuge
vom Alpenrücken folgen, wo sie wahrscheinlich heckt. Vielleicht gehö-
ren die Tauben, von welchen Leem spricht und welche er in den Ost-
finnmarken traf, hierher.
Anm. Von Columba gelastes, Temm. (Pl. col. 550.) Schleg. (Fn. Japon. 100.
t. 60. b.) sind bis jetzt 2 Exemplare in Schweden getroffen worden. Die eine,
16 *
244
deutlich eine junge, kam in einer Vogelsendung von Herjeädalen, woselbst sie
im Herbst gefangen und vom Riksmuseum in Stockholm gekauft wurde (Dec.
' 1842). Das andere Exemplar wurde im Oct. 1850 bei Persby 11/, Meile west-
lich von Pite in einer waldigen Gegend, wo es weder zahme noch wilde Tau-
ben gibt, gefangen.
Tetrao urogallus, T,.
In Schonen hat dieser Vogel merkbar abgenommen und man trifft
ihn nur sparsam in den nordöstlichen Wäldern dieser Provinz. In den
übrigen Theilen des Landes, mit Ausnahme von Gottland, trifft man ihn
allgemein, besonders in den mittlern und nördlichen Provinzen, bis in
die Enare Lappmark, und er geht auf die Alpen bis durch die Nadel-
holzregion. In Torne und Enare Lappmark scheint er jedoch nicht über
die Alpen nach Finnmarken hinein zu gehen, da er bei dem, nahe am
Alpenrücken liegenden Karesuando selten ist, und nicht in Utsjocki Lapp-
mark gefunden wird. Der 69.° n. B. »ist sonach die ungefähre Grenze
im Norden, die er nur im Osten übersteigt, soweit das Flachland sich
erstreckt, da er auch am nördlichen Ende des Enaresee’s vorkommt.
Anm. Tetrao hybridus, Lin., Tetr. hyb. urogalloides, Nilss. (T. intermedius,
Langsdorff. Mem. St. Petersb. III. 1811. p. 286. 7. medius, Mey., Temm.
Brhm.) ist Bastard von einem Auerhuhn und einem Birkhahn, und trifft man
ihn nur in solchen Gegenden, wo die Auerhähne ausgeschossen sind. Die
Hähne des Rackelhuhnes kommen wohl mit auf die Auerhahnen- und Birk-
hühner-Balz, aber man hat sie nicht sich paaren gesehen. Sie vertreiben nur
die Hähne und stören die Balz.
Tetrao tetrix, L.
Im nördlichen Schonen und den südlichen und mittlern Wäldern
Schwedens, so wie auch auf den Inseln der Ostsee, ist das Birkhuhn
gemein, in den Lappmarken dagegen ist es: selten, besonders näher den
Alpen; in Westerbotten jedoch ist es ziemlich gemein. Von Löwenhjelm
wurde es am nördlichsten angezeichnet bei Jockmock, im Polarkreis,
und in Finnmarken bei Kitälä (672° n. B.) und von Wright bei Kengis
(673° n. B.), welches zeigt, dass er nach Osten etwas weiter nach
Norden, als nach Westen (näher den Alpen) geht. Jedoch hat Prof.
Nilsson, wenigstens in den mittlern Theilen der Halbinsel manchmal in
der Nadelwald- und Birkenregion auf den Alpen das Birkhuhn angetroffen.
Anm. Tetrao hybridus lagopoides, Nilss. (Tetr. tetrix / var. Sparrm. Thunb.
Sommerfeldt) ist ein Bastard vom Birkhuhn und Schneehuhn (Lagop. subal-
pina), welchen man manchmal in Norrland, Dalekarlien, Wermland, Norbotten
245
und Norwegen getroffen hat. Alle bis jetzt geschossenen Exemplare waren,
so viel ich weiss, Hähne.
Tetrao bonasia, L.
Das Haselhuhn trifft man in Schonen, Blakinge und Halland, so wie
in den südlichen Theilen von Smaland und auf Gottland nicht heckend
an, aber in den nördlichen Theilen von Smaland beginnt es vorzukom-
men, obwohl sparsam; also zwischen dem 57—58.° n. B. In Süder-
manland, Wermland, Uppland und Dalekarlien ist es ziemlich zahlreich,
so auch in Norwegen, und kommt in den Lappmarken bis Quickjock und
Kengis (um den 67. Breitegrad) vor. In der Nähe der Alpenrücken
trifft man es am Fusse der Alpen an. In Norwegen: geht es jedoch
nicht so hoch hinauf als in Schweden’und dürfte kaum Dowrefjell über-
steigen.
Lagopus subalpina, Nilss. et Lag. alpina, Nilss
Diese beiden Arten haben hinsichtlich ihrer Ausbreitung im Lande
dieselbe Heckzone, obwohl sie in dieser an ungleichen Orten getrof-
fen werden. In Norwegen auf dem Dowrefjell und in Schweden in
‚gleicher Polhöhe oder um den 61.° n. B. trifft man südlichst beide Ar-
ten, jedoch so dass erstere Art der subalpinischen Gegend und letztere
den höhern Alpen gehört, wo sie sich besonders in der Weiden- und
Schneeregion aufhält, erstere dagegen nur in der Birkenregion in Menge
angetroffen wird, und sich auch in den Thälern findet. Im eigentlichen
Küstenlande an der Ostsee trifft man aber keine von beiden, ausser im
Winter, wo es geschieht, dass Lagobus subalpina manchmal in südli-
chern Gegenden, so wie in Uppland, Südermanland und im Bohuser Ge-
biete sich einfindet. An Norwegens Küste aber trifft man L. subalpina
bis auf die Inseln, wogegen L. alpina sich auch hier sehr selten zeigt,
und diess nur im Winter, wenn sie von Schnee und Ungewitter vom In-
nern der Alpen herabgetrieben wird, wobei es geschieht, dass beide
Arten bisweilen in die tiefer liegenden und von den Alpen entfernten
Gegenden herabkommen.
Perdix cinerea, Lath.
Das Rebhuhn, welches in Schonen und von hier bis Wermland hin-
auf, bei Carlstadt und in Uppland bei Upsala an passenden Orten sehr
246
gemein ist, und nur in sehr strengen Wintern an Zahl etwas abzuneh-
men scheint, heckt nicht alle Jahre in den südlichen Theilen von Dale-
karlien, und wird nur zufälliger Weise im Winter in Herjeädalen ange-
troffen, so dass seine nördliche Heckzone in die Nähe des 61.° n. B.
einzufallen scheint, also wo L. subalpina vorzukommen beginnt. Südlich
von diesem Breitegrad findet es sich auch an einigen Stellen in Norwegen.
Perdix coturnix, L.
In Schonen ist diess ein seltner Heckvogel (s. Naum. II. 3. p. 7.
ad 25.) und pflanzt sich mit Gewissheit nicht in andern Provinzen unse-
rer Halbinsel fort. Jedoch ist er weit nördlicher gesehen und geschos-
sen worden, so wie auf Gottiland, bei Örebro in Nerike, Trosa in Sü-
dermanland u. a. Stellen, jedoch nur theils während der Zugzeit, theils
auch ohne dass man mit Gewissheit angeben kann, ob er sich an diesen
Stellen fortgepflanzt hat.
Zweite AbtHeilung: Sumpf: und Waffervögel.
Otis tarda, Lin.
Auf den grossen Sandfeldern des östlichen und nordöstlichen Scho-
nen nistet dieser schöne Vogel jährlich in grösserer und geringerer An-
zahl, und diess ist die einzige Provinz der vereinigten Reiche, wo er
während der Brütezeit vorkommt; sonach ist 56° n. B. seine nördliche
Brütgrenze. Nicht weit: von meiner Wohnung ist er seit langer Zeit
gefunden worden, indem man weiss, dass schon Anfang des 15. Jahr-
hunderts die Gutsherrn hierselbst mit Windhunden lohnende Hetzjagden
auf ihn, auf hiesigen Sandfeldern, anstellten. Doch scheint der Vogel
nach Beschreibungen, die man von jener Zeit hat, damals in grösserer
Zahl gefunden worden zu sein, als jetzt. Eine immer mehr zunehmende
Urbarmachung dieser sterilen Gegenden, so wie ein beständiges Jagen
nach ihm verursacht, dass er an Zahl abnimmt, und obwohl er jetzt
durch ziemlich strenge Jagdgesetze mehr geschützt ist, nimmt er doch
jährlich ab, da man in der Anwendung dieser Gesetze zu lässig ist,
und die Zeit dürfte bald kommen, wo wir diesen einzigen Repräsentan-
ten einer Familie, welche an die Straussen der heissen Zone erinnert,
247
ganz und gar aus unserer Vogelliste werden streichen müssen, und sein
hiesiges Vorkommen wird dann nur der Geschichte angehören! — Man
sieht übrigens hieraus, dass Graf Keyserling’s und Prof. Blasius Angabe
(Wirbelth. Eur. p. LXVIID), dass diese Art in Schweden nur »einzeln«
‚vorkommen solle, wenigstens jetzt noch nicht mit der Wirklichkeit über-
einstimmt, wenn mit diesem Ausdrucke ein accidentelles Vorkommen
gemeint sein soll.
Anm.I. Ots tetrax, Lin. ist ein oder das andere Mal sowohl im südlichen als
auch im mittlern Schweden (Schonen, Uppland und Jemtland) gefunden wor-
den, jedoch ohrie dass man weiss, ob er hier gebrütet habe.
Anm. Il. Otis houbara, G mel. wurde einmal auf Gottland getroffen.
Charadrius apricarius, L.
(Charadrius pluvialis, Lin., Temm.)
Im südlichen Schweden ist der Goldregenpfeifer während der Brut-
zeit weniger allgemein, und man trifft ihn dann nur hier und da auf den
Haiden und nassen Wiesen; aber schon im Innern des mittlern Schwe-
dens zwischen dem 59—60.° n. B., wo die eigentlichen Alpengegenden
mit ihren Haiden und Mooren (»Myrer«) anfangen, ist er sehr gemein
und ist es bis an die Küsten des Eismeeres, sowohl östlich als westlich
vom Nordcap. In den Alpengegenden kommt er nicht in den Thälern
vor, — sein eigentlicher Aufenthalt ist die Weidenregion, wo er sich
in sehr grosser Menge findet. In den Finnmarken trifft man ihn jedoch
auch in flacheren Gegenden.
Charadrius morinellus, L.
Der Mornellregenpfeifer gehört den Alpengegenden der nördlichen
Provinzen an, wo er auf den hoch über der Baumgrenze liegenden, mehr
flachen Haiden brütet, also weit höher als vorige Art. Er wird auch,
wie man weiss, auf Spitzbergen gefunden. In Skandinavien ist seine
südliche Brutgrenze in der Nähe des 62.° n. B., von wo er dann brü-
tend an’s Eismeer, zu beiden Seiten des Nordcap, jedoch nicht so häu-
fig wie vorige Art, angetroffen wird. Während der Zugzeit scheint er
dem Kamme der Alpen und nicht den Seeküsten zu folgen; wenigstens
nicht den östlichen. Nach Prof. Nilsson soll er sich während dieser
Zeit manchmal in Schonen einfinden. Ich habe ihn jedoch während mei-
248
ner vieljährigen Jagdzüge nur selten und ausnahmsweise dort gefunden.
Auch in den Bohuser Scheeren ist er nur ausnahmsweise gefunden
worden.
Charadrius hiaticula, L.
Von Schonen bis an die Küsten des Eismeeres, zu beiden Seiten
des Nordcap, wird dieser Vogel nicht nur am Meere, sondern auch an
Landseen, Flüssen und Bächen angetroffen, jedoch im südlichen und
mittlern Skandinavien häufiger als im nördlichen. Auch im Innern des
Landes, in ‚den Alpengegenden, findet er sich, bisweilen sogar auch zahl-
reich auf den eigentlichen Alpen, an dortigen Flüssen und Bächen, so
wie in der Nähe des ewigen Schnee’s, so dass dies Phänomen, welches
Boie zuerst in Norwegen auffiel, wo er diesen Vogel in Gesellschaft mit
vorigem antraf, durchaus nichts Seltenes ist.
Charadrius curonicus, Beseke.
(Charadr. minor, Meyer.)
So wie vorige trifft man auch diese Art sowohl am Meere, als an
den Landseen, jedoch im Allgemeinen weit sparsamer an. An dem
Strande des Wenern, besonders in der Nähe von Carlstadt, soll sie ganz
gemein sein; ebenso auch in den Südermanländischen und Upländischen
Scheeren. Ueber letztgenannter Provinz scheint sie wiederum an Zahl
abzunehmen, und kommt in den eigentlichen Lappmarken nicht vor; auch
nicht in den bergigen Provinzen längs der Alpen, sonach nicht über den
64—65.° n. B. hinaus. Man weiss jedoch noch nicht mit Sicherheit,
wo ihre eigentliche nördliche Grenze ist. An den Küsten des Eismeeres
wurde sie noch von keinem schwedischen Ornithologen getroffen, und
Prof. Liljeborg fand sie in Russland nur am Ladoga, so dass Graf Key-
serling’s und Prof. Blasius Angabe, dass der Vogel »nordwärts bis an
die arctische Küste« ginge, wenigstens nicht auf Skandinaviens arctische
Küste bezogen werden kann.
Charadrius cantianus, Lath.
Der Seeregenpfeifer ist bis jetzt nur in Schonen und zwar nur an
der südlichen Spitze, um Skanör und Falsterbo, gefunden worden, brü-
tet aber dort jährlich in nicht geringer Zahl.
249
Squatarola helvetica, L.
(Charadr. helveticus, Bonap. Vanellus helvet., Viell. Van. melanogaster, Bechst.)
Dieser Vogel, der während des Frühlings und Herbstes nicht selten
an den Küsten des südlichen Schwedens und auf den Wiesen an der
Seeküste vorkommt, findet sich jedoch dort niemals brütend. Auch nicht
im mittlern Schweden. Erst im Polarkreise, auf den morastigen Alpen-
plateaus unterm 67." n. B. fangt er an sich zu zeigen, ist jedoch bis
an die Küste des Eismeeres hin höchst sparsam zu finden. Er kommt
sonach auf der skandinavischen Halbinsel nirgends häufig vor, sondern
er ist im Gegentheil für einen der seltenern Brutvögel hierselbst anzu-
sehen. Wenn er sich im südlichen Schweden zur Herbstzeit einfindet,
hat er schon das Sommerkleid abgelegt. In Schonen sieht man ihn sel-
ten eher als Ende September, und noch am 30. August ist er in der
Nähe des Nordkyn gesehen worden. Auf den Brutplätzen ist er sehr
scheu, und desshalb schwer zu schiessen, da diess sich hingegen be-
kannter Weise ganz entgegengesetzt mit dem Goldregenpfeifer und dem
Kiebitz verhält. _
Vanellus cristatus, Mey.
Diese Art, eine der allgemeinsten unter den Wadern im südlichen
° und mittlern Schweden, geht als Brutvogel nicht sehr weit nach Norden
hinauf — nur bis zum 60—61.° n. B. Sie hört schon zwischen dem
62—63.° n. B. ganz auf, so dass, wenn sich wirklich einmal ein sol-
cher Vogel bis Lycksele (64° 38° n. B.) verirrt, diess als eine grosse
Seltenheit angesehen wird.
Strepsilas interpres, L.
(Strepsilas collaris, Temm.)
An allen östlichen Seeküsten, von Schonen bis Torneä hinauf, trifft
man diesen Vogel, obwohl sparsam, und an der westlichen Küste geht
er wenigstens bis Tromsö in Norwegen (70° n. B.) hinauf. Er scheint
sonach im Norden nicht östlich um’s Nordeap zu gehen, weil man ihn
nicht in den Ostfinnmarken brütend getroffen hat, und er auch nicht
einmal von Prof. Liljeborg bei Archangel gefunden. wurde. Auf der
Westküste ist er auch etwas zahlreicher als auf der Ostküste, welches
auch mit Fabers Observation auf Island übereinstimmt, nach welcher er
auf der Westküste gemeiner sein soll, als auf der Nordküste genannter
Insel. In den nördlichen Theilen Skandinaviens geschieht es manchmal,
250
dass er sich während der Zugzeit von der Küste nach dem Innern des
Landes verirrt. Bei Juckasjärwi (68° n. B.), und bei Quickjock (67°
n. B.), so wie auch ber Karesuando (68Y.° n. B.) im Innern der Lapp-
mark ist er erlegt worden.
Haematopus ostralegus, L.
Obwohl gemeiner als vorige Art, verhält es sich jedoch mit dieser,
was die Verbreitung betrifft, ganz wie mit voriger, nämlich dass sie
nicht östlich vom Nordcap brütet, dagegen bei Tromsö häufig gefunden
wurde, während jene dort seltener ist, und dass sie auch bei Archangel
observirt wurde. An der Westküste ist sie ebenfalls gemeiner, als an
der östlichen. Auch an Landseen nistet der Austernfischer, wird aber
im Norden höchst selten an solchen getroffen.
Grus cinerea, Bechst.
Dieser stattliche Vogel brütet auf den weitläufigen Morästen (»My-
rer«) und Haiden, besonders in Schwedens mittlern Provinzen. Jedoch
findet er sich auch in südlichern wie auch nördlichern Gegenden, so dass
man ihn noch zwischen dem 67—-68.° n. B. als Brutvogel trifft. Jen-
seits dieser Grenze zeigt er sich nur manchmal während der Zugzeit.
‚Ciconia alba, Briss.
Nur Schohen und Halland sind die Provinzen ‚ wo der Storch sich
Brutplätze gewählt, so dass man ihn während der Brütezeit nur in die-
sem, so zu sagen, südwestlichen Zipfel von Schweden, nicht über 57°
n. B., antrifft. Jedoch geschah es, dass er während des Frühjahrszuges
seine Streifzüge manchmal bis über den 65.° n. B. hinaus gemacht, aber
niemals hat er so hoch nach Norden hinauf gebrütet.
Ciconia nigra, IL.
Ist weit seltener als voriger, und beweist auch hier seinen Charakter
eines östlichen Vogels. Wenn voriger in Schonen und Halland brütet,
hat dieser dagegen seinen Aufenthalt in den mehr östlichen Provinzen,
im Kalmarschen und in Ostgothland, und manchmal in Schonens östlichen
Gegenden gewählt. Sonach fällt seine nördliche Brütezone zwischen den
98—59. n. B. Während des Frühjahrzuges geschieht es bisweilen,
wiewohl selten, dass er sich in den westlichen Provinzen zeigt, so wie
z. B. im Bohuser Bezirke und in Dalekarlien, an welchen Stellen er je
251
einmal gesehen wurde. Zur selben Zeit wurde er auch in den östlichen
Provinzen über oben angegebener Grenze hinaus, z. B. bei Upsala u. a.
Stellen geschossen.
Ardea cinerea et stellaris, L.
* An passenden Stellen, im südlichen und mittlern Schweden, brüten
beide Vögel, ersterer jedoch in weit grösserer Zahl afs letzterer, der
mehr sporadisch vorzukommen scheint. Ueber den 60.° n. B. hinaus
dürfte weder der eine noch der andere brütend vorkommen; jedoch ge-
schieht es bisweilen, dass ersterer sich einsam bis zwischen den 63—64.°
n. B. hinauf zeigt. Auf der Westküste ist er im Frühjahre bis bei Salt-
dalen am 67.° n. B. gesehen worden. Bisweilen wird ein oder das an-
dere Individuum von beiden Arten während der Wintermonate am Meere
angetroffen.
Anm. I. Ardea minuta, Lin. wurde vor mehreren Jahren einmal bei Westeräs
geschossen, und dann auch einigemal in Schonen, wo er auch in letztern
Jahren gebrütet haben soll, obwohl es mir nicht bekannt ist, ob es sich jetzt
noch so verhält. Y
Anm. II. Ardea purpurea, Lin. Im vorigen Jahre (1853) bekam ich ein Exem-
plar im Fleische von dieser schönen Reiherart, welches am 18. April hier in
Schonen geschossen worden war. Diess ist däs einzige Beispiel, dass diese
südeuropäische Art sich hierher verirrt hat. Es ist ein älterer Vogel in voll
ausgebildetem Kleide.
Anm. Ill. Jdis falcinellus, Lin. Auch dieser südliche Vogel verirrt sich biswei-
len bis zu unserem kalten Norden, und ist unter solchen Verhältnissen noch
unterm 60. n. B. geschossen worden, und zwar nicht bloss ältere während
des Frühjahrzuges, sondern auch jüngere während des Herbstzuges. So z. B.
wurden am 7. September 1842 bei Upsala 2 junge, Männchen und Weibchen,
geschossen. ’
Numenius arquata, L.
Kommt im südlichen und mittlern Schweden auf den meisten grossen,
wasserhaltigen Wiesen und Mooren in nicht unbedeutender Anzahl brü-
. tend vor. In den mehr in der Nähe der Alpen gelegenen Provinzen ist
er seltener und im Innern des Landes über den 64.° n. B. hinaus brütet
er nicht, obwohl man ihn noch unter höherer Latitude an der östlichen
Küste antrifft. Prof. Nilsson führt an, dass man ihn auf den Inseln an
Norwegens westlicher Küste bis hinauf zum Polarkreise antrifft, wo er
aber gegen den 68.° n. B. aufzuhören scheint, da er von Prof. Liljeborg
nicht bei Tromsö gefunden wurde. In den Finnmarken und an den lapp-
ländischen Küsten östlich um’s Nordcap ist er auch nicht observirt
252
worden, so dass also 65—66° n. B. seine nördlichste Grenze im Osten
zu sein scheint.
Numenius phaeopus, L.
Dass dieser Vogel hier und da auch in Schonen brütend getroffen
wird, ist ganz sicher, obwohl er hier während des Sommers sehr selten
ist. Ebenso glaube ich sicher annehmen zu können, dass er auf Goth-
land (Siehe Naum. 1853 H. I. p. 89) brütet. In den Bohuser Scheeren
brütet er ebenfalls. Auf selbe Weise mag es sich mit mehreren anderen
Orten im südlichen und mittlern Schweden verhalten, obwohl es noch
nicht angemerkt wurde. Im nördlichen Schweden dagegen ist er ge-
meiner und kommt dort auch im Innern des Landes vor, sowohl in der.
Waldregion und in den Mooren der Alpen, als auch im obersten Theile
der Weidenregion, also nahe an der Schneeregion, und so verhält es
sich wenigstens bis gegen Tromsö auf der Westküste, und wie es scheint,
bis an’s Nordcap hinauf, da Prof. Liljeborg ihn während der Zugzeit bei
Tromsö ganz gemein fand. Oestlich um genannte Spitze oder in Ost-
finnmarken und in Utsjocki und Enare Lappmarken ist er nicht observirt
worden, dagegen, obwohl selten, bis Archangel (65° n. B.), wesshalb
man schliessen kann, dass er, wie voriger, im Westen weiter nach Nor-
den hinaufgeht als im Osten, obwohl er auf der Westküste selbst gegen
Norden weiter hinauf brütet, als jener.
Tringa maritima, Brünn.
Diese Art trifft man während keiner Jahreszeit an der östlichen
Küste unserer Halbinsel; auf der westlichen dagegen während des Herb-
stes und Winters bis in die Bohuser Scheeren, wo er im September in
vollem Winterkleid eintrifft und von wo er Ende April oder Anfang Mai
wieder fortzieht. Ein dort am 21. Mai geschossenes Exemplar hatte
beinahe schon das reine Sommerkleid angelegt; ein anderes dagegen,
dort am 22. April geschossen, zeigte noch keine Spur desselben. Der
Brutort dieses Strandläufers sind die hohen Alpenplateaus in West- und
Ostfinnmarken, sonach über dem 68. n. B., wo er auch oft an der See-
küste überwintert. Doch scheint es wahrscheinlich, dass er auf Norwe-
gens Alpenrücken weit südlicher brütet, obwohl er, so viel mir bekannt,
während der Brütezeit nicht südlicher observirt worden ist.
253
Tringa subarquata, Güldenst.
Es ist bis jetzt noch nicht im Klaren, wo diese Art eigentlich auf
unserer Halbinsel brütet; Prof. Nilsson jedoch hält es für wahrschein-
lich, dass es in den nordöstlichen Gegenden sein müsse. Malm fand sie
nicht in den Ostfinnmarken, auch nicht in Enare- und Utsjocki-Lappmark,
wogegen Prof. Liljeborg Anfangs August sie bei Tromsö bemerkte.
Während des Zuges kommt sie sowohl an der West- als Ostküste unserer
Halbinsel vor, und im Museum zu Götheborg stehen mehrere Exemplare
im Sommerkleide, die in Nähe dieser Stadt geschossen wurden. Ueberall
jedoch, auch während der Zugzeit, ist sie selten.
Tringa alpina, L.
Ueber die ganze Halbinsel, von Schonen bis an’s Nordcap, sowohl
westlich als östlich um dieses, kommt dieser Vogel brütend vor; jedoch
ist er in den südlichen und mittlern Theilen gemeiner, als in den nörd-
lichen, in welch’ letztgenannten Provinzen er in den Mooren auf dem
Alpenrücken brütet.
Anm. Tringa pygmaea, Lath. (Tr. platyrhyncha, Temm.) wird bisweilen so-
wohl auf der Ost- als Westküste von Schweden angetroffen, jedoch nur im-
mer während der Zugzeit, und es ist sehr ungewiss, ob er irgend auf un-
serer Halbinsel brütet.
Tringa minuta, Leisl.
Auch von dieser Art haben wir keine sichern Nachrichten, obwohl
es sehr wahrscheinlich ist, dass sie in Norwegens Finnmark_ nistet.
Während der Zugzeit kommt sie ziemlich häufig sowohl an den westli-
chen als östlichen Küsten unserer Halbinsel vor.
Tringa Temmincki, Leisl,
Ein oder das andere Paar dieser Art bleibt zur Sommerzeit in den
mittlern von Schwedens östlichen Provinzen unterm 59.° n. B.; diess
"kann man jedoch nur als Ausnahme betrachten, da sie dort noch sehr
selten ist. Erst innerhalb der Grenzen Lapplands oder unterm 65.° n. B.
beginnt sie sich öfter, wenn gleich auch noch nicht häufig zu zeigen,
besonders auf grasbewachsenen, höhern Alpenplateaus, an Seen und
Bächen im Weidengesträuch. Von hier aus trifft man sie dann brütend
bis an’s Eismeer, also in den norwegischen Finnmarken, zu beiden Sei-
ten des Nordcaps, fast an allen Mooren und kleinern Seen, auf Alpen-
256
wenigstens bis zum Polarkreise, obwohl daselbst selten. Ob er jenseits
desselben vorkomme, ist ungewiss, scheint auch nicht wahrscheinlich
zu sein.
Totanus glareola, L.
Diese Art kommt vom südlichen Schweden an bis nach den Lapp-
marken hinauf sehr häufig vor, geht im Innern des Landes bis an den
Kamm der Alpen, dem sie bis zum 69.0 n. B. folgt, und verbreitet sich
darauf östlich bis zur Mündung des Passwigilflusses, unterm 70. n. B.
Sie übersteigt sonach nicht den Alpenrücken, und wird auch in Norwe-
gens Finnmarken nicht angetroffen. Ob man sie aber anderweitig in Nor-
wegen antrifft, ist mir nicht bekannt, ich sehe es aber für nicht wahr-
scheinlich an, da sie von keinem dort Reisenden (deren Anzeichnun-
gen mir vorliegen) notirt wurde. Findet sie sich dort, so dürfte es nur
in den südlichsten Gegenden sein. Mittlerweile hat sie in Skandinavien
ihre grösste Verbreitung gegen Osten zu und verläugnet daher nicht
ihren Charakter als östlicher Vogel, als welchen sie sich auch im übri-
gen Europa zeigt.
Totanus glottis, L.
(Scolopax glottis, Lin. S. N.)
Auf Gothland fand ich diesen Vogel brütend, so wie er auch unter
solchem Verhältnisse in den Bohuser Scheeren gefunden wurde. Seine
südliche Brütegrenze fällt demnach zwischen den 57—58.° n. B. ein.
In den Lappmarken kommt er in der ganzen Waldregion vor, hauptsäch-
lich jedoch auf den Mooren am Fusse der Alpen und hat dieselbe Ver-
breitung wie voriger, so dass man ihn nicht in Norwegens Finnmark,
wohl aber an der Mündung des Passwigilflusses findet; er charakterisirt
sich sonach als einen mehr östlichen Vogel. Sein Nest baut er, nach
Malm, zur Seite eines kleinen Grashügels, unter eine Birke oder Wei-
denstrauch und es enthält 4 birnenförmige Eier, welche schmutzig wachs-
gelb gefärbt und überall mit schwarzen und dunkelbraunen Flecken be-
streut sind. Löwenhjelm, der ebenfalls die Zahl der Eier mit 4 angibt,
sagt, dass sie gelblichweiss und dicht mit rothbraunen Flecken und Punk-
ten bestreut seien.
Anm. I. Totanus stagnatilis, Bechst. ist weder zur Brüte- noch Zugzeit bis
jeizt in Skandinavien gefunden worden. \ ;
Anm. Il. Totanus semipalmatus, Lath. soll einmal in Uppland geschossen
257
‚worden sein. Das Exemplar, welches als dort geschossen aufgestellt ist, ist
ein älterer Vogel im Sommerkleide,
Limosa aegocephala, L.
(Limosa melanura, Leisl.)
Der einzige Brutplatz für diese Art in Skandinavien ist Gothland
(s. Naum. 1853. H. I. p. 88). So viel bekannt ist, wird sie während
der Zugzeit niemals an Skandinayiens Küste getroffen, wesswegen man
vermuthen kann, dass sie von und zu jener Insel direkt über Deutschland
oder die russischen Ostseeprovinzen zieht.
Limosa rufa, Temm.
(Scolopax lapponica, L.)
Nur im östlichen Theile des höchsten Nordens unserer Halbinsel
brütet dieser Vogel mit Sicherheit; dort fand Malm ihn sehr gemein in
Gesellschaft mit Tot. glottis in der Enare-Lappmark, also zwischen dem
68—70.° n. B. Jedoch übersteigt er nicht den Kamm der Alpen, da
er nicht in der norwegischen Finnmark, weder östlich noch westlich
um’s Nordkap, vorkommt. In England ist er Wintervogel, der im Herbste
dort ankommt und im Frühjahre wieder fortzieht. Während der Zugzeit
trifft man ihn im südlichen Schweden, sowohl auf der Ost- als Westküste,
und v. Wright hält es für wahrscheinlich, dass er auf den Bohuser
Scheeren brüte, weil er daselbst schon am 1. Aug. ein Paar alte Vögel,
so wie auch nur eben ausgewachsene Junge schoss. Brütet er dort, so
ist dies die einzige Brutstelle in unserem Lande, wo man ihn, so weit
es erforscht ist, in südlicheren Gegenden antrifft.
Scolopax rusticola, L.
Von Schonen bis nach Lappland hinauf trifft man diesen wohlbe-
kannten Vogel brütend. Die nördlichste Stelle, wo man ihn observirt
hat, ist Gelliware Kirkplatz unterm 67° 20° n. B., woselbst er im Früh-
jahre gegen den 15. Mai eintrifft. Seine nördliche Brütegrenze dürfte
sonach in die Nähe des 68.° n. B. fallen, besonders‘ auch, da Malm, der
über ein Jahr in Enare-Lappmark, nördlich von jenem Breitegrad, zuge-
bracht hat, dort diesen Vogel während keiner Jahreszeit antraf. Ueberall
ist: er jedoch in Skandinavien während des Sommers einzeln, da er
hingegen in mehr östlichen Gegenden sehr zahlreich ist, so z. B. in Si-
birien; es ist desswegen auch zu vermuthen, dass er in Norwegen nicht
Naumannia. 1854. 17
258
so weit nach Norden hinaufgeht, als in Schweden. In gelinden Wintern
geschieht es, dass einige hier zurückbleiben, wie es in England jederzeit
ist, wo er, so wie vorige Art; nur während genannter Jahreszeit ge-
troffen. wird; und da man ihn ausserdem auch nicht auf Island hat, so
scheint seine Brütezone eine mehr schräge nordöstliche Richtung zu haben.
Scolopax major, Gmel.
Im südlichen und mittlern Schweden brütet dieser Vogel ziemlich
allgemein, jedoch keinesweges in Menge. Wie hoch nach Norden er
eigentlich steigt, dürfte noch nicht sicher erforschst sein. Er ist wenig-
stens noch in Uppland »allgemein«, und Prof. Zetterstedt hat ihn unter
den Vögeln.notirt, welche er in Lycksele-Lappmark traf, also wenigstens
noch unterm 65. n. B, Löwenhjelm fand ihn nicht in den Umeä-, Luleä-
und Piteä-Lappmarken, wesswegen letztgenannter Breitegrad für seine
nördliche Grenze angenommen werden kann.
Scolopax gallinago, 1.
Diese Art ist die gemeinste unter ihren Verwandten in den südli-
chen und mittlern Theilen der Halbinsel, und fährt auch fort auf der
Westküste es zu sein bis zum 70. n. B. und ohne Zweifel auch bis
an’s Nordcap. Oestlich dagegen nimmt sie gegen Norden zu ab und ist
sparsamer zu finden als im Westen, obwohl man sie hier und da auch
noch in den Lappmarken, auf den Alpenmooren, bis zur Weidenregion
hinauf gefunden hat. In der Enare-Lappmark ist sie, nach Malm, überall
selten, kommt jedoch bis zum 69.° n. B. vor. Indess hat man Ursache
anzunehmen, dass sie auch im Osten noch höher nach Norden geht, da
sie auf die Alpen bis in die Weidenregion steigt, wesswegen es wahr-
scheinlich ist, dass sie auch in den Ostfinnmarken zu finden ist, beson-
ders da sie auch bei Archangel, am weissen Meere, in Sibirien, auf
Island und in Grönland vorkommt.
Scolopax gallinula, L.
Auch diese Art trifft man, obwohl sehr sparsam an denselben Stel-
len, wie vorhergehende; doch scheint sie im Innern des Landes, als
Brutvogel, sich mehr an’die Provinzen zu halten, welche längs der Al-
penketten hin liegen, als an die längs der Ostseeküste, da sie sowohl
im östlichen -Schonen als auch auf Göthland und in Uppland während
der Brütezeit nicht gefunden worden ist, wohl aber in Wermland und in
259
_ Lappland, in welch’ letzterer Gegend sie nur neben und auf den Alpen
in der Weidenregion gefunden wird. Diess stimmt ganz mit dem Ver-
halten in Dänemark überein, wo sie, nach Dr. Kjärbölling, in den west-
lichen Theilen von Jütland brütet. In Norwegen ist sie bis zum 70.
n. B., obwohl selten, gefunden worden, und im Osten und Schwedens
mittlern Provinzen fand man sie bis in die Nähe des 68. n. Breitegrades;
sie dürfte indess doch wohl noch höher nach Norden hinaufgehen. Frei-
lich fand Malm sie nicht in der Enare- und Utsjocki-Lappmark, auch
nicht in der norwegischen Finnmark, also nicht östlich vom Nordcap und
über dem 65.° n. B. Es scheint demnah auch von diesem Vogel zu
gelten, dass er eine mehr östliche Verbreitung hat, da er sich in Sibi-
rien findet, während er auf Island oder Grönland nicht vorkommt. Auch
brütet er nicht in Frankreich oder England, so wie vorige, sondern
bringt nur den Winter dort zu. Nach Prof. Nilsson brütet sie bei Lund,
so wie an andern Orten im südlichen und südwestlichen Schonen. Zu
den östlichen Theilen Schonens, so wie auch zu Schwedens Östseepro-
vinzen kommt sie nur während des Frühjahrs- und Herbstzuges.
Rallus aquaticus, L.
In den westlichen Gegenden des südlichen und mittlern Schwedens
so wie auch in Schonen und in Norwegen kommt dieser Vogel brütend
vor, obwohl selten. Die Grenze für seine Brütezone im Norden ist noch
nicht mit Sicherheit bekannt. Bisweilen überwintert ein oder der andere
hier in Schonen. So wurden nicht weit von meinem Wohnorte mehrere
zur Weihnachtszeit 1852 geschossen.
Rallus crex, L.
Dieser wohlbekannte Vogel findet sich über ganz Skandinavien, we-
nigstens bis zwischen den 67—68.® n. B., wo wahrscheinlich seine nörd-
liche Brütegrenze ist. In Gelliware in der Nähe des 67.0 n. B. kommt
er Ende Mai an.
Rallus porzana, L.
Wie weit dieser Vogel eigentlich nach Norden hinaufgeht, ist noch
nicht genau erforscht; er wird aber wenigstens noch unterm 61.° n. B.
brütend getroffen, kommt jedoch ohne Zweifel noch nördlicher in den
Provinzen längs der Ostseeküste vor.
Ser
260
Gallinula chloropus, L..
Nur im südlichen und mittlern Schweden brütet dieser Vogel, jedoch
ziemlich sparsam, und seine Grenze gegen Norden scheint zwischen den
59—60.° n. B. zu fallen.
Fulica atra, L.
Im südlichen und mittlern Schweden ist dieser Vogel sehr gemein
in mit Schilf bewachsenen Flüssen und kleinen Seen. Auch in den mitt-
lern und südlichen Theilen von Norwegen kommt er vor, so dass die
nördliche Grenze für seine Brütezone in der Nähe 63.° n. B. zu fallen
scheint.
Phalaropus hyperboreus, L.
Erst innerhalb des Polarkreises trifft man diese Art brütend an, bis
hinauf an die Küsten des Eismeeres, sowohl östlich als westlich vom
Nordcap. Innerhalb dieser Zone brütet sie sowohl auf den Alpen, wie
auch im Innern des Landes und an den Küsten, überall jedoch sehr
sparsam.
Anm. Phalaropus fulicarius, Lin., den man während der Zugzeit an Skandi-
naviens nördlicher und westlicher Küste trifft, ist noch nie auf unserer Halb-
insel brütend gefunden worden.
Recurvirostra avocetta, L.
Wurde früher auf Gothland brütend gefunden, kommt aber dort
nicht mehr vor. Auf Öland wird sie jedoch noch sparsam gefunden, und
ist diess ihr einziger Brutplatz hier zu Lande. Auf der südwestlichen
Spitze von Schonen ist sie auch mehrmals zur Zugzeit gesehen und ge-
schossen worden.
Lestris pomarina, Temm.
Als Brutvogel kommt diese Art auf der Westküste Skandinaviens
vom Polarkreise bis an’s Eismeer sowohl westlich als östlich vom Nord-
cap vor. Jedoch ist sie östlich von genannter Spitze weit gemeiner,
als westlich von ihr, da Malm sie am Eismeere in den Ostfinnmarken
gemein fand, während sie von Prof. Liljeborg nicht bei Tromsö bemerkt
wurde. Prof. Nilsson sagt auch in seiner Skandin. Fauna, dass sie auf
der Nordwestküste, häufigst jedoch in den Finnmarken, hier aber immer
noch weniger zahlreich als folgende vorkomme.
261
Lestris parasitica, Brünn, Nilss.
(Lestr. parasitica, Keyserl. & Blas. Stercorarius cepphus, Degl.)
In den Bohuser Scheeren, also unterm 58.° n. B., brütet diese Art
jährlich, obwohl in geringer Anzahl. Diess ist also ihre südlichste Brüte-
grenze in Skandinavien. An Norwegens Küsten ist sie gemeiner und
nimmt an Zahl zu, je näher man dem Polarkreise kommt. Sie brütet
auch am Eismeere zu beiden Seiten des Nordcap und ist in den Ost-
finnmarken gemeiner als vorige. An den nördlichern Küsten der Ostsee
brütet sie auch (Prof. Nilsson); jedoch muss diess unter weit höherer
Breite als auf der Westküste sein.
Lestris Buffonii, Boie.
(Lestr. cepphus, Keyserl. & Blas. Stercorarius longicaudatus, Degl.)
Innerhalb des Polarkreises, im Innern des Landes, wurde diese Art
brütend gefunden. Löwenhjelm erzählt folgendes über sie: »Dieser Vogel,
der den Lappländern wie den in den Lappmarken wohnenden Schweden
unter dem Namen »Skaiti« sehr wohl bekannt ist, und welcher nach
ihrer Angabe alljährlich auf Haiden und Mooren in der Nähe grösserer
oder kleinerer Wasserzüge auf den Hochalpen vorkommt, wurde von
mir schon während voriger Reise, obwohl da vergebens gesucht; diess-
mal wurden meine eifrigen Wünsche besser erfüllt, und ich bekam mehr-
mals Gelegenheit, die interessante Lebensweise dieses Vogels zu studiren.
Auf den inner der Schneeregion liegenden weit erstreckten Haiden auf
der Alp Peliekaisin traf ich das erste Exemplar, welches, ohne irgend
welche Scheu zu zeigen und auf flacher Erde liegend, geschossen wurde.
Dieses, ein Männchen, war wie es schien ganz allein. Alsdann sah
ich nicht eher einen Skaiti mehr, als bis ich auf der Reise nach Alka-
vare (25. Juli) ungefähr 6 Meilen in die Alpen vorgedrungen und zum
Alpthale Wassja gekommen war; da traf ich wiederum einige herum-
- fliegende Paare. Je mehr unser Zug weiter gegen Kölen (Seweberg)
vorschritt, desto zahlreicher kamen diese Vögel vor, welche bei Alle-
ware in grösster Zahl gesehen wurden. Während der Weiterreise über
sumpfige Alpenplateaus wurden sie sowohl an Bächen, Seen und Mooren,
als auch auf trocknen, steinigen Alpenhügeln, je an den Seiten der Al-
penspitzen zwischen ewigem Schnee, paarweise fliegend bemerkt, genau
jeden ungewöhnlichen Gegenstand betrachtend, ob vielleicht einige der
vielen Kameraden etwas zurückgelassen hätten, was den grossen Heiss-
hunger und die Raubgier derselben hätte befriedigen können. Unauf-
262
hörlich sah man diese leichten Luftsegler hüpfenden Fluges die Räume
durchschneiden und die schönsten und gewandtesten Wendungen und
Schwenkungen machen, um entweder auf die entdeckte Beute herabzu-
stürzen, oder ihre Kameraden zu verfolgen, oder ihnen auszuweichen.
Hierbei, und indem sie uns aus Besorgniss für ihre Jungen verfolgten,
liessen sie zu jeder Tageszeit ihren rauhen und zornigen Schrei: »2--i-ch !
je-ch! je ch!« hören und kamen uns im Fluge so nahe, dass wir Steine
und Stöcke nach ihnen werfen konnten, und ich sie mit dem feinsten
Hagel schoss. Die Jungen verbargen sich so gut, dass ich nicht mehr
als eines zu sehen bekam. Die geschossenen Skaiti waren sehr fett
und ihr Magen enthielt Beeren von Empetrum nigrum, eine grosse
Mückenart (Tipula speculum), unzerstückt verschlungene Alpenmäuse,
Vogeleier und Käfer, z. B. Nebriae., Obwohl auch Möven hier waren,
sah ich sie doch nicht von den Lestris angefallen werden, wohl aber
sah ich einen Skaiti herabstürzen und, von einem Schneehuhn heftig
verfolgt, wieder auffliegen, welches den Friedenstörer fortjagte und so
seine vielen Jungen reitete.«
Anm, Lestris catarrhactes, Lin. Ob diese Art in Skandinavien brüte oder
nicht, weiss man nicht mit Gewissheit. Während anderer Zeiten jedoch wurde
sie manchmal an den nördlichen Küsten Norwegens observirt.
L.arus marinus et fuscus, L.
Beide Arten brüten von Schonen bis an’s Eismeer hinauf, wenig-
stens westlich vom Nordcap. Merkwürdig genug traf Malm weder die
eine noch die andere östlich von genannter Spitze oder in Osifinnmar-
ken, da Prof. Liljeborg sie beide am weissen Meere, und erstere auch
bei Schuretskaja fand.
Larus glaucus, Brünn.
Nur an der Eismeerküste über dem 70.0 n. B. und, so wie es
scheint, nur östlich vom Nordcap brütet dieser Vogel in Skandinavien.
Auf Kenön in den Ostfinnmarken fand Malm ihn ansässig. Pastor Som-
merfelt zählt ihn mit unter den in Saltdalen (67° n. B.) vorkommenden
Vögeln auf, jedoch ob er dort brütet, weiss ich nicht. Im Winter findet
er sich auch an der Ostseeküste, besonders an der Finnischen Küste
bis zum 29." n. B.; auf der Westküste dagegen ist er auch während
dieser Jahreszeit sehr selten, und nur zuweilen trifft man ihn so weit
herab, wie in den Bohuser Scheeren, und dann nur jüngere Individuen.
263
Anm. Larus leucopterus, Fab. Nur im Herbst und Winter trifft man diesen
Vogel auf Skandinaviens Westküste bis zum Öresund herab, obwohl es zu
den Seltenheiten gehört, dass er so weit herabkommt, da er kaum den 59.°
n. B. überschreitet. So viel man weiss brütet er nicht auf Skandinaviens
Halbinsel.
Larus argentatus, Brünn.
Hier und da auch im südlichen Schweden brütet dieser Vogel, fin-
det sich jedoch nicht eher häufig als an der Küste des mittlern Theiles
der Halbinsel, wo er an gewissen Stellen sehr grosse Brutkolonien hat,
und von dort kommt er dann bis ans Eismeer zu beiden Seiten des
Nordcap vor. Auch zur Winterzeit findet er sich an unsern Küsten.
Larus canus, 1..
In Schonen ist diess die gemeinste Art ihres Geschlechtes und fährt
fort es zu sein durch den ganzen südlichen und mittlern Theil von
Skandinavien, so wie auch in den nordwestlichen Theilen von Norwegen.
In den nordöstlichen, oder östlich vom Nordcap, ist sie jedoch am Eis-
meere seltener, wogegen folgende Art allgemein ist. An Landseen und
Mooren trifft man sie nicht allein in den südlichern Theilen des Landes,
sondern auch in den nördlichern. Auch auf den höhern Alpen der Lapp-
mark ist sie an den Alpenseen, sogar an solchen, die im Sommer kaum
frei von Eis werden, gesehen worden.
Larus tridactylus, L.
Nur in den westlichen und nordöstlichen Theilen der skandinavi-
schen Halbinsel trifft man diesen Voyel brütend. Die südlichste Stelle,
wo man ihn nistend gefunden hat, ist auf der Insel Tjörn in den Bohuser
Scheeren, also um den 58.0 n. B. Obwohl auch hier selten, fällt jedoch
seine Brütezone nicht ganz und gar in die arctische Zone , wie man es
hätte vermuthen können. Auch sogar an der Ostsee brütet er, und zwar
‘unter weit südlicherer Breite, als oben angegeben. Auf Christiansö in
der Nähe von Bornholm (55,30 n. B.), soll er sich nämlich auch fort-
pflanzen. An Skandinaviens Ostseeküste brütet er so viel man weiss
nicht. An Norwegens West- und Nordküste ist er gemein, und zwar.
bis an’s Eismeer, sowohl westlich als östlich vom Nordcap. Im Winter
kommt er auch an Schonens Küste, obwohl selten.
Anm. Larus eburneus, Gmel. brütet nicht in Skandinavien, wird jedoch jähr-
lich im Winter in Norwegens Finnmark angetroffen und geht von dort bis
264
nach Trondhjem herab. Auch an der Ostseekliste findet sie sich dann 'biswei-
len ein, obwohl diess bloss ausnahmsweise geschieht.
Larus ridibundus, L.
In Skandinavien hat die Brütezone dieses Vogels ihre höchste nörd-
liche Verbreitung gegen Osten. Am westlichen Küstenlande ist sie brü-
tend kaum nördlicher observirt worden als bis zum 56. n. B., wogegen
sie sich im östlichen Küstenlande noch 2 Grade höher hinauf findet. Es
ist um so mehr bemerkenswerth, da dieser Vogel in Dänemark bis in’s
nordwestliche Jütland heraufgeht. Der Grund dazu muss wohl darin
liegen, dass Jütland mehr flach ist, und Schwedens westliches Küsten-
land überm 56. n. B. ärmer an Wasserzügen und noch höher hinauf
bergiger ist, als die östlichen Gegenden.
Anm. Larus minutus, Pall., welche früher auf Gothland brütete, kommt jetzt
dort nicht mehr vor, (s. Naum, 1853. H. I. p. 78.)
Sterna caspia, Pall.
Nur sporadisch kommt diese grosse und schöne Seeschwalbe in
Schweden brütend vor, besonders in den mittlern Theilen des Landes,
z. B. in den Bohuser Scheeren, in Wermland am See Wenern, auf
Gothland und in den Sudermändischen Scheeren. Man hat sie gegen
Norden hinauf gefunden bis Tornei oder in der Nähe des 66.° n. B.
Auf der Westküste Norwegens ist sie nicht gefunden worden, so. viel
mir bekannt ist. Ueberall kommt sie nur paarweise vor und niemals bei
uns in Kolonien, und sie scheint sich wenig mit ihren Verwandten ver-
tragen zu wollen, welches um so merkwürdiger ist, da sie sich an süd-
lichern Brutplätzen geselliger zeigt. |
Anm. Sterna canliaca, Gmel. ist einmal bei Gothenburg geschossen, nirgends
aber im ganzen Lande brütend gefunden worden.
Sterna hirundo, L.
Von den schonischen Küsten bis zum Polarkreise hinauf trifft man
diese Seeschwalbe sehr häufig. Innerhalb des Polarkreises brütet sie,
obwohl sparsamer, bis zum 68.0 n. B., sowohl an der Küste, wie auch
‚an den Landseen im Innern des Landes, jedoch nicht in der Enare-Lapp-
mark. Im östlichen Schonen , wie auch auf Gothland habe ich sie vor-
zugsweise an Landseen und Mooren getroffen. An vorgenannten Stellen
in Schonen findet sie sich an der Meeresküste nur da, wo Flüsse ihre
Mündungen ins Meer haben, und auf Gothland traf ich sie gar nicht an
265
der Seeküste. Ob es sich so längs der ganzen Ostseeküste verhält,
weiss ich nicht, aber auf der Westküste brütet sie sowohl im Innern
der Fjorden als weit hinaus auf den Scheeren.
Sterna macrura, Naum.
(Sterna arctica, Temm.)
An allen Küsten der skandinavischen Halbinsel vom südlichsten Scho-
nen bis an’s Eismeer, sowohl westlich als östlich vom Nordcap, ist
diese Art gemein. In den Lappmarken trifft man sie auch im Innern
des Landes an Landseen und am süssen Wasser brütend, so wie es
sich auch, nach Faber, auf Island so verhält.
Anm. Sterna paradisea, Brünn. (St. Dougalli, Montag.) ist noch niemals an
Skandinaviens Küste gefunden worden. Auch nicht St. anglica, Montag.,
obschon man beide in Dänemark brütend gefunden hat.
Sterna minuta, IL.
Nur in Schonen, Halland und auf Gothland findet man diesen Vogel
brütend, und hat er demnach innerhalb Skandinaviens Grenzen unter
allen seinen Verwandten die beschränkteste Brütezone, da er kaum den
97.0 n. B. übersteigt.
Sterna nigra, N. F. Sv. p. 56.
‘Diese Art geht etwas weiter nach Norden hinauf als vorige, indem
man sie nicht allein in Schonen und auf Gothland, sondern auch bei
Gothenburg, und, nach Prof. Nilsson, bis Uppland hinauf brütend trifft;
also im Westen bis zum 58.0 und im Osten bis zwischen den 59—60.°
n. B. Jetzt jedoch soll sie sich nicht mehr bei Ultuna in Paola fin-
den, welchen Ort Linne in seiner Fauna anführt.
Anm. I. Sterna leucoptera, Meisn. et Schinz. wurde einmal, am 1. Juni
1835, am Getinge-Flusse nahe bei Lund in Schonen geschossen, anderweitig
aber niemals gefunden.
Anm. II. Diomedea exulans, Lin. ist, nach Brünnich (Ornith. boreal. p. 31,)
einmal an der norwegischen Küste gefunden worden.
Anm. II. Diomedea chlororhynchus, Gm el. hat man, nach Esmarch, eben-
falls einmal in 2 Exemplaren bei Kongsberg in Norwegen erhalten.
Anm. IV. Procellaria glacialis, Lin. Ob diese Art wirklich an Skandinaviens
Küste brütet, ist noch nicht mit Sicherheit ausgemacht, obwohl es wahr-
scheinlich ist. Prof. Nilsson führt an, dass die Fischer an Norwegens West-
küste einstimmig versichern, dass sie jährlich auf den vom Lande entfernte-
sten Klippeninseln bei Nordlanden und der Finnmark brüte, welches auch
darin etwas für sich hat, dass man zur Sommerzeit diesen Vogel bisweilen
266
in diesen Gegenden auf dem Meere sieht. Malm fand ihn nirgends im Som-
mer an den Küsten der Ostfinnmarken, Im Winter dagegen findet er sich dort
gemein, und in selber Jahreszeit sieht man ihn auch nicht selten an Norwe-
gens Westküste, und er soll, wie man vermuthet, dafin auch in den Bohuser
Scheeren vorkommen.
Anm. V. Thalassidroma pelaygica, Lin. Mit dieser Art verhält es sich ganz
wie mit voriger. Man trifft sie bisweilen auch im Sommer bei trübem und
stürmischem Wetter auf dem Meere an Norwegens Westküste, jedoch ob sie
irgendwo auf unserer Halbinsel brütet, ist noch nicht sicher. Bisweilen ge-
schieht es sogar, dass man sie im Kategatt trifft; sie ist auch mehreremale
im Herbste in Schonen gefangen worden.
Anm. VI. Puffinus anglorum, Ray., Temm. (P. arcticus, Fab. Nectris puf-
finus, Keyserl. et Blas.) Auch bei diesem Vogel ist es nicht ausgemacht,
ob er an der Westküste unserer Halbinsel brütet, obwohl man ihn in der
Nähe der von den Küsten entfernt liegenden klippenvollen Scheeren antrifft.
Anm. VIL Puffinus major, Fab., Degl. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass
diese Art bisweilen an Skandinaviens nördlichsten Küsten getroffen wird, ob-
wohl man noch bis-jetzt nichts Sicheres darüber weiss.
Cygnus musicus, Bechst.
Obwohl diese Art bisweilen sogar auch in Schwedens südlichster
Landschaft, (z. B. bei Trolle Ljungby, wo sie vor einiger Zeit mehrere
Jahre hinter einander brütete) nistend getroffen worden ist, gehört sie
doch den nördlichen Theilen unserer Halbinsel an, wo sie in Lapplands
Mooren und Seen sich fortpflanzt. Die südliche Grenze ihrer Brütezone
fällt in die Nähe des 65.° n. B., von wo man diese Art im Sommer bis
wenigstens zum 70.° n. B., und wahrscheinlich auch bis an die nörd-
lichste Küste des Eismeeres antrifft, obschon sie, nach Löwenhjelm,
eigentlich nicht den -Alpengewässern angehört, sondern den Seen am
Fusse der Alpen in dem weiterstreckten Waldlande. Im Winter ist sie
an allen Meeresküsten des südlichen Schwedens gemein, auch findet sie
sich in dieser Zeit an allen Küsten Norwegens, sowohl an den südlichen
als nördlichen.
Cygnus olor, Gmel.
Nur als eine Zierde kommt diese Art gezähmt auf Herrenhöfen vom
südlichern Schweden bis in die Gegend von Upsala vor. Im südlichen
Schweden dagegen kommt sie auch im wilden Zustande brütend auf
mehreren Torfmooren und Landseen in Schonen vor, und ist sonach
diese Provinz der einzige Brutplaz dieser Art auf unserer Halbinsel. Im
Winter und Frühjahr trifft man sie an der westlichen und südlichen
Küste von Schonen. (Prof. Nilsson.)
267
Anser cinereus, Mey.
In den östlichen Provinzen des südlichen und mittlern Schwedens
brütet diese Art; wie hoch sie aber nach Norden geht, ist noch nicht
ausgemacht. In Schonen, Blekinge, Smoland und im Joucköpinger Kreise
pflanzt sie sich sicher fort; aber in den Bohuser Scheeren und in Upp-
land findet sie sich nur im Frühjahre und Herbste, und .ist in diesen
Jahreszeiten an beiden Stellen gemein. Ob sie bei Gothenburg brüte,
wie man angegeben hat, ist zweifelhaft. In Wermland und Dalekarlien
findet man sie in keiner Jahreszeit. In den südlichen Lappmarken da-
gegen wird sie bisweilen im Frühjahre erlegt, wenn sie sich, obwohl
selten, in Gesellschaft mit Anser segetum dort einfindet. In der Enare-
und Utsjocki-Lappmark kommt sie während keiner Jahreszeit vor. Auf
Spitzbergen dagegen hat Prof. Löwen sie gefunden. In Norwegen
kommt sie nicht vor. Hiernach sieht man also, dass sie auch auf unserer
Halbinsel ihren Charakter als östlicher Vogel nicht verleugnet.
Anser segetum, Gmel,
Hat vorige Art ihren eigentlichen Standort in den östlichen Pro-
vinzen des südlichen Schwedens, so nimmt diese dagegen die westlichen
und nördlichen Gegenden ein. Während des Zuges ist sie von mir noch
nie auf Schonens östlicher Küste getroffen worden, wogegen gerade da
die vorige gemein ist. Auch noch in keiner Jahreszeit ist sie bei Upsala
angetroffen, aber auf Gothland dagegen findet sie sich ein, obwohl sehr
selten. Auf der Westküste Schonens,: in den- Bohuser Scheeren, in
Wermland und Dalekarlien ist diese Art in genannter Jahreszeit allge-
mein, brütet aber nirgends in den vorgenannten südlichen Gegenden.
Erst zwischen dem 65—66.° n. B. findet sie sich brütend, sowohl auf
: den Inseln an Norwegens Westküste, als auch auf den grössern Mooren
im Innern der grossen öden Wälder der schwedischen Lappmark. Je-
doch ist sie an der Südgrenze ihrer Brütezone noch sparsam, bis man
über den Polarkreis gelangt ist, wo sie unter 67° n. B. sehr häufig ist.
Gegen Norden «trifft man sie dann bis an die Küste des Eismeeres, und
gegen Nordorst noch sowohl in Enare- als in Utsjocki-Lappmark. Sie
brütet demnach sowohl westlich als auch östlich vom Nordcap. Auf
den Gewässern der eigentlichen Alpen wird sie niemals angetroffen,
268
Anser albifrons, Gmel.
(Anser erythropus, & Lin. F. Sv.)
Nur während des Zuges findet diese Gans sich im südlichen und
mittlern Skandinavien ein, während der Brutzeit aber niemals. Nur in
den nördlichen Theilen unsrer Halbinsel brütet sie auf den Mooren und
Haiden der höhern Alpen, nahe am Wasser, worin sie sich also von vo-
riger Art unterscheidet. Um den 66.0 n. B. ist die südliche Grenze
ihrer Brütezone, von wo sie, den Bergrücken mit ihren Verzweigun-
gen folgend, durch die ganze Lappmark und Finnmark bis an’s Eis-
meer, sowohl östlich als westlich vom Nordcap, getroffen wird. Löwen- .
hjelm, der sie auf den Mooren der höchsten Alpen fand, erzählt fol-
gendes: »In. grossen Schaaren hielten sie sich auf dem Wihrijaur bei
Sirkasloukt, dem Staddajaur und Kasakjaur, welcher von dem lappländi-
schen Namen der Gänse »Kasak« seinen Namen erhalten hat, auf. Hier
in den grossen, für Menschen fast undurchdringlichen Weidengebüschen
verbergen sie sich und verlieren ihre Flügelfedern Ende Juli; die Woche,
da diess geschieht, nennen die Lappen ebenfalls »Kasak«, weil es dann
Zeit ist sie mit Hunden zu jagen. Hierbei werden sie entweder von
Hunden todtgebissen oder aus dem Weidig herausgetrieben und von den
Lappen, welche zum Voraus am See Posto gefasst, sicher, dass die
Gänse ihre Rettung in diesem suchen werden, todigeschlagen. Hierbei
sollen sie sehr geschwind laufen. Auf einer Jagd ein Dutzend zu tödten
wird für Nichts angesehen.« In der Enare- und Utsjocki-Lappmark ist
sie gemeiner als vorige Art.
Anm. I. Anser minutus, Naum. (Anser Temminckii, Boie, Degl. Ans. medius,
Temm. Anser eineraceus, Brehm) soll nach Dr. Kjärbölling sich ebenfalls
in den Lappmarken finden, ist-aber bis jetzt noch von keinem dort Reisenden
von voriger getrennt worden, so dass ihre Brütezone, wenn diese auf unserer
Halbinsel zu finden sein möchte, jetzt noch nicht genauer bestimmt werden
kann. Nur jüngere Individuen sind bis jetzt einigemal im südlichen Skandi-
navien gefunden und die Artrechte sehr bezweifelt worden. :
Anm. Il. Anser hyperboreus, Gmel. ist noch nie auf Skandinavien gefunden
worden, so weit bekannt ist.
Anser leucopsis, Bechst.
(Anas erythropus £ Lin. S. N. Ans. erythropus, Degl.)
Während der Zugzeit trifft man diese Gänseart, obwohl im Ver-
gleich mit anderen ihres Geschlechtes ziemlich selten, in den mittlern
und südlichen Theilen unserer Halbinsel, wo sie auch bisweilen in ge-
269
linden Wintern überwintert. Wenigstens geschah diess bei Trolle Ljungby
in Schonen, wo ich sie noch in der Weihnachtzeit habe auf Feldern
einfallen sehen, um dort an Getreideschobern ihrer Nahrung nachzu-
gehen. In den Lappmarken ist sie dem Volke ganz unbekannt, da man
dort nie eine Gans mit schwarzen Füssen geschossen hat, und da sie
dort auch nicht von einem der in letzterer Zeit dort reisenden Ornitho-
logen während der Brütezeit gefunden worden ist, so ist es nicht wahr-
scheinlich, dass sie, wie Dr. Kjärbölling angibt, in den lappländischen
Seen sich fortpflanzen sollte, wenigstens nicht normal; ihre eigentliche
Brütezone scheint weiter östlich und nördlich zu fallen, als auf unserer
Halbinsel, besonders da sie in grosser Menge in den nordöstlichen Thei-
len Russlands und in Sibirien gefunden’ wurde *). Doch scheint sie sich,
wenn auch sehr selten, in den nordöstlichen zu Russland gehörigen Thei-
len unserer Halbinsel zuweilen fortzupflanzen, da Malm auf Kamasjocki
in der Enare-Lappmark ein einziges Paar brütend fand, sie aber sonst
nirgends während der Brütezeit sah, weder in Ostfinnmarken, noch in
Utsjocki-, Karesuando- und Juckusjärwi-Lappmark.
Anm. I. Anser bernicla, Lin., Temm., Degl. (Ans. torquatus, Frisch. Nilss.
Anser brenta, Pall., Keyserl. u. Blas.). Es ist sehr dem Zweifel unter-
worfen und ganz unwahrscheinlich, dass diese Art auf unserer Halbinsel brütet,
da sie nirgends in letzterer Zeit von irgend einem reisenden Ornithologen,
weder an den Küsten Norwegens noch im Innern der Lappmarken, nicht ein-
mal in der Enare- und Utsjocki-Lappmark, oder in den Ostfinnmarken in Nor-
wegen gefunden worden ist. Auch brütet sie, nach Faber, kaum auf Island
und, nach Holböll, erst unterm 73.° n. B. in Grönland. Während der Zug-
zeit ist sie auf unseren Meeren die gemeinste aller ihrer Verwandten, be-
sonders auf der Ostsee. An der Westküste dagegen scheint sie vergleichs-
weise sich sparsamer einzufinden, und v. Wright bemerkt, dass er sie in den
, Bohuser Scheeren, in gewissen Jahren, nur im Frühjahre in kleinern Gesell-
schaften gesehen habe. Noch ist zu bemerken, dass Middendorff in Sibirien
diese Art unter 75° n. B. nistend antraf, und diess wie es scheint, sehr
sparsam, obwohl er mehrere nach Norden ziehen sah.
Anm. Il. Anser ruficollis, Pall. brütet nicht auf unserer Halbinsel, sondern ist
nur, so viel bekannt, zweimal hier getroffen worden, indem man ein Exem-
plar, einen jüngern Vogel, in einem Graben nahe bei Lund, Anfang October
1793, fing, und ein anderes, ein älterer Vogel, wurde auch lebend in einem
Graben am Landwege bei Ystad im Spätherbste 1830 gegriffen. Sie wurden
also beidemale in Schonen gefunden.
*) Merkwürdig bleibt es doch, dass diese Art von Middendorff nirgends in Sibi-
rien angetroffen worden ist, obwohl die Samojeden behaupteten, dass sie nicht sel-
ten im Taymyr-Lande vorkomme.
270
Vulpanser tadorna, L.
(Anas tadorna, Lin.)
Nach Boie soll diese Art bisweilen auf Skandinaviens Westküste
innerhalb des Polarkreises angetroffen werden, welches aber seltener zu
geschehen scheint und dürfte sie kaum normal so weit nach Norden
brüten. Im südlichen Schweden brütet sie an den Küsten Schonens,
des Bohus- und Calmarbezirkes und Gothlands, und in den Süder-
mannländischen Scheeren sah ich sie selbst zur Sommerzeit. Sie geht
demnach als Brutvogel auf der Ostküste unserer Halbinsel wenigstens
bis zum 59.0 n. B. Ob sie an dieser Küste in der Brütezeit noch hö-
her nach Norden steigt, ist noch nicht ausgemacht, und wie hoch sie an
Norwegens Westküste nach Norden hinaufgeht dürfte bis auf Weiteres
auch noch nicht zu entscheiden sein.
Rhynchaspis celypeata, L..
(Anas elypeata, L.)
Diese Art scheint eine der seltner auf unserer Halbinsel brütenden
Enten zu sein, obschon sie hier eine sehr ausgebreitete Brütezone hat.
In Schonen findet man sie an mehreren Orten, so auch im Bohuser Be-
zirke, auf Gothland, in Westgothland und Südermanland. Auch in den
übrigen Provinzen des mittlern Schwedens längs der Ostsee hat man sie
während der Brütezeit gefunden, sogar bis in den Polarkreis hinein, wo
sie sich bei Quickjock fortpflanzt; also, obwohl in geringer Zahl, bis
zum 67.° n. B. Doch gilt diese angegebene Brütegrenze gegen Norden
nur für die östlichen Gegenden der Halbinsel, keineswegs aber für die
westliche, wo diese Art gar nicht vorkommen dürfte. Wenigstens ist
sie nicht angemerkt bei Dahlsland und der Wenerngegend, auch nicht
in Dalekarliens Wasserzügen. Ob sie sich in Norwegen findet ist mir
nicht bekannt. Jedoch scheint ihre Brütezone eine mehr östliche Rich-
tung gegen Norden zu haben, so dass es nicht wahrscheinlich ist, dass
sie in Norwegen sehr hoch nach Norden hinauf brüten sollte. „In Russ-
land fand auch Prof. Liljeborg diese Art ziemlich häufig, sowohl bei
Nowaja Ladoga als bei Archangel. Auf Island findet sie sich nicht.
Anas boschas, I..
Zur Winterzeit ist diese Ente sehr häufig auf dem Meere an den
Küsten des südlichen und mittlern Schwedens, und nur ein geringer
271
Theil, meistens Weibchen, die in dieser Zeit hier seltener sind, ziehet
fort, wenn das Eis sich allgemeiner verbreitet hat, wogegen derjenige
Theil, der zurückbleibt, seine Nahrung in offenen Flüssen in Gesellschaft
mit folgender Art sucht. Während der Brütezeit trifft man sie nicht
allein in Skandinaviens südlichern und mittlern Provinzen, sondern auch
in den nördlichern, wo sie normal bis zum 68.° n. B. geht. Ueber die-
sen Grad hinaus kommt sie wohl auch manchmal brütend vor, diess
dürfte aber mehr ausnahmsweise geschehen. So sah Prof. Liljeborg sie
nur ein einziges Mal bei Tromsö in Norwegen und Malm nur ein einzi-
ges Mal in Enare-Lappmark.
Anas acuta, L.
Obwohl sparsam brütet diese Ente doch auch im südlichen und
mittlern Schweden. Diess scheint äber nur in den östlichen Provinzen
zu geschehen, z. B. im östlichen Theile von Schonen, Blakinge, Calma-
rerkreise, Gothland u. s. w., da sie nur in der Zugzeit im Bohuser Be-
zirke, und in keiner Jahreszeit in Dahlsland, Wermland und Dalekarlien
angemerkt ist. Gegen Norden aber wird sie häufiger, sowohl in den
östlichen als auch westlichen Theilen unserer Halbinsel, und nimmt zu,
je mehr man sich dem Polarkreise nähert, innerhalb desselben sie zahl-
reich ist, z. B. bei Muonioniska und Karesuando und in der Enare-Lapp-
mark bis zur Mündung des Palsjocki unterm 70.° n. B. Sie scheint je-
doch auch hier noch nicht aufzuhören, da sie nicht, wie die meisten
ihrer Verwandten, an Landseen und Süsswasser gebunden ist, sondern
auch auf den Inseln im Meere brütet; desswegen kann man annehmen,
dass sie bis an den Strand des Eismeeres, sowohl östlich als auch west-
lich vom Nordcap geht, besonders da Prof. Liljeborg sie noch ziemlich
häufig um Tromsö in Norwegen fand. Löwenhjelm erzählt über sie Fol-
gendes: »Zu den Lebensmitteln dieses Vogels gehören auch die Beeren
von Vaccinium myrtillus. Bei Arvidsjaur schoss ich am 20. Aug. ein
- Männchen, welches, in Gesellschaft mit andern Kameraden, im Walde
aufgescheucht wurde, wo sie wahrscheinlieh sich aufhielten um zu wei-
den; denn das geschossene Exemplar hatte den ganzen Oesophagus mit
Blaubeeren gefüllt.«
Anas penelope, L.
Obwohl eigentlich dem höhern Norden hier zu Lande angehörend,
trifft man diese Art doch hier und da im mittlern Schweden, besonders
272
in dessen westlichen Provinzen, z. B. im Bohuser Bezirke und in Werm-
land, in welch letzterer Provinz sie gemein ist. Auch in Smaland soll
sie bisweilen brüten, und ihre südliche Brütgränze scheint sonach in der
Nähe des 57. n. B. zu fallen. In den östlichen Gegenden des mittlern
Schwedens ist sie dagegen, als Brutvogel betrachtet, ein seltener Vogel,
z. B. in Uppland. Gegen Norden dagegen wird sie häufiger, sowohl in
den westlichen, als ‘östlichen Theilen der Halbinsel, so dass sie in den
Lappmarken, wo sie bis an die Alpen geht, ein sehr gemeiner Brutvo-
gel ist. Sie steigt jedoch nicht auf die Alpen und deren Gewässer
hinauf, sondern hält sich, so wie die beiden vorigen, an die Nadelholz-
region. In den nordöstlichen Gegenden, z. B, in der Enare-Lappmark,
ist sie weit häufiger als vorige Art und findet sich dort brütend an der
Mündung des Palasjocki, also bis an den 70. n. B. Bei Tromsö in
Norwegen traf Prof. Liljeborg diese Ente im September während des
Zuges häufig, und scheint sie in unserer Halbinsel unter angegebenem
Breitegrade aufzuhören ein gemeiner Brutvogel zu sein, da sie weniger
häufig als vorige am Meere brütet. Trifft man sie oberhalb angegebener
Grenze, so möchte diess zu den Seltenheiten gehören. Dass sie in der
Enare-Lappmark häufiger ist, als vorige, dürfte seinen Grund darin ha-
ben, dass sie ihrem Charakter nach ein mehr östlicher Vogel ist als
diese, welches man auch daraus ersieht, dass sie auf Island während
der Brutzeit weit seltener ist als Anas acuta. Auch wird sie weiter
nach Osten gefunden als genannte Art, da sie auch auf Japan, wo die
Andere sich gar nicht, oder wenigstens sehr selten finden soll, vor-
kommt, obschon beide noch zusammen in Sibirien angetroffen werden.
Während der Zugzeit ist der Vogel im südlichen Schweden gemein.
Anm. Anas strepera, Lin. Nur in Schonen und bei Gothenburg ist diese Art
bisweilen gesehen und geschossen worden. Mir wurde angegeben, dass eine
Ente mit weissem Spiegel in einem Moore im südlichen Schonen nicht weit
von Ystad brüten solle, und diess kann wohl nicht gut eine andere Art als
diese sein; aber da ich mich noch nicht habe davon überzeugen können, ob
diese Angabe auch Stich hält, so sehe ich ihr Vorkommen als Brutvogel hier-
selbst bis auf Weiteres noch als zweifelhaft an, besonders da man noch kei-
nen andern Brüteplatz für sie kennt. Bei Gothenburg wurde ein junges
Männchen im September 1851 geschossen.
Anas querquedula, L.
Diese Art scheint nur den südlichen und mittlern Theilen Schwe-
dens anzugehören. Im Bohuser Bezirke und Wermland ist sie ziemlich
gemein. Auf Gothland dagegen ist sie sehr selten. Auch in Süderman-
273
land trifft man sie höchst selten und in Uppland und Dalekarlien ist sie
nicht angemerkt. Sonach fällt die nördliche Grenze ihrer Brütezone
zwischen den 59—60.° n. B. Jedoch geschah es bisweilen, dass sie
weit höher im Norden, wie z. B. bei Torneä, gesehen wurde, wozu wir
den Grund natürlich in ihrem Vorkommen in Sibirien suchen müssen,
von wo sie sonach während der Zugzeit über Finnland bisweilen unter
höhern Breitegraden eintrifft, als sonst hier gewöhnlich ist. Nach Prof.
Nilsson soll sie in Norwegen nicht vorkommen, wonach also ihre Brüte-
. zone im Norden ihre grösste Verbreitung nach Osten zu hat.
Anm. Anas falcaria, Pall., welche den östlichen Theilen Asiens angehört, und
so viel bekannt, bis jetzt nicht in Europa getroffen worden ist,
wurde Ende April vorigen Jahres (1853) bei Skellefteä in Wester-
botten geschossen und wird nun in Apotheker Dyhrs Sammlung aufbewahrt.
In Sibirien nistet diese Art häufig in Stanowöj-Gebirge bis in die Nähe des
Kammes hinauf. (Middendorff.)
[4
Anas crecca, 1..
In ganz Skandinavien ist diese Art während der Brütezeit sehr ge-
mein und nimmt ungefähr dieselbe Zone ein, wie Anas boschas. Jedoch
ist sie in den nördlichen Theilen weit häufiger als diese; scheint auch
etwas höher gegen Norden zu gehen, indem Malm sie häufig in Enare-
Lappmark bis an den 69.° n. B. fand; auch Prof. Liljeborg fand sie im
August bei dem noch höher liegenden Tromsö (70° n. B.) häufig, wo-
gegen er dort nur eine einzige A. boschas sah. Daraus könnte man
sonach den Schluss machen, dass sie auch an den nördlichsten Küsten
unserer Halbinsel, sowohl westlich als" auch östlich vom Nordcap vor-
kommen sollte, besonders da sie auch, so wie Anas acuta, auf den In-
seln im Meere, und sonach nicht allein am Süsswasser, brütend getrof-
fen wird. Sie ist aber unter solcher Latitude nirgends hier angemerkt.
Im Innern des Landes geht sie nach Löwenhjelm »bis an den Fuss der
Alpen« im Norden, also nur bis in die Nadelholzregion, aber nach Prof.
Nilsson soll sie »sowohl auf dem Flachlande, wie auch auf Bergen und
Alpen« brüten; diess letztere spricht daher für ihr Vorkommen nördlich
um den 70.° n. Breite.
Fuligula ferina, L.
Der einzige Brutplatz, den man für diese Art in unserem Lande
mit Gewissheit kennt, ist Gothland, wo sie jedoch sehr selten ist. Sie
brütet nirgends in dem nördlichen Skandinavien, und ist nur bisweilen
Naumannia. 1854. 18
274
bei Karesuando angetroffen worden. Nicht einmal in den nordöstlichen
Theilen der Halbinsel ist sie während der Brütezeit gefunden worden,
was man doch hätte vermuthen mögen, da sie sich in Sibirien fortpflanzt.
Prof. Liljeborg fand sie jedoch im europäischen Russland nördlich nur
bis Nowaja Ladoga. Im Winter aber kommt sie bisweilen an unsere
Küsten, an die östlichen wie die westlichen, meistentheils aber einzeln
oder in Gesellschaft mit anderen ihrer Verwandten, niemals in Schaaren.
So ist sie mehrmals in den Bohuser Scheeren in Gesellschaft mit Ful-
gula clangula und eristata, und an der Ostküste von Schonen nicht weit
von meinem Wohnorte geschossen worden. Alle diese waren jüngere
Exemplare.
Fuligula marila, L.
Dieser Vogel hat auf unserer Halbinsel selbe Brütezone wie F\ gla-
cialis, ist jedoch daselbst weniger häufig als die meisten seiner Ver-
wandten. Er gehört mehr dem Flachlande nahe an den Alpen,-als den
eigentlichen Alpgewässern an, wesswegen man ihn auch nicht so hoch
auf die Alpen hinauf trifft, wie F\ glacialis, sondern nur in der Nadel-
holzregion. Hieraus folgt nun auch, dass er nicht so hoch nach Norden
"hinauf geht, wie eben genannte Art. Man hat ihn auch nicht weiter
als bis zum 69.0 n. B. in der Enare-Lappmark,; nicht aber in den Ost-
finnmarken brütend gefunden. Prof. -Liljeborg sah ihn auch bei Tromsö
nur während der Zugzeit. In den östlichen Gegenden der nördlichsten
Landschaften unserer Halbinsel ist er auch gemeiner, als in den westli-
chen. So ist er häufig in Enare, selten dagegen bei Karesuando, so wie
auch, wie schon gesagt, in den übrigen der schwedischen Lappmarken.
Bisweilen bleibt ein oder der andere zufälligerweise während des Som-
mers m weit südlichern Gegenden unserer Halbinsel, jedoch ohne dass
man mit Sicherheit bestimmen könnte, ob er gebrütet. So werden meh-
rere in den Bohuser Scheeren gefunden. Prof. Nilsson vermuthet auch,
dass ‘er bisweilen in den nordöstlichen Theilen Schonens brüte, weil er.
von dort Eier erhalten hat, welche in Grösse, Form und Farbe ganz
denen glichen, welche er durch Faber von Island erhalten. Selbst, habe
ich jedoch im Sommer diese Tauchente niemals in genanntem Theile von
Schonen observirt; nur im Winter findet sie sich hier, und dann meistens
jüngere Vögel. Nur einige Male erhielt ich ältere. So verhält es sich
auch, nach v. Wright, in den Bohuser Scheeren; auch ist sie im Winter
sogar selten bei Gothland und Uppland. In Wermland und Dalekarlien
275
ist sie niemals bemerkt worden; diess lässt vermuthen, dass sie wäh-
rend der Zugzeit überall seltener ist als die meisten übrigen Verwand-
ten, und dass es sich also hier anders verhält, als in Dänemark, wo sie,
nach Dr. Kjärbölling, zur Winterzeit »die gemeinste Tauchente« ist.
Fuligula cristata, Ray., Steph.
(Anas fuligula, Lin.)
Nur in Skandinaviens nördlichen und östlichen Gegenden überm
64. n. B., niemals in dessen westlichen, also nicht auf der andern
Seite der Alpen, trifft man diese Art brütend. Inner angegebener Grenze
ist sie häufig bis an die Alpen, steigt aber niemals auf diese hinauf,
und gehört sonach der Nadelholzregion an. In den nordöstlichen Gegen-
den ist sie sehr gemein und am zahlreichsten in der Enare-Lappmark
bis zwischen den 69—70.° n. B., aber auch hier trifft «man sie nicht
nördlich von den Alpen, oder in West- und Ost-Finnmarken. Sie zeigt
sonach auf Skandinavien vor allen Tauchenten am deutlichsten ihren öst-
lichen Charakter. Im Winter kommt sie an die Küsten des ‚südlichen
und mitilern Schwedens, jedoch mehr junge als alte Vögel.
Fuligula glacialis, L.
(Anas glacialis et hiemalis, Lin.)
Nirgends im südlichen und mittlern Schweden brütet dieser Vogel,
sondern nur im Winter besucht er in grosser Zahl diese Küsten. Eigentlich
gehört er während der Brütezeit den nördlichen Theilen des Landes
überm 64—65.° n. B. an, wo er sich hauptsächlich an die Alpen hält,
besonders an hoch auf diesen liegenden Seen, ja sogar an so hoch lie-
gende, dass deren Ufer im Sommer mit Eis bekränzt sind, also in der
Weidenregion, nicht weit von der Schneeregion. Doch trifft man ihn
auch, obwohl seltener, auf dem Flachlande, so wie z. B. in der Enare-
Lappmark. Ueber oben angegebene Grenze hinaus findet man ihn an-
sässig bis an’s Eismeer zu beiden Seiten des Nordcap.
Anm. Fuligula histrionica, Lin. Es ist sehr merkwürdig, dass diese Art noch
nirgends auf unserer Halbinsel brütend gefunden worden, da sie doch nicht
selten auf Island und Grönland und in Sibirien ist, sonach unter gleicher
Polhöhe wie die nördlichsten Theile unserer Halbinsel. Man findet sie nur
im Winter an unserer Küste, und dann noch sehr selten, und wie es scheint
nur ausnahmsweise, obwohl sie bisweilen weit nach Süden herab geht.
18*
276
Fuligula clangula, L.
In Schonen weiss ich keinen Ort, wo sie nunmehr noch brütet,
obwohl sie nach Prof. Nilsson sich auf dem Ifösee, nicht weit von mei-
nem Wohnort, fortgepflanzt haben soll. An einigen Stellen in Smaland
soll sie noch in dortigen Seen und Mooren brüten, also in Nähe von
57° n. B.; doch ist sie weder in Bohus, noch Dalekarlien, Uppland oder
auf Gothland brütend gefunden worden. Unterm 59.° n. B.*) ist sie in
Wermland im Sommer, und überm 62.° n. B. sehr häufig bis an die
Alpen, sonach nur in der Nadelholzregion; auch trifft man sie nach
Nordost bis zum 70." n. B. Auch soll sie sich nach Malm in »den Finn-
marken« bis an letztgenannten Breitegrad, also nördlich von den Alpen,
finden. Jedoch hat Prof. Liljeborg sie. nicht bei Tromsö in Norwegen
angemerkt. Darnach möchte ich den Schluss machen, dass ihre Brüte-
zone in den höher nach Norden gelegenen Gegenden schon eine mehr
östliche Richtung angenommen habe, besonders da sie, nach Holböll, sich
nicht auf Grönland findet, sondern dort durch Ful. Barrowü ersetzt
wird, zu welcher als synonym ohne Zweifel auch Fabricii Anas elangula
und Anas glaucion (Fn. Grönl. p. 69—70) gerechnet werden muss.
Dieselbe östliche Richtung findet man auch auf Island wieder, da Faber
anmerkt, dass die Art »im Südlande seltener als im Nordlande« sei. —
Neber die Art und Weise, wie diese Ente ihre Jungen vom Neste auf's
Wasser transportirt, gibt Löwenhjelm folgende, ihm von Pastor Björk-
man in Quickjock gemachte Mittheilung: »Während Pastor Björkman mit
einem Knechte an einem See sich aufhielt, um Sammetenten zu schiessen,
sahen sie von ihrem Verstecke, wie ein Schellentenweibchen plötzlich
nahe bei ihnen im Wasser einfiel, und bald wieder fortflog; als sie nun
aber genauer aul’s Wasser sahen, bemerkten sie ein kürzlich ausgekom-
menes Junges an der Stelle liegen, von welcher die Schellente aufstand.
Sie wunderten sich, auf welche Weise es dorthin gekommen sei, als
die alte Ente aufs Neue an selber Stelle einfällt, auffliegt und wieder
ein Junges zurücklässt. Auch jetzt noch nicht konnten sie bemerken,
auf welche Weise die kleinen Jungen dorthin gebracht worden waren;
aber als die alte Ente zum dritten Male ankam, sahen ‚sie, dass sie ihren
Kopf in sonderbar gebogener Weise hielt, und die folgenden Male ge-
wahrten sie endlich, dass die Mutter das Be in einer Schleife, welche
*) Vide Naumannia 1853. p- 295, wo es heisst, dass die Art, in Wermland
nistend, „gemein“ ist.
277
durch das Anziehen des Schnabels an die Brust gebildet wurde, aufs
Wasser transporlirte. Diese Erzählung stimmt auch ganz mit den Aus-
sagen der Colonisten, wie die Schellente ihre Junge von hohen Bäumen
auf's Wasser herab transportire, überein.« Hierbei will ich nur erinnern
— was allgemein bekannt ist, und worauf hier jedes Weib besteht,
welche brütende Haushühner und Enten verpflegt —, dass diese nemlich,
wenn ihre Nester etwas nahe liegen, Eier von einander auf diese Weise
stehlen, indem sie dieselben »unterm Kinn« von dem-einen zum andern
Neste tragen. Dass die meisten Wasservögel, welche auf Bäumen oder
auf hohen Klippen brüten, ihre Jungen, sobald sie ausgebrütet sind, auf
solche Weise auf's Wasser herabtransportiren, scheint mir mehr wahr-
scheinlich, als dass diess, wie man behauptet hat, auf dem Rücken oder
im Schnabel geschähe. Auf erstere Weise würden die schwachen Jun-
gen, so gleichmässig auch der Flug der Mutter in diesem Augenblicke
sein möchte, nicht balanciren können, wenn schon sie sich mit Schnabel
und Füssen festhalten könnten, und letztere Transportweise erscheint für
das Leben des schwachen Jungen allzu gefährlich wegen des ungleich-
mässigen und doch sehr harten Druckes, den der bei mehreren Arten
sehr schmale Schnabel bewirken müsste, wenn er dasselbe am Halse oder
quer über den Leib griff, besonders da das feine Dunenkleid des Jungen
nicht so elastisch ist, dass es den Druck mildern könnte. Auf oben an-
gegebene Weise dagegen wird der Druck, der beim Transporte auf das
Junge ausgeübt wird, einigermassen gleichförmig und durch die Elasti-
cität der Federn am Halse der Mutter vermindert, wobei auch dessen
Federn dazu beitragen, das Junge ohne die geringste Anstrengung fest
halten zu können. — So wie für Mergus meryanser, so auch hängt man
für diese Art an ihren Brutplätzen Kästchen mit einer Oeffnung auf,
worin sie ihre Eier legt, um dann besteuert zu werden,
Oidemia nigra, L.
Nimmt folgende Art eine mehr östliche Region ein, so hat diese
ihre grösste Verbreitung gegen Süden in den westlichen Theilen unserer
Halbinsel, indem sie in Norwegen bis zum 60.0 n. B. herab, auf den
Dowre-Alpen und deren Verzweigungen, und alsdann auch durch ganz
Norwegen bis an’s Eismeer zu beiden Seiten des Nordcap, brütet. In
Schweden selbst ist sie nicht so südlich brütend gefunden worden. Erst
unter 64° n. B. trifft man sie, wofern sie nicht in Herjeädalens und Jemt-
lands Alpengegenden vorkommen sollte. Auch in Enare-Lappmark- ist
278
sie ein gemeiner Brutvogel. In den hier angegebenen Grenzen ist sie
gemeiner als folgende Art.
Oidemia, fusca, L.
Diese scheint eine ganz entgegengesetzte Verbreitung nach Süden zu
haben, indem sie ein ganz gewöhnlicher Brutvogel im nordöstlichen Scho-
nen, in Blakinge, Calmarschen und auf Gothland ist, wogegen sie aber
nicht, oder wenigstens höchst selten, im westlichen Schonen und im
Bohus brütend getroffen wird, obwohl sie in Norwegen dieselbe Grenze
hat wie vorige. Im Osten geht der Vogel also auf der ‚Halbinsel bis
zum 55—56.° n. B., im Westen aber kaum tiefer als bis zum 60. n. B.
herab. Ueber diese Grenzen hinaus trifft man sie westlich noch in den
Polarkreis hinein, im Osten dagegen bis zum 70.°n.B., und sie ist hier
in Enare-Lappmark ganz häufig. Dieselbe Ungleichheit zwischen diesen
beiden Verwandten, welche von ihrer Brütezone gilt, findet man auch
bei ihrer Zugzeit wieder. Oidemia nigra ist im Frühjahre und Herbst
an den Wermländischen Küsten und in Dalekarlien ziemlich häufig, wo
man Oidemia fusca vergebens sucht; und in den Bohuser Scheeren wie-
derum ist vorige im Winter gemein und wird in grossen Schaaren an-
getroffen, da hingegen letztere wohl jährlich sich dort einfindet, jedoch
nirgends in Menge. In den östlichen Landschaften dagegen ist vorige
während der Zugzeit sehr selten, da hingegen letztere an Gothlands,
Calmars, Blakinges und Nordost-Schonens Küsten ganz gemein ist. Auch
nach Liefland soll vorige während des Zuges sehr selten kommen.
Oidemia perspicillata, 1.
Die einzige Stelle, wo diese Art auf unserer Halbinsel brütet, ist
Enare-Lappmark, wo sie sich, nach Malm, fortpflanzt, aber doch sehr
selten ist. Einmal ist sie auch bei Karesuando in den Lappmarken ge-
schossen worden, ist jedoch nirgends in den schwedischen Lappmarken
brütend gefunden worden.
Somateria Stelleri, Pall.
Nur an der Eismeerküste der Ostfinnmarken und der Enare-Lapp-
mark findet man diesen Vogel brütend, und er soll dort sowohl im Win-
ter wie im Sommer häufig sein. Man trifft ihn, so wie die eigentlichen
Eidervögel nur am Meere und niemals im Innern des Landes am Süss-
wasser. Bisweilen geschieht es, dass er im Winter die östlichen Küsten -
279
Schwedens besucht, da .er sich dann auch bei Gothland einfindet. Bei
Dalarö und Stockholm ist er auch geschossen worden. Jährlich kommt
er in dem finnischen Meerbusen vor, so wie folgende, ist jedoch, soviel
mir bekannt, noch nie an Skandinaviens Westküste gefunden worden.
Somateria spectabilis, I.
Auch diese Art brütet in den Fjorden (Busen) der Küste von Ost-
finnmarken, obwohl weniger häufig, als folgende. Bisweilen kommt sie
im Winter auch an die Ostküste unserer Halbinsel und jährlich zum
finnischen Meerbusen. Auch an der Westküste Norwegens ist sie manch-
mal gefunden worden.
Somateria mollissima, L. .
Vom südlichsten Theile Skandinaviens bis an die Küsten des Eis-
meeres, westlich und östlich vom Nordcap, findet man diesen Vogel an
allen Küsten brütend; in den nördlichen Theilen jedoch häufiger als in
den südlichen, obwohl er auch hier, wenigstens in den östlichen, nicht
selten ist. Im Winter bleibt ein grosser Theil an der nördlichen Küste,
und ist an Finnmarkens Küsten in jeder Jahreszeit gemein.
Mergus merganser, L.
Sowohl auf der westlichen als östlichen Küste von Schweden, so
wie.auch im Innern des Landes, trifft man diesen Vogel im südlichen
und mittlern Schweden, an passenden Lokalitäten, brütend, an vielen
Stellen sogar nicht einmal selten. Im Norden geht er in den westlichen
Theilen des Landes bis Lofoden in Norwegen, ungefähr 69° n. B., über
welchen hinaus er nicht vorzukommen scheint, da ‚Prof. Liljeborg ihn
nicht bei Tromsö angemerkt. Im Osten dagegen scheint er etwas wei-
ter hinauf zu gehen, da man ihn bis an die Mündung des Palasjocki
c70° n. B.) gefunden hat. Sonach findet er sich über den 69.° n. B.
hinaus nicht in der norwegischen Finnmark, oder nördlich um die Alpen,
obwohl er im Osten bis an diese geht. Im Innern des Landes ist er
gemein an allen Wasserzügen in der ganzen Nadelholzregion, aber auf
die eigentlichen Alpen hinauf steigt er nicht, und unterscheidet sich so-
nach hierin von seinen folgenden Verwandten. Im Winter ist er an den
Küsten des südlichen Schwedens sehr gemein, und besucht da ebenfalls
in Menge in Gesellschaft mit Tauchenten und andern Wasservögeln
offene Flüsse.
280
Mergus serrator, L.
Sowohl in den südlichen als nördlichen Theilen unserer Halbinsel
ist diese Art gemeiner als vorige, nimmt auch eine weiter ausgebreitete
Brütezone ein, da sie sich nicht allein im südlichen Schweden findet,
sondern ganz wahrscheinlich auch bis an’s Eismeer, zu beiden Seiten
des Nordcap geht. Ursachen zu dieser Annahme habe ich mehrere.
Theils fand Prof. Liljeborg sie während der Zugzeit bei Tromsö in Nor-
wegen, also unterm 70.° n. B., ganz häufig; theils fand ihn Malm unter
selbem Grade in der Enare-Lappmark ansässig; theils geht sie auch weit
höher auf die Alpen hinauf im Innern der Lappmarken, da man sie in
der Birkenregion brütend findet, und sie nicht wie vorige an die Nadel-
holzregion gebunden ist. Nimmt man hierzu noch, dass sie auch in den
südlichen und nördlichen Theilen von Grönland brütet, so kann man als
sicher annehmen, dass sie sich auch in West- und Ost-Finnmarken fin-
det, besonders da sie sich sowohl an der Meeresküste, wie auch im
Innern des Landes fortpflanzt. Sie bleibt auch im Winter in nicht ge-
ringer Zahl bei uns, und wird dann in Gesellschaft der vorigen Art und
der Tauchenten angetroffen.
Mergus albellus, L.
Diese Art soll nur bisweilen in Karesuando-Lappmark brüten; aber
diess muss doch wohl höchst selten geschehen und zu den Ausnahmen
gehören, und die eigentliche Brütezone dieser Art weit östlicher als un-
sere Halbinsel fallen. In kältern Wintern sieht man ein oder das andere
Individuum, ältere und jüngere, in den Bohuser Scheeren, an Süderman-
lands, Ostgothlands, Gothlands und Schonens östlicher Küste. Niemals
noch ist sie an Norwegens Westküste gesehen worden, so, weit es be-
kannt ist.
Phalacrocorax carbo, L.
Kaum diesseits des Polarkreises dürfte diese Art brüten. In diesem
dagegen ist sie sehr gemein bis an Skandinaviens nördliche Küste zu
beiden Seiten des Nordcap, also in West- und Ost-Finnmarken, wo sie
in Menge auf Vogelbergen oder steilen Alpensträndern brütet. Im Herbst
zieht sie weiter gegen Süden herab und wird da im Winter an der
West- und Ostküste des südlichen Schweden, z. B. in den Bohuser
Scheeren, auf Gothland und an Blakings Küste angetroffen. Auch im
Innern des Landes an grossen Seen findet sie sich während der Zugzeit
281
ein, z. B. auf dem Wenern; auch im Frühjahre im Innern der Lapp-
marken, z. B. bei Arjeplong.
Phalacrocorax cristatus, Gunner., Nilss., Degl.
(Ph. graculus, Keyserl. et Blas.)
So wie vorige Art scheint auch diese ihre Brütezone auf der West-
küste von Norwegen zu haben, jedoch, ungleich voriger, dürfte sie nicht
östlich vom Nordcap zu finden sein. Wenigstens fand Malm sie nicht
in den Ostfinnmarken; auch Prof. Liljeborg fand sie nicht bei Schurets-
kaja, wo vorige gemein war. Wie weit nach Süden herab ihre Brüte-
zone reicht, ist noch nicht sicher erforscht. Prof. Nilsson sieht diese
für die gemeinste Art ihres Geschlechtes an unserer Küste an, und sagt,
dass man sie vom Kategatt bis an den Polarkreis finde. Nach v. Wright
wird sie jedoch in keiner Jahreszeit in den Bohuser Scheeren angetrof-
fen, wenigstens hat er sie nicht mit aufgezählt unter den von ihm
während eines vieljährigen Aufenthaltes daselbst observirten Vögeln.
Prof. Liljeborg fand sie bei Tromsö weniger häufig als vorhergehende.
Auf der Ostküste kenne ich kein Beispiel ihres Vorkommens.
Anm. I. Sula bassana, Lin. brütet nirgends auf unserer Halbinsel. Nur im
Winter besucht sie bisweilen unsere Küste, so dass Dr. Deglands Angabe, sie
solle bei Norwegen „gemein sein“, keinen Grund hat. Früher wurde sie öfter
im Herbst und Winter in den Bohuser Scheeren gesehen, jetzt dagegen ist sie
dort sehr selten und wird meistens todt gefunden. So verhält es sich auch
auf Norwegens Küste, sowohl an der westlichen, als auch an der nördlichen.
In den Finnmarken zu beiden Seiten des Nordkap trifft man sie nur in der
kalten Jahreszeit, am häufigsten jedoch in den Ostfinnmarken. So observirte
Prof. Liljeborg sie bei starkem Sturme am 3. August zwischen Schuretskaja
und dem Nordkap, und Malm fand sie in denselben Gegenden nur im Winter.
Prof. Nilsson sah sie auch ein einziges Mal während seiner Reise in den
Scheeren der norwegischen Westfinnmark, und diess war im Juli; jedoch
glaubt er nicht, dass sie hier auf unserer Halbinsel brüte.
Anm. II. Pelecanus onocrotalus, Lin. Im Jahre 14850 am 8. Juni wurde in Da-
lekarlien am Rämen-See, südwestlich von Fahlun, ein altes, ungewöhnlich
grosses Männchen dieser Art geschossen. Auch in Finnland ist er einmal ge-
schossen worden.
Podiceps eristatus, Lin., Lath., Nilss., Degl.
Im südlichen Schweden ist diese Art ziemlich gemein, und wird
auch, obwohl sparsam, in den mittlern Theilen Schwedens, wenigstens
bis zum 60.° n. B. brütend gefunden. Ob sie auch noch. nördlicher
vorkomme, ist mir nieht bekannt; in den Lappmarken jedoch trifft man
sie niemals. Sie ist bei uns Zugvogel und verlässt uns im October oder
282
schon Anfang September, und kommt zurück Ende März und Anfang
April, und wird dann oft auf dem Meere sammt ihren folgenden Ver-
wandten angetroffen.
Podiceps rubricollis, Lath., Nilss., Degl.
(P. suberistatus, Jacq., Keyserl. et Blas.) ;
Diese Art scheint vorzugsweise dem südlichen Schweden anzugehö-
ren, wo sie in Schonen sehr gemein ist und auch, obwohl selten, auf
Gothland gefunden wird. Wo sie eigentlich aufhört ist jedoch noch un-
gewiss. Sie ist genannt unter Upplands, Wermlands und Dalekarliens
Vögeln, scheint demnach nicht so weit nach Norden hinauf zu gehen als
vorige. In den Bohuser Scheeren findet sie sich nur einzeln und in
geringer Zahl im Winter ein. Auch an Schonens Küste hält sie sich in
genannter Jahreszeit auf, wo ich sie mehrmals im December und Januar
erlegt habe. Jedoch ist sie dann auch hier selten.
Podiceps auritus, Lin, Sundew.
(P. cornutus, Lath., Temm., Fab., Keyserl. et Blas., Degl., Kjärb.
P. arcticus, Boie et Auct.)
Im südlichen Schweden ist diese Art ziemlich selten; gegen Norden
zu dagegen wird sie etwas gemeiner, obwohl sie auch in den West-
und Ost-finnmarken nur sparsam vorkommt. Sie scheint sonach auf der
ganzen skandinavischen Halbinsel zu brüten.
Anm. Podiceps nigricollis, Sundew. (P. auritus, Lath, Temm., Nilss.,
Keyserl. etBlas., Degl., Kjärb.) scheint nicht auf unserer Halbinsel zu
brüten. Nur einmal wurde er in letzterer Zeit gefunden, nämlich am Glansee
in der Gegend von Norrköping, wo man ihn später vergebens gesucht hat;
sein Vorkommen hierselbst scheint also nur ganz zufällig zu sein.
Podiceps minor, Gmel.
Obwohl sehr selten pflanzt sich diese Art doch bisweilen im südli-
chen Schweden fort; wie hoch sie aber nach Norden geht, ist noch
nicht sicher bestimmt. Unter Upplands, Wermlands und Dalekarliens
Vögel ist sie nicht aufgenommen, und in den Bohuser Scheeren ist sie
nur ein einziges Mal im October von v. Wright gesehen worden. Auch
auf Gothland ist sie gefunden worden, jedoch nur einmal im Februar.
Colymbus_ glacialis, 1.
Nur an der nördlichen und nordwestlichen Küste der skandinavischen
Halbinsel brütet diese Art auf den Klippen der Fjorden und auf den
283
Inseln. Ausserhalb des Polarkreises soll sie sich nicht fortpflanzen, und
ist also dieser ihre südliche Brütegrenze. Während des Frühjahres sieht
man sie manchmal im Innern des Landes; bisweilen auch in Lappland.
Im Winter kommt sie zu den Küsten des südlichen Schwedens herab,
obwohl ziemlich sparsam. Jedoch ist sie, so viel mir bekannt ist, nicht
an der Ostküste in genannter Jahreszeit gefunden worden, sondern nur
bisweilen an der Westküste.
Colymbus arcticus, L.
Während der Brütezeit ist diese Art in Schonen selten. Jedoch
fand ich sie in den nördlichen Theilen dieser Provinz ansässig. In Sma-
land ist sie schon gemeiner, und nimmt dann in ‚gleicher Weise zu, je
weiter man sich dem Norden nähert, wo sie in der schwedischen Lapp-
mark und auch in Norwegen bis an’s Eismeer hinauf zu beiden Seiten
des Nordcap, besonders auf den grössern Seen im Innern des Landes,
sehr gemein ist. Malm fand sie niemals an den Küsten, Prof. Liljeborg
dagegen traf sie- wohnhaft auf einer kleinen Insel bei Tromsö, jedoch
auch dort selten. Auf Gothland brütet sie nicht, sondern wird dort nur
im Winter angetroffen. Im Innern Russlands kommt sie auch vor. Lö-
wenhjelm observirte in den Lappmarken, dass wenn die Mutter taucht,
auch die Jungen, auf ihrem Rücken sitzend, mitfolgen. Auf die Alpen
geht sie bis in die Birken- und Weidenregion hinauf.
Colymbus septentrionalis, EL.
Diese Art brütet nirgends in Schonen, in Smaland dagegen ist sie
nicht selten und in den nördlichen Gegenden der Halbinsel ist sie die
gemeinste ihres Geschlechtes. Man trifft sie ansässig sowohl im Innern
des Landes als an den Küsten. Ihre südliche Brütegrenze fällt hier
zwischen den 56—57.° n. B.-
Uria troile, Lin., Temm., Nilss,
(U. lomvia, Brünn., Keyserl. et Blas.)
Der südlichste Ort, wo diese Art in unserm Lande bfütet, ist auf
Gothland (Naumannia 1853. p. 91.) und in den Bohuser Scheeren, also
unterm 57.0 n. B. Jedoch ist sie auch weit südlicher in der Ostsee,
wie z. B. auf Bornholm, wo sie sich auch fortpflanzt, gefunden worden.
In den nördlichen Scheeren der Halbinsel ist sie sehr gemein, und be-
284
sonders an den Küsten der Finnmark. Im Winter kommt sie an Scho-
nens Küsten vor.
Uria rhingvia, Brünn., Keyserl. et Blas,
(Uria lacrymans, Temm.)
Nach einigen Angaben soll dieser Vogel auf Gothland in Gesell-
schaft mit vorigen brüten. An Norwegens Küste ist er auch selten und
kommt auch dort vereint mit voriger Art vor. Vielleicht möchte es am
richtigsten sein, ihn mit Faber als eine Varietät der vorigen anzusehen.
Uria Brünnichii, Sabine, Nilss.
(Uria lomvia, Lin. Alca pica, Fabr. Uria arra, Pall.)
Während vorige Arten. hier im Lande eine sehr grosse Verbreitung
gegen Süden zu haben, gehört diese Art dagegen nur den nördlichsten
Gegenden der Halbinsel an, und besucht nur im Winter bisweilen die
südlichen Küsten, besonders Norwegens. Prof. Liljeborg fand sie nicht
während der Brütezeit bei Tromsö; Malm dagegen traf sie zahlreich in
den Fjorden der Ost-Finnmarken. Jedoch kommt sie auch in den West-
Finnmarken vor, dürfte aber südlich vom Polarkreise kaum brüten.
Uria grylie, L.
Diese Art kommt brütend über unsere ganze Halbinsel vor, vom
südlichen Schonen bis an die Küste des Eismeeres, sowohl östlich als
westlich vom Nordcap. Oestlich von genannter Spitze ist sie jedoch
seltener als vorige Art.
Anm. Mergulus alle, Lin. brütet nirgends auf unserer Halbinsel, sondern be-
sucht sie nur während des Winters, und ist dann an Finnmarkens Küsten
gemein. An den südlichen Küsten ist dieser Vogel selten und kommt nur in
gewissen Jahren, aber auch dann mehr einzeln vor. Selten hat er sich in
Menge an Schonens Küste gezeigt; jedoch geschah auch diess bisweilen.
Lunda arctica, L.
Obwohl sparsam brütet dieser Vogel doch schon unterm 58.° n. B.
in den Bohuser Scheeren, wo er als Brutvogel von Prof. Fries und von
v. Wright ob$ervirt wurde. Jedoch wird er erst weiter nach Norden zu
gemein und im Polarkreise ist er sehr zahlreich, so dass Prof. Liljeborg
ihn bei Tromsö in grösserer Menge als Alca torda fand. In den Ost-
Finnmarken soll er, nach Malm, wohl auf dortigen Vogelbergen brüten,
Jedoch nicht gemein sein. Prof. Liljeborg fand ihn aber ganz zahlreich
285
bei Schuretskaja, also viel weiter nach Osten zu. Nirgends an Skandi-
naviens Ostküste trifft man ihn, so viel mir bekannt ist.
Anm. Lunda glacialis, Leach. (Fratercula glacialis, Schlegl., Degl.) scheint
mir nur eine unbedeutende Varietät dieser Art zu sein.
Alca torda, L.
An dir Ostseeküste nimmt dieser Vogel dieselbe Zone ein, wie
Uria troile, und wahrscheinlich auch so ziemlich an der Westküste. Je-
doch hat ihn v. Wright nur im Herbst und Winter in den Bohuser Schee-
ren getroffen. Am zahlreichsten findet er sich aber im Polarkreise : an
den Küsten des Eismeeres, zu beiden Seiten des Nordcap.
Anm. Alca impennis, Lin. wurde vor mehreren Jahren bei Tromsö in Norwe-
gen und bei Marstrand in den Bohuser Scheeren erlegt, ist später aber nir-
gends gefunden worden.
(Fortsetzung folgt.)
Druckfehler im ersten Hefte dieses Jahrganges.
Seite 64 Zeile 10 statt 1835 muss es 1845 heissen.
— 69 — 11 — 64 = 62 —
— 69 — 20 — Hochlande — Flachlande —
— 71 — 27 — wird, undden— wird, dn —
— 714 —-.%" — P. —_ J. =
Notizen aus meinem ornithologischen Tagebuche.
Von
w. Hiniz I.
Dass die Eier des Kukkuks — Cuculus canorus, — stets die Farbe
und Zeichnung der Eier des Vogels, in dessen Nest er seine Eier legt,
haben, ist unstreitbar, und habe ich dieses bei Eiern aus den Nestern
von Budytes flava, Sylvia cinerea, Anthus pratensis und arboreus, Frin-
gilla cannabina, Muscicapa grisola, Motacilla alba und Pratincola rubetra
4mal gefunden, beim Letztern habe ich einmal den Vogel selbst beob-
achtet und zwar folgendermaassen:
Den 3. Juni 4850, Nachmittag 4 Uhr stand ich mit dem Ritterguts-
besitzer Herrn Kunde auf Schloss Kämpen auf meinem Acker, 10 Schritt
von meinem Wohnhause entfernt; da kam aus dem nicht 100 Schritt
entfernten Walde ein Kukkuk still und niedrig, in Begleitung. mehrerer
286
kleiner Singvögel — von welchen Arten dieselben waren, bemerkte ich
leider nicht, weil wir nur den Kukkuk im Auge behielten — nahe an
uns vorbeigeflogen und setzte sich, 50 Schritt von uns entfernt, wo sich
ein circa 3 Mrg. grosses Bruch (zwischen dem Acker) befindet, wel-
ches mit einzelnen niedrigen, 2 bis 4 Fuss hohen Kiefern, Birken und
Wachholdergesträuch bewachsen ist, auf die trockne Spitze eines Wach-
holderstrauchs. Da mir dieses auffiel, so sagte ich zu meinem Nachbar,
»gewiss ist dieses ein Weibchen das legen will.« Nach Verlauf von
ungefähr einer Minute setzte sich der Kukkuk auf die Erde, und ging
gegen einen andern 2 Fuss davon entfernten niedrig an der Erde lie-
genden Wachholderstrauch hin. Ein Dachshund, welcher bei uns war,
lief jetzt auf denselben zu, der Kukkuk flog nun von einem Strauch zum
andern ungefähr 100 Schritte fort. Da der Hund wieder zu uns kam,
kam der Kukkuk auch näher geflogen. Um mich zu überzeugen, ob es
wirklich ein Weibchen wäre, ging ich in’s Haus und holte ein Gewehr,
um den Vogel zu erlegen. Als ich wieder kam, sass er auf der ersten
Stelle an der Erde, hielt auch gut aus, aber leider fehlte ich denselben,
worauf der Hund ihn wieder gegen 150 Schritt verfolgte; sobald aber
der Hund wieder zu uns zurückkehrte, kam auch der Kukkuk näher.
Ich bat nun Herrn Kunde, denselben zu beobachten, wo er bliebe, und
ging wieder in's Haus um mir ein anderes Gewehr zu holen; diess ver-
zögerte sich ungefähr 10 Minuten. Als ich wieder hinkam, flog derselbe
auf, und still dem Walde zu. Herr Kunde, welcher denselben, wie ge-
sagt, während der Zeit beobachtet hatte, sagte: dass er in denselben
Wachholderstrauch wie das erstemal hingegangen und nach etwa 11%
Minute wieder herausgekommen sei, was gerade der Zeitpunkt gewesen,
wo ich heraus gekommen und wo derselbe dem Walde zuflog.
Wir gingen nun hin und fanden unter dem Strauch an der Erde
das Nest des braunkehligen Wiesenschmätzers, — Pratincola rubetra, —
mit 4 unbebrüteten Eiern, der Vogel sass aber noch auf dem Neste,
und neben demselben lag auf dem Rande, kaum 1 Zoll entfernt, das Ei,
von welchem ich bestimmt glaube, dass es das des Kukkuksweibchen
war, indem dieses das vierte Mal ist, dass ich solche Eier in den Ne-
stern von P. rubetra gefunden habe. Das Ei ist beinahe noch ein halbmal so
gross, wie das des Wiesenschmätzers und ähnelt ihm in der Farbe, ist
jedoch heller. Noch muss ich bemerken, dass der Vogel das Nest ver-
liess, ohne dass er gestört wurde. In Sammlungen bleichen die Eier
noch mehr aus, wie die des Wiesenschmätzers, so dass sie zuletzt bei-
ee
287
nahe weiss werden. Das oben bemerkte Ei habe ich an Herrn v. Ho-
meyer abgegeben.
Zugleich muss ich noch bemerken, dass ich im Jahre 1852 ein
Kukkuksei im Nest von Sylvia cinerea neben 2 von dieser gelegten fand.
Da ich nun das Gelege vollständig haben wollte, liess ich es liegen,
jedoch am dritten Tage nachher war das Kukkuksei fort, und lagen 4
Eier von $. cinerea darin. Alles Suchens ungeachtet konnte ich keine
Spur von dem Kukkuksei finden.
Im Jahre 1853 wurde mir von dem Hirten gesagt, dass er ein
Kukkuksnest gefunden habe, wovon eben der Kukkuk aufgeflogen wäre,
es befänden sich aber keine anderen Eier darin. Ich ging des Mor-
gens hin und das Ei des Kukkuks lag vor dem Neste zerbrochen, und
‚wurde auch in dieses, welches der Motacilla alba angehörte, kein Ge-
lege mehr gemacht.
Vultur.
Im Jahre 1810 oder 11 wurde von meinem Vater, dem damaligen
Königl. Förster. zu Altkrakow bei Schlawe, im Monat Februar oder An-
fang März eines Morgens bei Anbruch des Tages, da er bei Ausübung
des Forstschutzes das Revier beging, ein Geier erlegt, welcher in Gesell-
schaft von drei andern sich vor ihm von einer grossen Eiche erhoben
hatte. Ich war damals ein Knabe von 9 oder 10 Jahren und kann mich
dessen noch gut erinnern; auch ist es mir später oft von meinem Vater
erzählt worden, dass der geschossene Raubvogel einen kahlen Kopf oder
Hals gehabt habe. Auch bestätigte dieses oft der schon verstorbene
Regierungs- und Forstrath Bartikow, damals Landjäger zu Altkrakow.
Wenn ich nicht irre, so schickte derselbe diesen Vogel nach Berlin.
Aquila
Von Aquila fulva habe ich in den Jahren 1816—1820 gegen 12
Stück erlegt, und zwar nur des Winters bei der Schiesshütte. Im Som-
mer habe ich ihn hier nicht bemerkt. An meinem jetzigen Wohnorte
kommt derselbe beinahe alljährlich zu Ende Januar oder im Februar ein-
zeln vor, wo er dann Jagd auf die Stockente macht, welche zu dieser
Zeit zu Hunderten auf den offenen Stellen der Radü liegen, jedoch auch
jährlich von meinen zahmen Enten sein Theil nimmt. Im Jahre 1852,
den 12. April sah ich einen Adler, welcher mir stärker und oben weit
heller schien und den ich unbedingt für A. imperialis hielt. Er setzte
288
sich circa 300 Schritt von meiner Wohnung entfernt, hart an das Radü-
ufer und konnte ich ihn hier über 10 Minuten beobachten.
Strix
Nyctea nivea wurde im Monat November 1812 von meinem Vater
am Ostseestrande bei Jershöft in einem ungefähr 80 Morgen grossen
Kiefernbestande, welcher hart an den Ostseestrand grenzt, erlegt.
Falco
Am 21. März 4850 fand ich beim Ausschleifen der Dohnen in
einer derselben Falco aesalon (Weibchen). Es konnte sich erst vor
Kurzem gefangen haben, denn das Auge war noch nicht gänz eingefallen.
Den 9. Juni 1852 schickte mir mein Freund, der Königl. Förster
A. Hintz von Oberfier bei Bublitz, 2 Meilen von hier entfernt, einen
Falken zur Bestimmung, und es war Falco cenchris (Weibchen), genau
mit Glog, May übereinstimmend. Mein Freund hatte denselben am 4. Juni
in einer Dohne, wo sich ein Rothkehlchen zufälligerweise gefangen hatte,
in der andern Schleife hängend gefunden. Schade, dass ich denselben
nicht gleich erhalten hatte, denn beim Empfange war derselbe schon
ganz von den Schmeissfliegen mit Maden besetzt. Bei dem Finden konnte
derselbe vielleicht 4 oder 2 Tage gehangen haben, denn das Auge war
noch ganz frisch gewesen.
Den 9. Februar 1845, 8. April 1847, 15. April 1852 habe ich ei-
nen ganz weissen Falken mit schwarzem Fleck am Innenrande der
Flügelspitzen gesehen, was ist diess wohl für eine Art?
"Cuculus ceanorus,
Den 25. Juli 1845 sah ich über 20 Kukkuke auf den Alleebäumen
von dem Dorfe Gust nach Bublitz, welche bald vor- bald rückwärts flogen
und sich vermuthlich von Bombyx salicis, welche in grosser Menge die
Bäume besetzt hatten, nährten.
Turdus pilaris.,
Derselbe nistete im Jahr 1820 im Damshäger Revier bei Rügen-
walde in einer Birkenschonung, wo einzelne alte, starke, d4—5 Fuss
unten im Durchmesser haltende Eichenstummel von 14—20 Fuss Höhe
standen, welche, oben abgebrochen, viele und starke Aeste nach den
289
' Seiten getrieben hatten — in Menge, so dass ich in diesen Jahren gegen
20 Nester, -ja auf einigen Eichen deren zwei fand. "Während: meiner
Militärzeit vom Herbst 1820 bis 1825 waren diese Eichen abgeholzt und
habe später hier keine mehr gefunden.
Den 26. Mai 1839 fand ich wieder das erste Nest in einem raumen
30—50jährigen Kiefernbestande, 16 Fuss hoch, 7 Fuss vom Stamm ent-
fernt auf einem Seitenaste. Der Vogel hielt auf dem Neste sehr aus
und flog nur ab, wenn man sich dem Neste bis aul' circa 3 Fuss ge-
nähert hatte.
Den 24. Mai 1843 fand ich wieder ein Nest auf einer jungen Kiefer
6 Fuss hoch, dasselbe war sehr schlecht gebaut und hing beinahe in
einer Gabel der Zweige; auch dieses Weibchen hielt gut auf dem Neste aus.
Den 3. Juni 1844 stand das Nest auf einer Erle, 12 Fuss hoch, da,
wo sich der Stamm in 4 Aeste theilte, das Weibchen hielt sehr gut aus,
so dass man es auf dem Neste ergreifen konnte.
Den 21. Mai 1851 stand das Nest 30 Fuss hoch, wo 2 Kiefern —
Lattstäimme — beinahe zusammen gewachsen waren, so dass bei jeder
Bewegung des Windes das Nest gerüttelt wurde. Beim ersten Aufstei-
gen wurde eins von den drei darin liegenden Eiern zerbrochen, nichts
desto weniger legte jedoch das Weibchen des andern Morgens wieder.
Auch dieser Vogel hielt sehr gut auf dem Neste aus.
Den 28. Mai 1851 stand ein Nest 7 Fuss hoch zwischen 2 jungen
Kiefern, in einer 45jährigen Kiefernschonung. Dieser Vogel hielt aber
nicht aus, sondern flog bei’der leisesten Annäherung still davon, so dass
man ihn selten zu sehen bekam.
Den 13. Mai 1852 fand ich ein Nest 16 Fuss hoch auf einzelnen
Standkiefern am Felde, da, wo sich der Stamm in 3 Aeste theilte. Hielt
gut auf dem Neste aus.
Yurdus iliacus
Im Juli 1818 fand ich bei dem Dorfe Cörlin, nicht weit vom Vietziger
oder Neuenhager See, !% Stunde von der Ostsee entfernt, in einem
50—80jährigen circa 15 Morgen grossen Eichenwäldchen — dem sog.
Klosterbusch — mitten zwischen Feld, Wiesen und Moor belegen und
!a Meile vom Walde entfernt, junge eben ausgetlogene Rothdrosseln.
Diese mussten nothwendiger Weise hier ausgebrütet sein, indem diesel-
ben nur noch schwach flogen, und nur von Zweig zu Zweig hüpften.
Naumannia. 1854. 19
290
Ich erlegte 4 Stück. Obgleich ich späterhin bis zum Jahre 1832 diese
Stelle beinahe jährlich mehreremale besuchte, habe ich* nie wieder
welche gefunden.
Scolopax gallinago.
Dass die Becassine oder Heerdschnepfe das Meckern mit dem Schna-
bel hervorbringt, behaupte ich gewiss. — In meinen Lehrjahren von
1816—1819 befand sich in meines Vaters Revier ein circa 100 Morgen
grosses mit kleinem Erlengesträuch bewachsenes Bruch, wo jährlich 4—5
Päärchen obengedachter Schnepfe nisteten. Von 2 Seiten war das Bruch
mit alten haubaren Eichen und Buchen von 3—400jährigem Alter um-
geben. Die dritte Seite bildete eine junge Kiefern- und Birkenschonung
und die letzte Seite junge Eichen von 50—80jährigem Alter. Hier habe
ich in den Jahren 1818, 1819 wohl zehnmal, sowohl in den Vormittag-
wie Nachmittagstunden eine Becassine auf den höchsten trockenen
Spitzen der Eichen, aber nie Buchen, sitzen sehen, so wie ihr pecka,
pecka und dann’ den meckernden Ton von sich hören liess.
Bei meinem jetzigen Aufenthaltsorte, wo viele Becassinen nisten,
indem doch jährlich in guten Jahren gegen 20 Nester gefunden werden,
und wo am Rande des grossen Wiesenterrains und Bruchs 10 alte
3—400jährige Eichen mit vertrockneten Spitzen stehen, habe ich dieses
nicht bemerkt. Obgleich im Frühjahr den ganzen Tag und eben so in
der Morgen- und Abenddämmerung wohl 10, 20 und mehrere ihr pecka,
pecka und den meckernden Ton hören lassen, so bin ich doch bei der
gespanntesten Aufmerksamkeit — nachdem ich mit dem grössten Interesse
den Aufsatz in der Naumannia Il. Bd. 1. Heft S. 24 gelesen habe —
nie im Stande gewesen, diese beiden so verschiedenen Töne zu gleicher
Zeit zu vernehmen. — Es ist daher mein fester Glaube, dass das Meckern
der Becassine nur mit dem Schnabel hervorgebracht wird.
Von mehreren Schriftstellern wird die Zahl der Eier zu 4 und 5
angegeben; obgleich ich doch wohl schon einige hundert Nester gefun-
den, so habe ich doch nur stets 4, nicht mehr und nicht weniger Eier
darin gefunden. 2
Auch der stummen Schnepfe — Haarschnepfe — Scolopax galli-
nula — wird von allen Schriftstellern kein Laut beigelegt, und doch
habe ich sehr häufig im Herbste beim Aufsteigen ein leises kik oder
kek und nur‘ einmal im Frühjahr 1845, aber auch nur dies einemal zur
gedachten Jahreszeit denselben Ton von ihr gehört.
291
Y
Muscicapa collaris.
Ein Männchen dieser Art sah ich im Herbst 1837 mit mehreren
Süngerarten zusammen auf dem Zuge am Strande der Ostsee in kleinem
Erlengesträuch. Den 20. April 1852 wieder ein Männchen bei meinem
jetzigen Aufenthaltsorte, in einem 60—80jährigen, mit einzelnen alten
Birken gemischten Kiefernbestande, konnte aber aller Mühe ungeachtet
das Nest nicht auffinden.
Den 15. Mai 1852 fand ich einen Horst von Ströx bubo mit 2 etwa
8 Tage alten Jungen. Der Horst oder vielmehr hier Nest, war an der
Erde, in einer kleinen Vertiefung, ohne alle Unterlage. Vor 3 Jahren
hatte er es in der Nähe auf einer Eiche, wo ihm die Jungen genommen
wurden, seit der Zeit hatte er den Horst nicht mehr besucht. Ein Maul-
wurf lag neben den Jungen.
Auch bei meinem frühern Aufenthaltsorte — Morgenstern bei Bü-
tow, — habe ich einige Horste, welche an der Erde unter Kiefern wa-
ren, gesehen, jedoch die Mehrzahl auf Bäumen, entweder auf einem
starken Seitenaste oder in der Gabel des Baums, jedoch keines über
30 Fuss hoch.
Ende Mai 1852 sah ich, wie Jynx torquilla Baumaterialien in eine
' Baumhöhle trug. Den 4. Juni lagen 7 unbebrütete Eier in dem Neste,
welche ich fortnahm. Den 13. Juni waren wieder 8 Eier in demselben,
auch diese nahm ich fort. Den 22. Juni lagen nichts destoweniger 11
Eier im Neste, welche ich ihn ausbrüten liess, und kamen auch die Jun-
gen bis auf 1 Ei aus. -
Den 28. April und 2. Mai 1852 fand ich ein Krähennest, Corvus
‚cornix, worin 3 gewöhnlich gezeichnete Eier lagen und ein dem Staarenei
in der Farbe täuschend ähnliches, jedoch von der Grösse der Kräheneier,
welches letztere aber leider jedesmal beim Heruntersteigen vom Baume
zerbrochen wurde. Schon im Jahre 1837 wurde mir von einem glaub-
würdigen Manne versichert, dass er in den Jershöfter Kiefern beim Aus-
‘ nehmen der Krähennester in 2 derselben je 1 weisses Ei unter andern
gewöhnlich gefärbten Kräheneiern gefunden habe. Nur Gloger in seinem
Handbuche der Naturgeschichte der Vögel Europa’s I. S. 153 erwähnt,
dass mitunter, und zwar alle*) in einem Neste — einfarbige der Hecken
braunelle ähnlich gefärbte Eier sich vorfänden. Auch Paessler in der
*) Auch einzelne in einem Gelege, und gar nicht selten. Die Red.
19°
292
Naumannia I. Jahrgang, I. Heft, S. 40 berichtet über zwei so gefärbte
Eier. Jedoch müssen dieselben sehr selten vorkommen, weil ich doch
unter wohl 1000 Eiern nur diese beiden ‘gefunden habe.
Das Nest von Turdus viscivorus habe ich nur einigemal auf Kiefern,
sonst immer auf Eichen und zwar in gemischtem Holze, wo Kiefern in
Menge standen, immer doch nur auf ersterer Holzart das Nest gefunden.
Sturnus vulgaris nistete im Jahr 1836 auf der Bockwindmühle in
Bartzwitz, und zwar oberhalb der Thür in dem Balken, worauf das Dach
steht, indem derselbe auf 2 Fuss ausgefault war; merkwürdig war es,
dass selbst beim Drehen der Mühle der Vogel jedesmal sein Nest wie-
der fand.
Sylvia nisoria war bei Bartzwitz und ‚Ruezenhagen der gemeinste
Vogel; hier und an den andern Orten, wo ich gewesen bin, habe ich
denselben gar nicht bemerkt. |
Von Picus viridis fand ich den 14. Mai 18414 das Nest mit 7 zur
Hälfte bebrüteten Eiern in einem 30 Morgen grossen 70—-80jährigen
Eichenwäldchen in einer kaum 1 Fuss starken Eiche, 3 Fuss von der
Erde entfernt.
Den 9. Mai 1841 fand ich Certhia famikaris ı ai 5 Eiern 4 Fuss
von der Erde entfernt, offen und freistehend, da wo von 2 nebeneinander-
stehenden Kiefern eine abgehauen war, auf dem Stubben derselben, die
Hinterseite des Nestes sich an die stehende Kiefer anlehnend.
Sitta europaea brütete am 18. April 1841 auf 3 Fuss Höhe von
der Erde, da wo 2 Kiefern zusammengewachsen waren. Nur diess und
ein 1852 gefundenes Nest, letzteres 8 Fuss von der Erde, waren so
niedrig, sonst habe ich keins unter 15 Fuss gefunden.
Picus major hatte das Nest 3 Fuss hoch in einer Eiche und ist
diess das einzige Nest, welches ich so niedrig von der Erde gefunden
habe. Den 20. Mai 1852 fand ich ein Nest von demselben in einer
Espe an der Landstrasse. Ich haute dasselbe aus und es lagen 2 Eier
darin. Zufälligerweise kam ich den zweiten Tag wieder diese Strasse
und 1 Ei lag neben dem Baume, 3 Fuss vom Stamm entfernt, auf der °
Erde, im ausgehauenen Loche war nichts. Sollte derselbe beim Drange
des Legens dasselbe auf die Erde gelegt haben? Späterhin brachte der-
selbe noch in dem Loche 2 Junge aus.
Budytes flava hat seit 3 Jahren (1851—1853) nahe bei meinem
Hause gebrütet, und zwar habe ich beide Gatten — was wohl sehr sel-
ten ist, vorzüglich vor der Brütezeit — mehrere Male in meinem .Garten
293
und auf dem Hofe bemerkt. Es ist nur diess eine Päärchen hier in der
ganzen umliegenden Gegend.
Der diessjährige Vogelfang (1852) -—— Dohnenstrich — war ausge-
zeichnet zu nennen; auch in der ganzen Umgegend, selbst auf 5—6 Meilen
— so weit ich Gelegenheit gehabt habe Kenntniss zu bekommen — so
ergiebig, wie er noch nie gewesen ist. Ich habe 1000 Vögel gefangen
und in dem nahe liegenden adeligen Revier einige Tausend, bei Rügen-
. walde in einzelnen Forsten gegen 2000, Ich selbst habe 3 Ringdrosseln,
Turdus torquatus, gefangen — doch ist mir unter einigen tausend unter-
suchten Vögeln nichts Seltenes vorgekommen.
Auch 1853 war der Fang sehr ergiebig, doch kann man gegen
1852 nur *%%, annehmen. Viele Turdus pilaris und iliacus waren dieses
Jahr unter dem Fange, auch eine Ringdrossel. In der Umgegend ist
seit mehreren Jahren keine derselben gefangen.
Forsthaus. Schlosskämpen bei Cöslin den 10. Juni 1854.
w. Hintz I.
Königlicher Förster.
Protokofll-Beilagen.
(Beilage Nro. 1.)
Ueber die Farben der Vogelfedern im Allgemei-
nen, über das Schillern insbesondere.
Von
Bernard Altum.
Schon seit längerer Zeit habe ich mich, vorzüglich angeregt durch
die Verfärbungstheorie, 'in so fern sie als erwiesen festgestellt ist, mit
der Frage nach dem Grunde der verschiedenen Färbung der Vogelfedern
beschäftigt. Ausser der Verfärbung ist gewiss der oft grosse Unter-
schied der Farbe des Gefieders bei einer und derselben Species nach
Alter, Geschlecht, Jahreszeit, ja nach Individualität höchst merkwürdig,
wenn man auch von einzelnen Abnormitäten, wie sie die Albinos und so
‚oft diejenigen Vögel zeigen, die ihrer eigentlichen Lebenssphäre entrückt
in der Gefangenschaft leben, abstrahiren will. Dieselbe Frage, die ich
mir zur Beantwortung vorgelegt, ist auch von Andern schon mehrfach
aufgeworfen, aber meines Wissens nicht beantwortet, und diess vielleicht
294
desshalb nicht, weil sie schon von vorn herein etwas zu suchen sich
vornahmen, was gewiss schwer zu finden ist, und dagegen andere Er-
scheinungen, die jedem auch nur flüchtigen Beobachter und Forscher
nicht entgehen können, merkwürdiger Weise gar nicht berücksichtigten.
Es gibt im Allgemeinen eine doppelte Ursache, welche uns irgend
einen Körper in einer bestimmten Farbe erscheinen lässt: ©
1. eine farbige Materie, einen Farbestoff, Pigment, wie
ein solches z. B. das Chlorophyll der Blätter, oder bei einer etwas ge- -
steigerten Oxydationsstufe im Herbste das Xanthophyll und Erythrophyll
ist. Hier kann man das Pigment (die grüne, gelbliche, röthliche Farbe)
vom Gegenstande durch irgend welchen Prozess trennen, es als Farbe-
stoff isoliren und andern Körpern mittheilen. Auf ein solches Pigment
ist man bei der Frage nach den Federfarben verfallen, nach ihm hat man
gesucht, und, so viel mir bekannt ist, bis jetzt vergebens. Ich will und
kann hier einen farbigen Stoff keineswegs leugnen, vielmehr nöthigen
mich manche unten zu erwähnende Erscheinungen zu der Annahme, dass
dieser oder ein Analogon in den Federn wirklich sich vorfindet; jedoch
gibt es auch andere Phänomene, die durch Pigmentbildung und Ablage-
rung nie und nimmer erklärbar sind, sich jedoch aus der zweiten Ursache
2. der physikalischen Beschaffenheit der Federn resp. ihrer
Oberfläche sehr wohl erklären lassen, und eben auf diese zweite, bis
jetzt noch nicht berührte Ursache möchte ich hier hinweisen. Um an-
ticipirend mich verständlich zu machen, erinnere ich nur an die allbe-
kannten Farben des Regenbogens, des Spectrums, der Seifenblase, des
sonnenverbrannten Glases, des angelaufenen Stahles, des Perlmutters etc.
Niemand wird doch hier behaupten wollen, dass diese von einem rothen,
gelben, blauen etc. Farbestoff herrühren. — Ich würde nicht näher
darauf einzugehen mich veranlasst fühlen, sondern nur einfach auf die
Erscheinungen hinweisen, wenn das Ganze nur eine sterile Farbentheorie
zu constituiren im Stande wäre. Da sich jedoch an die Farben und den
Farbenwechsel beim Gefieder der Vögel so manche andere die physio-
logische Thätigkeit des Organismus berührenden Fragen anknüpfen kön-
nen und angeknüpft haben, z. B. ob und in welcher Weise eine sich
verfärbende Feder wieder auflebe, von Neuem vom Körper Pigmentab-
lagerung empfange, und man da als Beispiel von einem zur Zeit schlum-
mernden und später reviviscirenden Organismus aus andern Theilen der
Naturwissenschaft Manches (freilich nicht Passendes) anführte: so erlaube
ich mir hier den angezogenen Gegenstand ausführlicher zu entwickeln,
295
nicht um etwa Endresultate zu liefern, sondern einen neuen Weg zu
zeigen, worauf vielleicht etwas gefunden werden könnte, wodurch manche
frühere Frage ihre Beantwortung, bezüglich ihre Beseitigung findet.
Ich erlaube mir hier auf die Undulationstheorie des Lichtes und die
unsern Gegenstand betreffenden Erscheinungen zum allgemeinen Ver-
ständniss desselben etwas näher einzugehen, ohne mich jedoch auf voll-
ständige Erörterungen, nähere Nachweise oder. gar Beweise einzulassen.
Die Summe aller Farben erscheint uns als weisses, farbloses Licht. Es
erscheint uns dann in allen seinen Einzelfarben, wenn durch ein
farbloses Medium hindurchgehend die Wellen von verschiedener. Länge,
welche es zusammensetzen, verschieden abgelenkt werden (Brechung);
und irgend eine Einzelfarbe desselben gelangt in unser Auge von
: einem Körper, der die Fähigkeit besitzt, die sämmtlichen übrigen zu ab-
sorbiren und bloss die eine zu reflectiren. Beispiele für den ersten Fall
bieten die vorhin schon genannten Phänomene des Regenbogens und des
Spectrums. Hier erscheinen uns die 7 (richtiger 6) sogenannten Regen-
bogenfarben in constanter Reihenfolge: Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau
(Indigo), Violett nebst den unzähligen Uebergängen von einer Farbe in
die andere. Diess dioptrische Phänomen berührt unsern Gegenstand je-
doch nur in so fern, als er einen sichern Anhaltspunkt der in Frage
stehenden katoptrischen Erscheinungen bietet. Diese letzten, um die es
sich hier zunächst handelt, basiren auf dem zweiten Falle, wo uns von
dem meisten Lichte irgend eine Einzelfarbe, irgend ein Bruchtheil re-
flectirt wird, und ich gehe desshalb zur Erklärung der Interferenz-
farben über, die für manche Erscheinungen bei‘den Vogelfedern den
tiefern Grund abgeben. Das verschiedene Licht hat nämlich eine ver-
schiedene Wellenlänge, so hat das Roth die grösseste, Violett die kleinste,
dazwischen liegen Orange, Gelb, Grün, Blau und alle zwischen je zwei
Farben denkbaren Mittelstufen. Ist nun die Oberfläche eines Körpers
- mit dünnen durchsichtigen Blättchen belegt, bedeckt sich z. B. ein Metall
mit einer dünnen Oxydschicht (Anlaufen des Stahls) oder hat derselbe
einen derartigen Ueberzug, so wird der einfallende Lichtstrahl theils von
der oberen, theils von der unteren Fläche derselben unter dem Einfalls-
winkel zurückgeworfen. Der von der untern Seite des dünnen Blätt-
chens reflectirte auf der äussern austretende Lichtstrahl trifft dort mit
einem andern von demselben Punkte reflectirten, mit dem ersten parallelen
Lichtstrahl zusammen, man sagt: er interferirt mit ihm. Beide sind
weisses Licht, d. i. Lichtwellen von ganz verschiedener Wellenlänge;
. 296
allein die Theilchen beider Lichtstrahlen sind in einer verschiedenen
‚Phase der Schwingung begriffen, indem von den beiden ursprünglich gleich.
schwingenden Lichtwellen die eine einen längern Weg zurückgelegt hat,
als die andern, bis sie wieder vereinigt werden und austreten. Entspricht
diese Differenz der Wege beider Strahlen gerade der halben Wellen-
länge irgend einer Farbe, so löscht sich aus dem heraustretenden Lichte
eben diese aus und es erscheint dasselbe mit dem Inbegriffe der übrigen
Farben, die die complementäre Farbe ausmachen. (Die Complementär-
farbe von roth ist grün, von grün roth, von gelb violett, von violett
gelb, von blau orange, von orange blau.) Verändert man die Dicke des
dünnen Blättchens, so verändert man die Differenz der Wege und somit
ist sie nicht mehr gleich der halben Wellenlänge für die vorige Farbe; -
aber eine andere Farbe des weissen Lichtes hat eine gleiche Wellen-
länge, sie wird nun ausgelöscht und ihre complementäre Farbe er-
scheint. Verdünne ich z. B. durch Einblasen von Luft die Wand der
Seitenblase, so erscheint mir mit jedem Augenblicke eine andere Farbe.
Dass die Differenz nicht gerade Y, Wellenlänge sein muss, um die Farbe,
deren Wellenlänge A ist, auszulöschen, sondern auch 3% A, 5% A etc.
allgemein: ga as s
mit die Farbe ändert nach dem Winkel des auffallenden Lichtes, braucht
wohl kaum erwähnt zu werden. — Auf eine weitere Theorie will ich
hier nicht eingehen, da. das Gesagte zur Würdigung des Folgenden
hinreichen wird. (Bekannte physikalische Experimente zeigen diese Facta
zur Evidenz.) — Nur möchte ich noch eben anführen, dass die Lehre
von den Farben dünner Blättchen im Allgemeinen mit der Lehre von
den Gitterfarben übereinstimmt. Zeigt nämlich ein Körper statt dün-
ner Blättchen eine fein gegitterte, zerkritzelte, fein gefurchte Oberfläche,
so werden die Lichtwellen,, wie dort von der obern und untern Seite
der Blättchen, so hier von einem höhern oder niedern Punkte des Ge-
gitters reflectirt, und es treten dann dieselben Gesetze und Erscheinun-
gen ein. Als Beispiel erinnere ich nur an. das Farbenspiel des Perl-
mutter, der in feines Siegellack abgedrückt, diesem sogar, weil die ge-
gitterte Oberfläche, desshalb auch den Farbenglanz mittheilt.
Auf diese beiden Kapitel der neuern Optik: von den Farben dünner
Blättchen und den Gitterfarben, gestützt erkläre ich mit Bestimmtheit das
metallische Schillern der Vogelfedern als nur aus diesen Ursachen
herrührend. Wenn Beweise durch Analogie überhaupt in der Natur-
ı sein kann, und dass sich die Differenz und so-
297
wissenschaft Sinn und Bedeutung haben, so müssen wir hier von ähnlichen
„Wirkungen auf ähnliche Ursachen schliessen. Wenn der weisse Lichtstrahl
durch ein Glasprisma fallend uns in die sechs Hauptfarben, in roth, orange,
gelb, grün, blau, violett, zerspalten erscheint, und diese Farben stets in der-
selben Reihenfolge und Weise sich zeigen, wenn uns die dünnblättrige
oder gegitterte Oberfläche so vieler Körper so deutlich die erwähnten Er-
scheinungen stets constant darstellen, so können wir die Schillerfarben
der Vögel, wo sich je nach dem Einfallswinkel des Lichtes dieselben
Phänomene darbieten, wo dieselben Farben in derselben Reihenfolge,
mit denselben Uebergängen stets. und allemal auf jene Erscheinungen hin-
weisen, nicht für eine farbige Materie, für ein Pigment, sondern einzig
für auf physikalischer Beschaffenheit beruhende Lichterscheinung halten *)
Wenn, wie gezeigt, die Dicke des dünnen Blättchens **) die Farbe be- .
dingt, so bleibt diese bei den schillernden Federn freilich dieselbe, aber
wir lassen auf diese den Lichtstrahl unter einen stumpfern oder spitzern
Winkel einfallen, das Licht also in dem Blättchen einen kürzern oder
längern Weg durchlaufen, was dieselbe Erscheinung zur Folge haben
muss. So kommt es, dass z. B. die Pfauenfeder, die uns eben dunkel-
blau erschien, jetzt ein wenig gewendet uns grünblaues, noch mehr ge-
wendet grünes, gelbgrünes, gelbes, orangenes Licht reflectirt. Dass wir
die beiden Extreme ‘der Speetrumsfarben violett und roth nicht sehen.
hat einzig darin seinen Grund, weil die betreffenden Reflectionswinkel
des Lichtes unser Auge nicht mehr treffen können. Wahrscheinlich ist
es freilich, dass etwa ein Pigment unter den dünnen Blättchen abgela-
gert sei, auch will ich nicht in Abrede stellen, dass die Lamellen, die
als feines Gegitter oder als dünne Blättchen uns das Licht so oder an-
ders reflectiren, selbst durch Pigment gefärbt sein können, allein Letz-
teres wenigstens bedürfte noch erst eines Nachweises. Das Changiren
selbst ist niemals durch Farbstoflablagerung zu erklären, — Man hat
dieser Theorie das Schillern von Limenitis iris entgegengestellt, das doch
‚von einer Construction der Schüppchen herrühre, die mit den Gitterfar-
ben oder den Farben dünner Blättchen nichts gemein habe. Ich erwie-
*) Dass überhaupt die Farbe sehr von der physikal. Beschaffenheit: dependirt,
zeigt jeder fein zertheilte, gepulverte Gegenstand, der mehr oder weniger seine
frühere Farbe verlierend sich dem Weiss nähert; sogar' fein zerriebene Kohle
erscheint mehr schiefergrau. Der Schaum von grüner, ‘brauner, rother. Seife ist
weiss etc. eic....
**) Alles was von den dünnen Blättchen gesagt wird, gilt selbstredend auch
von den Gitterfarben,
298
dere hier, dass das Schillern mit jenem auch nichts gemein habe.
Ich kenne sehr wohl den Grund dieses auffallenden Farbenwechsels von.
L. iris und ilia, die uns bald eine schwarze, bald eine schön blaue
Farbe zeigen; oder von den verschiedenen Varietäten der letzteren:
elytie, metis, rubescens, lutea, die braun (oder bräunlich, gelblich) und
blau; von den meisten Hipparchien im frischen Zustande, z.B. tyndarus,
eudora, briseis, semele etc. etc. die braun und grün schillern. Ich er-
laube mir aber die Bemerkung, dass schon desshalb das Schillern der
Schmetterlingsflügel mit dem der Vogelfedern nicht im Entferntesten zu
parallelisiren ist, weil kein Schmetterling in den Farben des Spec-
trums schillert; keiner zeigt uns erst eine (rothe), dann eine orange,
gelbe, grüne, blaue, (violette) Farbe und deren allmählige Uebergänge,
sondern es ist hier nur ein Wechsel zwischen zwei abgegrenzten Farben,
die im Spectrum nicht einmal (oder eventuell nur zufällig) verbunden
sind. Bei den angeführten Beispielen ist diess um so evidenter, da
schwarz und braun nicht einmal Farben des Spectrums sind. Ich be-
sitze in meiner Sammlung eine Colias edusa aus Tyrol, die von orange
i nviolett schillert. Orange und violett kommen freilich als Farben im
Spectrum vor, sind aber dort durch Roth getrennt niemals Nachbarfar-
ben. Auch findet bei der Col. edusa durchaus keine Uebergangsstufe
statt..
Ausser dem Erwähnten ist ein zweiter Grund für meine Theorie,
dass gerade Metall- und Schillerfarben nicht, oder viel weniger, verblei-
chen, als die übrigen. Verbleichen aber ist eine Oxydation (oder Des-
oxydation), welcher die Einwirkung des Lichtes Vorschub leistet. Oxy-
dation aber ist eine chemische Verbindung, nicht eine physikalische
Veränderung. N
Es gibt noch andere Erscheinungen, die nur durch eine eigenthüm-
liche Struktur der Federn, nicht aber durch Pigmentablagerung bedingt
scheinen, z. B. die metallisch glänzenden Kehlen der Colibris, deren
wundervoll herrlicher Glanz uns sofort in Schwarz verändert scheint, so-
bald wir den Vogel nur wenig gegen das einfallende Licht wenden.
Schliesslich erkläre ich wiederholend, dass also das Schillern in Me-
tallfarben, wozu ich auch den oft nur schwachen kupferfarbenen oder
violetten Glanz, wie ihn z. B. so viele unserer grössern Raubvögel zei-
gen, rechne, nur aus der physikalischen Beschaffenheit der Federn zu
erklären sei. |
Fragen wir nun weiter, ob eine physikalische Beschaffenheit auch bei
299
den Federn, die keinen derartigen Glanz und Schiller haben, den Grund
ihrer Farbenerscheinung ausmache, ob z. B. auch bei denjenigen Federn, '
deren Farben nicht einmal im Spectrum vorkommen: so ist die Antwort
auf diese Frage nicht mit der Bestimmtheit zu geben, die sich bei obiger
Farbenerklärung zeigt. Von vorn herein sollte man sagen, dass wenn die
einen Federn bei einem Vogel (z. B. die goldiggrünen bei Trogon resplen-
dens) ihre Farbenerscheinungen aus irgend einer Ursache empfangen, die
anderen (z. B. die schön rothen bei demselben) nicht ganz und gar die-
ser Ursache entbehren würden. Der Einfluss der physikalischen Beschaf-
fenheit der Federn auf die Farbe in dieser weitern Ausdehnung, den
ich früher und auch noch in Gotha ihm zu vindiziren, auf Experimente
gestützt, mich für berechtigt hielt, erleidet jedoch dadurch eine bedeu-
tende Beschränkung, dass nach gründlicheren Versuchen ihm die Haupt-
stülze zum grössten Theil entzogen ist. Ich will diesen (frühern Haupt-)
Grund ‘zuerst anführen und dann die übrige Gründe, die ich pro und
contra habe, folgen lassen, woraus dann wohl die Feen zu ziehen
ist, dass die Farbenerscheinung überhaupt ein Produkt zweier Fak-
toren, Farbstoff und physikalische Beschaffenheit, ist, von
denen bald der eine, bald der andere vorwiegt. Wenn ich nun beim
Folgenden vorzüglich das, was für die Letztere spricht, hervorhebe, so
geschieht es lediglich desshalb, weil gerade dieses physikalischen Faktors
in den Aufsätzen, die ich über Federfarben, Verfärbungstheorie, Grund
der Verfärbung etc. las, noch nie Erwähnung geschah, da er doch na-
mentlich bei den Federn, die mit ivgend welchem Metallglanz verfärben,
wohl recht hoch angeschlagen werden möchte. Jedenfalls ist dem Pig-
mente nicht eine so grosse Rolle beizulegen, es gar als einziger Grund
der Farbenerscheinung zu bezeichnen, wie bisher geschehen. Und wenn
im Journ. d.-Ornith. von Dr. Cabanis Jahrg. I., Heft V in einem Auf-
satze der Kohlenstoff und dessen Ablagerung wieder und wieder als
. Farbengrund urgirt wird, so möchte ich mir über diese neue Theorie,
in der ich weder irgend eine Analogie noch die geringste wissenschaft-
liche Basis zu erkennen im Stande bin, gern nähere Erklärung ausbitten.
Ich lasse jetzt meine verschiedenen Gründe folgen:
4) In Gotha erklärte ich, dass die Federn mit Chlor behandelt, ihre
Farbe behielten, ein offenbares Zeugniss gegen Pigment, und ich
konnte um so offener diese Erklärung abgeben, als sich auch nicht
die geringsten Spuren von Farbenveränderungen an den den Chlor-
dämpfen ausgesetzten Federn gezeigt hatten. Jetzt habe ich die
2)
3)
300
Versuche wiederholt, und nicht bloss Chlor, sondern auch Ammo-
niak, Aether, Alkohol, Mischung aus Aether und Alkohol ange-
wandt und erfreute mich schon desselben Resultates. Alle Federn
hatten jeder Einwirkung dieser chemischen Agentien widerstanden.
Ich hatte schon die Ergebnisse aufgezeichnet, als ich nach einigen
Tagen mehrere Federn, die vom Freitag bis Montag in Chlorwasser
gelegen, vom Chlor heftig inficirt fand. Obgleich dieses Factum das
Gewicht der physicalischen Beschaffenheit bedeutend schwächt, so
freut es mich doch sehr, selbst der Wahrheit näher gekommen zu
sein, und ich vermuthe jetzt, dass höchst wahrscheinlich die Federn,
in ihren feinsten Theilchen von irgend welcher (etwa hornartiger)
Bekleidung überzogen, den Chemikalien so lange hatten trotzen
können. Diese Umhüllung könnten nun sehr wohl die dünnen
Blättchen sein, die entweder bei einigen den Schiller bewirken,
oder überhaupt die Farbe modificiren und bestimmen. Zum Belege,
dass diese Vermuthung keine leere, auf nichts als vorgefasste
Meinung beruhende Hypothese sei, füge ich um so lieber gleich
hinzu, dass
nach neuester Entdeckung, worüber ich freilich noch nichts näher,
als flüchtige mündliche Mittheilung erfahren habe, sich beim Ver-
färben der Federn ein gewisses Abblättern, Abschälen der feinsten
Theilchen zeigt. Es wäre das dann eine analoge Erscheinung, wie
das Häuten der Raupen und Schlangen, das Abwerfen des Gewei-
hes der Hirsche etc. Jedenfalls würde durch dieses Alteriren der
gegitterten oder mit dünnen Blättchen versehenen Oberfläche und
der damit verbundenen Farbenveränderung, Verfärbung der Federn
meine Behauptung nur gestützt, und die Verfärbung gegen alle
früheren Hypothesen als wenigstens theilweise auf physikalischen
Gesetzen beruhend, wahrscheinlicher gemacht werden.
Zu beachten ist ferner die verschiedene Dauerhaftigkeit der ver-
schieden gefärbten Stellen einer und derselben Feder. Ich be-
schränke mich hier auf einige allbekannte Erscheinungen hinzu-
weisen. Beim Charadrius pluvialis und vielen andern Vögeln zeigt
sich kurz vor der Mauser sehr deutlich, dass die dunklern mit
hellern Randflecken versehenen (Flügel)federn an den heller ge-
färbten Theilen stark abgenutzt sind, während die dunklern Partieen
wenig oder gar nichts gelitten haben, so dass eine solche Feder
wahrhaft sägeförmig erscheint. Beim Sturnus vulgaris schwinden
301
mehr oder weniger die meisten Federspitzen durch Abreiben, nicht
etwa weil es die Spitzen, sondern weil es weisse Spitzen sind,
denn es hört das Abreiben gegen die dunklere Begrenzung wie
‚abgeschnitten auf. Ferner: die hellern Federkanten des Jugend-
und Winterkleides so vieler Vögel zeigen dasselbe. Dass in glei-
cher Weise schwarze Tropfflecke, Ränder, Zeichnungen sich ab-
reiben, ist mir nicht bekannt. Wenn sich also hier eine verschie-
dene Festigkeit, Dauerhaftigkeit zeigt, so ist nicht abzusehen,
wesshalb das Pigment bloss wegen einer verschiedenen Farbe
auch eine verschiedene CGonsistenz den Federtheilen mitthei-
len sollte. Ist aber die Farbenerscheinung eben (wenn auch nur
theilweise) Folge einer anderartigen Struktur, so findet das vor-
liegende Phänomen viel leichter seine Erklärung.
.4) Der oft ausserordentlich grosse Unterschied der Farben verschie-
dener Kleider desselben Vogels scheint mir weniger erklärbar
durch einen ganz anderartig gefärbten Stoff, als durch eine geringe
Strukturveränderung der Feder. Derselbe Organismus müsste oft
bei fast gleichen Lebensverhältnissen des Vogels im ersten Falle
dann ein weisses, dann das Diametral entgegengesetzte schwarze,
dann ein rothes, dann das complementäre grüne etc. etc. Pigment
bilden, ausscheiden und in den Federn ablagern. Lehren mich
hingegen andere Thatsachen, dass z. B. höheres Alter, verschie-
denes Geschlecht, wechselnde Temperatur etc. auch. sonst manche
Strukturen verändern, so sehe ich nicht ein, wie ein auf meine
Theorie gegründeter Farbenwechsel so viel Auffallendes haben
könnte.
5) Alle Flaumfedern, so wie auch die untern verdeckten Theile der
andern Federn zeigen auch dem blöden Auge, und dem stumpfen
Tastsinn eine ganz andere Struktur als die übrigen Federn und
Federtheile. Und dieser auffallende Strukturunterschied. zeigt sich
eben so gross in der Farbe. Während die einen mehr oder we-
niger lebhaft, bunt, beztimmt, kräftig gefärbt und gezeichnet sind,
- zeigen die andern eine matte, gleichförmige, weissliche oder grau-
liche Färbung. Sollte Pigment der einzige Grund sein, warum
lagert sich denn in diesen Federn nicht auch stets oder vorwie-
gend, oder nur zum Theil, ja nur wenigstens einmal ein entschie-
dener, markirt gefärbter Stoff ab. (Dass bei einem weissen Vogel
Flaum und sonstige Federfarbe gleich ist, ist zufällige Ueberein-
6)
302
stimmung.) — Ja das Phänomen müsste sich wenigstens aus einer
Rücksicht geradezu umkehren, es müsste sich das Entgegengesetzte
zeigen: der Flaum und die sonstigen flaumartigen verdeckten Fe-
dertheile müssten, vor Licht und Luft mehr geschützt, die Pigment-
farbe intensiv erhalten, während das übrige Gefieder den äussern
Einflüssen ausgesetzt, verbleicht gegen jene matt abstechen müsste,
so wie wir nicht selten bei Schmetterlingen, deren Vorderflügel
die hintern bei der Ruhe bedecken, die ersten ganz verblichen,
die zweiten aber noch schön intensiv gefärbt finden.
Man könnte mir einwenden, dass doch die meisten Federfarben
gar nicht im Spectrum vorkommen, also auch nicht durch die ganz
oder theilweise darauf beruhende Theorie zu erklären seien. Viel-
leicht ist dieser Einwand nur scheinbar. Abgesehen davon, dass
ich auf. der physikalischen Factor nicht allein recurrire, sondern
allerdings auch eine Pigmentbildung (wenigstens nach dem jetzigen
Standpunkte unserer Kenntniss hierüber) annehme, wäre eine
nicht im Spectrum vorkommende Farbe doch immer noch physika-
lisch zu erklären. Braun, eine sehr gewöhnliche Federfarbe, ist
z. B. eine solche. Es ist aber diese eine Mischung der comple-
mentären Farben roth und grün, die im Spectrum durch orange,
gelb und unzählige Mittelstufen getrennt sind. Somit. können sich
hier beide Farben nie vereinigen; wohl aber ist eine solche Struk-
tur der Federn denkbar, dass uns die eine Lamelle die rothe, die
folgende die grüne Farbe reflectirt, und beide vereinigt in unserm
Auge den Eindruck des Braunen hervorbringen. Aehnlich wären
alle übrigen, wäre sogar Schwarz zu erklären.
7) Entschieden für Pigment spricht das Verbleichen so vieler Vogel-
8)
federn durch die Einwirkung des Lichtes und der Luft. So schwin-
det das zarte Gelb der Mergus merganser zum Verdruss des Ca-
binetbesitzers nur zu schnell; der gemeine Eisvogel soll kurz nach
der Tödtung schon beim Erkalten seinen herrlichen Glanz in etwas
einbüssen. Mag der Grund der Farbe hier wirkliche Pigmentabla-
gerung oder Tränkung mit ätherischen Oelen oder Aehnlichem sein,
so ist doch nicht physikalisch, sondern chemisch das Schwinden
zu erklären. ’
Das Abfärben mancher Federn, z. B. beim gewöhnlichen grauen
Reiher, widerstreitet ebenfalls meiner Theorie. Es beruht dieses
wohl auf äusserlicher Ablagerung von Pigmentkügelchen.
303
Vorstehendes sind nun meine Gedanken über die Farbenerscheinun-
gen bei den Vögeln, und die Gründe, worauf ich mich hauptsächlich
stütze. Ich weiss recht wohl, dass man, die Interferenzerscheinungen
bei dem Schiller abgerechnet, Manches gegen das Gesagte vorbringen
kann, und ich erwarte auch Entgegnungen, resp. Widerlegungen. Allein
da die physikalische Beschaffenheit als Farbengrund bei einigen Federn
unverkennbar, und auffallend genug dieses handgreifliche Phänomen nie
beachtet ist, sondern man stets nur nach einem färbenden Stoff fragte,
so wolle man nicht ohne Weiteres, ohne genaue Prüfung und Beobach-
tung diesen Faktor bei den andern Federn und Federfarben verwerfen,
zumal da er wohl geeignet wäre etwas Licht in die Verfärbungstheorie
zu bringen. Ich möchte hier noch eben auf das mir bis jetzt unbegreif-
liche »Zurückziehen des Farbestoffs« z. B. bei Muscicapa atricapilla hin-
weisen. Herr Pastor Brehm zeigte uns in Gotha .an einer Turdus cya-
neus die Verfärbung, und unwillkürlich fiel mir, als ich zwei dieser Vögel
in der Hand haltend untersuchte, meine Farbentheorie ein. Der junge
Vogel zeigte ein schmutziges, grauliches Blau, wohingegen das ausge-
färbte Kleid einen herrlichen blauen Schimmer zeigte, denselben Farben-
typus, den ich mir schon längst als auf Struktur der Federn beruhend
erklärt hatte. — Es gibt auch, abgesehen von aller Verfärbungstheorie
der hier zunächst zw beobachtenden und untersuchenden Farben, un-
ter den sehr gemeinen, Allen zugänglichen Vögeln eine hinreichend
grosse Auswahl. So hat Telm. gallinula auf dem Rücken mehrere me-
tallglänzende Streifen, Col. oenas, palumbus schillert am Halse, die Elster
zeigt namentlich in den Schwanzfedern *) das Spectrum auch ohne eine
verschiedene Wendung gegen das Licht, ohne Veränderung
des Einfallswinkels (ich erinnere hier an die »sonnenverbrannten«
Glasscheiben) ; etwas Aehnliches nur minder auffallend Vanellus cristatus.
Ferner bieten die dunkel stahlblauen Federn so mancher Arten der Gat-
tung Corvus, namentlich das schöne Gefieder von frugilegus, interessante
Objecte der Untersuchung dar; die blaugrüne Farbe des Eisvogels, die
”) Ich meine die Farbe der Schwanäspitze beginnt mit Blaulichgrün, geht
über zum Grün, Gelbgoldig, Orange, Roth und schliesst mit Violett. Ein
höchst merkwürdiges Phänomen! Es begähne dann das Spectrum nicht mit einer
Extremfarbe, sondern mit einer der mittlern, so dass die Extreme — wie bei
den Ringspektren, den sogenannten Newton’schen Farbenringen — Nachbarn wür-
den. Es würden dann zwei Halbspectren auf einander folgen, also auch wohl die
Dicke der reflektirenden Blättchen oder des Gegitters im zweiten Halbspectrum ein
Multiplum der Wellenweite betragen.
304
diesem Vogel seinen, gewöhnlich unrichtig erklärten, Namen gegeben
hat (Althochdeutsch ise, eise = blau), gehört nebst vielem Andern hierher.
Dass bei ausländischen Vögeln die Masse der hier in Frage stehenden
Erscheinungen sehr gross ist, ist: bekannt, doch möchten frische Federn
wohl der Beobachtung besser dienen können.
Da Zeit und Gelegenheit mir fehlt, selbst noch näher daseh mehr-
fache Experimente und mikroskopische Untersuchungen auf die Sache
einzugehen, so habe ich mir diese vorläufige Veröffentlichung erlaubt,
um diejenigen, die sich hierfür interessiren und in Verhältnissen leben,
fernere Beobachtungen anstellen zu können, auf die genannten Facta
aufmerksam zu machen. Ich hätte noch mehrere Einzelnheiten anführen
können, aber ich hielt das Genannte dem Zwecke entsprechend; ebenso
wählte ich aus der Physik und Ornithologie nur ganz bekannte Beispiele,
um dadurch um so klarer auf die Sache selbst hinzuweisen, — und bitte
nun schliesslich um Veröffentlichung. der gewonnenen Resultate.
Berlin, im Juli 1854.
B. Altum.
(Beilage Nro. 2,)
Mittheilungen über meine literarische, sammlerische
und beobachtende 'Thätigkeit im Gesellschaftsjahre
1853 — 54.
Von
"Dr. N. Kjärbölling.
Ich erlaube mir hier zunächst einige Worte über meine literari-
sche Beschäftigung im verflossenen Jahre. Es war hauptsächlich die
Beendigung meiner nun siebenjährigen Arbeit, der Ornithologia Danica,
welche meine Kräfte in Anspruch nahm, an die ich denn eben auch
nach Vermögen gefördert habe. Der Text dieses Werkes, 456 Octav-
seiten, ist bisher freilich nur in dänischer Sprache erschienen, wozu ich
durch eine öffentliche Unterstützung und die für mein kleines Vaterland
bedeutende Theilnahme (von gegen 500 Subseribenten) verpflichtet war;
ich bin jetzt auch ganz davon abgekommen, selbiges — was sonst meine
Absicht war — auch mit deutschem Texte herauszugeben, da es für
305
Deutschland ausgezeichnete und vollständigere ornithologische Handbü-
cher *) genug gibt, welche auch die dänischen und fast alle hochnordi-
schen Vögel abhandeln, und was etwa in meinem Buche von besonderem
Interesse für das Ausland sein möchte, werde ich allmählig in unserer
Naumannia mittheilen können. _ Die Abbildungen dagegen können als
Atlas für jeden, besonders deutschen, ornithologischen Text benutzt wer-
den; er enthält auf 96 Foliotafeln 556 in Kupfer gestochene oder litho-
graphirte, sauber colorirte Vögel, denen auch die deutschen Namen bei-
gegeben sind. Etwas später, vielleicht aber noch in diesem Jahre,
'beabsichtige ich die übrigen skandinavischen (schwedischen, norwegischen,
isländischen und färöischen) in Dänemark bis dahin nicht beobachteten
Vögel auf circa 8 ähnlichen Tafeln darzustellen; vielleicht füge ich dar-
nach auch einige Tafeln mit Abbildungen der übrigen in Deutschland —
in ‚Skandinavien aber nicht — vorkommenden Vogelarten hinzu. Der
Hauptzweck des Bilderwerkes, bei welchem. das in den meisten
ornithologischen Werken unbeachtete,_ proportionirte Grössenverhältniss
streng und mühsam durchgeführt worden ist, war hauptsächlich der,
eine beträchtliche Lücke in unserer (dänischen) Literatur auszufüllen **) ;
demnächst im Allgemeinen einen billigen und doch möglichst gu-
ten Handatlas der nordeuropäischen Vögel für Schulen und Selbstbeleh-
rung zu liefern; daher auch, namentlich hinsichtlich der Colorirung, die
etwaigen Mängel und Unrichtigkeiten, wenigstens zum grossen Theil
durch den sehr niedrigen: Preis von 24 Thlr. preuss. Cour. sich ent-
schuldigen lassen, besonders im Vergleich mit anderen noch theureren
ornithologischen Werken.
Meine seit 6 Jahren begonnene Sammlung europäischer Vö-
gel zählt jetzt gegen 450 Species und 4000, zum Theil gestopfter,. mei-
stens aber in schönen Bälgen aufbewahrter Vögel. Durch Tausch und
Kauf habe ich diese — da ich nur schöne, reine und wohl präparirte
Exemplare annehmen wollte — oft kostspielig zusammengebracht. Zahl-
reichere und vollständigere Suiten von besonders hochnordischen,
varirenden und kleidwechselnden Vögeln in fast jedem Alter und Ge-
schlecht dürften kaum aufzuweisen sein. So besitze ich gegenwärtig
*) Leider ist das nicht der Fall. Der Herausgeber.
**) Unsere Vogelfauna war bisher ein fast ganz unbearbeitetes Feld: man kannte,
als ich meine mühevollen Nachforschungen begann, höchstens 250, im dänischen
Staate angetroffene Vogelarten; ich habe es zu 312 sicher vorgekommenen Species
gebracht.
Naumannia. 1854. 20
N 306
über 100 Stück hochnordischer Edelfalken, namentlich Falco islandicus
et groenlandicans (candicans alt. Vogel) F. gyrfalco Schl. (norvegicus),
vom ersten Lebensjahre bis zur höchsten Altersstufe. Etwa 40 Stück
habe ich der geehrten Versammlung zur gefälligen Ansicht mitgebracht;
ich hoffe dadurch die Art- oder Rassenverschiedenheit von F. isl., cand.
und gyrf. in allen Altersstufen feststellen und normiren zu können.
Nicht weniger erfreulich sind die Fortschritte meiner Biersammlung,
welche bereits die meisten bekannten europäischen Vogeleier, besonders
aber die hochnordischen (meistens in zahlreichen Doubletten zum Ver-
kauf und Eintauschen) enthält, und zwar die hochnordischen um so viel
richtiger und sicherer in der Bestimmung, als ich in Verbindung mit so
vielen sachkundigen Sammlern im Norden stehe. Es ist überhaupt von
grösster Wichtigkeit, seltnere oder noch unbekannte Eier, die man nicht
selbst sammeln kann, von mehreren Sammlern aus ganz verschiedenen
‘Gegenden oder Ländern zu beziehen, um durch Vergleichung die Wahr-
heit zu finden. Ich erlaube mir in dieser Beziehung bloss beispielsweise
die Gattung Totanus zu erwähnen. In sehr vielen Sammlungen fehlen
die ächten Eier von Totanus glareola und ochropus, was noch mehr der
Fall mit Tot. fuscus und glottis sein mag: sie sind aber, namentlich die
beiden erstgenannten, in falschen Eiern häufig da*). Man hat sich durch
Abbildungen irre führen lassen, vielleicht auch die Phantasie und Ana-
logie etwas mehr als räthlich zu Hülfe genommen, oder man hat unwis-
senden (wo nicht gewissenlosen!) Händlern und Sammlern zu viel Ver-
trauen geschenkt — und. wie schwer hält es dann nicht, die ächten Eier
nachher geltend zu machen! Wenigstens ist es mir zuweilen so ergan-
gen! Eier von Totanus ochropus habe ich aus Norwegen, Mittel- und
Nordschweden; sie stimmen in Form und Grösse, obwohl in der Farbe
ziemlich variirend, überein. Das Ei von Totanus glareola habe ich in
Jütland, wo der Vogel häufig nistet, selbst gesammelt, so wie aus Schwe-
den und Norwegen erhalten; es zeichnet sich, frisch ausgeblasen und
oft — im Dunkel aufbewahrt — noch lange nacher, durch seinen schö-
nen hellgrünen, mitunter spangrünen Grund mit rothbraunen Flecken und
Tüpfeln vor allen anderen Totanus-Eiern aus: Die grösseren und |
grossfleckigen hellen Eier von Tot. hypoleucus sind aber in
manchen deutschen Sammlungen ihre unvertilgbaren Stell-
*) Dasselbe gilt von mehreren Tringa-Arten und vielen andern.
307
vertreter. Beispiele der Art liessen sich gar viele aufzählen: Dieses
bloss zur Warnung!
"Demnächst erlaube ich mir eine genauere Erl äuterung einiger
meiner mitgebrachten Vögel und Eier.
Podiceps cornutus et arcticus.
Obgleich Pod. cornutus, Lath. als jütländischer Brutvogel schon
lange aufgeführt war, wollte es mir bisher doch nicht gelingen, mich
davon recht zu überzeugen, woran mir doch so gelegen war, um. über
meinen Zweifel wegen der Artsverschiedenheit von Pod. arcticus in’s
Reine zu kommen. Ein Jeder, der sich mit unserer Wissenschaft be-
schäftigt, weiss, wie schwach und unsicher die Andeutungen meistens
sind, wenn Nichtkenner ‚ungewöhnliche Vögel beschreiben. So wurde
mir im Mai. d. J. aus dem nördlichen Jütland gemeldet,. dass auf einem
- kleinen Teiche daselbst ein kleines »Entenpaar« niste, welches sich
durch einen rothen Hals und einen grossen Schopf, so wie durch seine
gewaltige Tauchfertigkeit vor allen andern bekannten »Enten« auszeichne.
Ich schrieb dem Beobachter gleich, wo möglich die Vögel für mich zu
erlegen, und erhielt sehr bald ein schönes Päärchen von Pod. cornutus
im reinen Sommerkleide, das Weibchen mit einem legereifen Ei*) im
Leibe. (Beide Exemplare sind zur gefälligen Ansicht da) Kaum 14
Tage später erhielt ich aus selbiger Lokalität noch 2 Paare und ein
schönes lebendiges Männchen, welches aber leider nach 8 Tagen starb.
Zu bemerken ist, dass alle nur kleine Wasserkäfer, nicht die Spur von
Wasserpflanzen, welche sonst in den ornithologischen Handbüchern als
ihre Hauptnahrung angegeben sind,-im Magen hatten. Durch Verglei-
chung dieser jütländischen Exemplare von 4 Männchen und 3 Weibchen
von Pod. cornutus mit vielen isländischen P. cornutus und arcticus, bin
ich aber vollkommen überzeugt worden, dass P. arcticus nur das
Weibchen von P. cornutus sei, indem die ältern Weibchen
des letzteren als Männchen des ersteren und die jüngeren
Männchen für die Weibchen des ersteren galten, (nach
Körper- und Kragengrösse, nicht durch das Messer beurtheilt!) Podi-
ceps arcticus ist demnach aus der Reihe der europäischen
Vögel zu streichen **)!
*) Der Form nach ganz das dem Pod. arcticus zugeschriebene Ei!
**) Ein neuer und schlagender Beweis, wie viel auf einseitige Bestimmungen
nach Bälgen, d. h. im Kabinette zu as ist. Wie viele pompös benamsete Spe-
cies werden noch fallen müssen.
20 *
306
über 100 Stück hochnordischer Edelfalken, namentlich Falco islandicus
et groenlandicans (candicans alt. Vogel) F. gyrfalco Schl. (norvegicus),
vom ersten Lebensjahre bis zur höchsten Altersstufe. Etwa 40 Stück
habe ich der geehrten Versammlung zur gefälligen Ansicht mitgebracht;
ich hoffe dadurch die Art- oder Rassenverschiedenheit von F. isl., cand.
und gyrf. in allen Altersstufen feststellen und normiren zu können.
Nicht weniger erfreulich sind die Fortschritte meiner Eiersammlung,
welche bereits die meisten bekannten europäischen Vogeleier, besonders
aber die hochnordischen (meistens in zahlreichen Doubletten zum Ver-
kauf und Eintauschen) enthält, und zwar die hochnordischen um so viel
richtiger und sicherer in der Bestimmung, als ich in Verbindung mit so
vielen sachkundigen Sammlern im Norden stehe. Es ist überhaupt von
grösster Wichtigkeit, seltnere oder noch unbekannte Eier, die man nicht
selbst sammeln kann, von mehreren Sammlern aus ganz verschiedenen
Gegenden oder Ländern zu beziehen, um durch Vergleichung die Wahr-
heit zu finden. Ich erlaube mir in dieser Beziehung bloss beispielsweise
die Gattung Totanus zu erwähnen. In sehr vielen Sammlungen. fehlen
die ächten Eier von Totanus glareola und ochropus, was noch mehr der
Fall mit Tot. fuscus und glottis sein mag: sie sind aber, namentlich die
beiden erstgenannten, in falschen Eiern häufig da*). Man hat sich durch
Abbildungen irre führen lassen, vielleicht auch die Phantasie und Ana-
logie etwas mehr als räthlich zu Hülfe genommen, oder man hat unwis-
senden (wo nicht gewissenlosen!) Händlern und Sammlern zu viel Ver-
trauen geschenkt — und. wie schwer hält es dann nicht, die ächten Eier
nachher geltend zu machen! Wenigstens ist es mir zuweilen so ergan-
gen! Eier von Totanus ochropus habe ich aus Norwegen, Mittel- und
Nordschweden; sie stimmen in Form und Grösse, obwohl in der Farbe
ziemlich variirend, überein. Das Ei von Totanus glareola habe ich in
Jütland, wo der Vogel häufig nistet, selbst gesammelt, so wie aus Schwe-
den und Norwegen erhalten; es zeichnet sich, frisch ausgeblasen und
oft — im Dunkel aufbewahrt — noch lange nacher, durch seinen schö-
nen hellgrünen, mitunter spangrünen Grund mit rothbraunen Flecken und
Tüpfeln vor allen. anderen Totanus-Eiern aus: Die grösseren und
grossfleckigen hellen Eier von Tot. hypoleucus sind aberin
manchen deutschen Sammlungen ihre unvertilgbaren Stell-
*) Dasselbe gilt von mehreren Tringa-Arten und vielen andern.
307
vertreter. Beispiele der Art liessen sich gar viele aufzählen: Dieses
bloss zur Warnung!
"Demnächst erlaube ich mir eine genauere Erl äuterung einiger
meiner mitgebrachten Vögel und Eier.
Podiceps cornutus et arcticus.
Obgleich Pod. cornutus, Lath. als jütländischer Brutvogel schon
lange aufgeführt war, wollte es mir bisher doch nicht gelingen, mich
davon recht zu überzeugen, woran mir doch so gelegen war, um über
meinen Zweifel wegen der Artsverschiedenheit von Pod. arcticus in’s
Reine zu kommen. Ein Jeder, der sich mit unserer Wissenschaft be-
schäftigt, weiss, wie schwach und unsicher die Andeutungen meistens
sind, wenn Nichtkenner ‚ungewöhnliche Vögel beschreiben. So wurde
mir im Mai. d. J. aus dem nördlichen Jütland gemeldet,. dass auf einem
kleinen Teiche daselbst ein kleines »Entenpaar« niste, welches sich
durch einen rothen Hals und einen grossen Schopf, so wie durch seine
gewaltige Tauchfertigkeit vor allen andern bekannten »Enten« auszeichne.
Ich schrieb dem Beobachter gleich, wo möglich die Vögel für mich zu
erlegen, und erhielt sehr bald ein schönes Päärchen von Pod. cornutus
im reinen Sommerkleide, das Weibchen mit einem legereifen Ei*) im
Leibe. (Beide Exemplare sind zur gefälligen Ansicht da) Kaum 14
Tage später erhielt ich aus selbiger Lokalität noch 2 Paare und ein
schönes lebendiges Männchen, welches aber leider nach 8 Tagen starb.
Zu bemerken ist, dass alle nur kleine Wasserkäfer, nicht die Spur von
Wasserpflanzen, welche sonst in den ornithologischen Handbüchern als
ihre Hauptnahrung angegeben sind,-im Magen hatten. Durch Verglei-
chung dieser jütländischen Exemplare von 4 Männchen und 3 Weibchen
von Pod. cornutus mit vielen isländischen P. cornutus und arclicus, bin
ich aber vollkommen überzeugt worden, dass P. arcticus nur das
Weibchen von P. cornutus sei, indem die ältern Weibchen
des letzteren als Männchen des ersteren und die jüngeren
Männchen für die Weibchen des ersteren galten, (nach
Körper- und Kragengrösse, nicht durch das Messer beurtheilt!) Podi-
ceps arcticus ist demnach aus der Reihe der europäischen
Vögel zu streichen **)!
*) Der Form nach ganz das dem Pod. arcticus zugeschriebene Ei!
**) Ein neuer und schlagender Beweis, wie viel auf einseitige Bestimmungen
nach Bälgen, d. h. im Kabinette zu wer. ist. Wie viele pompös benamsete Spe-
cies werden noch fallen müssen. |
20 *
308
Als Ersatz dafür habe ich aber das Vergnügen
Numenius borealis, Wils.
aus Island, also als Europäer, zu präsentiren. Wegen: seiner grossen
Aehnlichkeit mit Num. phaeopus mag dieser Vogel gewiss lange damit
verwechselt worden sein. Unter den aus Island stammenden Eiern des
letztgenannten kommen einige in Grösse, Form und Färbung sehr ab-
weichende vor, welche sogar vermuthen lassen, dass der Vogel da-
selbst niste.
Procellaria minor, mihi.
”
Meine unter dieser Benennung unserer Berliner Versammlung vor-
gelegte neue Art hat sich seitdem immer mehr bestätigt, selbst auch
durch die Eier, welche von denen der Proc. glacialis nicht nur durch
die geringere Grösse, sondern auch durch eine meistens gestrecktere
Form deutlich zu unterscheiden sind. Auch hat Hr. Reinhardt, In-
spektor des zool. Museums in Kopenhagen, meine neue Art in seinen
Notizen *) zu Grönlands Ornithologie (Videnskabelige Meddelelser fra
den naturhist. Forening in Kjöbenhavn for Aaret 1853) aufgenommen.
Von Beiden, Proc. glacialis und minor, liegen Bälge und Eier vor.
In der Färbung haben Junge und Alte beider Formen viel
Aehnlichkeit. Die jungen Vögel sind überall braunlich blaugrau; bei den
Alten geht der weisse Hinterhals des P. glacialis weiter auf den Rücken
herunter, wie bei meiner Proc. minor, die ohnehin einen mehr braun-
graulichen Mantel hat, und’ sich sonst durch die hellen Innenkanten der
grossen Schwungfedern, dunklere Flügeldeckfedern und Vorderrand un-
terscheidet. Die Grössenverhältnisse sind folgende:
Proc. glac. Proc. minor.
Ganze Länge . . . a N 1891)
Länge der Flügel vom Bug U Hab PER R: R N e
Länge der Unterarmsknochen . . . . 5 3m 4" 10
Länge des Schwanzes . . „ . .. ..90 04 * Bu» ag
*) In diesen interessanten Notizen erwähnt der Herr Verfasser als in den letz-
ten 12 Jahren (seit Holböll’s Beiträge erschienen 1842—43) für Grönland hinzugekom-
mene Vögel 18 Arten, so dass die ganze Anzahl jetzt schon 107 Arten beträgt, wo-
von aber 38 nur einmal oder doch höchst selten vorgekommen, 55—60 hingegen
Brutvögel sind. Eine vermeintliche neue Möve hat Hr. Reinhardt unter der Benen-
nung Larus affinis, und einen neuen Podiceps mit dem Speciesnamen Holboellii
aufgestellt; erstere steht L. argentatus ziemlich, letztere Pod. rubrieollis sehr nahe.
309
- Proc. glac. ProC, minor.
Länge. des Laufes.;. = ..0. ein eu 12 2,0 2u Yu
Länge der Mittelzeke - » » + 2" 10 Yu Zu
Länge des Nagels derselben . . » » » 6 zu
Länge des Schnabels von der Wurzel . 4” 10% 11 HM
Höhe und Breite an derselben . . - - KA: .;.; gu
Höhe bei den Nasenlöcken . . .» . » gu ze
Höhe vor der Spitze - - - gu geu
Länge der Nasenröhre auf dem Sehnabel . gu Ba
Breite derselben an der Wurzel . . . 6 ELAUL
Vom Anfang derselben bis zu der Schnabel-
EEE RE TEE DW 101,
Plectrophanes calcaratus, Mey,.,
das Männchen im Winterkleide wird, bei der völligen Bedeckung
des im Sommerkleide schwarzen Vorderhalses mit hellen Federrändern *),
mit dem Weibchen fast immer verwechselt, und als letztere stets aus
dem Norden hergeschickt. Vorliegende Bälge von 3& und 12 werden
das übergenügend darthun.. Das Männchen im reinen Winterkleide ist
ausserdem nicht nur grösser, sondern durch die schwärzlichen Kopfsei-
ten und den beinahe ganz schwarzen Oberkopf, so wie durch den roth-
braunen Hinterhals, und grössere und dunklere Tragfederflecken hin-
länglich unterschieden. .
Somateria mollissima et spectabilis,
Die Männchen im reinen Sommerkleide sind bekanntlich aus dem
Grunde schwer zu erhalten, weil sie sich in der Brutzeit, da sie eben
dieses sehr kurz dauernde Kleid anlegen, meistens fern vom Brutplatze
auf dem freien Meere aufhalten, und zwar oft in grossen Gesellschaften,
daher sie um so scheuer und fast nie zu erlegen sind. Desswegen feh-
.len Exemplare in diesem reinausgefärbten Kleide nicht nur in den mei-
sten Sammlungen, sondern die Abbildungen, welche ich jetzt in meiner
Ornithologia Danica (Supplement) gegeben, sind mir sonst in keinem
Werke vorgekommen, sondern nur Abbildungen von dem Uebergangs-
—
*) Diese sind, wie überhaupt im Winter das ganze Gefieder, bei allen hochnor-
dischen Vögeln viel länger als bei den in der nördlich temperirten Zone lebenden;
die Natur schützt sie vor der Kälte durch einen sehr üppigen Federpelz; hingegen
ist ihr Sommerkleid auffallend kurz und knapp.
310
kleide und darnach muthmassliche Beschreibungen von dem reinen Som-
merkleide, welches hier von beiden Arten vorliegt. Der Uebergang vom
Winter-, wie vom Sommer- zum Winterkleide geht in einer langsanien
Mauser, ohne Spur von Verfärbung, vor sich; nur aber tragen die auf
-dem Kröpfe hervorspriessenden Federn des Winter- oder Prachtkleides
schwarze Ränder, welche bald verstossen werden, und daher als der
_ herausgeschobene Ueberrest von dem schwarzfärbenden Stoffe in der
Haut angesehen werden könnte. Sonst aber mag diese Ränderver-
stossung im Spätjahre ziemlich isolirt stehen.
Das Nest und Ei von Garrulus infaustus aus Westfinnmarken
habe ich demnächst das Vergnügen vorzuzeigen. Leider fehlt die Unter-
lage des Nestes fast gänzlich; einige Ueberreste waren bei dem Empfange
aber noch da, woraus sich schliesen liess, dass selbige aus dünnen Rei-
sern von Haidekraut bestanden hat. Das Uebrige ist ein Gemisch von
Halmen, Moos und Flechten. Ein zweites Ei, welches ich in meiner
Sammlung zurückbehalten habe, hat ähnliche düstergrünliche Flecken, wie
das vorliegende, nicht aber an dem spitzen, sondern am stumpfen Ende.
In der Grösse kommen sie mit den Eiern von Turdus iliacus überein, sind
aber mehr rundlich und zugespitzt. Der Grund ist blaulich-weiss, und
das Korn, der Grösse nach, etwas grob, daher die Schaale ziemlich
fest ist.
Endlich habe ich neben vielen andern seltenern Sachen und Varie-
täten das Ei von Tringa platyrrhyncha (Limicola pygmaea) aus
dem westlichen Norwegen vorzulegen. Es stimmt mit der Abbildung in
Thienemann’s Eierwerk Taf. LXU, 4, b genau überein.
Dr. Kjärbölling.
(Kopenhagen, Friedrichsborgstrasse 141.)
(Beilage Nro. 3.)
Ueber die oologische Kennzeichenlehre (und das Verhält-
niss der Oologie zur Systematik) wird einem spätern Hefte aufbewahrt.
bleiben, da es die Redaction für ihre Pflicht hält, die eigenen Arbeiten
all
so lange zurückzuhalten, als fremde und dringende zur Genüge vor-
liegen *)..
(Beilage Nro. 4.)
Grundriss eines natürlichen Systemes der Vögel. Für
die Ordnung der ornithol. Sammlung; des Herzogl.
Naturalienkabinets zu Coburg
entworfen von
Dr. Fr. Staude.
I. Systematische Ordnung der Vögel.
Die Vögel stellen in der Entwicklungsreihe der Thiere die Brust-
oder Athmungsthiere dar;; sie sind mit einem doppelten Athmungspro-
zesse, einer Lungen- und einer Körperathmung, ausgestattet. Dieser für
die Bedeutung des Vogels wesentlichen inneren Organisation entspricht
als äusseres Organisationsverhältniss die dem Vogel eigenthümlich zu-
kommende Bildung der Bewegungsglieder. Die Gestaltung der Becken-
gliedmassen zu Füssen und die Umwandlung der Brustgliedmassen zu
Flügeln, wodurch den Vögeln eine doppelte Art willkürlicher Bewegung,
eine Fussbewegung und Flugbewegung zukommt, ist ein aus dem Wesen
des Vogels hervorgegangenes und somit für das Wesen des Vogels cha-
rakteristisches Organisationsverhältniss. Es folgt daraus, dass das Ver-
hältniss, welches zwischen der Entwickelung der Flügel und der Füsse
bei den verschiedenen Gattungen der Vögel stattfindet, charakteristisch
‚ist für die Bedeutung, welche dieselben sowohl an sich ‚ wie in ihrer
gegenseitigen Stellung zu einander haben. Eine Prüfung dieses Verhält-
nisses zeigt uns einestheils, dass die Natur zu dem Endziele strebt, durch
‘ möglichste Entwickelung des Flugsystems den Vogel in seinen vollendet-
*) Den verehrten Mitgliedern unserer Gesellschaft, welche gerade jetzt den Ma-
chinationen kleinlichen Eigennutzes und kleinlicher Eitelkeit gegenüber durch fleissige
Zusendung ifteressanter Arbeiten ihr Urtheil auch durch die That bestätigen, die
Mittheilung, dass ich ihre Beiträge, sofern nicht besondere Verhältnisse es anders
gebieten, streng nach der Reihenfolge ihrer Uebersendung, wie bisher, aufnehmen
werde. ES liegt indess z. Z. so viel Material vor, dass wir, um nicht zu lange
warten lassen zu müssen, wahrscheinlich noch ein Extraheft geben werden,
Die Redaction.
312
sten Formen zu einem vollkommenen Luftthiere auszubilden, anderntheils,
wie nur in verschiedenem Grade der Vollkommenheit dem einzelnen Gat-
tungen es vergönnt ist, die Bestimmung zu erreichen, welche dem Leben
des Vogels gleichsam als Ideal vorgesteckt ist. Letztere Thatsache be-
ruht auf einem durchgreifenden Naturgesetze. Die Natur schafft stets
stufenweise und beginnt die Entwickelung jeder höheren Stufe. gleich-
sam zum neuen Anlaufe mit einem Rückschritt, der Darstellung eines
niederen Vorbildes auf dieser höheren Entwicklungsstufe, aus welchem
sie dann erst die vollendeten Gestalten dieser Stufe entwickelt. Die
eine Klasse bildenden Gattungen tragen daher nie den vollkommenen
Typus der Klasse gleichmässig an sich ausgeprägt, sondern durchlaufen
eine, von einem unvollkommenen, den Bildungsformen einer niederen
Thierklasse analogen Zustande beginnende und nach und nach den voll-
kommenen typischen Charakter erreichende Entwickelung. Jede Klasse
des Thierreiches enthält somit Bildungen , welche vortypische Formen
darstellen, und Bildungen, welche die typischen Formen repräsentiren.
Dieses Entwicklungsverhältniss ist so durchgreifend, dass es sich in allen
Ordnungen, ja selbst in den Familien wiederholt. Wenden wir dieses
Gesetz auf die Klasse der Vögel an, so scheidet sich uns dieselbe in
“zwei Entwicklungsstufen: eine niedere Entwicklungsstufe, deren Glieder,
vortypische Vögel, auch in ihrer höchsten Ausbildung den ächten Typus
vollkommener Vogelorganisation und somit : ein vollkommenes Luftleben
nie ganz erreichen, und eine höhere, deren Glieder, typische Vögel, den
vollkommenen Vogeltypus in allen Modificationen vertreten. Nach den
erörterten Grundsätzen müssen wir die Entscheidung dafür, ob ein Vogel
den vortypischen oder typischen zuzuzählen ist, anatomisch auf das Or-
ganisationsverhältniss, welches zwischen der Entwickelung- der Flügel
und dem Baue der Füsse stattfindet, physiologisch auf die dadurch be-
dingte ckarakteristische allgemeine Lebensweise begründen. Je vollkom-
mener ein Vogel den Typus des Lufthieres an sich trägt, um so mehr
verlieren die Füsse für ihn die Bedeutung der Bewegungsorgane, welche
von den Flügeln vorherrschend, bisweilen allein vertreten werden; je
unvollkommener dagegen ein Vogel als Luftgeschöpf ist, um so mehr
treten die Füsse als Bewegungsorgane entwickelt hervor, während die
Flügel ihre Bedeutung als Bewegungsglieder mehr oder weniger, :'bis-
weilen gänzlich einbüssen. Die vortypischen Vögel sind daher im allge-
meinen durch vorherrschende Entwickelung der Füsse und untergeord-
nete Ausbildung der Flügel, die typischen Vögel durch vorherrschende -.
313
Entwickelung der Flügel und untergeordnete Ausbildung der Beine cha-
rakterisirt. Die im Verhältniss zu den Flügeln vorherrschende Entwicke-
lung der Füsse bei den vortypischen Vögeln ist meist schon durch das
obwaltende Grössenverhältniss, welches zwischen beiden stattfindet, aus-
gedrückt, vielmehr aber noch durch die charakteristische Umgestaltung
der Füsse zu einem bestimmten Lebenszwecke. Kein vortypischer Vogel
hat einfache Gangbeine; die Beine sind zu Schwimmbeinen, Wadbeinen,
Laufbeinen oder Gangbeinen mit ungleichartig eingelenkter Hinterzehe,
Scharrfüssen, umgebildet, wodurch eine von der gewöhnlichen Gangbe-
wegung abweichende, für die ganze Lebensweise charakteristische Art
der Fussbewegung bedingt wird. So tritt bei den vortypischen Vögeln
der Fuss, der Lebensweise wesentlich dienend, stets vollkommen und
charakteristisch ausgebildet auf, während das Flugvermögen höchst ver-
schieden entwickelt erscheint, und der Flug selbst von dem der typischen
Vögel charakteristisch abweicht. ' Die meisten, auch die besten Flieger
unter den vortypischen Vögeln, fliegen mit nach hinten gestreckten Bei-
nen, nur wenige fliegen ähnlich den typischen Vögeln mit angezogenen
Beinen und dann schwerfällig, einige können gar nicht fliegen. Die vor-
herrschende Entwickelung des Flugvermögens bei den typischen Vögeln
ist dadurch erwiesen, dass alle ohne Ausnahme mit vollkommenen, oft
zu mächtiger Grösse entfalteten Flügeln ausgestattet, leicht und geschickt
mit bis zum Verschwinden angezogenen, nach der Brust geklappten Bei-
nen fliegen. Die Flügel dienen daher vollkommen der willkürlichen Be-
wegung, die Beine dagegen, welche durchgängig einfache, oft ausser-
ordentlich kleine und schwache Gangbeine und deren Modificationen mit
vier gleich hoch eingelenkten Zehen sind, leisten so untergeordnete Dienste,
dass nur wenige typische Vögel geschickt laufen, die meisten hüpfen,
viele sogar der Fussbewegung beraubt sind, wie manchen vortypischen
Vögeln alle Flugbewegung versagt ist.
Was die durch die allgemeinen Organisationsverhältnisse bedingte
- Lebensweise anlangt; so sind die vortypischen Vögel behufs ihrer indi-
viduellen Selbsterhaltung mehr oder weniger an den festen Erdkörper,
welcher im Gegensatz zu der ihn umgebenden Athmosphäre, der Luft,
vorzugsweise Erde genannt wird, gebunden, und sind daher Erdvögel,
wie die typischen Vögel, durch die Vollkommenheit des Flugsystems
behufs ihrer Selbsterhaltung zu einem Luftleben von der Natur berufen,
. als Luftvögel auftreten.
Auch die erste Entwickelung aus dem Ei ist, entprechend dieser
314
späteren Lebensweise, für die vortypischen und typischen Vögel charak-
teristisch. Die Jungen der typischen Vögel kriechen mehr oder weniger
nackt und blind aus dem Ei und werden daher ohne Ausnahme längere
Zeit von den Eltern in dem Neste geätzt, wesshalb sie Oken Nesthocker
oder Aetzvögel nannte; die Jungen der vortypischen Vögel kriechen
zum grossen Theil mit Flaum- befiedert aus dem Ei und suchen bald
selbstständig davonlaufend ihre Nahrung, wesshalb Oken sie Nestflüchter
oder Selbstfresser nannte. Letztere Bezeichnung ist nicht ganz durch-
greifend, da die vortypischen Vögel in ihrer Entwickelung den typischen
entgegenstrebend, wenn auch zum kleinen Theil, doch nesthockende
Vögel als Vorbildungen zu dem später gleichmässig auftretenden Typus
enthalten. Doch mag der Name Nestflüchter immerhin beibehalten wer-
den, sobald man nur den richtigen Begriff damit verbindet.
Fassen wir das Erörterte kurz zusammen, so müssen wir den Be-
griff des vortypischen und typischen Vogels (Erd- und Lufivogels, Nest-
flüchters und Nesthockers,) dahin feststellen: vortypische Vögel sind
‚diejenigen, welche zum Zwecke ihrer individuellen Selbsterhaltung , die
sie zu einer eigenthümlichen Lebensweise auf einem Theil des festen
Erdkörpers bestimmt, bei mehr oder weniger vollkommener Ausbildung
der Flügel, eine charakteristische Umgestaltung der Füsse zu Schwimm-,
Wad-, Lauf- oder Gangbeinen mit ungleichartig eingelenkter Hinterzehe
haben; typische Vögel sind diejenigen, welche bei gewöhnlichem Baue
der Füsse als Gangfüsse mit vier gleich hoch eingelenkten Zehen, eine
so gleichmässig vollkommene Ausbildung der Flügel ‘besitzen, dass sie
geschickt sind zum Zwecke ihrer individuellen BE ein Luft-
leben zu führen.
Die Lebensweise ist es, die uns die Natur eines Thieres erschliesst:
eine naturgemässe weitere Eintheilung der beiden aufgestellten Entwicke-
lungsstufen in Reihen und Ordnungen können wir daher nur auf die in
der charakteristischen Lebensweise herrschenden Unterschiede gründen.
Um diese Unterschiede in der Lebensweise zu entwickeln, haben wir zu
erörtern: wo, wie und von was lebt ein Vogel? In Bezug auf die erste
Frage, wo lebt ein Vogel? findet folgendes Verhältniss statt. Der vor-
typische Vogel, behufs seiner Selbsterhaltung noch zu einem Erdleben
bestimmt, ist an ein Element des festen Erdkörpers gebunden. Der feste
Erdkörper scheidet sich in die Gegensätze von Wasser und Land, zwi-
schen welchen Gegensätzen als Uebergang die Mischung steht von Was- .
ser und Land, welche wir Sumpf nennen. Das Element, »wo« ein vor-
ee 315
typischer Vogel seine Nahrung sucht ist somit das Wasser, oder der
Sumpf, oder das Land. Die vortypischen Vögel als Erdvögel scheiden
sich daher in die zwei Gegensätze der Wasser- und Landvögel, zwischen
welchen als Uebergangsglied die Reihe der Sumpfvögel steht. Das Element,
wo ein typischer Vogel lebt, ist die Luft, die den festen Erdkörper um-
gebende Athmosphäre, sein Leben ist ein Luftleben. Nach dem bereits
ausgesprochenen Gesetze, dass wie jede Klasse im Thierreich eine stu-
fenweise Entwickelung von dem Niederen zum Höheren durchläuft, so
auch in jeder Abtheilung und Entwickelungsstufe einer Klasse sich eine
mit einem Rückschritte beginnende und nur nach und nach aufsteigende
Entwickelung wiederholt, müssen die typischen Vögel ihre Entwicklungs-
stufe mit Wiederholung der vortypischen Vögel anfangen. Die typischen
Vögel sind daher auch nicht in gleichem Grade vollkommene Luftthiere,
sondern beginnen ihre Entwickelung von dem Erdboden aus, da die
Athmosphäre als Theil des Erdorganismus so innig mit dem festen Erd-
körper verbunden ist, dass ein Geschöpf, dessen Leben auch vorzugs-
weise in der Luft statt hat, sich doch nicht ganz von dem Leben auf
der festen Erde befreien kann. Die Erdoberfläche erscheint in dieser
Beziehung als der Boden, über welchem die Luft sich erhebt, wie das
Wasser der Grund ist, aus dem das Land sich gehoben hat. Luft und
Boden bilden daher zwei Gegensätze, wie Land und Wasser als Gegen-
sätze sich darstellten, und wie wir den Sumpf als Uebergang vom Was-
ser zum Lande erkannten, so tritt uns hier die Vegetation, deren Re-
präsentant der Baum ist, als Uebergang von der Oberfläche .der Erde,
dem Boden, zur Luft entgegen. Der Ort, »wo« ein typischer Vogel
seine Nahrung sucht, ist daher der Erdboden, der Baum oder der freie
Raum der Luft. Die typischen Vögel scheiden sich daher in die Gegen-
sätze der Boden- und Luftvögel, zwischen welchen als Uebergangsglied
die Reihe der Baumvögel steht. Nach demselben Gesetze also, nach
‘ welchem die vortypischen Vögel, rückgreifend und niedere ‘Wirbelthier-
: klassen wiederholend, in stetigem Fortschritte sich in die drei Entwicke-
lungsreihen der Wasser-, Sumpf- und Landvögel scheiden, trennen sich
die typischen Vögel, als höhere Entwicklungsstufe die Reihen der niede-
ren Stufe wiederaufnehmend, in die drei Entwickelungsreihen der Boden-,
Baum- und Luftvögel.
Der Ort, »wo« ein Vogel seine Nahrung sucht, bestimmt zugleich
auch im Allgemeinen die Art und Weise, »wie« er‘ sie suchen muss.
Die Wasservögel sind, da die Bewegung im Wasser ein Schwimmen ist,
316
Schwimmvögel; die Sumpfvögel sind, da die Bewegung im Sumpfe ein
Waden ist, Wadvögel ; die Landvögel sind, da sie laufend auf der Erde
sich bewegen, Laufvögel; die Bodenvögel sind, da sie hopfend oder
gehend auf der Erde sich bewegen, Hops- oder Gangvögel; die Baum-
vögel sind, da wir die Bewegung am Baum Klettern nennen, Kletter-
vögel; die vollkommenen Luftvögel sind, da die freie Bewegung in der
Luft ein Fliegen ist, Flugvögel.
Diese sechs Reihen , in welche die Klasse der Vögel nach dem all-
gemeinsten Charakter der Lebensweise sich theilt, sind nunmehr in fol-
gender Weise zu ckarakterisiren: Wasser- oder Schwimmvögel sind
diejenigen vortypischen Vögel, welche durch den charakteristischen Bau
ihrer Füsse als Schwimmfüsse zum Schwimmen befähigt und wesentlich
behufs ihrer Selbsterhaltung an das Element des Wassers gebunden, ihre
aus Wasserthieren, selten aus pflanzlichen Stoffen bestehende Nahrung
im Wasser suchen; Sumpf- oder Wadvögel sind diejenigen vortypischen
Vögel, welche mit vollkommenen Wadbeinen ausgestattet, ihre meist aus
Wasserthieren, Insekten, Würmern, Weichthieren und Amphibien, selten
- aus Pflanzenstoffen bestehende Nahrung im Sumpfe wadend und schrei-
tend suchen; Land- oder Laufvögel sind diejenigen vortypischen Vögel,
welche Lauffüsse oder Gangfüsse mit unregelmässiger Hinterzehe be-
sitzen und ihre meist pflanzliche oder gemischte Nahrung auf dem Lande
schreitend und laufend, oftmals aus der Erde scharrend suchen; Boden-
oder Hopsvögel sind diejenigen typischen Vögel mit einfachen Gangbei-
nen, welche ihre Nahrung, die entweder ohne Unterschied aus Allerlei,
oder ausschliesslich aus Körnern oder kriechenden Insekten besteht, auf
dem Erdboden hopsend und gehend suchen und die gefundene ruhend
oder hockend verzehren; Baum- oder Klettervögel sind diejenigen typi-
schen Vögel mit Kletterfüssen oder zum Klettern geschickten Gangfüssen,
welche ihre Nahrung, die ausschliesslich aus an oder in den Bäumen
lebenden Thieren oder aus Früchten besteht, an den Bäumen kletternd
suchen; Luft- oder Flugvögel sind diejenigen typischen Vögel, welche
ihre fast ausschliesslich thierische Nahrung, die vorzugsweise fliegende
Insekten und höhere Wirbelthiere abgeben, im Fluge in der Luft er-
haschen.
Wie nach der charakteristischen allgemeinen Lebensweise und den
damit verbundenen allgemeinen Organisationsverhältnissen die Klasse der
Vögel sich in sechs grosse Reihen theilt, so scheidet sich nach der be-
sonderen Lebensweise, den charakteristisch herrschenden Einzel-Sitten,
317
wie ein Vogel bei dem Suchen seiner Nahrung zu Werke geht, jede
Reihe wieder in Ordnungen, welche endlich durch anatomische Einzel-
merkmale in Zünfte und Familien zerfallen.
Jede Reihe besteht aus drei Ordnungen, welche sich, wenn wir
dem von der Natur eingeschlagenen ‚Entwicklungsgang nachgehen, in
aufsteigender Entwickelung so darstellen:
A. Niedere Entwicklungsstufe:
(Vortypische Vögel, Erdvögel, Nestflüchter.)
I. Reihe: Wasservögel.
1. Ordnung: Urinatores — Unterwasserschwimmer.
. Ordnung: Mersores — Schwimmtaucher.
3. Orduung: Devolantes — Stosstaucher.
I. Reihe: Sumpfvögel.
4. Ordnung: Versatores — Umläufer.
Ordnung: Statores — Steher.
Ordnung: Grallatores gallinacei — Hühnerwadvögel.
II. Reihe: Landvögel.
4. Ordnung: Vagatores — Schwärmer.
. Ordnung: Rasores — Scharrer.
3. Ordnung : Cursores — Laufvögel.
3. Höhere Entwicklungsstufe :
(Typische Vögel, Luftvögel, Nesthocker)
IV, Reihe: Bodenvögel.
1. Ordnung: Indagatores — Spürvögel.
2. Ordnung: Voratores — Fresser.
3. Ordnung: Electores — Klauber.
V. Reihe: Baum- oder Klettervögel.
1. Ordnung: Exploratores — Forscher.
2. Ordnung: Investigatores — Späher. .
3. Ordnung: Enucleatores — Knacker.
VI. Reihe: Luft- oder Flugvögel.
1. Ordnung: Libratores — Schwebvögel.
2. Ordnung: Captatores — Schnapper.
3. Ordnung: Raptatores — Räuber.
(Die weitere Auseinandersetzung dieses Systemes und die Ent-
wicklungs- und Verwandtschaftsverhältnisse im nächsten Hefte.)
La)
"
NS)
318
- Der Vorsitzende, Hr. P. Brehm, begimt die Discussion:
Meine Herren! Diess System*) nimmt sich auf dem Papiere herrlich aus,
jedoch ist es mangelhaft, wie alle andern. Es klingt freilich gut, aber
in der Natur finden wir diese Unterscheidungen und scharfen Abgren-
zungen nicht. Einige Beispiele für seine Aeusserung gegen das System
vorbringend, fährt er fort: Ein Thier z. B., das herrlich fliegt, ist Gla-
reola. Was ist nun-das, ein Luft- oder Erdthier? Dr. Hellmann: Ein
Erdthier. — P. Brehm: Nach dem Systeme wären ferner Möven, See-
schwalben etc. Luftvögel. Was sind ferner Baumvögel? Etwa diejenigen,
die sich auf Bäumen aufhalten? Aber dort sind auch die Tauben, Blau-
kehlchen etc. etc. Was: Wadvögel? Nach dem vorgelegten Systeme ist
Trappe, Strauss ete. auch ein Wadvogel. Scolop. rusticula hat keine
nackten Ständer, kann aber doch nicht von den Schnepfen getrennt
werden. |
Geh. Hofrath Reichenbach: Das System enthält viel Gutes, je-
doch : werden scharfe Diagnosen vermisst, welchen Fehler auch Oken
und mancher andere Systematiker begangen hat. Es muss nachgewiesen
werden, wie die bestimmten Typen sich wiederholen, und namentlich
muss der Typus der verschiedenen Thierklassen für das System fixirt
werden. Vieles hat Dr. Staude meinem System entnommen, auch sogar
die Nomenclatur. Wie ich in meinem System, fängt auch er mit den
Nesthockern an und folgt dann demselben weiter. Bisweilen hat Dr.
Staude geändert und gerade dann geirrt. ß
Baumeister Sehring: Wenn gleich die Natur nicht in die fabrieir-
ten Rubriken passen wolle, so müsse doch die Systematik scharf unter-
scheiden; auf welche Bemerkung Altum erwiedert, dass die Naturwis-
senschaft nicht zu den apriorischen, sondern zu den aposteriorischen
Wissenschaften gehöre. Wolle man a priori mit Philosophemen syste-
matische Constructionen aufbauen, und hinterher die Naturgegenstände
darin einzwängen, so wäre das eben so gefehlt, als ein Bild nach dem
Rahmen zurechtschneiden und nicht vielmehr den Rahmen nach dem
Bilde anfertigen zu lassen.
Geh. Hofr. Reichenbach: Die Systematik müsse vor allem wahr
sein, und dazu bedürfe sie der Kenntniss aller Formen etc. — Dr. Hen-
necke: Das Aufstellen solcher philosophischen Systeme hat allerdings
*) Die bedeutende Arbeit war nur soweit vorgelesen worden, als wir sie eben
gegeben. Die Red.
319
die Wissenschaft gefördert; freilich nicht für das Cabinet, aber für die
Beobachtung. Wir kommen so von System zu System, und das hat
allerdings sein Gutes. — Der Vorsitzende: Die Bemühungen, die die-
ses System hervorgerufen, sind gewiss dankbar anzuerkennen. — Pfr.
Baldamus: Ein System will studirt sein bis in’s Detail. Wir haben hier
. nicht das Ganze, sondern nur Einzelnheiten, und auch diese vielleicht
mehr oder weniger unter Zerstreuungen gehört, wir können desshalb
unmöglich sogleich darüber aburtheilen. — Der Vorsitzende stimmt
Pf. Baldamus völlig bei. — Schliesslich bemerkt betreffs des debattirten
Gegenstandes Dr. Cabanis, dass bei dem Streben, der Wahrheit sich
zu nähern, die Systematik sich mit der wechselnden Kenntniss modificire.
Bekanntmachungen.
Die nächstjährige Versammlung der Deutschen Ornitho-
logen-Gesellschaft wird Dienstag nach Klein-Pfingsten (in
der vollen Woche nach Pfingsten) 1855
in Braunschweig
stattfinden. Die Lokal-Geschäftsführung haben die Herrn Prof.
Blasius und v. Vechelde daselbst übernommen. Das Nähere darüber
mit den den Mitgliedern der Gesellschaft zuzustellenden speciellen Ein-
ladungskarten.
‘Den laut Beschluss der Gothaer Versammlung vorher bestimm-
ten Theil der Tagesordnung bilden:
1) die Falken, (speciell die Edelfalken)
2) die Pieper,
3) die Verfärbungstheorie (s. Protokoll).
Der Sekretär d. D. 0. G.:
E. Baldamus.
Antrag.
Im Namen sehr vieler Mitglieder unserer Gesellschaft erlaube ich
mir folgenden Antrag an den geehrten Vorstand derselben zu stellen:
»Der Vorstand der D. Ornith.-Gesellschaft wolle sich recht
bald über ein allgemein innerhalb derselben anzuwendendes
Maass, wo möglich das neufranzösische, sonst bereits überall in
der Naturwissenschaft gebrauchte M&tor-Maass, sowie über die An-
fangs- und Ausgangspunkte bei den verschiedenen ornithologischen
320
Messungen einigen, und die Resultate seiner Berathungen durch unser
Organ mittheilen.«
Ich enthalte mich um so mehr der Motivirung dieses Antrages, als
eine Einigung in genannten Beziehungen längst allgemein gefühltes Be-
dürfniss ist und in unserer Zeitschrift bereits wiederholt bezügliche
Wünsche ausgesprochen sind, die freilich bisher »fromme« geblieben.
Hinzufügen will ich nur noch, dass sich der geehrte Vorstand den Dank
wohl aller Mitglieder, besonders aber der Anfänger in unserer. Gesell-
schaft erwerben würde, zumal wenn er nach getroffener Uebereinkunft
einen Mechaniker mit Anfertigung der Maase beauftragen wollte. Diese
könnten, vielleicht auf der Rückseite, noch die bisher gebräuchlichsten
Maasse angeben, damit sich Jeder in den Grössenangaben der verschie-
denen ornithologischen Werke zurecht finden kann.
Russdorf den 2. August 1854. Fr. Schach.
Erklärung.
Der unterzeichnete Sekretär hatte nach seiner Rückkunft von Gotha,
wo ihm der »vollständige, wahre und unpartheiische Bericht« über die
7. Versammlung der D. 0. G. (in der »Erinnerungsschrift« etc. von Dr.
J. Cabanis) zu Gesicht gekommen war, eine vollständige, wahre und un-
partheiische, zwar nicht von »Allen«! aber von sehr Vielen geforderte
Widerlegung desselben niedergeschrieben, um dieselbe diesen Ortes zu
“veröffentlichen. Er hat jedoch diese Absicht aufgegeben, da der gesunde
Sinn, die Wahrheitsliebe und die Unpartheilichkeit zwar nicht Aller, "aber
wiederum sehr vieler Ohrenzeugen bereits durch Wort und That ihr
Urtheil über diesen sehr »taktlosen, unwahren und ebenso unbescheidenen
als unberechtigten Bericht« gesprochen haben. Die Nicht-Ohrenzeugen
werden sich übrigens sehr leicht aus dem Vergleiche des »Berichtes« mit
dem amtlichen Protokolle, gegen welches Reklamationen
nicht eingegangen sind, ihr Urtheil bilden können; auch bin ich gern
bereit, demjenigen, der sich etwa besonders dafür interessirt, meine Bemer-
kungen dazu, sammt deren verschiedener Mitglieder jener Versammlung,
abschriftlich mitzutheilen. Diese aber, wie die ganze Gesellschaft, wis-
sen sehr wohl, dass sie das Gedeihen derselben weder den vorneh-
men, gehässigen und unwahren Behauptungen des Hrn. Berichter-
statters auf Seite 18u. 19 seines »unpartheiischen und wahren«!
Berichtes, noch überhaupt seinen Bemühungen um dieselbe zu danken
haben. Sapienti sat. E. Baldamus.
(Beilage Nro. 5.)
Ueber die Ehen der Vögel.
Von
L. Brehm.
Ich bin, meine Herren! überzeugt, dass ein Geschöpf um so höher
steht, je fester der Anschluss an seines Gleichen ist. Denn was ist
schöner, als dieses? Alle Gemüthlichkeit beruht darauf. Hierauf fussend
stelle ich psychologisch die Vögel, d. h. diejenigen, die in Monogamie
leben, hoch, denn diese haben geschlossene Ehen. Ich beabsichtige hier
nicht eine Aufzählung der in Monogamie lebenden Vögel, diese sind ja
bekannt. Aber steht auch das Factum wirklich fest? haben sie wirklich
geschlossene Ehen? Meine Beobachtungen im Freien haben mich davon
vollständig überzeugt. Betrachten wir z. B. die Kolkraben, Krähen etec.,
so sind die erstern sogar den ganzen Winter hindurch paarweise zu-
sammen. Ja die Paare geben sich oft kleine Soirdes (ohne dass gerade
dabei etwas verzehrt würde). — Bar. v. Münchhausen: Letzteres
doch wohl, denn man findet sie stets in der Gegend eines Bratens. —
Vorsitzender fährt fort: Die Elstern ebenfalls, auch die Tauben,
d. h. abstrahirt von den verdorbenen zahmen Tauben. Aber wie steht’s
(denn bei den Zugvögeln? Auch hier halten sich die gepaarten Paare
zusammen und ziehen auch zusammen. Die Enten trennen sich freilich
auf dem Zuge oft in Alt und Jung, aber sonst finden wir die beiden
Geschlechter zusammen. — In meinem Garten lebt eine Hypolais, ein
Stümper im Singen, seit 5—6 Jahren. Drei Jahre sang er schlecht, im
vorigen Jahre schwieg er ganz; ein Beweis, dass stets derselbe Vogel
wiederkehrte. Man könnte mir einwenden, dass auf die nicht singenden
Weibehen dieses Gesangkriterium nicht anwendbar sei. Auf diesen Ein-
Naumannia. 1854. PA
322
wand erlaube ich mir ein Factum als Entgegnung anzuführen. In der
Nähe von Wien lebt ein Freund von mir, der alle Jahre Finken aufzog,
denen er Federn ausrupfte, um an den neu hervorsprossenden das Ge-
schleeht zu erkennen. Die Weibchen liess er fliegen. Eines derselben
kam wieder und speiste 5 Jahre hindurch, getreu der frühern Gewohn-
heit, zusammen mit seinem Herrn Bruder.
Bar. v. Münchhausen fordert darauf Pf. Baldamus auf, seine
Beobachtungen über Muse. atricapilla mitzutheilen. — Pf. Baldamus theilt
seine jetzt bereits, Naumannia 1854 p. 206, gedruckten Beobachtungen
über Muse. atricap. mit.
Vorsitzender: Das bestätigt mieine Beobachtungen vollkommen.
Bar. v. Münchhausen: Sollten diese als Beispiele angeführten
Vögel nicht etwas von ihrer Waldnatur verleugnet haben? Doch wohl!
Vorsitzender: Die Trauer des einen Gatten beim Verluste des
andern ist hier auch in Anschlag zu bringen. Wenn man ein Weibchen
schiesst, so wird der Verlust oft nicht ersetzt. So schoss ich im vorigen
Jahre eine Mot. sulphurea W., das M. blieb den ganzen Frühling allein.
Beim Tödten eines M. ist's anders, weil die M. häufiger sind. Ich er-.
legte einst ein Elsterweibchen, nach einer halben Stunde baute ein 2tes
Weibchen, am selben Morgen noch ein 3tes, das ich ebenfalls schoss,
wie dann auch das Männchen.
Bar. v. Münchhausen: Das männliche Geschlecht tröstet sich
eben so leicht, als das weibliche. — Bei uns waren in einem ziemli-
chen Umkreise 2 Paar Kolkraben (jetzt ist nur 1 Paar dort). Der Horst
stand auf einer schlanken Kiefer. Ich schoss alle Jahr einen Gatten fort.
So habe ich einst in 8 Tagen 3 Weibchen erlegt. Da empfahl sich der
Herr ebenfalls.
Vorsitzender: Dann muss es bei Ihnen, Herr Baron, viele Ra-
ben geben.
v. Münchhausen: Wegen der Nähe ausgedehnter Forsten ist das
allerdings der Fall.
Vorsitzender: Ich habe wohl mehrere Weibchen ‚auf dem Horste
geschossen, aber nicht mehrere Männchen. Ich bitte die Herrn um Mit-
theilung ihrer Beobachtungen.
v. Münchhausen: Ich schickte in diesem Frühjahre Hrn. Pfr.
Baldamus 2 Eier vom Astur palumb. Das Weibchen wurde 4mal gefehlt
und kam doch stets wieder. Auch das öte Mal stellte es sich wieder
ein und musste erst durch Klopfen zum Abfliegen gebracht werden.
323
Vorsitzender: Gerade die Männchen sind oft am allermuthigsten
(im Gegensatze zu den Säugethieren). Ich habe das oft bei einem Elster-
männchen bemerkt. Ferner bei Podiceps cristatus, Falco subbuteo u. s. w.
v. Münchhausen bemerkt, dass bei Anas boschas (adunca?) das
Männchen das Weibchen im Brüten ablöst.
Vorsitzender: Die Raubvogelmännchen brüten zum Theil auch.
Ich bin hierin von Freund Naumann widerlegt worden.
Prof. Dr. Naumann: Die Männchen der Calamoherp. scheinen we-
nig Theil zu nehmen an dem Brutgeschäfte. — Brehm: Ich habe aber
ein vom Neste abfliegendes Männchen geschossen. Auch von tinnunculus
und Pernis apivorus brütet das Männchen.
v. Münchhausen: Die Tauben halten genau abwechselnd ihre
Brütestunden.
Vorsitzender: Von einem Sperlingspäärchen vor meinem Fen-
ster kam das Männchen um. . Das Weibchen brütete. weiter, suchte in
den Mittagsstunden die nothdürftige Nahrung und brachte die Eier aus.
Förster Sehmidt: Hier in der Nähe ward das Weibchen von dem
hier brütenden Paare eines Falco peregrinus geschossen; zu dem übrig
gebliebenen Männchen gesellte sich ein neues Weibchen, und als das
Männchen geschossen wurde, trat ein neues Männchen an seine Stelle.
‚Vorsitzender: Auch über die elterliche Liebe, meine Herren,
gibt es seltsame Beispiele bei. den Vögeln. Nach Naumann’s Beobach-
tung ist schon bekannt, dass die Kinder der ersten Brut die Jungen der
zweiten wieder mit aufziehen. Ich will Ihnen einen andern ähnlichen,
merkwürdigen Fall erzählen. Ich wollte Parus major schiessen, und
hörte beim Neste einen fremden Lockton, den von palustris. Da kam
ein Sperber geflogen, und auf ein Zeichen der Mutter schwiegen die
Jungen. Dann wurde wieder gelockt. Ich schoss nun beide Eltern:
Parus major und palustris (kinderlose Mutter und verwaiste Jungen). —
Noch eins: Von den Calamoherpen hatte ich dieses Jahr 5 Paar auf mei-
nem Teiche, und zwar waren es meine hydrophilus. Ich schiesse eins,
nach 3 Tagen zwei, und darauf die ganze Gesellschaft und ich habe
Calamoh. hydrophilus und arbustorum. Aehnliches findet man auch bei
Otus sylvestris. ; ;
Prof. Dr. Naumann: Meine und meines seligen Vaters Beobachtun-
gen, die wir in.dieser Hinsicht bei Gallinula chloropus schon vor 50 Jah-
ren gemacht haben, werden jetzt in dem ornithologischen Journale des
Hrn. Dr. Cabanis als neue Beobachtungen veröffentlicht. Ich kann mich
2ir
321
gegen ein derartiges, wenn auch nicht aus bösem Willen, so doch aus
grosser Eilfertigkeit hervorgegangenes Ignoriren wohl begründeter Prio-
rität nicht anders als tadelnd aussprechen.
Bar. v. Münchhausen: Vielleicht dürfte das Factum von Interesse
sein, dass Enten auch in künstlich auf Bäumen angelegten Nestern brüten.
Ich hatte ein Nest anfertigen lassen und es auf einen Baum gestellt;
nach zwei Tagen nahm boschas dasselbe ein. In diesem Jahre ‘habe: ich
mehrfache Versuche der Art angestellt. Ich stellte vier solcher Nester
(aus Birkenreisern geflochten) auf Bäume, nur eins auf den Boden. Die
Nester, bis an 30 Fuss hoch stehend, wurden besetzt. — Ich hatte noch
die Gelegenheit, die Beobachtung zu machen, dass, sobald ein Storch
sich dem Neste näherte, eine boschas ihn stets mit vielem Muthe davon-
Jagte.
Vorsitzender: Ich erlegte einst Lanius minor. Wie ich darauf
nach einem jungen abdrücken will, stösst das Weibchen denselben und
treibt ihn von der Stelle. 1840 kam mir ein ähnlicher Fall vor: den
ersten Jungen hatte ich geschossen und war im Begriff den zweiten zu
erlegen, als ebenfalls das Weibchen herankam, ihn stiess und forttrieb. —
Ueber die Schlauheit des Podiceps cristatus kann ich Ihnen noch einen
interessanten Fall erzählen. Als die Gewehre noch nicht mit Percussion
versehen waren, versuchten mein Freund Schilling und ich einen sol-
chen Vogel auf eine Stelle zu treiben, ‚wo er nicht tauchen konnte,
und ich umkreiste nun das Thier. Der Podic. aber flog auf und zwar an
einer am Ufer stehenden Viehheerde dicht vorbei, so dass kein Schuss
angebracht werden konnte.
Pf. Baldamus theilt darauf die Bemerkungen von Graf Wodzicki:
»Ueber Gattentreue« mit*).
Vorsitzender gibt Belege dazu, und theilt noch folgendes Curio-
sum mit: An meinem Orte befand sich einst ein Storchnest. Da kommt
ein Fremdling herzu, der von dem rechtmässigen Hausherrn anfänglich
argwöhnisch und scharf beobachtet wird. Endlich jedoch steckt er zur
Ruhe den Kopf. unter die Flügel. Da stürzt der Fremde plötzlich mit
einer solchen Vehemenz auf ihn herab, dass er ihn mit seinem mächti-
gen Schnabel durchbohrt, herunterwirft und nun von dem Neste Besitz
nimmt.
*) Seitdem im Jahrgange 1854. p. 166 u. f. der Naumannia abgedruckt.
(Beilage Nro. 6.)
Ueber das Vorkommen und Nisten der Steindrossel,
Turdus saxatilis, am nördlichen Harze.
Von
Dr. Hennecke in Goslar.
Beobachtungen der Steindrossel im nördlichen Deutschland gehören
zu den seltenen Erlebnissen eines Ornithologen, deren Mittheilung als
Beitrag zur Naturgeschichte jenes interessanten Vogels nicht unwillkom-
men sein wird. Die eigenthümliche Lebensweise dieses schönen süd-
europäischen Vogels, sein Vorkommen in vereinzelten Paaren in grössern
Revieren an steilen, gewöhnlich schwer zugänglichen Felsen, in Stein-
brüchen und an altem Gemäuer macht dessen Beobachtung besonders
schwierig; um’ so höher schätze ich des Zufalls Gunst, durch welche
ich zu solchen Beobachtungen gelangt bin. Mein Wohnort, Goslar, am
nördlichen Rande des Harzes, ist im Süden und Westen von bis 2000
Fuss hohen Bergen umgürtet, während in den entgegenstehenden Rich-
tungen die Gegend sich verflacht und nur noch kleine Berg- und Hügel-
reihen zeigt; das Klima ist einer solchen, den Ost- und Nordwinden ex-,
ponirten Lage entsprechend, keineswegs milde und ich konnte desshalb
hier das Nisten der Turdus saxatilis nicht erwarten. Unseren Hirten,
Waldarbeitern, Förstern und anderen im Freien täglich verkehrenden Leu-
ten war dieser Vogel bisher völlig unbekannt. Um so mehr freute ich
mich, als mir ein Waldarbeiter in Sommer 1849 ein altes, leider schon
sehr angefaultes Männchen brachte, welches in einem von bewaldeten,
wenig felsigen Bergen gebildeten Thale (Granethal) nahe bei Goslar todt
gefunden war.
Zwei Jahre später wurde in der steilen Wand eines grossen Schie-
ferbruches, an der Chaussee nach Clausthal, ein Nest mit 5 Jungen ge-
funden und einem Müller gebracht, welchem es gelang von diesen Jun-
gen zwei aufzufüttern und mehrere Jahre zu halten. Ich selbst habe
diese Steindrosseln wiederholt bei ihm gesehen. ’
Die dritte umfassendere Beobachtung fällt nun in diesen Sommer.
An der Nordseite des bekannten Rammelsberges befinden sich in der
ansehnlichen Höhe von etwa 1500 Fuss in einer baumlosen, nur mit
326
hohem Haidekraut und einzelnen buschigen kleinen Tannen bedeckten
Gegend grosse (Grauwacke) Steinbrüche, in welchen durch das Brechen,
Sprengen und Herabstürzen der Steme stets ein reges, sehr geräusch-
volles Leben herrschte. Fast an der geräuschvollsten Stelle dieser Brüche
hatte sich ein Paar unseres Vogels eingenistet und war von den Arbei-
tern täglich beobachtet worden.: Am 19. Juni wurde beim Füttern der
Jungen das Nest in einer Felsspalte auf einem kleinen Absatze entdeckt;
es lagen 3 ganz flügge Junge darin, welche sammt dem Neste wiederum
dem oben erwähnten Müller gebracht wurden. Nach einigen Tagen er-
hielt ich diese 3 Jungen; dieselben wuchsen bei dem von Prof. Naumann
empfohlenen. Universal-Drosselfutter (geriebenen Mohrrüben , erweichter
Semmel und etwas Ameisen-Puppen) gut heran und sind noch am Leben.
Das Nest war aus dürren feinen Wurzeln von Vaccinium Myrtillus, Erica
vulgaris, Uva ursi, von Holzsplitterchen, Strohhalmstückchen, trocknen
Grashörstchen und Graswurzeln locker zusammengefilzt und soll nicht
mit Lehm, oder einem andern Bindemittel, ausgestrichen gewesen sein;
die innere Auskleidung und Form des Nestes war bereits verloren ge-
gangen. Sobald ich von diesem Funde Nachricht erhalten hatte, be-
suchte ich jene Steinbrüche und traf auch sofort das beraubte alte Päär-
chen; dieses flatterte bald sich jagend und liebkosend vor den schroffen
Felswänden umher, bald trennte es sich und flog vereinzelt von einer
Felsecke zur andern, immer jedoch die hervorragendsten Spitzen aufsu-
chend. Ausser einzelnen unartikulirten, an die Stimme des Rothschwänz-
chens erinnernden, Tönen hörte ich keinen Gesang. Obgleich nun diese
Vögel keineswegs scheu waren, sich vielmehr bei neugieriger Zutraulich-
keit in ziemlicher Nähe beobachten liessen, so wurden sie doch sehr un-
stät und scheu, als ich sie mit der Flinte verfolgte; erst nach vieler
Mühe gelangte ich am 23. Juni zum sichern Schuss, wodurch ich das
alte Männchen erhielt; das ebenfalls angeschossene Weibchen ging mir
leider im hohen Gestrüpp verloren. Das Gefieder des Männchens war
noch im besten Zustande; nur die Fahnen der grossen Flügelfedern zeig-
ten sich, so weit jede Feder von der folgenden unbedeckt bleibt, etwas
abgenutzt. Die Farbe des Kopfes und Halses ist weniger azurblau, als
vielmehr bläulich bleigrau.
Durch diese Beobachtungen ist es thatsächlich erwiesen, dass Tur-
dus saxatilis auch zur Fauna des Harzes gehört und sogar am nördlichen
Rande desselben brütet. — Ueber das Vorkommen dieses Vogels an an-
dern Punkten Norddeutschlands finde ich in den frühern Heften dieser
327
Zeitschrift nur zwei Beobachtungen mitgetheilt. Herr Pastor Rimrod
<Naumannia II. Bd. 3. Heft pag. 23) hat nemlich 1844 ein junges, am
Rande des Westerwaldes geschossenes Exemplar gesehen; es hatte dort
ein Paar an einem alten Thurme der Burg Greifenstein genistet; und
Pf. B. Altum (Naum. Bd. I. pag. 449.) führt die Steindrossel nachträg-
lich in dem Verzeichnisse der im Münsterlande vorkommenden Vögel auf,
da er ein junges Exemplar erhalten hat, welches bei Sendenhorst ge-
schossen war. |
» Bei unserer Versammlung in Gotha machte noch Herr Forstrath
Salzmann die Mittheilung, dass er diesen interessanten Vogel im Thü-
ringer Walde nur einmal, und zwar bei Klein-Schmalkalden,, angetroffen
habe.
Anmerkung. Einige Tage nach meiner Rückkehr von Gotha hörte ich, dass
auch in einem Schieferbruche am Nordberge bei Goslar während dieses Som-
mers ein Paar Turdus saxatilis gebrütet habe, und sah in nicht weiter Ent-
fernung von diesem Bruche am 27, Juli in einer vertrockneten Linde unmit-
telbar neben einem Chausseegeld-Erhebungshause ein junges Exemplar dieses
Vogels.
Vorläufiges über die von B. Altum beschriebene
kleine Schwanenart.
Von
Dr. &. Hartlaub.
Als mir Hr. Altum in Gotha von seinem kleinen Höcker-
schwan erzählte, glaubte ich demselben versichern zu können, es
werde dieser Cygnus Bewicki sein, eine Art, die in mehreren Exempla-
ren auf dem hiesigen Stadtgraben schwimmt und welche alt und jung. in
unserem Museum steht. Bald nach meiner Zurückkunft erhielt ich das
zweite Quartal der Naumannia und damit die nähere Beschreibung jener
Schwanenart, (S. 145 ff.) da sah ich denn klar, dass dieselbe eine von
€. Bewickii durchaus verschiedene sein müsse und bin seitdem eifrig be-
müht gewesen zu nähern Aufschlüssen über dieselbe zu gelangen. Das
Ergebniss dieser meiner Nachforschungen geht dahin, dass die von Altum
beschriebene Art keine andere als der 1831 von Sharpless im 22sten
Bande von Silliman’s American Journal. of Science and Arts auf Seite 83
beschriebene Cygnus americanus sein kann. Ausführliche Nachricht über
328
diese sehr charakteristische Art findet man im ornithologischen Theile
von Swainson’s und Richardson’s »Fauna Boreali-americana« auf Seite
465, wo dieselbe unter der irrthümlichen Bezeichnung »Cygnus Bewickii«
beschrieben wird. Schon Lewis und Clarke erwähnen einer kleinern
nordamerikanischen Schwanenart »als am Columbiaflusse überwinternd.«
Capt. Lyon beschreibt Nest und Eier derselben. Weiteres hat Audubon:
Cygnus americanus, Sh. Audub. Ornithol. Biogr. vol. V. p. 411. — Id.
Atl. pl. 411 & ad. — Id. edit. 8° pl. 384. — Id. Synops. North-Ameriec.
Birds, p. 274. Hier heisst es z. B. »bill black with a small orange spot
on each side at the base« *).
Auch in T. C. Eyton’s schönem Werke: »A monograph on the
Anatidae or Duck-tribe« wird Cygnus americanus auf Seite 99 als un-
zweifelhaft gute Art abgehandelt. Dagegen scheinen weder Rüppell noch
Lesson dieselbe zu kennen, denn weder die sehr umfassende monogra-
phische Arbeit des erstern im 2ten Bande des »Museum Senkenbergia-
num,« noch die mehr synoptische Lesson’s in der »Revue zoologique
par la Societe Cuvierienne« 1839, p. 321, erwähnen derselben. Es ist
sehr wahrscheinlich, dass mit der von Latham. im 10. Bande seiner
»General history of birds« unter dem Namen »Lesser Swan« unvollstän-
dig beschriebenen Art eben auch C. americanus gemeint sei. Hier heisst
es nemlich vom Schnabel: »black with a black knob at the base« **),
was auf keine andere Art passen würde. Eine interessante Nachricht
neuern Datums über unsern Schwan gibt der von Prof. Baird. bearbeitete
zoologische Appendix zu Capt. H.. Stansbury’s Reisebericht über. den
grossen Salzsee von Utah, auf Seite 321. Hier wird das jüngere Männ-
chen beschrieben. Die geographische Verbreitung des Cygnus america-
nus in Nordamerika scheint eine sehr ausgedehnte zu sein. Er über-
wintert in den atlantischen Provinzen, und zwar am zahlreichsten in
Chesapeake-Bay, wurde von Richardson am Saskatchewan unter dem 64.
erlegt, von Townsend am Columbia und von der Expedition Capt. Stans-
bury's am Jordan-river im März, scheint also über den ganzen nördli-
cheren Theil Nordamerika’s verbreitet. .
Altum’s Vermuthung, es Könne sein Schwan der Cygnus immutabi-
lis Yarrell’s sein, ist irrthümlich. Dieser steht dem olor zunächst und
unterscheidet sich fast nur durch die hell grauröthlichen Füsse.
*) Schnabel schwarz, mit einem kleinen orangefarbenen Flecke zu beiden Sei-
ten der Basis.
**) Schwarz mit einem schwarzen Höcker an der Basis.
329
Die Synonymie von C. Bewickii steht, um diess noch hinzuzu-
fügen, fest. Degland hat dieselbe ziemlich vollständig, lässt aber, ein
ächter Franzose, die Benamung Naumann’s »C'ygnus melanorhinus«, weg.
Ausführlich und ganz gut schreibt über diese Art M. Gerbe im 8. Bande
der Guerin’schen Revue zoologique, auf Seite 244. Noch weit wichti-
ger und umfassender sind über dieselbe die Nachrichten W. Thomson’s
im dritten Bande seiner »Natural history of Ireland, Birds,« einem der
trefflichsten Werke der gesammten ornithol. Literatur.
Bis auf Weiteres möchte ich aber annehmen, dass Altum’s Schwan
der Cygnus americanus Sh. sei, behalte mir indessen vor, die Abbildung
desselben mit der Audubon’s zu vergleichen.
Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze L. Brehm’s
„Ueber Species und Subspecies“ in Naumannia
für 1853, erstes Quartal.
Der verehrte‘ Herr Verfasser des Aufsatzes »Ueber Species und
Subspecies« (in Naumannia 1853, erstes Quartal), der auch hier im Nor-
den seiner Bemühungen in der Ornithologie wegen von allen Freunden
der Wissenschaft gekannt und sehr geschätzt ist, wird sicher nicht übel
aufnehmen, wenn ein Freund der Ornithologie einige Anmerkungen, die
beim Durchlesen des genannten Aufsatzes unwillkührlich sich in ihm reg-
ten, in diesen Blättern niederlegt; jene sind nicht aus Begierde zu kri-
tisiren entsprungen, sondern aus Liebe zur Wahrheit.
»Was ist nun Subspecies?« fragt (p. 10) Herr Brehm, und antwor-
tet: »Ein geringer, aber standhafter Unterschied in der Grösse, Schna-
bel und Schädelgestalt, oder auch in der Farbe.« Hier kam mir in
‘Gedanken, dass in Russland, so wie auch in gewissen: Provinzen Schwe-
den’s rein schwarze Hasen (Lepus borealis) nicht selten sind. Wenn
man nun: viele derselben in seiner Sammlung aufstellen liesse, und weil
die schwarze Farbe als konstant erscheint, diese Varietät eine Sub-:
species nennte, wäre es richtig? Ich glaubte vormals so — jetzt aber
weiss ich, dass es nicht so ist. — Die schwarze Varietät ist hier im
westlichen Schweden sehr selten; im vorigen Jahre aber wurde ein
schwarzes und ein gewöhnliches graues Junges, von derselben Brut ge-
330
fangen. Sie waren Männchen und Weibchen von grauen Eltern ge-
boren. Sie brachten zur Welt ein rein schwarzes Junges; aber in
diesem Jahre ein graues,. wie gewöhnlich. Es war also nicht eine
konstante Subspecies, sondern eine Spielart. — Es ist wohl nicht so leicht
zu wissen, ob eine Farbenverschiedenheit konstant sei, oder nicht — —
»Sturnus sylvestris ist,« nach dem Herrn Verfasser, »gänzlich ver-
schwunden in seiner Gegend, dagegen ist St. longirostris eingewandert«
— Ist es so gewiss, dass dieser nicht von jenem abstammt? — »Der
Schnabel ist ganz anders gestaltet« — Wohl! Doktor Lund hat ja unter
einer Menge von Menschenüberresten in der Provinz Minas Geraes in
Brasilien mehrere Schädel gefunden, die dentes incisivi den molares voll-
kommen gleich hatten. — Unter den egyptischen Mumien, bei den Schä-
deln aus den celtischen, römischen und sächsischen Gräbern in England
hat man dasselbe beobachtet. — Herr Smith führt in seinen »Colleetanea
antiqua« an, dass dergleichen Vorderzähne. in den .celtischen Gräbern
nicht selten vorkommen — gehörten nun diese Schädel zu zwei ver-
schiedenen Species oder Subspecies der Menschen? Und doch nahm Linne
das Zahngebäude als ein standhaftes Unterscheidungszeichen für Mam-
malia. — Ich will hiemit nicht sagen, dass ich der Lamark’schen Theo-
rie, wonach die Gans dureh häufiges Strecken des Halses ein Schwan
geworden sein sollte etc. beitreten will. Ein Thier kann kein Gelüste
haben etwas zu thun, welches nicht in seiner Organisation ‘begründet
ist, und mit dieser im Widerspruch steht; ein Wadvogel kann z. B. kein
Gelüste haben auf trockenem Land zu leben, weil seine Organisation ihn
bestimmt, im Sumpfe zu waden; ich will nur sagen, dass man dem
Standhaften in so oberflächlichen Verschiedenheiten als die Farben
sind, nicht allzugrosses Vertrauen schenken müsse — —
»Wie sind nun diese Subspecies zu erklären ?« fragt Herr. Brehm
weiter (p. 16), und er antwortet: »Viele halten sie für klimatische
Verschiedenheiten (Varietäten). Damit ist aber gar nichts gesagt«
— — Wohl etwas gesagt, doch nicht alles. — Viele Naturforscher
kommen darin überein, dass nicht nur Klima, sondern vielmehr ver-
schiedene Lebensmittel*) und andere Lebensverhältnisse sehr viel
beitragen, die specifischen Kennzeichen zu verändern. — Schon vor
vielen Jahren bemerkte Pennant die eigenthümliche Veränderung, die
*) Darauf wies auch Se. Hoh. der Herzog Ernst von Coburg-Gotha bei der Be-
sichtigung der Brehm’schen Vögel in Gotha hin. B.
331
der Magen der gewöhnlichen Forelle in den Seen der Grafschaft Galway
dadurch erlitten zu haben scheint, dass dieser Fisch mit Austern gefüt-
tert wird. Die Haut ist so dick wie der Kropf eines Vogels geworden:
offenbar in Folge der Anstrengung der Natur, sich dem ungewohnten
Futter des Thieres anzubequemen. So auch waren die Magenwände
einer gemeinen Möve, die man mit Korn gefüttert hatte, als man sie
nach dem Tode untersuchte, bedeutend dicker geworden (Yarrel’s Birds.
II. 571). Auf die besondere Form der Vogelschnäbel gründet man Spe-
ciesunterscheidungen, und doch ist es jetzt gewiss, dass sich dieselben
je nach der besonderen Art des Futters verändern. — Man
hat die Probe mit eingeschlossenen Vögeln gemacht, aber auch im
wilden Zustand finden sich Individuen, die sich in dieser
Hinsicht seltsam verändert haben; so hat man die Elster, die
Saatkrähe und den Specht alle mit den gekreuzten Kiefern des Kreuz-
schnabels gefunden (Magazin of Natural History VI, 57). Ein engli-
scher Naturforscher sagt: »Ein Correspondent theilt uns mit, dass er
eine Varietät von Goldammern gesehen habe, die sich durch sehr her-
vorstechende Charaktere auszeichnete — viel grösser, zierlichere Form,
reicheres ‘und glänzenderes Gefieder, — die nach Aussage des Vogel-
stellers häufig als Nachkommenschaft des gewöhnlichen Vogels vorkom-
me. — Die Abzeichen dieses Thieres sind grösser, als die in manchen
Fällen als specifisch angesehenen, und es scheint gewiss, dass dergleichen
Paare, sonderte man sie von den andern ab, eine neue Rasse erzeugen,
und so den Naturforschern Gelegenheit geben würden, eine besondere
Species (eine standhafte Subspecies wenigstens) aufzustellen (Vestiges
of natural History of creation).
»Die Zeichnung aber dieser eigenthümlichen Individuen wird wieder
in die Urarten zurückschlagen, sie pflanzt sich nicht fort — diess ist
eme ausgemachte Wahrheit« wird Herr Brehm wahrscheinlich einwenden.
— Doch — lässt es sich auch nur erwarten, dass ein einzelnes Thier
‘mit eigenthümlicher Form, diese Form nicht auf seine Nachkommen-
schaft übertragen wird, wenn sie durch Vermischung mit Thieren, die
keine solche Eigenthümlichkeit besitzen, absorbirt wird (und diess ist
wohl auch die Ursache, dass die specifischen Unterscheidungszeichen
im Allgemeinen so dauerhaft sind), so folgt daraus nicht, dass eine Va-
rietät (eine Subspecies), wenn sie sich mit einem Geschöpf ihres Glei-
‚chen verbindet, nicht Nachkommen von ihrem eigenen Charakter haben
sollte; dieser eigene Charakter aber einer Varietät (Subspecies) kann
332
bald vertilgt werden, und ich zweifle sehr, dass dieses »stets«, dieses
»standhaft« des Herrn Verfassers vollkommen ausgemacht sei. Wäre
es wirklich so, so sollten alle naturhistorische Systeme verändert wer-
den und die Subspecies in ihr volles Recht eintreten, als wahre Spe-
cies und die alten Species Genera werden u. s. w. Leider bin ich
nicht der Einzige, der zweifelt, dass diese Standhaftigkeit der sog. Sub-
species bewiesen werden kann.
Der Verfasser sagt weiter (p. 17): »Alle neuern genauern Beob-
achtungen haben deutlich gezeigt, dass in der Freiheit ohne Zuthun der
Menschen keine neuen Bildungen noch weniger Arten entstehen. — Wie
soll die Bildung der Subspecies aus der der ächten Arten durch Ver-
mehrung und Verbreitung der Individuen hervorgegangen sein? Ich kann
mir das nicht denken« — Da es ausgemacht ist, dass veränderte Lebens-
verhältnisse (Klima, Futter, ein gezwungener Lebenszustand) unter den
domesticirten Thieren bedeutende Veränderungen in Farben und Formen
hervorbringen können, wenn wir auch nicht recht verstehen, wie dieses
Alles zugeht, so ist es wohl nicht so schwierig, sich zu denken, dass
die Natur selbst mitunter diese veränderten Lebensverhältnisse, diesen
gezwungenen Zustand zum Theil hervorbringen könnte. — Z. B, eine
bestimmte Vogelart lebt ein Jahrhundert oder mehr in ihrer ursprüng-
lichen Heimat, sie nährt sich von gewissen Gewächsen oder Insekten.
— Die Heimat wird übervölkert. — Die Art muss emigriren. — Einige
Individuen langen zuletzt in einem Lande an, wo sie sich andere Ge-
wächse, andere Insekten, ein härteres Klima, mit einem Worte: eine
mehr gezwungene Lebensordnung müssen gefallen lassen. — Wieder-
absorption der Spielarten, die jetzt hervortreten möchten, kann hier nicht
leicht vorkommen, denn das Colonisationsfeld, um uns so auszudrücken,
ist weit genug, um den neuen Familien zu gestatten, weiter und weiter _
von ihrem Ursitz und den vorelterlichen Familien fortzuwandern, wäh-
rend ihnen die Rückkehr durch die dichte, fortwährend nachdrängende
Bevölkerung verwehrt wird. — Die Subspecies halten sich. — Aber ge-
setzt, einige Familien wanderten zurück. — Sie möchten dann eine Zeit
lang als Subspecies leben, aber zuletzt würde sie (die Subspecies) von
der ursprünglichen Art absorbirt werden, und die Subspecies wäre da
verschwunden, ganz wie des Verfassers Sturnus sylvestris. — So un-
gefähr hat neuerdings ein geistreicher Engländer sich diese Variations-
prozesse vorgestellt, und man muss gestehen, dass es nicht unwahr-
scheinlich klingt. — —
333
(Pag. 18.) »Ich glaube,« fährt Herr Brehm fort,« »dass, da wir in
dem standhaften Feststehen der Bildung der Geschöpfe, welche von
einem Geschlechte auf das andere übertragen wird, eine wunderbare
und dauernde Ordnung und Regel deutlich wahrnehmen, diese Subspe-
cies vom Anbeginn aus Gottes unbegreiflicher Schöpferkraft hervorge-
gangen sind, und auch so bleiben werden, wie sie sind.«
Man darf- doch nicht so gewiss von »standhaftem Feststehen« spre-
chen, da man ja weiss, wie schwierig es oft-fällt, standhafte ge-
werische Charaktere zu entdecken; die specifischen Kennzeichen
sind noch oberflächlicher — so, dass man sie zuweilen mit den Varie-
tätskennzeichen verwechselt, wie die verschiedenen Meinungen von An-
thus pratensis und cervinus beweisen, und die Kennzeichen der Subspe-
cies möchten wohl noch oberflächlicher sein, da so Viele ihnen ihr Recht
zu eigenen Namen absprechen wollen. — Je oberflächlicher aber und
weniger bedeutend ein Kennzeichen ist,‘ desto mehr ist es auch der
Veränderung ausgesetzt. — Dass die Schöpferkraft Gottes eine »Ord-
nung und Regel« (d. h. standhafte Gesetze) für alle Lebensformen der
Natur festgestellt hat, ist eine unwidersprechliche Wahrheit, aber diese
Ordnung kann auch eine gewisse Mannigfaltigkeit in der Einheit festge-
stellt haben; die specifischen Charaktere können zwischen gewissen
Grenzen variiren. — Ueberall in. der Natur schauen wir Freiheit zwi-
schen gewissen Grenzen. — Auf diesem Gesetze beruht ja jene
vielseitige, nie ermüdende Schönheit der Natur, die in allen ihren man-
nigfaltigen Schöpfungen doch die innere Idee (das Typische, die Einheit)
stets festhält. — Sollten so. oberflächliche Charaktere, als die der Sub-
species, standhaft sein, welche stereotypische Einförmigkeit! So pedan-
tisch ist doch wohl die Natur nicht.
Der Verfasser scheint anzunehmen, dass alle organische Lebensfor-
men auf einmal »aus Gottes Schöpferkraft« hervorgegangen sind, und
bleiben werden, wie sie sind. — So können wir nur denken, wenn
-wir die relativ kurze Zeit einiger Menschenalter überblicken, schauen
wir aber in die ungeheuern geologischen Zeitperioden zurück, da
finden wir. neue organische Formen successive .hervortreten und
alte verschwinden, ob durch gewaltsame Revolutionen oder durch
einen allmählig: sich verändernden Zustand der Erde, ist nicht gut zu
bestimmen; das letzte scheint wahrscheinlicher. — Es ist aber sicher
eine unrichtige Vorstellung, dass die geologische Entwicklung der
Erde jetzt vollbracht sei, dass Alles so ist, wie es zu den letzten
334
Zeiten bleiben werde. — Das Gegentheil beweist der Nivellirungs-
process des Wassers, der stets fortwährt, und die Form der Erde
so allmählig verändert; wahrscheinlich nimmt die organische Natur
an dieser Veränderung Theil. — Sogar in der historischen Zeit sind
ja beweisslich einige Lebensformen ausgeloschen (Didus ineptus, Cervus
megaceros)*). — Andere sind nahe daran zu verschwinden (Apterix au-
stralis). — Dass neue Lebensformen mit den veränderten Zuständen
der Erde hervortreten, können wir von der Geologie lernen. — Und es
ist nicht ausgemacht, dass diese veränderten Formen mit bestimmt
abgeschlossenen Zeitperioden eintreten; gesetzt, sie treten allmählig
ein, so kann auch das standhafte Feststehen der Subspecies etwas
sehr Wandelbares sein.
Der Verfasser sagt weiter: »dass seine Subspecies die zwischen
den Arten befindlichen Lücken auf eine den menschlichen Verstand in
Erstaunen setzende Art ausfüllen.« — Man hat gesagt: die Begriffe von
Genus, Ordnung u. s. w. sind blosse Abstractionen des menschlichen
Geistes; die Natur hat nur Species. — Nach dem Herrn Verfasser
ist auch der Speciesbegriff eine Abstraction; die Natur hat nur Sub-
species. — Die Lücken zwischen den Species sind ja von Subspecies
ausgefüll. — Wer weiss, ob nicht in einer spätern Zeit, wenn minu-
tiöse Beobachtungen die Lücken zwischen Subspecies ausgefüllt haben,
vielleicht Jemand behauptet: die Natur hat nur Individuen.
»So glaube ich bewiesen zu haben, dass die Erforschung. der Sub-
species kein eines Naturforschers unwürdiges, sondern die Naturwissen-
schaften wesentlich (2) förderndes Studium ist.« — — Ohne Zweifel
»kein eines Naturforschers unwürdiges Studium,« aber ob auch ein
»die Naturwissenschaften wesentlich förderndes Studium« ist noch
die Frage. Man wirft im Allgemeinen dem ‚Studium. der Naturwissen-
schaften vor, dass es mehr in die Länge und Breite, als in.die Tiefe
zuwächst — d. h. dass die wesentlichen Resultate dieses Studiums der
darauf angewandten Mühe nicht entsprechen. Es ist natürlich, da die Ma-
terialien, die man zu ordnen hat, um etwas wesentliches hervorzubrin-
gen, jährlich sich häufen, dass die Arbeit mühseliger sein werde, je
mehr wir in der Zeit vorrücken. — Dieses Verhältniss wird auch zum
Theil angebahnt, da die Naturforscher unter sich das Feld der. Natur
in kleinere Stücke theilen können, und so Jeder sein Theil mit Gründ-
*) Wahrscheinlich auf Aepyornis maximus, wenn auch nicht gerade in der hi-
storischen Zeit im engern Sinne des Wortes. Baldamus.
335
lichkeit bauen kann. — Aber das Unwesentliche und Oberflächliche zum
Wesentlichen und Standhaften emporheben zu wollen, kann gewiss nicht
die Arbeit auf dem Feld der Natur erleichtern und fördern, sondern
vielmehr erschweren. — —
Ich wiederhole, dass diese unschuldigen Bemerkungen nicht aus
Kritisirungsbegier entsprungen sind; ich«hege für den berühmten Ver-
fasser die höchste gebührende Ehrfurcht, und würde mich glücklich
preisen, wenn ich Gelegenheit hätte, seine reiche Sammlung von Vögeln
einmal zu sehen — sein Name ist über meine Kritik hoch erhaben, und
der berühmte Ornitholog wird gewiss nicht an diesem Aufsatz Anstoss
nehmen.
3. Hammergren,
Phil. Mag. in Carlstad in Schweden.
Beobachtungen über den Wespenfalken,
Pernis apivorus.
Von
Theodor Behrens,
Bei meiner Niederlassung hier in Coburg vor 15 Jahren fand ich
den Wespenfalken in hiesiger Gegend fast in jedem Feldholze horstend,
so dass man ihn unter die gewöhnlichen Raubvögel rechnen konnte,
während er in mancher benachbarten Gegend, so auch in der von Gotha,
zu den selteneren gehörte. Ich habe denselben in den ersten 5 — 6
Jahren meines Hierseins (später ist er durch meine eifrigen Nachstel-
lungen freilich auch hier ziemlich selten geworden) in sehr vielen Exem-
plaren, die meist von mir selbst, und zwar grösstentheils beim Horste,
geschossen worden, erhalten, habe junge Vögel aufgezogen und, wie
auch einen alt eingefangenen, mehrere Jahre lebend gehalten, und hatte
‘demnach so viel Gelegenheit, Beobachtungen über ihn zu machen, wie
nicht leicht ein anderer Ornithologe. Da nun meine Erfahrungen den
Angaben, welche die mir bekannten ornithologischen Schriften über die-
sen Vogel enthalten, zum Theil widersprechen, so glaube ich, es dürf-
ten nachstehende Mittheilungen nicht ganz uninteressant erscheinen.
Kein Raubvogel variirt sowohl in Farbe und Zeichnung, als in Grösse
so sehr,‘ wie der Wespenfalke; diess gilt hauptsächlich von den Männ-
chen; die Weibchen weichen weniger von einander ab, Altersverschie-
336
heiten ausgenommen. Doch ist es falsch, wenn Manche behaupten, dass
man nicht leicht zwei gleiche Exemplare finde. Ich habe mich im Ge-
gentheile überzeugt, dass die verschiedenen Varietäten sich treu durch
viele Generationen fortpflanzen. Dass Ausnahmen vorkommen, gebe ich
zu, doch ist mir hiervon kein emziger Fall aus eigener Erfahrung be-
kannt, da die Abkömmlinge aller hier horstenden Varietäten immer den
Aeltern gleich wurden. Als Beweis hiefür mögen folgende Thatsachen
gelten: Das Männchen des ersten Paares, welches ich nach meiner Hier-
herkunft im Bausenberge (Coburger Revier) mit dem Förster Werner _
schoss, war an der ganzen Unterseite des Körpers, von der Kehle bis
zu den Unterschwanzdeckfedern, rein weiss, ohne alle Flecken und
dunklere Schaftstriche; der Kopf hellgrau, die Wachshaut schwarzgrau;
die Oberseite zeigte die gewöhnliche braune Farbe. Meine Abbildung
Nro. 1 gibt den Vogel naturgetreu wieder. Das Weibchen trug das am
häufigsten bei ihm vorkommende Kleid, wie die Abbildung Nro. 2 zeigt.
Aus demselben Reviere habe ich innerhalb 5— 6 Jahren 15 Paare,
sämmtlich beim Horste ‘geschossen , erhalten, die dem vorbeschriebenen
zum Verwechseln ähnlich waren. Oefters stellte sich auf derselben
Stelle, wo ich ein Jahr vorher ein Paar geschossen hatte, ein ganz ähn-
liches Paar ein. Es unterliegt daher nach meiner Ansicht keinem Zwei-
fel, dass diese Vögel von einander abstammten. Hiefür spricht noch der
Umstand, dass alle jungen Vögel, welche ich aus diesem Reviere er-
hielt, im ersten Kleide, je nach dem Geschlechte, einander ganz ähnlich
waren; die männlichen glichen genau dem in Naumann’s herrlichem
Werke abgebildeten jungen Männchen; die weiblichen ähnelten in Farbe
und Zeichnung dem alten Weibchen.
Eine andere, von der eben beschriebenen ganz verschiedene Varie-
tät, von welcher ich in demselben Zeitraum 10 Paare erhielt, horstete
hier auf dem Wohlsbacher und Laimbacher Reviere. Die meisten Männ-
chen dieser Varietät waren an der ganzen Unterseite einfach dunkel-
braun, ohne alle Abzeichen; der Kopf schön blaugrau, Auge und Fänge
dunkelgelb, während letztere bei der vorigen Varietät immer hellgelb
sich zeigten. Ein derartiges Männchen stellt meine Abbildung Nro. 3
naturgetreu dar. Einige andere dieser Männchen waren an der Unter-
seite des Körpers nicht so ganz einfach braun, sondern zeigten, nament-
lich an den Unterschwanzdeckfedern einige undeutliche, hellere Binden.
Die Weibchen hatten an Kropf und Brust dunkelockerfarbige Längsflecken,
die gegen den Unterbauch hin mehr in Querflecken übergingen. Einige
337
derselben hatten graue Kopfseiten, was bei den Weibchen der ersten
Varietät nie vorkam. Junge Vögel habe ich von diesen Paaren nur we-
nige erhalten; sie ähnelten in beiden Geschlechtern den alten Weibchen,
nur war, wie gewöhnlich, Farbe und Zeichnung unreiner.
Aus dem Hohensteiner und Ahorner Revier, die an einander gren-
zen, erhielt ich eine Anzahl, theils von mir selbst, theils von Andern
beim Horste geschossener Wespenfalken, darunter 9 Männchen, die in
Farbe und Zeichnung wieder von den beiden vorbeschriebenen Varietä-
ten verschieden waren. Den grauen Kopf des Männchens ausgenommen,
waren hier beide Geschlechter einander gleich; doch zeigten auch einige
Weibchen graue Kopfseiten. Unter sich unterschieden die Exemplare
sich nur darin, dass die unterbrochenen Binden bald heller, bald dunkler,
bald breiter, bald schmäler- waren und bei manchen der weisse Grund
stark vorherrschte. Die Jungen sahen nach Farbe und Zeichnung einem
Cuculus canorus im braunen Jugendkleide täuschend ähnlich.
Eine vierte Varietät erhielt ich in 9 beim Horste geschossenen
Exemplaren aus der Gegend von Schweinfurt; dieselben zeigten weder
unter sich, noch nach dem Geschlechte, den grauen Kopf des Männchens
ausgenommen, eine Verschiedenheit; Weibchen mit grauen Kopfseiten
fanden sich unter diesen nicht. In Bezug auf Farbe und Zeichnung
dieser Varietät verweise ich auf meine Abbildung Nro. 2.
Die angeführten Thatsachen dürften wohl geeignet sein, meine oben
ausgesprochene Behauptung, dass die verschiedenen Varietäten des
Wespenfalken sich treu durch viele Generationen fortpflanzen, zu recht-
fertigen. In hiesiger Gegend ist diess wenigstens bisher so constant
vorgekommen, dass unter mehr als 70 Exemplaren sich nicht eine ein-
zige Ausnahme: fand, und dass, wenn ich einen beim Horste geschosse-
nen Wespenfalken aus fremder Hand erhielt, ich mit Bestimmtheit er-
kennen konnte, aus welchem Reviere er war. Für die Abstammung der
einzelnen Exemplare je einer der 4 angeführten Varietäten von einander
möchte auch schon die allen Ornithologen bekannte 'Thatsache sprechen,
dass die meisten Zugvögel bei ihrer Wiederkunft ihren früheren Brüte-
oder Geburtsort wieder aufsuchen.
Unter 15 hier auf dem Zuge erlegten Wespenfalken, befanden sich
nur 3, die irgend einer der vorbeschriebenen Varietäten glichen; von
den übrigen Exemplaren will ich einige ihres auffallenden Kleides wegen
näher bezeichnen.
Ein wahrscheinlich 2jähriges Männchen, das ich im September 1847
Naumannia. 1854. 22
338
auf der Rosenau schoss, trug folgendes Kleid: Kopf, Nacken und ganze
Unterseite des Körpers schön milchweiss mit gelblichem Anfluge, letztere
mit dunklen Schaftstrichen, vom Mundwinkel durch das Auge bis zum
Ohre ein dunkelbrauner Streif, Flügelbug rostroth, Spitze der Schwung-
und Schwanzfedern weiss, Rücken- und Flügeldeckfedern mit breitem
weissem Saum und sonstigen Verzierungen, die sich nicht gut durch
Beschreibung darstellen lassen; Auge gelb, Wachshaut schwarz; ich
werde von diesem herrlichen Vogel später in dieser ornithol. Zeitschrift
eine Abbildung liefern.
Ein altes Männchen, am 12. Juli 1848 auf der Rosenau geschossen,
dessen unverletztes glänzendes Gefieder bewies, dass der Vogel nicht
gehorstet hatte, zeigte folgendes Aussehen: Auge orangegelb, Wachs-
- haut schwarz, Kopf und Nacken blaugrau, vom Mundwinkel unter dem
Auge weg bis zum Ohre ein dunkelbrauner, einem Barte ähnlicher Streif,
Kehle rostgelb, Brust dunkel-, Bauch hellockergelb; Federschafte an der
ganzen Unterseite des Körpers dunkler; Oberseite rein erdbraun mit
bläulichem Duft; Fänge lebhaft gelb, Nägel hell hornfarben und sehr
abgenützt, welcher letztere Umstand für ein hohes Alter des Vogels
spricht. Ueberhaupt erinnerte die ganze Färbung des Vogels an die
eines alten Lämmergeiers.
Weder von dem vorigen noch von diesem Exemplare ist mir je ein
zweites zu Gesicht gekommen.
Am 12. September 1849 erhielt ich ein auf dem Callenberge ge-
schossenes junges Weibchen, welches dem in Naumann’s Werke abge-
bildeten ganz ähnlich war; das einzige derartige Exemplar, das mir je
zu Handen gekommen. Es muss aber, da Hr. Naumann dasselbe zur
Abbildung gewählt hat, in andern Gegenden, wenigsters im Anhalt’schen,
häufiger in diesem Kleide vorkommen, was wohl wieder ein Beweis da-
für wäre, dass die Verschiedenheit der Kleider bei den Wespenfalken
mit örtlichen Verschiedenheiten im Zusammenhange steht.
Mehrere alte Männchen waren an der ganzen Unterseite des Kör-
pers einfach schiefergrau mit dunkleren Schaftstrichen; wieder ein an-
derer alter männlicher Vogel war an der Unterseite auf weissem Grunde
zart rostgelb quergebändert; desgleichen auch ein sehr altes Weibchen
mit grauem Kopfe.
Den Horst des Wespenfalken habe- ich auf allen Revieren hiesiger
Gegend fast immer nur in geringer Höhe, oft kaum 20 Fuss über dem
Boden, auf den untern Aesten starker Buchen oder Eichen an ziemlich
339
licht bestandenen Stellen der Laubhölzer und nur zweimal im Schwarz-
wald in ziemlicher Höhe auf Kiefern gefunden. Ueberhaupt geht in un-
serer Gegend der Wespenfalke beim Bauen seines Horsies sehr unvor-
sichtig zu Werke; derselbe ist meist so unversteckt angebracht, dass
man ihn schon in einiger Entfernung bemerken kann; ja einigemal fand
ich denselben auf dicht an einer frequenten Fahrstrasse stehenden Bäu-
men; überdiess trägt auch noch oft das Benehmen des Yogels zur leich-
ten Auffindung seines Horstes bei, indem er fast beständig in dessen
Nähe herumstreicht und dabei oft seinen kläglichen Ton hören lässt.
Der Horst hat gewöhnlich einen verhältnissmässig grossen Umfang und
ist meist leicht aus dünnen Reisern, zumal Erlenreisern, gebaut; einmal
fand ich einen solchen kaum 10 Fuss über dem Boden auf einer kleinen
Birke so leicht und durchsichtig gebaut, dass man von unten ganz deut-
lich die in demselben liegenden Eier sehen konnte; doch ist zu vermu-
then, dass ein von einem anderen Orte vertriebenes Paar diesen Horst
in Eile gebaut hat, da 3 Tage vorher noch nichts von demselben zu
bemerken war und der Wespenfalke doch bekanntlich eine verhältniss-
mässig lange Zeit zum Aufbau seines Horstes braucht.
Die mir bekannt gewordenen Horste enthielten gewöhnlich 2, bis-
weilen 3 und nur ein einziger 4, oft in einem und demselben Horste
nach Form und Farbe verschiedene Eier; doch habe ich nie mehr als
2 Junge in denselben gefunden.
Was das Betragen des Wespenfalken beim Horste anbelangt, so ist
dasselbe nach meinen Beobachtungen bei verschiedenen Paaren verschie-
den: manche Paare habe ich fast beständig in der Nähe des Horstes
unter lautem Geschrei herumstreichen, andere sich nur sehr vorsichtig
demselben nähern gesehen; manche waren sehr schwer beim Horste zu
beschleichen, während andere erst durch starkes Klopfen am Baume sich
aufscheuchen liessen; ein brütendes Weibchen strich erst dann davon,
als der Steiger schon den Horst berührt hatte; einige stiessen wüthend
auf mich.
Die weiteren Beobachtungen, die ich über das Betragen des Wespen-
falken im Freien gemacht, stimmen ganz mit dem überein, was Naumann
in seinem Werke darüber sagt, und müsste deren Anführung daher
überflüssig erscheinen.
Nun Einiges über die Nahrung des Wespenfalken.
Nach meinen in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen kann ich
behaupten, dass der Wespenfalke, obgleich Wespenbrut seine liebste
ERr
340
Nahrung ist, doch nie eine ausgeflogene Wespe frisst und dass sonach
die Wespen, die in dessen Kropfe und Magen gefunden werden, nur
solche sind, welche noch in den Zellen befindlich von ihm aus diesen
herausgefressen wurden.
Meine Behauptung stützt sich auf folgende Beobachtungen:
Am 12. Juli 1848, früh 7 Uhr, bemerkte ein Feldarbeiter in der
Nähe der Rosenau einen Wespenfalken, der mit dem Ausscharren eines
Wespennestes beschäftiget war. Obgleich derselbe zu wiederholten Ma-
len von dem Arbeiter aufgejagt ward, erschien er doch immer alsbald
wieder, seine Arbeit eifrig fortsetzend. Mittags davon in Kenntniss ge-
setzt, begab ich mich auf den Platz und schoss den Vogel. Von der
Zeit, wo er zuerst beobachtet wurde, bis dahin wo ich ihn erlegte,
waren 6 Stunden verflossen. Er hatte seinen Zweck zur Wespenbrut
zu gelangen noch nicht erreicht, als der Schuss ihn niederstreckte. In
seinem Kropfe und Magen fand ich nichts als Käferreste, keine Spur
aber von Wespen, die doch während seiner 6stündigen Arbeit seinen
Kopf zu Hunderten umschwärmten, die er aber, wie ich deutlich sehen
konnte, durch Kopfschütteln abzuwehren suchte. |
Diese Beobachtung erregte natürlich meine Aufmerksamkeit in ho-
hem Grade, und es war mir sehr erwünscht, als sich bald eine Gelegen-
heit mir darbot, weitere Beobachtungen in dieser Beziehung zu machen.
Ich erhielt nämlich aus dem Ahorner Revier ein lebendes altes Weib-
chen des fraglichen Vogels, dass durch einen Schuss nur leicht geflügelt
und daher schon nach wenigen Tagen wieder geheilt war. An diesem
stellte ich nun Versuche an, die meine erste Beobachtung vollkommen
bestätigten. Hielt ich nemlich dem Vogel eine Wespe vor, so frass er
sie nicht nur nicht, sondern wich sogar vor derselben zurück, wurde
ihm eine solche lange vorgehalten, indem man demselben bei seinem
Zurückweichen damit folgte, so biss er endlich danach, schnellte sie aber
weg. So oft ich auch diese Versuche wiederholte, das Resultat war
immer dasselbe; nie war er zu bewegen, eine Wespe zu fressen. Ich
glaube sonach in diesen Beobachtungen eine Rechtfertigung meiner Be-
hauptung, dass der Wespenfalke nie eine bereits ausgeflogene Wespe
fresse, erblicken zu dürfen. Sollte er aber gegen meine Erfahrung doch
dergleichen Wespen verzehren, so müsste ich doch, was auch bereits
von Andern geschehen ist, der Behauptung des Herrn L. Brehm, dass
der Wespenfalke den Wespen vor dem Verschlucken den Stachel ab-
34l
bisse, widersprechen, indem ich bei allen Wespen, die ich untersuchte,
den Stachel noch vorgefunden habe.
Mit welcher Ausdauer der Wespenfalke übrigens beim Ausscharren
der Wespennester verfährt, mag folgender Fall beweisen: Der Fasanjä-
ger Küster auf der Rosenau fand den 13. Aug. 1851 früh 5 Uhr an dem
Ufer des dortigen Teiches einen Wespenfalken im Ausscharren eines
Wespennestes begriffen. Das Anschleichen war nicht wohl möglich, da
der Vogel auf einem freien Platze stand und immer aufflog, ehe man in
Schussnähe kam. Er wurde unzählige Mal aufgejagt, kam aber immer
bald wieder zur Stelle, bis es endlich gegen Abend doch gelang ihn zu
schiessen. Er hatte sonach einen ganzen Tag mit dem Ausscharren des
Nestes zugebracht. Sein Kropf war mit Wespenbrut gefüllt.
Dass übrigens der Wespenfalke sehr früh nach Nahrung ausfliegt,
beweiset der Umstand, dass ein von mir am 3. Juli d. J.. früh 4 Uhr
beim Horste geschossenes Männchen, dessen Weibchen Abends vorher
erlegt worden war, schon den ganzen Kropf voll frischer Wespenbrut
hatte.
Im Kropfe und Magen des Wespenfalken habe ich ausser Wespen-
brut gewöhnlich noch gefunden: Heuschrecken, Käfer, besonders von der
Gattung Silpha, Raupen, Frösche, Eidechsen, nur selten Reste von warm-
blütigen Thieren, nie eine Hummel, auch keine Blüthenkätzchen von
Birken und Nadelhölzern, doch zuweilen Blätter der Heidelbeerstaude. _
Ich gehe nun über zu meinen Beobachtungen über den Wespen-
falken in der Gefangenschalt.
Wie bereits Eingangs gesagt, habe ich mehrere junge Wespenfal-
ken aufgezogen und solche, gleich dem oben erwähnten alt eingefange-
nen, mehrere Jahre lebend gehalten, will aber nur eines solchen hier
nähere Erwähnnng thun, da sie im Ganzen alle Eigenschaften mit einan-
der gemein hatten. Im Allgemeinen habe ich die Bemerkung gemacht,
dass der Wespenfalke ein äusserst gutmüthiger Vogel ist und, selbst alt
eingefangen, leicht zahm wird. |
Ein schon flugbares junges Männchen, ganz dem in Naumann's
Werke abgebildeten ähnlich, welches ich beim Horste eingefangen, ward
schon nach wenigen Wochen gegen ihm bekannte Personen, wie auch
gegen meine Hunde in hohem Grade zutraulich, ja anhänglich, stellte
sich aber gegen jeden fremden Hund in Positur, sträubte die Federn
und ging auf ihn los. Eine besondere Zuneigung hatte er gegen einen
kleinen Hund, dem er fast beständig zur Seite war. Lag der Hund, so
N
312
setzte der Vogel sich zwischen seine Füsse, spielte mit ihm oder zaus’te
mit dem Schnabel seine Haare, was er sich denn auch gutwillig gefal-
len liess. Nur beim Fressen war der Vogel zuweilen tückisch, jagte die
Hunde vom Futter, die sich ihm auch, selbst ein grosser Jagdhund, nicht
widersetzten, und bewachte das Futter oft längere Zeit ohne selbst da-
von zu fressen. Er lief in und ausser dem Hause umher, und fand er
eine Thüre verschlossen, so schrie er aus Leibeskräften so lange, bis
solche geöffnet wurde. Einen öffentlichen Garten in der Nähe ‚meiner
Wohnung, wo er ein beliebter Gast war und immer Etwas zugeworfen
erhielt, besuchte er im Sommer täglich; im Spätsommer und Herbste
lief er oft halbe Tage lang nahrungsuchend auf.den Stoppelfeldern herum.
Er hörte auf den Ruf »Hans«, kam aber nur, wenn er gelaunt oder
hungrig war. In Zeiten guter Laune sprang er Frauenzimmern auf den
Schooss, hob oft einen Flügel auf, um sich unter demselben kratzen zu
lassen, wobei er unter sichtlichem Wohlbehagen die Augen zudrückte ;
oder setzte sich auf deren Schultern und spielte in den Haaren herum,
die er durch den Schnabel zog; dabei liess er immer einen piependen
Ton hören. That ihm Jemand etwas zu Leide, so merkte er es lange
Zeit und mied diese Person. Hatte er Hunger, so lief er der Magd,
die ihn gewöhnlich fütterte, schreiend im ganzen Hause nach und zupfte
dabei an deren Kleidern; wollte sie ihn abwehren, so schrie er entsetz-
lich und setzte sich zur Wehre. Seine liebste Nahrung war Semmel
mit Milch, doch frass er auch alles Andere, wie Fleisch, Mehlspeisen,
Kartoffeln, zuweilen auch einen kleinen Vogel. Ein Wespennest, wel-
ches in einem Garten an einem Busche hing, interessirte ihn nicht im
Mindesten; Wespen die ihm um den Kopf flogen, suchte er durch Kopf-
schütteln abzuwehren, hielt man ihm solche vor den Schnabel, so biss
er dieselben todt, frass aber nie eine. Doch will ich diese Beobach-
tung durchaus nicht als Beweis für meine Behauptung, dass der Wespen-
falke keine flugbare Wespe fresse, anführen, da bekanntlich die meisten
in der Gefangenschaft jung aufgezogenen Vögel ihre Natur verläugnen,
was bei diesem ganz besonders der Fall war, da er nicht einmal die
Lieblingsspeise des Wespenfalken, Wespenbrut, frass.
Gegen Kälte war der Vogel sehr empfindlich; er versteckte sich
im Winter häufig unter den Ofen, wo er, da er nicht gern im Zimmer
geduldet wurde, sich ganz ruhig verhielt, um seine Anwesenheit nicht
zu verraihen. Im Allgemeinen hatte der Vogel mehr das Betragen einer
Krähe als eines Raubvogels; nur waren seine Bewegungen gemessener
343
und bedächtiger, sein Gang schreitend, nie hüpfend; nur wenn er ge-
jagt wurde, machte er einige Sätze. Er starb nach drei Jahren. Er
hatte nach jeder Mauser immer wieder dasselbe Kleid bekommen, nur
war die Iris schon im zweiten Frühjahre gelb, die Wachshaut dunkel
geworden. £
Das oben bereits erwähnte, alt eingefangene Weibchen zeigte. im
Ganzen ein mit dem des vorbeschriebenen Männchens übereinstimmendes
Betragen. Hinsichtlich der Nahrung unterschied dieser Vogel sich von
dem Vorigen darin, dass er Wespenbrut leidenschaftlich liebte. Hielt
man ihm ein Wespennest vor, so. ward er sichtlich aufgeregt, stiess mit
grösster Begierde danach und verschluckte ganze Stücke davon; leere
Wespennester zerriss er nach Brut suchend, in lauter kleine Stücke.
Dass er keine fliegenden Wespen frass, habe ich oben schon bemerkt;
gleiches war der Fall mit Hummeln. Sonst war, ‚wie beim Vorigen,
Semmel mit Milch seine Lieblingsspeise. Todte Vögel liess er oft un-
berührt, lieber waren ihm Frösche; auch Maikäfer frass er, doch nicht
besonders gern.
Gegen meine übrigen Hausthiere war der Vogel in hohem Grade ver-
träglich. Ergötzlich war es anzusehen, wenn er mit denselben, nämlich
mit 2, Meerschweinchen, 1 Staar, 1 Goldregenpfeifer und 2 Wachteln
aus einer Schüssel frass; keines der genannten Thiere zeigte die ge-
ringste Furcht vor ihm, ja, der naseweise Staar biss oft aus Futierneid
nach ihm oder spritzte ihm Milch in’s Gesicht, was er ganz ruhig hin-
nahm. Zuweilen erhob er sich dabei sehr gravitätisch und überschaute
mit stolzem Blick den bunten Kreis seiner Tischgenossen. Einmal er-
hielt ich eine Taube, einen grossen sog. Türkentauber, die nicht fliegen
konnte; ich setzte dieselbe sogleich ‚neben den Falken, und erstaunte
nicht wenig, als dieselbe, statt Furcht zu zeigen, sich innig an den
Falken schmiegte. Sie zeigte überhaupt bald eine solche Anhänglichkeit
an ihn, dass sie nicht mehr von dessen Seite wich. War sie von der
‚Stange, auf welcher sie neben dem Falken sass, zum Futter herabge-
hüpft, so lief sie, da sie nicht. fliegen konnte, so lange unter dem Fal-
ken hin und her, bis man sie wieder hinaufsetzte; verhielt sich der
Falke nicht ruhig, so hackte sie oft nach ihm, was ihn aber gar nicht
zu beleidigen schien. So gutmüthig nun aber der Falke gegen Menschen
und die genannten Thiere war, so bösartig war er, wenn ein Hund in
seine Nähe kam; hier zeigte er einen Muth und eine Wildheit, die in
Erstaunen setzte; pfeilschnell und mit grösster Wuth schoss: er von sei-
344
ner Stange nach dem,Kopf des Hundes,t schlug seine Fänge ein, biss
und schlug ihn mit den Flügeln; dabei sträubte er die Federn und
fauchte wie eine Katze. Die Hunde, auch die grössten und bösartigsten
geriethen in die grösste Angst und suchten das Weite. Auch wenn der
Hund entronnen war, beruhigte er sich nicht gleich, sondern biss eine
Zeit lang in blinder Wuth nach Allem, was sich ihm näherte.
Er liebte sehr den Sonnenschein, setzte sich daher oft mit ausge-
breiteten Flügeln und offenem Schnabel an ein offenes Fenster und flog
auch auf die benachbarten Dächer; Regen scheute er sehr; wurde er
von einem solchen überrascht, so verkroch er sich schnell in die nächste
Ecke. Gegen Kälte war er sehr empfindlich und musste desshalb im
Winter in der Arbeitsstube gehalten werden, wo er auf einer Stuhllehne
sitzend, sich ganz ruhig verhielt.
Nachdem ich den‘Vogel 4 Jahre lang gehalten, erfror er in einer
kalten Nacht.
Diess wären meine Beobachtungen über den Wespenfalken, einen
Vogel, für den ich/stets ein besonderes Interesse hatte.
Ueber das Vorkommen der €. locustella im
Altenburg’schen.
Von
Friedrich Schach.
Als ich die ersten interessanten Aufsätze des Herrn Pf. Baldamus
über den Buschrohrsänger las, hätte ich nicht geglaubt, dass wir _
den merkwürdigen Vogel, so ganz in unserer Nähe hätten. Um so
grösser war darum unsere Freude, als uns sein regelmässiges Vor-
kommen allhier zur evidenten Gewissheit wurde. Freund Kratzsch
in Kleintauschwitz bei Schmölln entdeckte ihn ganz zufällig, und
die Resultate seiner Beobachtungen liegen diesen Zeilen zu Grunde.
Es war im Frühjahre 1850, als Locustella das erste Mal angetroffen
wurde. K. kehrte am zweiten Pfingstfeiertage in Begleitung eines
Freundes und ornithologischen Collegen von dem "; Stunde von Klein-
tauschwitz ehtfernten Gimmel zurück, woselbst er seinem Bruder einen
345
Besuch abgestattet hatte. In der Nähe des genannten Ortes kam ihm
plötzlich ein dem Gesange der grünen Heuschrecke ähnliches Schwirren
zu Ohren, was von seinem Bruder schon einige Tage früher vernommen
worden war, und was ihm um so mehr auffiel, als um diese Zeit die
genannte Heuschrecke schwerlich zu finden sein dürfte. Da aber im
verflossenen Jahre die Wanderheuschrecke (Acridium migratorium)
sich einzeln gezeigt hatte, so ging er dem Tone nach in der Hoffnung,
eine solche in seine Hände zu bekommen. Allein wie staunte er, als,
nachdem er dem Schwirren so nahe gekommen zu sein glaubte, dass
er das fragliche Thier mit der Hand zu ergreifen hoffte, aus einem
Kornfelde unmittelbar vor seinen Füssen ein graues Vögelchen heraus-
stiebte! Durch Naumann’s treffliches Werk über den eigehthümlichen
Gesang und die Lebensweise der Heuschreckenschilfsänger unterrichtet,
war er in Bezug auf seine Entdeckung mit einem Male im Klaren. Des
anderen Abends ward Jagd auf den Vogel gemacht, und derselbe glück-
lich erlegt, seine Vermuthung aber dadurch zur Gewissheit.
Den darauf folgenden Herbst, und zwar am 3. Oktober, erlegte
Kratzsch einen dergleichen Vogel in der Nähe seines Wohnortes in einem
an einem ausgetrockneten Feldteiche einzeln stehenden kleinen Weiden-
büschchen. Aber zugleich erhoben sich nun auch Zweifel in ihm gegen
seine bisherige Annahme. Da er nämlich noch keinen der Heuschrecken-
schilfsänger vor Augen gehabt. hatte, so war er bei Erlegung des ersten
der Meinung, C. fluviatilis vor sich zu haben, welche Annahme ihm aber
jetzt, nachdem er den zweiten erlegt hatte, doch etwas bedenklich er-
schien, da ein im mittleren Deutschland so seltener Vogel sich nicht
gut zwei Mal hinter einander in die Nähe seines Wohnortes verirrt ha-
ben konnte. Unterzeichneter, dem bei einem Besuche in Tauschwitz
die gedachten Exemplare vorgelegt wurden, erkannte bei genauerer Be-
trachtung in denselben zwei ziemlich verschiedene Vögel; der erste, im
Frühlinge erlegte, war offenbar nicht nur in allen seinen Verhältnissen
schwächer, sondern sein Schnabel bedeutend länger, schwach bogenför-
mig, und sein Kleid zog mehr in’s Oelfarbige, als das des letzteren.
Wäre nun einer von beiden fluviatilis gewesen, wie Freund Kratzsch
immer noch annahm, so hätte es nicht der im Frühjahre, sondern offen-
bar der im Herbste erlegte sein müssen, weil er vom Habitus der stär-
kere war. Den schwächeren aber vielleicht für einen nicht völlig aus-
gewachsenen jungen Vogel zu halten, war un desswillen» nicht möglich,
weil er im Frühjahre, und zwar inmitten seines monotonen Schwirrens
346
erlegt worden war. Eine sichere Entscheidung in solcher Ungewissheit
hätten hier nun vielleicht die Maasse geben können; allein Messungen
an den erlegten Vögeln waren leider nichl vorgenommen worden. Dass
der stärkere Herbstvogel die Locustella sein musste, darin stimmten wir
endlich beide überein. Was aber sollte mit dem, wenn gleich bedeutend
schwächeren, dennoch offenbar alten, im Frühlinge erlegten angefangen
werden? Schreiber dieser Zeilen war gleich anfangs geneigt, ihn für die
in »Brehm’s Handbuche der Vögel Deutschlands« pag. 440 an-
gegebene C. tenuiröstris zu halten, welche Vermuthung bei genauerer
Vergleichung ihm später immer mehr zur Gewissheit ward.
Mit den besten Hoffnungen und Erwartungen wurde nun dem künf-
tigen Frühlinge entgegengesehen, und siehe, sie betrogen uns nicht.
Von einer Reise nach Leipzig zurückkehrend, vernahm K. Mitte Mai’s
1851 eine Stunde von seinem Wohnorte nach Altenburg hin abermals
zwei Locustellen in einem Kornfelde, auf die er Tags darauf, aber er-
folglos, Jagd machte, da er — auf fremdem Reviere — sich nur eines
Zündhütchengewehres bedienen konnte, Später jedoch, am 22. Mai, er-
legte er ein drittes Exemplar, ein singendes Männchen, auf eigenem
Reviere, und zwar abermals im Kornfelde.e Doch mit ihm war’s für diess
Jahr abermals vorüber ! |
Der Mai und Juni des Jahres 1852 gingen hin, ohne dass ‚sich in
der Nähe von Tauschwitz eine Locustelle hätte hören lassen. Als K.
. jedoch am 13. Juli früh 6 Uhr eine Spazierfahrt zu einem seiner Freunde
machte, hörte er in der Nähe des Dorfes Saare abermals das bekannte
Schwirren im Korne. Es wurde sogleich zu näherer Untersuchung ge-
schritten, und zwei Locustellen — offenbar ein gepaartes Paar — stieb-
ten heraus. Tags darauf, den 14. Juli, wurde wieder ein Männchen an
einer andern Stelle erlegt.
Für das Jahr 1853 hatte ich schon im Voraus meinen geehrten
Freund um gefällige Nachricht gebeten, so bald die merkwürdigen Vögel
sich einstellen würden. Die ersten beiden vernahm er am 14. Mai, den
24. ejusd. aber erlegte einer seiner Arbeiter einen derartigen Vogel,
ebenfalls ein singendes Männchen, beim Dorfe Köthenitz, und über-
brachte ihn mit dem Bemerken, dass es wieder »ein kleiner, wie
‚der zuerst erlegte« sei, da er die früher erlegten Vögel mehrere
Male gesehen hatte. Es war in der That derselbe Vogel, wie der zu-
erst (im Frühjahre 1850) erlegte, jeden Falls eine C. locust. tenuirostris
347
Brehm *). An demselben Morgen verfolgte K. zwei andere auf fremdem
Reviere, deren keiner er jedoch habhaft werden konnte, obgleich er
die eine ständerlahm schoss.
Kurz nach Pfingsten ertheilte mir mein geehrter Freund die Nach-
richt, dass locustella angekommen sei und die ganze Nacht hindurch
schwirre, und darum machte ich mich am 28. Mai dorthin auf den Weg.
-In Kleintauschwitz angekommen, vernahm ich, dass K. schon mehrere
Vögel ge- und resp. zerschossen habe. Tags vorher von dem % St.
entfernten Städtchen Schmölln zurückkehrend, traf er eine Locustelle
abermals in einem Kornacker,. die noch Vormittags 10 Uhr eifrig sang.
Gegen Abend machte er Jagd auf dieselbe, und als er sich dem öfter
sich unterbrechenden Sänger noch ziemlich fern glaubte, strichen zwei
graue Vögel von einem Kleeacker vor ihm auf. Sie für Curr, cinerea
haltend, schoss er gleichwohl auf den einen im nahen Kornfelde sich
niederlassenden und an einem Halme in die Höhe kletternden Vogel,
und wie gross war seine Freude, als ihm eine genauere Untersuchung
das Weibchen von locustella zeigte. — Wir gingen Abends spät
wieder an die genannte Stelle, woselbst das verwittwete Männchen
dennoch fleissig, und zwar wieder in demselben Kornacker sang. Da
uns die einbrechende Dunkelheit am Schiessen verhinderte, so begaben
wir uns nach Hause und machten uns am anderen Morgen abermals da-
hin auf den Weg. Zuerst machten wir Jagd auf einen anderen, den wir
schon Abends vorher ebenfalls vernommen hatten. Er befand sich in
einem ganz schmalen Holzrändchen in der Nähe eines grossen Kornfeldes.
Nach kurzem Warten liess er sich hören und — ward erlegt. Er be-
findet sich jetzt in meinem Besitze. Ein gleiches Schicksal wie den er-
sten traf den Wittwer bei Schmölln, so dass Kratzsch nicht allein jeden
Falls 2 Subspecies, sondern von C. locustella sogar ein gepaartes Paar
besitzt. — Zwei andere Vögel sangen noch Anfangs Juli 1853, der eine
hinter dem Garten meines Freundes in einem 14 Acker haltenden Korn-
‘ felde, der andere beim Dorfe Altkirchen nahe an einem Flüsschen.
Ja, als ich am 22. Juli in Gesellschaft einiger Freunde von einer unse-
rer Versammlungen aus dem Altenburg’schen zurückkehrte, sang Abends
noch ein dritter ganz in der unmittelbaren Nähe von Schmölln.
Vom 4. bis 30. Mai gegenwärtigen Jahres endlich vernahm K. wie-
*) So eben macht mir K. die angenehme Mittheilung , dass meine Ansicht in
Betreff dieses Vogels durch Herrn P. Brehm selbst Bestätigung gefunden, der eines
der beiden Exemplare für seine Sammlung acquirirte.
348
derum 4 Locustellen, und zwar allemal im Kornfelde, konnte aber trotz
aller Mühe keine in seinen Besitz bringen. Ebenso erfolglos machten
wir beide am 27. und 28. Mai Jagd auf ein gepaartes Paar in einem
Kornacker beim Dorfe Altkirchen. Obgleich der Gesang des Männchens
am Abende des 26. seinen Aufenthalt daselbst zur Gewissheit gemacht
hatte, lauschten wir doch am folgenden Morgen umsonst auf sein mono-
tones Lied und begaben uns endlich nach Hause in dem Glauben, dass
der Vogel die Gegend schon verlassen habe. Um uns jedoch Gewiss-
heit zu verschaffen, verfügten wir uns Abends wieder an Ort und Stelle,
und diess Mal mit mehr Erfolg. Das Männchen sang, aber nur in kur-
zen Strophen und oft mit langen Unterbrechungen, und wir konnten es
nie zu Gesichte bekommen, um einen Schuss darauf anzubringen. Ein
Versuch es im Fluge zu erlegen, den wir schliesslich wagten, misslang
ebenfalls, obgleich es mehrmals sammt dem Weibchen vor unseren
Füssen auffllog, da die einbrechende Dunkelheit sie uns nur noch als
Schatten erscheinen liess. Den nächsten Morgen beobachtete das Männ-
chen zu unserem grössten Leidwesen dasselbe hartnäckige Schweigen,
wie am Tage vorher, und die darauf folgenden Abende war K. nicht glück-
licher, als wir am heutigen Tage, bis er endlich voll Verdruss das Paar
aufgab.
Aus den oben erwähnten Thatsachen geht nun wohl unleugbar
hervor:
1) Der Buschrohrsänger kommt im Altenburg’schen nicht nur
regelmässig vor, sondern brütet jeden Falls auch daselbst, da ge-
paarte Paare nicht allein im Frühjahre erlegt, sondern mehrmals auch
im Sommer während der Brütezeit angetroffen wurden *). .
2) Die Annahme, dass der Buschrohrsänger auch fern von allem
Gewässer vorkomme, wenn nur sonst das Terrain ihm convenire, findet
hier volle Bestätigung. Die Gegend um Kleintauschwitz enthält nicht
einmal Niederungen und Wiesenfläche, noch weniger sumpfige, feuchte
Stellen. Wenn auch mit einzelnen kleinen Hügeln und Thälern gemischt,
bildet sie doch mehr ein Plateau, und das dem Orte nächste Flüsschen,
die Sprotte, ist wenigstens Y» Stunde entfernt.
3) Der gedachte Vogel zieht (wenigstens in hiesiger Gegend, ob
in anderen, ‚weiss ich nicht) Getreide- und namentlich Kornfelder den
“ .
*) So eben erfahre ich, dass K. an der gleich oben genannten Stelle den 24.
Juli ein ganz flügges Junges schoss. Die Vermuthung, dass der Buschrohrsänger
bier brüte, wird dadurch zur evidenten Gewissheit.
349
Gehölzen vor, da von allen den oben angegebenen Vögeln nur der am
24. Mai 1853 erlegte in einem schmalen Holzrändchen, doch auch im
äussersten, an ein Kornfeld grenzenden Strauche getroffen wurde, ob-
gleich es hier an Feldgehölzen, die meistens kleine Wiesenthäler ein-
schliessen, nicht mangelt.
4) C. tenuirostris Br. ist jeden Falls eine standhafte Subspecies von
locustella. Die Unterschiede fallen selbst Unkundigen in die Augen.
Zwei sich ziemlich genau gleichende Vögel dieser Art wurden hier er-
legt. Der erste, im Frühlinge 1850 erlegte, ist ganz der in Brehm’s
Handbuche beschriebene. Er ist auffallend schwächer, als
locustella, sein Schnabel länger, sanft bogenförmig, einem
Baumläuferschnabel entfernt ähnlich; die schwarzen Schaft-
streifen der Kehle treten sehr deutlich hervor, die des Mantels sind
nicht so scharf begrenzt, als bei locustella.. Dem am 24. Mai v. J. er-
legten fehlte zwar das hauptsächlichste Merkmal — der Oberschnabel
abgeschossen — , auch ist die Kehle fast ganz rein, und die Schaftstrei-
fen und Tupfen des Mantels sind etwas schärfer begrenzt; doch kann
diess wohl Folge von Altersverschiedenheit sein, denn in 3 Punkten
stimmen beide Vögel wesentlich überein: Beide sind viel schwä-
cher, als Zocustella — der letztgenannte am 24. Mai erlegte wog fast
Ya Loth weniger —; der Unterkörper beider ist viel ölfarbi-
ger; die Tupfen des Mantels stehen sparsamer und die dunkle
Färbung tritt darum weniger hervor.
5) C.. locustella mag an so manchem Orte des deutschen Vaterlan-
des vorkommen, oft da, wo man sie nicht vermuthet, wozu allerdings
ihre versteckte Lebensweise viel beiträgt. Sie kann selbst den Augen
des Ornithologen eine Zeil lang entgehen, wenn ihm ihr monotoner Ge-
sang nicht schon vorher bekannt ist, |
Russdorf, im Juli 1854.
Friedrich Schach.
350
Einiges über den Faug der Raubvögeel.
Von
Friedrich Schach,
Eine der bekanntesten und verbreitetsten Fangmethoden für Raub-
vögel ist wohl die mit dem sogenannten Stossgarne oder Habichtsstosse.
Ein ungefähr 8 Ellen langes und mehrere Ellen breites Garn mit. ver-
hältnissmässig weiten Spiegeln wird im Quadrate so aufgestellt, dass es
in jedem Winkel durch einen in die Erde gesteckten, 3—4 Ellen hohen
glatten Stab von daran angebrachten, abwärts gerichteten Einschnitten in
die Höhe gehalten wird. Das Garn bildet so 4 Wände, welche eine
Höhe von ungefähr 31 Elle-haben. Oben bleibt es offen, und in die
Mitte desselben auf den Boden kommt die Lockspeise. Gewöhnlich: hat
man hierzu eine lebende, wo möglich gefleckte Taube benutzt. Allein
der Fang auf diese Weise ist mit mancherlei Uebelständen verknüpft.
Einer der Erheblichsten ist wohl die Thierquälerei, welche damit noth-
wendig verbunden ist. Die Taube, welche natürlich gefesselt werden
muss, leidet dabei oft empfindlich durch Hunger, Durst und Kälte, und
stösst ein Raubvogel auf sie, so wird sie oft fürchterlich zerrissen, wenn
nicht gar getödtet; denn die Blutgier der Räuber ist nicht selten so
gross, dass sie, selbst gefangen, noch ihre Beute verzehren. Auch hat
der Fang auf diese Weise ferner das Unangenehme, dass man die Taube,
um sie vor Raubthieren zu schützen, jeden Abend unter Dach und Fach
bringen muss.
Lange sann Schreiber dieses darüber nach, wie die erwähnten
Uebelstände beseitigt werden könnten. Es wurde die Taube, um sie
vor Verletzungen zu schützen, in einen Käfig gesteckt. Allein abgese-
hen davon, dass sie, dadurch immer etwas verdeckt, nun- den spähenden
Räubern nicht so leicht und weit mehr sichtbar blieb, war sie beim
Herannahen derselben immer noch der Todesangst ausgesetzt, und die
übrigen oben angedeuteten Uebelstände wurden denoch nicht gehoben.
Da wurden endlich Versuche mit ausgestopften Tauben gemacht.
Um die Täuschung vollständig zu machen, ward ein verhältnissmässig
langer und starker Draht spiralförmig gewunden, sein unteres abwärts
gebogenes Ende in ein in die Erde geschlagenes Pfählchen gesteckt,
auf das obere aufwärts gebogene spitzige aber die Taube gestellt. Beim
351
geringsten Luftzuge musste sich so die Taube nicht allein bewegen,
sondern bei verschiedenen Windstössen auch nach allen Richtungen
drehen. Und siehe da, dieser Versuch gelang so vollständig, dass die
Methode als praktisch einem Jeden empfohlen werden kann. Dabei sind
alle oben erwähnten Uebelstände gehoben. Mann kann so Wochen lang
den Stoss auf einer und derselben Stelle stehen- lassen, und ist dabei
des öfteren genauen Nachsehens an Ort und Stelle überhoben, zumal
wenn man ihn auf einem etwas hoch gelegenen, von Weitem leicht zu
übersehenden Punkte anzubringen im Stande ist.
Wie leicht sich die Raubvögel auf die angegebene Weise täuschen
lassen, geht wohl daraus zur Genüge hervor, dass einst sogar 2 Stück
auf einmal — Buteo vulgaris und Ast. palumbarius — gefangen wurden,
welcher letztere bei meinem Herannahen noch eifrigst mit Rupfen be-
schäftigt war. f
Ast. palumbarius, But. vulgaris und lagopus waren es namentlich,
welche auf diese Weise öfter sich täuschen liessen. Einmal sogar —
am 14. Febr, 1852 — fing ich ein sehr altes, an den Seiten ganz asch-
graues Männchen von F. peregrinus, der einzige Vogel dieser Art, der
mir seit 10 Jahren um meinen Wohnort vorgekommen ist.
Nicht umhin kann ich schliesslich, in Bezug auf letzgenannten Vo-
gel noch einige interessante Notizen mitzutheilen. Es war ein sehr
regnerischer nebeliger Tag, an welchem derselbe gefangen wurde. Da
aus diesem Grunde der Stoss vom Fenster aus nicht übersehen werden
konnte, so musste Abends an Ort und Stelle nachgesehen werden. Ein
Vogel hatte sich gefangen und dabei so verwickelt, durchnässt und be-
schmutzt, dass er bei der einbrechenden Dunkelheit der Art nach nicht
mehr zu erkennen war. Nachdem es endlich unter vieler Mühe gelun-
gen war, denselben von seinen Fesseln zu befreien, musste er, um ihn
vom Schmutze zu reinigen, förmlich abgewaschen werden. Diese Proce-
dur wirkte aber so nachtheilig auf den wahrscheinlich tüchtig ausgehun-
gerten und darum ermatteten Gefangenen, dass er nach Beendigung der-
selben für todt gehalten und darum auf den Ofen zum Trocknen gelegt
wurde. Zu meiner Freude jedoch hatte er sich die Nacht hindurch
wieder erholt, und als er nun mit einem Schwamme von Neuem ge-
waschen wurde, bemerkte ich, sobald ich mit demselben in die Nähe
des Schnabels kam, wie der Vogel begierig das Wasser aus demselben
sog. Nach einiger Zeit endlich fing er an, ihm dargereichtes Fleisch
zu verschlucken, und wurde nun in kurzer Zeit ganz ausserordentlich
352
zahm. Da ich ihn frei sitzen liess, so kam er jedes Mal auf mich zu-
gesprungen oder geflogen, sobald ich ihm einen Vogel zeigte, und flog
mir endlich auf die Achsel oder die Hand. Sehr gern liess er sich’s
gefallen, wenn»ich ihm beim Rupfen der Beute behilflich war, die er
mit einem seiner Fänge hielt. Wehe hat es mir gethan, ihn endlich
tödten zu müssen, da nicht genug Frass mehr für ihn aufzutreiben war.
Er ziert gegenwärtig meine Sammlung.
Kurzer Bericht über eine ormnithologische Excursion
am Jahdebusen, im Juni 1854.
Von
c. FE, Wiepken
Am 6. Juni reiste ich in Begleitung des Herrn Siemang, Bibliothe-
kar Sr. Kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Stephan, mit dem Dampfschiff
von Oldenburg ab; wir fuhren die Hunte hinunter und dann auf der
Weser bis Grossensiel, wo wir einen Wagen nahmen, der uns nach dem
Jahdebusen brachte. Unterwegs bemerkten wir an den Hunteufern die
dort gewöhnlich vorkommenden Vögel: Vanellus cristatus, Ardea cinerea,
Ciconia alba, Machetes pugnax, Limosa melanura, Totanus ochropus (des-
sen Nest aufzufinden mir bis jetzt nicht geglückt ist, obgleich er nicht
selten vorkommt) Calamoh. aquatica, Emberiza schoeniclus und von Ferne
hörten wir das eintönige Schnarren des Crex pratensis. Auf der Weser
angelangt, sahen wir zuerst Larus ridibundus, welche eine Meile von
Oldenburg auf einer grossen Lache im Moor ihren Hauptbrüteplatz hat,
und späterhin, aber sehr einzeln, Larus canus. Als wir in die Nähe der
Plate Harriensand (eine kleine Insel in der Weser) kamen, bemerk-
ten wir eine grosse Anzahl Limosa melanura, welche durch das Ge-
räusch des Dampfschiffs aufgescheucht, mit ihrem bekannten Geschrei
über ihren gewiss schon ausgeschlüpften Jungen herumkreisten. Diese
Erscheinung interessirte mich um so mehr, weil ich vor einigen Jahren,
als ich diese Plate besuchte, (es ist nämlich dieselbe, wo damals ‚ein
Seeadlerhorst mit Jungen gefunden sein sollte, der aber nichts weiter
war als ein Horst von F. rufus) von diesem Vogel nur einzelne Päär-
chen fand. Die Kiebitze hatten sich hier schon mit ihren erwachsenen
353
Jungen in grossen Flügen zusammen gefunden, während wir späterhin
am Jahdebusen noch kleine im Nestkleide sahen, in Folge der Wegnahme
der ersten Eier.
Im Binnenlande, auf der Tour vom Grossensiel nach dem Jahdebu-
sen, bemerkten wir dagegen äusserst wenig Vögel. Der Kiebitz hatte
meistens seinen Brutplatz verlassen und ausser einer Totanus calidris
sahen wir nur Alauda arvensis et cristata, Motacilla flava, Emberiza mi-
liaria, und diese sehr einzeln, wo hingegen ich sie früher sehr häufig
in dortiger Gegend antraf. Endlich gegen Abend erreichten wir die
Küste und quartirten uns in einem kleinen Wirthshause an der Eckwan-
der Hörne ein. Nachdem wir unsere Kisten und Koffer arrangirt, brachten
wir unsere Gewehre in Ordnung und gingen auf den Deich, wo mein
Begleiter von dem Anblick des Jahdebusens, es war gerade Hochwasser,
auf das Angenehmste überrascht wurde. Wir sahen einige Meerschwal-
ben und Anas nigra &, konnten jedoch keinen Schuss anbringen.
Am folgenden Morgen liessen wir uns auf die Oberahnschen Felder
bringen, 3 Inseln CHauptfeld, Hinterfeld und Holtwarden) die eine gute
_ halbe Meile vom Lande entfernt sind. Zuerst-besuchten wir das Haupt-
feld und fanden bald mehrere Nester von Meerschwalben, die, wie sich
später hin ergab, der Sterna macrura angehörten. Wir umstellten die
gefundenen Nester mit Schlingen, standen aber bald davon ab, weil die
Vögel dieselben mit dem Schnabel so um die Eier zu legen wussten,
dass sie sich ohne Gefahr darauf setzen konnten. Nachdem wir. die In-
sel nach allen Richtungen abgesucht und viele Nester von St. macrura,
einige von Totanus calidris, welche überhaupt nicht leicht zu finden, in-
dem sie gewöhnlich mit Gras überwachsen sind, und zwei von Haema-
topus ostralegus gefunden, begannen wir Jagd auf die Vögel zu machen.
Diese waren aber in Folge häufiger Beunruhigung (auf der einen Insel,
dem Hinterfeld, waren viele Arbeiter, die diese Eier wohlschmeckend
fanden) so scheu, dass wir stehend keinen Schuss mit Erfolg anbringen
konnten, wesshalb uns nichts übrig blieb, als dieselben kriechend zu
beschleichen. Auf diese Art wurden 10 Sterna macrura, 2 St. hirundo,
1 Tringa alpina,, 2 Charadrius cantianus und 1 Haematopus ostralegus 2
erlegt. Letzterer war äusserst scheu und nur durch 3 Päärchen ver-
treten, während St. macrura und Totanus calidris zu Hunderten sich
vorfanden, und Sterna hirundo, Tringa alpina, Charadrius cantianus nur
einzeln gesehen wurden. Ausser diesen, welche auf der Insel ihren
Brutplatz hatten, haben wir noch vorüberziehend erkannt Larus glaucus,
Naumannia. 1854. 23
354
juv., Larus argentatus, Larus canus, Anas querquedula und Numenius
arquata.
Auf Holtwarden, welches wir noch an demselben Tage besuchten,
fanden wir dieselben Vögel, nur war das Verhältniss hinsichtlich der
Meerschwalben ein anderes: denn während dort St. macrura fast aus-
schliesslich brütete, fanden wir hier nur Eier von St. hirundo, und als
wir einige Tage später auch hier schossen, haben wir unter 12 Exem-
plaren nur 1 St. macrura bekommen. ‘An Flug und Stimme kann das
geübte Auge beide sich sonst nahe stehende Vögel wohl unterscheiden.
Sehr interessant ist die verschiedene Färbung der Eier von derselben
Species; ja in demselben Neste habe ich einfarbig blassgrüne und dun-
kelolivenfarbene mit grossen schwarzbraunen Flecken überzogene Eier
gefunden. Die Eier der macrura ändern in Farbe und Grösse ebenso
ab, als die der St, hirundo, und da die Zeichnung der Eier dieser bei-
den Arten fast dieselbe ist, so hält es manchmal schwer, sie zu unter-
scheiden, zumal wenn die Form sich nähert. Sämmtliche Eier, die wir
in der Colonie der St. macrura fanden, waren etwas kleiner und mehr
rundlich, während die der hirundo mehr oval und fast von der Form
eines Hühnerei's waren; auch sind die Flecke durehgehend nicht so
gross, wie bei der vorigen.
Nachts kampirten wir in einer Hütte und am folgenden Morgen be-
gannen wir mit Sonnenaufgang unsere Streifzüge, fanden aber nichts
Neues, wesshalb wir am Nachmittage nach der Eckwarder-Hörne zurück-
kehrten.
Am 40. und 11. Juni präparirt.
Jun. 12. Excursion nach dem Stollhammer-Groden (unter Groden
wird das Land verstanden, was ausserhalb des Deichs liegt). Unterwegs
sahen wir einige Päärchen von Vanellus melanogaster aus dem Binnen-
lande kommend dem Wald zufliegen, und einzelne Numenius arquata und
Tot. calidris gingen, eifrig Gewürm suchend, dem ablaufenden Wasser
nach. Auf dem Groden angekommen sahen wir gleich ein Paar H. ostra-
legus, wovon das & erlegt wurde, und ausserdem war der Groden, der
beiläufig einige hundert Jück gross sein mag, mit Hunderten von Tringa
calidris bevölkert. Diess war zur Ebbezeit und als die Fluth kam än-
derte sich die Scene. Vor dem Wasser auf liefen vielerlei Vögel, von
denen nur die Möven generell zu erkennen waren. Wir ersahen bald
einen günstigen Platz und legten uns auf den spärlich mit Gras bewach-
senen Schlammboden hin. Je höher nun das Wasser auflief, desto näher
ii
355
kamen uns die Vögel. So hatte ich das Vergnügen, eine Schaar Limosa
rufa, es waren über 300, auf 80 bis 100 Schritt zu beobachten und
konnte ich deutlich alte und jüngere Vögel unterscheiden. Es glückte
jedoch nicht ein Exemplar davon zu erlegen, wir lagen nicht versteckt
genug; dagegen wurde ein Männchen im 2ten Sommerkleide von L. canus
erlegt. Nach und nach lief das Wasser so hoch auf, dass wir unsere
Stelle verlassen und einen höher gelegenen Punkt aufsuchen mussten.
Diess gelang uns und fanden wir das Terrain so günstig, dass wir uns
ziemlich gut im Grase verstecken konnten. Hier wurde Vanellus mela-
nogaster und Limosa Meyeri geschossen, allein ersterer ging uns wie
noch mancher andere Vogel verloren, weil er in’s Wasser fiel und fort-
schwamm. Gesehen wurde noch: Numenius arquata et phaeopus, Haemat.
ostralegus, Larus argentatus und aus dem Binnenlande kamen, was sie
zur Fluthzeit zu thun pflegen, die dort brütenden Enten, von denen ich
Anas boschas, A. acuta und A. celypeata erkannte.
Jun. 13. Excursion nach dem Tossenser-Groden. Heute war ein
Unglückstag für uns, denn ausser 3 Vögeln, die wir gleich Morgens
schossen, konnten wir den ganzen Tag nichts treffen. Sei es, dass wir
von der Hitze und dem weiten Marsch zu echauffirt oder unsere Flinten
zu schmutzig waren; kurz, wenn die Vögel sich auf unser Rohr gesetzt,
wir würden sie gefehlt haben. Gesehen: Charadrius cantianus, Vanellus
melanogaster, Strepsilas collaris, Numenius arquata, Larus marinus, ein
Zug Gänse, Anser albifrons, Anas nigra & und A. mollissima &. Strep-
silas eolläris schien noch nicht zu brüten und ob V. melanogaster überall
hier brütet, muss einstweilen dahingestellt bleiben; jedenfalls brüten
diese Vögel dann vor Mitte Juni nicht.
Am 14. Juni Exeursion nach Holtwarden. Bevor wir hinüberfuhren,
wurden die Flinten ausgewaschen, was gross nöthig war. Einige 30 Eier
von Sterna hirundo, Tr. calidris, H, ostralegus und Ch. cantianus wur-
den erbeutet und 21 Vögel erlegt, darunter ein schönes, ausgefärbtes
Männchen von L. canus. Vanellus melanogaster, Tr. pugnax, Lim. rufa
und L. argentatus waren so scheu, dass an einen erfolgreichen Schuss
nicht zu denken war. |
Juni 15. Tour nach Arngast. Morgens fuhren wir in einem kleinen
Kahn von der Hörne ab und mussten, weil der Wind ungünstig, ganz
nach Heggens hinüber, wesshalb erst um Mittag Arngast erreicht wurde.
Bevor wir landeten wurde Jagd auf Seehunde gemacht, deren wir einige
20 sahen und hatten wir auch das Glück, einen jungen zu erbeuten.
23 *
Arngast ist eine lange, schmale Insel, aus Kiessand bestehend und über-
haupt von solcher Lage und Beschaffenheit, dass sie, wenn die Thiere
dort Ruhe hätten, für Ornithologen ein wichtiger Ort werden könnte.
Vor 10 Jahren sollen-hier noch die grossen Möven, L. marinus, L. ar-
gentatus gebrütet haben, jetzt aber, da alle Woche Gesellschaften hin-
überfahren, um Eier zu suchen und Vögel zu schiessen, haben diese
die Insel als Brutplatz aufgegeben und die dort noch brütenden Vögel
sind so scheu, dass es nicht leicht ist einige zu bekommen. Diess ein-
sehend machte ich mir auf der äussersten Spitze in einer Vertiefung des
Bodens ein Versteck und konnte von hieraus zn beiden Seiten das Wad
übersehen, ohne von den Vögeln bemerkt zu werden. In diesem Hin-
terhalt erwartete ich die Fluth und hatte auch bald das Vergnügen, dass
sich 32 Exemplare Limosa Meyeri auf 40 bis 50 Schritt vor mich hin-
setzten, von denen ich, nachdem ich sie eine Zeitlang beobachtet, zwei
junge Weibchen erlegte. Es waren auch einige ausgefärbte Exemplare
darunter und obgleich eins derselben mit in der Schusslinie war, kam
es doch gut weg. Diese Limosa hat im Habitus uud Flug mehr Aehn-
lichkeit mit melanura als mit rufa, welche namentlich im Fluge viel ge-
drungener erscheint, so dass ich nicht glauben kann, dass L. Meyeri
eine schlechte Species ist. Zudem besitze ich ein junges Weibchen von
L. rufa, das ich vor mehreren Jahren in hiesiger Gegend schoss und
auch gleich als L. rufa erkannte, während ich die erste L. Meyeri, bevor
ich sie in Händen hatte (ich habe selbe früher noch nicht in natura
gesehen) für eine junge L. melanura hielt. Ich erlaube mir die Maasse
von folgenden drei Vögeln mitzutheilen:
Limosa rufa, altes Männchen.
Schnabellänge 2
Höhe des Laufs eg
Länge der Mittelzeh a. ac
Länge der Aussenzeh 1“
Länge der Hinterzeh
L. rufa, junges Weibchen.
Schnabellänge ZUFTYPU
Höhe des Laufs IHM
Länge der Mittelzeh BR gr!
Länge der Aussenzeh 1”
41a“! Länge der Hinterzeh
L. Meyeri, junges Weibchen.
Schnabellänge a
Höhe des Laufs 2"
Länge der Mittelzeh 1 Ay
4 1,0
Länge der Aussenzeh
"Länge der Hinterzeh
u Yu
zu ö
Alle drei Exemplare von L. Meyeri, die ich erlegt, sind junge
357
Weibchen, $ war im Uebergangskleid und 2 hatten noch das Winter-
kleid an und war der Eierstock so wenig entwickelt, dass sie in diesem
Sommer nicht zum Brüten gekommen sein würden.
Ausser diesen wurden noch erlegt: 3 Ch. cantianus, 4 Tr. alpina
und 2 St. hirundo, und gesehen Sterna nigra et minuta, Larus marinus,
argentatus et canus. Anas tadorna & setzte sich auf 12 Schritt vor
mich, so dass ich den fleischigen Auswuchs auf dem Schnabel erkennen
konnte und als ich mich mehrere Minuten über diese prachtvolle Ente
gefreut, wollte ich sie schiessen, was jedoch nicht gelang, da beide Röhre
versagten. Von 4 Uhr an hatte es schon geregnet und wurde es jetzt
so arg, dass wir die Jagd aufgeben und uns auf das Schiff zurückzie-
hen mussten. Den Abend und die Nacht, wo wir hätten gute Beute
machen können, regnete es ununterbrochen, wesshalb wir das Schiff
nicht verlassen und wenn ich hinzufüge, dass wir dort weder bequem
stehen, noch sitzen, noch liegen konnten, so ist es begreiflich, dass
unsere Lage nicht beneidenswerth war, und freuten wir uns nicht wenig,
als uns Morgens 2 Uhr die Heimfahrt angekündigt wurde. |
Am 47. Juni präparirt und am folgenden Tage traten wir unsere
Rückreise an.
Oldenburg, im Juli 1854.
€. FE, Wiepken.
Grundriss eines natürlichen Systems der Vögel.
Von
Dr Fr. Siaude.,
(Fortsetzung.)
A. Niedere Entwicklungsstufe:
(Vortypische Vögel, Erdvögel, Nestflüchter.)
1. Reihe: Wasservögel.
I. Ordnung: Urinatores — Unterwasserschwimmer.
Die Entwickelung der Wasservögel — und somit der Uranfang der
Vögel überhaupt — beginnt mit Geschöpfen, die sich zum Theil nie in
die Luft, kaum und selten bis auf das Land erheben, dagegen fast wie
Fische in und selbst unter dem Wasser leben, indem sie mit tief in
das Wasser gesenktem Leibe vollkommen schwimmen und als vollendete
358
Taucher in und unter dem Wasser, mit den Stummelflügeln ruüdernd,
ihre stets thierische Nahrung suchen. Diese Vögel, die erste Ordnung
der Wasservögel, sind daher Unterwasserschwimmer, Urinatores.
Die Ordnung der Unterwasserschwimmer ist zugleich wegen der
hier noch herrschenden Einförmigkeit nur eine geschlossene Zunft, die
der Hinterfüssler, Pygopodes, charakterisirt durch die kurzen, weit nach
hinten ausser alles Gleichgewicht des Körpers gestellten Füsse, an denen
3 Zehen durch Schwimmhäute verbunden sind, die kurzen, selbst stum-
meligen, zum Fluge nur unvollkommen tauglichen oder gänzlich untaug-
lichen Flügel und den kurzen Schwanz. Die Zunft hat 3 Familien, von
denen die erste, niederste, den Urtypus aller Vogelbildung darstellt.
Diese Familien sind: 1. F. Aptenodytidae, Pinguine; 2. F. Aleidae, Alken;
3. F. Colymbidae, Taucher. Die diesen Familien zugehörigen Gattungen
sind *): ee |
4. Aptenodytidae, Pinguine: 1) Aptenodytes: a) Spheniscus,
b) Eydyptes.
2. Alcidae, Alken: 1) Alca: a) Mormon, b) Phaleris; 2) Mer-
gulus, 3) Brachyrhamphus, 4) Uria.
3. Colymbidae, Taucher: 1) Podiceps, 2) Colymbus,
II. Ordnung: Mersores — Schwimmtaucher.
Die über der Ordnung der Urinatoren nächst höher stehende Ent-
wickelungsstufe der Schwimmvögel stellt uns Vögel dar, welche mit ho-
rizontal auf der Wasserfläche ruhendem Leibe leicht und gut schwimmen,
und im Schwimmen entweder noch vollständig tauchen oder gründeln.
Sie sind daher Schwimmtaucher, Mersores. Ihre Schwimmfüsse sind noch
ausser dem Gleichgewichte nach hinten gestellt, ihre Flügel aber schon
so weit ausgebildet, dass durchgehends ein Flugvermögen, wenn auch
immer noch mit einer gewissen Schwerfälligkeit, stattfindet. Sie ver-
lassen zeitweise das Wasser und suchen neben thierischer Nahrung auch
pflanzliche auf dem Lande; sie erheben sich daher vom reinen Wasser-
leben zum Landleben. Diese Ordnung bildet gleichfalls nur eine Zunft,
charakterisirt durch den mit Querlamellen versehenen Schnabel: die
*) Nach dem Zwecke dieses Grundrisses sind die im Folgenden aufgeführten
Gattungen kein vollständiges Verzeichniss sämmtlicher in der neueren Systematik
aufgestellten Gattungsnamen, sondern nur eine. mit Berücksichtigung der neueren
Nomenclatur getroffene Auswahl charakteristischer Gattungen, um in möglichster
Kürze auch einen in’s Einzelne gehenden Ueberblick des Systems zu geben. Fami-
lien und Gattungen sind mit Zahlen, Unterfamilien und Untergattungen mit Buch-
staben bezeichnet.
359
Blätterschnäbler: Lamellirostres. Diese Zunft, zugleich auch die grosse
Familie der Entenvögel, Anatidae, zerfällt in 3 Unterfamilien: Merginae,
Sägetaucher, Fuligulinae, Tauchenten, Anatinae, Schwimmenten.
1. Anatidae, Entenvögel:
a. Merginae, Säger: 1) Mergus: a) Mergellus, b) Merganetta.
b. Fuligulinae, Tauchenten: 1) Erismatura: a) Nesonetta, b) Bi-
ziura.
2) Fuligula: a) Nyroca, b) Branta, c) Clangula, d) Ha-
relda, e) Micropterus, f) Oedemia.
3) Somateria.
c. Anatinae, Schwimmenten: 1) Anas: a) Querquedula, b) Pte-
rocyanea, c) Spatula, d) Dafila, e) Mareca, f) Chaule-
lasmus, g) Dendrocygna, h) MAMBERUBDNNE, i) Cairina,
k) Casarca, 1) Tadorna.
2) Anser: a) Nettapus, b) Bernicla, c) Cereopsis, d) Ple-
ctropterus, e) Chenalopex, f) Cygnopsis.
3) Cygnus.
III. Ordnung: Devolantes —- Stosstaucher.
Die Reihe der Wasservögel bildet in ihrer Entwickelung als höchste
dritte Ordnung Vögel aus, welche vom Wasserleben zum Luftleben sich
erheben. ‚Die Füsse sind nunmehr dem Gleichgewichte des Körpers ge-
nähert oder selbst in’s Gleichgewicht gestellt; die langen, schmalen,
spitzigen Flügel so vollkommen ausgebildet, dass ein bedeutendes Flug-
vermögen stattfindet. Die Vögel dieser Ordnung stossen daher oft aus
beträchtlicher Höhe nach ihrer Beute und tauchen stossend, um ihre
‘Nahrung zu suchen; sie sind Stosstaucher, Devolantes, Während jede
der niederen Ordnungen wegen einer gewissen Einförmigkeit der Orga-
nisation nur eine Zunft bildet, zerfällt diese Ordnung wegen der mit
ihrer Vollkommenheit in Verbindung stehenden Mannigfaltigkeit der Or-
. ganisationsverhältnisse in zwei Zünfte:
4. Z. Longipennes, Langflügler: Vögel mit langen, spitzen Schwin-
gen, einem starken, seitlich zusammengedrückten, spitzen, mässig langen
Schnabel und Schwimmfüssen, denen oft der Hinterfinger fehlt;
2. Z. Steganopodes, Ruderfüssler: Vögel, deren 4Zehen mit Schwimm-
haut verbunden sind; Schnabel meist länger als Kopf, Rachen weit.
Die Langflügler bilden 2 Familien: Laridae, Möven und Procellaridae,
Sturmvögel, mit folgenden Unterfamilien und Gattungen:
360
1. Laridae, Möven:
a. Sterninae, Seeschwalben: 1) Sterna: a) Anous, b) Gygis,
c) Hydrochelidon.
2) Rhynchops, 3) Pha&thusa.
b. Lestrinae, Raubmöven: 1) Lestris.
c. Larinae, Möven: 1) Larus: a) Chroiocephalus, b) Pagophila,
c) Rissa.
2. Procellaridae, Sturmvögel: 1) Puffinus, 2) Procellaria: a) Halo-
droma, b) Thalassidroma, c) Prion.
3) Diomedea.
Die Zunft der Ruderfüssler, Steganopodes, bildet zugleich eine
grosse Familie mit folgenden Unterfamilien und Gattungen: |
1. Pelecanidae, Pelicane:
a. Sulinae, Tölpel: 1) Sula.
b. Phaöthoninae, Tropikvögel: 1) Phaöthon.
c. Ahinginae, Schlangenhalsvögel: 1) Plotus.
d. Pelecaninae, Pelicane: 1) Halieus, 2) Tachypetes, 3) Pelecanus.
2. Reihe: Sumpfvögel.
I. Ordnung: Versatores — Umläufer.
Die Sumpfvögel beginnen ihre Entwickelung mit kurzhalsigen Vö-
geln, die ihren Aufenthalt an den Ufern der Gewässer und an Sümpfen
aufgeschlagen haben, gut fliegen und laufen und, um ihre Nahrung zu
gewinnen, meist in Thätigkeit und Bewegung sind, indem sie am Rande
der Gewässer rastlos hin und her laufen, oder im Sumpfe herumwaden.
Sie bilden die Ordnung der Umläufer, Versatores, welche sich in 3 Hor-
den theilt: 1, Schwimmsumpfvögel, Subnatatores, 2. Uferläufer, Littora-
les, 3. Sumpfwader, Limicolae.
Die Schwimmsumpfvögel sind die Anfangsbildung, aus der sich die
Reihe der Sumpfvögel überhaupt entwickelt; sie leben noch am Rande
des Meeres, an dem sie nahrungsuchend geschickt auf und ab laufen,
sie schwimmen auch geschickt und können selbst noch tauchen, wess-
halb sie die Schwimmvögel unter den Sumpfvögeln wiederholen. Sie
bilden nach anatomischen Merkmalen die Zunft der Halbschwimmfüssler,
Semipalmatae, mit 3 Familien: 4. Austerfischer, Haematopodinae,
2. Strandreuter, Himantopodinae, 3. Reiherlinge, Ardeolinae.
Diesen Familien kommen folgende Gattungen zu:
1. Haematopodinae, Austerfischer: 1) Haematopus.
361
2. Himantopodinae, Strandreuter: 4) Himantopus, 2) Recurvirostra.
3. Ardeolinae, Reiherlinge: 1) Dromas.
Die Uferläufer haben meist 3 Zehen oder eine rudimentäre Hinter-
zehe an den Füssen und bilden, charakterisirt durch den um die läng-
lich ovalen Nasenlöcher verengten Schnabel mit verdickter Spitze die
Zunft der Engschnäbler, Pressirostres. Diese Vögel laufen gut, schwim-
men aber gar nicht mehr und leben nur an den Ufern süsser Gewässer.
Die Zunft umfasst die Familie der Regenpfeifer, Charadriidae :
a. Vanellinae, Kibitze: 1) Strepsilas, 2) Vanellus: a) Squatarola,
b) Lobivanellus, c) Hoplopterus.
b. Charadriinae, Regenpfeifer: 1) Calidris, 2) Tachydromus,
3) Charadrius: a) Aegialitis, b) Eudromias, c) Sar-
ciophorus.
c. Oedicneminae, Triele:: 1) Oedicnemus: a) Esacus, b) Burrhinus.
Die Sumpfwader zeichnen sich durch den weichen, biegsamen, dün-
nen, um die ritzenförmigen Nasenlöcher nicht verengten, die Kopflänge
übertreffenden Schabel aus; sie sind Weichschnäbler, Mollirostres, auch
Langschnäbler, Longirostres genannt.
Diese Zunft wird gebildet von der Familie der Schnepfen, Scolopacidae.
a. Phalaropodinae, Wassertreter: 1) Phalaropus, 2) Lobipes.
b. Scolopacinae, Schnepfen: 1) Scolopax: a) Philohela, b) Gallinago.
2) Rhynchaea, 3) Macrorhamphus. |
ce. Tringinae, Strandläufer: 1) Tringa: a) Limicola, b) Pelidna,
c) Machetes.
, 2) Totanus: a) Actitis, b) Actiturus, c) Catoptrophorus.
3) Limosa.
d. Ibidinae, Ibisse: 4) Numenius, 2) Ibis: a) Geronticus.
3) Tantalus.
I. Ordnung: Statores — Steher.
Die nächsthöhere Entwickelungsstufe der Sumpfvögel bilden lang-
halsige Vögel mit 4zehigen langen Beinen, welche im Wasser, meist
Süsswasser, schreitend waden, um ihrer Nahrung: Fischen, Amphibien,
Mollusken und kleinen Wasserthieren aufzulauern. Auf dieser Lauer
stehen sie meist in träger Ruhe, oftmals auf einem Beine; Geduld und
Harren, nicht Rührigkeit, bringt ihnen die Beute; sie sind Steher, Sta-
tores, auch Schreiter, Ingressores, genannt. Sie bilden eine Zunft, nach
dem grossen Schnabel, der sämmtlichen Gattungen auch bei verschiede-
ner Gestaltung eigen ist, Grossschnäbler, Magnirostres, genannt. Die
Zunft zerfällt in 2 Familien:
1. Ardeadae, Reiher:
a. Ardeinae, Reiher: 1) Cancroma, 2) Scopus, 3): Ardea:
a) Ardeola, b) Buphus, c) Botaurus, d) Nycticorax,
e) Tigrisoma, f) Ardea, g) Herodias, h) Egretta.
- b. Ciconiinae, Störche: 1) ‘Anastomus, 2) Ciconia: a) Spheno-
rhynchus, b) Leptoptilus.
3) Mycteria.
2. Hygrobatae, Wasserstelzen:
a. Plataleinae, Löffler: 1) Platalea. _
b. Phoenicopterinae, Flamingo’s: 1) Phoenicopterus.
III. Ordnung: Grallatores gallinacei — Hühnerwadvögel.
Ueber die Ordnung der Reiher erhebt sich, ihre höhere Stellung
auch durch ein verfeinertes geistiges Wesen bekundend, als höchste
Entwickelungsstufe der Sumpfvögel die Ordnung der Hühnerwadvögel,
Grallatores gallinacei. Sie haben einen harten, allmählig in der Richtung
der Stirn erweiterten Schnabel und bilden die Zunft der Hartschnäbler,
Durirostres. Die Zunft zerfällt in 2 Familien: 1. Macrodactyli, Lang-
zeher, welche nochmals die vorhergehenden Ordnungen wiederholen und
daher Vögel, die nicht nur an, sondern auch auf dem Wasser ‚leben,
gut schwimmen und selbst tauchen, in sich fassen; 2. Alectorides, Hüh-
nerstelzen, Vögel, welche durch Habitus und Lebensweise den Ueber-
gang zu den Laufvögeln bilden. Hierher gehören folgende Unterfamilien
und Gattungen:
1. Macrodactyli, Langzeher :
a. Heliorninae, Tauchrallen: 1) Heliornis, 2) Podoa.
b. Fulicarinae, Wasserhühner: 1) Fulica, 2) Gallinula, 3) Por-
phyrio.
c. Rallinae, Rallen: 1) Rallus, 2) Crex: a) Rallina, b) Porzana.
3) Parra: a) Hydrophasianus, b) Hydralector.
2. Alectorides, Hühnerstelzen :s
a. Palamedeinae, Wehrhühner: 4) Palamedea, 2) Chauna,
3) Dicholophus.
b. Psophiinae, Trompetervögel: 1) Psophia, 2) Aramus, 3) Eu-
rypyga.
ce. Gruinae, Kraniche: 1) Grus: a) Anthropoides, b) Balearica.
3. Reihe: Landvögel.
I. Ordnung: Vagatores — Schwärmer.
Die Reihe der Landvögel, in ihrer Entwickelung dem ausgesproche-
nen herrschenden Gesetze folgend, beginnt mit einer Ordnung, deren
Angehörige, nochmals an die Sumpfvögel erinnernd, nach ihrer Lebens-
weise, truppweise an den Gestaden des Meeres und an Gewässern zu
schwärmen, um ausgeworfene todte Thiere zu fressen, oder auf trocke-
nen Wiesen herumzufliegen, um Insekten zu fangen, Schwärmer, Vaga-
tores, sind. Diese Ordnung, zugleich nur eine Zunft der Scheiden-
schnäbler, Vaginirostres, enthält 2 kleine Familien:
1. Chioninae, Scheidenschnäbler, mit der Gattung Chionis und
2. Glareolinae, Waldschwalben, mit der Gattung Glareola.
I. Ordnung: Rasores — Scharrer.
Ueber die Ordnung der Schwärmer stellt sich die Ordnung der
ächten Hühner, welche nach ihrer allbekannten Lebensweise, nach Nah-
rung mit den Füssen zu scharren, Scharrer, Rasores, sind. Diese Ord-
nung umfasst die grosse Zunft der Muldenschnäbler, Fornieirostres. Die
Zunft besteht aus 5-Familien: 4. Crypturidae, Halbhühner, 2, Megapo-
didae, Fusshühner,, 3. Tetraonidae, Waldhühner, 4. Cracidae, Baumhüh-
ner, 5. Gallinidae, Hühner. Diese Familien theilen sich wieder in fol-
gende Unterfamilien und Gattungen:
f. Crypturidae, Halbhühner: 1) Tinamus: a) Pezus, b) Rhynchotus.
2) Hemipodius.
2. Megapodidae, Fusshühner: 1) Megapodius: a) Leipoa, b) Mesites,
c) Tallegalla. i
2) Pleiodus, 3) Megacephalon.
3. Tetraonidae, Waldhühner:
a. Pteroclinae, Sandhühner: 4) Pterocles, 2) Syrrhaptes.
b. Perdieinae, Repphühner: 4) Coturnix, 2) Cryptonix, 3) Per-
dix: a) Caccabis, b) Callipepla, c) Ortyx, d) Odonto-
phorus, e) Francolinus, f) Itaginis.
c. Tetraoninae, Waldhühner: 1) Tetrao: a) Bonasia, b) Lagopus.
4. Cracidae, Baumhühner:
a. Penclopinae, Jackuhühner: 1) Penelope, 2) Ortalida.
b. Cracinae, Höckerhühner: 1) Pauxi, 2) Crax.
5. Gallinidae. Hühner: %
a. Lophophorinae, Spiegelfasane: 1) Satyra, 2) Lophophorus:
a) Tetraogallus, b) Puerasia.
364
b. Phasianinae, Fasane: 1) Phasianus: a) Thaumalea.
2) Nycthemerus: a) Acomus, b) Euplocomus.
3) Gallus. R
c. Pavoninae, Pfaue: 4) Argus, 2) Polyplectron, 3) Pavo.
d. Numidinae, Perl- und Truthühner: 1) Numida, 2) Meleagris.
IN. Ordnung: Cursores — Laufvögel. |
Die höchste Entwickelung erreichen die Landvögel in der Ordnung
der Laufvögel, Cursores, charakterisirt durch die grossen, kräftigen Lauf-
beine und die mehr oder weniger zum Fluge unbrauchbaren, ja, selbst
ganz verkümmerten Flügel. Nach dem Flügelbau zerfällt die Ordnung
in 2 Zünfte: die Kurzflügler, Brevipinnes, welche die Flügel zwar zu
einem niederen Fluge über der Erde noch gebrauchen können, mit den-
selben aber auch im Laufe rudern; und die Weichflügler, Mollipinnes,
welche gar nicht mehr fliegen. Die Kurzflügler bilden die Familie der
Trappen, Otidae mit der Gattung:
4) Otis: a) Chlamydotis, b) Eupodotis.
Die Weichflügler bilden die Familie der Strausse, Struthionidae, mit
3 Unterfamilien: |
a. Apteryginae, Kiwis: 1) Apteryx.
b. Casuarinae, Casuare: 1) Dromaeus, 2) Casuaris.
c. Struthioninae, Strausse: 1) Rhea, 2) Struthio.
B. Höhere Entwicklungsstufe :
(Typische Vögel, Luftvögel, Nesthocker)
4. Reihe: Bodenvögel.
Die Bodenvögel entsprechen als niederste Entwicklungsreihe der
Nesthocker den Landvögeln unter den Nestflüchtern. Es sind daher bei
ihnen neben vollkommener Entwickelung der Flügel die Beine unter
allen typischen Vögeln am kräftigsten und so vollkommen ausgebildet,
dass sie zu einer geschickten, zum Aufsuchen der Nahrungstoffe geeig-
neten Gangbewegung dienen. Die Bodenvögel können daher zum Theil
noch ganz geschickt laufen und gehen, viele gehen und hopsen, andere
nur hopsen. In ihrer Lebensweise zeigen die Bodenvögel, ausser der
Art und Weise, wie sie ihre Nahrung suchen, auch darin im Allgemei-
nen etwas Uebereinstimmendes, dass sie gesellig oftmals in grossen
Schwärmen zusammenleben.
I. Ordnung: Indagatores — Spürer oder Stöberer,
Die Entwickelung der Bodenvögel beginnt mit Vögeln, welche mit
Rührigkeit und Emsigkeit den Boden hin und her durchsuchen, bisweilen
365
selbst Laub und Geniste durchstöbern, um ihre, theilweise vegetabilische
Nahrung, Beeren, vorzugsweise aber thierische Nahrung, Würmer und
laufende Insekten, welchen sie stets gehend nachjagen, aufzuspüren.
Sie sind daher Spürvögel, Indagatores. Die erste Zunft der Spürvögel
bilden die Kurzflügler, Brachyptilidae. Sie zeichnen sich unter allen
Nesthockern durch die verhältnissmässig kürzesten Flügel und höchsten
Beine aus. Die hierher gehörigen Vögel greifen in der Wiederholung
der vortypischen Vögel so weif zurück, dass sie in ihren einzelnen Fa-
milien die Rallen unter den Sumpfvögeln und ächte Hühnervögel ihren
Grundzügen nach vorstellen. Die betreffenden Familien und Gattungen
sind:
1. Troglodytidae, Schlüpfer:
a. Troglodytinae, Zaunschlüpfer: 1) Troglodytes: a) Thryothorus,
b) Salpinctes, c) Campylorhynchus, (d) Donacobius.
b. Timalinae, Drösslinge: 4) Pomatorhinus, 2) Crateropus:
a) Malacocercus, b) Cinclosoma.
3) Timalia: a) Garrulax, b) Kitta.
2. Myiotheridae, Ameisenjäger:
a. Cinclinae, Wasserschmätzer: 1) Cinelus, 2) Eupetes, 3) Eni-
curus.
b. Myiotherinae, Ameisenjäger: 1) Brachypteryx, 2) Pithys.
3) Conopophaga: a) Pyriglena, b) Myrmonax, c) Corythopis.
4) Myiothera: a) Ellipura, b) Formieivora, c) Dasycephala.
5) Pitta, 6) Grallaria.
c. Maenurinae, Leierschwänze: 1) Maenura.
Die zweite Zunft der Spürvögel sind die Gradkerbschnäbler, Recti-,
crenirostres. Sie haben einen seitlich zusammengedrückten, schmalen,
- seichtkerbigen Schnabel ohne übergreifende Hakenspitze; die zum Theil
noch hohen, kräftigen, bisweilen kaum bis zum .Fersengelenke befieder-
den Wandelfüsse sind an dem Laufe vorn getäfelt, seitlich gestiefelt,
bisweilen vollkommen gestiefelt; die nur mässig spitzen oder abgerun-
deten Flügel haben 10 Handschwingen. Sie sind unter den Spürvögeln
vorzugsweise die Beerenfresser. Hierher gehören folgende Familien,
Unterfamilien und Gattungen:
1. Turdidae, Drosseln:
a. Turdinae, Drosseln: 1) Turdus: a) Oreocincla, b) Geoeichla,
c) Petrocincla, d) Bessonornis, e) Copsychus, f) Orpheus,
g) Mimus, 2) Myiophoneus, 3) Grallina.
—
b. Pycnonotinae, Pelzrücken: 1) Pyenonotus: a) Brachypus.
2) Irene, 3) Criniger.
c. Oriolinae, Pirole: 1) Oriolus, 2) Sericulus, 3) Sphecotheres,
4) Ptilinorhynchus.
Die dritte Zunft der Spürvögel sind die Spitzkegelschnäbler, Turbi-
natirostres. Sie haben einen verlängert kegelförmigen, zugespitzten,
geraden, von der Wurzel allmählig abnehmenden Schnabel mit schief
nach unten gezogenem Mundwinkel; Gangbeine vorn getäfelt, seitlich
gestiefelt; Flügel mit 9 oder 40 Handschwingen. Sie sind unter den
Spürvögeln die Omnivoren mit folgenden Familien, Unterfamilien ete.:
1. Sturnidae, Staare:
a. Lamprotornithinae, Glanzvögel: 1) Lamprotornis, 2) Lam-
procolius.
b. Sturninae‘, Staare: 1) Sturnus, 2) Pastor: a) Acridotheres,
3) Buphaga.
c. Graculinae, Atzeln: 4) Gymnops, 2) Gracula.
2. Icteridae, Gilbvögel:
a. Agelaeinae, Hordenvögel: 4) Dolichonyx, 2) Agelaeus,
3) Molothrus, 4) Leistes, 5) Sturnella.
b. Quisqualinae, Schwarzvögel: 1) Scaphidurus, 2) Scolecopha-
gus, 3) Quisqualus.
c. Icterinae, Gilbvögel: 1) Xanthornus, 2) Iceterus, 3) Cassicus.
Il. Ordnung: Voratores — Fresser oder Ambulatores — Wandler.
Die zweite Ordnung der Bodenvögel sucht zwar noch vorzugsweise
ihre Nahrung auf dem Boden, zeigt aber schon in mehrfacher Beziehung
eine Annäherung zu den Baumvögeln. In Bezug auf ihre -Nahrung zeigt
diese, trotz der Mannigfaltigkeit ihrer Familienglieder durchaus engver-
wandte Ordnung das Uebereinstiimmende, dass ihre sämmtlichen Ange-
hörigen fast ohne Ausnahme alles Geniessbare, meist auch in grossen
Massen fressen: Früchte, Samen, Beeren, lebende Thiere und selbst
Aas. Sie sind daher, als ächte Omnivoren, Fresser, Voratores, und su-
ehen ihre Nahrung ebensowohl hopsend, wie gehend. Die erste Zunft
dieser Ordnung sind die Spitzschnäbler, Acurostres. Sie haben einen
kegelförmigen, kurzen, spitzen Schnabel, kleine runde unter Federn
versteckte Nasenlöcher mit einem erhöhten Hautrande umgeben, kräftige,
vorn getäfelte, seitlich gestiefelte Gangbeine, weiches, seidenartiges Ge-
fieder, kurze, abgerundete Flügel mit 40 Handschwingen. Sie bilden
die Familie der Meisen mit folgenden Unterfamilien und Gattungen:
367
4. Paridae, Meisen:
a. Parinae, Meisen: 1) Parus.
b. Aegithalinae, Sumpfmeisen: 1) Aegithalus, 2) Calamophilus.
Die zweite Zunft dieser Ordnung sind die Spaltkerbschnäbler, Fissi-
erenirostres. Sie haben einen niedergedrückten, am Grunde breiten,
bis an’s Auge gespaltenen Schnabel mit sanfter Biegung, die Beine sind
niedrig, die Läufe vorn getäfelt, hinten körnig gestreift, die Flügel oft-
mals sichelförmig. Die Zunft umfasst die Familie der Seidenvögel, Se-
ricatae, mit folgenden Unterfamilien und Gattungen:
a. Piprinae, Ziervögel: 1) Euphone, 2) Pardalotus, 3) Pipra,
4) Calyptomene, 5) Rupicola.
b. Ampelidae, Schmuckvögel: 1) Bombyeilla, 2) Ampelis: a) Xi-
pholena, b) Phoenicocercus.
c. Coracinae, Rabenzuser: 1) Procnias, 2) Gymnoderus, 3) Gym-
nocephalus, 4) Coracina, 5) Cephalopterus.
Die dritte Zunft, die sog. Messerschnäbler, Cultirostres, oder eigent-
lichen Raben (die Repräsentanten dieser Ordnung) haben einen starken,
geraden, messerförmigen, zusammengedrückten Schnabel mit schneiden-
den Rändern und geradlinigem Mundwinkel, die Nasenlöcher sind mit
vorwärts stehenden Borsten oder Sammtfedern bedeckt; die Wandelfüsse
sind vorn getäfelt, seitlich gestiefelt; die spitzen Flügel haben 10 Hand-
schwingen und‘bis 14 Armschwingen. Sie bilden 3 Familien:
4. Paradiseidae, Paradiesvögel, mit folgenden Unterfamilien und Gat-
tungen:
a. Epimachinae, Struppvögel: 4) Epimachus: a) Ptiloris,
| b) Astrapia. |
b. Paradiseinae, ‚Paradiesvögel: 1) Paradisea: a) Cieinnurus,
b) Parotia, c) Lophorina.
2. Corvidae, Raben, mit den Unterfamilien und Gattungen:
a. Glaucopinae, Lappenvögel: 1) Glaucopis, 2) Crypsirhina.
b. Fregilinae, Steinkrähen: 4) Pyrrhocorax, 2) Fregilus, 3) Cor-
corax, 4) Podoces.
c. Garrulinae, Häher: 4) Garrulus: a) Perisoreus, b) Cyanoco-
rax, c) Cyanocitta.
d. Corvinae, Krähen: .1) Pica,' 2) Nucifraga, a Corvus: a) Cor-
vultur.
3. Buceridae, Nashornvögel :
4) Buceros, 2) Bucorvus.,
368
II. Ordnung: Electores — Klauber.
Die dritte und höchste Ordnung der Bodenvögel umfasst kleine und
mittelgrosse Vögel von höchst friedlichem Charakter und geselliger Le-
bensweise, welche entweder nur gehend, oder nur hopsend ihre Nah-
rung, die aus Sämereien und Körnern besteht, aufsuchen, dieselbe wäh-
lerisch von der Erde aufpicken und entweder ganz schlucken und dann in
einem Kropfe erweichen, oder ausklauben. Sie sind Klauber, Electores.
Die Ordnung zerfällt in 2 Zünfte, die Dickschnäbler, Crassirostres,
mit dickem, kegelförmigem, an der Wurzel ringsum aufgetriebenem
Schnabel, und die Wulstschnäbler, Gibbirostres, mit einer Kuppe am
Vorderschnabel und bauchigen weichen Nasendecken. Die Dickkegel-
schnäbler zerfallen in folgende Familien, Unterfamilien und Gattungen :
1. Alaudidae, Lerchen:
a. Calandrellinae, Stummellerchen: 1) Phileremos, 2) Calandrella.
b. Alaudinae, Lerchen: 4) Alauda: a) Certhilauda, b) Galerida,
c) Geocoraphus, d) Melanocrypha.
2) Macronyx, 3) Pyrrhulauda.
2. Fringillidae, Finken:
a. Emberizinae, Ammern: 1) Emberiza: a) Euspiza, b) Plectro-
phanes, c) Fringillaria. ‚
b. Fringillinae, Finken:
«. Passerinellinne, Ammerfinken: 1) Zonotrichia: a) Pas-
serella, b) Passerculus, c) Spizella.
2) Ammodromus: a) Coturniculus, b) Haemophila,
c) Niphaea.
P. Fringillinae, Finken: 1) Passer: a) Petronia.
2) Fringilla: a) Montifringilla, b) Chloris, c) Canna-
bina, d) Linaria, e) Spinus, N) Carduelis,
g) Citrinella. 3) Coccothraustes.
y. Pitylinae, Ruderfinken: 1) Pitylus: a) Emberizoides,
b) Pipilo, c) Cardinalis, d) Spiza, e) Spermophila,
f) Coccoborus.
ö. Tanagrinae, Tangaren: 1) Tanagra: a) Nemosia, b) Ar-
remon, c) Saltator, d) Tachyphonus, e) Pyranga,
f) Rhamphocelus, g) Callospiza.
e. Pyrrhulinae, Gimpel: 1) Serinus, 2) Pyrrhula: a) ce
podacus, b) Uragus, 3) Phytotoma.
&. Loxiinae, Kreuzschnäbel: 1) Loxia, 2) Corythus.
&
369
Die Wulstschnäbler bilden eine grosse Familie der Tauben, Colum-
bidae, mit folgenden Unterfamilien und Gattungen:
a. Columbinae, Tauben: 1) Columba: a) Carpophaga, )) Eööve:
laimus; 2) Turtur: a) Ectopistes, b) Geopolia, c) Ma-
eropygia.
b. Treroninae, Holztauben: 4) Treron, 2) Ptilinopus.
c. Gourinae, Hühnertauben: 1) Chamaepelia: a) Columbina,
b) Zenaida; 2) Peristera: a) Chalcophaps, b) Ocyphaps,
c) Geophaps, d) Phaps; 3) Calloenas, 4) Goura.
5. Reihe: Baum- oder Klettervögel.
Die Baumvögel bilden die Uebergangsreihe zwischen den Boden-
und eigentlichen Luftvögeln. Ihr Flugvermögen ist mässig, ihre Füsse
- verkürzen sich gegen die Grösse der Füsse bei den Bodenvögeln merk-
lich, sind aber kräftig gebaut, weil sie derselben .zum Klettern an den
Bäumen bedürfen; auf dem Boden benehmen sie sich meist höchst unbe-
hülflich, ja, viele von ihnen kommen gar nicht mehr auf den Boden, so
dass ihnen die geschickte Gangbewegung abgeht. Sie zerfallen deutlich
in 3 Ordnungen: I. Die Forscher, Exploratores, welche an den Stämmen
der Bäume klettern, grübeln und 'klopfen, um inwohnende Insekten
auszukundschaften; sie sind Stammkletterer. II. Die Späher, Investigatores,
welche die aussen an den Bäumen befindlichen Insekten, mit Vorliebe Rau-
pen, ablesen, nie klopfen, neben Insekten aber auch junge Vögel anfallen;
einzelne Familien neigen zu den Omnivoren hin, indem sie auch Früchte und
junge Knospen fressen, Vorherrschend ist aber bei ihnen ein räuberisches
Naturell, wesshalb sie auch den Namen Raubkletterer erhalten haben.
III. Die Knacker, Enucleatores, Vögel, welche von Ast zu Ast kletternd,
wobei sie sich oftmals des Schnabels bedienen, vorzugsweise von Früchten
leben, die sie bisweilen mit den Füssen zum Schnabel führen, am meisten
aber Steinkerne geniessen, welche sie aufknacken, nachdem sie das Fleisch
der Früchte nur zerfetzt haben. Sie sind Astkletterer.
| I. Ordnung: Exploratores — Forscher.
Die Forscher theilen sich in 2 Unterordnungen: die Grübler, Rima-
tores, welche an dem Stamme der Bäume klettern, bisweilen pochen,
aber nicht hacken und spalteri, und desshalb auch nur die in den Ritzen
und unter dem Moose verborgenen Insekten und Larven mit dem Schna-
bel aus dem Verstecke hervorgrübeln und verzehren. Sie bilden die
Zunft der Dünnschnäbler, Tenuirostres, charakterisirt durch den langen,
dünnen, drehrunden oder stumpfeckigen, zugespitzten, biegsamen, mehr
Naumannia. 1854. 24
370
oder weniger gebogenen Schnabel. Sie haben weder Kletterfüsse noch
Schnellzunge, meist aber einen Kletterschwanz und eine scharfkrallige
Hinterzehe. Sie bilden folgende Familien, Unterfamilien und Gattungen:
1. Meliphagidae, Pinselvögel:
a. Phyllornithinae, Laubvögel: 1) Phyllornis, 2) Zosterops.
b. Myzomelinae, Pinselzüngler: 1) Ptilotis, 2) Myzomela: a) Gly-
ciphila. b) Acanthorhynchus; 3) Manorhina.
c. Meliphaginae, Honigsauger: 1) Meliphaga: a) Meliornis, b) Po-
gonornis, c) Prosthemadera; 2) Melithreptus, 3) Phile-
don: a) Anthochaera, b) Entomyza; 4) Tropidorhynchus.
2. Certhiidae, Baumläufer:
a. Dacnidinae, Pitpit's.
a. Genuinae: 4) Dacnis: a) Conirostrum, b) Coereba;
2) Diglossa, 3) Certhiola.
$. Dicaeinae: 1) Dicaeum, 2) Drepanis.
b. Mectariniinae, Honigvögel:
@. Genuinae: 1) Nectarinia, 2) Cinnyris, 3) Ptiloturus.
‘8. Arachnotherinae: 4) Anthreptus, 2) Hemignathus,
3) Arachnothera.
c. Certhiinae, Baumläufer :
«. Genuinae: 1) Certhia, 2) Tichodroma, 3) Climacteris.
ß. Sittinae, Spechtmeisen: 1) Sitta, 2) Sittella, 3) Orthonyx.
3. Anabatidae, Kletterdrosseln :
a. Anabatinae, Kletterdrosseln: 1) Synallaxis, a) Anumbius,
2) Xenops, 3) Anabates.
b. Furnariinae, Töpfervögel: 4) Opetiorhynchus: a) Furnarius,
b) Enicornis, c) Geositta, d) Cillurus, e) Lochmias.
c. Dendrocolaptinae, Baumhacker: 4) Dendrocolaptes: a) Sele-
rurus, b) Sittasomus, c) Picolaptes, d) Glyporhynchus,
e) Dendroplex, f) Xiphorhynchus.
4. Upupidae, Wiedehopfe : 4) Promerops, 2) Irrisor, 3) Upupa, 4) Neo-
morpha.
Die zweite Unterordnung der Forscher sind die Pocher, Pulsatores,
Vögel mit vollkommenen Kletterfüssen, einem .starken keilförmigen Schna-
bel und einer Schnellzunge. Sie klettern an den Stämmen der Bäume
hinauf, durchforschen klopfend dieselben nach inwohnenden Insekten,
hacken mit dem Schnabel’ die Rinde auf und spalten sie vom Holze ab,
um dann mit der Schnellzunge die Insekten und Larven aus dem Ver-
1
371
stecke hervorzuholen. Sie bilden die Zunft der Keilschnäbler, Cunei-
rostres, mit der Familie der Spechte, Picidae, deren Unterfamilien und
Gattungen sind:
a. Jynxinae, Wendehälse : 1) Jynx, 2) Picumnus.
b. Gecinae, Ackerspechte: 4) Picoides, 2) Gecinus: a) Chryso-
ptilus, b) Campethera, c) Hemilophus, d) Celeus, e) Bra-
chypternus.
‚e. Colaptinae, Hackspechte: 1) Colaptes: a) Genturus, b) Mei-
glyptes, c) Melanerpes, d) Chloronerpes, e) Leuconerpes.
d. Picinae, Spechte: 1) Picus: a) Hemicercus, b) Dendrobates,
c) Dryocopus, d) Campephilus.
II. Ordnung: Investigatores — Späher.
Die Ordnung der Späher zerfällt in- 3 Zünfte: 1. Die Bausschnäbler,
Buceirostres, Vögel mit sehr kurzen, oft bis an die Zehen befiederten
Kletterfüssen, und einem breiten, bausig aufgetriebenen Schnabel, an
dessen Wurzel 5 Bündel steifer nach vorn gerichteter Borstenfedern re-
gelmässig gruppirt stehen, Bartvögel; 2. Die Bogenschnäbler, Arcirostres,
Vögel mit kurzen Kletterfüssen mit Wendezehe, einem glatten bogen-
förmigen Schnabel ohne Borstenfedern am Grunde, Kukuke; 3) Die
Leichtschnäbler, Levirostres, Vögel mit vollkommenen Kletterfüssen und
ungeheuer grossem, leichtem, inwendig aus Zellen bestehendem Schna-
bel, der am Rande gezahnt ist, Pfefferfrasse. Diese Zünfte zerfallen in
folgende Familien, Unterfamilien und Gattungen:
Die Bausschnäbler :
1. Bücconiane, Bartvögel: 1) Bucco, 2) Monasa: a) Chelidoptera;
i 3) Capito, 4) Pogonias.
2. Trogonidae, Seidenkukuke: 1) Trogon, 2) Calurus.
Die Bogenschnäbler:
1. Cuculidae, Kukuke:
a. Cuculinae, Singkukuke: 1) Cheuliss a) Chalcites, b) Eudyna-
mis, ec) Oxylophus; 2) Indicator.
b. Coccyginae, Spornkukuke: 1) Coceygus, 2) Rhinortha, 3) Cen-
tropus.
ce. Crotophaginae, Madenhacker: 1) ,.Geococcyx, 2) Saurothera:
a) Zanclöstomus; 3) Phoenicophaeus, 4) Crotophaga,
5) Sceythrops.
Die Leichtschnäbler:
4. Rhamphastidae, Pfefferfrasse: 1) Pteroglossus, 2) Rhamphastos.
24*
372
II. Ordnung: Enucleatores — Knacker.
Die Ordnung der Knacker besteht aus 2 Zünften: 1. Z. Kurzschnäb-
ler, Brevirostres, Vögel mit kurzem, starkem, von der Wurzel an ge-
krümmtem Schnabel und Füssen mit Wendezehe, so dass bei den einen
Kletterfüsse, bei den andern Klammerfüsse gebildet werden können,
Amphibolae, Pisangfresser ; 2. Z. Kugelschnäbler, Globirostres, Vögel mit
vollkommenen Kletterfüssen, geschlossenen Augenhöhlen und einem ku-
geligen Schnabel, gebildet aus einem aufgetriebenen gewölbten, mit einer
Wachshaut versehenen krummen Oberschnabel und einem wölbig auf-
steigenden, ausgekehlten, kurzen, abgestutzten Unterkiefer, Papageien.
Die betreffenden Familien, Unterfamilien und Gattungen sind:
Kurzschnäbler:
1. Coliidae, Mausvögel: 4) Colius.
2. Musophagidae, Pisangfresser: 1) Corythaix, 2) Musophaga, 3) Chi-
zaerhis. s
3. Opisthocomidae, Schopfhühner: 1) Opisthocomus.
Kugelschnäbler :
1. Psittacidae, Papageie:
a. Palaeorninae, Perüsche: 4) Pezoporus, 2) Nymphicus, 3) Pa-
laeornis: a) Platycercus, b) Trichoglossus.
b. Arasinae, Araras: 1) Conurus, 2) Macrocercus.
. ec. Psittacinae, Papageie: 1) Lorius, 2) Psittacula, 3) Psittacus.
d. Cacatuinae, Cacatus:. 1) Cacatua: a) Microglossum, b) Phly-
ctolophus, c) Nestor, d) Calyptorhynchus; 2) Strigops.
6. Reihe: Luft- oder Flugvögel.
Die Luftvögel iragen den Typus der Vogelorganisation im vollkom-
mensten Grade ausgebildet an sich; es sind bei ihnen die Flügel und
das ganze Brustsystem mächtig entwickelt, während die Füsse mehr und
mehr in ihrer Entwickelung schwinden: bei einigen Familien sind sie
äusserst zart und klein, zur Ortsbewegung gänzlich unbrauchbar, bei
andern Familien befähigen sie noch zur geschickten Gangbewegung, sind
aber zart gebaut und dienen nicht wesentlich zur Erlangung der Nah-
rung; bei den höchsten Familien sind sie zwar kräftig gebaut, aber nur
zum Fassen der Beute, die im Fluge ergriffen wird, brauchbar. Diese
Verschiedenheit der Fussentwickelung bei den Luftvögeln, welche ihre
Nahrung stets im Fluge erhaschen, beruht auf dem durchgreifenden Ge-
setze der Wiederholung, nach welchem in der höchsten Entwickelungs-
373
reihe die Typen der niederen Entwicklungsreihen wieder aufgenommen
werden müssen. _
Die Luftvögel theilen sich in 3 Ordnungen: I. Schwebvögel, Libra-
tores, Wiederholung der Baumvögel; II. Schnapper, Captatores, Wieder-
holung der Bodenvögel; II. Räuber, Raptatores, vollendetste Form der
Luftvögel. | |
{ I. Ordnung: Libratores — Schwebvögel.
Die Schwebvögel sind die kleinsten unter allen Vögeln, oder nur
mittelgrosse Vögel, welche nach ihrer Nahrung umherfliegen und dem
ersehnten Fang nachstellen, indem sie gemeiniglich an einem Orte, wo
sie einer Beute habhaft werden zu können wähnen, ihren Flug durch
ein schwebendes Flattern, sogenanntes Rütteln, unterbrechen. Sie er-
schnappen ihre Beute mit dem Schnabel. Man kann sie Rüttler nennen.
Sie haben einen, die Kopflänge meist, ja oft sehr bedeutend übertref-
fenden Schnabel ohne Hakenspitze, sehr lange, spitze oder mittelgrosse
und dann mehr zugerundete Flügel und ausnahmlos sehr kurze, schwache
Schreit- oder Spaltfüsse.
Die Ordnung bildet 2 Zünfte: 1. die Röhrenschnäbler, Tubulirostres,
mit langem, dünnem Schnabel, dessen Oberkiefer den Unterkiefer schei-
denartig umfasst, so dass dieser eine Röhre bildet, die Zunge ist eine
Schnellzunge; 2. die Kantenschnäbler, Angulirostres, mit einem langen
3- oder 4kantigen Schnabel und kleinen schwachen Schreitfüssen. Die
hierher gehörigen Familien, Unterfamilien und Gattungen sind:
1. Trochilidae, Colibri’s: 1) Trochilus, Linnde’s einzige Gattung, die
Cuvier nur in die 3 Untergattungen: a) Phaetornis, b) Lam-
prornis, c) Orthorhynchus theilte, wurde von neueren Orni-
...thologen bis zu 64 Untergattungen zerfällt.
2. Meropidae, Immenvögel:
a. Galbulinae, Glanzvögel: 1) Galbula, 2) Jacamaralcyon, 3) Ja-
camerops.
b. Meropinae, Bienenfresser: 1) Merops, 2) Nyctiornis.
3, Alcedinidae, Eisvögel: 1) Ceyx, 2) Alcedo: a) Halcyon, b) Ceryle,
c) Dacelo, d) Tanysiptera, e) Syma.
I. Ordnung: Captatores — Schnapper.
Die Schnapper erhaschen ihre Beute im Stosse durch plötzlichen
Zuflug mit dem Schnabel, ohne dieselbe förmlich zu verfolgen; sie ha-
ben mässig lange Flügel und einen nicht lange ausdauernden flatternden
Flug, stoss- und schübweise. Sie sind Flatterer. Sie bilden nach den
374
Einzelsitten, wie sie ihrer Beute auflauern, 2 Unterordnungen: 1. die
Trippler, Trepidatores, kleine, muntere, angenehme Vögel, welche zwi-
schen Hecken und auf freier Erde in stets unruhiger Bewegung, den
Blick oft sehnsüchtig in die Luft gerichtet, hin und her trippeln und im
schnellen Auffluge Insekten wegschnappen,, bisweilen aber auch nur
Würmer auflesen; 2. die Laurer, Insidiatores, kleine oder nur mittel-
grosse, aber gewandte, muthige, selbst grimmig boshafte Vögel, welche
im. Hinterhalte meist auf niederen Zweigen sitzend, vorüherziehenden
Insekten oder auch kleinen Wirbelthieren auflauern, die sie durch plötz-
liches Zustossen im Fluge mit dem Schnabel fangen.
Die Trippler haben einen mässigen, geraden, pfriemenförmigen
Schnabel mit seichter Kerbe und schwacher Hakenspitze des Oberkiefers;.
Bartborsten schwach, Füsse zart, mittelgross, Läufe vorn getäfelt, seit-
lich gestiefelt, Flügel mittellang, Handschwingen 9 oder 10, die erste .
kurz; einen Singmuskelapparat. Sie sind die Zunft der Pfriemenschnäb-
ler, Subulirostres, vorzugsweise Sänger genannt, und bilden 2 Familien,
1. Sylviadae. Sänger, 2. Motacillidae, Bachstelzen, mit pigenden Unter-
familien und Gattungen :
1. Sylviadae, Sänger :
a. Regulinae, Goldhähnchen: 1) Regulus, 2) Culicivora, 3) Hy-
lophilus.
b. Sylviinae, Sänger: 1) Sylvia, 2) Ficedula, 3) Calamoherpe :
a) Hypolais, b) Aedon, c) 'Thamnobia.
e. Luseiniinae, Nachtigallen: 1) Luscinia, 2) Rubecula, 3) Cya-
necula, 4) Ruticilla.
d. Malurinae, Staffelschwänze: 1) Malurus: a) Stipiturus, b) Pri-
nia, c) Drymoica, d) ua, e) Orthotomus, f) SPAR:
nura, g) Megalurus.
e. Saxicolinae, Steinschmätzer: 1) BR 2) Sialia, 3) Pra-
tincola. i
2. Motacillidae, Bachstelzen:
a. Sylvicolinae, Waldsänger:. 1) Sylvicola.
b. Anthinae, Piper: 1) Anthus.
c. Motacillinae, Bachstelzen: 4) Motacilla: a) Budytes.
Die Laurer bilden 2 Zünfte: 1. die Zahnschnäbler, Dentirostres, mit _
einem mässig starken Schnabel mit Hakenspitze des Oberkiefers und
einer Kerbe mit vorspringender Ecke, Zahn, des Oberkieferrandes an
der Spitze, am Schnabelgrunde starke Borsten; Flügel mässig spitz, 10
375
Handschwingen; Füsse mittelgross, Läufe vorn getäfelt, seitlich gestiefelt,
bei einigen Familien hinten körnig gestreift; 2. die Weitschnäbler, La-
tirostres, mit einem weiten breitrachigen Schnabel mit einer bisweilen
schief nach hinten und unten gerichteten oftmals Sförmigen Spalte; die
spitzen Flügel haben 9 oder 10 Handschwingen; die kurzen kräftigen
Füsse sind Spalt- oder Schreitfüsse, der Lauf ist vorn getäfelt, seitlich
„und hinten durch grobes Netzwerk gegittert.
Die Zahnschnäbler zerfallen in 2 Familien, je nachdem der Schna-
bel flach und niedergedrückt ist mit kielförmiger Firste, oder gewölbt
und am Grunde zusammengedrückt. Doch finden hier fast unmerkliche
Uebergänge statt. Die erste Familie ist die der Fliegenschnäpper, Mus-
cicapidae, die zweite Familie die der Würger, Laniidae, mit folgenden
Unterfamilien und Gattungen:
1. Muscicapidae, Fliegenschnäpper: R
a. Museicapinae, Tliegenfänger: 4) Museicapa: a) Setophaga,
b) Rhipidura, c) Seisura; 2) Muscipeta, 3) Drymophila.
b. Campephaginae, Raupenschnäpper: 1) Pericrocotus, 2) Cam-
pephaga, 3) Lalage, 4) Graucalus, 5) Lipaugus.
© e, Dierourinae, Drongo’s:. 4) Phibalura, 2) Dicrourus, 3) Ocyp-
terus. SR
"d. Fluvicolinae, Flussschnäpper: 1) Fluvicola, 2) Arundicola,
3) Copurus.
. Tyranninae, -Vogelschnäpper: 4) Tyrannus: a) Myonectes,
b) Elaenea, c) Cyelorhynchus, d) Muscivora, e) Myiar-
chus, f) Milvulus; 2) Saurophagus, 3) Scaphorhynchus.
f. Psarinae, Würgerschnäpper: 4) Psaris: a) Pachyrhamphus,
b) Bathmidurus.
2. Laniidae, Würger:
a. Laniinae, Würger:
&. Vireoninae : 4) Vireo: a) Phyllomanes, b) Icteria.
8. Pachycephalinae: 41) Pachycephala, 2) Falcunculus,
3) Cyelorhis.
y. Laniinae genuinae: 4) Lanius: a) Laniellus, b) Basa-
nistes;. 2) Malaconotus: a) Tephrodornis, b) Prionops,
c) Dryoscopus, d) Telephonus.
b. Batarinae, Krähenwürger: 1) Thamnophilus: a) Thamnomanes,
b) Batara; 2) Vanga, 3) Lophocitta, 4) ‚Cracticus,
5) Gymnorhina, 6) Strepera.
(se)
n
376
Die Weitschnäbler umfassen die Familie der Racken, Coraciadae,
mit folgenden Unterfamilien und Gattungen; r
a. Todinae, Plattschnäbler: 4) Todus, 2) Platyrhynchus.
b. Eurylaeminae, Kellenschnäbler: 1) Eurylaemus: a) Corydon,
b) Cymbirhynchus.
c. Coracinae, Racken: 1) Coracias, 2) Euryslormues
d. Prionitinae, Momot’s: 4) Prionites: a) Crypticus.
II. Ordnung: Raptatores — Räuber.
Die Ordnung der Räuber, durch die mächtige Entwickelung ihres
Flugsystems, wie durch die Energie ihres Charakters, berufen an der
Spitze der Vögel zu stehen, wird gebildet von Vögeln, welche rastlos
auf den Flügeln im schwimmenden Fluge ihrer Beute mit Heftigkeit nach-
jagen, die fliehende förmlich verfolgend, oder mit weiten langsamen Flü-
gelschlägen hoch in der Luft kreisend auf die erspähete Beute mit reissen-
der Schnelligkeit ‚herabstossen. Sie sind Luftsegler. Die Ordnung zer-
fällt in 2 Zünfte: 1. die Sperrschnäbler, Hiantirostres, mit kurzem, wei-
tem, breitem, krummen, flachem Schnabel, kurzen Füssen, langen spitzen
Flügeln mit 9 Handschwingen. Sie jagen nach ‘Beute. 2. Die Haken-
schnäbler, Aduneirostres, mit kurzem, starkem, gewölbtem, hakig über-
greifendem, an der Wurzel mit Wachshaut versehenem Schnabel; kräfti-
gen spitzen Flügeln mit 10 Handschwingen und 12—18—27 Armschwin-
gen; starken, kurzen, oft bis zur Ferse befiederten Spalt- oder Sitz-
füssen, die unten rauchwarzig und mit spitzen, krummen, scharfen Krallen
bewaffnet sind. Sie stossen vorzugsweise auf ihre Beute. Die betref-
fenden Familien, Unterfamilien und Gattungen sind:
Sperrschnäbler:
1. Hirundinidae, Schwalben:
a. Hirundininae, Schwalben: 1) Hirundo: a) Progne, b) Atlicora,
c) Chelidon, d) Cotyle.
b. Cypselinae, Segler: 1) Cypselus, 2) Chaetura.
2. Caprimulgidae, Ziegenmelker:
a. Caprimulginae, Ziegenmelker: 4) Caprimulgus, 2) Nyctibius.
b. Podarginae, Tagschläfer:: 1) Steatornis, 2) Podargus.
Hackenschnäbler:
1. Strigidae, Eulen.
a. Striginae, Eulen: 1) Athene: a) Glaucidium; 2) Surnia,
3) Nyctea, 4) Strix.
b. Ululinae, Baumeulen: 1) Nyctale, 2) oh
377
€. Buboninae, Okreulen: 1) Scops, 2) Ketupa, 3) Bubo, 4) Otus.
2: Falconidae, Falken:
a. Cireinae, Weihen: 1) Circus: a) Strigiceps.
- b. Milvinae, Gabelweihen: 1) Milvus: a) Elanus, b) Nauclerus,
c) Ictinea.
. Buteonina, Bussarde: 1) Buteo, 2) Archibuteo.
. Perninae, Wespenfalken : 1) Pernis.
. Asturinae, Habichte: 1) Astur, 2) Nisus, 3) Asturina.
Falconinae, Falken: 1) Falco: a) Hierax, b) Harpagus, c) Tin-
nunculus, d) Hypotriorchis.
3. Aquilidae, Adler:
a. Harpyininae, Harpyen: 1) Gypogeranus, 2) Morphnus : a) Spi-
zaetos, b) Hypomorphnus.
b. Polyborinae, Geieradler: 1) Cymindis: a) Rosthramus, b) Re-
gerhinus; 2) Theratopius, 3) Polyborus: a) Ibycter,
b) Daptrius, c) Milvago.
c. Aquilinae, Adler: 1) Pandion, 2) Circaötos, 3) Haliaetos:
a) Haliastur, b) Pontoaetos; 4) Aquila.
4. Vulturidae, Geier:
a. Gypaötinae, Geieradler: 1) Gypaötos.
b. Perenopterinae, Aasgeier: 1) Neophron, 2) Cathartes.
c. Vulturinae, Aechte Geier: 1) Vultur, 2) Gyparchus, 3) Sar-
corhamphus.
m © ©
II. Entwickelung- und Verwandtschaftsverhältnisse in der
Klasse der Vögel nach dem natürlichen System,
Ein natürliches System hat den Entwickelungsgang, der in der Na-
tur herrscht, zur Anschauung zu bringen. Alle Entwickelung in der
Natur beginnt mit dem Einfacheren, Niedereren, Unvollkommneren, und
steigt zu dem Zusammengesetzteren, Höheren, Vollkommneren empor.
Diese aufsteigende Entwickelung ist keine ununterbrochene Reihenent-
wickelung, in welcher, wie man wohl schon angenommen hat, gleich
den Sprossen einer Leiter oder den Gliedern einer Kette, sich jede
höhere Stufe regelmässig über die nächstniedere stellt, sondern ein oft-
mals unterbrochener, in Absätzen sich erhebender Stufengang, bei wel-
chem die niederen Formen der höheren Stufe unter die höchsten Formen
der nächst niederen Stufe zurückgreifen.
- 378
Das natürliche System hat daher vor Allem nachzuweisen, dass die
einzelnen Ordnungen einer Klasse in der angedeuteten Reihenfolge sich
über einander erheben, indem Glieder der höheren Ordnung immer ent-
sprechende der niederen Ordnung wieder aufnehmen, und dass in den
einzelnen Ordnungen sich ebenso Gattungen, Familien und Zünfte nach
diesem Entwickelungsverhältnisse aneinander schliessen, oder stufenweise
übereinander anordnen.
Die höchst organisirte Familie einer Ordnung, und diess gilt auch
von der Ordnung in Bezug auf eine Entwickelungsreihe, wird die Idee,
welche dieser Klassifikationsstufe zukommt, am vollkommensten ausge-
prägt haben und in sich alle niederen Formen zur Einheit abschliessen,
so dass die niederen Familien und Gattungen einer Ordnung als Vorbil-
dungen oder einseitige Hemmungsbildungen in dem Entwickelungsgange
der Natur erscheinen. Indem wir die wesentliche Form, welche für je
eine Entwickelungsstufe charakteristisch ist, bestimmen, finden wir den
Typus, welcher einer Ordnung zukommt. Dieser ist der Grundtypus,
neben welchem noch zwei Uebergangstypen auftreten, je nachdem dem-
selben noch eine Wiederholungsbildung einer niedereren Entwickelungs-
stufe beigemischt ist, oder derselbe bereits schon die PORN
einer höheren Entwickelungsstufe in sich schliesst.
Auf diesem Verhältnisse beruht die Reihenverwandtschaft, welche
zwischen den einzelnen Ordnungen einer Entwicklungsreihe, wie unter
den einzelnen Familien und Gattungen einer Ordnung herrscht. Könnten
wir, wie es die Umwandlungstheorie, die besonders unter den Englän-
dern Anhänger hat, erheischt, nachweisen, wie nach und nach aus dem
einen Vogel ein anderer geworden ist, z. B. aus der Drossel der Staar
und der Rabe, so hätten wir die Reihenverwandtschaft am sichersten
festgestellt, Da diess unmöglich ist und die gemachten Versuche nur
zu den naturwissenschaftlichen Phantasiestücken zu zählen sind, so müs-
sen wir uns darauf beschränken, nachzuweisen, wie die einer Entwicke-
lungsreihe zu Grunde liegende Idee nach und nach sich ausbildet und
in bestimmten Formen’ realisirt. Danach ist Reihenverwandtschaft die
zwischen Gattungen, Familien und Ordnungen einer Entwickelungsreihe
herrschende Aehnlichkeit, welche auf übereinstimmender Um- und Aus-
bildung bestimmter, für die Lebensweise typischer Organisationsverhält-
nisse beruht.
Nächst der Reihenverwandtschaft ist die Seitenverwandtschaft von
höchstem Interesse. Strebt die Natur auch einem Endziele zu; so be-
“x
ee u TE a
379
ginnt sie doch nicht von einem Ausgangspunkte allein; ‘das grosse
Schöpfungswerk wird von entgegengesetzten Punkten aus begonnen: die
Natur ‚schafft in Gegensätzen.
Wir haben 6 Entwickelungsreihen der Vögel aufgestellt, von denen
je zwei, die der Wasser- und Landvögel, und die der Boden- und Luft-
' vögel, als Gegensätze auftreten, wie Wasser und Land, Boden und freier
Baum der Luft als Gegensätze erscheinen. Vergleichen wir die einzel-
nen Ordnungen dieser Entwickelungsreihen mit einander, so ergibt sich,
dass die höchsten Ordnungen dieser Reihen, nach der Lebensweise, wie
nach den charakteristischen Organisationsverhältnissen ihrer Angehörigen,
vollständige Gegensätze bilden, während die niederern Ordnungen und
Familien noch eine Aehnlichkeit der Organisation bieten. Es stimmt diess
mit dem allgemeinen Naturgesetze zusammen, dass bei jeder Entwicke-
lung verschiedener Organismen die Entwickelungsstufen unter sich um
so ähnlicher sind, je näher sie dem Urzustande, dem Embryonalzustande,
stehen (da alle Eier im Wesentlichen einander gleich sind) und dass
die durch die erstrebien Gegensätze sich gestaltende Unähnlichkeit und
charakteristische Verschiedenheit erst in den höchsten Entwickelungs-
stufen vollkommen sich herausstellt. Beginnende Entwickelung bedingt
daher Aehnlichkeit, vollendete Entwickelung Unähnlichkeit oder gegen-
sätzliche Verschiedenheit. Aus dieser Aehnlichkeit der Bildung, welche
Gattungen, Familien und Ordnungen verschiedener Entwickelungsreihen
in ihren Anfangsbildungen und selbst noch bei einer gewissen Höhe ihrer
Entwickelung unter einander zeigen, entspringt die Seitenverwandtschaft.
In der Reihen- wie in der Seitenverwandtschaft kommt nach den genug-
sam erörterten Gesetzen die sog. Wiederholungsverwandtschaft vor,
welche auf der ‘Wiederaufnahme des Typus einer niederern Ordnung bei
der Entwickelung der höheren Ordnung beruht. Zwischen den Gegen-
sätzen findet, wie bei jeder organischen Entwickelung, auch eine Aus-
‚gleichung statt: es ist diess die zwischen entgegengesetzten Typen sich
ausbildende Vereinigungsform.
'Gehen wir nun zu den speziellen Entwickelungs- und Verwandt-
schaftsverhältnissen der Vögel über. Die vortypischen nestflüchtenden
Vögel müssen als niederere Entwicklungsstufe in ihren Anfangsbildungen
Analogien zu den niederern Klassen der Wirbelthiere zeigen, ferner unter
sich selbst in einem ganz bestimmten Verhältnisse der Reihen- und Sei-
tenverwandtschaft stehen, und endlich in ihren vollkommneren Bildungen
380
die wirklichen Vortypen zu den charakteristischen Formen der typischen
‚nesthockenden. Vögel ausbilden.
Es wäre wohl zu weit gegangen, wollte man, wie schon geschehen,
kurz sagen, die Wasservögel entsprechen den Fischen, die Sumpfvögel
den Amphibien. Dieser Vergleich ist Nichts als ein hinkendes Gleich-
niss; aber mit Recht kann man aussprechen, die Ordnung der Unter-
wasserschwimmer ist die Darstellung der Fischform unter dem höheren
Typus des Vogels. Insbesondere ist es der Pinguin, welcher als Fisch-
vogel anzusehen ist. Sein Leben, welches er mehr unter dem Wasser
als auf dem Wasser oder gar ausser Wasser führt, seine den Flossen
ähnlichen Flügel, mit denen er rudert, sein kurzer, steifer, zum Steuern
dienender Schwanz, seine den Schuppen analogen Federn, rechtfertigen
die Ansicht in diesem Vogelgebilde eine Wiederholungsform des Fisches
zu erblicken, wie wir unter‘ den Säugethieren in den Walen die Fisch-
form unzweifelhaft wiederfinden.
Die. Ordnung der Unterwasserschwimmer, die niederste Ordnung
der Wasservögel und somit überhaupt die niederste in der Klasse der
Vögel, ist zugleich die, welche uns beweist, dass auch in der so streng
in sich geschlossenen Klasse der Vögel, — so streng geschlossen, dass
Viele in ihr gar keinen Entwickelungszusammenhang mit den übrigen
Klassen der Wirbelthiere anerkennen wollten, das allgemeine Naturge-
setz der stufenweisen Entwickelung seine Geltung hat.
Die 3 Ordnungen der Wasservögel, Unterwasserschwimmer, Schwimm-
taucher und Stosstaucher stehen unter sich im folgenden Entwickelungs-
verhältnisse: die Unterwasserschwimmer treten in der Reihe der Wasser-
vögel als Wiederholungsform niederer Thierklassen und als Urtypus des
Vogels überhaupt auf; die Schwimmtaucher repräsentiren den ächten
Typus des vollkommenen Wasservogels; die Stosstaucher sind der erste
Vortypus und von Seiten der Wasservögel die Uebergangsform zu der
höheren Entwickelungsstufe der nesthockenden Vögel. In jeder einzel-
nen Ordnung herrscht nun folgendes Verwandtschaftsverhältniss. Der
Pinguin, die niederste Gattung in der Ordnung der Unterwasserschwim-
mer, repräsentirt vorzugsweise den Urtypus des Wasservogels, durch
die ganz allmählige Umbildung der Stummelflügel des Pinguin sind die
noch kurzhalsigen Alken die nächsthöhere , für diese Ordnung charakte-
ristische Bildungsform, durch die Entwickelung einer grösseren Zahl von
Halswirbeln sind die auch kräftiger beflügelten Taucher die Uebergangs-
form zu den Schwimmtauchern. Eine Reihenverwandtschaft durch ganz
381
allmählige Umbildung charakteristischer Organisationsverhältnisse ist also
in der Ordnung der Unterwasserschwimmer unverkennbar. Der Typus
dieser Ordnung hat eine dreifache Abstufung: Pinguine, Alken, Taucher.
Die Pinguine Wiederholungsform niederer Thierklassen, die Alken ächter
Typus dieser Ordnung, die Taucher Uebergangsform zu den Enten.
Die Schwimmtaucher als nächsthöhere Ordnung über den Unterwas-
serschwimmern, wiederholen diese in ihrer niedersten Familie durch die
Sägetaucher, welche fast wie diese tief im Wasser schwimmen; nur all-
mählig steigt die Entwickelung empor; die Tauchenten bieten immer
noch Analogien zu den Unterwasserschwimmern, insbesondere durch Eris-
matura dar, erst in den Schwimmenten tritt der Typus der Ordnung in
seiner Reinheit auf, der Schwanenform entgegenstrebend, deren erste
Anbildung unter den eigentlichen Enten die Höhlenente, Tadorna, unter
den Gänsen die Schwanengans, Cygnopsis, vermittelt. Auch diese Ord-
nung bildet in sich eine ganz bestimmte Reihenverwandtschaft mit 3fa-
cher Abstufung des Typus aus: Tauchenten, Wiederholungsform der
Unterwasserschwimmer, Schwimmenten, üächter Typus der Ordnung,
Schwäne, Uebergangsform zu der höheren Ordnung der Pelikane.
Durch die vollkommene Entwickelung der Flügel stellen sich die.
Stosstaucher an die Spitze der Wasservögel und bilden den wirklichen
Vortypus zu den Luftvögeln. Die Stosstaucher erinnern durch die kurz-
halsigen Möven und Sturmtaucher, Puffinus, nochmals an die Alken, die
Tölpel stellen unter den Pelikanen wieder die Möven dar. In der See-
schwalbe, Sterna hirundo, und der Fregate, Tachypetes aquila, prägt sich
die Möven- und Pelikanform augenscheinlich schon als Vortypus zu der
unter den Flugvögeln herrschenden Schwalben- und Falkenform aus.
Die Sumpfvögel beginnen ihre Entwickelung mit der Ordnung der
Umläufer, deren niederste Familie die Schwimmsumpfvögel ausmachen.
Sie sind also die Grundform, aus der sich die ganze Reihe der Sumpf-
vögel ableitet und zugleich die erste Wiederholung der Wasservögel auf
der Stufe der Sumpfvögel. Da die Sumpfvögel nur als Uebergangsreihe
zwischen den beiden Gegensätzen der Wasser- und Landvögel anzusehen
sind, so bilden sie in ihrer höchsten Entwickelung nicht wie diese selbst-
ständige Typen aus, sondern vielmehr aus jenen Grundtypen gemischte
Formen, die Vereinigungsform. Ä
Unter den Schwimmsumpfvögeln ist der Austernfischer, Haematopus,
die Grundform: sein ‘wasserdichtes anliegendes Federkleid entspricht
selbst in der Farbe noch dem des Wasservogels. Ihm ganz verwandt
382
ist der Strandreuter, Himantopus. Beide sind die Vorbildungen, aus wel-
chen sich naturgemäss die beiden höheren Zünfte dieser Ordnung, die
Regenpfeifer,. Littorales und Schnepfen, Limicolae, welche in den Brach-
vögeln und Ibissen ihre höchste Vollendung erreichen, in stetiger Ent-
wickelung ableiten lassen, während die Reiherlinge, Dromas, schon von
dieser Familie aus den Typus der höheren Ordnung der Reiher andeu-
ten. Vorzugsweise aber sind es die Schnepfen,. welche den Uebergang
zu den Reihern vermitteln, namentlich nehmen die Rohrdommeln, als
Nachtreiher die Schnepfen, welche gleichfalls Dämmerungsvögel sind,
wieder auf, während die Ibisse, insbesondere Tantalus, das Vorbild zu
den Tagreihern, insbesondere den Störchen, abgeben. In der ‚Ordnung
der Umläufer, wie in der der Steher oder Reihervögel, zeigt sich dem-
nach deutlich wieder eine 3fache Abstufung des Typus. Bei den Um-
läufern: Schwimmsumpfvögel, Wiederholungsform der Wasservögel, “Ufer-
läufer, ächter Typus dieser Ordnung, Sumpfwader, Uebergangsform zu
der höheren Ordnung der Reiher. Bei den Stehern: Nachtreiher, Wie-
derholungsform der Schnepfen, Tagreiher, ächter Typus, Flamingo’s, Vor-
bildung zu den Kranichen.
Die höchste Ordnung der Sumpfvögel, die der Hühnerwadvögel, ist
vielfach zerrissen worden, indem deren Glieder bald den Wasservögeln,
bald den Hühnervögeln zugesellt worden sind. Diese schwankende Stel-
lung entsprang lediglich daraus, dass man ihr eigentliches Entwickelungs-
verhältniss nicht beachtete. Die Hühnerwadvögel sind die Vereinigungs-
form zwischen den Wasser- und Landvögeln, nehmen daher die Formen
beider in sich auf, und verbinden sie in dem Typus des Sumpfvogels,
in vollem Maasse beurkundend, dass die Sumpfvögel die Uebergangsreihe
zwischen den Gegensätzen der Wasser- und Landvögel sind.
Die Wasserhühner, Fulicariae, die niederste Familie dieser höchsten
Ordnung der Sumpfvögel, nehmen einerseits die Wasservögel nach Le-
bensweise wie anatomischen Bau wieder auf, indem sie auf die Lappen-
füssler, Podiceps, und Alken zurückgeführt werden können; anderseits
neigen sie durch den ganzen Habitus zu den Hühnern hin; die Rallen,
die nächsthöhere Familie dieser Ordnung, nehmen einerseits rückgrei-
fend die Reiher unter den Sumpfvögeln wieder auf, anderseits nähern
sie sich den Tinamu’s und den Wachtelhühnern; endlich erscheinen die _
Hühnerstelzen, an deren Spitze die Kraniche stehen, einerseits als die
zur edelsten Form ausgebildeten Wadvögel, anderseits als die Seiten-
übe nn nn v
383
. verwandten zu den Laufvögeln: Psophia und Palamedea zu den Hühnern,
der Cariama zu der Trappe, der Kranich zu dem Strauss.
Die Landvögel stellen in ihrer niedersten Ordnung, in den Schwär-
mern, Hühnervögel dar, welche durch den allgemeinen Körperbau an die
Möven erinnern, durch die Fussbilduug die Uferläufer aus der Reihe der
Sumpfvögel wiederholen, durch die Schnabelbildung aber und ihre Lebens-
weise sich als Vorbilder zu den Steppenhühnern und somit als Anfangs-
bildungen zu den Hühnern überhaupt erweisen. Die Scharrer, die zweite
Ordnung ‘dieser Reihe, bilden unter sich eine anerkannt enggeschlossene
Reiherverwandtschaft, von den Fusshühnern durch die Halbhühner, Step-
penhühner, Waldhühner und Baumhühner zu den ächten Hühnern.
Die dritte Ordnung dieser Reihe, die Laufvögel, treten als entschie-
dener Gegensatz zu den Wasservögeln auf, und bilden in dem Strauss,
wie Oken und Reichenbach bereits hervorgehoben haben, unter den Vö-
geln den Säugethiertypus vor, wie der Pinguin die Fischform unter den
Vögeln wieder aufgenommen hat. Das in der Ordnung der Laufvögel
herrschende Entwickelungsverhältniss ist folgendes: Der Kiwi entspricht
dem Ibis unter den Sumpfvögeln, die Trappen den Brachvögeln unter
den Sumpfvögeln und den Tinamu’s unter den Hühnern; der Kasuar den
Perlhühnern, der Strauss erscheint als selbstständiger Repräsentant.
Die der ganzen Entwickelungsreihe der Landvögel zu Grunde liegende
Hühnerform ist der Vortypus zu der Entwickelungsreihe der Bodenvögel
unter den Nesthockern; die Scharrer verhalten sich daher gerade so zu
den Bodenvögeln, wie die Stosstaucher zu den Luftvögeln. ,
Was die Seitenverwandtschaft unter den vortypischen Vögeln an-
langt, so ist es von den Wasservögeln nur die Ordnung der Blätter-
schnäbler, die eine wahre Seitenverwandtschaft mit den andern Ordnun-
gen zeigt und naturgemäss zeigen kann; insbesondere sind es die hoch-
beinigen Entenvögel, welche von Fresnaye als Anati-grallae bezeichnet
wurden, die sich als Seitenverwandte zu den Reihern verhalten und die
Schwäne, welche entschieden als Seitenverwandte zu den Flamingo’s auf-
treten; Entenvögel und Hühner können nur als Seitenverwandte zweiter
Linie angesehen werden. Die Ordnung der Umläufer unter den Sumpf-
vögeln steht nur entfernt durch die Schnepfen mit den Hühnern, näher
durch die Triele und Rennvögel mit den Trappen in Seitenverwandt-
schaft. Das Verhältniss der Hühnerwadvögel als Vereinigungsform zwi-
schen den beiden Gegensätzen der Wasser- und Landvögel haben wir
bereits charakterisitt.
384
Die Nesthocker als höhere Entwickelungsstufe der Vögel müssen _
nach dem ausgesprochenen Gesetze in ihrer Entwickelung auf die Grund-
typen fussen, welche in der Entwickelungsstufe der Nestflüchter herr-
schen. Wir erkennen, wie aus dem Erörterten hervorgeht, zwei solche
Typen an, die Hühnerform und die Stosstaucherform, aus welchen wir
die zwei Reihen der Boden- und Luftvögel ableiten. Die Bodenvögel
nehmen in ihrer niedersten Ordnung, der der Spürvögel, entschieden die
Hühnerform auf der höheren Stufe der typischen Vögel wieder auf. Die
Zunft der Kurzflügler, Brachyptilidae, stellt durch die Familie der Amei-
senjäger die Rallenform unzweifelhaft wieder dar, während durch Maenura
die Fusshühner, Megapodida, wieder repräsentirt werden. Zugleich sind
die Kurzflügler die Anfangsbildung für die Drosselform und gehen in
gleichmässiger Entwickelung der Reihenverwandtschaft durch die Timalien
und Ameisenjäger zu den Drosseln über, wie diese durch Lamprotornis
und Pastor sich eng mit der Familie der Staare verbinden.
Die zweite Ordnung der Bodenvögel, die der Fresser oder Raben-
vögel, stellt mit consequenter Wiederholung der einzelnen Familien der
Spürvögel, die nächsthöhere Entwickelungsstufe dar: die Meisen nehmen
die Troglodyten wieder auf, die Schmuckvögel die Drosseln, die Paradies-
vögel die Pirole, die Raben die Staare. Auch in dieser Ordnung ist eine
enge Reihenverwandtschaft, durch Pipra und Rupicola von den Meisen
zu den Ampeliden, von den Ampeliden durch Coracina und Cephalopte-
rus zu den Raben, herrschend. In jeder der beiden genannten Ordnun-
gen zeigt sich daher unverkennbar wieder eine dreifache Abstufung des
Typus:
1. Spürvögel: die Kurzflügler, Wiederholungsform der Hühner in
dieser Ordnung, Drosseln, ächter Typus, Staare, hehe nr zu den
Raben.
2. Fresser: Meisen und Schmuckvögel, Wiederholungsform der
Schlüpfer und Drosseln, Raben, ächter Typus der Ordnung, die Familie
der Läppenvögel, Uebergangsform unter den Raben zu den Klaubern.
Die dritte Ordnung, die der Klauber bringt den der ganzen Ent-
wickelungsreihe zu Grunde liegenden Typus der Hühnerform zu der rein-
sten Gestaltung, in der Taube erhält die Hühnerform ihren edelsten Aus-
druck, der schwerfällige Bewohner der Erde wird zum leichtbeschwingten
Boten der Lüfte. Die Taube ist somit kein Familienglied der Hühner,
sondern das veredelte und vervollkommnete Huhn auf der höheren Stufe
des nesthockenden Vogels.
385
Die Baumvögel wiederholen in ihrer niedersten Ordnung durch die
Grübler, Rimatores, die Drosseln und Meisen unter den Bodenvögeln.
Insbesondere sind es die Laubvögel, welche den Pelzrückendrosseln, die
Philedonen, welche den ächten Drosseln, die Spechtmeisen, welche den
Meisen entsprechen. Durch die Baumläufer und die Baumhacker gehen
die Grübler in die Hacker, die Spechte, über, welche den Typus des
Klettervogels zuerst vollkommen ausbilden, und als Repräsentanten dieser
Ordnung auftreten.
Die zweite Ordnung, die der Späher, nimmt durch die Bucconen die
Spechte wieder auf, geht durch die Trogonen in die Familie der Kukuke
über, wie diese durch Sceythrops in die Pfefferfrasse. Es ist hier wieder
eine unmittelbare Reihenverwandtschaft und eine dreifache Abstufung des
Typus deutlich ausgeprägt: Bartvögel, Wiederholungsform der Spechte,
Kukuke, ächter Typus, Pfefferfrasse, Uebergangsform zu den Papageien.
Die dritte Ordnung der Baumvögel, die der Knacker, nimmt durch
Corythaix die Kukuke wieder auf und erreicht in den Papageien die
höchste Vollendung der Baumvögel, zugleich die vollkommene Vereini-
nigungsform zwischen den Boden- und Luftvögeln.
Die Luftvögel haben, wie die Bodenvögel ihren Vortypus in der
Hühnerform hatten, ihren Vortypus in der Stosstaucherform, welche zwei
Unterformen, die Möven- oder Seeschwalbenform und Pelikanform zeigt.
Diesen zwei Formen entsprechend prägen die Luftvögel die Schwalben-
und Falkenform durch ihre ganze Entwickelungsreihe aus. _ Da aber in
den Luftvögeln, als in der höchsten Entwickelungsreihe sich wie in einem
Brennpunkte auch die einzelnen Formen der verschiedenen Ordnungen
der Nesthocker vereinen, so nehmen die einzelnen Ordnungen der Flug-
vögel in diesen allgemeinen Typus zugleich den Specialtypus entspre-
chender Ordnungen unter den Baum- und Bodenvögeln wieder auf. Auf
diese Weise stellen die Schwebvögel, die niederste Ordnung der Flug-
vögel, einerseits im Allgemeinen die Schwalbenform dar, anderseits wie-
‘ derholen sie die Forscher unter den Baumvögeln, die Kolibri’s die Honig-
vögel, die Immenvögel die Philedonen, die Eisvögel die Spechte.
In gleicher Weise sind die Schnapper, die zweite Ordnung der
Flugvögel, insbesondere durch die Familie der Würger einerseits auf die
Falkenform zurückzuführen, Lanius und Falco, anderseits entsprechen sie
den Spürern und Fressern unter den Bodenvögeln, die Würger den Ra-
ben, die Fliegenschnäpper den Schmuckvögeln, die Trippler den Drosseln
und Schlüpfern.
Naumannia. 1854. 25
386
In beiden Ordnungen herrscht eine vollkommene Reihenverwandt-
schaft: 1) die Kolibri’s gehen durch Galbula zu Merops und die Meropi-
den unmittelbar in Alcedo über; 2) die Sylvien gehen in die Fliegen-
schnäpper, diese durch Dierurus, Tyrannus und Psaris‘ zu den Würgern
über. Eine dreifache Abstufung des Typus lässt auch in diesen beiden
Ordnungen sich nicht verkennen:
1) Die Kolibri’s, Wiederholungsform; die Immenvögel die vollkom-
mene Schwalbenform auf der Stufe der Schwebvögel; die Eisvögel die
Uebergangsform zu den Racken.
2) Die Sylvien, Wiederholungsform; die Würger, die Falkenform
auf der Stufe der Schnapper; die Racken, die Uebergangsform zur hö-
heren Ordnung.
Die höchste Ordnung der Luftvögel, die der Räuber, trägt den Ty-
pus der Schwalben- und Falkenform in vollster Reinheit ausgeprägt, und
ist eine in’ engster Reihenverwandtschaft geschlossene Ordnung. Die
Schwalben gehen durch die Nachtschwalben in die Eulen, diese durch
die Weihen zu den Falken, diese durch den Bartgeier zu den Geiern
über. In den Räubern haben die Vögel ihre höchste Entwickelung als
Luftthiere erreicht.
Die Seitenverwandtschaft, welche unter den typischen Vögeln herrscht,
ist es, die nicht minder, als die natürliche Reihenverwandtschaft ein
klares Bild von den Entwickelungsverhältnissen, welche durch das bunte
Heer der nesthockenden Vögel walten, abgibt.
Die Gegensätze, welche wir bei den Nestflüchtern als Stosstaucher-
und Hühnerform bezeichnet haben, stellen sich bei den Nesthockern als
Räuber- und Klauberform, Falke und Taube oder Sperling, dar, ein Ge-
gensatz, der sich in der Lebensweise, wie in der Organisation bestimmt
ausspricht: Luft- und Bodenvögel, Fleisch- und Körnerfresser, Haken-
und Kegelschnäbler. Haken- und Kegelschnabel sind wirklich gegen-
sätzliche Bildungen, indem jene Form auf dem Abschnitt des Kreises mit
übergreifender Peripherie, diese auf dem Ausschnitt des Kreises beruht.
Zwischen den beiden Gegensätzen der Räuber und Klauber steht, gleich-
sam als Synthesis zwischen Thesis und Antithesis, als Vereinigungsform,
der Typus der Knacker, repräsentirt durch den Papagei, dessen Schnabel
die Kreisform oder Kugelform hat, dessen Fuss zwischen dem Sitz- oder
Spaltfuss des Falken und dem Hüpffuss des Sperlings, als Kletterfuss
gleichfalls die Mitte hält. In diesem Verhältnisse liegt es begründet, dass
viele Naturforscher die Papageien überhaupt als vollkommenste Vögel an
387
die Spitze aller Vögel stellten. Ihre Stellung ist aber naturgemäss mit-
ten zwischen den Kegelschnäblern und Hakenschnäblern, nicht an der
Spitze aller Vögel.
Die charakteristischen Verhältnisse der Seitenverwandtschaft unter
den niederern Ordnungen der Nesthockern sind kürzlich folgende:
Die Ordnung der Spürvögel findet in erster Linie ihre Seitenver-
wandten in der Ordnung der Grübler unter den Baumvögeln: die Troglo-
dyten und Pyenonoten treten als Seitenverwandte zu den Laubvögeln,
die Drosseln zu den Philedonen, die Staare zu den Hopfen; in zweiter
Linie finden die Spürvögel in der Ordnung der Schnapper unter den
Flugvögeln ihre Seitenverwandten: die Troglodyten in den Regulinen,
die Drosseln in den Steinschmätzern und selbst in den Würgern.
Die Ordnung der Fresser geht in ihrer Seitenverwandtschaft ganz
parallel mit der Ordnung der Schnapper: die Meisen entsprechen den
Regulinen und Sylvien, die Ampeliden den Fliegenschnäppern, die Raben
den Würgern (augenscheinlich durch Lophocitta, Gymnorhina, Strepera),
die Nashornvögel den Momot’s.
Die Klauber als Gegensätze zu den Räubern haben keine wahren
Seitenverwandten; nur in den Papageien, der Vereinigungsform zwischen
ihnen und den Räubern, Analogieen; daher Loxia ebensowohl mit Psit-
tacus verwandt angesehen, wie Psittacus mit Strix zusammengestellt
worden ist; nur wieder ein Beweis, dass der Papagei die wirkliche Ver-
einigungsform zwischen den Klaubern und Räubern ist.
Die Ordnung der Forscher findet eine ganz parallel gehende Seiten-
verwandtschaft unter den Luftvögeln, in der Ordnung der Schwebvögel:
die Kolibri’s entsprechen den Honigvögeln; die Meropiden den Philedonen,
die Eisvögel den Spechten. Diese Familien sind Seitenverwandte, nicht
Reihenverwandte, da deren Vereinigung in eine Ordnung nach dem Prin-
zipe der Lebensweise ganz unhaltbar ist. Die Späher stehen zwischen
den Schnappern und den Fressern: die Kukuke zwischen den Würgern
: und Raben, die Pfefferfrasse zwischen den Nashornvögeln und Momot'’s.
Die Bedeutung der Knacker als Vereinigungsform zwischen den Klaubern
und Räubern ist bereits erörtert. Die. Räuber als Gegensatz zu den
Klaubern, haben so wenig wie diese wahre Seitenverwandte; sie stehen
. an.der Spitze aller Vögel, indem in ihnen die Organisation des Vogels,
als Luftthier, in ihrer höchsten Vollendung auftritt.
In dem Räubertypus, welcher in der Schwalben- und Falkenform
sich darstellt, erscheint die Wiederholungsverwandtschaft in ihrem vollen
25*
388
Lichte. Diese zwei Formen nehmen nicht nur die Form der Schweb-
vögel und Schnapper in höchster Entwickelung wieder auf, sondern stel-
len auch unverkennbar die Möven- und Pelikanform, ‚Seeschwalbe und
Fregate, in der vollkommenen Vollendung des Luftvogels wieder dar,
und geben uns dadurch den sprechendsten Beweis, dass die Stosstaucher
wirklich als Vortypen unter den Nestflüchtern für die Entwickelungsreihe
der Flugvögel unter den Nesthockern auftreten, wie die Hühnerform als
Vortypus zu der Entwickelungsreihe der Bodenvögel erscheint.
Für unseren Grundriss mögen diese Grundzüge genügen. Wir wür-
den die uns gesteckten Gränzen weit überschreiten müssen, wollten wir
alle Einzelverhältnisse der Verwandtschaften, welche sich nach den auf-
gestellten Grundsätzen ergeben, erörtern oder auch nur andeuten. Jeder
Ornithologe, der Kenner wie der Liebhaber, wird gewiss die angedeu-
teten Verwandtschaftsverhältnisse mit grösstem Interesse in’s Einzelne
verfolgen, und durch dieses Studium auch von seinem Standpunkte aus
zu der erhebenden Naturanschauung gelangen, dass in aller Mannigfal-
tigkeit der Natur Maass, Plan und Gesetz, und durch gesetzmässige Ent-
wickelung organische Einheit herrscht.
KHK
Planches coloriees des Oiseaux de la Belgique, et de
leurs Oeufs,
Par
Ch. F. Dubois.
Bruxelles. Leipzig — Gand. C. Muquardt. 1851— 1853.
Livrais. 1—30. Lex. 8.
Rec. von Dr. 9. E. Naumann.
Jede Lieferung mit 2—4 color. Tafeln, Abbildungen und eben so
vielen einzelnen Octavseiten Text auf einzelnen Bläftern, deren Rück-
seite unbedruckt, bequem für manchen Besitzer eigene Beobachtungen
nachzutragen.
Da die meist kurzen Beschreibungen bloss auf eine ziemlich aus-
führliche Synonymie, dann kurz auf Aufenthalt, Betragen, Lebensart und
dergleichen sich beziehen, so bleibt für Gestalt, Farbe des Gefieders,
u. a. m. nur das Anschauen der Abbildungen. Da übrigens der Text
des Werkes grösstentheils schon Bekanntes enthält, so möchte eine
a N
389
Musterung desselben überflüssig sein, wogegen wir nicht umhin können,
beim Beschauen der Abbildungen etwas länger zu verweilen.
' Bis jetzt liegen uns bloss je 30 Lieferungen, als die ersten dieses
Werkes vor, das seit 1851 periodisch in Heften erscheint, fortgesetzt
werden und alle Vögel jenes Landes umfassen soll. Um diess in der
Weise, wie es begonnen, fortgeführt und zu Ende gebracht zu sehen,
möchte demnach noch manches Jahr verstreichen. — Bis jetzt hat es
sich bloss mit den Landvögeln befasst, in einer Folge, wie sie eben
zur Hand gewesen, doch mit bestimmten. Nummern auf den Platten, um
sie nach diesen am Schlusse in systematischer Folge an einander reihen
zu können. | ”
Ueber den Werth dieses Werkes lässt sich nach den vorliegenden
Anfängen ein vollgültiges Urtheil kaum herausfinden, obschon wir hierin
Arten vorgeführt sehen, die bekannt genug, schon anderswo unzählige
Mal und zum Theil viel besser abgebildet und beschrieben, daher von
jedem Vogelkenner um desto leichter zu kritisiren sind. — Die Abbil-
dungen, worauf es hier gerade am meisten abgesehen ist, zeugen aller-
dings: von einem nicht zu verkennenden enormen Fleisse des Hrn. Ver-
fassers. Er hat seine Vögel mit eigener Hand alle selbst und zwar fast
alle nach der Natur gemalt und selbst auf die Platten gezeichnet, wie
es scheint auch ünter speciellster Aufsicht sie coloriren lassen. Das
hübsche Format erlaubt eine nicht zu arge Verkleinerung, die durch
Bruchzahlen auf jeder Platte bemerklich gemacht ist. Dass diese Abbil-
dungen, die doch zumeist noch gar sehr die Zeichen eines Anfängers
im: Darstellen ornithologischer Gegenstände an sich tragen, jedoch die
Angabe der Ausmessungen und das Beschreiben der Färbung u. a. m.
des Gefieders im Texte überflüssig machen sollen, müssen wir sehr be-
zweifeln.
Diese Tafeln sind meistens recht sauber, nur einzelne zu hart ge-
ätzt oder lithographirt, letzteres unter andern gerade manche der Eulen,
2. B. Taf. 26, wodurch dieses sanfteste allen Gefieders wirklich sehr
entstellt wird. Die Zeichnungen sind zwar fast ohne Ausnahme reine
Originale des Hrn. Dubois und dessen .guter Geschmack in Wahl der
Stellungen gar nicht zu verkennen; doch fehlt den allermeisten eine
richtige Perspective, ja bei einer sehr grossen Anzahl erscheint z. B.
das Schwanzende so unnatürlich, als wäre es mit der Scheere verschnit-
ten, und die Fläche des fast immer zu breit gemachten’Schwanzes nicht
wie eine horizontale, sondern wie eine vertikale. Eine zu grosse oder
390
zu geringe Länge, oder auch eine zu grosse Breite des letztern kommt
gar oft vor und kann nicht anders als entstellend wirken. Ein entschie-
den der Natur des Vogels entsprechender Charakter wird in diesen
Darstellungen häufig vermisst, ja die meisten möchten eine strenge Kri-
tik schwerlich aushalten, wenn man auch zugeben muss, dass sich darin
der Darsteller als tüchtiger Ornitholog zeigt, wobei ihm aber die Fertig-
keit abgeht, in demselben Maasse zugleich auch guter Vogelzeichner
zu sein.
Mit dem Abbilden der Nester, wie sie neben dem bezüglichen Vo-
gel auf derselben Platte hin und wieder vorkommen, sieht es noch
schlimmer aus. Ein Vogelnest in seinen oft so sehr verschiedenartigen
Materialien völlig naturgetreu und kenntlich oder unterscheidend genug
im Gemälde wiederzugeben, wird immer eine höchst schwierige Aufgabe
für den Künstler bleiben und möchte sich durch die feinste Oelmalerei
en miniature wohl kaum erzwingen lassen, während durch alle übrigen
Zeichnenmittel es nie genügend zu erreichen sein dürfte. Zudem müsste
man dann, um ein solches Oelgemälde zu vervielfältigen, Xylographie,
Buntdruck und Pinsel zusammen und durch kunstgeübte ‚Hand ‘in An-
spruch nehmen. — Das auch im Vorliegenden durchaus nothwendige
Verkleinern aller Darstellungen von Nestern erschwert die Sache nicht
minder; denn das natürliche Grössenverhältniss zu dem des Vogels ist
nicht so leicht zu treffen und auch hier oft genug verfehlt. Auch Hrn.
Ds. Darstellungen der beigefügten Nester erlauben uns, gleich vielen
andern anderer Werke, keine Kritik. — Die Abbildungen der Eier sind,
wo sie nicht im Neste liegen, auf besondern Tafeln, einzelnen Lieferun-
gen der Vögel beigefügt, und können, weil die Tafeln besonders nume-
rirt sind, — auch als ein besonderes Werk gelten. Diese Abbildungen
der Eier sind zwar in künstlerischer Hinsicht sehr mittelmässig, doch
nach Zeichnung und Farben meistens kenntlich; ob Alle richtig (2?) dürf-
ten geübte Oologen jedoch nicht immer finden*). Auch sie sind nach
Grösse, Farbe und Zeichnung nicht beschrieben; bloss die Zahl für ein
Gelege ist im Text kurz angegeben.
Das Ausmalen der Tafeln betreffend, verdient dieses, wenigstens in
ästhetischer Hinsicht, zwar alles Lob; doch ist, zumal wissenschaftlich
genommen, auch hier nicht Alles gelungen zu nennen; es kommen so-
gar Nachlässigkeiten vor, die zum Theil schon im 'ersten Entwurf des
*) Falsch bestimmt oder ganz unkenntlich abgebildet sind: Nr. 49. 72. 73 und
67 (links). Offenbar verwechselt Nr. 74. 1 u. 3. Baldamus.
391
Zeichners begangen sein müssen, wie z. B. Tal. 65 und 66, wo bei
beiden Röthlings-Arten, bei $ u. 2, das mittlere Schwanzfederpaar,
welches dunkelbraun sein müsste, auch rostfarbig wie alle übrigen
Schwanzfedern gemalt ist. — Um nicht gar zu weitschweifig zu wer-
den, wollen wir die Tafeln nach der Anordnung wie sie die 30 erschie-
nenen Lieferungen bilden, weil sie doch einmal die Hauptsache bei die-
sem Werke sind, nach ihren Nummern mit einer ganz kurzen Beurthei-
lung begleiten:
Liefrg. I. n. 65. Rutieilla phoenicura. (Bereits erwähnt.) —n. 43.
Garrulus glandarius. Nicht gut. — n. 39. Lanius collurio.
Etwas besser. Hierbei Taf. I der Eier, 10 Arten enthaltend.
Liefrg. I. n. 51. Oriolus galbula. Nicht übel; $ nur zu dicken Kopf
Lief. II.
»
und Hals; 9 besser; Nest schlecht. — n. 63. Pratincola ru-
betra 4. 2. — n. 45. Corvus corax. Schlechte, misslungene
Verhältnisse nach allen Theilen, auch des Schwanzendes.
Wo bleibt da das Adlerartige, durch das der Kolkrabe alle
andere Arten seiner Gattung so glänzend überragt und wie
VI.
E Fürst unter ihnen auftritt?
n. 6. Buteo vulgaris. Weissliche und schwärzliche Spielart.
—.n. 50. Coracias garrula. 4. — n. 72. Curruca atricapilla.
d. 2. Noch eine der besten Abbild.
n. 40. Lanius ruficeps. 4. 2. — n. 49. Nucifraga caryo-
catacles. Gut. — n. 85. Parus caudatus. £. 2. und Nest.
n. 89. Troglodytes parvulus. 4. nebst Nest. — n. 61. Tur-
dus saxatilis. 4. 2. Fürchterlich. verzeichnet! — n. 87. Pa-
rus major, &. u. P. caeruleus, 4. Hübsche Zeichnungen, nur
für dies zarte Gefieder Stich und Druck gar zu grob.
n. 12. Falco peregrinus. Altes £ u. junger Vogel. Unge-
heuer verzeichnet in den Umrissen. Das in den Klauen des
alten 4 festgehaltene Geschöpf, eine Taube vorstellen sollend,
ist so schlecht gerathen, dass es eher jedem andern Vogel
nur nicht einer Taube ähnlich sieht; so ist kein Taubenkopf
gestaltet u. s. w. — n. 78. Phyll. Hypolais, (nicht Hippo-
lais, wie Hr. D. immer schreibt) nebst Nest. Recht niedlich.
— .n..23. Strüx nisoria. Diese schöne Eule in den Umrissen
gut, die Ausführung aber sehr grob; die Beine sehr schlecht
und dazu falsch eingesetzt.
Lief. VII.
»
»
»
»
vn.
IX.
X.
XI.
XI.
XI.
XIV.
XV.
392
n. 30. Caprimulgus vulgaris, 4.2. — n. 71. Aecentor mo-
dularis, nebst Nest und Eiern. i
n. 25. Strix flammea. Sehr verzeichnet, Schwanz zu lang,
Flügel zu spitz, Beine zu dünn; der Schleier auch zu rund.
— n. 35. Muscicapa grisola; alter Vogel, die Jungen füt-
ternd. — n. 27. Ströx Bubo. Nach Umrissen, Gefieder und
Färbung gleich unrichtig; sogar die Augen statt pomeranzen-
gelb, rein mennigroth (wie sie wohl nie vorkommen möch-
ten); dazu die Federbüsche und der Schwanz zu lang, die
Flügel zu kurz, u. dergl. m.
n..99. Turdus pilaris. 4. — n. 48. Fregilus graculus. £.
Gut. — n. 88. Regulus flavicapillus. £. 2. mit Nest.
n. 4. Pandion haliaötus. In jeder Hinsicht ‘eine verfehlte
Zeichnung. — n. 6. S. rubecula. Schwanz zu kurz. Mit Nest
und Eiern, diese zu grau gehalten. — n. 36. Muscicapa col.
laris. 8.2. Letzterem fehlt der weisse Flek zunächst der
Wurzel der Vorderschwingen, welcher es so leicht von dem
der M. atricapilla unterscheiden lässt; übrigens eins der
hübschesten Bildchen. m
n. 43. Corvus pica. Schlechte Darstellung. — n. 80. Cala-
moherpe arundinacea, nebst Nest, dieses aber viel zu klein
zur Grösse des beigefügten Vogels. — n. 11. Milvus fusco-
ater. Schnabel zu gestreckt, Flügel und Schwanz: zu kurz,
Iris zu gelb.
n. 89. Regulus ignicapillus. g. 2. Junges. Nicht übel. —
n. 84. Calamophilus barbatus. g. 2. und Nest. Das 4 sehr
schön; am 2 aber der Flügel an ganz unrechter Stelle ge-
zeichnet, viel zu tief nach unten am Rumpfe. — Hierbei’
Taf. II. der Eier, von denen die meisten mindestens kenntlich *).
n. 10. Milvus regalis. Gut. — n. 86. Fig. 1. Parus pa-
lustris. F. 2. P. cristatus. F. 3. P. ater. — Taf. II. der Eier.
n. 90. Motacilla alba. Sommer- und Winterkleid. — n. 69.
Sylvia Luscinia. Mit Nest und Eiern. — n. 54. Turdus vis-
cworus.
n. 33. Hirundo riparia. — n. 56. Turdus musicus mit Nest.
Hölzern. — n. 110. Emberiza Cia. &. 2. gut.
*) Taf. II. VI. VII. VII. IX. überhaupt die besten: Fortschritte in der Darstel-
lung der Eier sehr merkbar. Baldamus.
Lief.
»
»
»
»
»
»
393
XVI. n. 62. Saricola oenanthe. 4.9. — n. 107. Emberiza_ci-
trinella. 4. 9. (reines Gelb in zu grossen Flächen) nebst
Nest. — n. 9. Elanus melanopterus. a. 4. Das treueste und
in jeder Hinsicht gelungenste Bild unter sämmtlichen dieser
30 Lieferungen.
XVI. n. 64. Pratincola rubicola, £. 9%. Hübsches Bild. — n. 34.
Hirundo rustica, nebst Nest. — n. 73. Curruca hortensis,
nebst Nest. Gutes Bild.
XVII. ° n. 14. Falco subbuteo. Fehlerhaft in den Verhältnissen
und sehr steif. — n. 31. Cypselus apus. — n. 52. Sturnus
vulgaris, 1. Winter-, 2. Sommer-, 3. Jugendkleid; letztere
beiden sehr unhübsch und wie verunglückte Copien nach Wolff
(in Susemihls Werk) aussehend.
XIX. n. 81. Calamoherpe turdina, nebst Nest, das auch hier
wieder zu klein gegenüber seinem Baumeister. — n. 47.
Fig. 1. Corvus frugilegus, und F. 2. €. Monedula. — Hier-
bei Taf. IV. der Eier.
XX n & Pernis apivorus. 8. 2. jung. g. Stellung und Zeichnung
lassen viel zu wünschen übrig. — n. 37. Muscicapa atrica-
pilla. 8.2. leidliches Bildchen. — n. 66. Rutieilla Tithys.
d. 2. mit zum Thell sichtbarem Nest. Uebrigens beide Gat-
ten (wie oben bemerkt) mit wunrichtig coloritten mittlern
Schwanzfedern.
XXI. n. 101. Alauda arvensis, mit Nest. Flügel und Schwanz
am Vogel viel zu lang. — n. 26. Strix aluco. a. d. J. 9.
Wäre das Gefieder, namentlich als Eulengefieder, nicht gar
zu hart behandelt, so dürften diese Figuren zu den gelun-
gensten zu zählen sein. — n. 76. Phyllopneuste rufa. d. 9.
und ein Theil vom Nest.
XXI. n. 42. Lanius exeubitor, nebst Nest. — n. 109. Emberiza
Cirlus. g. 2. leidlich. — n. 32. Hirundo urbica, nebst Nest.
XKIM. n. 103. Emberiza calcarata. 8.2. — n. 46. Corvus cor-
nix und C. corone. — Taf. V. der Eier.
XXIV. n. 74. Curruca cinerea. Fig. 1. d. 2. 9. nebst Nest (das
wiederum viel zu klein für den Vogel) und Fig. 3. Curruca
garrula. 4. Alle 3 Figuren -an mehr als einem Theile ver-
zeichnet. — n. 28. Strix otus. Entstellt durch ganz wieder-
sinnig verdrehten Schwanz; am zu klein gemachten Gefieder
394
des Unterrumpfs, wie nicht minder durch zu scharfes Aetzen
dieses seidenweichen Gefieders. — Hierbei Taf. VI. der Eier.
Lief. XXV. Nachträglich: Vorrede, Gattungskennzeichen der Ordnung
»
»
»
Rapaces etc. enthaltend; mit Taf. VII. u. VIII. der Eier.
XXVIL n. 104. Emberiza nivalis. d. Sommerkleid; n. 105. d. 2.
Winterkleider. Beide Tafeln nicht übel. — n. 67. Lusciola
eyanecula. S'. 9. junger Vogel. Widerten die grossen Ver-
stösse gegen die Perspective nicht so sehr an, so würde man
diesen sonst hübsch lithographirten Figuren seinen. Beifall
nicht versagen können.
XXVI n. 29. Strix brachyotos und Strix Scops. Erstere eine
schon bekannte Figur (oder Copie nach Susemihl); Letztere
ihr gegenüber gar zu klein und auch zu schlank gerathen;
überhaupt eine sehr dürftige ‚Darstellung dieser kleinen hüb-
schen Eule. — n. 98. Anthus arboreus, mit Nest und Eiern.
Lithographie und Malerei gut und im ganzen eines der hüb-
schesten Bilder. — Taf. IX. der Eier.
XXVII. n. di. Lanius minor. 1. &. 2. 2. Dieses jedoch im Ju-
gendkleide. — n. 16. Astur nisus. alt. d. und.a. 9. wahr-
haft ein paar Zerrbilder, die aussehen, als hätte man die be-
treffenden Exemplare zuvor auf der Folterbank gehabt und
sie nach allen Theilen weit über die Gebühr in die Länge
gezogen und dann gezeichnet. — Eine ebenfalls so klägliche
und fehlerhafte Figur ist auch die des jungen Sperbers auf
nächster Taf. 17.
XXIX. n. 21. Circus cyaneus. £. 2. Auch dieses übrigens ganz
hübsch lithographirte Paar leidet an vielen ähnlichen Mängeln
wie voriges; sieht man ausserdem, bei übrigens ganz be-
decktem Vogel, bloss auf die unbedeckt gelassenen Beine, so
wird man diese für keine anderen als die einer Drossel,
aber nie für die eines falkenartigen Vogels halten;
denn schon ein Lanius hat grössere und schöner gebo-
gene Krallen als sie hier vom Zeichner einem Circus ver-
liehen sind, u. s. w. — n. 72. a. Curruca Orphea. d.2.
Eine sehr nette Darstellung. — n. 15. Falco aesalon. 8. 2.
Beide Figuren abermals zu sehr in eine unnatürliche Länge
gezogen, zumal 9.
» XXX. n. 3. Aquila fulva. Sehr altes d in einem Gewande, das
395
wohl nur nach vielen Jahren in der Gefangenschaft erst so
dunkel und einförmig wird. Referent erinnert sich einer Dar-
stellung eines ganz ähnlichen Kleides dieses Vogels von Su-
semihl, hat sie aber zum Vergleich nicht zur Hand. Viel-
leicht war sie nach demselben Exemplar gemacht? Ob übri-
gens diese Art im Freien so vorkomme, dürfte sehr in Frage
sein. — n. 12. Falco tinnunculus. 4. 2. Abermals zu sehr
in die Länge gezogene, unangenehme Figuren. — n. 18.
Astur palumbarius. a. $. j. 2. Schnäbel und Fänge viel zu
schwach; die Beine bei Ersterem wieder mit Gewalt aus dem
Leibe gezerrt, d. h. viel zu hoch; der Sehwanz zu kurz und
dabei ganz verdrehet; am Jungen der Kopf zu klein.
Man sieht aus dieser kurzen, redlich gemeinten Beurtheilung, dass
das Werk nicht ohne alle Verdienste ist, dass sich deren, trotz man-
cher vorkommenden Schwäche, noch recht viel aufzählen liessen, wenn
es der Raum gestatten wollte. Uebrigens thut es uns leid, sagen zu
müssen, dass es nur für Anfänger Reiz und Nutzen haben dürfte. Der
geübtere Ornitholog möchte dagegen, wenigstens nach vorliegenden 30
Heften zu urtheilen, nur Allbekanntes wieder finden.
Dr. 3. E. Naumann.
Notizen.
Carbo cormoranus wurde am 3. Januar 1853 auf der Mulde bei
Waldenburg in Sachsen in 7 Stücken angetroffen. Ein Stück davon —
Weibchen — ward erlegt und befindet sich jetzt in der Sammlung eines
meiner Bekannten; ein anderes — ein. Männchen — ward geflügelt,
aber nicht erlangt. Die Truppe wurde wohl 4 Wochen lang daselbst
observirt.
In Betreff der Waldschnepfe, Scol. rusticula, die im vergan-
genen Herbste ausserordentlich häufig vorkam, glaube ich eine eigen-
thümliche Bemerkung gemacht zu haben. Bekanntlich streichen diese
Vögel im Herbste mit Eintritt der Dämmerung auf die Felder, um Nah-
396
rung zu suchen, und kehren mit Anbruch des Tages in die Gehölze zu-
rück. Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich denn schon im Herbste 1852
auf dem Anstande, wie eine Schnepfe genau »Wechsel hielt«, indem sie
früh über denselben Busch in den Wald zurückkehrte, über welchen sie
Abends vorher, mir gerade über den Kopf weg, hinaus auf die Felder
gestrichen war. Es dauerte dieses Manöver an 8 Tage, worauf ich sie
nicht mehr zu Gesichte bekam, vermuthlich, weil sie die Gegend ver-
lassen hatte, um weiter nach dem Süden zu wandern,
Jüngst verflossenen Herbst bot sich mir diese Erscheinung von
Neuem dar. Vom 1d. October an beobachtete ich 3 Stück, welche mit
Einbruch der Abenddämmerung wohl 14 Tage hinter einander über eine
kleine Wiese nach den Feldern strichen und dabei eine und dieselbe
Richtung so genau innehielten, dass ich sie jeden Abend schussrecht
hatte, ohne dass sie etwa durch Terrainverhältnisse dazu genöthigt wor-
den wären; ja sie nahmen diese Richtung auch dann wieder an, als
ich wirklich ein Mal auf sie geschossen hatte. — Ferner erlegte ich am
22. October eine Schnepfe auf einem durch den Wald führenden Fahr-
wege, die ich, so wie einer meiner Bekannten schon vorher einmal ge-
nau an derselben Stelle: angetroffen hatte. Ein anderes Exemplar wurde
durch ‘meinen Dachshund 3 Mal nach einander aus einem ausgetrockne-
ten und mit Erlengebüsch bewachsenen kleinen Waldteiche aufgestöbert.
Es scheint demnach, als ob jede einzelne Waldschnepfe
auf der Wanderung gewisse Lieblingsplätzchen habe, nach
welchen sie mit Anbruch des Tages so lange zurückkehrt,
als ihr die Witterungsverhältnisse in einer Gegend Auf-
enthalt gestatten,
Im Laufe des verflossenen Winters wurden bei Altenburg mehrere
Adler observirt und resp. erlegt. So ward am 29. Novbr. im Dorfe
Breesen ein junger Seeadler von einem Planken herabgeschossen,
woselbst er so lange verweilte, bis der Schütze — ein Bauer des Ortes
— vom Hause ein Gewehr herbeigeholt und geladen hatte. Ein anderes
Exemplar ward am 5. December auf einer Treibjagd bei Kleintauschwitz
angetroffen.
Einen dritten Adler erlegte am 31. December Hr. Kratsch aus
Kleintauschwitz. Bei einer Jagd auf dem Reviere seines Bruders, des
Gutsbesitzers Kaspar Kratsch in Gimmel, die Schützen um ein Feldge-
397
hölz postirend, sahe er den Vogel wenige Schritte vor sich von einer
niederen Fichte abstreichen und zerschmetterte ihm durch einen Schuss
die grosse Röhre des linken Flügels. Es war ein prächtiges Steinadler-
weibehen von 39 4“ Länge, 7° Breite und 9, Pfund Gewicht. Bei
genauerer Untersuchung fand man durch einen von einem früheren
Schusse herrührenden Streifschrot das eine Auge verletzt. Der Bruder
unseres Kratzsch hatte nämlich schon Tags vorher doppelröhrig auf den
Fremdling geschossen. Er überraschte ihn, als derselbe im Begriffe war,
eine Taube zu kröpfen, wobei er von einer Truppe lüsterner Krähen
geneckt wurde. Da er sich bei seiner Mahlzeit nicht stören liess, K.
aber nicht mit. einem Gewehre versehen war, so eilte derselbe nach
Hause und machte sich, um. schussrecht ankommen zu können, zu Schlit-
ten auf den Weg. Obgleich im freien Felde, liess merkwürdiger Weise
der Vogel bis auf die geringe Entfernung von 10 Schritten sich bei-
kommen, hüpfte nach dem ersten Schusse gemächlich auf einen in der
Nähe befindlichen. Erdhaufen und strich zum grössten Aerger des
Schützen auf den zweiten Schuss dem nahen Gehölze zu, was sich durch
den Umstand erklären lässt, dass das Gewehr mit doppelter Ladung ver-
sehen worden war. Nach der Aussage des Herrn P. Brehm, der den
Adler in diesem Gefieder noch nicht besitzen soll, und der allerdings
bloss auf eine gegebene Beschreibung hin urtheilte, ist es ’ein Vogel
im mittleren Kleide.e. Seine Fusswurzeln sind ganz weiss *).
Er war sehr wohl genährt, und sein Fleisch ward daher gegessen.
Noch ein zweites Exemplar kam auf genannter Treibjagd vor; die
auf ihn abgefeuerten Schüsse blieben aber erfolglos, da er schon zu be-
trächtlicher Höhe sich erhoben hatte.
Von Merg. merganser wurden in Windischleuba.bei Altenburg
2 Stück auf einen Schuss erlegt. Eine Truppe von 7 Stück ward da-
selbst auf der Pleisse am 6. December angetroffen.
Milv. fuscus ward vergangenes Frühjahr wiederum ‚nicht allein bei
Plauen erlegt, sondern in,der sogenannten Leine, einer Holzfläche
unterhalb Altenburg brütend angetroffen.
*) Ein junger, noch nicht zweijähriger Vogel in der Menagerie des Hrn. Knil-
linger, den wir kürzlich sahen, hatte an den Fusswurzeln noch ganz braunes Ge-
fieder. Sollte daher obiger Umstand nicht vielmehr auf ein hohes Alter schliessen
. lassen?
398
Cal. arundinacea bewohnte diesen Sommer die Teiche meines
Wohnortes in 5 Paaren, zum ersten Male so zahlreich seit 11 Jahren.
Gall. chloropus macht hier regelmässig 2 Bruten.
Kriedrich Schach.
Zu Anfang August d. J. kaufte ich hier in Berlin eine lebende
Muscicapa parva, altes Männchen, die dem Händler von Polen her zu-
geschickt sein sollte. Leider starb mir das niedliche Thierchen trotz
guter Wartung schon nach 3 Tagen.
In meiner Beschreibung des neuen Schwanes — den ich nebenbei
gesagt, für eine den deutschen Ornithologen unbekannte gute Spe-
cies halte, und demnach die Ueberschrift: »eine vierte Art deutscher
Schwäne« vorgezogen hätte, falls man ihn nicht geradezu, wiewohl ge-
wagt, als Cygnus Bewickii bezeichnen wollte — finden sich 2 störende
Druckfehler: pag. 146, 4te Zeile von oben, steht tom. Il anstatt: tom.
11., und elfte Zeile von unten Corpus anstatt: Carpus. Ich habe
übrigens seitdem mehrere grosse Sammlungen gesehen: die Naumann’-
sche in Cöthen, die Berliner, Leipziger, Radzivillsche, Gothaer ete. Von
den bekannten drei deutschen Species fand ich olor und musicus (xan-
thorhinus) überall, vom minor (melanorhinus) ein Exemplar in Cöthen
und zwei in Gotha. Der neue — oder Bewickii? — ist für alle ge-
nannten Sammlungen ein Desiderat und merkwürdigerweise von keinem
der Vorsteher derselben gekannt.
%
B. Altum.
Muscicapa parva scheint auch in Schlesien regelmässig zu
brüten. Hr. Pfr. Baldamus erhielt Eier von dort, und ich selbst in die-
sem Jahre 5 Stück, aus Altheyde, einer der bergigsten Gegenden der
Grafschaft Glatz. Das Nest, das in der Nähe eines Baches gestanden,
erhielt ich nicht mit; es wurde in der Mitte des Mai aufgefunden.
Cal. locustella hatte vor 3 Jahren sein Nest, welches 4 Eier ent-
hielt, in einem Kleefelde (bei Breslau) angelegt, in dessen Nähe es
weder Gesträuch, noch Gewässer, noch sumpfiges Terrain gibt *).
Cal. turdina lieferte mir am 20. Mai d. J. ein Nest mit 5 Eiern,
die in Färbung und Zeichnung von den sonst wenig variirenden Eiern
*, In diesem Jahre waren die Wiesen, die sonstigen Nistplätze des Heu-
schreckensängers, hier zu nass; die Vögel begaben sich desshalb zum Brüten in die
in der Nähe gelegenen Waizen-, Roggen- und Haferfelder, wo sie sich bis zum
Mähen der Früchte aufhielten. E. Baldamus.
399
dieses Vogels merkwürdig abweichen. Sie sind hell weissgrau, mit einem
kaum bemerkbaren Stich in’s Grünliche; zwei derselben haben nur sehr
bleiche aschgraue Schalenflecke, die beiden andern daneben auch noch
wenige bleicholivenbraune Flecke *).
Was das Brüten von Fring. linaria in Schlesien betrifft, so
kann ich vorläufig nur sagen, dass ich sie päärchenweise den ganzen
Sommer über im @latzer- und Riesengebirge selbst gesehen, und es ist
wohl sicher, dass die beiden Eier meiner Papmilang diesem Vogel an-
gehören **).
Falco rufipes brütet häufig in Schlesien. Die nähern Mitthei-
lungen über das Vorkommen dieses Vogels bei uns überlasse ich meinem
Freunde, H. Weigelt in Breslau.
Unter 790 Stück Sperlingseiern, die ich in diesem Jahre in
unserer Schäferei ausgenommen, fand sich auch nicht ein ganz weis-
ses***), das ich überhaupt noch nie gesehen.
; M. Lübbert.
Ich beschäftigte mich in diesem Frühjahre besonders mit Beobach-
tung der Zugzeit der Vögel. Zuerst stellte sich, einzeln schon Ende
Februars, Buteo lagopus ein. In der ersten Hälfte des März wurde ihre
Anzahl so gross, dass wir, von 9 bis 11 Uhr Morgens, regelmässig 14
bis 15 Stück schiessen konnten, und dass auf den 3 Krähenhütten hier
bei Gotha in dieser Zeit gegen 400 Stück erlegt wurden f). Man sah
damals fast keinen andern Raubvogel. Es waren meist junge Vögel,
unter 10 Stück durchschnittlich nur ein alter. Merkwürdig, und noch
keinem der hiesigen Jäger vorgekommen, war das lange Verbleiben die-
ser Vögel bis Anfang Mai, wenigstens einzelner; indess waren eines
schönen Tags alle verschwunden.
Ausnehmend spät kamen die andern Raubvögel an. Während z.B.
Milvus regalis sonst zu Anfang April schon an seinem Brüteplatze ist,
erschienen diess Jahr die ersten Ankömmlinge zu dieser Zeit. Falco
*) Die erstern ähneln sehr den Eiern von Sylv. nisoria. Wir werden Abb. da-
von in einem der nächsten Hefte geben.
**) Ohne Zweifel! Brütet nach beifolgenden Mittheilungen von Dr. Hummel gar
nicht selten in Curland, und dort in dichten, sumpfigen Wäldern, also nicht bloss
in dergl. Gebirgsthälern, wie Dr. Gloger angibt.
*"*) Ich nahm deren zwei Gelege von einem strohfarbenen Weibchen und ge-
wöhnl. M. Diese Eier haben noch heute eine rein weisse, schwach in’s Grüne zie-
hende Farbe, ohne alle Flecken. E. Baldamus.
+) Schade um diese so äusserst nützlichen Vögel! Daher die vielen Mäuse!
400
subbuteo, tinnuncul. und andere Falken wurden nur in geringer Anzahl
erlegt.
In grösserer Menge stellten sich dagegen Cire. ceyanus und cinera-
ceus ein; letzterer zwar immer noch einzeln, indess wurden seit Jahren
keine gesehen. Vor acht Jahren wurden von einem am Siebleber Teiche
brütenden W. im Verlaufe mehrerer Wochen 5 Männchen weggeschos-
sen, seitdem aber keine mehr erlegt.
Die Feldlerchen kamen in grösserer Anzahl am 1. März in den
Feldern vor dem Walde an, und verbreiteten sich von da in kurzer Zeit
über die Ebenen Thüringens. Den ersten Kukkuk und Pirol hörte
ich am 12. Mai. Die ersten Fliegenfänger zur Zeit der Kirschblüthe.
Die Waldschnepfe scheint eine ganz bestimmte Zeit hindurch
zu ziehen. Während der schönen Tage im Anfang März war keine zu
sehen; erst gegen Ende.d. M. und Anfang Aprils kamen sie in Menge
an, aber der Zug dauerte nur einige Tage, da sehr helle Nächte waren,
welche von den Schnepfen benutzt wurden, denn ich hörte sie die ganze
Nacht hindurch bis gegen 3 Uhr ziehen. Welch grossen Raum sie in
kurzer Zeit durchfliegen müssen, geht daraus hervor, dass einer meiner
Freunde, ein sehr eifriger Jäger, die erste Schnepfe an demselben Tage
in der Nähe von Basel sah, an welchem hier die erste geschossen
wurde (bei Gotha).
Dr. Hellmann.
Es ist bereits in dem Protokoll der diessjährigen Versammlung er-
wähnt, dass es durch eine Reihe glücklicher Zufälligkeiten den versam-
melten Ornithologen gelang, ein bisher noch zweifelhaftes Faktum be-
treffs der Fortpflanzungsgeschichte des Kukkuks zu constatiren. Die
Geschichte — auf besondern Befehl Sr. Hoheit des Herzogs von Coburg-
Gotha der Gothaer Zeitung mitgetheilt, — hat bereits die Ruude durch
die meisten deutschen und mehrere ausländische Zeitungen gemacht,
dürfte aber dennoch einem und dem andern Leser der Naumannia un-
bekannt geblieben sein. Es war nemlich noch unsicher, ob‘der Kukkuk
sein Ei auch den beiden Goldhähnchenarten, Regul. flavicap. und
ignicap. anvertraue, und an dem ersten Tage in Gotha die Rede davon
gewesen. Als die Gesellschaft am zweiten Tage von Reinhardsbrunn
aus die sogenannte Tanzbuche, ein wenn ich nicht irre fast 2000’
hoch auf einem kleinen Plateau gelegenes Jagdhaus besuchte, wurde ich
von den Herren Dr. Hartlaub und Kunz, welche eher oben angelangt :
401
waren, benachrichtigt, dass sich in dem circa 100 Schritt vom Hause
entfernten kleinen Tannengebüsch viele Goldhähnchen aufhielten. Beide
Herrn begleiteten den Baumeister Hr. Sehring und mich dahin, und wir
begannen das Gebüsch zu durchsuchen, um vielleicht das Nest eines
Goldhähnchens zu entdecken. Nach einigen Minuten rief mir B. Sehring
zu, dass er ein solches und zwar mit einem jungen Kukkuk darin,
gefunden habe. Ich eilte zur Stelle, sah den jungen wenige Tage alten
Kukkuk in einem von grünem Moose gebautem Neste sitzen, und eilte
dann, ohne das Nest näher anzusehen, zur übrigen Gesellschaft zurück,
um sie herbeizurufen. Man kam, obschon nicht ohne Argwohn, dass
die Sache auf einen Scherz abgesehen, und überzeugte sich von der
‘Wahrheit der Angabe, soweit sie — den jungen Kukkuk betraf. In-
desssen untersuchten H. Prof. Naumann und H. Pastor Brehm das Nest
näher, und erklärten es für das der Braunelle, Ace. modularis, eine
Behauptung, die sich bei näherer Betrachtung desselben als wahr, erwies,
H. P. Brehm fügte noch hinzu, dass die Goldhähnchen nie so niedrig
in Gebüsch (junge Rothtannen), sondern höher auf Bäume nisteten, und
zeigte dabei nach einem grössern Baume empor *). Da das kleine
Gehölz von alten und jungen Goldhähnchen belebt war, bekamen mehrere
der Anwesenden Lust, nach deren Nestern zu suchen, und obwohl ich
selbst am wenigsten hoffen konnte, eines zu entdecken, zumal mit Eiern
— ich wusste sehr wohl, wie schwer diese Nester aufzufinden, und dass
auch die zweite Brut bereits weit vorgerückt sein musste — so gab ich
doch den Aufforderungen der Freunde nach, und durchsuchte das Ge-
büsch weiter. Es war zu vermuthen, dass wenn ein solches Nest sich
hier befinde, diess in den Zweigen der grössern Bäume angelegt sein
würde. Ich sagte diess dem neben mir stehenden H. Dr. Hennecke und
bemerkte, es sei am besten, eine leicht zu ersteigende Tanne zu er-
klimmen. Wir waren nur wenige Schritte von dem erstgefundenen Neste
entfernt. Ich bestieg den Baum, auf welchen H. P. Brehm gedeutet,
und entdeckte sofort ein frisch gebautes Goldhähnchennest, griff hinein,
und fühlte — man denke sich mein eigenes Erstaunen, neben kleinen
Eiern ein grosses! Ein Goldhähnchennest, rief ich, — mit
*) Mir waren freilich schon mehrfach, und in Gotha selbst, zwei Nester gezeigt
worden, welche eben so niedrig in den obern Zweigen junger Rothtannen angelegt
waren, und es hätte diess Nest dieserhalb immerhin dem Goldhähnchen angehören
können, wenn das Nest selbst nicht unzweifelhaft der Braunelle zugehörte, die wir
später auch in der Nähe desselben beobachteten.
Naumannia. 1854. 25
402
Eiern! und einem Kukkukseie! — Man kam herbei und mit Hülfe der
H. Dr. Hennecke, Frhr. Balduin v. Münchhausen und Altum gelang es mir
den Zweig so abzuschneiden, dass das Nest unverletzt blieb. Nichts desto
weniger musste aber, um das Faktum sicher festzustellen und auch dem
stärksten Zweifler’ ad oculos zu demonstriren — noch der glückliche
Zufall hinzutreten, dass das Nest verlassen, und die Eier — eins vom
Goldhähnchen und das Kukkuksei — durch den Regen mit den Nest-
stoffen so fest verbunden waren, dass sie, trotz des nicht zu vermeiden-
den Umdrehens des Astes, nicht herausfielen!
Im Jubel wurde nun die Beute zu den Uebrigen getragen, welche
sich bereits wieder nach dem Jagdhause zurückgezogen hatten, und gar
Mancher wollte kaum seinen eigenen Augen und Ohren trauen!
E. Baldamus.
Literarische Berichte.
Es liegt uns zunächst eine Reihe kleiner aber höchst interessanter
und wichtiger Memoiren des unermüdlichen und ausgezeichneten Prin-
zen Charles-Lucien Bonaparte vor, der »unausgesetzt die grössten
wie die kleinsten Sammlungen durchspähend, und im sofortigen Besitze
jeder neuen Erscheinung der bezügl. Literatur« bei seinen vielseitigen
Talenten und Kenntissen allerdings vorzugsweise befähigt erscheint, vom
jeweiligen Standpunkte unserer Wissenschaft — so zu sagen in jedem
Momente — Rechenschaft zu geben.
Wir beschränken uns hier nur auf eine kurzgefasste Inhaltsangabe,
die übrigens genügen wird, auf diese besonders für die Systematik wich-
tigen Arbeiten aufmerksam zu machen.
1) On the largest known species of Phaleridine Bird. By Ch. L.,
Prince Bonaparte. (From the Proceedings of the zool. Soc. of
London, July 22. 1851) London 1854. Mit einer vortrefllichen ill.
Abb. von Sagmatorrhina Lathami, Bp.
Der Herr Verfasser hält diese neue Acquisition des Britisch Museum für den
Labrador Awk, Latham's; Alca labradora Gimelin’s ist nach der Be-
schreibung Latham’s compilirt, und Alle, welche ihm nicht blindlings gefolgt, haben
seine Angaben, verleitet durch geographische Rücksichten, auf Mormon aretica im
Jugendkleide bezogen. Der Vogel gehört zur Familie der Alciden, aber nicht,
wie Morm. arctica, zu den Alcinen, sondern zur Subfamilie der Phaleridinen,
deren am besten gekannte Art er gegenwärtig ist. Er steht dem @. Ceratorrhina
nabe, bildet aber ein besonderes Genus:
ni Me nn ea nen
ee u a
ne
nn
2
EEE
u En
403
Sagmatorrhina, Bp. Saddle-Bill, Sattelschnabel.
Rostrum duplo longius quam altum; maxilla ad basin recta cerä maximä induta,
apice incurva; mandibula ultra medium statum adscendens, angulum obtusum con-
stituens; nares lineares, marginales.
Sagmatorrhina Lathami, Bp. Maxima; nigricans; subtus albido-fuligi-
nosa; rostro pedibusque rubris; cerä palmisque nigris.
Long. 16 poll.; rostr. 2 poll. long., 1 altum, 5/; latum ad basin, 3/s ad med, ;
alae 7!/, poll.; cauda 34/5; tars. 1!/,; digitorum longissim. 23/3. Arktische Regionen
von N. W. Amerika, (wahrscheinlich nicht in Sibirien, da er von russischen Natur-
forschern nicht aufgeführt ist).
Angehängt ist noch das auf „Affinität und Analogie“ begründete neue „System“
des Verf,, das wir zur Vergleichung mit dem im Folgenden zu besprechenden hier-
her setzen.
Avdes.
I. Altrices (Insessores). AI. Praecoces (Grallatores).
1. Psittaci.
2. Accipitres.
3. Passeres,
a. Oscines.
? b. Volucres.
4. Columbae. 8. Struthiones.
a. Inepti. 9. Gallinae.
b. Gyrantes. 10. Anseres.
5. Gaviae. a. Lamellirostres.
a. Totipalmi. b. Urinatores.
b. Longipennes. 7. Grallae.
6. Her odi ones. a. Alectrides.
b. Cursores.
2) Conspectus Systematis Ornithologiae. Auctore C.L. Bonaparte.
(Extrait des Annales des Sciences naturelles. Paris 1854. 48 p. in 8.
Der Verfasser gibt in der Einleitung die Gründe an, wesshalb er sich dem
„System der Parallel-Reihen“ zugewendet, das er in seiner „grossen Subdivision der
Vögel, den beiden Unterklassen, schon im Jahre 1826 vorausgefühlt habe.“ Diese
beiden Unterklassen nennt er jetzt mit Owen: Altrices und Praecoces, „obschon“
die Bezeichnung der ersten sich auf die Sitten der Eltern, die der zweiten auf die
Nachkommenschaft beziehe.“ Es folgt dann das Parallel-System äls:
Epitome.
Adbes.
Altrices. Praecoces.
1. Psittaci.
2. Accipitres.
3. Passeres.
1. Osecines.
2. Voluceres.
1. Zygodaectyli.
2. Anisodactyli.
26 *
404
4. Inepti.-
5. Columbae. | 9. Gallinae.
1. Pleiodi. 1. Passeraceae.
2. Gyrantes. 2. Grallaceae.
3. Coleoramphi. 1. Craces.
6. Herodiones. 2. Galli.
1. Grues. 3. Perdices.
2. Ciconiae. 10, Grallae.
7. Gaviae. ; 1. Cursores.
1. Totipalmi. 2. Alectorides.
2. Longipennes. 11. Anseres.
3. Urinatores.
8. Ptilopteri.
12. Struthiones.
Die weitere Eintheilung ist foigende:
Ordo I. Psittaci: 4 Familien, 15 Subfamilien, 73 Genera, 300 Species.
II. Accipitres: 6 ii 15 > 15 „ 440 a
II. Passeres: 65 “ii 155 5 1412". m 5890 R%
IV. Inepti: RER & RL Bi:
V. Columbae: 5 2 42 ” Bi. 220 2
VI. Herodiones: 11 „ 18 ” 208 165: _
VII. Gaviae: 10275. 20 r W- 325 =
VI. Ptilopteri: A ,„ 1 ei B EN
IX. Gallinae: 14 „ 23 ws BI 320 3 ;
X. Grallae : 15 E W :., 400 ”n
xl. Anseres: 2 „ 6 & Be 200...
XII. Struthiones:3 „ 6 ii 0 12 r
For 289 > 3 BER 8300 ”
Die Passeres zerfallen in 2 Tribus:
Tribus 1. Oscines, mit
Stirps 1. Cultirostres.
a 2. Conirostres. ’
z 3. Subulirostres.
% 4. Curvirostres-.
A 3. Dentirostres.
5 6. Fissirostres.
Tribus 2. Volucres. $
Cohors 1. Stirps 7. Amphiboli. t
gi 8. Scansores.
n 9. Barbati.
„ 10. Heterodactyli.
„ 11. Frugiori.
„ 12. Formicivori.
„ 13. Muscivori.
„ 14. Gallocoraces.
„ 15. Gressorü (Syndactyli).
„ 16. Tenuirostres (Eporides).
„ 17. Suspensi (Trochili).
Cohors 2.
405 ’
Stirps 18. Hiantes (Cypseli).
„19. Insidentes (Noctnrni).
Aumerkung. Die Tribus und Cohorten der übrigen Ordnungen sind bereits oben angegeben,
und zerfallen ohne Stirpes gleich in Familien. Viele der Subfamilien haben noch Grup-
pen, durch die Endung eae bezeichnet, so dass die Bezeichnungen folgendermaassen
rangiren: x
Für den Tribus: aceae (wo nicht besondere Namen gebildet sind.)
Für die Familie: idae.
Für die Subfamilie: inae.
Für die Gruppen: eae, innerhalb der Subfamilien, und mehrere Genera zusammen-
fassend, dann noch Genera ‘und Subgenera.
3) Tableau des Oiseaux-Mouches par le Prince C. L. Bonaparte.
(Extrait de la Revue et Magasin de Zool. Nro. 5. 1854.) 12. p. in 8.
Conspectus Trochilorum.
Avium Passerum Stirps 17. Suspensi (Trochili).
Familia 72. Trochilidae.
Subfam. 174. Grypinae. a. Grypeae: . 5 Genera, 10 Speeies.
„ 175: Phaetornithinae. b. Phaetornitheae: 4 „20 „
. 176. Lampornithinae. c. Lampornitheae: 10 „ Me
pr 177. Cynanthinae.. d. Patagoneae: er 3 ie
e. Dorifereae: BE. 47 “
f. Cynantheae: -2 „ 10...
g. Metallureae: @ in 25 r
a“ 178. Trochilinae. h. Florisugeae: Ai EB. ws
i. Polytmeae: er 1 u
j. Amazilieae: 20%... 73 pi
k. Avocettuleae: Bu 3 er
1. Trochileae: I02""t,, ...22 ”
m, Mellisugeae: ae 33 F
5 Subfamilien 13 Gruppen (?) 80 Genera, 322 Species.
”
4) Tableau des Perroquets. Par le Prince C. L. Bonaparte. (Extr. de
la Revue et Magasin de Zool. Nr, 3. 1854.) 16 p. in 8.
In einem brieflichen Vorworte an Mr. Guerin-Meneville einige Bemerkungen zu
einem Artikel über die- Papageien von MM. Massena und de Souance und eine
Monographie des Genus Pionus, 8 Species enthaltend. Dann ä
Conspectus Psittacorum.
Avium Ordo I. Psittaci (Prehensores).
Familia I. Psittacidae.
Series I. Americani.
Subfam. 1. Macrocerecinae: 9 Genera, 31 Species.
” 2. Conurinae: RR 48 ar
i 3. Psittaculinae: 19:55 57 ä
Series II. Orbis antiqui.
Subfam. 4. Palaeornithinae: 5 „ 22 x
ö 55 % Platycercinae: ih... 47 5
E
406
Subfam. 6. Pezoporinae: 1 Genera, 1 Species.
er 7. Psittacinae:
A. Psittaceae: Ne 9 ur
B. Eclecteae: 1.7922 22 e
55 8. Dasyptilinae: ae 2 3
EN 9. Nestorinae: RU 3 R
„ 10. Plyetolophinae: A 16 5
Familia II. Microglossidae.
Subf. 11. Calyptorhynchinae: 4 Genera, 8 Speeies.
„ 12. Microglossinae: a - 2 Pr
„. 13. Nasiterninae: Das 1 “
Familia III. Trichoglossidae.
Subf. 14. Trichoglossinae: 9 Genera, 36 Species.
Familia IV. Strigopidae.
Subf. 15. Strigopihae: 1 Genera, 1 Species,
15 Subfamilien. 78 Genera. 316 Species.
5) Tableau des Oiseaux de Proie.
parte.
16 p. in &.
Subfam. 16.
17.
2
„
„
„”
Conspectus accipitrum.
Aviusm Ordo II. Accipitres (Rapaces).
18.
19.
20,
21.
22.
23.
Familia V. Wulturldae.:
Cathartinae: 4 Genera, 7 Species.
Vulturinae: ah 13 je
‘ Familia VI. &ypattidae.
Gypaöätinae: 1 Genera, 3 Species.
Familia VI. Gypohieracidae.,
Gypohieracinae: 1 Genera, 1 Species.
Familia VII. Falconidae.
Aquilinae:
a. Aquileae: 4 Genera, 12 Species,
b. Haliaeteae: Br 11 en
c. Pandioneae: ea 6 %
d. Circaeteae: aa; 6 ss
Buteoninae:
e. Buteoneae: A; 28 5
f. Asturineae: Ar 12 x
Milvinae: |
g. Milveae: = 8 3»
h. Perneae: ERTAT 14 5
i. Elaneae: BAR 10 a
Falconinae:
j.- Falconeae: u - 36 ss
k. Tinnuneuleae: 4 „ 22 Pr
l. Harpageae: BiAES 3 u
Par S. A. le Prince €. L. Bona-
(Extr. de la Revue et Magasin de Zool. Nr. 8. 1854.)
En a A
NET VORSENEBREITEN
Dir
N ENT
407
Subfam. 24. Accipitrinae:
m. Sipizaeteae: 6 Genera, 15 Species.
n. Morphneae: ER 9 =
0. Aceipitreae:
» Astures: * 6 ,„, 16 Rz
vb Aceipittes: 8 „ 32 BR
er 25. Circinae:
p- Circeae: Amp 11 2
“ 26. Polyborinae:
g. Ibyetereae: Den. 6 a
Tr, Polyboreae: gisin 1 “=
s. Polyboroideae: 1 „, 2 =
Familia IX. Gypogeranidae.
Pr. 27. Gypogeraninae: 1 Genera, 1 Species.
Familia X. Strigidae.
„28. Striginae:
a. Strigeae: 2 Genera, 15 Species.
b, Ululeae: Bir’, 10 Ir
. c. Syrnieae: a 19 ”
zit Ulalinae *):
d. Oteae: Ar 12 en
e. Buboneae: Rs, ROTES,
Ai: 30. Surniinae:
f. Scopeae: Bin, 32 5.
g. Atheneae: Suhl 18 iR
h. Hieroglauceae: 9 „, 31 =
i. Surnieae: wen 3 PR
6) Conspectus Volucrum zygodactylorum. Auct. C. L. Bonaparte.
Estratto dall’ Ateneo Italiano. Nr. 8. Maggio 1854. 14 p. in 8.
„Unglücklicherweise hat Linne eine der Hauptbildungen der Vogelfüsse — die-
jenige, bei welcher 2 Zehen nach vorn. und 2 nach hinten gestellt sind — pedes
scansores — Kletterfüsse genannt. In Folge dessen wurde der Name Scansores,
(Grimpeurs, Rampicanti, Klettervögel) auf alle Vögel mit dieser Fussform angewen-
det, gleichviel ob sie klettern oder nicht. Mehr als jeder Andere hat Cuvier dieses
zufällige und empirische Kennzeichen gemissbraucht, indem er allein darauf —
alle andern Verhältnisse übersehend — seine Ordnung der Grimpeurs (Klet-
tervögel) gründet, in welcher er auch die Papageien begreift, die mehr grei-
fend (prehensores) als kletternd, fast einstimmig von den Naturforschern als erste
Ordnung der Vögel aufgestellt worden sind.
Alle übrigen Paarzeher, ob kletternd oder nicht, gehören offenbar zur gros-
sen Ordnung der Passeres, und zwar zum Tribus Voluceres, obschon sie in ver-
schiedener Beziehung, auch durch ihre Farben, an die Papageien erinnern.
=
*) Eine leicht zu vermeidende I quenz in der Nomenklatur! Eine Gruppe Ululeae ist
bereits in der vorhergehenden Subfamilie Striginae aufgestellt. Dieselbe Inconvenienz findet sich
in der Verwendung der Namen Asturineae und Astures.
x D: Herausg.
n
408
Unter sich bilden sie eine Serie, die in verschiedenen wichtigen Punkten nicht
nur die zweite Serie der Volueres, die Anisodactyli, sondern den ganzen Tri-
bus der Oscines repräsentirt. Centrum und Typus dieser natürlichen Einthei-
lung sind uns die Spechte, ihnen allein bewahren wir den Namen (Stirps 8.)
Scansores, da sie die einzigen Vögel sind, welche mit Kletterfüssen klettern.
Volucerum cohors I. Zygodactyli.
Avium Passerum Stirp 7. Amphiboli.
Fam. 44. Ramphastidae.
Subfam. 118. Ramphastinae:
a. Ramphasteae: 3 Genera,
b. Pteroglosseae: 8 _,,
Fam, 45. Cuculidae.
- 119. Scythropinae: 1 Genera,
er 120. Phoenicophaeinae: 6
Br 121. Centropodinae: GR
5; 122. Couinae: Brig
er 123. Saurotherinae: 2
. 124. Crotophaginae: Dre
;= 125. Cocceyzinae: RT
er 126. Cuculinae:
a. Cueuleae: Linie
b. Chrysococeigeae:3.
= 127, Indicatorinae: Kinn
Stirps 8 Scansores.
Fam. 46. Picidae.
Subfam. 128. Picinae:
a. Piceae:
. Celeae:
. Chrysoptileae:
. Chrysocolapteae:
. Gecineae:
. Centureae:
g. Colapteae:
” 129. *) Yungineae:
h. Fungeae: rg
ä 130. Picumninae:
i. Picumneae: DB:
Stirps 9. Barbati.
Fam. 47. Bucconidae.
Subfam. 131. Bucconinae:
a. Orbis antiqui: 11 Genera,
b. Americanae: a.
Fam. 48. Capitonidäe.
Subfam. 132. Capitoninae; 9 Genera,
“neraeero
uupuon
——.
15 Species.
.
1 Species.
RR
29 „
9 ”
6 $)
A"
28 ” ;
6 „ |
10% ,, |
5;
Ba, “
2 „
63 „
15 .
17 & ,
23 5
12 ey
Bere
15 R
?
52 Species. 2
re, x
81 Species.
*) Die Nummern der Subfamilien sind von hier ab, auch durch den folgenden Consp.
Anisodactylorum hindurch, um eine zurück.
”
3
D. Herausg.
Be. 409
Fam. 49. Leptosomidae.
Subfam. 133. Leptosominae: 1 Genera, 1 Species.
Fam. 50. Galbulidae.
Subfam. 134. Galbulinae: 6 Genera, 17 Species.
Stirps 10. Hleterodactyli.
Fam. 51. Trogonidae.
Subfam. 135. Trogoninae: 5 Genera, 44 Species.
18 Subfamilien. 127 Genera. 621 Species.
7) Conspectus Voluerum Anisodactylorum. Auctore C. L. Bonaparte.
(Estratto .dall’ Ateneo Italiano. Nr. 11. agosto 1854.)
Quadro dei Volucri Anisodattili.
Volucrum cohors Il. Anisodactyli.
Avium Passerum Stirp 11. Frugivori.
Fam. 52. Bucerotidae.
Subfam. 136. Bucerotinae:
a. Bucorveae: 1 Genera, 2 Species.
b. Buceroteae: BR 28 .
c. Tockeae: a mh Pr 13 %
„ 187. Eurycerotinae: ET a9 1 re
Fam. 53. Musophagidae.,
er 138. Musophaginae: 7 Genera, 14 Species.
Fam. 54... Coliidae.
® 139. Coliinae: ....3 Genera, 6 Species.
Fam. 55. Opisthocomidae.
ae 140. Opisthocominae: 1 Genera, 1 Species.
Fam. 56. Phytotomidae.
a 141.- Phytotominae: 1 Genera, 3 Species.
Stirps 12. Callocoraces.
Fam. 57. Cotingidae.
x" 142. Lipauginae: 5 Genera, 10 Species.
Eu 143, Querulinae: Berry 5 5
. 144. Gymnoderinae: N 8 re
Ar 145. Cotinginae:
a. Cotingeae: Bi, 25 ss
b. Jodopleureae: 1 „ 3 pn
Fam. 58. Pipridae.
5 146. Rupicolinae: Br. 4 53
- 147. Piprinae: hr 39 5
Fam. 59. Eurylaemidae.
3 148. Calyptomaeninae: 1 Genera, 1 Species.
er 149, Eurylaeminae: Er 55 9 =
ns 150. Smithornithinae: En 1 x
Fam. 60. Pittidae.
3 151. Pittinae: 2 Genera, 28 Species.
410
Fam. 61. Coraciidae.
Subfam. 152. Coraciinae: 4 Genera, 16 Species.
” 153. Atelornithinae: Ben 4 E
Fam. 62. Prionitidae.
5 154. Prionitinae: 3 Genera. 14 Species.
Stirps 13. . Gressorii (Syndactyli):
Fam. 63. Meropidae.
A 155. Meropinae:
a. Meropeae: 6 Genera, 21 Species.
b. Nyetiornithinae:4 ,, 6 a
Fam. 64. Alcedinidae.
h2 156. Dacelinae: 9 Genera, 16 Speeies.
er 157. Halcyoninae: SL, 5l u ’
bi; 158. Alcedininae:
a. Ceryleae: DU 41 ”
b. Aleedineae: 3... 24 “
Huc *) Stirps 14. Unmsectivori. Fam. 65. Todidae.
Fam. 66. Menuridae. — Fam. 67. Myiotheridae.
Stirps 15. Larvivori.
(Fam. 68. Anabatidae.)
Fam. 69. Dendrocolaptidae.
Subfam. 170. Dendrocolaptinhe:
a. Dendrocolapteae: 12 Genera, 63 Species.
b. Dendrocopeae: SM, 16 2
Stirps 16. Tenuirostres.
Fam. 70. Upupidae.
2 171. Upupinae: : 1 Genera, 6 Species.
Fam. 71. Promeropidae. ?
172. Falculiinae: 2 Genera, 2 Species.
m 173. Promeropinae: Pia 7 Me.
Huc Stirps 17. Suspensi. (s. Anmerk.)
Zum Schlusse dieser Uebersicht werden noch einige ‚Verbesserungen‘ zu der
Arbeit über die Zygodaciylen, eine neue Species: Brachypternus Stricklandi, Layard
(rubescens? Kelaart) von Ceylon und einige Bemerkungen zu Sclater’s Arbeit über
die Bucconiden gegeben.
Die interessanteste und wichtigste Arbeit dieses Jahres sind unstreitig die
8) Notes ornithologiques sur les collections rapportees en 1853 par
M. A. Delattre. et classification parallelique des Passereaux
chanteurs; par Ch. L. Prince Bonaparte. (Paris, Mallet-Bache-
lier, 1854. in 4.)
Die Bemerkungen über die Sammlungen des „unermüdlichen Reisenden,‘‘ der
*) Der Hr. Verf. behält sich laut des Vorwortes die Fam. 65 bis 68, sowie die beiden
letzten Stämme (stirpes) dieser Cohorte, die Cypseliden und Caprimulgiden — letztere im Ver-
gleich mit den Hirundinen — zu besondern Arbeiten vor. Die drittletzte Stirps: Suspensis.
Trochili ist bereits besonders bearbeitet. D. Herausg.
411
durch seine „schönen Album’s und die zahlreichen Entdeckungen seiner frühern
Reisen in Amerika bekannt ist,“ sind in Form eines „Catalogue raisonne der von
ihm während seines Aufenthaltes in Californien und Nicaragua gesammelten
Arten‘ gehalten. Der zweite Theil der Arbeit, die „Parallel-Klassifikation
der Singvögel,‘ bildet in Form von Anmerkungen offenbar die Hauptsache, und
enthält, neben der Kritik bekannter Arten und den Diagnosen einer Anzahl neuer, 12
Tableau’s paralleler Reihen.
1. P. cultirostres.
lcterinae: a. Serie: Cassiceae. b. Serie: Ieterae. c. Serie: Agelaieae.
6 Gen. 6 Gen. i 10 Gen.
U. P. conirostres:
1. Fringillinae: a.S.Fringilleae. b. S. Cardueleae, c.S. Serineae. d. S. Pyrrhuleae.
9 Gen. 5 Gen. 5- Gen. 2 Gen.
2. Lowünae: a.S. Loxieae. b. S. Carpodaceae. c. S. Montifringilleae. d.S. Linoteae.
6 Gen. 6 Gen. 3 Gen. 2 Gen.
3. Spizinae: a.S. Zonotrichieae. b.S. Strutheae. c. S. Spizeae. d. S.Pipiloneae.
16 Gen. 13 Gen. 3- Gen. 15 Gen.
4. Pitylinae: a. S. Pityleae. b. S. Spermophilae. c. $. Saltatoreae.
(Fringillaceae) (Pyrrhulaceae) (Tanagraceae)
8 Gen. 9 Gen. 6 Gen.
(Die Familie der Fringillidae, zu welcher die vier obigen Gruppen gehö-
ren, besteht aus folgenden 8 Unterfamilien: 1. Passerinae, 2. Fringillinae, 3. Loxii-
nae, 4. Psittirostrinae, 5. Geospizinae, 6. Emberizinae, 7. Spizinae, 8. Pitylinae.)
Il. Subulirostres. Die Familie der Turdidae ist wie folgt gestellt.
Fam.-17...Turdidae.
1. Turdinae. 2. Sawicolinae. 3. Sylvünae.
| ——— N nn No
a. Monticoleae. b. Luscinieae. a. Sylvieae. b. Phyllopseusteae.
11 Gen. 20 Gen. 17 Gen. 6 Gen. 4 Gen.
4. Calamoherpinae. 5. Accentorinae.
-- Be ER DJ un No |
a. Sphenureae. b. Calamoherpeae. d. Adoneae. a. Accentoreae. b. Acanthizeae.
8 Gen. 18 Gen. 23 Gen. "4 Gen. 5 Gen.
c. Locustelleae. d. Drymoiceae.
4 Gen. 18 Gen.
Fam. -18. Timaliidae.
1. Garrulacinae. 2. Crateropodinae. 3. Miminae. 4. Brachypodinae. 5. Timaliinae.
14 Gen. 3 Gen. 8 Gen. 25. Gen. 19 Gen.
IV. Curvirostres.
Stirps 4. Curvirostres.
PEN __ E
Epimachidae. Meliphagidae. | Arachnotheridae. Nectariniidae. Depranidae.
4 Gen. 31 Gen. 1 Gen. 17 Gen. 3 Gen.
Fam, / Paradiseidae. Phyliornithidae.
9 Gen. 10 Gen.
Glaucopidae.
4 Gen.
R Dicaidae. . Coerebidae.
4 Gen. 5 Gen.
412
Stirps 5. Dentirostres.
1. Laniidae. 2. Artamidae. 5. Ampelidae. 7. Tanagridae.
3. Oriolidae: 6. Museicapidae. 3
4. Edoliidae.
Die Dentirostres zerfallen in 2 Abtheilungen + Compressirostres und +} De-
pressirostres, welche in folgenden Reihen parallelisirt sind:
7 Compressirostres.
Fam. 36. Laniidae.: F. 37. Artamidae.
Malaconotinae. Laniidae. Pachycephalinae. Vireoninae.
2 Subfam. 2 Subfam.
22 Gen. 9 Gen. 10 Gen. 4 Gen. 9 Gen.
Fam. 38. Oriolidae. Fam. 39. Edoliidae,
N
7 Gen. Edoliinae. Ceblepyrinae.
13 Gen. : 12 Gen.
ir Depressirostres.
Fam, 40. Ampelidae. Fam. 41. Musecicapidae.
DE 1 tal —
Museicapinae Myiagrinae.
No
a. Melaeornitheae. b. Muscicapeae.
6 Gen. 12 Gen. 16 Gen. 21 Gen.
En
Fam. 42. Tanagridae.
iii
Tachyphoninae. Tanagrinae. Euphoninae. Sylvicolinae.
14 Gen. 16 Gen. 10 Gen. 20 Gen.
Man sieht aus dieser Zusammenstellung der Tableau’s, dass diese die Klassifi-
kation der Singvögel keineswegs vollständig geben. Es sind vielmehr nur Proben
und Anfänge einer Systematik, auf deren Vervollkommnung und Vollendung der
geistreiche, gelehrte, scharfsinnige und unermüdlich thätige Ornitholog sicher nicht
lange warten lassen wird. Wir heben, ohne auf eine hier unmögliche Kritik des
Einzelnen einzugehen, nur vorläufig den grossen Vorzug dieser Klassifikation hervor,
dass sie sich von all’ und jeder aprioristischen Construktion, von Tricho-, Tetra- und
Pentatomie fern gehalten, und damit nicht a priori das „natürliche‘ System zu
einem unnatürlichen gestempelt.
D. Herausgeber.
,
Bekanntmachungen.
Der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft sind beigetreten:
a) Im Laufe des Gesellschaftsjahres 1853—54
Herr Rittergutspächter B. Degener in Wolferstedt, bei Allstedt.
» Apotheker Herrmann Krause in Freiberg in Sachsen.
». Naturalienhändler J. G. W. Brandt in Hamburg.
413
b) Im Laufe des Gesellschaftsjahres 1854—-55
Herr Förster W. Hintz I. in Schlosskämpen bei Köslin.
» Dr. ph. Friedrich Berge in Steinenberg, Oberamt Schorn-
dorf, in Württemberg.
» Rittergutsbesitzer Carl Nette in Wörbzig, bei Cöthen.
» Buchhändler Julius Baedecker in Iserlohn.
» Bildhauer Theodor Behrens in Coburg.
» Dr. Friedrich Staude in Coburg.
» Förster Bonte in Kehlberg, bei Ilmenau.
» Kaufmann Emil Wuthe aus Bolkenhayn, z. Z. in Cöln.
» Ernst Oldendorf auf Hinrichsfelde bei Malchin.
» Oekonom August Wepfer, ebenda.
» Baron Benno von Hermann, auf Wain, Württemberg.
» » Georg Cotta von Cottendorf, Dr. jur., in Hohenheim.
1“ » Wilhelm König-Warthausen auf Königshofen.
» » Ferdinand König- Warthausen, K. K. Oesterreich.
Oberlieutenant,
» » von Löbenstein auf Lohsa, bei Hoyerswerda.
Die neunte Versammlung der D, Ornithologen - Gesell-
schaft wird am 5., 6., 7. Juni 1855.in Braunschweig stattfinden.
Am 4. Juni, Abends 8 Uhr, Vorversammlung im Saale
des Hotel de Prusse, wo die unterzeichneten Geschäftsführer die Gäste
in Empfang nehmen, und wo auch die Sitzungen stattfinden , sowie die
nöthigen Logis in Bereitschaft gehalten werden. Besondere Anmeldun-
gen dazu, sowie zu den zu haltenden Vorträgen wolle man gleich-
falls an einen der Unterzeichneten gelangen lassen.
Acht Wochen vor der Versammlung werden die Mitglieder der Ge-
sellschaft noch durch besondere Karten eingeladen werden.
.. Der Sekretär: Die Geschäftsführer der 9. 0.-V.:
E. Baldamus. Prof. MH. Blasius in Braunschweig.
von Vechelde in Braunschweig.
Diejenigen verehrlichen Mitglieder der Gesellschaft, welche ihre
Diplome noch nicht erhalten haben sollten, wollen sich dieserhalb bei
dem Sekretär gefälligst melden.
nn nn
414
Die verehrlichen Mitglieder der Deutschen Ornithologen-Geseilschaft
werden ersucht, ihre Beiträge, sowohl für das laufende Jahr, wie
die noch für frühere Jahre etwa rückständigen, dem unterzeich-
neten Rendanten der Gesellschaft bis zum 1. Februar 1855 franco ein-
zusenden, da sonst angenommen werden muss, dass die Einziehung der-
selben mittelst Postvorschuss geschehen könne.
Kirchhoff,
Hauptmann a. D., auf Schäferhof bei Nienburg a. d. Weser,
Hannover.
Rechnungsablage
über
Einnahmen und Ausgaben der D. ©. G. vom 3. October
1850 bis 18. Juli 1854,
3 Einnahme. Soll. | Ist. Rest.
1) Jahresbeiträge vom Provisorium und ersten Rechnungs-
Jahre — 3. Oct. 1850 bis 9. Juli 1852 — von 50Mit-
gliedern, davon zahlende: 46 . . A 46 42 4
2) dito vom 9. Juli 1852 bis 14. Juli 1853, von 79 Mit-
gliedern, davon 64 zahlende . . REED 64 47 17
3) dito vom 14. Juli 1853 bis 18. A 1854, 119 Mitglie-
der, davon 112 zahlende . . ERBEN 112 69 | - 43
L Summa: 222 158 64
64 ?
222
EI. Ausgabe. Thlr.-| Sgr. | Pf.
1) Rechnungsablage Nr. 1 Bew, 2, vom 3. Oct. 1850 = 9. 1 24 e:
Ju 185% 44 roh ng FUN öl len
2) Nachzahlung an den Geschäftsführer. in Altenburg. etc.
1. DD De ae, 10 24 8
3) Rechnungsablage Nr. 3 vom 9. Juli 1853 bis 15. Juli 1853 9 13 6
4) Rechnungsablage Nr..4 vom 15. Juli 1853 bis 18.-Juli 1854 16 21: 2.)l2.—
5) Aussergewöhnliche Ausgaben, (für Zeichnung, Lithogra-
phie, Druck etc. der Diplome, das Gesellschaftssiegel,
Druck der Statuten, Quittungszettel ete. 1. 0. II. 1bis5 71 7 3
Summa: 132 Fre
Summa der Einnahmen: 158 Thlr. — Sgr. — Pf.
Summa der Ausgaben: 142 Thir. 3 Sgr. 5 Pf.
-Vorrath: 23 Thy. 26 Ser. PR
Dazu Reste: 64 Thir. — Sgr. — Pf.
89 Thir. 26 Sgr. 7 Pf.
Richtig befunden von dem Vorstande: Kleintauschwitz und Diebzig
Dr. & Hartlaub. den 24. August 1854.
Prof. Dr. Naumann. 3. Kratsch, E. Baldamus.
P. Ch. L. Brehm. Rendant. Sekretär.
415
Zur Erklärung der Abbildungen der Kukkukseier.
Mit Tafel.
Wir geben auf dieser Tafel die möglichst getreue Abbildung von
46 verschiedenen Typen *) der Eier von Cuculus canorus, unter Angabe
des Nestes, aus dem sie genommen, und der Maasse des grossen und
kleinen Durchmessers. Nur die Provenienz von Nr. 1 ist unsicher.
Gr. D. Kl. D.
Nr. 1. Aus dem Neste von L. rubecula® 23%/ MM. 16!/ MM,
ee ne u „ €. arundinac. 21! „, in
er S „ 8. hortensis 23’, „De =
27 5 „ R. Phoenicurus 221, „ 1592 „
” >. ” ” ” ” S. atricapilla 231/g ” 16 „
Mn ee 5 „ €. palustris 21 4.786 x
a Eu ”„ „ F. hypolais 22!) „ 161/, „
” 8: E2) ” ” „ S. cinerea 221/5 » 161/, ”
ae SE Be r ». Prat. rubeira 221, „ 16% „
” 10. ” ” ” ” Mot. alba 23 ” #7 ”
EEE, A „ Lan. collurio : 221 „ 161, „
ER BERN iR „ Anth. arboreus 22 ur. .16
Et. ” „. L rubecula Allan 47 ni
a en = „ 8. nisoria 2a 3. 16% „
ER RERE bs „ Al. arvensis als ni 17 4
a „Bud. flava 22 4: 161: 5
E. Baldamus.
Einladung zur Subscription
auf
Alfred Edmund Brehm’s Reiseskizzen aus Nord-
Ost-Afrika,
oder den unter egyptischer Herrschaft stehenden Ländern:
Egypten, Nubien, Sennahr, Roseeres und Kordofahn.
Der den Lesern der Naumannia schon bekannte Verfasser beabsich-
tigt das Merkwürdigste und Wissenswertheste seiner Erlebnisse und Er-
fahrungen während seiner fünfjährigen Reisen in N.O.Afrika zu veröf-
fentlichen. Er ladet alle Freunde der Zoologie, Länder- und Völker-
kunde zur Subscription ergebenst ein, in der angenehmen Hoffnung, dass
seine Arbeit, welche sich im Manuscript des Beifalls sachkundiger Män-
ner zu erfreuen hatte, nicht ohne, Nutzen und Befriedigung gelesen
werden wird.
Das Buch wird circa 30 enggedruckte Bogen in gr. 8. enthalten,
»).S. Naum. 1853. IH. p. 307. fl.
416
und in Kürze erscheinen. Der Preis ist für die Subseribenten 2, Thlr.
Preuss. Cour.
Alle löbl. Buchhandlungen und verehrl. Subscribenten werden freund-
lich ersucht, sich durch Herrn Buchhändler Doebereiner in Jena oder
direkt an uns mittelst der beiliegenden Bestellzettel wenden zu wollen.
Renthendorf bei Triptis in Thüringen, im November 1854.
A. E. Brehm.
=
Verzeichniss
der im Tausch oder käuflich abzulassenden Vogeleier, zu haben bei
J. Zelebor, Conservator am K. Museum zu Wien.
Falco cenchrisaä. .-. 1. — kr. CM.
Astur palumbar. ä —_
Scops carniolica-ä . » —
Merops apiaster& - . — 48kr.
Coracias garrula ä . =
Picus canus ä - BR a
x Picus leuconotus ä& » . 31. — kr.
Lanius rufus ä 20 kr.
Rutieilla atra ä 10 kr.
Cyanecula suecica ä& - 20 kr.
Parus barbatus ä 30 kr
Parus cristatus ä re FO RT
Anthus aquatieusäa . 20 kr.
Emberiza melanoceph. ä 30 kr.
Fringilla serinus ä 10 kr.
Pyrrhula vulgaris ä. a 15 kr.
Phasianus pietusä . . 11. — kr.
Phasianus nycthemerus & — 48 kr
Glareola pratinclaä& . — 48 kr.
Oedienemus crepitans aä :— 24 kr
Ibis faleinellus ä. . . 1f. 20 kr.
Ardea purpurea & ee
Ardea garzettaaä . . .. — 48Kr.
Ardea comata ä 40 kr
Botaurus nycticorax A 80 kr.
Cieonia nigraaä . . .. 11.30 kr.
Platalea leucerodia A — 48Kr. ”
Sterna leucoptera & . . —. 24 kr.
Sterna minuta ä — 15 kr.
Phalacrocorax pygmaeusä 1 fl. 30 kr.
Anser ceinereusä. a
nebst vielen andern weniger seltenen Arten.
‘Dass die Eier sicher bestiramt und vortrefflich präparirt und gehalten sind,
E, Baldamus.
Druck von C. Hoffmann in’ Stutigart,