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Full text of "Naumannia : Archiv für die Ornithologie Vorzugsweise Europa's : Organ der Deutsche Ornithologen-Gesellschaft"

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Jlaumannia. 
Archiv 
für Die Ornithologie, 
vorzugsweise Europa’s. 


Organ der deutschen Ornithologen-&esellschaft. 


Herausgegeben 
von 


Eduard Baldamus. 


ee 1854. 


Stuftgart, 1854. 


Hoffmann’sche Verlags-Buchhandlung- 


London, Williams & Norgate, Henrietta Street, Coventgarden. 


Inhaltsverzeichniss. 


Ueber die europäischen Pieper. Von Zander 

Bemerkungen und Zusätze. Von E. Baldamus Bar AT AL TOR 

Einige Notizen über die blaue Elster, Pica cyanea.. Von Baron R. König- 
Warthausen 

Beobachtungen über domesticirte Vögel. "Von Baron R. König- Warthausen 

Ornithologische Bemerkungen. Von Dr» A. Dehne . . . SR EM 2% smlRarg USE 

Ornithologische Erinnerungen. Von A. Dehne ... 

Eine kurze Schilderung der Kleider der PROBEN: Falken und anderer Raub- 
vögel. Von.L. Brehm ; 

Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien. Von H. D. ah W a f l e n- 
green... ee OR 

Ornithologische Notizen. Von Graf Casimir Wodzicki. x ; 

Beiträge zur Anatomie und ERROR der en EHRE: von Dr. s. (Mit 


PIE: x RER OLBER 
Notizen . . BER As u a an a a 3 r .109::7208; 
Bitte :. .. ER Fond a Da ar a Ka Yale Ps nr TEE . 1 RE ER 
Bekanntmachungen 5 55109. 208,, 5389: 
Literatur-Nachweise aus dem Gebiete der "Ornithologie F Bi 


Ueber eine neue (?) kleine Schwanenart. Von B. Altum (nebst Tafel) . 

Reminiscenzen über stufenweise Entwickelung der vaterländischen Ornithologie 
in der ersten Hälfte unseres’ Jahrhunderts. Von Dr. J. F. Nau- 
mann 

Material zur Fortpflanzungsgeschichte des‘ gemeinen Eisvogels, Alcedo ispida L. 
Von Baron R. König-Warthausen ; A 

Noch ein Wort über Aquila pennata. Vom Grafen C. Wodzicki A 

Aus einem Briefe an Herrn Grafen €. Wodzicki, vom Herausgeber 


Vergleichende Aufzählung der aüf dem S.0. Thüringer Walde und der in der ; 


Umgegend von Schlotheim in N.W. Thüringen vorkommenden Vö- 
gel. Von Dr. J. Speerschneider (Schluss) . . 

Ein Brutplatz der Hirundo rupestris in Deutschland. Von Albr. Rindfleisch 

Skizzen aus dem Vogelleben Nordamerika’s. Von Alexander Gerhardt. 

= Oologie ae in betrachtet. Von G. H. Kunz 

Be. .-', 

Notes sur les 'Larides par Charles- Lucien Prince Bonaparte 

Auszug aus dem Protokolle der achten Versammlung der Deutschen Ornitholo- 
gen-Gesellschaft zu Gotha 

Präsenzliste der Mitglieder der achten Versammlung der Deutschen Örnitholo- 
gen- -Gesellschaft zu Gotha ee. weis 

Notizen aus meinem ornithologischen Tagebuche. "Von w. Hintz 1. { 


Seite 


IV 
MG 


Ueber die Farben der Vogelfedern im Allgemeinen, über das Schillern insbe- 
sondere. Von Bernard Altum 

Mittheilungen über meine literarische, sammlerische und beobachtende T T hätig- 
keit im Gesellschaftsjahre 1853—54. Von Dr. N. Kjärbölling 

Beilage Nro. 3... .» TEN RE REITER 

Grundriss eines natürlichen 'Systemes der Vögel. Für die Ordnung der ornithol. 
Sammlung des Herzogl. ge zu RER entworfen 
von Dr. Fr. Staude . . TER s { Rn: N 

Alta 2 SE EL NE RE A 

Erklärung i 

Ueber die Ehen der Vögel. "Von rn Brehm. i 

Ueber. das Vorkommen und Nisten der Steindrossel, Turdus saxatilis, am. nörd- 
lichen Harze. Von Dr. Hennecke in Goslar 

Vorläufiges über die von B. Altum beschriebene kleine Schwanenart. “Yon Dr. 
G. Hartlaub 

Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze = Brehm’s „Ueber Species und Subspe- 
cies‘‘ in Naumannia für 1853, erstes Quartal. Von J. Hammar- 
gren, Phil. Mag. in Carlstad in Schweden a RE 

Beobachtungen über den Wespenfalken, Pernis apivorus. Von Th. Behrens . 

Ueber das Vorkommen der €. locustella im Altenburg’schen. Von Fr. Schach 

Einiges über den Fang der Raubvögeln. ‘Von Friedrich Schach ; 

Kurzer Bericht über eine ornithologische Exeursion am ae im Juni 
1854. Von €. F. Wiepken f REN 

Planches coloriees. des Oigganx de la Beleigle, et de leurs Deufs. Par ke F- 
Dubois et; A ABIT 

Literarische Berichte . 

Rechnungsablage über Einnahmen. und Ausgaben der D. 0. 6. vom 3. Oetober 
1850 bis 18. Juli 1854 . . N} ? 

Zur Erklärung der Abbildungen der Kukkukseier (Mit Tafel) ; 

Einladung zur Subscription auf Alfred Edmund Brehm’s Reiseskizzen aus "Nord. 
Ost-Afrika . } : F A 

Verzeichniss im Tausch oder käuflich abzulassenden Vogeleier 


7: Be 2 . y .- . ® 
Ayleuacrubvieapula Landb.. Mas. 
Nach der Natur ‚gemal£ von.D! I, Fr. Naumann. 

d: 18. April 1854. 


(Beilage Nr. 8.) 
Ueber die europäischen Pieper. 


Von 


Zander. 


Man hat in neuerer Zeit angefangen, auch dieser, früher sehr ver- 
nachlässigten Vogelsippe mehr Aufmerksamkeit zu schenken, und zu den 
vier europäischen Hauptarten, die man zu Bechstein’s Zeit erst 
kannte, sind durch die neuern Beobachtungen noch einige hinzugekom- 
men. Doch sind die Ornithologen noch uneins darüber, ob alle neu 
aufgestellten Arten auch wirklich gute Arten sind. Ich habe desshalb 
denselben eine sorgfältige Untersuchung gewidmet, und theile das Er- 
gebniss in Nachstehendem mit. j 

Neuere Methodiker haben die Pieper (Anthus, Bechst.) in meh- 
rere Sippen zerspalten. So trennte Vigors die Stelzenpieper un- 
ter dem Sippennamen Corydalla, Swainson die Brachpieper unter 
Agrodroma, Kaup die Baumpieper unter Pipastes, Blyth dieselben 
unter Dendronanthus von den eigentlichen Piepern; ja, auch die Wie- 
senpieper wurden von Kaup unter dem Sippennamen Leimoniptera 
noch von Anthus geschieden, so dass in dieser Bechstein’schen Sippe 
nur die Wasserpieper geblieben sind. Solche Zersplitterung ist offen- 
bar zu übertrieben, denn die Charaktere sind durchaus nicht der Art, 
dass sie zur Begründung besonderer Sippen berechtigten. Weil z. B. der 
Stelzenpieper einen längern Lauf, längern Sporn und längere Zehen 
hat, als die übrigen Arten, so glaubte man, ohne seine Lebensweise nur 
einigermassen zu kennen, schon ein Recht zu haben, für ihn eine eigene 
Sippe zu bilden. Fahren wir fort, so zu zersplittern , Zusammengehöri- 
ges so auseinander zu reissen, dann werden wir bald dahin kommen, 
„dass jede Species eine eigene Sippe für sich bildet. Sollte indess bei 


‘* den Piepern eine Trennung geschehen, so möchte sich nach meiner 
Naumannia. 1854. 1 


2 


Ansicht, allein die des Baumpiepers einigermassen rechtfertigen lassen, 
der offenbar in Habitus und zumal Lebensweise noch am meisten ab- 
weicht. Mir scheint es jedoch‘ das Natürlichste, unsere europäischen 
Pieper unter dem Bechstein’schen Namen ‚‚Anthus‘“ beisammen zu lassen, 
weil alle den ihnen eigenthümlichen Charakter an sich tragen, der sie 
naturgemäss zu einer Sippe vereinigt, 


1. Der Stelzenpieper. (Spornpieper.) 
Anthus Richardi, Vieill. 


Synon. Anthus Richardi, Vieill. Dict. t. 26. pag. 491 et Faune 
Fr. pag. 178. | 

Anthus rupestris, Menetr, Catal. p. 37. 

Corydalla Richardi, Vigors, Gen. of Birds. — Brehm, Nat. d. V. 
D. S. 322. 

Anthus macronyx, Gloger, Handbuch d. N. d. V. E. IL. S. 269. 

Anthus longipes, Hollandre, Faune de la Moselle. p. 84. 

Artkennzeichen. Die gelblich fleischfarbenen Läufe 
(15 hoch) und Zehen lang, Nagel der Hinterzehe viel län- 
ger als diese und sehr wenig gekrümmt, mit der Zehe 4“ 
lang. Die längste Hinterschwinge 4“' kürzer als die längste 
Vorderschwinge. Färbung des Gefieders ohne Grün. — 
Länge des Vogels 8". 

Beschreibung. Da dieser Pieper noch nicht allgemein bekannt 
ist und die Beschreibungen, welche man von ihm hat, zum Theil nicht 
ganz richtig sind, so will ich ihn hier nach zwei Exemplaren von Hel- 
goland und nach einem aus Afrika genau beschreiben. 

Sommerkleid. Der Schnabel am Oberkiefer und an der Spitze 
schwärzlich, am Unterkiefer gelblich-fleischfarben, so auch die Füsse. 
Alle obern Theile schwarz- oder dunkelbraun, mit ziemlich breiten 
gelblichbraunen und gelblichgrauen Federkanten; über den Augen ein 
gelblichweisser Streif. Kehle und Bauch schmutzig weiss mit einem An- 
striche von Gelblich, Seiten des Halses, Brust und Weichen rostgelblich; 
auf beiden Seiten der Kehle ein schwärzliches Streifehen vom Mundwin- 
kel herab, an den Seiten des Halses und auf der Oberbrust schwärzliche 
lanzettförmige Flecke, welche in den Weichen in Längsflecke übergehen; 
die untern Schwanzdeckfedern gelblichweiss. Die kleinen Deckfedern 
der Flügel schwärzlich mit weisslichen Rändern, die grossen Deckfedern 


3 


und die hintern Schwungfedern ebenso, aber nur an der Spitze mit 
weisslichen, sonst mit rostgelben Rändern; die grossen Schwungfedern 
schwärzlich , mit schmalen weisslichen Kanten. Die beiden mittlern 
Schwanzfedern braunschwarz mit rostgelblichem Saume, die drei folgen- 
den ganz schwarz und nur sehr unmerklich grau gekantet, die vorletzte 
mit einem grossen, weissen, keilförmigen, bis über die Mitte der Feder 
hinabgehenden Fleck und einem weissen Saume an der äussern Fahne; 
die äusserste Feder fast ganz weiss, nur mit einem braunen Längsstrei- 
fen am Rande der Innenfahne. 

Im Herbstikleide hat das Gefieder viel mehr Rostgelb und ähnelt 
dem des Brachpiepers; doch ist die Zeichnung des Oberkörpers stets viel 
dunkler, als bei diesem. Der ganze Oberkörper ist schwarzbraun, mit 
breiten, schmutzig rostgelben Federrändern; die Kehle schmutzig weiss, 
die übrigen Theile des Unterkörpers hell rostgelb, auf der Brust mit 
dunkelbraunen Schaftflecken und hier, so wie an den Seiten, am stärk- 
sten rostgelb. 

Das Kleid der Jungen vor der ersten Mauser kenne ich 
nicht. Wahrscheinlich ähnelt es dem der jungen Brachpieper. Die Beschrei- 
bung aber, welche Degland gibt, möchte ich eher auf junge Herbst- 
vögel beziehen; denn ich bin der Meinung, dass sie eben so wenig 
Rostgelb in ihrem Gefieder haben, wie die unvermauserten Brachpieper. 

Aufenthalt. Man trifft ihn in Spanien, Frankreich, Sardinien, 
Italien, Oestreich, Griechenland, England, Helgoland, im nördlichen Afrika 
und westlichen Asien, jedoch überall nicht häufig. Auf. Helgoland er- 
scheint er auf dem Zuge zu Ende des August. In Griechenland bewohnt 
er, nach von der Mühle, — Beitrag zur Ornith. Griechenlands $. 58. 
— die felsigen Hügel am Auslaufe der Gebirge. 

Lebensweise. Hierüber ist wenig bekannt. Graf von der Mühle 
a. a. OÖ. sagt bloss von ihm, dass er sehr schnell auf dem Boden zwi- 
schen Gesträuch, mit gestrecktem Halse, herumlaufe, und singend wie 
Lanius collurio in die Höhe steige, wobei er jedoch nicht den Schwanz 
ausbreite, wie dieser. Seine Stimme soll übrigens der des Brachpiepers 
ähnlich, aber viel stärker sein. 

Fortpflanzung. Auch von dieser ist nichts Sicheres bekannt. 
Nach Roux soll er weisse, mit unregelmässigen röthlichen Flecken be- 
säete Eier legen. Hr. Prof. Thienemann führt in seiner Fortpflanzungs- 
geschichte der. gesammten Vögel $. 253 an, dass er aus Griechenland 


«Nest und Eier erhalten habe, welche diesem Pieper angehören sollten. 
v 1 * 


4 


Nach ihm stimmt das Nest mit einem, ihm aus Griechenland zugesandten 
des A. campestris überein, und die Eier gleichen in Grösse und Gestalt 
ebenfalls denen des Brachpiepers. Die Färbung derselben soll jedoch im 
Allgemeinen viel eintöniger erscheinen, als sie gewöhnlich bei denen des 
Brachpiepers vorkommt, allein das Korn nicht wesentlich verschieden ° 
sein. Es sind auf Taf. XXV. fig. 14. a. b. zwei Eier abgebildet. 

Bemerkungen. Es wird diese Art von manchen Ornithologen 
noch bestritten; doch bin ich fest überzeugt, dass es eine gute Art ist, 
schon dem Habitus nach, wenn auch die Lebensweise des Vogels bis 
jetzt wenig bekannt ist. Wer denselben gesehen hat, wird nicht länger 
zweifelhaft- sein und ihn nie mit dem folgenden verwechseln, von dem 
er sich durch die Grösse, die hohen Fusswurzeln, den langen Sporn und 
die langen Zehen, so wie durch eine andere Zeichnung hinlänglich 
unterscheidet. _ 

Wenn Herr Prof. Thienemann (Rhea Heft 2. $. 174) in der 
| Diagnose dieses Piepers sagt: »Grösse und Färbung des Brachpiepers«, 
so ist diese Angabe durchaus nicht richtig; denn der Stelzenpieper ist 
merklich grösser, als der Brachpieper, mindestens 1 Zoll länger, und 
auch anders, auf dem Oberkörper stets dunkler, gefärbt. 

Die Beschreibung, welche Graf Keyserling und Prof. Blasius 
(Wirbelthiere Europa’s I. S. 173) von dem Stelzenpieper geben, passt 
auf diesen Vogel gar nicht, weil sie nämlich bei Entwerfung derselben 
irrthümlich einen ganz andern Vogel vor.sich gehabt haben. Das Exem- 
plar, nach welchem die Beschreibung entworfen worden, soll aus dem 
Berliner Museum gewesen sein, wo aber A, Richardi noch gar nicht 
vorhanden ist, wenigstens es damals noch nicht war. 


2. Der Brachpieper. 


Anthus campestris, Briss. (Bechst.) 


‚ Alauda campestris, Briss. Orn. (4763) I. p. 408, nur passen die 
Worte: »superne griseo-fusca ad olivaceum inelinans« nicht recht auf 
diesen Vogel, den etwas Olivenfarbiges findet sich in der Färbung des 
Oberkörpers durchaus nicht. Bechstein’s ornith. Taschenb. I. $. 200. 

Ob die Gmelin’schen Arten, als Alauda mosellana, A. obscura, A. 
lusitana, A. testacea, A. minor und Motacilla maculata et massiliensis, 
welche von einigen Ornithologen hierher gezogen werden, wirklich zu 
A. camp. gehören, lässt sich nicht mit Sicherheit nachweisen, weil die 
Beschreibungen zu unklar und unbestimmt sind. 


5 


Bonaparte (Consp. av. I. p. 247) zieht auch Alauda yrandior, 
Pall. Zoog. I. p. 525 hierher; doch scheint mir dieses Citat nicht hier- 
her‘ zu gehören, weil so Manches in der Beschreibung auf den A. cam- 
pestris nicht recht passen will. 

Anthus campestris, Bechstein, Nat. Deutschl. II. S. 722. 

Anthus rufescens, Temm. Man. d’Orn. ed. 2. I. p. 267. 

Anthus rufus, Vieill. Diet. t. 26. p. 493. 

Anthus campestris, agrorum et subarquatus, Brehm, Nat. der V. 
Deutschl. S. 324, 325. 

\ Agrodroma campestris, Swains., nach Bonaparte Consp. av. I. 
p. 247. | 

Artkennzeichen. Die gelblichen Läufe 13 hoch; der 
Nagel der Hinterzehe so lang als diese und etwas gekrümmt, 
mit der Zehe 8% lang; die längste Hinterschwinge ragt über 
die Vordersehwingen hinweg; Färbung des Gelieders ohne 
grünliche Beimischung. — Länge des Vogels 7’. 

Beschreibung. Es wird nicht nöthig sein, von diesem Pieper 
eine ausführliche Beschreibung zu geben, da wir deren in Naumann’s 
Vög. Deutschl. IH. S. 745, in Brehm’s Beiträgen I. S. 870 und in 
mehrern andern ornithologischen Schriften sehr gute finden. — In der 
Färbung unterscheidet er sich von A. Richardi durch den viel hellern, 
weniger gefleckten Oberkörper, und eben so auch durch die weit weni- 
ger gefleckte Brust. In Frankreich kommen Exemplare vor, welche so- 
wohl auf dem Ober-, als am Unterkörper wenig oder gar keine Flecke 
haben, wie ein Stück aus der Sammlung des Hrn. Degland zeigte. 
Solche Exemplare aber finden sich hauptsächlich wohl nur in südlichen 
Gegenden, denn in nördlichen trifft man nie so ungefleckte, auch selbst 
unter recht alten Vögeln nicht. 

Aufenthalt. Er bewohnt die gemässigten und besonders die süd- 
lichen Gegenden Europa’s, doch geht er bis in’s mittlere Schweden und 
selbst bis nach Finnland hinauf, nach Graf Keyserling und Prof, Bla- 
sius jedoch nicht bis nach Britannien; ist aber auch in Vorderasien, so 
wie im nordwestlichen Afrika beobachtet, wo er gar nicht selten sein 
soll: wogegen er in Deutschland nirgends ‚sehr häufig vorkommt, weil 
er hauptsächlich dem Süden angehört. Er bewohnt vorzugsweise die 
unfruchtbaren Sandhügel, und meidet alle gebirgigen, feuchten, frucht- 
baren und grasreichen Gegenden. i | 

Was über die Lebensweise und Fortpflanzungsgeschichte 


6 


bekannt ist, findet sich in Naumann’s Vög. Deutschlands a. a. ©. und 
in Thienemann’s Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel S. 
252; in welchem letztern Werke auch auf Taf. XXV. "ig: 43. a: bio; 
drei Eier abgebildet sind. 

Bemerkungen. Der Name »A. rufescens«, welchen Temminck 
diesem Pieper gegeben hat, passt nicht ganz auf ihn; denn einen röth- 
lichen oder isabellfarbigen Anstrich hat das Gefieder nur nach der Herbst- 
mauser und ist derselbe grösstentheils oder fast ganz schon wieder ver- 
schwunden, wenn der Vogel im Frühling zu uns kommt. Doch wäre es 
möglich, dass sich diese Färbung im Süden länger erhielt, da namentlich 
Exemplare aus Spanien mehr. röthlich sein sollen, wenn diess nicht etwa 
auch Herbstvögel sind. 


3. Der Woasserpieper, 
Anthus spinoletta, Lin. (Bonap.) 


Alauda Spinoletta, Lin. S. N. ed. 12. I. p. 288. 

Alauda campestris Spinoletta, Gmel. Lin. S. N. I. 2. p. 7194. 

Anthus aquaticus, Bechstein, Nat. Deutschl. II. S. 732. 

Anthus montanus, Koch, baier, Zool. I. S. 179. 

Anthus spinoletta, Bonap. Consp. av. I. p. 247. — Keyserl. und 
Blasius, Wirbelthiere I. S. XLVM. 

Anthus coutelli, Audouin, nach Bonap. Consp. av. I. p. 247. 

Anthus aquaticus, hiemalis et alpinus, Brehm, Nat. d. V. Deutschl. 
S. 328, 329. HE 

Artkennzeichen. Schnabel und Füsse schwarz; die 
längste Hinterschwinge 7 kürzer,-als die längste der 
Vorderschwingen; die helle Zeichnung auf den äussersten 
Schwanzfedern rein weiss; Schwung- und Schwanzfedern 
. weisslich gekantet; Färbung ohne Grün. — Länge 7" 2-9, 

Beschreibung. Im Sommer ist der Oberkörper bräunlich asch- 
grau, kaum merklich dunkler gefleckt, auf dem Kopfe und am Hinter- 
halse am reinsten grau; über dem Auge mit einem breiten, rostgelblich 
oder schmutzig weissen Streif; die beiden mittlern Schwanzfedern dun- 
kel. graubraun, mit grauen, die übrigen schwärzlich, mit lichtgrauen 
Säumen, die vorletzte aber rein weiss gekantet und mit einem kleinen 
weissen Keilflecke an der Spitze; die äusserste mit ganz weisser Aus- 
senfahne und mit einem grossen weissen Keilfleck, welcher von der 


7 


Mitte bis zur Spitze geht, die kleinen Flügeldeckfedern wie der Rücken 
gefärbt; die mittlern und grossen Deckfedern dunkel graubraun mit licht- 
grauen Kanten und weisslichen Spitzen, wodurch zwei weissliche Flügel- 
binden entstehen; die Schwungfedern gleichfalls dunkel graubraun mit 
weisslichen Kanten. Der Unterkörper weisslich, mit röthlichem Anfluge 
auf der Brust und mit einigen verwaschenen Längsflecken an den Seiten; 

zuweilen. finden sich auch in der Kropfgegend einzelne verwaschene 
dunkle Fleckchen. ' 

Das Weibchen ist von dem Männchen kaum verschieden; es hat 
nur einen mehr weisslichen Augenstreif und einen lichtern, weniger 
röthlich angeflogenen Unterkörper. 

Alte Männchen und Weibchen im Herbst und Winter sind 
oberhalb dunkel braungrau, mit einem geringen olivenfarbenen Anstrich, 
Nacken und Hals heller und grauer, als der Rücken, überall mit verlo- 
schenen schwarzgrauen Flecken; unterhalb schmutzig weiss mit vielen 
verwaschenen dunkel braungrauen Flecken neben der Kehle, auf der 
Brust und an den Seiten; die Schwung- und Schwanzfedern mit breitern 
rostgelblichgrauen Kanten, als im Frühlinge ; die Flügelbinden grauweiss. 
Schnabel und. Füsse etwas lichter, als im Sommer. 

Die jungen Herbstvögel ähneln den Alten im Herbste; aber sie 
sind auf dem schmutzig gelblichweissen Unterkörper viel mehr gefleckt; 
der lichte Streif über den Augen ist sehr schmal und kaum bemerkbar, 
und die Flügelbinden sind schmutzig rostgelblich weiss. Schnabel und 
Füsse sind noch. etwas lichter, als bei den Alten im Herbste. 

Aufenthalt... Er bewohnt im Sommer die Gebirgsgegenden des 
gemässigten und südlichen Europa, so namentlich die Pyrenäen, die 
Alpen und das Riesengebirge sehr häufig; aber auf dem Brocken scheint 
er in der Brutzeit*) noch nicht vorzukommen. Im Winter zieht er sich 
‘von den Gebirgen in die Ebenen herab, findet sich dann einzeln auch in 
ziemlicher Entfernung von Höhenzügen an Bächen, warmen kiesigen 
Quellwassern an Teichen und Torfmooren, selten an Strandgewässern, 
und erscheint als verirrter Vogel in manchen, seinem Sommeraufenthalte 
sehr fern liegenden Ländern. Dann soll er auch in Aegypten und Syrien 
vorkommen. 


*) Dagegen, nach mündlichen Mittheilungen des Hrn. Prof, Blasius, um so häu- 
figer zur Zugzeit, schon vom August an. Ob er nicht doch dort brüte, werden die 
genaueren Nachforschungen des genannten Gelehrten hoffentlich bald entscheiden. 

 Vergl. Naum, 1853. III. p. 337, | ! E. Baldamus. 


8 


Lebensweise, Ueber. diese ist im Ganzen erst wenig bekannt. 
Was wir Sicheres darüber wissen, theilt uns Gloger, der den Vogel 
auf dem Riesengebirge beobachtet hat, in seinem Handbuche der Nat. 
der V. Eur. I. $. 263 mit. 

Fortpflanzung. Ueber diese finden wir gleichfalls m Gloger’s 
Handbuch a. a. 0. eine kurze Angabe; dann aber auch in Thiene- 
mann’s Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel $. 257. Thie- 
nemann hat ebenfalls auf dem Riesengebirge mehrere Nester dieses 
Vogels mit Eiern gefunden, wovon er uns die Beschreibung mittheilt; 
nur muss man, sowohl bei ihm als bei Gloger, das absondern, was sich 
auf die folgende Art bezieht, da beide noch A. spinoletta und A. obscu- 
rus zusammenwerfen, wie diess auch noch von Naumann und mehreren 
Andern geschieht. Auf Taf. XXV. fig. 10 hat Thienemann drei Eier 
des A. spinoletta abgebildet. 

Bemerkungen. Der A. montanus, Koch, ist dieser Vogel im 
reinen Sommerkleide; wogegen der A. aquaticus, Bechst., der Vogel 
im Herbstkleide ist. — Gloger zieht zu A. spinoletta auch den A. lu- 
dovicianus, Lichtenst., und versetzt desshalb den Aufenthalt des Was- 
serpiepers in die Polargegend und nach Amerika, wo er: jedoch nicht 
vorkommt. Der A. ludovicianus, Lichtenst., welcher in der Polarge- 
gend und im Norden von Amerika sich findet, ist nicht mit dem A. spi- 
noletta oder A. aquaticus, Bechst. zu verwechseln, sondern eine gute, 
selbstständige Art, und bereits von den meisten Ornithologen,, ja selbst 
von Thienemann anerkannt. Brisson hat ihn schon unter Alauda pen- 
sylvanica als Art aufgeführt, s. Brisson Orn. (1763) I. p. 413. 


4. Der Felsenpieper. 


Anthus obscurus, Pennant. (Temm.) 


Alauda obscura, Pennant, Brit. Zool. I. p. 482. nec. Gmel.; aber 

Latham, Ind. Orn. II. p. 494. n. 7. 
_ Alauda petrosa, Montagu Transact. of Lin. Soc. Vol. IV. p. 41, 

nach Nilsson. 

Anthus petrosus, Flem. Brit. An. p. 74, nach Keys. und Blasius. 

Anthus rupestris, Nilss. Orn. suec. I. p. 245. 

Anthus littoralis, Brehm, Lehrbuch der Nat. der eur. Vög. I. S. 239. 

Anthus aquaticus, Selby. | nach Bonaparte, Consp. gen. av. I. 

Anthus campestris, Bewick. p. 247. 


9 


‚Anthus obseurus, Temm. Man. d’Orn. IV. p. 628. — Keyserl. u. 
Blasius, Wirbelthiere I. $S. XLVIN. n. 166. — Degland, Orn. europ. 
I. pag. 428. 

Anthus immutabilis, Degland, Orn. europ. I. p. 429. 

Artkennzeichen. Schnabel und Füsse dunkelbraun; die 
längste Hinterschwinge 2 kürzer, als die längste der Vor- 
derschwingen; die helle Zeichnung auf den äussersten 
Schwanzfedern grau getrübt; die Schwanzfedern von der 
dritten an grünlich gesäumt, Färbung des Oberkörpers 
mit olivengrünem Anfluge. — Länge: 7" bis 7" 24", 

Beschreibung. Der Felsenpieper ist bestimmt eine gute Art 
und durchaus nicht mit dem Wasserpieper zu verwechseln; denn er un- 
terscheidet sich von diesem hinlänglich durch einen chrkächern und lich- 
tern Schnabel, durch hellere Füsse, und durch eine ganz andere Zeich- 
nung und Färbung am Ober- und Unterkörper. Das Grünliche, das er 
stets in seinem Gefieder hat, und das bei der vorhergehenden Art nicht 
vorkommt, macht ihn auf den ersten Blick kenntlich. — Das Männ- 
chen im Frühlinge ist oberhalb olivengrüngrau mit dunkeln Schaft- 
flecken, auf dem Kopfe etwas grauer, als auf dem Rücken; unterhalb ist 
es gelblichweiss mit stärkerem oder schwächerem röthlichen Anfluge, 
oder auch ohne diesen, und mit verwaschenen braungrauen Schaftflecken 
an den Halsseiten, auf der Brust, in den Weichen und an den längsten 
untern Schwanzdeckfedern. Ein Streif über den Augen und die Kehle 
sind schmutzig weiss, der Augenliedrand weisslich. Die Flügel schwärz- 
lich, an den kleinen Deckfedern mit grüngrauen Federsäumen, an den 
mittlern und grossen mit hellgrauen, welche zwei Flügelbinden bilden, 
an den vordern Schwungfedern mit schmalen grauweissen, an den hintern 
‘mit breitern graugrünen Kanten. Der Schwanz gleichfalls schwärzlich, 
mit graugrünen Kanten von der dritten Feder an; die beiden äusseren 
Federn jederseits schmal grauweiss gerändert, die äusserste mit einem 
grossen schmutzig weissen Keilfleck an der Spitze der Innenfahne, die 
zweite mit einem kleinen weissen Spitzenfleck. Der‘Schnabel dunkel- 
braun, an der Wurzel des Unterkiefers lichter; die Füsse und Iris gleich- 
falls dunkelbraun. | 

Ein von diesem etwas verschiedenes und mehr dem Herbstkleide 
ähnliches Sommerkleid tragen die auf Färö vorkommenden Felsenpieper, 
welche Graba (Reise nach Färö $. 57) folgendermaassen beschreibt : 
»Ueber den Augen ein schmutzig gelblichweisser Strich ; der Augenliedrand 


» 


weiss; Kopf, Mantel und Bürzel dunkel olivengrün, durch die schwarzen 
Schäfte und Federränder fleckig erscheinend. Schwungfedern erster 
Ordnung braunschwarz, die erste an der äussern Fahne grau, die übrigen 
hell olivengrün gesäumt, Schwungfedern zweiter Ordnung mit breiterem 
olivengrünem Rande an der äussern Fahne gesäumt. Die kleinen (mitt- 
lern) und grossen Deckfedern dunkel braunschwarz; erstere an der Spitze, 
letztere an der äuseren Fahne hellgrau gesäumt, wodurch auf dem Flü- : 
gel zwei helle Binden entstehen. Die äussere Schwanzfeder hat einen 
schmutzigweissen keilförmigen Fleck, die zweite einen schmalen Rand 
von dieser Farbe an der äussern Fahne, die übrigen olivengrün an der 
äussern Fahne gesäumt; die beiden mittlern von etwas hellerer Farbe 
ohne Saum, Kinn, Hals, Halsseiten schmutzig gelblichweiss. Jede einzelne 
Feder der Brust und des Bauches ist nach der Spule hin _schwärzlich, 
an dem Schafte, besonders bei der Spitze, dunkel olivenfarben, die 
Spitzen der beiden Fahnen hell olivenfarben und olivengrau, wodurch 
das Ganze ein geschäcktes Ansehen erhält; untere Schwanzdeckfedern 
gelblichgrau.« — Diese Verschiedenheit ist allerdings “auffallend; aber 
ich vermuthe, dass die im Norden wohnenden Felsenpieper, aus klimati- 
schen Ursachen, im Frühlinge ihr Kleid nicht verändern, sondern das 
Herbstkleid ein ganzes Jahr hindurch tragen; wogegen die im südlichen 
Schweden und Norwegen, so wie an den dänischen Küsten lebenden 
ihre Herbsttracht im Frühlinge mit einer andern vertauschen. — Tem- 
minck beschreibt ein ähnliches Kleid unter Var. A. des A. obscurus, 
Man. d’Orn. IV. p. 630. 

Das Weibchen im Frühlinge gleicht fast ganz dem Männchen, 
nur dass es am Unterkörper etwas unreiner gefärbt und ‘mehr und 
schärfer gefleckt ist. Schnabel und Füsse sind etwas lichter, als beim 
Männchen. Im Laufe des Sommers nutzt sich das Gefieder sehr 
ab; der Oberkörper bekommt dann eine viel grauere Färbung, indem das 
Grünliche ziemlich verschwindet; indessen bleibt immer noch ein grün- 
licher Schimmer an mehreren Stellen des Oberkörpers, ‘besonders an den 
Säumen der hintern Schwung- und der Schwanzfedern. Die Grundfarbe 
des Unterkörpers verliert das Gelbliche und wird schmutzigweiss. 

Im Herbste ist der Oberkörper dunkel olivengraugrün oder dunkel 
olivengrün mit schwärzlichen Schaftflecken, der Augenstreif sehr klein 
und von Farbe gelblichweiss; der Unterkörper schmutzig hell rostgelb 
mit grossen verwaschenen olivenbraungrauen Flecken an den Seiten des 
Halses, der Brust, an den Weichen und den längsten Unterschwanzdeck- 


11 


federn; die Flügelbinden grau, etwas dunkler als im Frühlinge und zum 
Theil etwas ins Olivenfarbene ziehend; die braunschwarzen Schwung- und 
Schwanzfedern olivengrün gerandet, die erste Schwung- und Schwanz- 
feder schmal hellgrau gekantet; die helle Zeichnung an den beiden äussern 
Federn des Schwanzes schmutziger als im Frühling. 

Die Jungen nach der ersten Mauser ähneln den Alten in der 
Herbsttracht. 

Aufenthalt. Er bewohnt die klippigen Meeresküsten von England, 
Schottland, Dänemark, Färö, Schweden und Norwegen bis zum Polar- 
kreis hinauf, welche Gegenden er zum Theil auch im Winter nicht ver- 
lässt. Doch viele, wahrscheinlich aber nur jüngere Vögel, wandern im 
Herbst in gemässigtere Länder und kommen dann an die deutschen, 
holländischen und französischen Küsten, wo sie besonders den felsigen 
Meeresstrand und die steinigen Mündungen der Flüsse zum Aufenthalt 
wählen, und überhaupt immer in der Nähe des Meeres sich halten, was 
bei der vorhergehenden Art nicht der Fall ist, welche nur selten an die 
Küsten des Meeres sich begibt. 

Lebensweise. Man weiss bis jetzt nichts weiter über dieselbe, 
als was Nilsson und Graba uns darüber mittheilen. Ersterer sagt 
(Orn, suee. I. p. 247), dass er in Stimme und Gesang dem A. pra- 
tensis ähnle, dass er, wie dieser, singend in die Luft steige und, ohne 
Flügelbewegung, schwebend und sanft, während des Singens, sich wie- 
der auf die Felsen herablasse. — Graba (Reise nach Färö $. 59) nennt 
den Gesang des auf Färö vorkommenden Felsenpiepers dem der Sylvia 
sibilatrix ähnlich, und führt an, dass er sich auf Felsblöcken, die unmit- 
telbar an der See liegen, aufhalte, sehr schnell darauf herumlaufe, sich 
mit einem wiederholten sist sist in die Luft schwinge, und sich auf 
Felsen herablasse, die von den Wellen bespült werden, wo er unter 
dem Seetang seine Nahrung suche, welche, nach Nilsson, aus Insekten 
und Larven besteht. 

Fortpflanzung. Von dieser sagt Nilsson nur, dass er unter 
- Felsblöcken zwischen Gras niste und 5 schmutzigweisse Eier lege, welche 
mit braunen, am stumpfen Ende dichter stehenden und fast in einander 
_ fliessenden Flecken besetzt seien. Graba beschreibt die Eier nicht und 
erwähnt nur, dass man sein Nest zwischen Felsblöcken finde, wo etwas 
Moos und Gras wächst. — Thienemann behauptet (Fortpflanzungsge- 
schichte der ges. V. S. 257 unter der Beschreibung der Fortpfl. des A. 
aquaticus), dass Nest und Eier von denen des Wasserpiepers nicht 


12 


verschieden seien; er hat zwar auf Taf. XXV. fig. 11 drei Eier des 
färöischen Piepers abgebildet, welche allerdings von denen des Wasser- 
piepers etwas verschieden sind, aber er bemerkt, dass sich ganz gleiche 
auch aus der Schweiz und den Sudeten finden. Ein Nest, welches er 
von Färö erhalten hat, beschreibt er folgendermaassen: »4% breit, 
2a‘ hoch und weit, 12“ tief. Es besteht aus wenig Moos, Grasstöck- 
chen mit langen, dünnen Halmen und Blättern, nebst langen Haaren des 
nordischen Schafes, welche mit einigen Rosshaaren die innere Ausklei- 
dung bilden. Mehrere andere von der nordischen Form waren diesem 
sehr ähnlich, nur dass oft etwas zarter Seetang beigegeben war.« 
Bemerkungen. Den Anthus immutabilis, welchen Degland 
(Ornithologie europeenne I. p. 429) als neue Art aufgeführt, und dem 
er desshalb diesen Namen beilegt, weil er das ganze Jahr hindurch das- 
selbe Kleid behält, halte ich für nichts weiter, als für den in der nörd- 
lichen Zone sich im Frühlinge nicht verändernden oder vermausernden 
A. obscurus, wie Graba ihn beschreibt (s. oben). Die Exemplare, 
welche ich von Degland in Händen gehabt habe, schienen mir nichts 
anderes zu sein. Auch ist das Artkennzeichen, welches Degland anführt, 
nicht der Art, um darauf eine neue Species begründen und diese dar- 
nach mit Sicherheit von dem A. obscurus unterscheiden zu können. Er 
sagt zwar in der Diagnose des A, immnutabilis: Ongle du pouce un peu 
plus long que ce doigt et courbe; rectrice la plus laterale brune en 
dedans, grise en dehors et terminde de blanc; la suivante bordee de 
gris en dehors et la pointe blanche; raie-sourciliere blanche et apparente 
seulement derriere les yeux. — Taille: 17 cent. 2—3 mill., — und 
dagegen in der Diagnose des A. obscurus: Ongle posterieur tres-long; 
rectrice la plus laterale d’un cendre roussätre, avec une large täche 
brune sur les barbes internes, et une petite täche d’un cendr& roussätre 
a lextremite de la suivante; raie sourciliere blanchätre, &troite, appa- 
rente surtout derriere les yeux. — Taille: 16 cent. 1—2 mill.; aber es 
ist weder in der Länge des Sporns, noch in der Zeichnung der Schwanz- 
federn, noch in Grösse und Färbung des Augenstreifs ein constanter 
Unterschied. Die bei dem A. immut. angegebenen Charaktere passen 
auch sehr gut auf den A. obscurus. Nach den Exemplaren, welche ich 
zu untersuchen Gelegenheit hatte, bestand die Verschiedenheit des A. 
immut, hauptsächlich darin, dass der Körper etwas grösser, Schnabel und 
‚Füsse etwas dunkler, jener auch ein wenig stärker, und die Flecke des 
Unterkörpers etwas zahlreicher und grösser waren, als es gewöhnlich 


13 


bei dem’A, obscurus der Fall ist. Diese Abweichungen von der ge- 
wöhnlichen Form scheinen mir aber zur Feststellung einer neuen Art 
nicht hinreichend zu sein, um so weniger, da sie selten ganz constant 
sind; vielleicht dass spätere Beobachtungen über die Lebensweise dieses 
Piepers mehr Grund zu einer. specifischen Trennung geben. Eine gute 
Subspecies wird es übrigens jedenfalls sein. 


5. Der Polarpieper. 


Anthus pensylvaniceus, Briss. (Thien.) 


Ui: Alauda pensylvanica, Briss. Orn. (1763) I. p. 413. 

Alauda Louisiana, Lark. Alauda ludoviciana, Latham, Syn. II. 
2. p. 376. n. 7. — Gmel. Lin. $S. N. L 2. p. 793. n. 14. 

Alauda rubra, Gmel. Lin. S. N. I. 2. p. 794. n. 15. — Wilson, 
American ornithology, V. p. 89. pl. 42. f. 4. 

Alauda rufa, Wils. 

A. rubens, Merr.  ) nach Bonaparte Consp. gen. av. I. p. 249, 

A. pipiens, Aud. 

Anthus ludovieianus, Lichtenst, Doubletten-Verz, S. 37. n. 421. 
— Holböll, Beitrag zur Fauna Grönlands, übers. von Paulsen, S. 24. 

Anthus pensylvanicus, Thienemann, Rhea. Heft 2. S. 171. 

Artkennzeichen. Der starke Schnabel und die Füsse 
schwärzlich; die längste Hinterschwinge 1‘ kürzer, als 
die längste (iste) Vorderschwinge; die helle Zeichnung 
auf den äussersten Schwanzfedern glänzend weiss und an 
der ersten die Hälfte der Feder einnehmend, der Schaft 
derselben grösstentheils weiss. Färbung des Oberkörpers 
mit Olivengrün. Zügel gelblich. — Länge: 61, — 6%". 

Dieser Pieper, welcher von einigen Ornithologen, als Richardson, 
Temminck und Gloger, für übereinstimmend mit dem Wasser- und Fel- 
senpieper gehalten wird, unterscheidet sich von ersterem, mit dem er 
den 'schwärzlichen Schnabel und die schwärzlichen Füsse gemein. hat, 
durch eine viel dunklere und olivengrüne Färbung des Oberkörpers, 
durch eine weit grössere Ausdehnung des Weissen im Schwanze (fast 
wie bei A. pratensis), durch die um 4— 2/4 kürzern Läufe und ein 
anderes Verhältniss der Schwungfedern zu einander; von letzterem durch 
den dunklern Schnabel und die dunklern Füsse, und gleichfalls durch 
einen noch dunklern Oberkörper, so wie durch das reine Weiss in der 


14 


Schwanzzeichnung; und von beiden noch ausserdem durch eine geringere 
Grösse, einen längern Schwanz im Verhältnisse, gelbliche Zügel und eine 
ganz andere Färbung und Zeichnung des Unterkörpers. Er steht in der 
Mitte zwischen dem Wasser- und Wiesenpieper, und bildet ohne Zweifel 
eine gute Art. ; 

Beschreibung. Das Männchen im Frühlinge ist oberhalb 
dunkel olivengrün, viel dunkler als bei dem vorhergehenden, auf dem 
Rücken am dunkelsten und ganz düster, nach dem Kopfe zu am hellsten 
und in's Aschgraue ziehend, überall mit wenig bemerkbaren, verloschenen, 
dunklen Schaftflecken; die Zügel und ein Kreis um das Auge sind rost- 
gelblich; der Unterkörper ist schmutzig rostgelb oder röthlichgelb, an 
der Kehle und den untern Schwanzdeckfedern in's Rostgelblichweisse, 
an den Seiten aber in’s Olivengraue übergehend, um die Kehle herum 
und auf der Brust (nur gerade nicht immer, wie Thienemann sagt, 
einen starken Fleckenring bildend) mit kleinen dunkelbraunen Spitzen- 
flecken, welche in den Weichen zu Längsflecken werden. Die Flügel 
braunschwarz; die kleinen Deckfedern derselben olivengrüngrau gesäumt, 
die mittlern und grossen mit hell bräunlichgrauen Säumen, welche zwei 
Binden bilden; die vordern Schwungfedern mit. schmalen weisslichen 
Rändern, die hintern mit breitern, am Wurzelende mit hell olivenbraun- 
grauen Säumen; der Schwanz etwas dunkler, als die Flügel, schwärzlich, 
die äusserste Feder nach ‚aussen schräg rein weiss halbirt, Chat also viel 
mehr, und überdiess auch ein weit reineres Weiss, als es beim Wasser- 
pieper vorkommt,) die zweite Feder auch noch mit einem tiefen, schrä- ® 
gen, weissen Fleck am Ende und mit einer schmalen weissen Kante an 
der Aussenfahne; die folgenden Federn mit olivengrüngrauen, die beiden 
mittlern aber nach vorn mit schmalen hellgrauen Kanten. Die Iris dun- 
kelbraun. 

Das Weibchen ist etwas blässer, als das Männchen, auf dem Kopfe 
elwas mehr gefleckt, und am Unterkörper weniger röthlichgelb, sondern 
vielmehr lehmfarben. 

Das Herbst- und Winterkleid ist weniger lebhaft; der Ober- 
körper ist in demselben überall dunkel olivengraubraun mit verloschenen 
dunkeln Schaftflecken, der Unterkörper lehmgelb mit kleinen dunkel- 
braunen Spitzenflecken neben der Kehle, mit vielen und grössern schwarz- 
braunen Schaftflecken unter der Kehle und auf der Brust, und solchen 
Längsflecken an den Seiten, so dass der Unterkörper dichter und grösser 
gefleckt ist, als im Frühlingskleide.: Schnabel und Füsse etwas heller. 


15 


Die Ju ngen kenne ich nicht; wahrscheinlich aber sind sie den 
Alten im Herbstkleide ähnlich. Nach Thienemann sollen sie unten 
eine blässere, mehr in das Grünliche ziehende Färbung haben. 

Aufenthalt. Er bewohnt Nordamerika bis ziemlich weit in den 
Polarkreis hinein, wo er die Stelle unseres Wiesenpiepers vertritt, dem 
er in Allem am nächsten steht; kommt nach Holböll auch in Grönland 
häufig vor, und gehört somit, wenn wir Grönland mit in das Gebiet der 
europäischen Fauna ziehen, zu den europäischen Vögeln, als welcher er 
bisher noch nicht aufgeführt ist. Wir können ihn aber jetzt mit um so 
grösserem Recht dazu zählen, da er, nach Thienemann, auf dem 
Zuge auch schon bei Edinburg angetroffen worden ist und Hr. Mac- 
gillivray ihn dort erhalten hat. Er hält sich, wie der Wiesenpieper, 
mehr auf begrasten Flächen auf und selten an Seeküsten. Holböll 
sagt: »Dieser Anthus ist kein Klippenvogel, wie nach Nilsson A. aqua- 
ticus, sondern hält sich im Sommer auf den Graswiesen in der Nähe 
der Meerbusen und zur Zugzeit bei den Häusern auf, wo er sich von 
Fliegen- und Phalänenlarven nährt.«< Im Winter wandert er, und es 
ziehen sich dann die zahlreichen Züge dieser Vögel über den südlichen 
Theil von Nordamerika, wo sie sich meist auf bebauten Flächen, doch 
auch am Meeresstrande und an Flussufern halten. 

Lebensweise. Was die betrifft, so wissen wir darüber bis jetzt 
wenig. Holböll theilt uns darüber nichts mit; er erwähnt nur, dass 
das Männchen am Nestorte mehr schrillend als angenehm singe, indem 
dasselbe laut und durchdringend dieselbe Strophe wiederhole (welche 
quivit, quivit, quivit laute), sich dabei in einer Spirallinie erhebe 
und dann plötzlich gerade niederstürze. 
| Fortpflanzung. Er nistet nur in der Nähe und innerhalb des 
Polarkreises, auf Grönland nur im nördlichen Theile. Nest und Eier 
gleichen sehr denen des A. pratensis. Ersteres, welches Ende Juni oder 
Anfangs Juli erbaut wird, hat einen ziemlichen Umfang und ist nach 
 Thienemann (Fortpfl. der ges. V. S. 256), welcher durch Möschler 

aus Labrador Nest nnd Eier erhalten hat, 41a —5‘ breit, 1%,‘ hoch, 
 2la— 2a" weit und 14‘ tief, besteht aus schwarzen Flechten, etwas 
Moos mit Torfklümpchen, Grashalmen und Blättern, die auch inwendig, 
nebst einigen zarten Grasrispen, die ziemlich saubere Auskleidung bilden, 
oder es besteht aus Reischen, Haarflechten, Laub- und Lebermoosen und 
sehr zarten Grashalmen, und ist im Innern mit Haaren ausgelegt. In 
dasselbe legt das Weibehen 5—6 Eier, welche 8—9 1%‘ lang und 6' 


16 


bis 63/4 breit sind, (dasjenige, welches ich von Möschler besitze, misst 
nach hiesigem Maasse 10’ in der Länge und 72‘ in der Breite) und 
einen mässigen oder ziemlich starken Glanz haben, Grundfarbe und 
Flecken stimmen mit denen von A. pratensis überein, nur dass diese oft 
etwas mehr abstechen ; selten kommen einfarbige graugrüne oder grün- 
braune vor. Viele haben einen dunklen Haarzug. Ihr Korn kommt dem 
von A. arboreus am nächsten, so dass sie dadurch von denen des A. pra- 
tensis am leichtesten zu unterscheiden sind. Taf. XXV. fig. 9 des Thiene- 
mann’schen Werkes finden sich einige Eier dieses Piepers abgebildet. 


6. Der Wiesenpieper. 
Anthus pratensis, Lin. (Bechst.) 


Alauda pratensis, Lin. $S. N. ed. 12. I. p. 28%. 

Alauda sepiaria, Briss. Ornith. (1763) 1. p. 407. 

Anthus pratensis, Bechstein, Vögel Deutschl. II, S. 732. 

Anthus sepiarius, Vieill. Dict. Vol. 26. p. 486. 

Leimoniptera pratensis, Kaup. , 

Artkennzeichen. Der schwache Schnabel unten gelb- 
lichfleischfarben; die Füsse hellbräunlich; die längste 
Hinterschwinge wenig kürzer, als die vier längsten Vor- 
derschwingen; der Schaft der ersten Schwanzfeder von der 
Mitte an weiss; die Färbung des Oberkörpers mit Oliven- 
grün gemischt; die Zügel grau. Länge: 6% — 6%“. 

Von der vorhergehenden Art unterscheidet sich der Wiesenpieper 
durch einen schwächern und lichtern Schnabel, hellere Füsse, kürzern, 
Schwanz und weniger reines Weiss in demselben, sowie durch eine 
ganz andere Färbung des Ober- und Unterkörpers. 

Es wird nicht nöthig sein, eine ausführliche Beschreibung dieses 
Piepers hier zu geben, da wir deren in den ornithologischen Handbü- 
chern schon zur Genüge besitzen und besonders Naumann in seiner 
Nat. der Vög. Deutschl. II. S. 774 fill. uns eine solche mit seiner ge- 
wohnten Genauigkeit gibt.. Ich erwähne daher hier nur, dass dieser 
Pieper, wie es öfters bei solchen an Individuen sehr zahlreichen und 
weit verbreiteten Vogelarten vorkommt, sehr variürt, sowohl in der 
Färbung und Zeichnung des Kleides, als in der Länge und Stärke des 
Schnabels, und eben sowohl in der Höhe des Kopfs, als auch in ‘der 
Länge des Sporns. Der Oberkörper ist bald grauer, bald grüner, bald 


17 


gelblicher; niemals aber fehlt ganz das Grüne. Der Unterkörper hat 
bald mehr, bald weniger Rostgelb, und mitunter fast einen ganz weissen 
Grund; auch ist er bald mehr, bald weniger gefleckt. Aber alle diese 
Abänderungen sind theils klimatisch, theils örtlich, theils bloss individuell 
und geben zu Aufstellung von Arten durchaus keinen Grund. Wenn 
man die Extreme allein betrachtet, so kann man allenfalls verleitet wer- 
den, die eine oder andere Abänderung als eine eigene Art anzunehmen ; 
aber legt man die Uebergänge dazwischen, so wird man alsbald die 
Unhaltbarkeit derselben gewahr. Brehm hat aus diesen Abänderungen 
das gemacht, was sich einzig und allein daraus machen lässt, nämlich 
eine Reihe von Subspecies, von denen er elf in seiner Nat. der Vög. 
Deutschl. S. 332 ff. anführt und denen er folgende Namen gegeben hat: 
1. Der Morastpieper, Anthus stagnatilis. 

2. Der dänische Pieper, A. Danicus. 

3. Der Wiesenpieper, A. pratorum. 

4. Der Sumpfpieper, A. palustris. 

5. Der hochköpfige Pieper, A. alticeps. 

6. Der dünnschnäblige Pieper, A. tenuirostris. 

7. Der Singpieper, A. musicus. 

8. Der grünliche Pieper, A. virescens, 

9. Der Lichtensteins-Pieper, A. Lichtensteinii. 

0. Der Haidenpieper, A. desertorum. 

11. Der Bergpieper, A. montanellus. 

Hiermit ist indessen die Reihe der Subspecies noch nicht geschlos- 
sen, ‘denn Brehm’s Sammlung, aus welcher ich durch die grosse Güte 
“meines verehrten Freundes eine ganze Reihenfolge dieser Vögel zur 
Ansicht hatte, wofür ich ihm hier meinen aufrichtigen Dank sage, finden 
sich noch viele, die er schon mit Namen belegt, aber zum Theil noch 
nicht bekannt gemacht hat. 

Aufenthalt. Der Wiesenpieper bewohnt im Sommer die ganze 
 hördliche Hälfte von Europa, bis in den Polarkreis hinauf, kommt nach 
Middendorff selbst in Sibirien vor, und nach Paulsen auch noch in 

” Grönland, wo er indessen von der vorhergehenden Art, die dort seine 
Stelle einnimmt, schon fast verdrängt wird. Er hält sich besonders auf 
begrasten Moor- oder Torfboden auf, und wenngleich er vorzugsweise 
niedrige und ebene Gegenden zu lieben scheint, so geht er doch auch 
hoch auf die Gebirge hinauf und findet sich sogar brütend auf den Alpen. 


Im Winter wandert er schaarenweise in die südlichen Länder Europa’s, 
Naumannia, 1854. 2 


18 


und geht dann selbst nach Afrika, vielleicht auch nach Syrien hinüber. 

‘Während seiner Wanderungen bindet er sich nicht so genau an den 
Boden, sondern begibt sich dann auch auf Stoppelfelder, auf Kohl-, 
Rüben- und Kartoffeläcker, und sehr gern auf junge Wintersaaten. 

Was die Lebensweise dieses Piepers betrifft, so gibt uns Nau- 
mann in seiner Nat. der Vög. Deutschl, a. a. OÖ. von derselben eine 
sehr schöne Schilderung, der ich nichts hinzuzufügen weiss. Doch muss 
ich erwähnen, dass in dem Gesange der Männchen nach Individualität 
und Oertlichkeit oft eine sehr grosse Verschiedenheit stattfindet, so dass 
man mitunter einen ganz andern Vogel zu hören glaubt, was mir aber 
eben so wenig, wie die Abänderung in der Färbung, Grund zu einer 
specifischen Trennung zu sein scheint, da wir dergleichen ja bei vielen 
andern Vögeln gleichfalls finden. 

Auch über die Fortpflanzungsweise dieses Vogels theilt uns 
Naumann das bis jetzt Bekannte mit, sowie Thienemann in seiner 
Fortpflanzungsgeschichte der ges. Vögel $. 255, in welchem Werke auf 
Taf. XXV. fig. 8. a—d zugleich vier Eier abgebildet sind. 


7. Der rothkehlige Pieper. 
Anthus cervinus, Pall. (Keys. et BI.) 


Motacilla cervina, Pall. Zoogr. I. p. 511. 

Anthus rufogularis, Brehm, Lehrbuch der Nat, aller Vögel Eur. 
II. S. 963. 

Anthus cervinus, Keyserling und Blasius, die Wirbelth. Europ. 
Il. S. XLVII. . ” 

Anthus cecilü, Audouin. 

Anthus aquaticus, Blyth. } nach Bonaparte Consp. av. I. p. 248.» 

Anthus rosaceus? Hodgs. 

Anthus pratensis rufigularis, Schlegel, krit. Uebersicht der eur. 
Vögel S. XXXVI. 

Artkennzeichen. Die Füsse gelbbraun; die beiden 
längsten Unterschwanzdeckfedern mit einem schwärzli- 
chen Längsfleck; die längste Hinterschwinge fast so lang 
wie die längsten Vorderschwingen; der Schaft der ersten 
Schwanzfeder grösstentheils weiss; die Färbung des Ober- 
körpers ohne Grün; die Kehle bei alten Vögeln schön rost- 
farben. — Länge: 6 — Tr", 


19 

Beschreibung. Das alte Männchen im Frühling. Der 
Schnabel schwärzlich, an der Wurzel des Unterkiefers gelblich; der Au- 
genstern braun; die Füsse gelbbraun, etwas dunkler, als bei dem Wie- 
senpieper. Der ganze Oberkörper schwarzbraun, mit breiten, hell grau- 
braunen Federsäumen auf dem Kopfe, Hinterhalse, Unterrücken und 
Bürzel, so dass die Grundfarbe auf dem Kopfe und am Hinterhalse nur 
in Streifen erscheint und auf dem Bürzel ziemlich verdeckt wird; auf 
dem Oberrücken mit schmälern und lichtern, mit. Grauweiss gemischten, 
Federrändern, welche die Grundfarbe in grossen breiten Schaftstreifen 
erscheinen lassen, so dass desshalb hier, ungeachtet der lichtern Feder- 
ränder, die Färbung doch ein weit dunkleres Ansehen hat, als an den 
übrigen Theilen des Oberkörpers; (oder wenn man, wie Temminck 
und Degland, die Ränder als Grundfarbe betrachtet, so ist der ganze 
Oberkörper hell graubraun, auf dem Oberrücken am hellsten und mit 
Grauweiss gemischt, überall mit schwarzbraunen Schaftflecken, welche 
auf dem Kopfe und Hinterhalse in Streifen erscheinen, auf dem Ober- 
rücken sehr breit werden und fast die ganze Feder einnehmen, so dass 
von der Grundfarbe nur ein schmaler Rand übrig bleibt, welche aber 
auf dem Unterrücken und Bürzel wieder mehr hervortritt und die Schaft- 
dlecken fast verdeckt;) über den Augen ein hell rostfarbener Streif, 
Zügel und Augenstreif rostfarben (Temminck gibt die Zügel hellbraun 
an); Ohrgegend hellbraun, in’s Rostfarbene übergehend. Die Seiten des 
Halses, Kehle und Gurgel schön rostfarben mit rosenröthlichem Anfluge ; 
der übrige Unterkörper blassrothgelb oder rostgelblichweiss; um die 
Gurgel herum zieht sich auf der Oberbrust und etwas an den Seiten 
des Halses hinauf ein Gürtel von schwarzbraunen, lanzettförmigen Flecken, 
welche in den Seiten Längsflecken werden; Bauch und After ungelleckt, 
‚aber die längsten Unterschwanzdeckfedern mit langen Schaftstreifen. Die 
Schwanzfedern schwarzbraun, die erste grösstentheils weiss, sammt dem 
Schafte, an der innern Seite von der Wurzel schief hinauf braun; die 
zweite an der Spitze mit einem kleinen weissen Keilfleck und schmalen 
weissen Rande an der Aussenfahne; die übrigen graugelb gesäumt, 
Die Flügel schwarzbraun, an den kleinen Deckfedern mit breiten, 
braungrauen Säumen, welche den Grund fast verdecken, an den mittlern 
und grossen mit gelblich grauweissen Säumen, welche am Ende breiter 
sind, als an den Seiten, und so zwei Binden bilden, an den vordern 
Schwungfedern mit schmalen weisslichen Kanten, an den hintern mit brei- 
tern, hell graugelben Rändern, die später etwas in’s Weissliche verbleichen. 

2% 


20 


Die Zeichnung des Unterkörpers variürt bei den Männchen sehr oft; 
denn es kommen nicht selten, besonders in Nubien, Individuen vor, bei 
welchen der ganze Vorderhals bis zur Brust hinab, nebst Halsseiten und 
Augenstreifen, schön rostfarben sind mit ziemlich starkem rosenrothen 
Anfluge, die Zügel schmutzig weiss, und der Unterkörper überall sehr 
wenig, nur an den Seiten gefleckt. So gezeichnete nennt Audouin, 
nach einem Exemplar aus dem Berliner Museum, A. cecilii. 

Bei andern zieht sich die Rostfarbe auch wohl noch auf die Brust 
hinab, aber sie wird unterhalb der Kehle blässer und verliert hier den 
rosenrothen Anflug, ist auch nicht mehr fleckenfrei, wie denn überhaupt 
bei diesen der Unterkörper viel mehr gefleckt erscheint, als bei jenen, 
zu welchen sie den Uebergang bilden. Diese sowohl, wie jene nennt 
Brehm Anthus cervinus und trennt sie als Subspecies von seinem A. 
rufogularis. Ich halte sie bloss für Altersverschiedenheiten oder für 
klimatische Abänderungen, denn als Art möchte ich sie schon aus dem 
Grunde nicht gelten lassen, weil sich kein haltbares und auf alle Kleider 
passendes, unterscheidendes: Artkennzeichen angeben lässt. 

Bei den jüngern Männchen ist die Rostfarbe an der Kehle nicht 
so schön, wie bei den alten, denn es fehlt ihr der röthliche ‘Anflug. 
Auch ist bei ihnen der Unterkörper in der Kropfgegend und auf der 
Brust mehr gefleckt. 

Das alte Weibchen ähnelt den jüngern Männchen. 

Im Herbstkleide ist die Farbe des Oberkörpers mehr olivenbraun, 
aber ohne Grün; der röthliche Anflug auf der Rostfarbe der Kehle fehlt 
auch dem Männchen; der Unterkörper hat grössere, zahlreichere und 
dunklere Flecken, und der Schnabel ist lichter, als im Frühlinge. 

Die Jungen nach der ersten Mauser haben eine gelblich- 
weisse Kehle und noch keine Rostfarbe ; sonst ähneln sie den Alten im 
Herbstkleide. Mit dem Wiesenpieper sind sie jedoch durchaus nicht zu 
verwechseln, da sie sich von diesem sowohl durch den Mangel des 
Grünen im Gefieder, als auch durch die schwarzbraunen Schaftstreifen 
an den längsten Unterschwanzdeckfedern auf den ersten Blick unter- 
scheiden. 

Aufenthalt. Seine Verbreitung erstreckt sich von Dalmatien und 
Lappland an durch den angrenzenden Theil von Asien bis zu den Inseln 
bei Amerika. Auch ist er in Aegypten und Nubien häufig. In der kal- 
ten und gemässigten Zone ist er Zugvogel, selbst noch in Griechenland. 
Auf dem Zuge kommt er in mehrere Länder des südlichen und west- 


21 


lichen Europa’s, so namentlich nach Sieilien, Sardinien und dem südli- 
chen Frankreich, selten nach dem südlichen Deutschland, noch seltener 
nach dem nördlichen und bis nach Dänemark hinauf. In Lappland kommt 
er im Frühlinge später an, als der Wiesenpieper. Wie dieser, liebt 
auch er die begrasten Flächen, doch weniger die feuchten, als vielmehr 
die trockenen. 

Lebensweise. Ueber diese weiss man bis jetzt immer noch 
wenig; vielleicht aber dass A. Brehm, der diesen Vogel in Aegypten 
zu beobachten Gelegenheit hat, uns noch Einiges über dieselbe mitzu- 
theilen weiss. In vielen Stücken mag er in der Lebensweise wohl mit 
dem Wiesenpieper übereinstimmen, da er diesem ja am nächsten steht. 
Nach Schrader’s Beobachtung in Lappland steigt das Männchen wäh- 
rend der Begattungszeit, ähnlich dem Wiesenpieper, singend in die Höhe, 
hält die Flügel, eine kurze Zeit schwebend, aus einander, und wirft sich 
dann mit einem Ruck schnell wieder hinunter; welches Spiel es oft 
wiederholt. In wie fern übrigens sein Gesang von dem des Wiesen- 
piepers verschieden oder nicht verschieden ist, darüber berichtet uns 
Schrader leider nichts. 

Seine Nahrung hat er wahrscheinlich mit dem Wiesenpieper 
gemein. 

Fortpflanzungsweise. Hierüber führe ich nur an, was Schra- 
der darüber in Lappland beobachtet hat und Hr. Past. Pässler im Jour- 
nal für Ornithologie von Dr. Cabanis Heft IV (1853) S. 252 uns mit- 
theilt: »Dieser Vogel, heisst es dort, nistet nie so, wie der Wiesenpieper, 
an feuchten Orten, sondern stets an trockenen, Das erste sichere Nest 
fand Schrader Mitte Juni’s unter dem Rande eines flachen Steines, in 
einer kleinen Vertiefung des Bodens, von Empetrum nigrum überschattet, 
mit vier Jungen und einem faulen Eie. Ein zweites, etwas früher mit 
fünf bebrüteten Eiern, aufgefundenes Nest stand am Fusse einer zarten 
Birke, gleichfalls unter Gestrüpp von Empetrum, nigrum wohl versteckt. 
Die Wände des Nestes bestehen zunächst aus groben Halmen, denen 
_ feinere folgen; mit letzteren ist auch das Innere ausgelegt. Die Eier, 
an Grösse den Wiesenpieper-Eiern gleich, sehen diesen weder an Ge- 
stalt, noch an Färbung und Zeichnung ähnlich. Sie sind 14‘ lang und 
6-61‘ breit. Ihre Form ist sehr gestreckt, die grösste Dicke nahe 
am Ende liegend, die Höhe stark zugespitzt, die Schaale sehr zart und 
glänzend. Einige sind auf graubraunem Grunde mit schiefergrauen Schaa- 
lenflecken, sowie mit bräunlichgelben verwaschenen und scharf ausge- 


22 


prägten sparsamen dunkelbraunen Punkten und Schnörkelchen versehen; 
und die so gezeichneten ähneln den Eiern der Emberiza schoeniclus, 
entfernter jedoch auch manchen Abänderungen derer von Emberiza lap- 
ponica. Andere zeigen eine matte, röthlichbraune Grundfarbe, schiefer- 
graue Flecke in der Schaale, und röthlichbraune verwaschene Flecke 
nebst schwarzbraunen Pünktchen auf der Oberfläche. Noch andere sehen 
den graulichen Baumpieper-Eiern nicht unähnlich: sie haben auf weiss- 
grauer Grundfarbe schiefergraue Schaalenflecke, matt röthlich graubraune 
andere Flecken und scharfe schwarzbraune Punkte. 

Bemerkungen. Naumann hält noch in seinem Werke über die 
deutschen Vögel den rothkehligen Pieper für das recht alte Männchen 
des Wiesenpiepers; eben so Gloger. Schlegel und Thienemann 
halten ihn für eine klimatische Abänderung desselben; wesshalb Letzterer 
in seinem neuen Werke über die Fortpflanzungsgeschichte der gesamm- 
ten Vögel auch gar nichts Besonderes ‚von ihm erwähnt. Degland ist 
ebenfalls über die Selbstständigkeit desselben als Art noch.ungewiss und 
bezeichnet ihn desshalb mit einem Fragezeichen. Doch so sehr auch 
diese, sowie manche andere Ornithologen, gegen die Selbstständigkeit 
dieser Species vielleicht noch eingenommen sein mögen, so halte ich sie 
doch, und ausser mir schon viele Andere, entschieden für eine gute Art, 
die sich constant von der vorhergehenden unterscheidet. Man hat vor- 
gegeben, dass kein Artkennzeichen aufzufinden sei, woran man diesen 
Vogel in allen Kleidern untrüglich von dem Wiesenpieper zu unterschei- 
den vermöchte; aber es findet sich dieses sowohl in der sehr verschie- 
denen Färbung des Oberkörpers, welcher das Grünliche, das bei A. 
pratensis, wenn zuweilen auch nur sehr wenig, immer vorhanden ist, bei 
A. cervinus stets mangelt, als auch in der Zeichnung der beiden läng- 
sten Unterschwanzdeckfedern, welche in allen Kleidern einen bis vor die 
Spitze der Feder reichenden dunklen Schafifleck haben, der allen übrigen 
europäischen Piepern fehlt, und wovon nur eine Andeutung bei dem 
Anth. obscurus vorkommt. 


8 Der Baumpiepenr. 
Anthus arboreus, Bechst. 


Alauda trivialis, Gmel. Lin. $; N. I. 2. p. 796. n. 5. Ob die A. 
trivialis Lin. S. N. ed. 12. I. p. 288 hierher gehört, ist ungewiss und nach 
der Diagnose schwer zu bestimmen. Manche ziehen sie zu A. pratensis. 


23 


Alauda pratensis, Briss. Orn. (1760) IH. p. 343. 

Motacilla Spipola, Pall. Zoogr. I. p. 512. 

Alauda turdina, Scopoli. 

Alauda minor, Bewick. 

Pipastes arboreus, Kaup. nach Bonaparte Consp. av. I. p. 248. 

Dendronanthus trivialis, Blyth. 

Cichlops thermophilus? Hodgs. 

Alauda minor, Latham, Synops. übers. von Bechstein II. S. 377. 
n. 8 gehört ebenfalls wohl hierher. 

Anthus arboreus, Bechstein. Naturg. Deutschl. IL. S. 706. 

Anthus foliorum, ie et herbarum, Brehm, Vög. Deutschl. 
S. 326, 327. 

Artkennzeichen. Die Füsse Fleischfarben; der Nagel 
der Hinterzehe kürzer als sie und im vierten Theile eines 
Kreises gebogen; die längste Hinterschwinge von der 
Länge der Vorderschwingen; der Schaft der ersten 
Schwanzfeder der ganzen Länge nach braun; das Gefieder 
mit grünlichgemischten Federrändern. — Länge: 7“ 2 bis 
zu gu, 

Eine Beschreibung dieses Piepers hier zu geben, scheint mir 
überflüssig zu sein, da wir dieselbe in allen ornith. Handbüchern sehr 
gut und richtig, und besonders in Naumann’s Vögel Deutschl. IH. S. 
758 ff. sehr ausführlich finden. 

Aufenthalt. Er bewohnt fast ganz Europa bis an die Grenze der 
Polarländer hinauf, nur Irland nicht; dann die an Europa grenzenden 
Länder von Asien, selbst Sibirien*), und das nördliche Afrika, in wel- 
chem letzteren er hauptsächlich den Winter zubringt, denn in Europa 
bleibt in dieser Jahreszeit nur selten einer zurück. Er ist wahrer Wald- 


‘ 


*) Nach v. Middendorff (Sibir. R. Bd. IT. Thl. 2. p. 163 ff.) „gehören die im 
südlichen Sibirien (Südküste des Ochotskischen Meeres, S’tanowöj- „Gebirge etc.) häufig 
“ vorkommenden Baumpieper, grösstentheils der japanischen, von Temminck 
und Schlegel (Siebold Fauna japon., Aves p. 58. t. XXIID abgebildeten und beschrie- 
benen Abart dieses Vogels an.‘‘ Indessen schoss M. auch einige alte Männchen, 
welche von den europäischen, z. B. der Gould’schen Abb., nicht im Geringsten ab- 
weichen. Die Baumpieper des S’tanowöj-Gebirges sind durchnittlich etwas kleinern 
Wuchses, als die europäischen. Im Hochnorden Sibiriens wurde er nirgends ange- 
troffen. Die in Sibirien gefundenen Eier zeigten nur diejenige Farbenvarietät, welche 
von Thienemann auf Taf. XXV. fig. c abgebildet sind. 

: Baldamus. 


24 


vogel, und unterscheidet sich darin von allen seinen europäischen Sippen- 
verwandten. 

Ueber seine Lebensweise finden wir ebenfalls in Naumann’s 
Werk a. a. O. alles bisher Beobachtete, und eben dort auch das über 
seine Fortpflanzungsweise Bekannte. Ueber letztere siehe jedoch 
auch Thienemann’s Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel 
S. 254 nebst den dazu gehörenden Abbildungen mehrerer Eier auf Taf. 
XXV. fig. 7. a—e. 


Barkow im December 1853. 
H. Zander, 


Bemerkungen und Zusätze. 


Von 


E. Baldamus. 


Die längst erwartete und höchst dankenswerthe Arbeit meines Freun- 
des Zander über die Pieper wird ohne Zweifel viel zur Aufklärung 
dieser theilweise — namentlich in der Synonymik — bisher vernach- 
lässigten Familie (oder Subfamilie, Bp. — Anthinae = erste Subfa- 
milie der Familie Motacillidae, Consp. av. I, p. 247) beitragen, und 
liefert neben der kritischen Sichtung des vorhandenen Mate- 
riales, besonders des synonymistischen Apparates, fast alles zu einer 
vollständigen Monographie der europäischen Arten bisher noch 
fehlende. Alles bisher Bekannte und das Neueste hier gleich beisam- 
men zu haben, ist der Zweck der folgenden Bemerkungen und Zusätze. 

Die Familie oder Subfamilie der Anthinae, von Bonaparte 
mit allem Rechte zwischen die Alaudinae und Motacillinae gestellt, ent- 
hält nach ihm (Consp. av. 1. c.) 37 bis 38 Species, von denen einige 
noch unsicher sein, zu denen aber auch noch einige hinzukommen dürf- 
ten. Ihre geographische Verbreitung zeigt das Eigenthümliche, 
dass, während den Continenten der alten Welt und Südamerika un- 
gefähr die gleiche Anzahl von Species eigenthümlich ‚ist, die grosse 
nördliche Hälfte der neuen Welt nur eine Species besitzt, (A. pensyl- 
vanicus, Br., ludovicianus, aut.) Europa hat, mit Einschluss der eben 
genannten, 8 Arten, meist mit Afrika und Asien gemeinschaftlich, und 
nur die Brütezonen von 2 Arten dürften vielleicht gänzlich in Europa 
liegen (A. aquaticus und obscurus). A. Richardi und campestris brüten 


25 


auch in Afrika, wahrscheinlich auch im südwestlichen Asien, A. pratensis, 
rufogularis (cervina, aut. recent.*) und arboreus erstrecken ihre Brüte- 
zone zum Theil weit ins nördliche und mittlere Asien hinein, und brüten, 
wenn nicht die beiden andern, so doch A. rufogularis auch in N.Afrika. 
Afrika gehören ausserdem 9, Asien 6, Südamerika 9 Oceanien 3 
und Nordamerika 1 Species. 

Prinz Charles Lucian Bonaparte trennt seine Subfamilie in drei 
Genera: Corydalla, Vig, Agrodroma, Sw. und Anthus, Bechst. 
Consequenterweise hätte er auch, wie bereits Zander bemerkt, und mit 
grösserem Rechte Blyths Genus Dendronanthus adoptiren müssen. Die 
beiden ersten Genera Bps. zählen je 2 Arten: Corydalla Richardi und 
Sinensis, und Agrodroma campestris und australis, Sw.; die übrigen 
34 kommen auf das Genus Anthus, und sind nach der Provenienz auf- 
geführt (Consp. av. 1. c.). 

Von der Lebensweise der nichteuropäischen Arten kennt man 
sehr wenig, und hat nur einige dürftige Data über die Fortpflanzungs- 
geschichte zweier oder dreier Species, (A. australis, Vig. et H. und 
Correndera, Az.) s. Thienem. Fortpfl. d. gesammten Vögel, p. 258. f. 

Beireffs der europäischen Arten ist noch Folgendes zu bemerken. 

Die Maasse und die Färbungen von Anthus Richardi schei- 
nen nach den verschiedenen Lokalitäten doch grösseren Abweichungen zu 
unterliegen, und noch heute nicht alle Kleider genügend bekannt zu sein. 
Freund Zander misst die Totallänge mit 8 Zoll, Dr. Degland (Ornith. europ. 
I. p- 416.) mit 18 CM., ein vor mir liegendes altes W. aus Afrika hat 19,1 
CM., was eine Differenz von 3,5 resp. 2,4 CM. = 15Y.“' und 113 
ergibt **). Verhältnissmässig differiren natürlich auch die übrigen Maasse. 

Anthus campestris ist doch auch in Norddeutschland an den geeig- 
neten Lokalitäten nicht so. ganz einzeln, wenn gleich nicht so häufig als 
arboreus und pratensis, Seine unter den gewöhnlichen Umgebungen 
so wenig auffallenden Farben, sein schönes und zurückgezogenes We- 


— 


- *) Siehe weiter unten, 

**) Leider ist die Ornithologie noch immer bezüglich der Anwendung der Maasse 
hinter andern Disciplinen der Naturwissenschaft zurück, die meist ohne Ausnahme 
das so bequeme und genaue neufranzösische Maass angenommen haben, während 
wir neben dem altfranzösischen (in Frankreich verbotenem!) das englische und 
gar noch manche andere anwenden. Auch wäre es wünschenswerth, dass ein festes 
Prineip für die Ausgangspunkte der verschiedenen Messungen aufgestellt und zu- 
nächst von den Mitgliedern unserer 0. 6. angenommen und befolgt würde, Die 
Ornithologie würde bald die grossen Vortheile einer solchen Einigung erfahren, 


26 


sen, die leicht überhörbare- Stimme, und sein verhältnissmässig von Men- 
schen wenig besuchter Aufenthaltsort lassen ihn seltener erscheinen, als 
er es wirklich ist. Er macht, wie alle europäischen Gattungsgenossen 
regelmässig nur eine Brut, und eine zweite nur, wenn die erste, 
(wie es aus nahe liegenden Gründen besonders ihm und dem Wiesen- 
pieper passirt) verunglückt ist. 

A. cervinus. Wenn sich die Ansichten Dr. von Middendorffs #) be- 
währen sollten, so hätten wir statt der einen, manchem Ornithologen 
noch verdächtigen Art zwei dergleichen, und noch dazu 'als europäisch 
anzunehmen, den A. rufogularis, Brehm, als die »vorzugsweise im süd- 
licheren Europa und in Nordafrika heimische Art, und den A. cervinus. 
K. und Bl. **), .die Motacilla cervina, Pall., hochnordischen, obgleich weit 
südwärts reichenden Vorkommens«. Dieser letztere »ist in dem gesamm- 
ten Hochnorden der alten Welt in grosser Häufigkeit und als einziger 
Repräsentant seines Geschlechts vorhanden, obgleich er nicht zu den 
vorzugsweise polaren Vögeln gehört, da er, am Taimyrflusse nur aus- 
nahmsweise vorkam, obzwar an der Boganida (71° n. Br.) eben so sehr 
häufig als an den Küsten des Eismeeres im russischen Lapplande. Im 
nördlichsten Sibirien war dieser Vogel ein Hauptbewohner der Tundra, 
allein auch im S.O. Sibiriens wurde ein solcher im S’tanowöj-Gebirge am 
26. Mai, (mithin offenbar nicht mehr auf dem Durchzuge) erlegt. Die 
sibirischen Exemplare zeichnen sich alle durch die rostgelbliche, dabei 
aber etwas violett überflogene (genau der Brustfärbung der Turteltaube 
entsprechende) Färbung ihrer Wangen- nebst Augengegend, der Kehle, 
der Bauchseite, des Halses und der Oberbrust aus, obgleich sich Vögel 
unter ihnen befinden, welche zwischen dem Ende des Mai und des Juli 
geschossen wurden. Diese Färbung setzt auf der Oberbrust ziemlich 
scharf begrenzt ab von der gelblichweissen, seitlich mit schwarzen Pin- 
selflecken gezeichneten Bauchfärbung. Der Rücken ist sehr. dunkel, und ° 
man sieht auf ihm gar keine röthlichen oder gelblichen Tinten, da’ die 
schmalen, hellern Ränder der Rückenfedern weisslich- oder grünlich-grau 
sind. Die vier ersten Schwingen sind fast gleich lang und werden von 


*) Dr. A. Th. von Middendorff’s Sibirische Reise, Bd. II. Th, 2. p. 164. ff. 

**) Keyserling u. Blasius, die Wirbelthiere Europa’s, p. 172. ‚Bei der Verwir- 
rung, welche in den Benennungen der Pieper herrscht — sagt Midd. a. a. 0, — 
lege ich einen Nachdruck darauf, dass ich hier unter A. cervinus, Pall,, denjenigen 
Vogel verstehe, welcher von K. u. Bl. beschrieben worden ist.“ Demnach würde 
diese Beschreibung auf A, rufogularis, Br., nicht passen. 


27 


der längsten Schulterfeder beinahe erreicht, u. s. w. wie K. u. Bl. an- 
gegeben. Die Innenhälfte der weissen äussersten Steuerfeder bräunlich ; 
ein spitzer dreieckiger weisser Fleck auf dem Ende der Innenfahne der 
zweiten Steuerfeder; die übrigen Steuerfedern einfarbig schwarzbraun. 
Die Färbung der Unterseite des Halses und der Kehle ist bei einzelnen 
W. (jüngere?) verblichener und minder ausgedehnt als bei den M.; na- 
mentlich lassen sich aber die W. noch am leichtesten daran unterschei- 
den, dass bei ihnen die Oberbrust dicht mit grossen braunschwarzen 
Pfeilflecken getropft ist, welche sich, in mehreren Reihen hinter einander 
gelegen, zu einem grossen Halsbande gestalten (gleichwie beim A. rufo- 
gularis), dagegen diese Pfeilflecke bei den M. nur vereinzelt auf beiden 
Seiten der Oberbrust zerstreut liegen, und sich von hier, gleichwie bei 
den W., auf die Flanken hinabziehen. Doch gewährt auch dieses Merk- 
mal keine durchgängig sichere Unterscheidung der Geschlechter. Am frisch 
geschossenen Vogel waren: der Oberschnabel dunkelhornfarben, der Un- 
terschnabel an seiner Spitze ebenso, an seiner Wurzelhälfte aber hell- 
gelb; die Iris dunkelkastanienbraun; die Schienbeine und Zehen heller als 
die Iris; die Zehensohlen aber pomeranzig-gelb.« 

»Ein W. von A. rufogularis wurde am 13. August, also vielleicht 
schon auf dem Durchzuge, bei Uds’köj-Oströg geschossen. Dieses stimmt 
vollkommen mit europäischen Exemplaren überein, und namentlich mit 
Gould’s Abbildung (The birds of Europe, II. pl. 139). Die längste Schul- 
terfeder der mir vorliegenden Exemplare überragt die Schwingen um ein 
paar Linien. Die vierte Schwinge nebst der ersten, und wiederum die 
zweite nebst der dritten sind unter einander gleich lang.« 

So weit Dr. von Middendorff, und er sagt überdiess ausdrücklich, 
dass es ihm »aus zoologisch- geographischen Gründen wahrscheinlich 
scheine, dass in Kamtschatka nicht der bei Gould abgebildete A. rufogu- 
laris, sondern eben eine andere Art, der A. cervinus, Pall., vorkommen 
müsse, weil er, wie bereits bemerkt, diesen hochnordischen obgleich 

weit südwärts reichenden Vogel von dem erstern, vorzugsweise südli- 
_ chen, trennen zu müssen glaube *). 
Vergleichen wir damit die Angaben Vilh. Liljeborg’s **) (Nau- 


*) Wir müssen freilich bekennen, dass wir diesem Grunde nicht Gewicht genug 
beizulegen vermögen. 

”*) Bidrag till Norra Rysslands och Norriges fauna, samlade under en veten- 
skaplig resa i dessa länder 1848; af Vilh. Liljeborg. K. Vetenskaps Akademiens 
Handlingar. 1850. II. 


28 


mannia II, 2. p, 98. ff.), der nach der Ansicht v. Midd. also den Palla- 
sischen Vogel vor sich hatte, so widersprechen sich zunächst die beiden 
Gelehrten scheinbar direkt hinsichtlich des Vorkommens der Art neben 
und zwischen A, pratensis, und Liljeborg findet in dem überwiegenden 
Vorkommen des A. pratensis längs der ganzen nördlichen Küste 
des alten Continents sogar einen Grund gegen die Annahme, dass 
A. cervinus lediglich Localvarietät sei. »An den Stellen‘, wo ich ihn 
getroffen, war das Verhältniss.so; und wäre er in Sibirien der gemeinste 
gewesen, so würde wohl Midd. ihn dort gefunden haben. So war es 
aber nicht — Midd. fand nur A. pratensis in Sibirien.« Theilweise wird 
nun allerdings dieser Widerspruch durch die Bemerkung Middendorff’s 
gehoben, dass unter den von ihm für Lappland aufgeführten Piepern A. 
rupestris Cobscurus) durch Versehen weggelassen, indem junge Vögel 
dieser Art im Herbstkleide ‘unter dem Namen A. pratensis aufgeführt 
seien, während der Vogel, den er damals (Baer und Helmersen, Beiträge 
zur Kenntniss des russischen Reiches, 1843, 8tes Bdchn., N. 35 und 36 
der zweiten Tabelle zu p. 200) A. aquaticus genannt, die ächte Motac, 
cervina Pall, sei. Aber freilich bleibt noch das Citat Liljeborg’s (Bull. 
Phys. Mathem. de St. Petersbourg, Tom. II. p. 295) für seine Behaup- 
tung übrig, »dass v. Baer und v. Midd. den A. prat. als selten für die 
russische Lappmark angeben, und dass Midd. ihn auch in Sibirien ge- 
funden habe. Indess könnte auch hier ein so leicht möglicher Irrthum 
obgewaltet haben, und wir haben wohl unbedingt Midd. jetzt so bestimmt 
ausgesprochener Behauptung über das alleinige Vorkommen des A. cer- 
vinus im Hochnorden der alten Welt Glauben zu schenken, um so mehr, 
als Lilj. selbst nur eine verhältnissmässig sehr kleine Strecke der »nörd- 
lichen Küste des alten Continentes« zu untersuchen Gelegenheit hatte, 
seine Behauptung überdiess nur eine Folgerung aus Midd. frühern An- 
gaben und schliesslich allerdings mit einem »soll«*) eingeleitet ist. Es 
möchte demnach denn doch wohl Prof. Sundeval Recht haben mit seiner 
bereits 1840 ausgesprochenen Vermuthung, dass A. cervinus »die östliche 
Form«, oder vielmehr der östliche Repräsentant von A. pratensis sei, 
wenn wir auch den bestimmten Angaben Liljeborg’s gemäss die Grenze 
beider nicht an’s Nordcap verlegen, sondern entweder an die von Blasius 
gezogene (Dwina) oder an die alte (Ural) faunistische Grenzlinie des 


*) „Uian den lär langs hela norra kusten af gamla Kontinenten vara vida 
mindre talrik“, K, V. Handl. 1850. II. p. 279. 


29 


nördlichen Europa und Asien, was natürlich ein vereinzeltes und selbst 
häufigeres Vorkommen der Grenznachbarn jenseits und diesseits, unter 
gewissen Bedingungen nicht ausschliessen kann. 

Wenn nun unter diesen Voraussetzungen ein Beweis Liljeborgs für 
die Speciesdignität des A. cervinus entkräftet würde, so bleiben 
dennoch genug für ihre Feststellung übrig: die rothe Kehle ist 
weder Alters- noch Geschlechtskennzeichen; beide Arten 
kommen wenigstens an der Grenze ihrer Verbreitung ne- 
ben einander vor, ohne sich gegenseitig zu verpaaren; die 
Eier sind so constant verschieden, dass diese Verschie- 
denheit allein eine specifische Trennung rechtfertigen 
würde *); endlich tritt noch die von Midd. benachdruckte geogra- 
phische Verbreitung, jetzt mit ihrem vollen Gewichte, 
hinzu, um eine von A, pratensis verschiedene gute Art zu 
etabliren. 

Ob diese gute europäische Art nun aber die Motac. cervina 
des Pallas, oder der A. rufogularis Brehms, oder ob beide synonym sind: 
diese Fragen harren meines Bedünkens noch der endgültigen Lösung. 
Ein grosser Theil des dazu nöthigen Materials befindet sich sicher im 
Bereiche der Herrn v. Middendorf, Liljeborg und Brehm, denen wir 
hiermit unsere Zeitschrift mit dem Versprechen der Lieferung sorgfälti- 
ger Abbildungen von Naumann’s Meisterhand anbieten dürfen **). 

Schlieslich empfehlen wir die event. Berichtigung u. s. w. des vor- 
liegenden monographischen Materials der europäischen Pieper allen Freun- 
den unserer Wissenschaft, indem ich zugleich im Namen meines lieben 
Freundes Zander Hrn. Dr. Degland unsern Dank für die zuvorkommende 


*) So constant, dass unter den Hunderten von Wiesenpieper-Eiern, welche 

ich gesehen, auch nicht ein einziges nur entfernte Aehnlichkeit mit 
der Färbung und Zeichnung der c. 20 von Hrn, Schrader eingesandten E. des A. 
cervinus zeigt: vorausgesetzt, dass dieser reisende Sammler richtig gesehen und 
berichtet hat. Weniger Gewicht können wir auf den angeblich ganz verschie- 
‘denen Standort des Nestes legen (s. oben). Man sage’ übrigens nicht, dass 
jene Eierverschiedenheit rein klimatisch oder lokal sei: in dieser Ausdehnung wäre 
eine solche bisher ohne Beispiel! Ausserdem gleichen die lappländischen Eier von 
A. pratensis denen der übrigen Lokalitäten vollkommen. 

**) In Dr. v. Middendorff’s oft eitirtem Reisewerke ist zwar sein A. cervinus, 
(Tab. XIV. fig. 1. Altes M. in Sommertracht; 2. A, dessen äussersie, B, dessen 
zweitnächste Steuerfeder; 3, der Kopf des alten W.) abgebildet, allein gerade diese 
Abbild. scheint uns zu den weniger gelungenen zu gehören, besonders im Vergleiche 
zu den Naumann’schen. ie 


30 


Güte ausspreche, mit welcher er uns die reiche Suite der Pieper seiner 
Sammlung zur Benützung überliess. 
E. Baldamus. 


Einige Notizen über die blaue Elster, Pica cyanea. 


Von 


Baron R. König- Warthausen. 


Die blaue Elster, Corvus cyaneus Pall., Pica cyanea Cuv. heisst auf 
Spanisch Garrula und Rubilargo. Ihr Vorkommen scheint sich über ganz 
Spanien zu erstrecken, wo sie nichts weniger als selten ist. 

Dann findet sie sich erst wieder im Osten, jenseits des Baikal-See’s, 
hält sich dort am Ufer der Gewässer, besonders in Weidendickichten 
auf und nistet Ende April oder Anfang Mai, lebt jedoch während dieser 
Zeit sehr versteckt. 

Baron E. v. Hayn*) traf sie in der zweiten Hälfte des Januars 
1851 beim Uebergang über die Sierra Morena in beträchtlicher Anzahl 
beisammen, auf der Landstrasse dem Pferdemist nachgehend. Sie liessen 
sich ziemlich nahe kommen, flogen dann auf die höchsten Baumspitzen, 
machten viel Lärm und zuckten häufig mit dem Schwanze. Sonderbarer 
Weise nannte man sie dort Pigeones (Tauben). 

Früher waren nur zwei aus Spanien stammende, im britischen Mu- 
seum zu London befindliche Eier bekannt. Im Jahr 1852 gelang mir 
durch gütige Vermittlung eines in Spanien ansässigen Landsmanns ein 
Paar Eier, bei Cordoba.“*) gesammelt, zu erhalten, und jetzt bekomme 
ich ebendaher und aus derselben Quelle drei wohlerhaltene Nester sammt 
den Eiern***). Die Herrn Thienemann und Baldamus haben letztere 


*) Weitere ornithologische Notizen hat mein mit den Naturwissenschaften ver- 
trauter Vetter mir leider nicht mitgebracht, ausser, dass er „ziemlich um dieselbe 
Zeit‘‘ auf dem Quadalquivir unermessliche Schaaren von Enten antraf und auf den 
allenthalben stattfindenden Vogelmärkten einige ihm nicht bekannte südliche Vögel 
sah, neben einer grossen Menge für die Küche gefangener Lerchen, Rothkehlchen u. s. w. 

**) Bei Madrid waren keine aufzutreiben. 

***) Leider wurden mir meine 28 St. voll zugeschickt. Die zweite Sendung, die 
ich mehr als ein Jahr später erhielt, war mit der ersten abgegangen, wesshalb die 
meisten eingetrocknet oder zersprungen ankamen; desshalb habe ich auch Nichts 
abzugeben. 


31 


inzwischen auch erhalten; die Nester wird Prof. Dr. Thienemann mit 
bekannter Genauigkeit beschreiben, da ich ihm eines der meinigen für 
seine Sammlung und die beiden andern zur Beschreibung überlassen 
habe. Aus diesem Grunde beschränke ich mich absichtlich auf einige 
allgemeine Notizen. Die Zahl der Eier scheint 5—9 zu sein*). Sie 
ähneln in ihrer Mehrzahl sehr denen des nordamerikanischen Blauhehers, 
Corvus cristatus L., sind aber meist etwas mehr gelblich und markirter 
gezeichnet, auch zartschaaliger; wenige sind bedeutend kleiner als die 
übrigen und gröber gefleckt, wodurch sie an manche Würgereier, na- 
mentlich an die des südlichen Lanius personatus, Temm., erinnern. Nur 
ein Nest enthielt Eier mit hellblaugrünlichem Grunde **). 

Die bisher unbekannten Nester ähneln nicht entfernt denen unserer 
Elster; sie sind vielmehr unbedeckt und auf den ersten flüchtigen An- 
blick eigentliche Würgernester, vorherrschend aus grünem Material, na- 
mentlich wolligen Kräutern erbaut; nur eines erinnert in sofern an die 
des Eichelhehers, als seine äussere Umkleidung hauptsächlich aus dürren 
Stengeln und Wurzeln zusammengesetzt ist, Bei näherer Betrachtung 
lässt sich jedoch nicht verkennen, dass es richtige Krähennester sind 
und das Würgerartige besteht mehr in den Stoffen, zum Theil auch in 
der Form. Die Zusammenhäufung des Materials ist grob und klumpen- 
weise. Eine Hinneigung zur Bauart der Würger, selbst mancher Sänger 
und Drosseln muss man immerhin zugeben. Ebenso sind ja auch bei den 
Vögeln selbst, wie überhaupt, so besonders bei, diesen Gruppen die 
Trennungslinien schwer zu ziehen, und die Natur zeigt auf jedem ihrer 
Schritte, dass sie nach ganz anderen Gesetzen verfährt, als die mensch- 
liche Systematik. Sie bildet allerdings Classen, aber nicht in einfacher 
Reihenfolge, sondern mit allseitigen Berührungspunkten, indem sie überall 
Beziehungen zu Höherem und Niedrigerem darstellt; gerade Linien kennt 
sie nicht. 

Jedenfalls steht die sogenannte blaue Elster den Hehern, namentlich 
den zahlreichen amerikanischen Cyanocoraces näher als der gemeinen 
Elster. Der nächste Verwandte unseres Halbwürgers scheint eigentlich 
Corvus Stelleri zu sein, welcher ihn im Norden auch gewissermaassen 


*) Beim Eichelheher fand ich öfters Gelege mit 8 Eiern; 9 Eier erhielt ich nur 
einmal. Bei den gemeinen Elstern kam mir diese Zahl öfters vor. 

**) Ueber die Zeit der Einsammlung weiss ich nur, dass die Sendungen am 
28. Mai in Bayonne abgingen. Einige Eier waren schwach bebrütet; ein Brief mit 
Notizen ging unterwegs verloren. 


32 


vertritt. Der Unglücksheher, Corvus infaustus L., wurde sogar von den 
Systematikern anfangs zu den Würgern gestellt. Pica und Garrulus von 
Corvus generisch zu trennen, halte ich überhaupt für unstatthaft, wenn 
es aber geschieht, so hat die Pica cyanea auf den Namen eines Hehers, 
weit begründetere Ansprüche. Sehr passend ist desshalb der spanische 
Name Garrula. 

Dass selbst der gemeine Mann von jeher und überall die nahe Ver- 
wandischaft der Krähen und Würger geahnt hat, zeigen viele den letz- 
teren beigelegte Provinzialnamen, z. B. Bergelster, im nördlichen 
Deutschland Kriekelster (d. h. Zwergelster), in Württemberg Hetzen- 
könig, Hetzenbarenkönig, Gaitzenkönig, in der Schweiz Dornagaster, 
in Frankreich Pie-grieche u. s. w. 

Hohenheim, im December 1853. 

Baron R. König-Warthausen. 


Beobachtungen über domesticirte Vögel. 


Von 


Baron R. König- Warthausen. 


. Die ganze Lebensweise der zu Hausthieren gemachten Vögel hat 
natürlich unter dem Einfluss der menschlichen Kultur manche Verände- 
rung erlitten und bietet desshalb dem Ornithologen nur geringes Interesse. 
Allgemeine Schlüsse auf den Thiercharakter lassen sich indessen immer- 
hin ziehen, und man findet bei dem Hausgeflügel, als dem für derlei 
Beobachtungen zugänglichsten Theil der ganzen Klasse, nicht selten 
interessante Sonderlinge. 


4) Columba Livia L. 


Im August 1849 bemerkte ich einen ganzen Flug Haustauben, die 
sich bisher stets auf den angrenzenden abgeräumten Fruchtäckern herum- 
getrieben hatten, auf Wiesen eifrig Nahrung suchend. Da kein Gras- 
saamen vorhanden war, konnten sie nur Insekten oder wahrscheinlicher 
Schneckchen suchen, was jedenfalls aus reiner Liebhaberei und nicht aus 
Noth geschah. Einen Fall von ausserordentlicher Lebenszähigkeit kann 
ich aus eigener Erfahrung verbürgen. Eine Taube, welcher die Köchin 


33 


x 


den Kopf abgerissen hatte, flog im Todeskampf, ohne irgendwo anzu- 
stossen, direkt zum Fenster hinaus und über das benachbarte Dach weg. 

Ueber sogenannte Wachtauben konnte ich in Württemberg bis jetzt 
Nichts‘ erfahren. 


2) Columba risoria L. 


Ein Paar Lachtauben suchte in meiner Voliere einen der Natur mög- 
lichst entsprechenden Nistplatz und baute sein stets wieder benutztes 
Nest auf einen Tannenbusch; ein anderes dagegen heckt immer an der 
Erde, obgleich es hier geboren ist, während gerade jene an ihrem frü- 
heren Aufenthalt genöthigt waren, am Boden zu brüten. Auch im Zim- 
mer tragen sie die Eierschaalen möglichst weit vom Nest weg. Ein Paar 
hat die. Gewohnheit, bei jeder Brut, sobald das zweite Ei gelegt ist, das 
erste aus dem Nest zu. werfen und unter den Rand desselben zu schar- 
ren. Sonderbar sieht es aus, wenn oft beide Alten zugleich auf dem 
einen Jungen sitzen. Das Männchen löst das Weibchen Morgens 10 Uhr 
und Nachmittags zwischen Zwei und Drei auf einige Zeit vom Brüten 
ab. Ich machte die Bemerkung, dass manchmal ein Ei erst gegen Mittag 
gelegt wird. In meiner Voliere befinden sich fast immer einzelne ledige 
Tauben, allein keine will sich mit einem schon seit drei Jahren zu 
diesem Zweck gehaltenen Turteltäuber verbinden. Im Gegensatz hiezu 
vereinigte sich vor längerer Zeit in Ludwigsburg eine männliche Lach- 
taube mit einem Rebhuhn; dieses legte auch wirklich Eier (von 
denen ich besitze), allein sie waren. unbefruchtet, wenigstens wur- 
den, wie sich auch erwarten liess, trotz eifriger Bebrütung keine Jun- 
gen ausgebracht. 


° Wie sehr die Lachtauben für die Krankheiten ihrer Zimmergenossen 
empfindlich sind, fand ich an den meinigen bestätigt, denn als ich einst 
heftigen Katarrh hatte, husteten und niesten sie fortwährend; ein ander- 
mal, als ich von ‘der Nesselsucht befallen wurde, bekamen auch sie 
einen Hautausschlag. Die Redensart, »sanft wie die Tauben«, findet 
auf sie nicht immer ihre Anwendung. Namentlich ein Täuber zeigte 
sich gegen andere im Zimmer umherlaufende Vögel sehr eifersüchtig 
und unverträglich. Auf ein Rebhuhn hatte er es vorzugsweise abge- 
sehen; dieses verfolgte er fortwährend und misshandelte es thätlich, 


sobald es sich dem Nest oder dem Futtertrög näherte. 
Naumannia. 1854. Kyeck ; 3 


34 


3) Phasianus pietus L.. 


Im vergangenen Jahre machte ich die Erfahrung, dass Goldfasane 
bisweilen schon vor völlig zurückgelegtem ersten Lebensjahre fortpflan- 
zungsfähig sind. Der Hergang war dieser: Am 7. Mai 1851 legte meine 
alte Henne ihr erstes Ei, am 18. ihr fünftes, am 27. Mai ihr achtes und 
letztes Ei. Am 22. Juni waren die Jungen ausgekrochen. Von diesen 
kam nur ein Paar glücklich durch den Winter, welches am 27. Mai 1852 
schon Junge hatte. Eine Verwechslung ging sicher nicht vor sich, da 
das alte Stammpaar den Frühling nicht erlebt hatte. Das erste Ei des 
jungen Paars war ein ziemlich dunkles, fast glanzloses Spulei; unter den 
übrigen fanden sich nur zwei- unbefruchtete. Der einjährige Hahn war 
im Herbst desselben Jahrs vollkommen ausgefärbt und die Länge seines 
Schwanzes betrug 23 Decimalzoll, eine Länge, die mir bis jetzt nicht 
wieder vorkam. B 

Cafetier Werner in Stuttgart besass drei Jahre einen selbstgezoge- 
nen Vogel, den er desshalb für einen Zwitter hielt, weil sein Gefieder 
aus dem beider Geschlechter zusammengesetzt und er der Anfeindung 
sowohl der Hähne als der Hennen ausgesetzt war. Anfangs trug er das 
weibliche Kleid mit der Halskrause und einigen gelben Federn, im drit- 
ten Jahr aber wurde das Hahnengefieder ziemlich vorherrschend. Ueber 


4) Phasianus gallus L. 


theilt mir mein Vater mit, dass wir gegenwärtig mehrere letzten Som- 
mer ausgebrütete Exemplare haben, bei denen man ebenfalls nach dem 
Aussehen nicht mit Bestimmtheit auf das wahre Geschlecht schliessen 
könne: Hühner mit Hahnenschwänzen, Hähne welche nicht krähen, schein- 
bar Kapaunen von Geburt! Wahrscheinlich hahnfedrige Hennen. 

In alten Wunderbüchern liesst man, dass Vögel bisweilen lebendige 
Junge zur Welt gebracht hätten, ja es gibt sogar alte Bilder, welche 
derlei Vorgänge versinnlichen. Wohl auf so schwachen Boden gegrün- 
det erzählt Bechstein irgendwo in einer Anmerkung, es sei erwiesen, 
dass solche Beispiele beim Haushuhn schon vorgekommen seien. Diess 
kam mir, wie wohl Jedermann, stets lächerlich vor; wie erstaunt war ich 
aber, als ich 1851 bei meiner Ankunft in Tharand als Neuestes erfuhr, 
die verwitiwete Frau Pastorin Täubert habe vor einigen Tagen im Leibe 
eines geschlachteten Huhns ein ausgebildetes Küchlein gefunden. Ich 
erkundigte mich alsbald persönlich und erfuhr Folgendes: In der ersten 
Hälfte Aprils hatte die ‚Frau Pastorin ein todtes Huhn gekauft; die 


35 


»Eingeweide« wurden in Wasser geworfen und hierin entdeckte sie und 
ihre Schwester, dass aus einem geplatzten Häutchen etwas Besonderes 
hervorsah. Bei genauerer Untersuchung fand sich ein ganz kleines, aber 
ziemlich gut ausgebildetes Hühnchen, an welchem Kopf, Flügel, Füsse und 
»Krallen« deutlich zu erkennen waren. Von einer andern Umhüllung 
als einem häuligen Sack wurde Nichts wahrgenommen. Dieser war faltig 
zusammengeschrumpft, grösser als eine welsche Nuss, mit Spuren irgend 
einer eingetrockneten Materie (Eiweiss?). Das Aussehen des Embryo 
war durchsichtig und unreif. Das Huhn war stark und gesund gewesen, 
auch hatte es nur ganz kleine Eier am Eierstock. 

Als ich den Vorfall Herrn Dr. Thienemann erzählte, lächelte er na- 
türlich und meinte, das Huhn habe wohl die Eigenschaft gehabt, seine 
Jungen aufzufressen und sei desshalb getödtet worden. Ich bin weit 
entfernt, alten Fabeln Glauben verschaffen zu wollen, kann mir die Sache. 
aber doch nicht recht auf natürlichem Wege erklären. Am wenigsten 
ist mir glaublich, dass das Huhn den halbreifen Vogel sammt der Um- 
hüllung unverletzt verschlungen habe. Solche unnatürliche Mütter konı- 
‘ men allerdings vor, allein sie pflegen ihre Jungen vorher zu zerhacken; 
könnte selbst der Schnabel so weit geöffnet werden, so wären dann ge- 
wiss Eierschaalen an der Umhüllung hängen geblieben, von denen keine 
Spur vorhanden war. Auch wäre dann der Embryo gewiss nicht in den 
Eingeweiden (wohl im Legedarm), sondern im Schlund oder Magen ge- 
funden worden, Lässt sich der Fall denken, dass ein Ei aus verschie- 
denen Gründen nicht gelegt werden konnte, so darf man auch an die 
Möglichkeit einer Ausbrütung im Mutterleibe, wie bei anderen Thier- 
klassen glauben. Das Fehlen einer harten Schaale konnte bei einem so 
ausserordentlichen Prozesse der Entwicklung nur förderlich sein. 


5) Meleagris gallopavo L. 


Im Jahr 1838 fiel in Warthausen einem Truthahn ein, einmal das 
Brüten zu versuchen. Zu diesem Zweck setzte er sich auf Kartoffeln. 
_ Nachdem er diese längere Zeit ohne den gewünschten Erfolg besessen 
hatte, verliess er sie, vertrieb die Haushühner aus dem Lege-Korb und 
begann da sein Geschäft aufs Neue. Man setzte ihn nun der Merkwür- 
digkeit wegen auf eine Anzahl Hühnereier; diese bebrütete er auch mit 
grosser Sorgfalt und Ausdauer, tödtete abet die Jungen, sobald sie im 
Begriff waren, die Schaale zu verlassen. 


Ein anderer, welcher im vorigen Sommer keine Hennen hatte, und 
3* 


36 


wohl grosse Sehnsucht nach einem eigenen Herd hegte, wandte all seine 
Sorgfalt dem jungen Geflügel zu, begleitete die jungen Haushühner be- 
ständig und gerieth desshalb nicht selten mit ihren Müttern in Streit. 
Sobald er etwas Geniessbares fand, lockte er und legte es ihnen mit 
mütterlicher Zärtlichkeit vor; kaum wagte er in ihrer Gegenwart selbst 
Etwas zu geniessen und that recht verwundert, wenn sie das Grüne 
verschmähten, welches er ihnen im Garten abhackte. Er liess sich viel 
gefallen, wurden seine vermeintlichen Kinder aber gar zu aufdringlich, 
so setzte es Schnabelhiebe nach allen Seiten. Als man ihm für das 
künftige Jahr zwei kaum halbwüchsige Hennen anschaffte, war er sehr 
erfreut und widmete, mit gänzlicher Vernachlässigung seines früheren 
Umgangs, diesen seine ungetheilteste Aufmerksamkeit. Gleich am ersten 
Tage ging er nur noch mit ihnen, zeigte ihnen im Garten alle Annehm- 
lichkeiten des neuen Aufenthalts und führte sie jeden Abend in den Stall; 
dafür waren sie aber auch recht dankbar und anhänglich. Es sah höchst 
possierlich aus, wenn er Abends vor dem Schlafengehen mit grossem 
Selbstgefühl sie abwechselnd auf dem Rücken im Geflügelhof auf und ab 
trug. Solche Spazierritte wurden in der Folge täglich auch im Garten 
gemacht, und es kostete den Alten fast eben so viel Mühe als die Jun- 
gen, sich im Gleichgewicht zu erhalten. Ihre Absicht, auch Nachts auf 
seinem Rücken zu schlafen, schien ihm jedoch zu missfallen, denn er 
schüttelte sie zu ihrem nicht geringen Missvergnügen immer wieder’ ab, 
Namentlich eines der Jungen machte ihm dabei durch seine Zudringlich- 
keit viel Mühe. | 

Bekanntlich haben die Truthähne einen so starken Sinn für das 
andere Geschlecht, dass sie im blinden Eifer sogar Steinen ihre Huldi- 
gungen darbringen. Einer schon seit mehreren Tagen in angehender 
Verwesung auf dem Miste liegenden Henne, zollte der Wittwer thätli- 
chen Tribut der Liebe, gerade als hätte sie noch gelebt. 


6) Anas boschas L. 


Unsere Hausenten stammen von wilden ab; der ersten Generation 
waren die Flügel verstümmelt, der zweiten wurden, theils weil viele 
fortflogen, theils weil sie unter dem Dach oder im benachbarten Gehölz 
brüteten, zahme (glattköpfige) Enten beigegeben. Im Lauf der nächsten 
Jahre erhielten die meisten Hauben (d. h. grosse Dunenbüschel auf der 
Stirn), welche sich forterbten. Ob wohl in Folge dieser Vermischung? 

Vor zwei Jahren kam ich zufälliger Weise dazu, als -im Magen 


37 


einer Ente ein, ein Oblongum bildendes, einen Zoll langes Blechstück 
gefunden wurde, durch dessen durchlöcherte Mitte ein ziemlich starker 
und an der Spitze krumm gebogener Nagel ging; zwischen Blech und 
Nagelkopf hing noch eine Kleiderhafte von Draht. Das Thier schien 
übrigens durchaus kein Magendrücken empfunden zu haben. Bei einem 
andern Exemplar fand ich den einen Oberarmknochen mitten durch ge- 
brochen, aber seitlich wieder fest verwachsen und die so entstandenen 
ohstahlidlen splitterigen Spitzen durch umhüllende Knochensubstanz dem 
Fleisch unschädlich gemacht. 


7) Anser cinereus M. et W. 


Ich besitze ein Junges im Dunenkleid mit vier Füssen, drei Flügeln, 
zwei Schwänzen und einem Kopf. Es ist eigentlich ein Zwilling, da ein 
doppelter Rückgrath vorhanden war. Wenn dasjenige Thier auf den 
Füssen steht, zu dem der Kopf gehört, so sehen am hintern Theil seines 
Körpers zwei Füsse in die Höhe und unter diesen gehen die Schwänze 
seitlich abwärts, Der dritte Flügel ist in der Mitte des Rückens empor- 
gerichtet; der Oberschnabel ist verkümmert. Die alte Gans tödtete diese 
Missgeburt bald nach ihrem Zur-Welt-Kommen durch einen Biss in Hin- 
terkopf und Genick. 

Charakterschilderungen von Hausgänsen, namentlich wie der in Würt- 
temberg allbekannten »Regimentsgans«, die erst neuerdings in Ulm das 
Ende ihrer Laufbahn erreichte, gibt Landbek im Buch der Welt (Stutt- 
gart, Hoffmann’scher Verlag) Jahrgang 1850 S. 31. S. 191—192. 

‘ Hohenheim im November 1853. 


Ornithologische Bemerkungen. 


Von 


Dr. A. Dehne. 
Turdus fuscilateralis. (‚Brehm.) Dunkelbraunseitiger Ziemer, 


Am 21. Juni dieses Jahres (1853) bekam ich ein Nest mit fünf 
beinahe flüggen Jungen obiger Subspecies der Wachholderdrossel (T. 
pilaris L.). Es hatte im Loessnitzgrunde, ganz nahe bei einer Mühle, 


38 


zwischen den Zweigen einer schwachen, vier Ellen hohen, geköpften 
Weide *), hart am Ufer des Loessnitzbaches gestanden. Dieses Nest 
schien schon mehrere Male zum Brüten benutzt worden zu sein, denn 
es bestand aus zwei bis drei ganz gleichen Schichten durch Erde ver- 
bundener Nestbaumaterialien, als Wurzelfasern, Grasbüscheln, Halmen 
u. s. w., hatte reichlich fünf Zoll im Durchmesser und drei Zoll Höhe; 
es Yen wenig versteckt. 

Die Jungen waren am ganzen Oberkörper mit Ausnahme der Schwung- 
und Schwanzfedern durch hellgelbe mehrentheils lanzettförmige Schaft- 
flecken ausgezeichnet; jetzt (December) haben sich diese so verloren, 
dass davon keine Spur mehr vorhanden ist; der Kopf ist hell-, der 
Rücken dunkelolivenbraun, Hals und Bürzel sind schieferfarben geworden ; 
Kehle, Gurgel, Obertheil der Brust lebhaft rostgelb; die Seiten gleich- 
falls, doch sieht man hier von der Grundfarbe sehr wenig, indem sie 
von grossen schön dunkelbraunen Flecken fast gänzlich bedeckt sind. 
Ueber die Augen läuft ein ziemlich deutlicher heller Strich; dieser war 
früher, wie auch die dunkelbraunen Striche zur Seite der Kehle, viel 
schärfer ausgedrückt, als diess jetzt im Herbstkleide der Fall ist. — 
Untertheil der Brust, Bauch, Aftergegend, Schenkel, Unterseite der Flü- 
gel graulich weiss. — Der Schnabel, früher mehr hornfarben, hat jetzt 
die gewöhnliche Färbung: Spitze bräunlich hornfarben, das Uebrige gelb, 
angenommen; beim Weibchen ist hier die Hornfarbe vorherrschend. Gau- 
men und die übrige Mundhöhle gelb; Zunge fleischfarben. Die Füsse, in 
den ersten Monaten hell fleischfarben, sind jetzt bräunlich fleischfarben 
geworden. Krallen dunkel hornfarben. — Pupille dunkel-, Iris hellbraun. 

Von diesen Ziemern besitze ich jetzt noch drei lebend; ihr Farben- 
wechsel zeigte von Anfang an viel Auffallendes und es war höchst 
interessant, zu beobachten, wie die schönen gelben Schaftflecken nach 
und nach immer undeutlicher und blässer wurden, bis sie endlich ganz 
verschwanden. 

Vergleicht man diese Drosseln mit gewöhnlichen nordischen Wach- 
holderdrosseln, so gewähren sie einen von diesen sehr versehiedenen 
Anblick, namentlich zeichnet sie das lebhafte Rostgelb des vordern Un- 
terkörpers, wie auch die beinahe ganz braunen Seiten aus, an denen 
von der schönen rostgelben Grundfarbe wenig zu bemerken ist. 


‘*) Auch hier sind diese Nester theils hoch, theils niedrig, sowohl auf Laub-, 
als auf Nadelbäumen (Kiefern) angebracht. 


39 


Da diese Subspecies noch bei Wien häufig vorkommt, so bin ich 
mit Brehm der Meinung, dass sie von Osten nach und .nach bis zu uns 
vorgerückt ist; hier ist sie erst seit einigen Decennien heimisch gewor- 
den und jetzt an ihren Brutplätzen ziemlich zahlreich, wo sie sich durch 
ihre wohlbekannte Stimme sogleich verräth. 

In der Gefangenschaft bleiben diese Vögel immer etwas scheu; sie 
fliegen, wenn man sich ihnen nähert, ängstlich in der Voliere umher 
und lassen dabei ihre angenehmen weit hörbaren schäckernden Töne in 
schneller Folge hören. Unreinlich sind sie im Käfig, wie alle ihre Ver- 
wandten, im höchsten Grade und sie beschmutzen mit ihren Excremen- 
ten, welche das unzersetzte Pigment der Fliederbeeren, womit sie zum 
Theil ‘gefüttert werden, enthalten, ihre Mitgefangenen dermaassen , dass 
unter andern eine weisse Pfautaube überall violett gefleckt erscheint. 


Kringilla montana L, var. fuliginosa,. Der russfarbige 
Feldsperling. 


In Folgendem gebe ich die Beschreibung einer sehr hübschen Spiel- 
art des Feldsperlings, welche am 16. December 1846 von meinem Sohne 
Julius, aus einem Schwarme gewöhnlicher Feldsperlinge (Fr. montana 
Linn.) hier erlegt wurde. — Es ist ein Männchen. 

Oberkopf und Nacken röthlichbraun; Oberrücken lebhaft kaffeebraun ; 
Zeichnung desselben mehr wie bei Fringilla domestica; Unterrücken und 
Schwanz wie gewöhnlich. Der für einen Feldsperling sehr starke Schna- 
bel, Kinn, Kehle, Brust mattschwarz mit geringem Anflug von Braun; 
Nasenborsten, Halsring und Backen ebenso, aber dunkler; Bauch, Bürzel 
und Schenkel graulich russfarben; Füsse wie gewöhnlich. 

Am ganzen Vogel keine Spur von Weiss; sogar die beiden weissen 
Flügelbinden fehlen und sind nicht einmal durch eine andere Farbe an- 
gedeutet, daher auch die Flügel viel weniger bunt erscheinen, als bei 
gewöhnlichen Feldsperlingen. 

Sollte dieser Sperling vielleicht Bastard von Fringilla domestica 
(Männchen) und Fr. montana (Weibchen) sein? ich bin beinahe geneigt, 
diess zu glauben, da er auch in der Grösse die Mitte zwichen Beiden hält. . 


Psittaeus grandis (Linn.) Grosser rother Lori von Ceylon. 


Am 22. August d. J. (1853) entflog aus der Schaubude der Frau 
Münz in Kötzschenbroda ein sehr zahmer rother Lori (Psittacus grandis 


40 


Linn.); er trieb sich in den nahe liegenden Weinbergen umher und 
zeigte sich Nachmittags am 26. auch auf meiner Besitzung am-Loessnitz- 
grunde, wo er sich zuerst auf einer Kiefer niederliess. Da wir vermu- 
theten, dass er sehr hungrig sei, so wollten wir versuchen, ihn durch 
Zucker, Obst, Hanf, Milchsemmel u. drgl. in einen grossen Papageikäfig 
zu locken; aber kaum näherten wir uns der Kiefer, auf welcher er un- 
gefähr in der Höhe von zwölf Ellen sass, so flog er unter -lautem Ge- 
schrei davon und setzte sich in derselben Höhe auf eine Acacie ganz 
in der Nähe unseres Wohnhauses. Hier wollten wir ihn ruhig bis zum 
Dunkelwerden sitzen lassen, um ihn dann zu fangen; doch verscheuchte 
ihn das Gebelle unserer Hunde; er suchte Schutz in den höchsten dicht- 
belaubten Zweigen einer italienischen Pappel, verliess diese aber alsbald 
und flog in gerader Richtung nach der mit Buschholz besetzten Kuppe 
unseres hohen Weinbergs. Früh Morgens am 27. war er auch hier 
nicht mehr zu finden und erst am 31. wurde er auf‘ dem Rittergute 
Cunnersdorf bei Gittersee eingefangen, wo er am Abend des 4. Septem- 
ber’s, wahrscheinlich in Folge von Ermattung, und eingetretener Kälte 
starb. — Er war demnach über acht Tage im Freien gewesen und 
mochte sehr wenig Nahrung gefunden haben. 

In einem benachbarten Orte hatte er durch’s offene Fenster bei einem 
Auszügler-Paare einen Besuch abgestattet; man hielt ihn aber wegen 
seines blutrothen Gefieders für einen Unglücks-Propheten und zwang ihn 
mit Stecken, durch dasselbe Fenster wieder zu entfliehen. Hierdurch 
erklärt sich seine spätere Schüchternheit, welche ihn abhielt, Fremden 
sein Zutrauen zu schenken und sich ihnen zu nähern, um Futter zu 
bekommen. 

Durch die Güte des Chirurgus Ziegner in Kötzschenbroda wurde ich 
von seiner Anwesenheit in Dresden, wohin man ihn gebracht hatte, in 
Kenntniss gesetzt und da er zu meiner Verfügung gestellt war, so über- 
nahm der geschickte Conservator Caroli die Mühe des Ausstopfens für 
meine Sammlung. — In diesem Augenblicke steht das prachtvolle Thier 
vor mir und ich gebe hier seine Beschreibung: 

Grösse des Psittacus ochrocephalus Gmel. Linn., Kopf, Hals, Rücken, 
Flügel, Schenkel nebst angrenzenden Unterkörper, oberer Theil des 
Schwanzes schön carmoisinroth, Schultern und Flügelränder nebst Schwung- 
federn schwarz mit blauem Anflug; über dem Nacken ein breites Band 
von blauem Duft. — Derselbe Duft, welchen Buffon sehr passend mit 
Dufte der reifen Pflaumen vergleicht, verbreitet sich von der Brust bis 


41 


zwischen die Schenkel; allenthalben, vorzüglich an der Brust, schimmert 
das ursprüngliche Roth durch. 

Das Ende des Schwanzes, ungefähr ein Drittel der Länge desselben 
betragend, ist dottergelb, sowie die Federn um den After. Auf der 
untern Seite sind die Schwanzfedern eigentlich ganz gelb, nur schimmert 
das Roth der obern Seite bedeutend durch. 

Der Schnabel ist rein schwarz; Oberschnabel mit starkem Haken 
und Kerbe versehen. 

Augen braun mit hochgelber Iris. 

Füsse aschgrau mit starkgekrümmten schwarzen’ Krallen. 

Geschrei und Flug waren, als er von hier fortflog, rabenartig. — 
Uebrigens werden die Loris sehr zahm und zeigen sich keineswegs un- 
gelehrig. — Als Vaterland des Beschriebenen wird vorzüglich Ceylon 
angegeben. 


Nachschrift zu Turdus fuscilateralis Brehm. 


Mitte August d. J. erhielt ich ein junges hier geschossenes Männ- 
chen, welches sich von den drei Wachholderdrosseln, die ich noch lebend 
besitze, bedeutend unterscheidet; es bietet nämlich von unten ganz den 
Anblick der Misteldrossel (T. viscivorus L.) dar, indem Brust und Bauch 
ohne Ausnahme mit dunkelbraunen Flecken übersäet sind; nur sind 
diese mehr abgerundet, statt dass sie bei T. viscivorus grösstentheils 
eine dreieckige Gestalt haben. 

Oben sind, vorzüglich auf dem olivenbraunen Rücken die Schaft- 
flecken noch vorhanden, aber sie erscheinen sehr blass. 

Grösse und alles Uebrige, wie bei gewöhnlichen Wachholderdrosseln. 

Hoflössnitz bei Dresden. 
A. Dehne. 


42 


Ornithologische Erinnerungen. 
Von 
A. Dehne. 


Systematisch aufgeführt. 


Aquila ossifraga Brisson. Der Seeadler. 


Diesen schönen Adler habe ich in Penig ein Dutzend Jahre lebend 
gehabt; in den letzten Jahren bekam er einen weissen Schwanz und 
weisslichen Kopf; er war flügellahm geschossen, jedoch so hergestellt, 
dass er sich ziemlich leicht in die Luft erheben konnte. Einst setzte 
ich in seinen sehr geräumigen Käfig einen Fischadler (Pandion haliaötos) 
und gab beiden reichliches Futter, fand aber dessen unerachtet am an- 
dern Morgen den letztern zu meiner grossen Betrübniss zerrissen; der 
Seeadler hatte sich in aller Frühe, ehe es bemerkt wurde, über sein 
Opfer hergemacht. Ratten, welche häufig auf dem Hofe  umherliefen 
und durch seinen Frass herbeigelockt wurden, fing er öfter und ver-- 
zehrte sie mit Appetit. Er war ziemlich zahm und liess seinen lauten, 
gellenden, aus wenigen einfachen Tönen bestehenden Ruf vorzüglich 
dann vernehmen, wenn ihm Futter gebracht wurde. Wenn man ihn aus 
seinem Behältnisse herausliess, um ihn besser beobachten zu können, 
dann hatte man grosse Mühe, ihn zu bewältigen und wieder hinein zu 
schaffen. Mit den Schwung- ‚und Schwanzfedern wechselte er alle zwei 
Jahre so, dass er während der Mauser in jedem Jahre die Hälfte verlor. 


Falco apivorus Linn. Wespenbussard. Pernis Cuv. 


Drei junge beinahe ausgewachsene Wespenbussarde, welche ich in 
Penig bekam, konnte ich nicht am Leben erhalten; sie wollten durchaus 
keine Rindslunge und Fleisch annehmen und wurden auch durch das, 
was man ihnen gewaltsam beibrachte, nicht hinreichend genährt; Wespen, 
Hummeln, Käfer, Mäuse, Frösche frassen sie zwar begierig; aber es war 
nicht möglich, diese in hinreichender Menge herbeizuschaffen, und so 
starben sie nach wenigen Tagen. Ein altes Weibchen wurde mir von 
einem Landmanne lebend überbracht; er hatte dasselbe beim Ausscharren - 
eines Hummelnestes überrascht, bei welcher Beschäftigung bloss noch 
der Schwanz über der Erde sichtbar gewesen war. 


43 


Falco peregrinus Linn. Weanderfalke. 


Ein prachtvolles altes Weibchen, welches ich der Güte des Herrn 
Hofrath Reichenbach verdankte, habe ich vom 26. Februar 1851 bis 
zum 21. September 1852 lebend gehabt; es starb wahrscheinlich in Folge 
des Genusses von kranker Rindslunge, denn es war vorher vollkommen 
gesund und befand sich auch im schönsten Gefieder. Dieser herrliche 
Vogel vom edelsten Anstande gefiel allgemein, und sein kluges, durch- 
dringendes Auge erhöhete noch das Interesse, welches man an ihm 
nahm, bedeutend. Unwillkührlich wurde man bei seinem Anblick an die 
schöne Stelle in Dante’s divina Commedia. Paradiso canto XIX. vers. 34 
bis 36 erinnert. | 

„Quasi falcone ch’esce di capello, 
Muove la testa, e con l’ale s’applaude, 
Voglia mostrando, e facendosi bello.‘ 
In der Uebersetzung von Philalethes (K. H. Prinz Johann von Sachsen) 
T. I. p. 260. | 

„Dem Falken gleich, wenn er der Haub’ entkommen, 

Das Haupt bewegt und mit den Schwingen Beifall sich schlägt, 

Voll Lust sich und die Schönheit zeigend.‘“ 

Der Haken seines Schnabels erreichte oft eine unnatürliche Länge 
"und mehremale brach er beim Zerreissen des Geflügels ab; er reprodu- 
cirte sich aber bald wieder auf gleiche abnorme Weise. Nach jungen 
Hühnern war er sehr lüstern und es kam mehreremal vor, dass er mit 
Blitzesschnelle Gebrauch von seiner Fertigkeit im Fangen machte, wenn 
sie sich unbesonnen seinem Käfig näherten oder gar durch die Latten 
hineinhüpften. Seine Beute ihm zu entreissen, wäre vergeblich gewesen, 
denn der erste Druck mit seinen kräftigen Fängen war hinreichend, ihr 
das Lebenslicht auszublasen. — Im Februar 1850 bekam ich einen Wan- 
derfalken, welcher im Hofe einer Mühle des Lössnitzgrundes mit solcher 
Gewalt auf eine Henne gestossen war, dass er unvermögend, sich schnell 
loszumachen, darauf getödtet wurde. 


Falco subbuteo Linn. De Baumfalke. 


Man kann diesen niedlichen, schön gezeichneten kleinen Falken 
mit Sperlingen, Mäusen, Käfern, Heuschrecken u. drgl. sehr gut im Käfig 
ernähren und er gewährt dann viel Unterhaltung. Ich bekam vor län- 


44 


gern Jahren ein im Muldenthale geschossenes Exemplar, welches den 
ganzen Kropf voll grosser Riesenameisen (Formica herculeana Linn.) 
ohne irgend eine andere animalische Substanz enthielt; es war eine 
Masse vom Umfang eines Hühnereies; ein Beweis also, dass dieser Falke 
in Ermangelung grösserer Thiere sich dem mühsamen Fange kleinerer 
Insekten unterzieht, um seinen Hunger zu stillen. 


Falco Tinnunculus Linn. Der Thurmfalke. Cerchneis Boje. 


Unter den hiesigen kleinen Falken, wenn man ihn im Dunenkleide 
aus dem Neste nimmt und aufzieht als Käfigvogel wegen seines zutrau- 
lichen Benehmens und seiner Zahmheit einer der hübschesten. Ich hatte 
einst einen mehrere Jahre in Penig, welcher frei herumflog, sich auf 
die Giebel der Häuser setzte, Sperlinge fing und nachdem er oft stun- 
denlang abwesend gewesen war, aus den entferntesten Staditheilen wie- 
der in seinen Käfig zurückkehrte, — Oft sind mir weggeflogene nach 
kurzer Abwesenheit wieder gebracht worden; leider werden aber noch 
öfter solche zahme Vögel von unberufenen Schützen, da sie gar nicht 
scheu sind, todtgeschossen. 


Astur palumbarius Briss.. Taubenhabicht. 


Aus der Nähe der Höllmühle bei Penig erhielt ich einst aus einem 
sehr hoch auf einer Fichte befindlichen Horste die beiden Alten mit ihren 
drei Jungen. Die Alten waren unter einem Fallnetze mit einer Taube 
gefangen worden. Alle fünf waren verschieden gezeichnet, selbst die 
drei Jungen hatten unter sich ein sehr unähnliches Colorit. — Nicht bloss 
nach dem Alter und dem Geschlechte, sondern auch nach der Individua- 
lität ist die Zeichnung und Farbe verschieden. 

Ohne Geflügel und kleine Säugethiere ist es nicht möglich, Habichte 
fortzubringen, und da ich nicht im Stande war, dergleichen in hinrei- 
chender Menge herbeizuschaffen und sie mit Rindslunge zu füttern 
versuchte, so starben sie binnen wenigen Tagen sämmtlich. Dasselbe 
gilt von dem Sperber, Nisus Cuv. 


Strix dasypus Bechstein. Das rauchfüssige Käutzchen. 


Ein nettes, possirliches Käutzchen. Ich habe es nur einmal in’Penig 
lebend bekommen, wo es im dichten Nadelholze von einem Knaben mit 


45 


den Händen gefangen wurde. Es eignet sich, wie das gewöhnliche 
kleine Käutzchen (Strix Noctua Retz.) vorzugsweise zum Halten im 
Käfig, indem es ungemein zahm wird. 


Strix flammea Linn. Sschleierkautz. 


Wenn man ihn vom Dunenkleide an aufzieht, welches durch Füttern 
mit Mäusen, Sperlingen u. drgl., im Nothfalle auch Fleisch, sehr leicht 
ist, so wird er zuletzt so zahm, dass er aus- und einfliegt. — Bekannt- 
lich nistet er oft in Taubenschlägen, ohne die Tauben zu beunruhigen; 
diese zeigen auch nicht die geringste Furcht vor ihm. Hierdurch erin- 
nert er an den Prairiekautz (Noctua cunicularia), welcher friedlich mit 
dem amerikanischen Murmelthiere und andern grossen Nagern in deren 
Colonieen und Höhlen lebt. 

Ich habe die prächtige Schleiereule, deren Farben- und zarter Fe- 
derschmuck mit Nichts zu vergleichen ist, sehr oft lebend gehabt. Sie 
gewährt durch ihre geheimnissvollen, affenartigen Bewegungen, durch 
ihre sonderbaren Kopfwendungen, ihr Blinzeln mit den Augen u. s. w. 
sehr viel Unterhaltung. Fliegt sie im Winter: aufgeschreckt von unge- 
fähr in den Schnee, dann wird sie geblendet und man kann sie mit den 
Händen ergreifen. 

Merkwürdig ist es, dass alt eingefangene oft augenblicklich fressen, 
andere Individuen dagegen hartnäckig alle vorgeworfene Nahrung ver- 
schmähen und endlich Hungers sterben. Diese Erfahrung habe ich meh- 
reremal gemacht. 


Syınium Aluco Boje. Der Nachtbaumkautz. 


Ich habe ihn oft lebendig gehabt; er wird ziemlich zahm und gibt, 
wenn man ihm eine Maus oder einen Sperling bringt, seine Freude durch 
ein zutrauliches Girren zu erkennen. Seine Wohlthäter kennt er genau; 
gern lässt er sich von ihnen streicheln; kommt ein Fremder, oder nähert 
sich ihm ein Hund oder ein anderes Thier, dann knackt er nach Eulen- 
art mit dem Schnabel. Nachts lässt er seine ‚weit hörbare Stimme oft 
ertönen. Am Tage sitzt er gewöhnlich, wie im tiefen Nachdenken ver- 
sunken, stundenlang bewegungslos und mit den Augen blinzelnd im Käfig; 
verdriesslich ist ihm dann jedwede Störung seiner Ruhe. Erregt irgend 
Etwas seine besondere Aufmerksamkeit, dann streckt er den Kopf weit 


46 


vor, fixirt den Gegenstand unter den lächerlichsten Bewegungen und 
beruhigt sich, nachdem er ihn gefahrlos befunden hat, 


Bubo maximus Cuv. Der Uhu. 


Eine majestätische Eule mit dem edelsten Anstande; ernst, sich um 
die Aussenwelt wenig bekümmernd, sitzt sie völlig aufrecht in ihrem 
Verschlage; ihr schönes grosses Auge mit safrangelber Iris ist auch am 
Tage nicht unthätig. und ziemlich deutlich sieht sie Alles, was sich 
ihr nähert. 

Wohl sechs Jahre habe ich einen männlichen Uhu lebend gehabt; 
er war jung aufgezogen und ganz zahm. Nachts rief er häufig voll- 
kommen deutlich sein langgedehntes weit schallendes Uhu—u—u—u. — 
Um ihn bei guter Gesundheit zu erhalten, ist es unumgänglich nothwen- 
dig, wenigstens wöchentlich ein Paarmal für frisches Geflügel oder Säuge- 
thiere, Krähen, Elstern, Kaninchen, Hamster, Ratten u. drgl. zu sorgen. 
Bei Rindfleisch und Rindslunge allein lebt er nicht lange, frisst zuletzt 
wenig, magert ab und stirbt allmählig dahin. — Auch von der mittlern 
Ohreule (Strix Otus, Linn.) gilt das Letztere. 

(Fortsetzung folgt.) 


Eine kurze Schilderung der Kleider der europäischen 
Falken und anderer Raubvögel. 


Von 


L. Brelm. 


Im vorletzten Hefte der Naumannia habe ich eine kurze Abhandlung 
über Species et Subspecies gegeben, welche mir die Verpflichtung auf- 
legt, das in ihr Behauptete weiter auszuführen und durch Thatsachen zu 
beweisen. Dies glaube ich am Besten bewirken zu können, wenn ich 
kurze Schilderungen der europäischen Vögel hier mittheile. So mag 
denn eine solche von den grössern europäischen und anderer ihnen sehr 
ähnlicher Falken hier folgen; die Fortsetzung wird bald gegeben werden. 


47 


‘Der Falke. Falco, Linn. 


Die eigentlichen grossen Falken haben kein mittleres Kleid, son- 
dern bekommen nach der ersten vollständigen Mauser, welche im zwei- 
ten Herbste des Lebens vollendet wird, ihr ausgefärbtes Kleid und 
sind auch im dritten Jahre zeugungsfähig, werden nur mit zunehmendem 
Alter merklich schöner, verändern sich aber nicht wesentlich. 

Mehrere kleine Falken machen aber von dieser Regel eine Aus- 
nahme; denn sie vermausern während des ersten Winters ihres 
Lebens alle kleinen Federn, wie wir sehen werden, stossen also 
Schlegels Behauptung, dass die jungen Vögel im ersten Lebens- 
jahre ihr Gefieder nicht wechselten, sondern das ausge- 
färbte Kleid durch blosse Farbenveränderung der Federn 
und durch Fortwachsen der schon lange gestandenen erhiel- 
ten, gänzlich um, 

I. Der Schlachtfalke. Falco lanarius, Linn. 

Das Jugendkleid. Dieser Vogel steht in Gestalt und Zeichnung 
zwischen den Edel- und eigentlichen Falken mitten inne, und dies 
zeigt sein ‘Gefieder in jedem Alter. Der junge Vogel ähnelt dem is- 
ländischen Edelfalken auf dem Kopfe und Vorderkörper, übrigens dem 
Wanderfalken. Der Kopf ist weissgelblich und wie der gelblichweisse 
Nacken mit braunen Längeflecken besetzt. Der übrige Oberkörper braun 
mit rostfarbigen deutlichen Federrändern ; die tiefbraunen Schwungfedern 
haben auf der innern Fahne hellrostfarbige und rostgelbliche Querflecken, 
" welche nach hinten zu abnehmen und an den hintern ganz fehlen. Der 
Unterflügel ist schwarzgrau mit den rostgelblichen Querflecken des Ober- 
flügels. Die längsten Unterflügeldeckfedern sind grauschwarz , mit rost- 
gelblichen Querflecken, die andern Unterflügeldeckfedern sehr tiefbraun 
mit blass rostgelblichen Kanten und Seitenflecken, die Flügelkante und 
ein Streif neben ihr blassgelblich mit braunen Längeflecken; die braunen, 
aschgrau überflogenen Steuerfedern haben, die beiden mittlern ausge- 
nommen, auf der innern Fahne 8 rostfarbige Querflecken, auf der äus- 
sern einige solcher Augen, d. h. rundliche Flecken. Die Kehle und die 
Kopfseiten sind weisslich, die braunschwarzen Backenstreifen kurz und 
schmal, der übrige Unterkörper ist weisslich, nach unten gelblichweiss 
mit braunen Längeflecken, welche an den Seiten so gross werden, dass 
das Gelbliche nur in einer Kante an dem Braun bemerkbar ist und die- 
ses die Seiten bedeckt, — 


48 


Es gibt junge Schlachtfalken, bei denen die braunen Flecken 
des Vorderkörpers viel kleiner sind und desswegen einzelner stehen und 
auch die Seiten nicht bedecken. S. Susemühls Vögel Taf. 7a. 2. 

Im zweiten Lebensjahre vermausert dieser Falke alle seine Federn 
und erscheint dann im zweiten Herbste seines Lebens in 

dem ausgefärbten Kleide. Der Oberkörper ist braun mit mehr 
oder weniger deutlichen rostgelblichen Federrändern, der Kopf weisslich 
oder hellrostgelblich, dunkler gestreift, der Unterkörper rostgelblich mit 
schmalen braunen Backenstreifen und Längeflecken. Das ausgefärbte 
Kleid ändert so sehr ab, dass es wahrscheinlich 2 verschiedenen Falken- 
arten angehört. 

1) Der Krähenfalke (Wanderfalke). Falco cornicum, Brm. (Falco 
communis, Linn. Falco peregrinus, auct.) 

Jugendkleid. Der Schnabel, die Wachs- und Augenhaut sind 
hornblau, die Fusshaut perlfarben, in’s Gelbliche ziehend; der Oberkörper _ 
schieferschwarz, bläulich überlaufen, mit rostrothen Kanten, der rostgelbe 
Unterkörper mit schwarzen, schwarzblau überlaufenen Längeflecken. Der 
Unterflügel ist grauschwarz, mit rostfarbigen Querflecken auf der innern 
Fahne der Schwingen; die längsten Unterflügeldeckfedern schieferfarben, 
mit rostrothen Querflecken, die übrigen sind braun, mit rostgel- 
ben Querflecken. Das ist das schöne Kleid des eben ausge- 
flogenen Falken. Es verändert sich aber bald und hat schon im An- 
fange des Oktober folgende Farben : 

Die Wachs- und Fusshaut ist gelblich, der Oberkörper braun mit 
roströthlichgrauen Federkanten, der Unterkörper weissgelblich mit braunen r 
Längeflecken. Das Weibchen hat eine weniger schöne Zeichnung als 
das Männchen. Bei Beiden sind die Backenstreifen gross und 
wie die Stelle unter den Augen weit herab schwarz. 

Dieses Kleid wird den Herbst und Winter über getragen, oft ohne 
dass eine Feder gewechselt würde; allein im Frühjahre beginnt die 
Mauser, — ein am 27. April 1817 hier geschossenes Weibchen unserer 
Sammlung zeigt auf dem Ober- und Unterkörper schon viele Federn 
des ausgefärbten Kleides, — dauert den ganzen Sommer hindurch 
fort und bringt unserem Krähenfalken sein schön ausgefärbtes 
Kleid. Der Oberkörper ist tief schieferblau, mit dunklern Querbinden, 
auf dem Kopf und Nacken rein schieferschwarz, an dem Vorderkörper 
rostlehmfarbengelb, auf dem Bauche und an den Seiten in’s Hellasch- 
graue fallend, mit sehr grossen, besonders breiten, schwarzen 


49 


Backenstreifen und breitem, schwarzem Felde unter den 
Augen, auf dem Kropfe mit schwarzen Längeflecken, welche bald 
Querflecken, auf dem Bauche, an den Seiten und Schienbei- 
nen aber Querbinden werden. Der grauschwarze Unterflügel hat 
rostgelbliche Querflecken an den Schwingen und längsten Unterflügel- 
deckfedern, die übrigen der letztern sind graulichweiss mit schönen 
schwärzlichen Querbinden ziemlich dicht besetzt. Länge 16” 
bis 19, | 

2) Der nordische Wanderfalke. Falco griseiventris, Brm. 
(Falco peregrinus, Linn.) | 

Dieser Falke ist kaum kleiner als Nr. 4, und wenn nicht Species, 
doch jedenfalls eine interessante Subspecies, welche sich in beiden Klei- 
dern von dem vorhergehenden unterscheidet und eine kurze Beschreibung 
verdient. 

Das Jugendkleid ist viel dunkler als bei Nr. 4, oben schwarz- 
braun mit schmalen rostgrauen Federrändern, der Unterkörper weiss- 
lich mit braunschwarzen Längeflecken, der Unterflügel matt- 
schwarz mit deutlichen hellrostfarbigen oder rostgelblichen Querbinden, 
welche auch an den längsten schwarzgrauen Unterflügeldeckfedern sichtbar 
sind; die übrigen Unterflügeldeckfedern sind braunschwarz, 
nicht braun, mit weisslichen Querbinden und Spitzenkanten. 

Wie bei Nr. 1, geht bei unserem Falken die Verwandlung des Ju- 
gendkleides im zweiten Lebensjahre in das ausgefärbte vor sich. 
Dieses ist sehr schön, auf dem Oberkörper blauer, als bei Nr. 1. Der 
Unterflügel an seinen Unterflügeldeckfedern sanft hellaschgrau in’s 
Weissliche mit sehr schönen schwarzen Querbinden. Der Unterkörper 
ist viel lichter, als bei Nr. 1, bis zur Brust blassgelb oder weisslich, 
grau überflogen, was nach und nach in ein gelbliches, an den Seiten 
reines Aschgrau übergeht und viel zarter schwärzlich gefleckt und ge-, 
bändert ist, als bei Nr. 4. Bei recht alten Vögeln, wie bei einem am 
24. Oktober 1826 im Orlthale geschossenen Männchen unserer Samm- 
lung, werden die schwärzlichen Flecken so klein, dass sie überall selbst 
an den Hosen nur pfeil- und herzförmig sind und nur an den Seiten 
noch Querbinden bilden. Die ausgefärbten Weibchen sind auf dem 
Oberkörper dunkler, -auf dem untern mehr gelb und stärker gebändert, 
als die alten Männchen. Die schwarzen Backenstreifen sind sehr gross 


und die Wangen oft ganz schwarz oder schieferfarben. Dies ist der 
Naumannia. 1854. 4 


50 


eigentliche Falco peregrinus, Linn., denn er lebt in Schweden und kommt 
von da nach Deutschland, aber schwerlich nach Afrika. 


3) Der kleine Wanderfalke (Tannenfalke). Falco abietinus, 
Bechst. (Falco peregrinus, Linn.) 

Ob ich gleich glaube, dass Bechstein unter dem oben stehenden 
Namen das Männchen des Wanderfalken beschrieben hat, behalte ich 
ihn doch bei, um nicht einen neuen in das System zu bringen. Dieser 
Falke unterscheidet sich auf den ersten Blick von den beiden vorher- 
gehenden durch die viel geringere Grösse. Sein Männchen ist nur 
14" 6° lang und 33" breit, also 1% kürzer und 21,“ weniger breit, 
als Nr, 1. Auch seine Zeichnung: ist anders. 


Das Jugendkleid ähnelt dem von Nr. 1, allein auf dem Nacken 
stehen mehr weissliche Federn. Die rostfarbigen Federkanten sind sehr 
deutlich, der Unterkörper ist höher rostgelb gefärbt und seine schwarz- 
braunen Längeflecken sind viel schmäler, als bei diesem und bei Nr. 2; 
auch die Unterflügeldeckfedern sind viel heller, denn sie 
sind rostbraun und braun in die Quere gestreift. Dies ist die 
Zeichnung des Männchens. | 


Das junge Weibchen ist etwas dunkler, als das Männchen, 
was sich besonders an den Unterflügeldeckfedern und an den Längeflecken 
des blässern Unterkörpers zeigt. 


Dieser Falke beginnt schon im Herbste seine Mauser und setzt sie 
im ‚Winter fort — ein am 22. November 1833 im Rodathale geschos- 
senes junges Männchen zeigt schon am untern Vorderhalse, wie an 
der Ober- und Unterbrust Federn des ausgefärbten Kleides, noch 
mehr ein am 412. Januar 1848 bei Sandersleben erlegtes Weibchen — 
und vollendet sie während des Sommers, so dass auch er im zweiten 
Herbste seines Lebens sein 


ausgefärbtes Kleid trägt. Dieses ist sehr schön, auf dem Ober- 
körper dem der vorhergehenden ähnlich, aber beim Weibchen stärker 
gefleckt und mit hellern Federkanten versehen und auf dem Unterkörper 
höher gefärbt. Während bei Nr. 2 ein helles Aschgrau auf ihm herr- 
schend ist, zeigt sich bei unserem Falken ein sehr schönes Rostgelb, 
welches beim Männchen besonders auf der Brust sehr hoch, auf dem 
Bauche etwas mit Aschgrau überflogen, auch bei dem Weibchen be- 
sonders an der Brust sehr sichtbar und bei beiden mit kleinen schwar- 
zen, herzförmigen und Querflecken, an den Seiten mit solchen Quer- 


7 


51 


flecken besetzt ist. Der Unterflügel ist au seinen blassrostgelben Deck- 
federn wie bei Nr. 2, also mehr als bei Nr. 1, gebändert. 

Die schwarzen Backenstreifen sind gross und ragen 
weit über die grossentheils dunkeln Backen herab. 

4) Der weisswangige Wanderfalke. Falco leuco-genys, Brm. 
Der Backenstreifen ist schmal, die Stelle hinter ihm un- 
ter dem Auge grossentheils oder ganz weiss. 

Dieser Falke nähert sich durch seinen schmalen Backenstreifen 
und seine hellen Wangen dem Falco Feldeggii so sehr, dass sein Männ- 
chen im Jugendkleide von dem Weibchen des letztern in demselben sehr 
schwer zu unterscheiden ist. Desswegen ist es nothwendig, beide ge- 
nau kennen zu lernen. 

Das Jugendkleid des Männchens. Der Oberkörper ist dunkel- 
braun mit schmalen rostgrauen Federrändern, welche sehr bald verschiessen 
und dann grau erscheinen; auf dem Oberkopfe sind diese Kanten 
deutlicher und bilden eine helle Schattirung auf dunkelm Grunde. 
Hinter den Augen befindet sich ein wenig bemerkbarer rost- 
gelblicher Streif, der sich kaum erkennbar an dem Hinter- 
kopfe herumzieht und auch bei .Nr. 3 angedeutet ist. Unter ihm 
stehen mehrere rostgelbliche, braun gestreifte Federn. Die Unterflügel- 
deckfedern sind braun und weisslich unter einander gefleckt und gestreift. 
Der Unterkörper ist weisslich mit sehr schmalen braunen 
Längeflecken, welche, wie bei Nr..3 und 1, unten an den Seiten 
Querstreifen werden. Die braunschwarzen Backenstreifen sind 
schmal, die Stelle hinter ihnen unter den Augen ist weiss- 
lich. Das Weibchen ist etwas dunkler, hat ein wenig Grau unter dem 
Auge und auf dem Unterkörper grössere braune Längeflecken. 

Dieser Falke beginnt und vollendet seine erste Mauser wie die vor- 
hergehenden und bekommt gewöhnlich, doch nicht immer, im zweiten 
Herbste sein vollendetes ausgefärbtes Kleid. Ein am 28. Oktober 
1825 im Saalthale geschossenes Männchen trägt es noch nicht vollstän- 
dig, denn es hat noch im Flügel einige Schwung- und Deckfedern und 
im Schwanze noch einige Steuerfedern vom J ugendkleide. 

Das ausgefärbte Kleid unterscheidet sich von dem aller. vor- 
hergehenden im männlichen Geschlechte durch den stark gebän- 
derten Oberkörper, die rostfarbigen Flecken an den Seiten des 
Nackens, den gelblichweissen, mit kleinen Flecken, die an den 
Seiten und Schienbeinen Querbinden werden, besetzten Unterkörper, den 

A* 


52 


stark rostgelblich gebänderten Unterflügel und die weissen, mit weit 
von einander abstehenden schwarzen Querbinden besetzten 
Unterflügeldeckfedern. Das Hauptkennzeichen sind aber 
die schmalen, schwarzen Backenstreifen und die grossen- 
theils weissen Wangen. 


Das Weibchen ist auf dem Oberkörper weniger deutlich gebän- 
dert, als das Männchen, und hat bei gleicher Farbe und Zeichnung 
des Unterkörpers gewöhnlich einen schmalen dunkeln Streifen unter den 
Augen. Den jungen Vogel dieser Art finden wir bei Susemihl Taf. 8. 
Fig. 2. 

Bemerken muss ich noch, dass diese sehr genaue Beschreibung der 
verschiedenen Wanderfalken nach 20 auserlesenen Stücken unserer 
Sammlung entworfen ist. Ein merkwürdiger Umstand ist der, dass die 
jungen Wanderfalken, welche am Menzaleh-See bei Damiette, wo 
sie sehr reichliche Nahrung haben, überwintern, im Frühjahre in der 
Mauser am meisten zurück sind. Ein solches Weibchen von Nr. 4, 
das am 4. April 1849 dort geschossen ist, hat bei sehr verbleichtem 
Gefieder noch keine einzige Feder erneuert. 


Ich bin überzeugt, dass die unsern Wanderfalken ähnlichen Falken 
des Auslandes, wie der amerikanische, der neuholländische und ostin- 
dische, eine ähnliche Verwandlung des Jugendkleides in das aus- 
gefärbte zeigen werden; doch fehlen mir die Belege zu dieser Ver- 
muthung. — Dass übrigens der Federwechsel der Alten sich oft sehr 
weit hinauszieht und mit dem Brutgeschäfte in gewissem Verhältnisse 
steht, leidet keinen Zweifel. Ein altes Weibchen von Nr. 2 in unserer 
Sammlung, das am 20. April 1832 am Friessnitzer See geschossen wurde, 
mausert am Vorderkörper; es hatte aber auch keinen entwickelten Eier- 
stock und keinen Brutflecken, war also jenes Jahr ungepaart geblieben. 


Manche Naturforscher werden vielleicht sagen, die vorstehenden 
vier verschiedenen eben beschriebenen Wanderfalken — ob man sie 
als Species oder Subspecies betrachten will, gilt mir gleich — seien 
Altersverschiedenheit eines und desselben Vogels. Dagegen bemerke 
ich, dass unsere Sammlung von allen diesen vier verschiedenen 
Wanderfalken Junge besitzt, welche den Uebergang in das ausge- 
färbte Kleid dieser verschiedenen Falken deutlich zeigen. 

Feldeggs Falke. Falco Feldeggii, auct. (F. peregrinoides, Temm.) 

Das Jugendkleid dieses Falken hat mit dem des zunächst vor- 


u 


53 


hergehenden so grosse Aehnlichkeit, dass das Weibchen in demselben 
mit dem Männchen von Falco leuco-genys zu verwechseln ist. Das 
junge Männchen. Der Oberkopf ist braun mit rostgelben Federrän- 
dern, die Stirn und ein Streif hinter den Augen, welcher 
sich um den Hinterkopf herumzieht blassrostgelb mit 
braunen Schaftstreifen. Unter diesem Streifen steht ein bräunli- 
cher Flecken, und unter diesem sind die Nackenfedern blassrostgelb mit 
braunen Schaft- und Spitzenflecken. Der übrige-Oberkörper ist braun 
mit rostfarbenen Federkanten; die in’s Schwarzgraue ziehenden Schwung- 
federn sind auf der innern Fahne mit rostgelben Querflecken besetzt, 
von denen sich bei denen zweiter Ordnung aych. auf der äussern eine 
Andeutung zeigt, die untere Seite der Schwingen und die längsten Un- 
terflügeldeckfedern sind schwarzgrau mit hellrostfarbigen Querbinden; 
die übrigen Unterflügeldeckfedern braun mit weissgelblichen breiten 
Spitzenkanten, zu denen bei den grössern noch solche Querflecken kom- 
men; der braune Schwanz ist aschgrau überflogen und hat 6 bis 7 rost- 
farbige Querbinden; der Unterkörper ist weissgelblich, an der Unterbrust 
dunkler, mit schmalen schwarzbraunen Backenstreifen, an dem Vorder: 
halse und Bauche ungefleckt, übrigens mit schmalen braunen Längeflecken, 
welche an den Seiten Querflecken werden. 

Das junge Weibchen ist auf dem Oberkörper dunkler als das 
Männchen, und hat hinter den Augen und am Nacken einen weniger 
deutlichen weisslichgelben Streifen — die Federn an ihm haben breite 
schwarzbraune Schaftflecken, der Schwanz zeigt auch eine helle Binde 
mehr, der Unterflügel blässere Querbinden und das Braun der Unter- 
flügeldeckfedern tritt mehr hervor, auch sind die schwärzlichen Backen- 
streifen etwas grösser, als beim Männchen. Dieses Weibchen unter- 
scheidet sich von dem gleich alten Männchen des Falco leuco-genys 
4) durch eine hellere Zeichnung längs des Oberkopfs, 
welche durch die blassrostgelben Federkanten gebildet wird, 2) durch 
die hellere Nackenzeichnung, 3) durch die hellern Unter- 
flügeldeckfedern, welche in einem breiten Streifen unter dem Hand- 
gelenke herab dachziegelartig über einanderliegen und 5 bis 6 braune 
und weissliche Bogen übereinander bilden, und 4) durch 
die bedeutendere Grösse, welche deutlich hervortritt, wenn man 
beide Falken neben einander stellt. Dieses Jugendkleid erleidet 
schon während des Winters eine bedeutende Veränderung durch Ver- 
bleichen und Abnutzung der Federn; allein auch die erste Mauser tritt 


54 


bald ein, welche diesem Falken bis zum nächsten Herbst sein ausge- 
färbtes Kleid bringt. 

Ein am 17. Mai 1848 in Kordofan bei Melpess geschossenes ein- 
jähriges Weibchen sieht so aus: der ganze Oberkörper ist erdbraun, 
auf dem Kopfe und Oberrücken dunkelbraun, der hinter den Augen 
anfangende, um den Hinterkopf sich herumziehende, hier aber wenig 
bemerkbare Streifen ist hochrostroth mit braunen Schäften; auf jeder 
Seite des Nackens steht ein sehr deutlicher hochrostrother, 
braun gestreifter Flecken; der Unterflügel zeigt die Zeichnung 
des Jugendkleides, aber abgeschossen und verbleicht; der Unterkörper 
hat alte, ganz verschossene Federn des Jugendkleides und viele neue 
des ausgefärbten; diese sind bis zur Brust auch am Bauche und 
After rostgelb, ungetleckt, übrigens rostgelblich lehmfarben mit rundli- 
chen und herzförmigen braunen Fleckchen besetzt. In jedem Flügel sind 
drei frische Schwungfedern des ausgefärbten Kleides schon hervor- 
gewachsen, aber die Steuerfedern sind alle noch vom Jugendkleide her. 

Das ausgefärbte Kleid *). Der Oberkörper ist aschfarben-schie- 
ferblau mit schwärzlichen Flecken, auf dem Hinterkopfe und Nacken 
rostfarben, dunkler gestreift, an den schieferschwarzen Schwungfedern 
auf der innern Fahne mit rostfarbenen Querflecken; der Schwanz ist schie- 
ferblau und schwarz gebändert, nach aussen hin lichter mit gelblicher 
Spitzenkante; der Unterkörper hat zwei schmale, kurze schwärzliche 
Backenstriche und auf rostlehmgelbem Grunde mehr oder weniger schwärz- 
liche Striche, längliche und herzförmige Flecken. Diese sind beim Weib: 
chen — siehe Susemihl Taf. 8, a. — häufiger und grösser, als beim 
Männchen; ja es gibt recht alte Männchen, welche sie gar nicht, 
oder nur eine Andeutung davon haben. Noch muss ich bemerken, dass 
ich Feldeggs Falken mit ganz rostrothem Oberkopfe, wie ihn Suse- 
mihl auf Taf. 8 abbildet, noch nicht gesehen habe. 

Die afrikanischen Falken, welche Feldeggs Falken nahe 
stehen, zeichnen sich von ihm und allen europäischen Verwandten da- 
durch sehr aus, dass sie längere Fusswurzeln haben; denn diese sind 
länger als die Mittelzehe, während bei den europäischen 
und Feldeggs Falken der umgekehrte Fall stattfindet. 

Wir besitzen von ihnen folgende zwei Arten. 


*) Ich gebe jetzt von diesem und von dem ausgefärbten Kleide der verwandten 
Falken nur eine kurze Beschreibung, behalte mir aber vor, eine vollständige mit- 
zutheilen. 


55 


» 

Der rothköpfige Falke, Falco biarmicus, auct. (Falco peregri- 
noides? Temm.) 

Das Jugendkleid. Der Oberkörper ist düster braun mit wenig 
vortretenden rostfarbigen Federrändern, die Stirn und ein Streif über 
den Augen ist rostgelblich, einer hinter ihnen schwarz, der Hinterkopf 
und Nacken hellrostfarben mit schwarzbraunen Längestreifen, welche auf 
dem Nacken sehr schmal sind; die schwarzbraunen Schwungfedern haben 
bis zur elften hellrostfarbige Querflecken; der Unterflügel ist schwarz- 
grau bis zur elften Schwung- und an seinen längsten vordern Deck- 
‘federn mit hellrostfarbigen Querflecken, die übrigen Unterflügeldeckfe- 
dern sind braun, mit blassgelben Federrändern,, rundlichen und Quer- 
flecken, welche aber nicht sehr hervortreten, weswegen die Zeichnung 
des Unterflügels sehr dunkel erscheint. Der braune Schwanz hat eine 
hellgelbe Spitzenkante und rostfarbige Querflecken, welche 8, auf den 
beiden mittlern Steuerfedern aber nur 3 Querbinden bilden. Der weiss- 
liche, auf der Brust gelblich überflogene Unterkörper hat kleine schwarze 
Backenstreifen und vom Kopfe an schwarzbraune Längeflecken, welche 
an den Seiten fast die ganzen Federn einnehmen, an den Schienbeinen 
aber schmal sind und am Unterbauche nur als Schaftstriche erscheinen. 

Dieses Kleid geht wie bei F. Feldeggii in das ausgefärbte über, 
ein im December 1850 am blauen Nil erlegtes Weibchen im ersten Win- 
ter seines Lebens zeigt schon deutliche Spuren des ausgefärbten 
Kleides. 

In ihm ist der Stirnanfang gelblich, die Stirn selbst und der Vor- 
derkopf schieferschwarz, der Hinterkopf und Nacken hellrostfarbig mit 
schwärzlichen Schaftstrichen, der übrige Oberkörper schieferbläulich mit 
schwarzen Querbinden. Die Schwungfedern erster Ordnung sind schwärz- 
lich mit rostfarben- und grauweissen Querflecken auf der innern Fahne, 
die der zweiten Ordnung schwärzlich mit schieferblauen Querbinden auf 
der äussern Fahne, alle mit hellen Spitzenkanten; der Unterflügel ist 
‚schwärzlich mit grauweissen Querbinden an den Schwungfedern erster 
Ordnung; die Unterflügeldeckfedern sind gelblich, die längsten mit matt- 
schwarzen Querbinden, die andern mit dunkelschwarzen, herzförmigen 
Länge- und Querflecken. Der Schwanz und seine obern Deckfedern 
sind schön aschgraublau mit 12 bis 13 schmalen, schwarzen Querbinden, 
von denen die vorderste die Breiteste ist, und rostgelber Spitze. Auf 
der innern Fahne sind diese Steuerfedern lichter — sie ziehen in's 
Rostfarbene oder Rostfarbenweisse — und wenn sie eine Weile gestanden 


56 


haben, bekommen sie eine hellgraue oder gelblichgraue Grundfarbe, 
gegen welche dann die schwarzen Binden sehr abstechen. Auch die 
Schwung- und ihre obern Deckfedern verschiessen so, dass die schiefer- 
blauen Querbinden auf der äussern Fahne grau erscheinen. Der Unter- 
körper ist gelblich, heller oder dunkler, nachdem die Federn längere 
oder kürzere Zeit gestanden haben, hat vor dem Auge einen schwärz- 
lichen Flecken, einen schwarzen kurzen Backenstreifen und auf dem 
Bauche, an den Seiten und Unterschwanzdeckfedern dunkle Fleckchen 
von sehr verschiedener Gestalt. Oben sind sie herzförmig, weiter herab 
breiten sie sich aus und werden Querflecken und Querbinden, am Bauche 
und an den Unterschwanzdeckfedern sind sie Schaftstreifchen, bilden an 
den letztern aber auch blaugraue Querflecken. 

Bei dem Weibchen sind diese dunkeln Flecken häufiger und 
grösser, als bei dem Männchen; je älter die Vögel sind, desto kleiner 
erscheinen sie; ja es gibt ganz alte Männchen, bei denen sie kaum 
sichtbar sind. Siehe Susemihls Abbildung, Taf. 9. Fig. 1, an welcher 
aber der dunkle Streifen hinter dem Auge fehlt und der Schwanz viel 
zu wenig dunkle Binden hat. 

Dem eben beschriebenen Falken sehr ähnlich ist ein anderer afri- 
kanischer, welcher sich aber recht gut, wie der zunächst vorhergehende 
zuweilen nach Europa verirren kann. Es ist 

der rostgelbrothköpfige Falke. Falco tanypterus, auct.*) 

Er ist in allen Kleidern dem zunächst vorhergehenden sehr ähnlich, 
und deswegen oft mit ihm verwechselt worden, was um so weniger zu 
verwundern ist, je seltener die meisten Ornithologen Gelegenheit haben, 
mehrere von diesen in den europäischen Sammlungen einzelnen Vögeln 
mit einander zu vergleichen, 

Jetzt gebe ich nur das nothwendigste über diesen Falken; künftig 
soll er eine sorgfältig ausgeführte Beschreibung erhalten. 

Das Jugendkleid. Das Männchen. Der Stirnanfang ist gelb- 
lichweiss mit schwärzlichen Schaftstrichen; die Hinterstirn schwarz, was 
auch den Scheitel zum Theil mit einnimmt; der Hinterkopf und Nacken 
hochrostfarben, im Nacken mit einem schwarzen Querflecken; auch ziehen 
sich schwärzliche Schaftstriche vom Scheitel in das Rostfarbige herein; 
ein sehr breiter schwarzer Streifen läuft hinter dem Auge 


*) Wenn ich mich nicht irre, steht er schon sehr frühe, von Lichtenstein be- 
stimmt, unter diesem Namen im Berliner Museum, so dass diesem grossen Natur- 
forscher die Ehre, ihn entdeckt zu haben, gebührt. 


57 


nach den Schultern herab; der übrige Oberkörper ist schwarzbraun 
nur mit einer Spur von hellern Federrändern, welche auf 
dem Unterrücken ganz fehlt. Die braunschwarzen Schwungfedern 
haben bis zur elften auf der innern Fahne rostfarbige Querflecken; der- 
grauschwarze Unterflügel zeigt an seinen 41 vordersten Schwung- und 
grössten Deckfedern blassgelbe Querflecken, die übrigen Unterflügeldeck- 
federn sind schwarzbraun, viel dunkler, als bei F. biarmicus, mit rost- 
gelben Spitzenkanten und Seitenflecken. Der schwarzbraune Schwanz 
hat, die beiden mittelsten Steuerfedern ausgenommen, 7 bis 9 hellrost- 
farbige Querbinden und ein gelbes Spitzenband; auch die längsten Ober- 
schwanzdeckfedern zeigen einen gelben Spitzensaum. Der gelblichweisse 
von der Brust an rostgelbe Unterkörper hat vor dem Auge einen schwärz- 
lichen Flecken, welcher sich unter demselben nach hinten zieht und in 
einen kurzen, aber deutlichen Backenstreifen ausläuft. Er ist von dem 
Kopfe an mit grossen schwarzen, fast die ganze Feder ein- 
nehmenden Längeflecken, bedeckt, welche ihm eine dunklere 
Zeichnung geben, als irgend ein vorhergehender Falke hat. Am Unter- 
bauche und an den Schienbeinen werden diese Flecken schmal und an 
den Unterschwanzdeckfedern sind sie nur als Schaftstreifen zu sehen. 

Das Weibchen. ähnelt auf dem Oberkörper dem Männchen 
sehr; doch ist der ganze Hinterkopf und Nacken schwarz gestreift, die 
Unterflügeldeckfedern sind stärker gefleckt, aber die schwarzen Länge- 
flecken auf dem Vorderkörper sind schmäler und lassen desswegen mehr 
von dem rostgelben Grunde desselben sehen; nur die Unterschwanzdeck- 
federn sind stärker gefleckt, als beim Männchen. 

Dieses Jugendkleid unterscheidet sich wesentlich von dem des 
F. biarmicus 4) durch den schwärzern Vorderkopf, 2) den 
schmälern schwarzen Streifen hinter den Augen, 3) den 
fast gänzlichen Mangel der hellern Federränder auf dem 
Oberkörper, 4) den dunklern Unterflügel, 5) den viel dunk- 
‚lern Unterkörper und 6) die bedeutendere Grösse. Ueber- 
haupt ist Falco tanypterus ein weit mehr ausgebildeter Vogel, als Falco 
biarmicus. _Diess zeigt sich auch 

im ausgefärbten Kleide. Ueber dieses für jetzt nur so viel, 
dass die Falken, welche es tragen, nicht nur grösser, sondern auch 
viel schöner, als Falco biarmicus sind, einen weit mehr gebän- 
derten, mit rostfarbigen Querbinden durchzogenen, Oberkörper haben, 
sich aber wesentlich von ihnen durch den ganz rostgelbrothen oder 


58 


sehr hellrostfarbigen Oberkopf, der auf der Hinterstirn und dem 
Vorderscheitel bei Falco biarmicus schieferschwarz ist, unterscheiden. 

Der Nackenfalke. Falco cervicalis*), Lichtenstein et Brehm. 
(Falco peregrinoides? auct.) 

Dieser schöne Falke hat die Grösse unseres nordischen Wan- 
derfalken, des Falco griseiventris, und ist bedeutend kleiner, als Falco 
hiarmicus, aber viel grösser, als Falco Feldeggii; denn seine Länge be- 
trägt 15° bis 18%. Er gehört zu den Falken, bei denen die Fuss- 
wurzel länger ist, als die Mittelzehe — dasselbe finden wir bei Falco 
biarmieus tanypterus — und zeichnet sich vor allen vorhergehenden 
durch die Kürze seiner Zehen aus. Am meisten fällt diese Verschieden- 
heit der Fusswurzel und Zehen in die Augen, wenn man die Füsse 
unseres Nackenfalken mit denen von Falco Feldeggii vergleicht. 
Dieses Kennzeichen ist um so wichtiger, weil es auch die Unterschei- 
dung der einander sehr ähnlichen Jugendkleider dieser Falken möglich 
macht. Ein anderes Kennzeichen, welches auch in allen Kleidern brauch- 
bar ist, gibt die Gestalt des Schädels dieser Falken ab. Bei Falco biar- 
micus ist dieser ziemlich, bei F. tanypterus sehr, bei F. cervicalis wenig 
gewölbt, was sogleich in die Augen fällt, wenn man die Vögel von vorn 
ansieht; da bemerkt man nemlich leicht, dass sich die befiederte Haut 
des Stirnanfangs kaum über die Wachshaut erhebt. Die andern Kenn- 
zeichen in der Zeichnung der ausgefärbten Vögel werde ich weiter 
unten angeben. a 

Das Jugendkleid ähnelt dem der beiden zunächst vorhergehen- 
den Falken so sehr, dass ich nur noch Weniges darüber zu bemerken 
für nöthig erachte. Die schwärzlichen Streifen hinter den Augen und 
neben der Kehle sind schmal, der Hinterkopf ist schmutzig rostfarben, 
fast überall mit schwarzbraunen Längeflecken besetzt, die rostfarbigen 
und rostgrauen Federränder des Oberkörpers sind wenig bemerkbar, die 
rostfarbenen Querbinden an den Steuerfedern sehr schmal, bei mehreren 
auf der äussern Fahne nur in Flecken angedeutet, die an den Schwung- 
federn ebenso deutlich,‘ als bei den zunächst vorhergehenden, aber etwas 
schmäler und länger sind. Die Unterflügeldeckfedern sind braunschwarz 
und schwärzlich mit rost- und blassgelblichen Kanten und rundlichen oder 


*) Ich behalte diesen Namen bei, weil ich unsern Falken im Berliner Museum 
unter ihm aufgestellt fand, um keinen neuen einzuführen, ob ich gleich .: dass 
er auch dem FalcofFeldeggii oft beigelegt wird. 


59 


breit gezogenen Querflecken. Die Zeichnung des Unterkörpers ist wie 
bei den vorhergehenden. 

Ein am 8. September 1851 bei EI Tabbe in Nubien geschossenes 
Männchen hat schon einige Federn des ausgefärbten Kleides, wel- 
ches im zweiten Jahre vollendet wird. Dieses ist sehr schön. Der 
Schnabel ist vor der etwas breiten citronengelben Wachshaut gelblich, 
an der Spitze schwärzlich, die gelbe nackte Stelle um die Augen breit, 
der Augenstern wie bei allen ächten Falken braun; die in der Jugend 
bläulichen Füsse sind eitronengelb; die Stirn und der Vorderkopf schwarz, 
etwas in’s Schieferschwarze fallend, auf dem Mittelkopfe bekommen die 
dunkeln Federn rostfarbige oder rostrothe Kanten, welche sich weiter 
herab immer mehr ausbreiten und auf manchen Federn die dunkle Farbe 
nur noch am Schafte erscheinen lassen; der Oberrücken und Oberflügel 
ist schwarz, etwas matt mit schieferfarbigen Querbinden, die Schultern 
sind schieferfarben mit schwärzlichen Querbinden, der Unterrücken und 
die Steuerfedern aschblaugrau mit schwarzen Querbinden, auf den Steuer- 
federn sind diese sehr schmal und desswegen zahlreich; auf der mittlern 
stehen von ihnen bei unserem Männchen 12, auf der äussern 15. Die 
Schwanzspitze ist rostgraugelb; die schwärzlichen Schwungfedern haben 
auch helle Querbinden, welche an denen erster Ordnung nur auf der 
innern Fahne stehen, an den vordern weisslich und sehr zahlreich sind, 
nach hinten dunkler werden und an Zahl abnehmen, an denen der zwei- 
ten Ordnung auch auf die äussere Fahne übergehen und schieferfarbig 
werden. Der mattschwärzliche Unterflügel erscheint desswegen hell ge- 
bändert, die Unterflügeldeckfedern weichen von denen der vorherge- 
henden Falken sehr ab, denn sie sind rostgelblich und düsterweiss — 
das Letztere die längsten — überall mit schwarzbraunen Quer- 
und einigen herzförmigen Flecken, welche nur an der Flügel- 
kante als Längeflecken erscheinen. Bei den beiden zunächst vorherge- 
henden Falken sind diese dunkeln Flecken fast lauter Längeflecken, was 
. eine ganz andere Flügelzeichnung bewirkt und diese Unterflügeldeckfe- 
dern viel weniger gefleckt erscheinen lässt. Der Unterkörper ist schön 
rostgelb, mit schmalen kurzen braunen Streifen neben der Kehle und sol- 
chen langen hinter den Augen, übrigens rein, nur an den’ Seiten und 
den Unterschwanzdeckfedern mit einigen braunen herzförmigen und Quer- 
flecken besetzt und ausserdem hier und da mit solchen Punkten besprengt. 

Diess ist die Zeichnung des Männchens; das Weibchen ist 
auf dem Unterkörper etwas .stärker gefleckt und natürlich viel grösser, 


60 


als das Männchen. Er bewohnt Nordostafrika; unsere Vögel sind in 
Nubien und Sudan erlegt. 

Es dürfte zur genauen Kenntniss der vorstehenden nicht leicht zu 
unterscheidenden Falken nöthig sein, hier noch eine kurze Uebersicht 
derselben und ihre Hauptkennzeichen zu geben. Sie zerfallen in zwei 
Abtheilungen, und zwar nach der Gestalt ihrer Füsse. 

I. Falken, deren Mittelzehe länger, als ihre Fusswur- 
zel ist. Dahin gehören: 

4) Der Schlachtfalke. Falco lanarius, kenntlich an seinen etwas 
kürzern Flügeln, welche das Schwanzende nicht erreichen und seinem, 
in allen Kleidern hellen, oft rostgelblichen, dunkler gefleckten Ober- 
kopfe, wohnt östlich, geht aber ziemlich weit hinauf, kommt wahrschein- 
lich nicht in Nordostafrika vor. | 

2) Der Krähenfalke. Falco cornicum, Brehm. «(Falco peregri- 
nus, auct.) 

Dunkler Oberkopf und Nacken, im Alter rostlehmgel- 
ber Grund des Unterkörpers, in der Jugend braune schmale 
Längeflecken auf demselben, grosse schwarze Backenstrei- 
fen, die Stelle unter den Augen ist weit schwarz; Länge 16 
bis 19. Er bewohnt Mitteleuropa, brütet in Deutschland und wandert 
nach Egypten, wo man aber nur Weibchen antrifft. 

3) Der nordische Wanderfalke. Falco grisei-ventris, Brehm. 
(F. peregrinus, Linn.) 

Sehr dunkler Oberkopf und Nacken, im Alter grossen 
Theils aschgrauer Grund des Unterkörpers, in der Jugend 
braunschwarze Längeflecken auf demselben, grosse 
schwarze Backenstreifen, die Wangen fast oder ganz 
schwarz; Länge 15° bis 18 Bewohnt Skandinavien, wandert durch 
Deutschland und geht schwerlich bis nach Egypten. 

4) Der kleine Wanderfalke (Tannenfalke). Falco abietinus, 
Bechst. (F. peregrinus auct.) 

Der Oberkopf ist dunkel, der Nacken hat 2 helle grosse 
Flecken, im Alter rostlehmgelber Grund des Unterkörpers, 
in der Jugend mit schmalen schwarzbraunen Längeflecken, 
die grossen schwarzen Backenstreifen ragen weit über 
die grossen Theils dunkeln Wangen herab; Länge 14 bis 151g 

5) Der weisswangige Wanderfake. Falco leuco-genys, Brehm. 
(Falco peregrinus, auct.) 


61 


Der Oberkopf ist dunkel, der Nacken hell, der Grund 
des Unterkörpers der Alten rostgelblich, die braunen Län- 
geflecken der Jungen auf demselben sind schmal, die klei- 
nen Backenstreifen lassen die Wangen fast oder ganz weiss. 
Er bewohnt Deutschland und geht bis nach Egypten. 

6) Der amerikanische Wanderfalke, Falco anatum, hat nach 
der Versicherung der Naturforscher sehr kurze Füsse und der ostin- 
dische, gewiss eine besondere Art, ist nach unserem Bruch. welchem 
ich die Benennung desselben überlasse, viel kleiner, und der neuhol- 
ländische, Falco melanogenys, Gould*), ist etwas anders gezeichnet. 

7) Feldeggs Falke. Falco Feldeggii, auct. 

Nur der Vorderkopf dunkel, der Nacken rostroth, oder 
rostgelblich, oder rostgelblichweiss, geringe Grösse, denn 
das Weibchen ist kaum grösser, als das Männchen von Falco 
grisei-ventris. 

Er bewohnt Nordostafrika, kommt aber auch in Griechenland und 
Dalmatien vor und verirrt sich sogar in der Jugend äusserst selten nach 
Deutschland. | 

I. Kalken, deren Mittelzehe kürzer, als ihre Fuss- 
wurzel ist. Dahin gehören: 

4) Der rothköpfige Falke. Falco biarmicus, auct. (Falco pe- 
regrinoides? Temm.) 

Bei den alten Vögeln ist der rostrothe Kopf auf der 
Hinterstirn, bei den Jungen noch weiter mit schiefer- 
schwarzen Längeflecken bedeckt und hat im Nacken einen 
braunen Flecken, die Unterflügeldeckfedern sind im Alter 
ziemlich stark mit braunen Länge- und herzförmigen 
Flecken besetzt, in der Jugend braun mit rostgelblichweis- 
sen rundlichen Flecken und Rändern; Länge 16‘ bis 19". 

Er lebt in Egypten und verirrt sich gewiss äusserst selten nach 
. Europa. 

2) Der rostrotihgelbköpfige. Falco tanypterus, auct. 

Bei den alten Vögeln ist der ganze Oberkopf rostgelb- 
roth mit dunkeln Schäften, der ganze Mantel mit rostfar- 
bigen Querbinden durchzogen, die rostgelblichweissen 


*) Dieser Falke ist von dem Wanderfalken kaum so sehr verschieden, als 
unser Falco leucogenys. 


62 


Unterflügeldeckfedern sind mit braunen Länge- und eini- 
gen solchen Querflecken dünn besetzt; die Backenstreifen 
sind kaum angedeutet. Im Jugendkleide ist der Unterflü- 
gel weniger, als bei Nr. 1 an seinen Deckfedern braun. 
Länge 16 ad! bis 19 Int, 

Er lebt in Egypten und verfliegt sich gewiss nur äusserst selten 
nach Südeuropa. 

3) Der rothnackige Falke. Falco cervicalis, Licht. et Brehm. 
(Falco peregrinoides, auct.). & 

Der Vorderkopf ist bei den Alten und Jungen schwarz, 
der Nacken reinrostroth, der Hinterkopf auf solchem 
Grunde mit schwarzen Längeflecken; die Backenstreifen 
sind sehr klein; die Zehen auch im Verhältnisse kurz. 

Er bewohnt Nubien und geht bis Chartum hinauf, ob er die süd- 
europäischen Inseln berührt, kann ich nicht sagen. 

(Fortsetzung folgt.) 


Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien. 


Von 


H. D. 5. Wallengren, 
auf Trolle-Ljungby bei Christianstadt in Schweden. 


Schon im vorigen Jahrgange der Naumannia hatte ich die Ehre einen 
Beitrag zur Kenntniss der geographischen Verbreitung der Vögel inner- 
halb Skandinavien und der dazu gehörenden Provinzen zu geben, indem 
ich ein Verzeichniss der bis jetzt auf Gottland, theils zur Heckzeit, theils 
nur während des Winters und der Zugzeit anzutreffenden Vögel, ein- 
schickte. Der Wunsch meines werthen Freundes, des Redacteurs 
der Naumannia, hat mich zum Versuche veranlasst ‚„ eine kurze Ueber- 
sicht der Brützonen der Vögel zu geben, welche während der Sommer- 
monate unsre kalte Halbinsel besuchen und bewohnen; und ich muss 
hierbei bekennen, dass Vieles, ihre Verbreitung in den vereinigten Rei- 
chen angehend, bis jetzt noch dunkel ist, besonders was die Provinzen 
in den Grenzen der Lappmark und von dort bis an’s Eismeer betrifft, 
obschon auch diese in neuerer Zeit von mehreren Reisenden und ausge- 


63 


zeichneten Ornithologen untersucht worden sind. Jedoch habe ich, 
geleitet von Reisebeschreibungen und was sonst diese Sache angehend 
in unsern Zeitschriften sich vorfindet, versucht diesen Stoff so darzu- 
stellen, wie ich ihn bis jetzt selbst kenne. 


Um nicht bei jeder Angabe die Quelle zu eitiren, will ich hier die 


Schriften aufzählen, welche ich benutzt habe. Diese sind: 


Skandinavisk Fauna af S. Nilsson, Foglarne. Lund 1835. 

Die Wirbelthiere Europa’s von Graf Keyserling und Prof. Blasius ; 
Braunschweig 1840. 

Ornithologie europeenne par Degland. Paris 1849. 

Danmarks Fugle af Kjaerbölling. Kjöbenhavn 1852. 

Ornithologiska Jaktagelser under en Resa i Ume, Pite och Lule 
Lappmarker 1845 af C. G. Löwenhjelm (uti Kongl. Wet. Acad. 
i Stockholm. Handl. 1845 p. 441 u. £). 

Anteckningar under en Resa i Norrlands och Luleä Lappmarker, 
1843 von demselben (Kongl. Wet. Acad. Handlingar 1843 p. 385.) 

Ornithologiska Bidrag till Skandinaviens Fauna, samlade i det Nord- 
ligaste Skandinavien frän d. 24. Jän. 1841 till d. 26. Juli 1842 
af A. Malm (Naturhistorisk Tidskrift af H. Kröyer 5. Band 1844 
bis 1845 p. 180). 

Bidrag till norra Rysslands och Noriges Fauna, samlade under en 
Resa i dessa Länder 1848 af W. Liljeborg (Kongl. Wet. Acad. 
Handl. 1850 p. 235). 

Observationes Zoologicae von demselben. Lund 1845. 

Om: de i trakten af Carlstad förekommande fogelarter af Friherre 
C. G. Gederström. Upsala 1851. 

Comparative List of the Birds of Scandinavia and Great-Britain by 
H. Wheelwright. Carlstad 1852. 

Öfwersigt af Kongl, Wet. Acad. Förhandlingar, Stockholm 1844 bis 
1853. $ 

Förteckning, jempte nägra anteckningar öfvir de i Bohuslänska 
Skärgärden observerade Foglarne af W. von Wright (Göthe- 
borgs Kongl. Wet. och Witterh. Samhälles Handl. 1850 p. 45 
und 1851 p. 65). 

Resa genom Ume Lappmarker in 1832 af J. W. Zetterstedt. 
Örebro 1833. 

Ausser diesen habe ich auch meine mehrjährigen Anzeichnungen, 


unsere Vogelarten angehend, benutzt, sowie auch das, was ich während 


64 


meiner kleineren Reisen habe beobachten können. Ebenso haben auch 
die besonderen Nachrichten meiner Freunde mir Gelegenheit gegeben, 
solches, was noch nicht allgemein bekannt war, angeben zu können; 
unter ihnen muss ich besonders dankbar nennen, Adj. Liljeborg und 
Forstverwalter Gadamer, welche mir reichhaltige Beiträge zukommen 
liessen. — Jedoch muss ich beklagen, dass ich, Norwegens Vögel be- 
treffend, nicht so vollständige Notizen habe geben können, wie ich es 
gewünscht hätte, da ich nicht Gelegenheit habe »Rasch: Fortegnelse 
og Bemerkninger over de i Norge förkommende Fugle« 
(Nyt Magazin for Naturwidenskaberne 1838 und 1835), benutzen zu 
können. 

Nachdem ich vorbereitungsweise dieses angeführt habe, gebe ich 
nun Notizen über die Verbreitung aller hier heckenden Vögel, um dann 
aus diesem Speciellen das Allgemeine vorstellen zu können, das man 
aus ihnen ziehen kann. Jedoch habe ich geglaubt, in den Anmerkungen 
auch kurze Nachrichten von den Vögeln geben zu müssen, welche auf 
unserer Halbinsel angezeichnet worden sind, ohne dass sie hier jedoch 
geheckt haben. Hierdurch erhält man eine allgemeine Uebersicht über 
alle hier im Lande his jetzt getroffenen Vögel. Auch habe ich hier und 
da solche Notizen mit angegeben, welche mir interessant schienen, ob- 
wohl sie gerade nicht eigentlich unser Thema angehen. Schliesslich 
muss ich um gütige Nachsicht anhalten für die Mängel, die man hier 
und da finden möchte, da der Schwierigkeiten bei Bearbeitung dieses 
Aufsatzes sehr viele waren, besonders da die Nachrichten, welche mir 
zugänglich waren, im Ganzen nur gering und bisweilen auch undeutlich 
waren. 


Erfte Abtheilung: Landoögel, 


Falco gyrfalco, Linn. 
(F. candicans, Gmel, F. islandicus, Briss. F. gyrfalco, Schleg.) 


Der Jagdfalke, welcher als Junger zur Winterzeit sehr weit südlich, 
nicht nur auf unserer Halbinsel, sondern auch auf unserem Welttheil, 
herumstreicht, so dass er sogar Dänemark, Deutschland, England und 
Frankreich besucht, hält sich als fortpflanzungsfähig jederzeit im höhern 
Norden auf, wo er auf dessen wilden und öden Klippen, theils im Innern 
des Landes, theils auch an den Küstenstrichen grosse Verheerungen 


65 


unter Säugethieren und Vögeln anstellt. Zur Winterzeit besucht er je- 
doch die Höfe, und ist dann nicht ganz so scheu, obwohl er auch dann 
noch sich gar wohl vor dem schleichenden Jäger zu achten weiss, all- 
zeit hohe Stellen zum Ruheplatze wählend, um freie Aussicht überall 
hin zu haben. Während des Sommers ist sein eigentlicher Aufenthalt 
in den Birken-,. Weiden- und ‚Schnee-Regionen der Alpen, und er 
gibt schon dadurch seine Natur als Polarvogel zu erkennen. Wollen 
wir nun auch seine südliche Grenze ziehen, so fällt sie in Schweden nicht 
weit vom Polarkreise, und der 65.° n.B. dürfte wohl der südlichste sein, 
wo dieser Vogel oft noch mehr hecken möchte. Doch muss angemerkt 
werden, dass er auch inner der angegebenen Grenze überall in den Alpen, 
im Innern des Landes, ziemlich selten ist, dagegen nur längs der Eis- 
meerküste mehr zahlreich vorkömmt. Die dunkle Varietät (F. gyrfalco, 
Schleg.. Degl.) wurde südlichst von Adj. Liljeborg bei Tromsö in 
Norwegen mit Sicherheit angetroffen. Die beiden andern Varietäten: 
F. candicans et islandicus: werden in dem vor angegebenen Gebiete 
angetroffen. In Norwegen dürfte er wohl noch südlicher in der Heck- 
zeit angetroffen werden. 


Falco peregrinus, Briss., 


Nimmt vorgenannter Falk an Anzahl zu, je weiter man im Polarkreise 
hinaufkommt, so nimmt in selber Weise diese Art ab, und wird am Allge- 
meinsten als Heckvogel in Schweden und Norwegen, in den südlich vom 
Polzirkel belegenen Provinzen, angetroffen. Hier, wo steile Klippen kleinere 
Landseen umgeben, kann man auch gewiss sein, diesen Falken wohnhaft 
zu finden, und auch noch südlichere Provinzen können Stellen aufweisen, 
wo er heckend gefunden wurde. Selbst habe ich ihn ansässig gefunden 
in Schonen und: Blekinge, obwohl er hier sehr selten ist, hauptsächlich 
darum, weil es hier keine eigentlichen Klippen gibt. In den Scheeren 
des Bohuser Kreises fängt er an gemeiner zu werden. Obwohl er an 
Zahl im Polzirkel abnimmt, hört er in diesem jedoch nicht ganz und gar 
auf, sondern man trifft ihn auch noch nördlicher, zwischen dem 67—68.° 
n. B. an, und ohne Zweifel geht er bis an die Küste des Eismeeres, 
welches man daraus vermuthen kann, dass er in Amerika noch bis zum 
74.° n. B. heckt. Im südlichen Schweden kommt er gegen den 1. April 
an und verlässt uns zur Herbstzeit, Ende October. Jedoch scheint auch 
ein oder der andere hier zu überwintern, besonders an der Meeresküste, 


- 


Naumannia. 1854. ‘) 


66 


wo es reichlich Wasservögel gibt, da man ihn an solchen Stellen noch 
im December angetroffen hat. 


Falco subbuteo, Linn. 


Dieser kleine und schöne Falk ist in den südlichen und mittlern 
Landschaften Schwedens der gemeinste vom ganzen Geschlecht, und ver- 
räth sogleich seine Gegenwart in den Wäldern durch sein gelles Geschrei. 
Die nördlichste Gegend, wo er als heckend bemerkt wurde, ist bei Stor- 
bücken in der Luleäi Lappmark, nahe am Polzirkel. Doch schon bei 
weitem früher hört er auf gemein zu sein. Schon in der Gegend von 
Carlstad in Wermland ist er weniger allgemein, und so verhält es sich 
auch in Dalekarlien. Der Grund dazu scheint in der bergigen Natur 
dieser beiden Landschaften zu liegen, da er noch bei Upsala, welches 
nördlicher als Carlstad liegt, gemein ist, und wesswegen man annehmen 
kann, dass er längs der Ostseeküsten, wo das Land mehr flach ist, wei- 
ter nach Norden hinauf geht, als im Innern und den westlichen Theilen 
des Landes. In den letztern kommt er sehr sparsam vor, und scheint 
an gewissen Stellen ganz und gar zu fehlen. Ob er auch in- Norwegen 
vorkommt, weiss ich nicht. Die Reisenden, deren Beschreibungen ich 
vor mir habe, haben ihn nicht unter den dort angegebenen Vögeln auf- 
geführt. Da er in England vorkommt und dort Standvogel ist, muss, 
wenn er in Norwegen fehlt, oben angedeutete Ursache — die bergige 
Natur — Schuld haben. In Schweden ist er ein Zugvogel. 


Falco lithofalco, Briss. 
(F. aesalon, Temm.) 


So wie F. peregrinus im Norden seinen Ersatz in F. gyrfalco hat, 
so hat der Lerchenfalk denselben im Zwergfalken, welcher dort in allen 
felsigen Wäldern eben so gemein, als der vorige in den flachern Ge- 
genden des Südens ist. Jedoch erstreckt sich die Heckzone des Zwerg- 
falken mit ihrer südlichen Grenze weiter in den Bezirk des Lerchenfal- 
ken, als der Jagdfalk in den des Wanderfalken. Schon im 57.°n. B. 
trifft man ihn heckend an, obwohl mehr sparsam in den östlichen Pro- 
vinzen, und als Heckvogel trifft man ihn dort ununterbrochen bis in die 
Nähe des 65.° n. B., von wo ab. er noch gemeiner wird bis an die Küste 
des Eismeeres. In den westlichen Theilen der Halbinsel ist er schon 
bei 58° n. B. gemein. Ä 


67 


Seinen Horst baut er aus Reisern und Moos, entweder im Gipfel 
einer hohen Kiefer oder in einer Felsspalte, am liebsten am südlichen 
oder westlichen Abhange eines Berges. Obwohl in Grossbritannien Stand- 
vogel, gleich wie seine beiden verwandten Vorgänger, wird er hier, so 
wie diese im Allgemeinen als Zugvogel betrachtet, und beginnt schon 
Ende August in Schonen auf den Feldern herumzustreichen, worauf er 
im October verschwindet. Im Frühjahr kehrt er weit früher zurück, als 
der Lerchenfalke, und ich habe ihn hier im südlichen Schweden schon 
am 18. März wiedergesehen; zu den nördlichsten Lappmarken kommt er 
gegen den 9. Mai zurück. Ein oder der andere überwintert hier jedoch, 
gleich wie der Wanderfalk. 


Falco tinnunculus, Linn. 


Der Thurmfalke, der im westlichen Europa den Platz einnimmt, den 
F. vespertinus, Linn., im östlichen innehat, wird in ganz Scandinavien 
'heckend angetroffen — ja bis zu den Küsten des Eismeeres hinauf. Auf 
die Alpen geht er bis zur Schneeregion hinauf, und diess gibt zu erken- 
nen, dass er auch die kältern Gegenden der Polarländer bewohnt. 
Prof. Blasius und Graf Keyserling’s Angabe (Wirbelth. Europ. p. XXIX), 
dass der Thurmfalke »die alte Welt, mit Ausschluss des höchsten Nor- 
dens« bewohne, ist daher falsch, wenn sie unter dem höchsten Norden, 
Schwedens und Norwegens Polarländer verstehen, da er sicher in 
den Finnmarken bis auf Nordcap angetroffen wird. Jedoch dürfte 
er nicht gar weit östlich von hier aus gehen, da man ihn nicht in 
Enare und Utsjoki Lappmarken (44—47° L. und 69° n. B.) und auch 
nicht am weissen Meere angetroffen hat. Da er so weit nach Norden 
an Scandinaviens Küste hinaufgeht, erscheint es wunderlich, dass er, 
nach Faber, nicht auch auf Island, und, nach Holböll, auch nicht auf 
Grönland vorkommt, welche beide Länder doch in faunistischer Hinsicht 
die meiste Aehnlichkeit mit den nördlichen Theilen unserer Halbinsel 
_ haben; jedoch dürfte die Ursache hiervon in der insularen und vom europ. 
Festlande, durch das Meer, weit abgeschiedenen Lage, sowie auch in der 
Gewohnheit dieses Falken, während der Zugzeit mehr den Waldrändern und 
Bergzügen, als den Gewässern zu folgen, zu suchen sein. Anfang April 
kommt er in Schonen an und zieht Ende September wieder fort, und diese 
Art, sowie F. subbuteo, dürften die einzigen des ganzen Geschlechtes 


sein, welche als eigentliche Zugvögel betrachtet werden können, weil 
Er 


68 


weder ich, noch ein Anderer, so viel ich weiss, sie während der Win- 
termonate irgendwo im Lande angetroffen hat. 

Anm. F. vespertinus, welcher manchmal in Finnland und Dänemark geschos- 

sen worden ist, ist bis jetzt noch nicht in Scandinavien bemerkt worden. 

F. lanarius, Linn., Nilss., Temm. (F. sacer, Schlegl., Degland. 

F. eyanopus, Gessn.) kommt während der Zugzeit- in jungen Exemplaren 


höchst selten und nur zufällig im südl. Schweden vor, und heckt daher nir- 
gends im Lande: 


Astur palumbarius, Linn. 


Der Taubenhabicht steigt auf den Alpen nur bis in die Nadelholz- 
region hinauf, und kann darum im hohen Norden nicht als Heckvogel 
getroffen werden. Er ist auch nicht aufgeführt unter Islands und Grön- 
lands Vögeln, und in Scandinavien wird er nicht sehr weit im Polzirkel 
angetroffen, sondern dürfte der 67." n. B. als seine nördlichste Heck- 
station angesehen werden. Während der Zugzeit kommt er jedoch 
“manchmal noch nördlicher vor, wie z. B. bei Skjetsomjärwi, auf der 
Grenze zwischen Muonioniska und Enare Lappmark (zwischen dem 68. bis 
69." n. B.). Im südlichen Schweden ist er gemein und heckt in den grös- 
sern Wäldern, ist jedoch ziemlich selten während der Heckzeit in Schonen, 
weil diese Provinz Gebirge entbehrt, welche er dem Flachlande vorzieht. 
Doch kommt er hier und da auch in dieser Provinz vor. Zur Herbstzeit 
kommt er in grosser Menge, besonders jüngere Individuen, welche im 
November und Anfang December nach südlicheren Gegenden streichen; 
die meisten ältern bleiben jedoch den ganzen Winter hindurch hier. Ich 
habe öfter im Januar und Februar junge Individuen gesehen und ge- 
schossen, welches beweiset, dass auch nicht alle von diesen fortziehen. 
Während dieser Monate trifft man sie besonders an offenen, von Was- 
servögeln zahlreich besuchten Flüssen und Strömen an. So verhält es 
sich auch in Dalekarlien, so dass man diese Art als Standvogel betrach- 


ten muss. Im März zieht er sich nach den Wäldern und weiter nörd- 
lich zurück. 


Astur nisus, Linn. 


Der Finkenhabicht gehört selber Region an, wie sein voriger Ver- 
wandter, geht jedoch kaum so hoch nach Norden hinauf, als jener, ob- 
wohl er eben so hoch auf die Alpen hinauf steigt. Die nördlichste 


69 


Gegend, :wo er bis jetzt während der Heckzeit getroffen wurde, ist unter 
65° n. B., so dass man ihn noch nicht im Polzirkel gefunden hat. Ob- 
wohl ein Theil fortziehen mag im Winter, so ist er doch in den 
südlichen Provinzen Standvogel, weil man nicht wenige — alte und junge 
— ‚während der kältern Monate auf den Feldern und an den Häusern 
herumstreichen sieht. In den nördlichen Gegenden seiner Heckzone 
dürfte er Strichvogel sein, aber schon unterm 59.0 n. B. ist er Stand- 
vogel. 


® 


Aquilu fulva, Linu. 
(F. chrysaötos et fulvus, Linn. F. fulvus, Nilss, Temm. F. chrysaötos, Nilss) 


Den Steinadler trifft man auf den Alpen durch deren ganze Nadel- 
holzregion, und er ist während der Heckzeit in den Lappmarken und den 
mördlichsten Provinzen, in den Alpen, ziemlich gemein, am gemeinsten 
jedoch gegen die westlichen Seeküsten zu. Seine Heckgrenze nach 
Süden ist schwer anzugeben, weil. die Observationen, diesen Adler be- 
treffend, sehr gering sind. Vielleicht dürfte sie jedoch zwischen den 
64—63.° n. Br. fallen. In Norwegen, welches von überwiegend mehr 
bergiger Natur ist, wird er jedoch weit südlicher angetroffen. Während 
des Winters ist er in den südlichen Provinzen nicht selten und da auch 
im Hochlande. Nirgends in Schweden unter oben angegebener Grenze 
ist er, so viel mir bekannt, heckend angetroffen worden. Diess fällt 
mir um so mehr auf, da er von Dr. Kjaerbölling, als heckend im 
flacheren Dänemark — wiewohl selten — aufgeführt wird. 


Anm. Aquila naevia, Briss. (F. maculatus, @mel.) ist nur ein einziges Mal 
bei Ellinge in Schonen im September geschossen worden; kommt aber nir- 
gends im Lande heckend vor. 


Aquila albieilla, Linn. 
(F. albieilla et ossifragus, Nilss. Aqu. albieilla et borealis, Brehm.) 


Dieser Adler ist an allen Seeküsten, auch die flachern nicht ausge- 
nommen, von Schonen bis an’s Eismeer in allen Monaten des Jahres 
gemein. Auch sieht man ihn ansässig an den Landseen, sowohl im süd- 
lichen als nördlichen Scandinavien.. Kammerjunker v. Wright, welcher 
Gelegenheit hatte seine Lebensweise eine längere Zeit auf den Scheeren 
des Bohuser Kreises beobachten zu können, erzählt darüber Folgendes: 

»Die Sitte dieses Vogels, mit Ausnahme des Sommers, da er auf 
den Scheeren übernachtet, sein Nachtlogis in Nadelwäldern, am liebsten 


0 


an den Ufern der Landseen, nicht weit vom Meere zu suchen, gibt dem 
Jäger eine sichere Gelegenheit ihn zu schiessen, wenn er vor der Abend- 
dämmerung sich in Schussnähe bei den grössern Bäumen (sogenannten: 
»Örnefurer«-Adlerkiefern) anstellt, von denen man weiss, dass der Adler 
sie gewöhnlich zum Nachtlogis auswählt, wenn er am Abende von der 
Wasserjagd des Tages zurückkommt. Schon zeitig des Morgens, oft 
schon in der Morgendämmerung, begeben sich die Adler wieder — ge- 
wöhnlich alle, welche in demselben oder in nahestehenden Bäumen ge- 
schlafen — fast auf einmal auf die Scheeren, wo sie grosse Verwüstung 
unter den Seevögeln und Fischen anrichten. Die Schellente, den Säger 
und den Alk scheint er am meisten zu verzehren, denn deren Ueber- 
reste wurden am meisten, und von Fischen der Dorsch und der Aal, 
in seinem Magen angetroffen. Dagegen fand ich sehr selten beim Adler 
Ueberreste von der Stockente, welches daher kommen mag, dass dieser 
aufmerksame und scheue Vogel sogleich aufsteht, wenn er ihn in der 
Entfernung kommen sieht, da hingegen die tauchenden Wasservögel nicht 
selten auf so nahe Distance beim Heraufkommen aus dem Wasser über- 
rascht werden, dass sie nicht wagen aufzufliegen, sondern lieber ihre 
Rettung durch Wiedertauchen suchen, welches ihnen aber nichts hilft, 
wenn es auf so seichtem Wasser geschieht, dass der Adler sie sehen 
und über ihnen folgen kann, ‚bis sie durch Mangel an Luft gezwungen 
sind heraufzukommen, denn da werden sie sogleich ergriffen. Selten 
oder nie geschah es, wenn ich am Abende beim Nachtquartier diesen 
gefrässigen Vogel geschossen, dass er nicht auch den ganzen Kropf 
voll von Vögeln und Fischen hatte, am meisten von ersteren — dann 
sind sie aber auch ungeheuer fett. Jedoch kann er auch sehr lange 
hungern ehe er stirbt. Ein alter Vogel, den ich flügelte, konnte sich 
nicht entschliessen, 13 Tage — sage dreizehn Tage — lang das Geringste 
von ihm vorgeworfenem frischen Fisch oder Vogel zu verzehren, son- 
dern musste todigeschossen werden, um ihn nicht länger zu plagen.« 

Hierzu möchte ich noch fügen, dass man ihn an den Schonischen 
Küsten sehr oft Enten und Hechte, sowie andere grössere Fische fan- 
gen sieht, dass er sich jedoch nie an Lämmern vergreift, welche auf 
denselben Inseln, wo er seinen Wohnplatz aufgeschlagen hat, auf Weide 
sind, und welche ununterbrochen des Tages wie des Nachts, vom 
Frühling bis zum Herbst, dort gehen. Die, welche ich geöffnet, haben 
nur einmal Reste von Säugelhieren gezeigt, und diess waren die Läufe 
eines jungen Hasen. 


71 


Anm. Aquila leucocephalus, Linn., Temm. kommt, so viel mir bekannt, 
während keiner Jahreszeit in Scandinavien vor. Wenn er je auf Lofoden in 
Norwegen gesehen wurde, so war dies nur zufälligerweise, und er ist dort 
keinesweges gemein während des Sommers, wie Temminck sagt; im Gegen- 
theil ist er noch niemals von irgend einem Reisenden der scandinavischen 
Naturforscher, welche den norwegischen Archipelag besucht, gefunden worden; 
mithin ist sein Anspruch, zu den in Europa heckenden Vögeln gerechnet zu 
werden, grossem Zweifel unterworfen, besonders da es als ziemlich sicher 
angesehen werden mag, dass er nicht einmal auf Island heckt, sondern er 
muss als nordamerikanischer Vogel betrachtet werden, welcher bisweilen, wie 
andere seiner Landsleute, sich an Europa’s Küsten verirrt. 


Pandion haliaötus, Linn. 


- Der Fischaar hält sich an allen Landseen auf, von Schonen bis über 
den Polzirkel hinauf. Jedoch ist er weit mehr gemein in den mittlern 
Provinzen, als in den nördlichen. In letztern kommt er sparsam vor, 
bis zum 68.° n. B., wo er aufzuhören scheint Heckvogel zu sein. Malm 
führt an, dass er von den Lappen gehört habe, dass dieser Vogel am 
Enare-See unterm 69.° n. B. vorkommen solle, er wurde dort aber weder 
von Malm, welcher diesen Ort selbst besucht, noch von Prof. Middendorff 
im russischen Lapplande gefunden, so dass man Ursache hat zu bezwei- 
feln, dass er an diesem See vorkomme. Obwohl Standvogel in England, 
ist er doch in ganz Scandinavien Zugvogel; kommt an Mitte April und 
verlässt uns wieder im September und October. 


Milvus regalis, Briss. 
(F. milvus, Lin.) 


Der rothe Milan, welcher in Osten durch Milus niger, Briss. 
CM. ater, Gmel.) vertreten wird, und den man bis nach Archangel zum 65. 
n. B. hinauf trifft, ist im südlichen Schweden und Norwegen einer der 
gemeinsten Raubvögel; so auch im mittlern Schweden, wenigstens bis 
zwischen dem 60—61.° n. B. Wie hoch er eigentlich nach Norden 
hinaufsteigt, ist bis jetzt noch nicht mit Sicherheit abgemacht; er wurde 
jedoch noch nicht in Ume und Pite Lappmarken angetroffen, so dass, wenn 
er ja so hoch hinaufgeht, er sicher nicht den 65.° n. B. übersteigt, 
sonach bis zum selbem Breitegrade, wie sein verwandter, M. niöger, im 
Osten, nördlichst angetroffen wird. Als Zugvogel kommt er nach Scho- 
nen Anfang oder Mitte März; nach den westlichen und mittlern Land- 
schaften Mitte oder Ende April, und verlässt uns Ende September oder 


72 


Anfang October. In England ist er Standvogel, in Scandinavien dagegen 
findet er sich nicht während der Wintermonate. Mir ist nur ein einzi- 
ger Fall bekannt, dass man ihn hier im December gesehen hat. 


Anm. Milvus niger ist noch nie bei uns angetroffen worden. 


Buteo vulgaris, Bechst. 
(F. buteo, Lin.) 


Der Bussard ist in Schwedens Wäldern ein häufig heckender Raub- 
vogel bis zum 62.° n. B. hinauf, dann aber wird er immer seltener und 
kommt nur an den Küstenlandschaften der Ostsee bis nach dem Polzirkel 
hinauf, den er nie übersteigt. Der nördlichste Ort, wo man ihn heckend 
gefunden hat, ist Pajirim, wo Löwenhjelm am 21. Aug. 1843 eine Familie 
sah. In Scandinavien ist er Zugvogel, der in den südlichen Provinzen 
meist schon im März anlangt, und in den mittlern gegen Mitte April; — 
verlässt uns im September und October. Doch scheint ein oder der 
andere im südlichen Schweden zu überwintern, da man ihn im Januar 
und Februar sowohl gesehen, als auch geschossen hat. Da hält er sich 
am meisten än offenen Bächen auf,- wo er Frösche verzehrt. Während 
der Zugzeit sieht man ihn in grossen Gesellschaften in der Luft kreisen, 
ganz wie der rothe Milan. .Beim Herbstzuge dagegen zieht er mehr zer- 
streut, und sein Flug ist da niedriger und mehr schleichend auf den 
Feldern, als im Frühjahre. 


Buteo lagopus, Brünn, 
(F. lagopus, Nilss.) 


Diese Art repräsentirt den Vorigen in den Polargegenden und steigt 
auf die Alpen bis zum ewigen Schnee hinauf, in dessen Nähe er auch 
auf Felsvorsprünge seinen kunstlosen, aus Reisern und Aesten erbauten 
Horst stellt. : Zum Nistplatz wählt er gewöhnlich die unzugänglichsten 
Felsabsätze, ist aber sehr dummdreist, wenn man den Horst beunruhigt, 
so dass er in Bogen auf den Friedenstörer. herabstösst, und auf alle 
Weise seine Brut zu vertheidigen sucht. In den Alpthälern baut er 
seinen Horst im Gipfel eines hohen Baumes. Zwischen dem 63—64.0 
n. B. beginnt er schon zu hecken, wird im 65.° schon häufig und be- 
wohnt das ganze Polarland bis zu.den Küsten des Eismeeres. Obwohl 
er nach Dr. Kjaerböllings Angabe (Ornith. Dan. p. 18) in Jütland ge- 


73 


heckt haben soll, ist er doch während des Sommers in Schweden noch 
nicht unter obengenannter Grenze gefunden worden, obwohl die süd- 
licher daran belegenen Provinzen bequemere und passendere Brutplätze 
darbieten, als das mehr flache Jütland.. Obwohl der. grösste Theil 
während des Winters fortzieht, bleibt doch ein und der andere im süd- 
lichen Schweden und trifft man ihn dann während der Wintermonate: 
December — Februar in Waldparcellen, Gärten und auf den Feldern in 
Schonen an. Im Frühjahr kommt er in grossen Schaaren im März in 
letztgenannter Provinz an, und im April in den mittlern Provinzen des 
Landes. Zur Herbstzeit beginnt er schon im August und Anfang Sep- 
tember sich im südlichen Schweden zu zeigen, mehr häufig jedoch erst 
Mitte letztgenannten Monats, worauf er seinen Zug nach Süden so all- 
mählich beginnt. Unter diesen Wanderungen scheint er mehr den See- 
küsten und dem Flachlande, als dem Bergrücken, der Schweden von 
Norwegen trennt, zu folgen, da er nicht unter Wermland’s und Dale- 
karlien’s Vögel aufgenommen ist. Er wird auch nur als sparsam im 
Bohuser Kreise erwähnt, wogegen er sich: häufig in Uppland, Smaland 
und Schonen zeigt. 


Pernis apivorus, Lin. 


Obwohl man im Allgemeinen geneigt ist, diese Art als einen mehr 
östlichen Vogel zu betrachten, und daher als selten bei uns, soll diess 
| jedoch nicht so sein, besonders da er in dem mehr westlich gelegenen 
England Standvogel ist und in mehreren Departements in Frankreich 
zahlreich sein soll. Bei uns trifft man ihn sehr häufig während des 
Herbst- und Frühlingszuges, so dass er sich in eben so grosser Menge 
in Schonen ‚zeigt, wie B. lagopus, ja sogar in manchen Jahren eben so 
zahlreich, wie Buteo vulgaris; und in den Wäldern des südlichen Schwe- 
dens bis nach Wermland hinauf, trifft man ihn sehr oft heckend. In 
Dalekarlien ist er jedoch seltener, und kommt nie in Lappland vor, wess- 
_ wegen man den 64.° n. B. als seine Grenze gegen Norden hin anneh- 
men kann, oder ungefähr dieselbe Gegend, wo B. lagopus anfängt sich 
zu zeigen. Seine Zugzeit im Herbst fällt gegen Ende August und An- 
fang September, und im Frühjahr in den April. Während des Winters 
habe ich ihn noch nie hierselbst gesehen. 


74 


Circus cyaneus, Linn. 
(Aceipiter veriabilis, Pa ll.) 


Die Weihenarten sind im Allgemeinen selten über ganz Scandinavien. 
Jedoch heckt obengenannte an ein oder der andern Stelle in den östli- 
chen Provinzen des mittlern Schwedens, sowie z. B. in Uppland. Ihre 
eigentliche Heckzone ist jedoch mehr östlich als auf unserer Halbinsel. 
In Russland ist sie gemein bis zum 65.° n. B. Soweit nach Norden 
hinauf ist sie jedoch noch nie in Schweden getroffen worden. Sie ist 
unter Wermland’s und Dalekarlien’s Vögeln nicht mit aufgezählt. Im 
Bohuser Kreise ist sie nur während der Zugzeit im April beobachtet 
worden. In Dänemark kommt sie besonders auf Jütland vor. In Eng- 
land ist sie Standvogel, und in Frankreich trifft man sie am meisten in 
den nördlichen Departements; ist bei Lille heckend gefunden. Will man 
sich nun eine grade Linie gezogen denken vom 64.° n. B. und 50. w.L. 
quer über zum 50.° n. B. und 10.° w. L., so dürfte man ziemlich nahe 
die nördliche Grenze der Heckzone dieser Art gefunden haben, welche 
wohl an einzelnen Stellen oscilliren kann, im Ganzen genommen aber 
mit dem wirklichen Verhalten einzutreffen scheint,. und welche alle die 
Orte einschliesst, wo diese Art bis jetzt normal, wenn auch- weniger 
oder mehr häufig, heckend gefunden worden ist. Während des Winters 
sieht man ein oder das andere Individ, obwohl selten, doch an Schonens 
Küsten herumstreichen. 


Circus eineraceus, Montagu. 


Diese Weihe ist in Schweden weit seltener als vorige, und so viel 
mir bekannt, nur einmal heckend, nehmlich auf Gottland, getroffen wor- 
den, wo sie im Jahre 1834 von unserem berühmten Ingenieur P. Wahl- 
berg, bekannt durch seine für Zoologie so erspriesslichen Reisen im süd- 
lichen Afrika, angemerkt ist. Auch wurde sie einmal während des Herb- 
stes in Schonen getroffen. 


- Anm. Circus pallidus, Sykes. ist auch einmal in Scandinavien, aber nicht zur 
Heckzeit, geschossen worden. 


Circus rufus, Briss. 


Der Brandfalk soll nach Prof. Nilsson (Skand. Fauna. Vögel 1. p. 70) 
sowohl in Schonen als auch in den nördlichen Provinzen des Reiches 


75 


und in Norwegen vorkommen. In Schonen heckt er nur an wenigen 
Stellen, unter andern auch im nordöstlichen Schonen, ungefähr 1 Meile 
von meinem Wohnort; in wie weit er aber in den nördlich von Schonen 
gelegenen Provinzen heckt, ist mir gänzlich unbekannt. Er ist nicht mit 
Gewissheit im Bohuser Kreise, in Wermland und Upland, auch nicht auf 
Gottland, nach Angaben, welche mir vorliegen, gefunden worden, wess- 
wegen ich geneigt bin anzunehmen, dass die nördliche Grenze für seine 
Heckzone nicht weit nördlich von genannten südlichen Provinzen liegen 
mag. So wie seine vorige Verwandten, ist er Zugvogel hier im Lande. 


Strix ulula, Lin. in In. Sv. 
(Str. funerea, Lath., Temm., Nilss. Str. nisoria, Mey.) 


Die Habichtseule geht durch die ganze Nadelwald-Region und steigt 
sogar bis in die Birkenregion der Alpen. Sie legt ihren Horst auf hohe 
Kiefern an, und er ist zusammengesetzt aus Reisern und Aesten und mit 
trocknem Moos und Flechten ausgefüttert. In diesen legt sie bis an 7 
weisse und abgerundete Eier, etwas kleiner als die der Str. aluco. An- 
fang Juli sind die Jungen flügge. Schon im mittlern Schweden trifft man 
sie heckend, obwohl noch selten, zwischen dem 59—60.® n. B. Ich 
vermuthe jedoch, dass sie noch südlicher hecken mag, da man sie in 
Schonen, obwohl selten, schon Ende Juli und Anfang August sieht, wo 
sie noch nicht in ihrem Winterzuge begriffen sein kann, sondern den 
"Sommer in angrenzenden Wäldern zugebracht, und sich dort auch ohne 
Zweifel fortgepflanzt haben mag. In der Nähe und innerhalb des Pol- 
zirkels selbst ist sie schr gemein und geht bis an die Küsten des Eis- 
meeres hinauf. Sie jagt sowohl am Tage als auch in der Dämmerung. 
Während des Winters trifft man sie nicht selten jährlich in Schonen. 


Strix liturata, Thunb.,, Nilss. 


(Str. uralensis, Pall. Str. macroura, Mey.) 


Der uralische Kautz, der eigentlich seinen Wohnort mehr östlich 
hin, als auf unserer Halbinsel hat, und besonders in-der uralischen Berg- 
kette häufig ist, und welches Pallas Veranlassung zu dem jetzt wenig 
mehr passenden Speciesnamen gab, ist in Schweden keckend angetfoffen 
worden bis zwischen den 59—60.° herab, obwohl ziemlich selten. Ich 
erhielt im Sommer sowohl in Schweden als auch in Finnland geschossene 


76 


Exemplare vom 62—63.° n. B., und über den 64.° hinaus trifft man 
diese Art hier und da in der ganzen untern Waldregion. Es ist jedoch 
dem Zweifel unterworfen, ob sie bis zum Eismeere hinaufsteigt, oder ob 
sie schon beim 69.0 n. B. aufhört. Nach Angabe des Herrn Grafen 
Wodzicki, in der Naumannia, ist sie in Galizien heckend getroffen wor- 
den, so dass, wenn man sich eine grade Linie vom 49. n. B. und 57.° 
w. L. nach dem 59.° n. B. und 32.0 w. L. gezogen denkt, man ziem- 
lich genau ihre bis jetzt äusserlich bekannte westliche Heckgrenze, ge- 
zogen hat. 


Strix lapponica, Sparrm. 
(Str. barbata, Pall., Keyserl. u. Blas.) 


Die Lappische Eule folgt den Zügen der Lemminge, und kommt dann 
nicht selten in Scandinaviens nördlichen Provinzen vor; sonst ist sie aber 
sehr selten. Im Jahre 1839—40 war sie in allen lappländischen Wäl- 
dern sehr häufig. Mittlerweile wurde sie im November bei Horndals 
Fabrik in Dalekarlien unter 60Y,° n. B. geschossen, welches Herr Lund- 
borg auf folgende Weise erzählt: 

»Diese Eule fiel einen Arbeiter an, welcher mit Grabenarbeit auf 
einem grösseren Torfmoor beschäftigt war, und versuchte ihn im Rücken 
zu greifen. Nachdem er sich von der Eule befreit hatte, blieb sie still 
sitzen, während er nach Hause ging, um ein Gewehr zu holen. Zurück- 
gekommen schoss er vorbei, und ging wiederum nach Hause, um auf's 
Neue zu laden, worauf er sie dann mit dem zweiten Schuss erlegte. Es 
war ein Weibchen und sehr mager.« 

Sie ist jedoch während des Winters noch südlicher als an dieser 
Stelle getroffen worden. In der Nähe von Carlstad in Wermland, unter 
5912 n. B., und bei Fiholmen in Südermanland, unter fast demselben 
Breitegrade, wurde sie ebenfalls einmal geschossen. Jedoch fällt die 
südliche Grenze ihrer Heckzone nicht so südlich als die angegebenen 
Orte. So viel mir bekannt, ist sie in neuerer Zeit, während des Som- 
mers, nicht südlicher angetroffen worden, als bei Jockmock unterm Pol- 
zirkel in Lule Lappmark, wo 2 Exemplare, Männchen und Weibchen von 
Pastor Ullenius geschossen und präparirt wurden. Herr Löwenhjelm 
erzählt darüber Folgendes: 

»Das Weibchen wurde in der Nähe, Anfang Juni, im Neste auf 
Eiern liegend geschossen. Diess hatte sie in einem dicht bestandenen 


77 


Kiefernwalde auf einem 3 Ellen hohen Stubben*), in welchem, da er alt 
und gefault war, sich eine Höhlung gebildet, und wo sie ohne Dach 
über'm Kopfe lag. Im: Neste lag ein weisses Ei von der Grösse eines 
Uhueies. Unten am Fusse des Stubben lag das andere auf dem Moose, 
ganz unbeschädigt. Das Männchen wurde bei Pirkijaur im Februar, mitten 
am Tage, vom Gipfel einer hohen Fichte geschossen. In der Gegend 
von Jockmock haben sich mehrere dieser Vögel gezeigt.« 

‚Prof. Nilsson hält es jedoch für wahrscheinlich, dass sie sich, sowie 
vorige Art, »in den grossen, öden Wäldern der mittlern Landschaften 
des Reiches, und von dort wieder weiter nach Norden hin« aufhalten 
soll. Sie ist auch im Sommer bei Lycksele unterm 64?/3.° n. B. 
geschossen worden, so dass man mit Sicherheit annehmen kann, dass 
ihre Heckzone im Süden bis zum 64.° n. B. gehen mag, und vielleicht 
streckt sie sich auch zum 62—63.° n. B. herab. 


Strix nyctea, Lin, 
(Str. scandiaca, Lin. Tn. Sv. Str. nivea, Thbg. Str. candida, Bonap.) 


Mit dieser Eule verhält es sich ganz so, wie mit voriger, nehmlich 
dass sie den Lemmingzügen folgt, und sich auch nur in solchen Gegen- 
den fortpflanzt, wo dieses Thier gemein ist. Wie wir wissen, unter- 
nehmen diese Nager periodische Wanderungen von den hohen Alpen 
nach dem Flachlande hinab, weit südlich von deren Grenze. Bei solchen 
Wanderschaften halten sie sich ein oder zwei Jahre an diesen südlichen 
Stellen auf, worauf sie wiederum von dort verschwinden. Hierin muss 
man die Ursache suchen, dass beide, sowohl diese als auch vorige 
Eule, welche beide hauptsächlich von diesen Nagern leben und ihre Jun- 
‘gen damit erziehen, in gewissen Jahren: häufiger sind nicht bloss in 
der eigentlichen arctischen Zone, sondern auch weit südlich von ihr, 
als in andern Jahren, und besonders wenn es so eintrifft, in solchen 
Jahren, wo die Lemminge sich ungewöhnlich vermehrt haben. Jedoch 
“wirkt die Propagation und die Wanderungen der Lemminge mehr auf 
diese als vorige Eule ein. Darum ist sie auch häufiger in der arctischen 
Zone unserer Halbinsel, und während des Winters streicht sie weiter 
nach Süden herab als vorige, so dass sie sich nicht so selten in Schonen, 
Dänemark, ja auch manchmal in England und Deutschland einfindet. 


*) Stubbe (Schwedisch) —= Stubben (Niederdeutsch) = Baumstumpf. 
Baldamus. 


78 


Auf den Alpen geht sie bis in die Schneeregion hinauf, wo sie auch zur 
Sommerzeit sich am liebsten aufhält; doch heckt sie auch in niedriger 
gelegenen Gegenden. Der südlichste Ort, wo sie auf unserer Halbinsel 
heckend gefunden worden ist, ist im Gulbraudsdalen nahe Dowrefjell 
unterm 60.° n. Br. in Norwegen, wo Adjunct Liljeborg im Jahre 1843 
nicht nur mehrere Familien, sondern auch ihren Horst mit Eiern traf. 
Ueber jener Grenze findet sie sich auch überall auf den Alpen bis zum 
Nord-Cap , niemals aber im Flachlande oder in Schwedens Küstenprovin- 
zen, wohin sie sich nur im Winter, wenn Schnee in den Alpen gefallen 
und die Nahrungsmittel weniger zugänglich sind, begibt, so dass man 
sogar in den mittlern und östlichen Provinzen auf einmal bis auf 10 
Stück hat zählen können. Sie scheint also zur Sommerszeit sich auf 
dem Bergzuge (Seweberget), welcher Schweden und Norwegen trennt, 
und auf dessen Seitenverzweigungen aufzuhalten, wesswegen man sie 
auch selbst in Lappland nur auf den Alpen antrifft, und nur zur Winter- 
zeit in der hoch nach dem Norden gelegenen Enare Lappmark, welche 
keine eigentlichen Alpen besitzt, vorkommt. Obwohl eine wirkliche Tag- 
eule, ist sie jedoch sehr phlegmatisch, und sitzt oft lange auf ein und 
derselben Stelle, ohne sich zu rühren, besonders auf einem hohen Fels- 
block, wo sie freie Aussicht überall hin hat. Im Winter, wenn man sie 
an südlichen Orten trifft, sitzt sie gern auf Steinmauern und grössern 
Steinen, oder in Ermanglung derer auf einem Erdhügel; sie lässt aber 
den Jäger nicht gern schussgerecht ankommen, obwohl sie aufgescheucht 
nur kurze Strecken fliegt. Dieselbe Scheu zeigt sie auch bei ihrem Horste. 

Adjunct Liljeborg erzählt über den Horst dieser Eule Folgendes: 
Am 3. Juni fand ich ihren Horst auf einem kleinen, leicht zu ersteigen- 
den Absatze, oben auf dem Gipfel eines öden Berges und weit entfernt 
vom Walde. Die Ursache, welche sie vermocht hier ihren Horst anzu- 
legen, bestand hauptsächlich darin, dass Myodes lemmus hier gemein 
war. Ihr Horst war auch mit vielen todten Lemmingen garnirt, welche 
vielleicht das Männchen dem brütenden Weibchen zugetragen haben 
mochte. Der Horst war höchst einfach, nur in einer wenig tiefen Grube 
zubereitet, welche mit einigem trockenen Grase und einigen vom 
Vogel selbst abgefallenen Federn ausgefuttert war. Er enthielt 7 gleich- 
farbige, schmutzig weisse und ovale Eier. Jedes derselben hielt 58 
Millim. in der Länge und 45 Millim. im Diameter. In Form und Farbe 
gleichen sie am meisten denen von gewöhnlichen Haushühnern, waren 
aber gegen das dünne Ende weniger zugespitzt. Uebrigens varüirten sie 


79 


sehr wenig in der Grösse unter sich. Der eine Vogel, ohne Zweifel 
das Männchen, das auf einem Absatze in einiger Entfernung vom Horste 
sass, floh sogleich als ich mich näherte. Der andere lag auf dem Horste, 
bis ich mich ihm näherte, hielt jedoch nicht so nahe, dass ich ihn hätte 
erlegen können. Da flog auch dieser auf und setzte sich in einiger Ent- 
fernung, um observiren zu können, was ich vornehmen würde. Als 
er mich dem Horste nähern und die Eier ausnehmen sah, gab er seine 
Angst durch einen scharf zischelnden Laut und durch einen andern, 
welcher ungefähr wie Krau! Lrau! klang, und durch Schütteln mit den 
Flügeln zu erkennen, wobei er auf mich zuflog. Jedoch wagte er es 
nicht mir sehr nahe zu kommen. Sonach ist es keinem Zweifel unter- 
worfen, dass diese Eier gewiss diesem Vogel angehörten. Als ich die 
Eier ausbliess, enthielten sie Foetus von sehr verschiedener Grösse. In 
zweien derselben war er so gross, dass ich ihn kaum herausbekommen 
konnte ohne die Schalen zu zerbrechen. In den übrigen dagegen waren 
sie noch so klein, dass. sie sich leicht durch ganz kleine Löcher aus- 
blasen liessen. An den grössern zeigten sich schon, obwohl zerstreut, 
Federn.« 

Derselbe Reisende traf auch gegen den 24. August eine Familie 
von 6—7 Jungen, von denen er mehrere schoss. Diese waren schon 
flugbar, wurden aber noch von den Eltern gefüttert und verpflegt. So- 
wohl die Alten als auch die Jungen waren sehr scheu und vorsichtig 
und daher schwer anzuschleichen. — Diess beweist deutlich, dass die 
Angaben, welche man über die Anzahl der Eier hatte, welche diese Eule 
legt, nicht ganz übereinstimmend mit der Wirklichkeit waren, sondern 
dass sie darin Str. ulula am nächsten kommt, welche auch eine grössere 
Anzahl Eier legt. 


Anm. Str, nebulosa, Forst., Bonap. hat sich noch nie in Scandinavien ge- 
zeigt. 


Strix aluco, Linn. 
ge (Str. stridula, Lin. F. Sv. 


Wie hoch diese Eulenart nach dem Norden hinaufgeht, ist noch 
unbekannt. Noch in Wermland, Dalekarlien und Uppland ist sie in Wäl- 
dern häufig, sowohl im Winter als auch im Sommer; aber in den eigent- 
lichen Lappmarken über dem 64.°n. B. scheint sie sich nicht zu finden. 
Wenigstens ist sie nicht aufgenommen unter den von Löwenhjelm ver- 
zeichneten Vögeln in Ume, Pite und Lule Lappmark, noch von Malm 


80 


unter den Vögeln in Enare und Utsjocki Lappmark. Adjunct Liljeborg 
fand sie weder bei Archangel noch bei Tromsöe. 


Anm. Str. noctua, Retz., Licht. (Str. nudipes, Nilss. Str. psilodactyla 
Degl.) ist nur ein einziges Mal in Schweden gefunden worden, und wurde 
da in Loma Kirche auf der westlichen Küste von Schonen gefangen. 


Strix 'I'engmalmi, Gml, Nilss. 


(Str. funerea, Lin. F. Sv., Nilss. Str. Dasypus, Bechst.) 


Diese kleine schöne Eule trifft man in den Nadelwaldregionen bis 
auf die Alpen in den nördlichen Provinzen; wie weit sie aber nach 
Norden geht, dürfte noch nicht für ausgemacht angesehen werden. Die 
nördlichste Stelle, wo man sie hier zu Lande mit Gewissheit getroffen 
hat, ist, bei Pajirim, nahe am Polzirkel. Sie soll aber auch bei Quickjock 
unterm 67 Yg.° n. B. vorkommen. Gegen Süden im Lande ist sie bei 
Upsala heckend gefunden worden, aber ich halte es für glaublich, dass 
sie auch in den südlichsten Provinzen hecken mag, weil ihr zeitiges 
Auftreten in Schonen, schon im September, dafür zu sprechen scheint, 
da sie kein Zugvogel ist, sondern nur im Herbste und Winter herum-- 
streicht, sowie die meisten ihrer Verwandten. Mittlerweile wage ich 
nicht es als bestimmt auszusprechen, da noch zureichende und sichere 
Observationen fehlen. Selbst habe ich sie mehrere Male, Anfang und 
Mitte September, im nördlichen Schonen angetroffen. 


Strix passerina, Lin., Nilss. 
(Str. acadica, Temm. Str. pygmea, Bechst.) 


Mit dieser Eule verhält es sich ganz so, wie mit voriger. Zur 
Winterzeit trifft man sie bis hier in Schonen, ja bisweilen ziemlich zahl- 
reich, aber ob sie sich im südlichen Schweden fortpflanzt, wie man 
vermuthet, ist ungewiss. Ebenso wie weit man sie nach Norden zu auf 
unserer Halbinsel heckend trifft. Im Polzirkel scheint sie jedoch nicht 
vorzukommen; sondern nur in den mittlern Landschaften, sowie in Werm- 
land, Dalekarlien, Uppland und den südlichen Lappmarken, wo sie auch 
an mehreren Stellen heckt. 


Anm. Str. fammea, Linn. ist nur einmal in Schweden im October bei Ystad 
in Schonen angetroffen worden, wo sie im Hafen vom Maste eines Schiffes 
herabgeschossen wurde. 


81 


Strix brachyotos, Forster. 


(Str. ulula, Gmel., Temm. Brachyotus, Bonap.) 


Diese Art hält sich während der Heckzeit auf den Alpen im nörd- 
lichen Schweden auf, sowohl- in der Weidenregion, als oben auf dem 
ewigen Schnee, wo sie hoch und schnell fliegt. Während dieser Zeit trifft 
man sie nicht im eigentlichen Flachlande oder an den Küsten. Ihre 
südliche Grenze scheint um den 63.° n. B. einzufallen, und sie geht bis 
zum Eismeere hinauf. Unterm Herbst und Frühjahr, da sie regulär von 
und nach dem Norden zieht, trifft sie auch in Schonen ein, allein sie 
scheint dann von ihren Heckplätzen herabzusteigen und den Küsten der 
Ostsee zu folgen, wo sie dann auch in genannter Zeit oft vorkommt. 
Zu diesem Schlusse werde ich dadurch geleitet, dass ich sie nirgends 
unter den Vögeln aufgezeichnet finde, die während der Zugzeit in den 
westlichen oder nahe dem Seweberg liegenden Provinzen vorkommen, 
dagegen wohl unter denen, welche sich in den Landschaften längs der 
Ostseeküste finden. 


Strix bubo, Lin. 


(Bubo europaeus, Less. Bubo maximus, Bonap.) 


Den Uhu trifft man besonders häufig in Scandinaviens bergigen und 
waldreichen Provinzen, besonders in den mittlern; er heckt jedoch auch 
hier und da in den südlichen, bis herab nach Schonen. So findet man 
ihn auch heckend in den Lappmarken, und sogar bis hinaus auf die klip- 
pigen und waldlosen Inseln des Eismeeres, an Norwegens Küste. Im 
Winter, wo er weit herumstreift, kommt er nicht selten in den Wald- 
parzellen und an den Seeküsten von Schonen vor. Wenn man ihn auf 
der Krähenhütte gebraucht, welche Jagdmethode hier zu Lande selten 
angewendet wird, geschah es, dass auch Arten seines eigenen Geschlech- 
tes sich einfanden. Forstverwalter Gadamer erzählt, auf diese Weise 
Str. ulula geschossen zu haben, welche sich schreiend einfand und auf 
die Fallbäume schlug, als der Uhu zum ersten Male arbeitete. Er heckt 
sehr zeitig, noch ehe der Schnee schmilzt findet man schon seinen 


Horst mit Eiern im südlichen und mittlern Schweden. 
Naumannia. 1854. 6 


‚ 


82 


Strix otus, Lin. 
(Otus vulgaris, Bonap.) 


Im südlichen und mittlern Schweden ist dieser Uhu eben so häufig 
wie Str. aluco, und heckt in den meisten Wäldern in grösserer oder 
geringerer Menge. Wie weit er auf unserer Halbinsel nach Norden 
hinaufsteigt, kann man noch nicht für ausgemacht ansehen. Möglicherweise 
geht er an den Ostseeküsten höher nach Norden, als im Innern des 
Landes. Verhält es sich so, so ist der 64." n. B. seine nördliche Grenze. 
Im Winter streift er in kleinern Gesellschaften herum, und findet sich 
dann auch an andern Orten ein, wo er sonst im Sommer nicht zu treffen 
ist, Er kann nicht als Zugvogel betrachtet werden, weil wenigstens sehr 
viele hier bleiben, auch im strengsten Winter. Sowohl ich als auch 
viele andere haben ihn mitten im strengsten Winter geschossen, und 
auch noch bei Upsala ist er Standvogel. 

(Fortsetzung folgt.) 


Ornithologische Notizen. 


Von 


Graf Casimir Wodzicki. 


Ich schrieb im Sommer 1853 an Dr. Cabanis über Crex pratensis, 
welcher junge Vögel würgte und dieselben mit dem grössten Appetite 
verzehrte, als wenn diese zu seiner Hauptnahrung bestimmt gewesen 
wären. Am 9. Juni desselben Jahres sandte ich einen Aufsatz über 
Rallus aquaticus der Naumannia zu, in welchem ich den Verdacht aus- 
spreche, dass die Ralle den grössten Schaden unter den Eiern und jun- 
gen Rohrvögeln anrichtet und unzählige Bruten zerstört; bald erlangte 
ich den sichern Beweis für diese Vermuthung, und eile den noch unbe- 
kannten Räuber anzuzeigen. 

In einer ziemlich grossen Stube hielt mein Freund, Herr v. Tacza- 
nowski, dem ich viele Erfahrungen verdanke und der ein tüchliger, ge- 
wissenhafter und unermüdeter Forscher ist, — allerlei Vögel, unter 
welchen Crex und Rallus über ein Jahr lebten, sich aber nie gut ver- 
tragen konnten, da sie täglich mit einander rauften. — Eines Tages 
wurde ein Stieglitz flügellahm und hüpfte auf dem Boden; bald wurde 


- 


83 


er von der Ralle verfolgt und endlich mit dem Schnabel getödiet. Sie 
fasste ihn hierauf mit einem Fuss, riss mit dem Schnabel die Bauch- 
höhle auf und verzehrte mit grosser Lust die Eingeweide, liess aber alles 
andere Fleisch unberührt liegen. Seit diesem Anfange verfolgte die 
Ralle alle Vögel, selbst während der Dämmerung jagte sie fleissig, und 
wir fanden täglich Leichen ohne Eingeweide. Ihre Raubsucht ging so- 
weit, dass sie sich an ihren Feind, den Crex pratensis, wagte, und sie 
würde ihn gewiss umgebracht haben, hätten wir diesen Räuber nicht 
fortgeschafft. Dieser Fall zeigt die Differenz der nahe verwandten Arten, 
Crex verzehrte alles Fleisch, Rallus begnügte sich mit den Eingeweiden 
und wollte selbst hungrig das Fleisch nicht fressen, beide sind demnach, 
wie es scheint, grausame und schädliche Vögel *). 

Nr. 2. Unweit Lublin, im Königreich Polen, wo noch unermessliche 
Wälder stehen, befand sich ein Horst von Aquila brachydactyla, in wel- 
chem ein Junges sass. Den Waldhegern wurde eine Belohnung ver- 
sprochen, wenn sie die jungen Adler lebend in halb ausgewachsenem 
Gefieder einliefern würden. Um den Lohn nicht zu- verlieren, gingen 
die Leute fast jeden Tag an den Baum, kletterten öfters bis zum Horste 
und wurden endlich dem Adlerpaare so lästig, dass einst an hellem Tage 
das Weibchen sein Junges mit den Klauen packte und einige hundert 
Schritte weiter trug, auf einen verlassenen Milanhorst; das Männchen als 
treuer Gefährte: begleitete die Gattin. Diese Beobachtung theilte ich 
schon dem ornithologischen Journale vorigen Sommer im Kurzen mit, da 
ich aber weitere Details seit dieser Zeit erfahren habe, denke ich diese 
wichtige Beobachtung zu veröffentlichen, die wieder bei den Adlern die 
Intelligenz beweiset. 

Nr. 3. Vorigen Herbst beobachtete ich zwei Ketten Rebhühner, 
die so merkwürdige Schwimmer waren, dass man sie zu den Wasser- 
vögeln hätte stellen mögen. — Die stärkere Kette war sehr vorsichtig, 
stand sogleich auf, sobald sie nur eine Gefahr ahnte, strich auf einen 
Sumpf, in welchem Graskufen dicht neben einander standen, bei einem 
über zwei Fuss hohen Wasserstande. Jeder von den Jägern dachte, 


*) Es ist dabei freilich zu beachten, dass die Vögel in der Gefangenschaft von 
ihren natürlichen Sitten Manches aufgeben und verlernen, und dagegen manche an- 
dere, und merkwürdigerweise meist schliimmere Eigenschaften und Gewohnheiten 
annehmen. Indess soll und kann mit dieser Bemerkung keineswegs der Schluss, 
welchen unser um die Wissenschaft hochverdienter Herr Correspondent aus den von 
ihm beobachteten neuen und höchst interessanten Thatsachen zieht, entkräftet 
werden. E. Baldamus. 


6* 


84 


dass die Vögel auf den Kufen vertheilt sich niedergelassen haben wür- 
den, was aber nicht der Fall war, da wir, um uns zu überzeugen, an 
einem warmen Herbsttage den ganzen Sumpf mit Hunden absuchten und 
nicht ein Huhn trafen, da die Kette schon auf dem anderen Ufer sich 
befand. — Eine andere Kette strich jedesmal, so oft sie aufgejagt wurde, 
in's Gebüsch am Ufer des Flusses, und ohne durch Gefahr gezwungen 
zu sein, liefen die Hühner sogleich in’s seichte Wasser und schwammen 
über 420 Schritte weit an das andere Ufer. Als wir diese Erfahrung 
gemacht hatten, liessen wir eines Tages die Hühner auftreiben, und 
legten uns am entgegengesetzten Ufer platt nieder. Bald sahen wir denn 
auch die Vögel in’s seichte Wasser laufen, ohne zu zagen dem alten 
Hahne folgen, dann dicht neben einander schwimmen, scheinbar ohne 
Anstrengung; sie trugen dabei die Sehwänze in die Höhe gehoben, die 
Flügel etwas vom Körper entfernt, kamen heraus, schüttelten das Ge- 
fieder, wie die Haushühner nach einem Sandbade, und schienen gar nicht 
ermattet zu sein. Wir schossen einige Stücke, um uns zu überzeugen, 
ob das Fleisch dieser Rebhühner vielleicht gar den Geschmack 
der Wasservögel angenommen hätte, es schmeckte aber 
vortrefflich.« — Diese Beobachtung wird manchem Jäger das Ver- 
schwinden solcher Vögel erklärlich machen und sie auf den Gedanken 
führen, dass man oft auf der Jagd in solchen Localitäten nachsuchen 
muss, wo sonst das Feder-Wild nie verbleibt. Das eben erzählte Factum 
gibt uns aber auch wieder ein interessantes Beispiel des Intelligenzgra- 
des mancher Vögel, der unsere Bewunderung erregen muss. Bei vielen 
geht freilich die Erfahrung verloren, viele werden durch die Gefahr nicht 
klüger, es treffen sich aber unter allen Arten Individuen, die mit Ver- 
stand und Gedächtniss besonders begabt, sich alles gut merken und jeder 
Gefahr auszuweichen wissen. 

Nr. 4. Wie nahe die Wachteln den Hühnern stehen bewei- 
set nachstehende Beobachtung, die vorigen Winter gemacht wurde. Man 
traf im Monate November, nachdem ein tiefer und lockerer Schnee ge- 
fallen war, eine Wachtelfamilie an. Die armen Vögel gruben auf den 
Wintersaaten Löcher in den Schnee, wie die Rebhühner, lagen darinnen 
den ganzen Tag, und suchten ihre Nahrung ganz so wie ihre nahen 
Verwandten es zu thun pflegen, durch Wegkratzen des Schnees. So 
lebten die Wachteln, wie es schien ohne Mangel der Nahrung und Wärme 
zu spüren, bis gegen die Hälfte des Januars, dann verschwanden sie 
spurlos. Ob die Vögel in dieser rauhen Jahreszeit ihre Reise noch 


3 85 
antraten oder von den Raubvögeln verzehrt wurden, konnte ich nicht 
erfahren. 

Nr. 5. Dass die Elstern grossen Schaden durch Zerstören vieler 
Bruten kleiner Vögel anrichten, besonders durch das Austrinken ihrer 
Eier, weiss Jedermann, dass aber die Elstern auf das Federwild jagen 
gleich den Raubvögeln, wusste wohl Niemand, denke ich. Wir sahen 
einige von diesen Vögeln im Herbste emsig im Grase suchen, und hätte 
der Vorstehhund nicht zwei Wachteln aufgejagt, so würden wir gar 
nicht die Beobachtung gemacht haben. Sobald nun die Wachteln auf- 
standen, flogen ihnen die Elstern nach, liessen sich an derselben Stelle 
nieder, wo jene eingefallen waren, und verfolgten auf diese Weise, fort- 
während krächzend, die Wachteln. Dieses Spiel. trieben sie über eine 
Stunde lang und ermüdeten das arme Wild so sehr, dass es kaum noch 
kleine’ Strecken fliegen konnte und sich endlich in’s Gebüsch schlug. 
Die Elstern setzten sich zuerst auf die Aeste, sprangen zu Boden und 
überwältigten, wie es schien, die ermüdeten Wachteln, da nach einer 
halben Stunde Ruhe die Elstern wieder herausflogen und sich in dar 
Gegend veriheilten. 

Nr. 6. Die Hühner-Habichte sind als gefährliche und muthige 
Räuber bekannt; es gibt aber unter ihnen so listige und: intelligente 
Vögel, dass sie unsere Bewunderung erregen müssen. Ich gestehe, dass 
die intellectuelle und so zu sagen moralische Seite der Vögel, der Grad 
ihrer Intelligenz, ich möchte fast sagen, die Verschiedenheit in der Aus- 
bildung ihres Verstandes, die Differenzen im Muthe und der List, am 
meisten meine: Aufmerksamkeit fesseln. — Wie viele Erzählnngen in 
mannigfaltigen Werken lesen wir über Treue und List, Verstand und kluge 
Erfahrung der Säugethiere, und wie wenige Beobachter haben nach die- 
ser Seite hin den Vögeln Gerechtigkeit wiederfahren lassen, wie wenige 
Ornithologen das moralische und intellectuelle Leben ihrer Lieblinge, 
diese so interessanten Geheimnisse der Luftbewohner, veröffentlicht ! 
Und doch wird darüber, wenn nicht mehr, doch gewiss eben so viel 
Interessantes und Neues erfahren von jedem Beobachter, der im Freien 
den Vögeln seine Zeit schenkt, besonders aber für denjenigen, der einige 
Paare Vögel den Sommer über verfolgt und ihnen das intime Leben ab- 
lauscht. — Man wird nicht lange nach derartigen Vögeln zu suchen ge- 
zwungen sein, in jeder Art bieten sich interessante Individuen dar, be- 
sonders zur Zeit der Brut, und sie werden bald genug die Aufmerksamkeit 
fesseln. — Ich will in Kurzem zwei Fälle zur Charakteristik des Hühners- 


86 


* 


Habicht (Astur palumbarius) erzählen, welche klar beweisen, dass unter 
vielen, wo nicht allen Vögeln sehr gescheidte und kluge Individuen sich 
vorfinden. 
Auf meiner Herrschaft in Podolien wurden viele Tauben gezogen, 
bald sahen wir die Taubenschläge überfüllt und die Vögel nahmen auf 
den Dächern der Kirche und der Wirthschaftsgebäude ihre Zuflucht. Die 
grosse Anzahl der Tauben lockte bald alle Habichte und Falken der Um- 
gegend herbei, da wie bekannt, die Vögel sich gegenseitig über die 
Gefahr benachrichtigen, und sich auch auf dieselbe Weise zur Mahl- 
_ zeit laden. Meine Tauben wurden aber auch so verfolgt und decimirt, 
dass sie nicht mehr in's Feld zu fliegen wagten und ihre Nahrung zwi- 
schen den Gebäuden suchten.. Die Erfahrung und Klugheit der Tauben 
spornte die Raubvögel zu grösserer List, und der Wetteifer war höchst 
interessant zu beobachten. Die Tauben verliessen ihre Verstecke sehr 
selten und immer am Boden streichend, gingen auch nie weit vom Hofe 
weg. Dieses sonderbare Spiel dauerte über eine Woche. Die Raub- 
vögel mussten doch den Kürzern ziehen; nur zwei schlaue Habichte 
wussten durch ein verständiges Jagen alle Tage ihre Nahrung zu be- 
kommen. — Einer derselben sass stundenlang mit aufgesträubtem Ge- 
fieder auf einem Strohdache ziemlich versteckt, ohne sich zu rühren, 
mit eingezogenem Halse, offenbar die Stellung einer Eule nachahmend. — 
Die Tauben wurden bald zutraulicher, setzten sich auf dasselbe Dach 
und der Bösewicht rührte sich nicht; sobald aber die Vögel aus- oder 
einflogen, schoss er wie ein Pfeil auf sie los und verfehlte selten die 
Beute, mit welcher er jedesmal in die Baumgärten flog, wohl durch Er- 
fahrung belehrt, dass in denselben kein Feuergewehr abgeschossen wird, 
da die Gärten zwischen den Gebäuden stehen, was gewiss auch seine 
Intelligenz beweiset. — Der zweite Habicht, noch klüger, muthiger und 
durchtriebener wie der vorige, kam jeden Tag um dieselbe Stunde, jagte 
die Vögel in den Taubenschlag und machte darauf eine förmliche Treib- 
jagd; er setzte sich nehmlich auf die Einflugbrettchen, lief um den Tau- 
benschlag herum, stellte sich dann mit ausgebreiteten Flügeln auf eine 
Seite des Taubenschlages, und schlug so lange an die Bretter desselben, 
auf derselben Stelle herumtanzend, bis er endlich eine Taube hinaustrieb, 
die er sogleich verfolgte. 


Krakau, den 2. Februar 1854. B 
Graf Casimir Wodzicki. 


87 


Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Vögel 
Europa’s. 


I. Das Knochengerüst und die Muskulatur der Zunge. 
Von Dr. 8. en 


(Mit Abbildung.) 


‚Wenn gleich die Ornithologie in unserem deutschen Vaterlande, 
seit einer Reihe von Jahren, sich eines recht erfreulichen Anbaues rüh- 
men darf, so muss doch jeder vorurtheilsfreie Verehrer derselben beken- 
nen, dass ihre wirklich wissenschaftliche Ausbildung in keinem besonders 
günstigen Verhältniss zu der auf sie verwendeten Kraft und Zeit steht, 
dass. die Ornithologie noch lange nicht die wissenschaftliche Exaktheit - 
erreicht hat, deren sich viele andere, weit weniger Bekenner zählende, 
und zum Theil weit schwierigere Zweige der Zoologie schon längst er- 
freuen. Fordert man für diese meine Behauptung einen Beweis, so ver- 
‘ gleiche man nur die Systemkunde der Infusorien mit den Systemen. der 
Vögel. Diese verschiedenen, vielen Classificationsweisen, in denen bald- 
‘ die Form. des. Schnabels, bald die Eigenthümlichkeiten der Füsse und 
Fussschilder, bald die Federn der Flügel und des Schwanzes, bald sogar 
die Färbung etc. eine sehr wichtige Rolle spielen, und in denen gar oft 
recht wunderbare und wunderliche Zusammenstellungen zum Vorschein 
kommen, sprechen, glaube ich, zur Genüge, dass man die Vögel nicht 
besonders gründlich, wenigstens nicht wirklich wissenschaftlich studirt 
hat. Ich bin überzeugt, mancher bejahrte, höchst. verdienstvolle, ehren- 
werthe, und im alten Sinne recht gründliche Ornitholog wird wegen die- 
ses Vorwurfes der Unwissenschaftlichkeit und Ungründlichkeit zürnend 
gegen mich, den Neuling, den Finger erheben, allein die Hand auf's 
Herz und offen! Was hat man bis jetzt fast allgemein, was hat Mancher 
seine ganze Lebenszeit zu erforschen gesucht ? — Den Vogel und dessen 
Natur? — Nein, nur dessen Oberhaut mit ihren Anhängseln , höchstens 
‚einige, aus dem Ganzen sehr willkürlich herausgerissene Theile. Man 
hat seine Ehre und das Heil der Ornithologie in einer recht grossen, 
vollständigen Sammlung schön ausgestopfter, und gut aufgestellter Vogel- 
bälge gesucht. Man hat fröhlich den Körper zum Fenster hinausgewor- 
fen, sobald man glücklich den Balg wohl erhalten von einem gut ge- 


83 


schossenen, seltenen Exemplare gezogen hatte, um den Bau des Körpers 
hat man sich gar nicht oder doch nur sehr wenig bekümmert, und doch 
ist es nur die Anatomie, und zwar eine vergleichende Anatomie, die 
allein die Ornithologie fördern, sie zu einer gründlichen Wissenschaft 
erheben kann. Durch sie werden wir gewisse, nach bestimmten Gesetzen 
gebildete Vogeltypen kennen lernen, constante, anatomische Charaktere 
werden Grenzlinien für die Genera und Species ziehen lassen, man wird 
neben einem vernünftigen Trennen und Scheiden, auch auf ein Vereini- 
gen des Verwandten von der Natur selbst hingeführt werden, es wird 
durch das Studium der vergleichenden Anatomie der Vögel endlich ein 
fester Damm dem Andrang jener Zersplitterungssucht entgegengesetzt wer- 
den, die in jedem abweichenden Fleckchen in der Farbe des Gefieders 
eine neue Species, in einer etwas längeren oder kürzeren Feder u. s. w. 
ein neues Genus sieht, und die, wenn sie in dem Maasse fortschreitet, 
- wie sie begonnen, den verderblichsten Wirrwarr in Kurzem zur Folge 
haben wird. 

Man lege denn Hand an das Werk, man studire recht sorgfältig 
das Knochengerüst, die Muskulatur, das Gefäss- und Nervensystem sammt 
dessen Centralorgan, das Gehirn, die Verdauungs- und Sinnesorgane, den 
Bau der Federn, des Schnabels etc. der einzelnen Genera und Species, 
man ziehe bei dem feineren Baue einzelner Gebilde das Mikroscop, das 
in andern Feldern der Naturwissenschaft so Grosses geschaffen, zur Hülfe, 
man wird sicher, wenn auch erst nach langer, mühevoller Arbeit, höchst 
lohnende Resultate gewinnen. 

Ich habe mich entschlossen, ’von Zeit zu Zeit die Ergebnisse meiner 
anatomischen Untersuchungen über den Bau des Vogelkörpers in diesen 
Blättern niederzulegen, und mache den Anfang mit einem Artikel, in 
welchem ich mich bemüht habe, ein Organ, das, mit der ganzen Nah: 
rungs- und Lebensweise des Vogels in enger Verbindung stehend, nicht 
gerade unwichtig genannt werden kann, die Zunge, in ihrem Baue und 
ihrer Funktion etwas zu beleuchten. 

Bei den meisten Säugethieren ist die Zunge ein ziemlich glatter, 
meist länglicher Muskel, der, auf dem Boden der Mundhöhle ruhend, 
theils an diesen, theils an den Gaumen und die benachbarten Theile be- 
festigt, von der schleimabsondernden Haut (Schleimhaut) des Rachens 
zum grössten Theil überkleidet wird. Zufolge ihrer eigenthümlichen 
Befestigung und vor Allem der Complieität der sie bildenden und zu- 
sammensetzenden Muskelbündel, wird sie zu sehr mannigfachen Bewe- 


89 


gungen befähigt, die ihr zur möglichst vollkommenen Frfüllung ihrer 
Funktion nicht abgehen dürfen. 

Ihrer Verbindung, ihrer ganzen Natur nach, ist die Zunge ein Glied 
in dem grossen Systeme der Verdauungsorgane, welchem zunächst die 
Bestimmung zufiel, ‚bei den ersten Akten des Verdauungsvorganges, bei 
dem Einbringen der Nahrung, dem Kauen und dem Schlucken thätig zu 
sein. Das Erstere, das Einführen der Speise in den Mund, verrichtet 
zum Theil, bei einer grossen Anzahl der Säugethiere wenigstens, die 
Zunge. Man beobachte z. B. ein grasendes Rind, man wird gewahren, 
dass die Zunge, aus dem Munde hervorgestreckt, sich hakenförmig um 
das Gras schlingt, und dieses in den Mund zieht, wo es theils durch 
die Zunge, theils durch die Zähne vollends abgerissen wird. Der Hund 
taucht beim Trinken die Zunge in das Wasser und indem er dieselbe 
rasch wieder zurückzieht, schnellt er jenes in den Mund. Die Zunge 
vertritt also bei vielen Säugethieren die Stelle eines Organes zum Fassen, 
zum Ergreifen und Einbringen der Nahrung; bei manchen kommen ihr 
dabei die vordern Gliedmaassen zu Hülfe,, z. B. bei den Affen, Eich- 
hörnchen, Mäusen etc, Bei’ den Menschen verrichtet dieses Geschäft 
die Hand. i 

Bedenkt man, welche Bedeutung die chemische Beschaffenheit der 

in den Verdauungskanal eingebrachten Substanzen für den ganzen Kör- 
per hat, wie durch viele die durch den Akt der Ernährung verloren 
gegangenen und ausgeschiedenen Theile des Körpers neu ersetzt wer- 
den, und nur dadurch der ganze Organismus sich erhält, wie viele an- 
dere aber auch höchst störend, ja zerstörend eingreifen in die zooche- 
mischen Processe, die wir in ihrem gesammten Endresultate als physi- 
sches Leben bezeichnen, so muss man sehr begreiflich finden, wenn die 
Zunge in gewissem Grade die Eigenschaft eines chemischen Prüfsteines, 
eines Reagens der chemischen Beschaffenheit der Substanzen, die in den 
Verdauungskanal eingebracht werden sollen, besitzt, mit anderen Worten, 
wenn die Zunge schmeckt. 
Den Geschmacksinn kennen wir nur etwas näher beim Menschen. 
Wie er sich aber in den verschiedenen Thierclassen ausbreitet und ver- 
hält, darüber sind die Untersuchungen höchst mangelhaft, freilich auch 
sehr schwierig, und haben noch lange nicht zu einem befriedigenden 
Resultate geführt. Sind ja noch nicht einmal die Untersuchungen darüber 
geschlossen, durch welche Nerven dieser Sinn vermittelt wird. 

Die bei weitem grösste Anzahl der Säugethiere besitzt zur Zerklei- 


9.» 


nerung der in den Mund eingeführten Nahrung Zähne. Diese Gebilde 
würden aber ihren Zweck nur sehr unvollkommen erreichen, wenn nicht 
ein bewegliches Organ, wie die Zunge, die zwischen jenen hervorglei- 
tenden Theile wiederholt zurückschöbe. Die Zunge spielt daher eine 
ebenfalls nicht unwichtige Rolle bei dem Akte des Kauens, wie sie auch 
beim Schlucken keinesweges unthätig ist. Ist nämlich die Speise bis zu 
einem gewissen Grade zerkleinert, so wird sie durch besondere Bewe- 
gungen der Zunge in die Nähe des Gaumens geführt, der durch die 
Zusammenziehung seiner Muskeln das Angekommene weiter hinab in die 
Speiseröhre befördert. 

Beim Menschen ist die Zunge als Vermittlerin der Sprache seit un- 
denklichen Zeiten allgemein anerkannt worden, die ältesten Sprachen 
fassten die Ausdrücke Zunge und Sprache in ein Wort. Kann man: aber 
wohl auch bei den Thieren die Zunge ein Sprachorgan nennen? Diese 
Frage dürfte nicht so leicht beantwortet sein, als vielleicht der erste 
Schein glauben lässt. Es handelt sich hier vorzüglich um zweierlei; 
erstens, was versteht man unter Sprache, und zweitens, wie verhält sich 
die Zunge bei derselben. — Die Sprache des Menschen ist der durch 
Reihen artikulirter Laute (Wörter) bezeichnete Ausdruck eines Gedan- 
kens, einer Vorstellung. Es gehört hierzu ein vernünftiges, denkendes 
Selbstbewusstsein, das freilich den Thieren, nach den gewöhnlichen Be- 
griffen, gänzlich abgeht. Gleichwohl finden wir, dass viele Thiere durch 
gewisse Töne und Laute sich verständigen, also Aehnliches wie der 
Mensch durch die Sprache erreichen. Man spricht daher wohl von einer 
Thiersprache, nennt sie aber in Gegensatz zur menschlichen unartikulirt. 
Beide lassen sich aber doch zurückführen auf Töne, die durch den aus 
der Lunge gepressten Luftstrom im Kehlkopf erzeugt, und im Munde oder 
der Rachenhöhle verschieden modulirt werden. In der menschlichen 
Sprache spielt dabei die Zunge eine sehr bedeutende Rolle, deren Wich- 
tigkeit vorzüglich zu Tage tritt, wenn dieses Organ gelähmt oder sonst 
bedeutender verletzt wird. Auch das Thier modulirt höchst wahr- 
scheinlich jene zur Verständigung dienenden Töne. In welcher Art und 
Weise diess freilich geschieht, ist noch nicht hinreichend untersucht. 
Man wird also mit ‘ziemlich sicherer Berechtigung die Zunge bei einer 
grossen Anzahl von Säugethieren, ein Organ der Sprache nennen dürfen, 
diese freilich im weitesten Sinne aufgefasst. 

Wir haben demnach in der Reihe der Säugethiere, als der, den 
Vögeln zunächststehenden Thierclasse, die Zunge: 


9 


1) als Organ zum Fassen, Ergreifen und Einbringen der Nahrung in 
den Mund; 

2) als Hülfsorgan beim Kauen und Schlingen; 

3) als Organ des Geschmacksinnes, 

4) als Modulator der Stimme, als Sprachorgan. 

Gehen wir mit diesen gewonnenen Vorstellungen über zu den Vö- 
geln, so werden wir die Bedeutung und Function der Zunge bei diesen 
Thieren nur dann gehörig zu würdigen und richtig zu beurtheilen im 
Stande’sein, wenn wir uns über ihren Bau so viel als möglich vollstän- 
dig belehrt haben. Denn Struktur und Verrichtung der Organe stehen 
überall in entsprechendem Verhältniss. 

In mehr als einer Hinsicht muss bei der Vogelzunge auffallen, dass 
die Natur hier einen etwas anderen Bauplan, als bei den Säugethieren 
verfolgt hat. Nicht einen sehr beweglichen Muskel wie bei diesen, fin- 
den wir bei dem Vogel, sondern eine schmale, mehrfach gestaltete, 
knorpelige, starre Platte, die von der Schleimhaut des Rachens über- 
kleidet, auf einem ganz eigenthümlichen Knochengerüst ruht. Dieses, 
sowie die mit ihm im Zusammenhange stehenden Muskeln, Gefässe und 
Nerven, wie auch jene Knorpelplatte, die eigentliche Zunge, wären die 
Theile, die zunächst untersucht werden müssten. Von vorn herein kann man 
wohl vermuthen, dass dieselben im Wesentlichen nicht bedeutend abändern 
werden, dass man dieselben Knochen, Muskeln, Nerven etc., wohl so 
ziemlich, wenn auch nicht in derselben Gestalt, doch in derselben Ver- 
bindung und derselben Bedeutung, durch die verschiedensten Classen der 
Vögel wieder finden wird, womit indess keinesweges gesagt sein soll, 
dass eine weitere Untersuchung ganz überflüssig wäre. In der Gestalt 
der Knorpelplatte, der eigentlichen Zunge, herrscht aber ein solcher 
Formenreichthum, dass, so weit wenigstens meine Erfahrungen gehen, 
"jedes Genus, ja jede Species, besondere Eigenthümlichkeiten darin auf- 
zuweisen hat. Man vergleiche hierzu die Fig. I—-VI auf der beigefügten 
Tafel, wo in Fig. I die Zunge nebst deren Spitze von Oriolus galbula, in 
"Fig. II die Zunge und Zungenspitze von Fring. coelebs, Fig. II die der 
Fring. montana, Fig. IV die von Corvus corone, Figur V die Zungen- 
spitze von Parus major, Figur VI von Parus coeruleus abgebildet ist. 
Besonders ist es die Zungenspitze und Zungenwurzel, die in sehr man- 
nichfachen Gestaltungen auftritt. Eine nähere Untersuchung dieser Theile 
behalte ich mir für eine spätere Arbeit vor. Jetzt soll uns zunächst 
der Bau des Zungenbeines und die mit diesem im Zusammenhang stehende 


92 


Muskulatur beschäftigen, zu welcher Untersuchung ich aus mehrfachen 
Gründen von der Zunge des gemeinen Raben Corvus corone ausgegan- 
gen bin, und auf die sich die folgenden Resultate auch zunächst bezie- 
hen, wie aber schon bemerkt, dürften sie in einem weit grösseren 
Kreise, in den Häuptsachen wenigstens, Geltung besitzen. 


I. Das Knochengerüst der Zunge. 


Nimmt man das Zungenbein des Menschen im Allgemeinen, als ty- 
pische Form für diesen Theil des Säugethierskelettes an, so findet man 
dasselbe bestehend aus einem halbkreisförmig gebogenen, kleinen Kno- 
chen, den Körper des Zungenbeines, an welchem sich an jedem Ende 
zwei paarige, kleinere Knöchelchen, die Hörner, ansetzen. Es liegt 
regelmässig hinter und unter dem Unterkiefer, zwischen diesem und dem 
Kehlkopf, und steht jederseits durch ein Band mit dem Schläfenbeine in 
Verbindung. Sonst dient es bei den Säugethieren nur als Ansatzpunkt 
einer Menge Zungenmuskeln, nimmt aber selbst keinen weiteren Antheil 
an der Bildung dieses Organes. er 

Bei den Vögeln ist dieses Verhältniss ein bedeutend anderes. Was 
zuerst die Lage und Verbindung hier betrifft, so ist sie folgende. Der 
Unterkiefer des Vogels stellt bekanntlich ein gleichschenkeliges Dreieck 
dar, dessen Spitze (Fig. XVI, A.) nach vorn gerichtet den Schnabel bildet, 
dessen beide Schenkel (Fig. XVI, B.) aber in ihrem hinteren, freien Ende 
zu einem Gelenkhöcker (Fig. XVI, C.) anschwellen. In dem “Raume 
zwischen diesen beiden Schenkeln lagert das Zungenbein, dessen sehr 
verlängerte Hörner hinter dem erwähnten Gelenkhöcker sich nach aussen 
auf den Hinterkopf schlagen, und hier, sammt ihren Muskeln von einer 
eigenen Fascie umkleidet, zwischen den Weichtheilen bis ziemlich in die 
Mitte des Schädels, bei den Spechten selbst bis vor zur Schnabelwurzel 
verlaufen. Von den Knorpelenden der Hörner gehen Fasern elastischen 
Gewebes zu der Beinhaut des Schädels, mit der sie zusammenschmelzen. 
Eben so abweichend wie diese Verbindung ist auch die Gestalt. Zwar 
kann man auch Zungenbeinkörper und Hörner unterscheiden, indess sind 
diese Theile doch sehr abweichend von dem Typus des Säugethierzungen- 
beines, namentlich ist der Körper nicht halbkreisförmig gebogen, sondern 
. gerade in die Länge gestreckt, liegt nicht quer, sondern in der Längen- 
axe. An seinem vorderen Theile haften zwei symmetrische, in ihrem 
vorderen Ende durch Bandmasse und Zellgewebe verbundene, ziemlich 
starke Knochen, durch ein straffes Gelenk (Amphiarthrosis) an. (Fig. VI, 


93 


VI, IX, a). Während diese Knochen, die wir die Basalknochen der 
Zunge nennen wollen, horizontal stehen, tritt der Körper des Zungen- 
beines (Fig. IX, b.) unter einem stumpfen Winkel von etwa 135° nach 
unten und hinten. Seitlich, in der hinteren Hälfte des Zungenbeinkör- 
pers, setzen sich an einer Auftreibung die langen Hörner an (Fig. IX, 
c, d, e, VII, VIII, c.), deren jedes in zwei (Fig. IX, c u. d.) durch ein 
straffes Gelenk («) verbundene Theile (Glieder) zerfällt. Das erste Glied 
steigt nur leicht gekrümmt ‚abwärts, das zweite aber biegt sich in einem 
fast vollen Halbkreis aufwärts. 

Während bei den Säugethieren, so viel mir bekannt, kein eigentli- 
cher Knochen, höchstens eine schwache Knorpelplatte in der Substanz 
der eigentlichen Zunge zu finden, bilden bei den Vögeln die beiden 
Basalknochen den wesentlichsten Bestandtheil dieses Organes, namentlich 
in dessen hinterem Theile. Von einer wirklichen Muskelsubstanz ist hier 
keine Rede, bei den Vögeln wenigstens, die ich zu untersuchen Gelegen- 
heit hatte. Die Schleimhaut, die von der Mundhöhle auf die Zunge über- 
tritt, diese in ihren freien Theilen gänzlich überkleidet, am unteren, vor- 
deren Theile eine Längsfalte, das Zungenbändchen, bildet, besitzt in der 
Regel ein ungemein stark entwickeltes Epitolium. Unter der Schleim- 
haut :stösst man auf bald mehr, bald weniger Zellgewebe,, während das 
Innere der Zunge von einer knorpeligen, elastischen Substanz eingenom- 
men wird, die sich an die Spitzen der Basalknochen anfügt. 

Lässt man diese letzteren aus ihrem Verbande, und reinigt sie ge- 
hörig von den adhärirenden Gewebstheilen, so wird bei Corvus corone 
die Untersuchung etwa Folgendes ergeben. — Die Knochen besitzen 
eine Länge von etwa 9 Linien und eine grösste Breite nahe an 1!) Lin. 
Jeder derselben lässt deutlich drei Flächen unterscheiden, eine obere, 
eine äussere und eine innere. Die erstere (Fig. X, A.) liegt horizontal 
und ist in allen ihren Theilen ziemlich gleichbreit. An ihrer ganzen 
äusseren, und im vorderen Drittel ihrer inneren Kante schneidet sie 
scharf ab, dagegen wölbt sich diese obere Fläche in den beiden hinteren 
‚Dritteln der inneren Kante, sanft in die innere Fläche (B) hinüber, so 
dass an dieser Stelle eine geringe Verengerung entsteht. Durch dieses 
Verhalten entsteht, sobald die beiden Knochen in ihre natürliche Lage 
zusammengelegt werden, zwischen beiden ein leerer, ein spitziges Drei- 
eck darstellender Raum (Fig. VII, x). Am Ende des hintern Drittels 
ist an dieser in Rede stehenden Fläche ein kleiner Vorsprung nach 
innen, (Fig. X, D.) von dem Gelenkhöcker herrührend, zu bemerken. 


94 


Unmittelbar hinter diesem ragt das kegelförmige, etwas nach aussen und 
unten gekrümmte, etwa 2 Linien lange Horn (Fig. X, C.) des Zungen- 
basalknochens hervor. 

Die äussere Fläche (Fig. XI, A.) stellt sich gegen die obere nicht 
rein nach aussen, sondern vielmehr nach unten und aussen. Dabei ist 
sie nicht flach, sondern etwas gewölbt. Ziemlich schmal in ihrem vor- 
dersten Theil beginnend , verbreitet sie sich bis zu 1%; Lin. am Ende 
des zweiten Drittels ihrer Länge. Während nämlich ihre obere Kante 
gerade verläuft, macht die untere mehrere Biegungen und zwar in der 
Weise, dass sie anfangs allmählig abwärts steigt, an der tiefsten Stelle 
ein kleines Knötchen. (Fig. XI, B.) bildet, von hier in einem seichten 
Bogen sich wieder etwas aufwärts wendet, noch einmal einen zweiten 
Höcker (Fig. XI, C.) den Gelenkhöcker umschreibt, und endlich steil 
aufwärts zu dem schon mehrfach erwähnten Horne (Fig. XI, D.) übergeht. 

Die innere Fläche (Fig. XU, A.) sieht nur um Weniges auch nach 
oben, verschmälert sich in ihrem vorderen Theile um ein bedeutendes, 
während sie in anderen Theilen durch die Vorsprünge, die ihre untere 
Kante umschreibt, bis an 1/3 Lin. breit wird. Hinten wird diese Fläche 
von einem Höcker begrenzt und überragt, (Fig. XI, C.) der auf seiner 
Höhe eine dreieckige Gelenkfläche trägt, die schief nach unten, innen 
und hinten gegen die Ebene der inneren Fläche sich stellt. Unmittelbar 
hinter diesem Gelenkhöcker krümmt sich das Horn (Fig. XI, D.) stark 
nach aussen. 

Will man sich belehren, welchen von den beiden Knochen man vor 
sich hat, den recht- oder linkseitigen, so gibt man ihm die Stellung, 
dass das gekrümmte Horn nach hinten, die obere, ebene,  gleichbreite 
Fläche nach oben, der kleine Höcker vor dem Gelenkhöcker nach unten 
sieht, steht dann die Gelenkfläche des Gelenkhöckers nach links, so ist 
der betreffende Knochen der der rechten, im entgegengesetzten Falle 
der der linken Seite. So weit ich das Zungenbein der Vögel untersucht 
habe, habe ich die paarigen Zungenbasalknochen immer gefunden, oft 
allerdings sehr klein, und von der eben beschriebenen Gestalt bei Corv. 
» corone etwas abweichend. So lassen sich bei den Körnerfressern z. B. 
nicht so scharf die drei Flächen scheiden, die Knochen sind, namentlich 
in der Gegend des Gelenkhöckers, oft von der Seite stark zusammenge- 
drückt, die vorderen Hälften derselben treten mehr von einander etc., in 
allen Fällen aber ist die Gelenkfläche, das auswärts, nach hinten stehende 
Horn, so wie das kleine Höckerchen vor dem Gelenkhöcker vorhanden, 


95 


Am Zungenbeinkörper des Corvus corone, ‘der beiläufig eine 
Länge von 6 Linien hat, lassen sich etwa folgende Theile unterscheiden: 
1) das Köpfchen, 2) der eigentliche Körper, 3) die hintere Gelenkan- 
schwellung und 4) der Fortsatz. 

Bringt man das Knöchelchen in seine natürliche Lage, so springt 
das Köpfchen (Fig. XV, A.) bedeutend über den Körper vor, der dann 
gerad nach vorn sehende Theil erscheint etwas ausgeschnitten. An sei- 
nen Seiten gewahrt man dann auch zwei, nach aussen und oben gerich- 
tete Gelenkflächen, (Fig. XV, a.) die durch eine viereckige Ebene (Fig. 
XIH, b.) auf dem Scheitel des Köpfchens von einander getrennt werden. 
Der Körper selbst (Fig. XV, B.) ist in seinem vorderen Theile von oben 
nach unten zusammengedrückt. Längs der Mitte seiner Oberfläche läuft 
eine seichte Leiste (Fig. XII, c.) vom Nacken des Köpfchens ausgehend 
bis zum Fortsatz. Eine ähnliche, doch hinten und vornen breitere Leiste, 
findet sich auch auf der Unterseite. (Fig. XIV, b.) Ober- und Unterseite 
stossen übrigens in einer stumpfen, concaven Kante zusammen. In sei- 
ner hinteren Hälfte wird der Zungenbeinkörper allmählig breiter und 
dicker, und hier'an der Stelle, wo es die grössten Dimensionen erreicht 
hat, senkt sich seitlich eine grubenförmige Gelenkfläche (Fig. XV, b. 
Fig. XIV, c. Fig. XII, d.) nach hinten und aussen sehend ein, in der 
die Gelenkköpfehen der Zungenbeinhörner artikuliren. Zwischen diesen 
beiden Grübchen verschmälert sich der Knochen wieder und ragt als ein, 
etwa eine Linie langer, Fortsatz über sie hinaus. An diesem Theile 
haftet ein dünner, spatelförmiger, mit seinen Flächen nach oben und unten 
sehender Knorpel, (Fig. VII u. VIH, d.) der durch ein dünnes Bändchen 
(Fig. XV, H.) mit der unteren Seite des Kehlkopfes in Verbindung steht. 
In natürlicher Lage ruht das Ende dieses Knorpelfortsatzes auf der Un- 
terfläche jenes Organes. 

Um dem Zungenbeinkörper die richtige Stellung zu geben, hat man 
nur den sich verschmälernden Fortsatz nach hinten und unten, das Köpf- 
chen mit den seitlichen Gelenkflächen nach vorn und oben zu richten, 
so dass dessen schnauzenförmiger Vorsprung gerad nach vorn schaut. 

Was nun den Zungenbeinkörper bei anderen Vögeln anbelangt, so 
findet man hier ebenfalls grossen Wechsel in der Grösse und Form. 
‘Das Köpfchen ist bald gestreckter, bald kürzer, bald ausgeschweift, bald 
so, bald anders gestaltet, nie aber fehlt dasselbe oder seine beiden Ge- 
lenkflächen, so mannigfach dieselben auch gestaltet sein mögen. Der 
eigentliche Körper ändert ebenfalls in seiner Form sehr ab. Am gewöhn- 


96 


lichsten findet man ihn seitlich zusammengedrückt, immer aber treibt er 
sich in der Gegend, wo die Zungenbeinhörner sich ansetzen, mehr oder 
weniger auf. Den Fortsatz, so wie den spatelförmigen. Knorpel und 
dessen Verbindung mit dem Kehlkopf, habe ich gleichfalls bei allen Vö- 
geln, die von mir untersucht wurden, wieder gefunden. 


Es macht wohl keine grosse Schwierigkeiten, die mehrfach erwähn- 
ten Zungenbeinhörner (Fig. IX, c, d, e.) als ganz ähnliche Theile, wie 
die grossen Hörner am Zungenbein der Säugethiere, wieder zu erkennen. 
Freilich haben sie ihre Form insofern um ein Bedeutendes geändert, als 
sie verhältnissmässig sehr gestreckt geworden sind, und überdiess jedes 
einzelne in zwei Theile, ein vorderes oder erstes, und ein hinteres oder 
zweites Glied zerfällt, die beide durch ein straffes Gelenk verbunden, 
eine nur geringe Beweglichkeit an einander ermöglichen. Indem sich 
diese Hörner, namentlich deren zweites oder hinteres Glied der Con- 
vexitat des Hinterkopfes anschmiegt, müssen sie natürlich aufwärts ge- 
krümmt erscheinen. 


Bei dem: gemeinen Raben, Cory. corone, und der ‚grössten Mehrzahl 
der Vögel ist der Bau dieser Knochen höchst einfach. Die beiden Enden 
des ersten Gliedes treiben sich regelmässig zu Gelenkanschwellungen auf, 
von denen die vorderste, stärkere eine längliche, gewölbte Gelenkfläche, 
die nach vorn und: innen sehend mit dem Zungenbeinkörper artikulirt, 
besitzt. Die hintere, viel schwächere dagegen, lässt eine runde, flach- 
grübige Gelenkfläche bemerken. Der das hintere Glied des Zungenbein- 
hornes darstellende Knochen ist in seiner Gestalt dem vorderen, ersten 
allerdigs ähnlich, doch zeichnet er sich dadurch vor ihm aus, dass er 
nur an seinem vorderen Ende sich scwach auftreibt, und hier ein kleines, 
schwaches Gelenkknöpfchen besizt, an seinem hinteren Ende aber ein 
dünner, einige Linien langer Knorpel sich ansetzt. . Beide Knochen, der 
des ersten und zweiten Gliedes, sind in der Regel von oben nach unten 
zusammengedrückt. 


Bei Corvus. corone ist das vordere Glied des Zungenbeinhornes 13 
Linien, das hintere nur 12 Lin. lang. Bei den meisten Vogelspecies variürt 
aber das Grössenverhältniss sehr, doch findet man bei den meisten das er- 
stere mehr oder weniger länger als das zweite. Indess bei den Spechten z. B. 
scheint sich diess Verhalten umzukehren. Auf eine weitere Differenz stosst 
man bei der Einlenkung der Hörner in den Zungenbeinkörper. Der Winkel 
nämlich, unter dem jene zu diesem stehen, ist im Allgemeinen allerdings 


Obs.et ad.Näb.del.D? S. 


Mega 
Ar Tu 
ll, 


’ 
21 R. 


IR = 


35 
% 


97 


spitzig, doch nach Länge und Breite des Schnabels, besonders des Un- 
terschnabels, dieses bald mehr, bald weniger. 

Aus dem Umstande, dass die einzelnen Knochenstücke des Zungen- 
beingerüstes insgesammt durch straffe, also nur wenig freie Gelenke mit 
einander verbunden sind, folgert sich von selbst eine nur beschränkte 
und einfache Beweglichkeit derselben gegen einander; es frägt sich nun 
nur noch, ob vielleicht die Zunge zu grösseren und freieren Bewegungen 
durch ihre Verbindung mit den Weichtheilen befähigt wird. Zur Erle- 
digung dieser Frage, wie überhaupt zur Kenntniss der möglichen Motio- 
nen, müssen wir die Muskeln dieses Organes kennen lernen. Wir wer- 
den dann auch einige von den Functionen der Vogelzunge beurtheilen 
können. 


I. Die Muskeln der Zunge der Vögel. (Fig. XVIu. XVIL) 


Da, wie wir gesehen haben, eim eigenthümliches, complicirtes Kno- 
chensystem als Stütze und Träger der Zunge der Vögel sich vorfindet, 
das von dem Zungenbein der Säugethiere und insbesondere des Menschen 
bedeutend in seiner Gestalt und Zusammensetzung abweicht, so muss 
auch das Muskelsystem, das ja überall und in jeder Beziehung sich sehr 
genau an den Bau des Knochenskeletts anschliesst, besondere Eigen- 
thümlichkeiten in seiner Anordnung besitzen. Beim Vogel steht, wie 
beim Säugethier, die Zunge mit Unterkiefer, Kehlkopf und Brustbein 
durch Muskeln in Verbindung; bei ersteren sind diess aber auch die 
einzigen Theile, während bei letzteren noch mehrere andere Muskeln an 
die Zunge schicken, durch welche diese jenen nahe gebracht und von 
denselben entfernt werden kann; besonders gilt diess vom Oberkiefer 
und Schlüsselbein. Ueberdiess ist die Vogelzunge mit der Säugethier- 
zunge zusammengehalten sehr muskelarm zu nennen. Die nächste Folge 
dieser Armuth muss natürlich eine grössere Beschränktheit in der Be- 
wegungsfähigkeit sein. Während die meisten Säugethiere die Zunge auf 
‘ die mannigfachste Weise nicht nur auf- und abwärts, zur rechten und 
linken Seite schieben können, sondern sie auch, vermöge einer eigen- 
thümlich angeordneten, sehr ausgebildeten Muskulatur in ihrer Substanz, 
zu den verschiedensten Gestalten zusammen zu ziehen und auszustrecken 
im Stande sind, geht die Fähigkeit für letztere Bewegungen der Vogel- 
zunge so gut wie gänzlich ab, und erstere beschränken sich bloss auf 
ein Vor- und Rückwärtsgeschobenwerden. 


Naumannia. 1854. ® 


98 


Die einzelnen Muskeln, die sämmtlich paarig vorhanden, lassen sich 
in vier Classen theilen, als: 

4) solche, durch die die Zungenbeinhörner mit dem Unterkiefer in 

Verbindung treten, | 

2) solche, die vom Kehlkopf nach dem Zungenbein gehen, 

3) solche, die Brustbein und Zunge verbinden, 

4) solche, die die einzelnen Glieder des Knochengerüstes der 

Zunge an einander in Bewegung setzen. 
A. Muskeln zwischen Unterkiefer und Zungenbeinhörnern. 

4) Untersucht man die beiden Glieder des Zungenbeinhornes in 
ihrer natürlichen Lage am Schädel, so gewahrt man längs des seitlich 
nach aussen gelegenen Randes des ganzen zweiten Gliedes einen ver- 
hältnissmässig starken Muskel (Fig. XVI, 1.). Er hüllt den Knochen, in 
dem seine Fasern an dessen anderem Rande sich gegenseitig begegnen 
und umschlagen, fast gänzlich ein, und bildet, da die Fasern sich nur 
oben an dem weiter vorn erwähnten Knorpelende fest ansetzen, eine 
Art Scheide, in welcher sich das Horn frei auf- und abschieben lässt. 
Verfolgt man diesen Muskel zu seiner Ursprungsstelle, so trifft man diese 
an der nach innen gekehrten Fläche des Unterkiefers, unmittelbar vor 
dem Gelenkhöker desselben, mit einem starken Bündel beginnend und 
nach vorn etwa Ys Zoll lang sich fortsetzend. Seiner Lage und seiner 
Verbindung nach muss dieser Muskel das zweite Glied des Zungenbein- 
hornes vom hinteren Theile des Kopfes abwärts ziehen und dadurch die 
ganze Zunge bedeutend nach vorn zu schieben im Stande sein. 

2) Mitten von der freien, unteren Fläche des Gelenkhökers des 
Unterkiefers entspringt ein zweiter Muskel (Fig. XVI, 2.). Er schlägt 
sich schnell nach innen und oben zu der äusseren Kante des ersten 
Gliedes des Zungenbeinhornes, verläuft hier nach vorn zum äusseren 
Rande des Zungenbeinkörpers, wo er seinen Ansatzpunkt findet. 

In seiner Hauptbedeutung ist dieser Muskel der Antagonist des un- 
ter 1) beschriebenen d.h. er zieht die vorwärts geschobene Zunge wie- 
der zurück. Wirkt bloss der der einen Seite, so muss er freilich die 
Zunge um -Weniges auch nach der entsprechenden Seite ziehen. 

B. Muskeln zwischen Kehlkopf (Luftröhre) und Zunge. 

Untersucht man den Raum zwischen Zungenbeinkörper und Kehl- 
kopf auf der unteren Seite des Schlundes, so findet man hier zwei 
Paar Zungenmuskeln verlaufen, von denen jedoch nur das eine hieher 
gehört, nämlich 


99 


3) das innerste Paar (Fig. XVI, 3.). Dieses entspringt seitlich von 
den vordersten Ringknorpeln der Luftröhre, verläuft, durch eine sehnige 
Fascie, die den spatelförmigen Knorpel sammt dessen Bändchen bedeckt, 
gegenseitig verbunden, gerad nach vorn; tritt dann in dem Winkel, den 
die Zungenbeinhörner mit dem Zungenbeinkörper machen, auf die obere 
Fläche des letzteren, läuft über sie hin und setzt sich unmittelbar vor 
dem Gelenkhöker der Zungenbasalknochen an (Fig. XVII, 3.). Bei ihrer 
Contraction nähern diese Muskeln die Zunge dem Kehlkopfe und ziehen 
daneben den etwa nach oben gerichteten Hintertheil der Zunge nieder- 
wärts. In dieser Wirkungsweise kann dieses Muskelpaar als Antagonist 
der unter 4 und 7 beschriebenen Muskeln betrachtet werden. 

C. Muskeln zwischen Zunge und Brustbein. In diese Rubrik 
gehören 

4) die beiden Muskeln, die jederseits von dem eben beschriebenen 
dritten Paare lagern (Fig. XVI, 4.). - Verfolgt man sie nämlich, so findet 
man, dass sie nicht an der Luftröhre entspringen, sondern verhältniss- 
mässig sehr lang am ganzen Halse oberflächlich hinablaufen und ihren 
endlichen Ursprung nahe an dem Winkel des tiefen Brustbeinausschnittes 
nehmen. Zu ihrem Ansatze treten sie aber ebenfalls auf die Oberfläche 
der Zunge, heften sich aber schon in der Gegend des ersten Gelenkes 
zwischen dem ersten Gliede der Zungenbeinhörner und Zungenbeinkörper 
an (Fig. XVII, 4.). Aus diesem Verhalten folgert sich die einfache 
Wirkung, die Zunge nach den feststehenden Brustbein hin, abwärts zu 
ziehen. 

D. Muskeln zwischen den einzelnen Knochentheilen des 
Zungenbeines. 

Präparirt man auf der unteren Seite der Zunge das Zellgewebe so 
wie die übrigen, störenden Theile, wie Gefässe, und ein sich hier ver- 
breitendes Nervengeflecht hinweg, so wird man auf 3 Paare von Muskeln 
stossen. 

5) Vor Allem fällt eine sehr schlanke Sehne sogleich auf. Unter- 


‘- sucht man dieselbe, so findet man, dass sie einem Muskel angehört (Fig. 


XVI, 3.), der auf der oberen Fläche des ersten Gliedes des Zungenbein- 
hornes lagernd, hinten in der Nähe des zweiten Gelenkes dieses Kno- 
chens entspringt, und sich am ersten Gelenke nach aussen auf die un- 
tere Fläche des Zungenbeinkörpers schlägt, in der erwähnten Sehne 
gerad nach vorn läuft, und sich endlich an dem kleinen Höker, unmit- 


telbar vor dem Gelenkhöker der Zungenbasalknochen,: ansetzt. Die 
wi 


100 


Wirkung der Contraction dieser Muskeln besteht darin, die Spitze der 
Zunge abwärts gegen den Unterschnabel, den hinteren Theil derselben 
mit ihren Hörnern aufwärts gegen den Oberschnabel zu richten. 

6) Eine ganz ähnliche Wirkung hat ein anderes Muskelpaar (Fig. 
XV, 6.), das auf der unteren Seite des ersten Gliedes des Zungenbein- 
hornes entspringt, und zwar längs deren vorderer Hälfte, von hier auf 
den Zungenbeinkörper überspringt, an der inneren Seite der vorherge- 
henden Muskeln 5) gerad nach vorn verläuft, und sich hinter dem vor- 
deren Höker der Zungenbasalknochen ansetzt. 

7) Das siebente Paar der Zungenmuskeln (Fig. XVI, 7.) entspringt 
längs der Leiste auf der Unterfläche des Zungenbeinkörpers, tritt von 
hier aus quer über diesen Knochen nach dem vorderen Theile der Hör- 
ner der Zungenbasalknochen, wo es sich ansetzt. Es dienen diese bei- 
den Muskeln dazu, den erhabenen Hintertheil wiederum abwärts zu zie- 
hen, der Zunge eine horizontale Lage zu geben. In dieser Weise kön- 
nen sie als Antagonisten der unter 5 u. 6 beschriebenen Muskeln gelten. 

Sehen wir uns nun nach diesen Betrachtungen nach den Verrich- 
tungen der Zunge um, die durch Bewegungen derselben vermittelt wer- 
den, so finden wir, dass hieher das Erfassen der Nahrung, die Hilfe- 
leistung beim Schlucken und das Moduliren der Stimme gehören. 

Da der hornartige, feste nur in einer Richtung bewegliche Vogel- 
schnabel zum Erfassen der Nahrung nicht gerade geschickt construirt 
genannt werden kann, ihm auch kein anderweitiges Hilfe leistendes Or- 
gan zur Seite steht, so könnte man vielleicht erwarten, dass zu diesem 
Zwecke die Zunge um desto günstiger eingerichtet wäre, allein es findet 
gerade das Gegentheil statt. Ihre elastische sonst in ihrer Substanz un- 
bewegliche Hornplatte kann nur höchst mangelhaft einen Gegenstand 
fassen und in den Schnabel einbringen. Um sie doch einigermaassen 
dazu zu befähigen, ist sie häufig an ihrer Spitze mit eigenthümlichen 
Spitzen und Stacheln bewaffnet, und ausserdem bei einigen Vogelfamilien 
durch sehr lange Zungenbeinhörner und daran haftende, entwickelte 
Muskeln in den Stand gesetzt, sich weit aus dem Schnabel zu strecken, 
weiche Insekten und deren Larven anzuspiessen, oder dieselben doch 
von ihren Ruheplätzen aufzuscheuchen, um mit dem Schnabel, wie mit 
einer Pinzette gefasst zu werden. 

Bedenkt man, dass’ dem Vogel einerseits wirkliche Backenmuskeln 
abgehen, dass ihm ebenso ein weicher Gaumen fehlt, dass andererseits 
jie freiesten und ausgedehntesten Bewegungen der Zunge nach vor- 


101 


und rückwärts, also nach dem Schlundeingange zu, möglich sind, dass 
die Zunge an ihrem hinteren Rande eigenthümlich eingeschnitten, oft mit 
nach hinten gerichteten Stacheln und Spitzen besetzt ist, so dürften alle 
diese Verhältnisse zu der Annahme berechtigen, dass dieses Organ seine 
Thätigkeit und seinen Zweck hauptsächlich bei dem Akte des Schlingens 
entfalte, zumal da kein weiterer Apparat vorhanden, durch welchen die 
Speise von der festen Schnabelspitze bis zum Eingang in die Speiseröhre 
befördert werden könnte. Ist in diesem Akte die Zunge in Thätigkeit, 
so kann man ihre Bewegungen etwa in folgender Weise auffassen. Nach- 
dem der Schnabel den zu verschluckenden Bissen gefasst, drückt ihn die 
Zunge nach oben und schiebt ihn, sich durch die Contraction der von 
der Luftröhre und dem Brustbein stammenden Muskeln, rückwärts zie- 
hend, längs dem Oberschnabel nach hinten gegen den Eingang in die 
Speiseröhre. Hier angekommen senkt sich die Spitze der Zunge, da- 
gegen richtet sich deren Wurzel in die Höhe. Die Stacheln an dersel- 
ben, so wie die Hörner der Zungenbase fassen ihn jetzt und schieben 
ihn theils vollends in das Bereich der Schlundmuskeln, theils verhindern 
sie bei der sich entfaltenden Thätigkeit der letzteren ein Ausweichen 
nach vorn. Jene Theile würden also zum Theil den weichen Gaumen 
vertreten. 

Eine sehr grosse Anzahl von Vögeln zeichnet sich bekanntlich durch 
die Fähigkeit aus, die Stimme auf die mannigfachste, oft melodiereichste 
Weise zu moduliren. Der grösste Theil dieser Eigenthümlichkeit ist 
allerdings in dem Vorhandensein eines eigenen Organes, des unteren 
Kehlkopfes begründet, allein wohl ausser Zweifel spielt bei diesen Ton- 
variationen die Zunge eine nicht unbedeutende Rolle. Indem dieselbe 
bald nach oben, bald nach unten, bald nach vorn gegen die Schnabel- 
spitze, bald rückwärts gegen den oberen Kehlkopf schnellt, und dadurch 
die Gestalt der Schnabelhöhle ändert, muss sich damit nothwendig eine 
Aenderung im Tone verbinden. Ausserdem kann höchst wahrscheinlich 

die elastische Zungenspitze von dem Luftstrome aus dem Kehlkopfe in 
_ eine fibrirende Bewegung versetzt werden, was ebenfalls eine Reihe 
von Modulationen in der Stimme zur Folge haben muss. Welche ein- 
zelne Töne freilich durch die verschiedenen Stellungen und Bewe- 
gungen der Zunge bedingt sind, diess zu erörtern, machte eine sehr 
umfangreiche Untersuchung nothwendig. Es müssten hier vor Allem 
die einzelnen Laute der Vogelstimme näher und weit sorgfältiger als 
es bisher geschehen zergliedert und das Verhalten der Zunge dabei 


102 


durch direkte Beobachtungen und Experimente untersucht werden, . 
eine Aufgabe, die die Grenzen dieses gegenwärtigen Artikels weit 


überschritte. 
Dr. Ss 


Erklärung der Tafel. 


Fig. I, A. Zunge von Oriolus galbula, 2mal vergrössert. B. Zungen- 
spitze, stark vergrössert, von oben gesehen. 
Fig. I, A. Obere Ansicht der Zunge von Fring. coelebs, 6mal vergrös- 
sert. B. Zungenspitze bei stärkerer Vergrösserung. 
Fig. IH. Zunge von Fring. mont., 6mal vergrössert, von oben gesehen. 
Fig. IV. Zunge des Corv. corone, 2mal vergrössert. | 
Fig. V. Zungenspitze von Parus major, stärker vergrössert. 
Fig. VI. Zungenspitze von Parus coeruleus, stärker vergrössert, 
Fig. VII. Obere Ansicht des Zungenbeinskeletts von Cory. corone. 
a. Zungenbasalknochen. 
Zungenbeinkörper. 
Langes Horn des Zungenbeines. 
Spatelförmiger Knorpel. 
Knorpelige Substanz, die von der Spitze des BES ERUREANRHOERONG 
entspringt. 
x. Dreieckiger Raum zwischen den beiden Zungenbasalknochen. 
Fig. VIII. Untere Ansicht des Zungenbeinskelettes, auch hier, wie in allen 
\ folgenden Figuren von Cory. corone. 
a. Zungenbasalknochen. 
a. Vorderes Hökerchen. 
ß. Gelenkhöker. 
Y. Horn des Zungenbasalknochens. 
b. Zungenbeinkörper. 
c. Stückchen vom Zungenbeinhorn. 
d. Spatelförmiger Knorpel. 
Fig. IX. Knochengerüst des Zungenbeines, von der Seite gesehen. 
a. Zungenbasalknochen. 
b. Zungenbeinkörper. 
c. Erstes Glied des Zungenbeinhornes, 
d. Zweites Glied des Zungenbeinhornes. 
a. Gelenkverbindung. 
. Knorpeliger Fortsatz, 
Spatelförmiger Knorpel. 


er.» 


m © 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


103 


X. Rechtseitiger Zungenbasalknochen, 2mal vergrössert. 

A. Obere Fläche. 

B. Innere Fläche. 

C. Horn. 

D. Gelenkhöker. 

XI. Stellt die äussere Fläche des rechtseitigen, 2mal vergrösserten 
Zungenbasalknochens dar. 

A. Aeussere Fläche. 

B. Vorderer Höker. 

C. Gelenkhöker. 

D. Horn. 

XIU. Ansicht der inneren Fläche des rechtseitigen Zungenbasal- 
knochens, bei 2maliger Vergrösserung. 

A. Innere Fläche. 

B. Vorderes Hökerchen. 

C.. Gelenkfläche des Gelenkhökers. 


D. Horn. , 
XII. Zungenbeinkörper, bei 3maliger Vergrösserung von oben 
betrachtet. 


A. Köpfchen des Zungenbeinkörpers. 
a. Gelenkfläche. 
b. Viereckige Fläche. 

B. Körper mit der oberen Leiste c. 


..€. Fortsatz. 


& 


d. Gelenkfläche. 


XIV.  Zungenbeinkörper, 3mal vergrössert, von unten gesehen. 
A. Vorspringendes Köpfchen. 
a. Gelenkfläche. 
B. Körper. 
b. Untere Leiste. 
C. Fortsatz des Zungenbeinkörpers. 
c. Gelenkfläche. 
XV. Zungenbeinkörper, 3mal vergrössert, von der Seite betrachtet. 
A. Köpfchen mit Gelenkfläche a. 
B. Körper. 
C. Fortsatz. ü 
c. Gelenkfläche (Gelenkgrübchen). 


104 


Fig. XVI. Stellt die untere Ansicht der mit dem Unterschnabel in Ver- 


BrRmBTa=nkIbaBß > 


bindung stehenden Theile, besonders die Muskeln der Zunge 
dar. 


. Schnabelspitze. 

. Schenkel des Unterkiefers. 

. Gelenkhöker. 

. Oberer Kehlkopf, der etwas abgezogen ist. 


Untere Fläche der Zunge. 
Zungenbeinkörper. 


. Spatelförmiger Knorpel. 
. Bändchen zwischen Kehlkopf und spatelförmigen Knorpel. 
. Erstes, vorderes Glied des Zungenbeinhornes. 


Zweites, hinteres Glied des Zungenbeinhornes. 


. Knorpelfortsatz. 


Von den Muskeln sind die oberflächlichen der einen Seite entfernt, 
um die tieferen zu Tage zu legen. 


. Erstes 

. Zweites 

. Drittes 

. Viertes 

. Fünftes von der oberen Fläche des Zungenbein- 
. hornes hervorgezogenes 

6. Sechstes 

7. Siebentes 


nm wm 


Muskelpaar. 


Fig. XVII. Stellt die obere Fläche des Knochenskeletts der Zunge 


A, 


B. 
C. 


etwas vergrössert dar. 
Zungenbasalknochen. 
a. Ansatzpunkt des dritten Muskelpaares. 
b. Horn. 
Zungenbeinkörper. 
Zungenbeinhorn. 
3. Drittes Muskelpaar. 
4. Viertes Muskelpaar. 


105 


Notizen. 


Merkwürdig häufig sind in diesem Jahre bei uns in Schlesien 
Falco lagopus und peregrinus. Von Ersterem habe ich selbst bereits 
8 Exemplare erlegt, und streichen auf unserem Gute wohl noch 12 
solche umher, die einzeln und zu zweien ihre bestimmten Reviere haben. 
Die Flugbreite des grössten der von mir erlegten Exemplare betrug 
5' 4"; und war seine längste Schwungfeder 15Y, Zoll lang. Es war 
ein altes Weibchen. Falco peregrinus habe ich noch nicht erlegen kön- 
nen, da er zu unstätt ist. Vor Kurzem beobachtete ich 2 solche, die in 
der Luft zu spielen schienen. Der eine liess wiederholt einen eigen- 
thümlichen Laut hören, der wie Gigak klang und sehr hell war. Falco 
lagopus war gar nicht scheu und liess mitunter mit der Kugel 2—3mal 
auf sich schiessen ohne wegzufliegen. — Vor Kurzem fing ich in einem 
Mardereisen Falco buteo masc. von beinahe schwarzer Färbung, dessen 
Flugbreite 5‘ betrug. Sonst, in früheren Wintern, kamen weder Falco 
lagopus noch peregrinus so häufig hier vor, sondern nur selten. Die 
sonst so häufigen Falco palumbarius und tinnunculus habe ich in diesem 
Winter noch gar nicht bemerkt. Lanius excubitor ist, trotz des hohen 
Schnee’s und der anhaltenden Kälte, ziemlich häufig; ferner Turdus  pi- 
laris, Fringilla coelebs in Schaaren, unter letzteren viele montifringilla 
und chloris. Von Fringilla domestica masc. hörte ich neulich in einem 
Stall, als es ein anderes Männchen verfolgte, täuschend den Gesang des 
Kanarienvogels, wenn dieser in der Brutzeit das Weibchen verfolgt, 
nachahmen, natürlich sang er die Töne selbst wie jeder andere Spatz. 
Wie stark sich dieser Vogel vermehrt, dazu folgenden Beweis: Vorigen 
Winter wurden in unserer Schäferei über 300 Stück gefangen, und in 
diesem Winter bereits 286. Dabei habe ich selbst im vorigen Sommer 
nahe an 400 Eier in derselben Schäferei ausgenommen, und fliegen 
ebendaselbst wohl noch ebenso viele umher. — Den 10. Juni fand ich 
in einem Strauche des Caprifolium, welcher dicht an unserem Wohn- 
hause, an einem sehr belebten Wäschtrockenplatz steht, ein Nest von 
Fring. chloris mit 6 Eiern, deren eines einen Fleckenkranz am spitzen 
Ende hatte. — Anas boschas fem. habe ich am 4. December 1853 auf 
dem Eise, was bei uns schon alle Gewässer bedeckte, geschossen. — 
Regulus ignicapillus und flavicapillus waren ziemlich ‘häufig; ich habe 
ihnen stundenlang zugesehen, da man bekanntlich dicht neben ihnen 


106 


stehen kann, ohne dass sie sich dadurch stören lassen. Dabei ist mir 
folgendes aufgefallen: mitten unter beiden Arten hüpfte noch ein kleines 
Vögelchen, weder Regulus ignicapillus noch flavicapillus, ich sahe ja 
beide dicht daneben, welches doch entschieden ein Regulus *) war; da- 
bei war es wohl um 4 kleiner als jene beiden, und trotzdem ich mehre 
Male mit Vogeldunst derauf geschossen habe, konnte ich es doch nicht 
treffen. Der ganze Vogel war nicht grösser als die Kuppe eines star- 
ken Daumens. Sollte es wohl also noch eine andere Art Regulus geben? 
Die Färbung war ganz hellgrüngrau, der Gesang wie der seiner Nach- 
barn. — Anfang December traf ich in einem kleinen Erlenbusch auf 
einer Stelle von der Grösse einer Quadratruthe wohl an 20 Strix otus 
beisammen. 

Als seltsam und sehr selten variirend führe ich folgende Eier an: 
1) Fringilla domestica: Ich selbst besitze davon 1 Ei, dessen obere 
Hälfte schwarzbraun, dessen untere weiss ist. Durch die Länge der 
Zeit, ich besitze es seit circa 8 Jahren, ist das Schwarzbraun etwas aus- 
geblichen. 2) Corvus glandarius: In der Sammlung eines Comptoiristen 
sah ich ein Ei, welches eine hellgrüne Farbe ohne alle Flecken hat. 
Leider ist diese kleine Sammlung von Eiern, in der es an Farbenva- 
rietäten schöne Exemplare gibt, so ziemlich unzugänglich. Der junge 
Mann hatte das Ei selbst in diesem Jahre unter anderen gewöhnlich ge- 
färbten ausgenommen. Eine andere Varietät der Eier dieses Vogels ist 
hell weissgelb, mit lichten grauen Flecken. 3) Falco tinnunculus: Ich 
besass (leider habe ich es mir ganz zerschlagen) hievon ein Ei, welches 
ich mir selbst ausgenommen, und das rein weiss mit 3 grossen schwar- 
zen Flecken versehen war; rothe waren nicht darauf. 

H. Lübbert. 


Es 


Ein neuer? Ädler in Europa. 


Gleichzeitig benachrichtigen mich die Herrn Dr. Degland und Abbe 
Caire von einer notice publiee dernierement, & Marseille, par le savant 
ornithologiste, Dr. Jaubert, über Aöyle Sainte-Victoire, Aquilu Barthe- 
lemyi, eine zwischen A. imperialis und fulva stehende Art. M. Degland 
vermuthet die Identität dieses Vogels mit dem »A. chrysa&tos der Deut- 
schen,« M. Caire, der die »Originalexemplare mit seinen eigenen Augen 
gesehen hat,« garantirt die Authentieität und. Genauigkeit der folgenden 
Notiz; des Dr. Jaubert, 


*) Vielleicht Regulus modestus? 


107 


»Aigle Sainte-Victoire, Aquila Barthelemyi. Livree constamment 
la m&me et toujours foncee, semblable a celle de l’Aquila Chrysaötos, 
(fulva); tete et parties superieures du cou couvertes de plumes acu- 
mindes, d’un roux brun, pr@mieres scapulaires, c’est ä dire les plus 
rapprochedes du corps, blanches, formant une Epaulette de 6 a 7 Centi- 
metres de long, sur 3 ou 4 C.M. de large. Queue noirätre, traversee 
de bandes irregulieres d’un cendr& brun; bec couleur de corne; cire, 
commissure du bec et doigts jaunes; iris brun roux. 

Les jeunes jusqu’a l’äge de quatre ou cing ans se distinguent par 
la coloration blanche de la moiti&E superieure de la queue. Au nombre 
des premieres plumes, qui apparaissent, se montrent deja celles qui 
doivent former l’Epaulette blanche. 

Cet aigle plus trapu que Taigle royal (A. fulva), presente des 
tarses et des pieds plus forts. Les oeufs varient entre eux par le plus 
ou moins de täches vineuses sur un fond cendre. Cet aigle se repro- 
duit constamment A Aix, en Provence; on l’a rencontre aussi dans les 
Pyrendes. On l’avait confondu jusqu’a present mal-A-propos, soit avec 
le Falco fulvus, soit avec le F. imperialis ou heliaca.« 

E. Baldamus, 


Ein recht altes Männchen von Circus cyaneus scheint den Winter 
über hier geblieben zu sein. Herr Lieutenant Kaplick hat es mehrmals 
zu Anfang Januars bemerkt. Ich sah es am 13. dieses Monates. 

Auch Alauda arvensis scheint in grösserer Anzahl ganz in der 
Nähe überwintert zu haben. Hier erschien sie mit dem ersten Eintritte 
des Thauwetters zu Anfang Januars. 

Ferner bemerkte Herr Kaplick gegen Ende dieses Monates einen 
Milvus ater. 

Eine Plectrophanes nivalis, junges Weibchen, wurde in der Nähe 
von Cöthen durch Herrn Baumeister Sehring in Edderitz erlegt. Sie 
befand sich, allein, unter einer Schaar von Emb. citrinella und miliaria. 

Schon vor Mitte Januars, beim Schnee, liess F\ palumbarius seine 
Paarungstöne sehr laut und eifrig hören. _ 


FE. Baldamus. 


In diesem Winter habe ich einen Turdus (pilaris?) erhalten, der 
sonderbar gefärbt ist. — Er ist ein Albino. — Der ganze Vogel ist 


108 


schneeweiss; an der Brust einige matt- rostgelbe Flecken; der Ober- 
rücken mit 4 dunkelbraunen Federn, die sonderbar genug, ein Kreuz 


bilden, dergestalt: = ı— Der Schnabel orangegelb, die Füsse ebenso. 
Die äussersten Federn des Schwanzes säbelförmig nach aussen gekrümmt, 
so dass der Schwanz einem aufgeschlagenen Fächer gleicht. So ge- 
färbt ist dieser Turdus einer der schönsten Vögel, den man wohl sehen 
kann. Derselbe ist in meiner Sammlung aufgestellt. 

Im vorigen Jahre 1853 kam ebenfalls in dieser Gegend eine unge- 
heure Menge von Muscicapa atricapilla vor; es war im Maimonat, und 
die Vögel zogen nach Norden. Alle Bäume der Gärten des Städtchens 
waren von diesen kleinen Sängern umflattert, und einige drangen so- 
gar zwischen die Häuser ein, und wurden in den Vorstuben gefangen. 
Es befremdete mich sehr, da ich dann in der Naumannia las, dass man 
dieselben Beobachtungen an den verschiedensten Orten gethan habe, 
und ich frage, wie der geschickte Ornitholog, Herr Baldamus, »was 
kann die Ursache dieser Erscheinung sein?« Würden sich vielleicht 
diese Vögel in ihrer eigentlichen Heimath, Ost. Cent. Europa (siehe 
Naum. 1853, zweites Quartal) so vermehrt haben, dass sie darum nach 
West und Norden emigriren müssen, gleichwie unter den Menschen die 
Europäer jährlich nach Amerika ziehen, und gewisse Jahre in grösseren 
Haufen, als gewöhnlich? Der Vogel war vormals hier in Schweden nicht 


häufig, jetzt aber ist er gemein (vergl. Nilssons Skand. Fauna. 2 Del.). 


Amal in Schweden, den 10. Januar 1854. 
T. Hammargren. 


Bitte! 


An Herrn Professor Dr. J. F. Naumann ergeht hierdurch die an- 
gelegentliche Bitte, doch gefälligst in diesen geschätzten Blättern ein 
kritisches Verzeichniss der in der Folioausgabe des Werkes seines 
unvergesslichen Herrn Vaters so naturgetreu abgebildeten Vögel zu ge- 
ben. Der Werth dieses vortrefflichen Werkes (Cöthen 1797 u. f.), mit 
welchem die deutsche Ornithologie eigentlich erst beginnt, würde da- 
durch noch ungemein erhöhet werden und alle Besitzer desselben wür- 
den sich mit mir durch Gewährung dieser Bitte zum wärmsten Danke 
verpflichtet fühlen. 


Hoflössnitz bei Dresden, im: Jan. 1854. 
Dr. A. Dehlıne. 


109 


Bekanntmachungen. 


Als ordentliche Mitglieder sind der Deutschen Ornithologen- 
Gesellschaft beigetreten: 

Herr Freiherr Clamer von Münchhausen in Leitzkau. 

» Pastor Gueinzius in Prödel, bei Magdeburg. 

»  Ahbe Caire in Sanieres, Dep. des Basses-Alpes. 

»  Thierarzt G. Oeltjen in Oldenburg. 

» Oekonom H. Lübbert in Zweybrodt, in Schlesien. 

» Dr. phil. A. Hummel aus Cothen, z. Z. in Liefland. 

» Dr. med. J. Speerschneider in Schlotheim, in Thüringen. 
Durch den Tod verlor dieselbe: 

Dr. Hugo Sander in Cöthen. 


Der Sekretär d. D. 0. 6.: 
E. Baldamus. 


Für die Bibliothek der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft sind ein- 
gesandt: 
Beiträge zur Fauna des Charkow’schen und der anliegenden Gouver- 
nements. A. Ornithologische Beobachtungen gesammelt auf Reisen 
im Charkow’schen und in den anliegenden Gouvernements, von 
Prof. A. Czernay. (Extrait du Bulletin de la Societe Imperiale 
des Naturalistes a Moscou. Tom. XXI.) 
Bibliotheca historico-naturalis. 1853. I. I. Göttingen. 8. 
Durch Herrn E. A. Zuchold in Leipzig. 


E. Baldamus: 


Literatur-Nachweise aus dem Gebiete der Ornithologie. 


The magazine of natural history, and journal of zoology ete., con- 
ducted by Edward Charlesworth. 4 volumes. London: Long- 
man, Brown Green and Longmans 1837—1840. 8.*) 
Vol. 1. 1837. 
John Gould, „A synopsis of birds of Australia.“ p. 51-52. (Recension.) 
*) Das obige bildet die Fortsetzung von John C. Loudon, Magazine of natural history. 
9 volumes. London 1819-36. 8. — Nach dem Erscheinen obiger 4 Bände legte Charlesworth 
die Redaction nieder. Von da an wurde dafür herausgegeben „Annales and magazine of natural 


history conducted by Selby, Johnston, Babington, Balfour and Taylor. Davon erscheint jetzt der 
7. Band. Ich hoffe von den beiden hier genannten den Inhalt später angeben zu können. 


110 


Woodcock shot in July. p. 52. 

White Patridge shot. p. 52. 

The Hedge Coalhood (Pyrrhula vulgaris) laying in November. p. 53. 

Late singing of birds. p. 53. 

New Tringa, shot near Yarmouth. p. 54. 

Migrations of swifts. (Cypselus murarius, Temm.) p. 108-110. 

Edward Moore, On the birds of Devonshire. p. 113-115. 

J. D. Hoy, A notice of the occuürrence of two species of the genus Tringa, 
new to the British Islands; with a list of the rarer birds killed in Suffolk, and the 
adjoining borders of Norfolk and Essex, from the autumn of 1835 to December 
1836. p. 115-118. 

W. L*. Notice of the breeding of woodcocks in Selkirkshire; with observations 
upon the habits and manners of the black and red grouse, and carrion erow, in 
Scotland. p- 118-122. 

Notes on, and notices of the crossbill (Loxia ceurvirostra, Linn.) p- 164-167. 

Variation in the plumage of birds. p. 167-168. 

Edward Moore, On the passerine birds of Devonshire. p. 176-180. 

Edward Biyth, On the habits and peculiarites of the common bottletit or 
mufflin (Mecistura vagans, Leach, Parus caudatus, of Linnaeus!) p. 199-208. 
c. fig. 

Pugnacity of the robin. p. 222-223. 

E. Moore, Climbing and gallinaceous birds of Devonshire. p. 227-229. 


Edward Biyth, On the reconciliation of certain apparent discrepancies obser- 
vable in the mode in which the seasonal and progressive changes of colour are 
effected in the fur of mammalians and feathers of birds; with various observations 
on moulting. p. 259-263. 

John Gould, A synopsis of the birds of Australia. Part. II. p. 270. (Recension.) 

Natural phenomenon of ventriloquism in a bird. p. 279. 


Edward Blyth, On the reconeiliation etc. (concluded from p. 263.) p. 300-311. 

E. Moore, On the wading birds of Devonshire. p. 319-323. 

W. Swainson, Birds of Western Africa. p. 324-330. c. fig. (Recension.) 

George Fairholme, Observations on woodcocks and fieldfares breeding in Scot- 
land. p. 337-340. 

Edward Moore, On the web-footed birds of Devonshire. p. 360-366. 

On woodcocks!, fieldfares, and redwings building within the British islands. 
p. 439-441. 

On certain alleged tokens of affinity which have been held to connect {he pi- 
geons with the poultry. p. 442-443. 

Eagle’s nest in loch skene. p. 443-445. 

Ventriloquism of birds. p. 445. 

John Gould, Observations on some species of the genus Motaeilla of Linnaeus. 
p. 459-461. 

Edward Bilyth, Some remarks on the plumage of birds. p. 477-481. 

George Robert Gray, Description of a new subgenus, and some remarks on 
birds belonging to the family Zaniadae. p. 487-490. c. fig. 

Notice respecting Rhea Darwinü Gould. p. 504. - 

Andrew Smith, Characters of a new form in Ihe Fringillidae; with a descrip- 
tion of the only species yet referrible to it. p. 535-536. 

Edward Biyth, Notes on the pern, or honey buzzard. p. 536-541. 


111 


Notice respecting a young Cuck0o, p. 554. 

Redwing’s nest near godalming in Surrey. p. 555- 

Two specimens of the green sandpiper shot in August. p. 555. 

A. fork-tailed stormy petrel (T’halassidroma Leachü.) p- 555-556. 

Richard Chambers, Observations on the humming-bird. p. 592-596. c. fig. 

The green Sandpiper. p- 605-606. 

Change of plumage in the guillemot. p. 607-608. 

Domestication.of grouse (Lagopus brittanicus). p- 608. 

Extract from the „Proceedings of the zoological society“ relating to the habits 
of the Vultur Aura. p. 638-641. 

Wildgeese in Germany. p. 644-645. 


Vol. II. 1838. 


Charles L. Bonaparte. 

Transmission of experience in birds, in the form ofinstinctive knowledge, 
pag. 50-53. 
Singular effect supposed to have been caused by change of temperature on 
small birds. p. 53. 

(Wm. Thompson) Golden and sea eagle, Aguila Chrysaöios and A. albicilla. 
pag. 164. 

(—) Bald eagle, Haliaölus leucocephalus, Savig. p. 164-165. 

Charles Lucian Bonaparte, Prince of Musignano, Observations on the long- 
tailed Trogon. p. 229-231. 

„A geographical and comparative list of the birds of Europe and North America. 
By Charles Lncian Bonaparte Prince of Musignano. Van Voorst, London, 1838. 
p. 237. Recension. 

Edward Blyth, Outlines of a new arTangement of insessorial birds. p. 256-268. 

Capture of the white-tailed eagle (Falco albicilla, Penn. Mont., Haliaötus albi- 
eilla, Selby), on the Suffolk coast, February 22, 1838. p. 292-293. 

Probable cause of the death of parrots, ane other birds confined in cages. 
p. 293-294, 

T. C. Heysham, Some observations on the habits of the dottrel, (Charadrius 
Morinellus, Linn.) made in Cumberland, during the summer of 1835. p. 294-304. 

Edward Blyth, Outlines of a new arrangement of insessorial birds. (Continued 
from p. 268.) p. 314-319. 

John Skaife, Miscellaneous ornithological notes. p. 331-334. 

Woodcocks breeding in Ross-shire. p. 347-348. 

Edward Bilyth, Analytic descriptions of the groups of birds composing the 
order, Insessores Heterogenes. p. 351-361. 

„Jardine’s naturalist’s library. — Ornithology. — Muscicapidae or fly-catchers. 
— By W. Swainson. Lizars, Edinburgh; Highley, London.“ p. 389-390. Recension. 

Adult plumage of the female smew. p. 395. 

Pomarine Skua. p. 395-396. 

Native woodcocks. p. 396. 

Plumage of the smew. p. 398. 

Brehm, Observations on some of the domestic instinets.of birds. p. 399-406. 

Edward Blyth, Analytie descriptions of the groups of birds composing the 
order Insessores Heterogenes. p. 420-426. 


112 


John Skaife, On the ornithology of Blackburn and the north of Lancashire. 
p. 426-433. 

Plumage of the smew merganser. p. 451. 

Plumage of the crossbill. 451-452. 
Freds Me’ Coy, Remarks on Mr. Eyton’s arrangement of the gulls. p. 487-490. 

John Hancock, Notes on the trumpeter bird, or Waracobi of the Arowahs of 
Guiana; Psophia crepitans of Linnaeus. p. 490-492. 

J. B. Harwey, Note on birds. p. 512. 

John Skaife, On the ornithology of Blackburn, and the north of Lancashire. 
(Continued from p. 433.) p. 524-531. 

Eyton’s arrangement of the gulls. p. 567. 

(Weissenborn) Gypaötos barbatus. p. 567. 

(—) Flight of pigeons. p. 567. 

(—) Collecting the nests of the Hirundo esculenta. p. 568-569. 

Edward Blyth, Analytic descriptions of the groups of birds composing the 
order Strepitores. p. 589. 

(E. Moore) The pied fly-catcher. p. 634. 

(—) Northern diver. (Colymbus glacialis.) p. 634. 


Vol. II. 


Arthur Strickland, Upon the claims of, the Ardea alba — great egret, or 
white hearn, to be considered a British bird. p. 30-32, 

Edward Blyth, Analytie descriptions of the groups of birds composing the 
order Strepitores. p. 76-84. 

(Joseph Clarke) Ornithological notes. 99-100. 

W. Bernard Clarke, Remarks on the red-legged partridge. (Perdix rubra, 
Briss.) p. 142-144. 

W. 6. Pelerin, On the strüekiral differences observable in the C’rania of the 
four British species of the genus Cygnus. p. 178-180. c. xyl. 

(Weissenborn) Curious capture of a white-headed eagle. p. 197-198. 

(A. Dugmore) Capture of an eagle at Swaffham. p. 198. 

H. L. Long, Notice of the discovery of the nests and eggs of the common 
erossbill, near Fearnham, Surrey. With additional remarks by Yarrell. p. 236-239. 

(E. Eardly Wilmot) Breeding of the woodcock in England. p. 255. 

(J. Brown) Breeding of the crossbill in Gloucestershire. p. 310. 

(H. L. Long) Breeding of the crossbill in Surrey. p. 311. 

(Jonathan Couch) King penguin. p. 312. 

(D. W. Mitchell) Capture of rare birds. p. 467. 

(Edw. Biyth) On fieldfares breeding within the British islands. p. 467-468. 

ee) Observations on the wild fowl in St. James’s park. p. 469-471. 

(Joseph Clarke) Note of Lozia curvirostra, Temm. (Cross- bill. p. 565. 

Vol. IV. 

(Charles Prideaux) Little bustard shot in Devonshire. p. 57. 

T. C. Eyton, Remarks on the skeletons of the common tame goose, the Chinese 
goose, and the hybrid between the two. p. 90-92. 

(T. Bell Salter) Hint to ornithologists. p. 104, — A mode of preparing eggs 
for collections. 


(Henry Me Lauchlan) Hoopoe taken at Fishguard, Pembroke. p. 250. _ 


Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien. 


Von 


H. D. 3. Weallengren, 
auf Trolle-Ljungby bei Christianstadt in Schweden. 


(Fortsetzung.) 


Cuculus canorus, Linn. 


Diesen Vogel, den man hier in Schweden für einen sicheren Früh- 
lingsboten betrachtet, trifft man überall in Sckandinavien — vom südli- 
chen Schonen bis oben nach Nordkyn am Eismeere. Er geht auf den 
Alpen ‚bis in die Birken- und Weidenregion hinauf, und man sieht ihn, 
nach Prof. Nilsson, »bisweilen über die. Schneefelder fliegen, um von 
dem einen buschbewachsenen Thale nach dem andern zu gelangen,« 
und ist, nach demselben berühmten Zoologen, eben so zahlreich im 
Norden, als im Süden unserer Halbinsel.« Er ist natürlicherweise auch 
hier zu Lande Zugvogel, und da man in mehreren Gegenden unserer 
Halbinsel seine Ankunft im Frühjahr ziemlich genau wahrgenommen, will 
ich in folgender Tabelle die Zeit dafür angeben, entnommen aus Angaben 
die an die Königl. Wissenschafts-Akademie in Stockholm übergeben und 
von dieser publieirt worden sind: 


® ch wede m 1845. 1846. 1847. 1848. 
Schonen (551/g—56° n. BJ). » . | 2-9 | 9-85 | ns | 35 
Blekinge*(56° n. B.) . . .”. . 6/5; 5/5 9%, 28], 


Öland und die Küste des Calmar- 


kreises (57° n. B.) a 12/, Ed | 5/75 x 
Gottland (Nähr an S$.0.Küste u. Wisby) _ — S— 1; 7s 
Provinzen östlich vom Wetternsee 

(58-590: n. BY Saga 333 3/5 3/5, — 9/5 | Ba —10]5 


Naumannia. 1854. 8 


Schwedenm 1845. | 1846. | 1857. | 1848. 
Provinzen westlich vom Welternsee . 

(58—590 n. B.) - Ss) a) Ye 1 96— 85 
Gegend um den Mälarsee (59— 600 

n. Br.) ae | 9-75 | Rh) 9% 
Wermland ee 10/, _ ni PB 
Ostseeprovinzen zwischen 60-920 n. B. 15/5 — Y—1%5 11/, 
Dalekarlien zwischen 60-62° n. B. 1, 19/, = 14/5 
Ostseeprovinz. zwischen 62-640 n. P. — 18/, _ 17), 

„...64-66° n. B. Bi 28/, 23/27], 20/, 2/5 
Lopziiiniik u 64-66° n. Br. 

(Lycksele) . . 27/, 21), 3/, 17/, 
Lappmark zwischen 66- 670 | n. Ei _ 25/5 — _ 
Lappmark zwischen 67-68° n. B. 

(Quicklock):: tu... Nr FE et LA i 195° 
Lappmark zwischen 67-68° n. .B. 

@Gelliware) . » er eleiete — 15/5 15/5 %/, 
Karesuando 681/5° n. B. ar. 2g ra 3 ei 


Dazu kann noch gefügt werden, dass der Kukkuk im Jahre 1842 
nach Enare Lappmark gegen den 23. Mai kam. 

Aus dieser Tabelle ersieht man deutlich, dass Cuculus canorus im 
südlichen und mittlern Schweden, bis zum 64—66° n. B., ziemlich suc- 
cessiv von Süden nach Norden kommt, aber über und an genannter Pol- 
höhe scheint er sich zeitiger einzufinden, als an mehr südlich gelegenen 
Orten. So z. B. kam er nach Gellivare (670 20° n. B.) während der 
Jahre 1846—47 schon am 15. Mai an, und war letzgenanntes Jahr in 
dieser Zeit schon gemein, während er dagegen in die Mälargegenden 
1846 zwischen dem 8.—1417. desselben’ Monats anlangte; in den Ost- 
seeprovinzen zwischen dem 62—64.° n. B. gegen den 18., und 1847 in 
letztgenannten Provinzen zwischen dem 64—66.° n. B., den 21.—27. Mai. 
Wenn man dabei bedenkt, dass Gelliware ziemlich weit im Innern des 
Landes liegt und die Tabelle uns augenscheinlich in die Hand gibt, dass 
der Vogel eher in den Küstenländern eintrifft, als in dem unter selber Pol- 
höhe gelegenen inneren Lande, so kann man sich nicht leicht auf andere 
Weise die zeitigere Ankunft in diesen nördlicheren Gegenden erklären, als 
dass man annimmt, dass die Vögel, die dorthin kommen, den östlichen 
Weg längs Finnlands Küste nehmen und sich in’s Innere des Landes 
— ja vielleicht auch etwas nach Süden hinab — ziehen, und denen be- 
gegnen, welche den westlichen Weg über die dänischen Inseln genommen. 
Diese Schlussfolgerung scheint auch dadurch bestärkt zu werden, dass 


115 


nach der Tabelle von 1848 der Kukkuk in dem, im Innern des Landes 
so hoch gelegenen Quickjock (67° 3‘ n. B.) eher, oder wenigstens in 
selber Zeit anlangte, als in den südlichern Ostseeprovinzen zwischen 
64—66° n. B. 


Picus martius, Linn. 

'In Schonen ist diese Art während der Heckzeit ziemlich selten, 
kommt jedoch hier und da in den nördlichen Theilen, wo es Nadel- 
wälder gibt, vor. In Smaland und andern Provinzen des südlichen 
Schwedens trifft man ihn häufiger. In den grossen und dichten Kiefer- 
wäldern der mittleren Provinzen ist er jedoch am häufigsten; kommt 
auch in den Lappmarken, ein Stück in den Polarkreis hinein, über dem 
67° n. B. vor. Viel weiter hinauf scheint er nicht zu gehen, da er von 
Malm nicht in Karesuando oder Enare Lappmark getroffen wurde; auch 
Adj. Liljeborg sah ihn nicht um Tromsöe in Norwegen. Nach den Alpen 
hinauf geht er, so weit die Kiefern Hochwald bilden. 


Picus viridis. 


In den Laubwäldern der südlichen Provinzen ist dieser Vogel häufig, 
nimmt aber 'mehr und mehr nach Norden zu ab, und scheint an der 
lappländischen Grenze zwischen dem 63—64.° n. B. aufzuhören. In den 
Alpengegenden hält er sich nur in den Thälern auf, und geht nicht auf 
die Alpen hinauf. 


Picus canus. 


In Schonen kommt dieser Specht niemals zur Heckzeit vor. In 
Smaland trifft man ihn manchmal, in den mittlern Landschaften von Schwe- 
‘ den und Norwegen aber öfter. Jedoch ist er weit seltner als voriger. 
Gegen Norden hinauf steigt er kaum weiter als voriger, so dass er noch 
nicht als in Lappland vorkommend angemerkt ist. Mit Ausnahme Scho- 
nens, hat sonach diese Art, so viel man weiss, dieselbe Heckzone in 
unserem Lande, wie voriger. 


Anm. Löwenhjelm berichtet, dass Pastor Bjürkman ihm erzählt habe, bei Quick- 
jock einen grünen Specht gesehen zu haben, ohne jedoch näher angeben zu 
können, welchen von beiden und zu welcher Zeit: 


8* 


116 


Picus leuconotus, Bechst. 


Dieser ist die seltenste Art des Geschlechtes, und ist in keinem 
Theile. des Landes häufig, sondern im Gegentheil sehr‘ selten. Im 
Calmarer Bezirke und auf Gottland heckt er und ist sonach der 75.° 
n. B. die südliche Grenze für seine Heckzone. In Wermland, Dalekar- 
lien, Uppland und, wie es scheint, bis zum Polarkreis — bis in die Nähe 
von Jockmock — kommt er hie und da vor. In Wermlands Wäldern 
soll man ihn noch am häufigsten treffen. In Russland fand Adj. Liljeborg 
ihn nördlichst bei Kargopol, zwischen dem 61—62.° n. B. 


Picus medius, Linn. 


Dieser Specht gehört den südlichsten Provinzen Schwedens an: 
Schonen und Blekinge, und man trifft ihn kaum in Smaland, so dass die 
nördliche Grenze seiner Heckzone wenig über 563° n. B. reicht. Auch 
in Mitten derselben ist er ziemlich selten. 


Picus major, Linn. 


Dieser ist die gemeinste Art des ganzen Geschlechtes und man 
trifft ihn während der Heckzeit bis in Lapplands Polarkreis gelegenen 
Nadelwäldern, und dürfte man ihn so weit nach Norden hinauf treffen, 
als die Kiefer noch Wald bildet. 


Picus minor, Linn. 


Dieser kleine, nette Specht findet sich während der Heckzeit sehr 
selten in Schonen, wogegen er in den mittlern und nördlichen Thei- 
len der Halbinsel ziemlich häufig is. Auf den Alpen trifft man ihn 
durch die ganze Nadelholzregion; auch geht er weit in den Polarkreis 
hinein. Jedoch soll er nach Malm nicht so weit nach Norden hinauf, 
wie bei Jackasjärwi (67.° n. B.) wohnhaft, sondern dort bloss wäh- 
rend der Streichzeit sichtbar sein. Im Winter ist er nicht selten in 
Schonen. 


Picus tridactylus, Linn. 


Während des Winters streicht diese Art bis Smaland und Bohuslän 
herab, aber er dürfte wohl kaum südlicher hecken, als im nördlichen 


117 


Wermland und dem südlichen Dalekarlien unterm 60.° n. B. In den 
Küstenprovinzen über dieser Grenze trifft man ihn jedoch nicht heckend, 
sondern nur im Lande selbst; und in Lappland’s Kieferwäldern ist er der 
gemeinste aller seiner Verwandten. Auf die Alpen hinauf geht er, so. 
weit Nadelholz wächst. Die ganze Polarregion hindurch, bis in die 
norwegische Finnmark trifft man ihn, und Malm sah ihn bis zur Mün- 
dung des Passwigilelfven (Palsjocki), durch welchen Enare See seinen 
Ausfluss in’s Eismeer hat. 


Jynx torquilla, Linn. 


Im südlichen Schweden ist dieser Vogel sehr gemein in den Wäl- 
dern während des Sommers; im mittlern Schweden dagegen nimmt er an 
Zahl sehr ab. Im südlichen Dalekarlien unterm 60." n. B. ist er selten, 
wogegen er aber bei Upsala unterm 59%.° n. B. noch gemein ist. Diess 
scheint anzudeuten, dass er auf der östlichen Küste weiter in dem 
Lande hinauf geht, als längs des Bergrückens. Jedoch bemerkt Prof, 
Nilsson, dass er auch nördlich um Dowrefjell in Norwegen vorkomme, 
wesswegen man annehmen kann, dass er wenigstens bis zwischen den 
63—64.° n. B. hinaufgeht. In den Lappmarken ist er, so viel mir 
bekannt, noch nie gefunden worden, sonach nicht über den 64.° n. B. 
hinaus. Adj. Liljeborg führt ihn nicht unter den Vögeln an, welche er 
in Russland zwischen Petersburg und Archangel traf. 

Anm. I. Alcedo ispida, L. ist mehrere Male in Schonen getroffen und gesehen 

‘ worden; es ist jedoch sehr ungewiss, ob er hier heckt. Nach Angabe eines 

Jägers, der die Vögel ziemlich gut kennt, soll er sich während des Sommers 


nicht gar so selten an einem Flusse in Schonen finden. Ich habe mich jedoch 
noch nicht davon überzeugen können, ob es sich so wirklich verhält. 


" Anm. II. Merops apiaster, Lin. wurde auch einmal bei Ystad in Schonen, wo 
zwei Individuen, Männchen und Weibchen, im Juni 1816 getroffen worden, 
geschossen. Auch wurde er im Juli oder August 1829 in Dahlsland ge- 
schossen, und bei Hörningsholm in Södermanland. Er ist nicht als hier 
heckender Vogel bemerkt worden. 


Nucifraga caryocatactes, Linn. 
(Caryocatactes guttatus, Nilss.) 


Diese Art hat sich seit einigen Jahren, bis jetzt regulär, in Schonen 
mehr oder weniger zahlreich eingefunden, so dass ich vermuthe, dass 
er, nachdem er im Jahre 1844, beiläufig gesagt, in zahllosen Schaaren 


118 


die südlichen Theile Schwedens und andere mehr südliche Länder von 
Europa besuchte, theilweise in der Nähe sich angesiedelt und propagirt 
hat. Sonst kann man auf keine genügende Weise seine zeitige Ankunft 
zur Herbstzeit jeden Jahres hier im nordöstlichen Schonen erklären, 
welche mehrentheils schon im September, bisweilen erst im Oktober 
geschieht, worauf er sich hier während der Wintermonate aufhält. Auch 
in diesem Herbste (1853) zeigte er sich hier und wurde auch geschos- 
sen. Man hat jedoch keine genügende Nachricht über seine wirklicke 
Heckzone hier im Lande. Das einzige, welches man mit Sicherheit weiss, 
ist, was Prof. Nilsson in seiner skandinavischen Fauna, Vögeln I. p. 150 
anführt: »In Schwedens mittlern Landschaften ist der eigentliche Sommer- 
Aufenthaltsort dieses Vogels; auch kömmt er dann in den nördlichen 
Gegenden vor, sowie auch in Norwegen bis Stördahl über Tronthjem 
hinauf. Vielleicht geht er noch nördlicher.« In den Lappmarken ist er 
jedoch von keinem der Ornithologen, die in jüngster Zeit dort gereist, 
angetroffen worden — nicht einmal von Löwenhjelm, der zuletzt im Jahre 
1845 diese Gegenden bereiste, also im Jahre nach dem grossen Zuge 
dieser Vögel nach Süden. Von Baron Cederström wurde diese Art als 
zweifelhafter Heckvogel um Carlstad in Wermland herum aufgenommen, 
und von Lundborg ist er ganz und gar nicht angeführt, weder vorkom- 
mend noch heckend im südlichen Dalekarlien; aber Mesch nimmt ihn im 
Verzeichniss der Vögel um Upsala als dort heckenden Zugvogel auf, 
ohne jedoch weiter davon zu sprechen, und als solchem hat auch Dr. 
Andree ihm einen Platz unter den auf Gottland heckenden Vögeln ein- 
geräumt; auch war er dort jedem Jäger sehr wohl bekannt und von 
ihnen als Heckvogel angesehen. Hiernach kann man sehen, dass man 
weder seine südliche noch nördliche Grenze hier im Lande mit einiger 
Gewissheit angeben kann, dass er als Heckvogel unserer Fauna, und 
vorzüglich den mittlern und östlichen Provinzen des Landes angehört, 
aber auch, dass er wohl nicht in Lappland, also nicht überm 64.0 n. B. 
vorkömmt. 


Sturnus vulgaris, Linn. 


In dem südlichen und mittlern Schweden ist dieser Vogel sehr ge- 
mein, und an mehreren Orten ein von Hausbesitzern gern gesehener 
Mielhgast. Gegen 670 n. B. hört er an Norwegens westlicher Küste 
ganz auf; an Schwedens östlicher Küste dagegen schon zwischen dem 


119 


63—64.0.n. B. ‘Manchmal, zur Frühjahrszeit, sieht man ihn in kleinen 
Schaaren (d4—6 Stück) bei Quickjock in Lappland (gegen 67° n. B.); 
er schlägt aber seine Wohnstätte dort nicht auf; man glaubt, dass er 
von Norwegen dorthin komme, indem er der Thahlstrecke folgt, welche 
von beiden Seiten um den Sulitjelma, von Saltensfjord bis Quickjock 
reicht (Pastor Björkman); auch findet man ihn nicht regulär bei Lule 
oder Jockmock (nahe am Polarkreis). 

Folgende Tabelle gibt seine Ankunft im Frühlinge in Schweden, 
unter verschiedenen Polhöhen; dabei muss aber bemerkt werden, dass 
er in den südlichen Provinzen, und zwar schon um 58.0 n. B., beson- 
ders in milden Wintern, in nicht unbedeutender Zahl überwintert; 


1845. | 1816. | 1847. | 1848. 
Bchöfen: Pa en 35_50/, 26-27/,. | den ganzen | 28/,.31/, 
Blekinge - »... dito 27 /9-5/3 5-18/, 27/912], 
Öland und Küste des eluarbezirke. _ 4/g-3/z 2%6/,-6/, u 
Gottland . . » -» . . E= ZZ 13-16), 13), 
Provinz. östlich um er Wettern- 
see (58-590 n. B.) » » 2...» 1_7/, A_11/, 1_20/, 27/g-11/, 
Provinz. westlich um den Wettern- 
see (58-590 n. B.) » -» » « 50/5-21/, 2-15/, 15_17/, 2/,-18/, 
Gegend um den Mälaren (59-600n. B. ) 21 3-2/, 14/3-%/, 1/z-3/4 12/,-16/z 
Ra ce ae 2/y _ BE at 
Dalekarlien®) ; .„... näs,» == _ ie a 
Ostseeprovinzen zwischen 62- 640n. B. E= 15/z >e er 
Ostseeprovinzen zwischen 63-660 n.B. 25/5 _ Le 
Quickjock . . 4, eu sr 3,5 1, 
Gelliware (67020° n. .B. yae). ER —_ 21), ei 11/, 


Anm. I. Pastor roseus, Linn. ist ein oder das andere Mal hier in Schweden 
geschossen, aber nie während der Heckseit hier BERFIEND: worden. Sogar in 
Lappland ist er angetroffen worden. 


Anm. II. Oriolus galbula, Linn. ist auch einige Male hier getroffen worden, 
jedoch nicht während der Heckzeit. Man sagt jedoch, dass er im Innern des 

*) Obwohl Angaben über die Ankunft anderer Zugvögel in dieser Provinz nicht 
fehlen, so ist doch keine, welche den Staar erwähnt. Diess kann sich jedoch nicht 
davon herleiten, dass die Art sich dort nicht finde, da ich mehrere Male seine Eier 
von dort erhalten habe. . 

**) Was die Angabe über das Vorkommen dieser Art bei Gelliware betrifft, so 
zeigt es sich deutlich, dass der Vogel dort nicht jährlich vorkommt, sondern dass 
er dort, so wie in Quickjock, sich ein oder das andere Mal wahrscheinlich auf dem- 
selben Wege einstellt, wie am vorher genannten Orte, oder auch von Finnland, uni 
wahrscheinlich auch, ohne dort zu hecken. 


120 


Landes, "im Calmarbezirke bei Wimmerby hecken solle — aus welchem 
Grunde jedoch, weiss ich nicht. Die Angabe ist mitgetheilt von Cand. J. A. 
E. Wetterberg. Als ich den Calmarer Bezirk bereiste, traf ich ihn nirgends. 


Corvus corax et cormix, Linn. 


Diese zwei Arten sind in ganz Scandinavien bis nach der Eismeer- 
küste bei Tromsöe in Norwegen gemein. Erstgenannter steigt weit auf 
die Alpen hinauf und ist dort häufiger, als im Flachlande der Lappmarken, 
und geht gegen Norden bis zum Nord-Cap und Wardöe hinauf. Corvus 
cornix dagegen scheint im Innern der Lappmarken, welches im Polar- 
kreis liegt, selten zu sein, geht jedoch bis an die Eismeerküsten östlich 
vom Nord-Cap und auch auf die Alpen hinauf, so weit es noch Nadel- 
holz gibt. | 

Anm. Corvus corone, Linn. ist so viel ich weiss, nur bei Upsala heckend ge- 
funden worden (1842), wo sie mit einer Corvus cornix gepaart war, worüber 
Mesch folgenderweise berichtet: „Ich erhielt 3 Junge, welche vor der Mauser 
alle C. cornix wurden. Sie starben bald, so dass ich nicht bestimmen kann, 
wie es nach ihr geworden wäre.‘ — Diese Art betreffend, welche von Gada- 
mer unter den im nordöstlichen Schonen im Herbste und Frühjahr vorkommen- 
menden Vögeln (Naum. Il. B. 3 ff. p. 2.) aufgenommen worden ist, muss ich 
bemerken, dass sie hier so viel ich weiss, noch nie geschossen worden ist, 
und dass es sonach möglich ist, dass der hier im Herbst und Frühjahr „nicht 
selten‘‘ vorkommende, und für C. corone gehaltene Vogel möglicherweise eine 
junge C. frugilegus, mit an der Schnabelwurzel noch nicht abgenutzten Fe- 
dern, sein könnte. Aus dieser Ursache habe ich in meinem Verzeichnisse über 
die Vögel des nordöstlichen Schonens (Öfversigt af Kongl. Wet. Acad. Förhandl. 
1849. p. 311) diese Art als zweifelhaft angeführt, obwohl die von mir gese- 
henen Individuen mir stärker gebaut vorkamen, als C. frugilegus. Die ich ge- 
sehen habe waren so scheu, dass ich ihnen nicht in Schussnähe kommen 
konnte, und ich kann mich nicht erinnern, ihre Stimme gehört zu haben. Auf 

Gottland findet sie sich nicht. Die Individuen, welche Dr. Andree Anlass 

gaben, sie als gottländische Art aufzuführen, sind jüngere Individuen von 

C. frugilegus, wovon ich mich überzeugte, als ich im Gymasialmuseum in 
Wisby die Originale untersuchte. 


Corvus frugilegus, Linn. 

Diese eigentlich dem Flachlande angehörende Art, welche sehr 
zahlreich im südlichen Schonen vorkommt, aber nicht, so viel ich weiss, 
in den nördlichen Theilen dieser Provinz heckt, weil diese mehr wald- 
reich und von mehr gebüschiger Natur sind, trifft man wiederum auf 
Öland und auf Gottlands südlicher Spitze heckend, so wie auch, obwohl 
selten, in der Nähe von Carlstad in Wermland, nicht aber im südlichen 
Dalekarlien. In Angermanland soll sie jedoch auch vorkommen, und sich 


121 


sogar im Winter bis an das, im Polarkreis gelegene Quickjock, wo 
ein Individuum zwei Winter hinter einander zugebracht haben soll, und 
1840 geschossen wurde, verirren. Im südlichen Schweden geschieht es 
ebenfalls, dass man sie im Winter nahe an Häusern sieht; so hielt 
sich eine derselben verflossenen Winter (1852—53) an meiner Wohnung 
auf, so wie auch eine bei Trelleborg auf der Südküste von Schonen am 
16. Febr. 1850 gesehen wurde. Ihre nördlichste mit Sicherheit bekannte 
Heckgrenze in Schweden scheint zwischen 59—60° n. B. zu fallen, und 
wenn sie auch manchmal über diese Grenze hinaus heckend getroffen 
werden sollte, so gehört diess wenigstens zu den Seltenheiten. 


Corvus monedula, Linn. 


Die Dohle hört schon im südlichen Dalekarlien auf, ein gemeiner 
Heckvogel zu sein, obwohl sie noch bei Upsala oft zum grössten Theile 
überwintert. In Norwegen kommt sie noch als Heckvogel bis zwischen 
dem 64—65.° n. B. vor und dürfte diess auch ihre nördliche Grenze 
sein, wobei jedoch bemerkt werden muss, dass sie als heckend nicht in 
den im Innern Schwedens zwischen dem 63—64.° n. B. gelegenen 
Provinzen vorkommt, dagegen manchmal, obwohl selten, in den Küsten- 
provinzen zwischen denselben Graden. In Schonen überwintert sie zum 
Theil. 


Pica caudata, Linn. 


Die Elster hält sich nur in der niedern Nadelholzregion auf, und 
ist in der, im Polarkreis gelegenen Lappmark seltener als €. coraxz und 
cornix. Doch fand sie Malın im Innern des Landes noch bei Muonioniska, 
unterm 68.° n. B., nicht aber in Enare Lappmark (69° n. B. 45° w.L.) 
Sonach scheint sie im Polarkreise nach Osten zu um den 68.'n.B. 
und 41',.0 w. L. aufzuhören, wogegen sie an der Eismeerküste bei 
70° n. B. und 370 w. L. noch gemein ist. Auch bei Hammerfest (70? 
.n.B, u. 41130 w.L.) kommt sie vor, so dass man mit Recht annehmen 
kann, dass sie auf der Westküste bis zum Nord-Cap hinaufsteigt. Oest- 
lich von hier, oder in Ostfinnmarken, soll sie sich nur höchst selten 
sehen lassen. 


Garrulus infaustus, Linn, 


Dieser in den bergigen Landschaften der Halbinsel nicht seltene 
Vogel, wird schon im südlichen Theile von Dalekarlien in Schweden und 


122 


in Gudbrandsdalen in Norwegen unterm 60° n. B. heckend gefunden, 
worauf er dann zu beiden Seiten um den Kaınm der Alpen bis zum 
Eismeere hinauf vorkommt, wenigstens bis zum 69—70.° n. B., wo Malm 
ihn an der Mündung des Passwigilelfven fand. Auf die Alpen steigt er 
bis zur Birkenregion hinauf. In den Küstenprovinzen der Ostsee trifft 
man ihn mehr im Winter, und selten südlich bis Stockholm. Im 
Sommer dagegen trifft man ihn an dieser Küste nicht eher als in Wester- 
botten, zwischen dem 63—64.® n. B., jedoch ist er auch hier noch 
selten, bis man den Polzirkel erreicht, wo er auch im ganzen Flach- 
lande häufig wird. Seine Fortpflanzung und sein Nest betreffend, sagt 
Malm, der jedoch nur leere Nester fand: »Er baut während der Winter- 
monate sein kunstloses Nest aus Flechten und Grashalmen im Walde, 
und zeigt sich Ende Mai mit flugbaren Jungen;« und Löwenjhelm, der 
am 11. Juni flugbare Junge schoss, sagt: »Es ist merkwürdig, dass man 
von dem Neste und den Eiern dieses Vogels als von etwas ganz Unbe- 
kanntem sprach. Das Volk selbst verwunderte sich darüber, niemals ein 
Nest dieses so gemeinen Vogels gefunden zu haben, obwohl es oft kleine 
Junge trifft.« | 


Garrulus glandarius, Linn. 


So wie vorhergehende Art eigentlich ihren Stammort in der Nähe 
des Alpenrückens und dessen Verzweigungen und in der Polarregion 
hat, so hat diese ihren eigentlichen Aufenthalt in den Laubwäldern des 
Flachlandes und in den südlichen und mittlern Provinzen, besonders dort 
wo Hasel und Eiche vorkommt. Jedoch scheut sie auch nicht die Kiefer- 
wälder, sogar in der Nähe der Alpen, so dass sie noch gemein ist, wo 
Garr. infaustus sich zu zeigen beginnt. Ihre nördliche Brütgrenze 
scheint in die Nähe des 63.° n. B. zu fallen, oder in die Polhöhe des 
Dowrefjell in Norwegen; doch, obwohl selten, trifft man sie noch etwas 
nördlicher bis zum 64. n. B. Während des Herbstes soll sie ein oder 
das andere Mal bei Quickjock im Polarkreis gesehen worden sein. 


Coracius garrula, Linn. 

Obwohl nirgends gemein, trifft man doch diesen schönen Vogel hier 
und da in den südlichen und mittlern Provinzen der Halbinsel, wenig- 
stens bis nach Upsala. Im südliche Dalekarlien ist sie jedoch nur ein- 
mal gesehen worden, so dass die nördliche Grenze für seine Heckzone / 
zwischen den 60—61.° n. B. zu fallen scheint. 


123 


Bombyeilla garrula, Linn. 


Die Fortpflanzung dieses Vogels betreffend, hat Pastor Björkman fol- 
gende Angabe geliefert, »dass er einmal bei Jockmock (im Polarkreis) 
und einmal bei Gelliware das Nest dieses Vogels gefunden habe. Beide 
Male hatte er es im niedern Stumpfe eines ausgefaulten Baumes, 2—3 Ellen 
über der: Erde gefunden. Das Nest bestand aus Grashalmen, Federn und 
etwas Rennthierhaaren. Der Vogel liess beim Abfliegen vom Neste sei- 
nen gewöhnlichen Lockton hören; in dem einen Neste fand er 6—7 kleine 
Junge, in dem andern 3 Stück blauweisse ,„ mit schwarzen Strichen und 
Flecken gezeichnete Eier.« Diess ist die einzige zuverlässige Nachricht 
über die. Fortpflanzungshistorie dieses Vogels, welche wir besitzen *). — 
Dieser Vogel scheint, so wie der Gimpel und mehrere andere, sein Nest 
sehr wohl zu verstecken, und im Allgemeinen sich auch während der 
Fortpflanzungszeit still zu verhalten, was noch die Schwierigkeiten ver- 
mehrt das Nest zu entdecken, obwohl der Vogel in den grossen und 
dichten Nadelwäldern der miltilern und nördlichsten Provinzen unserer 
Halbinsel sehr gemein ist. Die südlichste Stelle, so viel ich weiss, wo 
er bis jetzt als normal vorkommend zur Heckzeit getroffen wurde, ist 
in der Nähe von Carlstadt in Wermland (58'%° n. B.). Nach der Ost- 
seeküste scheint er nicht herabzugehen, sondern er hält sich mehr längs 
des Alpenrückens und dessen Verzweigungen. Der 59—60.® n. B. 
macht daher seine südliche Heckgrenze aus. Jedoch wurde er zur Som- 
merszeit auch manchmal noch südlicher in Schweden getroffen, beson- 
ders nach solchen Wintern, wo er ungewöhnlich zahlreich sich zeigte. 
So hatte Herr Graf Chr. Dücker die Güte mir zu erzählen, dass er in 
seinem Garten in Uddarp, 1 Meile westlich von Christianstad in Schonen, 
vor einigen Jahren ein Paar Seidenschwänze um Johannis sah, welche 
beschäftigt waren, ihre erst ausgeflogenen Jungen zu füttern, welches 
beweist, dass sie in der Nähe geheckt. Der Hof liegt auch so schön in 

einem grossen und schönen Walde, dass es an passenden Heckplätzen 
‘nicht fehlte, wenn sich solche auch nicht gerade im Garten vorgefunden 
hätten. Auch in südlichern Ländern Europa’s hat man den Vogel über- 
sommern sehen, nachdem er im Winter zahlreich war. Unter anderem 
mag hier nur angeführt werden, dass er den ganzan Sommer 1845 
in mehreren Paaren in den Gärten der Stadt Baden sichtbar war, und 


*) Diess stimmt auch ziemlich gut mit dem was Degland in seiner Ornith. Eu- 
ropeenne I]. p. 351 angibt. 


124 


sich auch wahrscheinlich fortpflanzte (Behren’s Allg. Forst- und Jagd- 
zeitung 1845 pag. 155). Den Winter vorher war er dort in Menge. 
In gewissen Wintern ist er zahlreich im südlichen Schweden, dazwischen 
ist er seltener, kommt, wie es scheint, jedoch jährlich vor. 1844 bis 
1845, als er in Baden vorkam, traf man ihn im südlichen Schweden in 
geringer Zahl, 


Caprimulgus europaeus, Linn. 


Dass diese Art im Polarkreise vorkommen sollte, halte ich nicht für 
glaublich, da er schon in den Lappmarken selten ist. Die nördlichste 
Stelle, wo man ihn treffen möchte, ist wohl Sorsele, unterm 65%. 
n. B., wo er nach Löwenhjelm zu finden sein soll. 


Cypselus apus, Linn. 


Ueber die ganze Halbinsel ist diese Art gemein, bis zwischen den 
68. u. 69.° n. B., und steigt durch die ganze Nadelholzregion auf die 
Alpen hinauf, In der norwegischen Finnmark über oben angegebene 
Grenze hinaus, und in Utsjocki Lappmark ist sie nicht zu finden. Beim 
Jwalojocki, welcher in den Enaresee ausfliesst, ist die nördlichste Stelle, 
wo man sie hecken gesehen hat. 


Hirundo rustica et urbica, Linn. 


Beide steigen durch die Nadelholzregion auf die Alpen hinauf und 
letztere sieht man sehr oft heckend, nicht wie gewöhnlich an Häusern, 
sondern an Felswänden. Erstere ist im Polarkreis seltener als letztere, 
jedoch heckt sie noch zwischen dem 68—69.° n. B., wo Malm sie an- 
sässig fand bei Jwalojocki; Prof. Middendorff fand sie bei Kola, un- 
gefähr unter selber Polhöhe. Auf Norwegens Nordwestküste soll sie 
nicht ganz so hoch nach Norden zu finden sein und niemals auf Lofoden 
und nur selten auf Hundholmen, unterm 673.0 n. B. (Prof. Nilsson). 
Letztere geht bis an’s Eismeer hinauf, und ist noch gemein, da wo 
erstere schon selten ist. Malm erzählt, diese letztere betreffend, deren 
vorjährige Nester er an den Kirchen in Karesuando und Juckasjärwi 
untersuchte: »dass er einige derselben leer fand, in andern aber halb- 
erwachsene Junge, welche in derselben Ordnung lagen, als da sie noch 
lebten;« und macht folgenden Schlusssatz: »Man sieht hiernach, dass 


125 


die Eltern nicht allzeit ihre Jungen mit sich bekommen, sondern sie wer- 
den genöthigt, hastig kommenden Winters wegen, ihre Lieben als ein 
Opfer des Hungers und strengen Klimates, zurückzulassen.« Diese 
Schlussfolgerung kann gewiss volle Richtigkeit haben, ihre Anwendung 
dagegen aber nur für solche Paare finden, welche aus zufälliger Ursache 
später zu hecken begannen, als die Art es sonst thut. Es gibt aber 
auch, wie man weiss, viele Ursachen, welche die Vögel dazu vermögen, 
Nest, Eier, ja sogar die Jungen zu verlassen, ohne dass die Zuggzeit 
zu solchen Abnormitäten Veranlassung gibt. Man sieht auch hier im 
südlichen Schweden nicht selten Schwalben (sowohl H. rustica, als auch 
H. urcica) ihre Eier, und sogar auch die Jungen verlassen, ohne dass 
Klima oder Migration es verursachen. 


Hirundo riparia, Linn. 


Diese Art findet sich durch ganz Scandinavien bis an die Eismeer- 
küste, und ist im Polarkreis fast eben so gemein, wie in den südlichen 
Theilen der Halbinsel. 


Museicapa grisola, Linn. 


Wird sogar bis an die Glacieren der Alpen heckend gefunden und 
geht nach Norden wenigstens bis Jwalojocki, zwischen dem 68—69.° 
n. B., und wird sowohl im Innern des Landes wie auch an den Küsten 
angetroffen. 


Muscicapa atricapilla, Linn. 


Dieser scheint nicht so hoch nach dem Norden hinauf zu steigen, 
wie voriger, obwohl er ebenfalls ins Innnere des Landes hineingeht bis 
an den Fuss der Alpen. Aber schon im nördlichen Helsingland ist er 
selten und der nördlichste Ort, wo er, so viel mir bekannt, getroffen 
wurde, ist bei Quickjock (67° n. B.), also nicht gar zu weit in den 
_ Polarkreis hinein. 


Museicapa albicollis, Temm. 
(M. Collaris, Bechst.) 


So viel bekannt ist, trifft man diese Art nur auf Gottland heckend 
— in den übrigen Provinzen Schwedens aber nicht einmal unter der 
Zugzeit; sie scheint ihren Weg über Curland zu nehmen. 


126 


Lanius excubitor, IL. 


Diese Art, welche im Allgemeinen überall in Scandinavien ganz 
selten ist, und während der Heckzeit am seltensten in den südlichen 
Provinzen, geht in den Alpen bis in die Birken- und Weidenregion 
hinauf. In Schonen heckt er an einer oder der andern Stelle in den 
nördlichen und nordöstlichen Gegenden, so wie in den grössern und ber- 
gigen Wäldern, nicht weit von meinem Wohnort. In der Nähe der Alpen, 
besonders in den nördlichen Provinzen, ist er jedoch weniger selten, 
als in den flächeren, nach den Küsten zu gelegenen. In den Lappmar- 
ken kommt er ebenfalls hier und da vor, sowie z. B. bei Stensele, Hor- 
nafvum, Teggelwas und Quickjock, und wird auch in der Enare Lapp- 
mark angetroffen und bei Waranger, so dass er als Heckvogel durch 
ganz Scandinavien bis an die Eismeerküste zu gehen scheint. Im Win- 
ter trifft man ihn weniger selten in den südlicheren Provinzen, als wäh- 
rend des Sommers. 


'Lanius collurio, L. 


‘Gehört vorige Art mehr den nördlichen, als den südlichen Provin- 
zen an, so verhält es sich mit dieser umgekehrt. Sie ist sehr gemein 
in den südlichen Provinzen der Halbinsel, und dasselbe Verhältniss findet 
noch statt bei Upsala und im südlichen Dalekarlien; wo sie aber gegen 
Norden aufhört, ist noch nicht mit Sicherheit bekannt. Doch findet sie 
sich nicht in Lappland, oder über dem 64°n.B. 


Anm. Lanius minor, Gmel. ist zur Frühjahrszeit auch einmal in Schonen an- 
getroffen worden, jedoch, so weit man weiss, noch nie heckend. Selbst habe 
ich ihn einmal bei Ljungby gesehen. 


Tuurdus viseivorus, L. 


In Schonen ist dieser Vogel als Heckvogel selten, obwohl man ihn 
hier und da antrifft, aber in den Nadelwäldern der obern Provinzen, bis 
nach Dalekarlien und Uppland hinauf, ist er ziemlich gemein, worauf er 
wiederum an Zahl abnimmt und seltener wird, je weiter man nach Nor- 
den kommt. In den Lappmarken ist er sehr selten, und nur bei Lyck- 
sele (64%; °n.B.) bemerkt worden. An der Ostseeküste ist er bei Lule 
(65Y20n.B.) gefunden worden, so dass man Ursache hat anzunehmen, 
dass seine nördlichste Heckgrenze an letztgenanntem Orte ist; hierbei 
muss jedoch bemerkt werden, dass man ihn in der Nähe von Kölen (Al- 


127 


penrücken) bis zu dieser Grenze nicht trifft, obwohl man ihn in Norwe- 
gen wenigstens noch bis Stördalen, nördlich von Trondhjem, zu Gesicht 


bekömmt. Ueber den Polarkreis geht er nicht. 
Anm. Turdus varius, Pall u. Horsf. ist einmal in Jemtland angetroffen wor- 
den. Im Museum zu Lund ist ein Exemplar mit der Devise: „Geschossen auf 
Fyen,‘‘ sonach ebenfalls in Dänemark angetroffen. 


Turdus pilaris & iliacus, L. 


Beide Arten nehmen dieselbe Heckzone in Scandinavien ein, je- 
doch steigen sie nicht gleich weit auf die Alpen hinauf. Erstere geht 
bis in die Birken- und ‚Weidenregion bis zum Rande des ewigen Schnees, 
da hingegen letztere schon mit der Nadelwaldregion aufhört. In den 
südlichsten Provinzen, Schonen und Blekinge, kommen sie nicht heckend 
vor, aber auf Gottland, in den nördlichen Theilen von Smaland und im 
Bahnserkreise fangen sie an vorzukommen, obwohl noch sparsam. Schon 
in Wermland und Uppland sind beide gemein, und sind es durch die 
Lappmarken bis an die Küste des Eismeeres. Deren südliche Heckgrenze 
fällt sonach im 57° n. B. ein. Während der Strichzeit sind beide sehr 
häufig in Schonen; erstere überwintert hier ebenfalls in grösseren 
Schaaren. 


Turdus musiceus, L. 


In den südlichen und mittleren Theilen der scandinavischen Halb- 
insel trifft man diese Art sehr gemein während der Heckzeit, wo sie 
sowohl Buchen- als auch Kiefernwälder mit ihrem angenehmen Gesange 
belebt. Gegen Norden zu wird sie seltener, und scheint dort durch 
T. iliacus ersetzt zu werden. Doch trifft man sie sparsam bis in den 
Polarkreis hinein, ja bis auf die Alpen. Die nördlichste Stellen, wo 
sie während der Heckzeit gefunden wurde, ist Quickjock, unterm 67° 
n.B., und Gelliwara, unterm 6733°n.B., so dass sie doch wenigstens 
in den Polarkreis hinein geht. In den nördlicher liegenden Karesuando, 
_ Enare und Utsjocki Lappmarken ist sie nicht bemerkt worden. 


Turdus torquatus, L. 


Die südlichste Gegend, wo man diese Drossel heckend gefunden, 
ist im Bahnserkreise, wo sie sich auf den felsigen Inseln Tjörn (58° 
n. B.) und Ornst ansässig gemacht hat, und jährlich vorkommt. Von 
dort folgt sie der ganzen Bergkette bis an die Eismeerküste, und man 


128 i 


trifft sie sowohl in Norwegen als auch in Schweden in allen Provinzen, 
welche vom Sewegebirge und dessen Verzweigungen durchzogen sind. 
In Norwegen geht sie, der bergigen Natur des Landes wegen, bis an 
die Küste des atlantischen Meeres, und kommt auch auf den Inseln vor; 
in Schwedens Küstenprovinzen aber trifft man sie nicht während der 
Heckzeit, sondern nur in den den Alpen näher gelegenen Provinzen. Auf 
die Alpen hinauf steigt sie über alle Vegetation hinaus, und sonach bis 
in die Schneeregion — und bis an die Küste des Eismeeres. Im Herbst 
und Frühjahr, wenn sie von und nach ihren Heckplätzen zieht, kommt 
sie sowohl im östlichen, als im südlichen Schonen vor. 


Turdus merula, L. 


Die Schwarzdrossel gehört eigentlich mehr den südlichen und mitt- 
leren Provinzen unserer Halbinsel an, und ist dort sehr zablreich ; nimmt 
aber gegen Norden ab und wird dort selten, wo sie von voriger er- 
setzt wird. Ueber den Polarkreis dürfte sie wohl kaum hinausgehen; 
man trifft sie jedoch in den Lappmarken, so wie z. B. bei Lycksele und 
Hornafvan, welch letzteres die nördlichste Stelle (60°n. B.) ist, wo man 
sie bemerkt hat. Im südlichen Schweden bleibt sie auch während des 
Winters in grösserer Menge. 


Cinclus aquaticus, Bechst. 


In Schonen habe ich nur an wenigen Stellen, so wie bei Arup und 
Torfebro, diesen Vogel hecken sehen. Er gehört eigentlich mehr den 
Alpengegenden mit deren Wasserzügen und Wasserfällen an. Im Innern 
von Smaland, so wie auch in Ost-Gothland, welche Provinzen keine 
eigentlichen Alpen haben , trifft man ihn auch manchmal heckend „ aber 
erst in der Nähe des Alpkammes, der Schweden und Norwegen von 
einander trennt, kommt er häufiger vor, und steigt dort bis in die 
Schneeregion. Im Innern von Lappland, sowohl dem südlichen als nörd- 
lichen, wo er, wie an südlicher gelegenen Orten, Winter und Sommer 
zubringt, trifft man ihn hier und da, sowie auch in den Finnmarken, 
sowohl östlich als auch westlich um Nord-Cap. Obwohl er sonach Stand- 
vogel für's ganze Land ist, so streicht er doch zum Theil von seinen 
Heckplätzen im Norden südlicher und er wird dann häufiger im Winter 
in Schonen angetroffen. 


129 


” Motaeilla alba et flava, L. 


Diese beide Arten findet man heckend über die ganze Halbinsel, 
vom südlichsten Schonen bis zur nördlichsten Finnmark, wo man. sie 
östlich und westlich um’s Nord-Cap gefunden hat. Jedoch hat letztere 
zwei Farbenvarietäten, welche vielleicht einander in dem ungleichen Ter- 
rain gewissermassen ersetzen. Die südliche, deren Männchen aschblauen 
Kopf und Halsrücken hat, scheint schon in Westerbotten aufzuhören ge- 
mein zu sein. Die nördliche dagegen, deren Männchen oben einen 
schwarzen Kopf hat, beginnt schon in letztgenannter Provinz sich zu 
zeigen und wird im Polarkreis gemein. Doch entbehrt man noch zu- 
reichender Angaben, die geographische Verbreitung beider betreffend. 
Beide ‚Varietäten sind jedoch noch bei Gelliware in Lule und Enontekis 
in Torne Lappmark aufgeführt, und. ohne Angabe des Farbenunter- 
schiedes ist M. flava noch bei Karesuando unterm 68° n. B. ange- 
merkt. Beide Formen trifft man während der Zugzeit im mittlern und 
südlichen Schweden. 


Anm. Motacilla Yarelli ist in mehreren Exemplaren bei Götheborg bemerkt und 
eine am 21. März 1843 daselbst geschossen worden. Sie wurde auch in Nor- 
wegen bemerkt und Prof. Sundewall glaubt, dass sie dort hecke. 


Anthus rupestris, Nilss. et A. pratensis, L. 


An allen steinigen und klippenvollen Küsten um ganz Skandinavien 
herum ist ersterer gemein. ‘Die Ungleichheiten in Farbenzeichnung und 
Dimension zwischen den südlichen und nördlichen Formen, siehe Liljeborgs 
Aufsatz: »Verzeichn. der bei Tromsöe in Norwegen observirten Vögel« 
(Naum. I. B. 2. H. p. 111.). Man trifft ihn auch an den grössern Land- 
seen des südlichen ‘und mittlern Schwedens. — Letztere Art ist eben- 
falls überall auf der Halbinsel zu treffen, und scheint sogar in den 
nördlichen Gegenden gemeiner zu sein, als in den südlichen. Sie steigt 
bis in die Weiden- und Schneeregion hinauf, und wird sowohl westlich 
als auch östlich um Nord-Cap gefunden. 


Anthus cervinus, Pall. 
(Anthus rufogularis, Brhm.) 


Dieser Vogel, welcher, sowie es scheint, ohne Ursache von meh- 
reren Verfassern nur als eine Varietät von Anth. pratensis betrachtet 


worden ist, gehört dem höchsten Norden unserer Halbinsel an, wo er, 
Naumannia. 1854. 9 


130 


zuerst von Malm, bei Seusjärwi im Innern der Enare Lappmark, welche 
zwar innerhalb Russland’s politischen Grenzen liegt, in faunistischer 
Hinsicht aber zu Skandinavien gerechnet werden möchte, heckend ge- 
troffen. Dann traf Adj. Liljeborg ihn bei Schuretskaja und Tromsöe, 
wesswegen seine bis jetzt bekannte Heckgrenze in den 69° n. B. fällt. 
Obwohl in Dänemark bemerkt (den 27. Februar 1848 bei Veile), ist er 
doch noch nie im südlichen Schweden gesehen worden, wesswegen man 
annehmen muss , dass er zu oben angegebenen Heckplätzen über Russ- 
land ankommt. 


Anthus campestris, Bechst. 


hat unter allen seinen Verwandten die eingeschränkteste Heckzone. Nur 
auf der südlichsten Spitze von Gottland, auf Öland und in Schonen, 
Halland und Blekinge, kommt diese Art hier und da vor, so dass ihre 
nördliche Heckgrenze in den 57° n. B. fällt. 


Saxicola oenanthe, L. 


wird überall auf unserer Halbinsel, sowohl auf den Steintriften des 
Flachlandes, wie auf den schneebedeckten Plateaus der Bergen; so- 
wohl an der flachen Ostseeküste, als auch auf den steilen Felsenwänden 
des Eismeeres, angetroffen. 


Saxicola rubetra, L. 


Diese Art scheint nicht so gar weit in den Polarkreis hineinzugehen, 
obwohl man sie sparsam bis Quickjock, unterm 67° n. B. gefunden hat. 
Auf den Alpen kommt sie nicht vor, sondern nur in den gebüschigen 
Gegenden des Flachlandes und in den Thälern. Bei Lycksele und Ske- 
lefteä zeigt sie sich jährlich; ebenso scheint es auch bei Jockmock zu 
sein, aber bei Quickjock wahrscheinlich nur selten. Bei dem etwas nörd- 
licher gelegenen Gelliware ist sie nicht bemerkt worden. In den südli- 
chen und mittlern Gegenden der Halbinsel ist sie nicht selten. Löwenhjelm 
bemerkt, dass ihr Gesang in den nördlichern Gegenden weit voller, 
klarer und weit schöner sei, als in den südlichen. Vielleicht aber ver- 
ursachte das Vergnügen, an so nördlich gelegenem Orte, welcher über- 
haupt arm an guten Sängern ist, einen alten Bekannten zu treffen, dass 


man seinen Gesang überschätzte. 
Anm. Saxicola rubicola, Lin wurde am 24. Dechr. 1851 bei Malmö in Schonen 


131 


ach REED En ei 
geschossen , wohin sie sich wahrscheinlich von Dänemark verflogen. Weder 
vor- oder nachher ist sie auf unserer Halbinsel angetroffen worden. 


Erithacus philomela, Bechst. 


Es ist sehr merkwürdig, dass wir im südlichen Schweden nur diese 
besitzen und nicht auch Erith. luscinia, Lath, da beide in Dänemark, 
ja selbst in der Gegend von Kopenhagen , vorkommen. Letztere ist 
jedoch noch nie innerhalb Skandinaviens Grenzen getroffen worden, wo- 
gegen Erith. philomela sich in letzterer Zeit mehr nach Norden zu 
verbreitet zu haben scheint. In Schonen, Blekinge und Calmareskreise 
und auf Öland und Gottland ist sie seit lange als heckend angemerkt, 
und man hat geglaubt, dass sie im Westen unserer Halbinsel nicht weiter 
gehen solle, als bis zu der Bergstrecke, welche, Schonen von Hallund 
trennt, aber vor einigen Jahren observirte man sie bei Renningstorp, 
nahe Skara in West-Gottland, sowie sie sich auch in Südermanland ein- 
gefunden hat. Ihre Heckzone ist sonach nicht so eingeschränkt, wie 
man vermuthete, sondern man kann annehmen, dass die nördliche Grenze 
für diesselbe in die Nähe des 59° n. B. fällt. Jedoch ist diese Art, so 
viel ich weiss, noch nicht in Norwegen bemerkt worden, auch nicht in 
den bergigen Provinzen Schwedens, wie z. B. in Bohus und Wermland. 


[2 # [ 
Krithacus phoenicurus, L. 


Durch ganz Skandinavien bis zur Eismeerküste, sowohl von West- 
als Ost-Finnmarken, trifft man diesen guten Sänger, und auf die 
Alpen geht er bis durch die Nadelholzregion, und ist einer der wenigen 
Sänger, welche die Wälder unseres hohen Nordens beleben. 


Erithacus tithys, Lath. 
(Mot. erithacus, Lin.) 

Diess ist einer unserer seltensten Sänger und nur an wenigen 
Stellen im Lande bemerkt, so dass seine Heckplätze hier zu Lande, 
wenn sonst man es als abgemacht ansehen kann, dass er als Heckvogel 
unserer Fauna angehört, mit Recht als ausser seiner Heckzone liegend, 
betrachtet werden müssen. 


Erithacus rubecula, L. 


Wie weit dieser Sänger nach dem Norden unserer Halbinsel hinauf- 


geht, dürfte noch nicht so genau ausgemacht sein. In Wermland, im 
9% 


132 


südlichen Dalekarlien und Uppland ist er sehr gemein, scheint aber nicht 
sehr weit in’s Innere des Landes, in dessen höher gelegene bergige. 
Landschaften hineinzugehen, und Löwenhjelm merkt an, dass er ihn 
nicht in den Lappmarken fand, d. h. über den 64°n.B. hinaus, wohl 
aber in den darüber hinaus liegenden Küstenlandschaften oder in Wester- 
botten, bis wenigstens nach Schelefteä (um 64%3° n. B.). Unter die 
Zugvögel, welche nördlich davon gelegene Stellen besuchen, ist er nicht 
aufgenommen. Prof. Nilsson sagt jedoch in seiner Skand. Fauna, Vögel. 
I. p. 293, dass er im Norden bis in die Nähe des Polarkreises gehe. 
Im südlichen Schweden geschieht es, dass ein oder der andere in ge- 
linden Wintern zurückbleibt. 


Erithacus sueeica, L. 
(Mot. coerulecula, Pall.) 


Eigentlich den Alpengegenden angehörend, wo man ihn an den Alpen 
hinauf in der Birken- und Weidenregion in grosser Anzahl trifft, sowie 
auch im Flachlande, besonders an Flüssen, deren Ufer mit Weiden be- 
wachsen sind, kommt diese Art im südlichen und mittlern Schweden 
nicht heckend vor. In Norwegen dagegen ist er schon auf dem Dowre 
zu finden, worauf er dem Alpenrücken zu folgen scheint. In den süd- 
lichen Lappmarken ist er selten, und so viel ich weiss, dort nur von 
Prof. Zetterstedt, bei Knalten, etwas südlich von Lycksele, oder am 
643° n. B., 36° w. L., gefunden worden. In der Nähe und im Polar- 
kreis ist er dagegen sehr gemein, eben auch in der schwedischen Lapp- 
mark und geht von dort bis an’s Eismeer, sowohl westlich als auch öst- 
lich vom Nord-Cap. Seinen Zug nach Süden betreffend, weiss man nun, 
dass er über das südliche Schweden geschieht, wo man ihn im Herbste, 
besonders in Kartoffeläckern trifft, er ist jedoch sehr schwer zu entdecken, 
theils weil er sich still verhält, theils auch weil er sich unterm Kartoffel- 
kraute verbirgt, und ungern auffliegt, sondern lieber läuft. Auch trifft 
man ihn an gebüschigen Stellen, er hält sich aber allzeit auf der Erde 
auf, wesswegen man ihn leicht übersieht. Die Lappen nennen diesen 
Vogel: Sata-kielinen (hundertzüngiger Sänger) seines abwechselnden Ge- 
sanges wegen. 


Anm. Erith. cyanecula, Mey. (Sylvia Wolfü, Brehm.) kommt in Schweden 
nicht vor. 


1353 


Sylvia atricapilla, L. 


So wie es sich mit dem Rothkehlchen verhält, so verhält es sich 
auch mehr oder weniger mit diesem. Seine Grenze gegen Norden ist 
noch nicht richtig bestimmt. Adj. Liljeborg fand ihn beim Dowre in Nor- 
wegen; unter den Vögeln aber, welche im südlichen Dalekarlien vorkom- 
men, ist er nicht genannt, obwohl man ihn noch hier und da bei Carl- 
stad in Wermland und bei Upsala in Uppland antrifft. Keiner der Rei- 
senden, welche die Lappmarken besucht, und deren Reisebeschreibungen 
vor mir liegen, nennen diesen Vogel, weder als in Westerbotten, noch 
dem eigentlichen Lapplande vorkommend. Jedoch sagt Prof. Nilsson in 
seiner Fauna, »dass er, obwohl sparsam, in ganz Skandinavien vorkomme, 
von Schonen bis in die nördlichsten Landschaften.« 


Sylvia hortensis, Pennant. 


Durch’s ganze südliche und mittlere Schweden ist dieser Vogel sehr 
gewöhnlich, auch trifft man ihn sowohl in den südlichen als nördli- 
chen Theilen der Lappmark, so dass er den Polarkreis übersteigt, ob- 
wohl er dort sehr sparsam ist. Man trifft ihn hier besonders am Fusse 
der Alpen, in den üppig bewachsenen Thälern. Die nördlichste Stelle, 
wo man ihn observirt, ist bei Quickjock; er dürfte wohl aber noch höher 
gehen, so dass der Alpenrücken seine nördliche Grenze über dem Polar- 
kreis bilden dürfte, und gegen Nordost der Zweig des Alpenrückens, 
der in östlicher Richtung Enontekis Lappmark durchzieht und in welchem 
der Jwalojocki, der in den Enaresee fällt, seine Quellen hat. 68° n. B. 
wird da seine Grenze. Weder in West- noch in Ost-Finnmarken oder 
in Enare Lappmark ist diese Art bemerkt. 


: | Sylvia curruca, L. 
(Sylvia garrula, Mey.) 

ist eine ziemlich häufig vorkommende Art dieses Geschlechtes in den 
südlichen und mittlern Theilen des Landes. Obwohl sparsam, kommt sie 
jedoch auch in Norwegen nördlich um Dowre vor, wenigstens bis Wär- 
dalen (zwischen 63—64° n. B.) und auch in Schweden ist sie unter diesem 
Breitengrade im südlichen Lappland angemerkt, sowie z. B. in der Nähe 
von Lycksele, und ber ungefähr selber Polhöhe traf Adj. Liljeborg sie in 
Russland, worüber er sagt: (Naum. II. 2. 35) »wurde einmal von mir, 
einige Meilen südlich von Archangel observirt.« 


134 


Sylvia nisoria, Bechst. 


Nur in Schwedens südlichsten Provinzen trifft man diese Art sehr 
sparsam. In Schonen ist sie an mehreren Stellen heckend gefunden wor- 
den, besonders in den östlichen und nordöstlichen Theilen dieser Pro- 
vinz, so auch in Blekinge, auf Öland und Gottland. In Norwegen ist sie, 
so viel ich weiss, nicht observirt, obwohl Temminck diese Art als selten 
in diesem Lande aufführt. Auch ist sie noch nie in Schwedens west- 
lichen, nördlich von Schonen gelegenen Provinzen bemerkt worden. 


Sylvia einerea, Lath. 
(Mot. sylvie, Lin. Mot. hippolais, Lin. F. Sv. descript.) 

Dieser Sänger scheint selbe Heckzone einzunehmen, wie S. curruca. 
Jedoch ist er noch nicht in den eigenttichen Lappmarken bemerkt wor- 
den; nicht einmal in den südlichsten: Asele Lappmark, obwohl er an 
einigen Stellen nördlich um Trondhjem in Norwegen getroffen worden 
ist, und noch im südlichen Dalekarlien gemein ist. Adj. Liljeborg fand 
ihn in Russland bis Archangel häufig. 


Phyllopneuste trochilus, L. 


An den Seiten der Alpen steigt diese Art durch die ganze Birken- 
region hindurch, und schon diess beweisst, dass er nicht allein den süd- 
lichen und mittlern Provinzen unserer Halbinsel angehört, sondern auch 
den nördlichsten. So ist er auch ein häufiger Heckvogel durch ganz 
Skandinavien und eine der wenigen Sylvien, welche in dem kurzen 
Sommer mit ihrem Gesänge den Wandrer in West- und Ost-Finnmarkens 
Alpen erfreuen. 


Phyllopneuste rufa, Gmel. Lath. 
(Sylvia abietina, Nilss. Sylvia acredula, Pall.) 

Dieser Sänger gehört ausschliesslich den Fichtenwäldern an, wess- 
wegen er auch nur so hoch auf die Alpen hinaufsteigt, als es noch 
solche Wälder gibt. Er setzt sich aber, so viel man bis jetzt weiss, 
nie in solchen Wäldern südlicher Provinzen fest. Dowrefjell in Norwe- 
gen scheint im Sommer seine südliche Grenze zu bilden, und erst unter 
dieser Breite oder um den 63°, trifft man ihn in Schweden in genann- 
ter Jahreszeit. Er geht jedoch nicht sehr hoch nach dem Norden hinauf, 
sondern hört in der Nähe des Polarkreises auf*), in welchem man ihn 


*) Geht, und zwar nicht ganz einzeln, sogar bis zum 700 hinauf. Ich erhielt 


135 


noch nie bemerkt hat. Zwischen diesen hier angegebenen Grenzen ist 
er kein seltener Heckvogel. Im Herbst- und Frühjahrszuge ist er ziem- 
lich häufig in den südlichen Provinzen. 


Phyllopneuste sylvicola, Lath. 
(Sylvia sibilatriv, Bechst.) 


Diese Art hat von diesem Geschlechte die eingeschränkteste Heck- 
zone. Nur die südlichen und östlichen Provinzen Schwedens besucht sie 
im Sommer. Schonen, Blekinge, Calmarbezirk, Öland und Gottland, Ost- 
Gottland, Südermanland und Uppland scheinen die einzigen Provinzen zu 
sein, wo sie zur Sommerszeit, obwohl sparsam, getroffen wird. In den 
westlichen, sowie Halland, Bohuser Bezirk, Wermland und Dalekarlien 
ist sie noch nicht bemerkt worden; nicht einmal während der Zugzeit, 
wogegen sie in dieser Zeit in Schonen nicht selten ist. 


Hypolais icterina, Viell. Degl. 
(Motacilla hippolais, Lin. F. Sv. diagn. Sylvia hippolais, Lath. Bechst. Nilss.) 


Den einzigen Repräsentanten dieses Geschlechts auf unserer Halb- 
‘insel trifft man hier und da in den südlichen und mittlern Provinzen. In 
Schweden scheint. er nicht weit nach Norden hinaufzugehen. Weder im 
südlichen Wermland oder Dalekarlien, noch auch bei Upsala in Uppland 
wurde er bemerkt, aber auf den Inseln beim Bohuser Bezirke, um den 
Wettern, Glan und Bräwiken, Hjelmaren und Mälaren kommt er sparsam 
vor, so dass diese Wasserzüge seine nördliche Heckgrenze auszumachen 
scheinen, welche sonach zwischen den 59—60° n. B. fällt. In Nor- 
wegen ist er viel weiter nach Norden hinauf angemerkt, da Prof. Nilsson 
ihn in Wärdalen und an der Grenze von Helgeland oder um den 65° 
n. B. traf. Er dürfte hier jedoch der Seeküste und dem in’s Land hinein- 
gehenden Meerbusen folgen und nicht im Innern auf den Alpen vor- 
kommen. 


Calamoherpe arundinacea, Gmel. 


Dieser Rohrsänger ist nur an wenigen Stellen in den westlichen 
Theilen von Schwedens südlichen Provinzen observirt. Bei Götheborg 


Eier aus der Gegend des Warangerfjord. Auch ist er, wenigstens nicht überall, 

auf den Fichten- oder Nadelwald beschränkt. Er brütet hier und anderwärts in Deusch- 

tand in Laub- und sogar in tiefliegenden Auenwäldern keineswegs selten. 
Baldamus. 


136 


und bei Landskrona ist er geschossen worden und ist dort nicht selten 
im Rohre. 


Anm. I. Malm hat in „Öfversigt af Kongl. Wet. Acad. Förhandl. Stockholm 1851. 
Nro. 6.“ eine neue Art dieses Geschlechtes unter dem Namen Calam. media 
beschrieben, welche eine Zwischenform zwischen Calam. turdoides und 
arundinacea zu sein scheint, aber mehr ersterem gleicht, von welchem sie 
vielleicht eine kleinere Rage sein dürfte. “Das Exemplar, auf welches die Be- 
schreibung sich gründet, wurde im Schilfe eines Morastes des Göthaelf bei 
Gothenburg den 22. Aug. 1849 von Kaufmann Malmlen geschossen. 


Anm. II. In wie weit Calamoherpe palustris, Bechst. wirklich in Schweden 
vorkommt, wie man es vermuthete, da einige Exemplare bei Gothenburg 
geschossen wurden, die man für diese Art hält, dürfte als noch nicht abge- 
macht angesehen werden, seitdem man observirt hat, dass C. arundinacea, 
deren Nest mit Eiern man gefunden, unter 2 Farbennuangen vorkommt — 
eine Tostgelbe, und eine kaum merkbar rostgelbe, welch letztere den älteren V. 
im Sommer anzugehören scheint. Nest und Eier des vermeinten C. palustris 
hat man noch nicht gefunden, und das Local, wo er vorkommt, stimmt mehr 
mit dem überein, welches Cal. arundinacea vorzieht, der sich auch dort 
findet. 


Calamoherpe schoenobaenus, L. Fn. Sv. Nr. 246. Nilss. 


(Sylvia phragmitis, Bechst. Salicaria phragmitis, Keyserl. u. Blas. 
Calamod. phragmitis, Degl.) 


Fast in allem Schilfe des südlichen und mittlern Schwedens kommt 
diese Art während der Heckzeit häufig vor; sowohl an. der Seeküste, wie 
auch an Landseen. Auch in den Ländern im Polarkreis trifft man ihn 
wenigstens bis Tromsöe in Norwegen; jedoch östlich ums Nord-Cap, in 
den Ost-Finnmarken und in Utsjocki und Enare Lappmark ist er noch 
nicht angetroffen worden. 


Anm. Die Ursache, warum spätere Verfasser diesem Vogel nicht den Namen zu- 
getheilt, der ihm mit Recht zukommt, kann ich nicht begreifen. Keyserling 
und Blasius, sowie auch Degland, welche sonst treu dem Prioritätsrechte 
folgen, haben ihm doch den von Bechstein 1802 gegebenen Namen zugelegt, 
obwohl Linne in seiner Fauna Sueecica 1761 ihn deutlich unter dem Namen 
Motacilla schoenobaenus beschreibt, und obwohl Nilsson in seiner Orni- 
thologia Suecica wiederum beweist, dass gerade diess der Vogel sei, den 
Linne unter angegebenem Namen beschreibt. Man wird wohl zugeben, dass 
der Vogel, den Linne in seiner Fauna Sueeica beschreibt und von welchem er 
sagt: „habilat inter Scirpos Scaniae“ in Schweden und hauptsächlich in 
Schonen gefunden werden müsse. Keinen andern als diesen trifft man hier, _ 
und er ist an allen Schonischen mit Schilf bewachsenen Landseen sehr ge- 
mein. Die gegegene Beschreibung kann auch nur auf diesen passen und 
durchaus nicht auf Calam. aquatica, Gmel. Lath. (Sylvia paludosa, Viell.), 
der übrigens noch nie in Scwedens Grenzen angetroffen worden ist. Keyser- 
ling und Blasius führen Linnes Namen als synonym für ihre Salicaria phrag- 


137 


mitis an, Degland dagegen lässt durch Temmincks fehlervolle Synonymie 
sich so verwirren, dass er nicht einmal bei beiden Arten Linne’s Beschreibung 
andeutet, sondern nur in einer Note sagt, dass die Frage schwer zu lösen 
sei. Aehnliches ist auch einigen andern Autoren begegnet, welche Beschrei- 
bungen nach Linne@’s Zeit gegeben haben, durchaus aber weder Linne’s noch 
Nilssons, welche keine Schwierigkeiten haben. 


Accentor modularis, L. 


Diese Art dürfte auf unserer Halbinsel nicht südlicher*) als in den 
Lappmarken, oder über dem 63—640 n. B. hecken. Er geht weit in 
den Polarkreis hinein, und ohne Zweifel bis zum Eismeere, sowohl öst- 
lich als auch westlich ums Nord-Cap, obwohl man ihn dort im Sommer 
nicht getroffen, aber in Ost-Finnmarken und Utsjocki Lappmark im Herbste 
geschossen hat. In letzterer Landschaft wurde er am 10. Octbr. 1841 
von Malm geschossen, der ihn jedoch nirgends an diesen Orten, die er 
besucht, im Sommer wohnhaft gefunden hat. Auf den Seiten der Alpen 
geht er durch die ganze Nadelholzregion hinauf. Während der Winter- 
zeit bleiben mehrere in Schonen, Blekinge und Bohuser Bezirke. 


Troglodytes europaeus, Leach. 
(Motacilla troglodytes, Linn. Troglod. punctatus, Brehm.) 


Wie weit dieser Vogel nach Norden hinaufsteigt, hat man noch 
keine sichere Nachricht. Im südlichen Schweden ist er ein ziemlich ge- 
meiner Heck- und Standvogel, und kommt auch als solcher noch in Da- 
lekarlien und Uppland vor, obwohl er dort sparsamer zu sein scheint. 
Von in den Lappmarken Reisenden ist er, so viel ich weiss, noch nicht 
bemerkt worden. Prof. Nilsson in seiner Skand. Fauna sagt jedoch, dass 
er »in allen Landschaften Skandinaviens von Schonen bis Lappland« 
vorkomme. 


Certhia familiaris, L. 


Diese Art geht als Heckvogel nicht weit über Dowrefjell in 
Norwegen und gleiche Polhöhe in Schweden, und ist auch im Sommer 
nicht in den Lapppmarken bemerkt worden. Im Winter ist er jedoch 
bei dem, im Polarkreis gelegenen Quickjock observirt worden (den 16. 


*) Die Verbreitung dieser Braunelle scheint von ganz eigenthümlichen und noch 
wenig gekannten Bedingungen abhängig. Obige Angabe ist ein Beweiss mehr von 
ihrem sporadischen, eingesprengten Vorkommen. Baldamus. 


138 


December 1848), so dass er vielleicht, obwohl sehr sparsam, auch in 
den Lappmarken hecken, und dem Blicke der Reisenden daselbst bis 
jetzt entgangen sein mag. 


Sitta europaea, Linn. Pall. Nilss. 


(Non vero Auct. recent.) 
(Sitta uratensis, Licht., Keyserl. u. Blasius, Schleg., Degl. S. sericea, 
Temm. S. asiatica, Bonap.) 


Im südlichen und mittlern Schweden ist dieser Vogel sehr gemein, 
ist jedoch noch nicht im südlichen Dalekarlien bemerkt worden, obwohl 
er bei Upsala gemein ist. In den Lappmarken und in Westerbotten ist 
er noch in keiner Jahreszeit angetroffen worden, so dass man mit Recht 
annehmen kann, dass seine Heckgrenze gegen Norden beim 61—62° 
n. B. aufhört, besonders da er auch nicht bei Helsingfors in Finnland als 


heckend angegeben ist. Auf Seeland ist er im Winter angetroffen worden. 
Anm. Dieser Vogel ist von den Ornithologen lange für den im übrigen Europa 
vorkommenden 8?tia caesia gehalten worden, und da über Exemplare, die ich 
nach Deutschland geschickt, Zweifel entstanden, ob sie wirklich vom süd- 
europäischen verschieden seien, will ich in Kürze hier den Stoff aufnehmen, 
obwohl ich bei anderer Gelegenheit ausführlicher darauf zurückkommen, 
= und eine mehr detaillirte Beschreibung über unsern Sitta nach verschiedenen 
Jahreszeiten geben dürfte. Vor Allen hat zuerst Gloger im Handb. der Vögel 
Europas p. 376 den Unterschied zwischen S. uralensis und 8. eaesia ange- 
merkt, welch letzteren er $. europaea, Lin. nennt. Dann hat Brehm in 
der Zeitung für Zool., Zootom. und Palaeozool. Nre. 26 Sept 1849 dasselbe 
gethan, dabei aber unsern Sitta als getrennt von sowohl S, uralensis als 
S. caesia angesehen. Adj. Liljeborg hat schliesslich in „Öfversigt af Kongl 
Wet. Acad. Förhandl.” Stockholm 1851 Nr. 9 u. 10 gezeigt, dass Linne's 
Sitta europaea dieselbe ist wie Pallas’ Sitia europaea, oder Lichten- 
steins und Glogers S$Sitta wuralensis, und diess aus guten Gründen. 
Sehen wir erst auf Linne’s Beschreibung, so wie sie sich in seiner Fauna 
Sueecica (1761) p. 37. Nro. 104 findet, so lautet die Diagnose folgender Weise: 
„retrieibus nigris: lateribus quatuor intra apicem albis,“ und in der Be- 
schreibung heisst es weiter: „Gula, pectus, abdomen alba. Tectrices in- 
feriores rectricum et latera abdominis maeculis ferrugineis et albis tincta 
—= = Rectrices 12, quarum 4 estremae sunt signalae macula alba, api- 
cem verticaliter ad dimidium partem secans; 2 secundariae fuscae apice 
solummodo canae; 2? lamen mediae totaliter canae.“ Sehen wir dann auf 
die Diagnose, welche Pallas gibt von seinem Sifta europaea (2oog. Rosso- 
asiatica I. p. 545), so lautet sie so: „Supra ceoerulescens, fascia oculari 
nigra, subtus albida lateribus ferrugineis.“ Hieraus ist es klar, dass beide 
Verfasser ein und dieselbe Art beschrieben haben, welche unten weiss und 
nurin den Weichen rostbraun, und sonach nicht S. eaesia, die auch 
an Brust und Bauch rostbraun ist und nur weisse Kehle hat. 
Die Beschreibung, welche Pallas gab, war jedoch die erste Ursache, dass sie als 


139 


sibirische Art, S. uralensis genannt wurde, und diess aus dem Grunde, dass 
P., ohne jedoch eine sibirische Varietät eigens zu beschreiben oder nur zu 
nennen, in seiner Beschreibung nur diese Worte (p. 546) hinzufügt: „en Si- 
biria candidior.“ Diese Worte zeigen sonach nur, dass seine Art, welche 
offenbar eben Linne’s ist, weiter in Sibirien hinein noch weisser wird, als sie 
hier und in Russland ist, welches ja auch mit vielen andern Thierarten sich 
so verhält. Nun beschreiben alle in obenstehender Synonymik angegebene 
Verfasser ihren Sitta uwuralensis (oder sericea 1. asiatica) gerade so wie 
Linne und Pallas ihren Sitta europaea beschreiben, woraus natürlich folgt, 
dass diese beiden Arten zu einer einzigen zusammenfallen, und die Ver- 
wirrung ist dadurch entstanden, dass sie glaubten, ohne Pallas Arbeit nä- 
her um Rath zu fragen, dass dieser eine unten rein weisse Art ohne Rost- 
braun an den Weichen beschrieben habe, obwohl er ausdrücklich von diesem 
letztern spricht und nur hinzusetzt, dass sie in Sibirien weisser werde, jedoch 
damit durchaus nicht verneint, dass sie auch dort rostbraun an den Seiten 
sei, sondern nur anzudeuten scheint, dass sie dort den schwachen rostro- 
then Anstrich am Bauche nicht so stark wie in Schweden und Russland 
besitzt. Dass es so zugegangen ist, wird besonders dadurch sehr klar, 
dass die’ meisten der Verfasser auch nicht ein Wort von der Farbenzeich- 
nung der Weichen bei Sitta uralensis sagen, und dass sie Pallas Beschrei- 
bung nicht zu Sitta caesia (ihren europaea), sondern zu Sitta uralensis 
ziehen. S. caesia hat den Linneischen Namen nur darum erhalten, weil die 
Verfasser nicht seine Fauna Suecica um Rath gefragt. — Aus dem, was 
nun hier angeführt wurde, ist es klar, dass Linne@s und Pallas Sitta eu- 
ropaea synonym ist mil Sita uralensis späterer Verfasser, und dass sie ihren 
ältesten Namen wieder erhalten muss, sofern man nicht beide Localnamen 
verwerfen und ihr den von Temminck gegebenen zutheilen will; und dass 
S. europaea späterer Verfasser ein von der erstgenannten verschiedene Art 
ist, welche den Namen erhalten muss, welchen Mey. und Wolf 1810 in ihrem 
Taschenb. d. Deutsch. V, ihr gaben, oder S. caesia. Die Art, welche Prof. Retzius 
in seiner Fauna und Prof. Nilsson sowohl in seiner Ornith. Suecica als auch 
in Skand. Fauna beschrieben haben, ist $. europaea, Lin., Pall. und nicht 
S. caesia, Mey.; dagegen die Art, welche Dr. Kjaerbölling in „Danmarks 
Fugle“ p. 70 unter dem Namen S. europaea beschrieben und auf Tab. X. der 
illum, Abbildungen abbildet, ist S. caesia, welches er auch in den Zusätzen 
p. 419 ausdrücklich berichtiget. Bechsteins, Temmincks, Cuviers, Vielliots, 
Lessons, Keyserlings und Blasius; Schlegels und Deglands Sitta europaea 
ist ebenfalls S. caesia, welche Art sonach dem südlichen und westlichen 
-Europa angehört. 


Upupa epops, L. 


Schon im südlichen Schweden ist dieser Vogel ziemlich selten, und 
im mittlern gehört er zu den seltensten Heckvögeln. Auf den Inseln 
der Bohuser Scheeren, in Wermland und Dalekarlien scheint er nicht 
vorzukommen; in den östlichen Provinzen dagegen trifft man ihn an. 
Jedoch kommt er auch in Norwegen bis zum Dowre vor, welchen Alpen- 


. 


140 


rücken er nicht zu übersteigen scheint, wesswegen man annehmen kann, 
dass seine höchste nördliche Heckgrenze gegen den 62° n. B. fällt, 
welches jedoch nicht für die Provinzen Schwedens gilt, welche nahe an 
der norwegischen Grenze liegen, sondern nur für die südlichen Land- 
schaften, und für die des mittlern, welche an der Ostsee liegen. 


Parus major et P. ater, L. 


Beide Arten, von welchen die erstere in Schonen höchst gemein ist, 
trifft man in den Nadelwäldern genannter Landschaft heckend. Sie sind 
ebenfalls in Schwedens übrigen südlichen und mittlern Provinzen gemein 
und sie kommen auch in den Lappmarken vor, wenigstens in Asele 
Lappmark. Erstere Art scheint aber weiter nach Norden hinaufzusteigen 
als letztere, welche wohl nicht über 65° n. B. vorkommt, wenigstens nicht 
im Innern des Landes, da Löwenhjelm sie nicht unter den Vögeln auf- 
zählt, die er während zweier Reisen in Ume, Pite und Lule Lappmar- 
ken anzeichnete. Erstere trifft man, obwohl sparsam, bis zum Polarkreis, 
und sie scheint nur im Winter diesen zu übersteigen, da man sie in dieser 
Jahreszeit manchmal bei Quickjock observirt hat; und ein einziges Mal 
sah sie Malm in Enare Lappmark, aber nirgends fand er sie dort wohnhaft. 


Parus cristatus, L. 


In Schonens Nadelwäldern trifft man diese schöne Meise heckend, 
obwohl sparsamer als ihre übrigen dort heckenden Verwandten. In den 
übrigen südlichen und mittlern Landschaften kommt sie häufiger vor, 
geht aber nach Norden nicht so hoch, dass man sie in den Lappmarken 
trifft, sondern es scheint ihre Grenze um den 63° n. B., oder in der 
Polhöhe von Dowrefjell zu fallen. 


Parus sibiricus, Gmel, 


Während der Heckzeit kommt diese Meise bis unten am Fjellefjeld 
und Hallingdalen in Norwegen oder zwischen dem 60—61° n. B. vor, 
aber in Sweden trifft man sie nicht so südlich in genannter Jahreszeit. 
Prof. Zetterstedt glaubte sie in den südlichen Lappmarken gesehen zu 
haben, und Löwenhjelm hat es bestätigt, dass sie wenigstens bis Lyck- 
sele vorkomme, also südlichst unterm 64° n. B., wo sie in Nadelwäldern 
gemein ist und auch auf den Alpen bis in die Birkenregion getroffen 


” 


141 


wird. Gegen Norden jedoch nimmt sie an Zahl zu, und wird dort bis 
an die Küsten des Eismeeres, sowohl westlich als auch östlich ums Nord- 
Cap angetroffen. Das Nest dieses Vogels, welches Malm in Enare und 
Utsjocki Lappmarken fand, befindet sich in hohlen Bäumen; seine Unter- 
lage besteht aus Moos, welches ohne Ordnung in den Baum gestopft ist. 
Inwendig dagegen ist es mit Lammwolle ausgefuttert. Bisweilen hat 
der Vogel auch mit ganzen Stücken von den Bälgen dieser Thiere das 
Innere des Nestes ausgefuttert. Die Eier, 7—9 an der Zahl, an 
Gestalt gleich denen von Certhia, sind von Farbe weiss mit hellrothen 
Flecken und Punkten. In seiner Heimath ist der Vogel nicht scheu, 
sondern sehr neugierig. Zur Winterzeit streicht er ziemlich weit nach 
Süden in unserem Lande, so dass er einige Male bei Upsala geschossen 
worden und einige Male in kleineren Gesellschaften in den Bohuser 
Scheeren gesehen worden ist. 


Parus fruticeti, mihi. 
(S. palustris, Auct.) et P. borealis, de Selys. 

Da der Unterschied zwischen diesen beiden Arten erst neulich von 
den Ornithologen unseres Landes observirt worden ist, ist es beinahe 
noch unmöglich die Grenze für deren Heckzone zu ziehen. In Schweden 
war ich es, der zuerst P. borealis, in Winter 1848, in den Nadelwäl- 
dern, nahe meinem Wohnorte im nordöstlichen Schonen, entdeckte, und 
im Sommer desselben Jahres traf ihn‘ Adj. Liljeborg bei Archangel in 
Russland. Vorher war er von de Lamotte in Norwegen gefunden. Von 
dieser Zeit an haben sowohl ich und Liljeborg ihn während des Sommers, 
sowohl in Schonens als auch in Smalands Nadelwäldern, obwohl spar- 
samer als P. fruticeti gefunden, und Prof. Sundewall fand beide bei 
Stockholm. Ohne Zweifel kommt P, borealis auch in den Lappmarken 
bis ans Eismeer vor, welches man Grund hat anzunehmen, da man ihn 
auf Island und bei Archangel gefunden hat; aber die Reisenden in den 
nördlicheren Landschaften nennen nur eine Art: P. palustris, welche wie 
Löwenjhelm sagt, obwohl sparsam vorkommend, doch bei Quickjock und meh- 
reren andern Stellen vorkommt, und nach Norden zu abzunehmen scheint, 
in selbem Verhältniss wie P. sibiricus zunimmt. Malm sagt über seine 
P. palustris, dass sie als Strichvogel zur Winterzeit sich in Enare und 
Utsjocki Lappmarken finde, so weit es noch Birkenwald gebe, und dass 
man sie bis zum Eismeere treffe, von wo sie sich aber sobald der Schnee 
schmelze, wieder nach südlichen Gegenden znrückzöge. Diese Aussagen 


142 


können sich auf beide Arten beziehen, aber auch vielleicht nur eine an- 


gehen, so dass man in dieser Sache für den Augenblick gar nichts 
abmachen kann. 

Parus fruticeti ist im südlichen und mittlern Schweden gemein, nicht 
aber auf Gottland. Parus borealis, die vielleicht eine nördliche und öst- 
liche Form von ersterer ist, ‘scheint die Nadelwälder vorzuziehen, wo- 
gegen P. fruticeti Erlen und Birken zu lieben scheint, und trifft man 
sie nur in solchen Nadelwäldern, wo Erlen und Birken ebenfalls vor- 
kommen. In Gärten, wo man P. fruticeti oft antrifft, kommt P. borealis 
nie vor. 


Anm. Mit P. sibirieus kann P.borealis niemals verwechselt werden, wohl aber 
mit P. fruticeti und der Nordamerikanischen P. atricapillus (Rath), jedoch 
gibt es hinlängliche Unterscheidungsmerkmale zwischen ihnen allen, um sie 
als constante Arten ansehen zu dürfen. Die Synonymic von P. borealis und 
P. fruticeti betreffend, will ich einige Bemerkungen machen. Mir will es 
scheinen, dass Linne mit seiner Beschreibung von P. palustris in der Fauna 
Suecica p. 98 Nr. 169 P. borealis, de Selys und nicht P. palustris, Auct. 
recent. verstanden habe. Der Grund für diese meine Ansicht ist folgender. 
Die Diagnose für P. palustris, Linne l. c. lautet folgendermaassen: „Capite 
nigro, temporibus albis, dorso einereo,“ und die Beschreibung: „Caput 
a rostro ad nucham supra oculos nigrum. Tempora infra oculos alba. 
Corpus supra cinereum, subtus candido-cinereum, plumae tamen om- 
nes nigrae, apicibus solum colorem exhibentes visibilem. BRemiges nigri- 
cantes margine exteriore albido, fascia nulla per alas. Rectrices 
et tectrices dorso concolores. Rostrum nigrum. Pedes plumbei, Rectrix, 
margine exteriore alba. Will man sich nun nicht darum kümmern, dass 
Linne sagt, seine P. palustris habe weisse Schläfe, was auch von 
Parus fruticeti gilt, so ist noch vieles übrig in Linne’s Beschreibung, was 
man streng genommen auf Parus palustris, Auct. recent. nicht beziehen 
kann, dagegen vollkommen auf Parus borealis. Um die Farbe des 
Rückens bei seiner Parus palustris zu bezeichnen, benutzt Linne dasselbe 
Wort: „einereus,“ welches er bei P. ater anwendet (p. 97. dorso cinereo), 
welches seine volle Anwendung auf P. borealis haben kann, nicht aber auf 
P. fruticeti, deren Rückenfarbe eher der der P. eristatus gleicht, und von 
welcher Linne sagt: „dorsum fusco-cinereum.“ Weiter sagt er, dass bei sei- 
ner P. palustris die Flügelfedern an der äussern Kante weiss (albidae) sein 
sollen, wie es sich auch, besonders mit denen der 2ten Ordnung, bei Parus 
borealis verhält, besonders in der Wintertracht, — bei. P. fruticeti aber in 
keiner Jahreszeit, sondern hier sind sie hell aschgrau. Die erste Schwanzfe- 
der soll an Linne’s Art an der äussern Kante weiss sein, welches auch bei 
P. borealis eintrifft, aber nicht bei S. fruticeti, bei welcher er schmal und 
aschgrau ist. Hiernach muss man die Folgerung machen, dass Linne’s P. pa- 
lustris, de Selys P. Borealis im Winterkleide ist, und wenn nun noch hinzu- 
kommt, dass beide diese, einander so nahe stehenden Arten, in Uppland ge- 
mischt mit einander vorkommen, so gewinnt diese Ansicht noch mehr an 
Gewissheit, so dass man Linne’s Beschreibung keineswegs zur Parus pa- 


143 


Zustris späterer Verfasser ziehen kann, und woraus auch noch folgt, dass 
P. palustris, Auct. einen Namen trägt, der ihr ursprünglich nicht angehört. 
Will man nun der P, borealis nicht den Namen palustris geben, welches 
ohne Zweifel das richtigste wäre, und welches auch am meisten mit dem 
Prioritätsrechte übereinstimmte, so muss man doch, um Missverständnissen vor- 
zubeugen, der P. palustris späterer Verfasser einen andern Namen geben, 
und diess ist der Grund, warum ich für sie den Namen PP. fruticeti vorge- 
schlagen habe, welcher auch am meisten für sie passt, da einer der Unter- 
schiede in der Lebensweise dadurch bezeichnet wird. 


Parus coeruleus et P. caudatus, L. 


Beide Arten scheinen dieselbe Heckzone zu haben. Im südlichen 
und mittlern Schweden ist erstere in jeder Jahreszeit ziemlich gemein, 
letztere dagegen trifft man sparsamer; nur im Spätherbst und Winter, 
wenn sie sich in Zügen gesammelt, wird sie mehr gemein, sowohl in 
Nadel- als auch Laubwäldern. Keine dieser Arten werden unter irgend 
einer Jahreszeit in Lappland angetroffen, und obwohl die Schwanzmeise 
nicht unter den in der Nähe von Carlstad m Wermland verzeichneten 
Vögeln aufgenommen ist, findet sie sich doch sowohl im Bohuser Bezirke 
als im südlichen Dalekarlien, und in Norwegen bis an Dowrefjell. Die 
nördliche Heckgrenze beider scheint sonach in den 63° n. B. einzufallen, 
und nur vielleicht an der Ostseeküste etwas höher hinauf zu gehen, 


wenigstens was die Blaumeise betrifft. 
Anm. P. cyanus, Pall. soll nur 2mal im Winter gesehen und geschossen wor- 
den sein, nämlich einmal in Südermanland und einmal in Schonen. 


Regulus cristatus, Willugb. 
(Regulus crococephalus, Brehm.) 

In allen Nadelwäldern in ganz Skandinavien bis in den Polarkreis, 
wenigstens bis zwischen 67—68° n. B. trifft man diese Art heckend. 
In den südlichen und mittlern Landschaften ist sie in jeder Jahreszeit 
gemein, nicht aber in den nördlichen, wo sie sparsam vorkommt, und 
so weit hinauf nach Norden bis Enare und Utsjocki Lappmark findet 


man sie nicht. 
Anm. Regulus ignicapillus, Brehm, Naum. ist nirgends in Skandinavien ge- 
funden worden. 


Alauda arvensis, L. 


Diese sehr bekannte Lerche trifft man überall, sowohl im südlichen 
als auch mittlern Skandinavien und sie steigt auch hoch nach Norden hinauf, 


144 
obwohl sie dort im Innern des Landes sparsamer vorkommt als an den 
Küsten. Ob sie in Norwegen bis ans Nord-Cap vorkommt, ist noch 
ungewiss, obwohl sie bis zu Lyngensfjord (69° n. B. 380 w. L.) obser- 
virt worden ist. Oestlich um genannte Spitze findet sie sich nicht; we- 
nigstens wurde sie nicht von Malm in Enare und Utsjocki Lappmark 
heckend getroffen, sondern nur einmal im October bei Utsjocki Kirche 
geschossen. In der schwedischen Lappmark dagegen ist sie in der Heck- 
zeit sowohl bei Quickjock, obwohl selten, wie auch bei Gelliware, 
Juckasjärwi und Karesuando, wo sie auf den neubebauten Aeckern ge- 
mein sein soll. Hiernach scheint es, als ob 42—43° w. L. in den im 
Polarkreis liegenden innern Theilen der Lappmark die östliche Grenze 
für diese Art und 69—70° n. B. die nördliche Grenze ausmachen solle. 


Alauda alpestris, L. 
(Alauda nivalis, Pall.) 


Der südlichste Ort, wo dieser Vogel in der Heckzeit angetroffen 
worden ist, ist bei Quickjock (67° n. B.), wo sie auf der Wallialp von 
Löwenhjelm geschossen wurde. Nördlich von hier trifft man ihn bis 
an’s Eismeer, seltener jedoch im Innern des Landes. An den Küsten 
und in Finnmarkens Alpmorästen ist er gemeiner. Ein mehr östli- 
cher Vogel als vorhergehende Art, trifft man ihn auch häufiger in 
Ostfinnmarken (östlich vom Nord-Cap) als in Westfinnmarken. Auf den 
Seiten der Alpen geht er bis in die Birken- und Weidenregion, auf 
solchen Stellen, welche mehr flach, grasreich und sumpfig sind. Hier 
setzt er sein Nest, wie die Feldlerche, an die Seite eines Grashügels, 
oder einer andern Erhöhung. Sowie die Feldlerche erhebt er sich auch 
von der Erde, während er singt. Im Herbst und Winter streicht diese 
Lerche weit nach Süden herab, scheint aber bei diesen Zügen mehr 
der Westküste und dem Bergrücken, der Norwegen von Schweden trennt, 
zu folgen, als der Ostseeküste, welches ich daraus schliesse, dass sie in 
Menge bei Kullaberg an der nordwestlichen Küste von Schonen geschos- 
sen worden ist, auf der östlichen Küste dieser Landschaft aber sehr sel- 
ten vorkommt. Selbst habe ich sie nur ein einziges Mal (im März), in 
der Nähe meiner Wohnung im nordöstlichen Schonen, geschossen und 
Forstverwalter Gadamer hat sie auch nur einmal in derselben Gegend 
gesehen. 


Anm. Alauda eristata, Lin. kommt nirgends in Skandinavien keckend vor, so 
viel man weiss. Nur im südlichen Schonen und 'in Upland soll man sie 


145 


manchmal im Frühjahr in Gesellschaft der Haidelerche treffen. Von den ein- 
zigen, mir bekannten schwedischen Exemplaren wurde das eine bei Hofs 
Pfarrhof in Schonen am 26. Mai 1833 und das andere bei Upsala im Früh- 
jahr 1841 geschossen. 


Alauda arborea, L. 


Von Schonens nördlichen Nadelwäldern an kommt diese Lerche 
hier und da heckend vor bis in’s mittlere Schweden hinauf, wo sie um 
den 62—63° n.B. aufzuhören scheint. Wenigstens ist sie nicht in Lapp- 
land und nicht einmal in dessen südlichsten Orten angemerkt. 

(Fortsetzung folgt.) 


Ueber eine neue (?) kleine Schwanenart. 


Von » 


B. Altuın, nebst Tafel. 


Jeden Kenner der deutschen Ornis werden sicher bei Besichtigung 
der ausgezeichneten Vogelsammlung des Herrn Hauptmann v. Zittwitz 
hier in Münster *), dessen zuvorkommender Freundlichkeit ich nachstehende 
Notizen verdanke, die drei Exemplare einer kleinen Schwanenart höch- 
lichst interessiren. Es repräsentiren dieselben die beiden Geschlechter 
und verschiedene Altersstufen. Das erste ist ein Männchen in einem 
Alter von ungefähr 3 Jahren, das 2te ein sehr altes Weibchen und das 
3te ein junger Herbstvogel. Sie wurden erlegt in der Gegend von 
Haselüne im Hannoverschen, ungefähr 2—3 Stunden von Meppen auf 
einem Haidemoore im Jahre 1851, und zwar das Männchen und der junge 
Vogel am 28. October, und das ‘alte Weibchen am 5. November dessel- 
ben Jahres, und von den Wildhändlern hier zum Verkauf ausgeboten. 
Noch ein viertes Individuum war geschossen, ging aber durch Unvor- 
sichtigkeit verloren. Es waren ihrer im Ganzen 5 Stück gewesen, die 
sich nichts weniger als scheu gezeigt hatten. 

Auf den ersten flüchtigen Blick sollte man diese 3 Schwäne für den 
Naumann’schen Cygnus melanorhinus (— minor) halten, weil sie unge- 
fähr der Grösse nach mit diesem übereinstimmen; doch bieten sich bei 
etwas näherer Betrachtung so wesentliche Unterschiede dar, namentlich 


*) Jetzt in Glogau. 
Naumannia. 1854. 10 


146 


in Bildung des Schnabels und der angrenzenden nackten Theile, dass an 
eine Identität mit jener Art nicht zu denken, es vielmehr mehr als 
wahrscheinlich ist, es handle sich hier um eine 4te Art deutscher 
Schwäne. Sollte indess Naumann’s Vermuthung, die er tom. II. p. 499. 
ausspricht, dass nämlich Cyg. Bewickii (Yarrel), Cyg. islandicus (Brehm) 
und sein Cyg. melanorhinus zu einer und derselben Art gehören, un- 
richtig sein, so hat uns vielleicht nur ein anderweitig hinlänglich be- 
kannter Fremdling besucht. Nach meinen Hilfsmitteln ist es mir nicht 
gestattet, einen näheren Vergleich anzustellen, da ich die beiden ersten 
der genannten Arten nur aus den Notizen in Wiegmann’s Archiv Jahrg. 
1838 kenne. Noch lieber aber möchte ich diese 3 Exemplare mit Cyg. 
immutabilis (Tem.), den ich in dem neuesten Verzeichniss der Vögel 
Europa’s, in so fern mir bekannt ist, mit einem ? bezeichnet finde, ver- 
gleichen können, mit dem sie nach der Vermuthung des Herrn Besitzers 
wohl identisch sein könnten und vielleicht wirklich sind. Dem sei aber 
wie ihm woll&, als deutsche Art ist dieser Schwan vielleicht nirgends 
beschrieben oder aufgeführt, und ich erlaube mir desshalb in der Vor- 
aussetzung, dass es manchem Leser unserer Naumannia nicht unlieb ist, 
durch die Veröffentlichung die Aufmerksamkeit der Ornithologen auch 
in weitern Kreisen auf diese Thiere hinzulenken. i 

Die Grösse stimmt, wie gesagt, im Ganzen mit der des Cyg. me- 
lanorhinus ungefähr überein, nur ist diese Art schlanker gebaut, der 
Hals im Verhältniss zu seiner Dicke länger, das Gewicht, in so fern der 
Herr Besitzer sich dessen noch erinnert, zwischen 10—11 Pfund. Die 
Maasse sind folgende: Länge von der Schnabel- bis Schwanzspitze beim 
Männchen 481, Zoll, *) Schwanz 7 Zoll, Flügellänge (vom Corpus bis 
zur Spitze der Schwingen) 22 Zoll, Flugweite 85 Zoll. — Das Gefieder 
ist von der gewöhnlichen Struktur, mit Ausnahme der Kopf- und Hals- 
befiederung, die namentlich beim Männchen mehr, “als beim Weibchen 
eigenthümlich, beim jungen Vogel jedoch von der gewöhnlichen Beschaf- 
fenheit ist. Die Federn zeigen sich nämlich an ihren Spitzen bedeutend 
verschmälert, so dass selbe sich sehr fein enden, indem sie fast nur 
aus dem Kiele. und einigen feinen, jedoch ziemlich straffen Fahnenfasern 
hestehen und dadurch ein fast borstenartiges Ansehen haben. Die Farbe 
dieser verjüngten Spitzen ist nicht weiss, sondern mehr oder weniger 
braun, so dass der ganze Kopf, namentlich Oberkopf und Genickgegend, 


*) Rheinländisches Maass. 


Taf.Lu.l. 


B. Allıum, ad. nab. pırnae. 


TE 2. Gaza Dbo, 


147 


und der Hals dadurch mit bräunlichen lanzettförmigen Schmutzflecken 
bedeckt zu sein scheint. Wiewohl ich mir keinen bestimmten Grund 
dieser Färbung anzugeben weiss, so bin ich doch durch bekannte Ana- 
logien genöthigt, selbe irgend welcher äussern Einwirkung zuzuschrei- 
ben, wesshalb ich bei der Abbildung keine Rücksicht darauf genommen 
habe. — Der Schwanz zählt beim M. 14, beim W. 16, beim j. V. 20 
Steuerfedern, welche Differenz vielleicht in der Mauser begründet ist, 
und ist ziemlich keilförmig gebauet, die ruhenden Flügel lassen unge- 
fähr % desselben unbedeckt. 

Der Schnabel ist namentlich beim M. im Profil besilenn auffallend 

verschieden von dem des Cyg. melanorhinus. Der schwach umgränzte, 
ziemlich breite Nagel ragt weit mehr hakenförmig über den Unterschna- 
bel hervor. Von ihm steigt die Firste zur Stirn nicht in einer fast ge- 
raden Linie auf (was jedoch beim j. V. der Fall ist), sondern ist vor 
den Nasenlöchern niedergedrückt, steigt dann wieder sanft aufwärts und 
bildet unmittelbar vor der Stirnbefiederung einen nicht unbeträchtlichen, 
ziemlich schroff emporsteigenden Höker. Der vertiefte Seitenrand des 
Oberschnabels ist am Nagel deutlich zu erkennen, verschwindet aber 
allmählig gänzlich. Der Unterschnabel wird weit weniger vom Ober- 
‚schnabel überragt und ist daher fast in seiner ganzen Länge von der 
Seite her sichtbar. Die etwas über der Horizontallinie nach vorn sich 
erhebenden Nasenlöcher liegen etwas näher der Spitze und Firste, als 
der Basis und dem. Seitenrande des Oberschnabels, gestatten eine fast 
senkrechte Durchsicht und bilden einen sanften, gegen die Firste con- 
vexen Bogen. An der der Schnabelwurzel zugewendeten Seite enthalten 
sie in ihrem Innern im obern Theile ein kleines vorspringendes Haut- 
läppchen. 

Die bunte Färbung der nackten Haut der Schnabelwurzel und der 
angrenzenden Theile erstreckt sich vom Mundwinkel an erst. parallel, 
dann etwas aufsteigend, längs dem Seitenrande des Oberschnabels, und 
. steigt in einer fast senkrechten, jedoch etwas zackigen Linie, die Nasen- 
höhle schneidend, nach oben und zieht sich längs der Firste und dem 
Höker zur Stirnbefiederung, von der sie sich zum Auge, dieses in einem 
schmalen Rändchen umkreisend, wendet und dann in einem sehr schwa- 
chen Bogen zum Mundwinkel zurückkehrt. — Von der äussersten Spitze 
des Nagels, bis an den Mundwinkel beträgt die Länge des Schnabels 
3 Zoll 2 Linien, seine überall. fast gleiche Breite 1 Zoll 2 Linien. 

Die Farbe des Schnabels ist beim ‘alten Vogel mit Ausnahme der 

10 * 


148 


erwähnten Basishaut, die nicht hellgelb, sondern wirklich orangegelb, 
dunkelchromgelb gefärbt ist, tief schwarz. Jene gelbe Zeichnung bildet 
aber nicht, wie bei den ähnlichen Arten, einen einzigen, vor der Stirn 
sich über die Schnabelfirste hinüberziehenden Fleck, sondern ist hier 
durch die schwarze Firstfläche, so wie durch den ungefähr % Zoll brei- 
ten, gleichfalls schwarzen Höker in zwei durchaus getrennte Seitenflecke 
gesondert. (cf. Taf. 2, Fig. 2.) Also sowohl Form, als Farbe, als Aus- 
dehnung derselben unterscheiden diesen Schwan. von seinen Verwandten 
sehr leicht. 

Das Weibchen stimmt bis auf den schwächeren Höker mit dem M. 
überein. Beim jungen Vogel fehlt derselbe gänzlich; besonders auffal- 
lend aber ist bei ihm, dass die beim alten Vogel orangegelb gefärbte 
Partie grösstentheils mit kleinen schuppenähnlichen, die Haut theilweise 
nicht vollständig bedeckenden Federchen von bräunlicher Farbe versehen. 
ist. Aehnliche kleine Federn bilden auch den Anfang der sich weiter, 
wie beim a. V., zur Schnabelspitze hin erstreckenden Stirnbefiederung. 
Die sonstige Farbe des j. V. ist ein mehr oder weniger gesättigtes weiss- 
liches, schmutziges Grau, das besonders am Oberkopf, im Nacken und 
den Enden der grossen Schwingfedern 2ter Ordnung dunkler, am gan- 
zen Vorderhalse und der Brust und Bauchseite des Vogels namentlich 
aber am Flügel in der Gegend des Handgelenkes sehr licht erscheint. 
Uebrigens befindet sich diese Färbung nur an den Spitzen der Federn, 
so dass die bedeckten Theile derselben ziemlich rein weiss erscheinen. 

Die Farbe des Schnabels ist beim j. V. einfach hellbleifarben, ähn- 
lich wie die Füsse von Platypus ferinus. 

Die Füsse sind beim alten Vogel tief schwarzbraun (nicht schwarz), 
beim jungen Vogel wie der Schnabel, und die Sohlen des letztern fast 
rein weiss gefärbt. Der Unterschenkel ist beim Männchen vom Fersen- 
gelenk aufwärts ungefähr 1 Zoll hoch unbefiedert; der Lauf bei dem- 
selben 31a Zoll, Mittelzehe mit Kralle fast 5 Zoll, Aussenzehe fast 4% 
Zoll, die Innenzehe wenig kürzer, Hinterzehe 1 Zoll 1 Linie. — Beim 
jungen Vogel sind sämmtliche Maasse natürlicherweise verhältnissmässig 
geringer. 

Die Tracheen (Taf. 2, Fig. 3 und 4.) erleiden nach dem Alter be- 
deutende Veränderungen. Beim alten Weibchen (Fig. 3.) erstreckt sich 
der Bogen derselben seiner ganzen Ausdehnung nach, ungefähr 3 Zoll 
tief, in’s Brustbein hinein; beim dreijährigen Männchen (Fig. 4.) ist die 
Biegung viel unbedeutender und senkt sich kaum 3% Zoll in dasselbe. 


149 


Beim jungen Vogel ist diese Biegung der des 3jährigen Männchens fast 


gleich, berührt aber kaum die Höhle des Brustbeins. 
B. Altum. 


Reminiscenzen . 
über 


stufenweise Entwickelung der vaterländischen Ornithologie in 
der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. 


[2 


Von 


Dr. 3. E. Naumann. 


Folgende Rückerinnerungen mögen bloss ein Versuch sein, in Kur- 
zem anzudeuten, worauf in jüngerer Zeit die gewaltigen Fortschritte in 
Kenntniss der Vögel unsres gemeinsamen Vaterlandes sich stützten, da 
die Ursache des anscheinend öfter vorkommenden Einwanderns einzelner, 
früher hier unbekannter Vogelarten aus ihrem wahren Vaterlande zu uns 
am wenigsten darin zu suchen sein möchte, dass sie in manchen Gegen- 
den unsres Landes einen Ersatz fänden für ihre sonstigen fern von uns 
liegenden Wohnsitze, zumal eine bei uns mehr vorgeschritiene Boden- 
kultur, eine geregeltere Bewirthschaftung der Waldungen oder gar das 
Ausroden vieler Wälder, Trockenlegung der Sümpfe, Beschränkung der 
Gewässer u. dgl. m. ihnen etwas Anziehendes schwerlich sein dürften. 
Wir haben sie daher mehr für Verirrte, durch ungünstige oder wider- 
wärtige Verhältnisse, im Wind und ‚Wetter vom rechten Wege ihres 
Zuges vereinzelt Verschlagene zu halten, so dass dergleichen allerdings 
nicht oft vorkommen können. Dasselbe mag jedoch, so gut es wie heute 
auch für alle Zukunft möglich bleiben wird, auch in frühern Zeiten eben 
so oft, oder wahrscheinlich noch öfter, sich ereignet haben, nur war ein 
Kenner, um es zu bemerken, nicht vorhanden. 

Wenn daher von verschiedenen Seiten zuweilen die Meinung auf- 
tauchte, als hätten in neuerer Zeit viele Vögelarten unser Deutsch- 
land besucht, die in früherer Zeit hier nicht vorgekommen wären, so 
ist Letzteres wohl meistens nicht so; man bemerkte, man erkannte sie 
nur sonst nicht, zum Theil weil es an Interesse für so etwas fehlte. 
Freilich findet man in vor fast 100 Jahren gedruckten Werken und Nach- 


150 


richten meistens’ wohl nichts von solchen Raritäten; aber wie dürftig 
waren auch damals die ornithologischen Kenntnisse unsrer Voreltern, 
und wie selten unter ihnen diejenigen, welche neben der Praxis auch 
einige theoretische Kenntnisse zu sammeln sich die Mühe gaben, oder 
so viel des Dürftigen, grossentheils meist Unbestimmten, wie es bei 
ältern Autoren sich hin und wieder vorfand, sich anzueignen vermoch- 
ten, um es bei vorkommenden Fällen in Anwendung bringen zu können. 
Versetzen wir uns in diesem Betracht nur in die letzten Viertel des vo- 
rigen Jahrhunderts oder vor Auftreten Bechsteins zurück, so finden wir, 
dass damals die gesammte Ornithologie überhaupt und die vaterländische 
ins Besondere praktisch fast bloss vom zumeist ungebildeten Jäger oder 
Vogelfänger betrieben wurde, diese Leute aber das Vergnügen des Fan- 
gens gern mit dem ihnen daraus erwachsenden pekuniären Gewinn ver- 
banden, weil das Vogelwildpret für die Tafeln der Feinschmecker, wie 
jetzt grossentheils noch, stets sehr gesucht war, wobei es ihnen aber 
nicht darauf ankam, die Arten genau oder doch nicht viel anders als 
nach Beschaffenheit und Geschmack des Fleisches, demnach auch des 
Geldwerthes, zu unterscheiden. 

Es wurde in jenen Zeiten viel mehr Vogelwild gefangen als ge- 
schossen, weil man das Fangen, das fast allenthalben auch Nichtjagdbe- 
rechtigten erlaubt war, weit besser verstand als das Schiessen, indem 
unsere heutigen, so vielfältig verbesserten Schiessgewehre, Schiessmittel 
und vermöge dieser die Uebung im gewandten Schiessen jener Zeit 
bekanntlich ganz abgingen. Kam ihnen ein gefangener Vogel als ein un- 
gewöhnlicher vor, so wurde, wie ich von meinem Vater oft vernommen, 
wohl zuweilen versucht, insoweit man diess damals verstand, ihn beim 
Leben zu erhalten, doch viel häufiger untersucht, ob er vielleicht einen 
wohlschmeckenden Braten gäbe. — Auf diese Weise mag damals oder 
vielleicht noch in weit früherer Zeit der Nachtreiher (A. nyeticoraz) 
sogar die Ehre erlangt haben, der ersten Wildpretsklasse (hohen Jagd) 
zugezählt zu werden; so wie ebenso mehrere grosse Vögel, Kranich, 
Trappe, Schwan u. a. wegen ihrer stattlichen Grösse und ihrer 
besonderen Schlauheit oder Menschenscheu, trotz ihres groben Flei- 
sches. — Kam man manchmal auch zu etwas ungewöhnlich Scheinendem, 
so kannte man damals wieder kein Mittel, ihm seine äussere Gestalt zu. 
erhalten; die Kunst des Abbalgens und Ausstopfens lag ja noch in der 
Wiege, und nur sehr wenige erfinderische Köpfe und geschickte Hände 
vermochien einen Vogel so zu präpariren und aufzustellen, dass er nur 


151 


einem Vogel ähnlich blieb. Daher gab es dazumal auch keine Samm- 
lungen wie heut zu Tage, worin man sie zu Tausenden neben einander 
naturgetreu präparirt aufgestellt gefunden, sie leicht mit einander ver- 
gleichen und sich nach Wunsch über sie hätte belehren können *). So 
mögen vor 100 Jahren alle jene östlichen Drosselarten und viele andere 
in neuerer Zeit m Deutschland aufgefundene, bisher uns fremd er- 
schienene Vögelarten ebenso auch damals schon bei uns vorgekommen, 
jedoch unerkannt geblieben sein. So z. B. wurde Falco Cenchris einige 
Jahre vor 1822 zuerst wieder von mir als auch deutscher Vogel erkannt, 
weil ein Männchen desselben in meiner Nachbarschaft erlegt worden, 
während Frisch schon vor 1763 ein junges Weibchen der Art besessen 
und diese ohne Weiteres für völlig einheimisch gehalten; wie viele der- 
selben Art mögen aber vielleicht in der langen Zwischenzeit noch ausser 
jenen, aber unerkannt oder unbeachtet im Lande erlegt worden sein! 
Und dem Aehnliches mag sich auch mit vielen andern Vögelarten, die 
wir jetzt genauer kennen und zu bestimmen verstehen, zugetragen haben. 

Wenn man aus dem jetzt öfter vorkommenden nördlichen Erscheinen 
mancher südlichen Vogelarten ein Vorrücken derselben nordwärts be- 
merkt haben will, so möchte sich diess doch nicht auf sehr viele aus- 
dehnen, vielmehr wohl bloss auf einzelne Individuen oder Paare be- 
schränken, und immer so gewesen, nur nicht beachtet worden sein. Et- 
was Anderes ist es mit einem Anwachsen an Zahl und einer dadurch 
veranlassten grössern Verbreitung in einem gewissen Zeitraum, aber 
diess ist noch nicht als ein willkürliches Vorrücken nach Norden zu be- 
zeichnen, wie man es z. B. von unsern Hausröthling behauptet hat. 
Allerdings hätte es bei diesem wohl einigen Anschein dazu, da auch ich 
aus meinen Knabenjahren mich noch sehr wohl erinnere, wie höchstens 


*) Die Kunst des Ausstopfens warmblütiger Thiere hat sich bekanntlich erst 
mit dem jetzigen Jahrhundert auszubilden angefangen, und in verschiedenen Metho- 
den zu ihrer derzeitigen Höhe aufgeschwungen, denn selbst noch in den Jahren, als 
Levaillant reisete, verstand man kaum, Bälge so zuzubereiten, dass sie später 
noch ausgestopft werden konnten. Ich selbst besitze von Temminck noch einen 
von jenem berühmten Reisendeu in Afrika ausgestopften, alten männlichen C‘. per- 
enopterus, in welchem sich, als ich ihn aufzuweichen und umzuändern versuchte, 
beinahe noch das ganze Knochengerüst vorfand, und diess demnach von Nitzsch 
noch zu anatomischen Zwecken benutzt werden konnte. Weil damals dieser Vogel 
überhaupt noch vielen, ja mancher grossen Sammlung fehlte, sparte ich keine Mühe, 
um diess Exemplar wenigstens so herzustellen, dass es als Andenken an jenen in- 
teressanten Reisenden immer noch dienen kann. 


152 


zuweilen auf dem Durchzuge ein einzelner junger oder weiblicher Vo- 
gel dieser Art, weniger im Frühjahr bei oder auf Gebäuden unsres Dörf- 
chens, als auf dem Herbstzuge (meist junge Vögel vom Jahr) zwischen 
den Pflanzenreihen naher Kohläcker angetroffen wurde, so dass, als ich 
damals schon Vögel nach der Natur oder dem Leben für meinen Vater 
malen lernte, ein altes Männchen dazu aus einer nahen Stadt herbei- 
geschafft werden musste; denn unser Hausröthling wohnte in jener 
Zeit auf unsrer Ebene ‚„ und zwar gar nicht häufig, fast nur in den 
grössern, aber nicht in ganz kleinen Städten; in höher gelegenen, 
grossen, mit hohen Gebäuden und Kirchthürmen versehenen, jedoch nir- 
gends in einem unserer kleinern Dörfer ohne hohe Gebäude. — Wäh- 
rend unsere Vögel nun in jetziger Zeit, ohne Ausnahme, in keiner un- 
serer Städte und eben so wenig in einem Dorfe, selbst in tiefliegenden, 
wenn sie nur nicht gar zu niedrige Gebäude haben, vermisst wird, wenn 
auch, wie andere verwandte Singvögel in dem einen Jahr mehr, in einem 
andern weniger zahlreich, nicht allein auf dem Durchzuge, sondern auch 
(gewöhnlich zwei Mal in jedem Sommer) bei uns Junge aufziehend. Ob- 
gleich er so vor mehr denn 60 Jahren auf unserer Ebene viel einzelner, 
wenn auch keine Seltenheit war ‚„ so darf man ihn jetzt dagegen wohl 
zu den gemeinsten Vögeln unsres Landes zählen. : Auffallen möchte da- 
bei, dass die wachsende Vermehrung des Vogels mit Verbesserung der 
Bodenkultur des Landes gleichen Schritt zu halten scheint. Sie hat sich 
nämlich in unserm Anhalt, im Verlaufe jenes Zeitraums, so gehoben, 
dass man diesen Ausdruck ‘buchstäblich auch auf den Boden anwenden 
könnte, indem derselbe, nach dem wie er jetzt behandelt und was auf 
ihm erzielt wird, in der That sich erhöhet zu haben oder an sich höher 
geworden zu sein scheint, was auf tiefliegenden, vormals zu feuchten Acker- 
flächen, die desshalb von unsern Vorfahren mit Vertiefungen zum Sam- 
meln überflüssigen Schnee- und Regenwassers durchkreuzt waren, die 
aber nach und nach in den letzten und vorletzten Jahrzehnten völlig ge- 
ebnet worden, dem Beobachter nicht entgehen kann, ‚und dass sich dessen- 
ungeachtet der Ertrag des Bodens erhöhet hat, ohne dass wie ehemals 
hier zu viel Feuchtigkeit bemerkbar würde. Durch derartige Verbesse- 
rungen musste sich natürlich auch die Wohlhabenheit der jetzigen Be- 
sitzer immer mehr heben, diese ein behäbigeres Leben führen lernen, 
in Folge dessen sich anständigere Wohnungen, grössere und höhere 
Wirthschaftsgebäude erbauen u. s. w., was Alles unserm Vogel behag- 
licher sein mochte und ihn darum veranlasst haben mag, sich von Jahr zu 


153 


Jahr in wachsender Zahl über das wirthliche Ländchen zu verbreiten. — 
Diese Erscheinungen liegen mir, weil ich an ihrem Verlauf selbst Theil 
genommen, wirklich zu nahe, als dass ich mir versagen könnte, zur 
Bekräftigung des eben Mitgetheilten, auf diess Faktum noch etwas näher 
einzugehen: Als ich nämlich 1807 den Besitz meines Landgütchens an- 
trat, waren sämmtliche Gebäude, desselben in alter Weise viel zu niedrig 
(resp. zu enge) und alle baufällig; ebenso war es auch bei sämmtlichen 
Nachbarn im Dörfchen. Den Hausröthling kannte man hier gar nicht; 
liess sich ja einmal ein Durchziehender in den nächsten Umgebungen 
des Orts erwischen, so betraf diess, in jener Zeit für den Sammler 
wahrhaft seltene, Ereigniss höchstens einen verspäteten jungen Vogel 
desselben Jahres, und nie bekamen wir damals einen Alten hier zum 
Schuss. Nach und nach mussten jedoch, nicht allein in meinem Gehöfte, 
sondern auch in allen andern, sämmtliche alte Gebäude durch höhere 
und sonst zweckmässigere Neubauten ersetzt werden, und von Jahr zu 
Jahr wuchs die Zahl derselben, so. dass vom Anfange der Dreissiger 
Jahre an unser Dorf ein viel stattlicheres Aussehen gewann, und mit 
viel mehrern höhern Gebäuden sich geziert sahe als zuvor. Schon da- 
mals (etwa 1830) hatte ich die Freude, das erste Männchen unsres Vo- 
gels auf dem First meines (ebenfalls neuerbauten) Wohnhauses täglich, 
vom frühesten Morgen an, singen zu hören und aus dem nächsten hohen 
Gebäude die Jungen von ihm ausfliegen zu sehen. Von da an fehlte 
uns nun nicht nur dieses Paar keinen Sommer wieder, sondern es wuchs 
ihre Zahl hier mit jedem Jahr und bald so an, dass ausser diesem, wäh- 
rend der letzten Sommer, in verschiedenen andern Gehöften, noch drei 
andere Paare sich angesiedelt haben, und unser kleines Ziebigk, das 
im Anfange dieses Jahrhunderts noch von keinem einzigen bewohnt 
wurde, demnach zur Zeit vier nistende Paare aufzuweisen hat, die erst 
noch im vorigen Jahr, wie früher schon alljährlich regelmässig, wieder- 
gekehrt sind. 

Ein anderer, sonst bloss im Süden oder Südosten Europa’s zu 
suchender und von dort erhaltener Vogel hat sich neuerdings auch viel 
weiter nach Norden zu brütend gefunden, als man ihn kaum zufällig 
und vereinzelt anzutreffen vermuthet hätte, nämlich der kleine Flie- 
genfänger (Muscicapa parva), der neuerdings bekanntlich bis in die 
Wälder Pommerns, in die Nähe der deutschen Ostseeküste, vorgedrun- 
gen, welcher beiläufig nach dem gründlichen Beobachten eines Dr. 
Schilling in zwei Arten zerfallen soll, als M. parva und M. minuta 


154 


benamset, und in Cabanis ornith. Journ. I. Jahrgg. von S. 129 bis 
137 vollständig beschrieben worden. Es entbehrt jedoch gerade nicht 
aller Wahrscheinlichkeit, dass diese zum Theil ziemlich versteckt leben- 
den, weder durch Grösse, noch Farbe oder ein stark in die Sinne fal- 
lendes Betragen sehr bemerklich werdenden, kleinen Vögelchen bis etwa 
vor 30 Jahren den Augen eines tüchtigen Beobachters zufällig könnten 
verborgen geblieben sein. Dazu wäre es vielleicht auch möglich, dass 
die ersten dieser südöstlichen Einwanderer erst von Jahr zu Jahr in 
der nördlichern Lage, wo man sie nicht vermuthet hatte, unbeachtet 
geblieben und sich um so stärker vermehrt, vielleicht auch aus ihrem 
südlichern Winteraufenthalt immer mit noch mehrern ihrer Art zurück- 
gekehrt sein könnten. Wenn es auch mit diesen kleinen Vögeln die- 
selbe Bewandtniss haben dürfte, wie bei den schon erwähnten sibiri- 
schen Drosseln, von denen ja auch schon einzelne Paare Junge in 
deutschen Ländern ausgebrütet haben, und sich vielleicht schon häu- 
figer hier vermehrt haben könnten, wenn sie nicht mehr und leichter 
als andere, weniger für die Tafel beliebte Vögel immer wieder wegge- 
fangen worden wären*). Dass es in früherer Zeit öfters nicht am Auf- 
spüren, sondern mehr am Erkennen mancher Arten gefehlt, sehen wir 
ebenfalls an zwei südöstlichen Arten, nämlich an Falco laniarius und 
an Strix uralensis; da als Thatsache jetzt bekannt geworden, dass beide 
schon seit vielen Jahren in Böhmen (jede in einem andern Theile die- 
ses grossen Landes) heimisch und nistend vorkommen, während wir sie 
sonst erst in den Karpathen, in Galizien und weiter südlich und 
östlich suchen zu müssen meinten. 

Die bloss einzeln in Deutschland erschienenen und ohne längern 
Aufenthalt bloss durchstreifenden Südländer, wie unter manchen andern 
Seltenheiten z. B. ein Pterocles arenarius, Merops apiaster, Otis tetras, 
O0. houbara u. m. a, in Hessen ein Elanus melanopterus, in Mecklen- 
burg ein Cypselus melba und ein (junger) Cursor isabellinus, — dür- 
fen wir indessen wohl nur als einzelne Verirrte oder durch widerwär- 
tige Umstände soweit nordwärts verschlagene Reisende betrachten; aber 
ihr Vorkommen gibt, wie bei so vielen andern, den Beweis, wie sehr 
sich zur Zeit, neben andern naturhistorischen Studien, auch die Orni- 


*) Ich erinnere beiläufig bloss an das Vorkommen von Bechsteins Turdus 
dubius und unsern 7. pallens, an denen noch vorhandene Reste vom Nestkleide 
darauf hindeuteten, dass sie nicht in Sibirien, sondern in unsrer Nähe ausge- 
brütet sein mussten. 


155 


thologie in unserem Vaterlande verbreitet hat, dass sie selbst den unter- 
sten Schichten des Volks hin und wieder nicht mehr ganz fremd ge- 
blieben, und die in jüngst vergangener Zeit entstandenen, vielen klei- 
nern und grössern Sammlungen ausgestopfter Vögel selbst von unserem 
Landmann im Interesse der Wissenschaft mit Wohlgefallen betrachtet 
werden, ja dazu beitragen helfen, den Reiz, welchen die uns umgebende 
Natur auf den Gebildeten übt, auch auf ihn übergehen und sein Be- 
streben zum. Aneignen mehrseitiger Kenntnisse anregen zu lassen. So 
ist das Sammeln und zur Schau Aufstellen der Gegenstände aller Fächer 
der Naturwissenschaft in den letzten Jahrzehenten zuverlässig ein Mittel 
geworden, namentlich in Bezug auch auf die Vögel, uns zu den riesigen 
Fortschritten zu verhelfen, deren wir, so weit es wenigstens unser Va- 
terland betrifft, uns dermalen zu erfreuen haben. 

Das Letztere hat aber nicht allein Bezug auf das Erscheinen früher 
in Deutschland niemals gesehener Vögel aus wärmern Klimaten, 
sondern zum Beweise des Ebengesagten auch auf nordische Vögel. 
Wenn vor kaum 100 Jahren ein hier im Binnenlande erlegter, alter, 
männlicher Mergus merganser unsern Vorfahren eine so unerhört seltene 
Erscheinung, als seitens der Jäger — die damals nebst ihren Herrschaf- 
ten fast allein die Jagden betrieben — ein niemals gesehenes Geschöpf 
sein konnte, weil in jener Zeit die Ausübung der Jagd sich fast nur 
auf Hochwild, Hirsche, Rehe, Wildschweine und das diese gefährdende 
sogenannte Raubzeug bezog, — so war denn in solchem Falle gewiss 
zu entschuldigen, zumal man das Ausstopfen nicht dem Namen nach kannte, 
dass der Jagdherr ein so schönes, als ihm unbekanntes Geschöpf, zu 
einem bleibenden Andenken, vom Hofmaler lebensgross in Oel malen liess, 
damit es als ein Wunder auch auf die Nachwelt kommen möge. Folgendes 
Factum aus jener Zeit, statt vieler andern. Ein Freund der Ornis und anti- 
quarischer Kunst hat eine ziemliche Anzahl solcher Bilder gesammelt, die 
zum Theil mit abenteuerlichen Unterschriften versehen, dasselbe ebenfalls 
von mehrern, damals in diesem oder jenem Winkel Deutschlands vorge- 
kommenen, uns jedoch jetzt nach allen Situationen ihres Lebens bekannten 
Vögeln bezeugen; doch befindet sich in dieser deutschen kleinen Samm- 
lung — wohl zu merken — auch ein recht gutes Bild von Anser ruficollis, in 
2facher Ansicht, das der Möglichkeit des Vorkommens dieser seltnen nord- 
sibirischen Art auch im deutschen Binnenlande zum Beweise dienen kann. *) 


*) Da der Besitzer dieser wahrhaft interessanten kleinen Sammlung, die frei- 
lich unter vielen mittelmässigen, ja einigen schlechten, doch immer kenntlichen Bil- 


156 


Dass auch hochnordische Vögel, wahrscheinlich durch Stürme und 
Unwetter, bis zu uns, und zwar tief ins Land herein, verschlagen wer- 
den können, haben wir, namentlich bei Seevögeln, oft schon in Erfah- 
rung gebracht, z. B. mehrmals von T'halassidroma pelagica, Th. Lea- 
chii, Sula (Dysporus) bassana, mehreren Arten aus den Gattungen 
Larus, Lestris u. a. m. Auch ist bekanntlich neuerdings in der Nähe 
von Danzig Somateria dispar s. Stelleri, so auch $. spectabilis er- 
legt, beide bekanntlich Bewohnerinnen des hohen Nordens im Osten 
von uns, ja von letzterer Art bekanntlich erst vor Kurzem ein altes 
Männchen im Prachtkleide an deutscher Küste bei Greifswald 
geschossen worden; anderer Vorfälle der Art mit Schneeeulen u. a. 
auch mehrerlei kleinern Vögelarten des hohen Nordens nicht zu ge- 
denken. Höchst wahrscheinlich mögen derartige Fälle früher sich noch 
viel öfter ereignet haben, doch kannte, oder vielmehr beachtete man in 
damaliger Zeit so Etwas nicht. Damit ist es denn nun heutzutage an- 
ders geworden; denn wenn eine Seltenheit auch zuvörderst in die Hände 
eines Nichtkenners gekommen, so wird dieser doch, wenn er nicht zu 
den ganz Unaufmerksamen oder Unbesonnenen gehört, bald einen Mann 
zu finden wissen, welcher den Fund zu würdigen versteht, weil es be- 
kanntlich in Deutschland, in jetziger Zeit, wohl schwerlich noch eine 
Gegend geben dürfte, in welcher, wenn auch nicht ein wirklicher Orni- 
tholog, doch wenigstens ein Liebhaber dieser Wissenschaft anzutreffen 
wäre, um dem Anfragenden Auskunft u. s. w. geben zu können. 

Wie schon oft und auch in dieser Zeitschrift bezugsweise mehrfach 
erwähnt, möchte uns vor der Hand die Ursache ein Räthsel bleiben, 
wesshalb eine ehemals nur in hochnördlichen Ländern, in Massen bei- 
sammen, sich fortpflanzende Drosselart, nämlich unser allbekannier T'ur- 
dus pilaris, seit einiger Zeit auch südlichere Brüteplätze bezogen hat, 
und damit zum Theil bis zu uns, in die Mitte von Deutschland vor- 
geschritten ist. Ein Wunder schien es mir schon, als ich zuerst 1805 
in einer Gegend Schlesiens, unfern der polnischen Grenze, ein Wäld- 
chen kennen lernte, in welchem bereits ein paar Sommer nacheinander 
ein einzelnes oder einige Paare dieser Drossel genistet und Junge aus- 


dern, auch mehrere von wirklichem Kunstwerth hat, — ein hochbetagter Greis, 
ohne direkte Leibeserben ist, dessen Nachlass bei seinem Ableben an Verwandte 
übergeht, die vielleicht diese Bilder nicht beachten oder nicht beisammen lassen; — 
so möchte ich Sammler anrathen, sie durch Ankauf u. s. w. ihrem vielleicht baldi- 
gen gänzlichen Verschwinden zu entreissen. 


157 


gebracht hatte. Viele Jahre später und mehrere Paare beisammen fand 
bekanntlich Gloger in einer uns schon näher liegenden Gegend des- 
selben Landes. Später waren sie uns noch näher gerückt; ob von dort 
her oder aus mehr nach Norden gelegenen Ländern, kann Niemand wis- 
sen, wenn auch damals bemerkt worden, dass jenseits Königsberg 
in Preussen diese Drosseln auch schon nistend angetroffen würden, 
Ich fand nämlich ganz zufällig zu meinem Erstaunen eine nistende Ge- 
sellschaft derselben in einem Gehölze bei einem Dorfe Sachsens, nur 
wenige Meilen von meinem Wohnorte; und von da-an (etwa um 1822) 
fanden sich endlich auch in den Waldgegenden unseres Anhalt zuerst 
nistende Paare dieser Art ein, die von Jahr zu Jahr an Zahl der Brüte- 
paare zunahmen und in jüngster Zeit an einigen Orten Nistereien bil- 
deten, die selbst den Speculationsgeist der Dorfknaben weckten, welche 
Handel mit den Eiern. zu treiben begannen, sie an Sammler zu verkau- 
fen suchten, weil bekanntlich in jetziger Zeit leider das zur Verminde- 
rung aller befiederten Geschöpfe so sehr wesentlich beitragende Eier- 
sammeln zu einer Art von Manie geworden; so dass es auch von 
solchen (Exempla sunt odiosa!) mit Eifer betrieben wird, welche die 
bezüglichen Vögel kaum oberflächlich oder bloss dem Namen nach ken- 
nen, und sich bloss begnügen, an Form und Farbe der Eier sich zu 
ergötzen. Sapienti sat! } 

Jenes Vorrücken nistender Wachholderdrosseln hat denn auch 
auf ihren. Zug, namentlich die Zeit desselben, einen wesentlichen Ein- 
fluss ausgeübt; denn in jener Zeit, als mein Vater, nebst vielen andern 
Vogelfängern hiesigen Landes, das Stellen eines sogenannten Vogelher- 
des noch eifrig betrieb, sahe man unsern Vogel einzeln nicht oft vor 
Ende des Octobers und in Schaaren erst im November eintreffen, wäh- 
rend er in jeiziger Zeit schon mit der Singdrossel (unserer ersten 
Drossel für den Herbstzug) gefangen wird, und dieser Fang, freilich 
nicht in solchen Massen wie früher, vielmehr einzelner auch durch die 
Zugzeit der zunächst folgenden Rothdrossel dauert, bis endlich die 
Schaaren der im höhern Norden ausgebrüteten Wachholderdrosseln 
nachrücken und, wie in alter Zeit, bei uns erst im November zu er- 
scheinen pflegen. — Zugegeben, dass uns die zu Grunde liegenden 
Veranlassungen zu diesen Veränderungen lange noch ein Problem blei- 
ben möchten, so dürfte dieses Naturwunder noch durch folgende Beob- 
achtungen uns um desto unerklärlicher werden: Wie erwähnt, sahe ich 
von meinen Knabenjahren an, gegen Beendigung des Durchzuges der 


158 


Rothdrossel erst den der Wachholderdrossel beginnen und so 
ist es heute noch. Beide zeigen jedoch mehr gegenseitige Anhänglich- 
keit zu einander, als gegen andere Arten der Gattung, wenn auch die 
Zuneigung zur Wachholderdrossel eine fast allgemeine auch für die 
übrigen Drosseln ist (was jeder Vogelsteller bezeugen kann), vielleicht 
weil sie als eine der umsichtigsten gelegentlich den sichersten Führer 
macht. Wir wissen, dass die grossen Brüteplätze jener Beiden im ho- 
hen Norden (nach Boie u. a.) nahe beisammen liegen oder oft in 
einander greifen; dass sie dort in Massen neben einander ausbringen 
und sich im Herbst, zuerst die Rothdrosseln, bald nachher auch 
die Wachholderdrosseln, auf die Reise zu uns und weiter 
“ südlich oder westlich begeben; — wir wissen ferner, dass nur sehr 
selten und ausnahmsweise hin und wieder ein vereinzeltes Paar der 
Rothdrossel in unsern Waldungen zum Nisten zurückbleibt, jedoch 
alle Uebrigen massenweisse immer wieder nach dem Norden zurückkeh- 
ren, um dort meistens in grossen Vereinen ihre Bruten zu machen. 
Warum, frägt es sich nun, hat nicht auch diese Art, wie ihre Gesell- 
schafterin die Wachholderdrossel, zu welcher sie sich so gern ge- 
sellt und mit der sie überall harmonirt, ihre Brüteplätze in eben so grossen 
Gesellschaften, wie sie sie dort zu wählen pflegt, theilweiss nicht auch 
mehr nach Süden verlegt? Zumal gegenüber dem Vorbilde von Letzterer, 
welcher sie doch im Uebrigen sonst so treulich anhängt? Wer vermag 
diess Räthsel genügend zu lösen! 

Erst mit dem Beginnen unseres Jahrhunderts hat sich unerwarteter 
Weise endlich auch ein kleiner Punkt an der äussersten Nordgrenze 
unseres deutschen Vaterlands in neuerer Zeit als ein äusserst wichtiger 
Sammelplatz für die deutsche Ornithologie, ja eines grossen Theils selbst 
anderer europäischen Länder, für uns erschlossen, nämlich die kleine 
Felseninsel Helgoland, von woher, seitdem man dort die Aufmerk- 
samkeit mehr auf die Kenntniss der Gattungen und Arten lenkte, im 
Betracht des geringen Umfangs dieser isolirten, von deutscher Nord- 
see umwogten Klippe, eine sehr bedeutende Anzahl früher weniger oder 
als deutsche gar nicht gekannten Vogelarten unsern Sammlungen zuka- 
men. — Auf sie ist im vollen Maasse anzuwenden, was über den frü- 
hern Stand der Ornithologie im deutschen Vaterlande schon oben gesagt 
wurde; denn vor kaum vier Jahrzehnten ahnete man den Werth dieser 
Insel für den Sammler kaum. Man stellte in den Zugperioden zwar den 
oft massenhaft dort erscheinenden Vögeln mit Fangen und Schiessen 


159 


eifrigst nach, entweder um sie selbst zu verspeisen, oder die beliebte- 
sten davon (wie Drosseln und Waldschnepfen) nach Hamburg und an- 
dere volkreiche Orte, zu willigem Kauf und guten Preisen auf den 
Markt zu schaffen. Bloss ein einziger Mann, Hr, Reimers, auf Helgo- 
land geboren und ansässig, hatte so viel Sinn für Kunst und Wissen- 
schaft, dass er ihm interessant scheinende Vögel zu sammeln anfing, sie 
hübsch ausstopfen lernte und zu seinem Vergnügen aufstellte, doch 
meistens ohne ihre richtigen Namen zu kennen. Allein unser nackter 
Felsen Helgoland hatte damals noch keinen ornithologischen Ruf; man 
wusste bloss, dass ausser den vielen alljährlich zwei Mal zum Verspei- 
sen dort gefangenen Zugvögeln, nur noch etwa einige hundert Paare 
Lummen und Alken in seiner höchsten und schroffsten Felsenwand in 
jedem Jahr ihre Brut machten, dass aber sonst selbst nicht einmal 
Sperlinge im Städtchen lebten oder höchstens nur ganz einzeln und 
bloss besuchsweise, oder vielleicht durch Wind und Wetter dahin ver- 
schlagen, und selten da erschienen. So war es noch im Sommer 1819 
als ich mit meinen Freunden Fr. Boie und P. v. Wöldike die Inseln 
der jütländischen Westsee in ormithologischer Hinsicht bereisete, 
jene Fachkenner mir aber abriethen, das nach ihrer Meinung ausser den 
Zugperioden wenig Interessantes bietende Helgoland beiläufig mit zu 
besuchen. So wenig Ruf hatte damals noch unsere kleine Felseninsel, 
selbst für die eifrigsten Sammler. — Als jedoch später ein mir innigst 
ergebener Freund sich dahin begab, sich bald mit obengenanntem Hrn. 
Reimers befreundete, und dessen Wissen mit meinen und andern 
Schriften unterstützte, kam sofort mehr Zug in das Sammeln; es fanden 
sich bald einige junge Helgolander, welche mit gutem Erfolg bemühet 
waren, sich einige Fertigkeit im Abbalgen und Ausstopfen anzueignen, 
um die Ergebnisse ihres Fleisses an die das dort neu etablirte Seebad 
Besuchenden leicht in Zahlung zu verwerthen, die bald aber auch das 
wissenschaftlich Werthvollere unterscheiden lernten. In dieser Periode 
(Juni, 1840), wo ich meinen erwähnten Freund *) auf einige Tage be- 
suchte, und in lieber Gesellschaft, von ihm und Reimers geführt, auf 
Lummen und Alken Jagd machte, hatte ich auch die Freude, den dort 
wohnenden Seemaler, Hr. Gätke, kennen zu lernen, welcher damals 
eben angefangen hatte, sich mit dem Studium der Ornithologie zu be- 


—— 


*) Baron Hilmar von dem Busche-Lohe, welcher leider einige Jahr spä- 
ter dort ein frühes Grab fand. 


160 


fassen und eine kleine Sammlung von auf Helgoland vorkommenden 
und daselbst erlegten Seltenheiten für sich anzulegen begann, welche 
jetzt, ungerechnet was er an_Doubletten mehrfach an Auswärtige über- 
lassen, die überraschendsten Resultate vor Augen stellen soll. Schwer- 
lich möchte für Deutschland ein zweites Plätzchen aufzufinden sein, 
das, hinsichtlich unserer vaterländischen Vögelkunde, zu einer solchen 
Fundgrube für diese Wissenschaft werden könnte oder bereits gewor- 
den ist, als das kleine Felseneiland Helgoland. | 


Material”*) zur Fortpflanzungsgeschichte des gemeinen 
Eisvogels, Alcedo ispida L. 
Von 


Baron R. König- Warthausen. 


‚„‚Incubat Aleyone pendentibus aequore nidis.“ Ovid. 


Es ist wie überhaupt, so auch in der Naturgeschichte eine allge- 
meine Erfahrung, dass man in früheren Zeiten jeder auffallenden Erschei- 
nung gleich eine höhere Bedeutung beimass, und dass meistens dasjenige 
mit dem Glanz des Fabelhaften geschmückt wurde, worüber man theils 
aus Unwissenheit, theils auch in Folge allzupoetischer Weltanschauung 
keine genügenden Aufschlüsse hatte. 

Zu solch unverdienter Ehre gelangte auch unser Eisvogel. Präch- 
tiges Gefieder, sparsames- Auftreten, scheues und umherziehendes Leben, 
sowie eine ziemlich verborgene Nistweise haben herbeigeführt, dass die 
Alten sein ganz alltägliches Fischerleben zum Gegenstande schöner Poe- 
sien machten. . 

Die Fabeln über sein schwimmendes, künstliches Nest und die Wind- 

*) Ich glaube, dass eine Anhäufung recht vieler Daten für die Aufklärung eines 
noch nicht gehörig beobachteten Gegenstandes weit förderlicher ist, als die blosse 
Angabe der daraus zu ziehenden Schlüsse. Ich veröffentliche desshalb selbst auf 
die Gefahr hin, zu langweilen, das, was ich über die Fortpflanzungs-Zeit des Eis- 
vogels sammelte, in seiner Gesammtheit. Um die hiedurch nöthig gewordene Länge 
meines Aufsatzes wieder gut zu machen, lasse ich (trotz eines Vorraths von 60 Eiern !) 


alles Oologische unberücksichtigt, da in dieser Beziehung zu den Beobachtungen 
eines Thienemann Nichts hinzuzusetzen ist. 


161 


stille-während der winterlichen Brutzeit, wie sie Aristoteles und Plinius, 
und diesen nachschreibend noch viele Andere erzählen, fanden eigentlich 
erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts’ allgemeine Widerlegung *). Was 
Ulysses Aldrovandi **) über unsern Gegenstand schreibt) halte ich für 
werth, hier angeführt zu werden. Er tischt die Erzählungen der für 
unfehlbar gehaltenen alten Meister auf, trennt Aleyon und Ispida, lässt 
jedoch wenigstens letzteren in selbst gegrabenen Löchern nisten und 
sagt, Caelius Calcagnius wolle sogar den Aleyon »nidificantem in prae- 
ruptis scopulorum« gefunden haben. Merkwürdiger Weise setzt er Alcyon 
und Ispida (beides unser Eisvogel), wovon er mit Belon den Alcedo vo- 
calis (Calamoherpe turdoides Boje) als sicher verschieden trennt, zwi- 
schen Chloropus und Vanellus. 

So viel Geschichtliches glaubte ich voranschicken zu dürfen, ehe ich 
zum wahren Sachverhalt und zum Standpunkt der Gegenwart übergehe. 
Folgendes ist die Zusammenstellung des unser Thema behandelnden 
schriftstellerischen Materials, soweit ich durch eigenen Besitz im Stande 
bin, eine solche zu geben: 

»Die Eisvögel fangen vom Märzmonat an, ihr Loch zu besuchen: 
man sieht um diese Zeit das Männchen lebhaft das Weibchen verfolgen. 
— Von 4 Eisvögeln, die man mir am 21. August 1778 brachte und die 
auch so gross waren, wie die Alten, ob sie gleich im Nest gefangen 
waren u. s. w. — Man brachte mir, sagt Herr Montbeillard, am 7. Juli 
1771 5 kleine Eisvögel (es waren 7 im Nest).« — Buffon, übersetzt 
von Otto, Bd. 24, S. 97, 99—101. 

»In südlichen Gegenden baut er sein Nest schon Ende Januars und 
im Februar, bei uns aber erst im März, sobald als einige gelinde Früh- 
lingstage kommen. — Februar: Man findet in der ersten Hälfte Eier von 
Eisvögeln.«< Bechstein, Vögel Deutschlands, I, 1113. IH, 1178. 

»Nach den Eisvogeleiern darf man nicht vor Mitte Mai suchen. In 


*) Die Mythe von Ceyx und Alcyone, ‘sowie viele abergläubische Irrthümer der 
verschiedensten Völker berühren die Fortpflanzungsgeschichte nicht. 

**) Sein nach damaligen Begriffen enormes Wissen (auf die Compilationskunst 
gegründet) weiss der Herr Professor aus Bologna glänzend zu zeigen. Man erhält 
z. B. bei den einzelnen Vögeln über Folgendes Aufschluss: Ordinis ratio, Aequivoca, 
Synonyma, Genera, Differentiae, Locus, Vietus, Vox, Cantus, Coitus, Partus, Nidus, 
Ingenium, Mores, Praesagia, Auguria, Cognominata, Denominata, Moralia, Symbolum, 
Hieroglyphica, Emblema, Proverbia, Fabulosa, Apologus, Usus in medieina, in cibo, 
Usus allii! Dem ungeachtet ist noch jetzt Manches von Wertl. Das Werk erschien 
zu Bologna 1599 und 1634; 1610 zu Frankfurt. . 

Naumannia. 1854. 11 


162 


der ersten Hälfte des Juni findet man nackte Junge oder noch stark be- 
brütete Eier in den Nestern; nicht vor Ende Juni, gewöhnlich aber erst 
im Juli gibt es ausgeflogene Junge; wenn aber im August noch eben 
ausgeflogene vorkommen, so sind sie von Eltern, deren erste Brut zu 
Gründe ging, denn diese machen in der Regel nie mehr als eine Brut 
im Jahre.«c Naumann Bd. 5, S. 499, 501. 

»Vom April bis Mai vereinigen sich die Paare — von Mitte Mai bis 
Anfang Juni beginnt das Weibchen zu legen.« Thienemann, Fortpflan- 
zung der gesammten Vögel S. 103. 

Im ältern Eierwerk von Thienemann und Brehm wird (III, S. 75—77) 
ein Beispiel angeführt, wo Zorn ein Nest mit halberwachsenen Eisvögeln 
schon Ende Februar fand. Er legt im Mai 7 weisse Eier —.« Oken 
Bd. 7.-I, S. 220. Im Supplement (von Berge) heisst es im Mai oder 
Juni. | ' | 

»Brütet manchmal schon im Februar, gewöhnlich erst im März.« 
Landbek, Vögel Württembergs. 

»Für seine Jungen hackt er im Mai tiefe Löcher,« v. Tschudi 
Alpenwelt. S. 74 *). 

Da mich diese Widersprüche von jeher interessirten, machte ich vor 
längerer Zeit hierauf in der Naumannia (Bd. 1, Heft 3, S. 65 u. 66) 
aufmerksam und habe fortwährend durch Sammeln der nothwendigen 
Data mich bemüht, zur Aufklärung beizutragen. Ich gebe meine Resul- 
tate in der Reihenfolge, in der ich sie erhielt: 

4) Am 30. März **) 1848 bei Stuttgart 5 ausgeflogene Eisvögel 
vor der Nisthöhle. 

2) Am 6. Mai 1850 4 frische Eier von Denkendorf, auf denen der 
männliche Vogel gefangen wurde. | Ä 

3) Am 2. Juni 1851 9 Stück, frisch gelegt von Aich bei Neckar- 
thailfingen. 

4) Am 20. Juni 1851 6 Stück, ebendaher. 
5) Am 7. Juli 1851 7 starkbebrütete Eier von den Ufern der Na- 


*) Frisch beschreibt Nest und Eier gut, schweigt aber über die Nistzeit; eben 
so Cuvier, Meyer und Wolf (im Taschenbuch I. S. 134) lassen ihn auch in Fels- und 
Rattenlöchern, sowie unter Baumwurzeln nisten, was jedenfalls zum Mindesten sehr 
zu beschränken sein möchte? Aehnliche Angaben führt Oken a. a. 0. aus verschie- 
denen alten Autoren an. 

*%*) In der Naumannia a. a. 0. gab ich aus Versehen, da mir meine Notizen 
nicht zur Hand waren, den 18. April an. — Dass sich im März gepaarte Paare 
hitzig verfolgten, kam mir übrigens in andern Jahren mehrmals vor. 


163 


gold; das auf dem Nest gefangene Weibchen war stark in der 
Mauser. ; 
6) Am 21. Juli 1851 6 frische Eier von Aich. 


7) Am 4. Mai 1852 grub ich eine Niströhre an der Weisswitz bei 
Tharand auf, fand aber erst ein Ei. Da die Vögel seit 3 Tagen nur 
wenig sichtbar waren und der Eingang von den Exkrementen ganz weiss 
aussah, hatte ich geglaubt, die Vögel brüteten schon. Die in diesem 
Falle vorgenommenen genauen Ausmessungen glaube ich hier anführen 
zu dürfen. Der Eingang lag in erdigem mit vielen kleinen und grossen 
Steinen gemischtem Sand, 4‘ 714 (Decimalmaass) über dem Wasser- 
spiegel, in horizontaler Richtung 4‘ von demselben entfernt; über dem 
Loche sprang das Ufer 2‘ 21%‘ hervor, unter ihm war die Entfernung 
des Bodens 2‘ 3“. Die Röhre war am Eingang fast 3° breit, 2 34" 
hoch, verengte sich dann durch einen unten liegenden Stein, der theil- 
weise mit ausgegrabener Erde bedeckt war und in abwärts laufender 
Richtung 21,“ hervorsprang; nun wurde das Ganze kreisrund, im Durch- 
messer 1‘ 8—9‘' (einen Fuss hinter der Mündung gemessen). Der 
Gang stieg in dem Maasse aufwärts, dass das Eingangsloch 5“ tiefer 
lag als der unmittelbar vor dem Kessel befindliche höchste Punkt. Die 
Höhlung für die Eier hatte einen seitlichen Durchmesser von 6‘, in der 
Höhe von 4“. Röhre und Kessel waren zusammen 2‘ lang. An den 
Seiten des letzteren ragten einige kleine Steine hervor und es zeigten 
sich Spuren, dass die Vögel anfangs noch tiefer hatten graben wollen, 
allein durch die Bodenverhältnisse verhindert worden waren. Nach Zer- 
störung ihres Nestes-zogen sie an den benachbarten Forstteich, wo sie 
auch nochmals genistet zu haben scheinen. 

8) Am 12. Mai 1852 von Gärtringen 9 bebrütete Eier. 


9) Am 4. Juni 1852 7 Stück aus der Gegend von Neckarthailfingen. 
10) Am 17. Juni ebendaher 6 frische Eier. 


11) Am 20. Juni 1853 7 frische Eisvogeleier von Kirchentellinsfurt 
bei Tübingen. ; 

Weitere über diesen Gegenstand gesammelte Nachrichten habe ich 
theils mündlich, theils schriftlich von glaubwürdigen wissenschaftlichen 
Freunden erhalten: \ 

Inspeetor Tobias schrieb mir aus Leipzig: »In meinen Jour- 
nalen habe ich den 11. Mai 4834, 9. Mai 1839, 4. Mai 1840 ange- 


merkt, wo ich Eier für meine Sammlung ausgenommen und gegen Ende 
Er° 


164 


Juni 1838 so stark bebrütete, dass an ein Ausblasen nicht mehr zu den- 
ken war.« j 

Dr. Günther hat mir seiner Zeit folgende schriftliche Notiz über- 
geben: »Am 8. Juli 1850 sah ich zwischen Lustnau und Kirchentellins- 
furt an einer von Gebüsch freien, ausgewaSchenen Uferstelle des Neckars 
aus einem runden, 3‘ im Durchmesser haltenden Loch Alcedo ispida 
fliegen; ich fuhr sogleich mit meinem Kahn der Stelle zu, wo mir der 
abscheuliche Geruch und die sich in der Höhle befindenden Exkremente 
auch alsbald das Nest dieses Vogels erwiesen. Da sich beim Sondiren 
zeigte, dass sich die Höhle gegen 4 Fuss bis zum eigentlichen Kessel 
in die Länge erstreckte, musste die Untersuchung bis zum nächsten Tag 
verschoben werden, wo ich 7 Junge fand, die in 4—5 Tagen ausgeflo- 
gen wären. — Diese Verspätung rührte einfach daher, dass der Neckar 
im Frühjahr 1850 wie gewöhnlich über seine Ufer stieg, wodurch die 
Vögel entweder bei einem ersten Nisten gestört, oder überhaupt daran 
verhindert wurden. Dass sie vorher an keinem andern Ort genistet 
hatten, bin ich überzeugt, da ich sie nun schon seit 3 Jahren immer an 
derselben Stelle beobachtete, ohne jedoch früher das Nest finden zu kön- 
nen, obgleich es gerade am offensten Platze stand.« 

Med. Dr. Schütz in Calw täeilte mir in neuester Zeit Nachste- 
hendes über unser Thema mit: »Im Mai 1852 sagte mir mein Kräuter- 
sammler, er wisse ein Eisvogelnest mit Jungen. Ich ging flugs mit ihm, 
da mich das unterirdische Brüten dieses Vogels interessirte und fand 
einen circa 15 Fuss hohen Erdsturz (in Folge der Ueberschwemmung 
von 1851) am Nagoldufer zwischen Klutheim und Waldeck, wohl 100 
Schritte lang, senkrecht in die dort sehr tiefe Nagold abfallend. An ihm 
bemerkte ich vom andern Ufer aus drei runde Löcher, aus deren einem 
ich einen Eisvogel aus- und einfliegen sah. Ich begab mich auf einem 
grossen Umweg auf die andere Seite, liess einen Pfosten einschlagen und 
liess mich an diesem hinab; ich fand das 2—3' grosse, völlig runde 
Loch etwa 2’ unter dem Grasboden und konnte, so lang mein Arm war, 
horizontal hineinreichen, ohne das Ende zu erlangen, wobei ich einen 
starken Geruch nach faulen Fischen und Moschus verspürte. Nun 
liess ich von obenher graben, bis die im Umkreis fast kopfgrosse kessel- 
artige Höhle kam, die mit feinem, weissen, aus Fischgräthen bestehen- 
dem Sand gepolstert war und 3 flügge Junge enthielt. Diese rollten 
(damit möchte ich ihr eigenthümliches Geschrei am Besten bezeichnen) 
fürchterlich; ich nahm sie nach Hause und erhielt sie 6 Wochen mit 


165 


Fleisch. Die beiden andern Löcher, die etwa 10 Schritte von diesem 
entfernt waren, untersuchte ich nicht mehr, da der Abend nahte und die 
Sache ein wenig gefährlich war« *). 

Julius Hoffmann benachrichtigt mich, dass er am 1. September 
1853 4 ausgewachsene Junge nebst todtem Alten zum Verkauf angebo- 
ten erhalten habe. Diess sind wohl dieselben, welche Conservator 
Ploucquet Anfang September, als bei Schönaich aus dem Neste ge- 
nommen, ‘erhielt und ausstopfte. 

Was Pfarrer Baldamus über die Nistzeit ze , vergleiche 
Naumannia a. a. O. in der Anmerkung **), 

Meine Schlussfolgerungen aus dem Obigen gehen dahin, dass: 

4) die gewöhnliche Brutzeit in den April, Mai und Juni, somit in 
einen ziemlich ausgedehnten Zeitraum fällt; 

2) dass spätere Bruten wie überhaupt, so auch bei diesem Vogel 
leicht zu erklären sind, nehmlich a) durch Zerstörung des ersten Nests, 
b) durch Verhinderung am Brüten, namentlich in Folge von Ueber- 
schwemmungen ; 

3) dass früheres Brüten nicht Regel ist, aber zweifellos vorkommt, 
wenigstens als merkwürdige Ausnahme. Die Ursachen hievon sind frei- 
lich schwer zu finden, liegen aber gewiss theils ausserhalb des Vogels, 
nehmlich 1) in der jeweiligen “Witterung und 2) in dem vor äusseren 
Einflüssen geschützten Nistlokal, theils auch in den Vögeln selbst, vor- 
nehmlich 3) in gesteigerter Brutwärme. Diese muss jedenfalls gross 
sein, da sie ohne eine warm haltende Unterlage im Stande sind, bei 
geringer Körpergrösse und mässiger Befiederung eine bedeutende Anzahl 
ziemlich grosser Eier ***) in der kurzen Zeit von 15—16 Tagen aus- 
zubrüten. Ob 4) Alter und 5) Nahrung grosse Bedeutung haben, will 

“> 

*) Diesen Sommer theilte mir Freund Schütz mündlich mit, sein Pflanzensamm- 
ler habe auch in diesem Jahre die Vögel dort getroffen und spreche von einer kleinen 
Kolonie. Dass jedoch selbst nur 3 Paare in so geringer Entfernung beisammen 
brüten, ist mir nicht wahrscheinlich. Leider konnte mir Sch. die gewünschte Auf- 
klärung nicht geben, da er abgehalten war, selbst nachzusehen. 

**) Die meisten unserer Vogelsteller erzählen von einem frühzeitigen Brüten; 
sind gleich Berichte solcher Leute im Allgemeinen nichts weniger als glaubwürdig, 
so verdienen sie doch gewiss Berücksichtigung, wenn es sich von auch sonst con- 
statirten seltenen Fällen handelt. 

**) Rechnet man das Gewicht des fortpflanzungsfähigen Weibchens zu 2 Loth, 
das von einem Ei zu 1 Quenichen, so kommt ‚sich bei mittlerer Eierzahl Gewicht 


von Vogel und Eiern fast gleich; bei höchster Zahl der Eier übersteigen diese den 
Vogel noch um 3 Achtel des Gewichts (d. h. 3/, Loth). 


166 


ich dahin gestellt sein lassen, obgleich es nicht unwahrscheinlich ist, _ 
ebenso ob 6) geographische Verbreitung und namentlich Isothermenlinien 
bei einem von Schottland und Sibirien bis Afrika wohnenden Vogel von 
erheblichem Einfluss sind. Im mittleren Europa bringt diess jedenfalls 
keine Veränderung hervor. 

Immerhin bleibt es interessant, dass sich der Eisvogel je nach dem 
Vorhandensein verschiedener Einflüsse nicht immer streng an die Nor- 
malbrutzeit bindet, und er erinnert hierin gewissermassen an die Kreuz- 
schnäbel *). 


Noch ein Wort über Aquila pennata. 


Vom 


Grafen TC. Wodzicki. 


(Brief an den Redacteur d. B.) 


... Ich greife zum dritten Male nach der Feder, um über Aquila 
pennata einige Aufklärungen zu geben, die Sie gütigst im nächsten Hefte 
der Naumannia veröffentlichen wollen. Der Sporn zu meinem Aufsatze 
ist Ihr interessanter Aufsatz im letzten Hefte der Naumannia vom Jahre 
1853 (Beiträge zur Oologie und Nidologie), wo auf Seite 420 wieder 
der Zweifel auftaucht, dass Aquila pennata und minuta zwei Species sein 
könnten, unter der Vermuthung, dass sich Schreiber dieses vielleicht 
getäuscht hat. Ich muss etwas weit zurück und die Sache ab ovo auf- 
nehmen, um zu beweisen, dass dieser Vogel von mir fortwährend und 
beim Horste beobachtet worden ist, und jedes Jahr-Beweise geliefert 
hat, dass seine Eier im Korne, Gestalt und Farbe mehr variren, als 
Buteonen-Eier; weiter ist mir klar, dass bis jetzt Niemand die Gelegen- 
heit gehabt hat, so viele Paare zu beobachten, als ich es seit drei Jah- 
ren konnte. Da mir ein einziges Frühjahr 7 Gelege sammt den Vögeln 
geliefert hat, das künftige Jahr ein einziges, das letzte zwei Paare zu 
beobachten gab, so bin ich im Stande mit mehr Sicherheit aufzutreten, 
als viele Andere, die wohl eine grössere Anzahl von Eiern der Aquila 
pennata besitzen mögen als ich, diese aber gekauft und eingetauscht 


*) Dass solche früh nistende Paare keine zweite Brut machen, ist wahrschein- 
lich, aber durchaus nicht bewiesen. 


167 


haben, wobei meistentheils das Vaterland unbekannt bleibt, und bei wel- 
chen die Alten nicht geschossen worden sind. Sie sagen, dass die Ab- 
bildungen Thienemann’s, die Exemplure des Pesther Museums und die- 
jenigen meiner Sammlung verschieden von den kleinen, runden, weissen 
des Grafen Dzieduszycki sind. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, 
dass die Eltern dieser weissen Eier Ihrer Sammlung *), eben so wie die 
anderer Sammlungen unbekannt sind, und meiner Ansicht nach schwache 
Beweise liefern, wo gegen alle Exemplare der meinigen und die zwei 
des Grafen Dzieduszycki die Alten entweder beide oder wenigstens 
einen zum Beweise gehabt haben. So sind denn unsere Waffen sehr 
ungleich; ich will aber dennoch streiten für die Wahrheit und den Fort- 
schritt unserer Wissenschaft. Eben die weissen, rundlichen Eier 
des Grafen Dzieduszycki und die beiden schlecht präparirten Vögel 
haben mich in den Irrthum geführt, der Aqu. minuta Brehm’s beizutre- 
ten, und den Artikel über den Vogel im 2ten Bande 2tes Heft 1852 
unserer Naumannia p. 65 zu schreiben! Als ich mich deutlich überzeugte, 
dass die weissen Achselflecken ungemein leicht beim Präpariren unter 
die Flügel gerathen und sehr schwer wieder aufzufinden sind, so wurde 
mir klar, warum so viele Aqu. pennata ohne weissen Flecken in den 
verschiedenen Sammlungen stehen, und viele tüchtige Kabinets-Gelehrte 
(Nesthocker) zu dem Irrthume verleiten, zwei Arten des Zwergadlers 
anzunehmen. Da Wahrheit und Fortschritt der Wissenschaft Ziel meines 
Lebens sind, die skrupulöseste Gewissenhafligkeit das Mittel, da ferner 
Eigenliebe und das qu'en dira-t-on vor dem Lichte der Ueberzeugung 
weichen müssen, so muss ich demüthig bekennen, dass ich geirrt habe, 
und Sie waren so gefällig, meinen Protest im 1. Heft III. Bds. S. 93 zu 
veröffentlichen. Obwohl mir bewiesen schien, dass ich Nichts mehr zu 
beobachten hätte, unterliess ich doch nicht, jede Gelegenheit zu be- 
nützen, diesen Vogel in allen Kleidern zu untersuchen. Aus diesem 
Grunde machte ich eine Reise nach Russisch-Polen, wo ziemlich com- 
plette Sammlungen von inländischen Vögeln sich vorfinden. Auch dort 
fand ich die nämlichen Beweise, obwohl die Exemplare aus verschiede- 
nen Lokalitäten herstammten. Freilich fand ich einige Aqu. minuta, die 


*) Dem ist nun freilich eben nicht so, wie ich bereits a. a. 0. bemerkt. Die 
Eier meiner Sammlung sind seitens ihrer Provenienz durch den eben so kenniniss- 
reichen als gewissenhaften Sammler ausdrücklich und sicher bestimmt, und glei- 
chen vollkommen den beiden „sicher bestimmten“ Eiern der Sammlung des Grafen 
Dzieduszycki. Baldamus. 


168 


aber unter den Flügeln Aqu. pennata waren; endlich sah ich einen 
Zwergadler, der auf dem einen Flügel Aqu. pennata, mit herrlichen, 
weissen Achselflecken war, und mit dem anderen Flügel als ein düste- 
rer Aqu. minuta sich vorstellte. So kann ich denn keck behaupten, dass 
Aqu. minuta nichts als Aqu. pennata im ersten und zweiten Jahre ist. 
Ob mein demüthiges Bekenntniss Nachfolger finden wird, bezweifle ich 
sehr, die Zurücknahme des mihi bei einer neuen Species kommt so 
schwer! Ich will lieber freiwillig dieses Opfer der Wissenschaft bringen, 
als dass mich praktische Forscher (Nestflüchter) durch veröffentlichte 
Beweise dazu zwingen. Wie viele Species haben wir schon begraben, 
seitdem wir unsere Versammlungen haben, wie viele liegen noch auf 
dem Sterbebette, die nur von ihren Vätern mit Eigenliebe erhalten, auch 
gar bald in's Grab sinken werden, da leben ohne Wahrheit ein Schein- 
leben ist. Die Erfahrungen des Einen nützen selten einem Anderen, 
und Montesquieu sagt sehr richtig: L’experience est une suite de sot- 
lises. Jeder glaubt klarer zu sehen als sein Vorgänger, und so kommt 
er auf die Spur der Entdeckungen; Jeder erwirbt die Erfahrung auf 
eigene Kosten! Wenn dadurch die Wissenschaft nicht in Verwirrung 
käme, würden wir Jeden lustig laufen lassen auf dieser Bahn; allein 
nicht Jedermann hat den Muth, seinen Irrthum zu bekennen, und das 
erschwert den wahren Fortschritt. — Die Zwergadler sind höchst interes- 
sante Vögel. Sie sind wahre Adler und haben viel von den Falken an 
sich. Schon das runde, gut geformte Nest, aus feinen Reisern con- 
struirt, weit vom Stamme auf einem Gabelaste angelegt, eine Zärtlich- 
keit der Gatten, wie man sie nur bei den Tauben sieht, unterscheidet 
sie von ihren Verwandten; ebenso der Backenstreif, der die Edelfalken 
charakterisirt, und der in jedem Alter zu sehen ist. Die Stimme, ähn- 
lich der der Buteonen, aber wohlklingender, täuscht leicht den Beobach- 
ter. Ich könnte noch viele Unterschiede hier aufzählen, da aber der 
Aufsatz nur eine kurze Reclame sein soll, will ich mir für später eine 
weitläufige Beschreibung dieses niedlichen Adlers vorbehalten. Im Nest- 
flaume ist der Zwergadler perlgrau, das erste Gefieder ist schwarzbraun, 
unten mit dunklen Schäften, wie bei Milvus ater, die Deckfedern der 
Flügel lichter; so erscheint er im Herbste des ersten Jahres. Im Früh- 
jahr kommt er wohl (so denke ich wenigstens) mit demselben Gefieder 
wieder zu uns; es sieht heller aus, weil es abgebleicht ist, und er 
bleibt in dem Kleide bis zum Herbste. Die meisten Vögel der Samm- 
lungen Europa’s sind 1- oder 2jährige. Nach Beendigung des Brutge- 


169 


geschäftes fängt der Zwergadler an zu mausern, verlässt uns aber bald, 
um im Frühjahre als herrlicher, rostbrauner Vogel zu erscheinen. (Die- 
ses Kleid erinnert an das Gefieder der Varietät oder vielmehr der be- 
sonderen Race des A. fulva, nämlich A. chrysaötos). Der Unterleib 
ist dann rostbraun mit dunklen Schäften, der Backenstreif dunkelbraun, 
der Mantel wie beim vorigen Kleide, nur etwas lichter. Endlich der 
alte Vogel bekommt den weissen Unterleib mit gelbbraunen Schaftflecken, 
den lehmbraunen Mantel mit dunkler Schattirung. Meiner Erfahrung nach 
kommen die Vögel im 2ten und 3ten Kleide seltener zu uns, als die 
braunen; es scheint mir, dass die Jüngeren von den Alten verdrängt 
werden, und in rauherem Klimate ihre Zuflucht suchen müssen. Im alten 
Kleide sieht das Männchen dem Weibchen ähnlich, der Grössen-Unter- 
schied ist weit weniger sichtbar, als bei anderen Adlern, was auch die 
Eier beweisen, da man in einem Gelege einen genauen Vergleich an- 
stellen muss, um das Ei des künftigen Weibchens von dem des Männ- 
chens zu unterscheiden. Ich bin überzeugt, dass die Adler, wie beinahe 
alle Raubvögel, sich als Geschwister paaren, beim Zwergadler ist es am 
leichtesten zu sehen, ebenso bei A. albicilla, wo die Kleider verschieden 
sind. Sieht man wo einen Alten mit Jüngeren gepaart, so hat einer der 
Gatten das Leben verloren, und der Alte hat den Jungen gezwungen, 
die Braut oder den Bräutigam abzutreten: also ist es immer nur eine 
Ausnahme. Dieser Despotismus in der Natur der Alten gegen die Jun- 
gen sah ich bei allen Vögeln, selbst Mot. alba, eine vieljährige Bekannt- 
schaft von mir, lieferte mir dazu ein Beispiel, und viele Störche. Wenn 
selbst die jungen Gatten schon gepaart sind, und ihr Horst bereits ange- 
fangen und es widerfährt einem in der Nähe lebendem Paare das Un- 
glück, Wittwer zu werden, so jagt er vom andern Horste junge Männchen 
weg, und nimmt mit orientalischem Muthe und Stolze dessen Platz ein. 
Voriges Frühjahr schoss ich ein sehr altes Weibchen, das Männchen hatte 
dasselbe Kleid. Zu gleicher Zeit beobachtete ich ein junges braunes Paar, 
(denn die jungen Vögel brüten immer später) welches erst Anstalten zum 
Brüten traf. Nach drei Tagen musste mein junger Zwergadler weichen 
und der alte nahm das Weibchen sammt dem Horste in Besitz. Eine Täu- 
schung war nicht möglich, da kein drittes Paar in der ganzen Gegend 
zu sehen war, die ich jedes Jahr gewissenhaft untersuche. 

Anfangs Mai findet man 2, selten 3 Eier in einem Horste, die höchst 
merkwürdig variiren. Ich dachte, als ich meinen ersten Artikel schrieb, 
dass die dunklen, also einjährigen, Vögel diese weissen, rundlichen, 


170 


kleineren Eier legten, da wirklich zwei Horste solche geliefert haben, 
allein später bekam ich einen Horst, bei dessen Eiern auf weissem Grunde 
schwache Flecke durchschimmerten, und endlich ein Gelege, wo das 
eine ganz weiss, das andere gefleckt war, und so bin ich’ denn zur 
Ueberzeugung gelangt, dass weder das Alter noch die Lokalität diese 
Verschiedenheit hervorbringen, und dass die Zwergadler geschaffen sind, 
so verschiedene Eier zu-legen, wie die Buteonen. Mit dem Korne war 
es eine viel schwierigere Aufgabe, und ich begreife sehr leicht, dass 
ein Kabinets-Gelehrter, der viele Zwergadler-Eier aus verschiedenen Län- 
dern besitzt, mit der Lupe in der Hand bei gutem Lichte sich vor seinen 
Arbeitstisch setzt, und die Eier in 2 Gruppen auseinander legt, die lich- 
ten mit grobem Korne auf eine Seite und die starkgefleckten mit feinem 
Korne auf die andere Seite, dass er sie vergleicht und mit Freuden 
ausruft: Das sind doch gewiss zwei gute Species! Ein Forscher 
oder Nestflüchter wird auch irren, die Natur steht ihm aber offen, diese 
Natur, die Alles so charakteristisch und systematisch geordnet hat, und 
die uns den Schleier jedesmal aufdeckt, wenn wir nur fleissig und ge- ' 
wissenhaft weiter forschen. Es ist uns nicht gegeben, nach unserem 
Wunsche Entdeckungen zu machen; viele Jahre vergehen oft darüber 
und die Natur verhüllt das Geheimniss, sie verlangt die seltenste Aus- 
dauer, sie prüft uns lange, aber wie herrlich ist ihre Dankbarkeit, wie 
schön und wunderbar die verborgenen Schätze, wenn sie damit den For- 
scher belohnen will. 

Um Ihre A. minuta so recht in den Sattel zu heben, eitiren Sie 
einen Brief von Dr. Degland, den ich eben so wie Sie, mein werthester 
Herr, zu schätzen weiss, und der als Kabinets-Gelehrter sicher einen 
hohen Rang einnimmt, was auch sein praktisches Werk hinlänglich be- 
weiset. Er ist aber Nesthocker!!! und macht die Species an seinem 
Arbeitstische! Um dieses zu beweisen, braucht man ja nur das Werk in 
die Hand zu nehmen und zu lesen: »Herr X hat mir diese Beobachtung 
mitgetheilt,« »Herr A. mir dieses berichtet,« Herr B. meine Ansicht für 
richtig angesehen,« diese Eier erhielt ich von dort,« »die anderen von 
daher,« aber keine hat er gesammelt. Herr Degland hat aber nicht 8 
alte Vögel vom Horste geschossen und gewiss wenige Eier dieses sel- 
tenen Vogels herausgenommen, und so sind seine Beweise für die 
Speciesverschiedenheit sehr schwach, da er aus vielen Ländern durch 
Kauf und Tausch die Eier erhalten hat, von Leuten, die gewiss nicht 
Geduld gehabt haben, Tage lang beim Horste zu verbleiben. “Wie kann 


171 


Jemand nach weissen, etwas gröber gekörnten Eiern auf eine Speciesver- 
schiedenheit schliessen, wenn er nicht weiss, was für ein Vogel diese 
Eier gelegt hat? Die Aquila minuta im Pariser Museum sind, ich möchte 
sagen schlecht maskirte A. pennata. Ich habe grobkörnige, ungefleckte, 
weisse Eier, die weit grösser.sind, als alle gefleckten meiner Sammlung. 
Aus diesen würden gewiss grosse A. minuta geworden sein; und recht 
dunkle, die kleiner sind wie die kleinsten des Buteo vulgaris. Das Korn 
ist ein echtes Adler-Eier-Korn,: es finden sich aber so viele Nuancen, 
dass man ohne Lupe den Uebergang schwer sehen kann. Einige sind 
so rauh, dass man das Korn. mit blosser Hand fühlt, andere scheinen 
ganz glatt, haben aber ein sehr deutliches Korn; und dazwischen gibt 
es so viele Uebergänge, dass man sie alle schwerlich aufzählen könnte. 
Die mir bekannten Eier haben folgende Form und Farben; sie werden 
von jungen, wie von alten Weibchen gelegt, ohne Unterschied: 


a) Zwei Eier, rundlich, grobkörnig, inwendig grün, wie die Eier der 
Ciconia nigra, auswendig weissgrünlich, in der Sammlung werden 
sie bald. kalkweiss, die inwendige Farbe hält länger (bei mir schon 
3 Jahre); diese Eier sind kleiner wie alle andere 2 1 — 4 zu 
(Leipziger Maas) bauchig, an beiden Enden beinahe gleich rund, 
unbebrütet und unausgeblasen wogen sie 3 Loth weniger 14 Gran, 
ausgeblasen 60—62 Gran. Diese Eier wurden von einem jungen 
‘Weibchen gelegt, das dunkelbraun war mit weissen, grossen 
Achselflecken. 


b) Vier Eier mit demselben Korn etwas ovaler, von derselben Farbe, 
rein ausgeblasen 5 Gran schwerer, zwei vom jungen, zwei vom 
alten Weibchen gelegt. 


c) Zwei Eier, die eben so klein waren wie Lit. a, von derselben 
Farbe, mit schmutzig gelblichen Flecken sparsam bestreut auf dem 
ganzen Eie; vom alten Weibchen. 


d) Zwei grünlich weisse Eier von sehr grobem Korne, schön grün 
inwendig, auswendig einige gelbe Flecken, die vom Schmutze her- 
zustammen scheinen, die sich aber nicht wegwaschen lassen. Un- 
ausgeblasen 3 Loth, rein 7312 Gran, L. 2 4", B. 1" 11; die 
Form wie die der vorigen. Vom 2—3jährigen Weibchen gelegt. 


e) Drei Eier in einem Gelege, die höchst interessant sind, und wovon 
ich nirgends ähnliche getroffen habe. Alle sind klein, wie die un- 
ter Lit. a beschriebenen, das Korn viel feiner, glatt anzufühlen, 


172 


von schöner, spitziger Form und doch bauchig; das eine ist weiss- 
lich grün, ungefleckt; das zweite kalkweiss mit schmutzigen, ziem- 
lich grossen Flecken von gelbbrauner Farbe; das dritte von noch 
feinerem Korne, was man nur mit der Lupe erkennen kann, mit 
dunklen kastanienbraunen Flecken und Punkten, sparsam auf dem 
ganzen Eie vertheilt, die Spitze aber damit ganz bedeckt. Die 
Eier wiegen 70—71 Gran, L. 2 2“, B. 1“ 9“, Vom alten Weib- 
chen. Das letzte Ei ist in der Farbe den stark gefleckten Eiern 
von M. ater sehr ähnlich. 


d) Mitte Mai sass ein junges braunes Weibchen auf einem einzigen 
Ei, welches wieder ganz verschieden ist: Gewicht blos 55 Gran 
L. 2“, B. 1“ 9“, das Korn fein und glatt, doch sichtbar ohne 
Lupe. Der Grund ist gelblich, beinahe verdeckt von dunkleren, 
kleinen Pünktchen, die rostgelb auf dem spitzigeren Ende erschei- 
nen; deswegen hat die Hälfte des Eies einen rosafarbigen Anflug. 
Dieses schöne Ei ist ohne bauchig zu_sein beinahe gleich an 
beiden Enden. Alle Väter und Mütter der beschriebenen Eier hat- 
ten weisse Achselflecken, die selbst beim frischen Vogel leicht zu 
verdecken sind. 


Der Zwergadler ist viel zutraulicher, als andere Adler, also leichter 
zu schiessen; er kreiset weniger, sitzt stundenlang auf demselben Baume, 
ist dabei ungemein zärtlich, denn ich sah ihn auf dem Horste stehen 
und mit dem Weibchen schnäbeln; das Männchen brütet einige Mal des 
Tages, nicht nur in den Mittagsstunden. Sein Flug ist rasch und ge- 
wandt, vom Horste streicht er wie ein Falke ab. Er fängt Vögel und 
Mäuse, Frösche, Eichhörnchen, Maulwürfe, wie es scheint mit Leichtig- 
keit, da er immer gut bei Leibe ist und der Jagd nur wenig Zeit wid- 
met. Das Aufsitzen auf seinen Horst ist auch charakteristisch; er setzt 
sich weit von diesem auf den Ast, bückt den Kopf hinunter, bläst den 
Kropf auf und schreitet langsam, wie eine Taube darauf zu, bis er end- 
lich auf den Rand kommt; bei dieser interessanten Gymnastik lässt er 
ein wohltönendes, flötenartiges keg, keg, keg, hören. Ob ich Sie über- 
zeugt habe, weiss ich nicht, doch schrieb ich die Beobachtungen nieder, 
weil ich es der Wahrheit schuldig war. Wenn dieses Frühjahr wieder 
einige von diesen Vögeln mir zur Beobachtung bietet, und ich was 
Neues entdecke, sollen Sie davon alsogleich in Kenntniss gesetzt wer- 
den; und nun, Herr Kollege, einen Gruss und den herzlichen Wunsch, 


173 


dass Sie Vieles und Neues entdecken in der Vogelwelt, aber nur recht 
wenige neue Species! 
Hochachtungsvoll verbleibt 
Krakau, den 17. April 1854. 
Graf Casimir Wodzicki. 


Aus einem Briefe an Herrn Grafen C. Wodzicki, 


vom Herausgeber. 


»... Abgesehen davon, dass meine incriminirte Bemerkung dem 
Publikum und mir die Freude verschafft hat, wieder einmal ein stets in- 
teressantes Lebenszeichen von Ihnen zu erhalten, hat sie denn doch 
auch den Gegenstand selbst durch Ihre Entgegnung, meines Bedünkens, 
wesentlich gefördert, und obschon Ihre auf Thatsachen gestützten Argu- 
mente mich noch nicht völlig überzeugt, so bekenne ich doch offen, 
dass sie meine Ansicht mindestens stark erschüttert haben. Ueberzeugt 
bis jetzt desshalb nicht, weil Ihnen die Eier meiner Sammlung nicht zur 
Vergleichung standen, und mir nur ein Exemplar der Ihrigen. Ich sende 
Ihnen desshalb auch die mir augenblicklich zu Gebote stehenden Exem- 
plare mit der Bitte, sie mir nebst den Exemplaren Ihrer Sammlung zu 
retourniren. Wir werden dann sehen, wie bedeutend oder schwach der 
Unterschied im Korne zwischen den verschiedenen Individuen und Ge- 
legen ist. 

Denn eben nur auf das Korn habe ich bisher Gewicht legen kön- 
nen. Herrn Dr. Thienemann, dem Schöpfer der wissenschaftlichen Oologie, 
gebührt das Verdienst, die Struktur der Schaale als das standhafteste 
und eigentlich einzige ausreichende Kriterium der Artbestimmung aufge- 
stellt zu haben, und obwohl diese schwierige Seite der Oologie weit 
davon entfernt ist, diejenige wissenschaftliche Bestimmtheit, Schärfe und 
systematische Ausbildung erreicht zu haben, deren sie jedenfalls fähig 
ist, so bleibt sie doch wenigstens für den Praktiker das bisher einzig 
sichere Mittel zur sonst überall so schwierigen Bestimmung der Eier, 
Ich habe Gelegenheit gehabt, sehr viele sicher bestimmte Eier zu un- 
tersuchen, wahrscheinlich mehr, als irgend ein Ornitholog oder Samınler, 
— deren wo keiner z. B. so viele und verschiedene Raubvögelhorste 
selbst erstiegen haben dürfte; — aber nie ist mir ein Beispiel vor- 
gekommen, dass Eier derselben Species in der Bildung des 


174 


Kornes einen speeifischen Unterschied gezeigt hätten. Wie 
bemerkt, es fehlt uns noch eine — Porographie möchte ich es nen- 
nen — indess, wer eben Untersuchungen mit und ohne Lupe angestellt 
hat, wird aus Erfahrung wissen, was gemeint ist. Es soll damit aber 
nicht die Möglichkeit überhaupt geleugnet werden, dass — wie in 
so vielen andern Beziehungen — die Natur nicht auch in der Kornbil- 
dung der Eier ein und derselben Species abwiche; aber — mein hoch- 
verehrter Herr Graf — obschon Sie mich nicht ganz undeutlich zu den 
»Nesthockern« verweisen wollen, — eine Ehre übrigens, die ich selbst 
nicht gern abweisen möchte — so bin ich in der That doch vielleicht 
ebensosehr »Nestflüchter« als Sie selbst, und als solcher werden Sie mir 
es verstatten, dass ich mich nicht eher vollständig überzeugt er- 
klären kann, als bis ich mit eigenen Augen gesehen und wieder gese- 
hen habe. Hoffentlich kommen Sie nach Gotha, und da werden wir se- 
hen und hören! 

Dass ich meines ehrenwerthen Freundes Dr. Deglands briefliche 
Worte citirte, ist wohl verzeihlich, da sie so ganz ä propos kamen. 
Degiand, ein ganz tüchtiger Kabinets-Gelehrter, ist freilich kein prakti- 
scher Oolog; aber darauf kommt es in vorliegendem Falle in der That 
auch weniger an. 

Schliesslich noch einmal ausdrücklich mein Bekenntniss hinsichtlich 
der Speciesfabrikation! Vielleicht bedauert Niemand so sehr den 
Leichtsinn, die Entdeckungssucht, die Eitelkeit und Einseitigkeit, — die 
hauptsächlichen Quellen so mancher neuen Species! Steht uns doch noch 
nicht einmal der Speciesbegriff in der Ornithologie ganz fest, der 
Natur und ihren Forschern sei’s geklagt! Ein gutes Hundert im Kataloge 
der europäischen Vögel dürfte bedenkliche Fragezeichen erhalten, ginge 
er durch die Hände sämmtlicher Ornithologen! Ausdrücklich sage ich es 
noch einmal: mir liegt so gut wie Nichts an dem verfänglichen »Mihi,« 
und ich bin gar nicht ängstlich ob der Priorität! Auch habe ich noch 
nicht das Glück oder wenn Sie wollen, das Unglück gehabt, eine neue 
Species zu entdecken, obwohl ich vor vielen Ornithologen reiche Gele- 
genheit dazu hätte... 

E. Baldamus. 


175 


Vergleichende Aufzählung der auf dem S.0, 'Thürin- 
ger Walde und der in der Umgegend von Schlotheim 
in N. W. Thüringen vorkommenden Vögel. 


Von 
Dr. 3. Speerschneider. 


WFortsetzung.) 


37) Corvus caryocatactes, in der Volkssprache Tannenhehr, Tannenhäger, 
schwarzer Nusshacker genannt, kommt in der Umgegend Schlot- 
heims nur selten vor, was vielleicht seinen Grund in dem fast gänz- 
lichen Mangel der Nadelholzwaldungen dieser Gegend haben mag. 
Ich selbst habe hier bis jetzt noch nicht ein einziges Exemplar im 
Freien beobachten können. Im südlichen Thüringen dagegen ist der 
Vogel keineswegs eine seltene Erscheinung, obwohl nicht in jedem 
Jahre und in jeder Lokalität gleich häufig. So wurden in den Jah- 
ren 1844 und 45 mehrere Exemplare bei Rudolstadt und Blanken- 
burg erlegt, 1846 scheint er daselbst, so viel mir bekannt, nicht 
vorgekommen zu sein. Als ich zu Pfingsten 1847 einen Freund zu 
Paulinzelle besuchte, fand ich :zu meinem grossen Erstaunen zu 
dieser Zeit den Tannenhehr in den dortigen Waldungen sehr ge- 
mein. Ich kam auf die Idee, dass der Vogel daselbst brüten könne, 
suchte jedoch den ganzen Tag vergeblich nach dem Neste, aber 
noch 4 Wochen später schickte mir mein Freund zwei frisch ge- 
schossene Individuen zugleich mit der Nachricht, dass es ihm, aller 
Mühe ungeachtet, nicht gelungen sei, ein Nest des Vogels aufzu- 
finden. Die höheren Punkte des südlichen Thüringer Waldes scheint 
C. coryocatactes entweder gar nicht, oder doch nur selten zu be- 
suchen. Während meines Aufenthaltes in Katzhütte wenigstens 
habe ich über sein Vorkommen daselbst nichts Bestimmtes erfahren 
können. 

38) Coracias garrula, Mandelkrähe, Blaurake, Birkenhäger. Wenn auch 
hier um Schlotheim etwas selten, doch häufiger als im südlichen 
Thüringen. Bei einem Dorfe hiesiger Gegend, Namens Allmenhau- 
sen, wurde vor einigen Jahren ein Päärchen der Blaurake sogar 
nistend gefunden. Im Rinnethale und im untern Theil des Schwar- 


39) 


176 


zathales wurde der Vogel in einer Reihe von Jahren nur einigemal 
beobachtet. Das engere Thal der Schwarza, sowie das höhere Ge- 
birge scheint er zu meiden. Jägern und Vogelstellern ist der Vogel 
in den Forsten um Katzhütte nie vorgekommen. 

Oriolus galbula, hier Pfingstvogel, Pirol, am Thüringer Walde ge- 
nannt, findet sich in fast allen Laubholzwaldungen der Umgegend 
Schlotheims in grosser Anzahl. In der Sonder, einem solchen Ge- 
hölz etwa Y Stunde Wegs von hier, haben vergangenes Jahr we- 
nigstens 10—12 Paare gebrütet. Bei Blankenburg und Rudolstadt 
ebenfalls nicht selten, namentlich in den hohen Kastanienbäumen 
und deutschen Pappeln letzterer Stadt häufiger; weit einzelner im 
unteren Theil des Schwarza- und Rinnethales. Mit dem Eintritt in 
das engere Schwarzathal vermisst man sogleich unter den mannig- 
faltigen Vogelstimmen die flötende des Pirols, und man fühlt in der 
That hierdurch nicht. eben unmerklich, dass man einen andern Be- 
zirk der Ornis betreten. 


40) Sturnus vulgaris, Staar, hier häufig, vorzüglich in lichten Waldungen, 


41) 


weit seltener in der nächsten Umgebung der Ortschaften. Im süd- 
lichen Thüringen dagegen hat die Pflege, die man diesem Vogel 
angedeihen lässt, dieses Verhältniss umgekehrt. In Rudolstadt, 
Paulinzelle, in neuerer Zeit auch in Blankenburg und vielen andern 
Ortschaften wird man überall, theils unmittelbar an den Häusern, 
theils auf langen jene überragenden Stangen befestigte Kästen, so- 
genannte Staarkästen, bemerken können, die der Staar mehr als 
hohle Bäume zu lieben scheint, und in denen er gewöhnlich sein 
Brutgeschäft verrichtet. In Folge dieser nicht gerade nutzenbrin- 
genden Hege, denn der Staar thut in Gärten den jungen Pflanzen 
oft bedeutenden Schaden, hat sich der Vogel von dem Walde und 
dem Felde zwischen die Wohnungen der Menschen gezogen, und 
sich dabei wirklich in's Ungeheuere vermehrt. Auf den feuchten 
Wiesen bei Rudolstadt, und besonders bei Paulinzelle, bemerkt man 
gar nicht selten Schwärme von einigen Tausend Stück. Ungleich 
weniger häufig, ja sogar selten, ist dieser Vogel in dem engeren 
Thale der Schwarza nnd dessen Seitenthälern, und in den höher 
gelegenen Gegenden des eigentlichen Waldes, z. B. bei Katzhütte, 
ist der Staar gerade keine so sehr gewöhnliche Erscheinung. 

Bombycilla garrula, Seidenschwanz, erscheint nur manche Jahre, 
nach dem Volksglauben alle sieben Jahr, gegen den Herbst und 


42) 


43) 


177 


Spätherbst oder im Winter in Thüringen, dann aber gewöhnlich in 
grossen Massen, scheint aber dann doch nicht gleichzeitig in beiden 


''Theilen des Gebietes gleich häufig zu sein. So wurde er im Spät- 


herbst 1847 auf den Vogelheerden bei Blankenburg in grosser Menge 
gefangen, während er in derselben Zeit hier bei Schlotheim fast 
gar nicht beobachtet wurde. Im Winter 1851 war er um Schlot- 
heim sehr häufig, dagegen zur -selben Zeit bei Blankenburg selten. 
Die Höhe des Gebirges scheint er seltner, nur einzeln und nur so 
lange, als ihm die Beere der Eberesche hinreichende Nahrung bietet, 
zu besuchen. 


"Muscicapa grisola, Fliegenschnäpper. In beiden Theilen unseres 
Gebietes den Sommer hindurch gleich häufig, nur etwas seltener 


in den höheren Theilen des Schwarzathales und auf der Höhe des 
Gebirges. 

Museicapa atricapilla, schwarzköpfiger Fliegenschnäpper. Um Schlot- 
heim ziemlich‘ häufig, nur einzeln im Rinne- und dem weiteren 
Schwarzathale. In dem höheren Theile des letzteren habe ich ihn 
zu beobachten nie Gelegenheit gehabt. 


44) Muscicapa collaris, Halsbandfliegenschnäpper. Nun schon zwei 


Jahre hinter einander hat sich dieser seltene Vogel in hiesiger Ge- 
gend im Frühjahr eingestellt. Es ist 'mir sogar wahrscheinlich ge- 
worden, dass er hier selbst nistend gefunden werden kann, wofür 
wenigstens sein spätes Vorkommen zu sprechen scheint. Vergan- 
genes Jahr nämlich bekam ich durch die Güte des Herrn Förster 
Irmisch noch zu Pfingsten ein eben erlegtes, schön ausgefärbtes 
Männchen. Ueber sein Vorkommen im südlichen Thüringer Walde 
habe ich ‘Nichts in Erfahrung bringen können. 


45) Muscicapa parva. Als ich letzverflossenes Frühjahr 1852 mit mei- 


nem Freund, Herrn Lungershausen, von einer ornithologischen Ex- 
cursion zurückzukehren im Begriff stand, bemerkten wir in dem 
Weidengestrüpp eines Wassergrabens ein kleines, munteres Vögel- 
chen, das in seinem Betragen viel Aehnliches mit einem Troglodytes 


. parvulus zeigte, durch Körperbau, Grösse und Farbe sich aber we- 


sentlich von ihm unterschied. Wir betrachteten den auffälligen 
Vogel eine Zeit lang, kamen auch (Herr Lungershausen wollte eine 
deutlich rothgefärbte Brust am Vogel bemerkt haben) auf die Ver- 
muthung, dass wir es mit dem bezeichneten, seltenen Fliegen- 
schnäpper zu thun hätten, konnten aber doch, theils wegen der 


Naumannia. 1854. 1 


‚ 46) 


47) 


178 


Beweglichkeit und Scheuheit des Vogels, theils durch die herein- 
brechende Dämmerung an einer weiteren Verfolgung verhindert, 
diesen Tag zu keinem bestimmten Resultate gelangen. Als ich den 
nächsten Tag Morges von einem Geschäftsgange eben nach Hause 
zurückgekehrt war, legte mir Hr. Lungershausen den gestern beob- 
achteten und eben erlegten Vogel mit grosser Freude vor, Es war 
wirklich ein Männchen der Muscicapa parva im Prachtkleide, das sich 
gegenwärtig in der Sammlung des genannten Herrn befindet. Auch 
das Weibchen will nach einiger Zeit Herr Chirurg Picard, ein sehr 
eifriger Ornitholog und Oolog, beobachtet haben. Wahrscheinlich ist 
es mir seit der Zeit geworden, dass dieser Fliegenschnäpper bei 
seiner Wanderung, vielleicht nach dem Harze, öfterer unsere Ge- 
gend passiren mag. 

Turdus viscivorus, Misteldrossel, am Thüringer Walde gewöhnlich 
mit dem Namen Schnärre bezeichnet. Ich weiss nicht, ob ich das 
Fehlen dieses Vogels in der Umgegend von Schlotheim mehr dem 
Fehlen der Nadelholzwaldungen, oder dem Mangel des Viscum album 
zuschreiben soll. Letztere Pflanze »habe ich bis jetzt hier nur in 
zwei Exemplaren gefunden. Im südlichen Theil unseres Bezirkes 
findet sich Turd. visc. von der Ebene bis hinauf auf die Höhe des 
Gebirges gleich häufig den ganzen Sommer hindurch. Ziemlich zahl- 
reich brütet sie in den ausgedehnten, alten Waldungen um Paulin- 
zelle. Im Herbst wird sie in jener Gegend häufig auf dem Heerde 
gefangen. Einzelne überwintern, namentlich in gelinden Wintern, 
die meisten aber ziehen mit den, in kleineren Truppen ankommen- 
den nördlicheren Wanderern, südlicher. 

Turdus musicus, Singdrossel, bei Blankenburg und am Thüringer 
Walde Zippe genannt. Es ist wahr, die Singdrossel findet sich 
zahlreich in der Umgegend Schlotheims, doch steht diese Zahl in 
keinem Verhältniss zu der Menge dieser Vögel, die das südliche 
Thüringen, namentlich die höheren Theile des Schwarzathales und 
die Waldungen um Paulinzelle bewohnen. Man begreift erst, wie 
passend die Bezeichnung Turd: musicus, wenn man eines von jenen 
imposanten, nicht hundert, sondern tausendstimmigen Concerten ge- 
hört hat, das der Vogel in den engen Thälern jenes Gebirges ge- 
gen Abend gibt, wenn die ersten lauen Hauche der Frühlingsluft in 
jene wildromantischen Schluchten dringen. Ich muss gestehen, ich 
habe oft stundenlang, von diesen Stimmen bezaubert, gelauscht. 


179 


Wie alle ihre Gattungsverwandten hat auch die Singdrossel das 
Schicksal, im Herbst vor ihrem Abzuge in ungeheurer Menge auf 
dem Vogelheerde gefangen zu werden. Dieser Drosselfang auf dem 
Thüringer Walde ist allbekannt. Man würde sich aber irren, wenn 
man ihn sich über das ganze Gebirge in gleicher Ausdehnung vor- 
stellen wollte. Ich kenne diesen Theil unseres Vaterlandes ziem- 
lich genau, muss aber behaupten, dass ich die meisten Vogelheerde 
in der Umgegend von Blankenburg und Rudolstadt gefunden habe, 
denn auf einem Terrain von etwa ', Quadratmeile zählt man dort 
nicht weniger als zehn, die fast jedes Jahr sämmtlich bestellt wer- 
den. Bedenkt man nun, dass nach dem Tagebuche nur eines Heer- 
des, in -einem Zeitraum von etwa vier Jahren mehrere Tausend 
Stück blos der Singdrossel gefangen wurden, so wird man sich eine 
Vorstellung machen können, wie viel Vögel jährlich als Opfer jener 
Vogelfangwuth fallen. Trotzdem habe ich doch noch keine merk- 
liche Abnahme in der Häufigkeit der Turd. music. in jener Gegend 
bemerken können. 

48) Turdus iliacus, Weindrossel oder gewöhnlicher schlechtweg Drossel 
genannt, passirt jedes Jahr auf dem Herbst- und Frühlingszuge in 
grosser Anzahl, sowohl die hiesige platte Gegend, wie die Gebirge 
Thüringens. Ihr Fang auf dem Heerde ist besonders ergiebig an 
etwas nebeligen, mit feinem Staubregen verbundenen Herbstmorgen, 
wesswegen die Vogelsteller des südlichen Thüringer Waldes jenen 
Zustand der Atmosphäre mit dem Namen »Drosselwetter« belegt 
haben, welche Bezeichnung sich auch unter dem Volke etwas aus- 
gebreitet hat. 

49) Turdus pilaris, Krammetsvogel oder Kremser von den Vogelstellern 
genannt. Auf dem Herbst- und Frühlingszuge hier eben so häu- 
fig, als am ‚südlichen Thüringer Walde. Das Vorkommen der 
Hauptwinternahrung, die Früchte nämlich des Juniperus communis in 
Menge auf letzterem, scheint die Ursache zu sein, warum diese 
Drossel dort weit öfterer und in weit bedeutenderer Anzahl als 
hier, wo dieser Strauch fast gänzlich fehlt, überwintert. Nur durch 
tiefen und anhaltenden Schnee, wodurch ihm jene Nahrung entzo- 
gen wird, scheint der Vogel weit mehr als durch blose Kälte zu 
einer südlicheren Wanderung bestimmt zu werden, denn ich habe 
ihn, ungeachtet die Kälte so intensiv war, dass er in Menge erfror, 
noch bei Blankenburg bleibend gefunden. 

ar 


180 


Der Krammetsvogelfang war früher an dem letztgenannten Orte 
so bedeutend, dass die jährlich auf dem Heerde umgekömmenen 
Vögel nach Tausenden zu zählen waren. Mit einem einzigen Netz- 
schlag habe ich selbst über 300 Stück fangen sehen. Seit einigen 
Jahren indess ist der Fang bedeutend unergiebiger geworden. Alle 
Vogelsteller der dortigen Gegend klagen, dass die früheren, wirk- 
lich wolkenähnlichen Flüge, sehr klein geworden waren. Bere 
dürfte diess wohl kaum sein. 


50) Turdus merula, Amsel, Stockamsel, bewohnt Sommer und Winter 


51) 


53) 


einzeln die hiesige Gegend, das Rinne- und Schwarzathal, letzteres 
bis in seine höchst gelegenen Theile. Bei zu tiefem Schnee scheint 
sie die tiefer gelegenen Gegenden aufzusuchen und aus dem dich- 
ten Walde in lichte Hecken zu ziehen. 

Turdus torquatus, Schildamsel, am Thüringer Walde gewöhnlich . 
Meer- oder wohl richtiger Mähramsel genannt, wird nur auf ihrer 
Wanderung bald einzeln, bald in kleinen Truppen von höchstens 
10—12 Stück in beiden Theilen des Gebietes getroffen. Auf dem 
Thüringer Walde fällt ihre Ankunft im Herbst kurz vor das Ein- 
treffen des Turd. iliacus. Auf dem Frühjahrszuge kommt sie um 
Schlotheim noch ziemlich spät vor. So erhielt ich 1852 ein frisch 
erlegtes Weibchen noch gegen Ende Mai. 

Cinelus aquaticus am südlichen Thüringer Walde ei als 
Wasseramsel bezeichnet, fehlt der hiesigen Gegend gänzlich, wäh- 
rend er im Rinne- und Schwarzathale überall, doch einzeln anzu- 
treffen ist, Man wird wohl kaum einige hundert Schritte an dem 
Ufer der Schwarza hinwandern, ohne nicht auf ein Pärchen dieses 
Vogels an dem rauschenden Flüsschen zu stossen, und kaum ist 
wohl, bis auf die Höhe des Gebirges ein Thal mit einem Bache zu 
finden, der nicht wenigstens von einem Paar Wasseramseln be- 
wohnt wird. 

Sylvia rubecula, Rothkehlchen. Im Herbst und Frühjahr hier wie 
im südlichen Thüringen gleich häufig. Den Sommer über scheinen 
aber, vielleicht von den Nachtigallen vertrieben, sich hier weit we- 
niger Brutvögel aufzuhalten, als im Rinne- und Schwarzathal. Auf 
der Höhe des Waldes wird das Rothkehlchen etwas seltener. 


54) Sylvia suecica, Blaukehlchen. An wenigen Stellen hiesiger Gegend 


auf dem Frühlingszuge, Anfangs bis Mitte April, ziemlich häufig, 
doch noch nie nistend beobachtet. Kommt ebenfalls, doch seltener, 


181 


im weiteren Thale der Schwarza und Rinne vor, im letzten wohl 
sogar nistend. In den höheren Theilen des Schwarzathales fehlt 
das Blaukehlchen gänzlich. 

55) Sylvia phoenicurus am Thüringer Walde Türkischer Rothschwanz 
genannt, ist in beiden Theilen des Bezirkes durchschnittlich gleich 
häufig, nur im engeren und höheren Schwarzathale etwas seltener. 

56) Sylvia thätys, Rothschwanz, wie der Vorige überall in Obstgärten 
und Baumpflanzungen zu treffen, wird auf der Höhe des Waldes 
etwas sparsamer, doch noch immer häufiger als Sylv. phoenicurus. 

57) Sylvia luscinia, Nachtigall. Fehlt in dem südlichen Theile unseres 

ö Gebietes so gut wie gänzlich, höchstens hält sich, während des 
Frühjahrzuges, bisweilen ein Exemplar einen, höchstens zwei Tage 
an einigen Orten der Umgegend Blankenburgs auf. Das engere und 
höhere Schwarzathal besucht die Nachtigall nie. Sehr häufig ist 
dagegen dieser Sänger in der Umgegend Schlotheims. Es gibt hier 
Stellen, wo man 10—15 der besten Schläger zugleich ein wahres 
Concert geben hört. Man legt überall der Nachtigall wenig Scheu 
vor den Menschen und grosse Zutraulichkeit zu demselben bei, 
schildert ihren Fang als leicht etc. Diess mag wohl nur von jenen 
Vögeln gelten, die in der Nähe der Städte, in zahlreich besuchten 
Anlagen gepflegt werden, auf den hiesigen, mehr wilden Vogel, 
passt es nicht so ganz. Die Nachtigall benimmt sich hier ziemlich 
scheu, und ganz und gar nicht so dummdreist beim Fange, wie 
man gewöhnlich angibt. Vergangenes Frühjahr versuchte ich mit 
Herrn Lungershausen einiger Exemplare habhaft zu werden, allein 
bei der grössten Vorsicht und Genauigkeit beim Stellen, glückte uns 
dieses innerhalb drei Wochen fortgesetzten, eifrigen Bemühens nur 
mit einem einzigen Vogel. Vielleicht liegt die Veranlassung zu diesem 
scheuen Betragen der Nachtigall in hiesiger Gegend in dem Abge- 
legensein der Wohnorte des Vogels vom häufigeren Menschenverkehr. 

98) Sylvia hortensis, Gartengrasmücke. Hier im Schwarza- und Rinne- 
thale häufig, auf der Höhe des Waldes nur wenig seltener. 

59) Sylvia cinerea, Graue Grasmücke, überall in ziemlich gleicher Häu- 
figkeit vorhanden. 

60) Sylvia garrula, Müllerchen, Heckenmüllerchen in beiden Distrikten 
gewöhnlich, weniger häufig auf der Höhe des Gebirges. 

61) Sylvia atricapilla, hier um Schlotheim Schwarzplättchen, schwarz- 
köpfige Grasmücke, am Thüringer Walde gewöhnlich schlechtweg 


is?! 


Schwarzkopf genannt. In beiden Theilen des Gebietes ziemlich gleich 
häufig, nur auf der Höhe des Gebirges seltener. In früherer Zeit 
war die schwarzköpfige Grasmücke in der Umgegend von Blanken- 
burg weit häufiger als gegenwärtig. Die häufigen Nachstellungen 
dieses sehr beliebten Sängers, der oft mit 1—3 Rthlr. bezahlt wird, 
haben ihn sehr bemerkbar verringert. 

62) Sylvia arundinacea. So weit meine eigene Erfahrung reicht und 
ich aus glaubhaften Mittheilungen erfuhr, findet sich dieser Vogel in 
dem bezeichneten Gebiete nur an den Teichen bei Paulinzelle, wo 
ich ihn während des Sommers 1847 einigemal beobachtete. Auch 
in der Nähe Mühlhausens soll sich der Vogel finden. 

63) Sylvia palustris. Von mir ebenfalls nur auf den Paulinzeller Teichen 
bemerkt, und zwar etwas häufiger als der vorhergehende Rohrsänger. 

Im südlichen Theile unseres Gebietes sind die Paulinzeller Teiche 
wohl nur die einzige Lokalität, die den Rohrsängern einen passen- 
den Aufenthalt gewähren können. Von nicht unbedeutender Aus- 
dehnung, zum grössten Theil dicht mit Schilf bedeckt und ringsum 
von Buschwerk umgeben, ist mir aufgefallen, dass, bei doch gewiss 
günstigen Verhältnissen, ich nur die beiden angeführten Species und 
zwar in geringer Anzahl dort beobachtet habe. Möglicherweise 
können mir einige andere Species entgangen sein, doch bietet sich 
mir vielleicht bald Gelegenheit, jene Gegend einer nochmaligen, 
gründlichen Revision zu unterwerfen. Auch hier bei Schlotheim 
finden sich, namentlich in der Umgebung des Hanfsee’s, und an den 
Teichen bei Ebeleben Oertlichkeiten, die wohl geeignet wären, Rohr- 
sängern einen angenehmen Aufenthalt zu bieten, gleichwohl ist mir 
daselbst bis jetzt noch nicht eine einzige Species derselben vor- 
gekommen. Vielleicht bringt aber die Zukunft doch noch Einiges 
an das Licht. 

64) Sylvia ignicapilla, Goldhähnchen. Hier nicht selten, weit häufiger 
in dem .südlichen Gebiete bis auf die höchsten Punkte des Gebirges. 
Ueberwintert. 

65) Sylvia flavicapilla. In hiesiger Gegend ziemlich selten, etwas häu- 
figer in einigen Theilen des Schwarzathales. Wandert gegen den 
Winter hin, wie es scheint, südlicher. 

66) Sylvia hypolais. In beiden Theilen des Gebietes gleich häufig, wird 
in den höheren Theilen des Schwarzathales etwas seltener. 

67) Sylvia rufa. In allen Waldungen des südlichen Thüringens ziemlich 


183 


gewöhnlich, kommt in der Umgegend von Schlotheim nicht oder 
doch nur selten vor. 

68) Sylvia trochilus. Im nördlichen, wie im südlichen Thüringen bis auf 
die Höhe des Gebirges nicht selten. 

69) Sylvia sibilatrix. In allen Theilen des Gebietes nicht selten. 

70) Troglodytes parvulus, Zaunkönig. Obwohl der Vogel um Schlot- 
heim eine ganz gewöhnliche Erscheinung ist, so dürfte derselbe 
am südlichen Thüringer Walde doch in noch grösserer Anzahl vor- 
kommen. Er liebt allerdings am meisten zerrissene, mit dichtem 
Gesträuch umgebene Bach- und Flussufer der Ebene, doch habe ich 
den Vogel auch häufig im dunkeln Nadelholzwalde, entfernt von 
jenen und auf den höchsten Punkten des Gebirges gefunden. 

71) Sazxicola oenanthe, Steinschwätzer, in der Umgegend Blankenburgs 
Steinklätsche genannt. Das innige Wechselverhältniss zwischen 
unorganischer und organischer Natur ist allgemein und längst be- 
kannt, allein doch nur erst in der Botanik gehörig gewürdigt wor- 
den. ‘Auch in der Zoologie und in specie in der Ornithologie ver- 
dient ‚dieses 'Verhältniss. gewiss mehr Beachtung als es. bis jetzt 
genossen. Boden und Gebirgsart üben sowohl direkten als indi- 
rekten, entschiedenen Einfluss auch auf die Vogelwelt; denn am 
Ende wird diese doch auch von jenen getragen und erhalten, 
und muss sich dem zu Folge nach ihrer ganzen Organisation, 
nach ihrer ganzen Natur genau an die Eigenthümlichkeiten von 
jenen anschliessen. Nahrung und Fortpflanzung sind die letzten, 
hauptsächlichsten und augenfälligsten, indess gewiss nicht die ein- 
zigen Glieder dieser verbindenden Kette. 

Am südlichen Thüringer Walde stossen sehr verschiedene Ge- 
birgsarten hart zusammen, Muschelkalk, Sandstein jüngerer Forma- 
tion, Grauwake,- an einigen Punkten selbst Porphyr wechseln man- 
nigfach und schnell mit einander ab. Da kann man recht gut beob- 
achten, wie Saxicola oenanthe nicht schlechtweg magere Triften mit 
Steingeröll, sondern vorzüglich Boden mit Muschelkalk - Unterlage 
bewohnt. Die Berge am linken Schwarzaufer haben sehr viel Ge- 
röll, auf ihrer Höhe oft grosse, dürre Triften aber keinen Muschel- 
kalk, und da ist Saxicola nur selten und sehr vorübergehend zu 
treffen. Die Berge am linken Rinneufer bestehen zum grössten 
Theil aus Muschelkalk und daselbst findet sich der Vogel sehr häufig. 
Im höheren Schwarzathale fehlt der Muschelkalk ebenfalls gänzlich, 


72) "Saxicola rubetra. Einzeln um Blankenburg und im Rinnethale, fehlt 


73) 


74) 


184 


und hier fehlt auch, trotz vieler grossen mit Geröll bedeckten Leh- 
den, unser Vogel. Die hiesige Gegend um Schlotheim hat in grosser 
Ausdehnung den Muschelkalk zur Unterlage und überall ist Saxicola 
oenanthe häufig. . 


im engeren und höheren Schwarzathale, wenigstens habe ich selbst 
den Vogel dort nie beobachtet. Bei Schlotheim ist derselbe häufiger. 
Sazicola rubicola. Fehlt ebenfalls im Schwarzathale, wenigstens in 
dessen engerem Theile gänzlich; ist im Rinnethale und um Blanken- 
burg selten, häufiger soll er in der Umgebung Rudolstadts zu fin- 
den sein. In der Nähe von Schlotheim beobachtete ich den Vo- 
gel nun schon mehreremal. Wahrscheinlich ist er hier selbst Brut- 
vogel. 

Parus major, um Schlotheim Kohlmeise, bei Blankenburg gewöhn- 
lich Kohlhahn oder schlechtweg Meise, auf dem Walde Finkmeise 
genannt. In allen Theilen des Gebietes häufig. Diese Meisenart ist 
es vorzüglich, die am Thüringer Walde, ihres grossen Nutzens so- 
wohl in Baumgärten als im Forste ungeachtet, besonders in der 
Umgegend von Blankenburg und Rudolstadt auf eine wahrhaft schau- 
dererregende Weise zu Tausenden auf ihren Herbstwanderungen 
auf der Meisenhütte gefangen wird. Es sind mir Fälle bekannt, wo 
binnen wenigen Stunden 4—6 Schock dieser niedlichen Thierchen 
so ihr Leben verloren. Nun denke man sich, dass der Fang 3—4 
Wochen oft täglich mit sogenanntem gutem Erfolg betrieben werden 
kann, und zwar auf einem verhältnissmässig kleinen Terrain, auf 
wohl 15—20 Hütten und man wird es nicht wunderbar finden, 
wenn diese Meise, trotz ihrer zahlreichen Bruten, in jener Gegend 
endlich ganz ausgerottet wird. Um Schlotheim kennt man, Gott - 
Lob! diese vertilgende Fangart nicht. 


75) Parus coeruleus. In beiden Theilen des Gebietes bis hinauf auf 


die Höhe des Gebirges nicht selten, doch hier um Schlotheim, we- 
nigstens manche Jahre hindurch, weit häufiger als am Thüringer 
Walde. 


76) Parus eyanus. Ich kann mich noch sehr gut eines kleinen, weis- 


sen und sehr schön blauen Vogels erinnern, den ich als Knabe bei 
Blankenburg verfolgt habe, und welchen ich schon damals, ohne 
ihn nur dem Namen nach zu kennen, für eine grosse Seltenheit in 
unserer Gegend hielt. Es war ohne Zweifel Par. cyanus, der sich 


77) 


78) 


79) 


80) 


81) 


185 


gegen den Herbst nach Thüringen verirrt hatte. Seit jener Zeit 
habe ich einen ähnlichen Vogel in jener Gegend nie wieder ge-_ 
sehen. Herr Lungershausen hat den Vogel bei Schlotheim wahr- 


:scheinlich ebenfalls vor einigen Jahren bemerkt. 


Parus palustris. Hier Platt-, am Thüringer Walde Dreckmeise ge- 
nannt. In hiesiger Gegend sehr einzeln. Häufig dagegen in der 
Umgegend von Blankenburg, im unteren Schwarza- und im ganzen 
Rinnethale. Spärlich im engen und höheren Schwarzathale. 

Parus ater, Tannenmeise. Fehlt ungeachtet des Mangels der Nadel- 
holzwaldungen als Brutvogel der hiesigen Gegend nicht gänzlich, 
denn die zwei Exemplare, die ich bisher hier im Frühjahr bemerkt 
habe, waren wohl nicht blos Wanderer nach dem Harze. Im süd- 
lichen Thüringen ist diese Meise in allen Nadelholzwaldungen, be- 
sonders in denen des Schwarzathales bis hinauf auf die höchsten 
Punkte, häufig. Ueberwintert allerdings, doch scheinen Viele sich 
auch südlicher zu ziehen. 

Parus ceristatus, Kuppmeise, fehlt hier ebenfalls. Bis jetzt habe ich 
um Schlotheim noch. nicht ein einziges Exemplar beobachtet. Im 
südlichen Gebiete ist sie,. wie die Vorhergehende, besonders im 
Schwarzathale häufig. | 

Parus caudatus, Schwanzmeise, in der Umgegend Blankenburgs 
unter dem Namen Störzmeise allbekannt. In beiden Theilen Thü- 
ringens häufig, besonders im unteren Schwarzathale und im gan- 
zen Rinnethale, doch auch auf der Höhe des Gebirges keinesweges 
selten. | 

Accentor modularis. Bei Blankenburg mit den Namen Fuchtchen 
oder Brandfuchs, hier Heckenbrunelle benannt, erscheint mit dem 
ersten Frühjahr hier um Schlotheim, wie auch im südlichen Theile 
des Gebietes in allen Baumgärten und Hecken gleich häufig, allein 
bei vorgeschrittener Jahreszeit verhalten sich beide Gegenden un- 
gleich. Im südlichen Thüringen, namentlich in der Umgegend von 
Blankenburg, verlässt der Accentor modularis das Thal und das 
offene Feld und begibt sich in die Bergwälder, wo er in niederen 
Fichten und Tannengebüsch sein Brutgeschäft verrichtet. Hier bei 
Schlotheim hält er sich bis Mitte April überall häufig auf, später 
aber verschwindet er nach und nach mehr und mehr, und fehlt den 
Sommer über fast gänzlich. Wahrscheinlich bezieht er in dieser 
Zeit die Gebirgswaldungen des Harzes. Gegen den Herbst erscheint 


186 


er zwar wieder, indess nur sehr flüchtig und sehr einzeln. Am 
Thüringer Walde zieht er sich nach dem Brüten wieder in die 
Hecken des Thales auf einige Zeit herab. | 

82) Motacilla alba, Graue Bachstelze, Ackermännchen. In allen Theilen 
Thüringens häufig, nur den dichten Nadelholzwald vermeidend, dess- 
wegen im engeren Schwarzathale nur an den Ufern des Flusses 
und auf freien Plätzen zu treffen. 

83) Motacilla flava, Gelbe Bachstelze. Beide Theile des Gebietes be- 
wohnend, doch sparsamer als die Vorhergehende. Etwas häufiger 
an den Bächen und Schwarzaufern im höheren Gebirge, wie auch 
bei Paulinzelle. Scheint häufiger als Mot. alba zu überwintern. 

84) Motaeilla sulphurea wird in der Volkssprache von der Mot. flava 
nicht unterschieden. Hier um Schlotheim, wie auch bei Blanken- 
burg, im Schwarza- und Rinnethale überall im Allgemeinen nur 
sehr einzeln, vielleicht im höheren Schwarzathale um Katzhütte 
etwas häufiger. Ich erlegte daselbst in kurzer Zeit zwei Exemplare. 

84) Anthus arboreus nistet in beiden Theilen des Gebietes nicht gerade 
selten. 

86) Anthus pratensis, Wiesenpieper. Erscheint jedes Frühjahr und jeden 
Herbst zur Zugzeit und ist dann hier bei Schlotheim, bei Blanken- 
burg und Paulinzelle häufig, seltener dagegen im ganzen Schwar- 
zathale. 

87) Anthus campestris, Brachpieper. Zur Zugzeit hier, wie auch im 
südlichen Theile Thüringens, nur einzeln im offenen Lande. Im Ge- 
birge dagegen habe ich ihn noch nicht beobachtet. | 

88) Anthus aquaticus, Wasserpieper. Ich führe diesen Vogel vorläufig 
unter den Thüringischen Vorkommnissen auf, indem ich einst, im 
Frühjahr, bei Paulinzelle einen Vogel angetroffen habe, den ich für 
Anth. aquaticus halten muss. Andererseits bin ich nicht im Stande 
einen Grund aufzufinden, warum der Vogel auf seinen Wanderungen 
Thüringen gänzlich vermeiden sollte. Die Lokalitäten des Gebirges, 
wenigstens in dessen südlichem Theile, sind für den Vogel nicht so 
geeignet, als man vielleicht erwarten könnte. 

89) Alauda arvensis, Feldlerche, oder gewöhnlich blos Lerche genannt. 
Findet sich sehr zahlreich in der hiesigen Umgebung. Im südlichen 
Thüringen nur in der offenen Gegend, wie im unteren Schwarza- 
thale und im ganzen Rinnethale häufiger. Im engeren ‚Schwarza- 
thale seltener, doch gibt es einige Stellen des höheren Gebirges, 


90) 


91) 


187 


wie z. B. bei dem Dorfe Meuselbach, in der Nähe von Katzhütte, 
wo in Folge ausgedehnteren Ackerbaues, die Feldlerche in Eiiinener 
Anzahl sich vortindet. 

Alauda ceristata. Um Schlotheim mit dem Namen Hauben-, bei 
Blankenburg Kupplerche bezeichnet. Diese Lerche gehört zu den- 
jenigen Vögeln, deren Verbreitung noch einiges Räthselhafte für 
mich hat. Hier um Schlotheim trifft man Alauda cristata sehr häufig 
Sommer und Winter hindurch, im südlichen Thüringen, wo sich 
doch viele Stellen finden, die der hiesigen Gegend in vielfacher 
Hinsicht sehr gleichen, ist sie dagegen eine ziemlich seltene Er- 
scheinung. Ich habe sie dort in Jahren nur etwa 3mal und zwar 
nur in strengen Wintern beobachtet. In früherer Zeit soll sie bei 
Blankenburg sogar gänzlich gefehlt haben. Im engeren Schwarza- 
thale habe ich den Vogel nie angetroffen, jedenfalls ist er daselbst 
sehr selten. Wollte man diese Eigenthümlichkeit mit der Enge des 
Thales in Verbindung setzen, so muss ich dagegen einwenden, dass 
das Soolthal in vielen Punkten, wo sich unser Vogel doch ziemlich 
häufig findet, z. B. bei Jena, nur wenig breiter sein dürfte als das 
untere Schwarzathal. Auch mit dem Vorhandensein der Landstras- 
sen, wie man angegeben hat, scheint die Verbreitung des Vogels 
wenigstens in nicht so unbedingtem Zusammenhange zu stehen. 
Hier in Schlotheim sind solche Strassen nur erst seit Kurzem ange- 
legt, und doch findet sich Alaud. erist. daselbst schon seit viel län- 
gerer Zeit. Bei Blankenburg existiren Chaussee’n schon seit vielen 
Jahren, und doch ist, wie gesagt, jene Lerche noch nicht einge- 
wandert. Zweifelsohne liegen noch näher zu erforschende Verhält- 
nisse der eigenthümlichen Verbreitung der Alaud. crist. zu Grunde. 
Alauda arborea, Haidlerche, Baumlerche. Kommt in der Nähe von 
Blankenburg nur im unteren Schwarzathale, und zwar auf den Ber- 
gen am linken Schwarzaufer, so wie an einigen Stellen des Rinne- 
thales häufiger und zwar brütend vor. Im höheren Schwarzathale 
fehlt sie. In der hiesigen Gegend, die sie auf dem Frühjahrszuge 
im Allgemeinen häufig aber flüchtig besucht, wird sie einzeln als 
Brutvogel getroffen. 


92) Emberiza nivalis, Schneeammer. Wurde hier in strengen Wintern 


schon einigemal’ beobachtet‘ und erlegt. Im südlichen Thüringen, 
wenigstens um Blankenburg, im Schwarza- und Rinnethale ist der 
Vogel bis jetzt nie getroffen worden. 


93) 


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188 


Emberiza miliaria, um Schlotheim nicht selten, einzeln auch nistend. 
Bei etwas anhaltender Kälte und tieferem Schnee erscheint diese 
Ammer ziemlich zahlreich auf den Gehöften der Dörfer und Städte 
und wird vom Volke gewöhnlich mit dem falschen Namen Hortulan 
bezeichnet. Um Blankenburg und im Rinnethale ist der Vogel ziem- 
lich selten, im Gebirge wohl gänzlich fehlend. 

Emberiza citrinella, hier Goldammer, im südlichen Gebiete gewöhn- 
licher Emmerling oder Hämmerling vom Volke genannt. Ueberall 
häufig bis in die höchsten Theile des Gebirges, doch den tieferen 
Nadelholzwald vermeidend. . 


95) Emberiza cia, Zippammer. Im Jahre, wenn ich nicht irre, 1844 


96) 


97) 


wurde diese Ammer während des Sommers im Schwarzathale auf 
der Tränke mehrmals gefangen, Sie hat daselbst, obgleich ich ihr 
Nest nicht auffinden konnte, doch höchst wahrscheinlich im niede- 
ren Fichtengebüsch genistet. Vor- und nachher ist der Vogel nicht 
wieder beobachtet worden. In hiesiger Gegend ist er noch nicht 
vorgekommen. 

Emberiza hortulana.- Soll hier vorgekommen sein. Ueber ihr Vor- 
kommen bei Blankenburg im Schwarza- und Rinnethale ist mir nichts - 
zuverlässiges bekannt geworden. 

Emberiza schoeniclus, Rohrammer, Rohrsperling. Um Schlotheim 
ziemlich selten, nistet aber vielleicht doch am hiesigen Badensee. 
Kommt in strengen Wintern bisweilen in die Nähe der Stadt. Bei 
Blankenburg und im Schwarzathale, wenigstens sehr selten. Bei 
Paulinzelle ist sie mir einzeln vorgekommen, doch glaube ich nicht, 
dass sie an jenen Teichen nistet. 


98) Fringilla coelebs, Fink oder Finke. Sowohl im nördlichen als süd- 


lichen Theile des Gebietes sehr häufig. Geht bis auf die höchsten 
Punkte des Gebirges. Auf dem Wurzelberg bei Katzhütte kann man 
sie im Frühjahr zu Tausenden schlagen hören, ebenso in den Na- 
delholzwaldungen bei Paulinzelle. Der Vogel wird im Herbst bei 
Blankenburg häufig auf dem Heerde gefangen. Die grosse Liebha- 
berei für den Finken gehört mehr dem nördlichen Thüringer Walde 
(Ruhla) als dem südlichen an. 


99) Fringilla montifringilla, Quäcker. In beiden Theilen des Gebietes 


im Herbst durchziehend, aber nur manche Winter bleibend. Im All- 
meinen auf dem höheren Thüringer Wald häufiger als in den tiefer 
gelegenen Gegenden und in der Ebene. 


100) 


104) 


102) 


103) 


104) 


189 


Fringilla chloris, Grünling. Bei Schlotheim ziemlich häufig, bei 
Blankenburg, im Schwarza- und Rinnethale weit seltener nistend, 
aber während des Herbstes auf dem Zuge desto zahlreicher, wo 
der Vogel oft zu Hunderten auf dem Vogelheerde gefangen wird. 
Bisweilen überwintern dann Einzelne. 

Fringilla cannabina, Hänfling. Im Ganzen in hiesiger Gegend viel 
zahlreicher vorhanden als im südlichen Thüringen und namentlich 
auf der Höhe des Waldes. Obgleich jedes Jahr eine bedeutende 
Anzahl überwintert, so ziehen sich gewiss viele doch auch südlicher. 
Fringilla carduelis. Gewöhnlich Stieglitz, seltener Distelfinke vom 
Volke genannt. Im ganzen Gebiete an den Orten häufig, wo sich 
die verschiedenen Arten der Distel finden. Da nun diese Pflanzen 
auf dürrem, unbebautem Lehm und Thonboden vorzüglich wuchern, 
so findet sich Fring. carduelis an solchen Lokalitäten vorzüglich 
häufig. Desswegen findet man ihn hier überall in Menge, desglei- 
chen im Rinnethale, namentlich an den nach Süden gelegenen Ab- 
hängen der nördlichen Berge desselben, etwas seltener wird er im 
Schwarzathale. Der Stieglitz bleibt in jener Gegend bis spät im 
Herbst, ja bis im Winter und streift in dieser Zeit nicht selten 
einzeln mit den Zeisigen in allen Erlenpflanzungen umher. Die 
Meisten: verlassen im tiefen Winter, wenn die Nahrung erschöpft, 
die Gegend und nur einzelne bleiben zurück. 

Fringilla spinus, Zeisig, am südlichen Thüringer Walde in der 
Volkssprache Zisg genannt. In seinem Vorkommen der Verbrei- 
tung der Erle folgend, desshalb hier um Schlotheim, wo die Erle 
so gut wie gänzlich fehlt, nur sehr einzeln und höchstens im Früh- 
jahre, vielleicht auf der Wanderung zu finden. Im südlichen Thü- 
ringen überall, bis in die höchsten Theile des Schwarzathales, sehr 
zahlreich vorhanden. Brütet häufig in den Nadelholzwaldungen des 
Schwarzathales. Im Herbst schwärmen grosse Schaaren in den 
ausgedehnten, alten Erlenpflanzungen umher, besüchen dann auch 
die Gärten, wo sie an den Samen der Salatpflanze (Lactuca sativa) 
bedeutenden Schaden anrichten. Bei strenger Kälte, und wenn die 
Haupt- und Lieblingsnahrung, der Samen der Erle, spärlicher wird, 
wandern jene Schaaren von einer Gegend zur andern. 

Fringilla linaria. Am südlichen Thüringer Walde unter dem Volks- 
namen Zöttscher oder Zähtscher bekannt. Erscheint nur manche 
Jahre im Herbst und Winter meist zahlreich in der Umgegend 


190 


Blankenburgs, im Schwarza- und Rinnethale, durchschwärmt in 
Schaaaren, wie der Zeisig, ältere Erlenpflanzungen, deren Samen 
ihm wie jenen eine Lieblingsnahrung zu sein scheint. Oefters als 
die niedrige Gegend besucht er die höheren Punkte des Gebirges. 
Bei Katzhütte habe ich den Vogel mehrere Winter hinter einander 
beobachtet, während er zu gleicher Zeit im tieferen Schwarza- und 
Rinnethale nicht zu treffen war. Den Waldbewohnern ist er ein 
sehr lieber-und theurer Stubenfreund nicht sowohl wegen seiner 
Zahmheit und Zutraulichkeit oder seines Gesanges, sondern, wie 
mir vielfach versichert wurde, wegen seiner sehr löblichen Eigen- 
schaft als unermüdlicher Flohfänger. In manchen jener unreinli- _ 
chen Stuben sah ich 4—6 solche Vögel zu diesem Zwecke ge- 
halten. 

Vergangenes Frühjahr 1853 sah ich eine kleine Schaar von Fr. 
linaria die hiesige Gegend eine Zeit lang durchstreifen und sich 
von den Kätzchen und Knospen der italienischen und deutschen 
Pappel nähren. Diese Vögel wurden von den hiesigen Bewohnern 
als seltene Gäste bezeichnet, die vorher noch nie erschienen wären. 
Mir selbst ist es der einzige Fall, dass ich dem Vogel hier begeg- 
net bin. Jedenfalls kann er für die Gegend von Schlotheim als 
eine aussergewöhnliche Erscheinung gelten. 

105) Fringilla flavirostris. Soll ziemlich verbürgten Nachrichten zu 
Folge hier schon beobachtet worden sein. Im südlichen Theile 
unseres Gebietes ist mir von seinem Vorkommen Nichts bekannt 
geworden. it 

106) Fringilla erythrina ist in hiesiger Gegend sicher vorgekommen, 
dagegen noch nie in der Umgegend Blankenburgs. 

107) Fringilla scrinus, ist allerdings eine seltene Erscheinung, doch 
schon vorgekommen, sowohl hier, wo er glaubwürdigen Versiche- 
rungen nach, früher häufiger als gegenwärtig gewesen sein soll, 
als auch Dei Blankenburg. 

(Fortsetzung folgt.) 


191 


Ein Brutplatz der Hirundo rupestris in Deutschland. 


Wenn man das ziemlich unwirthliche und felsenreiche Ötzthal, wel- 
ches etwa 1 Stunde unterhalb Imst in das obere Innthal einmündet, 
hinaufwandert, befindet man sich ungefähr nach zweistündigem Gehen 
am Fusse der sogenannten Engelwand, einer breiten dunkeln Felsen- 
masse, die zwischen den Dörfern Ötz und Umhausen, hart an der Land- 
strasse, fast senkrecht zu einer gewaltigen Höhe emporragt. Als ich 
am 5. Sept. 1853 auf einer Reise durch Tyrol an der genannten Stelle 
vorüber wanderte, zog der Anblick einer Vogelart, die mir bisher noch 
nie zu Gesicht gekommen war, meine Aufmerksamkeit auf sich. Dass 
sie den Schwalben angehören mussten, verrieth ihr Flug und noch mehr 
ihr Benehmen auf den ersten Blick. Gerade da, wo durch einen ein- 
springenden Winkel am Fusse der Felswand eine weite windstille Ein- 
buchtung gebildet wurde, trieben 6—8 dieser Vögel ihr anmuthiges und 
graziöses Spiel. Fast unhörbaren Fluges, Fledermäusen ähnlich, verfolg- 
ten sie sich abwechselnd; bald schossen sie pfeilschnell hart an den Fel- 
sen hin, indem sie alle seine Ecken und Winkel mit gewandten Schwen- 
kungen förmlich ausmaassen, bald wieder schwammen sie leise, mit un- 
bewegten Schwingen, durch den Luftraum der Höhlung, bald endlich 
standen sie unbeweglich über mir, fast wie es die Thurmfalken zu ihun 
pflegen, aber mit sehr geringer oder scheinbar gar keiner Bewegung 
der Flügel. Dabei liessen sie hin und wieder einen kurzen, sanften, 
fast melancholischen Ton hören, wie der schwirrende Laubvogel, wenn 
ein menschlicher Besuch ihn für seine Brut fürchten lässt; nur viel lei- 
ser, abgebrochener. Sitzen oder an dem Felsen hangen sah ich sie nie, 
auch verhinderte leider das gedämpfte Licht in der genannten Höhlung 
. und die dunkle Farbe des Gesteins ihre Farbe und Zeichnung ganz deut- 
lich zu erkennen. Soviel konnte ich indess bemerken, dass ein lichtes 
Grau, an Kopf und Flügel mehr in’s Dunkle gehend, den Oberkörper 
bedeckt. Der weissliche Unterkörper zeigte bei den meisten Exemplaren 
einen brandgelben Anflug an den Schultern. Der breite kurze Schwanz 
war mit weisser Zeichnung geziert und an den Wurzeln der grössern 
Schwungfedern hatten die spitzdreieckigen Flügel eine schwärzliche 
Färbung, die beim Fliegen fast wie ein viereckiger Fleck erschien. Diese 


192 


obwohl undeutlich und mühsam wahrgenommene Kennzeichen liessen doch 
kaum an der Identität meiner Vögel mit der in den nördlichen Alpen seltne- 
ren Hir. rupestris zweifeln. Was mir am meisten auffiel, war, dass, sie bei 
so später Jahreszeit ihre Brutgeschäfte noch nicht vollendet hatten. Denn 
in beträchtlicher Höhe, doch aber für einen kräftigen Steinwurf erreich- 
bar, konnte man deutlich 4 Nester bemerken, die ganz nach Art unserer 
Hir. urbica aus Lehm oder Mergel gefertigt und unter einer vorsprin- 
genden Steinplatte angeklebt waren. Zwei davon hingen an einander 
und alle zeigten oben ein längliches Schlupfloch aus den bei der Stille 
des Ortes das Gezwitscher der Jungen ganz deutlich zu: hören war. 

Nur noch einmal traf ich in Tyrol die Felsenschwalbe. Der 
Ort hatte mit dem oben beschriebenen einige Aechnlichkeit. Drei Stun- 
den von Innsbruck beim Dorfe Zirl befindet sich auf der halben Höhe 
der Martinswand eine flache, aber geräumige Höhle, derselbe Ort, wohin 
sich einst bei der Gemsjagd der Kaiser Max verstiegen haben soll. In 
diesem weiten ebenfalls vor dem Winde geschützten Felsenloche, zu dem 
heutzutage ein leidlich bequemer Fussweg hinaufführt, beobachtete ich 
14 Tage später etwa 6 der erwähnten Schwalben. Sie trieben ihre 
harmlosen Gaukeleien, ohne sich vom Beobachter darin stören zu lassen. 
Die Nester aber suchte ich ohne Erfolg. 

| Albrecht Rindfleisch. 


Skizzen aus dem Vogelleben Nordamerika’s. 


Von 


Alexander Gerhardt. *) 


Schliesslich kann ich nicht unterlassen, Dir eine wenn auch noch so 
aphoristische Skizze des augenblicklichen Vogellebens zu geben. Ver- 
gleiche damit das von uns so oft- belauschte Leben und Treiben der 
Vogelwelt unserer Heimath, und Du wirst neben mancher Uebereinstim- 
mung auch interessant Abweichendes genug finden. Es ist heute der 
23. Februar, früh 7 Uhr. Die Sonne scheint überaus warm. Ueber dem 
spiegelglatten St. John**) fliegen lange Reihen von Pelecanus fuscug 


*) Aus einem Briefe an Herrn H. Kunz in Leipzig durch diesen mitgetheilt. 
**) Herr A. Gerhardt befand sich zur Zeit nahe der Mündung dieses Flusses im 
nördlichen Florida. B. 


193 


stromaufwärts. Schwärme von Rhynchops niger kommen von der Küste 
zurück, wo sie sich eben noch unter die Schaaren der Seeschwalben- 
und Mövenarten, Sterna Cayana, hirundo, Larus marinus etc. gemischt 
hatten. Mergus serrator schwimmt in kleinen Gesellschaften am Ufer 
hin. Auf den jetzt trockenen Austerbänken laufen mit grosser Geschäf- 
tigkeit ZLimosa fedoa und Charadrius vociferus herum, eifrigst ihre 
Nahrung auflesend; Haematopus palliatus dagegen sitzt ernst und mit 
herabgesenktem Schnabel, wie in tiefem Nachsinnen verloren , auf eben 
diesen Plätzen und kümmert: sich nicht im Geringsten um die rings 
schreienden, laufenden, flatternden und fliegenden Tringen und Tetanen 
verschiedener Art. Einige Ardea candidissima kommen eben herzu, 
und zieren die zeitweilige Bevölkerung des belebten Ufers. Corvus 
americanus zieht schreiend vorüber. Ammordamus maritimus lockt 
ammerartig, im Garten herumlaufend; Orpheus polyglottus hat sich auf 
eine Wetterfahne gesetzt und singt sein wechselvolles Morgenlied. Vom 
jenseitigen Ufer tönt das heisere Krähen der Häher herüber. Anthus 
noveboracensis fliegt mit bachstelzenartigem Lockton vorüber. Delphine 
wälzen sich schnaubend- im Wasser. Pyrgita melodia lockt im nahen 
Gebüsche. Numenius longirostris fliegt mit grossem Geschrei vorüber 
und in die nahen Marschstrecken, von wo bereits die Stimme des Rallus 
virginianus erschallt. Icterus phoeniceus singt von einer am Wege 
stehenden hohen Fächerpalme herab. Die reizende Columba passerina 
kommt in Truppen in ein zum Zuckerrohrbau vorgerichtetes Feld neben 
dem Hause, und liest dort kleine Sämereien auf, und reinigt so die 
Plantage von manchem Unkraut. Alceda haleyon kommt laut schnarrend 
geflogen, und setzt sich auf einen aus dem Wasser hervorragenden 
Pfahl; plötzlich stürzt .er sich in die Fluthen, einen Fisch erfassend, im 
Fluge verschlingend und seinen frühern Platz wieder einnehmend. Che- 
lidon bicolor erfüllt die Luft. Pelecanus americanus sitzt phlegmatisch 
auf einer erhabenen Sandbank , unberührt von dem fernen Brausen des 
Oceans. Da hast du. die Beobachtungen einer Stunde. Es ist & Uhr 
und Frühstückszeit. 

Wie anders ist es dagegen heute, acht Tage später! Kaltes Re- 
genwetter! Vom Winde gepeitscht schlagen die Wellen an’s Ufer. Eine 
lange Reihe Phalacrocorax floridanus sitzt auf eben jener Sandbank, 
welche früher die weissen Pelekane einnahmen. Larus argentatus liegt 
unruhig hin und her. Pelecanus fuseus zieht schweigend in langen 


Reihen, zuweilen einen spitzen Winkel bildend. Numenius longirostris 
Naumannia. 1854. x 13 


194 


lässt dagegen wie beim guten Wetter seine helle Stimme hören. Lanius 
ludovieianus hat von einer Gebüschspitze Besitz genommen, um Insekten, 
besonders Grillen aufzulauren. Die wenigen Vögel, welche noch auf den 
Sandbänken herumlaufen, Charadrius vociferus, Limosa hudsonica etc. 
werden durch die Wellen von dort verjagt. Gracula Quiscala zieht, 
nur zuweilen einen kurzen, schrillen Lockruf ausstossend, nach den 
Sümpfen, um dort zu übernachten. Einige Enten schwimmen noch auf 
dem Flusse herum, und lassen sich kaum von dem heimkehrenden Loot- 
senboote stören. Nur die Delphine sind noch so munter, wie vor acht 
Tagen. Es ist 5 Ufr und bald wird das Licht im gegenüberstehenden 
Leuchtthurme angezündet werden. Im Hofe eilen die Hühner mit herab- 
hängendem Schwanze dem Stalle zu, wohin sie ihr sehr stolzer Herr 
und Gemahl lockt. Dieser ist schwarz mit goldgelben Achseln und stahl- 
blauen Flügeln. Ich aber eile zum Kamine und will mir ein Heimathlied 
singen, denn ich bin allein, und nur eine alte Negerin geht ab und zu... 


Die Oologie physiologisch betrachtet. 
Von 
©. H. Kunz. 


Dem Oologen wird häufig der Vorwurf gemacht, dass seine Wissen- 
schaft eine unnütze oder doch entbehrliche sei; nicht zu gedenken, dass 
Viele sie gar nicht als Wissenschaft anerkennen wollen. Nutzen freilich 
für das praktische Leben, wie die Chemie, Physik und andere schon seit 
langer Zeit cultivirte Wissenschaften, hat die Oologie bis jetzt noch nicht 
geschaffen und wird sie auch wohl schwerlich je schaffen können: desto 
mehr aber verdient das Streben der Männer Anerkennung, welche sich 
die Aufgabe gestellt haben, die Oologie auf einen Standpunkt zu erhe- 
ben, wo sie nicht mehr als Spielerei, Liebhaberei Einzelner betrachtet, 
sondern als ein interessanter und wichtiger Theil der Naturwissenschaf- 
ten im allgemeinen, besonders aber als der Ornithologie unentbehrlich 
anerkannt werden wird. 

In Nachstehendem will ich einige meiner Erfahrungen, Beobachtun- 
gen und daraus gefolgerten Schlüsse im Gebiete der Oologie mittheilen, 
voraussetzend, dass Manches neu und noch unbekannt sein dürfte, da 


195 


die so Manchem gewiss schon längst aufgefallenen Thatsachen bis jetzt 
noch keiner gründlichen Untersuchung unterworfen worden sind. 

Die Schale der Eier besteht aus zwei Theilen. 

Die Bildung des ersten, untersten Theils, der eigentlichen 
Schale, geschieht im untersten Theile des Legeleiters und ist in der 
Hauptsache anorganischer Natur; der zweite, äusserste Theil, der die 
eigentliche Schale überdeckende Ueberzug, welcher dem Eie das 
Aussehen gibt, wird in der Cloake gebildet und ist organischer Natur. 
In der Cloake werden auch durch den sich bildenden Ueberzug mit seinen 
Beimischungen die verschiedenen Farben und Flecken gebildet. Der Be- 
weis für diese Beobachtung ist sehr leicht und einfach. Jedes aus dem 
Vogel geschnittene oder durch irgend welche Einflüsse zu zeitig gelegte Ei, 
welches im ersteren Falle entweder noch ausserhalb der Cloake befind- 
lich gewesen oder wenn schon darin, jedoch noch nicht so weit vorge- 
schoben, dass es legereif gewesen wäre: ist entweder ganz ungefärbt 
oder je nach der Dauer des Aufenthalts in der Cloake theils mehr, theils 
weniger, nie aber vollkommen ausgefärbt. 

Von dem Vorhandensein eines Ueberzugs über die eigentliche Schale 
kann man sich bei vielen Arten, bei welcher derselbe sehr stark aufge- 
tragen ist, dadurch überzeugen, dass man ihn mittelst eines Messers 
abschaben kann, wodurch denn die darunter liegende Schale mit ihrer, 
der Art eigenthümlichen von der des Ueberzugs unabhängigen Färbung 
zum Vorschein kommen wird. Dieser Ueberzug ist je nach der Art ver- 
schieden, entweder mehr oder weniger dick aufgetragen; vorhanden je- 
doch ist er, wenn auch noch so dünn, jederzeit. Dass einzelne Arten 
z. B. Crotophaga, Sula, Phoenicopterus, Pelecanus etc. mit derartigen 
Ueberzügen versehen sind, ist längst bekannt; ich bemerke nur, dass 
wenn man diese kalkigen Ueberzüge als charakteristische Eigenthünlich- 
keiten dieser Arten aufstellte, man nur insofern recht hatte, als man das 
Charakteristische auf die ungewöhnlich dicke und lockere Consistenz der 
diese Arten auszeichnenden Ueberzüge bezog: die Ueberzüge selbst aber 
sind nach meiner oben ausgesprochenen Ansicht nur regelrechte Erschei- 
nungen. ‘Sie wurden bemerkt weil sie in Folge der Nahrung oder an- 
derer Einflüsse leicht bemerkbare Eigenschaften besitzen, während die 
Ueberzüge anderer Eier nicht erkannt wurden, weil sie theils inniger 
verbunden und fester auf der Schale haftend, theils ohne kalkige Bei- 
mischungeh, theils farblos sind. 


Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass der die Schale be- 
13* 


196 


deckende Ueberzug dem Eie den grössten Theil seiner Charakteristik 
verleiht. Bei den Arten, bei welchen der Ueberzug nicht so dick auf- 
getragen ist, dass die Construction der Schale hindurchscheinen kann, 
bilden die Poren und das Korn derselben sehr wichtige Artkennzeichen, 
deren Kenntniss bei der Bestimmung und Unterscheidung der Eier un- 
umgänglich nothwendig ist. Was die Färbung der Schale. betrifft, so 
variirt sie in rein weiss, grau, gelblich, röthlich und grünlich in den ver- 
schiedensten Schattirungen. Sehr erschwert wird die Bestimmung der 
Eier durch das so häufige Vorkommen von zu zeitig gelegten und dess- 
halb entweder nur unvollkommen oder gar nicht gefärbten Eiern. Hier 
kann nur langjährige Erfahrung und kalte Beurtheilung unterstützt durch 
die Untersuchung mittelst einer guten Lauge zum gewünschten Ziele 
führen; denn kalt und besonnen muss bei der Bestimmung der Eier zu 
Werke gegangen werden, weil der den Sammlern eigenthümliche Drang, 
Seltenheiten zu besitzen, leicht die Ursache wird, in einer Varietät 
eine seltene, neue Art zu erblicken. Dass die grosse Verschieden- 
heit der Eier zu den mannigfachsten Fälschungen Anlass gibt, ist bekannt 
genug, da man sehr oft bei Eierbeziehungen, absichtlich und unabsicht- 
lich, falsch bestimmte Exemplare erhält. 

Wenn in dem bisher Gesagten das zu zeitige Legen die Veran- 
lassung ist, dass die Eier wenig oder gar nicht gefärbt sind, so füge ich 
hinzu, dass das zu oft wiederholte Legen dieselben Erscheinungen 
hervorbringt. Es ist bekannt, dass die Eier der Vögel, denen die erste 
Brut zerstört worden ist, beim zweiten Gelege blässer, ja wenn noch 
öfter zerstört, zuweilen rein weiss aussehen, wenn auch die Normaleier 
gefärbt und gefleckt waren. Der Grund dafür ist entweder in der durch 
die ersten Gelege verursachten Absorption der den Ueberzug bildenden 
Flüssigkeit oder möglicherweise in der Ausweitung der Cloake, welche 
ein schnelleres, weniger anstrengendes Durchgehen der Eier gestattet, 
zu suchen. 

Ich glaube, dass das bisher Gesagte den in letzter Zeit: öfters be- 
sprochenen Albinismus der Eier erklärt. Es lässt sich dadurch auch 
ganz naturgemäss erklären, warum die in ihrem Vaterlande bräunliche 
Eier legenden Haushühner bei uns weisse Eier legen, während .die 
Eier der Pfauen, Trut- und Perlhühner trotz eben so langer Domestici- 
rung und Acclimatisirung ihre ursprüngliche Färbung beibehalten haben. 
Die Haushühner wurden gezwungen, so viel als möglich Eier zu legen, 
während die übrigen Arten, welche nicht des Eierertrags wegen gehal- 


197 


ten werden, nur so viel zu legen brauchen, als die Natur ihnen ange- 
wiesen hat. 


Unwillkürlich drängt sich die Frage auf: woher kommt das ver- 
schiedene Aussehen der Eier; gibt es Regeln, Gesetze, 
welche das gefärbte oder ungefärbte, gefleckte oder unge- 
fleckte Aussehen der Eier bestimmen? Ich werde diess in Nach- 
stehendem zu beantworten und die aufzustellenden Sätze durch Beispiele 
zu erläutern suchen. ' 


Ungefleckte Eier legen diejenigen Vögel, welche 

a) ihre Nester in Löcher oder Höhlen bauen, deren Auf- 
merksamkeit demnach von äusseren Einflüssen nicht 
in Anspruch genommen wird, 

b) sich durch ein ruhiges, stilles oder träges Tempera- 
ment, gleichviel ob sie in Löcher oder Höhlen bauen, 
auszeichnen. | 


Die scheinbar vorkommenden Ausnahmen werde ich weiter unten 
kurz zu erklären suchen. Ungefleckte und fast durchgehends rein weisse 
Eier legen die in Löchern und Höhlen nistenden genera Strix, Picus, 
Coracias, Sturnus, Pastor, Muscicapa, Erythacus, Accentor, Yunx, Merops, 
Alcedo, Upupa, Cypselus, sowie die der exotischen Ornis angehörenden 
genera Psittacus, Perdalotus, Bucco, Centropus, Indicator, Picumnus, Da- 
celo, Galbula etc. Was die nicht in Löchern nistenden, ungefleckte Eier 
legenden Columbidae, Ardeidae, Anatidae, so wie die Crotophagae be- 
trifft, so ist der Grund in der sub b ausgesprochenen Ansicht zu suchen. 


Sehr interessante, meine oben ausgesprochenen Ansichten unter- 
stützende, Belege bieten die Muscicapidae dar. Butalis grisola baut zwar 
auch ein ziemlich verstecktes Nest, nie aber so vor äussern Einflüssen 
geschützt, als die wahren Fliegenschnäpper, welche in Baumhöhlen nisten. 
Der erstere legt gefleckte, die letzteren ungefleckte Eier. Noch 
 schlagendere Beweise liefern die Schwalben. dCecropis rustica baut 
ein offenes Nest: die Eier sind stark gefleckt; Chelidon urbica legt das 
ihrige so an, dass nur durch ein kleines rundes Eingangsloch in das 
sonst nicht allzu tiefe Nest zu gelangen ist: die Eier sind wenig und 
blass getüpfelt, zuweilen rein weiss; Cotyle riparia dagegen, 
welche sich lange Röhren in die steilen Wände der Flussufer, Sand- und 
Lehmgruben gräbt und im hintersten Theile ihren Nistplatz aufschlägt, 
legt rein weisse, ungefleckte Eier. 


198 


Unterstützt werden meine oben aufgestellten Sätze noch vorzüglich 
durch die Arten, welche ungefleckte Eier legen, obgleich die Normal- 
färbung des ganzen genus eine gefleckte ist. Hierher gehören Petro- 
cossyphus cyanus et saxatilis, Erythacus tithys et phoenicurus etc. Diese 
Vögel nisten ebenfalls versteckt in Löchern oder Höhlen und legen un- 
gefleckte Eier. Dieselbe Wirkung, als die schützenden Verstecke schei- 
nen die theils tiefen, theils verschlossenen Nester mancher Arten her- 
vorzubringen; einen hierher gehörigen Fall habe ich schon bei den 
Schwalben, bei Chelidon urbica, erwähnt. Ich füge noch hinzu: Cinclus 
aquaticus, Aegithalus pendulinus und die Exoten Opetiorhynchus, Synal- 
laxis etc. Diese Arten nisten zwar nicht in Höhlen, bauen jedoch so 
grosse, theils nur mit einem Eingangsloche versehene, dunkle, die 
Vögel vor äusseren Einflüssen schützende Nester, dass die 
Wirkung der Theorie nach dieselbe sein muss als bei den in Löchern 
nistenden Vögeln. In der That legen auch diese Arten ungefleckte, rein 
weisse Eier. Dasselbe gilt auch von Sylvia cisticola Das sehr tiefe, 
eiförmige, zwischen Grasstengeln angebrachte Nest ist wohl vermöge sei- 
ner Bauart, so wie des Standorts im hohen Grase, als ein sehr geschütztes 
zu betrachten; die Eier sind ungefleckt. Es existiren zwar in den Samm- 
lungen ausser den ungefleckten Eiern dieser Gattung auch gefleckte, ich 
glaube daher kühn behaupten zu können, dass diese Eier einer bis jetzt 
noch nicht bekannten, weniger geschützt bauenden Calamoherpe ange- 
hören. Bestätigt sich diess, so würde dieser Fall wieder den Beweis 
liefern, in welch’ innigem Zusammenhange die Oologie mit der Ornitho- 
logie steht. 

Wenn die bisher aufgeführten Beispiele als Beweise für die sub a 
ausgesprochene Ansicht gelten sollten, so reihen sich daran als recht 
‚schlagende Beweise für das sub b Angeführte die Meisen mit ihren 
nächsten verwandten Arten. Diese Vögel legen, trotzdem, dass 
sie in Löchern nisten, gefleckte Eier. Doch wer kennt nicht das diese 
Arten auszeichnende muntere, unruhige, kecke Temperament! Soll der 
sub b aufgeführte Satz seine Richtigkeit haben, so müssen diese 
Vögel gefleckte Eier legen. 

In meinem Aufsatze über den Kukkuk, Naum. 1 Bd. 2, Heft stellte 
ich zuerst die Ansicht auf, dass der Anblick der im Neste liegenden 
Eier so auf das im Legen begriffene Kukkuksweibchen einwirke, dass 
das Ei Färbung und Zeichnung derselben annehme; in Verbindung damit 
stelle ich folgenden Satz auf; 


199 


Die Gegend, die Lage, kurz die Umgebung des Nestes 
haben Einfluss auf die Färbung der Eier. 

Beweise dafür liefern die Pieper und Lerchen. Die Eier derselben 
sind theils grau, theils grün, -theils olivenfarbig und wie die dazwischen 
fallenden verschiedenen Nüangirungen heissen mögen. Diese Arten nisten 
auf der Erde in Aecker, Wiesen oder Haidegegenden. Charadrius hirti- 
cula, cantianus, minor und die verwandten Arten legen ihre Eier in 
kunstlose Nester, wenn die in den Sand gescharrten Vertiefungen, oft 
ohne jede Unterlage, Anspruch auf diese Bezeichnung machen können: 
die Grundfarbe der Eier ist gelblichgrau, der Farbe des Sandes so täu- 
schend ähnlich, dass man beim Suchen des Nestes häufig vorübergeht, 
ohne es zu bemerken. Die Trappen legen olivenfarbige, in grau, grün 
oder bräunlich spielende, dunkler gefleckte Eier: die Nistplätze sind die 
grünen Getreide- und Repsäcker. Man sehe nur auf die Arten, deren 
hauptsächliches Vorkommen in den Haidegegenden, in den Steppenlän- 
dern Asiens und Afrika’s ist, als Galerida nemorosa et brachydactila, 
Cursorius, Hemipodius, Pterocles, Struthio etc. die Eier nicht nur, son- 
dern sogar die Vögel zeichnen sich durch ein fahles, gelblichgraues, dem 
Aufenthaltsorte entprechendes Aussehen aus. ° Ich glaube in dem ange- 
führten Satze auch die Ursache gefunden zu haben, wesshalb Montifrin- 
gilla nivalis ein so ganz von den ihm verwandten Arten abweichendes 
ungeflecktes, rein weisses Ei legt. Dieser Vogel legt bekanntlich sein 
Nest in den Felslöchern und unter den Dächern der in den höchstgele- 
genen Theilen der Alpen, in der Schneeregion, befindlichen Häuser an; 
ich selbst hörte einen Vogel dieser Gattung Ende Mai auf den Dächern 
des Hospizes auf dem St. Bernhard früh Morgens sein munteres Lied- 
chen singen, trotzdem, dass die Kälte so arg war, dass der Frost die 
Fensterscheiben mit Eisblumen überzogen hatte. Bei diesem Vogel übt 
sicherlich die geschützte, versteckte Lage des Nistplatzes ihren Einfluss 
auf die ungefleckte Färbung aus: die monotone, blendende, weisse 
Umgebung aber bedingt in Verbindung mit ersterer Ursache die rein- 
weisse Färbung. 

In obigem Satze findet auch die Erscheinung ihre Erklärung, dass 
die Eier ein und derselben Gattung, in verschiedenen Gegenden gelegt, 
verschiedenfarbig aussehen. Im 2. Quart. der Naum. 1853 pag. 224 
macht Herr Graf Rödern auf die verschiedene Färbung der Eier von 
Curruca cinerea, je nach dem Standorte, aufmerksam; eine ähnliche 
Beobachtung theilt Herr Dr. Gloger in Cabanis’s Journal, Fringilla 


200 


coelebs *) betreffend mit; es ist längst bekannt, dass Curruca orphea **) 
aus Frankreich bezogen anders gefärbt ist, als die ungarischen: diese 
Thatsachen müssen einen Grund haben und sie finden ihre Erklärung in 
obigem Satze. Die Eier von Otis tetrax aus Süd-Russland bezogen, 
sehen durchgehends grünlich aus, während man aus Frankreich, Spanien 
und Nord-Afrika zuweilen olivenrothbräunlich gefärbte Exemplare erhält. 
Diese Vögel wählen in Süd-Russland die in ungeheurer Ausdehnung da- 
selbst befindlichen grasreichen Steppen zu ihren Nistplätzen, während 
sie wahrscheinlich in Spanien und Nord- Afrika in dürren, sonnver- 
brannten Boden das zur Aufnahme der Eier bestimmte Loch scharren 
müssen. } 

In Vorhergehendem habe ich hauptsächlich die ungefleckten Eier be- 
handelt, ich wende mich nun zu den gefleckten. Die Fragen, welche 
sich dem Forscher unwillkürlich aufdrängen, sind die: welches sind die 
Bestandtheile der Flecken und wie entstehen dieselben? 

Die Flecken sind rein organischer Natur und bestehen 
aus Blut, welches sich beim Durchgange durch die Cloake theils rein, 
theils mit der den WUeberzug bildenden Flüssigkeit vermischt, an die 
Schale anhängt. Alle jene tiefschwarzen, rothbraunen, röthlichen und 
gelblichen Flecken in den verschiedensten Schattirungen werden durch 
diesen Stoff gebildet und nur die verschiedenen ‚Grade der Concentration 
bilden die Farbenabstufungen der. zu oberst auf dem Ueberzuge haf- 
tenden Flecken; denn die Farbenunterschiede der tiefer liegenden Flecken, 
derjenigen, welche unter dem Ueberzuge liegen oder damit vermischt 
sind, werden durch die Färbung des Ueberzugs bedingt. 

Jede Art hat nur eine Farbenschattirung der Flecken 
und diese ist ein Theil seiner Charakteristik. Nie wird die Farbe der 
auf dem Ueberzuge haftenden Flecken ein und derselben Art verschie- 
dene Schattirungen zeigen, die blassrothen werden immer blassroth, die 
dunkler gefärbten dunkel erscheinen. Ich brauche wohl nicht erst zu 
erwähnen, dass hier nur von gesunden, reifen Eiern die Rede sein kann, 


- 


*) Die Eier von F. coelebs kommen in ihrer oft sehr abweichenden Färbung 
und Zeichnung stets neben und untereinander vor. Die Abweichungen sind 
also keine lokale oder temporäre. B. 

=) Es ist nun. freilich eben noch die Frage, ob heide Eier demselben Vogel, dem 
Orpheussänger nämlich angehören, s. Naum. 1853, p. 424, was hiermit keineswegs 
bestritten werden soll. Uebrigens entsprechen die beiden typischen Zeichnungen die» 
ser Eier auf eine überraschende Weise den beiden Typen derer von F. covelubs. 

E, Baldamus, 


201 


Bekanntlich zeigen jedoch die Flecken verschiedene Färbungen, fast alle 
gefleckten Eier zeigen ausser den dunklen, theils hellere, theils fast 
ganz verwaschene von derselben Farbe, sowie andere in’s bläuliche, oli- 
vengrünliche, grauliche u. s. w. spielende Flecken. Durch diese Erschei- 
nung wird das Dasein eines Ueberzugs über die Schale am deutlichsten 
und sichersten bewiesen, denn dieser Ueberzug ist es eben, welcher 
durch seine Färbung die Veränderung der eigentlichen Farbe der Flecken 
bewirkt; durch ihn verwandelt sich die eigentliche Farbe des Bluts in 
“ alle möglichen Schattirungen, vom dunkelsten Braun bis in’s hellste Grau, 
von dunkel olivengrün bis hell aschblau. Gh 

Ich halte dafür, dass hier der Platz ist, einige Worte über die bis 
jetzt angewandte Methode, die Eier zu beschreiben, anzuführen. In den 
meisten Werken sind die Eier. einfach nach Grösse, Gestalt und Färbung 
und nur bei den auffallendsten Schalenbildungen nach deren Construction 
beschrieben. Ich habe darzuthun gesucht, wie einflussreich Gegend, 
Lage und Ort des Nistplatzes auf die Färbung des Ueberzugs der Eier 
ist; ich frage nun, wenn diess der Fall ist und die Färbung des Ueber- 
zugs die Farbe der damit vermischten oder darunter liegenden Flecken 
bestimmt: ist es dann möglich ein Ei nach einer Beschreibung richtig zu 
bestimmen? Beispielsweise nehme man die genera Fringa, Totanus, Sco- 
lupex und die zunächst damit verwandten Arten, auf alle passt die Be- 
schreibung: birnförmige Gestalt, auf olivengrünem, braunem oder grauem 
Grunde dunklere olivenbraune u. s. w. Flecken; Buteo und Milvus, die 
Edelfalken, die Sänger, kurz die meisten der artreichen genera sind 
entweder gar nicht oder schwer richtig nach Beschreibungen zu be- 
stimmen. Es muss dahin gearbeitet werden, die jede einzelne Art unter 
allen Verhältnissen charakterisirenden Kennzeichen aufzusuchen. Wie ich 
bereits weiter oben bemerkte, ist die Lupe ein unentbehrliches Hilfsmit- 
tel, einen Theil der Charakteristik zu finden und festzustellen und kann 
ich nicht umhin auf das grosse Werk unseres Prof. Dr. Thienemann hin- 
zuweisen, in welchem die damit gefundene Resultate mit aufgeführt sind. 
Doch bei vielen Arten reichen die damit gefundenen Resultate nicht aus; 
es muss jede Art wenigstens ein sie charakterisirendes Kennzeichen 
besitzen: diese aufzufinden und festzustellen ist Aufgabe des Oologen! 

Die Beweisführung, dass die Ueberzüge die verschiedenartigen 
Fleckenfärbungen hervorbringen, ist sehr leicht. Man nehme z. B. Eier 
von Nisus communis; bekanntlich sind dieselben auf grünlich- oder bläu- 
lichweissem in älterem, verblichemem Zustande rothbraun und bläulich- 


202 


graubraun gefleckt. Man schabe einfach mit einem Messer über die ver- 
waschenen, blässeren bläulichbraunen Flecken, und durch Hinwegnahme 
des Ueberzugs wird die rothbraune Färbung der auf dem Ueberzuge 
haftenden Flecken zum Vorschein kommen. Diese Methode versuche 
man mit jedem Eie, welches verschiedene Fleckenfärbungen zeigt und 
jederzeit wird durch das Fortschaffen des Ueberzugs die eigentliche 
Färbung der Flecken zum Vorschein kommen. 

Aus diesen Thatsachen schliesse ich, dass der Ueberzug und die 
Flecken gleichzeitig während des Aufenthalts des Eies in der Cloake 
gebildet werden, dass durch das Fortschieben des Eies die zu unterst 
liegenden Flecken von dem sich gleichzeitig bildenden Ueberzuge wie- 
_ der verdeckt werden und je nach seiner Dichtigkeit mehr oder weniger 
heller oder dunkler oder verwaschen durchscheinen und nach Maassgabe 
der Färbung des Ueberzugs anders gefärbt erscheinen. Recht deutlich 
tritt der Einfluss der Färbung des Ueberzugs auf die Fleckenfärbung bei 
den rothen Varietäten der Sänger und Würger hervor; sind die Exem- 
plare grau oder bräunlich, so werden die Flecken die dunklere Schatti- 
rung dieser Farben zeigen, während bei den rothen Varietäten auch die 
Flecken diese Färbung zeigen, denn bei diesen Arten sind auch die zu 
oberst liegenden Flecken vom Ueberzuge überdeckt. 

Schliesslich spreche ich die Hoffnung aus, dass die in vorliegender 
Arbeit ausgesprochenen Theorien Anerkennuug finden und die Oologie 
immer mehr als Wissenschaft betrieben werden möge. 


Rüge. 


Wie wenig, hinsichtlich _wissenschaftlicher Entdeckungen, es 
frommt, unbekümmert und ohne alle Rücksicht auf seine Vorgänger und 
ihre schon viel früher bekannt gemachten Erfahrungen, jetzt noch, ganz 
dasselbe nämlich, für neu ausgeben zu wollen, was schon vor 
einem halben Jahrhundert aller Welt durch den Druck veröffentlicht 
worden, beweist neuerdings unter andern das Wiederholen einiger in- 
teressanten Momente aus der Fortpflanzungsgeschichte unserer Stagni- 
cola chloropus. Es muss eine wahrhaft tiefe Kränkung für den sein, 
dessen Mühe und Fleiss man damit so ignorirt, als hätten sie gar nicht 
existirt, wie geschehen durch das in Cabanis Journ. f. Ornithol. 


203 


Jahrg. I. Heft 6. S. 451. und Jahrg. II. Heft 2. S. 190 Mitgetheilte. 
— Ganz dasselbe ist aber von Naumann dem Vater bereits vollstän- 
diger als vor ihm von irgend Jemand, gerade bei diesen Vögeln ge- 
schehen, seinen Lieblingen, die er täglich, ja fast stündlich, auf dem 
Teiche vor seinem Fenster vor Augen hatte, mit Liebe hegte, in allen 
Situationen ihres Lebens beobachtete, und diess in naturgetreuer schlich- 
ter Weise bereits im Jahr 1800 in seiner Naturgesch. der Land- 
und Wasservögel etc. II. S. 139—143 beschrieb, — das ebenso, 
aber noch ausführlicher, ja erschöpfend, von Naumann dem Sohn 
geschehen, im Jahr 1838 in seinem grossen Werke: Naturgesch. d. 
Vög. Deutschlands IX.-S. 609 — 617. Es hat schon damals, nach 
alljährlichen Wiederholungen festgestellt werden können, dass St. chlo- 
ropus unter günstigen Umständen stets in jedem Sommer zwei 
Bruten mache und die halberwachsenen Jungen der ersten Brut die 
der zweiten faktisch erziehen helfen; auch ist dort genügend aus- 
einander gesetzt, welches Missgeschick ausnahmsweise ein zweites 
 Brüten in demselben Sommer bisweilen verhindern kann. Refe- 
rent hat diese auch ihm sehr liebe Vögel bis heute nicht aus den 
Augen gelassen und kann nur bestätigen Alles was in jenen beiden 
Werken über sie gesagt worden. Aber für eine neue Entdeckung, 
wie es in jenem Journal genommen, kann Referent die Sache nicht 
halten, und es will ihm — wenn auch böse Absicht davon ausgeschlos- 
sen geblieben — bedünken, dass den Schreiber jener beiden Aufsätze 
mindestens eine nicht zu entschuldigende Eilfertigkeit zum Bekanntma- 
chen seiner sogenannten oder bloss ihm neuen Entdeckung verleitet 
haben dürfte, dass er aber seine Mühe füglich hätte sparen können, 
wenn er den Gegenstand zuvor in jenen beiden Werken nachgeschlagen 
haben würde. 


Ein Freund des alten Naumann. 


Notizen 


Wir haben jetzt (15. Januar 1854) in Schweden, namentlich in 
Schonen, einen strengen Winter, so dass ich manchen hochnordischen 
Vogel zu acquiriren hoffe. In den Lappmarken dagegen ist das Wet- 


204 


ter ungewöhnlich mild, so dass mehrere Vogelarten, welche dort sonst 
nicht Standvögel sind, — wenigstens nicht jährlich — noch jetzt sich 
dort aufhalten. 


Wallengren. 


Zu dem Verzeichnisse der Vögel Oldenburgs sind zwei 
neue Arten nachzutragen, welche uns der verflossene Winter gebracht 
hat. Es wurde nämlich Procellaria glacialis vier Meilen von der See 
todt aufgefunden und Alauda alpestris unter andern Lerchen (A. arven- 
sis) lebendig gefangen; beide Vögel wurden dem Grossherzogl. Museum 
überliefert. 

Auf der Rückreise nach dem Norden zeigten sich in diesem Früh- 
jahr auffallend wenig Vögel, und auch die hier brütenden sind nur 
schwach vertreten. Jedoch sind die Nachtigallen in ziemlicher Menge 
zu uns zurückgekehrt, d. h. luscinia; (philomela kommt bei uns nicht vor). 

Drei Stunden von Oldenburg im Sumpflande bei Holle hat ein Jäger 
ein Paar Anser torquatus beobachtet. Vielleicht haben diese bei uns 
sonst so seltenen Gänse dort gebrütet oder brüten wollen. 


©. W. von Negelein. 


Bis jetzt habe ich (Ueckermünde, 24. Mai 1854) hier herum die 
Horste und Nester folgender Vögel aufgefunden: Corvus corax, Strix 
'bubo et aluco, Aquila albicilla, Falco peregrinus, buteo, milvus, palum- 
barius, Picus martius, Alcedo ispida, Ciconia nigra, Aquila naevia, Pan- 
dion haliaötos, Falco ater, Turdus merula et viscivorus, Totanus ochro- 
pus, Circaöt. brachydact., Alauda cristata, Picus medius, Falco nisus, 
Muscicapa luctuosa u. s. w. Das Beste von dem Allem ist unstreitig das 
Ei vom Natternadler! Ich habe die besten Aussichten noch ein Ei dieses 
 Adlers zu erhalten, da das Paar grosse Anstalten gemacht hat, um noch- 
mals zu legen, was ein schon der Eier beraubtes Paar von F. peregri- 
nus und Pand. haliaöt. auch bereits gethan hat. 


Th. MKrüper. 


Auch in unseren Auenwäldern sind in diesem Jahre die hier 
gewöhnlichen Vögel an Individuen merklich weniger zahlreich, 
als sonst, besonders die nahe und an der Erde nistenden, eine 
Thatsache, die ihre genügende Erklärung in der Verwüstung der vor- 
jährigen Brut dieser Vögel durch das Hochwasser findet. Auffallend aber 


205 


ist nach der vorjährigen ausserordentlichen Häufigkeit der Mangel an 
Muscicapa atricapilla, nicht nur in hiesigen Revieren, sondern, wie es 
scheint, auch anderwärts. Dass die Brücher unserer Gegend nicht 
so zahlreich besetzt waren, dass selbst manche'regelmässige Be- 
wohner, z. B. Tot. g/areola und ochropus gänzlich fehlten (als 
Brutvögel nämlich), liess sich bei dem trockenen Frühjahre kaum anders 
erwarten. Sehr häufig waren indess an den Ufern der Saale und 
Elbe Cyanecüla suecica und Sal. palustris, (dieser prächtige und un- 
ermüdliche Sänger, der nach meinem Geschmacke die Hypolais vulgaris 
übertrifft, sowohl in der Klangfarbe seiner Stimme — halb Flöten- und 
halb Oboen-Ton — als in der reichern Modulation der Töne und Strophen). 
Auch Sylvia atricapilla und nisoria waren zahlreich vertreten. Anthus 
campestris hatte sich vielfach auf fettem, bebautem Boden ange- 
siedelt, selbst in Gegenden, wo ich ihn früher nie bemerkt habe. 

Herr Lieutenant Kaplick führte mich Anfang April d. J. zu einem 
Horsie von Astur palumbarius, (im schönen Lödderitzer Reviere). Es 
schoss Jemand das abstreichende — wahrscheinlich zweijährige — Weib- 
chen und liess die Eier wegnehmen. Ungefähr 4 Wochen später kam 
ich mit genanntem Herrn wieder an diesem Horste vorbei, und nach 
langem Klopfen strich ein anderes Weibchen vom Horste, in welchem 
sich 3 Eier befanden. 

Ein Paar P. caudatus hatte sein schönes Nest in diesem Frühjahre 
zwischen 2 nahe beisammenstehenden armdicken Bäumen so angelegt, 
dass es nur mit den Seitenwänden an den beiden Bäumen befestigt war. 
Es war fertig gebaut, als ich es in Gegenwart des Herrn Prof. Nau- 
mann, dicht hinter meinem Garten fand. Das Nest wurde verlassen. 
Nach 3 Wochen fand ich einige und fünfzig Schritte davon das Nest des- 
selben Paares ganz auf dieselbe Weise und in derselben Höhe zwischen 
zwei eben solchen Bäumen angelegt. Ich nahm es weg, und wollte das 
andere dazu nehmen, verreiste aber am folgenden Tage. Nach acht 
. Tagen zurückgekehrt, wollte ich Herrn Pfarrvikar Altum dies Nest zeigen; 
wir waren aber nicht wenig verwundert, dasselbe vollständig zerzaust 
zu sehen, und zwar von den Schwanzmeisen selbst, welche das Nest- 
material eifrigst zu-einem neuen Nestbaue verwendeten, der diessmal 
hoch auf einem Baume, doch aber wieder ähnlicher Weise zwischen 
zwei Aesten vorgenommen und vollendet wurde. Ueberhaupt waren die 
vielen von mir aufgefundenen Nester der Schwanzmeise alle sehr nie- 
drig gestellt, in Zäunen, dickem Schwarzdorngebüsch u. s. w., wenig- 


206 


stens die zuerst angelegten (vom 11. März bis Mitte April). Offenbar 
waren die häufigen Stürme jener Zeit den langgeschwänzten Thierchen 
sehr unbequem; sie hielten sich und baueten wohl besonders desshalb 
ihre Nester so niedrig. Die später angelegten waren fast ohne Aus- 
nahme höher und viel höher auf Bäumen angelegt. 

Ich war im vorigen Jahre nicht wenig betrübt, dass mein alter 
Gast, Musc. atricapilla, mich verlassen hatte, (s. Naumannia 1853. 
p. 338). Um so mehr erfreute mich-sein (ziemlich spätes) Eintreffen 
am 23. April d. J. Erstaunt aber war ich, Männchen und Weibchen 
ohne Weiteres das Nistkästchen desselben Baumes, das sie früher inne 
hatten, beziehen, und eine Sylv. phoenicurus vertreiben zu sehen. Auch 
war das Weibchen so zutraulich und that so bekannt, dass ich fast 
glauben möchte, es sei das frühere, alte Weibchen gewesen. . Ich 
konnte, wie früher, das Kästchen vom Baume nehmen, ohne dass das 
Weibchen herausflog, und die Herrn von Münchhausen und von Kemnitz 
haben das Kästchen in der Hand gehabt, den Deckel abgenommen und 
das liebe Thierchen betrachtet, ohne dass es nur Miene machte, von 
den Eiern zu gehen. Zu bemerken ist noch, dass diess Kästchen ein 
neues, aber auf derselben Stelle aufgehangen war. 

Wäre meine Vermuthung richtig, so würde daraus folgen, dass die 
Gatten zuweilen auseinander kommen, etwa auf dem Zuge verschlagen 
werden, sich anderweitig paaren, und später mit einander zusammen- 
treffend, den frühern Bund von Neuem schliessen. Merkwürdig und 
sonst unerklärlich bleibt allerdings das Gebahren des vorjährigen Weib- 
chens in Vergleich zu dem Benehmen des frühern und des jetzigen. 

Ich kann den Freunden der Ornithologie nicht angelegentlich genug 
die Nistkästchen empfehlen! 


Ich hatte kürzlich die grosse Freude, eine Calamoherpe pinetorum 
in meinem Garten einmal wieder nisten zu sehen. Leider ist das Nest, 
bevor noch das Weibchen ausgelegt hatte, wieder zu Grunde gegangen, 
und mir nicht ein einziges Ei zu Theil geworden. Das Ei, welches ich 
im Neste liegen sah, hatte so ganz die charakteristische Färbung derer 
der C. pinetorum, dass es nicht zu verkennen war. 


H. Zander. 


207 


Bei einem Besuche, den ich in diesem Frühjahre Herrn Oberförster 
von Meyerinck und seinem berühmten Reviere *) in Begleitung des 
Herrn Pfarrvikars B. Altum abstattete, übergab mir der als ausgezeich- 
neter Jäger und tüchtiger Ornitholog bekannte Forstmann seine Schiess- 
listen, welche vom Jahre 1839—1847 reichen. Sie sind interessant ge- 
nug, um in weitern Kreisen bekannt zu werden. Herr von Meyerinck 
schoss innerhalb genannter Zeit: 


40 Rothhirsche (29 jagdbare) 
41 Rothspiesser 
20 alte Roththiere 
23 Schmalthiere 
81 Schaufler 
52 Damspiesser 
74 alte Damthiere 
12 Schmalthiere 
144 Rehböcke 
21 alte Rehe 
1 Schmalreh 
45 Sauen 
6091 Hasen 
104 Kaninchen 
79 Füchse 
2 Dachse 
2 Marder 
2 Iltisse 
111 Fasanen 
2535 Rebhühner 
39 Wachteln 
301 Waldschnepfen 
350 Bekassinen 


. 


*) Die durch den reichen Wildstand und die Königl. Jagden berühmte Setz- 
linger Haide in der Altmark: ein auch in ornithologischer Hinsicht durch eine 
charakteristische Vertheilung und durch einen sehr reich besetzten und malerischen 
Reiherstand interessantes Revier. Wir werden Näheres hierüber sammt einer 
Abbildung des Reiherstandes, von Freund Altum und mir nach der Natur gezeichnet, 
in einem der nächsten Hefte geben, sprechen aber schon hier Herrn von Meyerinck 
unsern Dank für die gastfreundliche Aufnahme und die zuvorkommende Förderung 
unserer wissenschaftlichen Untersuchungen aus. 


208 


2 Gänse 
722 Enten 
47 Raubvögel, darunter 
4 Adler 
28 Fischreiher 
113 Kormorane 
7 Trappen 
68 grosse Strandläufer. 
Hoffentlich können wir im nächsten Hefte die Schusslisten des ver- 
storbenen Försters Naumann geben. 


x. Baldamus. 


Bekanntmachungen. 


Für die Bibliothek der Deutschen Ornithologen-Gesell- 
schaft (Naumann’s-Stiftung) sind eingesandt: 

Durch Herrn E. A. Zuchold in Leipzig: 

1) Observations on some Species of the Genera Tetrac and Ortyx, 
natives of North America. By Mr. David Douglas, F.L. S. 1828. 

2) Description of a Species of Tringa, new to England and Europe. 
By William Yarrell, Esq. F..L. S. 1828. 

3) Description of some new Species of Birds chiefly to the rare Ge- 
nera Phytotoma, Indicator and Cursorius. By Mr. Benj. 
Leadbeater. F. L. S. 1825. 


Der Sekretär d. D. 0. €@.: 
E. Baldamus. 


Notes sur les Larides 
par 


Charles-Lucien Prince Bonaparte. 


Monsieur le notaire Bruch *) vient enfin de passer l’acte qu’on 
"attendait depuis longtemps, et dont nous avions revu ensemble les minu- 
tes, avec ses clients de vieille date, les Cariens. Ce Memoire, en lui 
restituant son veritable nom, publie dans le second numero du Journal 
d’Ornithologie de Mr. Cabanis, est tel qu’on l'attendait de la capacite de 


*) Endlich hat Herr Notar Dr. Bruch seine lange erwartete Arbeit über die 
Lariden veröffentlicht, die ihn so lange Jahre beschäftigte und die wir gleichsam 
unter unsern Augen allmählig entstehen sahen. Diese Arbeit, welche im 2ien Hefte 
von Cabanis Journal für Ornithologie enthalten ist, entspricht völlig den Erwartun- 
gen, zu denen uns die wissenschaftliche Weise des eifrigen Directors der Mainzer 
Sammlungen berechtigte. Die Wichtigkeit dieser jahrelang gereiften Arbeit veran- 
lasst mich, hier einige Berichtigungen und Vervollständigungen derselben mitzuthei- 
len, die mir von Interesse zu sein scheinen. 

Es wäre ein Glück für die Wissenschaft, wenn Hr. Bruch, trotz seines leider 
leidenden Zustandes, sich entschliessen könnte, auch die Sterninen zu sichten, die 
noch viel mehr zu wünschen übrig lassen, als die Larinen. Die Liebe zur Wissen- 
schaft, die uns so vielen Kummer, so viele herbe Täuschungen und so viele Leiden 
der schlimmsten Art, die moralischen Schmerzen, überwinden lässt, dürfte noch viel 
mehr Gewalt über den physischen Schmerz haben. 

Durch diese kritische Uebersicht der Sterninen, welche die Wissenschaft von 
Hrn. Bruch erwartet, wäre endlich die ganze Familie der Lariden in Ordnung ge- 
bracht. In der That hat Hr. B. jetzt schon einige Species behandelt, die nach un- 
serer Ansicht die Subfamilie der Lestrigier bilden, die so zu sagen nur ein An- 
hang der Larinen ist. In demselben Verhältniss stehen die Rhinchopinen zu 
den Sterninen, nur dass sie denselben nicht voranstehen, sondern nachfolgen. 

Es tritt jeden Tag mehr hervor, dass wenn man möglichst genau dem Gange 
der Natur folgen und denselben darstellen will, man die organisirten Wesen in pa- 
rallelen Reihen aufstellen muss. Die erste der Reihen unter den Lariden, 
die der wahren Larinen, theilt sich in zwei Unterreihen: Lareae und Xemeae. 

Naumannia. 1854. 14 


210 


ce zele Directeur du Musee de Mayence. L’importance que l’on doit 
attacher A l’&minent travail qui fut l’occupation principale pendant nom- 
bre d’annees de son auteur, me determine & relever les quelques er- 
reurs et omissions que jai pu y reconnaitre. 

Il serait heureux que Mr. Bruch, malgre l’etat fächeux d'infirmite 
dans lequel il se trouve, se decidat & mettre e&galement en ordre les 
Sterniens, qui laissent encore plus & desirer que les £ariens. L’amour 
de la science qui fait surmonter toutes les deceptions, tous les m&com- 


doit A plus forte raison. faire oublier les douleurs physiques. 

La famille entiere des £arides serait ainsi passe en revue, au moyen 
de cet arrangement des Sferniens que la science reclame de Mr. Bruch. 
I a deja en effet trait des quelques esp&ces formant & notre avis la 
Sous-famille des Lestrigiens, qui n’est pour ainsi dire qu’un appendice 
des £ariens. Celle des Ahincopiens est dans des conditions semblables. 
par rapport aux Sterniens sauf quelle suit au lieu de preceder. 

Il est facile de se convaincre tous les jours davantage que c'est 
par ‚Series paralleles qu'il convient le mieux de disposer les &tres orga- 
nises afın de suivre et de representer les plus fidlement possible les 
lois de la Nature. La premiere des Series que nous venons d’indiquer 
parmi les £arides, celle des vrais 


ter rtens 


se subdivise elle-möme en deux: Lareae et KZemene. 


Familia Laridae. 
Subfamilia Lestriginae. 


1. Cimoliornis, Owen Fossil. 1. 
diomedeus- A 

2. Catarracta, Bp. ex Brünn. Antarct. 1. 
antarctica. 

3. Stercorarius, Bp. ex Br. Arct. 1. 
skua. 

4. Coprotheres, Reich. ex Ray, (Stercorarius, Bruch, p.) Arct. 1. 
pomarinus. 

5. Lestris, Ill. (Stercorarius, Bruch, p.) Art. 2. 
longicaudatus. 


‚Subfamilia Latrinae. 


a. Lareae. b. Xemeae. 
6. Procellarus, Bp- (Epitelarus) 0c. 1. 
7. Leucophaeus, Bp. Am. m. 1. 17. Adelarus, Bp. Afr. Am. m. 4. 


. Blasipus, Bp. 
. Gabianus, Bp- 


211 


Pacif. As. Am. 3. 
Austr. 2. 


10. Larus, L. (Dominicanus, Bruch.). 

Cosm. 9. 
11. Laroides, Brehm, (Plancus! Reich. 
ex Klein. — Glaucus, Bruch.) 
FE Cosm, 10. 
12. Gavina, Bp. (Glaucus, p. Bruch) 
Cosm. 6. 

13. Gelastes, Bp. (Gavia, Bruch, nec 
Br. nec Boie) Cosm. 7, 
14. Pagophila, Kp. (Gavia, Boie, nec 


2. 


4 


> 


15. Rissa, Brünn. 
16. Rhodostelhia, Macgill, 


Br. - Cetosparactes, Maegill.) 


Groeul. 2. 


Arct. 1, 


Hemisph. bor. 3. 


Am. 3. 
Med. M. rubr. 1 


18. Atricilla, Bp- 
19. Ichthyaötus, Kp. 


20. Gavia, Bp. ex Br. Cosm. 8. 
21. Chrvicocephalus, Eyton. Eur. As. 1. 


22. Creagrus, Bp. Am. s.:occ. 1. 
23. Xema, Leach. M. arct. 1. 


Subfamilia 229. Larinae. 


A. Lareae. 


Procellarus, Bp. (Epitelarus) 

1. neglectus, Bp. » . -» 
Leucophaeus, Bp. 

2. haematorhynchus, King... . 


3. Heermamni, Cassin. . » » . 


Blasipus, Bp. 
4. crassirostris, Vieill. *) 
5. Bridgesii, Fraser. . 
Gabianus, Bp. 
6. pacificus, Lath. (major) 


- 7. bathyrhynchus, Maegill. (minor) . 


Larus, L. 
‚8 marinüus, L .... 
9. pelagicus, Anglor. 
10. vetula, Mus. Paris. 
11. dominicanus, Licht. . 
12: Buscus, Li"... 
13. fuscescens, Licht. 
* 14. Verreauxii, Bp. . 
15. antipodum, Gr. 
16. cachinnans, Pall. 


6. Laroides, Brehm. 


17. glaucus, Brünn. Bh, 
18. glaucopterus, Kittl. ae 
19. leucopterus, Faber. 


*) So im Mspte. Bruch (l. c. p. 107.) eitirt „Vigors* 
tigkeit des einen oder andern Citates nicht entscheiden. 


ex M. antarct., Am. m 


. ex Chili, Peru, Ins. Falkid. 
ex Pacific, Am. s. occ. Californ. 


ex 
. eX 


Japonia. 
Am. m. 


Austr. 
Austr. 


ex 
ex 


Atl. occ., Medit., Caspico. 
M. Ind., Paeif. 
Afr. m. 
. ex Am. m., Brasil. 
'ex Atl., Medit. 
M. rubro. 
Am. calid. 
Zeeland. 
Afr. s. or, M. Casp. 


boreal. Eur. et Am. 
Kamtschatka. 
arct. reg. 


dazu. 
Der Herausgeber. 


14* 


Ich kann über die Rich- 


212 


20. glaucescens, Licht. . eX AM. Ss. 0cc. 

21. glacialis, Benicken . « ex- Groenland. 

22. argentatus, Brünn. ex Atlant., Medit., M. nigro. 
23. argentatoides, Richardson ex Am. S. 

24. leucophaeus, Licht. ö - ex M. rubro et Adriat. 

25. borealis, Brandt. . ex AS. Ss. 

26. oceidentalis, Audub. ex Californ. 


2. Gavina, Bp. 
27. canus, L. 
28. lacrymosus, Licht. 
* 29. kamtchatchensis, Bp. 
30. zonorhynchus, Richards. 
* 831. ;Bruchi, Bp: W.%° 
32. Audouini, Parteandasn 
8. Gelastes, Bp. 
33. Lambruschinii, Bp. 
34. Hartlaubi, Bruch. . . . 
* 35. 
36. 
37. 


Gouldi, Bp. 

Jamesoni, Wils. et 5. 
38. Andersoni, Bruch. ; 
39. Pomarre, Bruch. 

9. Rissa, Brünn. 

40. tridactyla, L. . i 
ALSTER N .00,0:,% 
42. Kotzebuii, Bp. 

10. Pagophila, Kp. 
43. eburnea, L. 
44. brachytarsa, Hollb. 


211. Rhodostethia, Mac Gillivr. 


45. Tosea, Jard. Dee 


corallinus, Bp. (maculipennis?) 


. ...ex Eur., As. occ., Afr. z. 
| ex M. ind., rubro. 
. » ex As, bor. or. 
ex Am. s. or. 
Ad EX AMD: 8.066: 


ey LOX-Medit. 


. ex M. Medit., rubro. 
ex Afr. m. et or. 
ex Am. m. 
2. BOX SAUStR 8, 
. .eX Austr. m. 
ex N. Zeelandia. 
« « .  eX Micronesia Otheiti. 


ex Hemisph. bor. _ ' 
. ex borealib. As. or. Am. occ. 
. ex Am. s. occ., Californ. 


..» ex Groenland. 
. . ex Groenl. s. 


> Am. bor. 


B. Xemeae. 


12. Adelarus, Bp. 


46. leucophthalmus, Licht. 
47. Hemprichi, Bp. 


a. Africani, typiei. 


ex M. rubro. 
ex M. rubro. 


b. ER aberrantes. 


48. fuliginosus, Gould 

49. Belcheri, Vig. 
13. Ichthyattus, Kp. 

50. Pallasii, Kp. - . 
14. Atricilla, Bp. 

51. Catesbaei, Bp. 

* 52. minor, Bp. 

53. macroptera, Bp. 

215. Gavia, Br. 


54. serranus, Tschudi. . . 


a. Melayavia, Bp- 


0... eX Am. m., Chili. 
. eX Am. M. 0cc. 


ex M, rubro. 
‚or ...eX Am. :$S. 066. 


ex Antillis. 
. ‚ex Am. m. 


. ex Am. m. 


213 


ee 
55. melanocephalus, Natterer. 2.» ex Medit. et Adriat. 
56. cueullatus, Licht. . » » . 2... ex Am. calid. 
57. pipixcan, Wagl. . . ... 2»... eX Mexico. 
58. melanorhynchus, Tremm. . » . . ex Am. m. 
50: Kittlitzi, Bruck u 9 2a 0X AuR 
60. Franklini, Riehards. ... . . .. ex borealib. Am. s. 
61. Bonapartii, Richards. . .». ». . . ex Am. S. 
62. subulirostris, BP » ,» » 2... ex Am. Ss. 


b. Gavia, Bp. 
63. glaucotis, Meyer. . » » 2... 0...ex Chili, Ins. Falkd. 
64. maculipennis, Licht. et u 88,,Brazil. 
65. ridibundus, L.L . -» . ..» 2...» ex Eur. m. et Ined. As. occ. As. S. 
66. capistratus, Tlemm. .». . » » .... ex M. medit., rubro. 
67. poiocephalus %, Sw. . » 22.2. ex Afr. cc. 
68. brunnicephalus, Jard.. . . =». ex India m. occ. 


ec. Cirrhocephala, Bp. 
69. eirrhocephalus, Vieill. (major) . . ex Am. m. or. 


70. poliocephalus, Wied. (minor) ....eX Am. ım. 
16. Chroicocephalus, Eyton. 

71: minutus,: Pal: .. 5.004 Wie EX (EUF SOFAS: S- 
17. Creagrus, Bp. 

72. füurcatüs, NebouxX. . . ».. ... 8X Anl. S. 0€c. 
28 Zemma,lLeach. : . . 292. 00.2. eX MM. arclico. 


La principale addition que nous ayons ä faire au Memoire de Mr. 
Bruch est certes notre Procellarus neglectus, singulier genre dont on 
ne connait encore que le jeune, obscur&ment conserve depuis 1831 dans 
le Musde de Paris oü le porta Mr. d’Orbigny de je ne sais quelle loca- 
litE des mers du sud. Ce Larien montre une forte tendance vers les 
Lestrigiens, sans pouvoir &tre pris pour l’un d’eux. Si contre toutes 
les rögles de la Nomenclature nous donnons un double nom ä& ce sin- 
gulier genre, c’est pour moins mecontenter les puristes qui pourront, 
substituer le second Epitelarus ä celui que nous preferons; et eviter A 
Monsieur Cabanis d’en donner un de sa facon A un oiseau trop long- 
temps neglige dans nos Galeries Nationales. Voici ses caracteres gen6- 
riques, et. spöcifiques. | 

Rostrum brevissimum compresssum: digitorum membrana valde 
emarginata: alae caudum brevem vix. excedentes. 


‘ 


*) Da, wie Cabanis wohl mit Recht bemerkt, der Name poiocephalus ein corrumpirter zu 
sein scheint, und ausserden Prinz Max von Wied den richttg gebildeten, poliocephaius, vergeben 
hat, so dürfte für die Swainson’sche Art — ihre Bewährung vorausgesetzt, Dr. Bruch zieht sie 
mit seiner Gavia Hartlaubii zusammen, 1. .c. p. 102.— ein andererer Name zu wählen sein. 

Der Herausgeber. 


214 


u 


Statura L. cani: fuscus, capite subrufescente; subtus albido-fusces- 
cens: remigum apicibus speculum constituentibus, uropygio tectrieibusque 
caudalibus, albis: cauda alba, fascia lata subapicali fusca: rostro flavo 
apice fusco. An adultus ? 

Passons ä la revue du Memoire de Mr. Bruch, et occupons nous 
d’abord des genres. Nous qui croyons devoir conserver le nom Linneen 
de Larus a un des groupes les plus restreints, nous nommons ainsi le 
genre Dominicanus de Bruch, et adaptons le nom Laroides de Brehm 
au Glaucus de Bruch. Outre que ce nom generique est preoccupe 
parmi les animaux invertebres, le nom Plancus emprunte de Klein par 
Reichenbach, auroit lui-m&me la priorite sur celui de notre auteur. Nous 
le concevons d’ailleurs dans des limites moins etendues que lui, et nous 
nommons Gavina, Bp. les dernieres especes que nous en detachons. 

Le quatrieme genre de Bruch est appel& par nous depuis longtemps 
Gelastes; ce Gavia de Bruch n’est d’ailleurs ni celui de Boie, qui est 
le genre Pagophila, Kaup (Cetosparactes, MacGill.) ni celui de Swain- 
son qui apparlient aux Noddis, ni celui de Brisson auquel le nom doit 
etre conserve. 

Le sixieme genre de Bruch est coupe par moi en deux: chacune 
de ses especes formant le iype d’un genre separe, Xema restant ä 
Sabini, Leach, pour laquelle il fut cree, et fuscatus, Neboux (non 
Lesson) etant celui de Creagrus, Bp. 

Le septieme genre auquel Mr. Bruch etend le nom de Chroicoce- 
phalus, Eyton, comprend mes genres: 

1. Ichthyaötus, Kaup, pour la seule espce” ainsi nommee par 
Pallas; 

2. Atricilla, Bp. pour trois especes, dont une non admise par Mr. 
Bruch, et lautre confondue & tort par lui avec le L. Serrannus de 
Tschudi, qui est son personatus, Nattereri; 

3. Gavia, Brisson, pour la grande masse des especes, ayant pour 
type le Z. ridibundus, et finalement 

4. Chroicocephalus pour la petite espece a bec mince, L. minutus 
qu’il vaut mieux laisser seule, sans m&me lui adjoindre ses plus proches 
allies, le L. bonapartii, et le subulirostris. 

Monsieur Bruch n’a pas tout-A-fait bien compris ses trois derniers 
genres 10, 11, 12, Adelarus, Blasipus et Leucophaeus, qu'il a pris de 
moi, ayant r&parti les especes autrement que je n’en avais l'intention, 
et que je n’en comprends les affinites. 


215 


Mais hätons nous d’arriver & la partie la plus essentielle, et la mieux 
traitee par notre auteur, & la critique des especes. Dans son premier 
genre Gabianus, Bp. notre auteur n’en admet qu’une, qu’il nomme pa- 
eifieus, Lath., en lui donnnant pour synonymes, leucomelas, Vieill., et 
georgü, Vig., auxquels on peut ajouter comme quatri&me dathyrhynchus, 
MacGill. Ces synonymes cependant doivent &tre, suivant moi, repartis 
entre deux espeses, qui se distinguent fort bien par la taille. 

Les especes du second genre, mon Larus propre, sont bien nom- 
mees et determindes par notre auteur. Je n’ai autre chose ä faire re- 
marquer si non que voulant conserver le nom specifique de dominicanus 
a une de ses especes (ce que ne pouvait faire Mr. Bruch, qui l’emploie 
pour le genre, et le cite d’ailleurs sous trois esp&ces) je l’applique ex- 
clusivement au D. vociferus, Bruch, parce que je crois que c’est & cette 
race du Bresil, que l’a donne Lichtenstein, pour la premiere fois. 

J’ai aussi & ajouter une espece nouvelle qu’on pourrait designer, 
comme le Larus fuscus du Chili, et que je nommerai Larus Verreauzi, 
Bp. ex Chili. . Minor L. fusco eui similis: alis longissimis, remigibus 
niyris subunicoloribus, macula singula alba subapicali: rostro valde 
robustiore, flavissimo. 

On sait que le seul. Montague a donne au fuscus, L. (flavipes 
Meyer, le nom d’argentatus, generalement applique ä des espöces plus 
grandes de Larus et de Laroides. 

Le troisieme genre de Bruch, qui finit pour moi apres sa vingtieme 
espece, est tres-bien mis en ordre par notre auteur. Il nomme consul 
d’apres Boie sa premiere espece, ne pouvant se servir comme nous, du 
nom specifique glaucus, qu'il emploie pour le genre. Il ne faut pas 
confondre le Zeucopterus, Faber (qui est le glaucoödes, Temm.) avec 
celui de Vieillot; comme aussi faryentatoides, Richards. (nonne potius 
Bonaparte?) propre & l’Amerique du Nord, avec les pretendus argenta- 
toides d’Europe qui.encombrent les collections. Les nuances assez diffi- 
ciles a saisir entre les esp&ces dont nous venons de parler et surtout 
entre elles, et le glaucopterus Kittitz, et glaucesceus, Licht., et le gla- 
eialis, Benicken sont admirablement etablis par notre auteur. Par contre 
je ne pense pas que sa dixseptitme espece michahellesü, Bruch, differe 
de sa huitieme Zeucophaeus, Licht. C’est des quatre dernieres especes 
du troisieme genre de Bruch, que je forme mon genre Gavina. Ajoutons 
y deux especes nouvelles, 1) Gavina kamtschatchensis, Bp., qui est 
la race kamtschadale du Larus canus, L., comme le Zaerymosus, Licht., 


216 


en est la race africaine, et le zonorhynchus, Richards, la race nord- 
americaine. 2) Gavina bruchi, Bp., race mexicaine, & bec remarquable- 
ment court, de ce m&me L. canus. 

Le quatrieme genre de Bruch pour lequel je ne congois pas qu'il 
puisse avoir prefere le nom de Gavia A celui que j’ai propose @elastes, 
a pour type cetie belle espece de la Mediterrande pour laquelle il adopte 
le nom speecifique de gelastes, Licht. passant sous silence ses nombreux 
synonymes. Le seul qui puisse disputer la priorit€ au nom de Lam- 
bruschinii sous lequel je Yai figure dans ma Faune Italienne, apres avoir 
cart comme generique celui de Gelastes est le nom encore douteux 
de rubriventris Vieillet, que je fais ici revivre pour la premiere fois. 
Ajoutez encore aux synonymes celui de melanotis Reich. qu’il ne faut 
pas confondre avec L. »igrotis de Lesson, qui est un jeune Chhroicoceph. 
minutus. 

Je suis pr&i a adopter comme Gelastes hartlaubi la nouvelle espece 
du Cap de Bonne Esperance, tout en doutant qu’elle s’etende jusqu’ä la 
cöte indienne. Mais je l’adopte pr&cisement parce que je ne crois pas 
quelle ait rien a demeler avec Larus poiocephalus, Sw. qui est un 
Chroicocephalus de Bruch, representant sur les cötes d’Afrique, notre 
ridibundus d’Europe. : 

Ajoutez ici une nouvelle espece du Museum de Paris, que j’ai 
nommee Gelastes corallinus ä cause de son bec encore plus e&clatant 
que dans les plus beaux de ses congeneres. Elle nous mene directe- 
ment au jamesoni du professeur Wilson d’Edimbourgh, qu’il ne faut pas 
confondre avec le celebre- ornithologiste americain, lui aussi &cossais, 
ni avec les membres d’une autre famille Wilson qui patronnent si large- 
ment dans ce moment la science ä Philadelphie.. Qui ne connait le 
Lurus jamesoni de la Nouvelle Holland, qui est celui de Wilson, de moi, 
et de tutti quanti? C'est bien legerement et d’apres des doutes emis 
verbalement, sur des especes voisines que Mr. Bruch m’accuse de vouloir 
chonger le nom de ce Laride, et de transporter le sien A son ander- 
soni. C'est evidemment & ce dernier plutot qu’ä sa pomare, que se 
rapporte une espece que j’avais considerde comme nouvelle, et ä laquelle 
jJavais voulu appliquer le nom d’un ami commun, aussi savaut que la- 
borieux et modeste, et dont il ne peut plus @tre question das cette 
occasion. 

Quant a mon Gelastes gouldi d’ailleurs inedit, au lieu d’ötre plus 
petit que le jamesoni, comme le suppose gratuitement Mr. Bruch, il est 


217 


plus grand, et se trouve sur les cötes septentrionales de la Nouvelle 
Hollande, ‚tandis que le jamesoni parait confine aux cötes meridionales 
de ce continent. Les excellentes especes de Mr. Bruch, andersoni et 
pomare terminent convenablement le beau genre Gelastes. 

Je n’ai rien & observer sur le douzieme genre Rissa, Brünnich de 
Mr. Bruch, si non que les especes meritent encore d’etre compardes, ne 
fusset que pour mieux en etablir la synonymie. Larus niveus, Pallas 
par exemple ne serait-il pas le m&me que drachyrhynchus de Gould: et 
ä cause de ce nom m&me ne vaudroit-il pas mieux appeler Kotzebui, 
comme je Tai fait dans mes manuscrits, la bonne espece des cötes Nord- 
ouest de l’Amerique & laquelle on applique le nom plus que douteux de 
brevirostris, Brandt. J’ai decouvert ä n’en pouvoir douter que le fa- 
meux Pulo-condor de Sparmann, qui & tant intrigu6 les ornithologistes 
n’etait qu’un jeune Rissa: mais est-il bien vrai qu'il provienne des cli- 
mats chauds de l’Asie? On a vu plus haut ceque je pense des deux 
especes du genre Xema, du Chroicocephalus, Eyton, si amplifie par 
Mr. Bruch, et: que je restreins au contraire au seul L. minutus de Pal- 
las (pygmeus, Bory, nigrotis Less.), de /Ichthyaetus, et des trois 
especes de mon Atricilla, de sorte que mes observations ne porteront 
que sur les Xemes, que je conserve encore dans mon genre Gavia, Bp. 
ex Brisson, si different de celui de Mr. Bruch. Parmi elles se distingue 
encore un groupe de Lariens ä t&tes noires (Melagavia, Bp.) dont le 
melanocephalus, Natterer, est le representant en Europe, et le vrai 
serranus, Tschudi (personatus, Natterer) de !’Amerique meridionale la 
plus grande espe&ce. A ce groupe appartiennent le Z. ewcullatus, Licht. 
des plus chaudes parties du Nouveau Monde, auquel je ne pense pas 
que Mr. Bruch ait raison de reunir le L. pipixcan, Wagl., du Mexique. 
Il faut y ajouter encore le Franklini, Richardson, de ’Amerique plus 
boreale, le Kitlitzi, Bruch, du Chili, que je ne connais pas, et le L. 
melanorhynchus, Temm., que Bruch ne veut pas admettre, et qui peut- 
etre ne differe pas d’une des especes dejä Eenumerdes. Consultez la 
Planche colorice de Temminck, sans oublier que dans les collections se 
trouvent souvent sous ce nom des Larus bonaparti ä bec noir, ou des 
L. Franklini, et d’autres especes; et qu’on le fait tantöt venir de ’ Ame- 
rique du Nord, tantöt du Chili. Pourquoi ne serait-ce pas le Kitlitzi 
dont l’original est conserve dans le Museum de Petersbourg? 

Le second groupe, celui des veritables @avia a pour type et re- 
presentant en Europe le FKarus ridibundus, L. dont il est impossible 


218 


d’eloigner sa petite race, Larus capistratus, Temm. aboli par ce pa- 
triarche de l’Ornithologie qui vient, sans le vouloir, de le faire revivre 
dans son tenuirostris; car cet oiseau n’est pas comme on le croit ge- 
neralement mon Gelastes lambruschini, mais bien la Gavia capistrata en 
plumage d’hiver.. C'est encore, en cet etat, le Z. „iyrotis de Reichen- 
bach; et bien loin d’etre un oiseau septentrional comme l’avait proclame 
Temminck (qui naturellement n’a pa retrouver dans le Nord que de 
veritables ridibundus) c'est une espece essentiellement meridionale. 
Une belle serie dans tous les äges se trouve au Musede de Frankfort. 
Notre ridibundus d’Europe est represente aux grandes Indes par 
le drunnicephalus de Jardine, que-les puristes appelleront drunneiceps, 
et sur le cötes occidentales d’Afrique par le petit Z. poiocephalus, Sw. 
que je concevrais plutöt que Mr. Bruch eut reuni ä son proche congenere 
capistratus, plutöt qu’au Gelastes hurtlaubi du Cap, si different, 
L’Amerique possede aussi quelques espeses de ce groupe, le ylau- 
cotis, Meyer (albipennis, Licht.) du Chili, si semblable au ridibundus, et 
si absurdement nomme cucullatus dans la plus part des Musces de 
!’Angleterre et de l'Irlande ; le maculipennis, Licht. du Bresil, sur lequel 
nous appelons encore l’attention des Naturalistes voyageurs, et finalement 
l’elegant Larus cirrhocephalus, Vieillot, a capuchon d’un gris si clair 
qu’il se distingue a peine du blanc de neige du reste du plumage. 
Deux races se font distinguer par la taille dans cet oiseau du Bresil et 
du Paraguay: faut-il les considerer comme distinctes, et appliquer plus 
particulierement & la grande le nom de eirrhocephalus, YVieillet, reser- 
vant pour la petite le synonyme de polocephalus, Wied, sous lequel l’a 
figure Temminck, dans les planches coloriees? Cet oiseau A la rigueur 
peut &tre considere comme le type d’un sous-genre ä part. A propos 
du mauvais nom poliocephalus disons qu’outre la confusion ceree par 
l’espece douteuse de Swainson, je ne crois pas que Bruch ait raison de 
eiter un poliocephalus, Temminck, comme synonyme de ZL. atricilla, L. 
On aura voulu traduire en grec le nom plumbiceps de Michahelles, 
qu'une erreur typographique a change en plumiceps. Je n’ai rien a dire 
sur les especes de Pagophila et de Rhodostethia. Quant aux dixieme 
genre Adelarus, adopte par Bruch de moi, les especes africaines sont les 
typiques. Il est difficile d’en eloigner fuliginosus, Gould, et beicheri, 
Vig. confondus & tort par Mr. Bruch. Un superbe exemplaire du premier 
se voit dans le Mus&ee de Francfort; mais quant aux autres especes leurs 
affınites et analogies sont beaucoup plus complexes et difficiles & etablir. 


N 


219 


Le Larus heermanni, Cassin, de la Californie, malgr& son apparente res- 
semblance avec le dridgesi doit plustöt se ranger sous Leucophaeus 
avec haematorhynchus; et le melanurus qui s’eloigne tant du bridgesiü 
par ses couleurs et son bec doit au contraire lui &tre reuni, etant pour 
ainsi dire un Blasipus a gros bec, (Blasipus crassirostris, Bp. ex Vieill.) 
que Öridgesi soit done comme Mr. Bruch T’a voulu le type de mon 
genre Blasipus; qu’haematorhynchus le soit par la m&me raison de mon 
genre Leucophaeus, puisque il a et& le premier ä& les publier et ä les 
caracteriser. Mais proclamons hautement: Que ces deux genres doivent 
chacun s’enrichir d’une esp&ce, qui au premier coup d’oeil est loin de 
ressembler ä sa congenere: que malgre des differences, plus apparentes 
que substantielles, malgr& la couleur generale claire dans Aaematorhyn- 
chus, foncee dans heermanni; malgre le bec rouge, robuste et angou- 
leux chez le premier, noire, grele et presque lineaire dans le dernier, 
ces deux especes doivent &tre reunies generiquement: Et que melanurus 
et bridgesi se trouvent ensemble par les m&mes raisons, tout en diffe- 
rent par les m&mes characteres superficiels, de sorte que l’on peut ma- 
thematiquement etablir cette proportion, que Blasipus melanurus est & 
Leucophaeus haematorhynchus ce que Blasipus bridgesi est A Leuco- 
phaeus heermanni. 

| Ajoutez aux synonymes de Blasipus bridgesi, espece qui se trouve 
au Perou et aux iles Gallopages, le synonyme anterieur, mais non publie, 
de polios, Natterer: et au Memoire de Mr. Bruch ce que tous les Or- 
nithologistes savent, que Z. haemotorhynchus, King, est aussi L. sco- 
resbii, Traill. 


Auszug aus dem Protokolle der achten Versammlung 
der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft zu Gotha, 


Gotha den 18, Juli 1854, 


Die erste Sitzung der achten Ornithologen-Versammlung begann 
heute um 10 Uhr im Saale des Herzogl. Schauspielhauses, welcher von 
Sr. Hoheit dem Herzoge der Versammlung für ihre Sitzungen gnädigst 
bewilligt worden war. Am Abende vorher waren, wie üblich, die 
Tagesordnung vorläufig festgestellt, und zu Vorsitzenden für den 


220 


ersten Tag Herr Geheime Hofrath Dr. Reichenbach, für den zweiten 
Hr. Pastor Brehm, für den dritten Hr. Dr. Hartlaub gewählt worden. 


Zunächst bewillkommnete der Lokal-Geschäftsführer, Hr. Dr. Hell- 
mann aus Gotha, die Versammlung im Namen seiner Vaterstadt in kur- 
zen, herzlichen Worten, und machte die Mittheilung, dass Se. Hoheit, 
der Herzog Ernst von Coburg-Gotha, die Versammlung gegen 12 Uhr 
mit seinem Besuche beehren werde. Hr. Geh. Hofr. Reichenbach 
nimmt in seiner Eigenschaft als Vorsitzender »den freundlichen Gruss 
dankbar an«, weist auf den Zweck der Versammlungen hin und glaubt 
auch von der gegenwärtigen mehrseitige Förderung der Lieblingswissen- 
schaft erwarten zu dürfen. Hr. Dr. Cabanis theilt darauf mit, dass er 
in gleicher Weise, wie im vorigen Jahre, eine »Erinnerungsschrift 
an die diessjährige Versammlung zu veröffentlichen gedenke, und ersucht 
die Versammelten um Mittheilung der Manuscripte der zu haltenden Vor- 
träge«. Der Sekretär der Gesellschaft und Redakteur der Naumannia 
findet in diesem Vorhaben eine Beeinträchtigung des officiellen 
Organes der Gesellschaft, und bittet, die Vorträge diesem zu überge- 
ben. Dr. Cabanis meint das Recht für sich zu haben und will ge- 
legentlich der Besprechung der Statuten etc. auf diesen Gegenstand zu- 
rückkommen. Pfr. Baldamus beruft sich einfach auf die heute noch in 
Kraft stehenden Statuten. 


Der Sekretär der Gesellschaft verliest sodann die auf die ertheilten 
Ehrendiplome (s. Naum. 1853 p. 145, 116.) eingegangenen Dankschrei- 
ben, 1) von Sr. Hoheit, dem Herzoge Ernst zu Coburg-Gotha, 
2) von den Gebrüdern Jules und Edouard Verreaux in Paris und 
3) von Sir William Jardine, im Namen seiner Tochter, der Witiwe 
des leider so früh und so plötzlich gestorbenen Mr. H. E. Strickland 
in Apperly Green. Sir W. Jardine, der den unvollendeten Theil 
der Bibliographia (vollständiges Verzeichniss der literarischen Arbeiten 
aller lebenden Zoologisten und Geologen etc.) seines verstorbenen Schwie- 
gersohnes beendigen will, bittet die Zoologen und Geologen um möglichst 
baldige Zusendung eines Verzeichnisses ihrer Arbeiten unter seiner 
Adresse; Jardine Hall, by Lockerby, N. B. 


Dr. G. Hartlaub spricht »über die Thätigkeit aussereuro- 
päischer Ornithologen der Gegenwart«, nachdem er mitgetheilt, 
wie .er gehofft habe, der Versammlung die Gypsabgüsse der vorweltli- 
chen Rieseneier des Aepyornis maximus vorlegen zu können, die indess 


221 


noch nicht eingetroffen seien*). Mit den Vereinigten Staaten von 
Nordamerika beginnend, hebt Dr. H. hervor, dass die Herausgabe 
der grossen und prächtigen Werke über Ornithologie durch die stets 
wachsende Betheiligung und Unterstützung des Publikums ermöglicht 
wird. Wie in der Literatur so in den Sammlungen macht Nord- 
Amerika täglich bedeutendere Fortschritte. Die ornithol. Sammlung 
der Academy of N. Sc. of Philadelphia enthält z. Z. gegen 30,000 
. Vögel, in mehr als 6000, wahrscheinlich nahe 7000 Arten, 6000 Eier, 
wovon 1368 Species sicher bestimmt sind; darunter ein Ei von einem 
Apteryx, von der Grösse eines Kasuareies, und wahrscheinlich einer 
dritten noch nicht aufgefundenen Species angehörend. Der Hauptförderer 
dieser Sammlung ist Dr. Wilson, der jede Sammlung zu jedem Preise 
kauft und ihr unter der ausdrücklichen Bedingung zum Geschenk macht, 
dass seiner in keinerlei Weise dankend gedacht werde. An der Spitze 
dieses Museums steht Dr. Heermann. Der Hauptschriftsteller der Aka- 
demie ist Dr. John Cassin, talentvoll, das reiche Material mit scharfer 
Kritik und grossem Fleisse bewältigend, und stets die schwierigsten und 
dunkelsten Partieen, (z. B. die Caprimulgen etc.) zur stets fördernden 
Bearbeitung wählend. Die halb politischen Entdeckungsreisen nach Texas, 
Neucalifornien und die Westküste, an deren Spitze oft Militärpersonen 
stehen, haben zum Theil bedeutende Resultate geliefert, besonders die 
Küste zwischen Mexiko und Kalifornien. Hier wurde der erste wahre 
Falke Amerika’s, eine dem F. lanarius nahestehende Art, entdeckt; 
ferner ein Cypselus mit weissem Kopf und Hals. Interessant ist, dass 
die Westküste Amerika’s in faunistischer Hinsicht eine merkliche Ver- 
schiedenheit von der Ostküste zeigt: die Westküste, an das ältere und 
höher organisirte Asien grenzend, bietet wie überhaupt so auch in der 
Ornis höher organisirte Formen als die an Afrika stossende Ostküste. 
Es sind aber nicht nur neue Arten entdeckt, auch interessante Beob- 
achtungen bezüglich der Lebensweise der Vögel wurden gemacht; so 
z. B. legt ein Specht, — Picus formicivorus, — förmliche Wintervor- 
 räthe an, indem er in die Rinde der Eichen etc. Löcher meisselt, in 
welche er Eicheln, Nüsse etc. fest einklemmt, und nicht eher an diese 
Winternahrung geht, als bis der Schnee das Auffinden sonstiger Nah- 
rung verhindert.‘ Die Bäume haben so das Aussehen, als ob Nadeln mit 


*) Ebenso ging es Ref., der den Gebrüdern Verreaux geschrieben hatte, ihm 
diese Eier gleich nach Gotha zu adressiren, zugleich mit einer Anzahl der interes- 
santesten Vögel, welche sie ihm für diesen Zweck angeboten hatten. 


222 


sehr convexen Köpfen überall hineingeschlagen wären. Prof. Baird in 
Washington hat die Säugethiere und Vögel in Capt. Stansbury’s Bericht 
über die Expedition zu den Mormonen am grossen Salzsee bearbeitet; 
es wurden dort 31 Arten beobachtet. Die Expedition zur Erforschung 
des Colorado hat einige neue Ortyx-Arten, und Dr. Heerman’s ornith. 
Durchforschung Californiens neben manchem Andern den speecifischen 
Unterschied der beiden amerikanischen Kraniche festgestellt. 
Merkwürdige Züge aus dem Leben hochnordischer Vögel gibt Dr. 
Sutherland in dem Journal der Entdeckungsreise der Lady Franklin 
und Sophia, z. B. dass Mergulus Alle zur Brütezeit eine Art von Tasche 
unter und zu beiden Seiten der Zunge erhält, in welcher sie ihren Jun- 
gen ihre Lieblingsnahrung, Sommarus arcticus u. a. Crustaceen zuträgt. 

In Südamerika ist das ornithol. Leben lange nicht so rege als 
in Nordamerika. In Mexiko, Rio Janeiro und Chili — in letzte- 
rem Lande von Dr. Philippi aus Kassel — wird gesammelt, beobachtet 
und beschrieben, und Dr. Sclater hat sich die Förderung der Ornitho- 
logie Südamerika’s zur Lebensaufgabe gestellt. 

In Asien ist in neuester Zeit Ceylon eine lebhafte Station für 
die Ornithologie geworden. Aerzte und Residenten fördern und studi- 
ren die Insel, deren Hochgebirge eine von den Küstenstrichen verschie- 
dene Ornis, und bereits gegen 150 neue Arten geliefert haben. Cal- 
eutta’s vortreffliches Museum, unter Dr. Blyth’s Leitung, durch den die 
continental-indische Ornis bedeutend gefördert worden, zählt jetzt gegen 
1200 Arten des asiatischen Festlandes. Die Nikobaren sind bekannter 
geworden; viele Beobachtungen über die Lebensweise auch seltener 
europäischer Vögel gemacht. Die Jagdlust der englischen Officiere hat 
manchem von ihnen Interesse für die Ornithologie eingeflösst, und ob- 
schon das grosse Material in Abnahme begriffen zu sein scheint, so ist 
doch noch manches Neue zu gewärtigen. 

In Afrika ist die Ausbeute für die Ornithologie vergleichsweise 
geringer gewesen, als in früheren Jahren, wo Verreaux u. A. sammel- 
ten und beobachteten. Zwar sind noch einige Sammler am Kap und in 
Südafrika überhaupt, indess weniger wissenschaftliche Thätigkeit und 
keine so guten und fleissigen Publikationen. Die wichtigste Expedition 
ist die zunächst im Interesse der Jagd unternommene von $. Franeis 
Yalton, in die Gegend von Damara, die westlichste Afrika’s, welche 
reiche Ausbeute geliefert hat. Auch in Nordafrika hätte mehr ge- 
leistet werden können. Die Zählung der bis jetzt bekannten Species 


223 


Afrika’s ergibt für Südafrika 750, für Ostafrika (Dr. Peters) 300 
und für Westafrika (Dr. Hartlaub) 600 Arten. 


Australien ist durch Gould und seine Sammler nach vielen 
Seiten hin durchforscht worden, das ornithol. Leben z. Z. ziemlich rege. 
Die englischen Missionen haben zum Theil wichtige Resultate geliefert. 
Das Museum in Sidney ist jetzt besser, als Gould es fand; es enthält 
Skelette von Dinornis etc. Im zoologischen Garten hat man Apteryx 
lebend. Für die Nordküste von Neuholland hat die Expedition des 
Schiffes J. B. M. Rattlesnake wichtige Ergebnisse gehabt. Nordaustra- 
liens Ornis ist fast dieselbe, wie die Neuguinea’s; es fehlen nur noch 
die Paradiesvögel dieser Insel. Auch wurde von Capt. Kennedy’s un- 
glücklicher Expedition ein echter Kasuar entdeckt, der sich noch in 
keiner Sammlung befindet, der aber leider liegen blieb, da von dem ge- 
sammten Personal nur ein Führer am Leben blieb. Bei merklicher Ab- 
nahme der neuen Arten haben wir einen ziemlich vollständigen Katalog 
der neuholländischen Vögel. 


Einige Inseln (z. B. Formosa etc.) und Länderstriche, China und 
besonders seine westlichen Länder sind noch wenig oder gar nicht be- 
kannt, doch haben englische und französische Missionäre manches Neue 
geliefert. 


Geh. Hofrath Reichenbach bemerkt, dass zu Picus formicivorus 
noch zwei ähnliche Formen, P. melampogon und flavipilaris kommen, 
welche Cassin nicht gekannt hat. _P. Brehm hofft: viel: von L. Land- 
beck, der nach Kalifornien ausgewandert. Aehnliche Gewohnheiten wie 
P. formieivorus haben auch Lanius spinitorquus und Sitta europaea, und 
wie-Merg. Alle futtern auch unsere Tauben ihre Jungen mit einer Käse- 
substanz. Dr. Cabanis: der Edelfalke Nordamerika’s ist nicht neu, 
im ‚Berliner Museum als F. mexicanus aufgestellt und in Bonaparte’s 
Conspectus beschrieben. Dr. Hartlaub: Cassin unterscheidet diese Art 
von jener. 


Dr. Cabanis spricht ȟber die Verwandtschaft von Cypselus, 
Caprimulgus und Trochilus in oologischer Hinsicht«, und zeigt 
einige Eier einer Cypselus- und Trochilus-Art vor. Linne hat Hirundo, 
Cypselus und Caprimulgus zusammen; erst Nitsch trennt Cypselus und 
Trochilus von den Schwalben, weil jenen der Singmuskelapparat fehlt. 
Auch in oologischer Hinsicht ist eine bedeutende Differenz vorhanden : 
während die Eier der Schwalben gewöhnliche Eiform haben, sind 


224 


die von Cypselus, Caprimulyus und Trochilus von länglicher, an beiden 
Enden gleich abgestumpfter, fast walzenförmiger Gestalt. 

P. Brehm: Auch im Nestbau ist Cypselus von Hirundo verschie- 
den; erstere überkleistern die Nester mit einer schleimartigen Substanz, 
was die Schwalben niemals thun, und sie gehören auch desshalb nicht 
in eine Sippe. Dr. Hartlaub: Wenn der Nestbau maassgebend sein 
soll, so gehört Trochilus auf keinen Fall hierher; die Nester der Koli- 
bri's sind sämmtlich aus Pflanzenwolle filz- oder wattenartig bereitet. 
H. Kunz: Wenn Nester und Eier für die Stellung im System allein 
oder vorwaltend entscheiden sollten, zumal nach einem einzelnen, 
willkürlich genommenen Merkmale, so würden die heterogensten Arten 
zusammengestellt, und umgekehrt das Verwandteste weit von einander 
gestellt werden müssen. Die bezeichnete Eiform kommt auch sonst in 
einzelnen Species anderer Genera vor. 

- Geh. Hofrath Reichenbach: Von grösserer Wichtigkeit erscheint 
ein anatomischer Unterschied, der des Zungenbeines, das mit dem 
der Spechte grosse Aehnlichkeit hat; auch finden sich noch andere 
Beziehungen zwischen den Trochilideen und Picideen. Pf. Baldamus 
will in seinem spätern Vortrage ausführlich auf diess Thema zurückkom- 
men, und deutet vorläufig an, dass die Form der Eier eben so wenig 
als Färbung, Zeichnung und Grösse ein sicheres Kriterium für die 
Bestimmung der Arten abgeben, und also noch weniger ein einzelnes — 
die Form — für die Systematik entscheidend sein könne. 

Pf. V. Altum trägt »über die Metallfarben der Vogelfe- 
dern in specie das Schillern und Irisiren derselben« vor. 
(S. Beilage Nr. I, welche auch die sich daran knüpfende Debatte brin- 
gen wird.) Die Debatte wurde unterbrochen durch den Eintritt Sr. 
Hoheit, des Herzogs Ernst, der die Versammlung mit seinem Be- 
suche beehrte. Der Vorsitzende Geh. Hofrath Reichenbach begrüsst 
Se. Hoheit im Namen der Versammlung, rühmt den lebhaften Antheil 
an Kunst und Wissenschaft, den — ein hoher Vorzug Deutschlands — 
seine Fürsten genommen haben und noch nehmen, und preist die Ge- 
sellschaft glücklich, die ihre Versammlung unter den Augen eines so 
ausgezeichneten Fürsten in Gotha halten darf. 

Nachdem er noch Sr. Hoheit die heutige Tagesordnung mitgetheilt, 
fordert er den Pf. Baldamus auf seinen Vortrag zu halten. Balda- 
mus will zu Gunsten eines Meisters vorläufig zurücktreten, und bittet 
Hrn. P. Brehm das Wort zu geben. 


225 


P. Brehm besteigt die Tribüne und dankt gleichfalls Sr. Hoheit für 
Seine hochehrende Theilnahme unter Hinweisung auf die Entdeckungen, 
welche durch den Herzog, unser erstes Ehrenmitglied, im Gebiete der 
Ornithologie gemacht wurden. Er bittet darauf Se. Hoheit und die Ver- 
sammlung, ihm zu der im Nebenzimmer aufgestellten Sammlung von 
seltenen und neuen Arten, besonders Raubvögeln, zu folgen, und ent- 
wickelt dort an dem bewundernswürdig reichen Materiale seine neuesten 
Ansichten »über die Adler und Falken«*). 

Begleitet von der Versammlung besichtigte Se. Hoheit sodann in 
einem andern Nebenzimmer die Ausstellung Dr. Kjärböllings, die, 
besonders reich an schönen Exemplaren der grossen Edelfalken, dem- 
selben Gelegenheit zur Besprechung mancher Species , insbesondere der 
Artverschiedenheiten von F. groenlandieus, islandicus und norvegicus gab. 
S. Beilage Nr. 2. | 

In den Saal zurückgekehrt, musterte Se. Hoheit die vom Pf. Bal- 
damus mitgebrachten, zu seinem Vortrage ȟber die Kennzeichen 
zur Bestimmung der Eier und das Verhältniss der Oologie 
zur Systematik« ausgewählten Typen seiner Sammlung. An diesen 
Beweisstücken wies Ref. nach, dass »weder Gestalt, noch Grösse, 
noch Färbung und Zeichnung constant genug seien um darin 
sichere Artkennzeichen zu finden, dass vielmehr die Kristall- 
bildung der Oberfläche, das sogenannte Korn, die Eigenthümlichkeit 
der Poren das bisher standhafteste Kriterium abgegeben habe, und dass, 
wenn die Oologie ein ganz unzweifelhaftes Hülfsmittel für die 
Systematik sein solle, weitere und genauere Untersuchungen des 
Kornes mittels des Mikroskopes sicher bedeutendere Resultate liefern 
würden. (S. Beilage Nr. 3.) Hr. Buchhändler J. Baedecker legt hier- 
auf »im Namen seines leider durch häusliche Unglücksfälle abgehaltenen 
Vaters Proben von dessen Werke »Eier der europäischen Vögel, 
nach der Natur gemalt von F. V. J. Baedecker« vor, das in 10 Lie- 
 ferungen, Folio, von je 8 Tafeln, ä Lief. 2 Thlr. demnächst erscheinen 
soll (s. die Ankündigung weiter unten). Die vorgelegten Proben leisten 
in Zeichnung, Druck und Illumination das in diesem schwierigen ‚Fache 
nur Mögliche, und lassen die meisten ähnlichen Werke weit hinter sich. 
Der Verfasser hat aber auch keine Mühe und Kosten gescheuet, um die 
möglichste Vollkommenheit der Abbildungen zu erreichen, wie er denn 


*) Der Vortrag wird in einer der beiden ornithol. Zeitschriften erscheinen. 
Naumannia. 1854. 15 


226 


bei der Prüfung und Bestimmung des vorliegenden Materials grosse 
Sorgfalt und Genauigkeit sich zum Gesetz gemacht. Das Werk fand 
grosse Theilnahme bei der Versammlung, die sich in dem ungetheilten 
Lobe desselben und dem Wunsche für seinen glücklichen Fortgang 
aussprach. 5 

Durch den Geschäftsführer Dr. Hellmann wurden der Bibliothek 
der Gesellschaft seitens der Hrn. Verfasser: 1) Neue Naturgeschichte 
der Stubenvögel, ein Lehrgedicht von Bechstein dem Jüngern (Han- 
nover, Hahn’sche Buchhandlung 1846); 2) Vogelheerd-Klänge aus dem 
Thüringer Wald, Sonette. von Ph. H. Welcker, — übergeben, der 
Versammlung selbst aber eine höchst interessante Broschüre: »Der 
Naturtrieb, Schrift zur Begrüssung der Gesellschaft deutscher Orni- 
thologen bei ihrer Versammlung zu Gotha am 18. Julius 1854, von W. 
H. Ewald, Dr. der Philos.«, sowie die bereits bekannte und sehr zu 
beherzigende »Aufforderung zur Schonung und Pflege der nützlichen 
Vögel, von Dr. H. O. Lenz« überreicht. 

Nach dem der Hr. Vorsitzende im Namen der Versammlung und 
der Gesellschaft für diese freundlichen und ehrenden Gaben gedankt 
und die morgende Tagesordnung verlesen, wurde die Sitzung gegen 
halb 2 Uhr geschlossen. 

Ein gemeinsames Mittagsmahl im Gasthofe »zum Mohren« vereinigte 
um 2 Uhr die Versammelten, an welche sich einige Herrn von Gotha 
freundlichst angeschlossen hatten. Dem mit herzlicher Freude ausge- 
brachten und aufgenommenen Toaste auf Se. Hoheit, den Herzog Ernst 
zu Coburg-Gotha, folgten andere auf die Versammlung, deren. Vor- 
sitzende, die Stadt Gotha, die Koryphäen der Wissenschaft, die gegen- 
wärtigen Damen, den Sekretär, den Geschäftsführer, die Journalisten ete. 
. und, wie schon so oft, verflossen die Stunden des Mahles in trauter und 
heiterer Gemüthlichkeit. Um 4 Uhr brach man unter freundlicher Füh- 
rung des Direktors der herzogl. Sammlungen, Hofrath Dr. Ewald, und 
des Geschäftführers Dr. Hellmann, zur Besichtigung derselben nach dem 
herzogl. Schlosse auf, welche unter der sorgfältigen und umsichtigen 
Leitung der genannten Herrn sichtlich im schönsten Gedeihen sind. Die 
ornithol. Sammlung ist neuerlich nach einem später ausführlich zu er- 
wähnenden an das Oken’sche sich anschliessendem Systeme von Dr. 
Staude geordnet worden und bot manches Interessante dar. Ein Con- 
cert im Garten des »Schützen« erwartete die Rückkehrenden, welche 
der Abend im Saale des »Mohren« vereinigte. 


Reinhardisbrunn, den 19. Juli 1854. 


Die Sitzung des heutigen Tages wurde in dem zauberisch schönen 
Reinhardtsbrunn, am Fusse des Inselberges, in dem Saale des dortigen 
Gasthofes abgehalten. Man war um 6 Uhr Morgens in mehreren Wagen 
dorthin aufgebrochen. Beginn der Sitzung gegen 9 Uhr. Vorsitzender: 
P. Brehm. . 

Dr. Hellmann liest die Einleitung zu »einem von Dr. Staude in 
Coburg entworfenen rnewen Systeme der Vögel, nach wel- 
chem die Herzogl. Sammlungen zu Coburg und Gotha auf 
Befehl des Herzogs geordnet worden sind.« cS. Beil. Nr. 4) 

Der Vorsitzende, P. Brehm hält einen mehr populären Vortrag 
»über die Ehen der Vögel«, an den sich eine lebhafte und interes- 
sante, obwohl nicht immer streng bei der Sache bleibende Discussion 
knüpft, die wir sammt dem Vortrage in extenso liefern werden. (Siehe 
Beil. Nr. 5.) | | 

Der Vorsitzende, welcher wie alle Anwesenden vorausgesehen, 
dass der schöne Morgen und die Vielen neue, reizende Gegend eine 
rechte Aufmerksamkeit nicht aufkommen lassen wird, verweist die noch 
übrigen Vorträge der Tagesordnung auf die nächste Sitzung und schliesst 
die heutige mit allgemeiner Zustimmung um 10%, Uhr. 

Dr. Hellmann theilte der Versammlung darauf mit, dass sie von 
Sr. Hoheit dem Herzoge auf heute Abend 7 Uhr zum Thee befohlen sei. 
Nach Besichtigung des herrlichen Parkes brach man nach der »Tanz- 
buche« auf, einer über Reinhardtsbrunn und dem Inselberge gegenüber 
ziemlich hoch gelegenen Gastwirthschaft. Die ausführlichere Erzählung 
der Auffindung eines jungen Kukkuks in einem Neste von Acc. modu- 
laris und eines Kukkukseies in einem dicht darüber hangenden Neste 
von Regulus ignicapillus (?) müssen wir wegen Mangel an Raum und 
Zeit gleichfalls für später aufsparen. 

Nach 7 Uhr begab sich die Versammlung in den Park des Herzogl. 
Schlosses, vor welchem sie von Ihren Hoheiten, dem Herzoge und der 
Herzogin empfangen und Höchstdenselben durch den Geschäftsführer Dr. 
Hellmann vorgestellt ward. Ihre Hoheiten unterhielten sich mit den An- 
wesenden in. der leutseligsten Weise, und diese konnten aus eigener 
Anschauung die Ueberzeugung gewinnen, wie der Ruhm der tiefen und 
vielseitigen Bildung und Liebe zu Kunst und Wissenschaft, den das edle 


deutsche Fürstenhaus in ganz Europa erworben, ein wohlbegründeter ist, 
ER® 


228 


und wie diese Eigenschaften, gepaart mit Einfachheit, Wohlwollen und 
ritterlichem, ehrenfestem Wesen nicht nur seine glücklichen Unterthanen, 
sondern ganz Deutschland mit Liebe und Stolz auf diesen ihren Fürsten 
blicken lassen. Se. Hoheit, der Herzog, sprach sich mehrseitig über orni- 
thologische Fragen und die Ergebnisse seiner ornithol. Jagdexcursionen, 
besonders in Ungarn, aus, und führte die grosse Mehrzahl der Versamm- 
lung auf Bitten des Referenten zu dem Geflügelteiche, auf welchem 
sich mehrere Arten seltener Gänse und Enten befinden. Die Entdeckungs- 
geschichte des Kukkukseies schien die höchsten Herrschaften besonders 
zu interessiren, und Referent wurde von Sr. Hoheit ausdrücklich aufge- 
fordert, dieselbe in der Gothaer Zeitung ausführlich mitzutheilen *). Mit 
einbrechender Dunkelheit wurde die Gesellschaft entlassen, und den 
durch die Erlebnisse und Genüsse des schönen Tages freudig Aufge- 
regten war die Rückfahrt in der wohlthuenden Abendkühle eine sehr 
angenehme. 


Gotha, 20. Juli 1854. 


Beginn der Sitzung gegen 9 Uhr. Vorsitzender: Dr. Hartlaub. 
P. Brehm liest unter Vorzeigung beweisender Thatsachen ȟber Prof. 
H, Schlegel's Verfärbungstheorie« (wird in einer der Zeitschrif- 
ten ausführlich erscheinen). 

Dr. Hennecke trägt seine Beobachtungen »über das Vorkom- 
men von Turdus sawatilis am Harze vor, wo sie in der Nähe von 
Goslar seit mehreren Jahren genistet hat, (s. Beilage Nr. 6). Freiherr 
Balduin von Münchhausen bemerkt, dass der Wirth der Thüringer 
Eisenbahn - Restauration in Halle im Besitze einer Steinmerle sei, 
welche den Schlag der Nachtigall und Drossel vereinigt **). Oberforst- 
rath Salzmann: Dass Turdus saxatilis auch im Thüringer Walde beob- 
achtet worden sei, und wahrscheinlich auch an geeigneten Stellen sich 
fortpflanze. P. Brehm hat ihr Nest mehrfach erhalten; sie ist in der 
Lausitz, bei Gera, Bingen und anderwärts angetroffen worden. Dr. Hell- 


*) Ist bereits in vielen Zeitungen mitgetheilt worden. 


**) Dr. Hennecke, Altum, Sehring, Kunz und Referent hörten diese Steinmerle 
bei ihrer Rückkunft von einem Ausfluge durch den Thüringer Wald singen. Der 
Wirth, bei dessen Erscheinen sie sogleich zu singen anfing, behauptet, dass es ein 
Weibchen sei, was denn doch noch stark zu bezweifeln sein dürfte. Jedenfalls ist 
es ein gelernter Vogel, der fast Nichts von dem Naturgesange hat. 


229 


mann: Sie gehöre am Rheine an passenden Orten gar nicht zu den 
seltenen Erscheinungen *). 


Geh. Hofr. Reichenbach verzichtet wegen Mangel an Zeit und 
Interesse vorläufig auf den angekündigten Vortrag »über die Kolibri’s«., 
H. Alfred Brehm verbreitet sich anstatt des angekündigten Vortrages 
»über den ornithologischen Charakter der Wüste« über die 
Diagnose dreier egyptischer Adler — A. rapax, raptor und 
albicans, und legt mehrere interessante und zum Theil neue Arten von 
Corvus, Ardea etc. vor, sowie eine von Circaötos gallicus constant ver- 
schiedene Species oder Subspecies, welche im Süden vorkommt und von 
Brehm €. meridionalis genannt worden ist. 


Der Sekr etär der Gesellschaft legt eine Zeichnung Altum’s von 
dem Reiherstande der berühmten Letzlinger Haide in der Altmark vor, 
sowie eine sehr genau und ausführlich geführte Liste über Ankunft und 
Wegzug der meisten Zugvögel in Pommern vom Jahre 1829, vom För- 
ster Hintz I. Beide Arbeiten werden später in der Naumannia mitge- 
theilt werden. 


Der Sekretär erhält darauf das Wort zur Ablegung des Ge- 
schäftsberichtes und der vorläufigen Rechnungsablage, da der 
Rendant nicht gegenwärtig. Der Vorsitzende schreitet nun zur sta- 
tutenmässigen Wahl eines neuen Vorstandes, da das Triennium 
mit heutiger Sitzung abgelaufen. Es wird zunächst über die Wahl des 
Rendanten abgestimmt und Hauptmann Kirchhoff (auf Schäferhoff 
bei Nienburg in Hannover) gegen eine Stimme gewählt. Dieser erklärt 
sich bereit, das Amt zu übernehmen, unter der Bedingung, dass die 
Reste vom alten Rendanten eingezogen und überhaupt definitive Rech- 
nung abgelegt resp. Decharge ertheilt werde und zwar wo möglich bin- 
nen 4 Wochen. Auf seine Anfrage wird ferner bestimmt, dass das 
Rechnungsjahr nicht das Kalenderjahr, sondern das Versammlungsjahr 
sei, die Beiträge aber praenumerando gezahlt werden **). Ferner schlägt 


% 


*) Referent, der den interessanten Vogel in Ungarn häufig singen hörte, glaubte 
ihren Gesang in den Felsen des Schwarzathales unterhalb Schwarzburg zu hören, 
und machte die eben genannten Reisegefährten darauf aufmerksam. Dr. Hennecke 
fand diese Felsenpartieen denen von Goslar am Harz, wo er die Steinmerle beob- 
achtet, sehr ähnlich. r 


**) Ist bereits so gehalten worden. 
Der Sekretär. 


230 


der Rendant vor, den Kassenbestand in eine sichere Sparkasse verzins- 
lich anzulegen, wozu er durch die Versammlung ermächtigt wird. 
Bevor man zur Wahl der übrigen Vorstandsmitglieder übergeht, 
entspinnt sich eine Debatte über die Zweckmässigkeit der Fünf- 
zahl, und die Geschäfte des Vorstandes. Der Vorsitzende 
bemerkt, dass der bisherige Vorstand wenig Lebenszeichen von sich 
gegeben habe. Dr. Cabanis behauptet dasselbe und verlangt, dass 
der Vorstand, als das eigentliche Haupt der Gesellschaft, Etwas thun 
müsse. Der Sekretär bittet Hrn. Dr. Cabanis, speciell anzugeben, 
welche besondere Thätigkeit er von dem Vorstande verlange, und seinen 
Antrag zu formuliren. P. Brehm will gleichfalls wissen, was der Vor- 
stand zu thun habe. Dr. Cabanis weiss das augenblicklich selber nicht 
anzugeben, allein es müsse anders werden, die Geschäfte könnten nicht 
in einer Hand ruhen. Der Sekretär: Man hat mir von einer Seite 
her öffentlich vorgeworfen, dass ich die Versammlung, resp. die Gesell- 
schaft tyrannisire. Wohlan, meine Herren, die Meisten von Ihnen wis- 
sen, worin diese Tyrannei besteht, und Ihnen, die Sie es nicht wissen, 
will ich es sagen. Wenn es Tyrannei ist, dass ich die Statuten, auf 
Grund deren wir eben Mitglieder der Gesellschaft sind, aufrecht zu hal- 
ten suchte, so lange sie eben rechtsgiltig sind; wenn ich Mitglieder für 
unsere Gesellschaft anwarb, wo ich Gelegenheit dazu hatte; wenn ich 
die Geschäfte anderer Vorstandsmitglieder besorgte, damit sie eben 
besorgt wurden; wenn ich im Interesse der Ordnung und des Beste- 
hens unserer Versammlungen, vielfach aufgefordert durch Klagen 
und Mahnungen der Mitglieder, welche endlich auch zum Worte 
kommen wollten, etwa den Vorsitzenden, der sich zu weit in nicht 
zur Sache gehörenden Auseinandersetzungen verloren hatte, oder brevi 
manu Anordnungen gegen klare Bestimmungen der Statuten traf, unter- 
brach — und wenn Sie das Tyrannei nennen wollen, so habe ich aller- 
dings die Versammlungen oder vielmehr einzelne Mitglieder derselben 
tyrannisirt. Aber nicht als Sekretär der Gesellschaft, sondern einfach 
als Mitglied derselben habe ich so gehandelt, und muss mich um so 
mehr wundern, dass mir dieser Vorwurf neben andern Verdächtigungen 
von einer Seite her gemacht worden ist, von welcher ich ver- 
schiedentlich aufgefordert worden bin, die parlamentarische etc. 
Ordnung aufrecht zu erhalten, und (z. B. in Altenburg) den Vorsitzen- 
den zu unterbrechen. Ich habe das in dem klaren Bewusstsein ge- 
than, dass ich mir dadurch keineswegs Freunde erwerben werde: indess 


231 


das Bestehen unserer Gesellschaft und Versammlungen galt mir mehr, 
als persönliche Rücksichtnahme auf die Erhaltung freundlicher Gesinnung 
einzelner Mitglieder derselben gegen mich *), 

Geh. Hofr. Reichenbach: Der Sekretär solcher Gesellschaften ist 
allerdings das Hauptorgan derselben, durch den die hauptsächlichen und 
laufenden Geschäfte besorgt werden. Ausser ihm ist aber auch der 
Vorstand zur Oberleitung der Geschäfte bestimmt. Die Zahl von fünf 
Mitgliedern, die Hunderte von Meilen auseinander wohnen können, und 
deren gemeinschaftliche Thätigkeit durch die weite Entfernung gehindert 
werden muss, ist zu gross, und ich finde eben in der Festsetzung die- 
ser zu grossen Anzahl einen Missgriff. Ich schlage demnach die Abän- 
derung der Statuten in der Weise vor, dass der Vorstand künftig 
nur aus drei Mitgliedern bestehe, die auf ein Jahr ge- 
wählt werden. Der Vorsitzende, Dr. Hartlaub ist mit diesem 
Vorschlage einverstanden. Dr. Hennecke will mit Referenten, dass 
der Vorstand, um die Zeit nicht bei alljährlichen Wahlen zu vergeuden, 
auf drei Jahre gewählt werde. Der Vorsitzende stellt die Frage: 
ob ein Vorstand von drei Mitgliedern auf drei Jahre ge- 
wählt werden soll, zur Abstimmung, die einstimmig bejaht 
wird. 

Der Vorsitzende fordert hierauf Dr. Cabanis auf, den bespro- 
chenen Antrag in Betreff seines ornithol. Journales zu stellen. Dr. Ca- 
banis ersucht die Versammlung, die genannte Zeitschrift gleich- 
falls als Organ der Deutschen Ornithologen-Versammlung 
gelten zu lassen, und begründet seinen Antrag damit, dass manche 
Ormithologen, die nicht gerade Mitglieder der Gesellschaft seien, und 
deren bisheriges Organ nicht lesen, doch auch Kenntniss von den Ver- 
handlungen der Ornithologen - Versammlungen zu nehmen wünschten. 
Der Herausgeber der Naumannia, Pf. Baldamus hat, da jetzt die Sache 
auf dem allein ordnungsmässigen und rechtlichen Wege zur Sprache ge- 
bracht sei, gegen die Gewährung dieses Gesuches Nichts einzuwenden, 
sofern die Versammlung ihre Zustimmung gibt. Er schlägt nun vor, 


- *) In Gotha erhielt ich zuerst Kenntniss von dem Vorhandensein eines zweiten 
Protokolles der Halberstädier Versammlung, — in der Erinnerungschrift z. G. an 
die 7. Jahresversammlung etc. herausgegeben von Dr. J. Cabanis — das von Hrn. 
Geh. Hofrath Reichenbach als hervorgegangen durch die „von Allen empfundene 
Noihwendigkeit, einen vollständigen, wahren und unparteiischen Bericht über jene 
Versammlung zu besitzen“ bezeichnet wird. Wir werden später darauf zurückkommen. 

Der Sekretär. 


232 


dass, da seine Zeitschrift vorzugsweise der praktischen Seite der euro- 
päischen Ornithologie zugewendet sei, dieser zunächst die einschlägigen 
Vorträge der Versammlungen — selbstredend mit Zustimmung der Ver- 
fasser — vorbehalten bleiben, während die die Systematik und die 
exotische Ornis betreffenden Vorträge zunächst dem Journale für Orni- 
thologie zukommen sollen. Geh. Hofrath Reichenbach bemerkt, dass 
die Hauptsache bei dergleichen Unternehmungen die Förderung der Wis- 
senschaft sei, und dass auch in andern Zweigen der Naturwissenschaft, 
(Entomologie, Botanik etc.) mehrere gediegene und befreundete Zeit- 
schriften neben einander beständen, und dass dasselbe Verhältniss auch 
hier statthaben könne. H. Kunz macht darauf aufmerksam, dass wenn 
beide Zeitschriften auf dem Titel sich als Organ der Gesellschaft be- 
zeichneten, die Leser einer einzelnen derselben “sich im vollständigen 
Besitze der Verhandlungen der Versammlung glauben könnte, was. 
nach den gemachten Vorschlägen doch nicht der Fall sei. Baldamus 
entgegnet, dass einem solchen Missverständnisse, welches allerdings ge- 
gen das Interesse der Versammlungen sei, dadurch vorgebeugt werden 
könne, dass beide Journale die Protokolle vollständig und wenn 
nicht alle einzelnen Vorträge in extenso, doch einen Auszug daraus 
unter Hinweisung auf die vollständige Arbeit in dem andern Journale 
bringen könnten *). | 

Bei der nun vorgenommenen Wahl eines neuen Vorstandes 
wurden zu Mitgliedern desselben: 

Prof. Dr. J. F. Naumann mit 12 

Pastor Ch. L. Brehm mit 9 ) von 14 Stimmen 
Dr. G. Hartlaub mit 12 


*) Die Verlagshandlung der Naumannia hat solche unter der ausdrücklichen 
Bedingung übernommen, dass sie das (alleinige) Organ der Deutschen Ornithologen- 
Gesellschaft sei. Durch obigen Beschluss, der origineller Weise zwei Organe für 
eine und zwar sehr kleine Gesellschaft schafft, wird das Bestehen beider Zeit- 
schriften gefährdel. Die schönen Redensarten über Opfer zu „Förderung der Wis- 
senschaft“ Kosten nichts, decken aber auch keineswegs die Auslagen für Honorar 
und Herstellung einer Zeitschrift. Die Unterzeichnete hat bisher durch Herausgabe 
der Naumannia sehr grosse pecuniäre Opfer gebracht, (der bisherige Absatz deckt 
nicht einmal die Honorare!) wird sich aber wohl hüten, sich ferner mit der Sache 
zu befassen, wenn zum Schaden noch Undank kommen soll. Würde also der 
Beschluss der verehrlichen Ornithologen - Gesellschaft, zwei Organe zu besitzen, 
aufrecht erhalten werden, so dürfte die Naumannia für das Jahr 1855 nicht mehr 
erscheinen. 


Hoffmann’'sche Verlagsbuchhandlung. 


233 


gewählt. Einzelne Stimmen erhielten Dr. Cabanis (5) und Geh. Hofrath 
Reichenbach (4). 

Zum Sekretär wurde Pf. Baldamus einstimmig gewählt. Der- 
- selbe theilte nun noch einen Brief des P. Pässler mit, in welchem der- 
selbe der Versammlung anzeigt, dass er die auf der vorjährigen Ver- 
sammlung zusammengebrachten 24 Thaler für L: Schrader durch Otto 
Wigand diesem zugesendet, und von ihm eine mit vielem Danke ausge- 
stellte Quittung erhalten habe. 

Ferner die Anfrage des Herrn Baedecker: ob er sein dem- 
nächst erscheinendes Eierwerk (s. ‘oben) der D. Ornithologen- 
Gesellschaft dediciren dürfe. Die Versammlung fühlt sich im 
Namen der Gesellschaft dadurch geehrt. 

Ferner einen Antrag von H. Kunz: Die Mitglieder der Gesell- 
schaft mindestens 4 Wochen vor der jeweiligen Versamm- 
lung zu dieser durch besonders zugeschickte Karten einzu- 
laden. Wird angenommen. 

Endlich einen Antrag von Prof. Blasius, den Referent zu dem 
Seinigen macht: Die Tagesordnung der nächsten Versammlung 
wird wenigstens theilweise auf der vorhergehenden be- 
stimmt. Die Vortheile dieser Einrichtung leuchten sofort ein, sie wird 
zum Beschluss erhoben, und der Vorstand ersucht, die Sache in die 
Hand zu nehmen. Dieser fordert zu Vorschlägen betreffs der nächst- 
jährigen Tagesordnung auf, und es werden nach einigem Debattiren: 

1) die Falken (speciell Edelfalken), 

2) die Pieper, 

3) die Verfärbungstheorie, nach allen Seiten hin erör- 
tert (auch nach der von Altum angeregten physikalischen 
und chemischen) 

als bestimmter Gegenstand der nächstjährigen Tagesordnung festgestellt, 
und die Mitglieder der Versammlung wie der Gesellschaft aufgefordert, 
. für möglichste Erledigung derselben sich nach allen Seiten hin vorzu- 
bereiten. 

Als Ort der nächstjährigen Versammlung wird Braunschweig 
vorgeschlagen und sofort angenommen, unter der Voraussetzung, dass 
sich dort ein der Gesellschaft angehörender Geschäftsführer findet. Der 
Vorstand will sich dieserhalb an die dortigen Mitglieder Prof. Blasius und 
H. v. Vechelde wenden. | 

Ueber die Bestimmung der Zeit erhebt sich eine längere Debatte, 


234 


in welcher Alles wiederholt wird, was schon früher darüber diskutirt 
worden ist. Es lassen sich, wie man endlich einsieht, nun einmal hier- 
bei nicht alle Wünsche und Interessen vereinigen, und es wird: beson- 
ders auf den Vorschlag des Prof. Dr. Naumann u. A., die volle Woche 
nach Pfingsten für die nächste Versammlung gegen 2 Stimmen an- 
genommen. 

Der Vorsitzende — Dr. Hennecke hatte an Dr. Hartlaub’s 
Stelle, der früher abzureisen gezwungen war — den Vorsitz seit einiger 
Zeit übernommen, erklärte hierauf die Tagesordnung der achten Ormi- 
thologen-Versammlung für erledigt, und nachdem er nochmals Sr. Hoh. 
dem Herzoge Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha den Dank der 
Versammlung ausgesprochen und auch Hrn. Dr. Hellmann für seine 
Geschäftsführung gedankt, die achte Versammlung der Deutschen Orni- 
thologen-Gesellschaft zu Gotha (gegen 1 Uhr) für geschlossen. 


Der Sekretär d. D. 0. 6.: 
Es. Baldamus. i 


Präfenjzlifte 


der Mitglieder der achten Versammlung der Deutschen 
Ornithologen-Gesellschaft zu Gotha. 


4) Dr. Ludwig Reichenbach. 
2) Dr. Jean Cabanis. 

3) Heinrich Zander. 

4) A. Sehring. 

5) N. Kjärbölling. 

6) Dr. J. F. Naumann. 

7) Balduin von Münchhausen. 
8) F. L. Madauss. 

9) Heinrich Kunz. 
10) Dr. Gustav Hartlaub. 
11) Dr. Hennecke. 
12) Reinhold Brehm. 

13) Ludwig Brehm. 

14) Kirchhof. 
15) Bernard Altum. 


2335 ° 


16) F. Schlüter. 

17) Alfred Brehm. 
18) Dr, A. Hellmann. 
19) E. Baldamus. 
20) :Carl Nette. 


Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien. 


Von 


H. D. 3. Weallengren. 


(Fortsetzung.) 


Emberiza miliaria, I.. 


Nur in Schonen und Halland trifft man diese Art während der Brut- 
zeit, und sie bleibt auch in den kältesten Wintern in diesen Provinzen, 
ohne nach südlichen Ländern zu ziehen. In keiner der übrigen Provinzen 
Skandinaviens trifft man sie. Nur einmal ist sie auf der Insel Orust in 
den Bohuser Scheeren geschossen, seitdem aber weder dort noch im 
übrigen Bohuser Bezirke bemerkt worden. 


Emberiza eitrinella, L. et E. hortulana, L. 


In den südlichen und mittlern Provinzen sind diese Vögel häufig, 
erstere sowohl Sommer wie Winter, letztere dagegen nur im Sommer; 
aber gegen Norden kommen sie in der Heckzeit sparsamer vor. Jedoch 
gehen sie sehr weit in den Polarkreis, ja bis in die Alpen hinein. Er- 
stere scheint ihre Brütezone aın weitesten nach Norden auszustrecken, 
indem man sie noch bei Juckusjärwi und Iwalojocki zwischen dem 68, 
. bis 69." n. B. antrifft, wo letztere nicht bemerkt worden ist. In den 
Ostfinnmarken trifft man weder die eine, noch die andere, auch nicht 
bei Tromsöe in Norwegen. Noch am 67. n. B. trifft man Emberiza 
hortulana nistend. | | 


Emberiza schoeniclus, L. 


Unter allen seinen Verwandten in Skandinavien hat der Rohram- 
mer die weit erstreckteste Heckzone, da er nicht blos in dessen nörd- 


+ 236 


lichsten Theilen, sondern auch im südlichsten Schonen, wo er sich in 
Morästen, bewachsen mit Weidenarten, hier und da sich fortpflanzt. In 
Smaland habe ich ihn ebenfalls in der Heckzeit angetroffen; in den mitt- 
lern und nördlichsten Landschaften dagegen ist er weit häufiger, beson- 
ders nach den Alpen zu, an deren Seiten er bis in die Birken- und 
Weidenregion aufsteigt. Man findet ihn also über die ganze Halbinsel 
bis an die Küsten des Eismeeres, so dass Keyserling’s und Blasius An- 
gabe (Wirbelth. Europ. p. XXXIX), dass er nicht im hohen Norden 
vorkommen soll, insoweit sie Skandinaviens Polarländer darunter ver- 
stehen, unrichtig ist. i 


Emberiza rustica, Pall., Nilss. 


Der einzige Reisende, der in den Lappmarken diese Art getroffen, 
ist Prof. Zetterstedt, der sie bei seiner ersten Reise (1821) bei Hapa- 
randa im Mai entdeckte und unter dem Namen Emb. borealis beschrieb. 
Prof. Nilsson hat später das Originalexemplar des Prof. Zetterstedt mit 
der von Pallas im Berliner Museum deponirten Emb. rustica verglichen 
(vide Skand. Fauna p. 376.) und gefunden, dass es derselben Art an- 
gehöre. Auf seiner zweiten Reise nach den Lappmarken (1832) fand 
Prof. Zetterstedt diesen Vogel an mehreren Stellen in Ume-Lappmark, 
sowie bei Lycksele, wo er »gemein« sein soll (Siehe Zetterstedts Resa 
genom Ume Lappmark 1832 p. 62 u. 63), beim Dorfe Gaskelougt (p. 
109), am See Gratian (p. 117), an den Dörfern Wilhelmina (p. 156) 
und Elysiö (p. 193). Dr. Sahlberg soll ihn ebenfalls in den Lappmar- 
ken geschossen haben; Löwenhjelm und Malm aber trafen ihn nirgends. 


Anm. I. Emb. pusilla, Pall. ist von Prof. Nilsson im April einmal in Schonen, 
in Gesellschaft mit dem Rohrammer gefunden worden. 

Anm. ll. Emb. borealis, Degl. (Ornith. europ. 1. p. 273.) ist nicht dieselbe Art 
wie Zetterstedts Zmb. borealis, und mir ganz unbekannt, wenn es nicht 
dieselbe Art wie Zmdb. nivalis ist, was ich dennoch nicht glauben kann, 


Plectrophanes nivalis, L. et P. lapponica, L. 


Diese beide Arten kommen nicht in den Wäldern des Flachlandes 
noch in den Thälern Lapplands vor, sondern nur erst auf den Alpen, 
auf welche erstere Art bis in die Schneeregion dringt, letztere aber 
nur bis in die Weidenregion auf niederen und flacheren Alpen, so 
wie an dem Strande der Alpenseen; er zieht also grasreiche Al- 
penplateaus den mit Schnee und Steinblöcken angefüllten Stellen vor, 
welche erstere vorzugsweise liebt. Unterm 63—64.° n. B. dürfte viel- 


237 


leicht keine von beiden vorkommen, wenn nicht erstere vielleicht auf 
den hohen Alpen des Dowre in Norwegen hecken mag. Im hohen Nor- 
den in den Finnmarken, sowohl westlich als östlich um’s Nordcap, 
trifft man beide Arten auf den Alpen an der Eismeerküste brütend; 
aber in südlichen Gegenden ihrer Brütezone nur im Innern des Landes. 
Im Herbst und Frühjahr trifft man beide auf den Feldern in oben ange- 
gebenen Grenzen und gegen den Winter ziehen sie südlicher, so dass 
erstere in letztgenannter Jahreszeit mehr oder weniger gemein — je 
kälter oder gelinder der Winter ist — im südlichen Schonen sich ein- 
findet, besonders an der Seeküste; wogegen letztere, so viel ich weiss, 
im Winter noch niemals hier getroffen worden ist, und wahrscheinlich 
über Finnland zieh. Da er aber, nach Dr. Kjärbölling, manchmal in 
strengen Wintern auf Seeland vorkommen soll, so vermuthe ich, dass er 
bisweilen auch Schonen besucht, obwohl ich ihn bis jetzt vergebens ge- 
sucht habe. Er soll auch manchmal Frankreich und Belgien besuchen. 
Löwenhjelm fand sein Nest auf der Erde in einem Alpenmäuseloche, und 
es war innen mit trocknem Grase und Rennthierhaaren ausgefuttert. In 
demselben waren am 15. Juli noch keine ausgeflognen Jungen. Nicht alle 
Individuen des Pl. nivalis verlassen die Alpen im Winter, sondern ein 
Theil alter Männchen überwintern und zeigt sich da oft bei Quickjock. 
Löwenhjelm hatte von den Lappmarken einen lebenden Spornammer, 
von welchem er erzählt: »In Jockmocks Pfarrhof hatte man im April 
einige Exemplare der auf den Aeckern herumfliegenden Heerden von 
Emb. lapponica gefangen. Unter ihnen glückte es einen lebenden zu 
erhalten, der uns, während wir um Johannis dort waren, mit seinem Ge- 
sange erfreute. Er sang unverdrossen Nacht ‚und Tag. Sein Gesang 
besteht aus klaren Flötentöonen, gemischt mit Gezwitscher und gleicht 
sowohl dem der Lerche als dem des Hänflings; er ist stark und wohllautend, 
aber nicht sehr abwechselnd. Der Vogel springt wie eine Lerche auf 
der Erde, hüpft aber manchmal etwas. Er liegt oft auf dem Sande und 
‚liegt über Nacht am liebsten so; badet sich mit Passion im Wasser. 
Herr Pastor Ullenius hatte die Güte mir diesen Vogel zu schenken, als 
ich im August nach Hause reiste, und glücklich hat er nun gegen 150 
Meilen zurückgelegt. Schon im Anfang August hatte er sein schönes 
Sommerkleid abgelegt und sich in seine Herbst- und Winterkleidung ge- 
kleidet, welche der Herbsttracht der Emb. schoeniclus gleicht. — — 
Im Käfige ist er nicht sehr lebhaft, und man nährt ihn mit Canarien- 
saamen und Samen von Trifolium und Alopecurus pratensis. Er liebt die 


238 


Fliegen sehr.. Er hörte im Juli auf zu singen, begann aber wieder im 
November, setzte dann 3 Wochen fort, worauf er ganz schwieg.« 


Coccothraustes vulgaris, Pall. 
(Loxia coccoth., Linn. Fringilla coccoth. Temm.) 


Obwohl ziemlich selten findet man diese Art hier und da nistend 
in den südlichen Provinzen von Schweden: Schonen, Halland, Blakinge 
und Smaland. Auch in diesen Provinzen ist er noch selten, ist jedoch 
mehreremale auch bei Carlstadt, Westeräs und Örebro, wo er sich viel- 
leicht auch fortpflanzt, besonders da er in der Nähe letztgenannter Stadt 
auch den Winter in mehreren Individuen zubrachte, getroffen worden. 
Auch in den Lappmarken ist er angemerkt. Prof. Zetterstedt sah ihn 
im Sommer im Juli beim Dorfe Wilhelmina (641% n. B. 34° w. L.) in 
Asele Lappmark, so dass man annehmen kann, dass er bis dorthin spo- 
radisch heckend vorkommt. Im Winter bleibt wenigstens ein Theil bei 
uns zurück — so verhält es sich auch in England und Frankreich. 


Chlorospiza chloris, L., 
(Loxia chloris, Lin. Fringilla chloris, Tem m.) 


Im südlichen und mittlern Schweden und Norwegen triffi man die- 
sen Vogel ziemlich allgemein in den Wäldern heckend, er bleibt auch zum 
grossen Theil selbst im Winter hier, wenigstens in den südlichen Pro- 
vinzen. In.den Lappmarken ist er noch nicht bemerkt worden; in Nor- 
wegen dagegen trifft man ihn noch etwas nördlich um Dowre, so dass 
seine. nördliche Grenze zwischen den 63—64.° n, B. zu fallen scheint. 


Pyrgita domestica, L. et P. montana, L. 


(Fringilla domestica et montana, Lin.) 


Bei diesen beiden tritt ein merkwürdiges Verhältniss ein, dass der 
erstere nämlich in Norwegen bis Bode (67° n. B.) geht, letzterer aber, 
nach Nilsson, noch einen Breitegrad höher bei 68° n. B., noch allgemein 
ist; ersterer dagegen kommt in Schweden noch in den Lappmarken, ob- 
wohl sparsam, bis Juckasjärwi und Kittälä unterm 68.°n. B. vor und ist 
dort Sommer und Winter zu finden, letzterer dagegen ganz und gar 
nicht, nicht einmal im südlichen oder Äsele Lappmark, also nicht unter 
64.° n. B., oder 4 Breitegrade südlicher als in Norwegen. Doch geht 
er vielleicht etwas höher nach Norden hinauf längs der Ostseeküste. 
Bei Archangel in Russland traf Liljeborg beide Arten, keinen von bei- 


239 


den aber bei Tromsö in Norwegen. In den eigentlichen Alpengegenden 
kommt auch der Haussperling in den Lappmarken nicht vor, und nur 
sehr selten verirrt sich einer nach Ostfinnmarken. Keiner von beiden 
findet sich regulär auf Gottland. 


F'ringilla cvelebs, L. 


Dieser schöne Fink ist im südlichen und mittlern Schweden, wo ein 
Theil der Männchen wenigstens überwintert, ein sehr gemeiner Heck- 
vogel. In den nördlichsten Landschaften trifft man ihn dagegen in der 
Heckzeit seltener. Doch kommt er in den Lappmarken bis in die Al- 
pengegenden vor und geht nach Norden bis Iwalojocki unterm 68 1%. 
n. B. Beim südlichen Juckasjärwi ist er gemeiner als bei Iwalojocki. 
An den Seiten der Alpen geht er wenigstens bis in die Nadelholzregion. 


Fringilla montifringilla, I.. 


So viel mir bekannt nistet dieser Vogel nicht im südlichen und 
mittlern Schweden. Erst innerhalb der Lappmarkgrenzen unterm 64.° 
n. B. kommt er als Heckvogel vor und nimmt dann an Menge zu je 
mehr man nach Norden kommt, so dass man ihn in allen Wäldern an- 
trifft bis nach dem Eismeere hinauf, sowohl westlich als östlich vom 
Nordeap. An den Seiten der Alpen ‚geht er bis in die Weidenregion 
hinauf. 


Anm. I. Durch Druckfehler ist Fr. montifringilla in der Naumannia Il. 2. p. 3 
als heckender Zugvogel im nordöstlichen Schonen genannt worden. 


Anm. II. Fringilla nivalis, Lin., welcher von Prof. Nilsson in d. Ornith. suecia 
aufgenommen wurde in Ansehung eines Exemplares, welches man angab als 
von Norrland herstammend, ist noch nicht in Skandinavien getroffen worden, 
wie er selbst später erläutert. 


Carduelis elegans, Steph. 


(Fringilla carduelis, Lin.) 


Diesen schönen Vogel trifft man sowohl im ‚südlichen als mitt- 
lern Schweden hier und da heckend an, und in Norwegen bis Dowrefjell, 
worauf er sich selten zeigt, so dass seine Brütegrenze gegen Norden 


- 


zwischen den 63—64.° n. B. zu fallen scheint. In den Lappmarken ist 


240 


er von spätern Reisenden nicht getroffen worden, obwohl Leem angibt, 
dass er manchmal in den Finnmarken gesehen werden soll. 


Carduelis spinus, L. 
(Fringilla spinus, L.) 

Den Zeisig trifft man heckend durch’s ganze südliche und mittlere 
Schweden ziemlich gemein, er kommt aber in der lappländischen Waldre- 
gion nur sparsam vor, und nicht nördlicher als bis Quickjock am 67.° 
n. B. Wenigstens ist er nicht bei Juckusjarwi oder in den Enare und 
Utsjocki Lappmarken gefunden worden; auch nicht bei Tromsö. Auf 
die Alpen steigt er bis in die Nadelholzregion und in Schonens Nadel- 
wäldern heckt er ebenfalls, und kommt hier, so wie im mittlern Schwe- 
den, das ganze Jahr hindurch vor. 


Cannabina linota, Gmel., Lath. 
(Fringilla cannabina, L.) 


Der Rothhänfling gehört nur den südlichen und mittlern' Landschaf- 
ten unserer Halbinsel an. In Norwegen geht er bis Dowrefjell, aber in 
Schweden ist er schon im südlichen Dalekarlien ein mehr seltner Heck- 
vogel und verschwindet zwischen dem 61—62.° n. B. ganz und gar. 
In Schonen wenigstens überwintert er zum Theil, in den übrigen Pro- 
vinzen aber zieht er im Herbste fort und kommt im Frühjahr wieder. 


Cannabina flavirostris, L. 
(Fringilla flavirostris, Lin. Fring. montium, Temm., Bonap.) 


Bei Lycksele (64% n. B.) traf Prof. Zetterstedt diesen Vogel wäh- 
rend seiner Reise in den Lappmarken 1832 (vide p. 62) und er heisst 
dort Sissisiten. Später traf er ihn auch bei Wilhelmina unter demselben 
Breitegrade wie Lycksele, jedoch tiefer im Lande. Doch scheint er in 
der ganzen schwedischen Lappmark, bis in den Polarkreis hinein, sehr 
selten zu sein, da Löwenhjelm ihn während seiner beiden Reisen nicht 
finden konnte, Nach Prof. Nilsson soll er in den niedern Regionen in 
Nähe der Alpen vorkommen. Adj. Liljeborg fand ihn um Tromsö ge- 
mein, so dass er ihn bis an’s Eismeer traf, obwohl Malm ihn nicht in 
den Ostfinnmarken und Utsjocki und Enare Lappmarken fand. Zur Win- 
terzeit ist er im südlichen Schweden und Schonen häufig und kommt 
dann oft in die Gehöfte. 

Anm. Fring. montium, Gmel, Syst. I. n. 68 ist nicht dieser Vogel. Was Gme- 


241 


lin dort sagt: „gutture et peetore nigricantibus“ kann durchaus nicht auf diese 
Art in irgend einer Jahreszeit angewendet werden. 


Linaria rufescens, Viell, 
(Fringilla linaria, Lin., Nilss.) 


In Norwegen trifft man diese Art nicht eher als am Dowrefjell und 
dessen Verzweigungen nach Westen zu, und in Schweden unterm 63. 
bis 64.0 n. B., worauf er mehr allgemein wird, je weiter man nach 
Norden und in die Alpengegenden gelangt. Auf diesen letzteren geht 
er bis in die Schneeregion hinauf. Man trifft ihn sowohl in West-, als 
Ostfinnmarken bis an’s Eismeer. Im Winter ist er in Schonen ziem- 
lich gemein. . 

Anm. Linaria borealis, Viell,, Bonap., Degl. habe ich hier in Schonen im 
Winter noch nicht gefunden. Linaria canescens, Bonap., Degl., von Dr. 
Kjärbölling in Dänemark gefunden, habe ich auch noch nicht hier finden 
können. In wie weit diese beide auf unserer Halbinsel hecken, ist mir nicht 
bekannt. Fring. borealis, Keyserl. u. Blas. scheint mir synonym mit L. 
canescens, Bonap. zu sein und nicht mit L. borealis, Viell., wie Degland 
glaubt. Für ihren F. borealis geben sie folgende Diagnose: „Die Schwingen 
mit breiten weissen Säumen, Bürzel rein weiss“, welches wohl aufL. canes- 
cens passt, nicht aber auf L. borealis, dessen Bürzel weiss mit rosenrothem 
Anstrich ist, oder auch mit schwarzbraunen Längsstrichen. Diese Ansicht 
gewinnt auch an Stärke, da Keyserling und Blasius L. canescens, Gould 
als synonym mit ihren F. borealis anführen. 


Pyrrhüla sanguinea, Klein. 


(Loxia pyrrhula, Lin. Pyrrh. europaea, Viell. Pyrrh. vulgaris, Temm., Nilss.) 


In den Wäldern des nördlichen Schonens habe ich diesen Vogel im 
Sommer selten angetroffen. Ebenso kommt er auch in Smaland und 
andern Provinzen des südlichen Schwedens vor, obwohl sehr sparsam 
während der Heckzeit; aber in den mittlern Provinzen so wie in Werm- 
land und Uppland und andern wird er mehr gemein, und in den Lapp- 
‘marken trifft man ihn wenigstens bis Galliware, unterm 67.° n. B. Wahr- 
scheinlich ist es jedoch, dass er hier bis an den Alpenrücken an den 
Finnmarken, und vielleicht gar über diesen bis an’s Eismeer geht, ob- 
-wohl er noch nicht von Reisenden dort getroffen worden ist. Im süd- 
lichen Schweden findet er sich jeden Winter in Menge ein. 


Anm. Erythrospiza erythrina, Gmel. ist ein einziges Mal auf Gottland ge- 
schossen worden, kommt aber nirgends auf unserer Halbinsel heckend 
vor. 

Naumannia. 1854. 16 


242 


Corythus enucleator, Lin, Nilss. 


Prof. Zetterstedt fand diese Art selten bei Lycksele (64%3° n. B.) 
und dürfte sie daher in den ganzen Lappmarken vorkommen, obwohl 
sparsam, und obwohl sie nicht von Löwenhjelm observirt wurde, dem 
man aber sagte, dass sie bei Jockmock und Galliware vorkommen solle. 
Malm fand sie bei Juckusjärwi und in den Nadelwäldern der Enare 
Lappmark heckend, obwohl auch dort selten. Da sie von diesem Reisen- 
den nicht in den Finnmarken angemerkt, und von Adj. Liljeborg nicht 
bei Tromsö gefunden wurde, hat man Ursache anzunehmen, dass sie 
nicht den Alpenrücken übersteigt, der Lappland von den Finnmarken 
trennt. Prof. Nilsson sagt, dass der Vogel im Sommer mehr dem Innern 
des Landes als dert Küstengegenden angehöre. Im Winter geschieht es, 
dass diese Art sich im südlichen Schweden einfindet und auch Schonens 
südliche und östliche Gegenden, besucht. In diesem Herbste (d. 29. Oct. 
1853) hat Forstverwalter Gadamer ihn im nordöstlichen Schonen in 
mehreren Exemplaren gefangen. 


Loxia pithyopsittacus, Bechst. ct L. eurvirostra, Lin. 


Diese Kreuzschnäbel trifft man heckend von Schonen bis in den 
Polarkreis, über welchen jedoch nur letztgenannter zu gehen scheint. 
Der nördlichste Ort, wo dieser angemerkt wurde, ist Quickjock. Jedoch 
soll er, nach Prof. Nilsson, sich in den nördlichsten Provinzen so weit 
finden, als es noch Nadelwälder gibt, also noch höher nach Norden 
als Quickjock. Im südlichen Schweden ist ersterer am häufigsten, im 
nördlichen aber scheint es sich umgekehrt zu verhalten. 


Anm.. Zoxia bifasciata, Brehm, Sundew. (Z. leucopiera, Nilss.) war im 
October 1845 und Januar 1846 im südlichen und mittlern Schweden gerade 
nicht selten. 1841 im August wurde ein junger Hahn auf Tjoöw in den Bo- 
huser Scheeren geschossen. Vorher waren nur zwei Exemplare bekannt, 
welche in Schweden gefunden worden waren. Forstverwalter Gadamer hat 
seitdem auch ein junges Weibchen 1848 gefangen; und sah eine Familie von 
mehreren Stücken auf Disteln. Da Liljeborg diese Art als Heckvogel bei 
Archangel allgemein fand, sollte man vermuthen können, dass sie auch in 
den nördlichen Gegenden unserer Halbinsel hecken möge, besonders da Lilje- 
borg ihn im Fichtenwalde antraf, und er also nicht, wie man vermuthete, den 
Lerchenwäldern ausschliesslich angehört. 


Columba palumbus, L. 


In Schonen ist diese Art in der Heckzeit selten, aber schon im 
südlichen Smaland trifft man sie ziemlich häufig, und sie kommt dann in 


243 


allen Nadelwäldern des mittlern Schwedens, sowie auch in Norwegen, 
bis zum 63—64.° n. B. vor. Ueber dem 64.° n. B. oder in den eigent- 
lichen Lappmarken ist sie nicht angetroffen worden. 


Columba oenas, L. 


Die Hohltaube ist die gemeinste ihres Geschlechtes im südlichen 
Schweden, kommt auch an manchen Stellen im südlichen Norwegen vor, 
aber schon im südlichen Dalekarlien, wo vorige gemein ist, trifft man 
diese sparsam, und über dem 61.°n. B. scheint sie sich nicht zu finden. 
Sie geht nicht so weit nach Norden wie vorige, ist auch in den Lapp- 
marken noch nicht getroffen worden. Nördlich um Dowreffjell findet sie 
sich auch nicht. 


Columba livia, Briss., Nilss. 

Diese Art, welche sich auf Klippen am Mittelmeere und in England 
findet, trifft man auch auf Rennesö in der Nordsee, nahe Stavanger, an 
Norwegens westlicher Küste, unterm 59.° n. B., und ist diess die ein- 
zige Stelle in Skandinavien, wo sie heckend vorkommt. Sie ist dort 


Standvogel. 


Anm. Diese Art hat zwei schwarze Bänder über die Flügel, und ist also nicht 

“ Brehms Col. amaliae (Iris XXI. H. 2. p. 136.), welche nur 2—3 schwarze 

Flecken auf den Flügeln haben soll. Sie findet sich nicht in Norwegen, in so 
weit es nicht eine jüngere C. livia ist- 


Columba turtur, L. 


Obwohl diese Art noch nicht mit Sicherheit in Skandinavien heckend 
gefunden wurde, dürfte sie doch als Heckvogel, obwohl sparsam , vor- 
kommen. In Schonen wurde sie 1848 und einmal 1850 gepaart gesehen 
(vide Naum. I. 3. p. 9), und schon 14840 wurde ein altes Männchen 
im Juli bei Hudikswall (61%5° n. B.) geschossen. Im Jahre 1841 schoss 
Pastor Björkman 2 Stück bei Quickjock und im Herbst 1843 sah man 
‘einen kleinen Flug derselben daselbst. Seitdem ist sie jeden Herbst 
dort gesehen worden. Sie soll von Nordwest nach Quickjock kommen, 
besonders wenn viel Schnee in den’ Alpen fällt, und also dem Thalzuge 
vom Alpenrücken folgen, wo sie wahrscheinlich heckt. Vielleicht gehö- 
ren die Tauben, von welchen Leem spricht und welche er in den Ost- 
finnmarken traf, hierher. 


Anm. Von Columba gelastes, Temm. (Pl. col. 550.) Schleg. (Fn. Japon. 100. 
t. 60. b.) sind bis jetzt 2 Exemplare in Schweden getroffen worden. Die eine, 


16 * 


244 


deutlich eine junge, kam in einer Vogelsendung von Herjeädalen, woselbst sie 
im Herbst gefangen und vom Riksmuseum in Stockholm gekauft wurde (Dec. 

' 1842). Das andere Exemplar wurde im Oct. 1850 bei Persby 11/, Meile west- 
lich von Pite in einer waldigen Gegend, wo es weder zahme noch wilde Tau- 
ben gibt, gefangen. 


Tetrao urogallus, T,. 


In Schonen hat dieser Vogel merkbar abgenommen und man trifft 
ihn nur sparsam in den nordöstlichen Wäldern dieser Provinz. In den 
übrigen Theilen des Landes, mit Ausnahme von Gottland, trifft man ihn 
allgemein, besonders in den mittlern und nördlichen Provinzen, bis in 
die Enare Lappmark, und er geht auf die Alpen bis durch die Nadel- 
holzregion. In Torne und Enare Lappmark scheint er jedoch nicht über 
die Alpen nach Finnmarken hinein zu gehen, da er bei dem, nahe am 
Alpenrücken liegenden Karesuando selten ist, und nicht in Utsjocki Lapp- 
mark gefunden wird. Der 69.° n. B. »ist sonach die ungefähre Grenze 
im Norden, die er nur im Osten übersteigt, soweit das Flachland sich 
erstreckt, da er auch am nördlichen Ende des Enaresee’s vorkommt. 


Anm. Tetrao hybridus, Lin., Tetr. hyb. urogalloides, Nilss. (T. intermedius, 
Langsdorff. Mem. St. Petersb. III. 1811. p. 286. 7. medius, Mey., Temm. 
Brhm.) ist Bastard von einem Auerhuhn und einem Birkhahn, und trifft man 
ihn nur in solchen Gegenden, wo die Auerhähne ausgeschossen sind. Die 
Hähne des Rackelhuhnes kommen wohl mit auf die Auerhahnen- und Birk- 
hühner-Balz, aber man hat sie nicht sich paaren gesehen. Sie vertreiben nur 
die Hähne und stören die Balz. 


Tetrao tetrix, L. 


Im nördlichen Schonen und den südlichen und mittlern Wäldern 
Schwedens, so wie auch auf den Inseln der Ostsee, ist das Birkhuhn 
gemein, in den Lappmarken dagegen ist es: selten, besonders näher den 
Alpen; in Westerbotten jedoch ist es ziemlich gemein. Von Löwenhjelm 
wurde es am nördlichsten angezeichnet bei Jockmock, im Polarkreis, 
und in Finnmarken bei Kitälä (672° n. B.) und von Wright bei Kengis 
(673° n. B.), welches zeigt, dass er nach Osten etwas weiter nach 
Norden, als nach Westen (näher den Alpen) geht. Jedoch hat Prof. 
Nilsson, wenigstens in den mittlern Theilen der Halbinsel manchmal in 
der Nadelwald- und Birkenregion auf den Alpen das Birkhuhn angetroffen. 

Anm. Tetrao hybridus lagopoides, Nilss. (Tetr. tetrix / var. Sparrm. Thunb. 


Sommerfeldt) ist ein Bastard vom Birkhuhn und Schneehuhn (Lagop. subal- 
pina), welchen man manchmal in Norrland, Dalekarlien, Wermland, Norbotten 


245 


und Norwegen getroffen hat. Alle bis jetzt geschossenen Exemplare waren, 
so viel ich weiss, Hähne. 


Tetrao bonasia, L. 


Das Haselhuhn trifft man in Schonen, Blakinge und Halland, so wie 
in den südlichen Theilen von Smaland und auf Gottland nicht heckend 
an, aber in den nördlichen Theilen von Smaland beginnt es vorzukom- 
men, obwohl sparsam; also zwischen dem 57—58.° n. B. In Süder- 
manland, Wermland, Uppland und Dalekarlien ist es ziemlich zahlreich, 
so auch in Norwegen, und kommt in den Lappmarken bis Quickjock und 
Kengis (um den 67. Breitegrad) vor. In der Nähe der Alpenrücken 
trifft man es am Fusse der Alpen an. In Norwegen: geht es jedoch 
nicht so hoch hinauf als in Schweden’und dürfte kaum Dowrefjell über- 
steigen. 


Lagopus subalpina, Nilss. et Lag. alpina, Nilss 


Diese beiden Arten haben hinsichtlich ihrer Ausbreitung im Lande 
dieselbe Heckzone, obwohl sie in dieser an ungleichen Orten getrof- 
fen werden. In Norwegen auf dem Dowrefjell und in Schweden in 
‚gleicher Polhöhe oder um den 61.° n. B. trifft man südlichst beide Ar- 
ten, jedoch so dass erstere Art der subalpinischen Gegend und letztere 
den höhern Alpen gehört, wo sie sich besonders in der Weiden- und 
Schneeregion aufhält, erstere dagegen nur in der Birkenregion in Menge 
angetroffen wird, und sich auch in den Thälern findet. Im eigentlichen 
Küstenlande an der Ostsee trifft man aber keine von beiden, ausser im 
Winter, wo es geschieht, dass Lagobus subalpina manchmal in südli- 
chern Gegenden, so wie in Uppland, Südermanland und im Bohuser Ge- 
biete sich einfindet. An Norwegens Küste aber trifft man L. subalpina 
bis auf die Inseln, wogegen L. alpina sich auch hier sehr selten zeigt, 
und diess nur im Winter, wenn sie von Schnee und Ungewitter vom In- 
nern der Alpen herabgetrieben wird, wobei es geschieht, dass beide 
Arten bisweilen in die tiefer liegenden und von den Alpen entfernten 
Gegenden herabkommen. 


Perdix cinerea, Lath. 


Das Rebhuhn, welches in Schonen und von hier bis Wermland hin- 
auf, bei Carlstadt und in Uppland bei Upsala an passenden Orten sehr 


246 


gemein ist, und nur in sehr strengen Wintern an Zahl etwas abzuneh- 
men scheint, heckt nicht alle Jahre in den südlichen Theilen von Dale- 
karlien, und wird nur zufälliger Weise im Winter in Herjeädalen ange- 
troffen, so dass seine nördliche Heckzone in die Nähe des 61.° n. B. 
einzufallen scheint, also wo L. subalpina vorzukommen beginnt. Südlich 
von diesem Breitegrad findet es sich auch an einigen Stellen in Norwegen. 


Perdix coturnix, L. 


In Schonen ist diess ein seltner Heckvogel (s. Naum. II. 3. p. 7. 
ad 25.) und pflanzt sich mit Gewissheit nicht in andern Provinzen unse- 
rer Halbinsel fort. Jedoch ist er weit nördlicher gesehen und geschos- 
sen worden, so wie auf Gottiland, bei Örebro in Nerike, Trosa in Sü- 
dermanland u. a. Stellen, jedoch nur theils während der Zugzeit, theils 
auch ohne dass man mit Gewissheit angeben kann, ob er sich an diesen 
Stellen fortgepflanzt hat. 


Zweite AbtHeilung: Sumpf: und Waffervögel. 


Otis tarda, Lin. 


Auf den grossen Sandfeldern des östlichen und nordöstlichen Scho- 
nen nistet dieser schöne Vogel jährlich in grösserer und geringerer An- 
zahl, und diess ist die einzige Provinz der vereinigten Reiche, wo er 
während der Brütezeit vorkommt; sonach ist 56° n. B. seine nördliche 
Brütgrenze. Nicht weit: von meiner Wohnung ist er seit langer Zeit 
gefunden worden, indem man weiss, dass schon Anfang des 15. Jahr- 
hunderts die Gutsherrn hierselbst mit Windhunden lohnende Hetzjagden 
auf ihn, auf hiesigen Sandfeldern, anstellten. Doch scheint der Vogel 
nach Beschreibungen, die man von jener Zeit hat, damals in grösserer 
Zahl gefunden worden zu sein, als jetzt. Eine immer mehr zunehmende 
Urbarmachung dieser sterilen Gegenden, so wie ein beständiges Jagen 
nach ihm verursacht, dass er an Zahl abnimmt, und obwohl er jetzt 
durch ziemlich strenge Jagdgesetze mehr geschützt ist, nimmt er doch 
jährlich ab, da man in der Anwendung dieser Gesetze zu lässig ist, 
und die Zeit dürfte bald kommen, wo wir diesen einzigen Repräsentan- 
ten einer Familie, welche an die Straussen der heissen Zone erinnert, 


247 


ganz und gar aus unserer Vogelliste werden streichen müssen, und sein 
hiesiges Vorkommen wird dann nur der Geschichte angehören! — Man 
sieht übrigens hieraus, dass Graf Keyserling’s und Prof. Blasius Angabe 
(Wirbelth. Eur. p. LXVIID), dass diese Art in Schweden nur »einzeln« 
‚vorkommen solle, wenigstens jetzt noch nicht mit der Wirklichkeit über- 
einstimmt, wenn mit diesem Ausdrucke ein accidentelles Vorkommen 
gemeint sein soll. 


Anm.I. Ots tetrax, Lin. ist ein oder das andere Mal sowohl im südlichen als 
auch im mittlern Schweden (Schonen, Uppland und Jemtland) gefunden wor- 
den, jedoch ohrie dass man weiss, ob er hier gebrütet habe. 


Anm. Il. Otis houbara, G mel. wurde einmal auf Gottland getroffen. 


Charadrius apricarius, L. 
(Charadrius pluvialis, Lin., Temm.) 


Im südlichen Schweden ist der Goldregenpfeifer während der Brut- 
zeit weniger allgemein, und man trifft ihn dann nur hier und da auf den 
Haiden und nassen Wiesen; aber schon im Innern des mittlern Schwe- 
dens zwischen dem 59—60.° n. B., wo die eigentlichen Alpengegenden 
mit ihren Haiden und Mooren (»Myrer«) anfangen, ist er sehr gemein 
und ist es bis an die Küsten des Eismeeres, sowohl östlich als westlich 
vom Nordcap. In den Alpengegenden kommt er nicht in den Thälern 
vor, — sein eigentlicher Aufenthalt ist die Weidenregion, wo er sich 
in sehr grosser Menge findet. In den Finnmarken trifft man ihn jedoch 
auch in flacheren Gegenden. 


Charadrius morinellus, L. 


Der Mornellregenpfeifer gehört den Alpengegenden der nördlichen 
Provinzen an, wo er auf den hoch über der Baumgrenze liegenden, mehr 
flachen Haiden brütet, also weit höher als vorige Art. Er wird auch, 
wie man weiss, auf Spitzbergen gefunden. In Skandinavien ist seine 
südliche Brutgrenze in der Nähe des 62.° n. B., von wo er dann brü- 
tend an’s Eismeer, zu beiden Seiten des Nordcap, jedoch nicht so häu- 
fig wie vorige Art, angetroffen wird. Während der Zugzeit scheint er 
dem Kamme der Alpen und nicht den Seeküsten zu folgen; wenigstens 
nicht den östlichen. Nach Prof. Nilsson soll er sich während dieser 
Zeit manchmal in Schonen einfinden. Ich habe ihn jedoch während mei- 


248 


ner vieljährigen Jagdzüge nur selten und ausnahmsweise dort gefunden. 
Auch in den Bohuser Scheeren ist er nur ausnahmsweise gefunden 
worden. 


Charadrius hiaticula, L. 


Von Schonen bis an die Küsten des Eismeeres, zu beiden Seiten 
des Nordcap, wird dieser Vogel nicht nur am Meere, sondern auch an 
Landseen, Flüssen und Bächen angetroffen, jedoch im südlichen und 
mittlern Skandinavien häufiger als im nördlichen. Auch im Innern des 
Landes, in ‚den Alpengegenden, findet er sich, bisweilen sogar auch zahl- 
reich auf den eigentlichen Alpen, an dortigen Flüssen und Bächen, so 
wie in der Nähe des ewigen Schnee’s, so dass dies Phänomen, welches 
Boie zuerst in Norwegen auffiel, wo er diesen Vogel in Gesellschaft mit 
vorigem antraf, durchaus nichts Seltenes ist. 


Charadrius curonicus, Beseke. 
(Charadr. minor, Meyer.) 


So wie vorige trifft man auch diese Art sowohl am Meere, als an 
den Landseen, jedoch im Allgemeinen weit sparsamer an. An dem 
Strande des Wenern, besonders in der Nähe von Carlstadt, soll sie ganz 
gemein sein; ebenso auch in den Südermanländischen und Upländischen 
Scheeren. Ueber letztgenannter Provinz scheint sie wiederum an Zahl 
abzunehmen, und kommt in den eigentlichen Lappmarken nicht vor; auch 
nicht in den bergigen Provinzen längs der Alpen, sonach nicht über den 
64—65.° n. B. hinaus. Man weiss jedoch noch nicht mit Sicherheit, 
wo ihre eigentliche nördliche Grenze ist. An den Küsten des Eismeeres 
wurde sie noch von keinem schwedischen Ornithologen getroffen, und 
Prof. Liljeborg fand sie in Russland nur am Ladoga, so dass Graf Key- 
serling’s und Prof. Blasius Angabe, dass der Vogel »nordwärts bis an 
die arctische Küste« ginge, wenigstens nicht auf Skandinaviens arctische 
Küste bezogen werden kann. 


Charadrius cantianus, Lath. 


Der Seeregenpfeifer ist bis jetzt nur in Schonen und zwar nur an 
der südlichen Spitze, um Skanör und Falsterbo, gefunden worden, brü- 
tet aber dort jährlich in nicht geringer Zahl. 


249 


Squatarola helvetica, L. 
(Charadr. helveticus, Bonap. Vanellus helvet., Viell. Van. melanogaster, Bechst.) 


Dieser Vogel, der während des Frühlings und Herbstes nicht selten 
an den Küsten des südlichen Schwedens und auf den Wiesen an der 
Seeküste vorkommt, findet sich jedoch dort niemals brütend. Auch nicht 
im mittlern Schweden. Erst im Polarkreise, auf den morastigen Alpen- 
plateaus unterm 67." n. B. fangt er an sich zu zeigen, ist jedoch bis 
an die Küste des Eismeeres hin höchst sparsam zu finden. Er kommt 
sonach auf der skandinavischen Halbinsel nirgends häufig vor, sondern 
er ist im Gegentheil für einen der seltenern Brutvögel hierselbst anzu- 
sehen. Wenn er sich im südlichen Schweden zur Herbstzeit einfindet, 
hat er schon das Sommerkleid abgelegt. In Schonen sieht man ihn sel- 
ten eher als Ende September, und noch am 30. August ist er in der 
Nähe des Nordkyn gesehen worden. Auf den Brutplätzen ist er sehr 
scheu, und desshalb schwer zu schiessen, da diess sich hingegen be- 
kannter Weise ganz entgegengesetzt mit dem Goldregenpfeifer und dem 
Kiebitz verhält. _ 


Vanellus cristatus, Mey. 


Diese Art, eine der allgemeinsten unter den Wadern im südlichen 
° und mittlern Schweden, geht als Brutvogel nicht sehr weit nach Norden 
hinauf — nur bis zum 60—61.° n. B. Sie hört schon zwischen dem 
62—63.° n. B. ganz auf, so dass, wenn sich wirklich einmal ein sol- 
cher Vogel bis Lycksele (64° 38° n. B.) verirrt, diess als eine grosse 
Seltenheit angesehen wird. 


Strepsilas interpres, L. 
(Strepsilas collaris, Temm.) 

An allen östlichen Seeküsten, von Schonen bis Torneä hinauf, trifft 
man diesen Vogel, obwohl sparsam, und an der westlichen Küste geht 
er wenigstens bis Tromsö in Norwegen (70° n. B.) hinauf. Er scheint 
sonach im Norden nicht östlich um’s Nordeap zu gehen, weil man ihn 
nicht in den Ostfinnmarken brütend getroffen hat, und er auch nicht 
einmal von Prof. Liljeborg bei Archangel gefunden. wurde. Auf der 
Westküste ist er auch etwas zahlreicher als auf der Ostküste, welches 
auch mit Fabers Observation auf Island übereinstimmt, nach welcher er 
auf der Westküste gemeiner sein soll, als auf der Nordküste genannter 
Insel. In den nördlichen Theilen Skandinaviens geschieht es manchmal, 


250 


dass er sich während der Zugzeit von der Küste nach dem Innern des 
Landes verirrt. Bei Juckasjärwi (68° n. B.), und bei Quickjock (67° 
n. B.), so wie auch ber Karesuando (68Y.° n. B.) im Innern der Lapp- 
mark ist er erlegt worden. 


Haematopus ostralegus, L. 


Obwohl gemeiner als vorige Art, verhält es sich jedoch mit dieser, 
was die Verbreitung betrifft, ganz wie mit voriger, nämlich dass sie 
nicht östlich vom Nordcap brütet, dagegen bei Tromsö häufig gefunden 
wurde, während jene dort seltener ist, und dass sie auch bei Archangel 
observirt wurde. An der Westküste ist sie ebenfalls gemeiner, als an 
der östlichen. Auch an Landseen nistet der Austernfischer, wird aber 
im Norden höchst selten an solchen getroffen. 


Grus cinerea, Bechst. 


Dieser stattliche Vogel brütet auf den weitläufigen Morästen (»My- 
rer«) und Haiden, besonders in Schwedens mittlern Provinzen. Jedoch 
findet er sich auch in südlichern wie auch nördlichern Gegenden, so dass 
man ihn noch zwischen dem 67—-68.° n. B. als Brutvogel trifft. Jen- 
seits dieser Grenze zeigt er sich nur manchmal während der Zugzeit. 


‚Ciconia alba, Briss. 


Nur Schohen und Halland sind die Provinzen ‚ wo der Storch sich 
Brutplätze gewählt, so dass man ihn während der Brütezeit nur in die- 
sem, so zu sagen, südwestlichen Zipfel von Schweden, nicht über 57° 
n. B., antrifft. Jedoch geschah es, dass er während des Frühjahrszuges 
seine Streifzüge manchmal bis über den 65.° n. B. hinaus gemacht, aber 
niemals hat er so hoch nach Norden hinauf gebrütet. 


Ciconia nigra, IL. 


Ist weit seltener als voriger, und beweist auch hier seinen Charakter 
eines östlichen Vogels. Wenn voriger in Schonen und Halland brütet, 
hat dieser dagegen seinen Aufenthalt in den mehr östlichen Provinzen, 
im Kalmarschen und in Ostgothland, und manchmal in Schonens östlichen 
Gegenden gewählt. Sonach fällt seine nördliche Brütezone zwischen den 
98—59. n. B. Während des Frühjahrzuges geschieht es bisweilen, 
wiewohl selten, dass er sich in den westlichen Provinzen zeigt, so wie 
z. B. im Bohuser Bezirke und in Dalekarlien, an welchen Stellen er je 


251 


einmal gesehen wurde. Zur selben Zeit wurde er auch in den östlichen 
Provinzen über oben angegebener Grenze hinaus, z. B. bei Upsala u. a. 
Stellen geschossen. 


Ardea cinerea et stellaris, L. 


* An passenden Stellen, im südlichen und mittlern Schweden, brüten 
beide Vögel, ersterer jedoch in weit grösserer Zahl afs letzterer, der 
mehr sporadisch vorzukommen scheint. Ueber den 60.° n. B. hinaus 
dürfte weder der eine noch der andere brütend vorkommen; jedoch ge- 
schieht es bisweilen, dass ersterer sich einsam bis zwischen den 63—64.° 
n. B. hinauf zeigt. Auf der Westküste ist er im Frühjahre bis bei Salt- 
dalen am 67.° n. B. gesehen worden. Bisweilen wird ein oder das an- 
dere Individuum von beiden Arten während der Wintermonate am Meere 
angetroffen. 


Anm. I. Ardea minuta, Lin. wurde vor mehreren Jahren einmal bei Westeräs 
geschossen, und dann auch einigemal in Schonen, wo er auch in letztern 
Jahren gebrütet haben soll, obwohl es mir nicht bekannt ist, ob es sich jetzt 
noch so verhält. Y 

Anm. II. Ardea purpurea, Lin. Im vorigen Jahre (1853) bekam ich ein Exem- 
plar im Fleische von dieser schönen Reiherart, welches am 18. April hier in 
Schonen geschossen worden war. Diess ist däs einzige Beispiel, dass diese 
südeuropäische Art sich hierher verirrt hat. Es ist ein älterer Vogel in voll 
ausgebildetem Kleide. 

Anm. Ill. Jdis falcinellus, Lin. Auch dieser südliche Vogel verirrt sich biswei- 
len bis zu unserem kalten Norden, und ist unter solchen Verhältnissen noch 
unterm 60. n. B. geschossen worden, und zwar nicht bloss ältere während 
des Frühjahrzuges, sondern auch jüngere während des Herbstzuges. So z. B. 
wurden am 7. September 1842 bei Upsala 2 junge, Männchen und Weibchen, 
geschossen. ’ 


Numenius arquata, L. 


Kommt im südlichen und mittlern Schweden auf den meisten grossen, 
wasserhaltigen Wiesen und Mooren in nicht unbedeutender Anzahl brü- 
. tend vor. In den mehr in der Nähe der Alpen gelegenen Provinzen ist 
er seltener und im Innern des Landes über den 64.° n. B. hinaus brütet 
er nicht, obwohl man ihn noch unter höherer Latitude an der östlichen 
Küste antrifft. Prof. Nilsson führt an, dass man ihn auf den Inseln an 
Norwegens westlicher Küste bis hinauf zum Polarkreise antrifft, wo er 
aber gegen den 68.° n. B. aufzuhören scheint, da er von Prof. Liljeborg 
nicht bei Tromsö gefunden wurde. In den Finnmarken und an den lapp- 
ländischen Küsten östlich um’s Nordcap ist er auch nicht observirt 


252 


worden, so dass also 65—66° n. B. seine nördlichste Grenze im Osten 
zu sein scheint. 


Numenius phaeopus, L. 


Dass dieser Vogel hier und da auch in Schonen brütend getroffen 
wird, ist ganz sicher, obwohl er hier während des Sommers sehr selten 
ist. Ebenso glaube ich sicher annehmen zu können, dass er auf Goth- 
land (Siehe Naum. 1853 H. I. p. 89) brütet. In den Bohuser Scheeren 
brütet er ebenfalls. Auf selbe Weise mag es sich mit mehreren anderen 
Orten im südlichen und mittlern Schweden verhalten, obwohl es noch 
nicht angemerkt wurde. Im nördlichen Schweden dagegen ist er ge- 
meiner und kommt dort auch im Innern des Landes vor, sowohl in der. 
Waldregion und in den Mooren der Alpen, als auch im obersten Theile 
der Weidenregion, also nahe an der Schneeregion, und so verhält es 
sich wenigstens bis gegen Tromsö auf der Westküste, und wie es scheint, 
bis an’s Nordcap hinauf, da Prof. Liljeborg ihn während der Zugzeit bei 
Tromsö ganz gemein fand. Oestlich um genannte Spitze oder in Ost- 
finnmarken und in Utsjocki und Enare Lappmarken ist er nicht observirt 
worden, dagegen, obwohl selten, bis Archangel (65° n. B.), wesshalb 
man schliessen kann, dass er, wie voriger, im Westen weiter nach Nor- 
den hinaufgeht als im Osten, obwohl er auf der Westküste selbst gegen 
Norden weiter hinauf brütet, als jener. 


Tringa maritima, Brünn. 


Diese Art trifft man während keiner Jahreszeit an der östlichen 
Küste unserer Halbinsel; auf der westlichen dagegen während des Herb- 
stes und Winters bis in die Bohuser Scheeren, wo er im September in 
vollem Winterkleid eintrifft und von wo er Ende April oder Anfang Mai 
wieder fortzieht. Ein dort am 21. Mai geschossenes Exemplar hatte 
beinahe schon das reine Sommerkleid angelegt; ein anderes dagegen, 
dort am 22. April geschossen, zeigte noch keine Spur desselben. Der 
Brutort dieses Strandläufers sind die hohen Alpenplateaus in West- und 
Ostfinnmarken, sonach über dem 68. n. B., wo er auch oft an der See- 
küste überwintert. Doch scheint es wahrscheinlich, dass er auf Norwe- 
gens Alpenrücken weit südlicher brütet, obwohl er, so viel mir bekannt, 
während der Brütezeit nicht südlicher observirt worden ist. 


253 


Tringa subarquata, Güldenst. 


Es ist bis jetzt noch nicht im Klaren, wo diese Art eigentlich auf 
unserer Halbinsel brütet; Prof. Nilsson jedoch hält es für wahrschein- 
lich, dass es in den nordöstlichen Gegenden sein müsse. Malm fand sie 
nicht in den Ostfinnmarken, auch nicht in Enare- und Utsjocki-Lappmark, 
wogegen Prof. Liljeborg Anfangs August sie bei Tromsö bemerkte. 
Während des Zuges kommt sie sowohl an der West- als Ostküste unserer 
Halbinsel vor, und im Museum zu Götheborg stehen mehrere Exemplare 
im Sommerkleide, die in Nähe dieser Stadt geschossen wurden. Ueberall 
jedoch, auch während der Zugzeit, ist sie selten. 


Tringa alpina, L. 

Ueber die ganze Halbinsel, von Schonen bis an’s Nordcap, sowohl 
westlich als östlich um dieses, kommt dieser Vogel brütend vor; jedoch 
ist er in den südlichen und mittlern Theilen gemeiner, als in den nörd- 
lichen, in welch’ letztgenannten Provinzen er in den Mooren auf dem 


Alpenrücken brütet. 


Anm. Tringa pygmaea, Lath. (Tr. platyrhyncha, Temm.) wird bisweilen so- 
wohl auf der Ost- als Westküste von Schweden angetroffen, jedoch nur im- 
mer während der Zugzeit, und es ist sehr ungewiss, ob er irgend auf un- 
serer Halbinsel brütet. 


Tringa minuta, Leisl. 

Auch von dieser Art haben wir keine sichern Nachrichten, obwohl 
es sehr wahrscheinlich ist, dass sie in Norwegens Finnmark_ nistet. 
Während der Zugzeit kommt sie ziemlich häufig sowohl an den westli- 
chen als östlichen Küsten unserer Halbinsel vor. 


Tringa Temmincki, Leisl, 


Ein oder das andere Paar dieser Art bleibt zur Sommerzeit in den 
mittlern von Schwedens östlichen Provinzen unterm 59.° n. B.; diess 
"kann man jedoch nur als Ausnahme betrachten, da sie dort noch sehr 
selten ist. Erst innerhalb der Grenzen Lapplands oder unterm 65.° n. B. 
beginnt sie sich öfter, wenn gleich auch noch nicht häufig zu zeigen, 
besonders auf grasbewachsenen, höhern Alpenplateaus, an Seen und 
Bächen im Weidengesträuch. Von hier aus trifft man sie dann brütend 
bis an’s Eismeer, also in den norwegischen Finnmarken, zu beiden Sei- 
ten des Nordcaps, fast an allen Mooren und kleinern Seen, auf Alpen- 


256 


wenigstens bis zum Polarkreise, obwohl daselbst selten. Ob er jenseits 
desselben vorkomme, ist ungewiss, scheint auch nicht wahrscheinlich 
zu sein. 


Totanus glareola, L. 


Diese Art kommt vom südlichen Schweden an bis nach den Lapp- 
marken hinauf sehr häufig vor, geht im Innern des Landes bis an den 
Kamm der Alpen, dem sie bis zum 69.0 n. B. folgt, und verbreitet sich 
darauf östlich bis zur Mündung des Passwigilflusses, unterm 70. n. B. 
Sie übersteigt sonach nicht den Alpenrücken, und wird auch in Norwe- 
gens Finnmarken nicht angetroffen. Ob man sie aber anderweitig in Nor- 
wegen antrifft, ist mir nicht bekannt, ich sehe es aber für nicht wahr- 
scheinlich an, da sie von keinem dort Reisenden (deren Anzeichnun- 
gen mir vorliegen) notirt wurde. Findet sie sich dort, so dürfte es nur 
in den südlichsten Gegenden sein. Mittlerweile hat sie in Skandinavien 
ihre grösste Verbreitung gegen Osten zu und verläugnet daher nicht 
ihren Charakter als östlicher Vogel, als welchen sie sich auch im übri- 
gen Europa zeigt. 


Totanus glottis, L. 
(Scolopax glottis, Lin. S. N.) 


Auf Gothland fand ich diesen Vogel brütend, so wie er auch unter 
solchem Verhältnisse in den Bohuser Scheeren gefunden wurde. Seine 
südliche Brütegrenze fällt demnach zwischen den 57—58.° n. B. ein. 
In den Lappmarken kommt er in der ganzen Waldregion vor, hauptsäch- 
lich jedoch auf den Mooren am Fusse der Alpen und hat dieselbe Ver- 
breitung wie voriger, so dass man ihn nicht in Norwegens Finnmark, 
wohl aber an der Mündung des Passwigilflusses findet; er charakterisirt 
sich sonach als einen mehr östlichen Vogel. Sein Nest baut er, nach 
Malm, zur Seite eines kleinen Grashügels, unter eine Birke oder Wei- 
denstrauch und es enthält 4 birnenförmige Eier, welche schmutzig wachs- 
gelb gefärbt und überall mit schwarzen und dunkelbraunen Flecken be- 
streut sind. Löwenhjelm, der ebenfalls die Zahl der Eier mit 4 angibt, 
sagt, dass sie gelblichweiss und dicht mit rothbraunen Flecken und Punk- 
ten bestreut seien. 


Anm. I. Totanus stagnatilis, Bechst. ist weder zur Brüte- noch Zugzeit bis 
jeizt in Skandinavien gefunden worden. \ ; 
Anm. Il. Totanus semipalmatus, Lath. soll einmal in Uppland geschossen 


257 


‚worden sein. Das Exemplar, welches als dort geschossen aufgestellt ist, ist 
ein älterer Vogel im Sommerkleide, 


Limosa aegocephala, L. 
(Limosa melanura, Leisl.) 


Der einzige Brutplatz für diese Art in Skandinavien ist Gothland 
(s. Naum. 1853. H. I. p. 88). So viel bekannt ist, wird sie während 
der Zugzeit niemals an Skandinayiens Küste getroffen, wesswegen man 
vermuthen kann, dass sie von und zu jener Insel direkt über Deutschland 
oder die russischen Ostseeprovinzen zieht. 


Limosa rufa, Temm. 
(Scolopax lapponica, L.) 

Nur im östlichen Theile des höchsten Nordens unserer Halbinsel 
brütet dieser Vogel mit Sicherheit; dort fand Malm ihn sehr gemein in 
Gesellschaft mit Tot. glottis in der Enare-Lappmark, also zwischen dem 
68—70.° n. B. Jedoch übersteigt er nicht den Kamm der Alpen, da 
er nicht in der norwegischen Finnmark, weder östlich noch westlich 
um’s Nordkap, vorkommt. In England ist er Wintervogel, der im Herbste 
dort ankommt und im Frühjahre wieder fortzieht. Während der Zugzeit 
trifft man ihn im südlichen Schweden, sowohl auf der Ost- als Westküste, 
und v. Wright hält es für wahrscheinlich, dass er auf den Bohuser 
Scheeren brüte, weil er daselbst schon am 1. Aug. ein Paar alte Vögel, 
so wie auch nur eben ausgewachsene Junge schoss. Brütet er dort, so 
ist dies die einzige Brutstelle in unserem Lande, wo man ihn, so weit 
es erforscht ist, in südlicheren Gegenden antrifft. 


Scolopax rusticola, L. 


Von Schonen bis nach Lappland hinauf trifft man diesen wohlbe- 
kannten Vogel brütend. Die nördlichste Stelle, wo man ihn observirt 
hat, ist Gelliware Kirkplatz unterm 67° 20° n. B., woselbst er im Früh- 
jahre gegen den 15. Mai eintrifft. Seine nördliche Brütegrenze dürfte 
sonach in die Nähe des 68.° n. B. fallen, besonders‘ auch, da Malm, der 
über ein Jahr in Enare-Lappmark, nördlich von jenem Breitegrad, zuge- 
bracht hat, dort diesen Vogel während keiner Jahreszeit antraf. Ueberall 
ist: er jedoch in Skandinavien während des Sommers einzeln, da er 
hingegen in mehr östlichen Gegenden sehr zahlreich ist, so z. B. in Si- 


birien; es ist desswegen auch zu vermuthen, dass er in Norwegen nicht 
Naumannia. 1854. 17 


258 


so weit nach Norden hinaufgeht, als in Schweden. In gelinden Wintern 
geschieht es, dass einige hier zurückbleiben, wie es in England jederzeit 
ist, wo er, so wie vorige Art; nur während genannter Jahreszeit ge- 
troffen. wird; und da man ihn ausserdem auch nicht auf Island hat, so 
scheint seine Brütezone eine mehr schräge nordöstliche Richtung zu haben. 


Scolopax major, Gmel. 


Im südlichen und mittlern Schweden brütet dieser Vogel ziemlich 
allgemein, jedoch keinesweges in Menge. Wie hoch nach Norden er 
eigentlich steigt, dürfte noch nicht sicher erforschst sein. Er ist wenig- 
stens noch in Uppland »allgemein«, und Prof. Zetterstedt hat ihn unter 
den Vögeln.notirt, welche er in Lycksele-Lappmark traf, also wenigstens 
noch unterm 65. n. B, Löwenhjelm fand ihn nicht in den Umeä-, Luleä- 
und Piteä-Lappmarken, wesswegen letztgenannter Breitegrad für seine 
nördliche Grenze angenommen werden kann. 


Scolopax gallinago, 1. 


Diese Art ist die gemeinste unter ihren Verwandten in den südli- 
chen und mittlern Theilen der Halbinsel, und fährt auch fort auf der 
Westküste es zu sein bis zum 70. n. B. und ohne Zweifel auch bis 
an’s Nordcap. Oestlich dagegen nimmt sie gegen Norden zu ab und ist 
sparsamer zu finden als im Westen, obwohl man sie hier und da auch 
noch in den Lappmarken, auf den Alpenmooren, bis zur Weidenregion 
hinauf gefunden hat. In der Enare-Lappmark ist sie, nach Malm, überall 
selten, kommt jedoch bis zum 69.° n. B. vor. Indess hat man Ursache 
anzunehmen, dass sie auch im Osten noch höher nach Norden geht, da 
sie auf die Alpen bis in die Weidenregion steigt, wesswegen es wahr- 
scheinlich ist, dass sie auch in den Ostfinnmarken zu finden ist, beson- 
ders da sie auch bei Archangel, am weissen Meere, in Sibirien, auf 
Island und in Grönland vorkommt. 


Scolopax gallinula, L. 


Auch diese Art trifft man, obwohl sehr sparsam an denselben Stel- 
len, wie vorhergehende; doch scheint sie im Innern des Landes, als 
Brutvogel, sich mehr an’die Provinzen zu halten, welche längs der Al- 
penketten hin liegen, als an die längs der Ostseeküste, da sie sowohl 
im östlichen -Schonen als auch auf Göthland und in Uppland während 
der Brütezeit nicht gefunden worden ist, wohl aber in Wermland und in 


259 


_ Lappland, in welch’ letzterer Gegend sie nur neben und auf den Alpen 
in der Weidenregion gefunden wird. Diess stimmt ganz mit dem Ver- 
halten in Dänemark überein, wo sie, nach Dr. Kjärbölling, in den west- 
lichen Theilen von Jütland brütet. In Norwegen ist sie bis zum 70. 
n. B., obwohl selten, gefunden worden, und im Osten und Schwedens 
mittlern Provinzen fand man sie bis in die Nähe des 68. n. Breitegrades; 
sie dürfte indess doch wohl noch höher nach Norden hinaufgehen. Frei- 
lich fand Malm sie nicht in der Enare- und Utsjocki-Lappmark, auch 
nicht in der norwegischen Finnmark, also nicht östlich vom Nordcap und 
über dem 65.° n. B. Es scheint demnah auch von diesem Vogel zu 
gelten, dass er eine mehr östliche Verbreitung hat, da er sich in Sibi- 
rien findet, während er auf Island oder Grönland nicht vorkommt. Auch 
brütet er nicht in Frankreich oder England, so wie vorige, sondern 
bringt nur den Winter dort zu. Nach Prof. Nilsson brütet sie bei Lund, 
so wie an andern Orten im südlichen und südwestlichen Schonen. Zu 
den östlichen Theilen Schonens, so wie auch zu Schwedens Östseepro- 
vinzen kommt sie nur während des Frühjahrs- und Herbstzuges. 


Rallus aquaticus, L. 


In den westlichen Gegenden des südlichen und mittlern Schwedens 
so wie auch in Schonen und in Norwegen kommt dieser Vogel brütend 
vor, obwohl selten. Die Grenze für seine Brütezone im Norden ist noch 
nicht mit Sicherheit bekannt. Bisweilen überwintert ein oder der andere 
hier in Schonen. So wurden nicht weit von meinem Wohnorte mehrere 
zur Weihnachtszeit 1852 geschossen. 


Rallus crex, L. 


Dieser wohlbekannte Vogel findet sich über ganz Skandinavien, we- 
nigstens bis zwischen den 67—68.® n. B., wo wahrscheinlich seine nörd- 
liche Brütegrenze ist. In Gelliware in der Nähe des 67.0 n. B. kommt 
er Ende Mai an. 


Rallus porzana, L. 


Wie weit dieser Vogel eigentlich nach Norden hinaufgeht, ist noch 
nicht genau erforscht; er wird aber wenigstens noch unterm 61.° n. B. 
brütend getroffen, kommt jedoch ohne Zweifel noch nördlicher in den 
Provinzen längs der Ostseeküste vor. 

Ser 


260 


Gallinula chloropus, L.. 


Nur im südlichen und mittlern Schweden brütet dieser Vogel, jedoch 
ziemlich sparsam, und seine Grenze gegen Norden scheint zwischen den 
59—60.° n. B. zu fallen. 


Fulica atra, L. 


Im südlichen und mittlern Schweden ist dieser Vogel sehr gemein 
in mit Schilf bewachsenen Flüssen und kleinen Seen. Auch in den mitt- 
lern und südlichen Theilen von Norwegen kommt er vor, so dass die 
nördliche Grenze für seine Brütezone in der Nähe 63.° n. B. zu fallen 
scheint. 


Phalaropus hyperboreus, L. 


Erst innerhalb des Polarkreises trifft man diese Art brütend an, bis 
hinauf an die Küsten des Eismeeres, sowohl östlich als westlich vom 
Nordcap. Innerhalb dieser Zone brütet sie sowohl auf den Alpen, wie 
auch im Innern des Landes und an den Küsten, überall jedoch sehr 
sparsam. 


Anm. Phalaropus fulicarius, Lin., den man während der Zugzeit an Skandi- 
naviens nördlicher und westlicher Küste trifft, ist noch nie auf unserer Halb- 
insel brütend gefunden worden. 


Recurvirostra avocetta, L. 


Wurde früher auf Gothland brütend gefunden, kommt aber dort 
nicht mehr vor. Auf Öland wird sie jedoch noch sparsam gefunden, und 
ist diess ihr einziger Brutplatz hier zu Lande. Auf der südwestlichen 
Spitze von Schonen ist sie auch mehrmals zur Zugzeit gesehen und ge- 
schossen worden. 


Lestris pomarina, Temm. 


Als Brutvogel kommt diese Art auf der Westküste Skandinaviens 
vom Polarkreise bis an’s Eismeer sowohl westlich als östlich vom Nord- 
cap vor. Jedoch ist sie östlich von genannter Spitze weit gemeiner, 
als westlich von ihr, da Malm sie am Eismeere in den Ostfinnmarken 
gemein fand, während sie von Prof. Liljeborg nicht bei Tromsö bemerkt 
wurde. Prof. Nilsson sagt auch in seiner Skandin. Fauna, dass sie auf 
der Nordwestküste, häufigst jedoch in den Finnmarken, hier aber immer 
noch weniger zahlreich als folgende vorkomme. 


261 


Lestris parasitica, Brünn, Nilss. 
(Lestr. parasitica, Keyserl. & Blas. Stercorarius cepphus, Degl.) 


In den Bohuser Scheeren, also unterm 58.° n. B., brütet diese Art 
jährlich, obwohl in geringer Anzahl. Diess ist also ihre südlichste Brüte- 
grenze in Skandinavien. An Norwegens Küsten ist sie gemeiner und 
nimmt an Zahl zu, je näher man dem Polarkreise kommt. Sie brütet 
auch am Eismeere zu beiden Seiten des Nordcap und ist in den Ost- 
finnmarken gemeiner als vorige. An den nördlichern Küsten der Ostsee 
brütet sie auch (Prof. Nilsson); jedoch muss diess unter weit höherer 
Breite als auf der Westküste sein. 


Lestris Buffonii, Boie. 
(Lestr. cepphus, Keyserl. & Blas. Stercorarius longicaudatus, Degl.) 


Innerhalb des Polarkreises, im Innern des Landes, wurde diese Art 
brütend gefunden. Löwenhjelm erzählt folgendes über sie: »Dieser Vogel, 
der den Lappländern wie den in den Lappmarken wohnenden Schweden 
unter dem Namen »Skaiti« sehr wohl bekannt ist, und welcher nach 
ihrer Angabe alljährlich auf Haiden und Mooren in der Nähe grösserer 
oder kleinerer Wasserzüge auf den Hochalpen vorkommt, wurde von 
mir schon während voriger Reise, obwohl da vergebens gesucht; diess- 
mal wurden meine eifrigen Wünsche besser erfüllt, und ich bekam mehr- 
mals Gelegenheit, die interessante Lebensweise dieses Vogels zu studiren. 
Auf den inner der Schneeregion liegenden weit erstreckten Haiden auf 
der Alp Peliekaisin traf ich das erste Exemplar, welches, ohne irgend 
welche Scheu zu zeigen und auf flacher Erde liegend, geschossen wurde. 
Dieses, ein Männchen, war wie es schien ganz allein. Alsdann sah 
ich nicht eher einen Skaiti mehr, als bis ich auf der Reise nach Alka- 
vare (25. Juli) ungefähr 6 Meilen in die Alpen vorgedrungen und zum 
Alpthale Wassja gekommen war; da traf ich wiederum einige herum- 
- fliegende Paare. Je mehr unser Zug weiter gegen Kölen (Seweberg) 
vorschritt, desto zahlreicher kamen diese Vögel vor, welche bei Alle- 
ware in grösster Zahl gesehen wurden. Während der Weiterreise über 
sumpfige Alpenplateaus wurden sie sowohl an Bächen, Seen und Mooren, 
als auch auf trocknen, steinigen Alpenhügeln, je an den Seiten der Al- 
penspitzen zwischen ewigem Schnee, paarweise fliegend bemerkt, genau 
jeden ungewöhnlichen Gegenstand betrachtend, ob vielleicht einige der 
vielen Kameraden etwas zurückgelassen hätten, was den grossen Heiss- 
hunger und die Raubgier derselben hätte befriedigen können. Unauf- 


262 


hörlich sah man diese leichten Luftsegler hüpfenden Fluges die Räume 
durchschneiden und die schönsten und gewandtesten Wendungen und 
Schwenkungen machen, um entweder auf die entdeckte Beute herabzu- 
stürzen, oder ihre Kameraden zu verfolgen, oder ihnen auszuweichen. 
Hierbei, und indem sie uns aus Besorgniss für ihre Jungen verfolgten, 
liessen sie zu jeder Tageszeit ihren rauhen und zornigen Schrei: »2--i-ch ! 
je-ch! je ch!« hören und kamen uns im Fluge so nahe, dass wir Steine 
und Stöcke nach ihnen werfen konnten, und ich sie mit dem feinsten 
Hagel schoss. Die Jungen verbargen sich so gut, dass ich nicht mehr 
als eines zu sehen bekam. Die geschossenen Skaiti waren sehr fett 
und ihr Magen enthielt Beeren von Empetrum nigrum, eine grosse 
Mückenart (Tipula speculum), unzerstückt verschlungene Alpenmäuse, 
Vogeleier und Käfer, z. B. Nebriae., Obwohl auch Möven hier waren, 
sah ich sie doch nicht von den Lestris angefallen werden, wohl aber 
sah ich einen Skaiti herabstürzen und, von einem Schneehuhn heftig 
verfolgt, wieder auffliegen, welches den Friedenstörer fortjagte und so 
seine vielen Jungen reitete.« 


Anm, Lestris catarrhactes, Lin. Ob diese Art in Skandinavien brüte oder 
nicht, weiss man nicht mit Gewissheit. Während anderer Zeiten jedoch wurde 
sie manchmal an den nördlichen Küsten Norwegens observirt. 


L.arus marinus et fuscus, L. 


Beide Arten brüten von Schonen bis an’s Eismeer hinauf, wenig- 
stens westlich vom Nordcap. Merkwürdig genug traf Malm weder die 
eine noch die andere östlich von genannter Spitze oder in Osifinnmar- 
ken, da Prof. Liljeborg sie beide am weissen Meere, und erstere auch 
bei Schuretskaja fand. 


Larus glaucus, Brünn. 


Nur an der Eismeerküste über dem 70.0 n. B. und, so wie es 
scheint, nur östlich vom Nordcap brütet dieser Vogel in Skandinavien. 
Auf Kenön in den Ostfinnmarken fand Malm ihn ansässig. Pastor Som- 
merfelt zählt ihn mit unter den in Saltdalen (67° n. B.) vorkommenden 
Vögeln auf, jedoch ob er dort brütet, weiss ich nicht. Im Winter findet 
er sich auch an der Ostseeküste, besonders an der Finnischen Küste 
bis zum 29." n. B.; auf der Westküste dagegen ist er auch während 
dieser Jahreszeit sehr selten, und nur zuweilen trifft man ihn so weit 
herab, wie in den Bohuser Scheeren, und dann nur jüngere Individuen. 


263 


Anm. Larus leucopterus, Fab. Nur im Herbst und Winter trifft man diesen 
Vogel auf Skandinaviens Westküste bis zum Öresund herab, obwohl es zu 
den Seltenheiten gehört, dass er so weit herabkommt, da er kaum den 59.° 
n. B. überschreitet. So viel man weiss brütet er nicht auf Skandinaviens 
Halbinsel. 


Larus argentatus, Brünn. 


Hier und da auch im südlichen Schweden brütet dieser Vogel, fin- 
det sich jedoch nicht eher häufig als an der Küste des mittlern Theiles 
der Halbinsel, wo er an gewissen Stellen sehr grosse Brutkolonien hat, 
und von dort kommt er dann bis ans Eismeer zu beiden Seiten des 
Nordcap vor. Auch zur Winterzeit findet er sich an unsern Küsten. 


Larus canus, 1.. 


In Schonen ist diess die gemeinste Art ihres Geschlechtes und fährt 
fort es zu sein durch den ganzen südlichen und mittlern Theil von 
Skandinavien, so wie auch in den nordwestlichen Theilen von Norwegen. 
In den nordöstlichen, oder östlich vom Nordcap, ist sie jedoch am Eis- 
meere seltener, wogegen folgende Art allgemein ist. An Landseen und 
Mooren trifft man sie nicht allein in den südlichern Theilen des Landes, 
sondern auch in den nördlichern. Auch auf den höhern Alpen der Lapp- 
mark ist sie an den Alpenseen, sogar an solchen, die im Sommer kaum 
frei von Eis werden, gesehen worden. 


Larus tridactylus, L. 


Nur in den westlichen und nordöstlichen Theilen der skandinavi- 
schen Halbinsel trifft man diesen Voyel brütend. Die südlichste Stelle, 
wo man ihn nistend gefunden hat, ist auf der Insel Tjörn in den Bohuser 
Scheeren, also um den 58.0 n. B. Obwohl auch hier selten, fällt jedoch 
seine Brütezone nicht ganz und gar in die arctische Zone , wie man es 
hätte vermuthen können. Auch sogar an der Ostsee brütet er, und zwar 
‘unter weit südlicherer Breite, als oben angegeben. Auf Christiansö in 
der Nähe von Bornholm (55,30 n. B.), soll er sich nämlich auch fort- 
pflanzen. An Skandinaviens Ostseeküste brütet er so viel man weiss 
nicht. An Norwegens West- und Nordküste ist er gemein, und zwar. 
bis an’s Eismeer, sowohl westlich als östlich vom Nordcap. Im Winter 
kommt er auch an Schonens Küste, obwohl selten. 


Anm. Larus eburneus, Gmel. brütet nicht in Skandinavien, wird jedoch jähr- 
lich im Winter in Norwegens Finnmark angetroffen und geht von dort bis 


264 


nach Trondhjem herab. Auch an der Ostseekliste findet sie sich dann 'biswei- 
len ein, obwohl diess bloss ausnahmsweise geschieht. 


Larus ridibundus, L. 


In Skandinavien hat die Brütezone dieses Vogels ihre höchste nörd- 
liche Verbreitung gegen Osten. Am westlichen Küstenlande ist sie brü- 
tend kaum nördlicher observirt worden als bis zum 56. n. B., wogegen 
sie sich im östlichen Küstenlande noch 2 Grade höher hinauf findet. Es 
ist um so mehr bemerkenswerth, da dieser Vogel in Dänemark bis in’s 
nordwestliche Jütland heraufgeht. Der Grund dazu muss wohl darin 
liegen, dass Jütland mehr flach ist, und Schwedens westliches Küsten- 
land überm 56. n. B. ärmer an Wasserzügen und noch höher hinauf 
bergiger ist, als die östlichen Gegenden. 


Anm. Larus minutus, Pall., welche früher auf Gothland brütete, kommt jetzt 
dort nicht mehr vor, (s. Naum, 1853. H. I. p. 78.) 


Sterna caspia, Pall. 


Nur sporadisch kommt diese grosse und schöne Seeschwalbe in 
Schweden brütend vor, besonders in den mittlern Theilen des Landes, 
z. B. in den Bohuser Scheeren, in Wermland am See Wenern, auf 
Gothland und in den Sudermändischen Scheeren. Man hat sie gegen 
Norden hinauf gefunden bis Tornei oder in der Nähe des 66.° n. B. 
Auf der Westküste Norwegens ist sie nicht gefunden worden, so. viel 
mir bekannt ist. Ueberall kommt sie nur paarweise vor und niemals bei 
uns in Kolonien, und sie scheint sich wenig mit ihren Verwandten ver- 
tragen zu wollen, welches um so merkwürdiger ist, da sie sich an süd- 
lichern Brutplätzen geselliger zeigt. | 


Anm. Sterna canliaca, Gmel. ist einmal bei Gothenburg geschossen, nirgends 
aber im ganzen Lande brütend gefunden worden. 


Sterna hirundo, L. 


Von den schonischen Küsten bis zum Polarkreise hinauf trifft man 
diese Seeschwalbe sehr häufig. Innerhalb des Polarkreises brütet sie, 
obwohl sparsamer, bis zum 68.0 n. B., sowohl an der Küste, wie auch 
‚an den Landseen im Innern des Landes, jedoch nicht in der Enare-Lapp- 
mark. Im östlichen Schonen , wie auch auf Gothland habe ich sie vor- 
zugsweise an Landseen und Mooren getroffen. An vorgenannten Stellen 
in Schonen findet sie sich an der Meeresküste nur da, wo Flüsse ihre 
Mündungen ins Meer haben, und auf Gothland traf ich sie gar nicht an 


265 


der Seeküste. Ob es sich so längs der ganzen Ostseeküste verhält, 
weiss ich nicht, aber auf der Westküste brütet sie sowohl im Innern 
der Fjorden als weit hinaus auf den Scheeren. 


Sterna macrura, Naum. 
(Sterna arctica, Temm.) 


An allen Küsten der skandinavischen Halbinsel vom südlichsten Scho- 
nen bis an’s Eismeer, sowohl westlich als östlich vom Nordcap, ist 
diese Art gemein. In den Lappmarken trifft man sie auch im Innern 
des Landes an Landseen und am süssen Wasser brütend, so wie es 


sich auch, nach Faber, auf Island so verhält. 


Anm. Sterna paradisea, Brünn. (St. Dougalli, Montag.) ist noch niemals an 
Skandinaviens Küste gefunden worden. Auch nicht St. anglica, Montag., 
obschon man beide in Dänemark brütend gefunden hat. 


Sterna minuta, IL. 


Nur in Schonen, Halland und auf Gothland findet man diesen Vogel 
brütend, und hat er demnach innerhalb Skandinaviens Grenzen unter 
allen seinen Verwandten die beschränkteste Brütezone, da er kaum den 
97.0 n. B. übersteigt. 


Sterna nigra, N. F. Sv. p. 56. 


‘Diese Art geht etwas weiter nach Norden hinauf als vorige, indem 
man sie nicht allein in Schonen und auf Gothland, sondern auch bei 
Gothenburg, und, nach Prof. Nilsson, bis Uppland hinauf brütend trifft; 
also im Westen bis zum 58.0 und im Osten bis zwischen den 59—60.° 
n. B. Jetzt jedoch soll sie sich nicht mehr bei Ultuna in Paola fin- 
den, welchen Ort Linne in seiner Fauna anführt. 


Anm. I. Sterna leucoptera, Meisn. et Schinz. wurde einmal, am 1. Juni 
1835, am Getinge-Flusse nahe bei Lund in Schonen geschossen, anderweitig 
aber niemals gefunden. 

Anm. II. Diomedea exulans, Lin. ist, nach Brünnich (Ornith. boreal. p. 31,) 
einmal an der norwegischen Küste gefunden worden. 

Anm. II. Diomedea chlororhynchus, Gm el. hat man, nach Esmarch, eben- 
falls einmal in 2 Exemplaren bei Kongsberg in Norwegen erhalten. 

Anm. IV. Procellaria glacialis, Lin. Ob diese Art wirklich an Skandinaviens 
Küste brütet, ist noch nicht mit Sicherheit ausgemacht, obwohl es wahr- 
scheinlich ist. Prof. Nilsson führt an, dass die Fischer an Norwegens West- 
küste einstimmig versichern, dass sie jährlich auf den vom Lande entfernte- 
sten Klippeninseln bei Nordlanden und der Finnmark brüte, welches auch 
darin etwas für sich hat, dass man zur Sommerzeit diesen Vogel bisweilen 


266 


in diesen Gegenden auf dem Meere sieht. Malm fand ihn nirgends im Som- 
mer an den Küsten der Ostfinnmarken, Im Winter dagegen findet er sich dort 
gemein, und in selber Jahreszeit sieht man ihn auch nicht selten an Norwe- 
gens Westküste, und er soll, wie man vermuthet, dafin auch in den Bohuser 
Scheeren vorkommen. 

Anm. V. Thalassidroma pelaygica, Lin. Mit dieser Art verhält es sich ganz 
wie mit voriger. Man trifft sie bisweilen auch im Sommer bei trübem und 
stürmischem Wetter auf dem Meere an Norwegens Westküste, jedoch ob sie 
irgendwo auf unserer Halbinsel brütet, ist noch nicht sicher. Bisweilen ge- 
schieht es sogar, dass man sie im Kategatt trifft; sie ist auch mehreremale 
im Herbste in Schonen gefangen worden. 

Anm. VI. Puffinus anglorum, Ray., Temm. (P. arcticus, Fab. Nectris puf- 
finus, Keyserl. et Blas.) Auch bei diesem Vogel ist es nicht ausgemacht, 
ob er an der Westküste unserer Halbinsel brütet, obwohl man ihn in der 
Nähe der von den Küsten entfernt liegenden klippenvollen Scheeren antrifft. 

Anm. VIL Puffinus major, Fab., Degl. Es erscheint sehr wahrscheinlich, dass 
diese Art bisweilen an Skandinaviens nördlichsten Küsten getroffen wird, ob- 
wohl man noch bis-jetzt nichts Sicheres darüber weiss. 


Cygnus musicus, Bechst. 


Obwohl diese Art bisweilen sogar auch in Schwedens südlichster 
Landschaft, (z. B. bei Trolle Ljungby, wo sie vor einiger Zeit mehrere 
Jahre hinter einander brütete) nistend getroffen worden ist, gehört sie 
doch den nördlichen Theilen unserer Halbinsel an, wo sie in Lapplands 
Mooren und Seen sich fortpflanzt. Die südliche Grenze ihrer Brütezone 
fällt in die Nähe des 65.° n. B., von wo man diese Art im Sommer bis 
wenigstens zum 70.° n. B., und wahrscheinlich auch bis an die nörd- 
lichste Küste des Eismeeres antrifft, obschon sie, nach Löwenhjelm, 
eigentlich nicht den -Alpengewässern angehört, sondern den Seen am 
Fusse der Alpen in dem weiterstreckten Waldlande. Im Winter ist sie 
an allen Meeresküsten des südlichen Schwedens gemein, auch findet sie 
sich in dieser Zeit an allen Küsten Norwegens, sowohl an den südlichen 
als nördlichen. 


Cygnus olor, Gmel. 


Nur als eine Zierde kommt diese Art gezähmt auf Herrenhöfen vom 
südlichern Schweden bis in die Gegend von Upsala vor. Im südlichen 
Schweden dagegen kommt sie auch im wilden Zustande brütend auf 
mehreren Torfmooren und Landseen in Schonen vor, und ist sonach 
diese Provinz der einzige Brutplaz dieser Art auf unserer Halbinsel. Im 
Winter und Frühjahr trifft man sie an der westlichen und südlichen 
Küste von Schonen. (Prof. Nilsson.) 


267 


Anser cinereus, Mey. 


In den östlichen Provinzen des südlichen und mittlern Schwedens 
brütet diese Art; wie hoch sie aber nach Norden geht, ist noch nicht 
ausgemacht. In Schonen, Blekinge, Smoland und im Joucköpinger Kreise 
pflanzt sie sich sicher fort; aber in den Bohuser Scheeren und in Upp- 
land findet sie sich nur im Frühjahre und Herbste, und .ist in diesen 
Jahreszeiten an beiden Stellen gemein. Ob sie bei Gothenburg brüte, 
wie man angegeben hat, ist zweifelhaft. In Wermland und Dalekarlien 
findet man sie in keiner Jahreszeit. In den südlichen Lappmarken da- 
gegen wird sie bisweilen im Frühjahre erlegt, wenn sie sich, obwohl 
selten, in Gesellschaft mit Anser segetum dort einfindet. In der Enare- 
und Utsjocki-Lappmark kommt sie während keiner Jahreszeit vor. Auf 
Spitzbergen dagegen hat Prof. Löwen sie gefunden. In Norwegen 
kommt sie nicht vor. Hiernach sieht man also, dass sie auch auf unserer 
Halbinsel ihren Charakter als östlicher Vogel nicht verleugnet. 


Anser segetum, Gmel, 


Hat vorige Art ihren eigentlichen Standort in den östlichen Pro- 
vinzen des südlichen Schwedens, so nimmt diese dagegen die westlichen 
und nördlichen Gegenden ein. Während des Zuges ist sie von mir noch 
nie auf Schonens östlicher Küste getroffen worden, wogegen gerade da 
die vorige gemein ist. Auch noch in keiner Jahreszeit ist sie bei Upsala 
angetroffen, aber auf Gothland dagegen findet sie sich ein, obwohl sehr 
selten. Auf der Westküste Schonens,: in den- Bohuser Scheeren, in 
Wermland und Dalekarlien ist diese Art in genannter Jahreszeit allge- 
mein, brütet aber nirgends in den vorgenannten südlichen Gegenden. 
Erst zwischen dem 65—66.° n. B. findet sie sich brütend, sowohl auf 
: den Inseln an Norwegens Westküste, als auch auf den grössern Mooren 
im Innern der grossen öden Wälder der schwedischen Lappmark. Je- 
doch ist sie an der Südgrenze ihrer Brütezone noch sparsam, bis man 
über den Polarkreis gelangt ist, wo sie unter 67° n. B. sehr häufig ist. 
Gegen Norden «trifft man sie dann bis an die Küste des Eismeeres, und 
gegen Nordorst noch sowohl in Enare- als in Utsjocki-Lappmark. Sie 
brütet demnach sowohl westlich als auch östlich vom Nordcap. Auf 
den Gewässern der eigentlichen Alpen wird sie niemals angetroffen, 


268 


Anser albifrons, Gmel. 
(Anser erythropus, & Lin. F. Sv.) 


Nur während des Zuges findet diese Gans sich im südlichen und 
mittlern Skandinavien ein, während der Brutzeit aber niemals. Nur in 
den nördlichen Theilen unsrer Halbinsel brütet sie auf den Mooren und 
Haiden der höhern Alpen, nahe am Wasser, worin sie sich also von vo- 
riger Art unterscheidet. Um den 66.0 n. B. ist die südliche Grenze 
ihrer Brütezone, von wo sie, den Bergrücken mit ihren Verzweigun- 
gen folgend, durch die ganze Lappmark und Finnmark bis an’s Eis- 
meer, sowohl östlich als westlich vom Nordcap, getroffen wird. Löwen- . 
hjelm, der sie auf den Mooren der höchsten Alpen fand, erzählt fol- 
gendes: »In. grossen Schaaren hielten sie sich auf dem Wihrijaur bei 
Sirkasloukt, dem Staddajaur und Kasakjaur, welcher von dem lappländi- 
schen Namen der Gänse »Kasak« seinen Namen erhalten hat, auf. Hier 
in den grossen, für Menschen fast undurchdringlichen Weidengebüschen 
verbergen sie sich und verlieren ihre Flügelfedern Ende Juli; die Woche, 
da diess geschieht, nennen die Lappen ebenfalls »Kasak«, weil es dann 
Zeit ist sie mit Hunden zu jagen. Hierbei werden sie entweder von 
Hunden todtgebissen oder aus dem Weidig herausgetrieben und von den 
Lappen, welche zum Voraus am See Posto gefasst, sicher, dass die 
Gänse ihre Rettung in diesem suchen werden, todigeschlagen. Hierbei 
sollen sie sehr geschwind laufen. Auf einer Jagd ein Dutzend zu tödten 
wird für Nichts angesehen.« In der Enare- und Utsjocki-Lappmark ist 
sie gemeiner als vorige Art. 

Anm. I. Anser minutus, Naum. (Anser Temminckii, Boie, Degl. Ans. medius, 
Temm. Anser eineraceus, Brehm) soll nach Dr. Kjärbölling sich ebenfalls 
in den Lappmarken finden, ist-aber bis jetzt noch von keinem dort Reisenden 
von voriger getrennt worden, so dass ihre Brütezone, wenn diese auf unserer 
Halbinsel zu finden sein möchte, jetzt noch nicht genauer bestimmt werden 
kann. Nur jüngere Individuen sind bis jetzt einigemal im südlichen Skandi- 
navien gefunden und die Artrechte sehr bezweifelt worden. : 


Anm. Il. Anser hyperboreus, Gmel. ist noch nie auf Skandinavien gefunden 
worden, so weit bekannt ist. 


Anser leucopsis, Bechst. 
(Anas erythropus £ Lin. S. N. Ans. erythropus, Degl.) 


Während der Zugzeit trifft man diese Gänseart, obwohl im Ver- 
gleich mit anderen ihres Geschlechtes ziemlich selten, in den mittlern 
und südlichen Theilen unserer Halbinsel, wo sie auch bisweilen in ge- 


269 


linden Wintern überwintert. Wenigstens geschah diess bei Trolle Ljungby 
in Schonen, wo ich sie noch in der Weihnachtzeit habe auf Feldern 
einfallen sehen, um dort an Getreideschobern ihrer Nahrung nachzu- 
gehen. In den Lappmarken ist sie dem Volke ganz unbekannt, da man 
dort nie eine Gans mit schwarzen Füssen geschossen hat, und da sie 
dort auch nicht von einem der in letzterer Zeit dort reisenden Ornitho- 
logen während der Brütezeit gefunden worden ist, so ist es nicht wahr- 
scheinlich, dass sie, wie Dr. Kjärbölling angibt, in den lappländischen 
Seen sich fortpflanzen sollte, wenigstens nicht normal; ihre eigentliche 
Brütezone scheint weiter östlich und nördlich zu fallen, als auf unserer 
Halbinsel, besonders da sie in grosser Menge in den nordöstlichen Thei- 
len Russlands und in Sibirien gefunden’ wurde *). Doch scheint sie sich, 
wenn auch sehr selten, in den nordöstlichen zu Russland gehörigen Thei- 
len unserer Halbinsel zuweilen fortzupflanzen, da Malm auf Kamasjocki 
in der Enare-Lappmark ein einziges Paar brütend fand, sie aber sonst 
nirgends während der Brütezeit sah, weder in Ostfinnmarken, noch in 
Utsjocki-, Karesuando- und Juckusjärwi-Lappmark. 


Anm. I. Anser bernicla, Lin., Temm., Degl. (Ans. torquatus, Frisch. Nilss. 
Anser brenta, Pall., Keyserl. u. Blas.). Es ist sehr dem Zweifel unter- 
worfen und ganz unwahrscheinlich, dass diese Art auf unserer Halbinsel brütet, 
da sie nirgends in letzterer Zeit von irgend einem reisenden Ornithologen, 
weder an den Küsten Norwegens noch im Innern der Lappmarken, nicht ein- 
mal in der Enare- und Utsjocki-Lappmark, oder in den Ostfinnmarken in Nor- 
wegen gefunden worden ist. Auch brütet sie, nach Faber, kaum auf Island 
und, nach Holböll, erst unterm 73.° n. B. in Grönland. Während der Zug- 
zeit ist sie auf unseren Meeren die gemeinste aller ihrer Verwandten, be- 
sonders auf der Ostsee. An der Westküste dagegen scheint sie vergleichs- 
weise sich sparsamer einzufinden, und v. Wright bemerkt, dass er sie in den 

, Bohuser Scheeren, in gewissen Jahren, nur im Frühjahre in kleinern Gesell- 
schaften gesehen habe. Noch ist zu bemerken, dass Middendorff in Sibirien 
diese Art unter 75° n. B. nistend antraf, und diess wie es scheint, sehr 
sparsam, obwohl er mehrere nach Norden ziehen sah. 


Anm. Il. Anser ruficollis, Pall. brütet nicht auf unserer Halbinsel, sondern ist 
nur, so viel bekannt, zweimal hier getroffen worden, indem man ein Exem- 
plar, einen jüngern Vogel, in einem Graben nahe bei Lund, Anfang October 
1793, fing, und ein anderes, ein älterer Vogel, wurde auch lebend in einem 
Graben am Landwege bei Ystad im Spätherbste 1830 gegriffen. Sie wurden 
also beidemale in Schonen gefunden. 


*) Merkwürdig bleibt es doch, dass diese Art von Middendorff nirgends in Sibi- 
rien angetroffen worden ist, obwohl die Samojeden behaupteten, dass sie nicht sel- 
ten im Taymyr-Lande vorkomme. 


270 


Vulpanser tadorna, L. 
(Anas tadorna, Lin.) 


Nach Boie soll diese Art bisweilen auf Skandinaviens Westküste 
innerhalb des Polarkreises angetroffen werden, welches aber seltener zu 
geschehen scheint und dürfte sie kaum normal so weit nach Norden 
brüten. Im südlichen Schweden brütet sie an den Küsten Schonens, 
des Bohus- und Calmarbezirkes und Gothlands, und in den Süder- 
mannländischen Scheeren sah ich sie selbst zur Sommerzeit. Sie geht 
demnach als Brutvogel auf der Ostküste unserer Halbinsel wenigstens 
bis zum 59.0 n. B. Ob sie an dieser Küste in der Brütezeit noch hö- 
her nach Norden steigt, ist noch nicht ausgemacht, und wie hoch sie an 
Norwegens Westküste nach Norden hinaufgeht dürfte bis auf Weiteres 
auch noch nicht zu entscheiden sein. 


Rhynchaspis celypeata, L.. 
(Anas elypeata, L.) 


Diese Art scheint eine der seltner auf unserer Halbinsel brütenden 
Enten zu sein, obschon sie hier eine sehr ausgebreitete Brütezone hat. 
In Schonen findet man sie an mehreren Orten, so auch im Bohuser Be- 
zirke, auf Gothland, in Westgothland und Südermanland. Auch in den 
übrigen Provinzen des mittlern Schwedens längs der Ostsee hat man sie 
während der Brütezeit gefunden, sogar bis in den Polarkreis hinein, wo 
sie sich bei Quickjock fortpflanzt; also, obwohl in geringer Zahl, bis 
zum 67.° n. B. Doch gilt diese angegebene Brütegrenze gegen Norden 
nur für die östlichen Gegenden der Halbinsel, keineswegs aber für die 
westliche, wo diese Art gar nicht vorkommen dürfte. Wenigstens ist 
sie nicht angemerkt bei Dahlsland und der Wenerngegend, auch nicht 
in Dalekarliens Wasserzügen. Ob sie sich in Norwegen findet ist mir 
nicht bekannt. Jedoch scheint ihre Brütezone eine mehr östliche Rich- 
tung gegen Norden zu haben, so dass es nicht wahrscheinlich ist, dass 
sie in Norwegen sehr hoch nach Norden hinauf brüten sollte. „In Russ- 
land fand auch Prof. Liljeborg diese Art ziemlich häufig, sowohl bei 
Nowaja Ladoga als bei Archangel. Auf Island findet sie sich nicht. 


Anas boschas, I.. 


Zur Winterzeit ist diese Ente sehr häufig auf dem Meere an den 
Küsten des südlichen und mittlern Schwedens, und nur ein geringer 


271 


Theil, meistens Weibchen, die in dieser Zeit hier seltener sind, ziehet 
fort, wenn das Eis sich allgemeiner verbreitet hat, wogegen derjenige 
Theil, der zurückbleibt, seine Nahrung in offenen Flüssen in Gesellschaft 
mit folgender Art sucht. Während der Brütezeit trifft man sie nicht 
allein in Skandinaviens südlichern und mittlern Provinzen, sondern auch 
in den nördlichern, wo sie normal bis zum 68.° n. B. geht. Ueber die- 
sen Grad hinaus kommt sie wohl auch manchmal brütend vor, diess 
dürfte aber mehr ausnahmsweise geschehen. So sah Prof. Liljeborg sie 
nur ein einziges Mal bei Tromsö in Norwegen und Malm nur ein einzi- 
ges Mal in Enare-Lappmark. 


Anas acuta, L. 


Obwohl sparsam brütet diese Ente doch auch im südlichen und 
mittlern Schweden. Diess scheint äber nur in den östlichen Provinzen 
zu geschehen, z. B. im östlichen Theile von Schonen, Blakinge, Calma- 
rerkreise, Gothland u. s. w., da sie nur in der Zugzeit im Bohuser Be- 
zirke, und in keiner Jahreszeit in Dahlsland, Wermland und Dalekarlien 
angemerkt ist. Gegen Norden aber wird sie häufiger, sowohl in den 
östlichen als auch westlichen Theilen unserer Halbinsel, und nimmt zu, 
je mehr man sich dem Polarkreise nähert, innerhalb desselben sie zahl- 
reich ist, z. B. bei Muonioniska und Karesuando und in der Enare-Lapp- 
mark bis zur Mündung des Palsjocki unterm 70.° n. B. Sie scheint je- 
doch auch hier noch nicht aufzuhören, da sie nicht, wie die meisten 
ihrer Verwandten, an Landseen und Süsswasser gebunden ist, sondern 
auch auf den Inseln im Meere brütet; desswegen kann man annehmen, 
dass sie bis an den Strand des Eismeeres, sowohl östlich als auch west- 
lich vom Nordcap geht, besonders da Prof. Liljeborg sie noch ziemlich 
häufig um Tromsö in Norwegen fand. Löwenhjelm erzählt über sie Fol- 
gendes: »Zu den Lebensmitteln dieses Vogels gehören auch die Beeren 
von Vaccinium myrtillus. Bei Arvidsjaur schoss ich am 20. Aug. ein 
- Männchen, welches, in Gesellschaft mit andern Kameraden, im Walde 
aufgescheucht wurde, wo sie wahrscheinlieh sich aufhielten um zu wei- 
den; denn das geschossene Exemplar hatte den ganzen Oesophagus mit 
Blaubeeren gefüllt.« 


Anas penelope, L. 


Obwohl eigentlich dem höhern Norden hier zu Lande angehörend, 
trifft man diese Art doch hier und da im mittlern Schweden, besonders 


272 


in dessen westlichen Provinzen, z. B. im Bohuser Bezirke und in Werm- 
land, in welch letzterer Provinz sie gemein ist. Auch in Smaland soll 
sie bisweilen brüten, und ihre südliche Brütgränze scheint sonach in der 
Nähe des 57. n. B. zu fallen. In den östlichen Gegenden des mittlern 
Schwedens ist sie dagegen, als Brutvogel betrachtet, ein seltener Vogel, 
z. B. in Uppland. Gegen Norden dagegen wird sie häufiger, sowohl in 
den westlichen, als ‘östlichen Theilen der Halbinsel, so dass sie in den 
Lappmarken, wo sie bis an die Alpen geht, ein sehr gemeiner Brutvo- 
gel ist. Sie steigt jedoch nicht auf die Alpen und deren Gewässer 
hinauf, sondern hält sich, so wie die beiden vorigen, an die Nadelholz- 
region. In den nordöstlichen Gegenden, z. B, in der Enare-Lappmark, 
ist sie weit häufiger als vorige Art und findet sich dort brütend an der 
Mündung des Palasjocki, also bis an den 70. n. B. Bei Tromsö in 
Norwegen traf Prof. Liljeborg diese Ente im September während des 
Zuges häufig, und scheint sie in unserer Halbinsel unter angegebenem 
Breitegrade aufzuhören ein gemeiner Brutvogel zu sein, da sie weniger 
häufig als vorige am Meere brütet. Trifft man sie oberhalb angegebener 
Grenze, so möchte diess zu den Seltenheiten gehören. Dass sie in der 
Enare-Lappmark häufiger ist, als vorige, dürfte seinen Grund darin ha- 
ben, dass sie ihrem Charakter nach ein mehr östlicher Vogel ist als 
diese, welches man auch daraus ersieht, dass sie auf Island während 
der Brutzeit weit seltener ist als Anas acuta. Auch wird sie weiter 
nach Osten gefunden als genannte Art, da sie auch auf Japan, wo die 
Andere sich gar nicht, oder wenigstens sehr selten finden soll, vor- 
kommt, obschon beide noch zusammen in Sibirien angetroffen werden. 
Während der Zugzeit ist der Vogel im südlichen Schweden gemein. 


Anm. Anas strepera, Lin. Nur in Schonen und bei Gothenburg ist diese Art 
bisweilen gesehen und geschossen worden. Mir wurde angegeben, dass eine 
Ente mit weissem Spiegel in einem Moore im südlichen Schonen nicht weit 
von Ystad brüten solle, und diess kann wohl nicht gut eine andere Art als 
diese sein; aber da ich mich noch nicht habe davon überzeugen können, ob 
diese Angabe auch Stich hält, so sehe ich ihr Vorkommen als Brutvogel hier- 
selbst bis auf Weiteres noch als zweifelhaft an, besonders da man noch kei- 
nen andern Brüteplatz für sie kennt. Bei Gothenburg wurde ein junges 
Männchen im September 1851 geschossen. 


Anas querquedula, L. 


Diese Art scheint nur den südlichen und mittlern Theilen Schwe- 
dens anzugehören. Im Bohuser Bezirke und Wermland ist sie ziemlich 
gemein. Auf Gothland dagegen ist sie sehr selten. Auch in Süderman- 


273 


land trifft man sie höchst selten und in Uppland und Dalekarlien ist sie 
nicht angemerkt. Sonach fällt die nördliche Grenze ihrer Brütezone 
zwischen den 59—60.° n. B. Jedoch geschah es bisweilen, dass sie 
weit höher im Norden, wie z. B. bei Torneä, gesehen wurde, wozu wir 
den Grund natürlich in ihrem Vorkommen in Sibirien suchen müssen, 
von wo sie sonach während der Zugzeit über Finnland bisweilen unter 
höhern Breitegraden eintrifft, als sonst hier gewöhnlich ist. Nach Prof. 
Nilsson soll sie in Norwegen nicht vorkommen, wonach also ihre Brüte- 


. zone im Norden ihre grösste Verbreitung nach Osten zu hat. 

Anm. Anas falcaria, Pall., welche den östlichen Theilen Asiens angehört, und 
so viel bekannt, bis jetzt nicht in Europa getroffen worden ist, 
wurde Ende April vorigen Jahres (1853) bei Skellefteä in Wester- 
botten geschossen und wird nun in Apotheker Dyhrs Sammlung aufbewahrt. 
In Sibirien nistet diese Art häufig in Stanowöj-Gebirge bis in die Nähe des 
Kammes hinauf. (Middendorff.) 


[4 


Anas crecca, 1.. 


In ganz Skandinavien ist diese Art während der Brütezeit sehr ge- 
mein und nimmt ungefähr dieselbe Zone ein, wie Anas boschas. Jedoch 
ist sie in den nördlichen Theilen weit häufiger als diese; scheint auch 
etwas höher gegen Norden zu gehen, indem Malm sie häufig in Enare- 
Lappmark bis an den 69.° n. B. fand; auch Prof. Liljeborg fand sie im 
August bei dem noch höher liegenden Tromsö (70° n. B.) häufig, wo- 
gegen er dort nur eine einzige A. boschas sah. Daraus könnte man 
sonach den Schluss machen, dass sie auch an den nördlichsten Küsten 
unserer Halbinsel, sowohl westlich als" auch östlich vom Nordcap vor- 
kommen sollte, besonders da sie auch, so wie Anas acuta, auf den In- 
seln im Meere, und sonach nicht allein am Süsswasser, brütend getrof- 
fen wird. Sie ist aber unter solcher Latitude nirgends hier angemerkt. 
Im Innern des Landes geht sie nach Löwenhjelm »bis an den Fuss der 
Alpen« im Norden, also nur bis in die Nadelholzregion, aber nach Prof. 
Nilsson soll sie »sowohl auf dem Flachlande, wie auch auf Bergen und 
Alpen« brüten; diess letztere spricht daher für ihr Vorkommen nördlich 
um den 70.° n. Breite. 


Fuligula ferina, L. 
Der einzige Brutplatz, den man für diese Art in unserem Lande 


mit Gewissheit kennt, ist Gothland, wo sie jedoch sehr selten ist. Sie 


brütet nirgends in dem nördlichen Skandinavien, und ist nur bisweilen 
Naumannia. 1854. 18 


274 


bei Karesuando angetroffen worden. Nicht einmal in den nordöstlichen 
Theilen der Halbinsel ist sie während der Brütezeit gefunden worden, 
was man doch hätte vermuthen mögen, da sie sich in Sibirien fortpflanzt. 
Prof. Liljeborg fand sie jedoch im europäischen Russland nördlich nur 
bis Nowaja Ladoga. Im Winter aber kommt sie bisweilen an unsere 
Küsten, an die östlichen wie die westlichen, meistentheils aber einzeln 
oder in Gesellschaft mit anderen ihrer Verwandten, niemals in Schaaren. 
So ist sie mehrmals in den Bohuser Scheeren in Gesellschaft mit Ful- 
gula clangula und eristata, und an der Ostküste von Schonen nicht weit 
von meinem Wohnorte geschossen worden. Alle diese waren jüngere 
Exemplare. 


Fuligula marila, L. 

Dieser Vogel hat auf unserer Halbinsel selbe Brütezone wie F\ gla- 
cialis, ist jedoch daselbst weniger häufig als die meisten seiner Ver- 
wandten. Er gehört mehr dem Flachlande nahe an den Alpen,-als den 
eigentlichen Alpgewässern an, wesswegen man ihn auch nicht so hoch 
auf die Alpen hinauf trifft, wie F\ glacialis, sondern nur in der Nadel- 
holzregion. Hieraus folgt nun auch, dass er nicht so hoch nach Norden 
"hinauf geht, wie eben genannte Art. Man hat ihn auch nicht weiter 
als bis zum 69.0 n. B. in der Enare-Lappmark,; nicht aber in den Ost- 
finnmarken brütend gefunden. Prof. -Liljeborg sah ihn auch bei Tromsö 
nur während der Zugzeit. In den östlichen Gegenden der nördlichsten 
Landschaften unserer Halbinsel ist er auch gemeiner, als in den westli- 
chen. So ist er häufig in Enare, selten dagegen bei Karesuando, so wie 
auch, wie schon gesagt, in den übrigen der schwedischen Lappmarken. 
Bisweilen bleibt ein oder der andere zufälligerweise während des Som- 
mers m weit südlichern Gegenden unserer Halbinsel, jedoch ohne dass 
man mit Sicherheit bestimmen könnte, ob er gebrütet. So werden meh- 
rere in den Bohuser Scheeren gefunden. Prof. Nilsson vermuthet auch, 
dass ‘er bisweilen in den nordöstlichen Theilen Schonens brüte, weil er. 
von dort Eier erhalten hat, welche in Grösse, Form und Farbe ganz 
denen glichen, welche er durch Faber von Island erhalten. Selbst, habe 
ich jedoch im Sommer diese Tauchente niemals in genanntem Theile von 
Schonen observirt; nur im Winter findet sie sich hier, und dann meistens 
jüngere Vögel. Nur einige Male erhielt ich ältere. So verhält es sich 
auch, nach v. Wright, in den Bohuser Scheeren; auch ist sie im Winter 
sogar selten bei Gothland und Uppland. In Wermland und Dalekarlien 


275 


ist sie niemals bemerkt worden; diess lässt vermuthen, dass sie wäh- 
rend der Zugzeit überall seltener ist als die meisten übrigen Verwand- 
ten, und dass es sich also hier anders verhält, als in Dänemark, wo sie, 
nach Dr. Kjärbölling, zur Winterzeit »die gemeinste Tauchente« ist. 


Fuligula cristata, Ray., Steph. 
(Anas fuligula, Lin.) 


Nur in Skandinaviens nördlichen und östlichen Gegenden überm 
64. n. B., niemals in dessen westlichen, also nicht auf der andern 
Seite der Alpen, trifft man diese Art brütend. Inner angegebener Grenze 
ist sie häufig bis an die Alpen, steigt aber niemals auf diese hinauf, 
und gehört sonach der Nadelholzregion an. In den nordöstlichen Gegen- 
den ist sie sehr gemein und am zahlreichsten in der Enare-Lappmark 
bis zwischen den 69—70.° n. B., aber auch hier trifft «man sie nicht 
nördlich von den Alpen, oder in West- und Ost-Finnmarken. Sie zeigt 
sonach auf Skandinavien vor allen Tauchenten am deutlichsten ihren öst- 
lichen Charakter. Im Winter kommt sie an die Küsten des ‚südlichen 
und mitilern Schwedens, jedoch mehr junge als alte Vögel. 


Fuligula glacialis, L. 


(Anas glacialis et hiemalis, Lin.) 


Nirgends im südlichen und mittlern Schweden brütet dieser Vogel, 
sondern nur im Winter besucht er in grosser Zahl diese Küsten. Eigentlich 
gehört er während der Brütezeit den nördlichen Theilen des Landes 
überm 64—65.° n. B. an, wo er sich hauptsächlich an die Alpen hält, 
besonders an hoch auf diesen liegenden Seen, ja sogar an so hoch lie- 
gende, dass deren Ufer im Sommer mit Eis bekränzt sind, also in der 
Weidenregion, nicht weit von der Schneeregion. Doch trifft man ihn 
auch, obwohl seltener, auf dem Flachlande, so wie z. B. in der Enare- 
Lappmark. Ueber oben angegebene Grenze hinaus findet man ihn an- 
sässig bis an’s Eismeer zu beiden Seiten des Nordcap. 


Anm. Fuligula histrionica, Lin. Es ist sehr merkwürdig, dass diese Art noch 
nirgends auf unserer Halbinsel brütend gefunden worden, da sie doch nicht 
selten auf Island und Grönland und in Sibirien ist, sonach unter gleicher 
Polhöhe wie die nördlichsten Theile unserer Halbinsel. Man findet sie nur 
im Winter an unserer Küste, und dann noch sehr selten, und wie es scheint 
nur ausnahmsweise, obwohl sie bisweilen weit nach Süden herab geht. 


18* 


276 


Fuligula clangula, L. 


In Schonen weiss ich keinen Ort, wo sie nunmehr noch brütet, 
obwohl sie nach Prof. Nilsson sich auf dem Ifösee, nicht weit von mei- 
nem Wohnort, fortgepflanzt haben soll. An einigen Stellen in Smaland 
soll sie noch in dortigen Seen und Mooren brüten, also in Nähe von 
57° n. B.; doch ist sie weder in Bohus, noch Dalekarlien, Uppland oder 
auf Gothland brütend gefunden worden. Unterm 59.° n. B.*) ist sie in 
Wermland im Sommer, und überm 62.° n. B. sehr häufig bis an die 
Alpen, sonach nur in der Nadelholzregion; auch trifft man sie nach 
Nordost bis zum 70." n. B. Auch soll sie sich nach Malm in »den Finn- 
marken« bis an letztgenannten Breitegrad, also nördlich von den Alpen, 
finden. Jedoch hat Prof. Liljeborg sie. nicht bei Tromsö in Norwegen 
angemerkt. Darnach möchte ich den Schluss machen, dass ihre Brüte- 
zone in den höher nach Norden gelegenen Gegenden schon eine mehr 
östliche Richtung angenommen habe, besonders da sie, nach Holböll, sich 
nicht auf Grönland findet, sondern dort durch Ful. Barrowü ersetzt 
wird, zu welcher als synonym ohne Zweifel auch Fabricii Anas elangula 
und Anas glaucion (Fn. Grönl. p. 69—70) gerechnet werden muss. 
Dieselbe östliche Richtung findet man auch auf Island wieder, da Faber 
anmerkt, dass die Art »im Südlande seltener als im Nordlande« sei. — 
Neber die Art und Weise, wie diese Ente ihre Jungen vom Neste auf's 
Wasser transportirt, gibt Löwenhjelm folgende, ihm von Pastor Björk- 
man in Quickjock gemachte Mittheilung: »Während Pastor Björkman mit 
einem Knechte an einem See sich aufhielt, um Sammetenten zu schiessen, 
sahen sie von ihrem Verstecke, wie ein Schellentenweibchen plötzlich 
nahe bei ihnen im Wasser einfiel, und bald wieder fortflog; als sie nun 
aber genauer aul’s Wasser sahen, bemerkten sie ein kürzlich ausgekom- 
menes Junges an der Stelle liegen, von welcher die Schellente aufstand. 
Sie wunderten sich, auf welche Weise es dorthin gekommen sei, als 
die alte Ente aufs Neue an selber Stelle einfällt, auffliegt und wieder 
ein Junges zurücklässt. Auch jetzt noch nicht konnten sie bemerken, 
auf welche Weise die kleinen Jungen dorthin gebracht worden waren; 
aber als die alte Ente zum dritten Male ankam, sahen ‚sie, dass sie ihren 
Kopf in sonderbar gebogener Weise hielt, und die folgenden Male ge- 
wahrten sie endlich, dass die Mutter das Be in einer Schleife, welche 


*) Vide Naumannia 1853. p- 295, wo es heisst, dass die Art, in Wermland 
nistend, „gemein“ ist. 


277 


durch das Anziehen des Schnabels an die Brust gebildet wurde, aufs 
Wasser transporlirte. Diese Erzählung stimmt auch ganz mit den Aus- 
sagen der Colonisten, wie die Schellente ihre Junge von hohen Bäumen 
auf's Wasser herab transportire, überein.« Hierbei will ich nur erinnern 
— was allgemein bekannt ist, und worauf hier jedes Weib besteht, 
welche brütende Haushühner und Enten verpflegt —, dass diese nemlich, 
wenn ihre Nester etwas nahe liegen, Eier von einander auf diese Weise 
stehlen, indem sie dieselben »unterm Kinn« von dem-einen zum andern 
Neste tragen. Dass die meisten Wasservögel, welche auf Bäumen oder 
auf hohen Klippen brüten, ihre Jungen, sobald sie ausgebrütet sind, auf 
solche Weise auf's Wasser herabtransportiren, scheint mir mehr wahr- 
scheinlich, als dass diess, wie man behauptet hat, auf dem Rücken oder 
im Schnabel geschähe. Auf erstere Weise würden die schwachen Jun- 
gen, so gleichmässig auch der Flug der Mutter in diesem Augenblicke 
sein möchte, nicht balanciren können, wenn schon sie sich mit Schnabel 
und Füssen festhalten könnten, und letztere Transportweise erscheint für 
das Leben des schwachen Jungen allzu gefährlich wegen des ungleich- 
mässigen und doch sehr harten Druckes, den der bei mehreren Arten 
sehr schmale Schnabel bewirken müsste, wenn er dasselbe am Halse oder 
quer über den Leib griff, besonders da das feine Dunenkleid des Jungen 
nicht so elastisch ist, dass es den Druck mildern könnte. Auf oben an- 
gegebene Weise dagegen wird der Druck, der beim Transporte auf das 
Junge ausgeübt wird, einigermassen gleichförmig und durch die Elasti- 
cität der Federn am Halse der Mutter vermindert, wobei auch dessen 
Federn dazu beitragen, das Junge ohne die geringste Anstrengung fest 
halten zu können. — So wie für Mergus meryanser, so auch hängt man 
für diese Art an ihren Brutplätzen Kästchen mit einer Oeffnung auf, 
worin sie ihre Eier legt, um dann besteuert zu werden, 


Oidemia nigra, L. 


Nimmt folgende Art eine mehr östliche Region ein, so hat diese 
ihre grösste Verbreitung gegen Süden in den westlichen Theilen unserer 
Halbinsel, indem sie in Norwegen bis zum 60.0 n. B. herab, auf den 
Dowre-Alpen und deren Verzweigungen, und alsdann auch durch ganz 
Norwegen bis an’s Eismeer zu beiden Seiten des Nordcap, brütet. In 
Schweden selbst ist sie nicht so südlich brütend gefunden worden. Erst 
unter 64° n. B. trifft man sie, wofern sie nicht in Herjeädalens und Jemt- 
lands Alpengegenden vorkommen sollte. Auch in Enare-Lappmark- ist 


278 


sie ein gemeiner Brutvogel. In den hier angegebenen Grenzen ist sie 
gemeiner als folgende Art. 


Oidemia, fusca, L. 


Diese scheint eine ganz entgegengesetzte Verbreitung nach Süden zu 
haben, indem sie ein ganz gewöhnlicher Brutvogel im nordöstlichen Scho- 
nen, in Blakinge, Calmarschen und auf Gothland ist, wogegen sie aber 
nicht, oder wenigstens höchst selten, im westlichen Schonen und im 
Bohus brütend getroffen wird, obwohl sie in Norwegen dieselbe Grenze 
hat wie vorige. Im Osten geht der Vogel also auf der ‚Halbinsel bis 
zum 55—56.° n. B., im Westen aber kaum tiefer als bis zum 60. n. B. 
herab. Ueber diese Grenzen hinaus trifft man sie westlich noch in den 
Polarkreis hinein, im Osten dagegen bis zum 70.°n.B., und sie ist hier 
in Enare-Lappmark ganz häufig. Dieselbe Ungleichheit zwischen diesen 
beiden Verwandten, welche von ihrer Brütezone gilt, findet man auch 
bei ihrer Zugzeit wieder. Oidemia nigra ist im Frühjahre und Herbst 
an den Wermländischen Küsten und in Dalekarlien ziemlich häufig, wo 
man Oidemia fusca vergebens sucht; und in den Bohuser Scheeren wie- 
derum ist vorige im Winter gemein und wird in grossen Schaaren an- 
getroffen, da hingegen letztere wohl jährlich sich dort einfindet, jedoch 
nirgends in Menge. In den östlichen Landschaften dagegen ist vorige 
während der Zugzeit sehr selten, da hingegen letztere an Gothlands, 
Calmars, Blakinges und Nordost-Schonens Küsten ganz gemein ist. Auch 
nach Liefland soll vorige während des Zuges sehr selten kommen. 


Oidemia perspicillata, 1. 

Die einzige Stelle, wo diese Art auf unserer Halbinsel brütet, ist 
Enare-Lappmark, wo sie sich, nach Malm, fortpflanzt, aber doch sehr 
selten ist. Einmal ist sie auch bei Karesuando in den Lappmarken ge- 
schossen worden, ist jedoch nirgends in den schwedischen Lappmarken 
brütend gefunden worden. 


Somateria Stelleri, Pall. 


Nur an der Eismeerküste der Ostfinnmarken und der Enare-Lapp- 
mark findet man diesen Vogel brütend, und er soll dort sowohl im Win- 
ter wie im Sommer häufig sein. Man trifft ihn, so wie die eigentlichen 
Eidervögel nur am Meere und niemals im Innern des Landes am Süss- 
wasser. Bisweilen geschieht es, dass er im Winter die östlichen Küsten - 


279 


Schwedens besucht, da .er sich dann auch bei Gothland einfindet. Bei 
Dalarö und Stockholm ist er auch geschossen worden. Jährlich kommt 
er in dem finnischen Meerbusen vor, so wie folgende, ist jedoch, soviel 
mir bekannt, noch nie an Skandinaviens Westküste gefunden worden. 


Somateria spectabilis, I. 


Auch diese Art brütet in den Fjorden (Busen) der Küste von Ost- 
finnmarken, obwohl weniger häufig, als folgende. Bisweilen kommt sie 
im Winter auch an die Ostküste unserer Halbinsel und jährlich zum 
finnischen Meerbusen. Auch an der Westküste Norwegens ist sie manch- 
mal gefunden worden. 


Somateria mollissima, L. . 


Vom südlichsten Theile Skandinaviens bis an die Küsten des Eis- 
meeres, westlich und östlich vom Nordcap, findet man diesen Vogel an 
allen Küsten brütend; in den nördlichen Theilen jedoch häufiger als in 
den südlichen, obwohl er auch hier, wenigstens in den östlichen, nicht 
selten ist. Im Winter bleibt ein grosser Theil an der nördlichen Küste, 
und ist an Finnmarkens Küsten in jeder Jahreszeit gemein. 


Mergus merganser, L. 

Sowohl auf der westlichen als östlichen Küste von Schweden, so 
wie.auch im Innern des Landes, trifft man diesen Vogel im südlichen 
und mittlern Schweden, an passenden Lokalitäten, brütend, an vielen 
Stellen sogar nicht einmal selten. Im Norden geht er in den westlichen 
Theilen des Landes bis Lofoden in Norwegen, ungefähr 69° n. B., über 
welchen hinaus er nicht vorzukommen scheint, da ‚Prof. Liljeborg ihn 
nicht bei Tromsö angemerkt. Im Osten dagegen scheint er etwas wei- 
ter hinauf zu gehen, da man ihn bis an die Mündung des Palasjocki 
c70° n. B.) gefunden hat. Sonach findet er sich über den 69.° n. B. 
hinaus nicht in der norwegischen Finnmark, oder nördlich um die Alpen, 
obwohl er im Osten bis an diese geht. Im Innern des Landes ist er 
gemein an allen Wasserzügen in der ganzen Nadelholzregion, aber auf 
die eigentlichen Alpen hinauf steigt er nicht, und unterscheidet sich so- 
nach hierin von seinen folgenden Verwandten. Im Winter ist er an den 
Küsten des südlichen Schwedens sehr gemein, und besucht da ebenfalls 
in Menge in Gesellschaft mit Tauchenten und andern Wasservögeln 
offene Flüsse. 


280 


Mergus serrator, L. 


Sowohl in den südlichen als nördlichen Theilen unserer Halbinsel 
ist diese Art gemeiner als vorige, nimmt auch eine weiter ausgebreitete 
Brütezone ein, da sie sich nicht allein im südlichen Schweden findet, 
sondern ganz wahrscheinlich auch bis an’s Eismeer, zu beiden Seiten 
des Nordcap geht. Ursachen zu dieser Annahme habe ich mehrere. 
Theils fand Prof. Liljeborg sie während der Zugzeit bei Tromsö in Nor- 
wegen, also unterm 70.° n. B., ganz häufig; theils fand ihn Malm unter 
selbem Grade in der Enare-Lappmark ansässig; theils geht sie auch weit 
höher auf die Alpen hinauf im Innern der Lappmarken, da man sie in 
der Birkenregion brütend findet, und sie nicht wie vorige an die Nadel- 
holzregion gebunden ist. Nimmt man hierzu noch, dass sie auch in den 
südlichen und nördlichen Theilen von Grönland brütet, so kann man als 
sicher annehmen, dass sie sich auch in West- und Ost-Finnmarken fin- 
det, besonders da sie sich sowohl an der Meeresküste, wie auch im 
Innern des Landes fortpflanzt. Sie bleibt auch im Winter in nicht ge- 
ringer Zahl bei uns, und wird dann in Gesellschaft der vorigen Art und 
der Tauchenten angetroffen. 


Mergus albellus, L. 


Diese Art soll nur bisweilen in Karesuando-Lappmark brüten; aber 
diess muss doch wohl höchst selten geschehen und zu den Ausnahmen 
gehören, und die eigentliche Brütezone dieser Art weit östlicher als un- 
sere Halbinsel fallen. In kältern Wintern sieht man ein oder das andere 
Individuum, ältere und jüngere, in den Bohuser Scheeren, an Süderman- 
lands, Ostgothlands, Gothlands und Schonens östlicher Küste. Niemals 
noch ist sie an Norwegens Westküste gesehen worden, so, weit es be- 
kannt ist. 


Phalacrocorax carbo, L. 


Kaum diesseits des Polarkreises dürfte diese Art brüten. In diesem 
dagegen ist sie sehr gemein bis an Skandinaviens nördliche Küste zu 
beiden Seiten des Nordcap, also in West- und Ost-Finnmarken, wo sie 
in Menge auf Vogelbergen oder steilen Alpensträndern brütet. Im Herbst 
zieht sie weiter gegen Süden herab und wird da im Winter an der 
West- und Ostküste des südlichen Schweden, z. B. in den Bohuser 
Scheeren, auf Gothland und an Blakings Küste angetroffen. Auch im 
Innern des Landes an grossen Seen findet sie sich während der Zugzeit 


281 


ein, z. B. auf dem Wenern; auch im Frühjahre im Innern der Lapp- 
marken, z. B. bei Arjeplong. 


Phalacrocorax cristatus, Gunner., Nilss., Degl. 
(Ph. graculus, Keyserl. et Blas.) 


So wie vorige Art scheint auch diese ihre Brütezone auf der West- 
küste von Norwegen zu haben, jedoch, ungleich voriger, dürfte sie nicht 
östlich vom Nordcap zu finden sein. Wenigstens fand Malm sie nicht 
in den Ostfinnmarken; auch Prof. Liljeborg fand sie nicht bei Schurets- 
kaja, wo vorige gemein war. Wie weit nach Süden herab ihre Brüte- 
zone reicht, ist noch nicht sicher erforscht. Prof. Nilsson sieht diese 
für die gemeinste Art ihres Geschlechtes an unserer Küste an, und sagt, 
dass man sie vom Kategatt bis an den Polarkreis finde. Nach v. Wright 
wird sie jedoch in keiner Jahreszeit in den Bohuser Scheeren angetrof- 
fen, wenigstens hat er sie nicht mit aufgezählt unter den von ihm 
während eines vieljährigen Aufenthaltes daselbst observirten Vögeln. 
Prof. Liljeborg fand sie bei Tromsö weniger häufig als vorhergehende. 
Auf der Ostküste kenne ich kein Beispiel ihres Vorkommens. 


Anm. I. Sula bassana, Lin. brütet nirgends auf unserer Halbinsel. Nur im 
Winter besucht sie bisweilen unsere Küste, so dass Dr. Deglands Angabe, sie 
solle bei Norwegen „gemein sein“, keinen Grund hat. Früher wurde sie öfter 
im Herbst und Winter in den Bohuser Scheeren gesehen, jetzt dagegen ist sie 
dort sehr selten und wird meistens todt gefunden. So verhält es sich auch 
auf Norwegens Küste, sowohl an der westlichen, als auch an der nördlichen. 
In den Finnmarken zu beiden Seiten des Nordkap trifft man sie nur in der 
kalten Jahreszeit, am häufigsten jedoch in den Ostfinnmarken. So observirte 
Prof. Liljeborg sie bei starkem Sturme am 3. August zwischen Schuretskaja 
und dem Nordkap, und Malm fand sie in denselben Gegenden nur im Winter. 
Prof. Nilsson sah sie auch ein einziges Mal während seiner Reise in den 
Scheeren der norwegischen Westfinnmark, und diess war im Juli; jedoch 
glaubt er nicht, dass sie hier auf unserer Halbinsel brüte. 

Anm. II. Pelecanus onocrotalus, Lin. Im Jahre 14850 am 8. Juni wurde in Da- 
lekarlien am Rämen-See, südwestlich von Fahlun, ein altes, ungewöhnlich 
grosses Männchen dieser Art geschossen. Auch in Finnland ist er einmal ge- 
schossen worden. 


Podiceps eristatus, Lin., Lath., Nilss., Degl. 


Im südlichen Schweden ist diese Art ziemlich gemein, und wird 
auch, obwohl sparsam, in den mittlern Theilen Schwedens, wenigstens 
bis zum 60.° n. B. brütend gefunden. Ob sie auch noch. nördlicher 
vorkomme, ist mir nieht bekannt; in den Lappmarken jedoch trifft man 
sie niemals. Sie ist bei uns Zugvogel und verlässt uns im October oder 


282 


schon Anfang September, und kommt zurück Ende März und Anfang 
April, und wird dann oft auf dem Meere sammt ihren folgenden Ver- 
wandten angetroffen. 


Podiceps rubricollis, Lath., Nilss., Degl. 
(P. suberistatus, Jacq., Keyserl. et Blas.) ; 

Diese Art scheint vorzugsweise dem südlichen Schweden anzugehö- 
ren, wo sie in Schonen sehr gemein ist und auch, obwohl selten, auf 
Gothland gefunden wird. Wo sie eigentlich aufhört ist jedoch noch un- 
gewiss. Sie ist genannt unter Upplands, Wermlands und Dalekarliens 
Vögeln, scheint demnach nicht so weit nach Norden hinauf zu gehen als 
vorige. In den Bohuser Scheeren findet sie sich nur einzeln und in 
geringer Zahl im Winter ein. Auch an Schonens Küste hält sie sich in 
genannter Jahreszeit auf, wo ich sie mehrmals im December und Januar 
erlegt habe. Jedoch ist sie dann auch hier selten. 


Podiceps auritus, Lin, Sundew. 


(P. cornutus, Lath., Temm., Fab., Keyserl. et Blas., Degl., Kjärb. 
P. arcticus, Boie et Auct.) 


Im südlichen Schweden ist diese Art ziemlich selten; gegen Norden 
zu dagegen wird sie etwas gemeiner, obwohl sie auch in den West- 
und Ost-finnmarken nur sparsam vorkommt. Sie scheint sonach auf der 


ganzen skandinavischen Halbinsel zu brüten. 


Anm. Podiceps nigricollis, Sundew. (P. auritus, Lath, Temm., Nilss., 
Keyserl. etBlas., Degl., Kjärb.) scheint nicht auf unserer Halbinsel zu 
brüten. Nur einmal wurde er in letzterer Zeit gefunden, nämlich am Glansee 
in der Gegend von Norrköping, wo man ihn später vergebens gesucht hat; 
sein Vorkommen hierselbst scheint also nur ganz zufällig zu sein. 


Podiceps minor, Gmel. 


Obwohl sehr selten pflanzt sich diese Art doch bisweilen im südli- 
chen Schweden fort; wie hoch sie aber nach Norden geht, ist noch 
nicht sicher bestimmt. Unter Upplands, Wermlands und Dalekarliens 
Vögel ist sie nicht aufgenommen, und in den Bohuser Scheeren ist sie 
nur ein einziges Mal im October von v. Wright gesehen worden. Auch 
auf Gothland ist sie gefunden worden, jedoch nur einmal im Februar. 


Colymbus_ glacialis, 1. 


Nur an der nördlichen und nordwestlichen Küste der skandinavischen 
Halbinsel brütet diese Art auf den Klippen der Fjorden und auf den 


283 


Inseln. Ausserhalb des Polarkreises soll sie sich nicht fortpflanzen, und 
ist also dieser ihre südliche Brütegrenze. Während des Frühjahres sieht 
man sie manchmal im Innern des Landes; bisweilen auch in Lappland. 
Im Winter kommt sie zu den Küsten des südlichen Schwedens herab, 
obwohl ziemlich sparsam. Jedoch ist sie, so viel mir bekannt ist, nicht 
an der Ostküste in genannter Jahreszeit gefunden worden, sondern nur 
bisweilen an der Westküste. 


Colymbus arcticus, L. 


Während der Brütezeit ist diese Art in Schonen selten. Jedoch 
fand ich sie in den nördlichen Theilen dieser Provinz ansässig. In Sma- 
land ist sie schon gemeiner, und nimmt dann in ‚gleicher Weise zu, je 
weiter man sich dem Norden nähert, wo sie in der schwedischen Lapp- 
mark und auch in Norwegen bis an’s Eismeer hinauf zu beiden Seiten 
des Nordcap, besonders auf den grössern Seen im Innern des Landes, 
sehr gemein ist. Malm fand sie niemals an den Küsten, Prof. Liljeborg 
dagegen traf sie- wohnhaft auf einer kleinen Insel bei Tromsö, jedoch 
auch dort selten. Auf Gothland brütet sie nicht, sondern wird dort nur 
im Winter angetroffen. Im Innern Russlands kommt sie auch vor. Lö- 
wenhjelm observirte in den Lappmarken, dass wenn die Mutter taucht, 
auch die Jungen, auf ihrem Rücken sitzend, mitfolgen. Auf die Alpen 
geht sie bis in die Birken- und Weidenregion hinauf. 


Colymbus septentrionalis, EL. 


Diese Art brütet nirgends in Schonen, in Smaland dagegen ist sie 
nicht selten und in den nördlichen Gegenden der Halbinsel ist sie die 
gemeinste ihres Geschlechtes. Man trifft sie ansässig sowohl im Innern 
des Landes als an den Küsten. Ihre südliche Brütegrenze fällt hier 
zwischen den 56—57.° n. B.- 


Uria troile, Lin., Temm., Nilss, 
(U. lomvia, Brünn., Keyserl. et Blas.) 


Der südlichste Ort, wo diese Art in unserm Lande bfütet, ist auf 
Gothland (Naumannia 1853. p. 91.) und in den Bohuser Scheeren, also 
unterm 57.0 n. B. Jedoch ist sie auch weit südlicher in der Ostsee, 
wie z. B. auf Bornholm, wo sie sich auch fortpflanzt, gefunden worden. 
In den nördlichen Scheeren der Halbinsel ist sie sehr gemein, und be- 


284 


sonders an den Küsten der Finnmark. Im Winter kommt sie an Scho- 
nens Küsten vor. 


Uria rhingvia, Brünn., Keyserl. et Blas, 
(Uria lacrymans, Temm.) 

Nach einigen Angaben soll dieser Vogel auf Gothland in Gesell- 
schaft mit vorigen brüten. An Norwegens Küste ist er auch selten und 
kommt auch dort vereint mit voriger Art vor. Vielleicht möchte es am 
richtigsten sein, ihn mit Faber als eine Varietät der vorigen anzusehen. 


Uria Brünnichii, Sabine, Nilss. 
(Uria lomvia, Lin. Alca pica, Fabr. Uria arra, Pall.) 


Während vorige Arten. hier im Lande eine sehr grosse Verbreitung 
gegen Süden zu haben, gehört diese Art dagegen nur den nördlichsten 
Gegenden der Halbinsel an, und besucht nur im Winter bisweilen die 
südlichen Küsten, besonders Norwegens. Prof. Liljeborg fand sie nicht 
während der Brütezeit bei Tromsö; Malm dagegen traf sie zahlreich in 
den Fjorden der Ost-Finnmarken. Jedoch kommt sie auch in den West- 
Finnmarken vor, dürfte aber südlich vom Polarkreise kaum brüten. 


Uria grylie, L. 
Diese Art kommt brütend über unsere ganze Halbinsel vor, vom 
südlichen Schonen bis an die Küste des Eismeeres, sowohl östlich als 
westlich vom Nordcap. Oestlich von genannter Spitze ist sie jedoch 


seltener als vorige Art. 


Anm. Mergulus alle, Lin. brütet nirgends auf unserer Halbinsel, sondern be- 
sucht sie nur während des Winters, und ist dann an Finnmarkens Küsten 
gemein. An den südlichen Küsten ist dieser Vogel selten und kommt nur in 
gewissen Jahren, aber auch dann mehr einzeln vor. Selten hat er sich in 
Menge an Schonens Küste gezeigt; jedoch geschah auch diess bisweilen. 


Lunda arctica, L. 


Obwohl sparsam brütet dieser Vogel doch schon unterm 58.° n. B. 
in den Bohuser Scheeren, wo er als Brutvogel von Prof. Fries und von 
v. Wright ob$ervirt wurde. Jedoch wird er erst weiter nach Norden zu 
gemein und im Polarkreise ist er sehr zahlreich, so dass Prof. Liljeborg 
ihn bei Tromsö in grösserer Menge als Alca torda fand. In den Ost- 
Finnmarken soll er, nach Malm, wohl auf dortigen Vogelbergen brüten, 
Jedoch nicht gemein sein. Prof. Liljeborg fand ihn aber ganz zahlreich 


285 


bei Schuretskaja, also viel weiter nach Osten zu. Nirgends an Skandi- 
naviens Ostküste trifft man ihn, so viel mir bekannt ist. 


Anm. Lunda glacialis, Leach. (Fratercula glacialis, Schlegl., Degl.) scheint 
mir nur eine unbedeutende Varietät dieser Art zu sein. 


Alca torda, L. 


An dir Ostseeküste nimmt dieser Vogel dieselbe Zone ein, wie 
Uria troile, und wahrscheinlich auch so ziemlich an der Westküste. Je- 
doch hat ihn v. Wright nur im Herbst und Winter in den Bohuser Schee- 
ren getroffen. Am zahlreichsten findet er sich aber im Polarkreise : an 
den Küsten des Eismeeres, zu beiden Seiten des Nordcap. 


Anm. Alca impennis, Lin. wurde vor mehreren Jahren bei Tromsö in Norwe- 
gen und bei Marstrand in den Bohuser Scheeren erlegt, ist später aber nir- 
gends gefunden worden. 


(Fortsetzung folgt.) 


Druckfehler im ersten Hefte dieses Jahrganges. 


Seite 64 Zeile 10 statt 1835 muss es 1845 heissen. 


— 69 — 11 — 64 = 62 — 
— 69 — 20 — Hochlande — Flachlande — 
— 71 — 27 — wird, undden— wird, dn — 
— 714 —-.%" — P. —_ J. = 


Notizen aus meinem ornithologischen Tagebuche. 


Von 


w. Hiniz I. 


Dass die Eier des Kukkuks — Cuculus canorus, — stets die Farbe 
und Zeichnung der Eier des Vogels, in dessen Nest er seine Eier legt, 
haben, ist unstreitbar, und habe ich dieses bei Eiern aus den Nestern 
von Budytes flava, Sylvia cinerea, Anthus pratensis und arboreus, Frin- 
gilla cannabina, Muscicapa grisola, Motacilla alba und Pratincola rubetra 
4mal gefunden, beim Letztern habe ich einmal den Vogel selbst beob- 
achtet und zwar folgendermaassen: 

Den 3. Juni 4850, Nachmittag 4 Uhr stand ich mit dem Ritterguts- 
besitzer Herrn Kunde auf Schloss Kämpen auf meinem Acker, 10 Schritt 
von meinem Wohnhause entfernt; da kam aus dem nicht 100 Schritt 
entfernten Walde ein Kukkuk still und niedrig, in Begleitung. mehrerer 


286 


kleiner Singvögel — von welchen Arten dieselben waren, bemerkte ich 
leider nicht, weil wir nur den Kukkuk im Auge behielten — nahe an 
uns vorbeigeflogen und setzte sich, 50 Schritt von uns entfernt, wo sich 
ein circa 3 Mrg. grosses Bruch (zwischen dem Acker) befindet, wel- 
ches mit einzelnen niedrigen, 2 bis 4 Fuss hohen Kiefern, Birken und 
Wachholdergesträuch bewachsen ist, auf die trockne Spitze eines Wach- 
holderstrauchs. Da mir dieses auffiel, so sagte ich zu meinem Nachbar, 
»gewiss ist dieses ein Weibchen das legen will.« Nach Verlauf von 
ungefähr einer Minute setzte sich der Kukkuk auf die Erde, und ging 
gegen einen andern 2 Fuss davon entfernten niedrig an der Erde lie- 
genden Wachholderstrauch hin. Ein Dachshund, welcher bei uns war, 
lief jetzt auf denselben zu, der Kukkuk flog nun von einem Strauch zum 
andern ungefähr 100 Schritte fort. Da der Hund wieder zu uns kam, 
kam der Kukkuk auch näher geflogen. Um mich zu überzeugen, ob es 
wirklich ein Weibchen wäre, ging ich in’s Haus und holte ein Gewehr, 
um den Vogel zu erlegen. Als ich wieder kam, sass er auf der ersten 
Stelle an der Erde, hielt auch gut aus, aber leider fehlte ich denselben, 
worauf der Hund ihn wieder gegen 150 Schritt verfolgte; sobald aber 
der Hund wieder zu uns zurückkehrte, kam auch der Kukkuk näher. 
Ich bat nun Herrn Kunde, denselben zu beobachten, wo er bliebe, und 
ging wieder in's Haus um mir ein anderes Gewehr zu holen; diess ver- 
zögerte sich ungefähr 10 Minuten. Als ich wieder hinkam, flog derselbe 
auf, und still dem Walde zu. Herr Kunde, welcher denselben, wie ge- 
sagt, während der Zeit beobachtet hatte, sagte: dass er in denselben 
Wachholderstrauch wie das erstemal hingegangen und nach etwa 11% 
Minute wieder herausgekommen sei, was gerade der Zeitpunkt gewesen, 
wo ich heraus gekommen und wo derselbe dem Walde zuflog. 

Wir gingen nun hin und fanden unter dem Strauch an der Erde 
das Nest des braunkehligen Wiesenschmätzers, — Pratincola rubetra, — 
mit 4 unbebrüteten Eiern, der Vogel sass aber noch auf dem Neste, 
und neben demselben lag auf dem Rande, kaum 1 Zoll entfernt, das Ei, 
von welchem ich bestimmt glaube, dass es das des Kukkuksweibchen 
war, indem dieses das vierte Mal ist, dass ich solche Eier in den Ne- 
stern von P. rubetra gefunden habe. Das Ei ist beinahe noch ein halbmal so 
gross, wie das des Wiesenschmätzers und ähnelt ihm in der Farbe, ist 
jedoch heller. Noch muss ich bemerken, dass der Vogel das Nest ver- 
liess, ohne dass er gestört wurde. In Sammlungen bleichen die Eier 
noch mehr aus, wie die des Wiesenschmätzers, so dass sie zuletzt bei- 


ee 


287 


nahe weiss werden. Das oben bemerkte Ei habe ich an Herrn v. Ho- 
meyer abgegeben. 

Zugleich muss ich noch bemerken, dass ich im Jahre 1852 ein 
Kukkuksei im Nest von Sylvia cinerea neben 2 von dieser gelegten fand. 
Da ich nun das Gelege vollständig haben wollte, liess ich es liegen, 
jedoch am dritten Tage nachher war das Kukkuksei fort, und lagen 4 
Eier von $. cinerea darin. Alles Suchens ungeachtet konnte ich keine 
Spur von dem Kukkuksei finden. 

Im Jahre 1853 wurde mir von dem Hirten gesagt, dass er ein 
Kukkuksnest gefunden habe, wovon eben der Kukkuk aufgeflogen wäre, 
es befänden sich aber keine anderen Eier darin. Ich ging des Mor- 
gens hin und das Ei des Kukkuks lag vor dem Neste zerbrochen, und 
‚wurde auch in dieses, welches der Motacilla alba angehörte, kein Ge- 
lege mehr gemacht. 


Vultur. 


Im Jahre 1810 oder 11 wurde von meinem Vater, dem damaligen 
Königl. Förster. zu Altkrakow bei Schlawe, im Monat Februar oder An- 
fang März eines Morgens bei Anbruch des Tages, da er bei Ausübung 
des Forstschutzes das Revier beging, ein Geier erlegt, welcher in Gesell- 
schaft von drei andern sich vor ihm von einer grossen Eiche erhoben 
hatte. Ich war damals ein Knabe von 9 oder 10 Jahren und kann mich 
dessen noch gut erinnern; auch ist es mir später oft von meinem Vater 
erzählt worden, dass der geschossene Raubvogel einen kahlen Kopf oder 
Hals gehabt habe. Auch bestätigte dieses oft der schon verstorbene 
Regierungs- und Forstrath Bartikow, damals Landjäger zu Altkrakow. 
Wenn ich nicht irre, so schickte derselbe diesen Vogel nach Berlin. 


Aquila 


Von Aquila fulva habe ich in den Jahren 1816—1820 gegen 12 
Stück erlegt, und zwar nur des Winters bei der Schiesshütte. Im Som- 
mer habe ich ihn hier nicht bemerkt. An meinem jetzigen Wohnorte 
kommt derselbe beinahe alljährlich zu Ende Januar oder im Februar ein- 
zeln vor, wo er dann Jagd auf die Stockente macht, welche zu dieser 
Zeit zu Hunderten auf den offenen Stellen der Radü liegen, jedoch auch 
jährlich von meinen zahmen Enten sein Theil nimmt. Im Jahre 1852, 
den 12. April sah ich einen Adler, welcher mir stärker und oben weit 
heller schien und den ich unbedingt für A. imperialis hielt. Er setzte 


288 


sich circa 300 Schritt von meiner Wohnung entfernt, hart an das Radü- 
ufer und konnte ich ihn hier über 10 Minuten beobachten. 


Strix 


Nyctea nivea wurde im Monat November 1812 von meinem Vater 
am Ostseestrande bei Jershöft in einem ungefähr 80 Morgen grossen 
Kiefernbestande, welcher hart an den Ostseestrand grenzt, erlegt. 


Falco 


Am 21. März 4850 fand ich beim Ausschleifen der Dohnen in 
einer derselben Falco aesalon (Weibchen). Es konnte sich erst vor 
Kurzem gefangen haben, denn das Auge war noch nicht gänz eingefallen. 

Den 9. Juni 1852 schickte mir mein Freund, der Königl. Förster 
A. Hintz von Oberfier bei Bublitz, 2 Meilen von hier entfernt, einen 
Falken zur Bestimmung, und es war Falco cenchris (Weibchen), genau 
mit Glog, May übereinstimmend. Mein Freund hatte denselben am 4. Juni 
in einer Dohne, wo sich ein Rothkehlchen zufälligerweise gefangen hatte, 
in der andern Schleife hängend gefunden. Schade, dass ich denselben 
nicht gleich erhalten hatte, denn beim Empfange war derselbe schon 
ganz von den Schmeissfliegen mit Maden besetzt. Bei dem Finden konnte 
derselbe vielleicht 4 oder 2 Tage gehangen haben, denn das Auge war 
noch ganz frisch gewesen. 

Den 9. Februar 1845, 8. April 1847, 15. April 1852 habe ich ei- 
nen ganz weissen Falken mit schwarzem Fleck am Innenrande der 
Flügelspitzen gesehen, was ist diess wohl für eine Art? 


"Cuculus ceanorus, 


Den 25. Juli 1845 sah ich über 20 Kukkuke auf den Alleebäumen 
von dem Dorfe Gust nach Bublitz, welche bald vor- bald rückwärts flogen 
und sich vermuthlich von Bombyx salicis, welche in grosser Menge die 
Bäume besetzt hatten, nährten. 


Turdus pilaris., 


Derselbe nistete im Jahr 1820 im Damshäger Revier bei Rügen- 
walde in einer Birkenschonung, wo einzelne alte, starke, d4—5 Fuss 
unten im Durchmesser haltende Eichenstummel von 14—20 Fuss Höhe 
standen, welche, oben abgebrochen, viele und starke Aeste nach den 


289 


' Seiten getrieben hatten — in Menge, so dass ich in diesen Jahren gegen 
20 Nester, -ja auf einigen Eichen deren zwei fand. "Während: meiner 
Militärzeit vom Herbst 1820 bis 1825 waren diese Eichen abgeholzt und 
habe später hier keine mehr gefunden. 

Den 26. Mai 1839 fand ich wieder das erste Nest in einem raumen 
30—50jährigen Kiefernbestande, 16 Fuss hoch, 7 Fuss vom Stamm ent- 
fernt auf einem Seitenaste. Der Vogel hielt auf dem Neste sehr aus 
und flog nur ab, wenn man sich dem Neste bis aul' circa 3 Fuss ge- 
nähert hatte. 

Den 24. Mai 1843 fand ich wieder ein Nest auf einer jungen Kiefer 
6 Fuss hoch, dasselbe war sehr schlecht gebaut und hing beinahe in 
einer Gabel der Zweige; auch dieses Weibchen hielt gut auf dem Neste aus. 

Den 3. Juni 1844 stand das Nest auf einer Erle, 12 Fuss hoch, da, 
wo sich der Stamm in 4 Aeste theilte, das Weibchen hielt sehr gut aus, 
so dass man es auf dem Neste ergreifen konnte. 


Den 21. Mai 1851 stand das Nest 30 Fuss hoch, wo 2 Kiefern — 
Lattstäimme — beinahe zusammen gewachsen waren, so dass bei jeder 
Bewegung des Windes das Nest gerüttelt wurde. Beim ersten Aufstei- 
gen wurde eins von den drei darin liegenden Eiern zerbrochen, nichts 
desto weniger legte jedoch das Weibchen des andern Morgens wieder. 
Auch dieser Vogel hielt sehr gut auf dem Neste aus. 

Den 28. Mai 1851 stand ein Nest 7 Fuss hoch zwischen 2 jungen 
Kiefern, in einer 45jährigen Kiefernschonung. Dieser Vogel hielt aber 
nicht aus, sondern flog bei’der leisesten Annäherung still davon, so dass 
man ihn selten zu sehen bekam. 

Den 13. Mai 1852 fand ich ein Nest 16 Fuss hoch auf einzelnen 
Standkiefern am Felde, da, wo sich der Stamm in 3 Aeste theilte. Hielt 
gut auf dem Neste aus. 


Yurdus iliacus 


Im Juli 1818 fand ich bei dem Dorfe Cörlin, nicht weit vom Vietziger 
oder Neuenhager See, !% Stunde von der Ostsee entfernt, in einem 
50—80jährigen circa 15 Morgen grossen Eichenwäldchen — dem sog. 
Klosterbusch — mitten zwischen Feld, Wiesen und Moor belegen und 
!a Meile vom Walde entfernt, junge eben ausgetlogene Rothdrosseln. 
Diese mussten nothwendiger Weise hier ausgebrütet sein, indem diesel- 


ben nur noch schwach flogen, und nur von Zweig zu Zweig hüpften. 
Naumannia. 1854. 19 


290 


Ich erlegte 4 Stück. Obgleich ich späterhin bis zum Jahre 1832 diese 
Stelle beinahe jährlich mehreremale besuchte, habe ich* nie wieder 
welche gefunden. 


Scolopax gallinago. 


Dass die Becassine oder Heerdschnepfe das Meckern mit dem Schna- 
bel hervorbringt, behaupte ich gewiss. — In meinen Lehrjahren von 
1816—1819 befand sich in meines Vaters Revier ein circa 100 Morgen 
grosses mit kleinem Erlengesträuch bewachsenes Bruch, wo jährlich 4—5 
Päärchen obengedachter Schnepfe nisteten. Von 2 Seiten war das Bruch 
mit alten haubaren Eichen und Buchen von 3—400jährigem Alter um- 
geben. Die dritte Seite bildete eine junge Kiefern- und Birkenschonung 
und die letzte Seite junge Eichen von 50—80jährigem Alter. Hier habe 
ich in den Jahren 1818, 1819 wohl zehnmal, sowohl in den Vormittag- 
wie Nachmittagstunden eine Becassine auf den höchsten trockenen 
Spitzen der Eichen, aber nie Buchen, sitzen sehen, so wie ihr pecka, 
pecka und dann’ den meckernden Ton von sich hören liess. 

Bei meinem jetzigen Aufenthaltsorte, wo viele Becassinen nisten, 
indem doch jährlich in guten Jahren gegen 20 Nester gefunden werden, 
und wo am Rande des grossen Wiesenterrains und Bruchs 10 alte 
3—400jährige Eichen mit vertrockneten Spitzen stehen, habe ich dieses 
nicht bemerkt. Obgleich im Frühjahr den ganzen Tag und eben so in 
der Morgen- und Abenddämmerung wohl 10, 20 und mehrere ihr pecka, 
pecka und den meckernden Ton hören lassen, so bin ich doch bei der 
gespanntesten Aufmerksamkeit — nachdem ich mit dem grössten Interesse 
den Aufsatz in der Naumannia Il. Bd. 1. Heft S. 24 gelesen habe — 
nie im Stande gewesen, diese beiden so verschiedenen Töne zu gleicher 
Zeit zu vernehmen. — Es ist daher mein fester Glaube, dass das Meckern 
der Becassine nur mit dem Schnabel hervorgebracht wird. 

Von mehreren Schriftstellern wird die Zahl der Eier zu 4 und 5 
angegeben; obgleich ich doch wohl schon einige hundert Nester gefun- 
den, so habe ich doch nur stets 4, nicht mehr und nicht weniger Eier 
darin gefunden. 2 

Auch der stummen Schnepfe — Haarschnepfe — Scolopax galli- 
nula — wird von allen Schriftstellern kein Laut beigelegt, und doch 
habe ich sehr häufig im Herbste beim Aufsteigen ein leises kik oder 
kek und nur‘ einmal im Frühjahr 1845, aber auch nur dies einemal zur 
gedachten Jahreszeit denselben Ton von ihr gehört. 


291 


Y 


Muscicapa collaris. 

Ein Männchen dieser Art sah ich im Herbst 1837 mit mehreren 
 Süngerarten zusammen auf dem Zuge am Strande der Ostsee in kleinem 
Erlengesträuch. Den 20. April 1852 wieder ein Männchen bei meinem 
jetzigen Aufenthaltsorte, in einem 60—80jährigen, mit einzelnen alten 
Birken gemischten Kiefernbestande, konnte aber aller Mühe ungeachtet 
das Nest nicht auffinden. 


Den 15. Mai 1852 fand ich einen Horst von Ströx bubo mit 2 etwa 
8 Tage alten Jungen. Der Horst oder vielmehr hier Nest, war an der 
Erde, in einer kleinen Vertiefung, ohne alle Unterlage. Vor 3 Jahren 
hatte er es in der Nähe auf einer Eiche, wo ihm die Jungen genommen 
wurden, seit der Zeit hatte er den Horst nicht mehr besucht. Ein Maul- 
wurf lag neben den Jungen. 

Auch bei meinem frühern Aufenthaltsorte — Morgenstern bei Bü- 
tow, — habe ich einige Horste, welche an der Erde unter Kiefern wa- 
ren, gesehen, jedoch die Mehrzahl auf Bäumen, entweder auf einem 
starken Seitenaste oder in der Gabel des Baums, jedoch keines über 
30 Fuss hoch. 

Ende Mai 1852 sah ich, wie Jynx torquilla Baumaterialien in eine 
' Baumhöhle trug. Den 4. Juni lagen 7 unbebrütete Eier in dem Neste, 
welche ich fortnahm. Den 13. Juni waren wieder 8 Eier in demselben, 
auch diese nahm ich fort. Den 22. Juni lagen nichts destoweniger 11 
Eier im Neste, welche ich ihn ausbrüten liess, und kamen auch die Jun- 
gen bis auf 1 Ei aus. - 

Den 28. April und 2. Mai 1852 fand ich ein Krähennest, Corvus 
‚cornix, worin 3 gewöhnlich gezeichnete Eier lagen und ein dem Staarenei 
in der Farbe täuschend ähnliches, jedoch von der Grösse der Kräheneier, 
welches letztere aber leider jedesmal beim Heruntersteigen vom Baume 
zerbrochen wurde. Schon im Jahre 1837 wurde mir von einem glaub- 
würdigen Manne versichert, dass er in den Jershöfter Kiefern beim Aus- 
‘ nehmen der Krähennester in 2 derselben je 1 weisses Ei unter andern 
gewöhnlich gefärbten Kräheneiern gefunden habe. Nur Gloger in seinem 
Handbuche der Naturgeschichte der Vögel Europa’s I. S. 153 erwähnt, 
dass mitunter, und zwar alle*) in einem Neste — einfarbige der Hecken 
braunelle ähnlich gefärbte Eier sich vorfänden. Auch Paessler in der 


*) Auch einzelne in einem Gelege, und gar nicht selten. Die Red. 


19° 


292 


Naumannia I. Jahrgang, I. Heft, S. 40 berichtet über zwei so gefärbte 
Eier. Jedoch müssen dieselben sehr selten vorkommen, weil ich doch 
unter wohl 1000 Eiern nur diese beiden ‘gefunden habe. 

Das Nest von Turdus viscivorus habe ich nur einigemal auf Kiefern, 
sonst immer auf Eichen und zwar in gemischtem Holze, wo Kiefern in 
Menge standen, immer doch nur auf ersterer Holzart das Nest gefunden. 

Sturnus vulgaris nistete im Jahr 1836 auf der Bockwindmühle in 
Bartzwitz, und zwar oberhalb der Thür in dem Balken, worauf das Dach 
steht, indem derselbe auf 2 Fuss ausgefault war; merkwürdig war es, 
dass selbst beim Drehen der Mühle der Vogel jedesmal sein Nest wie- 
der fand. 

Sylvia nisoria war bei Bartzwitz und ‚Ruezenhagen der gemeinste 
Vogel; hier und an den andern Orten, wo ich gewesen bin, habe ich 
denselben gar nicht bemerkt. | 

Von Picus viridis fand ich den 14. Mai 18414 das Nest mit 7 zur 
Hälfte bebrüteten Eiern in einem 30 Morgen grossen 70—-80jährigen 
Eichenwäldchen in einer kaum 1 Fuss starken Eiche, 3 Fuss von der 
Erde entfernt. 

Den 9. Mai 1841 fand ich Certhia famikaris ı ai 5 Eiern 4 Fuss 
von der Erde entfernt, offen und freistehend, da wo von 2 nebeneinander- 
stehenden Kiefern eine abgehauen war, auf dem Stubben derselben, die 
Hinterseite des Nestes sich an die stehende Kiefer anlehnend. 

Sitta europaea brütete am 18. April 1841 auf 3 Fuss Höhe von 
der Erde, da wo 2 Kiefern zusammengewachsen waren. Nur diess und 
ein 1852 gefundenes Nest, letzteres 8 Fuss von der Erde, waren so 
niedrig, sonst habe ich keins unter 15 Fuss gefunden. 

Picus major hatte das Nest 3 Fuss hoch in einer Eiche und ist 
diess das einzige Nest, welches ich so niedrig von der Erde gefunden 
habe. Den 20. Mai 1852 fand ich ein Nest von demselben in einer 
Espe an der Landstrasse. Ich haute dasselbe aus und es lagen 2 Eier 
darin. Zufälligerweise kam ich den zweiten Tag wieder diese Strasse 
und 1 Ei lag neben dem Baume, 3 Fuss vom Stamm entfernt, auf der ° 
Erde, im ausgehauenen Loche war nichts. Sollte derselbe beim Drange 
des Legens dasselbe auf die Erde gelegt haben? Späterhin brachte der- 
selbe noch in dem Loche 2 Junge aus. 

Budytes flava hat seit 3 Jahren (1851—1853) nahe bei meinem 
Hause gebrütet, und zwar habe ich beide Gatten — was wohl sehr sel- 
ten ist, vorzüglich vor der Brütezeit — mehrere Male in meinem .Garten 


293 


und auf dem Hofe bemerkt. Es ist nur diess eine Päärchen hier in der 
ganzen umliegenden Gegend. 

Der diessjährige Vogelfang (1852) -—— Dohnenstrich — war ausge- 
zeichnet zu nennen; auch in der ganzen Umgegend, selbst auf 5—6 Meilen 
— so weit ich Gelegenheit gehabt habe Kenntniss zu bekommen — so 
ergiebig, wie er noch nie gewesen ist. Ich habe 1000 Vögel gefangen 
und in dem nahe liegenden adeligen Revier einige Tausend, bei Rügen- 
. walde in einzelnen Forsten gegen 2000, Ich selbst habe 3 Ringdrosseln, 
Turdus torquatus, gefangen — doch ist mir unter einigen tausend unter- 
suchten Vögeln nichts Seltenes vorgekommen. 

Auch 1853 war der Fang sehr ergiebig, doch kann man gegen 
1852 nur *%%, annehmen. Viele Turdus pilaris und iliacus waren dieses 
Jahr unter dem Fange, auch eine Ringdrossel. In der Umgegend ist 
seit mehreren Jahren keine derselben gefangen. 

Forsthaus. Schlosskämpen bei Cöslin den 10. Juni 1854. 


w. Hintz I. 
Königlicher Förster. 


Protokofll-Beilagen. 


(Beilage Nro. 1.) 


Ueber die Farben der Vogelfedern im Allgemei- 
nen, über das Schillern insbesondere. 


Von 
Bernard Altum. 


Schon seit längerer Zeit habe ich mich, vorzüglich angeregt durch 
die Verfärbungstheorie, 'in so fern sie als erwiesen festgestellt ist, mit 
der Frage nach dem Grunde der verschiedenen Färbung der Vogelfedern 
beschäftigt. Ausser der Verfärbung ist gewiss der oft grosse Unter- 
schied der Farbe des Gefieders bei einer und derselben Species nach 
Alter, Geschlecht, Jahreszeit, ja nach Individualität höchst merkwürdig, 
wenn man auch von einzelnen Abnormitäten, wie sie die Albinos und so 
‚oft diejenigen Vögel zeigen, die ihrer eigentlichen Lebenssphäre entrückt 
in der Gefangenschaft leben, abstrahiren will. Dieselbe Frage, die ich 
mir zur Beantwortung vorgelegt, ist auch von Andern schon mehrfach 
aufgeworfen, aber meines Wissens nicht beantwortet, und diess vielleicht 


294 


desshalb nicht, weil sie schon von vorn herein etwas zu suchen sich 
vornahmen, was gewiss schwer zu finden ist, und dagegen andere Er- 
scheinungen, die jedem auch nur flüchtigen Beobachter und Forscher 
nicht entgehen können, merkwürdiger Weise gar nicht berücksichtigten. 

Es gibt im Allgemeinen eine doppelte Ursache, welche uns irgend 
einen Körper in einer bestimmten Farbe erscheinen lässt: © 

1. eine farbige Materie, einen Farbestoff, Pigment, wie 
ein solches z. B. das Chlorophyll der Blätter, oder bei einer etwas ge- - 
steigerten Oxydationsstufe im Herbste das Xanthophyll und Erythrophyll 
ist. Hier kann man das Pigment (die grüne, gelbliche, röthliche Farbe) 
vom Gegenstande durch irgend welchen Prozess trennen, es als Farbe- 
stoff isoliren und andern Körpern mittheilen. Auf ein solches Pigment 
ist man bei der Frage nach den Federfarben verfallen, nach ihm hat man 
gesucht, und, so viel mir bekannt ist, bis jetzt vergebens. Ich will und 
kann hier einen farbigen Stoff keineswegs leugnen, vielmehr nöthigen 
mich manche unten zu erwähnende Erscheinungen zu der Annahme, dass 
dieser oder ein Analogon in den Federn wirklich sich vorfindet; jedoch 
gibt es auch andere Phänomene, die durch Pigmentbildung und Ablage- 
rung nie und nimmer erklärbar sind, sich jedoch aus der zweiten Ursache 

2. der physikalischen Beschaffenheit der Federn resp. ihrer 
Oberfläche sehr wohl erklären lassen, und eben auf diese zweite, bis 
jetzt noch nicht berührte Ursache möchte ich hier hinweisen. Um an- 
ticipirend mich verständlich zu machen, erinnere ich nur an die allbe- 
kannten Farben des Regenbogens, des Spectrums, der Seifenblase, des 
sonnenverbrannten Glases, des angelaufenen Stahles, des Perlmutters etc. 
Niemand wird doch hier behaupten wollen, dass diese von einem rothen, 
gelben, blauen etc. Farbestoff herrühren. — Ich würde nicht näher 
darauf einzugehen mich veranlasst fühlen, sondern nur einfach auf die 
Erscheinungen hinweisen, wenn das Ganze nur eine sterile Farbentheorie 
zu constituiren im Stande wäre. Da sich jedoch an die Farben und den 
Farbenwechsel beim Gefieder der Vögel so manche andere die physio- 
logische Thätigkeit des Organismus berührenden Fragen anknüpfen kön- 
nen und angeknüpft haben, z. B. ob und in welcher Weise eine sich 
verfärbende Feder wieder auflebe, von Neuem vom Körper Pigmentab- 
lagerung empfange, und man da als Beispiel von einem zur Zeit schlum- 
mernden und später reviviscirenden Organismus aus andern Theilen der 
Naturwissenschaft Manches (freilich nicht Passendes) anführte: so erlaube 
ich mir hier den angezogenen Gegenstand ausführlicher zu entwickeln, 


295 
nicht um etwa Endresultate zu liefern, sondern einen neuen Weg zu 
zeigen, worauf vielleicht etwas gefunden werden könnte, wodurch manche 
frühere Frage ihre Beantwortung, bezüglich ihre Beseitigung findet. 

Ich erlaube mir hier auf die Undulationstheorie des Lichtes und die 
unsern Gegenstand betreffenden Erscheinungen zum allgemeinen Ver- 
ständniss desselben etwas näher einzugehen, ohne mich jedoch auf voll- 
ständige Erörterungen, nähere Nachweise oder. gar Beweise einzulassen. 
Die Summe aller Farben erscheint uns als weisses, farbloses Licht. Es 
erscheint uns dann in allen seinen Einzelfarben, wenn durch ein 
farbloses Medium hindurchgehend die Wellen von verschiedener. Länge, 
welche es zusammensetzen, verschieden abgelenkt werden (Brechung); 
und irgend eine Einzelfarbe desselben gelangt in unser Auge von 
: einem Körper, der die Fähigkeit besitzt, die sämmtlichen übrigen zu ab- 
sorbiren und bloss die eine zu reflectiren. Beispiele für den ersten Fall 
bieten die vorhin schon genannten Phänomene des Regenbogens und des 
Spectrums. Hier erscheinen uns die 7 (richtiger 6) sogenannten Regen- 
bogenfarben in constanter Reihenfolge: Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau 
(Indigo), Violett nebst den unzähligen Uebergängen von einer Farbe in 
die andere. Diess dioptrische Phänomen berührt unsern Gegenstand je- 
doch nur in so fern, als er einen sichern Anhaltspunkt der in Frage 
stehenden katoptrischen Erscheinungen bietet. Diese letzten, um die es 
sich hier zunächst handelt, basiren auf dem zweiten Falle, wo uns von 
dem meisten Lichte irgend eine Einzelfarbe, irgend ein Bruchtheil re- 
flectirt wird, und ich gehe desshalb zur Erklärung der Interferenz- 
farben über, die für manche Erscheinungen bei‘den Vogelfedern den 
tiefern Grund abgeben. Das verschiedene Licht hat nämlich eine ver- 
schiedene Wellenlänge, so hat das Roth die grösseste, Violett die kleinste, 
dazwischen liegen Orange, Gelb, Grün, Blau und alle zwischen je zwei 
Farben denkbaren Mittelstufen. Ist nun die Oberfläche eines Körpers 
- mit dünnen durchsichtigen Blättchen belegt, bedeckt sich z. B. ein Metall 
mit einer dünnen Oxydschicht (Anlaufen des Stahls) oder hat derselbe 
einen derartigen Ueberzug, so wird der einfallende Lichtstrahl theils von 
der oberen, theils von der unteren Fläche derselben unter dem Einfalls- 
winkel zurückgeworfen. Der von der untern Seite des dünnen Blätt- 
chens reflectirte auf der äussern austretende Lichtstrahl trifft dort mit 
einem andern von demselben Punkte reflectirten, mit dem ersten parallelen 
Lichtstrahl zusammen, man sagt: er interferirt mit ihm. Beide sind 
weisses Licht, d. i. Lichtwellen von ganz verschiedener Wellenlänge; 


. 296 


allein die Theilchen beider Lichtstrahlen sind in einer verschiedenen 
‚Phase der Schwingung begriffen, indem von den beiden ursprünglich gleich. 
schwingenden Lichtwellen die eine einen längern Weg zurückgelegt hat, 
als die andern, bis sie wieder vereinigt werden und austreten. Entspricht 
diese Differenz der Wege beider Strahlen gerade der halben Wellen- 
länge irgend einer Farbe, so löscht sich aus dem heraustretenden Lichte 
eben diese aus und es erscheint dasselbe mit dem Inbegriffe der übrigen 
Farben, die die complementäre Farbe ausmachen. (Die Complementär- 
farbe von roth ist grün, von grün roth, von gelb violett, von violett 
gelb, von blau orange, von orange blau.) Verändert man die Dicke des 
dünnen Blättchens, so verändert man die Differenz der Wege und somit 
ist sie nicht mehr gleich der halben Wellenlänge für die vorige Farbe; - 
aber eine andere Farbe des weissen Lichtes hat eine gleiche Wellen- 
länge, sie wird nun ausgelöscht und ihre complementäre Farbe er- 
scheint. Verdünne ich z. B. durch Einblasen von Luft die Wand der 
Seitenblase, so erscheint mir mit jedem Augenblicke eine andere Farbe. 
Dass die Differenz nicht gerade Y, Wellenlänge sein muss, um die Farbe, 
deren Wellenlänge A ist, auszulöschen, sondern auch 3% A, 5% A etc. 
allgemein: ga as s 
mit die Farbe ändert nach dem Winkel des auffallenden Lichtes, braucht 
wohl kaum erwähnt zu werden. — Auf eine weitere Theorie will ich 
hier nicht eingehen, da. das Gesagte zur Würdigung des Folgenden 
hinreichen wird. (Bekannte physikalische Experimente zeigen diese Facta 
zur Evidenz.) — Nur möchte ich noch eben anführen, dass die Lehre 
von den Farben dünner Blättchen im Allgemeinen mit der Lehre von 
den Gitterfarben übereinstimmt. Zeigt nämlich ein Körper statt dün- 
ner Blättchen eine fein gegitterte, zerkritzelte, fein gefurchte Oberfläche, 
so werden die Lichtwellen,, wie dort von der obern und untern Seite 
der Blättchen, so hier von einem höhern oder niedern Punkte des Ge- 
gitters reflectirt, und es treten dann dieselben Gesetze und Erscheinun- 
gen ein. Als Beispiel erinnere ich nur an. das Farbenspiel des Perl- 
mutter, der in feines Siegellack abgedrückt, diesem sogar, weil die ge- 
gitterte Oberfläche, desshalb auch den Farbenglanz mittheilt. 

Auf diese beiden Kapitel der neuern Optik: von den Farben dünner 
Blättchen und den Gitterfarben, gestützt erkläre ich mit Bestimmtheit das 
metallische Schillern der Vogelfedern als nur aus diesen Ursachen 
herrührend. Wenn Beweise durch Analogie überhaupt in der Natur- 


ı sein kann, und dass sich die Differenz und so- 


297 


wissenschaft Sinn und Bedeutung haben, so müssen wir hier von ähnlichen 
„Wirkungen auf ähnliche Ursachen schliessen. Wenn der weisse Lichtstrahl 
durch ein Glasprisma fallend uns in die sechs Hauptfarben, in roth, orange, 
gelb, grün, blau, violett, zerspalten erscheint, und diese Farben stets in der- 
selben Reihenfolge und Weise sich zeigen, wenn uns die dünnblättrige 
oder gegitterte Oberfläche so vieler Körper so deutlich die erwähnten Er- 
scheinungen stets constant darstellen, so können wir die Schillerfarben 
der Vögel, wo sich je nach dem Einfallswinkel des Lichtes dieselben 
Phänomene darbieten, wo dieselben Farben in derselben Reihenfolge, 
mit denselben Uebergängen stets. und allemal auf jene Erscheinungen hin- 
weisen, nicht für eine farbige Materie, für ein Pigment, sondern einzig 
für auf physikalischer Beschaffenheit beruhende Lichterscheinung halten *) 
Wenn, wie gezeigt, die Dicke des dünnen Blättchens **) die Farbe be- . 
dingt, so bleibt diese bei den schillernden Federn freilich dieselbe, aber 
wir lassen auf diese den Lichtstrahl unter einen stumpfern oder spitzern 
Winkel einfallen, das Licht also in dem Blättchen einen kürzern oder 
längern Weg durchlaufen, was dieselbe Erscheinung zur Folge haben 
muss. So kommt es, dass z. B. die Pfauenfeder, die uns eben dunkel- 
blau erschien, jetzt ein wenig gewendet uns grünblaues, noch mehr ge- 
wendet grünes, gelbgrünes, gelbes, orangenes Licht reflectirt. Dass wir 
die beiden Extreme ‘der Speetrumsfarben violett und roth nicht sehen. 
hat einzig darin seinen Grund, weil die betreffenden Reflectionswinkel 
des Lichtes unser Auge nicht mehr treffen können. Wahrscheinlich ist 
es freilich, dass etwa ein Pigment unter den dünnen Blättchen abgela- 
gert sei, auch will ich nicht in Abrede stellen, dass die Lamellen, die 
als feines Gegitter oder als dünne Blättchen uns das Licht so oder an- 
ders reflectiren, selbst durch Pigment gefärbt sein können, allein Letz- 
teres wenigstens bedürfte noch erst eines Nachweises. Das Changiren 
selbst ist niemals durch Farbstoflablagerung zu erklären, — Man hat 
dieser Theorie das Schillern von Limenitis iris entgegengestellt, das doch 
‚von einer Construction der Schüppchen herrühre, die mit den Gitterfar- 
ben oder den Farben dünner Blättchen nichts gemein habe. Ich erwie- 


*) Dass überhaupt die Farbe sehr von der physikal. Beschaffenheit: dependirt, 
zeigt jeder fein zertheilte, gepulverte Gegenstand, der mehr oder weniger seine 
frühere Farbe verlierend sich dem Weiss nähert; sogar' fein zerriebene Kohle 
erscheint mehr schiefergrau. Der Schaum von grüner, ‘brauner, rother. Seife ist 
weiss etc. eic.... 

**) Alles was von den dünnen Blättchen gesagt wird, gilt selbstredend auch 
von den Gitterfarben, 


298 


dere hier, dass das Schillern mit jenem auch nichts gemein habe. 
Ich kenne sehr wohl den Grund dieses auffallenden Farbenwechsels von. 
L. iris und ilia, die uns bald eine schwarze, bald eine schön blaue 
Farbe zeigen; oder von den verschiedenen Varietäten der letzteren: 
elytie, metis, rubescens, lutea, die braun (oder bräunlich, gelblich) und 
blau; von den meisten Hipparchien im frischen Zustande, z.B. tyndarus, 
eudora, briseis, semele etc. etc. die braun und grün schillern. Ich er- 
laube mir aber die Bemerkung, dass schon desshalb das Schillern der 
Schmetterlingsflügel mit dem der Vogelfedern nicht im Entferntesten zu 
parallelisiren ist, weil kein Schmetterling in den Farben des Spec- 
trums schillert; keiner zeigt uns erst eine (rothe), dann eine orange, 
gelbe, grüne, blaue, (violette) Farbe und deren allmählige Uebergänge, 
sondern es ist hier nur ein Wechsel zwischen zwei abgegrenzten Farben, 
die im Spectrum nicht einmal (oder eventuell nur zufällig) verbunden 
sind. Bei den angeführten Beispielen ist diess um so evidenter, da 
schwarz und braun nicht einmal Farben des Spectrums sind. Ich be- 
sitze in meiner Sammlung eine Colias edusa aus Tyrol, die von orange 
i nviolett schillert. Orange und violett kommen freilich als Farben im 
Spectrum vor, sind aber dort durch Roth getrennt niemals Nachbarfar- 
ben. Auch findet bei der Col. edusa durchaus keine Uebergangsstufe 
statt.. 

Ausser dem Erwähnten ist ein zweiter Grund für meine Theorie, 
dass gerade Metall- und Schillerfarben nicht, oder viel weniger, verblei- 
chen, als die übrigen. Verbleichen aber ist eine Oxydation (oder Des- 
oxydation), welcher die Einwirkung des Lichtes Vorschub leistet. Oxy- 
dation aber ist eine chemische Verbindung, nicht eine physikalische 
Veränderung. N 

Es gibt noch andere Erscheinungen, die nur durch eine eigenthüm- 
liche Struktur der Federn, nicht aber durch Pigmentablagerung bedingt 
scheinen, z. B. die metallisch glänzenden Kehlen der Colibris, deren 
wundervoll herrlicher Glanz uns sofort in Schwarz verändert scheint, so- 
bald wir den Vogel nur wenig gegen das einfallende Licht wenden. 

Schliesslich erkläre ich wiederholend, dass also das Schillern in Me- 
tallfarben, wozu ich auch den oft nur schwachen kupferfarbenen oder 
violetten Glanz, wie ihn z. B. so viele unserer grössern Raubvögel zei- 
gen, rechne, nur aus der physikalischen Beschaffenheit der Federn zu 
erklären sei. | 

Fragen wir nun weiter, ob eine physikalische Beschaffenheit auch bei 


299 


den Federn, die keinen derartigen Glanz und Schiller haben, den Grund 
ihrer Farbenerscheinung ausmache, ob z. B. auch bei denjenigen Federn, ' 
deren Farben nicht einmal im Spectrum vorkommen: so ist die Antwort 
auf diese Frage nicht mit der Bestimmtheit zu geben, die sich bei obiger 
Farbenerklärung zeigt. Von vorn herein sollte man sagen, dass wenn die 
einen Federn bei einem Vogel (z. B. die goldiggrünen bei Trogon resplen- 
dens) ihre Farbenerscheinungen aus irgend einer Ursache empfangen, die 
anderen (z. B. die schön rothen bei demselben) nicht ganz und gar die- 
ser Ursache entbehren würden. Der Einfluss der physikalischen Beschaf- 
fenheit der Federn auf die Farbe in dieser weitern Ausdehnung, den 
ich früher und auch noch in Gotha ihm zu vindiziren, auf Experimente 
gestützt, mich für berechtigt hielt, erleidet jedoch dadurch eine bedeu- 
tende Beschränkung, dass nach gründlicheren Versuchen ihm die Haupt- 
stülze zum grössten Theil entzogen ist. Ich will diesen (frühern Haupt-) 
Grund ‘zuerst anführen und dann die übrige Gründe, die ich pro und 
contra habe, folgen lassen, woraus dann wohl die Feen zu ziehen 
ist, dass die Farbenerscheinung überhaupt ein Produkt zweier Fak- 
toren, Farbstoff und physikalische Beschaffenheit, ist, von 
denen bald der eine, bald der andere vorwiegt. Wenn ich nun beim 
Folgenden vorzüglich das, was für die Letztere spricht, hervorhebe, so 
geschieht es lediglich desshalb, weil gerade dieses physikalischen Faktors 
in den Aufsätzen, die ich über Federfarben, Verfärbungstheorie, Grund 
der Verfärbung etc. las, noch nie Erwähnung geschah, da er doch na- 
mentlich bei den Federn, die mit ivgend welchem Metallglanz verfärben, 
wohl recht hoch angeschlagen werden möchte. Jedenfalls ist dem Pig- 
mente nicht eine so grosse Rolle beizulegen, es gar als einziger Grund 
der Farbenerscheinung zu bezeichnen, wie bisher geschehen. Und wenn 
im Journ. d.-Ornith. von Dr. Cabanis Jahrg. I., Heft V in einem Auf- 
satze der Kohlenstoff und dessen Ablagerung wieder und wieder als 
. Farbengrund urgirt wird, so möchte ich mir über diese neue Theorie, 
in der ich weder irgend eine Analogie noch die geringste wissenschaft- 
liche Basis zu erkennen im Stande bin, gern nähere Erklärung ausbitten. 
Ich lasse jetzt meine verschiedenen Gründe folgen: 

4) In Gotha erklärte ich, dass die Federn mit Chlor behandelt, ihre 
Farbe behielten, ein offenbares Zeugniss gegen Pigment, und ich 
konnte um so offener diese Erklärung abgeben, als sich auch nicht 
die geringsten Spuren von Farbenveränderungen an den den Chlor- 
dämpfen ausgesetzten Federn gezeigt hatten. Jetzt habe ich die 


2) 


3) 


300 


Versuche wiederholt, und nicht bloss Chlor, sondern auch Ammo- 
niak, Aether, Alkohol, Mischung aus Aether und Alkohol ange- 
wandt und erfreute mich schon desselben Resultates. Alle Federn 
hatten jeder Einwirkung dieser chemischen Agentien widerstanden. 
Ich hatte schon die Ergebnisse aufgezeichnet, als ich nach einigen 
Tagen mehrere Federn, die vom Freitag bis Montag in Chlorwasser 
gelegen, vom Chlor heftig inficirt fand. Obgleich dieses Factum das 
Gewicht der physicalischen Beschaffenheit bedeutend schwächt, so 
freut es mich doch sehr, selbst der Wahrheit näher gekommen zu 
sein, und ich vermuthe jetzt, dass höchst wahrscheinlich die Federn, 
in ihren feinsten Theilchen von irgend welcher (etwa hornartiger) 
Bekleidung überzogen, den Chemikalien so lange hatten trotzen 
können. Diese Umhüllung könnten nun sehr wohl die dünnen 
Blättchen sein, die entweder bei einigen den Schiller bewirken, 
oder überhaupt die Farbe modificiren und bestimmen. Zum Belege, 
dass diese Vermuthung keine leere, auf nichts als vorgefasste 
Meinung beruhende Hypothese sei, füge ich um so lieber gleich 
hinzu, dass 

nach neuester Entdeckung, worüber ich freilich noch nichts näher, 
als flüchtige mündliche Mittheilung erfahren habe, sich beim Ver- 
färben der Federn ein gewisses Abblättern, Abschälen der feinsten 
Theilchen zeigt. Es wäre das dann eine analoge Erscheinung, wie 
das Häuten der Raupen und Schlangen, das Abwerfen des Gewei- 
hes der Hirsche etc. Jedenfalls würde durch dieses Alteriren der 
gegitterten oder mit dünnen Blättchen versehenen Oberfläche und 
der damit verbundenen Farbenveränderung, Verfärbung der Federn 
meine Behauptung nur gestützt, und die Verfärbung gegen alle 
früheren Hypothesen als wenigstens theilweise auf physikalischen 
Gesetzen beruhend, wahrscheinlicher gemacht werden. 

Zu beachten ist ferner die verschiedene Dauerhaftigkeit der ver- 
schieden gefärbten Stellen einer und derselben Feder. Ich be- 
schränke mich hier auf einige allbekannte Erscheinungen hinzu- 
weisen. Beim Charadrius pluvialis und vielen andern Vögeln zeigt 
sich kurz vor der Mauser sehr deutlich, dass die dunklern mit 
hellern Randflecken versehenen (Flügel)federn an den heller ge- 
färbten Theilen stark abgenutzt sind, während die dunklern Partieen 
wenig oder gar nichts gelitten haben, so dass eine solche Feder 
wahrhaft sägeförmig erscheint. Beim Sturnus vulgaris schwinden 


301 


mehr oder weniger die meisten Federspitzen durch Abreiben, nicht 

etwa weil es die Spitzen, sondern weil es weisse Spitzen sind, 
denn es hört das Abreiben gegen die dunklere Begrenzung wie 
‚abgeschnitten auf. Ferner: die hellern Federkanten des Jugend- 
und Winterkleides so vieler Vögel zeigen dasselbe. Dass in glei- 
cher Weise schwarze Tropfflecke, Ränder, Zeichnungen sich ab- 
reiben, ist mir nicht bekannt. Wenn sich also hier eine verschie- 
dene Festigkeit, Dauerhaftigkeit zeigt, so ist nicht abzusehen, 
wesshalb das Pigment bloss wegen einer verschiedenen Farbe 
auch eine verschiedene CGonsistenz den Federtheilen mitthei- 
len sollte. Ist aber die Farbenerscheinung eben (wenn auch nur 
theilweise) Folge einer anderartigen Struktur, so findet das vor- 
liegende Phänomen viel leichter seine Erklärung. 

.4) Der oft ausserordentlich grosse Unterschied der Farben verschie- 
dener Kleider desselben Vogels scheint mir weniger erklärbar 
durch einen ganz anderartig gefärbten Stoff, als durch eine geringe 
Strukturveränderung der Feder. Derselbe Organismus müsste oft 
bei fast gleichen Lebensverhältnissen des Vogels im ersten Falle 
dann ein weisses, dann das Diametral entgegengesetzte schwarze, 
dann ein rothes, dann das complementäre grüne etc. etc. Pigment 
bilden, ausscheiden und in den Federn ablagern. Lehren mich 
hingegen andere Thatsachen, dass z. B. höheres Alter, verschie- 
denes Geschlecht, wechselnde Temperatur etc. auch. sonst manche 
Strukturen verändern, so sehe ich nicht ein, wie ein auf meine 
Theorie gegründeter Farbenwechsel so viel Auffallendes haben 
könnte. 

5) Alle Flaumfedern, so wie auch die untern verdeckten Theile der 
andern Federn zeigen auch dem blöden Auge, und dem stumpfen 
Tastsinn eine ganz andere Struktur als die übrigen Federn und 
Federtheile. Und dieser auffallende Strukturunterschied. zeigt sich 
eben so gross in der Farbe. Während die einen mehr oder we- 
niger lebhaft, bunt, beztimmt, kräftig gefärbt und gezeichnet sind, 

- zeigen die andern eine matte, gleichförmige, weissliche oder grau- 
liche Färbung. Sollte Pigment der einzige Grund sein, warum 
lagert sich denn in diesen Federn nicht auch stets oder vorwie- 
gend, oder nur zum Theil, ja nur wenigstens einmal ein entschie- 
dener, markirt gefärbter Stoff ab. (Dass bei einem weissen Vogel 
Flaum und sonstige Federfarbe gleich ist, ist zufällige Ueberein- 


6) 


302 


stimmung.) — Ja das Phänomen müsste sich wenigstens aus einer 
Rücksicht geradezu umkehren, es müsste sich das Entgegengesetzte 
zeigen: der Flaum und die sonstigen flaumartigen verdeckten Fe- 
dertheile müssten, vor Licht und Luft mehr geschützt, die Pigment- 
farbe intensiv erhalten, während das übrige Gefieder den äussern 
Einflüssen ausgesetzt, verbleicht gegen jene matt abstechen müsste, 
so wie wir nicht selten bei Schmetterlingen, deren Vorderflügel 
die hintern bei der Ruhe bedecken, die ersten ganz verblichen, 
die zweiten aber noch schön intensiv gefärbt finden. 

Man könnte mir einwenden, dass doch die meisten Federfarben 
gar nicht im Spectrum vorkommen, also auch nicht durch die ganz 
oder theilweise darauf beruhende Theorie zu erklären seien. Viel- 
leicht ist dieser Einwand nur scheinbar. Abgesehen davon, dass 
ich auf. der physikalischen Factor nicht allein recurrire, sondern 
allerdings auch eine Pigmentbildung (wenigstens nach dem jetzigen 
Standpunkte unserer Kenntniss hierüber) annehme, wäre eine 
nicht im Spectrum vorkommende Farbe doch immer noch physika- 
lisch zu erklären. Braun, eine sehr gewöhnliche Federfarbe, ist 
z. B. eine solche. Es ist aber diese eine Mischung der comple- 
mentären Farben roth und grün, die im Spectrum durch orange, 
gelb und unzählige Mittelstufen getrennt sind. Somit. können sich 
hier beide Farben nie vereinigen; wohl aber ist eine solche Struk- 
tur der Federn denkbar, dass uns die eine Lamelle die rothe, die 
folgende die grüne Farbe reflectirt, und beide vereinigt in unserm 
Auge den Eindruck des Braunen hervorbringen. Aehnlich wären 
alle übrigen, wäre sogar Schwarz zu erklären. 


7) Entschieden für Pigment spricht das Verbleichen so vieler Vogel- 


8) 


federn durch die Einwirkung des Lichtes und der Luft. So schwin- 
det das zarte Gelb der Mergus merganser zum Verdruss des Ca- 
binetbesitzers nur zu schnell; der gemeine Eisvogel soll kurz nach 
der Tödtung schon beim Erkalten seinen herrlichen Glanz in etwas 
einbüssen. Mag der Grund der Farbe hier wirkliche Pigmentabla- 
gerung oder Tränkung mit ätherischen Oelen oder Aehnlichem sein, 
so ist doch nicht physikalisch, sondern chemisch das Schwinden 
zu erklären. ’ 

Das Abfärben mancher Federn, z. B. beim gewöhnlichen grauen 
Reiher, widerstreitet ebenfalls meiner Theorie. Es beruht dieses 
wohl auf äusserlicher Ablagerung von Pigmentkügelchen. 


303 


Vorstehendes sind nun meine Gedanken über die Farbenerscheinun- 
gen bei den Vögeln, und die Gründe, worauf ich mich hauptsächlich 
stütze. Ich weiss recht wohl, dass man, die Interferenzerscheinungen 
bei dem Schiller abgerechnet, Manches gegen das Gesagte vorbringen 
kann, und ich erwarte auch Entgegnungen, resp. Widerlegungen. Allein 
da die physikalische Beschaffenheit als Farbengrund bei einigen Federn 
unverkennbar, und auffallend genug dieses handgreifliche Phänomen nie 
beachtet ist, sondern man stets nur nach einem färbenden Stoff fragte, 
so wolle man nicht ohne Weiteres, ohne genaue Prüfung und Beobach- 
tung diesen Faktor bei den andern Federn und Federfarben verwerfen, 
zumal da er wohl geeignet wäre etwas Licht in die Verfärbungstheorie 
zu bringen. Ich möchte hier noch eben auf das mir bis jetzt unbegreif- 
liche »Zurückziehen des Farbestoffs« z. B. bei Muscicapa atricapilla hin- 
weisen. Herr Pastor Brehm zeigte uns in Gotha .an einer Turdus cya- 
neus die Verfärbung, und unwillkürlich fiel mir, als ich zwei dieser Vögel 
in der Hand haltend untersuchte, meine Farbentheorie ein. Der junge 
Vogel zeigte ein schmutziges, grauliches Blau, wohingegen das ausge- 
färbte Kleid einen herrlichen blauen Schimmer zeigte, denselben Farben- 
typus, den ich mir schon längst als auf Struktur der Federn beruhend 
erklärt hatte. — Es gibt auch, abgesehen von aller Verfärbungstheorie 
der hier zunächst zw beobachtenden und untersuchenden Farben, un- 
ter den sehr gemeinen, Allen zugänglichen Vögeln eine hinreichend 
grosse Auswahl. So hat Telm. gallinula auf dem Rücken mehrere me- 
tallglänzende Streifen, Col. oenas, palumbus schillert am Halse, die Elster 
zeigt namentlich in den Schwanzfedern *) das Spectrum auch ohne eine 
verschiedene Wendung gegen das Licht, ohne Veränderung 
des Einfallswinkels (ich erinnere hier an die »sonnenverbrannten« 
Glasscheiben) ; etwas Aehnliches nur minder auffallend Vanellus cristatus. 
Ferner bieten die dunkel stahlblauen Federn so mancher Arten der Gat- 
tung Corvus, namentlich das schöne Gefieder von frugilegus, interessante 
Objecte der Untersuchung dar; die blaugrüne Farbe des Eisvogels, die 


”) Ich meine die Farbe der Schwanäspitze beginnt mit Blaulichgrün, geht 
über zum Grün, Gelbgoldig, Orange, Roth und schliesst mit Violett. Ein 
höchst merkwürdiges Phänomen! Es begähne dann das Spectrum nicht mit einer 
Extremfarbe, sondern mit einer der mittlern, so dass die Extreme — wie bei 
den Ringspektren, den sogenannten Newton’schen Farbenringen — Nachbarn wür- 
den. Es würden dann zwei Halbspectren auf einander folgen, also auch wohl die 
Dicke der reflektirenden Blättchen oder des Gegitters im zweiten Halbspectrum ein 
Multiplum der Wellenweite betragen. 


304 


diesem Vogel seinen, gewöhnlich unrichtig erklärten, Namen gegeben 
hat (Althochdeutsch ise, eise = blau), gehört nebst vielem Andern hierher. 
Dass bei ausländischen Vögeln die Masse der hier in Frage stehenden 
Erscheinungen sehr gross ist, ist: bekannt, doch möchten frische Federn 
wohl der Beobachtung besser dienen können. 

Da Zeit und Gelegenheit mir fehlt, selbst noch näher daseh mehr- 
fache Experimente und mikroskopische Untersuchungen auf die Sache 
einzugehen, so habe ich mir diese vorläufige Veröffentlichung erlaubt, 
um diejenigen, die sich hierfür interessiren und in Verhältnissen leben, 
fernere Beobachtungen anstellen zu können, auf die genannten Facta 
aufmerksam zu machen. Ich hätte noch mehrere Einzelnheiten anführen 
können, aber ich hielt das Genannte dem Zwecke entsprechend; ebenso 
wählte ich aus der Physik und Ornithologie nur ganz bekannte Beispiele, 
um dadurch um so klarer auf die Sache selbst hinzuweisen, — und bitte 
nun schliesslich um Veröffentlichung. der gewonnenen Resultate. 

Berlin, im Juli 1854. 
B. Altum. 


(Beilage Nro. 2,) 


Mittheilungen über meine literarische, sammlerische 
und beobachtende 'Thätigkeit im Gesellschaftsjahre 
1853 — 54. 


Von 


"Dr. N. Kjärbölling. 


Ich erlaube mir hier zunächst einige Worte über meine literari- 
sche Beschäftigung im verflossenen Jahre. Es war hauptsächlich die 
Beendigung meiner nun siebenjährigen Arbeit, der Ornithologia Danica, 
welche meine Kräfte in Anspruch nahm, an die ich denn eben auch 
nach Vermögen gefördert habe. Der Text dieses Werkes, 456 Octav- 
seiten, ist bisher freilich nur in dänischer Sprache erschienen, wozu ich 
durch eine öffentliche Unterstützung und die für mein kleines Vaterland 
bedeutende Theilnahme (von gegen 500 Subseribenten) verpflichtet war; 
ich bin jetzt auch ganz davon abgekommen, selbiges — was sonst meine 
Absicht war — auch mit deutschem Texte herauszugeben, da es für 


305 


Deutschland ausgezeichnete und vollständigere ornithologische Handbü- 
cher *) genug gibt, welche auch die dänischen und fast alle hochnordi- 
schen Vögel abhandeln, und was etwa in meinem Buche von besonderem 
Interesse für das Ausland sein möchte, werde ich allmählig in unserer 
Naumannia mittheilen können. _ Die Abbildungen dagegen können als 
Atlas für jeden, besonders deutschen, ornithologischen Text benutzt wer- 
den; er enthält auf 96 Foliotafeln 556 in Kupfer gestochene oder litho- 
graphirte, sauber colorirte Vögel, denen auch die deutschen Namen bei- 
gegeben sind. Etwas später, vielleicht aber noch in diesem Jahre, 
'beabsichtige ich die übrigen skandinavischen (schwedischen, norwegischen, 
isländischen und färöischen) in Dänemark bis dahin nicht beobachteten 
Vögel auf circa 8 ähnlichen Tafeln darzustellen; vielleicht füge ich dar- 
nach auch einige Tafeln mit Abbildungen der übrigen in Deutschland — 
in ‚Skandinavien aber nicht — vorkommenden Vogelarten hinzu. Der 
Hauptzweck des Bilderwerkes, bei welchem. das in den meisten 
ornithologischen Werken unbeachtete,_ proportionirte Grössenverhältniss 
streng und mühsam durchgeführt worden ist, war hauptsächlich der, 
eine beträchtliche Lücke in unserer (dänischen) Literatur auszufüllen **) ; 
demnächst im Allgemeinen einen billigen und doch möglichst gu- 
ten Handatlas der nordeuropäischen Vögel für Schulen und Selbstbeleh- 
rung zu liefern; daher auch, namentlich hinsichtlich der Colorirung, die 
etwaigen Mängel und Unrichtigkeiten, wenigstens zum grossen Theil 
durch den sehr niedrigen: Preis von 24 Thlr. preuss. Cour. sich ent- 
schuldigen lassen, besonders im Vergleich mit anderen noch theureren 
ornithologischen Werken. 

Meine seit 6 Jahren begonnene Sammlung europäischer Vö- 
gel zählt jetzt gegen 450 Species und 4000, zum Theil gestopfter,. mei- 
stens aber in schönen Bälgen aufbewahrter Vögel. Durch Tausch und 
Kauf habe ich diese — da ich nur schöne, reine und wohl präparirte 
Exemplare annehmen wollte — oft kostspielig zusammengebracht. Zahl- 
reichere und vollständigere Suiten von besonders hochnordischen, 
varirenden und kleidwechselnden Vögeln in fast jedem Alter und Ge- 
schlecht dürften kaum aufzuweisen sein. So besitze ich gegenwärtig 


*) Leider ist das nicht der Fall. Der Herausgeber. 

**) Unsere Vogelfauna war bisher ein fast ganz unbearbeitetes Feld: man kannte, 
als ich meine mühevollen Nachforschungen begann, höchstens 250, im dänischen 
Staate angetroffene Vogelarten; ich habe es zu 312 sicher vorgekommenen Species 
gebracht. 

Naumannia. 1854. 20 


N 306 
über 100 Stück hochnordischer Edelfalken, namentlich Falco islandicus 
et groenlandicans (candicans alt. Vogel) F. gyrfalco Schl. (norvegicus), 
vom ersten Lebensjahre bis zur höchsten Altersstufe. Etwa 40 Stück 
habe ich der geehrten Versammlung zur gefälligen Ansicht mitgebracht; 
ich hoffe dadurch die Art- oder Rassenverschiedenheit von F. isl., cand. 
und gyrf. in allen Altersstufen feststellen und normiren zu können. 
Nicht weniger erfreulich sind die Fortschritte meiner Biersammlung, 
welche bereits die meisten bekannten europäischen Vogeleier, besonders 
aber die hochnordischen (meistens in zahlreichen Doubletten zum Ver- 
kauf und Eintauschen) enthält, und zwar die hochnordischen um so viel 
richtiger und sicherer in der Bestimmung, als ich in Verbindung mit so 
vielen sachkundigen Sammlern im Norden stehe. Es ist überhaupt von 
grösster Wichtigkeit, seltnere oder noch unbekannte Eier, die man nicht 
selbst sammeln kann, von mehreren Sammlern aus ganz verschiedenen 
‘Gegenden oder Ländern zu beziehen, um durch Vergleichung die Wahr- 
heit zu finden. Ich erlaube mir in dieser Beziehung bloss beispielsweise 
die Gattung Totanus zu erwähnen. In sehr vielen Sammlungen fehlen 
die ächten Eier von Totanus glareola und ochropus, was noch mehr der 
Fall mit Tot. fuscus und glottis sein mag: sie sind aber, namentlich die 
beiden erstgenannten, in falschen Eiern häufig da*). Man hat sich durch 
Abbildungen irre führen lassen, vielleicht auch die Phantasie und Ana- 
logie etwas mehr als räthlich zu Hülfe genommen, oder man hat unwis- 
senden (wo nicht gewissenlosen!) Händlern und Sammlern zu viel Ver- 
trauen geschenkt — und. wie schwer hält es dann nicht, die ächten Eier 
nachher geltend zu machen! Wenigstens ist es mir zuweilen so ergan- 
gen! Eier von Totanus ochropus habe ich aus Norwegen, Mittel- und 
Nordschweden; sie stimmen in Form und Grösse, obwohl in der Farbe 
ziemlich variirend, überein. Das Ei von Totanus glareola habe ich in 
Jütland, wo der Vogel häufig nistet, selbst gesammelt, so wie aus Schwe- 
den und Norwegen erhalten; es zeichnet sich, frisch ausgeblasen und 
oft — im Dunkel aufbewahrt — noch lange nacher, durch seinen schö- 
nen hellgrünen, mitunter spangrünen Grund mit rothbraunen Flecken und 
Tüpfeln vor allen anderen Totanus-Eiern aus: Die grösseren und | 
grossfleckigen hellen Eier von Tot. hypoleucus sind aber in 
manchen deutschen Sammlungen ihre unvertilgbaren Stell- 


*) Dasselbe gilt von mehreren Tringa-Arten und vielen andern. 


307 


vertreter. Beispiele der Art liessen sich gar viele aufzählen: Dieses 
bloss zur Warnung! 

"Demnächst erlaube ich mir eine genauere Erl äuterung einiger 
meiner mitgebrachten Vögel und Eier. 


Podiceps cornutus et arcticus. 

Obgleich Pod. cornutus, Lath. als jütländischer Brutvogel schon 
lange aufgeführt war, wollte es mir bisher doch nicht gelingen, mich 
davon recht zu überzeugen, woran mir doch so gelegen war, um. über 
meinen Zweifel wegen der Artsverschiedenheit von Pod. arcticus in’s 
Reine zu kommen. Ein Jeder, der sich mit unserer Wissenschaft be- 
schäftigt, weiss, wie schwach und unsicher die Andeutungen meistens 
sind, wenn Nichtkenner ‚ungewöhnliche Vögel beschreiben. So wurde 
mir im Mai. d. J. aus dem nördlichen Jütland gemeldet,. dass auf einem 
- kleinen Teiche daselbst ein kleines »Entenpaar« niste, welches sich 
durch einen rothen Hals und einen grossen Schopf, so wie durch seine 
gewaltige Tauchfertigkeit vor allen andern bekannten »Enten« auszeichne. 
Ich schrieb dem Beobachter gleich, wo möglich die Vögel für mich zu 
erlegen, und erhielt sehr bald ein schönes Päärchen von Pod. cornutus 
im reinen Sommerkleide, das Weibchen mit einem legereifen Ei*) im 
Leibe. (Beide Exemplare sind zur gefälligen Ansicht da) Kaum 14 
Tage später erhielt ich aus selbiger Lokalität noch 2 Paare und ein 
schönes lebendiges Männchen, welches aber leider nach 8 Tagen starb. 
Zu bemerken ist, dass alle nur kleine Wasserkäfer, nicht die Spur von 
Wasserpflanzen, welche sonst in den ornithologischen Handbüchern als 
ihre Hauptnahrung angegeben sind,-im Magen hatten. Durch Verglei- 
chung dieser jütländischen Exemplare von 4 Männchen und 3 Weibchen 
von Pod. cornutus mit vielen isländischen P. cornutus und arcticus, bin 
ich aber vollkommen überzeugt worden, dass P. arcticus nur das 
Weibchen von P. cornutus sei, indem die ältern Weibchen 
des letzteren als Männchen des ersteren und die jüngeren 
Männchen für die Weibchen des ersteren galten, (nach 
Körper- und Kragengrösse, nicht durch das Messer beurtheilt!) Podi- 
ceps arcticus ist demnach aus der Reihe der europäischen 
Vögel zu streichen **)! 


*) Der Form nach ganz das dem Pod. arcticus zugeschriebene Ei! 

**) Ein neuer und schlagender Beweis, wie viel auf einseitige Bestimmungen 
nach Bälgen, d. h. im Kabinette zu as ist. Wie viele pompös benamsete Spe- 
cies werden noch fallen müssen. 


20 * 


306 


über 100 Stück hochnordischer Edelfalken, namentlich Falco islandicus 
et groenlandicans (candicans alt. Vogel) F. gyrfalco Schl. (norvegicus), 
vom ersten Lebensjahre bis zur höchsten Altersstufe. Etwa 40 Stück 
habe ich der geehrten Versammlung zur gefälligen Ansicht mitgebracht; 
ich hoffe dadurch die Art- oder Rassenverschiedenheit von F. isl., cand. 
und gyrf. in allen Altersstufen feststellen und normiren zu können. 
Nicht weniger erfreulich sind die Fortschritte meiner Eiersammlung, 
welche bereits die meisten bekannten europäischen Vogeleier, besonders 
aber die hochnordischen (meistens in zahlreichen Doubletten zum Ver- 
kauf und Eintauschen) enthält, und zwar die hochnordischen um so viel 
richtiger und sicherer in der Bestimmung, als ich in Verbindung mit so 
vielen sachkundigen Sammlern im Norden stehe. Es ist überhaupt von 
grösster Wichtigkeit, seltnere oder noch unbekannte Eier, die man nicht 
selbst sammeln kann, von mehreren Sammlern aus ganz verschiedenen 
Gegenden oder Ländern zu beziehen, um durch Vergleichung die Wahr- 
heit zu finden. Ich erlaube mir in dieser Beziehung bloss beispielsweise 
die Gattung Totanus zu erwähnen. In sehr vielen Sammlungen. fehlen 
die ächten Eier von Totanus glareola und ochropus, was noch mehr der 
Fall mit Tot. fuscus und glottis sein mag: sie sind aber, namentlich die 
beiden erstgenannten, in falschen Eiern häufig da*). Man hat sich durch 
Abbildungen irre führen lassen, vielleicht auch die Phantasie und Ana- 
logie etwas mehr als räthlich zu Hülfe genommen, oder man hat unwis- 
senden (wo nicht gewissenlosen!) Händlern und Sammlern zu viel Ver- 
trauen geschenkt — und. wie schwer hält es dann nicht, die ächten Eier 
nachher geltend zu machen! Wenigstens ist es mir zuweilen so ergan- 
gen! Eier von Totanus ochropus habe ich aus Norwegen, Mittel- und 
Nordschweden; sie stimmen in Form und Grösse, obwohl in der Farbe 
ziemlich variirend, überein. Das Ei von Totanus glareola habe ich in 
Jütland, wo der Vogel häufig nistet, selbst gesammelt, so wie aus Schwe- 
den und Norwegen erhalten; es zeichnet sich, frisch ausgeblasen und 
oft — im Dunkel aufbewahrt — noch lange nacher, durch seinen schö- 
nen hellgrünen, mitunter spangrünen Grund mit rothbraunen Flecken und 
Tüpfeln vor allen. anderen Totanus-Eiern aus: Die grösseren und 
grossfleckigen hellen Eier von Tot. hypoleucus sind aberin 
manchen deutschen Sammlungen ihre unvertilgbaren Stell- 


*) Dasselbe gilt von mehreren Tringa-Arten und vielen andern. 


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vertreter. Beispiele der Art liessen sich gar viele aufzählen: Dieses 
bloss zur Warnung! 

"Demnächst erlaube ich mir eine genauere Erl äuterung einiger 
meiner mitgebrachten Vögel und Eier. 


Podiceps cornutus et arcticus. 

Obgleich Pod. cornutus, Lath. als jütländischer Brutvogel schon 
lange aufgeführt war, wollte es mir bisher doch nicht gelingen, mich 
davon recht zu überzeugen, woran mir doch so gelegen war, um über 
meinen Zweifel wegen der Artsverschiedenheit von Pod. arcticus in’s 
Reine zu kommen. Ein Jeder, der sich mit unserer Wissenschaft be- 
schäftigt, weiss, wie schwach und unsicher die Andeutungen meistens 
sind, wenn Nichtkenner ‚ungewöhnliche Vögel beschreiben. So wurde 
mir im Mai. d. J. aus dem nördlichen Jütland gemeldet,. dass auf einem 
kleinen Teiche daselbst ein kleines »Entenpaar« niste, welches sich 
durch einen rothen Hals und einen grossen Schopf, so wie durch seine 
gewaltige Tauchfertigkeit vor allen andern bekannten »Enten« auszeichne. 
Ich schrieb dem Beobachter gleich, wo möglich die Vögel für mich zu 
erlegen, und erhielt sehr bald ein schönes Päärchen von Pod. cornutus 
im reinen Sommerkleide, das Weibchen mit einem legereifen Ei*) im 
Leibe. (Beide Exemplare sind zur gefälligen Ansicht da) Kaum 14 
Tage später erhielt ich aus selbiger Lokalität noch 2 Paare und ein 
schönes lebendiges Männchen, welches aber leider nach 8 Tagen starb. 
Zu bemerken ist, dass alle nur kleine Wasserkäfer, nicht die Spur von 
Wasserpflanzen, welche sonst in den ornithologischen Handbüchern als 
ihre Hauptnahrung angegeben sind,-im Magen hatten. Durch Verglei- 
chung dieser jütländischen Exemplare von 4 Männchen und 3 Weibchen 
von Pod. cornutus mit vielen isländischen P. cornutus und arclicus, bin 
ich aber vollkommen überzeugt worden, dass P. arcticus nur das 
Weibchen von P. cornutus sei, indem die ältern Weibchen 
des letzteren als Männchen des ersteren und die jüngeren 
Männchen für die Weibchen des ersteren galten, (nach 
Körper- und Kragengrösse, nicht durch das Messer beurtheilt!) Podi- 
ceps arcticus ist demnach aus der Reihe der europäischen 
Vögel zu streichen **)! 


*) Der Form nach ganz das dem Pod. arcticus zugeschriebene Ei! 

**) Ein neuer und schlagender Beweis, wie viel auf einseitige Bestimmungen 
nach Bälgen, d. h. im Kabinette zu wer. ist. Wie viele pompös benamsete Spe- 
cies werden noch fallen müssen. | 


20 * 


308 


Als Ersatz dafür habe ich aber das Vergnügen 
Numenius borealis, Wils. 


aus Island, also als Europäer, zu präsentiren. Wegen: seiner grossen 
Aehnlichkeit mit Num. phaeopus mag dieser Vogel gewiss lange damit 
verwechselt worden sein. Unter den aus Island stammenden Eiern des 
letztgenannten kommen einige in Grösse, Form und Färbung sehr ab- 
weichende vor, welche sogar vermuthen lassen, dass der Vogel da- 
selbst niste. 


Procellaria minor, mihi. 


” 


Meine unter dieser Benennung unserer Berliner Versammlung vor- 
gelegte neue Art hat sich seitdem immer mehr bestätigt, selbst auch 
durch die Eier, welche von denen der Proc. glacialis nicht nur durch 
die geringere Grösse, sondern auch durch eine meistens gestrecktere 
Form deutlich zu unterscheiden sind. Auch hat Hr. Reinhardt, In- 
spektor des zool. Museums in Kopenhagen, meine neue Art in seinen 
Notizen *) zu Grönlands Ornithologie (Videnskabelige Meddelelser fra 
den naturhist. Forening in Kjöbenhavn for Aaret 1853) aufgenommen. 
Von Beiden, Proc. glacialis und minor, liegen Bälge und Eier vor. 

In der Färbung haben Junge und Alte beider Formen viel 
Aehnlichkeit. Die jungen Vögel sind überall braunlich blaugrau; bei den 
Alten geht der weisse Hinterhals des P. glacialis weiter auf den Rücken 
herunter, wie bei meiner Proc. minor, die ohnehin einen mehr braun- 
graulichen Mantel hat, und’ sich sonst durch die hellen Innenkanten der 
grossen Schwungfedern, dunklere Flügeldeckfedern und Vorderrand un- 
terscheidet. Die Grössenverhältnisse sind folgende: 


Proc. glac. Proc. minor. 
Ganze Länge . . . a N 1891) 
Länge der Flügel vom Bug U Hab PER R: R N e 
Länge der Unterarmsknochen . . . . 5 3m 4" 10 
Länge des Schwanzes . . „ . .. ..90 04 * Bu» ag 


*) In diesen interessanten Notizen erwähnt der Herr Verfasser als in den letz- 
ten 12 Jahren (seit Holböll’s Beiträge erschienen 1842—43) für Grönland hinzugekom- 
mene Vögel 18 Arten, so dass die ganze Anzahl jetzt schon 107 Arten beträgt, wo- 
von aber 38 nur einmal oder doch höchst selten vorgekommen, 55—60 hingegen 
Brutvögel sind. Eine vermeintliche neue Möve hat Hr. Reinhardt unter der Benen- 
nung Larus affinis, und einen neuen Podiceps mit dem Speciesnamen Holboellii 
aufgestellt; erstere steht L. argentatus ziemlich, letztere Pod. rubrieollis sehr nahe. 


309 


- Proc. glac. ProC, minor. 
Länge. des Laufes.;. = ..0. ein eu 12 2,0 2u Yu 
Länge der Mittelzeke - » » + 2" 10 Yu Zu 
Länge des Nagels derselben . . » » » 6 zu 
Länge des Schnabels von der Wurzel . 4” 10% 11 HM 
Höhe und Breite an derselben . . - - KA: .;.; gu 
Höhe bei den Nasenlöcken . . .» . » gu ze 
Höhe vor der Spitze - - - gu geu 
Länge der Nasenröhre auf dem Sehnabel . gu Ba 
Breite derselben an der Wurzel . . . 6 ELAUL 
Vom Anfang derselben bis zu der Schnabel- 
EEE RE TEE DW 101, 


Plectrophanes calcaratus, Mey,., 


das Männchen im Winterkleide wird, bei der völligen Bedeckung 
des im Sommerkleide schwarzen Vorderhalses mit hellen Federrändern *), 
mit dem Weibchen fast immer verwechselt, und als letztere stets aus 
dem Norden hergeschickt. Vorliegende Bälge von 3& und 12 werden 
das übergenügend darthun.. Das Männchen im reinen Winterkleide ist 
ausserdem nicht nur grösser, sondern durch die schwärzlichen Kopfsei- 
ten und den beinahe ganz schwarzen Oberkopf, so wie durch den roth- 
braunen Hinterhals, und grössere und dunklere Tragfederflecken hin- 
länglich unterschieden. . 


Somateria mollissima et spectabilis, 


Die Männchen im reinen Sommerkleide sind bekanntlich aus dem 
Grunde schwer zu erhalten, weil sie sich in der Brutzeit, da sie eben 
dieses sehr kurz dauernde Kleid anlegen, meistens fern vom Brutplatze 
auf dem freien Meere aufhalten, und zwar oft in grossen Gesellschaften, 
daher sie um so scheuer und fast nie zu erlegen sind. Desswegen feh- 
.len Exemplare in diesem reinausgefärbten Kleide nicht nur in den mei- 
sten Sammlungen, sondern die Abbildungen, welche ich jetzt in meiner 
Ornithologia Danica (Supplement) gegeben, sind mir sonst in keinem 
Werke vorgekommen, sondern nur Abbildungen von dem Uebergangs- 


— 


*) Diese sind, wie überhaupt im Winter das ganze Gefieder, bei allen hochnor- 
dischen Vögeln viel länger als bei den in der nördlich temperirten Zone lebenden; 
die Natur schützt sie vor der Kälte durch einen sehr üppigen Federpelz; hingegen 
ist ihr Sommerkleid auffallend kurz und knapp. 


310 


kleide und darnach muthmassliche Beschreibungen von dem reinen Som- 
merkleide, welches hier von beiden Arten vorliegt. Der Uebergang vom 
Winter-, wie vom Sommer- zum Winterkleide geht in einer langsanien 
Mauser, ohne Spur von Verfärbung, vor sich; nur aber tragen die auf 
-dem Kröpfe hervorspriessenden Federn des Winter- oder Prachtkleides 

schwarze Ränder, welche bald verstossen werden, und daher als der 
_ herausgeschobene Ueberrest von dem schwarzfärbenden Stoffe in der 
Haut angesehen werden könnte. Sonst aber mag diese Ränderver- 
stossung im Spätjahre ziemlich isolirt stehen. 


Das Nest und Ei von Garrulus infaustus aus Westfinnmarken 


habe ich demnächst das Vergnügen vorzuzeigen. Leider fehlt die Unter- 
lage des Nestes fast gänzlich; einige Ueberreste waren bei dem Empfange 
aber noch da, woraus sich schliesen liess, dass selbige aus dünnen Rei- 
sern von Haidekraut bestanden hat. Das Uebrige ist ein Gemisch von 
Halmen, Moos und Flechten. Ein zweites Ei, welches ich in meiner 
Sammlung zurückbehalten habe, hat ähnliche düstergrünliche Flecken, wie 
das vorliegende, nicht aber an dem spitzen, sondern am stumpfen Ende. 
In der Grösse kommen sie mit den Eiern von Turdus iliacus überein, sind 
aber mehr rundlich und zugespitzt. Der Grund ist blaulich-weiss, und 
das Korn, der Grösse nach, etwas grob, daher die Schaale ziemlich 
fest ist. 


Endlich habe ich neben vielen andern seltenern Sachen und Varie- 
täten das Ei von Tringa platyrrhyncha (Limicola pygmaea) aus 
dem westlichen Norwegen vorzulegen. Es stimmt mit der Abbildung in 
Thienemann’s Eierwerk Taf. LXU, 4, b genau überein. 


Dr. Kjärbölling. 
(Kopenhagen, Friedrichsborgstrasse 141.) 


(Beilage Nro. 3.) 


Ueber die oologische Kennzeichenlehre (und das Verhält- 
niss der Oologie zur Systematik) wird einem spätern Hefte aufbewahrt. 
bleiben, da es die Redaction für ihre Pflicht hält, die eigenen Arbeiten 


all 


so lange zurückzuhalten, als fremde und dringende zur Genüge vor- 
liegen *).. 


(Beilage Nro. 4.) 


Grundriss eines natürlichen Systemes der Vögel. Für 
die Ordnung der ornithol. Sammlung; des Herzogl. 
Naturalienkabinets zu Coburg 


entworfen von 


Dr. Fr. Staude. 


I. Systematische Ordnung der Vögel. 


Die Vögel stellen in der Entwicklungsreihe der Thiere die Brust- 
oder Athmungsthiere dar;; sie sind mit einem doppelten Athmungspro- 
zesse, einer Lungen- und einer Körperathmung, ausgestattet. Dieser für 
die Bedeutung des Vogels wesentlichen inneren Organisation entspricht 
als äusseres Organisationsverhältniss die dem Vogel eigenthümlich zu- 
kommende Bildung der Bewegungsglieder. Die Gestaltung der Becken- 
gliedmassen zu Füssen und die Umwandlung der Brustgliedmassen zu 
Flügeln, wodurch den Vögeln eine doppelte Art willkürlicher Bewegung, 
eine Fussbewegung und Flugbewegung zukommt, ist ein aus dem Wesen 
des Vogels hervorgegangenes und somit für das Wesen des Vogels cha- 
rakteristisches Organisationsverhältniss. Es folgt daraus, dass das Ver- 
hältniss, welches zwischen der Entwickelung der Flügel und der Füsse 
bei den verschiedenen Gattungen der Vögel stattfindet, charakteristisch 
‚ist für die Bedeutung, welche dieselben sowohl an sich ‚ wie in ihrer 
gegenseitigen Stellung zu einander haben. Eine Prüfung dieses Verhält- 
nisses zeigt uns einestheils, dass die Natur zu dem Endziele strebt, durch 
‘ möglichste Entwickelung des Flugsystems den Vogel in seinen vollendet- 


*) Den verehrten Mitgliedern unserer Gesellschaft, welche gerade jetzt den Ma- 
chinationen kleinlichen Eigennutzes und kleinlicher Eitelkeit gegenüber durch fleissige 
Zusendung ifteressanter Arbeiten ihr Urtheil auch durch die That bestätigen, die 
Mittheilung, dass ich ihre Beiträge, sofern nicht besondere Verhältnisse es anders 
gebieten, streng nach der Reihenfolge ihrer Uebersendung, wie bisher, aufnehmen 
werde. ES liegt indess z. Z. so viel Material vor, dass wir, um nicht zu lange 
warten lassen zu müssen, wahrscheinlich noch ein Extraheft geben werden, 

Die Redaction. 


312 


sten Formen zu einem vollkommenen Luftthiere auszubilden, anderntheils, 
wie nur in verschiedenem Grade der Vollkommenheit dem einzelnen Gat- 
tungen es vergönnt ist, die Bestimmung zu erreichen, welche dem Leben 
des Vogels gleichsam als Ideal vorgesteckt ist. Letztere Thatsache be- 
ruht auf einem durchgreifenden Naturgesetze. Die Natur schafft stets 
stufenweise und beginnt die Entwickelung jeder höheren Stufe. gleich- 
sam zum neuen Anlaufe mit einem Rückschritt, der Darstellung eines 
niederen Vorbildes auf dieser höheren Entwicklungsstufe, aus welchem 
sie dann erst die vollendeten Gestalten dieser Stufe entwickelt. Die 
eine Klasse bildenden Gattungen tragen daher nie den vollkommenen 
Typus der Klasse gleichmässig an sich ausgeprägt, sondern durchlaufen 
eine, von einem unvollkommenen, den Bildungsformen einer niederen 
Thierklasse analogen Zustande beginnende und nach und nach den voll- 
kommenen typischen Charakter erreichende Entwickelung. Jede Klasse 
des Thierreiches enthält somit Bildungen , welche vortypische Formen 
darstellen, und Bildungen, welche die typischen Formen repräsentiren. 
Dieses Entwicklungsverhältniss ist so durchgreifend, dass es sich in allen 
Ordnungen, ja selbst in den Familien wiederholt. Wenden wir dieses 
Gesetz auf die Klasse der Vögel an, so scheidet sich uns dieselbe in 
“zwei Entwicklungsstufen: eine niedere Entwicklungsstufe, deren Glieder, 
vortypische Vögel, auch in ihrer höchsten Ausbildung den ächten Typus 
vollkommener Vogelorganisation und somit : ein vollkommenes Luftleben 
nie ganz erreichen, und eine höhere, deren Glieder, typische Vögel, den 
vollkommenen Vogeltypus in allen Modificationen vertreten. Nach den 
erörterten Grundsätzen müssen wir die Entscheidung dafür, ob ein Vogel 
den vortypischen oder typischen zuzuzählen ist, anatomisch auf das Or- 
ganisationsverhältniss, welches zwischen der Entwickelung- der Flügel 
und dem Baue der Füsse stattfindet, physiologisch auf die dadurch be- 
dingte ckarakteristische allgemeine Lebensweise begründen. Je vollkom- 
mener ein Vogel den Typus des Lufthieres an sich trägt, um so mehr 
verlieren die Füsse für ihn die Bedeutung der Bewegungsorgane, welche 
von den Flügeln vorherrschend, bisweilen allein vertreten werden; je 
unvollkommener dagegen ein Vogel als Luftgeschöpf ist, um so mehr 
treten die Füsse als Bewegungsorgane entwickelt hervor, während die 
Flügel ihre Bedeutung als Bewegungsglieder mehr oder weniger, :'bis- 
weilen gänzlich einbüssen. Die vortypischen Vögel sind daher im allge- 
meinen durch vorherrschende Entwickelung der Füsse und untergeord- 
nete Ausbildung der Flügel, die typischen Vögel durch vorherrschende -. 


313 


Entwickelung der Flügel und untergeordnete Ausbildung der Beine cha- 
rakterisirt. Die im Verhältniss zu den Flügeln vorherrschende Entwicke- 
lung der Füsse bei den vortypischen Vögeln ist meist schon durch das 
obwaltende Grössenverhältniss, welches zwischen beiden stattfindet, aus- 
gedrückt, vielmehr aber noch durch die charakteristische Umgestaltung 
der Füsse zu einem bestimmten Lebenszwecke. Kein vortypischer Vogel 
hat einfache Gangbeine; die Beine sind zu Schwimmbeinen, Wadbeinen, 
Laufbeinen oder Gangbeinen mit ungleichartig eingelenkter Hinterzehe, 
Scharrfüssen, umgebildet, wodurch eine von der gewöhnlichen Gangbe- 
wegung abweichende, für die ganze Lebensweise charakteristische Art 
der Fussbewegung bedingt wird. So tritt bei den vortypischen Vögeln 
der Fuss, der Lebensweise wesentlich dienend, stets vollkommen und 
charakteristisch ausgebildet auf, während das Flugvermögen höchst ver- 
schieden entwickelt erscheint, und der Flug selbst von dem der typischen 
Vögel charakteristisch abweicht. ' Die meisten, auch die besten Flieger 
unter den vortypischen Vögeln, fliegen mit nach hinten gestreckten Bei- 
nen, nur wenige fliegen ähnlich den typischen Vögeln mit angezogenen 
Beinen und dann schwerfällig, einige können gar nicht fliegen. Die vor- 
herrschende Entwickelung des Flugvermögens bei den typischen Vögeln 
ist dadurch erwiesen, dass alle ohne Ausnahme mit vollkommenen, oft 
zu mächtiger Grösse entfalteten Flügeln ausgestattet, leicht und geschickt 
mit bis zum Verschwinden angezogenen, nach der Brust geklappten Bei- 
nen fliegen. Die Flügel dienen daher vollkommen der willkürlichen Be- 
wegung, die Beine dagegen, welche durchgängig einfache, oft ausser- 
ordentlich kleine und schwache Gangbeine und deren Modificationen mit 
vier gleich hoch eingelenkten Zehen sind, leisten so untergeordnete Dienste, 
dass nur wenige typische Vögel geschickt laufen, die meisten hüpfen, 
viele sogar der Fussbewegung beraubt sind, wie manchen vortypischen 
Vögeln alle Flugbewegung versagt ist. 

Was die durch die allgemeinen Organisationsverhältnisse bedingte 
- Lebensweise anlangt; so sind die vortypischen Vögel behufs ihrer indi- 
viduellen Selbsterhaltung mehr oder weniger an den festen Erdkörper, 
welcher im Gegensatz zu der ihn umgebenden Athmosphäre, der Luft, 
vorzugsweise Erde genannt wird, gebunden, und sind daher Erdvögel, 
wie die typischen Vögel, durch die Vollkommenheit des Flugsystems 
behufs ihrer Selbsterhaltung zu einem Luftleben von der Natur berufen, 
. als Luftvögel auftreten. 
Auch die erste Entwickelung aus dem Ei ist, entprechend dieser 


314 


späteren Lebensweise, für die vortypischen und typischen Vögel charak- 
teristisch. Die Jungen der typischen Vögel kriechen mehr oder weniger 
nackt und blind aus dem Ei und werden daher ohne Ausnahme längere 
Zeit von den Eltern in dem Neste geätzt, wesshalb sie Oken Nesthocker 
oder Aetzvögel nannte; die Jungen der vortypischen Vögel kriechen 
zum grossen Theil mit Flaum- befiedert aus dem Ei und suchen bald 
selbstständig davonlaufend ihre Nahrung, wesshalb Oken sie Nestflüchter 
oder Selbstfresser nannte. Letztere Bezeichnung ist nicht ganz durch- 
greifend, da die vortypischen Vögel in ihrer Entwickelung den typischen 
entgegenstrebend, wenn auch zum kleinen Theil, doch nesthockende 
Vögel als Vorbildungen zu dem später gleichmässig auftretenden Typus 
enthalten. Doch mag der Name Nestflüchter immerhin beibehalten wer- 
den, sobald man nur den richtigen Begriff damit verbindet. 

Fassen wir das Erörterte kurz zusammen, so müssen wir den Be- 
griff des vortypischen und typischen Vogels (Erd- und Lufivogels, Nest- 
flüchters und Nesthockers,) dahin feststellen: vortypische Vögel sind 
‚diejenigen, welche zum Zwecke ihrer individuellen Selbsterhaltung , die 
sie zu einer eigenthümlichen Lebensweise auf einem Theil des festen 
Erdkörpers bestimmt, bei mehr oder weniger vollkommener Ausbildung 
der Flügel, eine charakteristische Umgestaltung der Füsse zu Schwimm-, 
Wad-, Lauf- oder Gangbeinen mit ungleichartig eingelenkter Hinterzehe 
haben; typische Vögel sind diejenigen, welche bei gewöhnlichem Baue 
der Füsse als Gangfüsse mit vier gleich hoch eingelenkten Zehen, eine 
so gleichmässig vollkommene Ausbildung der Flügel ‘besitzen, dass sie 
geschickt sind zum Zwecke ihrer individuellen BE ein Luft- 
leben zu führen. 

Die Lebensweise ist es, die uns die Natur eines Thieres erschliesst: 
eine naturgemässe weitere Eintheilung der beiden aufgestellten Entwicke- 
lungsstufen in Reihen und Ordnungen können wir daher nur auf die in 
der charakteristischen Lebensweise herrschenden Unterschiede gründen. 
Um diese Unterschiede in der Lebensweise zu entwickeln, haben wir zu 
erörtern: wo, wie und von was lebt ein Vogel? In Bezug auf die erste 
Frage, wo lebt ein Vogel? findet folgendes Verhältniss statt. Der vor- 
typische Vogel, behufs seiner Selbsterhaltung noch zu einem Erdleben 
bestimmt, ist an ein Element des festen Erdkörpers gebunden. Der feste 
Erdkörper scheidet sich in die Gegensätze von Wasser und Land, zwi- 
schen welchen Gegensätzen als Uebergang die Mischung steht von Was- . 
ser und Land, welche wir Sumpf nennen. Das Element, »wo« ein vor- 


ee 315 


typischer Vogel seine Nahrung sucht ist somit das Wasser, oder der 
Sumpf, oder das Land. Die vortypischen Vögel als Erdvögel scheiden 
sich daher in die zwei Gegensätze der Wasser- und Landvögel, zwischen 
welchen als Uebergangsglied die Reihe der Sumpfvögel steht. Das Element, 
wo ein typischer Vogel lebt, ist die Luft, die den festen Erdkörper um- 
gebende Athmosphäre, sein Leben ist ein Luftleben. Nach dem bereits 
ausgesprochenen Gesetze, dass wie jede Klasse im Thierreich eine stu- 
fenweise Entwickelung von dem Niederen zum Höheren durchläuft, so 
auch in jeder Abtheilung und Entwickelungsstufe einer Klasse sich eine 
mit einem Rückschritte beginnende und nur nach und nach aufsteigende 
Entwickelung wiederholt, müssen die typischen Vögel ihre Entwicklungs- 
stufe mit Wiederholung der vortypischen Vögel anfangen. Die typischen 
Vögel sind daher auch nicht in gleichem Grade vollkommene Luftthiere, 
sondern beginnen ihre Entwickelung von dem Erdboden aus, da die 
Athmosphäre als Theil des Erdorganismus so innig mit dem festen Erd- 
körper verbunden ist, dass ein Geschöpf, dessen Leben auch vorzugs- 
weise in der Luft statt hat, sich doch nicht ganz von dem Leben auf 
der festen Erde befreien kann. Die Erdoberfläche erscheint in dieser 
Beziehung als der Boden, über welchem die Luft sich erhebt, wie das 
Wasser der Grund ist, aus dem das Land sich gehoben hat. Luft und 
Boden bilden daher zwei Gegensätze, wie Land und Wasser als Gegen- 
sätze sich darstellten, und wie wir den Sumpf als Uebergang vom Was- 
ser zum Lande erkannten, so tritt uns hier die Vegetation, deren Re- 
präsentant der Baum ist, als Uebergang von der Oberfläche .der Erde, 
dem Boden, zur Luft entgegen. Der Ort, »wo« ein typischer Vogel 
seine Nahrung sucht, ist daher der Erdboden, der Baum oder der freie 
Raum der Luft. Die typischen Vögel scheiden sich daher in die Gegen- 
sätze der Boden- und Luftvögel, zwischen welchen als Uebergangsglied 
die Reihe der Baumvögel steht. Nach demselben Gesetze also, nach 
‘ welchem die vortypischen Vögel, rückgreifend und niedere ‘Wirbelthier- 
: klassen wiederholend, in stetigem Fortschritte sich in die drei Entwicke- 
lungsreihen der Wasser-, Sumpf- und Landvögel scheiden, trennen sich 
die typischen Vögel, als höhere Entwicklungsstufe die Reihen der niede- 
ren Stufe wiederaufnehmend, in die drei Entwickelungsreihen der Boden-, 
Baum- und Luftvögel. 

Der Ort, »wo« ein Vogel seine Nahrung sucht, bestimmt zugleich 
auch im Allgemeinen die Art und Weise, »wie« er‘ sie suchen muss. 
Die Wasservögel sind, da die Bewegung im Wasser ein Schwimmen ist, 


316 


Schwimmvögel; die Sumpfvögel sind, da die Bewegung im Sumpfe ein 
Waden ist, Wadvögel ; die Landvögel sind, da sie laufend auf der Erde 
sich bewegen, Laufvögel; die Bodenvögel sind, da sie hopfend oder 
gehend auf der Erde sich bewegen, Hops- oder Gangvögel; die Baum- 
vögel sind, da wir die Bewegung am Baum Klettern nennen, Kletter- 
vögel; die vollkommenen Luftvögel sind, da die freie Bewegung in der 
Luft ein Fliegen ist, Flugvögel. 

Diese sechs Reihen , in welche die Klasse der Vögel nach dem all- 
gemeinsten Charakter der Lebensweise sich theilt, sind nunmehr in fol- 
gender Weise zu ckarakterisiren: Wasser- oder Schwimmvögel sind 
diejenigen vortypischen Vögel, welche durch den charakteristischen Bau 
ihrer Füsse als Schwimmfüsse zum Schwimmen befähigt und wesentlich 
behufs ihrer Selbsterhaltung an das Element des Wassers gebunden, ihre 
aus Wasserthieren, selten aus pflanzlichen Stoffen bestehende Nahrung 
im Wasser suchen; Sumpf- oder Wadvögel sind diejenigen vortypischen 
Vögel, welche mit vollkommenen Wadbeinen ausgestattet, ihre meist aus 
Wasserthieren, Insekten, Würmern, Weichthieren und Amphibien, selten 
- aus Pflanzenstoffen bestehende Nahrung im Sumpfe wadend und schrei- 
tend suchen; Land- oder Laufvögel sind diejenigen vortypischen Vögel, 
welche Lauffüsse oder Gangfüsse mit unregelmässiger Hinterzehe be- 
sitzen und ihre meist pflanzliche oder gemischte Nahrung auf dem Lande 
schreitend und laufend, oftmals aus der Erde scharrend suchen; Boden- 
oder Hopsvögel sind diejenigen typischen Vögel mit einfachen Gangbei- 
nen, welche ihre Nahrung, die entweder ohne Unterschied aus Allerlei, 
oder ausschliesslich aus Körnern oder kriechenden Insekten besteht, auf 
dem Erdboden hopsend und gehend suchen und die gefundene ruhend 
oder hockend verzehren; Baum- oder Klettervögel sind diejenigen typi- 
schen Vögel mit Kletterfüssen oder zum Klettern geschickten Gangfüssen, 
welche ihre Nahrung, die ausschliesslich aus an oder in den Bäumen 
lebenden Thieren oder aus Früchten besteht, an den Bäumen kletternd 
suchen; Luft- oder Flugvögel sind diejenigen typischen Vögel, welche 
ihre fast ausschliesslich thierische Nahrung, die vorzugsweise fliegende 
Insekten und höhere Wirbelthiere abgeben, im Fluge in der Luft er- 
haschen. 

Wie nach der charakteristischen allgemeinen Lebensweise und den 
damit verbundenen allgemeinen Organisationsverhältnissen die Klasse der 
Vögel sich in sechs grosse Reihen theilt, so scheidet sich nach der be- 
sonderen Lebensweise, den charakteristisch herrschenden Einzel-Sitten, 


317 


wie ein Vogel bei dem Suchen seiner Nahrung zu Werke geht, jede 
Reihe wieder in Ordnungen, welche endlich durch anatomische Einzel- 
merkmale in Zünfte und Familien zerfallen. 

Jede Reihe besteht aus drei Ordnungen, welche sich, wenn wir 
dem von der Natur eingeschlagenen ‚Entwicklungsgang nachgehen, in 
aufsteigender Entwickelung so darstellen: 

A. Niedere Entwicklungsstufe: 
(Vortypische Vögel, Erdvögel, Nestflüchter.) 
I. Reihe: Wasservögel. 
1. Ordnung: Urinatores — Unterwasserschwimmer. 
. Ordnung: Mersores — Schwimmtaucher. 
3. Orduung: Devolantes — Stosstaucher. 
I. Reihe: Sumpfvögel. 
4. Ordnung: Versatores — Umläufer. 
Ordnung: Statores — Steher. 
Ordnung: Grallatores gallinacei — Hühnerwadvögel. 
II. Reihe: Landvögel. 
4. Ordnung: Vagatores — Schwärmer. 
. Ordnung: Rasores — Scharrer. 
3. Ordnung : Cursores — Laufvögel. 
3. Höhere Entwicklungsstufe : 
(Typische Vögel, Luftvögel, Nesthocker) 
IV, Reihe: Bodenvögel. 
1. Ordnung: Indagatores — Spürvögel. 
2. Ordnung: Voratores — Fresser. 
3. Ordnung: Electores — Klauber. 
V. Reihe: Baum- oder Klettervögel. 
1. Ordnung: Exploratores — Forscher. 
2. Ordnung: Investigatores — Späher. . 
3. Ordnung: Enucleatores — Knacker. 
VI. Reihe: Luft- oder Flugvögel. 
1. Ordnung: Libratores — Schwebvögel. 
2. Ordnung: Captatores — Schnapper. 
3. Ordnung: Raptatores — Räuber. 

(Die weitere Auseinandersetzung dieses Systemes und die Ent- 

wicklungs- und Verwandtschaftsverhältnisse im nächsten Hefte.) 


La) 


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NS) 


318 


- Der Vorsitzende, Hr. P. Brehm, begimt die Discussion: 
Meine Herren! Diess System*) nimmt sich auf dem Papiere herrlich aus, 
jedoch ist es mangelhaft, wie alle andern. Es klingt freilich gut, aber 
in der Natur finden wir diese Unterscheidungen und scharfen Abgren- 
zungen nicht. Einige Beispiele für seine Aeusserung gegen das System 
vorbringend, fährt er fort: Ein Thier z. B., das herrlich fliegt, ist Gla- 
reola. Was ist nun-das, ein Luft- oder Erdthier? Dr. Hellmann: Ein 
Erdthier. — P. Brehm: Nach dem Systeme wären ferner Möven, See- 
schwalben etc. Luftvögel. Was sind ferner Baumvögel? Etwa diejenigen, 
die sich auf Bäumen aufhalten? Aber dort sind auch die Tauben, Blau- 
kehlchen etc. etc. Was: Wadvögel? Nach dem vorgelegten Systeme ist 
Trappe, Strauss ete. auch ein Wadvogel. Scolop. rusticula hat keine 
nackten Ständer, kann aber doch nicht von den Schnepfen getrennt 
werden. | 

Geh. Hofrath Reichenbach: Das System enthält viel Gutes, je- 
doch : werden scharfe Diagnosen vermisst, welchen Fehler auch Oken 
und mancher andere Systematiker begangen hat. Es muss nachgewiesen 
werden, wie die bestimmten Typen sich wiederholen, und namentlich 
muss der Typus der verschiedenen Thierklassen für das System fixirt 
werden. Vieles hat Dr. Staude meinem System entnommen, auch sogar 
die Nomenclatur. Wie ich in meinem System, fängt auch er mit den 
Nesthockern an und folgt dann demselben weiter. Bisweilen hat Dr. 
Staude geändert und gerade dann geirrt. ß 

Baumeister Sehring: Wenn gleich die Natur nicht in die fabrieir- 
ten Rubriken passen wolle, so müsse doch die Systematik scharf unter- 
scheiden; auf welche Bemerkung Altum erwiedert, dass die Naturwis- 
senschaft nicht zu den apriorischen, sondern zu den aposteriorischen 
Wissenschaften gehöre. Wolle man a priori mit Philosophemen syste- 
matische Constructionen aufbauen, und hinterher die Naturgegenstände 
darin einzwängen, so wäre das eben so gefehlt, als ein Bild nach dem 
Rahmen zurechtschneiden und nicht vielmehr den Rahmen nach dem 
Bilde anfertigen zu lassen. 

Geh. Hofr. Reichenbach: Die Systematik müsse vor allem wahr 
sein, und dazu bedürfe sie der Kenntniss aller Formen etc. — Dr. Hen- 
necke: Das Aufstellen solcher philosophischen Systeme hat allerdings 


*) Die bedeutende Arbeit war nur soweit vorgelesen worden, als wir sie eben 
gegeben. Die Red. 


319 


die Wissenschaft gefördert; freilich nicht für das Cabinet, aber für die 
Beobachtung. Wir kommen so von System zu System, und das hat 
allerdings sein Gutes. — Der Vorsitzende: Die Bemühungen, die die- 
ses System hervorgerufen, sind gewiss dankbar anzuerkennen. — Pfr. 
Baldamus: Ein System will studirt sein bis in’s Detail. Wir haben hier 


. nicht das Ganze, sondern nur Einzelnheiten, und auch diese vielleicht 


mehr oder weniger unter Zerstreuungen gehört, wir können desshalb 
unmöglich sogleich darüber aburtheilen. — Der Vorsitzende stimmt 
Pf. Baldamus völlig bei. — Schliesslich bemerkt betreffs des debattirten 
Gegenstandes Dr. Cabanis, dass bei dem Streben, der Wahrheit sich 
zu nähern, die Systematik sich mit der wechselnden Kenntniss modificire. 


Bekanntmachungen. 


Die nächstjährige Versammlung der Deutschen Ornitho- 
logen-Gesellschaft wird Dienstag nach Klein-Pfingsten (in 
der vollen Woche nach Pfingsten) 1855 

in Braunschweig 
stattfinden. Die Lokal-Geschäftsführung haben die Herrn Prof. 
Blasius und v. Vechelde daselbst übernommen. Das Nähere darüber 
mit den den Mitgliedern der Gesellschaft zuzustellenden speciellen Ein- 


ladungskarten. 


‘Den laut Beschluss der Gothaer Versammlung vorher bestimm- 
ten Theil der Tagesordnung bilden: 
1) die Falken, (speciell die Edelfalken) 
2) die Pieper, 
3) die Verfärbungstheorie (s. Protokoll). 


Der Sekretär d. D. 0. G.: 
E. Baldamus. 


Antrag. 
Im Namen sehr vieler Mitglieder unserer Gesellschaft erlaube ich 
mir folgenden Antrag an den geehrten Vorstand derselben zu stellen: 
»Der Vorstand der D. Ornith.-Gesellschaft wolle sich recht 
bald über ein allgemein innerhalb derselben anzuwendendes 
Maass, wo möglich das neufranzösische, sonst bereits überall in 
der Naturwissenschaft gebrauchte M&tor-Maass, sowie über die An- 
fangs- und Ausgangspunkte bei den verschiedenen ornithologischen 


320 


Messungen einigen, und die Resultate seiner Berathungen durch unser 
Organ mittheilen.« 

Ich enthalte mich um so mehr der Motivirung dieses Antrages, als 
eine Einigung in genannten Beziehungen längst allgemein gefühltes Be- 
dürfniss ist und in unserer Zeitschrift bereits wiederholt bezügliche 
Wünsche ausgesprochen sind, die freilich bisher »fromme« geblieben. 
Hinzufügen will ich nur noch, dass sich der geehrte Vorstand den Dank 
wohl aller Mitglieder, besonders aber der Anfänger in unserer. Gesell- 
schaft erwerben würde, zumal wenn er nach getroffener Uebereinkunft 
einen Mechaniker mit Anfertigung der Maase beauftragen wollte. Diese 
könnten, vielleicht auf der Rückseite, noch die bisher gebräuchlichsten 
Maasse angeben, damit sich Jeder in den Grössenangaben der verschie- 
denen ornithologischen Werke zurecht finden kann. 

Russdorf den 2. August 1854. Fr. Schach. 


Erklärung. 

Der unterzeichnete Sekretär hatte nach seiner Rückkunft von Gotha, 
wo ihm der »vollständige, wahre und unpartheiische Bericht« über die 
7. Versammlung der D. 0. G. (in der »Erinnerungsschrift« etc. von Dr. 
J. Cabanis) zu Gesicht gekommen war, eine vollständige, wahre und un- 
partheiische, zwar nicht von »Allen«! aber von sehr Vielen geforderte 
Widerlegung desselben niedergeschrieben, um dieselbe diesen Ortes zu 
“veröffentlichen. Er hat jedoch diese Absicht aufgegeben, da der gesunde 
Sinn, die Wahrheitsliebe und die Unpartheilichkeit zwar nicht Aller, "aber 
wiederum sehr vieler Ohrenzeugen bereits durch Wort und That ihr 
Urtheil über diesen sehr »taktlosen, unwahren und ebenso unbescheidenen 
als unberechtigten Bericht« gesprochen haben. Die Nicht-Ohrenzeugen 
werden sich übrigens sehr leicht aus dem Vergleiche des »Berichtes« mit 
dem amtlichen Protokolle, gegen welches Reklamationen 
nicht eingegangen sind, ihr Urtheil bilden können; auch bin ich gern 
bereit, demjenigen, der sich etwa besonders dafür interessirt, meine Bemer- 
kungen dazu, sammt deren verschiedener Mitglieder jener Versammlung, 
abschriftlich mitzutheilen. Diese aber, wie die ganze Gesellschaft, wis- 
sen sehr wohl, dass sie das Gedeihen derselben weder den vorneh- 
men, gehässigen und unwahren Behauptungen des Hrn. Berichter- 
statters auf Seite 18u. 19 seines »unpartheiischen und wahren«! 
Berichtes, noch überhaupt seinen Bemühungen um dieselbe zu danken 
haben. Sapienti sat. E. Baldamus. 


(Beilage Nro. 5.) 


Ueber die Ehen der Vögel. 


Von 


L. Brehm. 


Ich bin, meine Herren! überzeugt, dass ein Geschöpf um so höher 
steht, je fester der Anschluss an seines Gleichen ist. Denn was ist 
schöner, als dieses? Alle Gemüthlichkeit beruht darauf. Hierauf fussend 
stelle ich psychologisch die Vögel, d. h. diejenigen, die in Monogamie 
leben, hoch, denn diese haben geschlossene Ehen. Ich beabsichtige hier 
nicht eine Aufzählung der in Monogamie lebenden Vögel, diese sind ja 
bekannt. Aber steht auch das Factum wirklich fest? haben sie wirklich 
geschlossene Ehen? Meine Beobachtungen im Freien haben mich davon 
vollständig überzeugt. Betrachten wir z. B. die Kolkraben, Krähen etec., 
so sind die erstern sogar den ganzen Winter hindurch paarweise zu- 
sammen. Ja die Paare geben sich oft kleine Soirdes (ohne dass gerade 
dabei etwas verzehrt würde). — Bar. v. Münchhausen: Letzteres 
doch wohl, denn man findet sie stets in der Gegend eines Bratens. — 
Vorsitzender fährt fort: Die Elstern ebenfalls, auch die Tauben, 
d. h. abstrahirt von den verdorbenen zahmen Tauben. Aber wie steht’s 
(denn bei den Zugvögeln? Auch hier halten sich die gepaarten Paare 
zusammen und ziehen auch zusammen. Die Enten trennen sich freilich 
auf dem Zuge oft in Alt und Jung, aber sonst finden wir die beiden 
Geschlechter zusammen. — In meinem Garten lebt eine Hypolais, ein 
Stümper im Singen, seit 5—6 Jahren. Drei Jahre sang er schlecht, im 
vorigen Jahre schwieg er ganz; ein Beweis, dass stets derselbe Vogel 
wiederkehrte. Man könnte mir einwenden, dass auf die nicht singenden 


Weibehen dieses Gesangkriterium nicht anwendbar sei. Auf diesen Ein- 
Naumannia. 1854. PA 


322 


wand erlaube ich mir ein Factum als Entgegnung anzuführen. In der 
Nähe von Wien lebt ein Freund von mir, der alle Jahre Finken aufzog, 
denen er Federn ausrupfte, um an den neu hervorsprossenden das Ge- 
schleeht zu erkennen. Die Weibchen liess er fliegen. Eines derselben 
kam wieder und speiste 5 Jahre hindurch, getreu der frühern Gewohn- 
heit, zusammen mit seinem Herrn Bruder. 

Bar. v. Münchhausen fordert darauf Pf. Baldamus auf, seine 
Beobachtungen über Muse. atricapilla mitzutheilen. — Pf. Baldamus theilt 
seine jetzt bereits, Naumannia 1854 p. 206, gedruckten Beobachtungen 
über Muse. atricap. mit. 

Vorsitzender: Das bestätigt mieine Beobachtungen vollkommen. 

Bar. v. Münchhausen: Sollten diese als Beispiele angeführten 
Vögel nicht etwas von ihrer Waldnatur verleugnet haben? Doch wohl! 

Vorsitzender: Die Trauer des einen Gatten beim Verluste des 
andern ist hier auch in Anschlag zu bringen. Wenn man ein Weibchen 
schiesst, so wird der Verlust oft nicht ersetzt. So schoss ich im vorigen 
Jahre eine Mot. sulphurea W., das M. blieb den ganzen Frühling allein. 
Beim Tödten eines M. ist's anders, weil die M. häufiger sind. Ich er-. 
legte einst ein Elsterweibchen, nach einer halben Stunde baute ein 2tes 
Weibchen, am selben Morgen noch ein 3tes, das ich ebenfalls schoss, 
wie dann auch das Männchen. 

Bar. v. Münchhausen: Das männliche Geschlecht tröstet sich 
eben so leicht, als das weibliche. — Bei uns waren in einem ziemli- 
chen Umkreise 2 Paar Kolkraben (jetzt ist nur 1 Paar dort). Der Horst 
stand auf einer schlanken Kiefer. Ich schoss alle Jahr einen Gatten fort. 
So habe ich einst in 8 Tagen 3 Weibchen erlegt. Da empfahl sich der 
Herr ebenfalls. 

Vorsitzender: Dann muss es bei Ihnen, Herr Baron, viele Ra- 
ben geben. 

v. Münchhausen: Wegen der Nähe ausgedehnter Forsten ist das 
allerdings der Fall. 

Vorsitzender: Ich habe wohl mehrere Weibchen ‚auf dem Horste 
geschossen, aber nicht mehrere Männchen. Ich bitte die Herrn um Mit- 
theilung ihrer Beobachtungen. 

v. Münchhausen: Ich schickte in diesem Frühjahre Hrn. Pfr. 
Baldamus 2 Eier vom Astur palumb. Das Weibchen wurde 4mal gefehlt 
und kam doch stets wieder. Auch das öte Mal stellte es sich wieder 
ein und musste erst durch Klopfen zum Abfliegen gebracht werden. 


323 


Vorsitzender: Gerade die Männchen sind oft am allermuthigsten 
(im Gegensatze zu den Säugethieren). Ich habe das oft bei einem Elster- 
männchen bemerkt. Ferner bei Podiceps cristatus, Falco subbuteo u. s. w. 

v. Münchhausen bemerkt, dass bei Anas boschas (adunca?) das 
Männchen das Weibchen im Brüten ablöst. 

Vorsitzender: Die Raubvogelmännchen brüten zum Theil auch. 
Ich bin hierin von Freund Naumann widerlegt worden. 

Prof. Dr. Naumann: Die Männchen der Calamoherp. scheinen we- 
nig Theil zu nehmen an dem Brutgeschäfte. — Brehm: Ich habe aber 
ein vom Neste abfliegendes Männchen geschossen. Auch von tinnunculus 
und Pernis apivorus brütet das Männchen. 

v. Münchhausen: Die Tauben halten genau abwechselnd ihre 
Brütestunden. 

Vorsitzender: Von einem Sperlingspäärchen vor meinem Fen- 
ster kam das Männchen um. . Das Weibchen brütete. weiter, suchte in 
den Mittagsstunden die nothdürftige Nahrung und brachte die Eier aus. 

Förster Sehmidt: Hier in der Nähe ward das Weibchen von dem 
hier brütenden Paare eines Falco peregrinus geschossen; zu dem übrig 
gebliebenen Männchen gesellte sich ein neues Weibchen, und als das 
Männchen geschossen wurde, trat ein neues Männchen an seine Stelle. 

‚Vorsitzender: Auch über die elterliche Liebe, meine Herren, 
gibt es seltsame Beispiele bei. den Vögeln. Nach Naumann’s Beobach- 
tung ist schon bekannt, dass die Kinder der ersten Brut die Jungen der 
zweiten wieder mit aufziehen. Ich will Ihnen einen andern ähnlichen, 
merkwürdigen Fall erzählen. Ich wollte Parus major schiessen, und 
hörte beim Neste einen fremden Lockton, den von palustris. Da kam 
ein Sperber geflogen, und auf ein Zeichen der Mutter schwiegen die 
Jungen. Dann wurde wieder gelockt. Ich schoss nun beide Eltern: 
Parus major und palustris (kinderlose Mutter und verwaiste Jungen). — 
Noch eins: Von den Calamoherpen hatte ich dieses Jahr 5 Paar auf mei- 
nem Teiche, und zwar waren es meine hydrophilus. Ich schiesse eins, 
nach 3 Tagen zwei, und darauf die ganze Gesellschaft und ich habe 
Calamoh. hydrophilus und arbustorum. Aehnliches findet man auch bei 
Otus sylvestris. ; ; 

Prof. Dr. Naumann: Meine und meines seligen Vaters Beobachtun- 
gen, die wir in.dieser Hinsicht bei Gallinula chloropus schon vor 50 Jah- 
ren gemacht haben, werden jetzt in dem ornithologischen Journale des 


Hrn. Dr. Cabanis als neue Beobachtungen veröffentlicht. Ich kann mich 
2ir 


321 


gegen ein derartiges, wenn auch nicht aus bösem Willen, so doch aus 
grosser Eilfertigkeit hervorgegangenes Ignoriren wohl begründeter Prio- 
rität nicht anders als tadelnd aussprechen. 

Bar. v. Münchhausen: Vielleicht dürfte das Factum von Interesse 
sein, dass Enten auch in künstlich auf Bäumen angelegten Nestern brüten. 
Ich hatte ein Nest anfertigen lassen und es auf einen Baum gestellt; 
nach zwei Tagen nahm boschas dasselbe ein. In diesem Jahre ‘habe: ich 
mehrfache Versuche der Art angestellt. Ich stellte vier solcher Nester 
(aus Birkenreisern geflochten) auf Bäume, nur eins auf den Boden. Die 
Nester, bis an 30 Fuss hoch stehend, wurden besetzt. — Ich hatte noch 
die Gelegenheit, die Beobachtung zu machen, dass, sobald ein Storch 
sich dem Neste näherte, eine boschas ihn stets mit vielem Muthe davon- 
Jagte. 

Vorsitzender: Ich erlegte einst Lanius minor. Wie ich darauf 
nach einem jungen abdrücken will, stösst das Weibchen denselben und 
treibt ihn von der Stelle. 1840 kam mir ein ähnlicher Fall vor: den 
ersten Jungen hatte ich geschossen und war im Begriff den zweiten zu 
erlegen, als ebenfalls das Weibchen herankam, ihn stiess und forttrieb. — 
Ueber die Schlauheit des Podiceps cristatus kann ich Ihnen noch einen 
interessanten Fall erzählen. Als die Gewehre noch nicht mit Percussion 
versehen waren, versuchten mein Freund Schilling und ich einen sol- 
chen Vogel auf eine Stelle zu treiben, ‚wo er nicht tauchen konnte, 
und ich umkreiste nun das Thier. Der Podic. aber flog auf und zwar an 
einer am Ufer stehenden Viehheerde dicht vorbei, so dass kein Schuss 
angebracht werden konnte. 

Pf. Baldamus theilt darauf die Bemerkungen von Graf Wodzicki: 
»Ueber Gattentreue« mit*). 

Vorsitzender gibt Belege dazu, und theilt noch folgendes Curio- 
sum mit: An meinem Orte befand sich einst ein Storchnest. Da kommt 
ein Fremdling herzu, der von dem rechtmässigen Hausherrn anfänglich 
argwöhnisch und scharf beobachtet wird. Endlich jedoch steckt er zur 
Ruhe den Kopf. unter die Flügel. Da stürzt der Fremde plötzlich mit 
einer solchen Vehemenz auf ihn herab, dass er ihn mit seinem mächti- 
gen Schnabel durchbohrt, herunterwirft und nun von dem Neste Besitz 
nimmt. 


*) Seitdem im Jahrgange 1854. p. 166 u. f. der Naumannia abgedruckt. 


(Beilage Nro. 6.) 


Ueber das Vorkommen und Nisten der Steindrossel, 
Turdus saxatilis, am nördlichen Harze. 


Von 
Dr. Hennecke in Goslar. 


Beobachtungen der Steindrossel im nördlichen Deutschland gehören 
zu den seltenen Erlebnissen eines Ornithologen, deren Mittheilung als 
Beitrag zur Naturgeschichte jenes interessanten Vogels nicht unwillkom- 
men sein wird. Die eigenthümliche Lebensweise dieses schönen süd- 
europäischen Vogels, sein Vorkommen in vereinzelten Paaren in grössern 
Revieren an steilen, gewöhnlich schwer zugänglichen Felsen, in Stein- 
brüchen und an altem Gemäuer macht dessen Beobachtung besonders 
schwierig; um’ so höher schätze ich des Zufalls Gunst, durch welche 
ich zu solchen Beobachtungen gelangt bin. Mein Wohnort, Goslar, am 
nördlichen Rande des Harzes, ist im Süden und Westen von bis 2000 
Fuss hohen Bergen umgürtet, während in den entgegenstehenden Rich- 
tungen die Gegend sich verflacht und nur noch kleine Berg- und Hügel- 
reihen zeigt; das Klima ist einer solchen, den Ost- und Nordwinden ex-, 
ponirten Lage entsprechend, keineswegs milde und ich konnte desshalb 
hier das Nisten der Turdus saxatilis nicht erwarten. Unseren Hirten, 
Waldarbeitern, Förstern und anderen im Freien täglich verkehrenden Leu- 
ten war dieser Vogel bisher völlig unbekannt. Um so mehr freute ich 
mich, als mir ein Waldarbeiter in Sommer 1849 ein altes, leider schon 
sehr angefaultes Männchen brachte, welches in einem von bewaldeten, 
wenig felsigen Bergen gebildeten Thale (Granethal) nahe bei Goslar todt 
gefunden war. 

Zwei Jahre später wurde in der steilen Wand eines grossen Schie- 
ferbruches, an der Chaussee nach Clausthal, ein Nest mit 5 Jungen ge- 
funden und einem Müller gebracht, welchem es gelang von diesen Jun- 
gen zwei aufzufüttern und mehrere Jahre zu halten. Ich selbst habe 
diese Steindrosseln wiederholt bei ihm gesehen. ’ 

Die dritte umfassendere Beobachtung fällt nun in diesen Sommer. 
An der Nordseite des bekannten Rammelsberges befinden sich in der 
ansehnlichen Höhe von etwa 1500 Fuss in einer baumlosen, nur mit 


326 


hohem Haidekraut und einzelnen buschigen kleinen Tannen bedeckten 
Gegend grosse (Grauwacke) Steinbrüche, in welchen durch das Brechen, 
Sprengen und Herabstürzen der Steme stets ein reges, sehr geräusch- 
volles Leben herrschte. Fast an der geräuschvollsten Stelle dieser Brüche 
hatte sich ein Paar unseres Vogels eingenistet und war von den Arbei- 
tern täglich beobachtet worden.: Am 19. Juni wurde beim Füttern der 
Jungen das Nest in einer Felsspalte auf einem kleinen Absatze entdeckt; 
es lagen 3 ganz flügge Junge darin, welche sammt dem Neste wiederum 
dem oben erwähnten Müller gebracht wurden. Nach einigen Tagen er- 
hielt ich diese 3 Jungen; dieselben wuchsen bei dem von Prof. Naumann 
empfohlenen. Universal-Drosselfutter (geriebenen Mohrrüben , erweichter 
Semmel und etwas Ameisen-Puppen) gut heran und sind noch am Leben. 
Das Nest war aus dürren feinen Wurzeln von Vaccinium Myrtillus, Erica 
vulgaris, Uva ursi, von Holzsplitterchen, Strohhalmstückchen, trocknen 
Grashörstchen und Graswurzeln locker zusammengefilzt und soll nicht 
mit Lehm, oder einem andern Bindemittel, ausgestrichen gewesen sein; 
die innere Auskleidung und Form des Nestes war bereits verloren ge- 
gangen. Sobald ich von diesem Funde Nachricht erhalten hatte, be- 
suchte ich jene Steinbrüche und traf auch sofort das beraubte alte Päär- 
chen; dieses flatterte bald sich jagend und liebkosend vor den schroffen 
Felswänden umher, bald trennte es sich und flog vereinzelt von einer 
Felsecke zur andern, immer jedoch die hervorragendsten Spitzen aufsu- 
chend. Ausser einzelnen unartikulirten, an die Stimme des Rothschwänz- 
chens erinnernden, Tönen hörte ich keinen Gesang. Obgleich nun diese 
Vögel keineswegs scheu waren, sich vielmehr bei neugieriger Zutraulich- 
keit in ziemlicher Nähe beobachten liessen, so wurden sie doch sehr un- 
stät und scheu, als ich sie mit der Flinte verfolgte; erst nach vieler 
Mühe gelangte ich am 23. Juni zum sichern Schuss, wodurch ich das 
alte Männchen erhielt; das ebenfalls angeschossene Weibchen ging mir 
leider im hohen Gestrüpp verloren. Das Gefieder des Männchens war 
noch im besten Zustande; nur die Fahnen der grossen Flügelfedern zeig- 
ten sich, so weit jede Feder von der folgenden unbedeckt bleibt, etwas 
abgenutzt. Die Farbe des Kopfes und Halses ist weniger azurblau, als 
vielmehr bläulich bleigrau. 

Durch diese Beobachtungen ist es thatsächlich erwiesen, dass Tur- 
dus saxatilis auch zur Fauna des Harzes gehört und sogar am nördlichen 
Rande desselben brütet. — Ueber das Vorkommen dieses Vogels an an- 
dern Punkten Norddeutschlands finde ich in den frühern Heften dieser 


327 


Zeitschrift nur zwei Beobachtungen mitgetheilt. Herr Pastor Rimrod 
<Naumannia II. Bd. 3. Heft pag. 23) hat nemlich 1844 ein junges, am 
Rande des Westerwaldes geschossenes Exemplar gesehen; es hatte dort 
ein Paar an einem alten Thurme der Burg Greifenstein genistet; und 
Pf. B. Altum (Naum. Bd. I. pag. 449.) führt die Steindrossel nachträg- 
lich in dem Verzeichnisse der im Münsterlande vorkommenden Vögel auf, 
da er ein junges Exemplar erhalten hat, welches bei Sendenhorst ge- 
schossen war. | 

» Bei unserer Versammlung in Gotha machte noch Herr Forstrath 
Salzmann die Mittheilung, dass er diesen interessanten Vogel im Thü- 
ringer Walde nur einmal, und zwar bei Klein-Schmalkalden,, angetroffen 
habe. 


Anmerkung. Einige Tage nach meiner Rückkehr von Gotha hörte ich, dass 
auch in einem Schieferbruche am Nordberge bei Goslar während dieses Som- 
mers ein Paar Turdus saxatilis gebrütet habe, und sah in nicht weiter Ent- 
fernung von diesem Bruche am 27, Juli in einer vertrockneten Linde unmit- 
telbar neben einem Chausseegeld-Erhebungshause ein junges Exemplar dieses 
Vogels. 


Vorläufiges über die von B. Altum beschriebene 
kleine Schwanenart. 


Von 


Dr. &. Hartlaub. 


Als mir Hr. Altum in Gotha von seinem kleinen Höcker- 
schwan erzählte, glaubte ich demselben versichern zu können, es 
werde dieser Cygnus Bewicki sein, eine Art, die in mehreren Exempla- 
ren auf dem hiesigen Stadtgraben schwimmt und welche alt und jung. in 
unserem Museum steht. Bald nach meiner Zurückkunft erhielt ich das 
zweite Quartal der Naumannia und damit die nähere Beschreibung jener 
Schwanenart, (S. 145 ff.) da sah ich denn klar, dass dieselbe eine von 
€. Bewickii durchaus verschiedene sein müsse und bin seitdem eifrig be- 
müht gewesen zu nähern Aufschlüssen über dieselbe zu gelangen. Das 
Ergebniss dieser meiner Nachforschungen geht dahin, dass die von Altum 
beschriebene Art keine andere als der 1831 von Sharpless im 22sten 
Bande von Silliman’s American Journal. of Science and Arts auf Seite 83 
beschriebene Cygnus americanus sein kann. Ausführliche Nachricht über 


328 


diese sehr charakteristische Art findet man im ornithologischen Theile 
von Swainson’s und Richardson’s »Fauna Boreali-americana« auf Seite 
465, wo dieselbe unter der irrthümlichen Bezeichnung »Cygnus Bewickii« 
beschrieben wird. Schon Lewis und Clarke erwähnen einer kleinern 
nordamerikanischen Schwanenart »als am Columbiaflusse überwinternd.« 
Capt. Lyon beschreibt Nest und Eier derselben. Weiteres hat Audubon: 
Cygnus americanus, Sh. Audub. Ornithol. Biogr. vol. V. p. 411. — Id. 
Atl. pl. 411 & ad. — Id. edit. 8° pl. 384. — Id. Synops. North-Ameriec. 
Birds, p. 274. Hier heisst es z. B. »bill black with a small orange spot 
on each side at the base« *). 

Auch in T. C. Eyton’s schönem Werke: »A monograph on the 
Anatidae or Duck-tribe« wird Cygnus americanus auf Seite 99 als un- 
zweifelhaft gute Art abgehandelt. Dagegen scheinen weder Rüppell noch 
Lesson dieselbe zu kennen, denn weder die sehr umfassende monogra- 
phische Arbeit des erstern im 2ten Bande des »Museum Senkenbergia- 
num,« noch die mehr synoptische Lesson’s in der »Revue zoologique 
par la Societe Cuvierienne« 1839, p. 321, erwähnen derselben. Es ist 
sehr wahrscheinlich, dass mit der von Latham. im 10. Bande seiner 
»General history of birds« unter dem Namen »Lesser Swan« unvollstän- 
dig beschriebenen Art eben auch C. americanus gemeint sei. Hier heisst 
es nemlich vom Schnabel: »black with a black knob at the base« **), 
was auf keine andere Art passen würde. Eine interessante Nachricht 
neuern Datums über unsern Schwan gibt der von Prof. Baird. bearbeitete 
zoologische Appendix zu Capt. H.. Stansbury’s Reisebericht über. den 
grossen Salzsee von Utah, auf Seite 321. Hier wird das jüngere Männ- 
chen beschrieben. Die geographische Verbreitung des Cygnus america- 
nus in Nordamerika scheint eine sehr ausgedehnte zu sein. Er über- 
wintert in den atlantischen Provinzen, und zwar am zahlreichsten in 
Chesapeake-Bay, wurde von Richardson am Saskatchewan unter dem 64. 
erlegt, von Townsend am Columbia und von der Expedition Capt. Stans- 
bury's am Jordan-river im März, scheint also über den ganzen nördli- 
cheren Theil Nordamerika’s verbreitet. . 

Altum’s Vermuthung, es Könne sein Schwan der Cygnus immutabi- 
lis Yarrell’s sein, ist irrthümlich. Dieser steht dem olor zunächst und 
unterscheidet sich fast nur durch die hell grauröthlichen Füsse. 


*) Schnabel schwarz, mit einem kleinen orangefarbenen Flecke zu beiden Sei- 
ten der Basis. 
**) Schwarz mit einem schwarzen Höcker an der Basis. 


329 


Die Synonymie von C. Bewickii steht, um diess noch hinzuzu- 
fügen, fest. Degland hat dieselbe ziemlich vollständig, lässt aber, ein 
ächter Franzose, die Benamung Naumann’s »C'ygnus melanorhinus«, weg. 
Ausführlich und ganz gut schreibt über diese Art M. Gerbe im 8. Bande 
der Guerin’schen Revue zoologique, auf Seite 244. Noch weit wichti- 
ger und umfassender sind über dieselbe die Nachrichten W. Thomson’s 
im dritten Bande seiner »Natural history of Ireland, Birds,« einem der 
trefflichsten Werke der gesammten ornithol. Literatur. 

Bis auf Weiteres möchte ich aber annehmen, dass Altum’s Schwan 
der Cygnus americanus Sh. sei, behalte mir indessen vor, die Abbildung 
desselben mit der Audubon’s zu vergleichen. 


Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze L. Brehm’s 
„Ueber Species und Subspecies“ in Naumannia 
für 1853, erstes Quartal. 


Der verehrte‘ Herr Verfasser des Aufsatzes »Ueber Species und 
Subspecies« (in Naumannia 1853, erstes Quartal), der auch hier im Nor- 
den seiner Bemühungen in der Ornithologie wegen von allen Freunden 
der Wissenschaft gekannt und sehr geschätzt ist, wird sicher nicht übel 
aufnehmen, wenn ein Freund der Ornithologie einige Anmerkungen, die 
beim Durchlesen des genannten Aufsatzes unwillkührlich sich in ihm reg- 
ten, in diesen Blättern niederlegt; jene sind nicht aus Begierde zu kri- 
tisiren entsprungen, sondern aus Liebe zur Wahrheit. 

»Was ist nun Subspecies?« fragt (p. 10) Herr Brehm, und antwor- 
tet: »Ein geringer, aber standhafter Unterschied in der Grösse, Schna- 
bel und Schädelgestalt, oder auch in der Farbe.« Hier kam mir in 
‘Gedanken, dass in Russland, so wie auch in gewissen: Provinzen Schwe- 
den’s rein schwarze Hasen (Lepus borealis) nicht selten sind. Wenn 
man nun: viele derselben in seiner Sammlung aufstellen liesse, und weil 
die schwarze Farbe als konstant erscheint, diese Varietät eine Sub-: 
species nennte, wäre es richtig? Ich glaubte vormals so — jetzt aber 
weiss ich, dass es nicht so ist. — Die schwarze Varietät ist hier im 
westlichen Schweden sehr selten; im vorigen Jahre aber wurde ein 
schwarzes und ein gewöhnliches graues Junges, von derselben Brut ge- 


330 


fangen. Sie waren Männchen und Weibchen von grauen Eltern ge- 
boren. Sie brachten zur Welt ein rein schwarzes Junges; aber in 
diesem Jahre ein graues,. wie gewöhnlich. Es war also nicht eine 
konstante Subspecies, sondern eine Spielart. — Es ist wohl nicht so leicht 
zu wissen, ob eine Farbenverschiedenheit konstant sei, oder nicht — — 

»Sturnus sylvestris ist,« nach dem Herrn Verfasser, »gänzlich ver- 
schwunden in seiner Gegend, dagegen ist St. longirostris eingewandert« 
— Ist es so gewiss, dass dieser nicht von jenem abstammt? — »Der 
Schnabel ist ganz anders gestaltet« — Wohl! Doktor Lund hat ja unter 
einer Menge von Menschenüberresten in der Provinz Minas Geraes in 
Brasilien mehrere Schädel gefunden, die dentes incisivi den molares voll- 
kommen gleich hatten. — Unter den egyptischen Mumien, bei den Schä- 
deln aus den celtischen, römischen und sächsischen Gräbern in England 
hat man dasselbe beobachtet. — Herr Smith führt in seinen »Colleetanea 
antiqua« an, dass dergleichen Vorderzähne. in den .celtischen Gräbern 
nicht selten vorkommen — gehörten nun diese Schädel zu zwei ver- 
schiedenen Species oder Subspecies der Menschen? Und doch nahm Linne 
das Zahngebäude als ein standhaftes Unterscheidungszeichen für Mam- 
malia. — Ich will hiemit nicht sagen, dass ich der Lamark’schen Theo- 
rie, wonach die Gans dureh häufiges Strecken des Halses ein Schwan 
geworden sein sollte etc. beitreten will. Ein Thier kann kein Gelüste 
haben etwas zu thun, welches nicht in seiner Organisation ‘begründet 
ist, und mit dieser im Widerspruch steht; ein Wadvogel kann z. B. kein 
Gelüste haben auf trockenem Land zu leben, weil seine Organisation ihn 
bestimmt, im Sumpfe zu waden; ich will nur sagen, dass man dem 
Standhaften in so oberflächlichen Verschiedenheiten als die Farben 
sind, nicht allzugrosses Vertrauen schenken müsse — — 

»Wie sind nun diese Subspecies zu erklären ?« fragt Herr. Brehm 
weiter (p. 16), und er antwortet: »Viele halten sie für klimatische 
Verschiedenheiten (Varietäten). Damit ist aber gar nichts gesagt« 
— — Wohl etwas gesagt, doch nicht alles. — Viele Naturforscher 
kommen darin überein, dass nicht nur Klima, sondern vielmehr ver- 
schiedene Lebensmittel*) und andere Lebensverhältnisse sehr viel 
beitragen, die specifischen Kennzeichen zu verändern. — Schon vor 
vielen Jahren bemerkte Pennant die eigenthümliche Veränderung, die 


*) Darauf wies auch Se. Hoh. der Herzog Ernst von Coburg-Gotha bei der Be- 
sichtigung der Brehm’schen Vögel in Gotha hin. B. 


331 


der Magen der gewöhnlichen Forelle in den Seen der Grafschaft Galway 
dadurch erlitten zu haben scheint, dass dieser Fisch mit Austern gefüt- 
tert wird. Die Haut ist so dick wie der Kropf eines Vogels geworden: 
offenbar in Folge der Anstrengung der Natur, sich dem ungewohnten 
Futter des Thieres anzubequemen. So auch waren die Magenwände 
einer gemeinen Möve, die man mit Korn gefüttert hatte, als man sie 
nach dem Tode untersuchte, bedeutend dicker geworden (Yarrel’s Birds. 
II. 571). Auf die besondere Form der Vogelschnäbel gründet man Spe- 
ciesunterscheidungen, und doch ist es jetzt gewiss, dass sich dieselben 
je nach der besonderen Art des Futters verändern. — Man 
hat die Probe mit eingeschlossenen Vögeln gemacht, aber auch im 
wilden Zustand finden sich Individuen, die sich in dieser 
Hinsicht seltsam verändert haben; so hat man die Elster, die 
Saatkrähe und den Specht alle mit den gekreuzten Kiefern des Kreuz- 
schnabels gefunden (Magazin of Natural History VI, 57). Ein engli- 
scher Naturforscher sagt: »Ein Correspondent theilt uns mit, dass er 
eine Varietät von Goldammern gesehen habe, die sich durch sehr her- 
vorstechende Charaktere auszeichnete — viel grösser, zierlichere Form, 
reicheres ‘und glänzenderes Gefieder, — die nach Aussage des Vogel- 
stellers häufig als Nachkommenschaft des gewöhnlichen Vogels vorkom- 
me. — Die Abzeichen dieses Thieres sind grösser, als die in manchen 
Fällen als specifisch angesehenen, und es scheint gewiss, dass dergleichen 
Paare, sonderte man sie von den andern ab, eine neue Rasse erzeugen, 
und so den Naturforschern Gelegenheit geben würden, eine besondere 
Species (eine standhafte Subspecies wenigstens) aufzustellen (Vestiges 
of natural History of creation). 

»Die Zeichnung aber dieser eigenthümlichen Individuen wird wieder 
in die Urarten zurückschlagen, sie pflanzt sich nicht fort — diess ist 
eme ausgemachte Wahrheit« wird Herr Brehm wahrscheinlich einwenden. 
— Doch — lässt es sich auch nur erwarten, dass ein einzelnes Thier 
‘mit eigenthümlicher Form, diese Form nicht auf seine Nachkommen- 
schaft übertragen wird, wenn sie durch Vermischung mit Thieren, die 
keine solche Eigenthümlichkeit besitzen, absorbirt wird (und diess ist 
wohl auch die Ursache, dass die specifischen Unterscheidungszeichen 
im Allgemeinen so dauerhaft sind), so folgt daraus nicht, dass eine Va- 
rietät (eine Subspecies), wenn sie sich mit einem Geschöpf ihres Glei- 
‚chen verbindet, nicht Nachkommen von ihrem eigenen Charakter haben 
sollte; dieser eigene Charakter aber einer Varietät (Subspecies) kann 


332 


bald vertilgt werden, und ich zweifle sehr, dass dieses »stets«, dieses 
»standhaft« des Herrn Verfassers vollkommen ausgemacht sei. Wäre 
es wirklich so, so sollten alle naturhistorische Systeme verändert wer- 
den und die Subspecies in ihr volles Recht eintreten, als wahre Spe- 
cies und die alten Species Genera werden u. s. w. Leider bin ich 
nicht der Einzige, der zweifelt, dass diese Standhaftigkeit der sog. Sub- 
species bewiesen werden kann. 

Der Verfasser sagt weiter (p. 17): »Alle neuern genauern Beob- 
achtungen haben deutlich gezeigt, dass in der Freiheit ohne Zuthun der 
Menschen keine neuen Bildungen noch weniger Arten entstehen. — Wie 
soll die Bildung der Subspecies aus der der ächten Arten durch Ver- 
mehrung und Verbreitung der Individuen hervorgegangen sein? Ich kann 
mir das nicht denken« — Da es ausgemacht ist, dass veränderte Lebens- 
verhältnisse (Klima, Futter, ein gezwungener Lebenszustand) unter den 
domesticirten Thieren bedeutende Veränderungen in Farben und Formen 
hervorbringen können, wenn wir auch nicht recht verstehen, wie dieses 
Alles zugeht, so ist es wohl nicht so schwierig, sich zu denken, dass 
die Natur selbst mitunter diese veränderten Lebensverhältnisse, diesen 
gezwungenen Zustand zum Theil hervorbringen könnte. — Z. B, eine 
bestimmte Vogelart lebt ein Jahrhundert oder mehr in ihrer ursprüng- 
lichen Heimat, sie nährt sich von gewissen Gewächsen oder Insekten. 
— Die Heimat wird übervölkert. — Die Art muss emigriren. — Einige 
Individuen langen zuletzt in einem Lande an, wo sie sich andere Ge- 
wächse, andere Insekten, ein härteres Klima, mit einem Worte: eine 
mehr gezwungene Lebensordnung müssen gefallen lassen. — Wieder- 
absorption der Spielarten, die jetzt hervortreten möchten, kann hier nicht 
leicht vorkommen, denn das Colonisationsfeld, um uns so auszudrücken, 
ist weit genug, um den neuen Familien zu gestatten, weiter und weiter _ 
von ihrem Ursitz und den vorelterlichen Familien fortzuwandern, wäh- 
rend ihnen die Rückkehr durch die dichte, fortwährend nachdrängende 
Bevölkerung verwehrt wird. — Die Subspecies halten sich. — Aber ge- 
setzt, einige Familien wanderten zurück. — Sie möchten dann eine Zeit 
lang als Subspecies leben, aber zuletzt würde sie (die Subspecies) von 
der ursprünglichen Art absorbirt werden, und die Subspecies wäre da 
verschwunden, ganz wie des Verfassers Sturnus sylvestris. — So un- 
gefähr hat neuerdings ein geistreicher Engländer sich diese Variations- 
prozesse vorgestellt, und man muss gestehen, dass es nicht unwahr- 
scheinlich klingt. — — 


333 


(Pag. 18.) »Ich glaube,« fährt Herr Brehm fort,« »dass, da wir in 
dem standhaften Feststehen der Bildung der Geschöpfe, welche von 
einem Geschlechte auf das andere übertragen wird, eine wunderbare 
und dauernde Ordnung und Regel deutlich wahrnehmen, diese Subspe- 
cies vom Anbeginn aus Gottes unbegreiflicher Schöpferkraft hervorge- 
gangen sind, und auch so bleiben werden, wie sie sind.« 

Man darf- doch nicht so gewiss von »standhaftem Feststehen« spre- 
chen, da man ja weiss, wie schwierig es oft-fällt, standhafte ge- 
werische Charaktere zu entdecken; die specifischen Kennzeichen 
sind noch oberflächlicher — so, dass man sie zuweilen mit den Varie- 
tätskennzeichen verwechselt, wie die verschiedenen Meinungen von An- 
thus pratensis und cervinus beweisen, und die Kennzeichen der Subspe- 
cies möchten wohl noch oberflächlicher sein, da so Viele ihnen ihr Recht 
zu eigenen Namen absprechen wollen. — Je oberflächlicher aber und 
weniger bedeutend ein Kennzeichen ist,‘ desto mehr ist es auch der 
Veränderung ausgesetzt. — Dass die Schöpferkraft Gottes eine »Ord- 
nung und Regel« (d. h. standhafte Gesetze) für alle Lebensformen der 
Natur festgestellt hat, ist eine unwidersprechliche Wahrheit, aber diese 
Ordnung kann auch eine gewisse Mannigfaltigkeit in der Einheit festge- 
stellt haben; die specifischen Charaktere können zwischen gewissen 
Grenzen variiren. — Ueberall in. der Natur schauen wir Freiheit zwi- 
schen gewissen Grenzen. — Auf diesem Gesetze beruht ja jene 
vielseitige, nie ermüdende Schönheit der Natur, die in allen ihren man- 
nigfaltigen Schöpfungen doch die innere Idee (das Typische, die Einheit) 
stets festhält. — Sollten so. oberflächliche Charaktere, als die der Sub- 
species, standhaft sein, welche stereotypische Einförmigkeit! So pedan- 
tisch ist doch wohl die Natur nicht. 

Der Verfasser scheint anzunehmen, dass alle organische Lebensfor- 
men auf einmal »aus Gottes Schöpferkraft« hervorgegangen sind, und 
bleiben werden, wie sie sind. — So können wir nur denken, wenn 
-wir die relativ kurze Zeit einiger Menschenalter überblicken, schauen 
wir aber in die ungeheuern geologischen Zeitperioden zurück, da 
finden wir. neue organische Formen successive .hervortreten und 
alte verschwinden, ob durch gewaltsame Revolutionen oder durch 
einen allmählig: sich verändernden Zustand der Erde, ist nicht gut zu 
bestimmen; das letzte scheint wahrscheinlicher. — Es ist aber sicher 
eine unrichtige Vorstellung, dass die geologische Entwicklung der 
Erde jetzt vollbracht sei, dass Alles so ist, wie es zu den letzten 


334 


Zeiten bleiben werde. — Das Gegentheil beweist der Nivellirungs- 
process des Wassers, der stets fortwährt, und die Form der Erde 
so allmählig verändert; wahrscheinlich nimmt die organische Natur 
an dieser Veränderung Theil. — Sogar in der historischen Zeit sind 
ja beweisslich einige Lebensformen ausgeloschen (Didus ineptus, Cervus 
megaceros)*). — Andere sind nahe daran zu verschwinden (Apterix au- 
stralis). — Dass neue Lebensformen mit den veränderten Zuständen 
der Erde hervortreten, können wir von der Geologie lernen. — Und es 
ist nicht ausgemacht, dass diese veränderten Formen mit bestimmt 
abgeschlossenen Zeitperioden eintreten; gesetzt, sie treten allmählig 
ein, so kann auch das standhafte Feststehen der Subspecies etwas 
sehr Wandelbares sein. 

Der Verfasser sagt weiter: »dass seine Subspecies die zwischen 
den Arten befindlichen Lücken auf eine den menschlichen Verstand in 
Erstaunen setzende Art ausfüllen.« — Man hat gesagt: die Begriffe von 
Genus, Ordnung u. s. w. sind blosse Abstractionen des menschlichen 
Geistes; die Natur hat nur Species. — Nach dem Herrn Verfasser 
ist auch der Speciesbegriff eine Abstraction; die Natur hat nur Sub- 
species. — Die Lücken zwischen den Species sind ja von Subspecies 
ausgefüll. — Wer weiss, ob nicht in einer spätern Zeit, wenn minu- 
tiöse Beobachtungen die Lücken zwischen Subspecies ausgefüllt haben, 
vielleicht Jemand behauptet: die Natur hat nur Individuen. 

»So glaube ich bewiesen zu haben, dass die Erforschung. der Sub- 
species kein eines Naturforschers unwürdiges, sondern die Naturwissen- 
schaften wesentlich (2) förderndes Studium ist.« — — Ohne Zweifel 
»kein eines Naturforschers unwürdiges Studium,« aber ob auch ein 
»die Naturwissenschaften wesentlich förderndes Studium« ist noch 
die Frage. Man wirft im Allgemeinen dem ‚Studium. der Naturwissen- 
schaften vor, dass es mehr in die Länge und Breite, als in.die Tiefe 
zuwächst — d. h. dass die wesentlichen Resultate dieses Studiums der 
darauf angewandten Mühe nicht entsprechen. Es ist natürlich, da die Ma- 
terialien, die man zu ordnen hat, um etwas wesentliches hervorzubrin- 
gen, jährlich sich häufen, dass die Arbeit mühseliger sein werde, je 
mehr wir in der Zeit vorrücken. — Dieses Verhältniss wird auch zum 
Theil angebahnt, da die Naturforscher unter sich das Feld der. Natur 
in kleinere Stücke theilen können, und so Jeder sein Theil mit Gründ- 


*) Wahrscheinlich auf Aepyornis maximus, wenn auch nicht gerade in der hi- 
storischen Zeit im engern Sinne des Wortes. Baldamus. 


335 


lichkeit bauen kann. — Aber das Unwesentliche und Oberflächliche zum 
Wesentlichen und Standhaften emporheben zu wollen, kann gewiss nicht 
die Arbeit auf dem Feld der Natur erleichtern und fördern, sondern 
vielmehr erschweren. — — 

Ich wiederhole, dass diese unschuldigen Bemerkungen nicht aus 
Kritisirungsbegier entsprungen sind; ich«hege für den berühmten Ver- 
fasser die höchste gebührende Ehrfurcht, und würde mich glücklich 
preisen, wenn ich Gelegenheit hätte, seine reiche Sammlung von Vögeln 
einmal zu sehen — sein Name ist über meine Kritik hoch erhaben, und 
der berühmte Ornitholog wird gewiss nicht an diesem Aufsatz Anstoss 


nehmen. 
3. Hammergren, 


Phil. Mag. in Carlstad in Schweden. 


Beobachtungen über den Wespenfalken, 
Pernis apivorus. 


Von 


Theodor Behrens, 


Bei meiner Niederlassung hier in Coburg vor 15 Jahren fand ich 
den Wespenfalken in hiesiger Gegend fast in jedem Feldholze horstend, 
so dass man ihn unter die gewöhnlichen Raubvögel rechnen konnte, 
während er in mancher benachbarten Gegend, so auch in der von Gotha, 
zu den selteneren gehörte. Ich habe denselben in den ersten 5 — 6 
Jahren meines Hierseins (später ist er durch meine eifrigen Nachstel- 
lungen freilich auch hier ziemlich selten geworden) in sehr vielen Exem- 
plaren, die meist von mir selbst, und zwar grösstentheils beim Horste, 
geschossen worden, erhalten, habe junge Vögel aufgezogen und, wie 
auch einen alt eingefangenen, mehrere Jahre lebend gehalten, und hatte 
‘demnach so viel Gelegenheit, Beobachtungen über ihn zu machen, wie 
nicht leicht ein anderer Ornithologe. Da nun meine Erfahrungen den 
Angaben, welche die mir bekannten ornithologischen Schriften über die- 
sen Vogel enthalten, zum Theil widersprechen, so glaube ich, es dürf- 
ten nachstehende Mittheilungen nicht ganz uninteressant erscheinen. 

Kein Raubvogel variirt sowohl in Farbe und Zeichnung, als in Grösse 
so sehr,‘ wie der Wespenfalke; diess gilt hauptsächlich von den Männ- 
chen; die Weibchen weichen weniger von einander ab, Altersverschie- 


336 


heiten ausgenommen. Doch ist es falsch, wenn Manche behaupten, dass 
man nicht leicht zwei gleiche Exemplare finde. Ich habe mich im Ge- 
gentheile überzeugt, dass die verschiedenen Varietäten sich treu durch 
viele Generationen fortpflanzen. Dass Ausnahmen vorkommen, gebe ich 
zu, doch ist mir hiervon kein emziger Fall aus eigener Erfahrung be- 
kannt, da die Abkömmlinge aller hier horstenden Varietäten immer den 
Aeltern gleich wurden. Als Beweis hiefür mögen folgende Thatsachen 
gelten: Das Männchen des ersten Paares, welches ich nach meiner Hier- 
herkunft im Bausenberge (Coburger Revier) mit dem Förster Werner _ 
schoss, war an der ganzen Unterseite des Körpers, von der Kehle bis 
zu den Unterschwanzdeckfedern, rein weiss, ohne alle Flecken und 
dunklere Schaftstriche; der Kopf hellgrau, die Wachshaut schwarzgrau; 
die Oberseite zeigte die gewöhnliche braune Farbe. Meine Abbildung 
Nro. 1 gibt den Vogel naturgetreu wieder. Das Weibchen trug das am 
häufigsten bei ihm vorkommende Kleid, wie die Abbildung Nro. 2 zeigt. 
Aus demselben Reviere habe ich innerhalb 5— 6 Jahren 15 Paare, 
sämmtlich beim Horste ‘geschossen , erhalten, die dem vorbeschriebenen 
zum Verwechseln ähnlich waren. Oefters stellte sich auf derselben 
Stelle, wo ich ein Jahr vorher ein Paar geschossen hatte, ein ganz ähn- 
liches Paar ein. Es unterliegt daher nach meiner Ansicht keinem Zwei- 
fel, dass diese Vögel von einander abstammten. Hiefür spricht noch der 
Umstand, dass alle jungen Vögel, welche ich aus diesem Reviere er- 
hielt, im ersten Kleide, je nach dem Geschlechte, einander ganz ähnlich 
waren; die männlichen glichen genau dem in Naumann’s herrlichem 
Werke abgebildeten jungen Männchen; die weiblichen ähnelten in Farbe 
und Zeichnung dem alten Weibchen. 

Eine andere, von der eben beschriebenen ganz verschiedene Varie- 
tät, von welcher ich in demselben Zeitraum 10 Paare erhielt, horstete 
hier auf dem Wohlsbacher und Laimbacher Reviere. Die meisten Männ- 
chen dieser Varietät waren an der ganzen Unterseite einfach dunkel- 
braun, ohne alle Abzeichen; der Kopf schön blaugrau, Auge und Fänge 
dunkelgelb, während letztere bei der vorigen Varietät immer hellgelb 
sich zeigten. Ein derartiges Männchen stellt meine Abbildung Nro. 3 
naturgetreu dar. Einige andere dieser Männchen waren an der Unter- 
seite des Körpers nicht so ganz einfach braun, sondern zeigten, nament- 
lich an den Unterschwanzdeckfedern einige undeutliche, hellere Binden. 
Die Weibchen hatten an Kropf und Brust dunkelockerfarbige Längsflecken, 
die gegen den Unterbauch hin mehr in Querflecken übergingen. Einige 


337 


derselben hatten graue Kopfseiten, was bei den Weibchen der ersten 
Varietät nie vorkam. Junge Vögel habe ich von diesen Paaren nur we- 
nige erhalten; sie ähnelten in beiden Geschlechtern den alten Weibchen, 
nur war, wie gewöhnlich, Farbe und Zeichnung unreiner. 

Aus dem Hohensteiner und Ahorner Revier, die an einander gren- 
zen, erhielt ich eine Anzahl, theils von mir selbst, theils von Andern 
beim Horste geschossener Wespenfalken, darunter 9 Männchen, die in 
Farbe und Zeichnung wieder von den beiden vorbeschriebenen Varietä- 
ten verschieden waren. Den grauen Kopf des Männchens ausgenommen, 
waren hier beide Geschlechter einander gleich; doch zeigten auch einige 
Weibchen graue Kopfseiten. Unter sich unterschieden die Exemplare 
sich nur darin, dass die unterbrochenen Binden bald heller, bald dunkler, 
bald breiter, bald schmäler- waren und bei manchen der weisse Grund 
stark vorherrschte. Die Jungen sahen nach Farbe und Zeichnung einem 
Cuculus canorus im braunen Jugendkleide täuschend ähnlich. 

Eine vierte Varietät erhielt ich in 9 beim Horste geschossenen 
Exemplaren aus der Gegend von Schweinfurt; dieselben zeigten weder 
unter sich, noch nach dem Geschlechte, den grauen Kopf des Männchens 
ausgenommen, eine Verschiedenheit; Weibchen mit grauen Kopfseiten 
fanden sich unter diesen nicht. In Bezug auf Farbe und Zeichnung 
dieser Varietät verweise ich auf meine Abbildung Nro. 2. 

Die angeführten Thatsachen dürften wohl geeignet sein, meine oben 
ausgesprochene Behauptung, dass die verschiedenen Varietäten des 
Wespenfalken sich treu durch viele Generationen fortpflanzen, zu recht- 
fertigen. In hiesiger Gegend ist diess wenigstens bisher so constant 
vorgekommen, dass unter mehr als 70 Exemplaren sich nicht eine ein- 
zige Ausnahme: fand, und dass, wenn ich einen beim Horste geschosse- 
nen Wespenfalken aus fremder Hand erhielt, ich mit Bestimmtheit er- 
kennen konnte, aus welchem Reviere er war. Für die Abstammung der 
einzelnen Exemplare je einer der 4 angeführten Varietäten von einander 
möchte auch schon die allen Ornithologen bekannte 'Thatsache sprechen, 
dass die meisten Zugvögel bei ihrer Wiederkunft ihren früheren Brüte- 
oder Geburtsort wieder aufsuchen. 

Unter 15 hier auf dem Zuge erlegten Wespenfalken, befanden sich 
nur 3, die irgend einer der vorbeschriebenen Varietäten glichen; von 
den übrigen Exemplaren will ich einige ihres auffallenden Kleides wegen 
näher bezeichnen. 


Ein wahrscheinlich 2jähriges Männchen, das ich im September 1847 
Naumannia. 1854. 22 


338 


auf der Rosenau schoss, trug folgendes Kleid: Kopf, Nacken und ganze 
Unterseite des Körpers schön milchweiss mit gelblichem Anfluge, letztere 
mit dunklen Schaftstrichen, vom Mundwinkel durch das Auge bis zum 
Ohre ein dunkelbrauner Streif, Flügelbug rostroth, Spitze der Schwung- 
und Schwanzfedern weiss, Rücken- und Flügeldeckfedern mit breitem 
weissem Saum und sonstigen Verzierungen, die sich nicht gut durch 
Beschreibung darstellen lassen; Auge gelb, Wachshaut schwarz; ich 
werde von diesem herrlichen Vogel später in dieser ornithol. Zeitschrift 
eine Abbildung liefern. 

Ein altes Männchen, am 12. Juli 1848 auf der Rosenau geschossen, 
dessen unverletztes glänzendes Gefieder bewies, dass der Vogel nicht 
gehorstet hatte, zeigte folgendes Aussehen: Auge orangegelb, Wachs- 
- haut schwarz, Kopf und Nacken blaugrau, vom Mundwinkel unter dem 
Auge weg bis zum Ohre ein dunkelbrauner, einem Barte ähnlicher Streif, 
Kehle rostgelb, Brust dunkel-, Bauch hellockergelb; Federschafte an der 
ganzen Unterseite des Körpers dunkler; Oberseite rein erdbraun mit 
bläulichem Duft; Fänge lebhaft gelb, Nägel hell hornfarben und sehr 
abgenützt, welcher letztere Umstand für ein hohes Alter des Vogels 
spricht. Ueberhaupt erinnerte die ganze Färbung des Vogels an die 
eines alten Lämmergeiers. 

Weder von dem vorigen noch von diesem Exemplare ist mir je ein 
zweites zu Gesicht gekommen. 

Am 12. September 1849 erhielt ich ein auf dem Callenberge ge- 
schossenes junges Weibchen, welches dem in Naumann’s Werke abge- 
bildeten ganz ähnlich war; das einzige derartige Exemplar, das mir je 
zu Handen gekommen. Es muss aber, da Hr. Naumann dasselbe zur 
Abbildung gewählt hat, in andern Gegenden, wenigsters im Anhalt’schen, 
häufiger in diesem Kleide vorkommen, was wohl wieder ein Beweis da- 
für wäre, dass die Verschiedenheit der Kleider bei den Wespenfalken 
mit örtlichen Verschiedenheiten im Zusammenhange steht. 

Mehrere alte Männchen waren an der ganzen Unterseite des Kör- 
pers einfach schiefergrau mit dunkleren Schaftstrichen; wieder ein an- 
derer alter männlicher Vogel war an der Unterseite auf weissem Grunde 
zart rostgelb quergebändert; desgleichen auch ein sehr altes Weibchen 
mit grauem Kopfe. 

Den Horst des Wespenfalken habe- ich auf allen Revieren hiesiger 
Gegend fast immer nur in geringer Höhe, oft kaum 20 Fuss über dem 
Boden, auf den untern Aesten starker Buchen oder Eichen an ziemlich 


339 


licht bestandenen Stellen der Laubhölzer und nur zweimal im Schwarz- 
wald in ziemlicher Höhe auf Kiefern gefunden. Ueberhaupt geht in un- 
serer Gegend der Wespenfalke beim Bauen seines Horsies sehr unvor- 
sichtig zu Werke; derselbe ist meist so unversteckt angebracht, dass 
man ihn schon in einiger Entfernung bemerken kann; ja einigemal fand 
ich denselben auf dicht an einer frequenten Fahrstrasse stehenden Bäu- 
men; überdiess trägt auch noch oft das Benehmen des Yogels zur leich- 
ten Auffindung seines Horstes bei, indem er fast beständig in dessen 
Nähe herumstreicht und dabei oft seinen kläglichen Ton hören lässt. 
Der Horst hat gewöhnlich einen verhältnissmässig grossen Umfang und 
ist meist leicht aus dünnen Reisern, zumal Erlenreisern, gebaut; einmal 
fand ich einen solchen kaum 10 Fuss über dem Boden auf einer kleinen 
Birke so leicht und durchsichtig gebaut, dass man von unten ganz deut- 
lich die in demselben liegenden Eier sehen konnte; doch ist zu vermu- 
then, dass ein von einem anderen Orte vertriebenes Paar diesen Horst 
in Eile gebaut hat, da 3 Tage vorher noch nichts von demselben zu 
bemerken war und der Wespenfalke doch bekanntlich eine verhältniss- 
mässig lange Zeit zum Aufbau seines Horstes braucht. 

Die mir bekannt gewordenen Horste enthielten gewöhnlich 2, bis- 
weilen 3 und nur ein einziger 4, oft in einem und demselben Horste 
nach Form und Farbe verschiedene Eier; doch habe ich nie mehr als 
2 Junge in denselben gefunden. 

Was das Betragen des Wespenfalken beim Horste anbelangt, so ist 
dasselbe nach meinen Beobachtungen bei verschiedenen Paaren verschie- 
den: manche Paare habe ich fast beständig in der Nähe des Horstes 
unter lautem Geschrei herumstreichen, andere sich nur sehr vorsichtig 
demselben nähern gesehen; manche waren sehr schwer beim Horste zu 
beschleichen, während andere erst durch starkes Klopfen am Baume sich 
aufscheuchen liessen; ein brütendes Weibchen strich erst dann davon, 
als der Steiger schon den Horst berührt hatte; einige stiessen wüthend 
auf mich. 

Die weiteren Beobachtungen, die ich über das Betragen des Wespen- 
falken im Freien gemacht, stimmen ganz mit dem überein, was Naumann 
in seinem Werke darüber sagt, und müsste deren Anführung daher 
überflüssig erscheinen. 

Nun Einiges über die Nahrung des Wespenfalken. 

Nach meinen in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen kann ich 


behaupten, dass der Wespenfalke, obgleich Wespenbrut seine liebste 
ERr 


340 


Nahrung ist, doch nie eine ausgeflogene Wespe frisst und dass sonach 
die Wespen, die in dessen Kropfe und Magen gefunden werden, nur 
solche sind, welche noch in den Zellen befindlich von ihm aus diesen 
herausgefressen wurden. 


Meine Behauptung stützt sich auf folgende Beobachtungen: 

Am 12. Juli 1848, früh 7 Uhr, bemerkte ein Feldarbeiter in der 
Nähe der Rosenau einen Wespenfalken, der mit dem Ausscharren eines 
Wespennestes beschäftiget war. Obgleich derselbe zu wiederholten Ma- 
len von dem Arbeiter aufgejagt ward, erschien er doch immer alsbald 
wieder, seine Arbeit eifrig fortsetzend. Mittags davon in Kenntniss ge- 
setzt, begab ich mich auf den Platz und schoss den Vogel. Von der 
Zeit, wo er zuerst beobachtet wurde, bis dahin wo ich ihn erlegte, 
waren 6 Stunden verflossen. Er hatte seinen Zweck zur Wespenbrut 
zu gelangen noch nicht erreicht, als der Schuss ihn niederstreckte. In 
seinem Kropfe und Magen fand ich nichts als Käferreste, keine Spur 
aber von Wespen, die doch während seiner 6stündigen Arbeit seinen 
Kopf zu Hunderten umschwärmten, die er aber, wie ich deutlich sehen 
konnte, durch Kopfschütteln abzuwehren suchte. | 


Diese Beobachtung erregte natürlich meine Aufmerksamkeit in ho- 
hem Grade, und es war mir sehr erwünscht, als sich bald eine Gelegen- 
heit mir darbot, weitere Beobachtungen in dieser Beziehung zu machen. 
Ich erhielt nämlich aus dem Ahorner Revier ein lebendes altes Weib- 
chen des fraglichen Vogels, dass durch einen Schuss nur leicht geflügelt 
und daher schon nach wenigen Tagen wieder geheilt war. An diesem 
stellte ich nun Versuche an, die meine erste Beobachtung vollkommen 
bestätigten. Hielt ich nemlich dem Vogel eine Wespe vor, so frass er 
sie nicht nur nicht, sondern wich sogar vor derselben zurück, wurde 
ihm eine solche lange vorgehalten, indem man demselben bei seinem 
Zurückweichen damit folgte, so biss er endlich danach, schnellte sie aber 
weg. So oft ich auch diese Versuche wiederholte, das Resultat war 
immer dasselbe; nie war er zu bewegen, eine Wespe zu fressen. Ich 
glaube sonach in diesen Beobachtungen eine Rechtfertigung meiner Be- 
hauptung, dass der Wespenfalke nie eine bereits ausgeflogene Wespe 
fresse, erblicken zu dürfen. Sollte er aber gegen meine Erfahrung doch 
dergleichen Wespen verzehren, so müsste ich doch, was auch bereits 
von Andern geschehen ist, der Behauptung des Herrn L. Brehm, dass 
der Wespenfalke den Wespen vor dem Verschlucken den Stachel ab- 


34l 


bisse, widersprechen, indem ich bei allen Wespen, die ich untersuchte, 
den Stachel noch vorgefunden habe. 

Mit welcher Ausdauer der Wespenfalke übrigens beim Ausscharren 
der Wespennester verfährt, mag folgender Fall beweisen: Der Fasanjä- 
ger Küster auf der Rosenau fand den 13. Aug. 1851 früh 5 Uhr an dem 
Ufer des dortigen Teiches einen Wespenfalken im Ausscharren eines 
Wespennestes begriffen. Das Anschleichen war nicht wohl möglich, da 
der Vogel auf einem freien Platze stand und immer aufflog, ehe man in 
Schussnähe kam. Er wurde unzählige Mal aufgejagt, kam aber immer 
bald wieder zur Stelle, bis es endlich gegen Abend doch gelang ihn zu 
schiessen. Er hatte sonach einen ganzen Tag mit dem Ausscharren des 
Nestes zugebracht. Sein Kropf war mit Wespenbrut gefüllt. 

Dass übrigens der Wespenfalke sehr früh nach Nahrung ausfliegt, 
beweiset der Umstand, dass ein von mir am 3. Juli d. J.. früh 4 Uhr 
beim Horste geschossenes Männchen, dessen Weibchen Abends vorher 
erlegt worden war, schon den ganzen Kropf voll frischer Wespenbrut 
hatte. 
Im Kropfe und Magen des Wespenfalken habe ich ausser Wespen- 
brut gewöhnlich noch gefunden: Heuschrecken, Käfer, besonders von der 
Gattung Silpha, Raupen, Frösche, Eidechsen, nur selten Reste von warm- 
blütigen Thieren, nie eine Hummel, auch keine Blüthenkätzchen von 
Birken und Nadelhölzern, doch zuweilen Blätter der Heidelbeerstaude. _ 

Ich gehe nun über zu meinen Beobachtungen über den Wespen- 
falken in der Gefangenschalt. 

Wie bereits Eingangs gesagt, habe ich mehrere junge Wespenfal- 
ken aufgezogen und solche, gleich dem oben erwähnten alt eingefange- 
nen, mehrere Jahre lebend gehalten, will aber nur eines solchen hier 
nähere Erwähnnng thun, da sie im Ganzen alle Eigenschaften mit einan- 
der gemein hatten. Im Allgemeinen habe ich die Bemerkung gemacht, 
dass der Wespenfalke ein äusserst gutmüthiger Vogel ist und, selbst alt 
eingefangen, leicht zahm wird. | 

Ein schon flugbares junges Männchen, ganz dem in Naumann's 
Werke abgebildeten ähnlich, welches ich beim Horste eingefangen, ward 
schon nach wenigen Wochen gegen ihm bekannte Personen, wie auch 
gegen meine Hunde in hohem Grade zutraulich, ja anhänglich, stellte 
sich aber gegen jeden fremden Hund in Positur, sträubte die Federn 
und ging auf ihn los. Eine besondere Zuneigung hatte er gegen einen 
kleinen Hund, dem er fast beständig zur Seite war. Lag der Hund, so 


N 


312 


setzte der Vogel sich zwischen seine Füsse, spielte mit ihm oder zaus’te 
mit dem Schnabel seine Haare, was er sich denn auch gutwillig gefal- 
len liess. Nur beim Fressen war der Vogel zuweilen tückisch, jagte die 
Hunde vom Futter, die sich ihm auch, selbst ein grosser Jagdhund, nicht 
widersetzten, und bewachte das Futter oft längere Zeit ohne selbst da- 
von zu fressen. Er lief in und ausser dem Hause umher, und fand er 
eine Thüre verschlossen, so schrie er aus Leibeskräften so lange, bis 
solche geöffnet wurde. Einen öffentlichen Garten in der Nähe ‚meiner 
Wohnung, wo er ein beliebter Gast war und immer Etwas zugeworfen 
erhielt, besuchte er im Sommer täglich; im Spätsommer und Herbste 
lief er oft halbe Tage lang nahrungsuchend auf.den Stoppelfeldern herum. 
Er hörte auf den Ruf »Hans«, kam aber nur, wenn er gelaunt oder 
hungrig war. In Zeiten guter Laune sprang er Frauenzimmern auf den 
Schooss, hob oft einen Flügel auf, um sich unter demselben kratzen zu 
lassen, wobei er unter sichtlichem Wohlbehagen die Augen zudrückte ; 
oder setzte sich auf deren Schultern und spielte in den Haaren herum, 
die er durch den Schnabel zog; dabei liess er immer einen piependen 
Ton hören. That ihm Jemand etwas zu Leide, so merkte er es lange 
Zeit und mied diese Person. Hatte er Hunger, so lief er der Magd, 
die ihn gewöhnlich fütterte, schreiend im ganzen Hause nach und zupfte 
dabei an deren Kleidern; wollte sie ihn abwehren, so schrie er entsetz- 
lich und setzte sich zur Wehre. Seine liebste Nahrung war Semmel 
mit Milch, doch frass er auch alles Andere, wie Fleisch, Mehlspeisen, 
Kartoffeln, zuweilen auch einen kleinen Vogel. Ein Wespennest, wel- 
ches in einem Garten an einem Busche hing, interessirte ihn nicht im 
Mindesten; Wespen die ihm um den Kopf flogen, suchte er durch Kopf- 
schütteln abzuwehren, hielt man ihm solche vor den Schnabel, so biss 
er dieselben todt, frass aber nie eine. Doch will ich diese Beobach- 
tung durchaus nicht als Beweis für meine Behauptung, dass der Wespen- 
falke keine flugbare Wespe fresse, anführen, da bekanntlich die meisten 
in der Gefangenschaft jung aufgezogenen Vögel ihre Natur verläugnen, 
was bei diesem ganz besonders der Fall war, da er nicht einmal die 
Lieblingsspeise des Wespenfalken, Wespenbrut, frass. 

Gegen Kälte war der Vogel sehr empfindlich; er versteckte sich 
im Winter häufig unter den Ofen, wo er, da er nicht gern im Zimmer 
geduldet wurde, sich ganz ruhig verhielt, um seine Anwesenheit nicht 
zu verraihen. Im Allgemeinen hatte der Vogel mehr das Betragen einer 
Krähe als eines Raubvogels; nur waren seine Bewegungen gemessener 


343 


und bedächtiger, sein Gang schreitend, nie hüpfend; nur wenn er ge- 
jagt wurde, machte er einige Sätze. Er starb nach drei Jahren. Er 
hatte nach jeder Mauser immer wieder dasselbe Kleid bekommen, nur 
war die Iris schon im zweiten Frühjahre gelb, die Wachshaut dunkel 
geworden. £ 

Das oben bereits erwähnte, alt eingefangene Weibchen zeigte. im 
Ganzen ein mit dem des vorbeschriebenen Männchens übereinstimmendes 
Betragen. Hinsichtlich der Nahrung unterschied dieser Vogel sich von 
dem Vorigen darin, dass er Wespenbrut leidenschaftlich liebte. Hielt 
man ihm ein Wespennest vor, so. ward er sichtlich aufgeregt, stiess mit 
grösster Begierde danach und verschluckte ganze Stücke davon; leere 
Wespennester zerriss er nach Brut suchend, in lauter kleine Stücke. 
Dass er keine fliegenden Wespen frass, habe ich oben schon bemerkt; 
gleiches war der Fall mit Hummeln. Sonst war, ‚wie beim Vorigen, 
Semmel mit Milch seine Lieblingsspeise. Todte Vögel liess er oft un- 
berührt, lieber waren ihm Frösche; auch Maikäfer frass er, doch nicht 
besonders gern. 

Gegen meine übrigen Hausthiere war der Vogel in hohem Grade ver- 
träglich. Ergötzlich war es anzusehen, wenn er mit denselben, nämlich 
mit 2, Meerschweinchen, 1 Staar, 1 Goldregenpfeifer und 2 Wachteln 
aus einer Schüssel frass; keines der genannten Thiere zeigte die ge- 
ringste Furcht vor ihm, ja, der naseweise Staar biss oft aus Futierneid 
nach ihm oder spritzte ihm Milch in’s Gesicht, was er ganz ruhig hin- 
nahm. Zuweilen erhob er sich dabei sehr gravitätisch und überschaute 
mit stolzem Blick den bunten Kreis seiner Tischgenossen. Einmal er- 
hielt ich eine Taube, einen grossen sog. Türkentauber, die nicht fliegen 
konnte; ich setzte dieselbe sogleich ‚neben den Falken, und erstaunte 
nicht wenig, als dieselbe, statt Furcht zu zeigen, sich innig an den 
Falken schmiegte. Sie zeigte überhaupt bald eine solche Anhänglichkeit 
an ihn, dass sie nicht mehr von dessen Seite wich. War sie von der 
‚Stange, auf welcher sie neben dem Falken sass, zum Futter herabge- 
hüpft, so lief sie, da sie nicht. fliegen konnte, so lange unter dem Fal- 
ken hin und her, bis man sie wieder hinaufsetzte; verhielt sich der 
Falke nicht ruhig, so hackte sie oft nach ihm, was ihn aber gar nicht 
zu beleidigen schien. So gutmüthig nun aber der Falke gegen Menschen 
und die genannten Thiere war, so bösartig war er, wenn ein Hund in 
seine Nähe kam; hier zeigte er einen Muth und eine Wildheit, die in 
Erstaunen setzte; pfeilschnell und mit grösster Wuth schoss: er von sei- 


344 


ner Stange nach dem,Kopf des Hundes,t schlug seine Fänge ein, biss 
und schlug ihn mit den Flügeln; dabei sträubte er die Federn und 
fauchte wie eine Katze. Die Hunde, auch die grössten und bösartigsten 
geriethen in die grösste Angst und suchten das Weite. Auch wenn der 
Hund entronnen war, beruhigte er sich nicht gleich, sondern biss eine 
Zeit lang in blinder Wuth nach Allem, was sich ihm näherte. 

Er liebte sehr den Sonnenschein, setzte sich daher oft mit ausge- 
breiteten Flügeln und offenem Schnabel an ein offenes Fenster und flog 
auch auf die benachbarten Dächer; Regen scheute er sehr; wurde er 
von einem solchen überrascht, so verkroch er sich schnell in die nächste 
Ecke. Gegen Kälte war er sehr empfindlich und musste desshalb im 
Winter in der Arbeitsstube gehalten werden, wo er auf einer Stuhllehne 
sitzend, sich ganz ruhig verhielt. 

Nachdem ich den‘Vogel 4 Jahre lang gehalten, erfror er in einer 
kalten Nacht. 

Diess wären meine Beobachtungen über den Wespenfalken, einen 
Vogel, für den ich/stets ein besonderes Interesse hatte. 


Ueber das Vorkommen der €. locustella im 
Altenburg’schen. 


Von 


Friedrich Schach. 


Als ich die ersten interessanten Aufsätze des Herrn Pf. Baldamus 
über den Buschrohrsänger las, hätte ich nicht geglaubt, dass wir _ 
den merkwürdigen Vogel, so ganz in unserer Nähe hätten. Um so 
grösser war darum unsere Freude, als uns sein regelmässiges Vor- 
kommen allhier zur evidenten Gewissheit wurde. Freund Kratzsch 
in Kleintauschwitz bei Schmölln entdeckte ihn ganz zufällig, und 
die Resultate seiner Beobachtungen liegen diesen Zeilen zu Grunde. 

Es war im Frühjahre 1850, als Locustella das erste Mal angetroffen 
wurde. K. kehrte am zweiten Pfingstfeiertage in Begleitung eines 
Freundes und ornithologischen Collegen von dem "; Stunde von Klein- 
tauschwitz ehtfernten Gimmel zurück, woselbst er seinem Bruder einen 


345 


Besuch abgestattet hatte. In der Nähe des genannten Ortes kam ihm 
plötzlich ein dem Gesange der grünen Heuschrecke ähnliches Schwirren 
zu Ohren, was von seinem Bruder schon einige Tage früher vernommen 
worden war, und was ihm um so mehr auffiel, als um diese Zeit die 
genannte Heuschrecke schwerlich zu finden sein dürfte. Da aber im 
verflossenen Jahre die Wanderheuschrecke (Acridium migratorium) 
sich einzeln gezeigt hatte, so ging er dem Tone nach in der Hoffnung, 
eine solche in seine Hände zu bekommen. Allein wie staunte er, als, 
nachdem er dem Schwirren so nahe gekommen zu sein glaubte, dass 
er das fragliche Thier mit der Hand zu ergreifen hoffte, aus einem 
Kornfelde unmittelbar vor seinen Füssen ein graues Vögelchen heraus- 
stiebte! Durch Naumann’s treffliches Werk über den eigehthümlichen 
Gesang und die Lebensweise der Heuschreckenschilfsänger unterrichtet, 
war er in Bezug auf seine Entdeckung mit einem Male im Klaren. Des 
anderen Abends ward Jagd auf den Vogel gemacht, und derselbe glück- 
lich erlegt, seine Vermuthung aber dadurch zur Gewissheit. 

Den darauf folgenden Herbst, und zwar am 3. Oktober, erlegte 
Kratzsch einen dergleichen Vogel in der Nähe seines Wohnortes in einem 
an einem ausgetrockneten Feldteiche einzeln stehenden kleinen Weiden- 
büschchen. Aber zugleich erhoben sich nun auch Zweifel in ihm gegen 
seine bisherige Annahme. Da er nämlich noch keinen der Heuschrecken- 
schilfsänger vor Augen gehabt. hatte, so war er bei Erlegung des ersten 
der Meinung, C. fluviatilis vor sich zu haben, welche Annahme ihm aber 
jetzt, nachdem er den zweiten erlegt hatte, doch etwas bedenklich er- 
schien, da ein im mittleren Deutschland so seltener Vogel sich nicht 
gut zwei Mal hinter einander in die Nähe seines Wohnortes verirrt ha- 
ben konnte. Unterzeichneter, dem bei einem Besuche in Tauschwitz 
die gedachten Exemplare vorgelegt wurden, erkannte bei genauerer Be- 
trachtung in denselben zwei ziemlich verschiedene Vögel; der erste, im 
 Frühlinge erlegte, war offenbar nicht nur in allen seinen Verhältnissen 
schwächer, sondern sein Schnabel bedeutend länger, schwach bogenför- 
mig, und sein Kleid zog mehr in’s Oelfarbige, als das des letzteren. 
Wäre nun einer von beiden fluviatilis gewesen, wie Freund Kratzsch 
immer noch annahm, so hätte es nicht der im Frühjahre, sondern offen- 
bar der im Herbste erlegte sein müssen, weil er vom Habitus der stär- 
kere war. Den schwächeren aber vielleicht für einen nicht völlig aus- 
gewachsenen jungen Vogel zu halten, war un desswillen» nicht möglich, 
weil er im Frühjahre, und zwar inmitten seines monotonen Schwirrens 


346 


erlegt worden war. Eine sichere Entscheidung in solcher Ungewissheit 
hätten hier nun vielleicht die Maasse geben können; allein Messungen 
an den erlegten Vögeln waren leider nichl vorgenommen worden. Dass 
der stärkere Herbstvogel die Locustella sein musste, darin stimmten wir 
endlich beide überein. Was aber sollte mit dem, wenn gleich bedeutend 
schwächeren, dennoch offenbar alten, im Frühlinge erlegten angefangen 
werden? Schreiber dieser Zeilen war gleich anfangs geneigt, ihn für die 
in »Brehm’s Handbuche der Vögel Deutschlands« pag. 440 an- 
gegebene C. tenuiröstris zu halten, welche Vermuthung bei genauerer 
Vergleichung ihm später immer mehr zur Gewissheit ward. 


Mit den besten Hoffnungen und Erwartungen wurde nun dem künf- 
tigen Frühlinge entgegengesehen, und siehe, sie betrogen uns nicht. 
Von einer Reise nach Leipzig zurückkehrend, vernahm K. Mitte Mai’s 
1851 eine Stunde von seinem Wohnorte nach Altenburg hin abermals 
zwei Locustellen in einem Kornfelde, auf die er Tags darauf, aber er- 
folglos, Jagd machte, da er — auf fremdem Reviere — sich nur eines 
Zündhütchengewehres bedienen konnte, Später jedoch, am 22. Mai, er- 
legte er ein drittes Exemplar, ein singendes Männchen, auf eigenem 
Reviere, und zwar abermals im Kornfelde.e Doch mit ihm war’s für diess 
Jahr abermals vorüber ! | 


Der Mai und Juni des Jahres 1852 gingen hin, ohne dass ‚sich in 
der Nähe von Tauschwitz eine Locustelle hätte hören lassen. Als K. 
. jedoch am 13. Juli früh 6 Uhr eine Spazierfahrt zu einem seiner Freunde 
machte, hörte er in der Nähe des Dorfes Saare abermals das bekannte 
Schwirren im Korne. Es wurde sogleich zu näherer Untersuchung ge- 
schritten, und zwei Locustellen — offenbar ein gepaartes Paar — stieb- 
ten heraus. Tags darauf, den 14. Juli, wurde wieder ein Männchen an 
einer andern Stelle erlegt. 


Für das Jahr 1853 hatte ich schon im Voraus meinen geehrten 
Freund um gefällige Nachricht gebeten, so bald die merkwürdigen Vögel 
sich einstellen würden. Die ersten beiden vernahm er am 14. Mai, den 
24. ejusd. aber erlegte einer seiner Arbeiter einen derartigen Vogel, 
ebenfalls ein singendes Männchen, beim Dorfe Köthenitz, und über- 
brachte ihn mit dem Bemerken, dass es wieder »ein kleiner, wie 
‚der zuerst erlegte« sei, da er die früher erlegten Vögel mehrere 
Male gesehen hatte. Es war in der That derselbe Vogel, wie der zu- 
erst (im Frühjahre 1850) erlegte, jeden Falls eine C. locust. tenuirostris 


347 


Brehm *). An demselben Morgen verfolgte K. zwei andere auf fremdem 
Reviere, deren keiner er jedoch habhaft werden konnte, obgleich er 
die eine ständerlahm schoss. 

Kurz nach Pfingsten ertheilte mir mein geehrter Freund die Nach- 
richt, dass locustella angekommen sei und die ganze Nacht hindurch 
schwirre, und darum machte ich mich am 28. Mai dorthin auf den Weg. 
-In Kleintauschwitz angekommen, vernahm ich, dass K. schon mehrere 
Vögel ge- und resp. zerschossen habe. Tags vorher von dem % St. 
entfernten Städtchen Schmölln zurückkehrend, traf er eine Locustelle 
abermals in einem Kornacker,. die noch Vormittags 10 Uhr eifrig sang. 
Gegen Abend machte er Jagd auf dieselbe, und als er sich dem öfter 
sich unterbrechenden Sänger noch ziemlich fern glaubte, strichen zwei 
graue Vögel von einem Kleeacker vor ihm auf. Sie für Curr, cinerea 
haltend, schoss er gleichwohl auf den einen im nahen Kornfelde sich 
niederlassenden und an einem Halme in die Höhe kletternden Vogel, 
und wie gross war seine Freude, als ihm eine genauere Untersuchung 
das Weibchen von locustella zeigte. — Wir gingen Abends spät 
wieder an die genannte Stelle, woselbst das verwittwete Männchen 
dennoch fleissig, und zwar wieder in demselben Kornacker sang. Da 
uns die einbrechende Dunkelheit am Schiessen verhinderte, so begaben 
wir uns nach Hause und machten uns am anderen Morgen abermals da- 
hin auf den Weg. Zuerst machten wir Jagd auf einen anderen, den wir 
schon Abends vorher ebenfalls vernommen hatten. Er befand sich in 
einem ganz schmalen Holzrändchen in der Nähe eines grossen Kornfeldes. 
Nach kurzem Warten liess er sich hören und — ward erlegt. Er be- 
findet sich jetzt in meinem Besitze. Ein gleiches Schicksal wie den er- 
sten traf den Wittwer bei Schmölln, so dass Kratzsch nicht allein jeden 
Falls 2 Subspecies, sondern von C. locustella sogar ein gepaartes Paar 
besitzt. — Zwei andere Vögel sangen noch Anfangs Juli 1853, der eine 
hinter dem Garten meines Freundes in einem 14 Acker haltenden Korn- 
‘ felde, der andere beim Dorfe Altkirchen nahe an einem Flüsschen. 
Ja, als ich am 22. Juli in Gesellschaft einiger Freunde von einer unse- 
rer Versammlungen aus dem Altenburg’schen zurückkehrte, sang Abends 
noch ein dritter ganz in der unmittelbaren Nähe von Schmölln. 

Vom 4. bis 30. Mai gegenwärtigen Jahres endlich vernahm K. wie- 


*) So eben macht mir K. die angenehme Mittheilung , dass meine Ansicht in 
Betreff dieses Vogels durch Herrn P. Brehm selbst Bestätigung gefunden, der eines 
der beiden Exemplare für seine Sammlung acquirirte. 


348 


derum 4 Locustellen, und zwar allemal im Kornfelde, konnte aber trotz 
aller Mühe keine in seinen Besitz bringen. Ebenso erfolglos machten 
wir beide am 27. und 28. Mai Jagd auf ein gepaartes Paar in einem 
Kornacker beim Dorfe Altkirchen. Obgleich der Gesang des Männchens 
am Abende des 26. seinen Aufenthalt daselbst zur Gewissheit gemacht 
hatte, lauschten wir doch am folgenden Morgen umsonst auf sein mono- 
tones Lied und begaben uns endlich nach Hause in dem Glauben, dass 
der Vogel die Gegend schon verlassen habe. Um uns jedoch Gewiss- 
heit zu verschaffen, verfügten wir uns Abends wieder an Ort und Stelle, 
und diess Mal mit mehr Erfolg. Das Männchen sang, aber nur in kur- 
zen Strophen und oft mit langen Unterbrechungen, und wir konnten es 
nie zu Gesichte bekommen, um einen Schuss darauf anzubringen. Ein 
Versuch es im Fluge zu erlegen, den wir schliesslich wagten, misslang 
ebenfalls, obgleich es mehrmals sammt dem Weibchen vor unseren 
Füssen auffllog, da die einbrechende Dunkelheit sie uns nur noch als 
Schatten erscheinen liess. Den nächsten Morgen beobachtete das Männ- 
chen zu unserem grössten Leidwesen dasselbe hartnäckige Schweigen, 
wie am Tage vorher, und die darauf folgenden Abende war K. nicht glück- 
licher, als wir am heutigen Tage, bis er endlich voll Verdruss das Paar 
aufgab. 

Aus den oben erwähnten Thatsachen geht nun wohl unleugbar 
hervor: 

1) Der Buschrohrsänger kommt im Altenburg’schen nicht nur 
regelmässig vor, sondern brütet jeden Falls auch daselbst, da ge- 
paarte Paare nicht allein im Frühjahre erlegt, sondern mehrmals auch 
im Sommer während der Brütezeit angetroffen wurden *). . 

2) Die Annahme, dass der Buschrohrsänger auch fern von allem 
Gewässer vorkomme, wenn nur sonst das Terrain ihm convenire, findet 
hier volle Bestätigung. Die Gegend um Kleintauschwitz enthält nicht 
einmal Niederungen und Wiesenfläche, noch weniger sumpfige, feuchte 
Stellen. Wenn auch mit einzelnen kleinen Hügeln und Thälern gemischt, 
bildet sie doch mehr ein Plateau, und das dem Orte nächste Flüsschen, 
die Sprotte, ist wenigstens Y» Stunde entfernt. 

3) Der gedachte Vogel zieht (wenigstens in hiesiger Gegend, ob 
in anderen, ‚weiss ich nicht) Getreide- und namentlich Kornfelder den 


“ . 
*) So eben erfahre ich, dass K. an der gleich oben genannten Stelle den 24. 
Juli ein ganz flügges Junges schoss. Die Vermuthung, dass der Buschrohrsänger 
bier brüte, wird dadurch zur evidenten Gewissheit. 


349 


Gehölzen vor, da von allen den oben angegebenen Vögeln nur der am 
24. Mai 1853 erlegte in einem schmalen Holzrändchen, doch auch im 
äussersten, an ein Kornfeld grenzenden Strauche getroffen wurde, ob- 
gleich es hier an Feldgehölzen, die meistens kleine Wiesenthäler ein- 
schliessen, nicht mangelt. 

4) C. tenuirostris Br. ist jeden Falls eine standhafte Subspecies von 
locustella. Die Unterschiede fallen selbst Unkundigen in die Augen. 
Zwei sich ziemlich genau gleichende Vögel dieser Art wurden hier er- 
legt. Der erste, im Frühlinge 1850 erlegte, ist ganz der in Brehm’s 
Handbuche beschriebene. Er ist auffallend schwächer, als 
locustella, sein Schnabel länger, sanft bogenförmig, einem 
Baumläuferschnabel entfernt ähnlich; die schwarzen Schaft- 
streifen der Kehle treten sehr deutlich hervor, die des Mantels sind 
nicht so scharf begrenzt, als bei locustella.. Dem am 24. Mai v. J. er- 
legten fehlte zwar das hauptsächlichste Merkmal — der Oberschnabel 
abgeschossen — , auch ist die Kehle fast ganz rein, und die Schaftstrei- 
fen und Tupfen des Mantels sind etwas schärfer begrenzt; doch kann 
diess wohl Folge von Altersverschiedenheit sein, denn in 3 Punkten 
stimmen beide Vögel wesentlich überein: Beide sind viel schwä- 
cher, als Zocustella — der letztgenannte am 24. Mai erlegte wog fast 
Ya Loth weniger —; der Unterkörper beider ist viel ölfarbi- 
ger; die Tupfen des Mantels stehen sparsamer und die dunkle 
Färbung tritt darum weniger hervor. 

5) C.. locustella mag an so manchem Orte des deutschen Vaterlan- 
des vorkommen, oft da, wo man sie nicht vermuthet, wozu allerdings 
ihre versteckte Lebensweise viel beiträgt. Sie kann selbst den Augen 
des Ornithologen eine Zeil lang entgehen, wenn ihm ihr monotoner Ge- 
sang nicht schon vorher bekannt ist, | 


Russdorf, im Juli 1854. 
Friedrich Schach. 


350 


Einiges über den Faug der Raubvögeel. 


Von 


Friedrich Schach, 


Eine der bekanntesten und verbreitetsten Fangmethoden für Raub- 
vögel ist wohl die mit dem sogenannten Stossgarne oder Habichtsstosse. 
Ein ungefähr 8 Ellen langes und mehrere Ellen breites Garn mit. ver- 
hältnissmässig weiten Spiegeln wird im Quadrate so aufgestellt, dass es 
in jedem Winkel durch einen in die Erde gesteckten, 3—4 Ellen hohen 
glatten Stab von daran angebrachten, abwärts gerichteten Einschnitten in 
die Höhe gehalten wird. Das Garn bildet so 4 Wände, welche eine 
Höhe von ungefähr 31 Elle-haben. Oben bleibt es offen, und in die 
Mitte desselben auf den Boden kommt die Lockspeise. Gewöhnlich: hat 
man hierzu eine lebende, wo möglich gefleckte Taube benutzt. Allein 
der Fang auf diese Weise ist mit mancherlei Uebelständen verknüpft. 
Einer der Erheblichsten ist wohl die Thierquälerei, welche damit noth- 
wendig verbunden ist. Die Taube, welche natürlich gefesselt werden 
muss, leidet dabei oft empfindlich durch Hunger, Durst und Kälte, und 
stösst ein Raubvogel auf sie, so wird sie oft fürchterlich zerrissen, wenn 
nicht gar getödtet; denn die Blutgier der Räuber ist nicht selten so 
gross, dass sie, selbst gefangen, noch ihre Beute verzehren. Auch hat 
der Fang auf diese Weise ferner das Unangenehme, dass man die Taube, 
um sie vor Raubthieren zu schützen, jeden Abend unter Dach und Fach 
bringen muss. 

Lange sann Schreiber dieses darüber nach, wie die erwähnten 
Uebelstände beseitigt werden könnten. Es wurde die Taube, um sie 
vor Verletzungen zu schützen, in einen Käfig gesteckt. Allein abgese- 
hen davon, dass sie, dadurch immer etwas verdeckt, nun- den spähenden 
Räubern nicht so leicht und weit mehr sichtbar blieb, war sie beim 
Herannahen derselben immer noch der Todesangst ausgesetzt, und die 
übrigen oben angedeuteten Uebelstände wurden denoch nicht gehoben. 

Da wurden endlich Versuche mit ausgestopften Tauben gemacht. 
Um die Täuschung vollständig zu machen, ward ein verhältnissmässig 
langer und starker Draht spiralförmig gewunden, sein unteres abwärts 
gebogenes Ende in ein in die Erde geschlagenes Pfählchen gesteckt, 
auf das obere aufwärts gebogene spitzige aber die Taube gestellt. Beim 


351 


geringsten Luftzuge musste sich so die Taube nicht allein bewegen, 
sondern bei verschiedenen Windstössen auch nach allen Richtungen 
drehen. Und siehe da, dieser Versuch gelang so vollständig, dass die 
Methode als praktisch einem Jeden empfohlen werden kann. Dabei sind 
alle oben erwähnten Uebelstände gehoben. Mann kann so Wochen lang 
den Stoss auf einer und derselben Stelle stehen- lassen, und ist dabei 
des öfteren genauen Nachsehens an Ort und Stelle überhoben, zumal 
wenn man ihn auf einem etwas hoch gelegenen, von Weitem leicht zu 
übersehenden Punkte anzubringen im Stande ist. 

Wie leicht sich die Raubvögel auf die angegebene Weise täuschen 
lassen, geht wohl daraus zur Genüge hervor, dass einst sogar 2 Stück 
auf einmal — Buteo vulgaris und Ast. palumbarius — gefangen wurden, 
welcher letztere bei meinem Herannahen noch eifrigst mit Rupfen be- 
schäftigt war. f 

Ast. palumbarius, But. vulgaris und lagopus waren es namentlich, 
welche auf diese Weise öfter sich täuschen liessen. Einmal sogar — 
am 14. Febr, 1852 — fing ich ein sehr altes, an den Seiten ganz asch- 
graues Männchen von F. peregrinus, der einzige Vogel dieser Art, der 
mir seit 10 Jahren um meinen Wohnort vorgekommen ist. 

Nicht umhin kann ich schliesslich, in Bezug auf letzgenannten Vo- 
gel noch einige interessante Notizen mitzutheilen. Es war ein sehr 
regnerischer nebeliger Tag, an welchem derselbe gefangen wurde. Da 
aus diesem Grunde der Stoss vom Fenster aus nicht übersehen werden 
konnte, so musste Abends an Ort und Stelle nachgesehen werden. Ein 
Vogel hatte sich gefangen und dabei so verwickelt, durchnässt und be- 
schmutzt, dass er bei der einbrechenden Dunkelheit der Art nach nicht 
mehr zu erkennen war. Nachdem es endlich unter vieler Mühe gelun- 
gen war, denselben von seinen Fesseln zu befreien, musste er, um ihn 
vom Schmutze zu reinigen, förmlich abgewaschen werden. Diese Proce- 
dur wirkte aber so nachtheilig auf den wahrscheinlich tüchtig ausgehun- 
gerten und darum ermatteten Gefangenen, dass er nach Beendigung der- 
selben für todt gehalten und darum auf den Ofen zum Trocknen gelegt 
wurde. Zu meiner Freude jedoch hatte er sich die Nacht hindurch 
wieder erholt, und als er nun mit einem Schwamme von Neuem ge- 
waschen wurde, bemerkte ich, sobald ich mit demselben in die Nähe 
des Schnabels kam, wie der Vogel begierig das Wasser aus demselben 
sog. Nach einiger Zeit endlich fing er an, ihm dargereichtes Fleisch 
zu verschlucken, und wurde nun in kurzer Zeit ganz ausserordentlich 


352 


zahm. Da ich ihn frei sitzen liess, so kam er jedes Mal auf mich zu- 
gesprungen oder geflogen, sobald ich ihm einen Vogel zeigte, und flog 
mir endlich auf die Achsel oder die Hand. Sehr gern liess er sich’s 
gefallen, wenn»ich ihm beim Rupfen der Beute behilflich war, die er 
mit einem seiner Fänge hielt. Wehe hat es mir gethan, ihn endlich 
tödten zu müssen, da nicht genug Frass mehr für ihn aufzutreiben war. 
Er ziert gegenwärtig meine Sammlung. 


Kurzer Bericht über eine ormnithologische Excursion 
am Jahdebusen, im Juni 1854. 


Von 


c. FE, Wiepken 


Am 6. Juni reiste ich in Begleitung des Herrn Siemang, Bibliothe- 
kar Sr. Kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Stephan, mit dem Dampfschiff 
von Oldenburg ab; wir fuhren die Hunte hinunter und dann auf der 
Weser bis Grossensiel, wo wir einen Wagen nahmen, der uns nach dem 
Jahdebusen brachte. Unterwegs bemerkten wir an den Hunteufern die 
dort gewöhnlich vorkommenden Vögel: Vanellus cristatus, Ardea cinerea, 
Ciconia alba, Machetes pugnax, Limosa melanura, Totanus ochropus (des- 
sen Nest aufzufinden mir bis jetzt nicht geglückt ist, obgleich er nicht 
selten vorkommt) Calamoh. aquatica, Emberiza schoeniclus und von Ferne 
hörten wir das eintönige Schnarren des Crex pratensis. Auf der Weser 
angelangt, sahen wir zuerst Larus ridibundus, welche eine Meile von 
Oldenburg auf einer grossen Lache im Moor ihren Hauptbrüteplatz hat, 
und späterhin, aber sehr einzeln, Larus canus. Als wir in die Nähe der 
Plate Harriensand (eine kleine Insel in der Weser) kamen, bemerk- 
ten wir eine grosse Anzahl Limosa melanura, welche durch das Ge- 
räusch des Dampfschiffs aufgescheucht, mit ihrem bekannten Geschrei 
über ihren gewiss schon ausgeschlüpften Jungen herumkreisten. Diese 
Erscheinung interessirte mich um so mehr, weil ich vor einigen Jahren, 
als ich diese Plate besuchte, (es ist nämlich dieselbe, wo damals ‚ein 
Seeadlerhorst mit Jungen gefunden sein sollte, der aber nichts weiter 
war als ein Horst von F. rufus) von diesem Vogel nur einzelne Päär- 
chen fand. Die Kiebitze hatten sich hier schon mit ihren erwachsenen 


353 


Jungen in grossen Flügen zusammen gefunden, während wir späterhin 
am Jahdebusen noch kleine im Nestkleide sahen, in Folge der Wegnahme 
der ersten Eier. 

Im Binnenlande, auf der Tour vom Grossensiel nach dem Jahdebu- 
sen, bemerkten wir dagegen äusserst wenig Vögel. Der Kiebitz hatte 
meistens seinen Brutplatz verlassen und ausser einer Totanus calidris 
sahen wir nur Alauda arvensis et cristata, Motacilla flava, Emberiza mi- 
liaria, und diese sehr einzeln, wo hingegen ich sie früher sehr häufig 
in dortiger Gegend antraf. Endlich gegen Abend erreichten wir die 
Küste und quartirten uns in einem kleinen Wirthshause an der Eckwan- 
der Hörne ein. Nachdem wir unsere Kisten und Koffer arrangirt, brachten 
wir unsere Gewehre in Ordnung und gingen auf den Deich, wo mein 
Begleiter von dem Anblick des Jahdebusens, es war gerade Hochwasser, 
auf das Angenehmste überrascht wurde. Wir sahen einige Meerschwal- 
ben und Anas nigra &, konnten jedoch keinen Schuss anbringen. 

Am folgenden Morgen liessen wir uns auf die Oberahnschen Felder 
bringen, 3 Inseln CHauptfeld, Hinterfeld und Holtwarden) die eine gute 
_ halbe Meile vom Lande entfernt sind. Zuerst-besuchten wir das Haupt- 
feld und fanden bald mehrere Nester von Meerschwalben, die, wie sich 
später hin ergab, der Sterna macrura angehörten. Wir umstellten die 
gefundenen Nester mit Schlingen, standen aber bald davon ab, weil die 
Vögel dieselben mit dem Schnabel so um die Eier zu legen wussten, 
dass sie sich ohne Gefahr darauf setzen konnten. Nachdem wir. die In- 
sel nach allen Richtungen abgesucht und viele Nester von St. macrura, 
einige von Totanus calidris, welche überhaupt nicht leicht zu finden, in- 
dem sie gewöhnlich mit Gras überwachsen sind, und zwei von Haema- 
topus ostralegus gefunden, begannen wir Jagd auf die Vögel zu machen. 
Diese waren aber in Folge häufiger Beunruhigung (auf der einen Insel, 
dem Hinterfeld, waren viele Arbeiter, die diese Eier wohlschmeckend 
fanden) so scheu, dass wir stehend keinen Schuss mit Erfolg anbringen 
konnten, wesshalb uns nichts übrig blieb, als dieselben kriechend zu 
beschleichen. Auf diese Art wurden 10 Sterna macrura, 2 St. hirundo, 
1 Tringa alpina,, 2 Charadrius cantianus und 1 Haematopus ostralegus 2 
erlegt. Letzterer war äusserst scheu und nur durch 3 Päärchen ver- 
treten, während St. macrura und Totanus calidris zu Hunderten sich 
vorfanden, und Sterna hirundo, Tringa alpina, Charadrius cantianus nur 
einzeln gesehen wurden. Ausser diesen, welche auf der Insel ihren 


Brutplatz hatten, haben wir noch vorüberziehend erkannt Larus glaucus, 
Naumannia. 1854. 23 


354 


juv., Larus argentatus, Larus canus, Anas querquedula und Numenius 
arquata. 

Auf Holtwarden, welches wir noch an demselben Tage besuchten, 
fanden wir dieselben Vögel, nur war das Verhältniss hinsichtlich der 
Meerschwalben ein anderes: denn während dort St. macrura fast aus- 
schliesslich brütete, fanden wir hier nur Eier von St. hirundo, und als 
wir einige Tage später auch hier schossen, haben wir unter 12 Exem- 
plaren nur 1 St. macrura bekommen. ‘An Flug und Stimme kann das 
geübte Auge beide sich sonst nahe stehende Vögel wohl unterscheiden. 
Sehr interessant ist die verschiedene Färbung der Eier von derselben 
Species; ja in demselben Neste habe ich einfarbig blassgrüne und dun- 
kelolivenfarbene mit grossen schwarzbraunen Flecken überzogene Eier 
gefunden. Die Eier der macrura ändern in Farbe und Grösse ebenso 
ab, als die der St, hirundo, und da die Zeichnung der Eier dieser bei- 
den Arten fast dieselbe ist, so hält es manchmal schwer, sie zu unter- 
scheiden, zumal wenn die Form sich nähert. Sämmtliche Eier, die wir 
in der Colonie der St. macrura fanden, waren etwas kleiner und mehr 
rundlich, während die der hirundo mehr oval und fast von der Form 
eines Hühnerei's waren; auch sind die Flecke durehgehend nicht so 
gross, wie bei der vorigen. 

Nachts kampirten wir in einer Hütte und am folgenden Morgen be- 
gannen wir mit Sonnenaufgang unsere Streifzüge, fanden aber nichts 
Neues, wesshalb wir am Nachmittage nach der Eckwarder-Hörne zurück- 
kehrten. 

Am 40. und 11. Juni präparirt. 

Jun. 12. Excursion nach dem Stollhammer-Groden (unter Groden 
wird das Land verstanden, was ausserhalb des Deichs liegt). Unterwegs 
sahen wir einige Päärchen von Vanellus melanogaster aus dem Binnen- 
lande kommend dem Wald zufliegen, und einzelne Numenius arquata und 
Tot. calidris gingen, eifrig Gewürm suchend, dem ablaufenden Wasser 
nach. Auf dem Groden angekommen sahen wir gleich ein Paar H. ostra- 
legus, wovon das & erlegt wurde, und ausserdem war der Groden, der 
beiläufig einige hundert Jück gross sein mag, mit Hunderten von Tringa 
calidris bevölkert.  Diess war zur Ebbezeit und als die Fluth kam än- 
derte sich die Scene. Vor dem Wasser auf liefen vielerlei Vögel, von 
denen nur die Möven generell zu erkennen waren. Wir ersahen bald 
einen günstigen Platz und legten uns auf den spärlich mit Gras bewach- 
senen Schlammboden hin. Je höher nun das Wasser auflief, desto näher 


ii 


355 


kamen uns die Vögel. So hatte ich das Vergnügen, eine Schaar Limosa 
rufa, es waren über 300, auf 80 bis 100 Schritt zu beobachten und 
konnte ich deutlich alte und jüngere Vögel unterscheiden. Es glückte 
jedoch nicht ein Exemplar davon zu erlegen, wir lagen nicht versteckt 
genug; dagegen wurde ein Männchen im 2ten Sommerkleide von L. canus 
erlegt. Nach und nach lief das Wasser so hoch auf, dass wir unsere 
Stelle verlassen und einen höher gelegenen Punkt aufsuchen mussten. 
Diess gelang uns und fanden wir das Terrain so günstig, dass wir uns 
ziemlich gut im Grase verstecken konnten. Hier wurde Vanellus mela- 
nogaster und Limosa Meyeri geschossen, allein ersterer ging uns wie 
noch mancher andere Vogel verloren, weil er in’s Wasser fiel und fort- 
schwamm. Gesehen wurde noch: Numenius arquata et phaeopus, Haemat. 
ostralegus, Larus argentatus und aus dem Binnenlande kamen, was sie 
zur Fluthzeit zu thun pflegen, die dort brütenden Enten, von denen ich 
Anas boschas, A. acuta und A. celypeata erkannte. 

Jun. 13. Excursion nach dem Tossenser-Groden. Heute war ein 
Unglückstag für uns, denn ausser 3 Vögeln, die wir gleich Morgens 
schossen, konnten wir den ganzen Tag nichts treffen. Sei es, dass wir 
von der Hitze und dem weiten Marsch zu echauffirt oder unsere Flinten 
zu schmutzig waren; kurz, wenn die Vögel sich auf unser Rohr gesetzt, 
wir würden sie gefehlt haben. Gesehen: Charadrius cantianus, Vanellus 
melanogaster, Strepsilas collaris, Numenius arquata, Larus marinus, ein 
Zug Gänse, Anser albifrons, Anas nigra & und A. mollissima &. Strep- 
silas eolläris schien noch nicht zu brüten und ob V. melanogaster überall 
hier brütet, muss einstweilen dahingestellt bleiben; jedenfalls brüten 
diese Vögel dann vor Mitte Juni nicht. 

Am 14. Juni Exeursion nach Holtwarden. Bevor wir hinüberfuhren, 
wurden die Flinten ausgewaschen, was gross nöthig war. Einige 30 Eier 
von Sterna hirundo, Tr. calidris, H, ostralegus und Ch. cantianus wur- 
den erbeutet und 21 Vögel erlegt, darunter ein schönes, ausgefärbtes 
Männchen von L. canus. Vanellus melanogaster, Tr. pugnax, Lim. rufa 
und L. argentatus waren so scheu, dass an einen erfolgreichen Schuss 
nicht zu denken war. | 

Juni 15. Tour nach Arngast. Morgens fuhren wir in einem kleinen 
Kahn von der Hörne ab und mussten, weil der Wind ungünstig, ganz 
nach Heggens hinüber, wesshalb erst um Mittag Arngast erreicht wurde. 
Bevor wir landeten wurde Jagd auf Seehunde gemacht, deren wir einige 


20 sahen und hatten wir auch das Glück, einen jungen zu erbeuten. 
23 * 


Arngast ist eine lange, schmale Insel, aus Kiessand bestehend und über- 
haupt von solcher Lage und Beschaffenheit, dass sie, wenn die Thiere 
dort Ruhe hätten, für Ornithologen ein wichtiger Ort werden könnte. 
Vor 10 Jahren sollen-hier noch die grossen Möven, L. marinus, L. ar- 
gentatus gebrütet haben, jetzt aber, da alle Woche Gesellschaften hin- 
überfahren, um Eier zu suchen und Vögel zu schiessen, haben diese 
die Insel als Brutplatz aufgegeben und die dort noch brütenden Vögel 
sind so scheu, dass es nicht leicht ist einige zu bekommen. Diess ein- 
sehend machte ich mir auf der äussersten Spitze in einer Vertiefung des 
Bodens ein Versteck und konnte von hieraus zn beiden Seiten das Wad 
übersehen, ohne von den Vögeln bemerkt zu werden. In diesem Hin- 
terhalt erwartete ich die Fluth und hatte auch bald das Vergnügen, dass 
sich 32 Exemplare Limosa Meyeri auf 40 bis 50 Schritt vor mich hin- 
setzten, von denen ich, nachdem ich sie eine Zeitlang beobachtet, zwei 
junge Weibchen erlegte. Es waren auch einige ausgefärbte Exemplare 
darunter und obgleich eins derselben mit in der Schusslinie war, kam 
es doch gut weg. Diese Limosa hat im Habitus uud Flug mehr Aehn- 
lichkeit mit melanura als mit rufa, welche namentlich im Fluge viel ge- 
drungener erscheint, so dass ich nicht glauben kann, dass L. Meyeri 
eine schlechte Species ist. Zudem besitze ich ein junges Weibchen von 
L. rufa, das ich vor mehreren Jahren in hiesiger Gegend schoss und 
auch gleich als L. rufa erkannte, während ich die erste L. Meyeri, bevor 
ich sie in Händen hatte (ich habe selbe früher noch nicht in natura 
gesehen) für eine junge L. melanura hielt. Ich erlaube mir die Maasse 
von folgenden drei Vögeln mitzutheilen: 

Limosa rufa, altes Männchen. 
Schnabellänge 2 
Höhe des Laufs eg 
Länge der Mittelzeh a. ac 
Länge der Aussenzeh 1“ 
Länge der Hinterzeh 


L. rufa, junges Weibchen. 
Schnabellänge ZUFTYPU 
Höhe des Laufs IHM 
Länge der Mittelzeh BR gr! 
Länge der Aussenzeh 1” 

41a“! Länge der Hinterzeh 
L. Meyeri, junges Weibchen. 
Schnabellänge a 
Höhe des Laufs 2" 
Länge der Mittelzeh 1 Ay 


4 1,0 


Länge der Aussenzeh 
"Länge der Hinterzeh 


u Yu 
zu ö 


Alle drei Exemplare von L. Meyeri, die ich erlegt, sind junge 


357 


Weibchen, $ war im Uebergangskleid und 2 hatten noch das Winter- 
kleid an und war der Eierstock so wenig entwickelt, dass sie in diesem 
Sommer nicht zum Brüten gekommen sein würden. 

Ausser diesen wurden noch erlegt: 3 Ch. cantianus, 4 Tr. alpina 
und 2 St. hirundo, und gesehen Sterna nigra et minuta, Larus marinus, 
argentatus et canus. Anas tadorna & setzte sich auf 12 Schritt vor 
mich, so dass ich den fleischigen Auswuchs auf dem Schnabel erkennen 
konnte und als ich mich mehrere Minuten über diese prachtvolle Ente 
gefreut, wollte ich sie schiessen, was jedoch nicht gelang, da beide Röhre 
versagten. Von 4 Uhr an hatte es schon geregnet und wurde es jetzt 
so arg, dass wir die Jagd aufgeben und uns auf das Schiff zurückzie- 
hen mussten. Den Abend und die Nacht, wo wir hätten gute Beute 
machen können, regnete es ununterbrochen, wesshalb wir das Schiff 
nicht verlassen und wenn ich hinzufüge, dass wir dort weder bequem 
stehen, noch sitzen, noch liegen konnten, so ist es begreiflich, dass 
unsere Lage nicht beneidenswerth war, und freuten wir uns nicht wenig, 
als uns Morgens 2 Uhr die Heimfahrt angekündigt wurde. | 

Am 47. Juni präparirt und am folgenden Tage traten wir unsere 


Rückreise an. 


Oldenburg, im Juli 1854. 
€. FE, Wiepken. 


Grundriss eines natürlichen Systems der Vögel. 


Von 


Dr Fr. Siaude., 


(Fortsetzung.) 


A. Niedere Entwicklungsstufe: 
(Vortypische Vögel, Erdvögel, Nestflüchter.) 
1. Reihe: Wasservögel. 
I. Ordnung: Urinatores — Unterwasserschwimmer. 

Die Entwickelung der Wasservögel — und somit der Uranfang der 
Vögel überhaupt — beginnt mit Geschöpfen, die sich zum Theil nie in 
die Luft, kaum und selten bis auf das Land erheben, dagegen fast wie 
Fische in und selbst unter dem Wasser leben, indem sie mit tief in 
das Wasser gesenktem Leibe vollkommen schwimmen und als vollendete 


358 


Taucher in und unter dem Wasser, mit den Stummelflügeln ruüdernd, 
ihre stets thierische Nahrung suchen. Diese Vögel, die erste Ordnung 
der Wasservögel, sind daher Unterwasserschwimmer, Urinatores. 

Die Ordnung der Unterwasserschwimmer ist zugleich wegen der 
hier noch herrschenden Einförmigkeit nur eine geschlossene Zunft, die 
der Hinterfüssler, Pygopodes, charakterisirt durch die kurzen, weit nach 
hinten ausser alles Gleichgewicht des Körpers gestellten Füsse, an denen 
3 Zehen durch Schwimmhäute verbunden sind, die kurzen, selbst stum- 
meligen, zum Fluge nur unvollkommen tauglichen oder gänzlich untaug- 
lichen Flügel und den kurzen Schwanz. Die Zunft hat 3 Familien, von 
denen die erste, niederste, den Urtypus aller Vogelbildung darstellt. 
Diese Familien sind: 1. F. Aptenodytidae, Pinguine; 2. F. Aleidae, Alken; 
3. F. Colymbidae, Taucher. Die diesen Familien zugehörigen Gattungen 
sind *): ee | 
4. Aptenodytidae, Pinguine: 1) Aptenodytes: a) Spheniscus, 

b) Eydyptes. 
2. Alcidae, Alken: 1) Alca: a) Mormon, b) Phaleris; 2) Mer- 
gulus, 3) Brachyrhamphus, 4) Uria. 
3. Colymbidae, Taucher: 1) Podiceps, 2) Colymbus, 
II. Ordnung: Mersores — Schwimmtaucher. 

Die über der Ordnung der Urinatoren nächst höher stehende Ent- 
wickelungsstufe der Schwimmvögel stellt uns Vögel dar, welche mit ho- 
rizontal auf der Wasserfläche ruhendem Leibe leicht und gut schwimmen, 
und im Schwimmen entweder noch vollständig tauchen oder gründeln. 
Sie sind daher Schwimmtaucher, Mersores. Ihre Schwimmfüsse sind noch 
ausser dem Gleichgewichte nach hinten gestellt, ihre Flügel aber schon 
so weit ausgebildet, dass durchgehends ein Flugvermögen, wenn auch 
immer noch mit einer gewissen Schwerfälligkeit, stattfindet. Sie ver- 
lassen zeitweise das Wasser und suchen neben thierischer Nahrung auch 
pflanzliche auf dem Lande; sie erheben sich daher vom reinen Wasser- 
leben zum Landleben. Diese Ordnung bildet gleichfalls nur eine Zunft, 
charakterisirt durch den mit Querlamellen versehenen Schnabel: die 


*) Nach dem Zwecke dieses Grundrisses sind die im Folgenden aufgeführten 
Gattungen kein vollständiges Verzeichniss sämmtlicher in der neueren Systematik 
aufgestellten Gattungsnamen, sondern nur eine. mit Berücksichtigung der neueren 
Nomenclatur getroffene Auswahl charakteristischer Gattungen, um in möglichster 
Kürze auch einen in’s Einzelne gehenden Ueberblick des Systems zu geben. Fami- 
lien und Gattungen sind mit Zahlen, Unterfamilien und Untergattungen mit Buch- 
staben bezeichnet. 


359 


Blätterschnäbler: Lamellirostres. Diese Zunft, zugleich auch die grosse 
Familie der Entenvögel, Anatidae, zerfällt in 3 Unterfamilien: Merginae, 
Sägetaucher, Fuligulinae, Tauchenten, Anatinae, Schwimmenten. 


1. Anatidae, Entenvögel: 

a. Merginae, Säger: 1) Mergus: a) Mergellus, b) Merganetta. 

b. Fuligulinae, Tauchenten: 1) Erismatura: a) Nesonetta, b) Bi- 
ziura. 

2) Fuligula: a) Nyroca, b) Branta, c) Clangula, d) Ha- 
relda, e) Micropterus, f) Oedemia. 
3) Somateria. 

c. Anatinae, Schwimmenten: 1) Anas: a) Querquedula, b) Pte- 
rocyanea, c) Spatula, d) Dafila, e) Mareca, f) Chaule- 
lasmus, g) Dendrocygna, h) MAMBERUBDNNE, i) Cairina, 
k) Casarca, 1) Tadorna. 

2) Anser: a) Nettapus, b) Bernicla, c) Cereopsis, d) Ple- 
ctropterus, e) Chenalopex, f) Cygnopsis. 

3) Cygnus. 

III. Ordnung: Devolantes —- Stosstaucher. 


Die Reihe der Wasservögel bildet in ihrer Entwickelung als höchste 
dritte Ordnung Vögel aus, welche vom Wasserleben zum Luftleben sich 
erheben. ‚Die Füsse sind nunmehr dem Gleichgewichte des Körpers ge- 
nähert oder selbst in’s Gleichgewicht gestellt; die langen, schmalen, 
spitzigen Flügel so vollkommen ausgebildet, dass ein bedeutendes Flug- 
vermögen stattfindet. Die Vögel dieser Ordnung stossen daher oft aus 
beträchtlicher Höhe nach ihrer Beute und tauchen stossend, um ihre 
‘Nahrung zu suchen; sie sind Stosstaucher, Devolantes, Während jede 
der niederen Ordnungen wegen einer gewissen Einförmigkeit der Orga- 
nisation nur eine Zunft bildet, zerfällt diese Ordnung wegen der mit 
ihrer Vollkommenheit in Verbindung stehenden Mannigfaltigkeit der Or- 
. ganisationsverhältnisse in zwei Zünfte: 


4. Z. Longipennes, Langflügler: Vögel mit langen, spitzen Schwin- 
gen, einem starken, seitlich zusammengedrückten, spitzen, mässig langen 
Schnabel und Schwimmfüssen, denen oft der Hinterfinger fehlt; 

2. Z. Steganopodes, Ruderfüssler: Vögel, deren 4Zehen mit Schwimm- 
haut verbunden sind; Schnabel meist länger als Kopf, Rachen weit. 


Die Langflügler bilden 2 Familien: Laridae, Möven und Procellaridae, 
Sturmvögel, mit folgenden Unterfamilien und Gattungen: 


360 


1. Laridae, Möven: 
a. Sterninae, Seeschwalben: 1) Sterna: a) Anous, b) Gygis, 
c) Hydrochelidon. 
2) Rhynchops, 3) Pha&thusa. 
b. Lestrinae, Raubmöven: 1) Lestris. 
c. Larinae, Möven: 1) Larus: a) Chroiocephalus, b) Pagophila, 
c) Rissa. 
2. Procellaridae, Sturmvögel: 1) Puffinus, 2) Procellaria: a) Halo- 
droma, b) Thalassidroma, c) Prion. 
3) Diomedea. 


Die Zunft der Ruderfüssler, Steganopodes, bildet zugleich eine 
grosse Familie mit folgenden Unterfamilien und Gattungen: | 
1. Pelecanidae, Pelicane: 
a. Sulinae, Tölpel: 1) Sula. 
b. Phaöthoninae, Tropikvögel: 1) Phaöthon. 
c. Ahinginae, Schlangenhalsvögel: 1) Plotus. 
d. Pelecaninae, Pelicane: 1) Halieus, 2) Tachypetes, 3) Pelecanus. 


2. Reihe: Sumpfvögel. 
I. Ordnung: Versatores — Umläufer. 


Die Sumpfvögel beginnen ihre Entwickelung mit kurzhalsigen Vö- 
geln, die ihren Aufenthalt an den Ufern der Gewässer und an Sümpfen 
aufgeschlagen haben, gut fliegen und laufen und, um ihre Nahrung zu 
gewinnen, meist in Thätigkeit und Bewegung sind, indem sie am Rande 
der Gewässer rastlos hin und her laufen, oder im Sumpfe herumwaden. 
Sie bilden die Ordnung der Umläufer, Versatores, welche sich in 3 Hor- 
den theilt: 1, Schwimmsumpfvögel, Subnatatores, 2. Uferläufer, Littora- 
les, 3. Sumpfwader, Limicolae. 


Die Schwimmsumpfvögel sind die Anfangsbildung, aus der sich die 
Reihe der Sumpfvögel überhaupt entwickelt; sie leben noch am Rande 
des Meeres, an dem sie nahrungsuchend geschickt auf und ab laufen, 
sie schwimmen auch geschickt und können selbst noch tauchen, wess- 
halb sie die Schwimmvögel unter den Sumpfvögeln wiederholen. Sie 
bilden nach anatomischen Merkmalen die Zunft der Halbschwimmfüssler, 
Semipalmatae, mit 3 Familien: 4. Austerfischer, Haematopodinae, 
2. Strandreuter, Himantopodinae, 3. Reiherlinge, Ardeolinae. 

Diesen Familien kommen folgende Gattungen zu: 

1. Haematopodinae, Austerfischer: 1) Haematopus. 


361 


2. Himantopodinae, Strandreuter: 4) Himantopus, 2) Recurvirostra. 
3. Ardeolinae, Reiherlinge: 1) Dromas. 


Die Uferläufer haben meist 3 Zehen oder eine rudimentäre Hinter- 
zehe an den Füssen und bilden, charakterisirt durch den um die läng- 
lich ovalen Nasenlöcher verengten Schnabel mit verdickter Spitze die 
Zunft der Engschnäbler, Pressirostres. Diese Vögel laufen gut, schwim- 
men aber gar nicht mehr und leben nur an den Ufern süsser Gewässer. 

Die Zunft umfasst die Familie der Regenpfeifer, Charadriidae : 

a. Vanellinae, Kibitze: 1) Strepsilas, 2) Vanellus: a) Squatarola, 
b) Lobivanellus, c) Hoplopterus. 

b. Charadriinae, Regenpfeifer: 1) Calidris, 2) Tachydromus, 
3) Charadrius: a) Aegialitis, b) Eudromias, c) Sar- 
ciophorus. 

c. Oedicneminae, Triele:: 1) Oedicnemus: a) Esacus, b) Burrhinus. 


Die Sumpfwader zeichnen sich durch den weichen, biegsamen, dün- 
nen, um die ritzenförmigen Nasenlöcher nicht verengten, die Kopflänge 
übertreffenden Schabel aus; sie sind Weichschnäbler, Mollirostres, auch 
Langschnäbler, Longirostres genannt. 

Diese Zunft wird gebildet von der Familie der Schnepfen, Scolopacidae. 

a. Phalaropodinae, Wassertreter: 1) Phalaropus, 2) Lobipes. 

b. Scolopacinae, Schnepfen: 1) Scolopax: a) Philohela, b) Gallinago. 
2) Rhynchaea, 3) Macrorhamphus. | 

ce. Tringinae, Strandläufer: 1) Tringa: a) Limicola, b) Pelidna, 

c) Machetes. 
, 2) Totanus: a) Actitis, b) Actiturus, c) Catoptrophorus. 

3) Limosa. 

d. Ibidinae, Ibisse: 4) Numenius, 2) Ibis: a) Geronticus. 
3) Tantalus. 


I. Ordnung: Statores — Steher. 


Die nächsthöhere Entwickelungsstufe der Sumpfvögel bilden lang- 
halsige Vögel mit 4zehigen langen Beinen, welche im Wasser, meist 
Süsswasser, schreitend waden, um ihrer Nahrung: Fischen, Amphibien, 
Mollusken und kleinen Wasserthieren aufzulauern. Auf dieser Lauer 
stehen sie meist in träger Ruhe, oftmals auf einem Beine; Geduld und 
Harren, nicht Rührigkeit, bringt ihnen die Beute; sie sind Steher, Sta- 
tores, auch Schreiter, Ingressores, genannt. Sie bilden eine Zunft, nach 
dem grossen Schnabel, der sämmtlichen Gattungen auch bei verschiede- 


ner Gestaltung eigen ist, Grossschnäbler, Magnirostres, genannt. Die 
Zunft zerfällt in 2 Familien: 
1. Ardeadae, Reiher: 
a. Ardeinae, Reiher: 1) Cancroma, 2) Scopus, 3): Ardea: 
a) Ardeola, b) Buphus, c) Botaurus, d) Nycticorax, 
e) Tigrisoma, f) Ardea, g) Herodias, h) Egretta. 
- b. Ciconiinae, Störche: 1) ‘Anastomus, 2) Ciconia: a) Spheno- 
rhynchus, b) Leptoptilus. 
3) Mycteria. 
2. Hygrobatae, Wasserstelzen: 
a. Plataleinae, Löffler: 1) Platalea. _ 
b. Phoenicopterinae, Flamingo’s: 1) Phoenicopterus. 


III. Ordnung: Grallatores gallinacei — Hühnerwadvögel. 


Ueber die Ordnung der Reiher erhebt sich, ihre höhere Stellung 
auch durch ein verfeinertes geistiges Wesen bekundend, als höchste 
Entwickelungsstufe der Sumpfvögel die Ordnung der Hühnerwadvögel, 
Grallatores gallinacei. Sie haben einen harten, allmählig in der Richtung 
der Stirn erweiterten Schnabel und bilden die Zunft der Hartschnäbler, 
Durirostres. Die Zunft zerfällt in 2 Familien: 1. Macrodactyli, Lang- 
zeher, welche nochmals die vorhergehenden Ordnungen wiederholen und 
daher Vögel, die nicht nur an, sondern auch auf dem Wasser ‚leben, 
gut schwimmen und selbst tauchen, in sich fassen; 2. Alectorides, Hüh- 
nerstelzen, Vögel, welche durch Habitus und Lebensweise den Ueber- 
gang zu den Laufvögeln bilden. Hierher gehören folgende Unterfamilien 
und Gattungen: 

1. Macrodactyli, Langzeher : 
a. Heliorninae, Tauchrallen: 1) Heliornis, 2) Podoa. 
b. Fulicarinae, Wasserhühner: 1) Fulica, 2) Gallinula, 3) Por- 
phyrio. 
c. Rallinae, Rallen: 1) Rallus, 2) Crex: a) Rallina, b) Porzana. 
3) Parra: a) Hydrophasianus, b) Hydralector. 
2. Alectorides, Hühnerstelzen :s 
a. Palamedeinae, Wehrhühner: 4) Palamedea, 2) Chauna, 
3) Dicholophus. 
b. Psophiinae, Trompetervögel: 1) Psophia, 2) Aramus, 3) Eu- 
rypyga. 
ce. Gruinae, Kraniche: 1) Grus: a) Anthropoides, b) Balearica. 


3. Reihe: Landvögel. 
I. Ordnung: Vagatores — Schwärmer. 

Die Reihe der Landvögel, in ihrer Entwickelung dem ausgesproche- 
nen herrschenden Gesetze folgend, beginnt mit einer Ordnung, deren 
Angehörige, nochmals an die Sumpfvögel erinnernd, nach ihrer Lebens- 
weise, truppweise an den Gestaden des Meeres und an Gewässern zu 
schwärmen, um ausgeworfene todte Thiere zu fressen, oder auf trocke- 
nen Wiesen herumzufliegen, um Insekten zu fangen, Schwärmer, Vaga- 
tores, sind. Diese Ordnung, zugleich nur eine Zunft der Scheiden- 
schnäbler, Vaginirostres, enthält 2 kleine Familien: 

1. Chioninae, Scheidenschnäbler, mit der Gattung Chionis und 
2. Glareolinae, Waldschwalben, mit der Gattung Glareola. 
I. Ordnung: Rasores — Scharrer. 

Ueber die Ordnung der Schwärmer stellt sich die Ordnung der 
ächten Hühner, welche nach ihrer allbekannten Lebensweise, nach Nah- 
rung mit den Füssen zu scharren, Scharrer, Rasores, sind. Diese Ord- 
nung umfasst die grosse Zunft der Muldenschnäbler, Fornieirostres. Die 
Zunft besteht aus 5-Familien: 4. Crypturidae, Halbhühner, 2, Megapo- 
didae, Fusshühner,, 3. Tetraonidae, Waldhühner, 4. Cracidae, Baumhüh- 
ner, 5. Gallinidae, Hühner. Diese Familien theilen sich wieder in fol- 
gende Unterfamilien und Gattungen: 

f. Crypturidae, Halbhühner: 1) Tinamus: a) Pezus, b) Rhynchotus. 
2) Hemipodius. 
2. Megapodidae, Fusshühner: 1) Megapodius: a) Leipoa, b) Mesites, 
c) Tallegalla. i 
2) Pleiodus, 3) Megacephalon. 
3. Tetraonidae, Waldhühner: 
a. Pteroclinae, Sandhühner: 4) Pterocles, 2) Syrrhaptes. 
b. Perdieinae, Repphühner: 4) Coturnix, 2) Cryptonix, 3) Per- 
dix: a) Caccabis, b) Callipepla, c) Ortyx, d) Odonto- 
phorus, e) Francolinus, f) Itaginis. 
c. Tetraoninae, Waldhühner: 1) Tetrao: a) Bonasia, b) Lagopus. 
4. Cracidae, Baumhühner: 
a. Penclopinae, Jackuhühner: 1) Penelope, 2) Ortalida. 
b. Cracinae, Höckerhühner: 1) Pauxi, 2) Crax. 
5. Gallinidae. Hühner: % 
a. Lophophorinae, Spiegelfasane: 1) Satyra, 2) Lophophorus: 
a) Tetraogallus, b) Puerasia. 


364 


b. Phasianinae, Fasane: 1) Phasianus: a) Thaumalea. 
2) Nycthemerus: a) Acomus, b) Euplocomus. 
3) Gallus. R 
c. Pavoninae, Pfaue: 4) Argus, 2) Polyplectron, 3) Pavo. 
d. Numidinae, Perl- und Truthühner: 1) Numida, 2) Meleagris. 
IN. Ordnung: Cursores — Laufvögel. | 

Die höchste Entwickelung erreichen die Landvögel in der Ordnung 
der Laufvögel, Cursores, charakterisirt durch die grossen, kräftigen Lauf- 
beine und die mehr oder weniger zum Fluge unbrauchbaren, ja, selbst 
ganz verkümmerten Flügel. Nach dem Flügelbau zerfällt die Ordnung 
in 2 Zünfte: die Kurzflügler, Brevipinnes, welche die Flügel zwar zu 
einem niederen Fluge über der Erde noch gebrauchen können, mit den- 
selben aber auch im Laufe rudern; und die Weichflügler, Mollipinnes, 
welche gar nicht mehr fliegen. Die Kurzflügler bilden die Familie der 
Trappen, Otidae mit der Gattung: 

4) Otis: a) Chlamydotis, b) Eupodotis. 
Die Weichflügler bilden die Familie der Strausse, Struthionidae, mit 
3 Unterfamilien: | 
a. Apteryginae, Kiwis: 1) Apteryx. 
b. Casuarinae, Casuare: 1) Dromaeus, 2) Casuaris. 
c. Struthioninae, Strausse: 1) Rhea, 2) Struthio. 
B. Höhere Entwicklungsstufe : 
(Typische Vögel, Luftvögel, Nesthocker) 
4. Reihe: Bodenvögel. 

Die Bodenvögel entsprechen als niederste Entwicklungsreihe der 
Nesthocker den Landvögeln unter den Nestflüchtern. Es sind daher bei 
ihnen neben vollkommener Entwickelung der Flügel die Beine unter 
allen typischen Vögeln am kräftigsten und so vollkommen ausgebildet, 
dass sie zu einer geschickten, zum Aufsuchen der Nahrungstoffe geeig- 
neten Gangbewegung dienen. Die Bodenvögel können daher zum Theil 
noch ganz geschickt laufen und gehen, viele gehen und hopsen, andere 
nur hopsen. In ihrer Lebensweise zeigen die Bodenvögel, ausser der 
Art und Weise, wie sie ihre Nahrung suchen, auch darin im Allgemei- 
nen etwas Uebereinstimmendes, dass sie gesellig oftmals in grossen 
Schwärmen zusammenleben. 

I. Ordnung: Indagatores — Spürer oder Stöberer, 

Die Entwickelung der Bodenvögel beginnt mit Vögeln, welche mit 

Rührigkeit und Emsigkeit den Boden hin und her durchsuchen, bisweilen 


365 


selbst Laub und Geniste durchstöbern, um ihre, theilweise vegetabilische 
Nahrung, Beeren, vorzugsweise aber thierische Nahrung, Würmer und 
laufende Insekten, welchen sie stets gehend nachjagen, aufzuspüren. 
Sie sind daher Spürvögel, Indagatores. Die erste Zunft der Spürvögel 
bilden die Kurzflügler, Brachyptilidae. Sie zeichnen sich unter allen 
Nesthockern durch die verhältnissmässig kürzesten Flügel und höchsten 
Beine aus. Die hierher gehörigen Vögel greifen in der Wiederholung 
der vortypischen Vögel so weif zurück, dass sie in ihren einzelnen Fa- 
milien die Rallen unter den Sumpfvögeln und ächte Hühnervögel ihren 
Grundzügen nach vorstellen. Die betreffenden Familien und Gattungen 
sind: 
1. Troglodytidae, Schlüpfer: 
a. Troglodytinae, Zaunschlüpfer: 1) Troglodytes: a) Thryothorus, 
b) Salpinctes, c) Campylorhynchus, (d) Donacobius. 
b. Timalinae, Drösslinge: 4) Pomatorhinus, 2) Crateropus: 
a) Malacocercus, b) Cinclosoma. 
3) Timalia: a) Garrulax, b) Kitta. 
2. Myiotheridae, Ameisenjäger: 
a. Cinclinae, Wasserschmätzer: 1) Cinelus, 2) Eupetes, 3) Eni- 
curus. 
b. Myiotherinae, Ameisenjäger: 1) Brachypteryx, 2) Pithys. 
3) Conopophaga: a) Pyriglena, b) Myrmonax, c) Corythopis. 
4) Myiothera: a) Ellipura, b) Formieivora, c) Dasycephala. 
5) Pitta, 6) Grallaria. 
c. Maenurinae, Leierschwänze: 1) Maenura. 

Die zweite Zunft der Spürvögel sind die Gradkerbschnäbler, Recti-, 
crenirostres. Sie haben einen seitlich zusammengedrückten, schmalen, 
- seichtkerbigen Schnabel ohne übergreifende Hakenspitze; die zum Theil 
noch hohen, kräftigen, bisweilen kaum bis zum .Fersengelenke befieder- 
den Wandelfüsse sind an dem Laufe vorn getäfelt, seitlich gestiefelt, 
bisweilen vollkommen gestiefelt; die nur mässig spitzen oder abgerun- 
deten Flügel haben 10 Handschwingen. Sie sind unter den Spürvögeln 
vorzugsweise die Beerenfresser. Hierher gehören folgende Familien, 
Unterfamilien und Gattungen: 

1. Turdidae, Drosseln: 
a. Turdinae, Drosseln: 1) Turdus: a) Oreocincla, b) Geoeichla, 
c) Petrocincla, d) Bessonornis, e) Copsychus, f) Orpheus, 
g) Mimus, 2) Myiophoneus, 3) Grallina. 


— 


b. Pycnonotinae, Pelzrücken: 1) Pyenonotus: a) Brachypus. 
2) Irene, 3) Criniger. 

c. Oriolinae, Pirole: 1) Oriolus, 2) Sericulus, 3) Sphecotheres, 
4) Ptilinorhynchus. 

Die dritte Zunft der Spürvögel sind die Spitzkegelschnäbler, Turbi- 
natirostres. Sie haben einen verlängert kegelförmigen, zugespitzten, 
geraden, von der Wurzel allmählig abnehmenden Schnabel mit schief 
nach unten gezogenem Mundwinkel; Gangbeine vorn getäfelt, seitlich 
gestiefelt; Flügel mit 9 oder 40 Handschwingen. Sie sind unter den 
Spürvögeln die Omnivoren mit folgenden Familien, Unterfamilien ete.: 

1. Sturnidae, Staare: 
a. Lamprotornithinae, Glanzvögel: 1) Lamprotornis, 2) Lam- 
procolius. 
b. Sturninae‘, Staare: 1) Sturnus, 2) Pastor: a) Acridotheres, 
3) Buphaga. 
c. Graculinae, Atzeln: 4) Gymnops, 2) Gracula. 
2. Icteridae, Gilbvögel: 
a. Agelaeinae, Hordenvögel: 4) Dolichonyx, 2) Agelaeus, 
3) Molothrus, 4) Leistes, 5) Sturnella. 
b. Quisqualinae, Schwarzvögel: 1) Scaphidurus, 2) Scolecopha- 
gus, 3) Quisqualus. 
c. Icterinae, Gilbvögel: 1) Xanthornus, 2) Iceterus, 3) Cassicus. 
Il. Ordnung: Voratores — Fresser oder Ambulatores — Wandler. 

Die zweite Ordnung der Bodenvögel sucht zwar noch vorzugsweise 
ihre Nahrung auf dem Boden, zeigt aber schon in mehrfacher Beziehung 
eine Annäherung zu den Baumvögeln. In Bezug auf ihre -Nahrung zeigt 
diese, trotz der Mannigfaltigkeit ihrer Familienglieder durchaus engver- 
wandte Ordnung das Uebereinstiimmende, dass ihre sämmtlichen Ange- 
hörigen fast ohne Ausnahme alles Geniessbare, meist auch in grossen 
Massen fressen: Früchte, Samen, Beeren, lebende Thiere und selbst 
Aas. Sie sind daher, als ächte Omnivoren, Fresser, Voratores, und su- 
ehen ihre Nahrung ebensowohl hopsend, wie gehend. Die erste Zunft 
dieser Ordnung sind die Spitzschnäbler, Acurostres. Sie haben einen 
kegelförmigen, kurzen, spitzen Schnabel, kleine runde unter Federn 
versteckte Nasenlöcher mit einem erhöhten Hautrande umgeben, kräftige, 
vorn getäfelte, seitlich gestiefelte Gangbeine, weiches, seidenartiges Ge- 
fieder, kurze, abgerundete Flügel mit 40 Handschwingen. Sie bilden 
die Familie der Meisen mit folgenden Unterfamilien und Gattungen: 


367 


4. Paridae, Meisen: 
a. Parinae, Meisen: 1) Parus. 
b. Aegithalinae, Sumpfmeisen: 1) Aegithalus, 2) Calamophilus. 

Die zweite Zunft dieser Ordnung sind die Spaltkerbschnäbler, Fissi- 
erenirostres. Sie haben einen niedergedrückten, am Grunde breiten, 
bis an’s Auge gespaltenen Schnabel mit sanfter Biegung, die Beine sind 
niedrig, die Läufe vorn getäfelt, hinten körnig gestreift, die Flügel oft- 
mals sichelförmig. Die Zunft umfasst die Familie der Seidenvögel, Se- 
ricatae, mit folgenden Unterfamilien und Gattungen: 

a. Piprinae, Ziervögel: 1) Euphone, 2) Pardalotus, 3) Pipra, 
4) Calyptomene, 5) Rupicola. 

b. Ampelidae, Schmuckvögel: 1) Bombyeilla, 2) Ampelis: a) Xi- 
pholena, b) Phoenicocercus. 

c. Coracinae, Rabenzuser: 1) Procnias, 2) Gymnoderus, 3) Gym- 
nocephalus, 4) Coracina, 5) Cephalopterus. 

Die dritte Zunft, die sog. Messerschnäbler, Cultirostres, oder eigent- 
lichen Raben (die Repräsentanten dieser Ordnung) haben einen starken, 
geraden, messerförmigen, zusammengedrückten Schnabel mit schneiden- 
den Rändern und geradlinigem Mundwinkel, die Nasenlöcher sind mit 
vorwärts stehenden Borsten oder Sammtfedern bedeckt; die Wandelfüsse 
sind vorn getäfelt, seitlich gestiefelt; die spitzen Flügel haben 10 Hand- 
schwingen und‘bis 14 Armschwingen. Sie bilden 3 Familien: 

4. Paradiseidae, Paradiesvögel, mit folgenden Unterfamilien und Gat- 
tungen: 
a. Epimachinae, Struppvögel: 4) Epimachus: a) Ptiloris, 
| b) Astrapia. | 
b. Paradiseinae, ‚Paradiesvögel: 1) Paradisea: a) Cieinnurus, 
b) Parotia, c) Lophorina. 
2. Corvidae, Raben, mit den Unterfamilien und Gattungen: 
a. Glaucopinae, Lappenvögel: 1) Glaucopis, 2) Crypsirhina. 
b. Fregilinae, Steinkrähen: 4) Pyrrhocorax, 2) Fregilus, 3) Cor- 
corax, 4) Podoces. 
c. Garrulinae, Häher: 4) Garrulus: a) Perisoreus, b) Cyanoco- 
rax, c) Cyanocitta. 
d. Corvinae, Krähen: .1) Pica,' 2) Nucifraga, a Corvus: a) Cor- 
vultur. 
3. Buceridae, Nashornvögel : 
4) Buceros, 2) Bucorvus., 


368 


II. Ordnung: Electores — Klauber. 

Die dritte und höchste Ordnung der Bodenvögel umfasst kleine und 
mittelgrosse Vögel von höchst friedlichem Charakter und geselliger Le- 
bensweise, welche entweder nur gehend, oder nur hopsend ihre Nah- 
rung, die aus Sämereien und Körnern besteht, aufsuchen, dieselbe wäh- 
lerisch von der Erde aufpicken und entweder ganz schlucken und dann in 
einem Kropfe erweichen, oder ausklauben. Sie sind Klauber, Electores. 

Die Ordnung zerfällt in 2 Zünfte, die Dickschnäbler, Crassirostres, 
mit dickem, kegelförmigem, an der Wurzel ringsum aufgetriebenem 
Schnabel, und die Wulstschnäbler, Gibbirostres, mit einer Kuppe am 
Vorderschnabel und bauchigen weichen Nasendecken. Die Dickkegel- 
schnäbler zerfallen in folgende Familien, Unterfamilien und Gattungen : 

1. Alaudidae, Lerchen: 
a. Calandrellinae, Stummellerchen: 1) Phileremos, 2) Calandrella. 
b. Alaudinae, Lerchen: 4) Alauda: a) Certhilauda, b) Galerida, 
c) Geocoraphus, d) Melanocrypha. 
2) Macronyx, 3) Pyrrhulauda. 
2. Fringillidae, Finken: 
a. Emberizinae, Ammern: 1) Emberiza: a) Euspiza, b) Plectro- 
phanes, c) Fringillaria. ‚ 
b. Fringillinae, Finken: 
«. Passerinellinne, Ammerfinken: 1) Zonotrichia: a) Pas- 
serella, b) Passerculus, c) Spizella. 
2) Ammodromus: a) Coturniculus, b) Haemophila, 
c) Niphaea. 
P. Fringillinae, Finken: 1) Passer: a) Petronia. 
2) Fringilla: a) Montifringilla, b) Chloris, c) Canna- 
bina, d) Linaria, e) Spinus, N) Carduelis, 
g) Citrinella. 3) Coccothraustes. 
y. Pitylinae, Ruderfinken: 1) Pitylus: a) Emberizoides, 
b) Pipilo, c) Cardinalis, d) Spiza, e) Spermophila, 
f) Coccoborus. 
ö. Tanagrinae, Tangaren: 1) Tanagra: a) Nemosia, b) Ar- 
remon, c) Saltator, d) Tachyphonus, e) Pyranga, 
f) Rhamphocelus, g) Callospiza. 
e. Pyrrhulinae, Gimpel: 1) Serinus, 2) Pyrrhula: a) ce 
podacus, b) Uragus, 3) Phytotoma. 
&. Loxiinae, Kreuzschnäbel: 1) Loxia, 2) Corythus. 


& 


369 


Die Wulstschnäbler bilden eine grosse Familie der Tauben, Colum- 
bidae, mit folgenden Unterfamilien und Gattungen: 

a. Columbinae, Tauben: 1) Columba: a) Carpophaga, )) Eööve: 
laimus; 2) Turtur: a) Ectopistes, b) Geopolia, c) Ma- 
eropygia. 

b. Treroninae, Holztauben: 4) Treron, 2) Ptilinopus. 

c. Gourinae, Hühnertauben: 1) Chamaepelia: a) Columbina, 
b) Zenaida; 2) Peristera: a) Chalcophaps, b) Ocyphaps, 
c) Geophaps, d) Phaps; 3) Calloenas, 4) Goura. 

5. Reihe: Baum- oder Klettervögel. 

Die Baumvögel bilden die Uebergangsreihe zwischen den  Boden- 
und eigentlichen Luftvögeln. Ihr Flugvermögen ist mässig, ihre Füsse 
- verkürzen sich gegen die Grösse der Füsse bei den Bodenvögeln merk- 
lich, sind aber kräftig gebaut, weil sie derselben .zum Klettern an den 
Bäumen bedürfen; auf dem Boden benehmen sie sich meist höchst unbe- 
hülflich, ja, viele von ihnen kommen gar nicht mehr auf den Boden, so 
dass ihnen die geschickte Gangbewegung abgeht. Sie zerfallen deutlich 
in 3 Ordnungen: I. Die Forscher, Exploratores, welche an den Stämmen 
der Bäume klettern, grübeln und 'klopfen, um inwohnende Insekten 
auszukundschaften; sie sind Stammkletterer. II. Die Späher, Investigatores, 
welche die aussen an den Bäumen befindlichen Insekten, mit Vorliebe Rau- 
pen, ablesen, nie klopfen, neben Insekten aber auch junge Vögel anfallen; 
einzelne Familien neigen zu den Omnivoren hin, indem sie auch Früchte und 
junge Knospen fressen, Vorherrschend ist aber bei ihnen ein räuberisches 
Naturell, wesshalb sie auch den Namen Raubkletterer erhalten haben. 
III. Die Knacker, Enucleatores, Vögel, welche von Ast zu Ast kletternd, 
wobei sie sich oftmals des Schnabels bedienen, vorzugsweise von Früchten 
leben, die sie bisweilen mit den Füssen zum Schnabel führen, am meisten 
aber Steinkerne geniessen, welche sie aufknacken, nachdem sie das Fleisch 
der Früchte nur zerfetzt haben. Sie sind Astkletterer. 
| I. Ordnung: Exploratores — Forscher. 

Die Forscher theilen sich in 2 Unterordnungen: die Grübler, Rima- 
tores, welche an dem Stamme der Bäume klettern, bisweilen pochen, 
aber nicht hacken und spalteri, und desshalb auch nur die in den Ritzen 
und unter dem Moose verborgenen Insekten und Larven mit dem Schna- 
bel aus dem Verstecke hervorgrübeln und verzehren. Sie bilden die 
Zunft der Dünnschnäbler, Tenuirostres, charakterisirt durch den langen, 


dünnen, drehrunden oder stumpfeckigen, zugespitzten, biegsamen, mehr 
Naumannia. 1854. 24 


370 


oder weniger gebogenen Schnabel. Sie haben weder Kletterfüsse noch 

Schnellzunge, meist aber einen Kletterschwanz und eine scharfkrallige 

Hinterzehe. Sie bilden folgende Familien, Unterfamilien und Gattungen: 
1. Meliphagidae, Pinselvögel: 

a. Phyllornithinae, Laubvögel: 1) Phyllornis, 2) Zosterops. 

b. Myzomelinae, Pinselzüngler: 1) Ptilotis, 2) Myzomela: a) Gly- 
ciphila. b) Acanthorhynchus; 3) Manorhina. 

c. Meliphaginae, Honigsauger: 1) Meliphaga: a) Meliornis, b) Po- 
gonornis, c) Prosthemadera; 2) Melithreptus, 3) Phile- 
don: a) Anthochaera, b) Entomyza; 4) Tropidorhynchus. 

2. Certhiidae, Baumläufer: 

a. Dacnidinae, Pitpit's. 

a. Genuinae: 4) Dacnis: a) Conirostrum, b) Coereba; 
2) Diglossa, 3) Certhiola. 
$. Dicaeinae: 1) Dicaeum, 2) Drepanis. 

b. Mectariniinae, Honigvögel: 

@. Genuinae: 1) Nectarinia, 2) Cinnyris, 3) Ptiloturus. 
‘8. Arachnotherinae: 4) Anthreptus, 2) Hemignathus, 
3) Arachnothera. 

c. Certhiinae, Baumläufer : 

«. Genuinae: 1) Certhia, 2) Tichodroma, 3) Climacteris. 
ß. Sittinae, Spechtmeisen: 1) Sitta, 2) Sittella, 3) Orthonyx. 
3. Anabatidae, Kletterdrosseln : 

a. Anabatinae, Kletterdrosseln: 1) Synallaxis, a) Anumbius, 
2) Xenops, 3) Anabates. 

b. Furnariinae, Töpfervögel: 4) Opetiorhynchus: a) Furnarius, 
b) Enicornis, c) Geositta, d) Cillurus, e) Lochmias. 

c. Dendrocolaptinae, Baumhacker: 4) Dendrocolaptes: a) Sele- 
rurus, b) Sittasomus, c) Picolaptes, d) Glyporhynchus, 
e) Dendroplex, f) Xiphorhynchus. 

4. Upupidae, Wiedehopfe : 4) Promerops, 2) Irrisor, 3) Upupa, 4) Neo- 
morpha. 

Die zweite Unterordnung der Forscher sind die Pocher, Pulsatores, 
Vögel mit vollkommenen Kletterfüssen, einem .starken keilförmigen Schna- 
bel und einer Schnellzunge. Sie klettern an den Stämmen der Bäume 
hinauf, durchforschen klopfend dieselben nach inwohnenden Insekten, 
hacken mit dem Schnabel’ die Rinde auf und spalten sie vom Holze ab, 
um dann mit der Schnellzunge die Insekten und Larven aus dem Ver- 


1 


371 


stecke hervorzuholen. Sie bilden die Zunft der Keilschnäbler, Cunei- 
rostres, mit der Familie der Spechte, Picidae, deren Unterfamilien und 
Gattungen sind: 

a. Jynxinae, Wendehälse : 1) Jynx, 2) Picumnus. 

b. Gecinae, Ackerspechte: 4) Picoides, 2) Gecinus: a) Chryso- 
ptilus, b) Campethera, c) Hemilophus, d) Celeus, e) Bra- 
chypternus. 

‚e. Colaptinae, Hackspechte: 1) Colaptes: a) Genturus, b) Mei- 
glyptes, c) Melanerpes, d) Chloronerpes, e) Leuconerpes. 

d. Picinae, Spechte: 1) Picus: a) Hemicercus, b) Dendrobates, 
c) Dryocopus, d) Campephilus. 

II. Ordnung: Investigatores — Späher. 

Die Ordnung der Späher zerfällt in- 3 Zünfte: 1. Die Bausschnäbler, 
Buceirostres, Vögel mit sehr kurzen, oft bis an die Zehen befiederten 
Kletterfüssen, und einem breiten, bausig aufgetriebenen Schnabel, an 
dessen Wurzel 5 Bündel steifer nach vorn gerichteter Borstenfedern re- 
gelmässig gruppirt stehen, Bartvögel; 2. Die Bogenschnäbler, Arcirostres, 
Vögel mit kurzen Kletterfüssen mit Wendezehe, einem glatten bogen- 
förmigen Schnabel ohne Borstenfedern am Grunde, Kukuke; 3) Die 
Leichtschnäbler, Levirostres, Vögel mit vollkommenen Kletterfüssen und 
ungeheuer grossem, leichtem, inwendig aus Zellen bestehendem Schna- 
bel, der am Rande gezahnt ist, Pfefferfrasse. Diese Zünfte zerfallen in 
folgende Familien, Unterfamilien und Gattungen: 

Die Bausschnäbler : 
1. Bücconiane, Bartvögel: 1) Bucco, 2) Monasa: a) Chelidoptera; 

i 3) Capito, 4) Pogonias. 

2. Trogonidae, Seidenkukuke: 1) Trogon, 2) Calurus. 
Die Bogenschnäbler: 
1. Cuculidae, Kukuke: 
a. Cuculinae, Singkukuke: 1) Cheuliss a) Chalcites, b) Eudyna- 
mis, ec) Oxylophus; 2) Indicator. 
b. Coccyginae, Spornkukuke: 1) Coceygus, 2) Rhinortha, 3) Cen- 
tropus. 
ce. Crotophaginae, Madenhacker: 1) ,.Geococcyx, 2) Saurothera: 
a) Zanclöstomus; 3) Phoenicophaeus, 4) Crotophaga, 
5) Sceythrops. 
Die Leichtschnäbler: 
4. Rhamphastidae, Pfefferfrasse: 1) Pteroglossus, 2) Rhamphastos. 
24* 


372 


II. Ordnung: Enucleatores — Knacker. 


Die Ordnung der Knacker besteht aus 2 Zünften: 1. Z. Kurzschnäb- 
ler, Brevirostres, Vögel mit kurzem, starkem, von der Wurzel an ge- 
krümmtem Schnabel und Füssen mit Wendezehe, so dass bei den einen 
Kletterfüsse, bei den andern Klammerfüsse gebildet werden können, 
Amphibolae, Pisangfresser ; 2. Z. Kugelschnäbler, Globirostres, Vögel mit 
vollkommenen Kletterfüssen, geschlossenen Augenhöhlen und einem ku- 
geligen Schnabel, gebildet aus einem aufgetriebenen gewölbten, mit einer 
Wachshaut versehenen krummen Oberschnabel und einem wölbig auf- 
steigenden, ausgekehlten, kurzen, abgestutzten Unterkiefer, Papageien. 
Die betreffenden Familien, Unterfamilien und Gattungen sind: 


Kurzschnäbler: 
1. Coliidae, Mausvögel: 4) Colius. 
2. Musophagidae, Pisangfresser: 1) Corythaix, 2) Musophaga, 3) Chi- 
zaerhis. s 
3. Opisthocomidae, Schopfhühner: 1) Opisthocomus. 


Kugelschnäbler : 
1. Psittacidae, Papageie: 

a. Palaeorninae, Perüsche: 4) Pezoporus, 2) Nymphicus, 3) Pa- 
laeornis: a) Platycercus, b) Trichoglossus. 

b. Arasinae, Araras: 1) Conurus, 2) Macrocercus. 

. ec. Psittacinae, Papageie: 1) Lorius, 2) Psittacula, 3) Psittacus. 

d. Cacatuinae, Cacatus:. 1) Cacatua: a) Microglossum, b) Phly- 
ctolophus, c) Nestor, d) Calyptorhynchus; 2) Strigops. 


6. Reihe: Luft- oder Flugvögel. 


Die Luftvögel iragen den Typus der Vogelorganisation im vollkom- 
mensten Grade ausgebildet an sich; es sind bei ihnen die Flügel und 
das ganze Brustsystem mächtig entwickelt, während die Füsse mehr und 
mehr in ihrer Entwickelung schwinden: bei einigen Familien sind sie 
äusserst zart und klein, zur Ortsbewegung gänzlich unbrauchbar, bei 
andern Familien befähigen sie noch zur geschickten Gangbewegung, sind 
aber zart gebaut und dienen nicht wesentlich zur Erlangung der Nah- 
rung; bei den höchsten Familien sind sie zwar kräftig gebaut, aber nur 
zum Fassen der Beute, die im Fluge ergriffen wird, brauchbar. Diese 
Verschiedenheit der Fussentwickelung bei den Luftvögeln, welche ihre 
Nahrung stets im Fluge erhaschen, beruht auf dem durchgreifenden Ge- 
setze der Wiederholung, nach welchem in der höchsten Entwickelungs- 


373 


reihe die Typen der niederen Entwicklungsreihen wieder aufgenommen 
werden müssen. _ 

Die Luftvögel theilen sich in 3 Ordnungen: I. Schwebvögel, Libra- 
tores, Wiederholung der Baumvögel; II. Schnapper, Captatores, Wieder- 
holung der Bodenvögel; II. Räuber, Raptatores, vollendetste Form der 

Luftvögel. | | 
{ I. Ordnung: Libratores — Schwebvögel. 

Die Schwebvögel sind die kleinsten unter allen Vögeln, oder nur 
mittelgrosse Vögel, welche nach ihrer Nahrung umherfliegen und dem 
ersehnten Fang nachstellen, indem sie gemeiniglich an einem Orte, wo 
sie einer Beute habhaft werden zu können wähnen, ihren Flug durch 
ein schwebendes Flattern, sogenanntes Rütteln, unterbrechen. Sie er- 
schnappen ihre Beute mit dem Schnabel. Man kann sie Rüttler nennen. 
Sie haben einen, die Kopflänge meist, ja oft sehr bedeutend übertref- 
fenden Schnabel ohne Hakenspitze, sehr lange, spitze oder mittelgrosse 
und dann mehr zugerundete Flügel und ausnahmlos sehr kurze, schwache 
Schreit- oder Spaltfüsse. 

Die Ordnung bildet 2 Zünfte: 1. die Röhrenschnäbler, Tubulirostres, 
mit langem, dünnem Schnabel, dessen Oberkiefer den Unterkiefer schei- 
denartig umfasst, so dass dieser eine Röhre bildet, die Zunge ist eine 
Schnellzunge; 2. die Kantenschnäbler, Angulirostres, mit einem langen 
3- oder 4kantigen Schnabel und kleinen schwachen Schreitfüssen. Die 
hierher gehörigen Familien, Unterfamilien und Gattungen sind: 

1. Trochilidae, Colibri’s: 1) Trochilus, Linnde’s einzige Gattung, die 
Cuvier nur in die 3 Untergattungen: a) Phaetornis, b) Lam- 
prornis, c) Orthorhynchus theilte, wurde von neueren Orni- 

...thologen bis zu 64 Untergattungen zerfällt. 

2. Meropidae, Immenvögel: 

a. Galbulinae, Glanzvögel: 1) Galbula, 2) Jacamaralcyon, 3) Ja- 
camerops. 
b. Meropinae, Bienenfresser: 1) Merops, 2) Nyctiornis. 

3, Alcedinidae, Eisvögel: 1) Ceyx, 2) Alcedo: a) Halcyon, b) Ceryle, 
c) Dacelo, d) Tanysiptera, e) Syma. 

I. Ordnung: Captatores — Schnapper. 

Die Schnapper erhaschen ihre Beute im Stosse durch plötzlichen 
Zuflug mit dem Schnabel, ohne dieselbe förmlich zu verfolgen; sie ha- 
ben mässig lange Flügel und einen nicht lange ausdauernden flatternden 
Flug, stoss- und schübweise. Sie sind Flatterer. Sie bilden nach den 


374 


Einzelsitten, wie sie ihrer Beute auflauern, 2 Unterordnungen: 1. die 
Trippler, Trepidatores, kleine, muntere, angenehme Vögel, welche zwi- 
schen Hecken und auf freier Erde in stets unruhiger Bewegung, den 
Blick oft sehnsüchtig in die Luft gerichtet, hin und her trippeln und im 
schnellen Auffluge Insekten wegschnappen,, bisweilen aber auch nur 
Würmer auflesen; 2. die Laurer, Insidiatores, kleine oder nur mittel- 
grosse, aber gewandte, muthige, selbst grimmig boshafte Vögel, welche 
im. Hinterhalte meist auf niederen Zweigen sitzend, vorüherziehenden 
Insekten oder auch kleinen Wirbelthieren auflauern, die sie durch plötz- 
liches Zustossen im Fluge mit dem Schnabel fangen. 

Die Trippler haben einen mässigen, geraden, pfriemenförmigen 
Schnabel mit seichter Kerbe und schwacher Hakenspitze des Oberkiefers;. 
Bartborsten schwach, Füsse zart, mittelgross, Läufe vorn getäfelt, seit- 
lich gestiefelt, Flügel mittellang, Handschwingen 9 oder 10, die erste . 
kurz; einen Singmuskelapparat. Sie sind die Zunft der Pfriemenschnäb- 
ler, Subulirostres, vorzugsweise Sänger genannt, und bilden 2 Familien, 
1. Sylviadae. Sänger, 2. Motacillidae, Bachstelzen, mit pigenden Unter- 
familien und Gattungen : 

1. Sylviadae, Sänger : 

a. Regulinae, Goldhähnchen: 1) Regulus, 2) Culicivora, 3) Hy- 
lophilus. 

b. Sylviinae, Sänger: 1) Sylvia, 2) Ficedula, 3) Calamoherpe : 
a) Hypolais, b) Aedon, c) 'Thamnobia. 

e. Luseiniinae, Nachtigallen: 1) Luscinia, 2) Rubecula, 3) Cya- 
necula, 4) Ruticilla. 

d. Malurinae, Staffelschwänze: 1) Malurus: a) Stipiturus, b) Pri- 
nia, c) Drymoica, d) ua, e) Orthotomus, f) SPAR: 
nura, g) Megalurus. 

e. Saxicolinae, Steinschmätzer: 1) BR 2) Sialia, 3) Pra- 
tincola. i 

2. Motacillidae, Bachstelzen: 

a. Sylvicolinae, Waldsänger:. 1) Sylvicola. 

b. Anthinae, Piper: 1) Anthus. 

c. Motacillinae, Bachstelzen: 4) Motacilla: a) Budytes. 

Die Laurer bilden 2 Zünfte: 1. die Zahnschnäbler, Dentirostres, mit _ 
einem mässig starken Schnabel mit Hakenspitze des Oberkiefers und 
einer Kerbe mit vorspringender Ecke, Zahn, des Oberkieferrandes an 
der Spitze, am Schnabelgrunde starke Borsten; Flügel mässig spitz, 10 


375 


Handschwingen; Füsse mittelgross, Läufe vorn getäfelt, seitlich gestiefelt, 
bei einigen Familien hinten körnig gestreift; 2. die Weitschnäbler, La- 
tirostres, mit einem weiten breitrachigen Schnabel mit einer bisweilen 
schief nach hinten und unten gerichteten oftmals Sförmigen Spalte; die 
spitzen Flügel haben 9 oder 10 Handschwingen; die kurzen kräftigen 

Füsse sind Spalt- oder Schreitfüsse, der Lauf ist vorn getäfelt, seitlich 

„und hinten durch grobes Netzwerk gegittert. 

Die Zahnschnäbler zerfallen in 2 Familien, je nachdem der Schna- 
bel flach und niedergedrückt ist mit kielförmiger Firste, oder gewölbt 
und am Grunde zusammengedrückt. Doch finden hier fast unmerkliche 
Uebergänge statt. Die erste Familie ist die der Fliegenschnäpper, Mus- 
cicapidae, die zweite Familie die der Würger, Laniidae, mit folgenden 
Unterfamilien und Gattungen: 

1. Muscicapidae, Fliegenschnäpper: R 
a. Museicapinae, Tliegenfänger: 4) Museicapa: a) Setophaga, 
b) Rhipidura, c) Seisura; 2) Muscipeta, 3) Drymophila. 
b. Campephaginae, Raupenschnäpper: 1) Pericrocotus, 2) Cam- 
pephaga, 3) Lalage, 4) Graucalus, 5) Lipaugus. 
© e, Dierourinae, Drongo’s:. 4) Phibalura, 2) Dicrourus, 3) Ocyp- 
terus. SR 
"d. Fluvicolinae, Flussschnäpper: 1) Fluvicola, 2) Arundicola, 
3) Copurus. 

. Tyranninae, -Vogelschnäpper: 4) Tyrannus: a) Myonectes, 
b) Elaenea, c) Cyelorhynchus, d) Muscivora, e) Myiar- 
chus, f) Milvulus; 2) Saurophagus, 3) Scaphorhynchus. 

f. Psarinae, Würgerschnäpper: 4) Psaris: a) Pachyrhamphus, 

b) Bathmidurus. 

2. Laniidae, Würger: 

a. Laniinae, Würger: 

&. Vireoninae : 4) Vireo: a) Phyllomanes, b) Icteria. 
8. Pachycephalinae: 41) Pachycephala, 2)  Falcunculus, 
3) Cyelorhis. 
y. Laniinae genuinae: 4) Lanius: a) Laniellus, b) Basa- 
nistes;. 2) Malaconotus: a) Tephrodornis, b) Prionops, 
c) Dryoscopus, d) Telephonus. 
b. Batarinae, Krähenwürger: 1) Thamnophilus: a) Thamnomanes, 
b) Batara; 2) Vanga, 3) Lophocitta, 4) ‚Cracticus, 
5) Gymnorhina, 6) Strepera. 


(se) 


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376 


Die Weitschnäbler umfassen die Familie der Racken, Coraciadae, 
mit folgenden Unterfamilien und Gattungen; r 
a. Todinae, Plattschnäbler: 4) Todus, 2) Platyrhynchus. 
b. Eurylaeminae, Kellenschnäbler: 1) Eurylaemus: a) Corydon, 
b) Cymbirhynchus. 
c. Coracinae, Racken: 1) Coracias, 2) Euryslormues 
d. Prionitinae, Momot’s: 4) Prionites: a) Crypticus. 
II. Ordnung: Raptatores — Räuber. 

Die Ordnung der Räuber, durch die mächtige Entwickelung ihres 
Flugsystems, wie durch die Energie ihres Charakters, berufen an der 
Spitze der Vögel zu stehen, wird gebildet von Vögeln, welche rastlos 
auf den Flügeln im schwimmenden Fluge ihrer Beute mit Heftigkeit nach- 
jagen, die fliehende förmlich verfolgend, oder mit weiten langsamen Flü- 
gelschlägen hoch in der Luft kreisend auf die erspähete Beute mit reissen- 
der Schnelligkeit ‚herabstossen. Sie sind Luftsegler. Die Ordnung zer- 
fällt in 2 Zünfte: 1. die Sperrschnäbler, Hiantirostres, mit kurzem, wei- 
tem, breitem, krummen, flachem Schnabel, kurzen Füssen, langen spitzen 
Flügeln mit 9 Handschwingen. Sie jagen nach ‘Beute. 2. Die Haken- 
schnäbler, Aduneirostres, mit kurzem, starkem, gewölbtem, hakig über- 
greifendem, an der Wurzel mit Wachshaut versehenem Schnabel; kräfti- 
gen spitzen Flügeln mit 10 Handschwingen und 12—18—27 Armschwin- 
gen; starken, kurzen, oft bis zur Ferse befiederten Spalt- oder Sitz- 
füssen, die unten rauchwarzig und mit spitzen, krummen, scharfen Krallen 
bewaffnet sind. Sie stossen vorzugsweise auf ihre Beute. Die betref- 
fenden Familien, Unterfamilien und Gattungen sind: 

Sperrschnäbler: 
1. Hirundinidae, Schwalben: 
a. Hirundininae, Schwalben: 1) Hirundo: a) Progne, b) Atlicora, 
c) Chelidon, d) Cotyle. 
b. Cypselinae, Segler: 1) Cypselus, 2) Chaetura. 
2. Caprimulgidae, Ziegenmelker: 
a. Caprimulginae, Ziegenmelker: 4) Caprimulgus, 2) Nyctibius. 
b. Podarginae, Tagschläfer:: 1) Steatornis, 2) Podargus. 
Hackenschnäbler: 
1. Strigidae, Eulen. 
a. Striginae, Eulen: 1) Athene: a) Glaucidium; 2) Surnia, 
3) Nyctea, 4) Strix. 
b. Ululinae, Baumeulen: 1) Nyctale, 2) oh 


377 


€. Buboninae, Okreulen: 1) Scops, 2) Ketupa, 3) Bubo, 4) Otus. 
2: Falconidae, Falken: 
a. Cireinae, Weihen: 1) Circus: a) Strigiceps. 
- b. Milvinae, Gabelweihen: 1) Milvus: a) Elanus, b) Nauclerus, 
c) Ictinea. 
. Buteonina, Bussarde: 1) Buteo, 2) Archibuteo. 
. Perninae, Wespenfalken : 1) Pernis. 
. Asturinae, Habichte: 1) Astur, 2) Nisus, 3) Asturina. 
Falconinae, Falken: 1) Falco: a) Hierax, b) Harpagus, c) Tin- 
nunculus, d) Hypotriorchis. 
3. Aquilidae, Adler: 
a. Harpyininae, Harpyen: 1) Gypogeranus, 2) Morphnus : a) Spi- 
zaetos, b) Hypomorphnus. 
b. Polyborinae, Geieradler: 1) Cymindis: a) Rosthramus, b) Re- 
gerhinus; 2) Theratopius, 3) Polyborus: a) Ibycter, 
b) Daptrius, c) Milvago. 
c. Aquilinae, Adler: 1) Pandion, 2) Circaötos, 3) Haliaetos: 
a) Haliastur, b) Pontoaetos; 4) Aquila. 
4. Vulturidae, Geier: 
a. Gypaötinae, Geieradler: 1) Gypaötos. 
b. Perenopterinae, Aasgeier: 1) Neophron, 2) Cathartes. 
c. Vulturinae, Aechte Geier: 1) Vultur, 2) Gyparchus, 3) Sar- 
corhamphus. 


m © © 


II. Entwickelung- und Verwandtschaftsverhältnisse in der 
Klasse der Vögel nach dem natürlichen System, 


Ein natürliches System hat den Entwickelungsgang, der in der Na- 
tur herrscht, zur Anschauung zu bringen. Alle Entwickelung in der 
Natur beginnt mit dem Einfacheren, Niedereren, Unvollkommneren, und 
steigt zu dem Zusammengesetzteren, Höheren, Vollkommneren empor. 
Diese aufsteigende Entwickelung ist keine ununterbrochene Reihenent- 
wickelung, in welcher, wie man wohl schon angenommen hat, gleich 
den Sprossen einer Leiter oder den Gliedern einer Kette, sich jede 
höhere Stufe regelmässig über die nächstniedere stellt, sondern ein oft- 
mals unterbrochener, in Absätzen sich erhebender Stufengang, bei wel- 
chem die niederen Formen der höheren Stufe unter die höchsten Formen 
der nächst niederen Stufe zurückgreifen. 


- 378 


Das natürliche System hat daher vor Allem nachzuweisen, dass die 
einzelnen Ordnungen einer Klasse in der angedeuteten Reihenfolge sich 
über einander erheben, indem Glieder der höheren Ordnung immer ent- 
sprechende der niederen Ordnung wieder aufnehmen, und dass in den 
einzelnen Ordnungen sich ebenso Gattungen, Familien und Zünfte nach 
diesem Entwickelungsverhältnisse aneinander schliessen, oder stufenweise 
übereinander anordnen. 

Die höchst organisirte Familie einer Ordnung, und diess gilt auch 
von der Ordnung in Bezug auf eine Entwickelungsreihe, wird die Idee, 
welche dieser Klassifikationsstufe zukommt, am vollkommensten ausge- 
prägt haben und in sich alle niederen Formen zur Einheit abschliessen, 
so dass die niederen Familien und Gattungen einer Ordnung als Vorbil- 
dungen oder einseitige Hemmungsbildungen in dem Entwickelungsgange 
der Natur erscheinen. Indem wir die wesentliche Form, welche für je 
eine Entwickelungsstufe charakteristisch ist, bestimmen, finden wir den 
Typus, welcher einer Ordnung zukommt. Dieser ist der Grundtypus, 
neben welchem noch zwei Uebergangstypen auftreten, je nachdem dem- 
selben noch eine Wiederholungsbildung einer niedereren Entwickelungs- 
stufe beigemischt ist, oder derselbe bereits schon die PORN 
einer höheren Entwickelungsstufe in sich schliesst. 

Auf diesem Verhältnisse beruht die Reihenverwandtschaft, welche 
zwischen den einzelnen Ordnungen einer Entwicklungsreihe, wie unter 
den einzelnen Familien und Gattungen einer Ordnung herrscht. Könnten 
wir, wie es die Umwandlungstheorie, die besonders unter den Englän- 
dern Anhänger hat, erheischt, nachweisen, wie nach und nach aus dem 
einen Vogel ein anderer geworden ist, z. B. aus der Drossel der Staar 
und der Rabe, so hätten wir die Reihenverwandtschaft am sichersten 
festgestellt, Da diess unmöglich ist und die gemachten Versuche nur 
zu den naturwissenschaftlichen Phantasiestücken zu zählen sind, so müs- 
sen wir uns darauf beschränken, nachzuweisen, wie die einer Entwicke- 
lungsreihe zu Grunde liegende Idee nach und nach sich ausbildet und 
in bestimmten Formen’ realisirt. Danach ist Reihenverwandtschaft die 
zwischen Gattungen, Familien und Ordnungen einer Entwickelungsreihe 
herrschende Aehnlichkeit, welche auf übereinstimmender Um- und Aus- 
bildung bestimmter, für die Lebensweise typischer Organisationsverhält- 
nisse beruht. 

Nächst der Reihenverwandtschaft ist die Seitenverwandtschaft von 
höchstem Interesse. Strebt die Natur auch einem Endziele zu; so be- 


“x 


ee u TE a 


379 


ginnt sie doch nicht von einem Ausgangspunkte allein; ‘das grosse 
Schöpfungswerk wird von entgegengesetzten Punkten aus begonnen: die 
Natur ‚schafft in Gegensätzen. 


Wir haben 6 Entwickelungsreihen der Vögel aufgestellt, von denen 
je zwei, die der Wasser- und Landvögel, und die der Boden- und Luft- 
' vögel, als Gegensätze auftreten, wie Wasser und Land, Boden und freier 
Baum der Luft als Gegensätze erscheinen. Vergleichen wir die einzel- 
nen Ordnungen dieser Entwickelungsreihen mit einander, so ergibt sich, 
dass die höchsten Ordnungen dieser Reihen, nach der Lebensweise, wie 
nach den charakteristischen Organisationsverhältnissen ihrer Angehörigen, 
vollständige Gegensätze bilden, während die niederern Ordnungen und 
Familien noch eine Aehnlichkeit der Organisation bieten. Es stimmt diess 
mit dem allgemeinen Naturgesetze zusammen, dass bei jeder Entwicke- 
lung verschiedener Organismen die Entwickelungsstufen unter sich um 
so ähnlicher sind, je näher sie dem Urzustande, dem Embryonalzustande, 
stehen (da alle Eier im Wesentlichen einander gleich sind) und dass 
die durch die erstrebien Gegensätze sich gestaltende Unähnlichkeit und 
charakteristische Verschiedenheit erst in den höchsten Entwickelungs- 
stufen vollkommen sich herausstellt. Beginnende Entwickelung bedingt 
daher Aehnlichkeit, vollendete Entwickelung Unähnlichkeit oder gegen- 
sätzliche Verschiedenheit. Aus dieser Aehnlichkeit der Bildung, welche 
Gattungen, Familien und Ordnungen verschiedener Entwickelungsreihen 
in ihren Anfangsbildungen und selbst noch bei einer gewissen Höhe ihrer 
Entwickelung unter einander zeigen, entspringt die Seitenverwandtschaft. 
In der Reihen- wie in der Seitenverwandtschaft kommt nach den genug- 
sam erörterten Gesetzen die sog. Wiederholungsverwandtschaft vor, 
welche auf der ‘Wiederaufnahme des Typus einer niederern Ordnung bei 
der Entwickelung der höheren Ordnung beruht. Zwischen den Gegen- 
sätzen findet, wie bei jeder organischen Entwickelung, auch eine Aus- 
‚gleichung statt: es ist diess die zwischen entgegengesetzten Typen sich 
ausbildende Vereinigungsform. 


'Gehen wir nun zu den speziellen Entwickelungs- und Verwandt- 
schaftsverhältnissen der Vögel über. Die vortypischen nestflüchtenden 
Vögel müssen als niederere Entwicklungsstufe in ihren Anfangsbildungen 
Analogien zu den niederern Klassen der Wirbelthiere zeigen, ferner unter 
sich selbst in einem ganz bestimmten Verhältnisse der Reihen- und Sei- 
tenverwandtschaft stehen, und endlich in ihren vollkommneren Bildungen 


380 


die wirklichen Vortypen zu den charakteristischen Formen der typischen 
‚nesthockenden. Vögel ausbilden. 

Es wäre wohl zu weit gegangen, wollte man, wie schon geschehen, 
kurz sagen, die Wasservögel entsprechen den Fischen, die Sumpfvögel 
den Amphibien. Dieser Vergleich ist Nichts als ein hinkendes Gleich- 
niss; aber mit Recht kann man aussprechen, die Ordnung der Unter- 
wasserschwimmer ist die Darstellung der Fischform unter dem höheren 
Typus des Vogels. Insbesondere ist es der Pinguin, welcher als Fisch- 
vogel anzusehen ist. Sein Leben, welches er mehr unter dem Wasser 
als auf dem Wasser oder gar ausser Wasser führt, seine den Flossen 
ähnlichen Flügel, mit denen er rudert, sein kurzer, steifer, zum Steuern 
dienender Schwanz, seine den Schuppen analogen Federn, rechtfertigen 
die Ansicht in diesem Vogelgebilde eine Wiederholungsform des Fisches 
zu erblicken, wie wir unter‘ den Säugethieren in den Walen die Fisch- 
form unzweifelhaft wiederfinden. 

Die. Ordnung der Unterwasserschwimmer, die niederste Ordnung 
der Wasservögel und somit überhaupt die niederste in der Klasse der 
Vögel, ist zugleich die, welche uns beweist, dass auch in der so streng 
in sich geschlossenen Klasse der Vögel, — so streng geschlossen, dass 
Viele in ihr gar keinen Entwickelungszusammenhang mit den übrigen 
Klassen der Wirbelthiere anerkennen wollten, das allgemeine Naturge- 
setz der stufenweisen Entwickelung seine Geltung hat. 

Die 3 Ordnungen der Wasservögel, Unterwasserschwimmer, Schwimm- 
taucher und Stosstaucher stehen unter sich im folgenden Entwickelungs- 
verhältnisse: die Unterwasserschwimmer treten in der Reihe der Wasser- 
vögel als Wiederholungsform niederer Thierklassen und als Urtypus des 
Vogels überhaupt auf; die Schwimmtaucher repräsentiren den ächten 
Typus des vollkommenen Wasservogels; die Stosstaucher sind der erste 
Vortypus und von Seiten der Wasservögel die Uebergangsform zu der 
höheren Entwickelungsstufe der nesthockenden Vögel. In jeder einzel- 
nen Ordnung herrscht nun folgendes Verwandtschaftsverhältniss. Der 
Pinguin, die niederste Gattung in der Ordnung der Unterwasserschwim- 
mer, repräsentirt vorzugsweise den Urtypus des Wasservogels, durch 
die ganz allmählige Umbildung der Stummelflügel des Pinguin sind die 
noch kurzhalsigen Alken die nächsthöhere , für diese Ordnung charakte- 
ristische Bildungsform, durch die Entwickelung einer grösseren Zahl von 
Halswirbeln sind die auch kräftiger beflügelten Taucher die Uebergangs- 
form zu den Schwimmtauchern. Eine Reihenverwandtschaft durch ganz 


381 


allmählige Umbildung charakteristischer Organisationsverhältnisse ist also 
in der Ordnung der Unterwasserschwimmer unverkennbar. Der Typus 
dieser Ordnung hat eine dreifache Abstufung: Pinguine, Alken, Taucher. 
Die Pinguine Wiederholungsform niederer Thierklassen, die Alken ächter 
Typus dieser Ordnung, die Taucher Uebergangsform zu den Enten. 

Die Schwimmtaucher als nächsthöhere Ordnung über den Unterwas- 
serschwimmern, wiederholen diese in ihrer niedersten Familie durch die 
Sägetaucher, welche fast wie diese tief im Wasser schwimmen; nur all- 
mählig steigt die Entwickelung empor; die Tauchenten bieten immer 
noch Analogien zu den Unterwasserschwimmern, insbesondere durch Eris- 
matura dar, erst in den Schwimmenten tritt der Typus der Ordnung in 
seiner Reinheit auf, der Schwanenform entgegenstrebend, deren erste 
Anbildung unter den eigentlichen Enten die Höhlenente, Tadorna, unter 
den Gänsen die Schwanengans, Cygnopsis, vermittelt. Auch diese Ord- 
nung bildet in sich eine ganz bestimmte Reihenverwandtschaft mit 3fa- 
cher Abstufung des Typus aus: Tauchenten, Wiederholungsform der 
Unterwasserschwimmer, Schwimmenten, üächter Typus der Ordnung, 
Schwäne, Uebergangsform zu der höheren Ordnung der Pelikane. 

Durch die vollkommene Entwickelung der Flügel stellen sich die. 
Stosstaucher an die Spitze der Wasservögel und bilden den wirklichen 
Vortypus zu den Luftvögeln. Die Stosstaucher erinnern durch die kurz- 
halsigen Möven und Sturmtaucher, Puffinus, nochmals an die Alken, die 
Tölpel stellen unter den Pelikanen wieder die Möven dar. In der See- 
schwalbe, Sterna hirundo, und der Fregate, Tachypetes aquila, prägt sich 
die Möven- und Pelikanform augenscheinlich schon als Vortypus zu der 
unter den Flugvögeln herrschenden Schwalben- und Falkenform aus. 

Die Sumpfvögel beginnen ihre Entwickelung mit der Ordnung der 
Umläufer, deren niederste Familie die Schwimmsumpfvögel ausmachen. 
Sie sind also die Grundform, aus der sich die ganze Reihe der Sumpf- 
vögel ableitet und zugleich die erste Wiederholung der Wasservögel auf 
der Stufe der Sumpfvögel. Da die Sumpfvögel nur als Uebergangsreihe 
zwischen den beiden Gegensätzen der Wasser- und Landvögel anzusehen 
sind, so bilden sie in ihrer höchsten Entwickelung nicht wie diese selbst- 
ständige Typen aus, sondern vielmehr aus jenen Grundtypen gemischte 
Formen, die Vereinigungsform. Ä 

Unter den Schwimmsumpfvögeln ist der Austernfischer, Haematopus, 
die Grundform: sein ‘wasserdichtes anliegendes Federkleid entspricht 
selbst in der Farbe noch dem des Wasservogels. Ihm ganz verwandt 


382 


ist der Strandreuter, Himantopus. Beide sind die Vorbildungen, aus wel- 
chen sich naturgemäss die beiden höheren Zünfte dieser Ordnung, die 
Regenpfeifer,. Littorales und Schnepfen, Limicolae, welche in den Brach- 
vögeln und Ibissen ihre höchste Vollendung erreichen, in stetiger Ent- 
wickelung ableiten lassen, während die Reiherlinge, Dromas, schon von 
dieser Familie aus den Typus der höheren Ordnung der Reiher andeu- 
ten. Vorzugsweise aber sind es die Schnepfen,. welche den Uebergang 
zu den Reihern vermitteln, namentlich nehmen die Rohrdommeln, als 
Nachtreiher die Schnepfen, welche gleichfalls Dämmerungsvögel sind, 
wieder auf, während die Ibisse, insbesondere Tantalus, das Vorbild zu 
den Tagreihern, insbesondere den Störchen, abgeben. In der ‚Ordnung 
der Umläufer, wie in der der Steher oder Reihervögel, zeigt sich dem- 
nach deutlich wieder eine 3fache Abstufung des Typus. Bei den Um- 
läufern: Schwimmsumpfvögel, Wiederholungsform der Wasservögel, “Ufer- 
läufer, ächter Typus dieser Ordnung, Sumpfwader, Uebergangsform zu 
der höheren Ordnung der Reiher. Bei den Stehern: Nachtreiher, Wie- 
derholungsform der Schnepfen, Tagreiher, ächter Typus, Flamingo’s, Vor- 
bildung zu den Kranichen. 


Die höchste Ordnung der Sumpfvögel, die der Hühnerwadvögel, ist 
vielfach zerrissen worden, indem deren Glieder bald den Wasservögeln, 
bald den Hühnervögeln zugesellt worden sind. Diese schwankende Stel- 
lung entsprang lediglich daraus, dass man ihr eigentliches Entwickelungs- 
verhältniss nicht beachtete. Die Hühnerwadvögel sind die Vereinigungs- 
form zwischen den Wasser- und Landvögeln, nehmen daher die Formen 
beider in sich auf, und verbinden sie in dem Typus des Sumpfvogels, 
in vollem Maasse beurkundend, dass die Sumpfvögel die Uebergangsreihe 
zwischen den Gegensätzen der Wasser- und Landvögel sind. 


Die Wasserhühner, Fulicariae, die niederste Familie dieser höchsten 
Ordnung der Sumpfvögel, nehmen einerseits die Wasservögel nach Le- 
bensweise wie anatomischen Bau wieder auf, indem sie auf die Lappen- 
füssler, Podiceps, und Alken zurückgeführt werden können; anderseits 
neigen sie durch den ganzen Habitus zu den Hühnern hin; die Rallen, 
die nächsthöhere Familie dieser Ordnung, nehmen einerseits rückgrei- 
fend die Reiher unter den Sumpfvögeln wieder auf, anderseits nähern 


sie sich den Tinamu’s und den Wachtelhühnern; endlich erscheinen die _ 


Hühnerstelzen, an deren Spitze die Kraniche stehen, einerseits als die 
zur edelsten Form ausgebildeten Wadvögel, anderseits als die Seiten- 


übe nn nn v 


383 


. verwandten zu den Laufvögeln: Psophia und Palamedea zu den Hühnern, 
der Cariama zu der Trappe, der Kranich zu dem Strauss. 

Die Landvögel stellen in ihrer niedersten Ordnung, in den Schwär- 
mern, Hühnervögel dar, welche durch den allgemeinen Körperbau an die 
Möven erinnern, durch die Fussbilduug die Uferläufer aus der Reihe der 
Sumpfvögel wiederholen, durch die Schnabelbildung aber und ihre Lebens- 
weise sich als Vorbilder zu den Steppenhühnern und somit als Anfangs- 
bildungen zu den Hühnern überhaupt erweisen. Die Scharrer, die zweite 
Ordnung ‘dieser Reihe, bilden unter sich eine anerkannt enggeschlossene 
Reiherverwandtschaft, von den Fusshühnern durch die Halbhühner, Step- 
penhühner, Waldhühner und Baumhühner zu den ächten Hühnern. 

Die dritte Ordnung dieser Reihe, die Laufvögel, treten als entschie- 
dener Gegensatz zu den Wasservögeln auf, und bilden in dem Strauss, 
wie Oken und Reichenbach bereits hervorgehoben haben, unter den Vö- 
geln den Säugethiertypus vor, wie der Pinguin die Fischform unter den 
Vögeln wieder aufgenommen hat. Das in der Ordnung der Laufvögel 
herrschende Entwickelungsverhältniss ist folgendes: Der Kiwi entspricht 
dem Ibis unter den Sumpfvögeln, die Trappen den Brachvögeln unter 
den Sumpfvögeln und den Tinamu’s unter den Hühnern; der Kasuar den 
Perlhühnern, der Strauss erscheint als selbstständiger Repräsentant. 

Die der ganzen Entwickelungsreihe der Landvögel zu Grunde liegende 
Hühnerform ist der Vortypus zu der Entwickelungsreihe der Bodenvögel 
unter den Nesthockern; die Scharrer verhalten sich daher gerade so zu 
den Bodenvögeln, wie die Stosstaucher zu den Luftvögeln. , 

Was die Seitenverwandtschaft unter den vortypischen Vögeln an- 
langt, so ist es von den Wasservögeln nur die Ordnung der Blätter- 
schnäbler, die eine wahre Seitenverwandtschaft mit den andern Ordnun- 
gen zeigt und naturgemäss zeigen kann; insbesondere sind es die hoch- 
beinigen Entenvögel, welche von Fresnaye als Anati-grallae bezeichnet 
wurden, die sich als Seitenverwandte zu den Reihern verhalten und die 
Schwäne, welche entschieden als Seitenverwandte zu den Flamingo’s auf- 
treten; Entenvögel und Hühner können nur als Seitenverwandte zweiter 
Linie angesehen werden. Die Ordnung der Umläufer unter den Sumpf- 
vögeln steht nur entfernt durch die Schnepfen mit den Hühnern, näher 
durch die Triele und Rennvögel mit den Trappen in Seitenverwandt- 
schaft. Das Verhältniss der Hühnerwadvögel als Vereinigungsform zwi- 
schen den beiden Gegensätzen der Wasser- und Landvögel haben wir 
bereits charakterisitt. 


384 


Die Nesthocker als höhere Entwickelungsstufe der Vögel müssen _ 
nach dem ausgesprochenen Gesetze in ihrer Entwickelung auf die Grund- 
typen fussen, welche in der Entwickelungsstufe der Nestflüchter herr- 
schen. Wir erkennen, wie aus dem Erörterten hervorgeht, zwei solche 
Typen an, die Hühnerform und die Stosstaucherform, aus welchen wir 
die zwei Reihen der Boden- und Luftvögel ableiten. Die Bodenvögel 
nehmen in ihrer niedersten Ordnung, der der Spürvögel, entschieden die 
Hühnerform auf der höheren Stufe der typischen Vögel wieder auf. Die 
Zunft der Kurzflügler, Brachyptilidae, stellt durch die Familie der Amei- 
senjäger die Rallenform unzweifelhaft wieder dar, während durch Maenura 
die Fusshühner, Megapodida, wieder repräsentirt werden. Zugleich sind 
die Kurzflügler die Anfangsbildung für die Drosselform und gehen in 
gleichmässiger Entwickelung der Reihenverwandtschaft durch die Timalien 
und Ameisenjäger zu den Drosseln über, wie diese durch Lamprotornis 
und Pastor sich eng mit der Familie der Staare verbinden. 

Die zweite Ordnung der Bodenvögel, die der Fresser oder Raben- 
vögel, stellt mit consequenter Wiederholung der einzelnen Familien der 
Spürvögel, die nächsthöhere Entwickelungsstufe dar: die Meisen nehmen 
die Troglodyten wieder auf, die Schmuckvögel die Drosseln, die Paradies- 
vögel die Pirole, die Raben die Staare. Auch in dieser Ordnung ist eine 
enge Reihenverwandtschaft, durch Pipra und Rupicola von den Meisen 
zu den Ampeliden, von den Ampeliden durch Coracina und Cephalopte- 
rus zu den Raben, herrschend. In jeder der beiden genannten Ordnun- 
gen zeigt sich daher unverkennbar wieder eine dreifache Abstufung des 
Typus: 

1. Spürvögel: die Kurzflügler, Wiederholungsform der Hühner in 
dieser Ordnung, Drosseln, ächter Typus, Staare, hehe nr zu den 
Raben. 

2. Fresser: Meisen und Schmuckvögel, Wiederholungsform der 
Schlüpfer und Drosseln, Raben, ächter Typus der Ordnung, die Familie 
der Läppenvögel, Uebergangsform unter den Raben zu den Klaubern. 

Die dritte Ordnung, die der Klauber bringt den der ganzen Ent- 
wickelungsreihe zu Grunde liegenden Typus der Hühnerform zu der rein- 
sten Gestaltung, in der Taube erhält die Hühnerform ihren edelsten Aus- 
druck, der schwerfällige Bewohner der Erde wird zum leichtbeschwingten 
Boten der Lüfte. Die Taube ist somit kein Familienglied der Hühner, 
sondern das veredelte und vervollkommnete Huhn auf der höheren Stufe 
des nesthockenden Vogels. 


385 


Die Baumvögel wiederholen in ihrer niedersten Ordnung durch die 
Grübler, Rimatores, die Drosseln und Meisen unter den Bodenvögeln. 
Insbesondere sind es die Laubvögel, welche den Pelzrückendrosseln, die 
Philedonen, welche den ächten Drosseln, die Spechtmeisen, welche den 
Meisen entsprechen. Durch die Baumläufer und die Baumhacker gehen 
die Grübler in die Hacker, die Spechte, über, welche den Typus des 
Klettervogels zuerst vollkommen ausbilden, und als Repräsentanten dieser 
Ordnung auftreten. 

Die zweite Ordnung, die der Späher, nimmt durch die Bucconen die 
Spechte wieder auf, geht durch die Trogonen in die Familie der Kukuke 
über, wie diese durch Sceythrops in die Pfefferfrasse. Es ist hier wieder 
eine unmittelbare Reihenverwandtschaft und eine dreifache Abstufung des 
Typus deutlich ausgeprägt: Bartvögel, Wiederholungsform der Spechte, 
Kukuke, ächter Typus, Pfefferfrasse, Uebergangsform zu den Papageien. 

Die dritte Ordnung der Baumvögel, die der Knacker, nimmt durch 
Corythaix die Kukuke wieder auf und erreicht in den Papageien die 
höchste Vollendung der Baumvögel, zugleich die vollkommene Vereini- 
nigungsform zwischen den Boden- und Luftvögeln. 

Die Luftvögel haben, wie die Bodenvögel ihren Vortypus in der 
Hühnerform hatten, ihren Vortypus in der Stosstaucherform, welche zwei 
Unterformen, die Möven- oder Seeschwalbenform und Pelikanform zeigt. 
Diesen zwei Formen entsprechend prägen die Luftvögel die Schwalben- 
und Falkenform durch ihre ganze Entwickelungsreihe aus. _ Da aber in 
den Luftvögeln, als in der höchsten Entwickelungsreihe sich wie in einem 
Brennpunkte auch die einzelnen Formen der verschiedenen Ordnungen 
der Nesthocker vereinen, so nehmen die einzelnen Ordnungen der Flug- 
vögel in diesen allgemeinen Typus zugleich den Specialtypus entspre- 
chender Ordnungen unter den Baum- und Bodenvögeln wieder auf. Auf 
diese Weise stellen die Schwebvögel, die niederste Ordnung der Flug- 
vögel, einerseits im Allgemeinen die Schwalbenform dar, anderseits wie- 
‘ derholen sie die Forscher unter den Baumvögeln, die Kolibri’s die Honig- 
vögel, die Immenvögel die Philedonen, die Eisvögel die Spechte. 

In gleicher Weise sind die Schnapper, die zweite Ordnung der 
Flugvögel, insbesondere durch die Familie der Würger einerseits auf die 
Falkenform zurückzuführen, Lanius und Falco, anderseits entsprechen sie 
den Spürern und Fressern unter den Bodenvögeln, die Würger den Ra- 
ben, die Fliegenschnäpper den Schmuckvögeln, die Trippler den Drosseln 
und Schlüpfern. 


Naumannia. 1854. 25 


386 


In beiden Ordnungen herrscht eine vollkommene Reihenverwandt- 
schaft: 1) die Kolibri’s gehen durch Galbula zu Merops und die Meropi- 
den unmittelbar in Alcedo über; 2) die Sylvien gehen in die Fliegen- 
schnäpper, diese durch Dierurus, Tyrannus und Psaris‘ zu den Würgern 
über. Eine dreifache Abstufung des Typus lässt auch in diesen beiden 
Ordnungen sich nicht verkennen: 

1) Die Kolibri’s, Wiederholungsform; die Immenvögel die vollkom- 
mene Schwalbenform auf der Stufe der Schwebvögel; die Eisvögel die 
Uebergangsform zu den Racken. 

2) Die Sylvien, Wiederholungsform; die Würger, die Falkenform 
auf der Stufe der Schnapper; die Racken, die Uebergangsform zur hö- 
heren Ordnung. 

Die höchste Ordnung der Luftvögel, die der Räuber, trägt den Ty- 
pus der Schwalben- und Falkenform in vollster Reinheit ausgeprägt, und 
ist eine in’ engster Reihenverwandtschaft geschlossene Ordnung. Die 
Schwalben gehen durch die Nachtschwalben in die Eulen, diese durch 
die Weihen zu den Falken, diese durch den Bartgeier zu den Geiern 
über. In den Räubern haben die Vögel ihre höchste Entwickelung als 
Luftthiere erreicht. 

Die Seitenverwandtschaft, welche unter den typischen Vögeln herrscht, 
ist es, die nicht minder, als die natürliche Reihenverwandtschaft ein 
klares Bild von den Entwickelungsverhältnissen, welche durch das bunte 
Heer der nesthockenden Vögel walten, abgibt. 

Die Gegensätze, welche wir bei den Nestflüchtern als Stosstaucher- 
und Hühnerform bezeichnet haben, stellen sich bei den Nesthockern als 
Räuber- und Klauberform, Falke und Taube oder Sperling, dar, ein Ge- 
gensatz, der sich in der Lebensweise, wie in der Organisation bestimmt 
ausspricht: Luft- und Bodenvögel, Fleisch- und Körnerfresser, Haken- 
und Kegelschnäbler. Haken- und Kegelschnabel sind wirklich gegen- 
sätzliche Bildungen, indem jene Form auf dem Abschnitt des Kreises mit 
übergreifender Peripherie, diese auf dem Ausschnitt des Kreises beruht. 
Zwischen den beiden Gegensätzen der Räuber und Klauber steht, gleich- 
sam als Synthesis zwischen Thesis und Antithesis, als Vereinigungsform, 
der Typus der Knacker, repräsentirt durch den Papagei, dessen Schnabel 
die Kreisform oder Kugelform hat, dessen Fuss zwischen dem Sitz- oder 
Spaltfuss des Falken und dem Hüpffuss des Sperlings, als Kletterfuss 
gleichfalls die Mitte hält. In diesem Verhältnisse liegt es begründet, dass 
viele Naturforscher die Papageien überhaupt als vollkommenste Vögel an 


387 


die Spitze aller Vögel stellten. Ihre Stellung ist aber naturgemäss mit- 
ten zwischen den Kegelschnäblern und Hakenschnäblern, nicht an der 
Spitze aller Vögel. 

Die charakteristischen Verhältnisse der Seitenverwandtschaft unter 
den niederern Ordnungen der Nesthockern sind kürzlich folgende: 

Die Ordnung der Spürvögel findet in erster Linie ihre Seitenver- 
wandten in der Ordnung der Grübler unter den Baumvögeln: die Troglo- 
dyten und Pyenonoten treten als Seitenverwandte zu den Laubvögeln, 
die Drosseln zu den Philedonen, die Staare zu den Hopfen; in zweiter 
Linie finden die Spürvögel in der Ordnung der Schnapper unter den 
Flugvögeln ihre Seitenverwandten: die Troglodyten in den Regulinen, 
die Drosseln in den Steinschmätzern und selbst in den Würgern. 

Die Ordnung der Fresser geht in ihrer Seitenverwandtschaft ganz 
parallel mit der Ordnung der Schnapper: die Meisen entsprechen den 
Regulinen und Sylvien, die Ampeliden den Fliegenschnäppern, die Raben 
den Würgern (augenscheinlich durch Lophocitta, Gymnorhina, Strepera), 
die Nashornvögel den Momot’s. 

Die Klauber als Gegensätze zu den Räubern haben keine wahren 
Seitenverwandten; nur in den Papageien, der Vereinigungsform zwischen 
ihnen und den Räubern, Analogieen; daher Loxia ebensowohl mit Psit- 
tacus verwandt angesehen, wie Psittacus mit Strix zusammengestellt 
worden ist; nur wieder ein Beweis, dass der Papagei die wirkliche Ver- 
einigungsform zwischen den Klaubern und Räubern ist. 

Die Ordnung der Forscher findet eine ganz parallel gehende Seiten- 
verwandtschaft unter den Luftvögeln, in der Ordnung der Schwebvögel: 
die Kolibri’s entsprechen den Honigvögeln; die Meropiden den Philedonen, 
die Eisvögel den Spechten. Diese Familien sind Seitenverwandte, nicht 
Reihenverwandte, da deren Vereinigung in eine Ordnung nach dem Prin- 
zipe der Lebensweise ganz unhaltbar ist. Die Späher stehen zwischen 
den Schnappern und den Fressern: die Kukuke zwischen den Würgern 
: und Raben, die Pfefferfrasse zwischen den Nashornvögeln und Momot'’s. 
Die Bedeutung der Knacker als Vereinigungsform zwischen den Klaubern 
und Räubern ist bereits erörtert. Die. Räuber als Gegensatz zu den 
Klaubern, haben so wenig wie diese wahre Seitenverwandte; sie stehen 
. an.der Spitze aller Vögel, indem in ihnen die Organisation des Vogels, 
als Luftthier, in ihrer höchsten Vollendung auftritt. 

In dem Räubertypus, welcher in der Schwalben- und Falkenform 


sich darstellt, erscheint die Wiederholungsverwandtschaft in ihrem vollen 
25* 


388 


Lichte. Diese zwei Formen nehmen nicht nur die Form der Schweb- 
vögel und Schnapper in höchster Entwickelung wieder auf, sondern stel- 
len auch unverkennbar die Möven- und Pelikanform, ‚Seeschwalbe und 
Fregate, in der vollkommenen Vollendung des Luftvogels wieder dar, 
und geben uns dadurch den sprechendsten Beweis, dass die Stosstaucher 
wirklich als Vortypen unter den Nestflüchtern für die Entwickelungsreihe 
der Flugvögel unter den Nesthockern auftreten, wie die Hühnerform als 
Vortypus zu der Entwickelungsreihe der Bodenvögel erscheint. 

Für unseren Grundriss mögen diese Grundzüge genügen. Wir wür- 
den die uns gesteckten Gränzen weit überschreiten müssen, wollten wir 
alle Einzelverhältnisse der Verwandtschaften, welche sich nach den auf- 
gestellten Grundsätzen ergeben, erörtern oder auch nur andeuten. Jeder 
Ornithologe, der Kenner wie der Liebhaber, wird gewiss die angedeu- 
teten Verwandtschaftsverhältnisse mit grösstem Interesse in’s Einzelne 
verfolgen, und durch dieses Studium auch von seinem Standpunkte aus 
zu der erhebenden Naturanschauung gelangen, dass in aller Mannigfal- 
tigkeit der Natur Maass, Plan und Gesetz, und durch gesetzmässige Ent- 
wickelung organische Einheit herrscht. 


KHK 


Planches coloriees des Oiseaux de la Belgique, et de 
leurs Oeufs, 


Par 
Ch. F. Dubois. 


Bruxelles. Leipzig — Gand. C. Muquardt. 1851— 1853. 
Livrais. 1—30. Lex. 8. 


Rec. von Dr. 9. E. Naumann. 


Jede Lieferung mit 2—4 color. Tafeln, Abbildungen und eben so 
vielen einzelnen Octavseiten Text auf einzelnen Bläftern, deren Rück- 
seite unbedruckt, bequem für manchen Besitzer eigene Beobachtungen 
nachzutragen. 

Da die meist kurzen Beschreibungen bloss auf eine ziemlich aus- 
 führliche Synonymie, dann kurz auf Aufenthalt, Betragen, Lebensart und 
dergleichen sich beziehen, so bleibt für Gestalt, Farbe des Gefieders, 
u. a. m. nur das Anschauen der Abbildungen. Da übrigens der Text 
des Werkes grösstentheils schon Bekanntes enthält, so möchte eine 


a N 


389 


Musterung desselben überflüssig sein, wogegen wir nicht umhin können, 
beim Beschauen der Abbildungen etwas länger zu verweilen. 

' Bis jetzt liegen uns bloss je 30 Lieferungen, als die ersten dieses 
Werkes vor, das seit 1851 periodisch in Heften erscheint, fortgesetzt 
werden und alle Vögel jenes Landes umfassen soll. Um diess in der 
Weise, wie es begonnen, fortgeführt und zu Ende gebracht zu sehen, 
möchte demnach noch manches Jahr verstreichen. — Bis jetzt hat es 
sich bloss mit den Landvögeln befasst, in einer Folge, wie sie eben 
zur Hand gewesen, doch mit bestimmten. Nummern auf den Platten, um 
sie nach diesen am Schlusse in systematischer Folge an einander reihen 
zu können. | ” 

Ueber den Werth dieses Werkes lässt sich nach den vorliegenden 
Anfängen ein vollgültiges Urtheil kaum herausfinden, obschon wir hierin 
Arten vorgeführt sehen, die bekannt genug, schon anderswo unzählige 
Mal und zum Theil viel besser abgebildet und beschrieben, daher von 
jedem Vogelkenner um desto leichter zu kritisiren sind. — Die Abbil- 
dungen, worauf es hier gerade am meisten abgesehen ist, zeugen aller- 
dings: von einem nicht zu verkennenden enormen Fleisse des Hrn. Ver- 
fassers. Er hat seine Vögel mit eigener Hand alle selbst und zwar fast 
alle nach der Natur gemalt und selbst auf die Platten gezeichnet, wie 
es scheint auch ünter speciellster Aufsicht sie coloriren lassen. Das 
hübsche Format erlaubt eine nicht zu arge Verkleinerung, die durch 
Bruchzahlen auf jeder Platte bemerklich gemacht ist. Dass diese Abbil- 
dungen, die doch zumeist noch gar sehr die Zeichen eines Anfängers 
im: Darstellen ornithologischer Gegenstände an sich tragen, jedoch die 
Angabe der Ausmessungen und das Beschreiben der Färbung u. a. m. 
des Gefieders im Texte überflüssig machen sollen, müssen wir sehr be- 
zweifeln. 

Diese Tafeln sind meistens recht sauber, nur einzelne zu hart ge- 
ätzt oder lithographirt, letzteres unter andern gerade manche der Eulen, 
2. B. Taf. 26, wodurch dieses sanfteste allen Gefieders wirklich sehr 
entstellt wird. Die Zeichnungen sind zwar fast ohne Ausnahme reine 
Originale des Hrn. Dubois und dessen .guter Geschmack in Wahl der 
Stellungen gar nicht zu verkennen; doch fehlt den allermeisten eine 
richtige Perspective, ja bei einer sehr grossen Anzahl erscheint z. B. 
das Schwanzende so unnatürlich, als wäre es mit der Scheere verschnit- 
ten, und die Fläche des fast immer zu breit gemachten’Schwanzes nicht 
wie eine horizontale, sondern wie eine vertikale. Eine zu grosse oder 


390 


zu geringe Länge, oder auch eine zu grosse Breite des letztern kommt 
gar oft vor und kann nicht anders als entstellend wirken. Ein entschie- 
den der Natur des Vogels entsprechender Charakter wird in diesen 
Darstellungen häufig vermisst, ja die meisten möchten eine strenge Kri- 
tik schwerlich aushalten, wenn man auch zugeben muss, dass sich darin 
der Darsteller als tüchtiger Ornitholog zeigt, wobei ihm aber die Fertig- 
keit abgeht, in demselben Maasse zugleich auch guter Vogelzeichner 
zu sein. 

Mit dem Abbilden der Nester, wie sie neben dem bezüglichen Vo- 
gel auf derselben Platte hin und wieder vorkommen, sieht es noch 
schlimmer aus. Ein Vogelnest in seinen oft so sehr verschiedenartigen 
Materialien völlig naturgetreu und kenntlich oder unterscheidend genug 
im Gemälde wiederzugeben, wird immer eine höchst schwierige Aufgabe 
für den Künstler bleiben und möchte sich durch die feinste Oelmalerei 
en miniature wohl kaum erzwingen lassen, während durch alle übrigen 
Zeichnenmittel es nie genügend zu erreichen sein dürfte. Zudem müsste 
man dann, um ein solches Oelgemälde zu vervielfältigen, Xylographie, 
Buntdruck und Pinsel zusammen und durch kunstgeübte ‚Hand ‘in An- 
spruch nehmen. — Das auch im Vorliegenden durchaus nothwendige 
Verkleinern aller Darstellungen von Nestern erschwert die Sache nicht 
minder; denn das natürliche Grössenverhältniss zu dem des Vogels ist 
nicht so leicht zu treffen und auch hier oft genug verfehlt. Auch Hrn. 
Ds. Darstellungen der beigefügten Nester erlauben uns, gleich vielen 
andern anderer Werke, keine Kritik. — Die Abbildungen der Eier sind, 
wo sie nicht im Neste liegen, auf besondern Tafeln, einzelnen Lieferun- 
gen der Vögel beigefügt, und können, weil die Tafeln besonders nume- 
rirt sind, — auch als ein besonderes Werk gelten. Diese Abbildungen 
der Eier sind zwar in künstlerischer Hinsicht sehr mittelmässig, doch 
nach Zeichnung und Farben meistens kenntlich; ob Alle richtig (2?) dürf- 
ten geübte Oologen jedoch nicht immer finden*). Auch sie sind nach 
Grösse, Farbe und Zeichnung nicht beschrieben; bloss die Zahl für ein 
Gelege ist im Text kurz angegeben. 

Das Ausmalen der Tafeln betreffend, verdient dieses, wenigstens in 
ästhetischer Hinsicht, zwar alles Lob; doch ist, zumal wissenschaftlich 
genommen, auch hier nicht Alles gelungen zu nennen; es kommen so- 
gar Nachlässigkeiten vor, die zum Theil schon im 'ersten Entwurf des 


*) Falsch bestimmt oder ganz unkenntlich abgebildet sind: Nr. 49. 72. 73 und 
67 (links). Offenbar verwechselt Nr. 74. 1 u. 3. Baldamus. 


391 


Zeichners begangen sein müssen, wie z. B. Tal. 65 und 66, wo bei 
beiden Röthlings-Arten, bei $ u. 2, das mittlere Schwanzfederpaar, 
welches dunkelbraun sein müsste, auch rostfarbig wie alle übrigen 
Schwanzfedern gemalt ist. — Um nicht gar zu weitschweifig zu wer- 
den, wollen wir die Tafeln nach der Anordnung wie sie die 30 erschie- 
nenen Lieferungen bilden, weil sie doch einmal die Hauptsache bei die- 
sem Werke sind, nach ihren Nummern mit einer ganz kurzen Beurthei- 
lung begleiten: 


Liefrg. I. n. 65. Rutieilla phoenicura. (Bereits erwähnt.) —n. 43. 


Garrulus glandarius. Nicht gut. — n. 39. Lanius collurio. 
Etwas besser. Hierbei Taf. I der Eier, 10 Arten enthaltend. 


Liefrg. I. n. 51. Oriolus galbula. Nicht übel; $ nur zu dicken Kopf 


Lief. II. 


» 


und Hals; 9 besser; Nest schlecht. — n. 63. Pratincola ru- 
betra 4. 2. — n. 45. Corvus corax. Schlechte, misslungene 
Verhältnisse nach allen Theilen, auch des Schwanzendes. 
Wo bleibt da das Adlerartige, durch das der Kolkrabe alle 


andere Arten seiner Gattung so glänzend überragt und wie 


VI. 


E Fürst unter ihnen auftritt? 

n. 6. Buteo vulgaris. Weissliche und schwärzliche Spielart. 
—.n. 50. Coracias garrula. 4. — n. 72. Curruca atricapilla. 
d. 2. Noch eine der besten Abbild. 

n. 40. Lanius ruficeps. 4. 2. — n. 49. Nucifraga caryo- 
catacles. Gut. — n. 85. Parus caudatus. £. 2. und Nest. 


n. 89. Troglodytes parvulus. 4. nebst Nest. — n. 61. Tur- 
dus saxatilis. 4. 2. Fürchterlich. verzeichnet! — n. 87. Pa- 
rus major, &. u. P. caeruleus, 4. Hübsche Zeichnungen, nur 
für dies zarte Gefieder Stich und Druck gar zu grob. 


n. 12. Falco peregrinus. Altes £ u. junger Vogel. Unge- 
heuer verzeichnet in den Umrissen. Das in den Klauen des 
alten 4 festgehaltene Geschöpf, eine Taube vorstellen sollend, 
ist so schlecht gerathen, dass es eher jedem andern Vogel 
nur nicht einer Taube ähnlich sieht; so ist kein Taubenkopf 
gestaltet u. s. w. — n. 78. Phyll. Hypolais, (nicht Hippo- 
lais, wie Hr. D. immer schreibt) nebst Nest. Recht niedlich. 
— .n..23. Strüx nisoria. Diese schöne Eule in den Umrissen 
gut, die Ausführung aber sehr grob; die Beine sehr schlecht 
und dazu falsch eingesetzt. 


Lief. VII. 


» 


» 


» 


» 


vn. 


IX. 


X. 


XI. 


XI. 


XI. 


XIV. 


XV. 


392 


n. 30. Caprimulgus vulgaris, 4.2. — n. 71. Aecentor mo- 
dularis, nebst Nest und Eiern. i 

n. 25. Strix flammea. Sehr verzeichnet, Schwanz zu lang, 
Flügel zu spitz, Beine zu dünn; der Schleier auch zu rund. 
— n. 35. Muscicapa grisola; alter Vogel, die Jungen füt- 
ternd. — n. 27. Ströx Bubo. Nach Umrissen, Gefieder und 
Färbung gleich unrichtig; sogar die Augen statt pomeranzen- 
gelb, rein mennigroth (wie sie wohl nie vorkommen möch- 
ten); dazu die Federbüsche und der Schwanz zu lang, die 
Flügel zu kurz, u. dergl. m. 

n..99. Turdus pilaris. 4. — n. 48. Fregilus graculus. £. 
Gut. — n. 88. Regulus flavicapillus. £. 2. mit Nest. 


n. 4. Pandion haliaötus. In jeder Hinsicht ‘eine verfehlte 


Zeichnung. — n. 6. S. rubecula. Schwanz zu kurz. Mit Nest 
und Eiern, diese zu grau gehalten. — n. 36. Muscicapa col. 
laris. 8.2. Letzterem fehlt der weisse Flek zunächst der 
Wurzel der Vorderschwingen, welcher es so leicht von dem 
der M. atricapilla unterscheiden lässt; übrigens eins der 
hübschesten Bildchen. m 
n. 43. Corvus pica. Schlechte Darstellung. — n. 80. Cala- 
moherpe arundinacea, nebst Nest, dieses aber viel zu klein 
zur Grösse des beigefügten Vogels. — n. 11. Milvus fusco- 
ater. Schnabel zu gestreckt, Flügel und Schwanz: zu kurz, 
Iris zu gelb. 
n. 89. Regulus ignicapillus. g. 2. Junges. Nicht übel. — 
n. 84. Calamophilus barbatus. g. 2. und Nest. Das 4 sehr 
schön; am 2 aber der Flügel an ganz unrechter Stelle ge- 
zeichnet, viel zu tief nach unten am Rumpfe. — Hierbei’ 
Taf. II. der Eier, von denen die meisten mindestens kenntlich *). 
n. 10. Milvus regalis. Gut. — n. 86. Fig. 1. Parus pa- 
lustris. F. 2. P. cristatus. F. 3. P. ater. — Taf. II. der Eier. 
n. 90. Motacilla alba. Sommer- und Winterkleid. — n. 69. 
Sylvia Luscinia. Mit Nest und Eiern. — n. 54. Turdus vis- 
cworus. 
n. 33. Hirundo riparia. — n. 56. Turdus musicus mit Nest. 
Hölzern. — n. 110. Emberiza Cia. &. 2. gut. 


*) Taf. II. VI. VII. VII. IX. überhaupt die besten: Fortschritte in der Darstel- 


lung der Eier sehr merkbar. Baldamus. 


Lief. 


» 


» 


» 


» 


» 


» 


393 


XVI. n. 62. Saricola oenanthe. 4.9. — n. 107. Emberiza_ci- 
trinella. 4. 9. (reines Gelb in zu grossen Flächen) nebst 
Nest. — n. 9. Elanus melanopterus. a. 4. Das treueste und 
in jeder Hinsicht gelungenste Bild unter sämmtlichen dieser 
30 Lieferungen. 

XVI. n. 64. Pratincola rubicola, £. 9%. Hübsches Bild. — n. 34. 
Hirundo rustica, nebst Nest. — n. 73. Curruca hortensis, 
nebst Nest. Gutes Bild. 

XVII. ° n. 14. Falco subbuteo. Fehlerhaft in den Verhältnissen 
und sehr steif. — n. 31. Cypselus apus. — n. 52. Sturnus 
vulgaris, 1. Winter-, 2. Sommer-, 3. Jugendkleid; letztere 
beiden sehr unhübsch und wie verunglückte Copien nach Wolff 
(in Susemihls Werk) aussehend. 

XIX. n. 81. Calamoherpe turdina, nebst Nest, das auch hier 
wieder zu klein gegenüber seinem Baumeister. — n. 47. 
Fig. 1. Corvus frugilegus, und F. 2. €. Monedula. — Hier- 
bei Taf. IV. der Eier. 

XX n & Pernis apivorus. 8. 2. jung. g. Stellung und Zeichnung 
lassen viel zu wünschen übrig. — n. 37. Muscicapa atrica- 
pilla. 8.2. leidliches Bildchen. — n. 66. Rutieilla Tithys. 
d. 2. mit zum Thell sichtbarem Nest. Uebrigens beide Gat- 
ten (wie oben bemerkt) mit wunrichtig coloritten mittlern 


Schwanzfedern. 
XXI. n. 101. Alauda arvensis, mit Nest. Flügel und Schwanz 
am Vogel viel zu lang. — n. 26. Strix aluco. a. d. J. 9. 


Wäre das Gefieder, namentlich als Eulengefieder, nicht gar 
zu hart behandelt, so dürften diese Figuren zu den gelun- 
gensten zu zählen sein. — n. 76. Phyllopneuste rufa. d. 9. 
und ein Theil vom Nest. 

XXI. n. 42. Lanius exeubitor, nebst Nest. — n. 109. Emberiza 
Cirlus. g. 2. leidlich. — n. 32. Hirundo urbica, nebst Nest. 

XKIM. n. 103. Emberiza calcarata. 8.2. — n. 46. Corvus cor- 
nix und C. corone. — Taf. V. der Eier. 

XXIV. n. 74. Curruca cinerea. Fig. 1. d. 2. 9. nebst Nest (das 
wiederum viel zu klein für den Vogel) und Fig. 3. Curruca 
garrula. 4. Alle 3 Figuren -an mehr als einem Theile ver- 
zeichnet. — n. 28. Strix otus. Entstellt durch ganz wieder- 
sinnig verdrehten Schwanz; am zu klein gemachten Gefieder 


394 


des Unterrumpfs, wie nicht minder durch zu scharfes Aetzen 
dieses seidenweichen Gefieders. — Hierbei Taf. VI. der Eier. 


Lief. XXV.  Nachträglich: Vorrede, Gattungskennzeichen der Ordnung 


» 


» 


» 


Rapaces etc. enthaltend; mit Taf. VII. u. VIII. der Eier. 


XXVIL n. 104. Emberiza nivalis. d. Sommerkleid; n. 105. d. 2. 


Winterkleider. Beide Tafeln nicht übel. — n. 67. Lusciola 
eyanecula. S'. 9. junger Vogel. Widerten die grossen Ver- 
stösse gegen die Perspective nicht so sehr an, so würde man 
diesen sonst hübsch lithographirten Figuren seinen. Beifall 
nicht versagen können. 


XXVI n. 29. Strix brachyotos und Strix Scops. Erstere eine 


schon bekannte Figur (oder Copie nach Susemihl); Letztere 
ihr gegenüber gar zu klein und auch zu schlank gerathen; 
überhaupt eine sehr dürftige ‚Darstellung dieser kleinen hüb- 
schen Eule. — n. 98. Anthus arboreus, mit Nest und Eiern. 
Lithographie und Malerei gut und im ganzen eines der hüb- 
schesten Bilder. — Taf. IX. der Eier. 


XXVII. n. di. Lanius minor. 1. &. 2. 2. Dieses jedoch im Ju- 


gendkleide. — n. 16. Astur nisus. alt. d. und.a. 9. wahr- 
haft ein paar Zerrbilder, die aussehen, als hätte man die be- 
treffenden Exemplare zuvor auf der Folterbank gehabt und 
sie nach allen Theilen weit über die Gebühr in die Länge 
gezogen und dann gezeichnet. — Eine ebenfalls so klägliche 
und fehlerhafte Figur ist auch die des jungen Sperbers auf 
nächster Taf. 17. 


XXIX. n. 21. Circus cyaneus. £. 2. Auch dieses übrigens ganz 


hübsch lithographirte Paar leidet an vielen ähnlichen Mängeln 
wie voriges; sieht man ausserdem, bei übrigens ganz be- 
decktem Vogel, bloss auf die unbedeckt gelassenen Beine, so 
wird man diese für keine anderen als die einer Drossel, 
aber nie für die eines falkenartigen Vogels halten; 
denn schon ein Lanius hat grössere und schöner gebo- 
gene Krallen als sie hier vom Zeichner einem Circus ver- 
liehen sind, u. s. w. — n. 72. a. Curruca Orphea. d.2. 
Eine sehr nette Darstellung. — n. 15. Falco aesalon. 8. 2. 
Beide Figuren abermals zu sehr in eine unnatürliche Länge 
gezogen, zumal 9. 


» XXX. n. 3. Aquila fulva. Sehr altes d in einem Gewande, das 


395 


wohl nur nach vielen Jahren in der Gefangenschaft erst so 
dunkel und einförmig wird. Referent erinnert sich einer Dar- 
stellung eines ganz ähnlichen Kleides dieses Vogels von Su- 
semihl, hat sie aber zum Vergleich nicht zur Hand. Viel- 
leicht war sie nach demselben Exemplar gemacht? Ob übri- 
gens diese Art im Freien so vorkomme, dürfte sehr in Frage 
sein. — n. 12. Falco tinnunculus. 4. 2. Abermals zu sehr 
in die Länge gezogene, unangenehme Figuren. — n. 18. 
Astur palumbarius. a. $. j. 2. Schnäbel und Fänge viel zu 
schwach; die Beine bei Ersterem wieder mit Gewalt aus dem 
Leibe gezerrt, d. h. viel zu hoch; der Sehwanz zu kurz und 
dabei ganz verdrehet; am Jungen der Kopf zu klein. 

Man sieht aus dieser kurzen, redlich gemeinten Beurtheilung, dass 
das Werk nicht ohne alle Verdienste ist, dass sich deren, trotz man- 
cher vorkommenden Schwäche, noch recht viel aufzählen liessen, wenn 
es der Raum gestatten wollte. Uebrigens thut es uns leid, sagen zu 
müssen, dass es nur für Anfänger Reiz und Nutzen haben dürfte. Der 
geübtere Ornitholog möchte dagegen, wenigstens nach vorliegenden 30 
Heften zu urtheilen, nur Allbekanntes wieder finden. 

Dr. 3. E. Naumann. 


Notizen. 


Carbo cormoranus wurde am 3. Januar 1853 auf der Mulde bei 
Waldenburg in Sachsen in 7 Stücken angetroffen. Ein Stück davon — 
Weibchen — ward erlegt und befindet sich jetzt in der Sammlung eines 
meiner Bekannten; ein anderes — ein. Männchen — ward geflügelt, 
aber nicht erlangt. Die Truppe wurde wohl 4 Wochen lang daselbst 
observirt. 


In Betreff der Waldschnepfe, Scol. rusticula, die im vergan- 
genen Herbste ausserordentlich häufig vorkam, glaube ich eine eigen- 
thümliche Bemerkung gemacht zu haben. Bekanntlich streichen diese 
Vögel im Herbste mit Eintritt der Dämmerung auf die Felder, um Nah- 


396 


rung zu suchen, und kehren mit Anbruch des Tages in die Gehölze zu- 
rück. Bei dieser Gelegenheit bemerkte ich denn schon im Herbste 1852 
auf dem Anstande, wie eine Schnepfe genau »Wechsel hielt«, indem sie 
früh über denselben Busch in den Wald zurückkehrte, über welchen sie 
Abends vorher, mir gerade über den Kopf weg, hinaus auf die Felder 
gestrichen war. Es dauerte dieses Manöver an 8 Tage, worauf ich sie 
nicht mehr zu Gesichte bekam, vermuthlich, weil sie die Gegend ver- 
lassen hatte, um weiter nach dem Süden zu wandern, 

Jüngst verflossenen Herbst bot sich mir diese Erscheinung von 
Neuem dar. Vom 1d. October an beobachtete ich 3 Stück, welche mit 
Einbruch der Abenddämmerung wohl 14 Tage hinter einander über eine 
kleine Wiese nach den Feldern strichen und dabei eine und dieselbe 
Richtung so genau innehielten, dass ich sie jeden Abend schussrecht 
hatte, ohne dass sie etwa durch Terrainverhältnisse dazu genöthigt wor- 
den wären; ja sie nahmen diese Richtung auch dann wieder an, als 
ich wirklich ein Mal auf sie geschossen hatte. — Ferner erlegte ich am 
22. October eine Schnepfe auf einem durch den Wald führenden Fahr- 
wege, die ich, so wie einer meiner Bekannten schon vorher einmal ge- 
nau an derselben Stelle: angetroffen hatte. Ein anderes Exemplar wurde 
durch ‘meinen Dachshund 3 Mal nach einander aus einem ausgetrockne- 
ten und mit Erlengebüsch bewachsenen kleinen Waldteiche aufgestöbert. 
Es scheint demnach, als ob jede einzelne Waldschnepfe 
auf der Wanderung gewisse Lieblingsplätzchen habe, nach 
welchen sie mit Anbruch des Tages so lange zurückkehrt, 
als ihr die Witterungsverhältnisse in einer Gegend Auf- 
enthalt gestatten, 


Im Laufe des verflossenen Winters wurden bei Altenburg mehrere 
Adler observirt und resp. erlegt. So ward am 29. Novbr. im Dorfe 
Breesen ein junger Seeadler von einem Planken herabgeschossen, 
woselbst er so lange verweilte, bis der Schütze — ein Bauer des Ortes 
— vom Hause ein Gewehr herbeigeholt und geladen hatte. Ein anderes 
Exemplar ward am 5. December auf einer Treibjagd bei Kleintauschwitz 
angetroffen. 

Einen dritten Adler erlegte am 31. December Hr. Kratsch aus 
Kleintauschwitz. Bei einer Jagd auf dem Reviere seines Bruders, des 
Gutsbesitzers Kaspar Kratsch in Gimmel, die Schützen um ein Feldge- 


397 


hölz postirend, sahe er den Vogel wenige Schritte vor sich von einer 
niederen Fichte abstreichen und zerschmetterte ihm durch einen Schuss 
die grosse Röhre des linken Flügels. Es war ein prächtiges Steinadler- 
weibehen von 39 4“ Länge, 7° Breite und 9, Pfund Gewicht. Bei 
genauerer Untersuchung fand man durch einen von einem früheren 
Schusse herrührenden Streifschrot das eine Auge verletzt. Der Bruder 
unseres Kratzsch hatte nämlich schon Tags vorher doppelröhrig auf den 
Fremdling geschossen. Er überraschte ihn, als derselbe im Begriffe war, 
eine Taube zu kröpfen, wobei er von einer Truppe lüsterner Krähen 
geneckt wurde. Da er sich bei seiner Mahlzeit nicht stören liess, K. 
aber nicht mit. einem Gewehre versehen war, so eilte derselbe nach 
Hause und machte sich, um. schussrecht ankommen zu können, zu Schlit- 
ten auf den Weg. Obgleich im freien Felde, liess merkwürdiger Weise 
der Vogel bis auf die geringe Entfernung von 10 Schritten sich bei- 
kommen, hüpfte nach dem ersten Schusse gemächlich auf einen in der 
Nähe befindlichen. Erdhaufen und strich zum grössten Aerger des 
Schützen auf den zweiten Schuss dem nahen Gehölze zu, was sich durch 
den Umstand erklären lässt, dass das Gewehr mit doppelter Ladung ver- 
sehen worden war. Nach der Aussage des Herrn P. Brehm, der den 
Adler in diesem Gefieder noch nicht besitzen soll, und der allerdings 
bloss auf eine gegebene Beschreibung hin urtheilte, ist es ’ein Vogel 
im mittleren Kleide.e. Seine Fusswurzeln sind ganz weiss *). 
Er war sehr wohl genährt, und sein Fleisch ward daher gegessen. 


Noch ein zweites Exemplar kam auf genannter Treibjagd vor; die 
auf ihn abgefeuerten Schüsse blieben aber erfolglos, da er schon zu be- 
trächtlicher Höhe sich erhoben hatte. 


Von Merg. merganser wurden in Windischleuba.bei Altenburg 
2 Stück auf einen Schuss erlegt. Eine Truppe von 7 Stück ward da- 
selbst auf der Pleisse am 6. December angetroffen. 


Milv. fuscus ward vergangenes Frühjahr wiederum ‚nicht allein bei 
Plauen erlegt, sondern in,der sogenannten Leine, einer Holzfläche 
unterhalb Altenburg brütend angetroffen. 


*) Ein junger, noch nicht zweijähriger Vogel in der Menagerie des Hrn. Knil- 
linger, den wir kürzlich sahen, hatte an den Fusswurzeln noch ganz braunes Ge- 
fieder. Sollte daher obiger Umstand nicht vielmehr auf ein hohes Alter schliessen 
. lassen? 


398 


Cal. arundinacea bewohnte diesen Sommer die Teiche meines 
Wohnortes in 5 Paaren, zum ersten Male so zahlreich seit 11 Jahren. 
Gall. chloropus macht hier regelmässig 2 Bruten. 
Kriedrich Schach. 


Zu Anfang August d. J. kaufte ich hier in Berlin eine lebende 
Muscicapa parva, altes Männchen, die dem Händler von Polen her zu- 
geschickt sein sollte. Leider starb mir das niedliche Thierchen trotz 
guter Wartung schon nach 3 Tagen. 

In meiner Beschreibung des neuen Schwanes — den ich nebenbei 
gesagt, für eine den deutschen Ornithologen unbekannte gute Spe- 
cies halte, und demnach die Ueberschrift: »eine vierte Art deutscher 
Schwäne« vorgezogen hätte, falls man ihn nicht geradezu, wiewohl ge- 
wagt, als Cygnus Bewickii bezeichnen wollte — finden sich 2 störende 
Druckfehler: pag. 146, 4te Zeile von oben, steht tom. Il anstatt: tom. 
11., und elfte Zeile von unten Corpus anstatt: Carpus. Ich habe 
übrigens seitdem mehrere grosse Sammlungen gesehen: die Naumann’- 
sche in Cöthen, die Berliner, Leipziger, Radzivillsche, Gothaer ete. Von 
den bekannten drei deutschen Species fand ich olor und musicus (xan- 
thorhinus) überall, vom minor (melanorhinus) ein Exemplar in Cöthen 
und zwei in Gotha. Der neue — oder Bewickii? — ist für alle ge- 
nannten Sammlungen ein Desiderat und merkwürdigerweise von keinem 
der Vorsteher derselben gekannt. 


% 


B. Altum. 


Muscicapa parva scheint auch in Schlesien regelmässig zu 
brüten. Hr. Pfr. Baldamus erhielt Eier von dort, und ich selbst in die- 
sem Jahre 5 Stück, aus Altheyde, einer der bergigsten Gegenden der 
Grafschaft Glatz. Das Nest, das in der Nähe eines Baches gestanden, 
erhielt ich nicht mit; es wurde in der Mitte des Mai aufgefunden. 

Cal. locustella hatte vor 3 Jahren sein Nest, welches 4 Eier ent- 
hielt, in einem Kleefelde (bei Breslau) angelegt, in dessen Nähe es 
weder Gesträuch, noch Gewässer, noch sumpfiges Terrain gibt *). 

Cal. turdina lieferte mir am 20. Mai d. J. ein Nest mit 5 Eiern, 
die in Färbung und Zeichnung von den sonst wenig variirenden Eiern 


*, In diesem Jahre waren die Wiesen, die sonstigen Nistplätze des Heu- 
schreckensängers, hier zu nass; die Vögel begaben sich desshalb zum Brüten in die 
in der Nähe gelegenen Waizen-, Roggen- und Haferfelder, wo sie sich bis zum 
Mähen der Früchte aufhielten. E. Baldamus. 


399 


dieses Vogels merkwürdig abweichen. Sie sind hell weissgrau, mit einem 
kaum bemerkbaren Stich in’s Grünliche; zwei derselben haben nur sehr 
bleiche aschgraue Schalenflecke, die beiden andern daneben auch noch 
wenige bleicholivenbraune Flecke *). 

Was das Brüten von Fring. linaria in Schlesien betrifft, so 
kann ich vorläufig nur sagen, dass ich sie päärchenweise den ganzen 
Sommer über im @latzer- und Riesengebirge selbst gesehen, und es ist 
wohl sicher, dass die beiden Eier meiner Papmilang diesem Vogel an- 
gehören **). 

Falco rufipes brütet häufig in Schlesien. Die nähern Mitthei- 
lungen über das Vorkommen dieses Vogels bei uns überlasse ich meinem 
Freunde, H. Weigelt in Breslau. 

Unter 790 Stück Sperlingseiern, die ich in diesem Jahre in 
unserer Schäferei ausgenommen, fand sich auch nicht ein ganz weis- 


ses***), das ich überhaupt noch nie gesehen. 
; M. Lübbert. 


Ich beschäftigte mich in diesem Frühjahre besonders mit Beobach- 
tung der Zugzeit der Vögel. Zuerst stellte sich, einzeln schon Ende 
Februars, Buteo lagopus ein. In der ersten Hälfte des März wurde ihre 
Anzahl so gross, dass wir, von 9 bis 11 Uhr Morgens, regelmässig 14 
bis 15 Stück schiessen konnten, und dass auf den 3 Krähenhütten hier 
bei Gotha in dieser Zeit gegen 400 Stück erlegt wurden f). Man sah 
damals fast keinen andern Raubvogel. Es waren meist junge Vögel, 
unter 10 Stück durchschnittlich nur ein alter. Merkwürdig, und noch 
keinem der hiesigen Jäger vorgekommen, war das lange Verbleiben die- 
ser Vögel bis Anfang Mai, wenigstens einzelner; indess waren eines 
schönen Tags alle verschwunden. 

Ausnehmend spät kamen die andern Raubvögel an. Während z.B. 
Milvus regalis sonst zu Anfang April schon an seinem Brüteplatze ist, 
erschienen diess Jahr die ersten Ankömmlinge zu dieser Zeit. Falco 


*) Die erstern ähneln sehr den Eiern von Sylv. nisoria. Wir werden Abb. da- 
von in einem der nächsten Hefte geben. 

**) Ohne Zweifel! Brütet nach beifolgenden Mittheilungen von Dr. Hummel gar 
nicht selten in Curland, und dort in dichten, sumpfigen Wäldern, also nicht bloss 
in dergl. Gebirgsthälern, wie Dr. Gloger angibt. 

*"*) Ich nahm deren zwei Gelege von einem strohfarbenen Weibchen und ge- 
wöhnl. M. Diese Eier haben noch heute eine rein weisse, schwach in’s Grüne zie- 
hende Farbe, ohne alle Flecken. E. Baldamus. 

+) Schade um diese so äusserst nützlichen Vögel! Daher die vielen Mäuse! 


400 


subbuteo, tinnuncul. und andere Falken wurden nur in geringer Anzahl 
erlegt. 

In grösserer Menge stellten sich dagegen Cire. ceyanus und cinera- 
ceus ein; letzterer zwar immer noch einzeln, indess wurden seit Jahren 
keine gesehen. Vor acht Jahren wurden von einem am Siebleber Teiche 
brütenden W. im Verlaufe mehrerer Wochen 5 Männchen weggeschos- 
sen, seitdem aber keine mehr erlegt. 

Die Feldlerchen kamen in grösserer Anzahl am 1. März in den 
Feldern vor dem Walde an, und verbreiteten sich von da in kurzer Zeit 
über die Ebenen Thüringens. Den ersten Kukkuk und Pirol hörte 
ich am 12. Mai. Die ersten Fliegenfänger zur Zeit der Kirschblüthe. 

Die Waldschnepfe scheint eine ganz bestimmte Zeit hindurch 
zu ziehen. Während der schönen Tage im Anfang März war keine zu 
sehen; erst gegen Ende.d. M. und Anfang Aprils kamen sie in Menge 
an, aber der Zug dauerte nur einige Tage, da sehr helle Nächte waren, 
welche von den Schnepfen benutzt wurden, denn ich hörte sie die ganze 
Nacht hindurch bis gegen 3 Uhr ziehen. Welch grossen Raum sie in 
kurzer Zeit durchfliegen müssen, geht daraus hervor, dass einer meiner 
Freunde, ein sehr eifriger Jäger, die erste Schnepfe an demselben Tage 
in der Nähe von Basel sah, an welchem hier die erste geschossen 
wurde (bei Gotha). 

Dr. Hellmann. 

Es ist bereits in dem Protokoll der diessjährigen Versammlung er- 
wähnt, dass es durch eine Reihe glücklicher Zufälligkeiten den versam- 
melten Ornithologen gelang, ein bisher noch zweifelhaftes Faktum be- 
treffs der Fortpflanzungsgeschichte des Kukkuks zu constatiren. Die 
Geschichte — auf besondern Befehl Sr. Hoheit des Herzogs von Coburg- 
Gotha der Gothaer Zeitung mitgetheilt, — hat bereits die Ruude durch 
die meisten deutschen und mehrere ausländische Zeitungen gemacht, 
dürfte aber dennoch einem und dem andern Leser der Naumannia un- 
bekannt geblieben sein. Es war nemlich noch unsicher, ob‘der Kukkuk 
sein Ei auch den beiden Goldhähnchenarten, Regul. flavicap. und 
ignicap. anvertraue, und an dem ersten Tage in Gotha die Rede davon 
gewesen. Als die Gesellschaft am zweiten Tage von Reinhardsbrunn 
aus die sogenannte Tanzbuche, ein wenn ich nicht irre fast 2000’ 
hoch auf einem kleinen Plateau gelegenes Jagdhaus besuchte, wurde ich 
von den Herren Dr. Hartlaub und Kunz, welche eher oben angelangt : 


401 


waren, benachrichtigt, dass sich in dem circa 100 Schritt vom Hause 
entfernten kleinen Tannengebüsch viele Goldhähnchen aufhielten. Beide 
Herrn begleiteten den Baumeister Hr. Sehring und mich dahin, und wir 
begannen das Gebüsch zu durchsuchen, um vielleicht das Nest eines 
Goldhähnchens zu entdecken. Nach einigen Minuten rief mir B. Sehring 
zu, dass er ein solches und zwar mit einem jungen Kukkuk darin, 
gefunden habe. Ich eilte zur Stelle, sah den jungen wenige Tage alten 
Kukkuk in einem von grünem Moose gebautem Neste sitzen, und eilte 
dann, ohne das Nest näher anzusehen, zur übrigen Gesellschaft zurück, 
um sie herbeizurufen. Man kam, obschon nicht ohne Argwohn, dass 
die Sache auf einen Scherz abgesehen, und überzeugte sich von der 
‘Wahrheit der Angabe, soweit sie — den jungen Kukkuk betraf. In- 
desssen untersuchten H. Prof. Naumann und H. Pastor Brehm das Nest 
näher, und erklärten es für das der Braunelle, Ace. modularis, eine 
Behauptung, die sich bei näherer Betrachtung desselben als wahr, erwies, 
H. P. Brehm fügte noch hinzu, dass die Goldhähnchen nie so niedrig 
in Gebüsch (junge Rothtannen), sondern höher auf Bäume nisteten, und 
zeigte dabei nach einem grössern Baume empor *). Da das kleine 
Gehölz von alten und jungen Goldhähnchen belebt war, bekamen mehrere 
der Anwesenden Lust, nach deren Nestern zu suchen, und obwohl ich 
selbst am wenigsten hoffen konnte, eines zu entdecken, zumal mit Eiern 
— ich wusste sehr wohl, wie schwer diese Nester aufzufinden, und dass 
auch die zweite Brut bereits weit vorgerückt sein musste — so gab ich 
doch den Aufforderungen der Freunde nach, und durchsuchte das Ge- 
büsch weiter. Es war zu vermuthen, dass wenn ein solches Nest sich 
hier befinde, diess in den Zweigen der grössern Bäume angelegt sein 
würde. Ich sagte diess dem neben mir stehenden H. Dr. Hennecke und 
bemerkte, es sei am besten, eine leicht zu ersteigende Tanne zu er- 
klimmen. Wir waren nur wenige Schritte von dem erstgefundenen Neste 
entfernt. Ich bestieg den Baum, auf welchen H. P. Brehm gedeutet, 
und entdeckte sofort ein frisch gebautes Goldhähnchennest, griff hinein, 
und fühlte — man denke sich mein eigenes Erstaunen, neben kleinen 
Eiern ein grosses! Ein Goldhähnchennest, rief ich, — mit 


*) Mir waren freilich schon mehrfach, und in Gotha selbst, zwei Nester gezeigt 
worden, welche eben so niedrig in den obern Zweigen junger Rothtannen angelegt 
waren, und es hätte diess Nest dieserhalb immerhin dem Goldhähnchen angehören 
können, wenn das Nest selbst nicht unzweifelhaft der Braunelle zugehörte, die wir 
später auch in der Nähe desselben beobachteten. 

Naumannia. 1854. 25 


402 


Eiern! und einem Kukkukseie! — Man kam herbei und mit Hülfe der 
H. Dr. Hennecke, Frhr. Balduin v. Münchhausen und Altum gelang es mir 
den Zweig so abzuschneiden, dass das Nest unverletzt blieb. Nichts desto 
weniger musste aber, um das Faktum sicher festzustellen und auch dem 
stärksten Zweifler’ ad oculos zu demonstriren — noch der glückliche 
Zufall hinzutreten, dass das Nest verlassen, und die Eier — eins vom 
Goldhähnchen und das Kukkuksei — durch den Regen mit den Nest- 
stoffen so fest verbunden waren, dass sie, trotz des nicht zu vermeiden- 
den Umdrehens des Astes, nicht herausfielen! 

Im Jubel wurde nun die Beute zu den Uebrigen getragen, welche 
sich bereits wieder nach dem Jagdhause zurückgezogen hatten, und gar 


Mancher wollte kaum seinen eigenen Augen und Ohren trauen! 
E. Baldamus. 


Literarische Berichte. 


Es liegt uns zunächst eine Reihe kleiner aber höchst interessanter 
und wichtiger Memoiren des unermüdlichen und ausgezeichneten Prin- 
zen Charles-Lucien Bonaparte vor, der »unausgesetzt die grössten 
wie die kleinsten Sammlungen durchspähend, und im sofortigen Besitze 
jeder neuen Erscheinung der bezügl. Literatur« bei seinen vielseitigen 
Talenten und Kenntissen allerdings vorzugsweise befähigt erscheint, vom 
jeweiligen Standpunkte unserer Wissenschaft — so zu sagen in jedem 
Momente — Rechenschaft zu geben. 

Wir beschränken uns hier nur auf eine kurzgefasste Inhaltsangabe, 
die übrigens genügen wird, auf diese besonders für die Systematik wich- 
tigen Arbeiten aufmerksam zu machen. 

1) On the largest known species of Phaleridine Bird. By Ch. L., 

Prince Bonaparte. (From the Proceedings of the zool. Soc. of 

London, July 22. 1851) London 1854. Mit einer vortrefllichen ill. 


Abb. von Sagmatorrhina Lathami, Bp. 
Der Herr Verfasser hält diese neue Acquisition des Britisch Museum für den 


Labrador Awk, Latham's; Alca labradora Gimelin’s ist nach der Be- 


schreibung Latham’s compilirt, und Alle, welche ihm nicht blindlings gefolgt, haben 
seine Angaben, verleitet durch geographische Rücksichten, auf Mormon aretica im 
Jugendkleide bezogen. Der Vogel gehört zur Familie der Alciden, aber nicht, 
wie Morm. arctica, zu den Alcinen, sondern zur Subfamilie der Phaleridinen, 
deren am besten gekannte Art er gegenwärtig ist. Er steht dem @. Ceratorrhina 
nabe, bildet aber ein besonderes Genus: 


ni Me nn ea nen 


ee u a 


ne 


nn 


2 


EEE 
u En 


403 


Sagmatorrhina, Bp. Saddle-Bill, Sattelschnabel. 

Rostrum duplo longius quam altum; maxilla ad basin recta cerä maximä induta, 
apice incurva; mandibula ultra medium statum adscendens, angulum obtusum con- 
stituens; nares lineares, marginales. 

Sagmatorrhina Lathami, Bp. Maxima; nigricans; subtus albido-fuligi- 
nosa; rostro pedibusque rubris; cerä palmisque nigris. 

Long. 16 poll.; rostr. 2 poll. long., 1 altum, 5/; latum ad basin, 3/s ad med, ; 
alae 7!/, poll.; cauda 34/5; tars. 1!/,; digitorum longissim. 23/3. Arktische Regionen 
von N. W. Amerika, (wahrscheinlich nicht in Sibirien, da er von russischen Natur- 
forschern nicht aufgeführt ist). 

Angehängt ist noch das auf „Affinität und Analogie“ begründete neue „System“ 


des Verf,, das wir zur Vergleichung mit dem im Folgenden zu besprechenden hier- 
her setzen. 


Avdes. 
I. Altrices (Insessores). AI. Praecoces (Grallatores). 

1. Psittaci. 

2. Accipitres. 

3. Passeres, 
a. Oscines. 

? b. Volucres. 

4. Columbae. 8. Struthiones. 
a. Inepti. 9. Gallinae. 
b. Gyrantes. 10. Anseres. 

5. Gaviae. a. Lamellirostres. 
a. Totipalmi. b. Urinatores. 
b. Longipennes. 7. Grallae. 

6. Her odi ones. a. Alectrides. 


b. Cursores. 


2) Conspectus Systematis Ornithologiae. Auctore C.L. Bonaparte. 
(Extrait des Annales des Sciences naturelles. Paris 1854. 48 p. in 8. 
Der Verfasser gibt in der Einleitung die Gründe an, wesshalb er sich dem 
„System der Parallel-Reihen“ zugewendet, das er in seiner „grossen Subdivision der 
Vögel, den beiden Unterklassen, schon im Jahre 1826 vorausgefühlt habe.“ Diese 
beiden Unterklassen nennt er jetzt mit Owen: Altrices und Praecoces, „obschon“ 
die Bezeichnung der ersten sich auf die Sitten der Eltern, die der zweiten auf die 
Nachkommenschaft beziehe.“ Es folgt dann das Parallel-System äls: 
Epitome. 


Adbes. 


Altrices. Praecoces. 
1. Psittaci. 
2. Accipitres. 
3. Passeres. 
1. Osecines. 
2. Voluceres. 
1. Zygodaectyli. 
2. Anisodactyli. 
26 * 


404 


4. Inepti.- 

5. Columbae. | 9. Gallinae. 
1. Pleiodi. 1. Passeraceae. 
2. Gyrantes. 2. Grallaceae. 
3. Coleoramphi. 1. Craces. 

6. Herodiones. 2. Galli. 
1. Grues. 3. Perdices. 
2. Ciconiae. 10, Grallae. 

7. Gaviae. ; 1. Cursores. 
1. Totipalmi. 2. Alectorides. 
2. Longipennes. 11. Anseres. 


3. Urinatores. 
8. Ptilopteri. 
12. Struthiones. 


Die weitere Eintheilung ist foigende: 
Ordo I. Psittaci: 4 Familien, 15 Subfamilien, 73 Genera, 300 Species. 


II. Accipitres: 6 ii 15 > 15  „ 440 a 
II. Passeres: 65 “ii 155 5 1412". m 5890 R% 
IV. Inepti: RER & RL Bi: 
V. Columbae: 5 2 42 ” Bi. 220 2 
VI. Herodiones: 11 „ 18 ” 208 165: _ 
VII. Gaviae: 10275. 20 r W- 325 = 
VI. Ptilopteri: A ,„ 1 ei B EN 
IX. Gallinae: 14 „ 23 ws BI 320 3 ; 
X. Grallae : 15 E W :., 400 ”n 
xl. Anseres: 2 „ 6 & Be 200... 
XII. Struthiones:3 „ 6 ii 0 12 r 
For 289 > 3 BER 8300 ” 
Die Passeres zerfallen in 2 Tribus: 
Tribus 1. Oscines, mit 
Stirps 1. Cultirostres. 
a 2. Conirostres. ’ 
z 3. Subulirostres. 
% 4. Curvirostres-. 
A 3. Dentirostres. 
5 6. Fissirostres. 
Tribus 2. Volucres. $ 
Cohors 1. Stirps 7. Amphiboli. t 
gi 8. Scansores. 


n 9. Barbati. 

„ 10. Heterodactyli. 

„ 11. Frugiori. 

„ 12. Formicivori. 

„ 13. Muscivori. 

„ 14. Gallocoraces. 

„ 15. Gressorü (Syndactyli). 
„ 16. Tenuirostres (Eporides). 
„ 17. Suspensi (Trochili). 


Cohors 2. 


405 ’ 


Stirps 18. Hiantes (Cypseli). 
„19. Insidentes (Noctnrni). 


Aumerkung. Die Tribus und Cohorten der übrigen Ordnungen sind bereits oben angegeben, 
und zerfallen ohne Stirpes gleich in Familien. Viele der Subfamilien haben noch Grup- 
pen, durch die Endung eae bezeichnet, so dass die Bezeichnungen folgendermaassen 
rangiren: x 

Für den Tribus: aceae (wo nicht besondere Namen gebildet sind.) 

Für die Familie: idae. 

Für die Subfamilie: inae. 

Für die Gruppen: eae, innerhalb der Subfamilien, und mehrere Genera zusammen- 
fassend, dann noch Genera ‘und Subgenera. 


3) Tableau des Oiseaux-Mouches par le Prince C. L. Bonaparte. 
(Extrait de la Revue et Magasin de Zool. Nro. 5. 1854.) 12. p. in 8. 


Conspectus Trochilorum. 
Avium Passerum Stirps 17. Suspensi (Trochili). 
Familia 72. Trochilidae. 


Subfam. 174. Grypinae. a. Grypeae: . 5 Genera, 10 Speeies. 
„ 175: Phaetornithinae. b. Phaetornitheae: 4 „20 „ 
. 176. Lampornithinae. c. Lampornitheae: 10 „ Me 
pr 177. Cynanthinae.. d. Patagoneae: er 3 ie 

e. Dorifereae: BE. 47 “ 

f. Cynantheae:  -2 „ 10... 

g. Metallureae: @ in 25 r 

a“ 178. Trochilinae. h. Florisugeae: Ai EB. ws 
i. Polytmeae: er 1 u 

j. Amazilieae: 20%... 73 pi 

k. Avocettuleae: Bu 3 er 

1. Trochileae: I02""t,, ...22 ” 

m, Mellisugeae: ae 33 F 


5 Subfamilien 13 Gruppen (?) 80 Genera, 322 Species. 


” 


4) Tableau des Perroquets. Par le Prince C. L. Bonaparte. (Extr. de 
la Revue et Magasin de Zool. Nr, 3. 1854.) 16 p. in 8. 

In einem brieflichen Vorworte an Mr. Guerin-Meneville einige Bemerkungen zu 
einem Artikel über die- Papageien von MM. Massena und de Souance und eine 
Monographie des Genus Pionus, 8 Species enthaltend. Dann ä 

Conspectus Psittacorum. 
Avium Ordo I. Psittaci (Prehensores). 
Familia I. Psittacidae. 


Series I. Americani. 
Subfam. 1. Macrocerecinae: 9 Genera, 31 Species. 


” 2. Conurinae: RR 48 ar 
i 3. Psittaculinae: 19:55 57 ä 

Series II. Orbis antiqui. 
Subfam. 4. Palaeornithinae: 5 „ 22 x 


ö 55 % Platycercinae: ih... 47 5 


E 


406 


Subfam. 6. Pezoporinae: 1 Genera, 1 Species. 
er 7. Psittacinae: 
A. Psittaceae: Ne 9 ur 
B. Eclecteae: 1.7922 22 e 
55 8. Dasyptilinae: ae 2 3 
EN 9. Nestorinae: RU 3 R 
„ 10. Plyetolophinae: A 16 5 
Familia II. Microglossidae. 
Subf. 11. Calyptorhynchinae: 4 Genera, 8 Speeies. 
„ 12. Microglossinae: a - 2 Pr 
„. 13. Nasiterninae: Das 1 “ 
Familia III. Trichoglossidae. 
Subf. 14. Trichoglossinae: 9 Genera, 36 Species. 
Familia IV. Strigopidae. 
Subf. 15. Strigopihae: 1 Genera, 1 Species, 
15 Subfamilien. 78 Genera. 316 Species. 


5) Tableau des Oiseaux de Proie. 


parte. 


16 p. in &. 


Subfam. 16. 
17. 


2 


„ 


„ 


„” 


Conspectus accipitrum. 


Aviusm Ordo II. Accipitres (Rapaces). 


18. 


19. 


20, 


21. 


22. 


23. 


Familia V. Wulturldae.: 


Cathartinae: 4 Genera, 7 Species. 
Vulturinae: ah 13 je 

‘ Familia VI. &ypattidae. 
Gypaöätinae: 1 Genera, 3 Species. 


Familia VI. Gypohieracidae., 


Gypohieracinae: 1 Genera, 1 Species. 


Familia VII. Falconidae. 
Aquilinae: 


a. Aquileae: 4 Genera, 12 Species, 

b. Haliaeteae: Br 11 en 

c. Pandioneae: ea 6 % 

d. Circaeteae: aa; 6 ss 
Buteoninae: 

e. Buteoneae: A; 28 5 

f. Asturineae: Ar 12 x 
Milvinae: | 

g. Milveae: = 8 3» 

h. Perneae: ERTAT 14 5 

i. Elaneae: BAR 10 a 
Falconinae: 

j.- Falconeae: u - 36 ss 

k. Tinnuneuleae: 4 „ 22 Pr 


l. Harpageae: BiAES 3 u 


Par S. A. le Prince €. L. Bona- 
(Extr. de la Revue et Magasin de Zool. Nr. 8. 1854.) 


En a A 


NET VORSENEBREITEN 


Dir 


N ENT 


407 


Subfam. 24. Accipitrinae: 


m. Sipizaeteae: 6 Genera, 15 Species. 
n. Morphneae: ER 9 = 
0. Aceipitreae: 
» Astures: * 6 ,„, 16 Rz 
vb Aceipittes: 8 „ 32 BR 
er 25. Circinae: 
p- Circeae: Amp 11 2 
“ 26. Polyborinae: 
g. Ibyetereae: Den. 6 a 
Tr, Polyboreae: gisin 1 “= 
s. Polyboroideae: 1 „, 2 = 


Familia IX. Gypogeranidae. 
Pr. 27. Gypogeraninae: 1 Genera, 1 Species. 
Familia X. Strigidae. 
„28. Striginae: 


a. Strigeae: 2 Genera, 15 Species. 
b, Ululeae: Bir’, 10 Ir 
. c. Syrnieae: a 19 ” 
zit Ulalinae *): 
d. Oteae: Ar 12 en 
e. Buboneae: Rs, ROTES, 


Ai: 30. Surniinae: 


f. Scopeae: Bin, 32 5. 
g. Atheneae: Suhl 18 iR 
h. Hieroglauceae: 9 „, 31 = 
i. Surnieae: wen 3 PR 


6) Conspectus Volucrum zygodactylorum. Auct. C. L. Bonaparte. 
Estratto dall’ Ateneo Italiano. Nr. 8. Maggio 1854. 14 p. in 8. 


„Unglücklicherweise hat Linne eine der Hauptbildungen der Vogelfüsse — die- 
jenige, bei welcher 2 Zehen nach vorn. und 2 nach hinten gestellt sind — pedes 
scansores — Kletterfüsse genannt. In Folge dessen wurde der Name Scansores, 
(Grimpeurs, Rampicanti, Klettervögel) auf alle Vögel mit dieser Fussform angewen- 
det, gleichviel ob sie klettern oder nicht. Mehr als jeder Andere hat Cuvier dieses 
zufällige und empirische Kennzeichen gemissbraucht, indem er allein darauf — 
alle andern Verhältnisse übersehend — seine Ordnung der Grimpeurs (Klet- 
tervögel) gründet, in welcher er auch die Papageien begreift, die mehr grei- 
fend (prehensores) als kletternd, fast einstimmig von den Naturforschern als erste 
Ordnung der Vögel aufgestellt worden sind. 

Alle übrigen Paarzeher, ob kletternd oder nicht, gehören offenbar zur gros- 
sen Ordnung der Passeres, und zwar zum Tribus Voluceres, obschon sie in ver- 
schiedener Beziehung, auch durch ihre Farben, an die Papageien erinnern. 


= 


*) Eine leicht zu vermeidende I quenz in der Nomenklatur! Eine Gruppe Ululeae ist 
bereits in der vorhergehenden Subfamilie Striginae aufgestellt. Dieselbe Inconvenienz findet sich 


in der Verwendung der Namen Asturineae und Astures. 
x D: Herausg. 


n 


408 


Unter sich bilden sie eine Serie, die in verschiedenen wichtigen Punkten nicht 
nur die zweite Serie der Volueres, die Anisodactyli, sondern den ganzen Tri- 
bus der Oscines repräsentirt. Centrum und Typus dieser natürlichen Einthei- 
lung sind uns die Spechte, ihnen allein bewahren wir den Namen (Stirps 8.) 
Scansores, da sie die einzigen Vögel sind, welche mit Kletterfüssen klettern. 


Volucerum cohors I. Zygodactyli. 


Avium Passerum Stirp 7. Amphiboli. 


Fam. 44. Ramphastidae. 
Subfam. 118. Ramphastinae: 
a. Ramphasteae: 3 Genera, 
b. Pteroglosseae: 8 _,, 
Fam, 45. Cuculidae. 
- 119. Scythropinae: 1 Genera, 
er 120. Phoenicophaeinae: 6 


Br 121. Centropodinae: GR 
5; 122. Couinae: Brig 
er 123. Saurotherinae: 2 
. 124. Crotophaginae: Dre 
;= 125. Cocceyzinae: RT 
er 126. Cuculinae: 

a. Cueuleae: Linie 

b. Chrysococeigeae:3. 
= 127, Indicatorinae: Kinn 


Stirps 8 Scansores. 


Fam. 46. Picidae. 
Subfam. 128. Picinae: 
a. Piceae: 
. Celeae: 
. Chrysoptileae: 
. Chrysocolapteae: 
. Gecineae: 
. Centureae: 
g. Colapteae: 
” 129. *) Yungineae: 
h. Fungeae: rg 
ä 130. Picumninae: 
i. Picumneae: DB: 


Stirps 9. Barbati. 
Fam. 47. Bucconidae. 
Subfam. 131. Bucconinae: 
a. Orbis antiqui: 11 Genera, 
b. Americanae: a. 
Fam. 48. Capitonidäe. 
Subfam. 132. Capitoninae; 9 Genera, 


“neraeero 
uupuon 


——. 


15 Species. 


. 
1 Species. 
RR 
29 „ 
9 ” 
6 $) 
A" 
28 ” ; 
6 „ | 
10% ,, | 
5; 
Ba, “ 
2  „ 
63 „ 
15 . 
17 & , 
23 5 
12 ey 
Bere 
15 R 

? 
52 Species. 2 
re, x 
81 Species. 


*) Die Nummern der Subfamilien sind von hier ab, auch durch den folgenden Consp. 


Anisodactylorum hindurch, um eine zurück. 


” 


3 
D. Herausg. 


Be. 409 


Fam. 49. Leptosomidae. 


Subfam. 133. Leptosominae: 1 Genera, 1 Species. 
Fam. 50. Galbulidae. 
Subfam. 134. Galbulinae: 6 Genera, 17 Species. 


Stirps 10. Hleterodactyli. 
Fam. 51. Trogonidae. 
Subfam. 135. Trogoninae: 5 Genera, 44 Species. 


18 Subfamilien. 127 Genera. 621 Species. 


7) Conspectus Voluerum Anisodactylorum. Auctore C. L. Bonaparte. 


(Estratto .dall’ Ateneo Italiano. Nr. 11. agosto 1854.) 
Quadro dei Volucri Anisodattili. 


Volucrum cohors Il. Anisodactyli. 
Avium Passerum Stirp 11. Frugivori. 


Fam. 52. Bucerotidae. 
Subfam. 136. Bucerotinae: 


a. Bucorveae: 1 Genera, 2 Species. 
b. Buceroteae: BR 28 . 
c. Tockeae: a mh Pr 13 % 

„ 187. Eurycerotinae: ET a9 1 re 
Fam. 53. Musophagidae., 

er 138. Musophaginae: 7 Genera, 14 Species. 

Fam. 54... Coliidae. 

® 139. Coliinae: ....3 Genera, 6 Species. 
Fam. 55. Opisthocomidae. 

ae 140. Opisthocominae: 1 Genera, 1 Species. 
Fam. 56. Phytotomidae. 

a 141.- Phytotominae: 1 Genera, 3 Species. 


Stirps 12. Callocoraces. 
Fam. 57. Cotingidae. 


x" 142. Lipauginae: 5 Genera, 10 Species. 
Eu 143, Querulinae: Berry 5 5 
. 144. Gymnoderinae: N 8 re 
Ar 145. Cotinginae: 
a. Cotingeae: Bi, 25 ss 
b. Jodopleureae: 1 „ 3 pn 
Fam. 58. Pipridae. 
5 146. Rupicolinae: Br. 4 53 
- 147. Piprinae: hr 39 5 
Fam. 59. Eurylaemidae. 
3 148. Calyptomaeninae: 1 Genera, 1 Species. 
er 149, Eurylaeminae: Er 55 9 = 
ns 150. Smithornithinae: En 1 x 
Fam. 60. Pittidae. 
3 151. Pittinae: 2 Genera, 28 Species. 


410 


Fam. 61. Coraciidae. 


Subfam. 152. Coraciinae: 4 Genera, 16 Species. 
” 153. Atelornithinae: Ben 4 E 
Fam. 62. Prionitidae. 
5 154. Prionitinae: 3 Genera. 14 Species. 


Stirps 13. . Gressorii (Syndactyli): 
Fam. 63. Meropidae. 
A 155. Meropinae: 


a. Meropeae: 6 Genera, 21 Species. 
b. Nyetiornithinae:4 ,, 6 a 
Fam. 64. Alcedinidae. 

h2 156. Dacelinae: 9 Genera, 16 Speeies. 
er 157. Halcyoninae: SL, 5l u ’ 
bi; 158. Alcedininae: 

a. Ceryleae: DU 41 ” 

b. Aleedineae: 3... 24 “ 


Huc *) Stirps 14. Unmsectivori. Fam. 65. Todidae. 
Fam. 66. Menuridae. — Fam. 67. Myiotheridae. 


Stirps 15. Larvivori. 
(Fam. 68. Anabatidae.) 
Fam. 69. Dendrocolaptidae. 
Subfam. 170. Dendrocolaptinhe: 
a. Dendrocolapteae: 12 Genera, 63 Species. 
b. Dendrocopeae: SM, 16 2 


Stirps 16. Tenuirostres. 
Fam. 70. Upupidae. 


2 171. Upupinae: : 1 Genera, 6 Species. 
Fam. 71. Promeropidae. ? 

172. Falculiinae: 2 Genera, 2 Species. 

m 173. Promeropinae: Pia 7 Me. 


Huc Stirps 17. Suspensi. (s. Anmerk.) 

Zum Schlusse dieser Uebersicht werden noch einige ‚Verbesserungen‘ zu der 
Arbeit über die Zygodaciylen, eine neue Species: Brachypternus Stricklandi, Layard 
(rubescens? Kelaart) von Ceylon und einige Bemerkungen zu Sclater’s Arbeit über 
die Bucconiden gegeben. 


Die interessanteste und wichtigste Arbeit dieses Jahres sind unstreitig die 

8) Notes ornithologiques sur les collections rapportees en 1853 par 
M. A. Delattre. et classification parallelique des Passereaux 
chanteurs; par Ch. L. Prince Bonaparte. (Paris, Mallet-Bache- 
lier, 1854. in 4.) 


Die Bemerkungen über die Sammlungen des „unermüdlichen Reisenden,‘‘ der 


*) Der Hr. Verf. behält sich laut des Vorwortes die Fam. 65 bis 68, sowie die beiden 


letzten Stämme (stirpes) dieser Cohorte, die Cypseliden und Caprimulgiden — letztere im Ver- 
gleich mit den Hirundinen — zu besondern Arbeiten vor. Die drittletzte Stirps: Suspensis. 
Trochili ist bereits besonders bearbeitet. D. Herausg. 


411 


durch seine „schönen Album’s und die zahlreichen Entdeckungen seiner frühern 
Reisen in Amerika bekannt ist,“ sind in Form eines „Catalogue raisonne der von 
ihm während seines Aufenthaltes in Californien und Nicaragua gesammelten 
Arten‘ gehalten. Der zweite Theil der Arbeit, die „Parallel-Klassifikation 
der Singvögel,‘ bildet in Form von Anmerkungen offenbar die Hauptsache, und 
enthält, neben der Kritik bekannter Arten und den Diagnosen einer Anzahl neuer, 12 
Tableau’s paralleler Reihen. 

1. P. cultirostres. 


lcterinae: a. Serie: Cassiceae. b. Serie: Ieterae. c. Serie: Agelaieae. 
6 Gen. 6 Gen. i 10 Gen. 


U. P. conirostres: 
1. Fringillinae: a.S.Fringilleae. b. S. Cardueleae, c.S. Serineae. d. S. Pyrrhuleae. 


9 Gen. 5 Gen. 5- Gen. 2 Gen. 
2. Lowünae: a.S. Loxieae. b. S. Carpodaceae. c. S. Montifringilleae. d.S. Linoteae. 
6 Gen. 6 Gen. 3 Gen. 2 Gen. 
3. Spizinae: a.S. Zonotrichieae. b.S. Strutheae. c. S. Spizeae. d. S.Pipiloneae. 
16 Gen. 13 Gen. 3- Gen. 15 Gen. 
4. Pitylinae: a. S. Pityleae.  b. S. Spermophilae. c. $. Saltatoreae. 
(Fringillaceae) (Pyrrhulaceae) (Tanagraceae) 
8 Gen. 9 Gen. 6 Gen. 


(Die Familie der Fringillidae, zu welcher die vier obigen Gruppen gehö- 
ren, besteht aus folgenden 8 Unterfamilien: 1. Passerinae, 2. Fringillinae, 3. Loxii- 
nae, 4. Psittirostrinae, 5. Geospizinae, 6. Emberizinae, 7. Spizinae, 8. Pitylinae.) 

Il. Subulirostres. Die Familie der Turdidae ist wie folgt gestellt. 
Fam.-17...Turdidae. 
1. Turdinae. 2. Sawicolinae. 3. Sylvünae. 
| ——— N nn No 
a. Monticoleae. b. Luscinieae. a. Sylvieae. b. Phyllopseusteae. 


11 Gen. 20 Gen. 17 Gen. 6 Gen. 4 Gen. 
4. Calamoherpinae. 5. Accentorinae. 

-- Be ER DJ un No | 
a. Sphenureae. b. Calamoherpeae. d. Adoneae. a. Accentoreae. b. Acanthizeae. 
8 Gen. 18 Gen. 23 Gen. "4 Gen. 5 Gen. 

c. Locustelleae. d. Drymoiceae. 
4 Gen. 18 Gen. 


Fam. -18. Timaliidae. 
1. Garrulacinae. 2. Crateropodinae. 3. Miminae. 4. Brachypodinae. 5. Timaliinae. 
14 Gen. 3 Gen. 8 Gen. 25. Gen. 19 Gen. 


IV. Curvirostres. 
Stirps 4. Curvirostres. 


PEN  __ E 


Epimachidae. Meliphagidae. | Arachnotheridae. Nectariniidae. Depranidae. 


4 Gen. 31 Gen. 1 Gen. 17 Gen. 3 Gen. 
Fam, / Paradiseidae. Phyliornithidae. 
9 Gen. 10 Gen. 
Glaucopidae. 
4 Gen. 
R Dicaidae. . Coerebidae. 


4 Gen. 5 Gen. 


412 


Stirps 5. Dentirostres. 
1. Laniidae. 2. Artamidae. 5. Ampelidae. 7. Tanagridae. 
3. Oriolidae: 6. Museicapidae. 3 
4. Edoliidae. 
Die Dentirostres zerfallen in 2 Abtheilungen + Compressirostres und +} De- 
pressirostres, welche in folgenden Reihen parallelisirt sind: 
7 Compressirostres. 


Fam. 36. Laniidae.: F. 37. Artamidae. 


Malaconotinae. Laniidae. Pachycephalinae. Vireoninae. 


2 Subfam. 2 Subfam. 
22 Gen. 9 Gen. 10 Gen. 4 Gen. 9 Gen. 
Fam. 38. Oriolidae. Fam. 39. Edoliidae, 
N 
7 Gen. Edoliinae. Ceblepyrinae. 
13 Gen. : 12 Gen. 
ir Depressirostres. 
Fam, 40. Ampelidae. Fam. 41. Musecicapidae. 
DE 1 tal — 
Museicapinae Myiagrinae. 


No 
a. Melaeornitheae. b. Muscicapeae. 


6 Gen. 12 Gen. 16 Gen. 21 Gen. 


En 


Fam. 42. Tanagridae. 
iii 


Tachyphoninae. Tanagrinae. Euphoninae. Sylvicolinae. 

14 Gen. 16 Gen. 10 Gen. 20 Gen. 

Man sieht aus dieser Zusammenstellung der Tableau’s, dass diese die Klassifi- 
kation der Singvögel keineswegs vollständig geben. Es sind vielmehr nur Proben 
und Anfänge einer Systematik, auf deren Vervollkommnung und Vollendung der 
geistreiche, gelehrte, scharfsinnige und unermüdlich thätige Ornitholog sicher nicht 
lange warten lassen wird. Wir heben, ohne auf eine hier unmögliche Kritik des 
Einzelnen einzugehen, nur vorläufig den grossen Vorzug dieser Klassifikation hervor, 
dass sie sich von all’ und jeder aprioristischen Construktion, von Tricho-, Tetra- und 
Pentatomie fern gehalten, und damit nicht a priori das „natürliche‘ System zu 
einem unnatürlichen gestempelt. 

D. Herausgeber. 


, 


Bekanntmachungen. 


Der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft sind beigetreten: 
a) Im Laufe des Gesellschaftsjahres 1853—54 
Herr Rittergutspächter B. Degener in Wolferstedt, bei Allstedt. 
» Apotheker Herrmann Krause in Freiberg in Sachsen. 
». Naturalienhändler J. G. W. Brandt in Hamburg. 


413 


b) Im Laufe des Gesellschaftsjahres 1854—-55 
Herr Förster W. Hintz I. in Schlosskämpen bei Köslin. 

» Dr. ph. Friedrich Berge in Steinenberg, Oberamt Schorn- 

dorf, in Württemberg. 

» Rittergutsbesitzer Carl Nette in Wörbzig, bei Cöthen. 

» Buchhändler Julius Baedecker in Iserlohn. 

» Bildhauer Theodor Behrens in Coburg. 

» Dr. Friedrich Staude in Coburg. 

» Förster Bonte in Kehlberg, bei Ilmenau. 

» Kaufmann Emil Wuthe aus Bolkenhayn, z. Z. in Cöln. 

» Ernst Oldendorf auf Hinrichsfelde bei Malchin. 

» Oekonom August Wepfer, ebenda. 

» Baron Benno von Hermann, auf Wain, Württemberg. 

» » Georg Cotta von Cottendorf, Dr. jur., in Hohenheim. 
1“ » Wilhelm König-Warthausen auf Königshofen. 

» » Ferdinand König- Warthausen, K. K. Oesterreich. 

Oberlieutenant, 
» » von Löbenstein auf Lohsa, bei Hoyerswerda. 


Die neunte Versammlung der D, Ornithologen - Gesell- 
schaft wird am 5., 6., 7. Juni 1855.in Braunschweig stattfinden. 

Am 4. Juni, Abends 8 Uhr, Vorversammlung im Saale 
des Hotel de Prusse, wo die unterzeichneten Geschäftsführer die Gäste 
in Empfang nehmen, und wo auch die Sitzungen stattfinden , sowie die 
nöthigen Logis in Bereitschaft gehalten werden. Besondere Anmeldun- 
gen dazu, sowie zu den zu haltenden Vorträgen wolle man gleich- 
falls an einen der Unterzeichneten gelangen lassen. 

Acht Wochen vor der Versammlung werden die Mitglieder der Ge- 


sellschaft noch durch besondere Karten eingeladen werden. 
.. Der Sekretär: Die Geschäftsführer der 9. 0.-V.: 
E. Baldamus. Prof. MH. Blasius in Braunschweig. 
von Vechelde in Braunschweig. 


Diejenigen verehrlichen Mitglieder der Gesellschaft, welche ihre 
Diplome noch nicht erhalten haben sollten, wollen sich dieserhalb bei 
dem Sekretär gefälligst melden. 


nn nn 


414 


Die verehrlichen Mitglieder der Deutschen Ornithologen-Geseilschaft 
werden ersucht, ihre Beiträge, sowohl für das laufende Jahr, wie 
die noch für frühere Jahre etwa rückständigen, dem unterzeich- 
neten Rendanten der Gesellschaft bis zum 1. Februar 1855 franco ein- 
zusenden, da sonst angenommen werden muss, dass die Einziehung der- 
selben mittelst Postvorschuss geschehen könne. 

Kirchhoff, 


Hauptmann a. D., auf Schäferhof bei Nienburg a. d. Weser, 
Hannover. 


Rechnungsablage 
über 


Einnahmen und Ausgaben der D. ©. G. vom 3. October 
1850 bis 18. Juli 1854, 


3 Einnahme. Soll. | Ist. Rest. 


1) Jahresbeiträge vom Provisorium und ersten Rechnungs- 

Jahre — 3. Oct. 1850 bis 9. Juli 1852 — von 50Mit- 

gliedern, davon zahlende: 46 . . A 46 42 4 
2) dito vom 9. Juli 1852 bis 14. Juli 1853, von 79 Mit- 

gliedern, davon 64 zahlende . . REED 64 47 17 
3) dito vom 14. Juli 1853 bis 18. A 1854, 119 Mitglie- 

der, davon 112 zahlende . . ERBEN 112 69 | - 43 

L Summa: 222 158 64 
64 ? 
222 
EI. Ausgabe. Thlr.-| Sgr. | Pf. 
1) Rechnungsablage Nr. 1 Bew, 2, vom 3. Oct. 1850 = 9. 1 24 e: 

Ju 185% 44 roh ng FUN öl len 
2) Nachzahlung an den Geschäftsführer. in Altenburg. etc. 

1. DD De ae, 10 24 8 
3) Rechnungsablage Nr. 3 vom 9. Juli 1853 bis 15. Juli 1853 9 13 6 
4) Rechnungsablage Nr..4 vom 15. Juli 1853 bis 18.-Juli 1854 16 21: 2.)l2.— 
5) Aussergewöhnliche Ausgaben, (für Zeichnung, Lithogra- 

phie, Druck etc. der Diplome, das Gesellschaftssiegel, 

Druck der Statuten, Quittungszettel ete. 1. 0. II. 1bis5 71 7 3 

Summa: 132 Fre 


Summa der Einnahmen: 158 Thlr. — Sgr. — Pf. 
Summa der Ausgaben: 142 Thir. 3 Sgr. 5 Pf. 


-Vorrath: 23 Thy. 26 Ser. PR 
Dazu Reste: 64 Thir. — Sgr. — Pf. 
89 Thir. 26 Sgr. 7 Pf. 
Richtig befunden von dem Vorstande: Kleintauschwitz und Diebzig 
Dr. & Hartlaub. den 24. August 1854. 
Prof. Dr. Naumann. 3. Kratsch, E. Baldamus. 
P. Ch. L. Brehm. Rendant. Sekretär. 


415 


Zur Erklärung der Abbildungen der Kukkukseier. 


Mit Tafel. 


Wir geben auf dieser Tafel die möglichst getreue Abbildung von 
46 verschiedenen Typen *) der Eier von Cuculus canorus, unter Angabe 
des Nestes, aus dem sie genommen, und der Maasse des grossen und 


kleinen Durchmessers. Nur die Provenienz von Nr. 1 ist unsicher. 
Gr. D. Kl. D. 


Nr. 1. Aus dem Neste von L. rubecula®  23%/ MM. 16!/ MM, 
ee ne u „ €. arundinac. 21! „, in 
er S „ 8. hortensis 23’, „De = 
27 5 „  R. Phoenicurus 221, „ 1592 „ 
” >. ” ” ” ” S. atricapilla 231/g ” 16 „ 
Mn ee 5 „ €. palustris 21 4.786 x 
a Eu ”„ „ F. hypolais 22!) „ 161/, „ 
” 8: E2) ” ” „ S. cinerea 221/5 » 161/, ” 
ae SE Be r ». Prat. rubeira 221, „ 16% „ 
” 10. ” ” ” ” Mot. alba 23 ” #7 ” 
EEE, A „ Lan. collurio : 221 „ 161, „ 
ER BERN iR „ Anth. arboreus 22 ur. .16 
Et. ” „. L rubecula Allan 47 ni 
a en = „ 8. nisoria 2a 3. 16% „ 
ER RERE bs „ Al. arvensis als ni 17 4 
a „Bud. flava 22 4: 161: 5 


E. Baldamus. 


Einladung zur Subscription 
auf 


Alfred Edmund Brehm’s Reiseskizzen aus Nord- 
Ost-Afrika, 


oder den unter egyptischer Herrschaft stehenden Ländern: 
Egypten, Nubien, Sennahr, Roseeres und Kordofahn. 

Der den Lesern der Naumannia schon bekannte Verfasser beabsich- 
tigt das Merkwürdigste und Wissenswertheste seiner Erlebnisse und Er- 
fahrungen während seiner fünfjährigen Reisen in N.O.Afrika zu veröf- 
fentlichen. Er ladet alle Freunde der Zoologie, Länder- und Völker- 
kunde zur Subscription ergebenst ein, in der angenehmen Hoffnung, dass 
seine Arbeit, welche sich im Manuscript des Beifalls sachkundiger Män- 
ner zu erfreuen hatte, nicht ohne, Nutzen und Befriedigung gelesen 
werden wird. 

Das Buch wird circa 30 enggedruckte Bogen in gr. 8. enthalten, 


»).S. Naum. 1853. IH. p. 307. fl. 


416 


und in Kürze erscheinen. Der Preis ist für die Subseribenten 2, Thlr. 
Preuss. Cour. 

Alle löbl. Buchhandlungen und verehrl. Subscribenten werden freund- 
lich ersucht, sich durch Herrn Buchhändler Doebereiner in Jena oder 
direkt an uns mittelst der beiliegenden Bestellzettel wenden zu wollen. 


Renthendorf bei Triptis in Thüringen, im November 1854. 
A. E. Brehm. 


= 


Verzeichniss 
der im Tausch oder käuflich abzulassenden Vogeleier, zu haben bei 
J. Zelebor, Conservator am K. Museum zu Wien. 


Falco cenchrisaä. .-. 1. — kr. CM. 
Astur palumbar. ä —_ 
Scops carniolica-ä . »  — 
Merops apiaster& - . — 48kr. 
Coracias garrula ä . = 
Picus canus ä - BR a 

x Picus leuconotus ä& » . 31. — kr. 


Lanius rufus ä 20 kr. 
Rutieilla atra ä 10 kr. 
Cyanecula suecica ä& - 20 kr. 
Parus barbatus ä 30 kr 


Parus cristatus ä re FO RT 


Anthus aquatieusäa . 20 kr. 
Emberiza melanoceph. ä 30 kr. 
Fringilla serinus ä 10 kr. 
Pyrrhula vulgaris ä. a 15 kr. 
Phasianus pietusä . . 11. — kr. 
Phasianus nycthemerus & — 48 kr 
Glareola pratinclaä& . — 48 kr. 
Oedienemus crepitans aä :— 24 kr 


Ibis faleinellus ä. . . 1f. 20 kr. 
Ardea purpurea & ee 
Ardea garzettaaä . . .. — 48Kr. 


Ardea comata ä 40 kr 
Botaurus nycticorax A 80 kr. 
Cieonia nigraaä . . .. 11.30 kr. 
Platalea leucerodia A — 48Kr. ” 
Sterna leucoptera & . . —. 24 kr. 
Sterna minuta ä — 15 kr. 


Phalacrocorax pygmaeusä 1 fl. 30 kr. 
Anser ceinereusä. a 

nebst vielen andern weniger seltenen Arten. 

‘Dass die Eier sicher bestiramt und vortrefflich präparirt und gehalten sind, 


E, Baldamus. 


Druck von C. Hoffmann in’ Stutigart,