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Full text of "Neue beiträge zur semitischen sagenkunde"

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• KONR.^D- BURDACH- 



NEUE BEITRÄGE 



Zur 



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SEMITISCHE^ SAGENKUNDE 



VON 






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LEIDEN. — E. J. BEILL. 

1893. 



NEUE BEITRÄGE 



ZUR 



SEMITISCHEN SAGENKUNDE 



VON 






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LBIDBN. — E. J. BEILL. 

1898. 






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Drack von E. J. Brill in Leiden. 



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INHALTSVERZEICHNISS. 



Seite 

Einleitung 1 

Adam 54 

Noah. . 79 

Abraham 89 

Loth 132 

Isaak nnd Jakob 141 

Joseph 148 

Moses • 152 

Saul 185 

David und Salomon 189 

Die Legende in der jüdisch-deutschen , der jüdisch-spani- 
schen und der spanisch-arabischen Literatur 240 

Zusätze 286 



M80919 



• ••••• • «,* 



• I* 









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EINLEITUNG. 



. . . Flüchte du , im reinen Osten 
Patriarchenluft zu kosten . . . 
Wo sie noch von Gott empfingen 
Himmelslehr' in Erdesprachen 
Und sich nicht den Kopf zerbrachen. 

Wo sie Väter hoch verehrten, 
Jeden fremden Dienst verwehrten, 
Will mich freun der Jagendschranke: 
Glaube weit, eng der Gedanke, 
Wie das Wort so wichtig dort war. 
Weil es ein gesprochen Wort war. 

West-östlicher Divan. Hegire. 

Die bekannte Stelle in Heine's Romanzero, in welchen er den 
Unterschied zwischen Halacha und Hagada zu veranschaulichen 
sucht, ist auch insofern merkwürdig, als Heine von diesem Li- 
teraturgebiete nur sehr wenig wusste und dieses Wenige nur aus 
zweiter Hand kannte, und dennoch mit poetischer Divinations- 
gabe eine zutreffende Charakteristik desselben gibt. 

Dahin gehört z. B« die Stelle: 

Ja, frühzeitig hat der Yater 
Ihn geleitet zu dem Talmud 
Und da hat er ihm erschlossen 
Die Halacha, diese grosse 



Fechterschule, wo die besten 
Dialektischen Athleten 
Babylon's und Pumbaditha's 
; :' '; \ Ihre Kämpferspiele trieben. 

: :^^ : Xen^n konnte hier der Knabe 

: . : ..: /Alhft-TKünste der Polemik; 

Seine Meisterschaft bezeugte 

Späterhin das Buch Cosari. 

Nur ist die Halacha kein Kampfspiel , kein Turnier, sie ist viel- 
mehr ein mit allem Ernst und aller Leidenschaft geführter Kampf, 
wie denn im Talmud selbst der Ausdruck «Krieg der Thora» als 
Bezeichnung der halachischen Debatten mehrfach vorkommt. Auch 
dass die talmudische Polemik im Buche Cosari wiederkehre, ist — 
abgesehen von andren Ungenauigkeiten , wie z. B. «Jehuda ben 
Halevy» statt «Jehuda Halevi" oder die Zusammenstellung von 
Babylon und Pumbaditha — nicht zutreffend. Das Buch Cosari 
erinnert weit, mehr an die platonischen Dialoge oder die Dialoghi 
di amore des Leone Ebreo (Abarbanel) als an die leidenschaftlichen , 
rhapsodisch kurzen, scharfpointirten talmudischen Debatten. 

Sehr schön wiederum wird die Hagäda — im Gegensatze zur 
Halacha — einerseits mit dem milden Mondlichte, andrerseits mit 
den hängenden Gärten Babylon's verglichen. Die Hagada ist in der 
That mild, träumerisch, friedlich, besänftigend; in ihr herrscht die 
trauliche Dämmrung im Gegensatze zum geräuschvollen Tag der 
polemischen Halacha. Es ist jedenfalls sehr charakteristisch, dass 
viele talmudische Tractate mit hagadischen Stellen schliessen, in 
denen — wie Rapoport bemerkt (Erech Miliin, s. v. niJNj P* ^^) — 
namentlich eine Stelle mehrfach vorkommt^ in der es heisst, dass 
die Schriftgelehrten Frieden stiften, sowie andre Stellen milden und 
friedlich beruhigenden Inhalts, während andre wiederum Segens- 
sprüche enthalten. Diese Stellen bilden so gleichsam einen harmo- 
nischen , versöhnenden Schlussaccord. ^) 



1) Wie Heine das, was er nur einmal flüchtig gehört oder gelesen hatte, poe- 
tisch zu verwerthen weiss, davon ist — ahgesehen von den Stellen im Romanzero, 
in welchen von jüdischen Literaturerzeagnissen oder sonst jüdischen Dingen die Rede 



Mit den bangenden Gärten Babylon 's bat aber die Hagada nocb 
eine besondre Aebnlicbkeit. Wie nämlicb Berosas (bei Josepbus g. 
Apion I, 19, 20) erzäblt, batte der König von Babylon die ban- 
genden Gärten anlegen lassen, um seiner Frau, die sieb nacb den 
Bergen ibrer Heimatb sebnte, ein kleines Abbild derselben zu ge- 
ben. So errinnert aucb die Hagada fortwäbrend an das Heimatbland 
Palästina. 

Wenn es nun aber ferner beisst, das Targum Onkelos sei dem 
Jehuda Haleyi beim Studium des Talmud sebr gut zu Statten ge- 
kommen, so lässt sieb das keineswegs so kategorisch behaupten. 
Dem Studium des Talmud gebt in der Begel das des Targum On- 
kelos nicht Yoran, auch ist die Sprache des letzteren von der des 
Talmud verschieden. Wahrscheinlich aber hatte Heine von diesem 
Targum Onkelos irgendwo gehört oder gelesen , und so musste der- 
selbe, schon des seltsamen Klanges wegen, hier figuriren. ^) 



ist — auch der Sclave aas Yemen , dessen Stamm «sind jene Asra , welche sterben 
wenn sie lieben*' ein Beispiel. Unter diesen Asra ist ohne Zweifel der Stamm der 

Odhra (Bena Odhra, HT<A£ i^) gemeint, die bei den arabischen Autoren mehr- 
fach als Märtyrer der Liebe erwähnt werden, insofern als die liebe bei ihnen eine 
unheilbare und tödliche Krankheit war. In einer Stelle Mas'üdis (Pariser Ausg. VIT, 
S5I fg.) in welcher von diesen Benu Odhra die Rede ist, wird zugleich ein Gedicht 
Eines derselben mitgetheilt, in welchem er sagt, dass kein Arzt (O'J^) aus Jemama 
und kein Wahrsager (o|jC , das auch diese Bedeutung hat) von Negr&n ihm helfen 
könne. Bei Hariri (2. A. p. ör«) wird diese heftige Leidenschaft ((^^) als Gleich- 
niss gebraucht; in den Scholien z. St. wird bemerkt, dass diese Leidenschaft gewöhn- 
lich' erst mit dem Tode aufhörte. Zugleich wird erzählt, dass Einer dieser Benu 
Odhra auf die Frage eines (mit Namen genannten) Arabers, woher er sei, geant- 
wortet habe : Ich gehöre zum Stamme derjenigen , welche sterben wenn sie lieben 
(IpLc I^I>I 131 *j3 ^JA). In den Noten hierzu (T. II, p. 176) wird auf Kose- 
garten's arabische Chrestomathie (p. 46) und auf Lances 100 1 Nacht (III, 247) 
verwiesen, in welchen Stellen ebenfalls von den Ben« Odhra die Rede ist. 

An einer andren Stelle Hariri's (p. !•♦) wird ein Sprichwort angeführt, das — wie 
in den Scholien bemerkt wird — von einer Frau aus dem Stamme der Odhra (Asma*) 
herrührt. Zu demselven Stamme gehörte übrigens auch Adhra (BJlVc) die Geliebte 
des Wllmik (cf. WestÖstlieher Divan , ed. v. Loeper, Bach der Liebe , p. 45). 

2) Wie Heine einen Ausdruck, den er zafälJig ein Mal gehört , bloss des seltsamen 
Klanges wegen irgendwo anzubringen sachte, davon ist der »Tausves-Jontof^ in 
der »Disputation" ein Beispiel. Tausves-Jontof , d.i. '2^\C} ÜV DlDDin ^^^ ^^^ 

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Aussprache der deutschen und polnischen (slavischen) Juden (im Gegensatze zur Aus- 
sprache der spanischen, italienischen und orientalischen Juden) bedeutet «Zusätze 



statt des Targum Onkelos wäre es wohl passender gewesen, eine 
andre chaldäische Bibelübersetzung anzuführen — nämlich das s.g. 
jerusalemische Targum, das eigentlich mehr Paraphrase ist und 
sehr viele hagadische Bestandtheile enthält, was in der Ueberset- 

* 

zung des Onkelos nicht der Fall ist. 

Wenn von der Hagada die Rede ist, so verdient diese chal- 
däische Uebersetzung schon deshalb Erwähnung, weil auch die 



des Jom-tob. '2^\^ ÜV* Festtag, guter Tag, aramäisch ^p'^^ljg ist ein oft vorkom- 

mender Name (Zanz, Namen der Jaden p. S8, Gesammelte Schriften II, 20) wie 
ebenso das spätere Bondi ans ital. Baon di , das dessen Uebersetzang ist. Entsprechend 
dem Gebraache , als Titel eines Baches einen Ausdruck zn wählen , in welchem der 
Name des Verfassers enthalten ist — gewöhnlich biblische ausdrücke , wie ; Schild 
Abraham's (nach Gen. 16,1), Feld Isaaks, Gespräch (n^tS^) Isaak's (Gen. 24,63), 
Zelt Jakob's (fien. 26, 27 ; 31, 33), Sack Benjamin's (Gen. 44, 12), Bronnen Mosis 
(Ex. 2, 16, auch als Wortspiel Deut. 1,6), Opfer Aarons, Teppiche Salomon's 
(Cant. 1,6), Weinberg Salomon's (ib. 8,11) w. v. a. — ist ^1^ Q^l HIDDin der 
Titel eines Commentars zur Misch na , den Jomtob Lippmann Heller verfiEisste (cf. 
Wolf, Bibl. Hebr. I, N®. 831, p. 484) und — wie er am Schlüsse desselben sagt — 
im Alter von 38 Jahren, im Jahre 5377 (d.i. 1617) vollendete. Dieser HIDDID 
Dito DV ^^d *"^^ — ^^^^ d®^ jüdischen Sitte , den Verfasser eines Buches mit 
dem Titel desselben statt mit seinem eignen Namen zu benennen — in A. Bern- 
steines # Mendel Gibbor^' (ed. 1860, p. 112) unter den Vorfahren Malkoh's genannt. 
Jedenfalls ist es ein — bewnsster oder unbewusster — humoristischer Anachronismus, 
dass dieser Gommentar in der »Disputation^^ die doch lange vor dem 17. Jahr- 
hunderte Statt fand , genannt wird. Das TOilt Nichts mehr der Tausves-Jontof , was 
soll gelten P . . . denn der Taasves- Jontof , Gott , das bist du !" ist um so komischer, 
als der Tossaphot- Jomtob keineswegs zu den Autoritäten ersten Ranges gehört, wie 
er denn auch gar nichts andres sein wollte als ein einfacher Commentar. 

Aehnlicb verhält es sich mit einem andren Worte. Der jüdische Name Feibestih , 
der schon frühe in jüdischen Schriften vorkommt, ist nichts Andres als Phoebus 
(Znnz 1. c. p. 34, Wolf B. H. 1 , 9). Als Uebersetzung dieses Feibeech findet sich 
auch der biblische Name Uri (*i'ni^> n^ein Licht, oder als Abkürzung von D^IK» 

T • 

Mein Licht ist Gott) wie aus Zunz (ib. p. 26) zu ersehen. Auf Büchertiteln kommen 
zuweilen neben diesem Feibesch (tfi^^^l , tfi^D^^I , t£^3''^D » ^i® Schreibweise ist je nach 
den Zeiten und Ländern verschieden) auch 1*^^^ und ^^"ntfi^» aramäisch Licht , 
Leuchter (arab. pers. ^'r^) als gleichbedeatende Namen vor (so z. B. bei Wolf I, 
p. 30, 33; III, p. im, 1123, Fürst, Bibliotheca jad. III, 96 , 462). Heine hatte 
nun wahrscheinlich einmal zufällig von diesem Phoebus-Feibesch gehört und diese 
seltsame Uebertragung veranlasste ihn, auch Phöbus Apollo als Apollo- Feibesch im 
Bomanzero (Der Apollogott) ligariren zu lassen, in der Stelle: 

. . .Und da hiess er Rabbi Faibisch, 

Was auf Hochdeutsch heisst Apollo — 

Doch mein Abgott ist er nicht. 



Sprache der im Talmud yorkommenden hagadischen Stelleji vor- 
heriBchend die chaldäische , also die Yolkssprache ist , entsprechend 
dem Tolksthümlichen Charakter der Hagada, während in der juris- 
tisch-casuistischen Halacha das Hebräische vorherrscht. ^). 

Dass nun aber Heine das Targum Onkelos wenigstens dem Na- 
men nach kannte, ist für den Talmud wie für die gesammte jü- 
dische Literatur sehr charakteristisch. Targum Onkelos ist — oder 
war vielmehr, und zwar noch zu Anfang dieses Jahrhunderts — 
ein in jüdischen Kreisen allgemein bekannter Ausdruck. Diese chal- 
däische Uebersetzung ist nämlich in den meisten Pentateuchaus- 
gaben dem Texte beigedruckt ; dazu kommt , dass in Baschi's Com- 
mentar — in früherer Zeit ein allgemeiner Unterrichtsgegenstand — 
das Targum Onkelos sehr oft angeführt wird. In weit früherer Zeit 
wurde beim Vorlesen des Pentateuchs auch die chaldäische Ueber- 
setzung der einzelnen Stellen vorgetragen. Ein solcher Uebersetzer 
hiess Meturgeman, Turgeman, was also dem Turcimanno, drago- 
man und andren Umbildungen desselben Wortes (Mhd. Tragemunt) 
entspricht, das, wie Roediger bemerkt (Ges. Thes. s- v. QJ'^p, 
p. 1264*), auch in andren orientalischen Sprachen vorkommt , wäh- 
rend das chaldäische Wort das ursprüngliche ist. Und so wie 
-dieses «Targum» — wovon das Zeitwort Esra 4, 7 vorkommt — 
kein fremdes, sondern ein einheimisches Wort ist, so kommen auch 
sonst innerhalb der jüdischen Literatur die verschiedensten Ueber- 
setzungen vor, mehr vielleicht als in irgend einer andren Literatur. 

Davon aber abgesehen finden sich im Talmud Fremdwörter aus 
den verschiedensten Sprachen; das ist namentlich in der Hagada 
der Fall, da das Aramäische, das in derselben vorherrscht, an und 



1) Bemerkeuswerth ist , wie der Unterschied zwischen der casuistischen Halacha 
and der populären Hagada sich nocli im 19. Jahrhundert geltend machte. So erzählt 
L. Kaiisch (Bilder aus meiner Knahenzeit p. 71)> dass es neben den grossen Talma- 
disten — die, wenn aaf Reisen, in grösseren Gemeinden Vorträge hielten, die aber 
nur von den Gelehrten verstanden warden — auch wandernde Sittenprediger gab, 
Maggidim (D^T»^Ö » desselben Stammes wie Ilagada , rn^D > ^^^^ -A- Bernstein's 
«Vögele der Maggid^' hat davon ihren Namen) genannt, die viel populärer waren 
als jene Talmudisten und die sich in ihren Vorträgen an das grosse Publicum, nament- 
lich an die Frauen, wandten, wie sie denn auch neben der Bibel zumeist Midraschim 
anfahrten. Zugleich wird der tiefe and nachhaltige Eindrack dieser Vorträge auf 
die Zuhörer erwähnt. 



6 

für sich viele fremde Wörter aufgenommen hat. Die Fremdwörter 
bilden aber auch insofern ein wesentliches Element der Hagada, 
als bei der Deutung biblischer Ausdrücke auch oft fremde Wörter 
herangezogen werden, die mit den hebräisehen Wörtern ähnlich 
lauten , und dann dazu dienen , den letzteren eine neue Bedeutung 
oder yielmehr Deutung zu geben. 

Dieses Verhalten fremden Sprachen gegenüber — das zunächst 
in dem unstäten Wanderleben der Juden seinen Ursprung hat — 
bildet einen wesentlichen Unterschied zwischen der jüdischen und 
der arabischen Literatur, während beide in andren Puncten man- 
ches gemeinschaftlich haben, namentlich mit Bezug auf die Sagen, 
die den Hauptbestandtheil der Hagada bilden (das hebräische H*!^!! 
bedeutet zunächst Sage, Erzählung). 

So berührt sich denn auch die oben angeführte Stelle aus dem 
westöstlichen Diyan mit einer Stelle im Bomanzero , — wenn auch 
nur flüchtig und äusserlich. 

Die Hagada wird in mehreren Talmudstellen als anziehend und 
erheiternd dargestellt. Im Bomanzero heisst es nun: 

Und der junge Talmudschüler, 
Wenn sein Herze war bestäubet 
Und betäubet yom Gezanke 
Der Halacha .... 
Floh alsdann sich zu erfrischen 
In die blühende Hagada .... 

Die Stelle des westöstliohen Diyan ist q^ Hegire i überschrieben. 
Dieses arabische Wort — Hj^s^ — bedeutet Abreise, Auswan- 
drung , mit dem Artikel bezeichnet es die Flucht Mohammad's yon 
Mekka nach Medina, die Hidschra, bei den Engländern Hegira, 
bei den Franzosen L'h^gire, ^) 

Diese Ueberschrift hat also Bezug auf das folgende: — «^ Flüchte 
du, im reinen Osten» u. s. w. In der einen wie in der andren Stelle 
ist so yon einem Sich flüchten die Bede. 



l) Dass Göthe die französische Form des Wortes gewählt hat wird ?on ihm selbst — 
in den «Noten und Abhandlangen*^ zum Divan (ed. v. Loeper p. 369) — motivirt. 



Um eine grosse Entfernung auszudrücken gebraucht die Bibel 
(Ps. 103, 12) den Ausdruck : so weit von einander entfernt wie Son- 
nenaufgang von Sonnenuntergang ; dieselbe Yergleichung findet sich 
auch im Eor4n (^^^aäJJxJI vXju Sur. 43, 37). i) Ausser der räum- 
lichen Entfernung besteht aber auch sonst ein grosser Unterschied 
zwischen Orient und Occident, welcher Unterschied auch in der 
ganzen Anschauungs* und Ausdrucksweise sich kund gibt, während 
andrerseits eine gewisse Yerwandschaft — die ja auch sprachlich 
ezistirt — zwischen den einzelnen semitisch-orientalischen litera- 
turgebieten zu Tage tritt. So kommt es denn, dass das, was in 
der oben angeführten Stelle des westöstlichen Divans gesagt wird, 
auch von der jüdischen Literatur gilt. 

aWo sie noch von Gott empfingen Himmelslehr' in Erdespra- 
chen», womit es in Zusammenhang steht, dass ((das Wort so wich- 
tig dort war, weil es ein gesprochen Wort war» , was man auch 
so auffassen kann, dass es ein von Gott gesprochnes Wort war, 
das aufgeschrieben und somit zugleich ein geschriebnes Wort ward. 

Das was die jüdische und die arabische Literatur von andren 
unterscheidet ist , dass ein Beligionsbuch ihre Grundlage bildet und 
von wesentlichem Einflüsse auf dieselbe war und ist. 

Die jüdische Literatur ist eine vorherrschend religiöse, da sie 
sich zumeist auf die Bibel oder den Talmud bezieht, deren Studium 
als eine religiöse Handlung, zugleich auch als das Höchste und 
Wichtigste , betrachtet wird. Die andren Wissenschaften stehen im 
Dienste der Religion. In einer Talmud stelle (Sabbath 75^) heisst 
es : Wer den Lauf die Himmelskörper berechnen kann aber nicht 
berechnet — von' diesem gilt der Spruch (Jes. 5, 12): Sie schauen 
nicht Gottes Thun und betrachten nicht das Werk seiner Hände. 
Die Astronomie wird also hier vom religiösen Standpuncte aus be- 
trachtet, weil nämlich die Betrachtung des Himmels und seiner 
Gestirne zur Gottosverehrung führt, wie das in mehreren Bibelstel- 
len ausgesprochen wird (z. B. Jes. 40, 26; Ps. 8, 2 fg.; 19, 2 fg.; 
103, 14 fg.) und die arabische Sage (Sur. 6, 76 fg.) in der Geschichte 



1) Auch im westöstlichen Divan (Buch Saleika ed. v. Loeper, p. 146) heisst es : 
»Bist du ?on der Geliebten getrennt wie Orient vom Occident.../' wozu in der 
Note dieselbe Yergleichung aus Kiatibi Rumi angefahrt wird. 



■ 

1 



10 

Eine grosse Vertrautheit mit dem Eorän zeigt sich namentlich 
in den Makamen des Harirl, in denen fortwährend Anspielungen 
auf Kor4nstellen yorkommen, welche Vertrautheit Hariri auch bei 
seinen Lesern voraussetzen musste. Aus einzelnen Stellen der Ma- 
kamen ist ersichtlich, dass manche der im Koran Yorkommenden 
Redensarten auch in der gewöhnlichen Umgangssprache — und 
zwar mehr in humoristischer Weise — angewandt wurden. Dahin 
gehört, was (zur Erklärung des ^,jA U L im Texte) in den 
Schollen p. Ua bemerkt wird, dass man, um seine Verwundrung 
über irgend Etwas auszudrücken , den Ausdruck «0 MarjamB UjyA L) 
gebrauche, mit Bezug auf Sur. 19, 28, woselbst es heisst, dass 
die Leute zu Marjam (Maria) sagten : Marjam , was ist das für 
eine seltsame Sache ! 

Nirgends aber kommen dergleichen Anführungen und Anspie- 
lungen so häufig Tor, wie bei Hariri, wo sie eben mit zu dem 
ganz eigenthümlichen Charakter des Buches gehören ^). 

Bei den arabischen und bei den jüdischen Autoren dient ein 
und dasselbe Wort sowohl zur Bezeichnung einer Perlenschnur 
als auch eines Gedichtes (|^*^n' i^) i*)^'^' ™ Gegensätze zu 
.yJU , Prosa) , und ebenso findet sich — wie bei Hariri das Ein- 
reihen Yon Kor4nstellen — das Einreihen von Bibelstellen in den 
jüdischen Schriften, namentlich in den zur Liturgie gehörenden 
Dichtungen. Es sind das gleichsam eingereihte Perlen, die dem 
Ganzen höheren Werth und Glanz verleihen , durch die ganz 
überraschende Gedankenverbindung etwas Frappantes und Fesseln- 
des, sowie in ihren Anklängen etwas Trauliches und Erinnrungs- 



witziger Weise aaf die verschiedeDsten Dinge anwandte. Aber auch heute noch ist 
das nichts seltenes; A. Bernsteines Erzählungen (Vögele der Maggid und Mendel 
Gibbor) liefern fast auf jeder Seite Beispiele hierzu, aber auch dafür, dass das was 
man jetzt /»geflügelte Worte" nennt in der jüdischen Umgangssprache mit Bezug auf 
biblische Redensarten sehr häufig Torkommt. 

1) Wie die Araber für Alles Kunstausdrücke haben , so ist auch ^ÜÄd* — wörtlich : 
Feuer vom Heerde eines Andren nehmen — die Bezeichnung dieser Art von Ent- 
lehnung, und wird so in den Scholien zu Hariri (p. n\) mit Bezug auf dasy^ 

(^Ajy^ ^^^ ^' CT* (^"^' ^^» '^) gebraucht. Sehr merkwürdig ist jedenfalls 
die Anwendung dieses Spruches — der übrigens auch die Inschrift türkischer Fahnen 
bildet — auf das in dieser Makame behandelte Thema. 



11 

reiches haben. Es sind alte Freunde, die Einen unerwartet be- 
grüssen. 

So führt auch Alcharizi in seiner hebräischen Übersetzung der 
Makamen Hariri's , sowie in den yon ihm selbst verfassten Makamen 
(n*ni3nD) ^*^** ^^^ Koranstellen Bibelstellen an. Alcharizi hat 
nun eine reichere Auswahl, denn abgesehen davon , dass die Bibel 
umfangreicher ist als der Koran, so ist auch ihr Inhalt ein sehr 
mannigfcdtiger, während der Koran sich immer in einem nnd 
demselben Ideenkreise bewegt ^). Diese Anwendung von und An- 
spielungen auf biblische Stellen findet sich übrigens in der ge- 
sammten jüdischen Literatur. 

Wie gross der Einfluss einer Religionsurkunde auf Sprache und 
Literatur einer Volkes ist, ersieht man aus der arabischen Lite- 
ratur weit deutlicher cds aus der jüdischen , da man bei jener die 
Yorislamische Literatur mit der nachislamischen yergleichen kann. 
In der letzteren weht ein durchaus yerschiedner Geist, da der 
ganze Ideenkreis und also auch die vorkommenden Ausdrücke 
ganz andrer Art sind als die früheren, und da der Koran als 
klassisches Buch, als unerreichbares Muster und Vorbild be- 
trachtet wird , dessen Ausdrucksweise man so gut als möglich 
nachzuahmen sucht. Dazu kommt, dass mit den neuen Begriffen 
auch neue Wörter einwanderten, die aus anderen semitischen 
Sprachen — aus dem Aramäischen und dem Späthebräischen — 
stammen. Diese Wörter — wie auch ganze Redeweisen — haben 
mit der Ausbreitung des Islam auch in andere Sprachen Eingang 
gefunden und bilden so eine gewisse sprachliche Einheit zwischen 
den verschiednen Idiomen des Islam, Persisch, Türkisch, Hin- 
dustani, die diese — zumeist der Religionssphäre angehörigen — 
arabischen Ausdrücke aufgenommen haben, trotzdem dass ihr 
Organismus ein ganz andrer ist als der der semitischen Sprachen , 
in Folge wovon oft ein arabisches Zeitwort durch das entspre- 
chende arabische Hauptwort, verbunden mit dem persischen oder 



1) Auch das Urtheil Alcharizi'g über B. Jehuda Halevi, das Heine in den Noten 
zum Romanzero in Übersetzung anführt (diese Übersetzung findet sich auch in Sachs 
«religiöse Poesie", p. 287) ist mit Bibelstellen durchflochten, was man der Überset- 
zung freilich nicht ansieht. 



12 

Hindustaniwort für «machen» , wiedergegeben werden muBS ^) Ähn- 
lich verhält es sich mit den , der arabischen Sprache entnommnen , 
persischen und türkischen Personennamen , die der Beligionssphäre 
angehören. 

Der Einfluss den ein geschriebnes Beligionsbnch auf die Sprache 
ausübt zeigt sich auch anderswo da am Meisten , wo die Religion 
keine einheimische sondern aus der Fremde eingeführte ist. Hie- 
ronymus erwähnt an einer Stelle (£p. CYII ad Laetam , ed. YalL 
I, 679) mit Stolz den Sieg der christlichen Religion über die 
heidnische, in der That aber zeigt sich dieser Triumph nirgends 
so deutlich wie in der s. g. Yulgata , in der die stolze römische 
Sprache mit ihrer Formschönheit die Sklavin eines verachteten 
Idioms ist, dessen Eigenthümlichkeiten sie sich fügen muss, 
während eine Menge barbarischer Ausdrücke gleichsam das römische 
Bürgerrecht erhalten haben. Und dabei ist es ein Buch, das eben so 
berühmt ist und eben so oft angeführt wird wie das irgend eines 
römischen Autors. 

Viele dieser barbarischen Ausdrücke sind herübergenommene 
oder nachgebildete hellenistische Wörter, die selbst wiederum 
Nachbildungen hebräischer Wörter sind, wie z. B. Angelus, Dia. 
bolus, Anathema, Benedico (föAoyi«), hebräisch: >Cpt2^, *nj^^O> 

TO' cnr\- 

Hellenistische sowie viele altgriechische Wörter in kirchlich-reli- 
giöser Bedeutung, die also von der ursprünglichen durchaus ver- 
schieden ist, bilden einen wesentlichen Bestandtheil des Neugrie. 
chischen. Indem nun daneben noch viele althellenische Wörter in 



1) Za den vielen aus dem Arabischen stammenden Ausdriicken in den andren 

Sprachen gehört z.B. auch J^i*^, Weg (das im Koran oftin Verbindung mit Allah, 
aber auch allein vorkommt, wie Sur. 25,9 für «Weg zum Paradiese'* &c) «Sebil 
bezeichnet jede freiwillige, blos aus Liebe zu Gott dem allgemeinen Besten darge- 
brachte Spende, wie z.B. die Herstellung eines öffentlichen Brunnens, und so heisst 
der Brunnen selbst Sebil'' (Wetzstein in ZDMG. XI, 512 N.). Dieses «Sebil" für 
Brunnen findet sich nun auch im Persischen, Türkischen und Hindustani. So wird 

ferner im Hindustani ^t ^ JJ» (nach Sur. 112, 1), mit Bezug auf eine religiöse 
Geremonie, gebraucht, um zu sagen, dass die Malzeit zu Ende (Shakespear W. B. 

8. V. v/<^, p. 1286). Es sind das wenige Beispiele aus sehr vielen. 



n 



18 

ihrer ursprünglichen Bedeutung gebräuchlich sind, tragt dieses 
Idiom die Spuren des langen Kampfes zwischen Heidenthum und 
Christenthum, wie andrerseits in der Benennung mythologischer 
Personen der alte und der neue Glaube yielfach synkretistisch in ein- 
ander spielen. Dagegen sind die Wörter ''ASif ^ , ylyctuTsg , ^»tfihiov , 
9a/o^ , (reXlivyi , die in der Übersetzung der LXX (und ebenso in der 
neugriechischen Bibelübersetzung) vorkommen, einfach die Über- 
setzung der hebräischen Ausdrücke ^Tj^ tÜ^pIfi^? *1I2^> 0^^9-5' ^M^tif' 

• • • • • 

Ahnlich würde wohl auch Luther's Bibelübersetzung, wenigstens 
hie und da, Spuren des hartnäckigen Kampfes zeigen, der Yor- 
hergehen musste, ehe die Sachsen das Christenthum annahmen 
— nur aber war die altgermanische Literatur lange nicht so reich 
wie die Griechenlands, wo ausserdem noch unzählige Kunstdenk- 
mäler — ja die Natur selbst — fortwährend an die alte Religion 
erinnerten. 

Viele neugriechische Wörter von kirchlich-religiöser Bedeutung 
haben in der russischen Sprache Aufnahme gefunden, wie ebenso 
viele der Yulgata und der Kirchensprache eigenthümlichen Aus- 
drücke in die romanischen Sprachen übergegangen sind. Zuweilen 
ist es ein acht römisches Wort , dessen Bedeutung aber mit der 
früheren nicht identisch ist, es ist derselbe Wortkörper, aber 
der Geist ist ein andrer. So ist z. B. das französische Cieux in 
fjustes cieux! Boyaume des cieux» dem Laute nach das latei- 
nische Coeli, aber nicht dem Sinne nach, da letztere Pluralform 
überhaupt sehr selten und auch der Singular nie metonymisch für 
tGottD gebraucht wird. Cieux entspricht dem Coeli der Yulgata 
und der Kirchensprache in Regnum coelorum, Botvi^etot rcov ovpxvwv 
(letzteres auch in der neugriechischen Bibelübersetzung^ , woneben 
Regnum Dei , BatriXsi» tou diov in gleicher Bedeutung gebraucht 
wird. Dieser Ausdruck ist die Nachbildung des späthebräischen 
D^OK^ — ^*® *^^^ ^^ ^®^ Mischna (z. B. Berachoth II, 2.5) vor- 
kommt , Q^OtJ^ mD^D j ^i® Herrschaft des Himmels , d. h. Gottes 
— , des aramäischen J^'^QtJ^ «Himmel» für aGott». 

Dasselbe findet namentlich bei vielen Adjectiven statt, z. B. im 
franz. chamel (englisch : camal) vom kirchenlateinischen camalis , 



u 

im N. T. (auch in Keugriechisohen) <rapKiici^ von Z^p^ zur Be- 
zeichnung der Schwäche (wie Matth. 26, 41 if ii actp^ ifrievvic;) in 
welchem Sinne auch das biblische "^fc^J gebraucht wird (Cf. Ges. 

thes. s. V. "^Ji^^, Schleussner s. v. Y,xp^y 

Wie man nun emphatische Ausdrücke gerne fremden Sprachen 
entlehnt , da der fremde Klang an und für sich etwas Emphatisches 
hat nnd wirkungsvoller ist als der heimische, so kommen unter 
diesen Fremdwörtern auch biblische Ausdrücke yor. So z. B. das 
französische Bacaille, nach Littr^'s sehr einleuchtender Meinung 
vom biblischen Baca , *¥a%i (Matth. 5, 22) , das selbst ein Fremd, 
wort ist, das aramäische \q'^ (das auch die syrische Version z. 
St. hat) , das talmudische ^^p^^^n? welches als Scheltwort an mehreren 
Stellen vorkommt. 

Ein ähnliches Wort ist das französische Gdne — wovon das 
deutsche Oeniren — , in der früheren Sprache , wie aus Littr^ 
s. V. zu ersehen, Gehinne, Oehenne, ursprünglich soviel wie 
Folter, Folterqual, dann Qual überhaupt (in welcher Bedeutung 
das Wort noch bei Montaigne vorkommt), von Tisvv»^ Gehenna 
im N. T. , dieses vom syrischen Gehano (|jflUi^^) im Targum und 

im Talmud (schon in der Mischna) Q^H^J, das biblische ^^ 
Düil QS)' *^®^ ^^ übertragner Bedeutung. Das Wort wurde, in letz- 

terer Form und Bedeutung als |wi^:> von Mohammad aufgenom- 
men und ist so auch im Persischen, Türkischen und Hindustani 
gebräuchlich. Es ist das cdso eines derjenigen Fremdwörter, die, 
aus dem Hebräischen stammend , im Orient wie im Occident unter 
allen Bekennem des Monotheismus einheimisch geworden sind, 
wie z. B. auch Sabbath (TQ^ , ar. vi^v^A^w«) , Messias {YV0J2 j *'^* 

g.x-.Mvo) , Satan (^^^^ , ar. ^LkiyÄ) und andre. Nur sind diese 

Wörter dem arabischen Idiom nicht so fremd wie den abendlän- 
dischen Sprachen, da sie verwandten Sprachen entnommen sind 
und derselbe Wortstamm gewöhnlich im Arabischen ebenfalls vor- 
handen ist , wie denn diese Wörter auch von den arabischen Au- 
toren aus dem Arabischen hergeleitet werden ^). 

1) So wird »Schneiden, Abschneiden" if^) für die eigentliche and ursprüngliche. 



15 

Ein andres, aus der Bibel stammendes, französisches Wort ist 
Calice in Boire oder Avaler le calice, le calice am^rc de la yie 
bei Lamartine (von Littr^ s. v. angeführt). Es ist dieses das la- 
teinische Calix , das aber in dieser metonymischen Bedeutung nur 
in der Vulgata (z.B. Matth. 20,22; 26, 39. 42 ; Marc. 10, 38. 39) 
vorkommt. Dieser Sprachgebrauch stammt aus dem alten Testa- 
mente , in welchem Becher , Kelch (Q^^) nicht nur als Kelch des 
Leidens (auch ohne näheren Zusatz wie Klagel. 4, 21) sondern auch 
als Kelch des Trostes, des Heils, des Überflusses vorkommt (cf, 
Ges. Thes. s. v. QJ^ > P« ^^^ 6) ; die Vulgata hat an allen diesen 
Stellen natürlich auch Ccdix. 

Biblischen Ursprungs ist auch das französische (und deutsche) 
Cidre, cdtspanisch Sizra, nach Diez s. v. sidro von Sicera , Z/x«/9«. 
Dieses Wort findet sich in mehreren Stellen der LXX sowie der 
Vulgata (z. B. Lev. 10, 9. Num. 6, 3. Deut. 14, 26. Jud. 13, 4. 7. 14; 
an letzterer Stelle hat die Übersetzung der LXX (jt,i6v(Tfia) und 
entspricht dem hebr. "^^yp , berauschendes Getränk, Auch an einer 

Stelle des N. T. (Luc. 1, 15) findet sich ZUepa , Sicera. Die sy- 
rische Version hat an mehreren dieser Stellen \ ^^ I , das Targum 
zu den Proverbien (20, 1; 31, 4. 6) J^'^^tü^, es ist dieses das 

hebräische *^3Ji^ in aramäisirter Form , da ein Zeitwort "^^tü^ im 

Aramäischen nicht existirt. Aus der Vulgata stammt übrigens auch 
das franz. Vermeil , ital. Vermiglio , nämlich von Vermiculus , womit 
das ('iJI^) nj^^lD a» mehreren Stellen (Ex. 35, 25. 35 ; 38, 18. 23) 

übersetzt wird. 

Auch das in der Vulgata (Luc. 23, 18) vorkommende Tolle 
(hunc) hat unter derselben Form auch im Französischen Aufnahme 
gefunden , in der Redensart : Crier toUö sur quelqu'un , Erbittrung 
gegen Jemand erregen. 

Wie bei göne, geniren kommt es oft vor, dass ein Wort 



»Ruhen'' als die secnndäre Bedeutung von vi>-*-»w erklärt (ZDMG. XXXIX, 585); 

die verschiednen Erklärungen von ^sjlmm-S^ — worunter auch die, das es ein he- 
bräisches Wort, in der Bedeutung «gesegnet*', sei — werden von den Commentatoren 
zu Sur. 3, 40 , die von QUfljyÄ zu Sur. 2, 13 angeführt. 



16 

kirklich-religiösen Ursprunges in Folge des häufigen Gebrauches 
populär und in ganz yerschiedenem , oft humoristischem , Sinne 
gebraucht wird. Dahin gehört ein andres lateinisches Wort, Pec- 
cata, das — wir aus Littr^ s. v. zu ersehen — in der Volks- 
sprache zur Bezeichnung eines Esels — im eigentlichen wie im 
übertragnen Sinne — gebraucht wird: C'est un peccata. In der 
Normandie nennt man den Esel, wegen der vielen Schläge die 
er erhält und geduldig erträgt, Peccata mundi, mit Bezug auf 
das Lamm Gottes , das die Sünden der Welt trägt (Joh. 1, 29). 
Ebenso wird Benedicte für Abführungsmittel, Benediction für 
Laufpass (donner k quelqu'un sa benediction) und Eyrielle , Litanei 
(von Kvpti sKitifToy) , ähnlich wie das deutsche Litanei , zur Be- 
zeichnung einer langen, nichtendenwoUenden Bede gebraucht i). 
Auch Personen und Ortsnamen werden appellativisch gebraucht, 
z. B. Benjamin für Schosskind, Caphamaüm (Capemaum, in der 
syrischen Version und im Talmud mriJ ^DD > Nachumsdorf) zur 
Bezeichnung eines Ortes , in welchem yerschiedenartige Dinge durch- 
einander aufgehäuft sind. Ein weitverbreiteter Personenname dieser 
Art ist der des Luc. 16, 19 fg. erwähnten Lazarus, Abkürzung des 
hebr, "^^y^J^ , ebenso in der syrischen Version und im (jerus.) 
Talmud ^"^^f^. Nach Diez (W. B. 3. A. 1 , 245) und A. Fuchs 
(die romanischen Sprachen u. s. w. p. 224) sind von diesem Namen 
gebildet : Spanisch lazaro (lazarino) , Aussätziger , Bettler , lazarillo, 
Bettelknabe, Knabe der einen Bettler führt, laceria, Armuth 
(altspan. Aussatz) , lazareto , ital. lazzeretto , Lazaret , ital« lazza- 



1) Die veränderte Form und Bedeutung derartiger Wörter fuhrt zuweilen zu einer 
falschen Etymologie. Ein Beispiel hiervon ist das holländische Kermis =» Kirmes , 
Kirchweihe (franz. Kermesse, vielleicht durch die berühmte Kermis von Ruhens be- 
kannt geworden). Ebenso wie das deutsehe ist auch das holländische Wort zusammen- 
gesetzt von Kerk, Kirche und Misse, Mis = Messe und hat ebenso im Lauf der Zeit 
die ursprungliche Bedeutung verloren, indem es nur noch im Sinne von Volksbe- 
lustigung gebraucht wird, so in dem Sprichworte: «Het is niet alle dag Kermis" 
und in den Zusammensetzungen Kermisbier, Kermisdans, Kermisgast, K. Gift, K. 
Koek U.S.W. Kilian (Etymologicum teuton. linguae und Diction. teutonico-latinum) 
erklärt nun auch Kermisse mit Kerckmisse, Kerckw^hinghe, Kirchweihung, leitet 
aber Kermisse von x^p^ioa-Cv^ ab mit der Bemerkung: Festam fuit apud Athenienses 
a gandio s. laetitia dictum. 



17 

rone, Einer aus der unterfiten Yolksklasse Neapels, französisch: 
ladre, aussätzig, filzig. 

Auch in der deutschen Sprache finden sich viele Wörter bi- 
blischen Ursprunges , wie z* B. Furcht Gottes , Furcht des Herrn 

(D'^n^K nN*T^ > Luther hat noch an anderen Stellen , entsprechend 

• ••• • • . . 

• • • 

dem hebräischen Ausdrucke i>eure Furcht^', statt die Furcht vor 
euch, wie Gen. 9, 2, Deut. 11,25, »meine Furcht" Jerem. 32, 
40); hartnäckig, ffK\}ipoTp»x^^o^ t ^o^^'* ^"^V ^K^p? »Schulden" 

für Schuld (Matth. 6,12) i(p6tXvi(A»T» ^ aramäisch p^^Hr^^®^^" 
gläubige , iXi^i'JTKTTOi , im Talmud HJ^OJ^ "^J^p (Buxtorf col. 
2017 s. V. J^p führt eine Talmudstelle an, die der Stelle 
Matth. 6, 25. 30 entspricht) ; isein Scherflein zu Etwas beitragen", 
nach Luthers Übersetzung des gr. XstttA Marc. 12, 42 und so 
noch manche andre Ausdrücke und Redensarten, darunter auch 
sprichtwörtliche oder in populär-humoristischem Sinne gebrauchte. 
Wie schon aus den oben angeführten Beispielen zu ersehen 
ist, erstreckt sich der Einfluss der Bibel weit über die Grenzen 
ihres ursprünglichen Gebietes. Innerhalb der jüdischen Literatur 
gibt sich dieser Einfluss darin kund , dass die hebräische Sprache , 
nachdem sie aufgehört , eine lebende Sprache — im gewöhnlichen 
Sinne des Worts — zu sein , doch immer noch fortlebt und sogar 
neue Formen hervorbringt. Die im Talmud — zunächst in der 
Mischna — gebrauchte Sprache ist die hebräische, allerdings mit 
vielen neuen Wortbildungen oder neuen Bedeutungen der biblischen 
Ausdrücke ; dasselbe gilt — nur in geringerem Grade — auch von 
der Gemara ; daneben bestehen aber auch die biblischen Ausdrücke 
in ihrer ursprünglichen Bedeutung, wie auch fortwährend Bibel- 
stellen angeführt werden; die Bibel ist der immerdar quillende 
Brunnen, aus dem fortwährend geschöpft wird. Die hebräische 
Sprache ist denn auch — mit einzelnen Verschiedenheiten der 
Ausdrucksweise — die Sprache aller nachtalmudischen Bücher, 
wie auch derjenigen Schriften die gegenwärtig tagtäglich erschei- 
nen, wozu auch Zeitschriften gehören. Hebräisch ist ferner die 
Liturgie, wozu auch das Vorlesen des Pentateuohs und andrer 

3 



18 

biblischen Stücke gehört , wie aach die Psalmen einen wesentlichen 
Bestandtheil der Gebete bilden. Die hebräische Sprache bildet so 
ein geistiges Palästina , die heilige Sprache vertritt die Stelle des 
heiligen Landes. Der Jude , der in einem fernen Welttheil die Sy- 
nagoge betritt , fiihlt sich nicht in der Fremde ; es sind die tränten 
und erinnerungsreichen Laute seiner Kindheit die ihn begrüssen, 
es sind die Klänge der Heimath , die ihn umtönen. 

Und so ist es denn gekommen, dass von demselben Volke, von 
welchem Haman sagte (Esther 3, 8), dass es zerstreut und ver- 
sprengt sei unter den Völkern, dass von eben diesem Volke — 
obschon heutzutage dessen Zerstreuung weitaus grösser ist als da- 
mals — in allen fünf Welttheilen , an einem und demselben Tage — 
den 13 Adar — aus einem und demselben Buche, in einer und 
derselben Sprache die Geschichte von Esther und Achaschwerosch 
und damit zugleich eben jene Anklage Hamanns — die zur Folge 
haben sollte, dass alle Juden Persiens an einem und demselben 
Tage, den 13 Adar, ausgerottet würden — in den Synagogen 
vorgelesen wird. 

Die fortwährende Beschäftigung mit den heiligen Schriften 
(tü^np ^DHD) führte nothwendig dahin , auch der heiligen Sprache 
eine ganz besondre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das gilt nament- 
lich von der Hagada. Da das biblische Wort Gottes Wort ist , so 
ist es anders als Menschenworte ; es hat noch einen tieferen Sinn 
und lässt verschiedne Deutungen zu , die alle neben einander be- 
stehen können. So sagt auch Maimonides (Guide des ^gar^s I, 
18 , Text f. 6b) — nach Anführung einer entsprechenden Midrasch- 
stelle mit Bezug auf die Worte der Schrift, von ihnem gelte 
das, was Prov, 25,11 vom ^M£3^^■^y "^21 ^31 S^^^S^ wird. 

Diese Stelle deutet er dahin , dass der Sinn ist : Worte , die neben 
dem offendaliegenden, äusseren Sinn noch einen verborgnen, in- 
neren Sinn haben, gleichen goldnen Äpfeln in netzartig durch- 
brochnen Gefassen — eine Deutung, die selbst hagadisoher Art 
ist. Maimonides gebraucht hier die arabischen Ausdrücke .^L^ 
und ^^Jc\^J Äusseres und Inneres. Dieselbe Ausdrücke gebrauchen 
arabische Autoren, um den inneren Sinn der Eoranstellen vom 
äusseren Sinne derselben zu unterscheiden. So wird bei Lane (s. v. 



19 

^j p. 1928^) ein Ausspruch lifohammed's angeführt, dass jeder 
Eoranyers einen äusseren und einen inneren Sinn habe — l^ U ') 
^^J^ ^ a! V äüt Qljft^^ er* ^ ^^^ ^^ Abhandlung der lauteren 
Brüder (ed. Dicterici p. v) heisst es mit Bezug auf einen Sur. 
95, 4 Yorkommenden Ausdruck , dass die im Koran yorkommenden 
Stellen neben dem äusseren (•^li') noch einen inneren (^r^) Sinn 
haben , der aber nur den Weisen bekannt ist. Bei Scharastani (ed. 
Cureton p. i*t>, t*ii) heisst es von Judaän (qIcJ^), dem Stifter einer 
jüdischen Sekte , er sei der Ansicht gewesen , die Thora habe einen 
buchstäblichen, äusseren und einen allegorischen, inneren Sinn 

C^.j2^ ^J^3 ^^^^ ^j^^)i ^^^ 2^^^ B®^ diese allegorische Er- 
klärung yerschieden yon derjenigen, welche die übrigen Juden 
annehmen. 

Im Gegensatze zur ernsten und streng logischen Halacha herrscht 
in der Hagada mehr Witz und heitres Spiel der Phantasie. Das 
Wort Halacha — ÜDSI ') "" bedeutet »Gang", die Hagada gleicht 
nun den goldnen Glöcklein , die — abwechselnd mit goldnen Gra- 
natäpfeln — am Saume des Priestertalars befestigt, beim Gang 
des Hohepriestern in^s Heiligthum ihn mit ihrem Klange beglei- 
teten (Ex. 28 , 34 fg.). So wird denn auch im Talmud selbst die 
Hagada, der eigentlichen Bedeutung des Wortes m^H entspre- 
chend, eben nur als leichtes Gerede, als anmuthige Plauderei 
betrachtet , auf die kein grosses Gewicht zu legen ist , wie denn 
auch Maimonides (1. c. p. 31 , Text. fol. 11^) den Grundsatz an- 
fuhrt , dass man nicht nöthig habe , die einander widersprechenden 
Hagadas in Einklang zu bringen. 

So wird denn auch z. B. in der Pesach-Hagada — d-h. in der 



1) Im Koran selbst wird (Sur. 3, 5) der Gegensatz zwischen dem äosseren und 
dem inneren Sinn mit oU^:5^ cift^ and oL^LmXÄ.« ol^t ausgedrückt. 

2) Aruch 8. V. robn vergleicht damit — wie ich das ZDMG. XXXI, 289 N.2 
erwähnt habe — das arabische HI^D^Pi^ C»^;^^^^ ^o^ jii^*^. j^ »gehen"). Es ist 
also unrichtig, wenn Levy (Neuh. WB. s.v. ^-»II^ID, III, 473b) das Wort mit HIID^Pt^ 
wiedergibt und Fleischer's (in den Zusätzen p. 720) Tadel des Aruch ist unbegründet. 
Auch im Supplement zu Abulwalid'*» Wurzelwörterbuch heisst es (s.v. pH» P* 7^^» 

Z. 5) mit Bezug auf das niD''!?n I*rov. 31, 27: robn W!^ (/J^' '^ 0*5 



20 

hagadisch ausgeschmückten Erzählung yom Auszug aus Aegypten , 
gewöhnlich ni^n **^' ^^ox^v genannt — die Meinung angeführt, 
dass ausser den zehn Plagen in Aegypten die Aegypter auch noch 
am Meere geschlagen wurden, was aus den Bibelworten herge- 
leitet wird. Wie viele Schläge sie aber am Meere erhielten , dar- 
über yariiren die Meinungen; nach einer Meinung waren es 50, 
nach einer andren 200 , nach einer dritten Meinung waren es 250 
Schläge. Aber diese Controversen — 50 oder 200 oder 250 — 
sind blosse Scheingefechte , es sind Eampfspiele des Witzes , da 
Jeder seine Meinung aus den Textworten — mit anscheinend 
mathematischer Strenge , wie z. B. 10X^ = ^^ — deducirt. 

In gleicher Weise ist die hagadische Erklärung einzelner bi* 
Mischen Wörter mehr heitres Spiel als grammatischer Ernst, mehr 
witzig als analytisch , wobei sich aber dennoch oft feines sprach- 
liches Yerständniss , sowie grosse Vertrautheit mit der Sprache 
Eund gibt '). Zu diesen jedenfalls sehr sinnigen Erklärungen oder 
vielmehr Deutungen der biblischen Textworte gehört das, was 
an mehreren Stellen (Pesikta d. R- Eahna ed. Buber f. 153A,Mi- 
drasch Eohelet 12, 11 und in andren von Buber und in der 
Wilnaer Ausgabe des Midrasch f. 31<^ angeführten Stellen) mit 
Bezug auf die Worte mjiin.13 Q'^PDn ^^ID*] (Kohel. 12, 11) 
gesagt wird : Die Worte der Weisen sind ein Ball , mit dem die 
Mädchen spielen (n*|J!3 *mD > ^*^^ ^®^ .Mädchen) , der immer 
von einer Hand zur andren geht und nie zur Erde fallt , so auch 
geht die Tradition von Moses zu Josua, von Josua zu den Al- 
testen und so von einem Geschleohte zum andren, und es fällt 
Nichts zur Erde von Allem was Gott gesprochen (nach Jos. 23, 14). 
Femer wird J3*T^ im gewöhnlichen Sinne des Wortes genommen 
und der Satz dahin erklärt , dass er besagen soll : Ebenso wie der 
Stachel bewirkt, dass der Ochs die rechte Furche zieht, um der 
Welt Leben (Nahrung) zu geben, so führen auch die Worte der 



1) Dass derartiges auch in der Halacba vorkommt, habe ich anderswo (ZDM6. 
XXXI, 289, N. 4,) erwähnt. Die balachische Herleitung des Wortes niD!?i^ . Wittwe 
von n^D, Mina, fiv& (Kethuboth IQb) erinnert an Isidor*s Erklärung des Wortes 
Vidua mit yiri duo. Dagegen wird die Erklärung von D'^i^t&^p (Berachoth 571>) auch 
in Ges. thes. (p. 1241) angeführt. 



21 

Thora zum rechten Weg des Lebens. Hieran wird die etymolo- 
gische Erklärung des Wortes und seiner Synonyma geknüpft. I'yil 
heisst der Stachel, weil er der Kuh (dem Ochsen) Einsicht bei- 
bringt (nj-^n l^^l) y eben desshalb auch ^j^"^^ (n^T rniD) j 
^J2^J2 ^®^^ ®^ ^^® unterweist. Letzterem ähnlich ist die von Gesenius 
(Thes. p. 757») s. v. ^Q^ aus Kimchi angeführte Erklärung, quia 
bovem quasi docet araro - HK^nH^ "IpDil miDI ID^Dti^ ^D^- 
(Diese Erklärung sowie die p. 349 aus R. Tanchum angeführte 
Erklärung von Vyil findet sich auch bei Abülwaltd p. 353 , 28 fg. 
und p. 163, 27 fg.). 

Hierher gehört auch die Deutung des Wortes '^•|*^ in der Stelle 

und Gott legte ein Wort in den Mund Bileam's (Num. 23, 5). Im 
Midrasch z. St. (Bamidbur R. s. 20) wird hierzu bemerkt: Wie 
ein Mensch den Zügel (QIJ'^^^ , %«A/vo^ , wie bereits Buxtorf das 
Wort erklärt) in das Maul eines Thieres legt, um es zu lenken 
wie er will, so that Gott mit Bileam. Das Wort "^21 ^^^ *^^^ 
hier im Sinne von "^^T, ©git, impr. egit pecus genommen, welche 
Bedeutung es auch in den verwandten Sprachen hat (Ges. thes. 
p. 313»), wie denn auch im Talmud (Synhedrin 8») "^"21 ^' 

»Führer" gebraucht wird. (Dass das "^^T ™i* »Etwas" gedeutet 
wird , wie Levy — Neuhebr. WB. s. v. D*| J'^^^ — meint , ist 
unrichtig). 

Zuweilen wird zur Deutung eines biblischen Ausdrucks ein 
griechisches Wort herangezogen , so z. B. f4,iyy»vov zur Deutung 
von iyf2 ^®°" l^j 20 (Ber, R. s. 43). Ein ferneres Beispiel hier- 
von (sowie von andren ähnlichen Deutungen) gibt Sachs in seinen 
Beiträgen (I, 28). Manchmal ist es statt des griechischen ein 
aegyptisches Wort. So dient das aegyptische Pronomen anok (womit 
auch Gesenius Thes. p. 126 '^^JJ^ vergleicht) zur Deutung des 
"^DJN ™ Dekalog (Ex. 20, 2). Im M. Tanchuma II , 40» und 

Pesikta d. R. E. 109^ heisst es: Die Israeliten hatten während 
des Aufenthaltes in Aegypten die aegyptische Sprache gesprochen , 
das Hebräische war ihnen fremd geworden. Als nun Gott ihnen 
die Thora geben wollte, sagte er: Ich will mit ihnen in aegyp- 



22 

ÜBcher Sprache reden — also H^J^; wenn Jemand in Aegypten 
zu seinem Freunde sagen will Bich", so sagt er "]1J^ , und so 
begann Gott (den Dekalog) in ihrer Sprache und sagte ^^^i^. 

Zuweilen wird auch die Etymologie eines fremdländischen Wortes 
gegeben. In einer früher (ZDMG. XXXI , 276) Ton mir angeführten 
Talmudstelle (Mischna Aboda Zara I, 3 fg., jerus. Talmud ibid. 
I, 2) heisst es, Adam habe zur Feier des Wintersolstitium die 
CnH^p — ^' ^' ^^® Calendae (des Januar) — eingesetzt , welches 
Wort mit IJ^^T Jl^p ^'^^ä^^* ^^^ j ^*^^ ^^^ Lexicographen ein 
Compositum von »xäAJ^" und »dies" oder »5/«" *). 

Besonders aber sind es die Personennamen , mit deren Deutung 
sich die Hagada gerne beschäftigt. Wie in vielen andren Dingen 
folgt sie auch darin der Bibel , deren Erklärung der Eigennamen 
weniger eine etymologische als vielmehr eine spielende , annähernde 
ist. Der Name soll an die Person nur erinnern und nicht nur ein 
eigner sondern auch ein eigenthümlicher , individueller Name sein. 
Bereits Lazar Geiger (Ursprung der Sprache und Vernunft, I, 
121 , 403) weist die biblischen Wortspiele mit den Namen Noah , 
Isaak und andren nach. Das Spielende zeigt sich aber auch darin , 
dass z. B. bei dem Namen V^Qy^ gleichzeitig zwei verschiedne Er- 
klärungen gegeben werden , von HtDN ^^^ ^^^ ^Ü*^ (Gen. 30, 23. 
24). Manche der hagadischen Namendeutungen sind Spiele des 
Witzes, so z. B. wenn der Name HD^V, der Tochter Ealeb's 
(Jos. 15, 16. 17) von Qy^ , zürnen , hergeleitet wird (Themura 16») , 
sie sei nämlich so schön gewesen , dass Jeder der sie sah , über seine 
eigne Frau ärgerlich ward (weil sie nicht so schön war wie jene — 

)rWi< b)J D5;0 r\r\M< ni<T\r\ ^Dti^)- Gleichzeitig wird zu dem 
Ys. 17 genannten Othniel , Sohn des K'nas und Bruder des Ealeb 



1) Zugleich habe ich erwähnt, dass nach Mas'iidi II, 406 und Kazwini I, v*l 
der Nenjahrstag bei den syrischen Christen (jmvXUÄ heisst; auch bei Bir&ni (ed. Sachau 
p. D^, 17 fg.) heisst es, dass der Neujahrstag bei den Syrern (jMfuXxXÄji wXxfi 
genannt werde, and dass das Wort (j^rcXArfb so viel bedeute wie «möge er gut sein!'* — 
qO ^/^^* Sachau in seiner Übersetzung der Stelle yermuthet, dass dieser Erklä* 
rnng das Wort Kce^v zu Grunde liege. 

2) Derartige von der Schönheit hergenommne Namendeutungen kommen auch sonst 
mehrfach vor, so z.B. Sota 12a bei den Namen pHi^, IHli, r\1)i 1 Chron. 4,7. 



28 

(wonach also Kaleb Sohn des K'nas war) bemerkt , dass das 3p]3 
njQ*i"Q Vs. 13 nicht genealogisch zu nehmen sei, dass rUD^'Q 
sich vielmehr darauf beziehe , dass er sich vom Kathschlusse der 
Kundschafter ferne hielt oder abwandte — Q'^^J^D Dü^D rUD{2^ 
— welche Deutung übrigens auch Sota 11^ mit Bezug auf den 
Namen >^*1J{n ^2 D^D ^ Chron. 2, 18 gegeben wird , wie über- 
haupt diese Deutung der genealogischen Epitheta oft Torkommt, 
Mit Bezug auf den Namen ^{«t'^jny heisst es , derselbe werde an 
einer andren Stelle (1 Chron. 4,9. 10) {^jyi genannt, ^i«<'^jriy> 

weil Gott ihn erhörte (j^^ IJ^JV)? V^V*^ aber, weil auf seinen 
Bath hin die Thora in Israel verbreitet wurde — l^D*'*!! YV*^^ 
bj^*1ti^*'D min j ^^ welchem Sinne Vs. 1 gedeutet wird. 

Wie bei dem Namen )^3y^) ^^^ ^^ ^^' erwähnten Bibel stelle 
Yon 3t{y hergeleitet wird, so wird auch sonst oft neben der bi- 
blischen Etymologie noch eine andre gegeben. So (Berachoth 
7b) der Name piJ^T mit ^QH pb "^^3 p3 HD IJ^T , Sehet 
den Unterschied zwischen meinem Sohne und dem meines Schwie- 
gervaters, welche Deutung sich auf die Zukunft begieht, wie 
die gleichzeitig gegebene des Namens Hl*!* 

Wie gerne sich die Hagada mit Personennamen beschäftigt 
ersieht man aus dem mehrfach vorkommenden , und mit Beispielen 
belegten Satze : Es gibt Personen deren Namen und deren ELand- 
lungsweise schön , andre bei denen Beides gleich hässlich , und 
dann wiederum solche , bei denen das eine schön , das andre hässlich 
ist (Bereschith R. S. 71 , Bamidbar K. s. 16). An einer andren 
Stelle (Megilla 14^) heisst es: Hochmuth ziemt sich nicht den 
Frauen, es hat zwei hochmüthige Frauen gegeben, die häss- 
liche Namen hatten ; die eine hiess Wespe (J^rYllD'^T) j ^^® andre 
Wiesel (i<<n5i^1D*1D)* Hiermit sind Deborah und die Prophetin 
Ohulda gemeint , deren Hochmuth aus dem Jud. 4, 6 und 2 Kön. 
22, 15 Erzählten bewiesen wird. 

Auch bei den Commentatoren des Koran nimmt die Worter- 
klärung eine sehr hervorragende Stelle ein; manche hat eine 
gewisse Ähnlichkeit mit der hagadischen Erklärungsweise, so 
namentlich die Erklärung ursprünglich hebräischer Wörter, die 



24 

Mohammed aufgenommen. So z. B. wird das Snr. 2, 249 vorkom- 
mende o^LÄit — das hebräische niSTI > chald. J«(n^3'^n , Kasten 

— von Zamahsärt (p. hl) und Bai4^wi z. St. mit Kasten, Kiste 
erklärt und von ^ zurückkehren hergeleitet, weil nämlich das, 
was aus denselben genommen wird , immer wieder an den früheren 
Ort zurückkehrt, wie auch der Eigenthümer des Kastens immer 
wieder zu demselben zurückkehrt, wenn er Etwas herausnehmen 
will. Ahnlich wird das darauf folgende äJlXm (späthebräisch nj^'lDti^) 

Yon ^^ beruhigen hergeleitet. Dahin gehört auch die — bereits 
oben erwähnte — Herleitung der Wörter ^LkiuÄ (Sur. 2, 13) , \:y^j^ 
(Sur. 2, 6l ; 25, 49) und ^^JWM^ (Sur. 3, 40) aus dem Arabischen, 
ferner auch eine der Erklärungen, die Bai4äwi (I, M) zu Sur. 
2, 23 mit Bezug auf xa:> als Benennung des Paradieses gibt , es 
werde desshalb so genannt von ^^I!:> (bedecken, verhüllen, yer. 
bergen) , weil Niemand die Freuden kennt , die dort des From- 
men warten , — unter Hinweisung auf Sur. 32, 17, wo eben dieses 
gesagt wird. Zu dieser Stelle führt Bai4äwi den Spruch des Pro- 
pheten an: Das, was dem Diener Gottes in jener Welt zu Theil 
wird , das hat noch kein Auge gesehen und kein Ohr gehört ^). 
Ahnlich lautet eine Talmudstelle (Berachoth 34'>), in welcher der 
Vers Jes. 64, 3 auf die jenseitige Welt bezogen wird. 

Unter den verschiednen Herleitungen des Wortes qI-»*o^ , Mensch, 
führt Lane (s. y. j^Jt , p. 1 1 4b) als die zu Grunde liegende Be- 
deutung auch die von ^c^^ j vergessen , an , weil schon der 
erste Mensch, nach dem Sur. 20, 114 gebrauchten Aussdrucke 
(^yMkJLd) , das ihm von Gott Gesagte vergass. Diese Erklärung klingt 
wie eine hagadische und erinnert einigermassen an die von Eu- 
sebius (Praep. evang. XI, 6, ed. Gaisford III, 16), wahrschein- 
lich nach einer älteren Quelle , gegebne Erklärung des Namens 
'EvcS^ (5i^1Ji<) a^s 'E9r/Aj}o"jC667v (vermuthlich vom hebr. ^W^ > ^ö'" 



1) Diese Hadit wird mit denselben Worten im Namen des Abu Horeira bei Bohari 
(ed. Krehl, II p". t*'lo) angeführt ^A^Uaii (^LäJ COtXfiJ ^^Läj ^I Jl3 



25 

gessen) , wozu Ps. 8, 5 (5i^1 JJ^ HO) angeführt und sehr hübsch 
so übersetzt wird, dass der Sinn ist: Was ist der Yergessliche , 
dass du sein gedenkst ^). 

Ähnlich ist die Erklärung, welche Zamal^Sari (p. hV) und 
Bai44wi (II , l^'vö) Ton dem Worte J»-cmJU» geben , wie nach Sur, 
76, 18 eine Quelle des Paradieses heisst, nämlich J^v^^ J^, 
1» frage nach dem Wege", d.h.: zu dieser Quelle gelangt nur, wer 
den rechten Weg wandelt. — Sehr hübsch ist femer die von Lane 
angeführte Erklärung des Wortes *^y^, Handmühle, als Fem. Ton 
wo^, fremd, weil sie immer yon den Nachbarn ausgeliehen wird 
und so beständig in fremden Häusern ist. 

Was die im Koran vorkommenden biblischen Personennamen 
betrifft, so finden sich bei den arabischen Autoren einzelne Er- 
klärungen derselben, die aber sehr dürftig sind, schon desshalb 
weil die arabische Form derselben von der hebräischen abweicht 
und kein Etymon bietet, während die hebräische Sprache, und 
also auch die zuweilen in der Bibel angegebene Erklärung des 
Ursprunges der Namen , den Arabern in der Regel unbekannt war. 
Einige wenige Erklärungen der Namen sind dem Arabischen ent- 
nommen. So werden z. B. von ZamahSari und Bai4^wi zu Sur. 
2, 29 zur Erklärung des Namens Adam (^»jt) yerschiedene arabische 
Ableitungen angeführt , darunter die von m^\ , Mischung , und die 
von ((jiSt'^h (*^^l> Oberfläche, Rinde (der Erde), wozu als Über- 
lieferung vom Propheten erwähnt wird, dass Gott bei der Schöp- 
fung Adam's Erde aus den verschiedensten Ländern genommen 
habe (eine , später zu erwähnende , jüdische Legende). Mit Bezug 
auf oJLL , Saul , wird von beiden Commentatoren zu Sur. 2, 248 
die Ableitung von JLL , lang sein , angeführt , wie gleichzeitig auch 
seine Alles überragende Eörpergrösse erwähnt wird. Andre Er- 
klärungen biblischer Personennamen aus dem Arabischen habe ich 
an einer anderen Stelle angeführt (ZDMG., XL , 285). Die meisten 



1) Die aramäische Form des Wortes ntfi^^ ist ^'^^, die des Wortes fe^^^Ji^ ist ^J^^^Ji^, 

und so kommen beide Wörter alliterirend in einem talmudiscbcn Sprache (Sanhedrin 
36a) vor: ^'^y^^ ^"^^id i^D^^» das Herz (Gedächtniss , wie in par coear, by heart) 
der Menschen vergisst (was man nicht aufschreibt, vergisst man leicht)* 

4 



26 

biblischen Namen kommen übrigens nicht im Koran sondern bei 
den Commentatoren und den späteren Autoren vor. Im Kor4n 
werden nur einige wenige Personen mit Namen genannt; bei den 
späteren Autoren wird nicht nur gesagt, wie diese Personen ge- 
heissen , es werden überhaupt allen auftretenden Personen , auch 
ganz untergeordneten , Namen beigeliagt. Das geschieht sogar zu- 
weilen mit einzelnen Thieren ; 'sU^ih ^) war der Name der Ameise , 
die Sur. 27, 18 redend eingeführt wird, und deren Q-espräch mit 
Salomon Ton den späteren Autoren des Näheren erzählt wird (z. B. 
bei Kazwtni, II, Iaö), und jy^ oder ■^»L''^ hiess das Hündlein 
der Siebenschläfer (Sur. 18, 8 fg.; Westöstl. Divan, ed. v. Loeper, 
p. 218 fg.) ; bei Zamah^ari z. St. (p. vli) ^.. Auch bei den syri- 
schen Autoren finden sich einzelne Erklärungen biblischer Per- 
sonennamen. So heisst es in dem von Budge edirten syiischen 
»Bienenbuch" 0A-»5aÄ59 IäA^)» p. 36, dass Pälag (die syrische 
Form des Namens J^Q , wie in der Peschito, Gen., 1 0, 25, ,^s > 
LXX (pxXiy , bei Luther Peleg) zur Zeit als die Sprachenverwirrung 
entstand und die Erde yertheilt wurde, geboren ward, und dess- 
halb diesen Namen erhielt, weil das Wort im Syrischen, der ur- 
sprünglichen Sprache, »theilen" bedeutet. Dasselbe wird nun 
Gen., 10, 25 erzählt (in der Peschito z. St.A Ve> ^| ^(sioleo-iÄ^^^,^ 
liäk^l) ; eigenthümlich ist nur, dass hier, wie bei den andren syri- 
schen Autoren, die syrische Sprache als die ursprüngliche darge- 
stellt wird. 

Bei Mas^üdi (I, 79) wird erzählt: Man sagt, dass Phaleg (xit3) 
es war, der die Erde unter die Völker yertheilte, und dass er 
desshalb «Jls genannt ward, weil das soviel bedeutet wie Yertheiler 
(^15 (^t gsSlJ ^3 jJlJ ^^^ iäUAjj). 

Der Name Israel, J-JL**») , wird von den syrischen Autoren 
(bei P. de Lagarde , Materialen u. s. w., 11 , 1 64) nach Gen., 32, 29, 
mit »Gotteskämpfer" erklärt, «Ut c .La«, zugleich auch mit »Ge- 
heimniss Gottes", ^üJi Zm^ , wie es scheint mit Bezug auf die zugleich 



1) Diesen Namen erwähnt Zamahsari za Sur. 27,18 (p. ^)'«), and z agleich auch , 
was auf eine dessfalsige Anfrage Abu Hanifa geantwortet, dass es nämlich eine weibliche 

Ameise gewesen sei, weil es im Texte o^l5 heisse und nicht Jb. 



27 

gegebene typische Deutung jener Begegnung mit dem Engel. 

Im Bienenbuche (p. 45) werden die Kamen der Söhne Jakob's ety- 
mologisch erklärt , darunter : Rüben (\^^j^oi) ™i* »gross ist Gott", 
i(Jii^l OÄ?; pyOti^ »lit »gehorsam" j ISSpAaIo; J^IIiT mit 
»Danksagung", ]^^oJ,j ^ÜV ^^^ »Vermehrung", ]^sJffoZ'j 1J 
mit »Glück" jj. . Dieselben Erklärungen gibt Abü'l-Far&g (ffist. 
Dyn., p. 24). ' 

Bei de Lagarde (1. c, p. 160) heisst es mit Bezug auf Gen., 
30, 24, wo der Name rOV ©^^^^ärt wird »Gott wird mir noch 
einen andren Sohn hinzufugen", der Name Vy!y\^ bedeute »Vermeh- 
rung", »oU, und es sei das die Prophezeiung von Benjamin's 
Geburt gewesen. 

Auch im Midrasch (Bereschith R., S. 71) wird Q^J^^'n mit »seht 
einen Sohn unter den Söhnen" (D^J3ri pD p 1i<1); p^DSÜ^ 
mit »auf die Stimme seines Vaters im Himmel hörend", (^012^ 

Ü^üü'n VDN blp3)'). miiT °*it »Danksagung" und ^J mit 
»Glück" (J<^J) erklärt. Ferner heisst es (ib. S. 72): Rachel war 
eine Prophetin, und so sprach sie: »Möge Gott mir noch einen 
andren Sohn geben" (Gen., 30,24), und nicht »andre Söhne", weil 
sie wusste, dass nur noch Ein Sohn geboren werden würde, und 
so sagte sie: Wollte Gott, dass ich seine Mutter sei. 

Neben den eigentlichen Namen spielen auch die Beinamen im 
Talmud eine nicht unbedeutende Rolle. Wenn in der Bibel eine 
Person unter zwei Namen yorkommt, so wird der eine Name als 
eigentlicher Name, der andre als Beiname aufgefasst, so z. B. 
Esther-Hadassah. Nach einer Meinung war ihr eigentlicher Name 
Hadassah , "nriDN *^®' ward sie genannt , weil sie — nach dem 
Targum zu Esther, 2,7 — züchtig und sittsam zurückgezogen im 
Hause Mordechai's lebte, also im Sinne des arabischen '».yC^www«, 
HjÄ.MA^. Die andren Meinungen werden Megillah, 13^, angeführt. 

Ferner wird (ibid.), wie bei dem oben angeführten HüD'^^lS) *^®^ 

. ♦, • ' » 

das in der Genealogie Mordechai's (Esther, 2, 5) vorkommende 
'H'iV'i"^^ als Epitheton gedeutet: er wurde so genannt, weil er 

• T I V 

1) Bei AbA*l-Fid& (Hist. anteisl , p. 22, Z. 6) heisst es ähnlich, der Name Ismael 
bedeute auf Hebräisch »Gott gehorsam" (^^ ^^)* 



28 

die Augen Israel's erleuchtete ; in gleicher Weise werden die fol- 
genden jy-^iTp, *<j;?pI5^"p gedeutet (ib., 12^). 

Im Midrasch (Wajikra R., S. 9 ; M. Koheleth, 7, 23) heisst es , 
dasB unter den 1 Kon., 5, 11, genannten ^3^3 ID'^H ID^^Nf Abraham 
(nach einer B. Bathra, 15», gegebenen Deutung) , Moses (mit Bezug 
auf "^Oi^J, Num., 12, 7) und Joseph (mit Bezug auf ^3^31^ , Gen., 
47, 12) gemeint seien 1). An einer andren Stelle (Pesikta d. R. Eahna, 
87») wird nicht nur Moses, sondern auch Joseph )f2i^^ genannt. 
Das Wort "Ti'T^, Liebling, Geliebter, dient zur Bezeichnung 
mehrerer Personen. So heisst es (Menachoth , 53») , dass Gott ge- 

sagt habe : ^^ ^p^pD i^T^ T^T njD^i l^T p 1^1^ ^«^D^ 

0*^1*^1'^ 1D nDDri**! 1^1^' »^s komme der Geliebte, Sohn des Ge. 
liebten, und baue das Geliebte dem Geliebten im Antheil des Gelieb- 
ten zur Sühne für die Geliebten", wo also "T^T^ — unter Anführung 
entsprechender Bibelstellen — auf Salomon , Abraham , den Tempel, 
Gott, Benjamin und Israel bezogen wird. So wird denn auch an 
den poetischen Stellen in liturgischen Gedichten zuweilen statt Abra- 
ham jj^ij^, statt Moses pji^j oder pJ<J HyiTj treuer Hirte, 
statt Jakob Qf) (nach Gen., 25, 27) , statt Isaak ^p^JH (nach Gen., 
22, 9) gebraucht, wie auch '^'i^'i in ähnlicher Weise vorkommt. 
Sonst aber wird in den jüdischen Schriften dem Kamen Abraham's 
(wie dem Isaak's und Jakob's) das Epitheton ^ J'^^J^ (unser Vater) , 

dem Namen Joseph p^i^J^n (der Fromme , Standhafte) , dem Namen 
Moses IJ'^^T (unser Lehrer), dem der Könige "l^On? ^^^ ®^^" 
zelnen Propheten J^^i^JH hinzugefügt. 

Bei den Arabern wird jede biblische Person als Nabi bezeichnet ; 
im Koran hingegen fehlt jedes Epitheton, während ^^t aus- 
schliesslich als Bezeichnung Mohammed's vorkommt, nicht als 
eigentliches Epitheton , da es dem Namen nicht beizufügt wird , 
sondern statt desselben steht, also gleichsam ein Pronomen ist. 
Neben dem Namen Jonas , (j*^, Sur. 4, J61 ; 6, 86 ; 10, 98, wird, 
Sur. 21, 87, statt dieses Namens ^^y^\ 3«3, »der vom Fische" ge- 
braucht , was die Commentatoren mit ^5Lc ^ u*^^ erklären. Bei 
andren Personen kommt nur der Beiname vor, so J^süt ^«3 (Sur. 

1) Diese UeataDg findet sich auch bei Hieronymas z. St. (ed. Vall., III, 860). 



29 

21, 85; 38, 48), womit nach einer Meinung Elias, nach einer 
andren Josua , nach einer dritten Zacharias gemeint ist , und 
^ JiJ! »i (Sur. 18, 82. 85. 93) , das gewöhnlich auf Alexander 
d. Gr. bezogen wird. Unter den früheren Königen von Jemen 
wird auch ein w^ju^t (jy/Ä!i ^«3 genannt, daneben (j^L>, ^3, »«3 
(XXam , qL^iXa»- ^ö und ähnliche , wie aus Pococke , Specimen bist. 
Arab. (p. 59) zu ersehen ist. 

Zu dem Namen JiJßl ^«3 bemerkt Zamal}dari (p. j\V) , dass fünf 
Propheten doppolte Namen haben : Israel und Jakob , Elias und 
Dhu'1-Eefl, Jesus und der Messias, Jonas und Dhu'I-Nün, Mohammad 
und Ahmad. 

Bei den späteren Autoren ist j^J^ «^1, Yater des Menschen- 
geschlechts , die Benennung Adam's ; die Abraham's ist sJJt J^i*- 
(nach Sur. 4, 124), der Freund oder Liebling Gottes, und JwJlii 
(wie auch Hebron genant wird) , die Benennung Ismaels (oder 
IsaaVs) ist aU^ ^njJ , der Gott geopferte, die Joseph's /J^jiAaoJ^ , der 
Wahrhafte (nach Sur. 1 2, 46) , die Mosis aUI aJ15^ , mit dem Gott 
gesprochen. 

Ähnlich dem oben angeführten '^y\ '^y^^ p '^'i^'i Ji^l^'i lautet 
ein Spruch Mohammad's, den die Commentatoren zu Sur. 12, 4 
anführen : Der Edle (f-riji^) j Sohn des Edlen , Sohnessohn des 
Edlen , der wiederum Sohn des Edlen ist — das ist Joseph , Sohn 
Jakob's, Sohn Isaak's, Sohn Abraham's. 

Statt »Mohammad" wird bei den späteren Autoren gewöhnlich 
nur ein Epitheton gebraucht: »Er", namentlich bei Anführung 
einer Überliefrung (Ä iuc, »)L^^ »uXc JIS) i oder »der Prophet", 
»der Gesandte Gottes" (jJlIt <3v^} icy^O) letzteres auch in der 
Anrede. Andre oft yorkommende Epitheta sind: Das Siegel der 
Propheten (^jOU^il fJ\J>, *UaJ^^ f^^ — nach Sur. 33, 40) , der 
von Gott Auserkorne LJtLuai]) , der Beste der Menschen (y^-JJ rfP^)' 
Dieses »^•o^ j^ sowie die andren Epitheta kommen auch — und 
zwar in der ursprünglichen arabischen Form — bei den per- 
sischen Autoren vor , wie z. B. im Pend-Nameh (ed. de Sacy , 
p. 1 , lli) und in Farld ed-Dtn 'Attar's Mantik at-Tair (ed. G. de Tassy, 
p. L), daneben auch »der Herr der beiden Welten, der Herr der 

Gesandten Gottes" (^^jd^l) iXum, (^j^^y (x;>l^) cXa^). 



30 

In Bocbari's Traditionssammlung (ed. Krehl , III , "tt) und ebenso 
in der Mi^k^t al-Masäbih genannten Traditionssammlung (ed. Cal. 
cutta , II, 664) wird mit Bezug auf Sur. 6 1 , 6 — wo gesagt wird , 
Jesus' babe einen Propheten verkündigt, der nach ibm kommen 
und dessen Name Ahmad (uX^O sein werde — ein Ausspruch 
Mohammad's angeführt : »Ich habe mehrere Namen : Mohammad , 
Ahmad , »der Vertilger" (^^>U<) , weil Gott durch mich den Un- 
glauben vertilgt, »der Sammler" (-Ätä), der am Tage der Aufer- 
stehung die Menschen versammelt ^) und »der Letzte" (wöLxJt) 
nämlich der Propheten. Dasselbe erwähnt auch Mas'tidi (lY, 120). 
Bei der Anführung eines Spruches Mohammed's wird übrigens im 
Miskät al-Masäbih statt des Namens gewöhnlich der Ausdruck »Eis 
Highness — , His Majest j said" gebraucht , was wahrscheinlich die 
Übersetzung von xj^a^^ im arabischen Original ist. 

Was die Benennungen Gottes betrifft, so sind im Talmud die 
biblischen Gottesnamen nicht gebräuchlich; man gebraucht statt 
derselben irgend ein Epitheton, besonders häufig J^JOrn» ^®^ 
Barmherzige; in den nachialmudischen Schriften QJi^n — ^* ^' 
der Name, statt des Tetragramm aton — gewöhnlich mit einem 
Zusätze »er sei gepriesen , gelobt", oder J^^^^n > ^®^ Schöpfer. 

Im Koran ist AlUh das gewöhnliche Wort für »Gott"; an 
einigen Stellen (Sur. 7, 179; 20, 7; 59, 24) heisst es: »Gott hat 
die schönsten Namen", und Sur. 17, HO: »Eufet Gott an oder den 
Barmherzigen (rr*>^0 y er hat die schönsten Namen". Dieses Rahm4n 
— wie auch die 55. Sure betitelt ist — kommt neben dem synonymen 
AJ^J^ auch in der Eingangsformel aller Suren und sonstigen 
Schriften vor und ist denn auch der erste der 99 Namen — oder 
vielmehr Beinamen — Gottes , die im Midkät al-Ma§äbih (I, 542 fg.) 
aufgezählt werden s). 



1) Anders bei Lane s. v. yÄ*>-: becaase he collected people after him aud tohis 
religion. 

2) Einer dieser Namen ist jvAÄJ»^ der Gerechte, ein andrer Ja^JUJ', der Ge- 
rechte, gerecht Vertheilende. Wenn es nun im westöstlichen Divan (Bach des Sän- 
gers, Talismane, ed. v. Loeper, p. 9) 'heisst: 

»Er, der einzige Gerechte, 
Will für Jedermann das Rechte. 



31 

Diese Vorliebe für die Umschreibung ist überhaupt ein cha- 
rakterisches Merkmal der jüdischen wie der arabischen Ausdruks- 
weise. Dahin gehört das häufige Vorkommen der Zusammensetzun- 
gen mit den Worten für Vater , Mutter , Sohn , Tochter (Kunje , 
gJjS') oder mit »Herr, Besitzer" — im Talmud ^^3, arabisch 
ww:>Lo, y^ wovon unter eben diesen Wörtern in den Lexicis zahl- 
reiche Beispiele angeführt werden. Diese Zusammensetzungen 
haben mehr adjectivische Bedeutung und sollen nur eine gewisse 
Ähnlichkeit ausdrücken. Aber auch in genealogischer Bedeutung 
findet sich die Umschreibung mit Sohn Hg)^ *iJ3, Num., 23, 18), 

bei den Arabern mit Vater , wie denn z. B. auch Mohammad nach 
der Geburt eines Sohnes sich Abü'l-Käsim (a^LäJI ^^) nannte. Wie 
beliebt die ersteren , mehr poetischen , Umschreibungen sind, ersieht 
man daraus , dass sie auch in der Volkssprache gebräuchlich sind. 
So ist die Benennung des Wiesels als »Vater der Braut", (j^^^ y^ 
auch fjf^jS. ^i , wohl um das schmucke Wesen auszudrücken ^) , 



Sei von seinen hundert Namen 
Dieser hochgelobet! Amen, 
so liegt es nahe, hier an einen jener beiden Namen zadenken. Allein es kann 

auch ein andrer der handert Namen gemeint sein: (^i->L^', der Führer oder (>Xa.m>Ji, 
der rechte Führer, der auf dem richtigen Weg Leitende (rightly directing); dazu 
würde „Will für Jedermann das Rechte" passen, so wie das Folgende: 

Mich verwirren will das Irren; 

Doch da weisst mich zu entwirren. 

Wenn ich handle, wenn ich dichte 

Gib da meinem Weg die Richte! 
Aach die erste Strophe lautet an der Originalstelle (Sar. 2, 136) : 

irGottes ist der Orient und der Occident; er führt (f^ßJs^), wen er will, den 
rechten Weg"*', wo also auch das Zeitwort (^cX^ vorkommt ; so würden also diese drei 
Sprüche miteinander in Zusammenhang stehen. 

1) Ähnlich heisst im Türkischen das Wiesel {^»Jf^JuJi ^ Brautchen. Diesen Benen- 
nungen entspricht zunächst die neugriechische Benennung des Wiesels mit Nuijl^/t^x , 
Nv^iT^a (bei Deheque und Somavera) als Diminutif von Nvfi^ti , Nt/c^if , Braut , wie 
denn auch Frisch (WB., II, 447&) mit der neugriechischen Benennung das an ein- 
zelnen Orten übliche »Jungfrige'' vergleicht. Schmeller (WB , 2. A., II, 1031 s. v. 
Wiesel) führt diese Benennungen an, sowie Schönthierlein, Fräulein (in den Seite 
Communi), ital. Donnola und (I, J599) Mümelein, welche Namen er für hypoko- 
ristische hält. Diez (WB., 3. A., II, 25 s.v. Donnola) führt die Stelle bei Frisch an 
und vergleicht damit spanisch Comadreja und baskisch Andcreigerra , Jungfer. Unter 
Bele (II, 219), wovon Belette, span. Beleta,vermuthet Diez, indem er u.A. dänisch 



32 

auch im Neuarabischen gebräuchlich (Berggreen G-uide etc. s. v. 
Bulette, p. 103 und s. y. Mustela, f>. 863 ; Humbert, Guide , p. 64 etc., 
Wolff, Dragoman, s. y., hier auch qUJLm li, Mutter Salomo's), 
Auch heisst der Storch neuarabisch »Vater des Glückes" (Axjm ^t , 
Wolff 8. y. ; Ztschr. d. D. Palästinayereins, VIII, 93). So wird auch 
im Türkischen der Wein nach einem arabischen Ausdruck »Matter 
alles Bösen" (viioLxäi p) genannt. Dahin gehört ferner die Vor- 
liebe für den bildlichen Ausdruck, die symbolische Sprache — 
wofür die Araber einen besondren Ausdruck haben , JÜl qUJ , — 
wozu Mokaddesi's »Was die Vögel und die Blumen sagen" — 
X^\^^^ jy^^ ^^> ^ j^y**^' vn-Ä^^y — gehört (auch im Talmud , 
Abodah zarah, 10^, koi^mt eine Art Blumensprache yor), wie ferner 
auch die Einflechtung yon Kor^n- und Bibelstellen, die doch 
eigentlich mehr Anspielungen sind. Auch die Titel hochstehender 
Personen sind poetische Umschreibungen , und selbst die Titel 
jüdischer und arabischer Bücher sind poetischer Art und geben 
keineswegs an, woyon das Buch eigentlich handelt. Die grosse 
Eolle, die der Schleier im Orient spielt, wie denn das arabische 
Wort dafür oft figürlich gebraucht wird (Lane s. y. -Ä^ ; Freytag 
8. y. iäkx^) gibt sich auch in dieser Art yon Verhüllung kund. 
Eine andre Ähnlichkeit zwischen der jüdischen und der ara- 
bischen Literatur — die mit der erwähnten in Zusammenhang 
steht — bietet die Vorliebe für die dualistische Gruppirung, so- 
wohl antithetisch in Gegensätzen wie auch parallel als Wieder- 
holung, gleichsam als Spiegelbild. Dahin gehört zunächst der 
biblische Parallelismus ^ die Wiederkehr desselben Gedankens in 
andren Ausdrücken. In den Sprüchen des Koheleth und der Pro- 
yerbien bilden die einzelnen Versglieder Gegensätze. An manchen 
Bibelstellen yeranschaulichen die einzelnen Glieder des Distichon 
den Gegensatz zwischen dem Trägen und dem Fleissigen , dem 



«den Kjönne" (palchra), altengl. Fairy, vergleicht, Bele sei vieUeicht das lateinische 
Bella, schön. Hehn (Caltarpflanzen &c , 8. A., p. 541) vermathet, dass all diesen Be- 
nennungen die Sage von der Verwandlung eines Wiesels in einen Menschen (und 
umgekehrt) zu Grunde liege, allein das arabische und türkische Wort zeigt, dass 
diese Benennungen von dem schmucken, und geschmeidigen Wesen hergenommen sind. 
In den Noten zu Burckhard, Pro verbien, N® 455, heisst es, das Wiesel — (J^j^cyi^ — 
sei zutraulich, voller Possen und Kurzweil und oft in den Häusern zu finden. 



38 

Thoren und dem Weisen , dem Gottlosen and dem Frommen ; diese 
Gegensätze treten noch stärker hervor, wenn — wie Jer. 17,5— 
8; Ps. 1, 3.4 — der Gerechte mit dem Baum am Bache, der 
Gottlose mit dem Strauch in der Wüste oder mit der vom Winde 
verwehten Spreu verglichen wird. 

Die dualistische Gruppirung zeigt sich schon in der Schöpfungs- 
geschichte (wie auch bei der erneuerten Schöpfung im Wechsel 
der Zeiten, Gen., 8, 22) ; hier werden genannt Himmel und Erde , 
Tag und Nacht , das grosse und das kleine Licht , Land und Meer , 
Yögel des Himmels und Gethier der Erde, bis die ganze Schöp- 
fung in dem ÜDp^T ^D\f h 27, oder in dem Tl^iSS ^tV.' ^' ^^' 
ihren Abschluss findet. 

Dieses ^^JJ^ *1Ty ^^'^ *^ ^^^^^ Talmudstelle (Jebamoth, 63», 
auch bei Raschi z. St.) antithetisch aufgefasst : ist der Mann fromm , 
so ist ihm die Frau eine Gehülfin; ist er es nicht, so ist sie 

seine Gegnerin (Xl^^J HDT ^b IT^ ilDT)- ^^^^ ^i® ^^ Koheleth 
und in den Proverbien vorkommenden Yerse, welche Gegensätze 
ausdrücken , werden im Midrasch auf biblische Personen ange- 
wandt. An einer Talmudstelle (Menachoth, 85^) wird die Geschichte 
eines Mannes erzählt, um den Yers Prov. 13,8 durch ein Bei- 
spiel zu bekräftigen. 

Die Yorliebe für die Antithese gibt sich auch darin kund , dass 

— ähnlich wie an den oben erwähnten Stellen Jer. 17, 5 und 
Ps. 1,3 — die Gegensätze durch die Parallelisirung mit andren 
noch besonders verschärft werden. Das ist z. B. der Fall bei der 
Gegenüberstellung der diesseitigen und der jenseitigen Welt, ein 
in der jüdischen wie in der • arabisch-persischen Literatur vielfach 
behandeltes Thema, wie ich das an einem andren Orte nachge- 
wiesen habe (ZDMG., XLII, 258 fg.). An einer Talmudstelle (Moed 
Eaton, 9^, Jalkut Jos., § 31) wird diese Welt ein Wirthshaus 

— HT'^DEi^lJ^ » i^T'^DEi^li^ — J®^® ^®^* ©^^ Wohnhaus genannt, 
eine bei Arabern und Persem sehr oft vorkommende Yergleichung. 
An einer andren Stelle (Jalkut zu Prov., § 938) wird mit Bezug 
auf die Stolle: vGeh' zur Ameise, o Träger, lerne ihre Wege und 
werde weise" (Prov., 6, 6 fg.) jene Welt mit dem Sabbath, diese 

Welt mit dem Büssttage des Sabbath verglichen, an dem man 

5 



34 

sich zum Sabbatb vorbereitet; ferner werden beide Welten mit 
dem festen Land und dem Meere sowie mit dem Sommer und dem 
Winter verglichen, und so wird denn der Spruch in den Prover- 
bien so gedeutet, dass man von der Ameise lernen solle, sich 
in dieser Welt für jene vorzubereiten. An einer von mir (1. c, p. 
266) angeführten Stelle Mokaddesi's sagt die Ameise ebenfalls : 
Lerne von mir Vorrath einzusammeln und Eeisezehrung vorzu- 
bereiten für jene Welt; im Midrasch wird nun diese Lehre, 
welche die Ameise gibt, wie gewöhnlich an einen Bibelvers an. 
geknüpft. 

Zu den Bedeutungen des hebräischen ^li^Q, des arabischen 
Jwx« , gehört auch die von »Vergleichen". In der That kommen auch 
im B. Koheleth und in den Hö^Ji^ ^b\iff2 ^^®^® Vergleichungen 
vor. Auch die Gegensätze, in denen z. B. der Thor dem Weisen 
gegenübergestellt wird, treten durch Vergleichungen um so schärfer 
hervor, wenn — wie Kohel., 2, 13. 14 — der Vorzug der Weisheit 
vor der Thorheit mit dem Vorzuge des Lichtes vor der Finsterniss 
parallelisirt wird. Manche Verse enthalten nur Vergleichungen , wie 
Prov., 25, 11—14. 25. 28; 26, 3. 8. 9. 11. 20; 27, 8. 17. 19—21; 
einige sind comparativisch , wie 25, 24; 27, 5. So bedeutet denn 
auch ^^Ö »öleichniss" und kommt als solches an sehr vielen 

Bibelstellen vor. 

Auch im Midrasch nimmt das Gleichniss eine sehr hervorra- 
gende Stelle ein. Jeden Augenblick heisst es : »Womit ist das zu 
vergleichen?" (nOTl "HDin HD^) ^^®^ ähnlich. Aber auch die 
Gegensätze werden hervorgehoben, wie z. B. in dem oft vorkom- 
menden Spruche: »Komm' und sieh,- wie gross der Unterschied 
zwischen der Handlungsweise Gottes und der des Menschen ist." 

Diese katoptrische Tendenz , das Streben , zu Allem und Jedem 
ein Spiegelbild , ein Gegenüber , zu finden , zeigt sich auch bei 
dem Worte ^JJ3 »gegenüber", das in der Bibel nur in dem oben 



• • • • • 



angeführten TIJJID IT^j ^^ Talmud aber im Sinne von »gegen- 
über, entsprechend" ungemein häufig vorkommt (wovon einige 
Beispiele in Gesen. Thes. s. v. "^JJ , p. 847^ , gegeben werden). So 
heisst es (Chagiga, 15») mit Bezug auf ^^^^ HrriDj;^ *^r^^ Q^ 



35 

Q^i^^J^n (Kohel, 7, 14): Gott hat zn jedem Dinge, das er erschuf, 

• • • 

auch ein Gegenstück erschaffen : Berge und Hügel , Seen und 
Flüsse, nach einer andren Meinung: Fromme und Gottlose, Pa- 
radies und Holle (QjrT^JT HV ^J)* Letzteres auch im Midrasch 
z. St.). 

Dieses ^JJ3 kommt aber in einer andren Gedankenverbindung 
besonders oft vor. Wo immer in der Bibel Dinge numerisch be- 
stimmt werden , sagt die Hagada warum es gerade diese Zahl ist , 
weil sie nämlich derselben Zahl, die an einer andren Stelle vor- 
kommt , entspricht. So entsprechen die 6 Stufen am Throne Salo- 
mon^s (1 Eon., 10, 19) den 6 Schöpfungstagen , den 6 Müttern 
(Frauen der Patriarchen oder Väter), den 6 Abtheilungen der 
Mischna, den 6 Pflichten des Königs, die an den Stufen ange. 
schrieben waren (Midrasch Esther, 1, 2, und an andren Stellen). 
Was hier von den 6 Thronesstufen gesagt wird, wird anderswo 
(Pesikta d. R. Kahna, ed. Buber 7») , von den 6 ^tj Dli^^y» N^™-? 

• • • 

7, 3, gesagt , dass sie nämlich der Sechszahl bei denselben Personen 
und Dingen entsprachen. Dieselbe Gegenüberstellung findet sich 
im Midrasch zu Num. 7, 3 (Bamidbar R., S. 12); femer aber wer- 
den (ib., S. 13) alle bei den Opfern der 12 Fürsten (Num., 7, 12— 
84) vorkommenden Zahlen den entsprechenden Zahlen bei andern 
Dingen gegenübergestellt, und zwar bei jedem einzelnen Opfer 
in andrer Weise. So heisst es auch mit Bezug auf die 70 Stiere, die 
während des Sukkothfestes dargebracht wurden, sie seien geopfert 
worden zur Sühne für die 70 Völker — ^\^ü^i< Ü^)J^Ü 1JJD 
(Sukkah, 55^; Pesikta, 193^, und an andren Stellen). Es sind das 
nur wenige Beispiele aus sehr vielen. 

Das Wort "^JlJ^ kommt aber ganz besonders oft vor in mQ 
niD 1JJ!D> ^^^ ^r Mass. Es ist nämlich ein unter den ver- 
schiedensten Formen vorkommender Spruch — wozu wie immer 
die biblischen Personen die Beispiele liefern — dass jede Handlung 
ihren angemessenen Lohn findet , angemessen auch insofern , als 
Lohn und Strafe mit der Handlung Ähnlichkeit haben. Ein mit 
besondrer Vorliebe behandeltes Thema ist z. B. der Nachweis , dass 
die Strafen, welche über die Ägypter verhängt wurden — die 



36 

zehn Plagen und der Untergang im Meere — ihrer Behandlung 
der Israeliten analog waren /Sota, 11»; Pesikta, ed. Buber, 81^; 
Tanchuma, ed. Buber, II , 22«, und an andren Stellen^. Auch bei 
Glycas (ed. Bonn, II , 294) heisst es , die Ägypter seien mit zehn 
Plagen bestraft worden, weil 10 eine vollkommne Zahl ist (riAf/o^ 
iptifiig — eine auch bei Philo vorkommende Ansicht) , die Grau- 
samkeit der Ägypter aber eine vollkommne war, die Nichts zu 
wünschen übrig Hess. Bei Cedrenus (I, 85, ed. Bonn) wird nach 
der »kleinen Genesis" (Buch der Jubiläen) erzählt , dass die israeli- 
tischen Knäblein nur zehn Monate hindurch ins Wasser geworfen 
wurden, und dass zur Strafe hierfür die Ägypter zehn Monate 
lang mit Plagen heimgesucht wurden, im Monat Juni mit Blut, 
im Juli mit Fröschen u. s. w. bis zum Sterben der Erstgebornen 
im März (der also ongefähr dem jüdischen Nisan entspräche, in 
welchem Monate der Auszug stattfand) ^). Schliesslich wurden , 
zur Strafe für das Ertränken der Knaben , die Ägypter im Meere 
ertränkt , wobei auf je einen israelitischen Knaben tausend Ägypter 
kamen. 

Entsprechend dem Bestreben zur symmetrischen Paarung wer- 
den auch Himmel und Erde in Einzelheiten parallelisirt. So heisst 
es (Berachoth , bS^) , dass die Eegierungsweise auf Erden der im 
Himmel ähnlich sei. So wie auf Erden , so gibt es auch im Himmel 

ein Synedrion (TÖ^JÜ b^ PI rT^D)? ^^^ ^^ vielen Stellen er- 
wähnt wird , wie es ebenso eine himmliche Lehrversammlung gibt. 
Wie die Menschen auf Erden Gott lobpreisen , so auch die Engel ; 
nach dem Buche der Jubiläen (Ewald's Jahrbücher, II, 83) feiern die 
Engel auch den Sabbath und die Festtage. So wird ferner (Tan- 
chuma , 1 , 56^ ; Bereschith R., S. 55 ; Bamidbar R., S. 12 ; jerus. 
Talmud, Berachoth, IV, 5; Jalkut, Ex., § 253) das ^OfDi ^^-j ^^j ^'^^ 

und 1 Kön., 8, 13, als J^^^ö »gegenüber , entgegen" gedeutet und 
darauf bezogen, dass das heilige Haus (der Tempel) auf Erden 
dem im Himmel räumlich entspreche — eine Vorstellung , die sich 
übrigens mit Bezug auf die Ka'ba auch bei den Arabern findet, 

1) Epbräm Syrns (bei de Lagarde, p. 133) bringt die zebn Plagen der Ägypter » 
die zehn Gebote und andre Zehnzahlen mit den (später za erwähnenden) zehn Frü> 
fangen Abraham^s in Verbindung. 



37 

das8 nämlich im vierten Himmel ein der Ka'ba ähnliches Gebäude 
sei, J^Jo genannt, das die Engel umwandeln (ZamahSari zu Sur. 
52, 4 ; Ibn el-Atir , 1 , 1*a ; Lane s. v. /öÄc und s. v. -^). 

Das Wort ^5i^Q bedeutet auch Allegorie, die ja ebenfalls auf 
einer Vergleichung beruht ; sie ist das Abbild von etwas Andrem. 
So wird denn auch das hohe Lied im Midrasch allegorisch aufge- 
fasst; Salomon ist Gott, der König des Friedens, die Geliebte 
ist die Gemeinde Israel , wie auch Sulamith so erklärt wird (M. 
Schir haschirim, 7, 1 ; Bereschith R., S. 66) , und so wird Alles auf 
Einzelheiten in Israels Geschichte bezogen , namentlich auf solche , 
in denen Gottes Liebe zu Israel sich kundgab. An einer andren 
Stelle (Bamidbar, R. S. 12, zu Num., 7, 1) werden die Verse 3, 9. 
10 im hohen Lied symbolisch auf die Natur bezogen. Auch die 
Ereignisse im Leben der Patriarchen werden vorbildlich aufgefasst , 
als das Geschick ihrer Nachkommen prophetisch andeutend. So 
führt Nachmanides zu Gen., 12,6, einen talmudischen Spruch an : 
Alles , was sich mit den Vätern zutrug , wiederholte sich bei den 
Kindern, und ebenso zu Gen., 32, 26, eine Midraschstelle , wonach 
der Kampf Jakob's mit dem Engel sinnbildlich das darstellte, was 
später sich ereignen sollte. Auch der gelegentlich der Opferung 
Isaak's erwähnte, im Gebüsch verstrickte Widder war eine Vorbe- 
deutung der Leiden Israelis unter den Völkern (Pesikta d. R. Kahna, 
154^, und an andren, von Buber angeführten, Stellen) i). 

Das Volk Israel kommt in der Bibel mehrmals unter dem Bilde 
des Weinstocks vor (Jes., 5, 1—7; Hos., 10, 1; Ps., 80, 9 fg.), und 
so wird denn auch der Weinstock , den der Mundschenk Pharaoh's 
im Traume sah, unter Anführung von Ps. 80, 9 auf das Volk 
Israel gedeutet (Ber. R., S. 88, und an andren, in der Wilnaer Aus- 
gabe des Midrasch angeführten , Stellen). Die drei Weinranken be- 
deuten Moses , Aaron , Mirjam ; das Folgende wird auf die Erlö- 
sung Israelis, das viermal vorkommende Q^]3 von R. Levi auf 
die vier Weltreiche bezogen. Aber auch der Traum des Backmeisters 



1) Auch die von den Fürsten dargebrachten Opfer, Nura., 7, 1, deutet Nachmanides 
in symbolisch-vorbildlicher Weise: wie auch das darauf folgende Capitel (8, I — 4) 
nach einem älteren Autor auf das Chanukafest bezogen wird. Eine andre vorbild- 
liche Deutung habe ich ZDMG., XXXI, 306, erwähnt. 



38 

wird ähnlich gedeutet. Die drei Körbe auf seinem Haupte sind 
die drei ersten Weltreiche, der oberste — vierte — Korb ist 
Rom, das vierte Weltreich. So wird überhaupt die an sehr vielen 
Stellen vorkommende Vierzahl auf die vier Weltreiche bezogen , 
wie auch das von den Propheten erwähnte Edom als zugleich von 
Rom geltend gedeutet wird. 

Diese Art der Deutung von Bibelstellen kommt besonders oft 
bei den syrischen Autoren vor, nur dass es immer dieselbe Sym- 
bolik ist ; das alte Testament erscheint hier durchaus als Vision , 
die sich im neuen Testamente erfüllt. Da wo im A. T. zwei Per- 
sonen Gegensätze repräsentiren , oder wo sonst Antithesen vor. 
kommen, werden sie auf Juden und Christen, auf die alte Syna- 
goge und die neue Kirche bezogen, und so werden in manchmal 
ganz überraschender Weise nebensächliche und äusserliche Dinge, 
die mit religiösen Anschauungen keinen Zusammenhang haben, 
ebenfalls typisch gedeutet. Diese Deutungsweise bildet so einen sehr 
wesentlichen Bestandtheil der syrischen Hermeneutik. 

So z. B. wird — ähnlich wie an der oben angeführten Midrasch- 
stelle — das Gesträuch mit dem darin verwickelten Widder auf die 
Kreuzigung bezogen (de Lagarde, Materialien etc., II, 134 fg., ebenso 
in christlichen Adamsbuche in Ewald's Jahrbüchern V, 121). Auch 
dass Isaak das zu seiner Opferung bestimmte Holz selbst tragen 
musste, wird — unter Anführung von Matth., 16, 24 — als myste- 
riöse Hindeutung auf Christus erklärt. (Auch im Midrasch z. St. — 
Ber, R. S., 56 — wird Isaak mit Einem verglichen , der sein eignes 
Kreuz auf der Schulter trägt). Auch die Nebenpersonen werden 
typisch gedeutet. So sind die zwei Diener Abbild (JLjUj) von 
Simon und Johannes, der Esel ist Abbild des jüdischen Volkes, 
wozu Jes., 1, 3, angeführt wird. Alles das findet sich auch bei Jakob 
von Edessa (Ephraem Syr., Opp., 1, 171). Aber nicht nur die Opferung 
Isaak's , wobei diese Deutung in der That sehr nahe lag , sondern 
sehr vieles Andre wird typisch gedeutet. Um aus unzähligen Bei- 
spielen einzelne zu erwähren, so heisst es im )> Bienenbuche" (p. 
31) , der Weg , den die Arche genommen , sei ein Sinnbild 
(jiiCLsaJ) Tvwo^) des Kreuzes, was sich auch bei dö Lagarde findet 
(p. 78). Der Rabe und die Taube , welche Noah ausschickte , werden 



39 

im Physiologus Leidensis, p. 65 (in Landes Anecdota, t. lY) und 
ähnlich im christlichen Adamsbuche (1. c, V, 107) — symbolisch auf 
die jüdische Synagoge und die christliche Kirche gedeutet ; der ge- 
frässige Rabe ist Sinnbild Q^aLo?) des jüdischen Volkes , die sanfte 
Taube ist Symbol (j^^o.) der hoffnungsreichen, friedenbringenden 
Kirche. Diese beiden Gegensätze des alten und des neuen Glau- 
bens repräsentiren auch Sarah und Hagar, Isaak und Ismael, 
Rachel und Leah (de Lagarde, p* 131. 158). Die Leiter, welche 
Jakob im Traume sah , wird im Biedenbuche (p. 43) auf die Kreu- 
zigung mit allen Einzelheiten derselben gedeutet, und ebenso bei 
de Lagarde (p. 154). Bei Ephraem Syrus (Opp., I, 176) repräsentirt 
Jakob die christliche Kirche, Esau das Volk der Juden. Typisch 
gedeutet werden ferner: der Ringkampf Jakob's mit dem Engel 
(ib., p. 181), der Segen Jakob's (p. 112 fg.), das was Ex., 12, 1 
fg., Yom Passahlamm gesagt wird (p. 212)^ das Holz, das Moses 
(Ex., 15, 25) ins Wasser warf, und noch vieles Andre. Aber auch 
mit Bezug auf die Lot., 11, 13, und Deut., 14, 12, yerbotenen un- 
reinen Vögel sagt Ephräm (p. 241) , wie jeder einzelne derselben 
das Symbol (^^^aJ) solcher Menschen sei, welche mit gewissen 
Untugenden oder Lastern behaftet sind. 

Aber auch die oben erwähnte Assimilirung der himmlischen 
und der irdischen Dinge ist den Syrern nicht fremd. So heisst es 
im Bienenbuche (p. 15 fg.), dass das yon Moses errichtete Stifts- 
zelt ein Abbild der Welt sein sollte (eine Vorstellung, die sich 
bekanntlich auch bei Philo und Josephus findet) , und zwar war 
die äussere Abtheilung ein Abbild der diesseitigen Welt, das In- 
nerste aber , das der Hohepriester nur Einmal des Jahres betreten 
durfte , entsprach einem Orte im Himmel , zu dem kein Engel , 
sondern nur der Hohepriester Christus Zutritt hat. 

Typische Deutungen yon Bibelstellen finden sich übrigens ebenso 
bei den lateinischen KircheuTätern. So sagt Hieronymus (Ep., 72 
ad Evangelum , ed. Vall , 1 , 441) , der entblösste und yerspottete 
Koah sei ein Abbild (Typus) Christi wie Cham das des jüdischen 
Volkes, und so seien fast alle heiligen Männer, alle Patriarchen 
und Propheten typisch aufzufassen. Die Vergleichung des holztra- 
genden Isaak mit Christus findet sich bei TertuUian (adv. Jud., c. 



40 

10) wie ebenso die Deutung Jakob's und Esau's auf Christen und 
Juden (ib., c. 1). Andre Stellen habe ich ZDMG., XXXI , 309 an- 
geführt. Dass auch im christlichen Adamsbuche viele Typen und 
mystische Auslegungen vorkommen, bemerkt Dillmann (Ewald's 
Jahrb., V, 7). 

Einzelne derartige Deutungen finden sich auch bei den byzan- 
tinischen Autoren. Abel und Kain werden von Cyrillus , den Glycas 
(II, 224, ed. Bonn) anführt, auf Juden und Christen bezogen, 
ebenso die im hohen Liede (3, 11) vorkommende Krone auf die 
Dornenkrone Christi bei Cedrenus (ed. Bonn, I, 383). Bei Syncellus 
(p. 206) legt Jakob seine Hände kreuzweise auf die beiden Knaben 
Menasseh und Ephraim , und ebenso erhebt Moses TrpoTVTroiv (Ex., 
17, 11) seine Hände in Kreuzesform (p. 245). Die Ex., 15, 27, er- 
wähnten 12 Quellen und 70 Palmen in Elim sind tvttoi der 12 
Apostel und ihrer 70 Schüler (p. 243). 

Das ^5i^0 als Sprichwort , das ebenfalls zur Vergleichung dient , 
kommt im Talmud sehr häufig vor, namentlich das Yolkssprich- 
wort (^Ti'in bti^D) > ^^ ^®^ Regel nur gelegentlich und an eine 
Bibelstelle anknüpfend und mit den Worten eingeleitet: Das ist, 
was die Leute sagen, oder: Das Sprichwort sagt '»'HOJ^T ^T^^Jl 
'IDJ^ N^riD — '»IS^J'^JO- ^^ öi^ör Stelle (B. Kamma, 92^ , M. Schir 
haschirim, 1, 1) werden — in mitunter sehr witziger Weise — 
Bibelstellen als Belege zu Yolkssprichwörtern angeführt. 

Bei den Arabern zeigt sich die Yorliebe für die dualistische 
Gruppirung zunächst darin, dass sehr viele Wörter in der Dual- 
form vorkommen , auch solche Wörter, welche zwei ganz verschiedne 
Dinge, die aber einen gemeinsamen Berührungspunkt haben, be- 
zeichnen. So gibt es für i>Tag und Nacht^' 12 verschiedne Aus- 
drücke in der Dualform. Besonders werden die Wörter für die 
verschiednen Farben in dieser Weise gebraucht. Oft wird der Dual 
auch da gebraucht , wo das Wort nur auf Eines der beiden Dinge 
passt, was auch von Eigennamen und geograghischen Benennun- 
gen gilt. So z. B. bedeutet das oben angeführte ^^ym für ]»Ost 
und West" eigentlich die beiden Sonnenaufgänge , und Zamahäari 
z. St. führt als ähnliche Dualform »die beiden Omar" (i^L^O 
zur Bezeichnung der beiden Khalifen Abu Bekr und 'Omar an, 



41 

sowie »die beiden Monde'' (o^r*^^) ^^^ »Sonne und Mond". 

Das Gleichniss — das einfache wie das zugleich aus zwei Yer. 
gleichungen als Gegensätze bestehende — kommt an vielen Eor4n- 
stellen vor. Ausserdem aber werden sehr viele Sprüche und Sen- 
tenzen — zumeist religiösen Inhalts — auf Mohammad als deren 
Urheber zurückgeführt. Einige derselben finden sich bei Freytag 
(Arabum Proverbia, III, p. 607); bei Mas'üdi (IV, 168 fg.) und 
in Arnold's arabischer Chrestomathie (p. 14 fg.), welche letztere 
viele Yergleichungen enthalten. 

Überhaupt aber ist die arabische Literatur ungemein reich an 
Sprüchen und Sprichwörtern , und auch hier kommt die dualistische 
Gruppirung, die Zweitheilung, mehrfach vor. Ein Beispiel aus 
vielen ist der Spruch: »Fürchte Gott, so hast du sonst Niemand 
zu fürchten" in den von Fleischer, als Anhang zu Ali's 100 Sprü- 
chen, edirten »zerstreuten Perlen" (p. 68, N^ 61). Zweitheilig 
sind nun auch die vielen antithetischen Sprüche, wie z. B. der 
Spruch: »Die Menschen schlafen; wenn sie aber sterben, dann 
wachen sie auf" (kürzer im Original: ^y^^\ ^yto t«3ld «Li (j^Lüt) 
in Ali's lOO Sprüchen (p. 5) i) , sowie der auch bei Göthe (Werke, 
ed. V. Loeper, I , p. 8 1 , p. 339) vorkommende Spruch vom Hammer 
und Amboss : »Bist du Amboss , so leide geduldig, bist du Hammer, 
so lass Andre leiden" (Freytag , I, p. 143, N° 465") , oder: »Wenn 
das Reden Silber ist, so ist das Schweigen Gold" (Socin, Ara- 
bische Sprichwörter, N° 180, woselbst auch Parallelstellen ange* 
führt werden). Das Antithetische wird nun durch den sehr oft 
vorkommenden Reim — d. h. durch die äussere Elangähnlichkeit 
und den inneren Gegensatz — noch besonders verstärkt , wie z. B. 
in dem Spruche: »In der Geduld liegt Heilung; Reue folgt auf 
Übereilung" m^Ju 'tl:f^\j^ mIm^ ^I (Freytag, I, N° 270, 
ähnlich Socin, N° 371). Manchmal ist es nur der Reim, der dem 
Spruche eine zweitheilige Form gibt; manchmal ist es die dialo- 
gische Form, oder die Einkleidung in Frage und Antwort. So in 
den Sprüchen: vß- Ju^j H.a J^ ^9 »Mcht jedesmal kommt der 

1) Genaa mit denselben Worten kommt dieser Sprach an einer Stelle Gazz&ii's vor, 
die ich uebst andren ähnlichen ZDM6., XLII, 295, angeführt habe, nnd zwar wird 
derselbe als Aussprach des Propheten erwähnt. 

6 



42 

Krug unverletzt (vom Brunnen) zurück" (Socin, N° 159) und »Man 
forderte den Hahn auf, zu krähen; da antwortete er: Alles zu 
seiner Zeit" (ib., N° 416), sowie »Was ist süsser als Honig? Essig, 
wenn man ihn umsonst haben kann" (ib., N° 425). Durch die Frage- 
form erhält der Spruch etwas Emphatisches , wie z. B. auch das : 
i 

»Was ist süsser als Honig?" Jud. 14, 18, emphatischer und ener- 
gischer ist als »Der Honig ist das Süsseste von allen Dingen". 

Keben dem zweitheiligen Reim findet man auch oft die Paro- 
nomasie oder die Alliteration wie z. B. in dem Spruche , der auch 
im westöstlichen Divan (ed. v. Loeper, p. 102, N° 25) vorkommt : 
»Verbirg dein Gold , dein Reiseziel , deinen Glauben" \^^d JjJ 
(älu^Ax^ c!)uLP(3 (Kazimirski , W.B., s. v. i^a^«3 und s. v. yuww). 

Manche dieser Sprichwörter finden sich ähnlich in den jüdischen 
Schriften. Bei Socin (N® 172) und bei andren von ihm erwähnten 
Autoren wird das Sprichwort angeführt: »Derjenige, welcher von 
einer Schlange gebissen worden ist , fürchtet sich vor einem heissen 
Strick" ; ähnlich heisst es im Midrasch Schir haschirim, 1, 2, mit 
Bezug auf Ex., 19, 8, und im Midrasch Koheleth, 7,1, mit Bezug auf 
1 Sam., 25, 1 : Das Sprichwort sagt : »Der von einer Schlange Ge- 
bissene fürchtet sich vor einem Stricke" (»der sich bewegt", fügt 
der Commentar hinzu) , J^^^p m^H H^riDJI |ND lDi< N^DD 
i^^^ b^mD (N^Dn hedeutet keineswegs »Wunde", wie Levy, 
Neuhebr. Wß., s, v. ^HT» ^j ^^^> meint) '). Ähnlichen Inhalts ist 
ein andrer Spruch bei Socin (N^ 461) : »Er hat seinen Mund an 
der heissen Milch verbrannt; nun bläst er die Dickmilch". Beide 
Sprichwörter finden sich in persischer Sprache bei Roebuck A 
collection of Proverbs, das erste Part I , p. 50 , N° 379 , das zweite 
p. 42, H^ 325 (wo es statt Buttermilch »Wasser" heisst) und P. 
II, p. 100, N® 614. Roebuck vergleicht damit das englische »A 
burnt child dreads the fire" (schottisch bei Kelley, Scottish Proverbs, 
p, 34: »Burn'd bairn fire dreads"), und das italienische »Can' scottato 
da l'aqua calda ha paura". Auch in Jeannaraki's '^A^/ccätöj xpj^r/x« 
(p. 293, NO 22) wird das Sprichwort angeführt: »Wer sich am 
heissen Kürbis verbrannt hat , bläst auch in die saure Milch", 



Ein spanisches Sprichwort laatet: Quien del alacran esta picado la sombra le 
'espanta (Jos^ Coli y Vehi, Los refranes del Qaijote, N° 65). 



43 

'Attov xifiKs V Tifv xoXootvia 0vffZ Koä rh yiotovprt (türkisch 
Ojcy.) , wozu das franzosische »Chat ^chaud^ craint Peau froide" 
angeführt wird. Letzteres findet sich unter andrer Form in der 
Zeitschrift Melusine (I, 180): ^»Qui 's'est brül6 ayec un mets trop 
chaud Souffle sur le mets froid^'; auch in Wurzbach's Sprichwör- 
ter der Polen (p* 238 , No 136) heisst es : »Wer sich an heisser 
Milch verbrannt hat, bläst kaltes Wasser an". Beide Formen 
des Sprichwortes finden sich in Rückert's Weisheit des Brahma- 
nen (ed. 1839, T. VI, p. 78, No 60. 61). »Wer sich an heisser 
Milch einmal yerbrannt die Nasen , wird auch die Buttermilch , 
eh' er sie trinket, blasen" und: »Du sahst die Schlang' einmal, 
und dein besorgter Blick sieht nun die Schlang' am Weg in 
jedem alten Strick". No.l32 bei Socin (und bei andren von ihm 
angeführten Autoren) lautet: »Die Wände haben Ohren". Dasselbe 
Sprichwort findet sich bei Roebuck (I , p. 26 , N'J 199) in per- 
sischer Sprache : u>jb \Jm^ ^ ^^"^^ ^^* Bezug auf Koheleth, 10, 20, 
wird nun im Midrasch (Wajikra R«, S. 32) der Spruch ange- 
führt : vDer Weg hat Ohren und die Wand hat Ohren (cf. Dukes, 
Rabbinische Blumenlese, N®32; bei Socin heisst es »die Wände" 
(^^^1 O"^ O^-^A^) 5 öhenso bei Kazimirski, WB., s. v. Jo^ während 
das persische S^j^ »die Wand" bedeutet). N® 205 bei Socin (und 
ähnlich bei Freytag, III, p. 445) lautet: »Jeder Vogel fliegt mit 
seines Gleichen". Derselbe Spruch findet sich bei Roebuck (P. I, 
p. 174, NO 682 und p. 324, N» 1655); an letzterer Stelle heisst 
es: »Die Taube mit der Taube, die Gans mit der Gans, denn die, 
welche derselben Gattung sind , gehen stets miteinander". Roebuck 
vergleicht damit das englische : »Birds of a feather flock together". 
Mit Bezug auf Gen., 28, 9, und Jud., 11,3, werden im Talmud die 
Sprüche angeführt: »Jeder Vogel wohnt bei seiner Gattung , und 
auch der Mensch bei seines Gleichen", sowie : »Nicht umsonst ging 
der Staar zum Raben , sondern weil er von seiner Art ist" (Bux- 
torf, Florilegium rabb., p. 336 und Dukes, W 415). N« 87 bei Socin 
lautet; »Berge und Berge begegnen sich nicht, aber Menschen und 
Menschen", ^^ääILj ^^o! ^ [^^^ ef *^. ^ J^^ £* ^y'^^• ^i^ chal- 

däisches Sprichwort y:is ^y.^^^ jj^j^j^ y:i5 ^ ^mtoD Nmto 

klingt wie eine wörtliche Übersetjsung des arabischen ; Dukes führt 






44 

(p« 18) dasselbe als ein nur mündlich cursirendes an und sagt 
ferner : »Dieses Sprichwort ist arabischen Ursprungs ; es findet sich 
wörtlich in v. Diez Denkwürdigkeiten von Asien, II , p. 463, N® 21". 
An letzterer Stelle heisst es nun im Original ähnlich wie bei Socin : 
Jükoj qLmo'ÜIj qLmo'!:)^ ^^joj "^ (3^^^lj (3^^* Persisch findet sich 
dasselbe bei Roebuck (I, p. 76 , No 58) , aber in umgekehrter 
Eeihenfolge: \Xm*j ^^4J n^ «^ \^mj ^ *t>lj *^t. Bei Freytag, 
II , 902, und bei Lane, s. y. vJXb, werden die Sprüche angeführt : 
tO Arzt, heile dich selbst!" ((ti^jwwwÄJÜ uaI^ w^uuwb L) und iWenn 
du ein Arzt bist, so heile zuerst dein Auge." Diesem entspricht 
das im Midrasch (Ber. R., S. 23) mit Bezug auf Gen., 4, 23—25, 
angeführte Sprichwort: »O Arzt, heile (zuerst) deine Lahmheit! 
nmj"^n ^DN N'^DN- Buxtorf (Lexlcon, s. v. J^^QJi} , col. 152) ver- 
gleicht damit das Luc, 4, 23, angeführte Sprichwort: ]»Arzi, heile 
dich selbst (in der syrischen Version .^a<^i J^| j^^)) ')• Ein andres 
Sprichwort bei Freytag (I, 517, No 76) lautet: »Der Esel ging 
fort , um sich Hörner zu suchen , da kehrte er mit abgeschnittenen 
Ohren zurück. Im Talmud (Sanhedrin, 106^) wird mit Bezug auf 
Num. 31, 8 das Sprichwort angeführt : »Das Eameel ging fort , um 
sich Hörner zu holen ; da wurden ihm die Ohren , die es hatte , ab- 
geschnitten. Dukes (N^ 198) verweist hierzu auf De Sacy's Aus- 
gabe des Fend-Nameh , woselbst in den Anmerkungen (p. 206) eine 
ähnliche Fabel aus Anwäri Suheili angeführt wird, vom Esel, welcher 
ausging , um sich einen Schweif zu suchen , und dem bei dieser 
Gelegenheit von einem Landmanne die Ohren abgeschnitten wur- 
den , wie denn auch auf die entsprechende Fabel bei Aesop sowie 
auf Buxtorf's Florilegium, p. 54, verwiesen wird. Die Fabel vom 
Eameel, das, aus Neid auf den Hirsch, Gott bat, ihm Homer 
zu geben, worauf ihm aber Gott die Ohren vstumpffet" und 
Höcker und unförmliche Gestalt verleiht , findet sich in Kirchhofs 
Wendunmuth (ed. Osterley , Bibliothek des liter. Vereins in Stutt- 
gart , N'* 99 , p. 282). In den Nachweisungen (p. 164) wird unter 



I) In den Adagiis des Erasmns (ed. Basil., 1520, p. 427; ed.Francof., 1646, p. 19) 
wird als Parallele za «Medice, tibi ipsi medicus esto** der Sprach angeführt: 'AAA^y 
larp^q ecvrdq %Xkbvi ßftum. 



45 

andren Parallelstellen auch Pantschaiantra , ed. Benfey , 1 , 602, an- 
geführt. 

Bei Burekhardt, N® 87, wird der Sprach angeführt : »Tanze vor 
dem Affen während seiner Regierung" (bei Freytag, III , 199, An 
seiner Zeit") und No 339 : »Bücke dich vor dem nichtswürdigen 
Affen in seiner Zeit" (in der Zeit seines Glückes). Ein ähnlicher 
Spruch wird mit Bezu^ auf Gen., 47, 31, im Talmud (Megillah, 16^) 
angefahrt: »Bücke dich vor dem Fuchse in seiner Zeit" (^J*i^n 

»Zwischen ^4nä und B&nä ging unser Bart verloren" (^^j 
biJl vJi^£U? IjÜj IjL5>) wird als Sprichwort bei Burekhardt (No 146) , 
bei Kazimirski (WB., I, 363a) — zugleich mit Hinweisung auf 
Lafontaine's L'homme entre deax äges — und in etwas verschiede- 
ner Fassung bei C. v. Landberg (Froverbes et dictons , 1 , 216 , 
NO 119) angeführt. Ein Mann entre deux, 4ges war nämlich auch 
insofern zwischen zwei Lebensaltern, als er zwei Frauen, l}knä 
und Bän4, hatte, von denen die eine jung, die andre alt war; 
die erstere riss ihm alle weissen , die letztere alle schwarzen Haare 
aus y sodass er kahlköpfig ward. Diese Erzählung findet sich auch 
im Anwari Suheili (ed. Ouseley , p. föf) ; im Talmud (B. Eamma, 
60^) wird sie mit Bezug auf ein Ereigniss als Gleichniss ange- 
führt, mit dem Schlussatze; »So war er hüben und drüben ein 
Kahlkopf - |J<30 nnpT |NDD nnp NÜDJ - , ^el^^^e Worte 
an einer andren Stelle (B. Bathra, 132^) als sprichwörtliche Eedens- 
art vorkommen. Dukes , der ebenfalls (N® 598) dieses Sprichwort 
anführt, verweist auf Notices et extraits, II, 711 fg., woselbst 
diese Erzählung aus Aesop^s Fabeln nach einem MS. angeführt 
und zugleich auf die Behandlung desselben Gegenstandes bei 
Phädrus und Lafontaine verwiesen wird. 

Auch im Wendunmuth (ib. p. 288) findet sich diese Erzählung ^) ; 



1) Der Aasdruck «widerwertige" in dem Satze «und dass er so alt noch nidit 
erschien, wie ihre widerwertige vorgab", entspricht dem »ihre widerwärtige" bei Lather, 
1 Sam., 1. 6, wahrscheinlich die Übersetzung von p)*)2^ im Texte, welches Wort 



TT 



'— als Femin. von *)2^ //Feind" — * Feindin" — - d. h. die Nebenfraa als Neben- 
buhlerin — bedeutet. In der Bibel kommt das Wort in letzterer Bedeutung nur an 
dieser Stelle , im Talmad aber — als terminus techmcus für Nebenfrau — mehrmals vor. 



46 

unter den Nachweisungen (p. 165) wird auch Benfey, Panischa- 
tantra, I, 602; II, 552 angeführt. 

Bei Buxtorf, p. 285, und bei Dukes, K» 531 und No 532, wer- 
den die Sprichwörter angeführt: i>Ist der Ochs gefallen, schärfe 
das Messer — gibt's der Schlächter viele". Bei Tantawi (Trait^ 
de la langue arabe vulgaire , p. 1 28) findet sich das Sprichwort : 
>Wenn der Ochs niedergefallen ist, sind viele Messer für ihn da", 
L^'l5C^ ybCj öjftJi jftj U (y:)u ist wohl ein Druckfehler) i). 

Bei Freytag (I, 471; II, 735) wird der Spruch angeführt: 
»Was Gott thut, ist wohlgethan", was also ein ethischer Spruch 
ist , der keineswegs , wie die meisten andren , zu den Yolkssprich- 
wörtem gehört «). Auch in den Schollen zu ^artri (p. Y^Y\ wird 
aus einem Gedichte Abu Temmam's die Stelle mitgetheilt : )) Ertrage 
mit Geduld den Wechsel des Geschickes , denn Gott thut Nichts , 
was nicht zum Guten ist" (^ jJJt ^;^'*^. ^ |}^^ oLuLül ^JLc \jj^ 
j*s>). Ein sehr bekannter , im Talmud (Berachoth, 60^) angeführter , 
chaldäischer Spruch lautet : »Alles, was Gott thut , ist zum Guten". 
Zugleich wird erzählt , dass R. Akiba dazu ermahnte , diesen 
Spruch — der zugleich in hebräischer Fassung mitgetheilt wird — 
zu beherzigen und dass sich ihm selbst ein Mal die Gelegenheit 
darbot, auf die Wahrheit desselben hinzuweisen. Die betreffende 
Erzählung wird von Dukes (No 452) mitgetheilt , zugleich deren 
Bearbeitung in Kerder's »Blumenlese". An der Talmudstelle bezieht 
sich der Spruch auf die Stelle der Mischna (IX , 5, fol. 54») , dass 
man Gott nicht nur für das Gute , sondern auch für das Schlimme 
danken soll , wozu Job, 1, 21, angeführt und auch Deut, 6, 5 
in diesem Sinne gedeutet wird. 

Zu den talmudischen Yolkssprichwörfcem , die namentlich für 
das Volksthümliche der Hagada sehr charakteristisch sind, finden 
sich noch anderweitige Parallelen in der arabischen Literatur. Das 



1) Aach ein spanisches Sprichwort lautet : »Caandocaelavaca, agazan los cachillos". 

2) Den Unterschied zwischen dem ethischen Spruche und dem tDVin 7t2^D o^®"* 
Volkssprichwort — welches letztere weniger Weisheits- als vielmehr Klugheitslehren 
enthält (wozu die Gnomik des realistischen Sancho Panza im Gegensatz zu dem idealen 
Don Quijote viele Beispiele liefert) — habe ich ZDMG., XXXI, p. 302, N«. 20 
hervorgehoben und zugleich als Belege mehreren talmudische Sprichwörter angeführt. 



47 

gilt namentlich von solchen Sprüchen, die sich auf die Zunge 
(lllS^b , o'^ ' persisch qU) , d. h. auf das Reden, beziehen , und 
den Schaden yeranschaulichen , den dasselbe oft bringt* Noch ein 
eigenthümlicher , hierher gehöriger, Ausdruck findet sich sowohl 
im talmudischen als auch im arabischen Sprachgebrauch. Die Ver- 
leumdung heisst im Talmud »die böse Zunge" oder »die Zunge 
zum Bösen" (j;"-|n nji^^, ähnlich wie y),-] m, »der böse Blick", 
»der Blick zum Bösen") ; daneben besteht noch ein andrer Ausdruck , 
^Nn^bn ){2^^^ j *^i® dritte Zunge". Dieser Ausdruck kommt mehr- 
mals vor , wie z. B. Wajikra R., S. 26 ; M. Tanchuma, ed. Buber, 
lY, 54i^; Pesikta d. R. Kahna, 32», wozu Buber mehrere Paral- 
lelstellen anführt; auch Buxtorf s. v. ^5^^ (col., 1160) führt 
mehrere Stellen, namentlich aus dem Targum, an. Dieser Ausdruck 
wird damit erklärt, dass die Verleumdung drei Personen tödte, 
den Verleumder, den Verleumdeten und den, bei welchem der- 
selbe verleumdet wird. Ganz ähnlich wird im Arabischen der 
Angeber, Verleumder 3.iÄ^ (von v^aJiS, drei) genannt, weil er drei 
Personen zu Grunde richtet , sich selbst , den , welchen er verleum- 
det, und den, bei dem er ihn verleumdet <). 

Aber auch unter den persischen Sprichwörtern und sprichwört- 
lichen Redensarten bei Roebuck sind einige , die mit talmudischen 
Ähnlichkeit haben. Dahin gehört das Sprichwort (Part I , sect. II , 
p. 131 , No 412) : »Der Wechselbrief der Liebenden ist auf 
das Geweih des Hirsches ausgestellt" (^t ^ü^ ^ qLä;^ oU), 
d. h. er wird nie honorirt. Es entspricht das der talmudischen 
Redeweise (Buxtorf und Levy s. v. Y^i^j Florilegium, p, 18; 
Dukes, N^ 259): »Er hat sein Geld auf die Homer des Hirsches 

gelegt (^3Jin ]^p b)} l^m5?D n^jn) , ^ h. er erhält es nie 
zurück; es ist verloren. Eine ähnliche Redensart ist die von 
Aristoteles (Hist. an., IX, 5,34, ed. Aubert- Wimmer , II, p. 221) 



1) So wird auch im Midrasch (Wtjikra R., S. 33, Anfang; Dukes N^ 494) eine 
kleine Geschichte erzählt, nm darzathnn, dass eine gate Zange (von einem Thiere, 
als Speise) unter allen guten Dingen das beste, die schlechte hingegen unter den 
schlechten Dingen das schlechteste sei — ^^2 1D1 D^^^D HDÜ H^^ Dö DID 13 
rOy^Ü tC^^D n^b' Derselbe Spruch wird im Namen Lokm&n's bei Zama^sari (p. IUI**) 
und Baidftwi (II, p. W^) zu Sur. 81,11 angefahrt. 



48 

angefiilirte griechische: )»Wo die Hirsche ihre Geweihe abwerfen 
(du cti iKx^Qi ra tiiparoL iicoßixxovviy) , d. h. an schwer zugäng- 
lichen Plätzen, da die Hirsche an solchen ihre Geweihe hin- 
werfen. Bei Roebuck wird femer (ib., p. 167, No 627) der per- 
sische Spruch angeführt: k» Backe dein Brot, so lange wie der Ofen 
warm ist; (»Make hay , while the sun shines", fügt Roebuck als 
Parallele hinzu), ähnlich lautet ein talmudischen Spruch (Sanhe- 
drin , 33 ; Dukes , NM 2 ; Florilegium , p. 234) : iDieweil dein Heerd 
brennt , schneide deinen Kürbis ab und brate ihn". Ein andrer 
Spruch bei Roebuck (p. 240, No 1105) lautet: T>Der Topf der 
Genossenschaft (c^|j^) kommt nie zum Sieden" (Too many oooks 
spoil the broth) ; ähnlich im Talmud (Erubin, 3<^ ; B. Bathra, 24 ; 
Dukes N^ 588) : »Der Topf der Genossen ist weder warm noch 

kalt" j^o^an N^i Nnnp ^b ^^rmi ^mp y i^ ähnlicher 

Weisse liesse sich noch bei andren Sprichwörtern die Obereinstim- 
mung nachweisen >). 

Davon aber ganz abgesehen, berührt sich die jüdische Gnomik 
mit der arabisch-persischen noch in einem anderen Puncto. Wie 
die oben angeführten talmudischen Sprüche und Sprichwörter knüp- 
fen noch yiele andre an die Bibel an ; auch die arabisch-persischen 
Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten beziehen sich sehr 
oft auf Bibel- oder Koränstellen , indem biblische Personen — 
Noah, Abraham, Jakob, Joseph (dieser besonders häufig), Moses, 
Eorah , Salomon , Hieb u. A. — darin Torkommen , wie andrer- 
seits viele Sprüche mit biblischen übereinstimmen. Der Einfluss 
der heiligen Schriften erstreckt sich also auch auf dieses Literatur- 



1) Im Talmud werden die Sprichwörter nie ihrer selbst willen — wie in einer 
Sprachsammlong — angeführt; es ist immer ein bekanntes Sprichwort, das gelegent- 
lich auf die eine and die andre Sache angewandt wird , zuweilen auf ganz verschiedene 
Dinge. 

2) Auch aus dem Hindnstani fährt Roebuck (Part II, sect. II, p. 202, N° 82 
and p. 208, N^ 87) einen Sprach in zwei etwas verschiedenen Versionen an : «Spacke 
gegen den Himmel (die Sonne), and der Speichel wird auf dein Angesicht fallen"; 
zugleich wird das entsprechende englische Sprichwort angefahrt. Dasselbe existirt nun 
auch im Französischen («qui crache contre le ciel il lui retombe sur le visage*') und 
wahrscheinlich auch in andren Sprachen. Im Midrasch Koheleth, 7, 9 (cf. Dukes, N® 866) 
kommt ebenfalls der Sprach vor: Wer in die Höhe spuckt, dem fallt der Speichel 
au& Angesicht (|?«»Di n'»D« ^j; ^'»j;^ ppll !?D). 



49 

gebiet, was wiederum — wie alles oben Angeführte — ein Bei- 
spiel davon ist, »wie das Wort so wichtig dort war'% 

Es Hesse sich nachweisen , dass auch das , was in jener Stelle 
des westöstlichen Di van noch ferner gesagt wird, in gleicher Weise 
von der jüdischen Literatur gilt ; da aber im Folgenden nur von 
den — auf die biblischen Erzählungen sich beziehenden — Sagen 
die Rede sein soll, so bleibt das Übrige, als nicht hierher ge- 
hörend, besser unberücksichtigt. 

Zu erwähnen ist nur noch eine Ähnlichkeit zwischen den 
jüdischen und den arabischen Schriften — der Anachronismus. Im 
Talmud herrscht durchaus die Yorstellung, dass Moses zugleich 
mit dem schriftlichen Gesetze auch die mündliche Erläuterung 
desselben empüng, die dann von Geschlecht zu Geschlecht über- 
liefert wurde. So werden denn auch alle hervorragenden biblischen 
Personen zugleich als grosse Schriftgelehrte betrachtet, und wie 
der oben erwähnte Name ^^3^^ werden auch (Berachoth, 4* , Jalkut 
Sam., § 131) die Namen 3J<^3, ntt^D^DD, ^DIINH ^i^M »uf 
ihre halachische Gelehrsamkeit bezogen, wie denn an ersterer 
Stelle auch David als grosser Schriftgelehrter geschildert wirdi). 
So wie es nun aber (Pesachim, 54 &, Aboth d. R. Nathan, ed. Schechter, 
46^ , und an andren Stellen) von der Thora heisst , dass sie schon 
vor der Weltschöpfung existirte , so wird auch angenommen , dass 
lange vor der Gesetzgebung auf Sinai die schriftliche wie die 
mündliche Lehre in der Theorie und in der Praxis vorhanden 
war , also nicht nur studirt , sondern auch ausgeübt ward. So wird 
(Bereschith R., S. 63) , die Stelle Gen., 25, 22, dahin gedeutet , 
dass Rebekka im Lehrhause von Sem und Eber anfragte , was das 
Ungewöhnliche dieser Erscheinung bedeuten solle, wie auch der 
Plural D^briN i° dö«^ ^^tze (Vs. 27) D'^SnN DI^'^ ÜV) IS^'^N ^pV^l 

• 

auf JakoVs Thorastudium in diesen Lehrhäusern bezogen wird. 



1) So wird auch Moed Katon, 16b, daa D''^13^» 2 Sam., 23, 8, ni^llDÜ — ^^ 

Sinne von Grossthaten — gelesen nnd ^iJ^yp) *|yiy auf David und sein ver- 
Bchiednes Benehmen im Lehrliause nnd in der Schlacht bezogen. Keineswegs ist von 
einem der Helden David's die Bede, wie Levy (Neuh. "W.B., III, 622a, s. v. pj;) 



meint. 



50 

Ebenso befolgte Abraham die Qebote der sobriftliclieii wie der 
mündlichen Lehre, wovon später die Bede sein wird. 

Was nun die hagadisohen Bestandtheile der talmudisehen Lite- 
ratur betrifft, so waren das zumeist dffentliohe Yorträgfe für das 
grosse Publieum, die, Tolksthümlich und erbaulich, augleieh er- 
heitern , trösten und erheben sollten. Ein solcher Vortrag wird , 
zugleich mit Anfang und Schluss , Sabbath, SO*^, mitgetheilt (der 
populäre Charakter desselben wird yon Raschi z. Bt. hervorgehoben). 
Wie sehr beliebt diese Vorträge beim Volke waren, ist aus vielen 
Talmudstellen ersichtlich. So wird (jems. Talmud, Sota, I, .4, 
Wajikra R., S. 9, und an andren Stellen) eine sehr hübsche Ge- 
schichte von einer Frau erzählt, welche die Vorträge des R. Meir 
so gerne hörte, dass sie in Folge ihrer — durch das Anziehende 
des Vortrags gefesselten — Aufmerksamkeit einst einmal sehr spät 
nach Hause kam und desshalb von ihrem Manne gescholten ward. 
An einer andren Stelle (Sota, 40>), wird erzählt, dass einst 
zwei Schriftgelehrte nach einer Stadt kamen und daselbst Vori^äge 
hielten. Der Eine, der halachische Vorträge hielt, fand nur sehr 
wenige Zuhörer , während der Andre , dessen Vorträge hagadischen 
Inhalts waren, ein sehr grosses Publicum hatte. Als Jener sieh 
darüber beklagte, tröstete ihn der Andre mit einem Gleichnisse, 
um ihm darzuthun , dass die hal achischen Vorträge y eben weil 
ernster, gediegner und gehaltvoller als die hagadischen, für das 
Volk wenig Anziehendes haben. Zu dem volksthümliohen Charakter 
dieser Vorträge gehörte nun auch, dass man die biblischen Per^ 
sonen ihrer erhabnen Ferne entrückte und sie als der G-egenwart 
angehörig darstellte. Indem man also das, was einer späteren Zeit 
angehörte, auf biblische Personen und Ereignisse übertrug, wurde 
das Erzählte dem Veratändnisse näher gerückt und erhielt zugleich 
etwas Trauliches und Gemüthliches , wie denn überhaupt das ge- 
müthliche Element einen wesentlichen Charakterzug der hagadi- 
schen Erzählungen bildet. 

In den hagadischen Erzählungen kommen auch heidnische Per. 
sonen vor, zumeist solche, die dem jüdischen Volke feindselig 
gegenüberstanden. Bei diesen tritt nun die Individualität ganz 
und gar in den Hintergrund ; aus dem Rahmen von Zeit und Raum 



51' 

heransgeriisen , werden sie rerallgemeiiiert, werden sie eu Typen^ 
CliarakiermaBken ; die Person wird zur persona im ursprünglichen 
Sinne des lateinischen Wortes. So werden z. B. Ebtman's Anklagen 
gegen das jüdische Volk in der Hagada mit rielen neuen Zuthaien 
bereichert (die verschiednen Varianten finden sich in Buber's 
»Hagadische Auslegungen — Nm^NT '^IDD ~" ^^^ ®* Esther", 
13^, 16*, 34^, 50*); aus den wenigen Worten Haman's wird 
ein hämisches und lügenhaftes Libell, und zwar beschwert sich 
Haman über Dinge, die erst in viel späterer Zeit Ton den Fein-* 
den der Juden gegen dieselben geltend gemacht wurden (was 
bereits Sachs — Beiträge , II , 153 fg. -^ herrorhebt). Darin liegt 
nun zugleich auch ein gewisser Humor; wenn nun aber — ge- 
wissermassen als Beplik auf die Anklage — weiter erzählt wird, 
dass auf Haman's Verspottung und Verleumdung der jüdischen 
Festtage hin, Oott zu ihm sagte: »Du klagst die Juden wegen 
ihrer Festtage an; diese Feste werden fortbestehen, du selbst 
aber wirst die Veranlassung sein , dass noch ein andres Fest -^ 
das heiterste und fröhlichste von allen -^ hinzukommt", so liegt 
darin noch weit mehr Humor, wie denn die hagadische Behand- 
lung des Buches Esther — in Talmud und Midrasch -^ humoristischer 
ist als die irgend einer andren biblischen Erzählung. 

Weit tragischer ist die Darstellung andrer Personen, wie z. B. des 
Nimrod , Nebukadnezar , Titus , Vespasian , Hadrian, welchen Namen 
immer das Epitheton ytJ^^H — ^®^ Frerler — hinzugefügt wird. 
Dieses Epitheton ist gleichsam der eigentliche , Allen gemeinsame , 
Name, wie denn auch der ursprüngliche Name zuweilen appella» 
tiTisch aufgefasst wird, so 'T^QJ als »Empörer, Rebell" von T^Q. 
Denn auch sie sind Alle Metamorphosen und Metempsychosen einer 
und derselben Person; Nebukadnezar ist Nimrod II, ein Nimrod 
rediyiYus. An einer Talmudstelle (Pesachim, 94* , 94^), ruft so eine 
Himmelsstimme dem Nebukadnezar zu und beginnt mit der An- 
rede: »0 du Gottloser (^5^?*!) , Sohn eines Gottlosen, Sohnes- 
sohn des Nimrod, der die ganze Welt zur Empörung gegen Gott 
aufrief" O^y "^^^^ D^l J?n ^D DN I^IDilti^) ) «» ©i^^r andren 
Stelle (Gittin , 56^) , ruft wiederum eine Himmelstimme dem Titus 
zu und nennt ihn; »Gottloser, Sohn eines Gottlosen, Sohnes^ 



52 

8olin Esau^B des GottloBen'', wobei aber wohl auch in Betracht 
kommmt, dass die Römer als Nachkommen Esaa's oder Edom's 
angesehen werden. 

Da nun femer die tragischen Erzählungen, in denen diese 
Personen figuriren , vom hagadischen Gewebe umsponnen werden , 
so yerflüchtigen sich die historischen Gestalten im Dämmerlichte 
der Sage zu lauter Dissolving yiews. 

Bei den Arabern sind Nimrod und Pharaoh insofern typische 
Personen, als ihre Namen appellativisch gebraucht werden und 
so auch im Plural Yorkommen zur Bezeichnung übermüthigor und 
ungläubiger Tyrannen. Sie werden auch oft als Beispiele angeführt , 
um darzuthun , wie Gott derartige Frevler bestrafe ; sie leben noch 
jetzt im Yolksmunde fort ^) , sowohl im Sprichworte als in der 
Yolkssage. Die arabische und die jüdische Sage fliessen hier zu- 
weileji ineinander. Da nach talmudischer Anschauung Titus nur 
ein römischer Nimrod ist, so findet sich die arabische Sage yon 
der Mücke , die Nimrod's Tod verursachte , in der jüdischen Sage 
als Mücke des Titus vor, wie ich das an einer andren Stelle 
(ZDMG., XXIII , 625) nachgewiesen habe. Die Mücke des Nimrod 
hat übrigens eine gewisse Berühmtheit erlangt; sie kommt nicht 
nur im Sprichworte vor , man weiss sogar ihren Namen , nämlich 

•• 

Der Anachronismus bildet aber auch die Grundlage des Koran , 
da dessen Glaubenssätze so dargestellt worden , dass sie nur als 
Wiederholung einer uralten Religion erscheinen. Der erste Moslim 



1) Nimrod*8 Tod darch eine Mücke wird in den Einleitnngsgedichten zum Pend 
Nameh (ed. De Sacy, p. t**) und zam Mantik At-Tair (ed. G. de Taasy.p. 1, Vs. It**) 
und sonst erwähnt. In A. P. Stanley's «Sinai and Palestine'* ist onter andren dort erwähn- 
ten Volkssagen namentlich die von Pharao and von «Pharao's Bädern" (p. 32. 57 fg.)> 
sehr interessant. Wie Babylon (in der Erinnrung an Nimrod") and andre Orte, über 
die Gottes Strafgericht ergangen, noch heute von den Arabern gemieden werden, be- 
richtet Wetzstein in Delitzsch's Commentar zu Job (15, 28, p. 165), zugleich auch, 
dass seltsame Steingruppirungen in der Yolkssage ebenfalls als Verwandlungen sünd- 
hafter Mensoben betrachtet werden. LetzteresauchbeiStanley (p. 153) —Bef Roebuck 
(Ft. I, S. II. p. 399, N® 2168) lautet ein Sprichwort: »Für jeden Nimrod gibt 
es eine Mücke*' (ähnlich p. 376, N° 2021); ein solches bei Berggren s. v. Pharao 
(p. 627): »Die Armnth ist die Fessel der Pharaonen." 



53 

war Abraham , der auch das Nationalheiligthum in Mekka erbaute 
(wovon später), und so sind alle biblischen Personen Bekenner des 
Islam. Mohammad selbst wird nicht nur von seinen Yorgängern 
vorher verkündigt, es wird ihm sogar eine Art Präexistenz zu- 
geschrieben , was namentlich in den späteren Schriften ausführlich 
dargestellt ist. So wird denn auch im Himmel die Urschrift des 
Koran (Uü:Sil\ p — Erklär, zu Sur. 13, 39; 43,3) aufbewahrt, 
und es ist eine mit grosser Leidenschaft bald verfochtne bald 
bestrittne Ansicht, dass der KorS,n unerschaffen sei und von 
Ewigkeit her existire. 

Zu dem Anachronismus der Hagada gehört es auch , wenn z. B. 
die Engel bei der Schöpfung Adam's im Gespräche mit Gott Bibel- 
verse (Ps. 8, 5; 144, 3; Hieb, 41, 25) im Munde führen (ZDMG., 
XXXI, 225. 231. 232) , wenn Gott im Gespräche mit David dessen 
eigne Worte , Ps. 39, 5 , auf ihn anwendet (ib., p. 202 ; Sabbath , 
30»), wenn Aschmedai Verse aas Hoseas (4, 11) und den Prover- 
bien (20, 1 ; 25 , 15) anführt (p. 217), wie Salomon die hagadische 
Erklärung von Num., 23, 22 (p. 220), wenn Noah im Gespräche 
mit Satan auf Ps. 104, 15, verweist (ib., XLI, 653), wie denn 
derartige Verwendungen von Bibelstellen unzählige Male vorkommen. 
Ahnlich werden bei den arabischen Autoren den biblischen Per- 
sonen Kordnverse in den Mund gelegt , oder sie finden sonst Ver- 
wendung. In dem T^te-ä-t^te zwischen Joseph und Zuleikha er- 
scheinen plötzlich von unsichtbarer Hand geschriebne Korä^nverse 
an der Wand , um Joseph von der Sünde abzuhalten , wie er auch 
in den Worten, die er an Zuleikha richtet, Koränstellen (an der 
ganz ähnlichen Midraschstelle ist es ein Bibelvers) gebraucht 
(ZDMG., XLIII, 5). So bemerkt auch Zamahäari zu Sur. 27, 30 
(p. ^-^ö), dass Salomon sein Brieflein an die Eöningin von Sabä 
mit den Worten eröffnete: »Friede mit dem, welcher der rechten 
Leitung folgt" (^^^^A^i j-öl q^ J^ *bLJt), also eine Kordnstelle 
(Sur. 20, 49) , die übrigens auch Mohammad in den Briefen an 
verschiedne Könige als Eingang gebraucht ^) , (Abü'l-Fid4 , Leben 



1) Mit denselben Worten beginnt aucb ein Brief des Kaisers von Marokko an 
Louis XVI (De Sacy, Gramm, arabe, I, p. XVIII). 



54 

und Thaten Mohammad's , ed. G-agnier, p. 94* 95; Sprenger, Leben 
und Lehre des Mohammad, III, 265 fg.; Erehl, Das Leben des 
Mohammed, p. 297). 

Aber auch das gemüthliohe Element ist in den arabischen 
Sagen yertreten; so z. B. die Sagen über Abraham, den Freund 
Gottes, wie denn die -- später zu erwähnende — Sage Yon dem 
Ursprünge dieser Benennung eine der gemüthyoUsten ist. Auch die 
Geschichte Joseph's ist yon rührender Gemüthlichkeit. Besonders 
gemüthlich ist, dass in allen Erzählungen Gott selbst mit den 
Menschen spricht ; in den meisten Fällen ist es übrigens der Engel 
Gabriel , der immer und überall als Dens ex machina bei der Hand 
ist« Rührende Züge yon kindlicher Pietät kommen übrigens auch 
in andren Erzählungen yor, in denen nicht yon biblischen Per» 
sonen die Rede ist ^). 

Manche der arabischen Legenden sind jüdischen Ursprunges; 
andre sind nicht entlehnt , sondern autoohthon , wie auch manche 
Personen ein Sagenkreis umgibt, die zwar in der Bibel erwähnt, 
aber yon der jüdischen Sage weiter nicht berücksichtigt werden , 
so z. B. Hieb. Die syrischen Legenden , die sich alle auf die Bibel 
beziehen , haben mehr aus dem Judenthum aufgenommen als die 
arabischen, deren manche übrigens syrischen Ursprungs sind* Im 
Folgenden sollen — mit wenigen Ausnahmen — nur solche Sagen 
berücksichtigt werden, zu denen sich Parallelen nachweisen las«' 
Ben, und zwar die arabischen Sagen in der Form wie sie — 
anknüpfend an die im Eor4n nur flüchtig erwähnten — bei den 
Commentatoren und den späteren Autoren yorkommen« 



ADAM. 



Was die Schöpfung Adam's betrifft, so bildet dieselbe den 
Gegenstand yerschiedner Sagen, Im Midrasch (Bereschith R., S. 1 4) 



1) Dahin gehören die drei ^« sneamraengehorigen — Erz&hlangen bei Baid&wi sn 
Sur. 18, 8 (p. Oööy die auch bei Kazwini (s. v. j*-^t^^ J^a>-) erzählt werden. Die 
zweite, in welcher ein Mann (der Erzähler) den bei ihm hinterlassnen Lohn eines 
Dieners in der Weise anlegte, dass als dieser danach fragte, er ihm denselben jev 
vieUacht wiedergeben konnte, findet sich f^luüiQh Üebanm R., 8» )|. 



56 . 

beisat e»: «Adam wurde erBobaffen (aus der Erde) yom Orte seiiter 
Sühne** (IDIDD DlpDD) , d. h. an der Stelle des Tempels , an der 
(spater) der Altar stand« Im jerus. Talmud, Nasir, YII, 2 , (welche 
Stelle Zeeb Wolf Einhorn in seinem Commentar zum Midrasch 
anführt) , beisst es : »Gbtt nahm einen Löffel roll Erde vom Orte 
des Altars und bildete daraus Adam''. In den Pirke B. Eliezer (c. 
11) wird ersäblt: iGott nahm Staub Yon allen rier Enden der 
Welt, Ton rother, sehwarzer, weisser und branner Farbe und im 
Mittelpunkte (*ni!3C0) ^^ Erde, an einem reinen Orte, nämlioh 
am Orte des Tempels, erschuf er daraus Adam**. Cap. 12 und 20 
beisst es, dass Gott. den Staub zu Adam'a Schöpfung yom Berge 
Horiah nahm. Im jerus. Targum, Gen., 2, 7, beisst es : »Gott nahm 
rothen , sebwarzen und weissen Staub vom Orte des Tempels und 
Ton allen yier Weltgegenden , knetete denselben mit den Wassern 
der ganzen Welt und erschuf daraus Adam". Im Talmud (Sanbedrin, 
38<^) wird die Meinung angeführt , dass der Staub , aus dem Adam 
erschaffen wurde, aus der ganzen Welt gesammelt worden war. 
Femer wird erzahlt (Berescbith B., S. 8; Aboth d. B. Nathan, 
ed. Scheohtor,. f. 11^, und an andren in der Wilnaer Ausgabe des 
Midraseh yorkommenden und yon Scheohter angeführten Stellen) , 
dass Adam zuerst als lebloser Körper (Q^^^) erschaffen wurde, dass 
G*ott erst später ihm die Seele einbauchte und dass er mit seiner 
körperlichen Grösse die ganze Welt erfüllte (unter Anführung yon 
Ps. 139, 5. 16). 

Mit Bezug auf die — auch anderswo yorkommende — Yorstel- 
Inng , dass die Erde , aus welcher Adam gebildet wurde y aus den 
yier Weltgegenden genommen worden war, so wie darauf, dass 
seinen Nachkommen in allen yier Weltgegenden zu wohnen be- 
stimmt war, wird bei Oyprian und bei Augustin (Tract. IX. in 
Job. ey. c 11) — welche Autoren Heidegger, Eist. s. patriarcb., 
I, 79, anführt — der Name Adam in die Wörter *AydSToA)$ , Auo*/;, 
"ApKrog, MeaitfAßl^loc zerlegt, wie ebenso bei Glycaa (AnnaL, ed. 
Bonn, p. 142). Buxtorf (De abbreyiationibns , p. 84) yergleicht 
damit die im Talmud (Sota, b^) gegebne Zerlegung dea Wortes 
mji} in ^DJi}, m, rnD Asche, Blut, Galle). 

Was die Erschaffung Eya^s betrifft, so beisst es im Midrasch 



56 

(Bereschitli R., S. 18 , S. 45 ; Debarim R., S. 6) mit Bezug auf 
Q*i^ , Gen., 2, 22 , dass Gott zuerst überlegt habe (|J13rin) > ^^^ 
welchem Gliede Adam^B er Eya erschaffen solle; aus dem Kopfe 
nicht , damit sie nicht stolz werde , und aus ähnlichen Gründen 
auch nicht aus den andren Gliedern; er erschuf sie also aus der 
Rippe , weil diese verborgen (y*| JJi) ist , und damit auch die Frau 
in der Verborgenheit , keusch, häuslich und zurückgezogen (nVI^Ü) 
lebe. Dann wird die Feier dieser ersten Hochzeit geschildert , wie 
13 (oder 10) Baldachine errichtet wurden und wie die Engel in 
rerschiedner Weise dabei fungirten , und wie die höheren Engel 
dem Adam aufwarteten (Pesikta d. R. K., d?» ; M. Tanchuma , ed. 
Buber , 1 , 58^ ; Aboth d. R. Nathan , 3* , und an andren Stellen). 
An einer Midraschstelle (Ber. R., S. 8 ; Midr. Koheleth , 6, 10) 
heisst es, dass die Engel dem Adam göttliche Ehren erweisen 
wollten , dass aber Gott ihn in Schlaf fallen liess , um ihnen zu 
zeigen , dass er nur ein Mensch sei. 

In den Firke R Eliezer (c. 11) heisst es: »Als Adam alle die 
Geschöpfe sah, die Gott erschaffen hatte, pries er den Schöpfer 
und sprach : Wie viele sind deiner Werke , o Gott ! (Ps. 104, 24) , 
»und als die Geschöpfe ihn sahen , wie er dastand , ein Abbild von 
Gottes Herrlichkeit , da glaubten sie , er habe sie erschaffen , und 
kamen alle herbei , um ihn anzubeten. Da sagte Adam : Vor mir 
wollt ihr euch niederwerfen ? Nicht so ! ich und ihr , wir alle 
wollen vor Ihm uns niederwerfen , der uns geschaffen. Adam und 
ihm folgend die Geschöpfe alle sprachen hierauf : Der Ewige regiert , 
er kleidet sich in Majestät , er gürtet sich mit Macht'' u. s. w. 
(Ps, 93, 1 fg.) 

Der Aufenthalt im Paradiese dauerte übrigens nicht lange. An 
mehreren Stellen (Pesikta d. R. K., 150^; Wajikra R., S. 29) wird 
erzählt, was in jeder der 12 Stunden des sechsten Schöpfungstages 
geschah, und dass in der letzten, der 12. Stunde, die Vertrei- 
bung aus dem Paradiese stattfand, sodass Adam nicht einmal 
über Nacht in demselben war, worauf die Stelle Ps. 49, 13, be- 
zogen wird: pr^'^-^J "np**IZl D'INT (^^^ Adam blieb nicht über 

Nacht in seiner Glorie). 

Mit der Übertretung des göttlichen Gebots beginnt eine neue 



57 

Periode in Ajiam's Leben; er ist jetzt nicht mehr derselbe wie 
früher. So lange der Mensch sündenfrei ist — heisst es , Bamidbar 
R., 8. 11 ; Pesikta d. R. K., 44^, und an andren Stellen — fürch- 
ten sich die Geschöpfe vor ihm ; hat er aber gesündigt , so fürchtet 
er die Geschöpfe, wozu unter andren Beispielen auch Adam an- 
geführt wird. Aber auch ausserdem verlor er den früheren Glanz 
seines Angesichtes und ebenso wurde die Länge seines Körpers 
auf die von 100 Ellen reducirt (M. Tanchuma , ed. Buber , I, 7* ; 
Pesikta d. R. K., 1^ , 44^ , 45» und an andren von Buber ange- 
führten Stellen). 

Auch die syrischen Autoren behandeln die Schöpfung Adam^s. 
In der Schatzhöhle (ed. Bezold , p. 3 fg., Text., p. If) wird er- 
zählt, dass Gott von jedem der vier Elemente ein sehr kleines 
Theilchen nahm und daraus Adam bildete, damit Alles, was in 
der Welt ist, ihm unterthänig sei, und zwar wurde er in Jeru- 
salem erschaffen , an dem Orte der Kreuzigung des Erlösers. Und 
als die Engel sein herrliches Aussehen gewahrten und dass sein 
Antlitz gleich war der Kugel der Sonne ^) wurden sie bewegt 
von seiner Schönheit. In Jerusalem aber ward Adam zum König, 
Priester und Propheten gemacht , und dort gab ihm Gott die Herr- 
schaft über alle Geschöpfe, und sie kamen vor Adam, und er gab 
ihnen Namen ., und sie beugten ihr Haupt vor ihm und beteten 
ihn an und dienten ihm , und auch die Engel beugten die Kniee 
und beteten ihn an. 

Das Haupt der untren Ordnung der Geisterwesen aber wollte 
Adam nicht anbeten und sprach zu seinen Mächten: »Betet ihn 
nicht an und preiset ihn nicht mit den Engeln ; ihm ziemt es , mich 
anzubeten , der ich Feuer und Geist bin , und nicht mir , dass ich 
den Staub anbete , der aus einem Staubkömchen geformt ist'\ 
Daraufhin ward dieser Empörer , und mit ihm seine Schaar , vom 
Himmel herabgestürzt — in der zweiten Stunde des sechsten Tages. 
Und sein Name ward genannt Satänsl, weil er sich abgewandt 
hatte (von Gott) , und S^dä, , weil er gestürzt wurde , und Daiw4 , 



l) In der Pesikta d. B. Kahnä (36b) und an andren von Buber angefahrten Siel« 
len heisst es, die Ferse Adam's verdunkelte die Kugel der Sonne (DDH ^)l^^)- 

8 



56 

weil er yerloren hat das Kleid seiner Glorie ^). Adam aber wurde 
erhöht ; er stieg hinauf zum Paradiese unter Jubel und Lobgesang 
der Engel — das geschah in der dritten Stunde. Darauf folgt die 
Erzählung Yon der Erschaffung Eya's. 

Der Name Eden wird dahin gedeutet , dass es die heilige Kirche 
sei, nämlich die Barmherzigkeit Gottes, wie denn auch^ Adam in 
den Schooss dieser Barmherzigkeit Gottes aufgenommen ward, 
worauf die Verse Ps., 90, 1, und 74, 2, bezogen werden. Der Baum 
des Lebens aber war das Vorbild für das Erlösungskreuz, den 
eigentlichen Baum des Lebens. In Eden sollte nun Adam dienen , 
mit priesterlichem Dienste im Lobpreisen , worauf »dass er ihn 
bebaue und bewahre" (Gen., 2, 15) bezogen wird *). 

Darauf wird erzählt, wie der Satan in die Schlange fuhr und 
Eva verleitete , von der verbotnen Frucht zu essen , was sie auch 
that, wie gleicher Weise Adam. In der neunten Stunde gingen 
sie in Trauer aus dem Paradies ; Gott aber sagte zu Adam , er 
solle sich nicht grämen , da dereinst zu seiner Erlösung Gottes 
Sohn herabkommen werde. 

Dass Gott zur Bildung von Adam's Körper Erde aus allen 
vier Weltgegenden nahm und ihn im Mittelpuncte der Erde 
— da, wo später die Kreuzigung stattfand — erschuf, wird 
auch im Bienenbuche (p. 15 fg.) erzählt. Dass die Thiere alle 
sich vor Adam beugten, wird auch im Adamsbuche (p. 34) er- 
wähnt. 

Ahnlich wie an der oben angeführten Midraschstelle wird auch 
bei den syrischen Autoren (De Lagarde, p. 31) der Grund ange- 
geben, wesshalb Gott Eva aus Adam's Rippe erschuf, nämlich 
desshalb nicht aus seinem Kopfe und auch nicht aus der Erde, 
damit sie sich nicht die Herrschaft über ihn anmasse , und damit 
sie demüthig, keusch, schamhaft und züchtig (B.yü«M^) sei, das 
Gesicht verschleiert und den Kopf verhüllt , wozu die Stelle 



2) In den Pirke R. Eliezer (c. 11) wird die biblische Stelle auf das Studiom der 
Thora bezogen, da beim Paradiese kein ßebauen nöthig war. 



59 

1 Gor. 14, 84, angefahrt wird. Dasselbe wird — nur etwas aus- 
führlicher — auch im Bienenbuche (p. 22) gesagt. 

Bei Ephräm Syrus (p. 31. 133) wird die Strafe Eya's als ihrem 
Vergehen entsprechend dargestellt. Eya ass yon der verbotnen 
Frucht, weil sie hoffte, durch die zu erlangende Gottähnlichkeit 
alsdann über Adam herrschen zu können , und erst als sie sah , 
dass keine Andrang eintrat, veranlasste sie Adam, auch dayon 
zu essen. Und darum heisst es (Gen., 3, 16) : i^Nach deinem Manne 
wirst du Verlangen haben , er aber wird über dich herrschen" — 
aber nicht, wie du geglaubt, du über ihn^ und weil du gehofft 
hast, Gotteskinder zu gebären, darum sollst du mit Schmerzen 
gebären. Auch dass die Schlange dazu verdammt wurde , ihr ganzes 
Leben hindurch Staub zu essen , geschah , nach Ephräm , desshalb , 
weil sie jene Beiden von ihrer himmlischen Beschaffenheit in den 
Staub hinabgezogen hatte. Dasselbe findet sich auch bei De 
Lagarde (p. 40 fg*) , wo ausserdem noch gesagt wird , Satan habe 
desshalb seine Yerführungskunst an Eya versucht , weil er wusste, 
dass sie weniger Verstand und Einsicht besitze als Adam. Im 
Adamsbuche (p. 23) heisst es mit Bezug auf die Schlange : i^Sie , 
die zuvor erhaben gewesen war , war nun niedriger als alle Thiere , 
auf ihrem Bauche gehend ; die vordem die schönste war unter allen 
Thieren , war jetzt die hässlichste ; die vordem gute Dinge ge- 
fressen hatte, musste jetzt Staub fressen". 

Ähnliches kommt auch in den jüdischen Schriften vor. Zu der 
Stelle (Gen*, 3, 15): «Ich will Feindschaft stiften zwischen dir 
und der Frau" bemerkt Baschi: »Gott sagte zur Schlange: Du 
bist als freundlich gesinnt zu Eva gegangen, weil du wusstest, 
dass Frauen leicht zu überreden sind und dass sie auch ihren 
Mann überreden werde; darum sollt ihr fortan Feinde sein". Zu 
Vs. 16 , wo Gott zu Eva sagt : »Und er soll über dich herrschen", 
bemerkt Nachmanides : »Es ist das Maass für Maass" (^JJ3 miD 
j^*^J3) ; Gott sagte : Dein Mann war dir folgsam , indem er von 
der Frucht ass; darum soll er in Zukunft dein Herr sein, sodass 
du ihm gehorchen musst". Mit Bezug auf die Schlange heisst es 
(Ber. B., S. 20): »Gott sagte zu ihr: Du bist Schuld, dass die 
Menschen, über die Gestorbenen trauernd, gebückt einhergehen; 



60 

darum sollst du auf deinem Bauche kriechen , und alsbald stiegen 
die dienstthuenden Engel hernieder und hieben ihr Vorder- und 
Hinterfüsse ab^'. An einer andren Stelle heisst es: »Während es 
früher (3, 1) von der Schlange hiess ^30 OnS? — ^^^^ ®^® 
klüger war als alle Thiere — heisst es jetzt (Vs. 14) ^3p I^IN 

— dass sie allein yerflucht sein solle unter allen Thieren — " 
(ibid., S, 42). 

Im jerus. Targum zu Gen., 3, 14, sagt Gott zur Schlange : i . • . Auf 
deinem Bauche sollst du einhergehen und deine Füsse sollen dir 
abgehauen werden, und deine Haut soll alle sieben Jahre dir 
abgezogen werden [zur Strafe dafür, sagt der Commentar zum 
Targum , dass Adam eine andre Haut , als die frühere war , bekam] , 
und tödtliches Gift soll in deinem Munde sein, und Staub sollst 
du essen all dein Leben lang". Im Midrasch 21D Hp^ (®^* 
Buber, I, 13^) heisst es: »Die Schlange war Schuld, dass die 

Menschen zum Staub zurückkehren ; darum ward der Staub ihre 

» 

Nahrung" ^). 

Im 5:orän (Sur. 2, 32; 7, 10 fg.; 15, 26 fg.; 17, 63 fg.; 18, 48 
fg.; 20, 115 fg.; 38, 71 fg.) sagt Gott zu den Engeln, sie sollten 
sich vor Adam niederwerfen (als Zeichen der Huldigung. Die 
Commentatoren vergleichen damit das sich Niederwerfen der Brüder 
Joseph^s vor diesem Sur., 12, 101). Das thun dieselben auch, mit Aus- 
nahme des Satans ((jMuJbt) , der als Grund angibt , dass er sich nicht 
vor Einem niederwerfen wolle, der aus Lehm erschaffen wurde, 
während er selbst aus Feuer erschaffen worden sei , woraufhin er 
verbannt wird. In den jüdischen Schriften findet sich Nichts der 
Art — wie das bereits Geiger in seiner Preisschrift (p. 100) be- 
merkt — ; der [ßlorän folgt also der syrischen Sage. Namentlich 
entspricht die Antwort Satans dem , was er an der oben angeführ- 



1) Nach dem Adamsboche (p. 23) wurde der Schlange erst später die Sprache 
genommen, während sie froher reden konnte. Daza bemerkt Dillmann (p. 188, N. 16)* 
«Dass die Schlange früher zahm und Tierfüssig gewesen , lehren viele der älteren Väter 
nach dem Vorgange der Juden (Jos., Ant., 1, 1, 4) und Josephus schon erkennt ihr 
in ihrem früheren Zustand auch die Sprachfähigkeit zu^\ In andren Schriften —auch 
im Buch der Jubiläen — findet sich die Ansicht ausgesprochen, dass ursprünglich 
alk Thiere sprechen konnten (cf. ZDM6., XXXI, 242. 243). 



61 

ien Stelle der Schatzhöhle als Grund seiner Weigrung angibt. 

Die Schlange , die in der biblischen Erzählung Adam und £ya 
zur Übertretung des göttlichen Gebots verleitet, wird in den jü- 
dischen Schriften keineswegs mit Satan in Verbindung gebracht. 
Nur in den Pirke B. Eliezer (c. 13 und c. 14) heisst es, dass 
Sammael (also Satan) mit seinem Anhange herniederstieg und dass 
er die Schlange , die das Aussehen eines Eameels hatte , bestieg , 
um sie als Medium zu gebrauchen, sodass Alles, was die Schlange 
sagte, Einflüstrungen des Satans waren. Zur Strafe dafür wurde 
Sammael mit seiner Schaar vom Himmel hinabgestürzt ; der Schlange 
wurden die Füsse abgehauen ; ferner wurde sie dazu verurtheilt , 
dass sie unter Schmerzen alle sieben Jahre die Haut wechsle und 
dass sie tödtliches Gift im Munde habe. Aber Alles das , was hier 
Yon Satan = Sammael erzählt wird , findet sich sonst nirgends ; 
wahrscheinlich ist die ganze Erzählung — wie noch manches 
Andre in den Pirke R. Eliezer — dem Inhalte nach arabischen 
Ursprungs, wenn auch die Form eine jüdische ist. 

Die Stellen aus Eisenmenger (1 , 822) aber , auf welche von 
Bohlen (zu Gen., 3, 1) hindeutet , als Beweis dafür , dass die Iden- 
tifizirung der Schlange mit Satan eine jüdische Ansicht sei — 
diese Stellen sind durchaus späteren kabbalistischen Schriften von 
geringem Werthe entnommen. 

An den verschiednen Korans teilen , in denen von der Yerführung 
Adam's und seiner Frau (die Letztere ist namenlos) die Bede ist 
(Sur., 2, 34; 7, 19 fg.; 20, 118 fg.) wird die Schlange gar nicht 
erwähnt ; der Satan (jjlLxXi.jl) ist der Verführer. Da nun aber die 
Frage entstand , wieso derselbe in's Paradies gelangen konnte , 
nachdem Gott ihn fortgejagt hatte (Sur. 2, 34 ; 7, 19; 38, 78) , 
so bemerkt Zamahäart zu Sur., 2, 34 (p. 1i) , dass er sich im Munfie 
der Schlange versteckte und mit ihr das Paradies betrat, während 
Bai^^wt ausser dieser noch andre Erklärungen anführt. Der Kor4n 
folgt also hier nicht der jüdischen , sondern der syrisch-christlichen 
Sage. 

Da nun von Adam mehrere Male im Eor^n die Bede ist, so 
beschäftigt sich auch die spätere arabische Sage vielfach mit ihm. 

Pei Tabart (Annal. , I , av) ; Ihn el-Attr (I , ^) und Mas'üdt 



62 

(Pariser Ausg., I, 51 fg.) wird erzählt, dass, als Gott Adam er- 
schaffen wollte , er den Engel Gabriel entsandte , um Staub Yon 
der Erde zu holen , die Erde aber weigerte sich dessen und sprach : 
»Ich rufe Gott gegen dich um Hülfe an" ((^Lu aUL Syc.\) ; dasselbe 
wiederholte sich bei Michael, und erst als Gott den Todesengel 
sandte , da schwur dieser , er würde nicht zurückkehren ohne den 
Willen seines Herrn vollzogen zu haben, worauf die Erde nach- 
gab. Er nahm nun von der Oberfläche (*j»^^, woher der Name 
Adam , wie oben) der Erde weissen , schwarzen und rothen Staub , 
und daher kommt es , dass die Menschen verschiedner Farbe sind. 

Bei Mas'üdt heisst es ferner (mit Bezugnahme auf Sur., 15, 26) , 
80 Jahre lang sei Adam als unförmlicher Klotz da gelegen , dar- 
auf habe ihm Gott menschliche Gestalt, aber ohne Seele, verliehen, 
in welchem Zustande er 120 Jahre lang blieb i). Daraus blies ihm 
Gott den Lebensodem ein , aber bevor dieser seinen ganzen Körper 
erfüllte, wollte er sich schon erheben, und darum heisst es im 
l^oran : »Der Mensch ist hastig erschaffen worden" (qLmo'^H \Jfds> 
^^^c). Als nun aber der göttliche Lebenshauch ihn ganz erfüllte , 
nieste Adam; da sagte Gott zu ihm: »Sprich: Gepriesen sei Gott ! 
und möge Gott dir gnädig sein , o Adam !" 

Die hier angeführte !Kor4nstelle kommt unter zwei etwas ver- 
schiednen Formen vor; Sur. 17, 12 heisst es : »"^^^c qL^j"^! qK'j", 
Sur. 21, 38 : »^^c ^^ ^Uo'^i! (J^-'' ^^^ ersten Stelle bemerkt 
Bai4ä.wt, dass Adam, ehe er noch ganz vom Lebensodem erfüllt 
war , sich erhob , aber gleich darauf niederfiel. Dasselbe bemerkt 
Zamahäärt (p. a t**) zur zweiten Stelle, und ausserdem führt er eine 
Erklärung an , wonach Adam , sobald er nur sehen konnte , Gelüste 
nach den Früchten des Paradieses hatte. Mit Bezug auf Sur. 17, 
12 f., heisst es bei Tabart (1, 1*i, ilt), dass Adam, als der Lebens- 
hauch erst in einen Theil seines Körpers eingedrungen war , zu 
Gott sagte : »0 Herr , beeile dich , damit du noch vor Sonnen- 
untergang fertig wirst !" Ferner wird — nach verschiednen Ver- 
sionen -— bei Tabart (p. 1*1 , 1a , Iö*I) und Ibn el-Attr (I , H) er- 



1) Cf. westöstlichen Divon, ed. v. Loeper, p. 14 (Bach des Sängers, N® 8), «Han« 
Adam war ein Erdenkloss" u. s. w. 



63 

zählt, dass Adam, als der göttliche Lebenshaach in seinen Kopf 
eindrang, zn niesen anfing. Da sagten die Engel zu ihm (nach 
andrer Meinung sagte es Gott selbst) : »Sprich : Gepriesen sei Gott !" 
Da sagte Adam : i» Gepriesen sei Gott , der Herr der Welten I^' Darauf 
antwortete ihm Gott: »Dein Herr sei dir gnädig, o Adam!" Als. 
dann forderte Gott Adam auf, die Engel zu begrüssen; das that 
er nun, indem er zu ihnen sagte: »Friede über euch" UXJlc «Xww^ji) 
worauf sie erwiederten : » Über dich komme Friede und Gottes Barm- 
herzigkeit" (also gemäss der Vorschrift , Sur. 4, 88 , den Friedens- 
gruss noch freundlicher zu beantworten, wozu die Commentatoren 
mehrere Beispiele anführen). Darauf sagte Gott zu Adam : »Das soll 
fortan deine und deiner Nachkommen Begrüssung sein". 

Das oben erwähnte »Gepriesen sei Gott !" kommt in eigenthüm. 
lieber Verbindung bei den Syrern vor. Die syrischen Autoren 
behaupten nämlich, das Syrische sei die ursprüngliche Sprache 
gewesen, so z. B. Abü'1-Fara^, Chron. syr., p, 5. 9 ; Hist. dyn., 
p. 9. 16. 24 (auch im Talmud — Sanhedrin, 38^ — heisst es; 
Adam habe Aramäisch gesprochen — ?15i^^I3 ?15i^N"nn DHN 
1DD **D*1N — )• ^®^ ^® Lagarde (p, 91) wird das »Eine Sprache 
und einerlei Bede" (Gen., 11, 1) auf die syrische Sprache bezogen. 
Dafür wird als Beweis beigebracht , dass , als Adam nieste , Gott 
ihn lehrte zu sagen |.^V| ..v^ ^ ..^^-s A ^v^ , d. h. ]&Dein Name 
sei gepriesen , o Gott". Das sei also syrisch gewesen ; folglich 
war die syrische Sprache die ursprüngliche und erste Sprache. 

In den jüdischen Schriften wird ferner — mit Anknüpfung an 
Gen., 5, 1 — erzählt, Gott habe Adam alle zukünftigen Ge- 
schlechter mit den hervorragenden Männern derselben gezeigt 
(Beresohith B., S. 24 ; Aboth d. B. Nathan , c. 31 , ed. Schechter , 46^, 
und an anderen Stollen). Im Midrasch zu Num., 7, 79 (Bamidbar 
B., S. 14) heisst es (gemäss der oben erwähnten Deutung all dieser 
Zahlen) , die hier yorkommende Zahl 70 entspreche den 70 Jahren, 
die Adam Yon seinem Leben abziehen liess, um sie dem König 
Dayid zu schenken. In den Pirke B. Eliezer (c. 19) erzählt Adam , 
Gott habe ihm den König David gezeigt, und da habe er dem- 
selben 70 Jahre seines Lebens geschenkt, worauf Ps. 61, 7, be- 
zogen wird. Im Jalkut (Gen., § 41) wird zugleich erzählt , Adam 



64 

habe hierüber eine Schenkungsurkunde ausgestellt, die ausser 
ihm Gott und der Engel Metatron unterzeichneten. 

Bei Tabarl (I, I0I fg.) wird — wie gewöhnlich in mehreren 
Yersionen — ebenfalls erzählt, dass Gott dem Adam alle kom- 
menden Geschlechter mit allen Propheten gezeigt habe, darunter 
auch David. Als Adam erfuhr, dass demselben nur eine kurze 
Lebensfrist bestimmt sei , bat er Gott , ihm 40 Jahre seines Lebens 
zu schenken; Gott stellte hierauf eine Urkunde aus, welche die 
Engel als Zeugen unterschrieben. Als nun später der Todesengel 
zu Adam kam , um seine Seele zu nehmen , sagte Adam : » Meine 
Zeit ist noch nicht um; ich habe noch 40 Jahre zu leben''. Da 
zeigte ihm der Todesengel die Urkunde. Dasselbe findet sich auch 
bei Ibn el-Attr (p. l*'v). Bei Tabarl wird gleichzeitig ein hierauf 
bezüglicher Spruch Mohammad'^ angeführt: ]>Adam war vergesslich, 
und so sind es auch seine Nachkommen ; Adam leugnete ab , und 
das thun auch seine Nachkommen''. 

Was die Erschaffung Eva's betrifft, so wird mit Bezugnahme 
auf Sur. 2, 33, von T!&ha,Ti (p. M) und Ibn el-Afctr (p. rf) erzählt: 
Als Adam aus dem Schlafe erwachte, sah er zu seinen Häupten 
sitzend eine Frau, die Gott aus seiner Seite erschaffen hatte. Er 
fragte sie : »Wer bist du ?" Sie antwortete : i»Ich bin eine Frau". 
»Und wozu wurdest du erschaffen?" »Damit du bei mir wohnen 
BoUsI^'. (^i ^^^^MwjJ). Darauf fragten ihn die Engel, wie sie heis- 
sen solle. Adam antwortete: >tv>, denn aus einem Lebenden wurde 
sie erschaffen »(bei Tabart: ^^j> ^Ä ^ vi>Jii:> L^'^; bei Ibn 
el-Atlr: ^^^ ^ vi>vÄ)L> L^^)« Femer wird die Meinung angeführt, 
Eva habe dem Adam, um ihn trunken zu machen, Wein und 
dann erst von der verbotnen Frucht gegeben , was aber für un- 
wahrscheinlich erklärt wird, da im l^orkn. vom Weine des Para- 
dieses gesagt werde-, dass er nicht berausche — d^ xas ^ — 
(Sur. 87, 46). 

Dass Eva dem Adam Wein zu trinken gab, sagt auch der 
Midrasch (Ber. B., S. 19 ; Bamidbar B., S. 10) ; an andren 
Stellen wird die Meinung angeführt, dass die Frucht des ver- 
botnen Baumes selbst die Frucht des Weinstocks — also Trauben — 
war ; nach Andrer Meinung waren es Feigen , nach Andren Weizen, 



f 

\ 



65 

der damals am Baume wuchs (Ber. R., S. 15 ; Berachoth , 40^, und 
an den Parallelstellen). Dieselbe Yerschiedenheit der Meinungen 
wird auch yon den Cbmmentatoren zu Sur. 2, 33, erwähnt, ebenso 
von den Syrern (De Lagarde , p. 34 , Z. 25 fg.) , bei welchen ausser 
Weizen , Feigen , Weintrauben auch die Banane (j^l byj;) genannt 
wird , welche Meinungen aber alle für irrig erklärt werden , weil 
nämlich Adam und Eva damals noch geistige Wesen (cJ^r;^iL>^^) 
waren, also weder assen noch tranken. 

Dass Adam, wie in den oben angeführten Schriften gesagt 
wird , an demselben Tage aus dem Paradiese yertrieben wurde , an 
dem er erschaffen worden war, wird auch von Tabart (p. öt**, III) 
und Ihn el-Atlr (p. ft) erzählt , wie ebenso , dass seine ursprüng- 
liche Eörperlänge später verkürzt wurde. Nach seiner Vertreibung 
aus den Paradiese war nämlich sein Yerbannungsort die Insel 
Serendib — oder der Berg auf derselben — woselbst noch später 
die Spur seines Fusses, ohngefahr 70 Ellen lang, sichtbar war 
(Tabart , p. 1^ fg. ; Ibn el-Attr , p. Tv fg. ; Mas'üdt , 1 , 59 ; J4kdt 
ß. V. »^ajAJjjw*, III, aI**; ^azwtnt I, Ha; viele nichtarabische Autoren 
bei Fabricius , cod. pseud. V. T., 2 ed., 1 , 30 , II , 30 fg.). Wenn 
Adam auf dem Berge stand — heisst es ferner bei Tabart und 
Ibn el-Attr — berührte er mit dem Haupte den Himmel und hörte 
den Lobgesang der Engel; diese baten Gott, Adam's Länge zu 
verkürzen, worauf sie auf 60 Ellen reducirt wurde. Als Adam sich 
hierüber sowie über manches Andre gegen Gott beklagte , ward 
ihm die Antwort : Alles das hast du selbst dir zugefügt , o Adam ! 

Im Talmud (Erubin 18^) wird erzählt, dass Adam aus Trauer 
130 Jahre lang fastete und ebenso lang sich von Eva fern hielt. 
In den Pirke B. Eliezer (c. 20) heisst es , dass er im Flusse Gichon 
gebadet und sieben Wochen lang gefastet habe, bis sein Körper 
gleich einem Siebe war ; darauf bat er Gott um Vergebung , und 
Gott nahm seine Reue gnädig an. 

Bei Tabart (p. 1 1*1*) und Ibn el-Attr (p. fl) wird erzählt, dass 

Gott zu Adam sagte , er sollte das heilige Haus (die Ea'ba) bauen 

und dasselbe umwandeln , und dass Gabriel ihm den Weg zeigte 

und ihn die Ceremonien der Wallfahrt lehrte, was auch von Jä.kt!lt 

(s. V. Ä-otßt , IV , l*A») und Bai4«i'Wt (zu Sur. 3, 90) erzählt wird. 

9 



66 

Femer wird ersählt^ dasB Adam und Eva 40 Tage lang lasteten 
nnd daSB Adam Bich. 100 Jalkre lang von Eya fem hielt, nnd dass 
Gott diese Busse annahm (unter Anfuhrung von Sur. 2, 35; 7, 22). 
In den jüdischen Sehriften wird erzählt : Das am ersten Schöp- 
fungstage erschaffene Lieht leuchtete Yon Adam's Erschaffung an 
36 Stunden hindurch , 12 Stunden am sechsten Tage und 24 Stun» 
den am Sabbath. Als beim Ausgange des Sabbath die Finstemiss 
hereinbrach , fürchtete sich Adam vor der Widerkehr der Schlange 
(hier zugleich das Symbol des Dunkels und des Todes) ; da Hess 
Gott ihn zwei Steine finden; diese sehlug er aneinander, bis Feuer 
heraussprang (Pesachim, 54^; T. jerus., Berachoth, YIII, 6; Bere» 
schith B., S. 11 und 12). ^amza I^ah4ni (ed. Gottwald ^ p. Af) 
erzählt , ein gelehrter Jude in Bagdad , Namens Zidkiah y habe ihm 
nach jüdischen Schriften mitgetheilt , dass Gott Adam in der drit- 
ten , Eya in der sechsten Stunde des sechsten Tages erschaffen 

und ihnen das ^oLui^ QIV ]^^ — O''^ *^ ^^* ^Jamza erläu- 
ternd hinzu — zum Aufenthalte angewiesen habe. In der neunten 
Stunde yertrieb sie Gott aus dem Paradiese und wies ihnen den 
heiligen Berg als Aufenthaltsort an ; darauf schickte er ihnen einen 
Engel , der Adam die Feldarbeit , das Säen j Dreschen , Mahlen , 
Sieben, Eya aber das Weben, Spinnen, Kneten und Brotbacked 
lehrte. Bei J4kdt (I , \J) heisst es s. y. ^j^uui ^t , dass yon dem 
so genannten Berge (in der Nähe Mekka's) Adam die beiden zur 
Feuererzeugung nothwendigen Beibhölzer (^USy» , eigentlich heisst 
die eine Holzart ^j«, die andre Jm) hergenommen und damit 
Feuer entzündet habe. In der 21. Abhandlung der lauteren Brüder 
(ed. Dieterici, p. fi^, p. 5t) wird ebenfalls erwähnt, dass Adam 
nnd Eya nach ihrer Vertreibung ans dem Paradiese ganz hilflos 
gewesen seien, und da habe Gott sich ihrer erbarmt und ihnen 
einen Engel gesandt , der sie in allem zum Feldbau wie zur Be- 
kleidung Erforderlichen unterrichtete. 

Die Sendung eines Engels zu diesem Zwecke erzählt auch — wie 
gewöhnlich nach yerschiednen Versionen — ^abari (p. )t*A) sowie 
Ibn el-Attr (p. Ta) und JaJ|^dbt (p. t^). Bei den beiden ersteren 
Autoren bringt Gabriel dem Adam einen kleinen Sack mit Weizen ^ 
auf die Frage Adam^s, was dass sei, antwortete er ihm: i» Das ist 



67 

die Fni«ht, die dich aue dem Paradiese yertriefoen hat". Daranf 
zeigte er ihm , wie er den Weizen säen solle ; G-ott Hess denselben 
alsbald reif heryorschiessen, und so lehrte ihn Gabriel alles zur 
Brotbereitung Erforderliche ; auch brachte er einen Ochsen herbei , 
um mit demselben zu pflügen (auf welche Mühsal das _it^9, Sur. 
20, 115, bezogen wird). Unter den Dingen, die dem Adam Tom 
ELimmel gesandt wurden , wird femer Hammer , Amboss und Zange 
erw&hnt ; es erinnert das an eine Talmudstelle (Pirke Aboth, Y, 6 ; 
Aboth d. B. Nathan , 48^ , und an andren Stellen) , in welcher auch 
die erste Zange zu den Dingen gerechnet wird, die nach Voll- 
endung der Schöpfung, in der Dämmrung des Freitagabends, 
nachträglich erschaffen wurden. Bei ^abari wird ausserdem noch 
gewähnt , dass Gabriel Adam die Erzeugung des Feuers aus Stein 
und Eisen gelehrt habe — also nicht die, auch Sur. 36, 80; 56, 71, 
erwähnte , Feuererzeugung aus den beiden Hölzern Jü; und HJut. 
Im Adamsbuehe (p. 45) sendet Gott einen Engel zu Adam und 
Eva , um sie zu unterrichten , wie sie aus Fellen Kleider machen 
sollten ; femer (p. 58 fg.) gibt Gott dem Adam Weisheit in sein 
Herz, dass er ans Weizen Brot machen konnte« 

Mit Bezug auf Eain und Abel heisst es in den jüdischen 
Schriften , dass zugleich mit Kain eine und zugleich mit Abel zwei 
Zwillingsschwestem geboren wurden und dass diese zweite Schwester 

• * 

Abel's der Gegenstand des Streites zwischen beiden Brüdern war , 
wessen Frau sie nämlich sein sollte ; Eain behauptete , sie gehöre 
ihm als dem Erstgebornen , während Abel geltend machte , dass 
sie seine Zwillings- (oder Drillings-) Schwester sei (Bereschith B., 
S. 22, S* 61, und an andren Stellen). Das eigentlich überflüssige , 
doppelte p^ Gen., 4, 2 wird — auch im jerus. Targum und bei 
Baschi z. St. — auf diese Schwestern bezogen (im Sinne Ton »mit" 
wie an andren Stellen). Anderswo, wie Jebamoth, 62^, und Pirke 
B. Eliezer, c. 21, hat jeder nur Eine Zwillingsschwester; an letzterer 
Stelle heisst es, dass Abel's Schwester, die zugleich seine Frau, 
sehr schön war , sodass Eain desshalb — ausser dem Neide über 
die Annahme seines Opfers — den Abel beneidete und sich 
vornahm ihn zu tödten und sich seine Frau anzueignen. 

Die Nichtannahme von Eain's Opfer wird im Midrasch Lekach 



68 

tobh (1 , 15^) und an andren , von Bnber angeführten , Stellen , da. 
mit motiyirt, dass Kain die schlechtesten Früchte darbrachte — 
weil es nämlich nicht wie sonst heisst HDIi^n *^1D D^'Ei^i^lD "~ 
während Abel das Beste seiner Heerden opferte. Wie es im M. 
Lekach tobh ferner heisst , gab sich die Annahme des Opfers darin 
kund, dass Feuer vom Himmel herabfiel und es verzehrte, was, 
wie Buber z. St, bemerkt, sich auch bei Baschi zu Gen. 4, 4, 
im Sefer hajaschar und in der Übersetzung der LXX findet (Letz- 
teres ist ein Irrthum , es heisst nur : Ka) iTrsliev i 6 sog in) ^'Aße^ 

K. T. A.). 

Bei Tä-^ö"!*^ (p. It**v fg,) und Ibn el-Atir (p. t*** fg.) werden eben- 
falls die Zwillingsschwestern erwähnt ; nur wird zugleich erzählt , 
dass !Käbil (neben dieser Form wird . auch ^j5 und {^ angeführt) 
und seine Schwester während des Aufenthaltes im Paradiese geboren 
wurden , Abel und seine Schwester aber nach der Vertreibung aus 
demselben. Nach dem Wunsche Adam^s sollte nun Jeder die Zwil- 
lingsschwester seines Bruders heirathen, Abel — oder Häbtl — 
also die Schwester Kain's ; nun war aber Letztere von grosser Schön- 
heit und so wollte Kain sie zur Frau , indem er zugleich geltend 
machte, dass er und seine Zwillingsschwester Paradieseskinder — 
d. h. im Paradies geboren — seien , er also auf dieselbe grösseres 
Anrecht habe. Mit Bezug auf das Sur. 5, 30 , erwähnte Opfer heisst 
es ferner , dass Adam , um den Streit zu schlichten , seine beiden 
Söhne aufPorderte, dass Jeder ein Opfer bringen, und dass der- 
jenige , dessen Opfer angenommen würde , die Zwillingschwester 
Kain's heirathen solle ; hierauf brachte der Hirte (Abel) das Beste 
seiner Heerde dar , der Ackerbauer (Kain) das Schlechteste seiner 
Bodenerzeugnisse; alsbald fiel weisses Feuer vom Himmel herab 
und verzehrte das Opfer Abel's, während das Kain's unberührt 
blieb , was , nach der Meinung Einiger , der eigentliche Grund 
seines Hasses gegen Abel war, und nicht die Schwester. Ausser- 
dem wird aber (T^abart , p. If l**) die Meinung angeführt , dass die Sur. 
5, 30, erwähnten Brüder gar nicht die Söhne Adam's gewesen 
seien (im !^orän werden wie gewöhnlich keine Namen genannt) , 
dass vielmehr unter den *«.>! ^jJ Menschensöhne, d. h. Israeliten 
aus späterer Zeit, gemeint seien. Dieselbe Ansicht wird übrigens 



69 

auch von Bai4äwt z. St. (I, fof fg.) angeführt, zugleich unter 
Hinweisung auf das J^J^y^^ ^c^ (J^ l-^^-i^j ^s. 35. Bei Tabart 
und Ibn el-Attr wird nun ferner das mitgetheilt , was nach voll- 
brachter That Gott zu Kain sagte, uod zwar entspricht diese Dar- 
stellung der Stelle Gen. 4^ 9—16. 

Auch Mas'^üdt (I, 62 fg.) erzählt , dass Eva , zugleich mit einem 
Sohne, den sie ^b' nannte, eine Tochter gebar, der sie den 
Namen ^cXj J gab , und dass sie später abermals Zwillinge gebar , 
nämlich Häbil und seine Schwester L^^lÄt , und dass , wie die 
Schriftbesitzer (w»bcßt J»^l) erzählen. Jeder der Bruder die Zwil- 
lingsschwester des Andren zur Frau nehmen sollte. Darauf folgt 
die Erzählung vom Opfer und vom Brudermord, und dass die 
Thiere von den Menschen die Grausamkeit gelernt (was auch in 
der 21. Abhandlung der lauteren Brüder (ed. Dieterici , p. 1v fg.) 
vom Anwalte der Thiere gesagt wird). Bei Jäktibi dessen Darstel- 
lung (p. f) der Hauptsache nach mit den früher erwähnten über- 
einstimmt , heist die zugleich mit Kabtl geborne Tochter tcXjJ 
(oder {iAj«rJ), die Zwillingsschwester Häbtl's aber UJldl. 

Abü'1-Fidä (Hist. anteisl., p. 12) erzählt zunächst, dass 5^btl — 
der auch !Kain genannt werde — seinen Bruder Häbtl aus Neid 
darüber getödtet habe, weil Gott dessen Opfer, aber nicht das 
seine, angenommen; nach Andrer Meinung aber habe Jeder eine 
Zwillingsschwester gehabt , und Adam wollte , dass die Häbtl's die 
Frau des !Eain , und die des Letzteren die Frau HäbiPs sein solle. 
Das wollte aberlSlain nicht, da seine Schwester die schönere war, und 
so erschlug er seinen Bruder und entfloh mit seiner eignen Zwillings- 
schwester. Abti'l-Fidä gibt übrigens Ibn el-Attr als seine Quelle an. 

Bei Eutychius (Ann., 1 , 14) wird erzählt , dass Adam und Eva 
in der neunten Stunde des Freitags (Kjui^ *^) aus dem Paradiese 
nach einem Berge Indiens verbannt wurden , und dass hier Eva 
Zwillinge , einen Sohn und eine Tochter , gebar , die sie !^ain und 
Azrün (r\^j\^) nannte. Dasselbe wiederholte sich später, wobei sie 
den Knaben Häbll , das Mädchen Owain , griechisch Laphura 
QjJi} ^c^^yljj (V.^O nannte. Auch hier soll !Kain Häbil's Schwester 
heirathen , weigert sich aber dessen. Adam fordert nun Beide auf , 
auf dem Gipfel des heiligen Berges Opfer darzubringen. So wie 



TO 

Hftbil, 80 wollte aneh i^ain das Beste und Auserlesenste opfern; 
während sie aber zum Gipfel des Berges emporstiegen , fuhr Satan 
in ^Jaia und gab ihm den Gedanken ein , seinen Bruder — seiner 
Schwester Azrdn wegen — zu todten. Desshalb wurde sein Opfer 
nicht angenommen, und da dieses seinen Neid gegen Habil nur 
noch yermehrte , so erschlug er ihn beim Herabsteigen Tom Berge. 

Mit dem hier Erwähnten der Hauptsache nach übereinstimmend 
ist das, was im Namen von Joh. Crysostomus, Ephräm Syrus 
und Andren bei Lagarde (p. 48 fg.) angeführt wird« Die Zwil- 
lingsschwester Kain's heisst hier q^);', nach Andren v£;\a»1*w, die 
des H4btl ^»J , nach Andren y^K Noch mehr Ähnlichkeit mit der 
Stelle des Eutyohius hat, die Erzählung in der »Schatzhöhle'* (p. 8, 
Text 9 p. H) , woselbst die Schwester Eain's Lebhadh4 , die Abel^s 
Keltma genannt wird; im christlichen Adamsbuche heisst Erstere 
LuYa, Letztere Aklejam (p. 67. 68), wozu Dillmann (p. 139, N. 52) 
noch andre Varianten anführt. Das H^D^p ^™ Schalscheleth ha- 
kabbala bt — wie noch Yieles Andre in demselben Capitel -^ 
wahrscheinlich einem nichtjüdischen Buche entnommen. 

Bei Lagarde (p. 52, Z. 21 fg.) heisst es ferner, dass yer- 
schiedne Meinungen darüber herrschen, mit welchem Werkzeuge 
Eain seinen Bruder getödtet habe. Mit Bezug auf dieselbe Frage 
werden auch im Midrasch (Bereschith B., S. 22) drei Yerschiedne 
Meinungen angeführt; gleichzeitig wird die Frage aufgeworfen, 
wer Abel begraben habe und dahin beantwortet , dass die Yögol 
des Himmels und die reinen Thiere ihn begruben. Nach einer 
Erzählung in einzelnen jüdischen Schriften: im M. Tanchuma 
zu Gen. 4, 14 (d. h. in dem längst gedruckten , nicht in dem von 
Buber edirten) ; Baschi zu Gen. 4, 23 ; Jalkut , Gen.. § 36 ; Sefer 
hajaschar (ed. Yen., 10^); Gedaljah Ibn J.achja ijn Schalscheleth 
hakabbala (ed. Yen., 92^) wurde auch Kain — wenn auch nicht 
in Yorsätzlicher Weise — getödtet , und zwar durch Lamech. Die- 
ser, welcher der siebenten Generation nach Adam angehörte (so 
nur im M. Tanchuma), war blind; wenn er auf die Jagd ging, 
führte ihn sein Sohn, ein Knabe. Wenn dieser ein wildes Thier 
erblickte, sagte er es seinem Yater und lenkte dessen fiLand mit 
dem Bogen nach der richtigen Stelle hin. Dasselbe geschah nun 



71 

«och eines * Tages ^ Lainech schoas uttä. traf das yermeintlielie Thier. 
Als aia näher binzu traten ^ sagte der Knabe : i^Das ist ein Mensch, 
mit einem Hom auf der Stime'' (nach Ber. B., S. 22^ war das Gen. 
4, 15 , erwähnte Zeichen an Eain's Stime ein Hern). Da rief Lamech 
aas: »Weh mir, das ist mein Urgrossvater Kain!" YerzweiflungpsYoll 
sehlug er die Hände aneinander; unglücklicher Weise traf ev 
dabei seinen Sohn^ der todt niederstürzte. Auf dieses Ereignis« 
werden die Worte Lameoh's an seine Frauen (Gen. 4, 23) bezo- 
gen f der vMann" ist Eain, das »Kind'' ist sein eigner Sohn. 

Wie aus L^normant (Les origines de Phistoire , 1 , 188) zu er- 
sehen, findet sich diese Erzählung auch bei Hieronymus (ep. 26 
ad Damasium). Wenn übrigens L^normant femer sagt ; »Le fameux 
Rasehi donne ä ce sujet une bistoire eomplite", so ist das (wie 
auch die allgemeine, daran geknüpfte Bemerkung) insofern unrichtig, 
als Raschi alle hagadischen Erklärungen , die er giebt , andren 
Schriften entnommen hat (während die einfacb^i Erklärungen 
— It012^ *^D^ — ^^ ^®^ Regel ihm selbst angeboren). 9o fahrt z. 
B. Raschi zu dem yorhergehenden "y]^ (Ys. 16) die Erklärung an: 
Es heisst "^^J t^^K) ^^^ überall, wohin Kais ging, die Erde er- 
bebte und die Geschöpfe zu einander sagten : )»Entfemt euch Yon 
Dem da; er hat seinen Bruder ersehlagen'', was sieh im M. Tan« 
chuma z. St. findet , wie Ber. R. , S. 22 , die Thiere ihn tödten 
wollen (ähnlich Ephräm Syr. bei Lagarde, p. 54). 

Dieselbe Erzählung findet sich nun auch bei den syrischen und 
arabischen Autoren , zunächst bei Lagarde (p. 57 , Z. 25 fg.) , wo* 
selbst die Stelle Gen. 4, 23. 24 , angeführt nnd die Warte Lamech'a 
Übersetzt werden : . . . . denn ich habe einen Mann getödtet , in- 
dem ich ihn traf und einen Knaben durch das Zusammenschlagen 
meiner Hände U^^ [^JiiAy^^ \J>jMMSLi] ^ji^Jc^ ^i^ v:;JLä5 ^t) 
(^Ju vJuftAAAj. Zur Erklärung werden die Worte des Ephräm Syrus 
angeführt , welcher , wie an den oben erwähnten Stellen , erzählt , 
wie Lamech zuerst Eain, dann seinen Sohn Tubalkain (dieser 
wird auch bei Raschi und Jalkut genannt) getödtet habe , worauf 
sieh die Worte in Ys. 23 beziehen. Ebenso findet sich die Er- 
zählung — aber ohne Beziehung auf die Worte Lamech's — in 
der Sckatzhöhle (p. 11 fg., Text, p. f/i) und im christlichen 



72 

Adamsbuch, p. 85, wozu Dillmann, p. 140, N. 75, noch einig© 
Parallelstellen anführt, darunter Glycas, Annal., p. 118, und Gedalja 
Ibn Jachja im Schalscheleth bakabbala, ed, Yen., 92^. 

Yon diesen Darstellungen verschieden und zugleich kürzer ist 
die Erzählung bei Eutychius (Annal. I, 22). Hier heisst es, dass 
Kain , der nirgends lange an einem Orte bleiben konnte , da er 
in steter Autregung war, im Walde umherirrte. Der siebente 
seiner Nachkommen, Lamech, der ein Hirte war, schoss einst zum 
Spiel (wAJtb ^5) Pfeile ab ; einer derselben traf Kain ins Herz , 
der so den Tod fand. 

Bei Tabari (I , Iff ) und Ibn el-Attr (I , rr) wird die Erzählung 
Yon Kain's Tödtung daran angeknüpft , dass Adam zu ihm sagte , 
er solle von dannen gehen, indem er zugleich den Fluch über 
ihn aussprach , in Angst und Furcht vor Jedem umherzuirren. Der 
Blinde, der ihn tödtete und dessen Name nicht genannt wird, 
war Eain's eigner Sohn , der , nachdem er — wie in den obigen 
Erzählungen — seinen Yater Eain und dann seinen eignen Sohn 
getödtet hatte , ausrief : »Weh mir , ich habe meinen Yater durch 
einen Schuss, meinen Sohn durch einen Schlag getödtet I »Bei Jakübt 
(p. 1) heisst es ganz kurz, dass in den Tagen des Enosch Kain 
der Yerfluchte getödtet wurde, indem der blinde Lamech (liU) 
einen Stein nach ihm warf, der ihm den Kopf zerschmetterte. 

Yon den Nachkommen des Kain ist in den jüdischen Schriften 
wenig die Bede. Nur mit Bezug auf ^2*^ und ^3^*i (Gen., 4, 21) 
führt Raschi einen Midrasch an , wonach der Erstere Häuser für 
den Götzendienst errichtete, der Letztere auf den von ihm erfun- 
denen Musikinstrumenten zu Ehren der Abgötter spielte. Der darauf 
folgende Name pp ^311*1 ^^^^ Bereschith R., S. 23 , dahin ge- 
deutet, dass er die Sünde Kain's verschärft habe (eigentlich »ge- 
würzt", vom talmudischen p^3p Gewürze, ^^H "w^ürzen) , da er 
für den Mord auch die Werkzeuge erfand. Der an derselben Stelle 
vorkommende Name seiner Schwester H^yj wird — nach einer 
Meinung — dahin gedeutet, dass sie zu Ehren der Götter das 
Tamburin lieblich ertönen liess (mt HIX^^ ^^\D^ DD^JD)- 
Ähnlich ist die Übersetzung des jerus. Targum Gen., 4, 22, ^^J^ 
PIDTT r^'^P niD mn > s^® war Meisterin in Gesang und Spiel 



73 

(in Gesängen und Liedern , zu denen stets die musikalische Be- 
gleitung gehorte). Unter l^^'^p sind keineswegs Klagelieder zu 
verstehen , wie Lery s, v. J^^p^lQ (Chald. W.B., II, 65) übersetzt ; 
dieses pJ\'P entspricht yielmehr dem in Gesen. Thes. s. v. ^Ifp 
(p. 1207*) angeführten syr. |Al-i-Cj sonus musicus, 1 Cor., 14, 7, 
canticum quodyis .... spec. lugubre. Insbesondre kommt bei pj*ip 
in Betracht , was femer aus Abü'l-Farag (Hist. dyn., p. 9) ange- 
führt wird, dass man sagt, die Töchter Kain's hätten die ersten 
Musikinstrumente verfertigt und zu denselben gesungen, wesshalb 
im Syrischen der Gesang KJuJ» heisst. 

Diese Stelle des Abü'l-Farag ist schon desshalb bemerkens- 
werth, weil sie in Zusammenhang steht mit dem, was Abü'l- 
Farag und die syrischen Autoren überhaupt von den Töchtern 
Kain's and den Söhnen des Seth erzählen , und zwar sehr aus- 
führlich und in sehr drastischer Weise. Die Sethiten wohnten 
nämlich auf dem heiligen Berge, allwo sie ein abgesohiednes , 
gottseliges Leben führten ; dort auch hörten sie die Stimmen der 
Engel und stimmten in ihre Lobgesänge mit ein. Später aber 
— in den Tagen des Jared — hörten sie den ^verführerischen 
Gesang der Töchter der Eainiten, die in der Ebene, am Fuss 
des Berges, wohnten, und dieser verlockte sie — anfangs 100, 
denen nach und nach Andre folgten — vom heiligen Berge hin- 
abzusteigen , und als sie die Töchter der Kainiten sahen , schön 
an Gestalt und schamlos enthüllt, entbrannten sie in sündiger 
Liebe und vermischten sich mit ihnen (Das christl. Adamsbuch , 
p. 82 fg., p. 93 fg.; Schatzhöhle, p. 10 fg.; Text, p. öa fg.; De 
Lagarde, Materialien etc., II, 60. 64; Eutychius, Annal., I, 21. 26). 

In allen diesen Darstellungen spielen Satan und die — zum 
Theil von den Dämonen erfundenen — Musikinstrumente eine sehr 
hervorragende Bolle. Bei Oedrenus (ed. Bonn , 1 , 19) heisst es , 
dass der Berg, auf dem die Sethiten wohnten, von ihnen 'Epfj^dv 
genannt wurde , weil sie sich gegenseitig verbindlich machten und 
verschworen , sich den Töchtern der Eainiten hinzugeben (also 
von D'inj ^^' ^®s. Thes. s. v. pD^n» P- 521^) ; 'AC«)Ja (i^^^T^? 
^Ti^Ty , cf. Ges. Thes. s. v., p. 1012) ist derjenige ihrer Anführer , 
der sie lehrt, die Werkzeuge des Krieges zu verfertigen, Metalle 

XO 



74 

auszugraben , während Andre sie lehrten , den Körper za schmücken 
und zu yerschönern , sowie Edelsteine und Farben zu gebrauchen. 
Bei Syncellus (ed. Bonn, p. 20) heisst ihr Anführer T,ifiix!^Zg j 
bei Abü'1-Fara^ (Chron. syr., p. 4) Samiasus C ^^ ^[ ^ ^ 1^ der in 
den jüdischen Schriften gewohnlich zugleich mit ^^|y genannte 

Bei De Lagarde (p. 57, Z. 6 fg.) heisst es mit Bezug auf die 
Gen., 4, 20 fg., genannten Jabal, Jubal, Tubalkain, Naamah, 
Jabal habe die Werkzeuge der Unterhaltung und Fröhlichkeit 
(v^iäit^ ^^i S<A£) erfunden , und dass Jubal , Jabal und Tubalkain 
indem sie auf den yerschiednen — einzeln aufgezählten — Musik- 
instrumenten spielten, zu Leichtfertigkeit und Unzucht die Yer* 
aiilassung gaben; !N'aamah aber war die erste, die sich in Seide 
kleidete, die Hände aneinanderschlagend tanzte, sich die Haare 
flocht, Hände und Gesicht roth färbte und schminkte, wie sie 
auch das Augenzwinkern und die Fingersprache zuerst anwandte. 
Ahnliches kommt auch in andren Schriften vor. 

Die Gen., 6 , 2. 4 , erwähnten n*iri^J^n ^JÜl werden nämlich 

• • • • 

• 

insgemein auf die Sethiten , die Q*lXn mjll ^^^ ^^® Töchter der 

Kainiten bezogen (Das christl. Adamsbuch, p. 140, Note 70). Diese 
Erklärung gibt auch Ephräm Syrus (Opp., II, 477) und bei La- 
garde (p. 65 , Z. 22) wird in dessen Namen angeführt , dass die 
Söhne des Seth und des Enosch 900 Jahre lang (bis zu ihrer 
Entartung) Söhne Gottes genannt wurden. Im Vorhergehenden 
(Z. 19) wird die Stelle Gen., 6, 4, mit den Worten wiedergegeben : 

<^^ß J^ 6^ ^^ "^ ^5 Ü^j^^ c^ f^^^ ^^^ S !>il^ byU>5 
^1 B^L> ^ o^^^ U^^^ ^^ ^^ '>)L:>i3. Eutychius, I, 26, sub- 
stituirt die Töchter Eain's den (Gen., 6, 2, genannten) Töchtern der 
Menschen , indem er sagt : ^ o^^^ ^' ^ O^ ^V^- ^l^V^^ ^^ 

8j.Lil (JU. l^bä ^1 l^iy oÜl^> ^S oUü '^ji yjü u j^yi. 

Mehrfach wird auch die Ansicht erwähnt, dass unter den Bn^ 
Elohim die (gefallenen) Engel gemeint seien, was aber unrichtig 
wäre (Lagarde , p. 65 , Z, 8 fg. ; Eutychius 1,26; Adamsbuch , p. 
100). Letztere Ansicht findet sich mehrfach in den jüdischen Schrif- 
ten ausgesprochen ; so werden Niddah , 61^ (cf. Baschi z. St.) als 



75 

Nachkommen der gefallenen Engel *>i^|nDEi^ ^^^ i^KTJ^ erwähnt, 
und ebenso im Jalkut (Q^en., § 44). In den Pirke B, Eliezer (c. 
22) wird — ähnlich wie an den oben erwähnten Stellen -— die 
zügellose Unzucht der Kainiten erwähnt , und zwar mit Bezug auf 
Gen>, 6, 5. Hierauf heisst es ferner: Als die vom heiligen Himmels- 
orte gefallenen Engel die Töchter Kain's sahen , schamlos enthüllt 
und die Augen buhlerisch mit Stibium geschminkt, gingen sie 
ihnen nach und nahmen sich Frauen aus ihnen, wie es heisst 
(Gen., 6, 2) : Und die Söhne Gottes sahen die. Töchter der Menschen 
u. s. w. Mit Bezug auf die Vs. 4 genannten QvDJ heisst es 
ferner: Yen ihnen stammen die riesigen, gottlosen, räuberischen 
und mörderischen Q*ipjy , wie es heisst (Num., 13, 33) : Dort auch 
sahen wir die Nephilim, die Söhne des Anak. (Dass aus der Ver- 
bindung der Sethiten mit den Kainitinnen Biesen — ö^L.:> — her- 
Torgingen, wird auch in den oben erwähnten Schriften gesagt). 
Ibn Bsra zu Gen., 6, 2, führt mehrere Erklärungen des Q^iH^i^ri *^X2 
an, darunter auch die, dass damit die Söhne des Seth, und mit 
den mj<^n mJÜl ^^® Töchter Kain's gemeint seien. Aach Nach- 
manides z. St. meint, es sei wohl möglich, dass Adam, Sethund 
Enosch wegen ihrer Gottähnlichkeit Q^iH^i^n ^JÜl gönannt wer- 
den, gibt aber doch der (oben erwähnten) Erklärung der Pirke 
B. Eliezer den Vorzug. Im Schalscheleth hakabbalah (ed. Ven., 
f. 92^) heisst es: »Seth gebot seinen Kindern , sich von den Nach- 
kommen Kain's fern zu halten; das thaten sie auch sieben Gene- 
rationen hindurch, dann aber gesellten sie sich zu jenen , und aus 
dieser Verbindung gingen die Anakim hervor, die alles Böse thaten, 
bis. das Mabbul sie vertilgte"; allein diese Stelle, die auch 
Heidegger (De historia sacra patriarcharum exercitationes , ed. 
1729, I, 138) anführt, ist ohne Zweitel dem Supplementum chro- 
nicorum des Jakob Phil. Bergomensis (ed. 1535, f. 8*) entnommen, 
welches Buch Ibn Jachja (f. 4^) unter den von ihm benutzten 
nichtjüdischen Schriften erwähnt. Dass die allgemein herrschende 
Unzucht die eigentliche Veranlassung der Sintfluth war, wird in 
den jüdischen Schriften mehrfach hervorgehoben. So wird (T. jerus., 
Sota, I, 5; Bereschith B., S. 26; Wajikra B., S. 23) der Satz 
aufgestellt, dass Unzucht und Buhlerei stets durch allgemeine 



• T6 

Yertilgung bestraft werde ; an den beiden letzteren Stellen heisst 
es mit Bezug auf Gen,, 6, 2. 7 : Alles erträgt Gott mit Langmuth, 
nur die Unzucht nicht. Dennoch aber ward — nach andren Stellen — 
dem yerderbten Geschlecht eine Frist zur Busse und Bessrung 
gewährt; die Gen., 6, 3, erwähnten 120 Jahre werden yon Onkelos, 
Raschi und Nachmanides z. St. in diesem Sinne aufgefasst* Die- 
selbe Auffassung findet sich auch bei den christlichen Schriftstellern. 
So heisst es bei Lagarde (p. 66, 1) im Namen des Ephräm Syrus 
mit Bezug auf die Stelle : »Und ihre Tage sollen sein 120 Jahre 
(Gen., 6, 3)" : Gott sagte dieses im Arger und Zorn (v,.A<>a.f^ j^y 7 
Ersteres das syr. ]i_09 9 Zorn) über die Söhne Eain's und die Bnd 

Elohim, denn als Noah den Bau der Arche anfing bis zu ihrer 
Vollendung dauerte es 120 Jahre, und das sollte eine Frist («^Ux«) 
für sie sein. Darauf heisst es femer, dass diese Frist auf 100 Jahre 
reducirt wurde (denn nach der yorhergehenden Stelle, 5, 32, war 
Noah damals 500 Jahre ali, während er beim Einbrechen der 
Fluth (Gen., 7, 6) 600 Jahre zählte), weil die Kainiten und Se- 
thiten bei ihrer zuchtlosen Lebensweise yerharrten und durchaus 
keine Lust zur Busse und Umkehr an den Tag legten. Auch bei 
Glycas (ed. Bonn, p. 237) heisst es mit Bezug auf die Stelle; 
*'E7ovTxt is ai yifiipxi avTuv hyj px'. dass die 120 Jahre eine 
Frist zur Umkehr sein sollten, yon welcher aber 20 Jahre abge- 
zogen wurden, da yorauszusehen war, dass die Gottlosen, die 
während der 100 Jahre keine Busse thaten, auch in den noch 
übrigen 20 Jahren sich nicht bessern würden. 

Auch bei Tabart (I , Hv fg.) werden — mehr oder weniger ent- 
stellt — die biblischen Namen Jabal, Jubal, Tubalkain erwähnt 
und zugleich wird — wie gewöhnlich in yerschiednen Versionen — 
erzählt, wie die Sethiten ursprünglich auf einem Berge, die 
Kainiten in der Ebne wohnten , wie aber der yerfüherische Klang 
der , yon den Letzteren erfundenen , Musikinstrumente (welche 
einzeln aufgezählt werden) die Sethiten yerlockte — trotzdem dass 
^bereits Adam ihnen geboten, sich yon den Söhnen Kain's fem zu 
halten — yon dem Berge zu den Töchtern der Kainiten hinab- 
zusteigen , die sehr schön waren, aber ausserdem sich mit Augen- 



77 

sehminke noch schöner zu machen suchten , und wie sie sich dem 
Wein trinken und dem zuchtlosen Leben ergaben. Als Belegstelle 
wird mehrmals Sur. 33, 33 , angeführt , woselbst die Frauen (Mo- 
hammad's) ermahnt werden, häuslich zu sein und nicht, wie in 
alter Zeit , ihren Schmuck zur Schau zu tragen , was Bai^^wt (II, 
IfA) dahin erklärt , dass damit die Zeit zwischen Adam und Noah , 
oder die , in welcher Abraham geboren wurde , gemeint sei ; denn 
damals pflegten die Frauen Perlengeschmeide zu tragen und sich 
damit auf der Strasse den Männern zu zeigen. Unter Andrem wird 
auch erzählt , dass der Satan den Menschen eine Art Hirtenpfeife 
braehte, die in ganz wunderbaren Tonen erklang, und dass das 
Gebahren der Eainiten — die als Biesen und gottlose Menschen 
(Xa&Ls li^L:>) geschildert werden — die eigentliche Veranlassung 
der grossen Fluth war. 

Dasselbe wird — nur kürzer nnd eigentlich mehr als blosse, 
nicht sehr glaubwürdige, Sage — auch bei Ihn el-Atlr (I, fl) 
erzählt. 

Jakübt der ebenfalls (p. v) erzählt, wie in den Tagen des 
Jared die Sethiten das beschworne Bündniss brachen und vom 
Berge hinabstiegen und sich mit den Töchtern der Kain yer- 
mischten, erwähnt als die Veranlassung hierzu, dass Satan yon 
Jabal und Tubalkain Besitz nahm und sie das Verfertigen von 
Musikinstrumenten lehrte , die einzeln aufgezählt werden , und 
deren Töne die Sethiten verlockten, vom Berge hinabzusteigen. 
Das Übrige entspricht der Darstellung bei Eutychius, im christ- 
lichen Adamsbuche und in der Schatzhöhle. 

Als Begräbnissort Adam's wird in den jüdischen Schriften Hebron 
genannt, indem das yS^J«^ D^lpj C^en., 23,2; Jos., 14, 15, als Stadt 

der vier Personen — oder Paare — gedeutet wird , zu denen auch 
Adam gehört (Erubin , 53»; Ber. R., S. 58; Pirke R. Eliezer, c. 20; 
cf. Wagenseil, Sota, p. 289; das Citat bei Heidegger, I, 105" ist 
ingenau). Bei Ephräm Syrus (p. 171) heisst es , Adam sei auf 
dem Berge Moriah begraben worden , an dem Orte , wo später 
die Erlösung der Welt stattfand* Bei Abti'l-Farag (Hist. dyn., 
p. 14. 15) wird Adam da begraben, wo später Jerusalem gebaut 
wurde. Dass Adam im Mittelpunkte der Erde (Golgatha) begraben 



78 

worden sei , wird in der Schatzhöhle (p. 9. 26 fg.^ und im Christ-» 
liehen Adamsbuohe (p. 109 fg.) erzählt. Zu letzterer Stelle führt 
Dillmann (p. 142, N. 118) noch mehrere andre Autoren an und 
sagt, mit Berufung auf einige derselben, die Sage scheine nicht 
ursprünglich jüdisch, sondern christlich gewesen zu sein, und dass 
sie von den Juden aus sich in der ganzen christlichen Kirche 
yerbreitete. Allein in den — oben angeführten — jüdischen 
Schriften heisst es nur, dass die Erde aus der Adam geschaffen 
wurde, dem Orte des Tempels entnommen war, während Hebron 
als die Stätte seines Begräbnisses gilt. Auch bei Maimonides (Mischne 
Thora , H. Beth habechirah , II , 2) — welche Stelle Fabricius , 
p. 73 und 90 mittheilt — wird als Überlieferung angeführt , dass 
der Ort , wo später der Tempel erbaut wurde , auch der Ort war , 
aus dem Adam erschaffen wurde , wozu die (oben erwähnten) 
Worte des Midrasch angeführt werden: J^^j^J imOlD DlpDD» 
Tom Orte seiner Sühne wurde er erschaffen. Wenn es bei Dill- 
mann nun femer heisst: »Schon weitergebildet ist die Sage dann 
im Clem. Aeth. dahin , dass Adam auf Golgotha geschaffen und 
erst von da aus in das Paradies versetzt sei , womit zu vergleichen 
ist eine Stelle aus dem B. Juchasin bei Fabric, S. 90" (es ist das die 
erwähnte Stelle des Maimonides) , so scheint vielmehr diese Form 
der Sage die ursprüngliche zu sein , da sie der jüdischen entspricht. 

Auch Hieronymus führt die erwähnte Erklärung von p^i'Hp 
y3*)i^ ^^ "Dd widerspricht der Ansicht, dass Adam auf dem 
Calvarienberg begraben worden sei ; die einzelnen Stellen : Quaest. 
hebr. Gen., 23, 2 ; De situ et nominibus locor. Hebr., ed. ValL, III , 
130; Matth., 27, 33; ep. ad Ephesos, 5, 14, werden von Wagen- 
seil (1. c, p 293) angeführt. 

Bei Eutychius (I, 18), im Adamsbuche (p. 31. 80 fg.) und in 
der Schatzhöhle (p. 8 , Text , p. i**!*) ist die Rede von der »Schatz- 
höhle", in welcher Adam wohnte und wo er auch (bis zur Über- 
führung nach Q-olgatha) begraben war. Diese Schatzhöhle (H^Ubo 
tyXJi) wird als Grabstätte Adam's auch von Jaktibt (p. ö und 11) 
erwähnt. Bei Ibn el-Attr (I, (^a) heisst es: »Man sagt, dass Adam 
in einer Höhle des (obenerwähnten) Berges (j^-ulas ^i begraben 
worden sei". Im Namen des Ibn 'Abbds wird ferner erwähnt , dass , 



79 

als Noah ans der Arche hinausging er Adam in Jerusalem bei- 
setzte , was ähnlich yon den angeführten christlichen Autoren 
erzählt wird. 



NOAH. 



Noah wird im !Eor4n — wie das auch Geiger (Was hat Mo- 
hammed u. s. w., p. 109 fg.) hervorhebt — sehr oft erwähnt , weil 
er, nach der Darstellung in den jüdischen Schriften, seine Zeit- 
genossen zur Busse ermahnte , diese aber ihn yerspotteten ; er war 
insofern ein Vorbild Mohammad's, der mit seiner Lehre ein ahn- 
liches Schicksal hatte. Bei den späteren arabischen Autoren findet 
sich nun noch manches andre zur Geschichte Noah's Gehörige, 
das ähnlich in den jüdischen Schriften vorkommt. Bei ^abart (I , 
Iaö fg.) wird erzählt, dass Noah 120 Jahre lang seine Zeitgenossen 
zur Bessrung ihres Lebenswandels ermahnt habe (auch in den jü- 
dischen Schriften — z. B. M. Lekach tobh, ed. Buber, p. 36 — 
heisst es , dass Noah 120 Jahre lang an der Arche baute) , dass 
diese aber spottend sich darüber wunderten , dass er auf dem festen 
Lande ein Schiff zimmre, worauf denn — nach Sur. 11, 40 — die 
Antwort Noah's angeführt wird : »Ihr lacht über uns , zuletzt aber 
werden wir über euch lachen". Bei Ibn el-Attr (I , f 1) machen sie 
sich darüber lustig, dass er, früher ein Prophet, jetzt auf ein- 
mal ein Zimmermann geworden sei. 

Bei De Lagarde (p. 72, Z. 29 fg.) wird erzählt , dass Gott dem 
Noah befahl, eine Glocke ((j^y^lj) zu machen und mit derselben 
dreimal des Tags zu läuten, zur Versammlung und zur Entlas- 
sung der Werkleute, Morgens, Mittags und Abends, was er auch 
that. Wenn sich alsdann zu ihm die Söhne Eain's und die Bn^ 
Elohim versammelten , ermahnte er sie , und sagte ihnen , dass eine 
Fluth kommen werde zur Vertilgung der Frevler ; sie hörten aber 
nicht auf ihn. Dasselbe wird auch bei Eutychius (p. 87) , in der 
Schatzhöhle (p. 17, Text, p. vf) und im Adamsbuche (p. 99) er- 
zählt ; an letzterer Stelle ist es eine Trompete , mit welcher Noah 
dreimal des Tags blies zum Signal für die Werkmeister; als er 



80 

ihnen aber die grosse Fluth verkündete , lachten sie und sagten ! 
iDer Alte da faselt ; wie sollten Wasser auf die Berge kommen F" 

Mit Bezug auf die Sintfluth heisst es in den jüdischen Schrif- 
ten (Bereschith B., S. 33; Pirke R. Eliezer, c. 23; Jalkut, Gen., 
§ 57), dass das heilige Land von ihr yerschont blieb; auch in 
der Schatzhöhle (p. 23, Text, p. "Ia) und ähnlich bei Lagarde 
(p. 78) und im Adamsbuche (p. 106) wird erzählt , dass das 
Wasser der Sintfluth , als es an die Grenzen des Paradieses kam , 
umkehrte. Ähnlich heisst es bei ^abart (I, üt*). Ihn el-Attr (I, öl*) 
und Jal^dbt (p. ^X) , dass die Fluth nicht in das Gebiet von Mekka 
(i»^iL) kam, sondern dasselbe siebenmal umkreiste. 

Auch Og , König von Basan , blieb von der Sintfluth yerschont. 
Wie in Pirke B. Eliezer (c. 23) erzählt wird, schwur er dem 
Noah, ihm und seinen Nachkommen ewig dienstbar sein zu wol. 
len; daraufhin räumte ihm Noah einen Platz im Gitterwerk aus- 
serhalb der Arche ein und reichte ihm seine tägliche Speise durch 
eine Öffnung. Auch im Talmud (Niddah, 61») wird das ^^i^gi^ , 

Gen., 14, 13, auf Og bezogen, der ein »Entronnener" genannt wird , 
weil er dem Mabbul entging. Og und Sichon waren nämlich 
Brüder und stammten von ^J^IflDSi^ > einem der gefallenen Engel 
ab. Diese Erklärung des Wortes ^*i^2 gibt — neben der einfachen 
als »Flüchtling" — auch Raschi z. St. Auch im jerus. Targum zu 
Gen., 14, 13, und zu Deut., 3, 11, heisst es von Og dem Biesen, 
dass er von der Sintfluth gerettet wurde , indem er auf dem Dache 
der Arche einen Platz bekam. Bei Tabari (I, )1)*) und bei Ihn 
el-Atir (I, ö^) wird als jüdische Sage (^.jy^^ J^' («^J Uas) er- 
wähnt, dass ausser Noah und seiner Familie auch v,Jixct ^ -.afC 
am Loben blieb. Auch V. Hammer-Purgstall führt (ZDMG., IX, 
381) eine arabische sprichwörtliche Redensart an: »Der Stock des 
Biesen Udsch" (von dem sich derselbe nie trennte), dem die Sintfluth 
bis an die Knöchel ging. In der Note hierzu wird auf den !Kämüs 
s. Y. —^ und auf andre Stellen verwiesen. Im Journal asiatique 
(1838, Juin, p. 504) wird Ton Fresnel eine seltsame Sage aus 
später Zeit mitgetheilt, wonach der Biese Audj (d. h. Og, König 
von Basan), der König des Biesengeschlechtes der Amalekiter, 
der Sohn einer Schwester Noah's war, der seinen Oheim um 



81 

1500 Jahre überlebte, da er später von Moses getodtet wurde 
(welche Identität auch die jüdische Sage annimmt: Bamidbar B., 
S. 19, Ende; Midrasch Tanchuma, ed. Buber, IV, f. 65^; jerus. 
Targum zu Num., 21, 34). 

Ausser Og erlangte noch Jemand ausnahmsweise Eintritt in 
die Arche — der Satan. Ibn el-Attr erzählt nämlich (I , ö«) ; »Der 
Esel war es , der zuletzt in die Arche einging ; als er zur Hälfte 
drinnen war , hängte sich Iblts an seinen Schweif, und er zögerte , 
weiter zu gehen , selbst als Noah ihm befahl , hereinzukommen. 
Darauf sagte Noah : So tritt ein , und wäre auch der Satan mit 
dir. Kaum war ihm das Wort entfahren , da trat der Esel ein und 
mit ihm Satan. Da sagte Noah zu Letzterem: Wer hat dich 
geheissen , herein zu kommen , Feind Gottes ? Du selbst , antwortete 
er, hast du nicht gesagt: »Tritt ein und wäre auch der Satan mit 
dir? Da liess ihn Noah da". Unmittelbar darauf (p. ot) wird er- 
zählt: »Als dem Noah befohlen worden war, die Thiere in die 
Arche zu bringen, da sagte er: Herr, was soll ich anfangen 
mit dem Löwen und dem Stier, mit der Ziege und dem Wolfe, 
mit dem Vogel und der Katze? Da ward ihm die Antwort: Er, 
der die gegenseitige Feindschaft in sie gelegt, er wird sie auch 
an das gesellige Zusammenleben gewöhnen. Darauf ergrifP den Löwen 
ein hitziges Fieber, und er hatte so viel mit sich selbst zu thun, 
das ' er die andren Thiere in Buhe liess". Auch im Talmud (San- 
hedrin, 108^) heisst es, dass die Speisung der Thiere dem Noah 
grosse Sorge machte. Mit Bezug auf den Löwen wird erzählt , 
dass derselbe in ein hitziges Fieber (i^DEi^^iJ^) verfiel, dessen Hitze 
ihn sättigte, sodass er keiner andren Nahrung bedurfte. 

An der bereits erwähnten Stelle des Bereschith R. (S. 33), 
woselbst es heisst , dass Palästina von der Fluth verschont blieb , 
wird zugleich erwähnt, dass die Taube das ölblatt vom Olberge 
(nnSi^Dn in> ^^^^ ™ Targum jerus. zu Gen., 8, 11, *)^0 |)3 
i^nSi^D) geliolt habe. Auch Ephräm Syrus (bei Lagarde, 80, 22 fg.) 
Sagt, dass die Taube von Noah am Freitag - Morgen ausgeschickt 
wurde, dass sie um die Mittagszeit nach dem Olberg bei Jeru- 
salem kam und dort drei Olblätter pflückte. Mit diesen drei 
Blättern im Schnabel kehrte sie Abends zurück. Als Noah sie mit 

11 



82 

den drei Olblüttem erblickte , frente er sich sehr , dankte Gott 
und sprach zur Taube: Gesegnet seiest die im Himmel und auf 
Erden und gesegnet seien deine !N'achkommen auf ewig — darauf 
nahm er sie in die Arche und gab ihr zu essen. Dass aber die 
Taube die Olblätter gerade vom ölberge holte, das wird, .wie 
alles Andre, typisch gedeutet. 

Dass es nur bei der Taube (Gen. 8, 8) und nicht beim Baben 
heisst, Noah habe sie von sich (^J^Ji^Jj) weggeschickt, wird, San- 
hedrin, 108^, darauf bezogen, dass die reinen Vögel gerne bei 
den Frommen wohnen. Mit Bezug auf den ausgesandten Raben 
heisst es in ^Pirke R. Eliezer (c. 23) : »Noah sandte den Raben 
aus , um zu erfahren , wie es in der Welt aussehe ; der Rabe ging , 
fand aber die Leiche eines Menschen auf einer Bergspitze; er 
verweilte bei derselben, um dav^on zu essen, und brachte keine Bot- 
schaft zurück." Dasselbe wird auch bei Ja'kübt (p. \^) als Grund 
seines Aubleibens angegeben. Bei Tabart (I , Iaa) wird ebenfalls 
erzählt (und zwar ist es der von Jesus momentan zum Leben er- 
werkte Cham , Sohn Noah's , der das berichtet) , dass ein Aas den 
Raben an der rechtzeitigen Rückkehr verhindert habe, und dass 
Noah über ihn den Fluch aussprach , Furcht vor den Menschen zu 
haben, wesshalb der Rabe nie zahm wird. Als er darauf die Taube 
ausschickte , und diese mit einem Olblatte im Munde und mit Koth 
an den Füssen zurückkehrte , da erbat er für sie von Gott ein 
grünes Halsband und segnete sie , dass sie zu den Menschen Zu- 
trauen haben solle und in Gemeinschaft mit ihnen lebe ; und seit 
joner Zeit lebt die Taube bei den Menschen. 

Statt des ^'jSJ^T J^^'jtf^ i^Ji^l» ^®^-> ®> '^j *^*^®^ ^^® ^^^ * ^^^ 

i^s^öav ovK ivia-Tperpsv sag tov ^yjpxvtijyxi ri viup xTh Tijg yijg. 
(Bemerkenswerth ist, dass Glycas, Annal., p. 239, Z. 14, es dem 
Josephus zum Vorwurf macht, er widerspreche der mosaischen 
Erzählung , indem er sage , der Rabe sei zurückgekehrt , während 
Moses erzähle; k») ovx iirhTps^ev o K6px^ k. r. A.) ; ebenso über- 
setzt die Peschito: ^^^ JJo ^qV^ aa-aJo» ^^^ aiich in der von 
De Lagarde veröffentlichten arabischen Übersetzung des Penta- 
teuchs (Materialien etc., t , 8, 7) heisst es : JL» ^ y^ v|;^^ J^S 
fjc^^^ x-v^ ^ -LH w^ {joyi\ vi^w^H-:» ^,/^ ^ßj also immer 



83 

in dem Sinne, dass der Babe nicht zurückkehrte. Ebenso heisst 
es bei Lagarde (II , 78, 81) als Übersetzung derselben Stelle : 

o^ ^^üs* j:>^ ^ ^y> U, *Ut jiüü) ^yli ^yl ^ v'j*^' J-«j!s 

(joyi^ ^c>3 Q« »UL Mit Bezug hierauf wird (79, 4) erzählt , Noah habe 
zum Baben gesagt : »Gehe , durchstreife die Welt und sieh dich 
um , ob irgendwo ein hoher Berg ist , den das Wasser nicht be- 
deckt." Als nun der Babe fortflog , fand er keinen Ort zum Aus- 
ruhen ; er sah aber auf dem Wasser schwimmende todte Menschen 
und Thiere; auf diesen ruhte er aus, indem er das Fleisch der- 
selben ass, und kehrte nicht zurück. Im Namen des Ephräm Syrus 
wird ferner erwähnt , dass der Babe in Folge seiner Gefrässigkeit 
Noah's Auftrag yergass und erst nach drei Monaten zu ihm zurück- 
kehrte. Auf die Frage Noah's , wesshalb er nicht früher gekommen , 
antwortete er , er sei so sehr mit dem Essen beschäftigt gewesen , 
dass er die Bückkehr vergessen habe* Nun aber war der Babe 
damals Yon weisser Farbe, schlanker Gestalt und schön von An- 
sehen. Da sprach Noah zu ihm : DYerflucht und unrein unter allen 
Vögeln sollst du sein , du und deine Nachkommen , und möge Gott 
deine Farbe schwarz machen, und mögen Buinen und Einöden 
dein Aufenthalt sein." Zur selben Stunde veränderte sich die Ge- 
stalt des Baben ; er wurde verachtet unter den Vögeln , und seine 
Farbe wurde schwarz. Die frühere weisse Farbe zeigt ßich nur noch 
bei seinen Jungen ; wenn diese auf die Welt kommen , haben sie ein 
weisses Gefieder; sobald der Babe das sieht, schreit er dreimal, 
fliegt davon und kehrt erst nach 40 Tagen zurück. Während dieser 
Zeit halten die Jungen ihre Schnäbel offen ; Mücken fliegen in 
ihren Mund und diese dienen ihnen zur Nahrung — 40 Tage 
lang. Wenn dann der Babe zurückkehrt und sieht, dass die Jungen 
herangewachsen sind und dass sie ein schwarzes Gefieder haben, 
freut er sich sehr , ruft die andren Baben herbei , nimmt die Jun- 
gen auf seine Flügel und lehrt sie fliegen. 

Dass die jungen Baben eine weisse Farbe haben, wird auch in 
den Pirke B. Eliezer (c. 21) erwähnt, und zwar wird hier (was 
auch Geiger, 1. c, p. 103, hervorhebt), ähnlich wie Sur. 5, 84, der 
Babe mit der Erzählung von Kain und Abel in Verbindung ge- 
bracht. Der Hund , der Abel's Heerde bewacht hatte — so wird 



84 

erzählt — hütete auch den ersohlagnen Abel vor den wilden 
Thieren und den Raubvögeln. Adam aber und seine Frau (mj>^ 
TlTyi» ^^ach Gen., 2, 18) sassen da und weinten und trauerten 
und wussten nicht, was sie mit dem Körper Abel's anfangen 
sollten. Da kam ein Babe, dessen Genosse gestorben war, und 
begrub denselben yor ihren Augen. Da sagte Adam: ilch werde 
es auch so machen wie dieser Rabe", grub ein Grab und legte 
AbeVs Körper in dasselbe. Gott aber belohnt die Raben für diese 
Handlung. Und was ist ihr Lohn ? Wenn die Raben Jungen zur 
Welt bringen und sehen, dass dieselben weiss sind, glauben sie, 
es seien Kinder der Schlange und fliegen davon. Gott aber schickt 
den Jungen reichliche Nahrung .... wie es heisst (Ps. 147, 9): 
Gott gibt dem Yieh seine Speise und den jungen Raben , wenn sie 

rufen (r^HT^J^^ -|g^^ 2-)1V W ni?D^ npD?> |D1J " ^«l" 

leicht liegt hier ein Wortspiel mit Q^ , weiss , zu Grunde). Auch 

Raschi (zu Buba Bathra , 8^) erwähnt kurz , dass der Rabe grau- 
sam gegen seine Jungen sei, dass aber Gott aus ihrem Kothe 
Mücken entstehen lasse , die ihnen zur Nahrung dienen. 

Diese Stelle der Pirke R. Eliezer sowie eine ähnliche bei Kimchi 
und Raschi zu Hieb, 38, 41, wird auch von Bochart (Hieroz., ed. 
Lond., n, c. XI, coL 205) angeführt, wie ferner damit überein- 
stimmende Stellen bei Chrysostomus, Olympiodor, Isidor von Sevilla, 
in den Scholien des ^artri (13. Mak4me) und bei Damtrt, wozu 
bemerkt wird , dass sich Ahnliches bei !Kazwtnt finde. Bei Letzterem 
(ed. Wüsterfeld , I ff*) wird die bei ^arlrt vorkommende Stelle : 
»0 du, der du die jungen Raben ernährst" (ijSi^ ^ w-;LxJJt ^U^ Ij) 
ebenfalls erwähnt, und zwar als Worte des Königs David. Im 
Scholion der 2. Ausgabe des ^artrt (p. töi) werden übrigens auch 
die 40 Tage der Abwesenheit des Raben erwähnt , wie , mit Bezug 
auf dessen Gewohnheit, die eignen Kinder nicht anzuerkennen, der- 
selbe als von Natur sehr misstrauisoh (jJal\ jvX>0 bezeichnet wird. 

Bochart sagt nun ferner (col. 208 , Z. 20) , dass die arabische 
Übersetzung der Stelle Luc, 12, 24, »junge Raben" (qUaI^ ^^J^) 
statt »Raben" habe , welche Andrung des Textes aber ungerecht- 
fertigt sei. Wahrscheinlich hatte aber der Übersetzer ebenfalls die 



85 

obenerwähnte Fürsorge Gottes im Sinne, wie auch G-lycas ; dieser 
führt nämlich (Annal., ed. Bonn , p. 87 , Z. 10) dieselbe Stelle des 
Lucas an und sagt , dass unter allen Yögeln gerade der Babe er- 
wähnt werde, habe darin seinen Grund, dass der Babe seine 
Jungen hasse, Gott aber (in der oben erwähnten Weise) densel- 
ben auf andrem Wege Nahrung verschaffe. Der Übergang vom 
Baben zum Sohne Noah's , Cham , liegt ziemlich nahe , denn Beide 
werden zuweilen nebeneinander erwähnt, und auch die schwarze 
Farbe Cham's war die Folge eines von Noah ausgesprochnen 
Fluches. 

In den jüdischen Schriften (Beresch. B., S. 31, S. 34; M. Tan- 
chuma zu Gen., 8, 16, ed. Buber, p. 42; Pirke B.^Eliezer, c. 23; 
Sanhedrin , 108^) heisst es , dass während des Aufenthaltes in der 
Arche die Männer sich von den Frauen fem halten mussten , weil 
bei einer allgemeinen Calamität auch für die Yerschonten sich 
Enthaltsamkeit gezieme, was aber auch daraus gefolgert wird, 
dass bei dem Eingange in die Arche der Ausdruck gebraucht wird. 
»Noah und seine Söhne , seine Frau und die Frauen seiner Söhne" 
(Gen., 7, 7 , ähnlich 7, 13) , während es beim Ausgange aus der- 
selben heisst: »Gehe hinaus aus der Arche, du und deine Frau 
und deine Söhne und die Frauen deiner Söhne" (ib., 8, 16), im 
ersteren Falle also erst die männlichen , dann die weiblichen Mit- 
glieder der Familie genannt werden, im zweiten aber paarweise. 
Mann und Frau beisammen. Dasselbe findet sich aber auch bei den 
syrischen Autoren ; zunächst bei Ephräm Syrus (p. 54. 150) , der 
in gleicher Weise die verschiedne Beihenfolge der Wörter her- 
vorhebt, wie das auch Kirsch in dem Appendix zu seiner Aus- 
gabe des syrischen Fentateuchs (p, VI) bemerkt. So heisst es auch 
in der Schatzhöhle (p. 24, Text,p. it*): »Und als sie hineingingen 
in die Arche, da gingen sie getrennt hinein: Noah und seine 
Söhne, und sein Weib und die Weiber seiner Söhne. Es gingen 
aber hinaus : er und sein Weib und seine Söhne und ihre Weiber 
mit ihnen. Und die Männer hatten die Weiber nicht erkannt, 
bis sie hinausgingen aus der Arche". Ferner heisst es , und 
ebenso im Adamsbuche (p. 105. 107) , bei Eutychius (p. 38) und 
bei Lagarde (p. 74, 21) , dass , um jede Annäherung zu vermeiden , 



86 

die Männer auf der östlichen , die Frauen auf der westlichen Seite 
der Arche wohnten. 

An der oben erwähnten Talmudstelle (Sanhedrin , 108^) heisst 
es zugleich, dass Cham, der Babe und der Hund das (für Alle) 
gegebne Yerbot des ehelichen Umgangs übertraten und dass alle 
drei dafür bestraft wurden, und zwar Cham in seiner Hautfarbe, 
da — wie Raschi z. St. bemerkt — {J^^Q \on ihm abstammt (der 
in der Bibel wie im Talmud immer als schwarzer Yolksstamm 
vorkommt) ; der Rabe und der Hund wurden in andrer Weise 
bestraft (cf. Buxtorf s. v. {J^Dti^j ^^^' 2459). Dasselbe wird — 
etwas verschieden — auch Her. R., S. 36 , und im jerus. Talmud 
(Taanith, I, 6) erzählt. 

In andren Schriften wird die schwarze Farbe der Chamiten als 
Folge der, Gen., 9, 25, erwähnten Verfluchung Kenaan's dargestellt. 
Diese Bibelstelle ist nun insofern auffallend , als im Yorhergehen- 
den (Ys. 22) Cham und nicht Kanaan genannt wird. Saadia gibt 
Kenaan mit » Yater des Kana'an" (q*^ ^^) wieder , was auch Ibn 
Ezra (Gen., 9, 26) erwähnt. Im Midrasch (M. Tanchuma, 25», und 
Ber. R., S. 36, zu Gen., 9, 24) wird die Meinung angeführt , dass 
Noah den Cham nicht verfluchen konnte, weil bereits Gott Noah 
und seine Söhne gesegnet hatte (Gen., 9, 1). Dieselbe Erklärung 
gibt auch Ephräm Syrus (bei Lagarde , 87, 29) so wie Chrysosto- 
mus (bei Heidegger I.e. I, 411). In derselben Midraschstelle wird 
noch eine andre Meinung angeführt , dass nämlich Kenaan es war , 
der Noah's Entblössung sah und es dann seinem Yater Cham sagte 
(ebenso Ibn Ezra zu Gen., 9, 24). Auch diese Erklärung der 
Bibelstelle findet sich bei Ephräm Syrus (Lagarde , p. 86, 30 fg. ; 
p. 87 , 10 fg.) , welcher ferner bemerkt , Noah habe gesagt : »Yer- 
flucht sei Kenaan, und möge Gott sein Gesicht schwarz machen", 
worauf alsbald das Gesicht Kenaan's wie das Cham's schwarz wurde. 

Auch bei Tabarl (1 , 111*) wird erzählt , dass die schwarze Farbe 
der Nachkommen Cham's die Folge des Fluches sei, den Noah 
über ihn aussprach , weil er sich in der Arche nicht von seiner 
Frau ferne gehalten: yJü ^^ ^^ ^^^ \x jJu^\ ^ xjt^t A^ i^Ldl3 
QbyMJL «L^V. ^<^ÄÄLi. An einer andren Stelle (p. fl)*) hingegen wird 
die biblische Erzählung wiedergegeben, und zwar werden die "Worte 



87 
Noah's (9, 25—27) ziemlich getreu wiederholt: ^^ {J-^ 05*^ 

"^^ f^ aj^3 fh ^^ J^j ^^ "^J^- ^3 ^y^^ oy?^ ^"^^^^ f '^ 

SÜ ivXjx *L5>. Auch Mas'Adt (I, 76) erwähnt — zugleich unter 
Hinweisung auf die Koränstellen Sur. 11, 44 und 37, 75 — die 
biblische Erzählung als etwas Bekantes, indem er die Worte Noah's 
anführt : &JÜ) y^.^ ,»Lam ^Iaa lü^'^ ^Ju Juc »l»- O^^ 

Bei Dimiäkt (ed. Mehren , p. Hi) wird angeführt , was die Alter- 
thumsforscher (Jji\ ^^) sagen, dass nämlich die schwarze Farbe 
der Chamiten darin ihren CTrsprung habe, dass Noah Cham yer- 
fluchte, weil er in der Ä.rche mit seiner Frau ehelichen Umgang 
hatte ; nach der Meinung Andrer habe. Noah ihn verflucht , weil 
er seine Blosse aufgedeckt , während er sohlief , wogegen Sem und 
Japhet rückwärts gehend ihn bedeckten ; und darauf habe Noah 
gesagt: vi^i^j ^t y^.^ (»^ ^)W^3 A^" (^«r^L«* Übrigens bringe es 
auch das Klima jenes Landes mit sich, dass dessen Bewohner 
dunkler Farbe sind. 

J^azwint sagt (II, \f) von den Bewohnern Stid^n's (^t^yMii), 
dass sie Yon Kusch , dem Sohne Kenaan's , der ein Sohn Koah's 
war, abstammen und dass die grosse Sonnenhitze die Ursache 
ihrer Schwärze sei , dass aber nach der Meinung Andrer (J^^) die 
schwarze Farbe die Folge des von Noah über Cham ausgesproch- 
nen Fluches sei. Im Schalscheleth hakabbalah (f. 92^ fg.) heisst 
es : Man sagt , Noah habe seine Zeitgenossen fortwährend ermahnt, 
sich zu bessern, dass sie aber nicht auf ihn hörten, und dass er 
aus Furcht , sie möchten ihn mit seiner Frau und seinen Kindern 
umbringen , aus jenem Lande entfloh , worauf Gott ihm befahl , 
die Arche zu bauen, und ferner: Man sagt, dass Noah auch 
IJN***^ (Jano, d. i. Janus nach italienischer Benennung) genannt 
werde, von p*i, Wein, und dass er später von Armenien nach 

Italien gezogen sei. Das erstere hier Erzählte ist dem Supplemen- 
tum ohronicorum (f. 8^) entnommen , das zweite andren nichtjü- 
dischen Schriften. Bei Fabricius (Cod. pseudep. V. T., 2. ed., I, 
247 und Note) werden mehrere Aatoren angeführt, welche be- 
haupten , dass Noah nach Italien gewandert und von den Lateinern 



88 

Janas genannt worden sei ; dann werden (p. 249 fg.) andre Autoren 
angeführt , welche Koah mit yerschiednen mythischen Personen iden- 
tifiziren , darunter auch mit Saturnus , und die ferner der Ansicht 
sind , der Käme Janas sei , wie Oenotrius von oTvog , von IVi her- 
zuleiten. Der zweiköpfige Janus (Janus bifrons) sei eine sehr pas- 
sende Benennung Noah's, welcher dem ante- sowie dem postdilu- 
vianischen Zeitalter angehörte. Sehr hübsch ist (p. 240) Noah's 
Identifizirung mit Deukalion, welcher Name mit ievre und KxKeTv 
erklärt wird; Noah habe nämlich bei der Androhung der Siut- 
fluth gesagt: AevTs , ie«A«7 vfiag o Seig sU [isrivoiav. 

Die Sage von Noah's Wandrung nach Italien wird von Giam- 
buUari — in seinem Buche Origine della lingua fiorentina &c. 
(1549) — als historische Thatsache betrachtet und dient als Be- 
weis für seine Behauptung , dass die italische (toskanische) Sprache 
aramäischen Ursprungs sei. An den betreffenden Stellen — die A. 
Fuchs, Die romanischen Sprachen n. s. w., p. 14, anfuhrt — heisst 
es : . . , . »Der älteste Namen von Italien ist Onotria d. h. Wein- 
land (von olvoq) \ da nun Noah den Wein erfunden hat , so ist es 
sehr wahrscheinlich, dass Noah aus den armenischen Gebirgen 
nach Italien gekommen ist, und in der That erscheint er hier 
als alter König von Italien unter dem Namen Janus, wohnhaft 
auf dem Berge Janiculus. 108 Jahre nach der Sündfluth • . . . kam 
er nach Italien ; daher wird Janus mit zwei Köpfen abgebildet , 
weil er zwei Zeitaltern angehört (wie oben). Zu ihm kommt Sa- 
turnus nach Italien und in diese Zeit fällt das goldne Zeitalter . . . 
Die Sprache , welche Noah-Janus nach Italien mitbrachte , war die 
Aramäische". Auch nach der Darstellung der arabischen Autoren 
hatte Noah sehr Yieles von seinen Zeitgenossen zu erdulden. Im 
5or4n heisst es (54, 9. 10): Schon früher (d* h. vor Mohammad) 
wurde Noah von seinem Volke ein Betrüger und Wahnsinniger 
(oyLzf^ genannt und abgewiesen ; da flehte er zu Gott : Sie über- 
wältigen mich, steh' mir bei! Hierzu bemerken Zamah^ari (11, 
if )*a) und Bai4^wi (II , T\m , 24) : Man erzählt , dass Einer von 
ihnen den Noah würgte , bis er die Besinnung verlor ; als er wieder 
zu sich kam , sagte er : Gott , verzeihe ihnen , denn sie wissen 
nicht, was sie thun. Dasselbe erzählt Abü'l-Fid4 (Hist. anteisl., p. 



89 

16) , wie auch , dass in einer späteren , noch schlimmeren Genera- 
tion die Leute ^Noah schlugen , bis er bewusstlos war , und dass 
er, als er wieder zu sich kam, sie Ton Neuem ermahnte, bis er 
der Sache überdrüssig ward und Gott um Bestrafung der Gott- 
losen bat. Gott sagte zu ihm, dass keiner der Ungläubigen ihm 
glauben würde, wenn er sie auch länger ermahnte, und dass er 
das Schiff bauen solle (nach Sur. 11, 38. 39). Als er mit dem 
Bau der Arche beschäftigt war, sagten die Leute spottend zu 
ihm: »Ei, Noah, du bist ja aus einem Propheten ein Zimmermann 
geworden" — was übrigens auch Zamal^^ari (I, III) und Baidäwt 
(I, ft*'f) zu Sur. 11, 40 erwähnen. Abti'l-Fidä gibt als seine 
Quelle die Chronik des Ibn el-A^tr an, und in der That findet 
sich diese Erzählung auch bei Ibn el-Attr (p. fi), wie oben er- 
wähnt wurde. 



ABRAHAM. 



In den jüdischen Schriften ist Noah durchaus kein Gegenstand 
der Verherrlichung. Das ersieht man schon daraus , dass im Mi- 
drasch (Bereschith R., S. 30) zu dem ganz überflüssigen l^^ri^HlD 

in dem Satze »Noah war ein gerechter und frommer Mann in 
seinem Zeitalter" (Gen. 6, 9) bemerkt wird : »Nur in Vergleich mit 
seinen Zeitgenossen war er ein Q^QD p*^*l^"j wozu als Illustration 

das Sprichwort angeführt wirdi i» Auf dem Markte der Blinden ist 
der Einäugige ein Vielsehender" (J^^^iyi^ ^miü ^^^Dü pW^ 

Im !Korän (und also auch bei den späteren arabischen Autoren) 
wird hingegen Noah an vielen Stellen — wie bereits erwähnt 
wurde — neben Abraham und Moses genannt und besonders das 
hervorgehoben, dass er seine Zeitgenossen fortwährend ermahnte 
und sich weder durch ihre Misshandlungen noch durch ihren Spott 
abschrecken Hess, noch auch dadurch, dass sie ihn einen Wahn- 
sinnigen nannten (Sur. 54, 9 woselbst auch das J>^\^^ von Za- 
maWarl in diesem Sinne erklärt wird). Noah dient so — wie auch 

Moses, den Pharao einen Wahnsinnigen nannte (Sur. 26, 26) — 

12 



90 

als Vorbild Mohammad^s , den seine Gegner — und seine Stammes- 
genoBsen am Meisten — einen Wahnsinnigen nannten (Sur, 44, 13 ; 
52, 29 ; 81, 22) und auch sonst yerspotteten. Dass ein Prophet 
Nichts in seinem Yaierlande gelte, das erfuhr auch Mohammad, 
aber was konnte es für einen gottgesandten Propheten Schlimmeres 
geben ^ als dass die Leute, wenn er daher kam, zu einander 
sagten : Aha , da kommt der Sohn Abd All&h's , er wird uns Neuig- 
keiten Yom Himmel bringen, wie das bei Dozy (Het Islamisme, 
p. 27, Übersetzung, p. 41), nebst andren Beispielen der Verspot- 
tung und Verhöhnung , erwähnt wird. In der That bemerken auch 
Zamahöart (II, Lvf) und Bai(JÄwt (II, T, 17) zu Sur. 29, 13, wo- 
selbst von Noah die Bede ist, diese Erzählung yon Noah habe 
den Zweck, Mohammad zu beruhigen und zu trösten, da er Ahn- 
liches von den Unglä abigen zu erdulden hatte. An der darauf fol- 
genden Stelle (Vs* 15) wird Abraham's Ermahnung an sein Volk 
erwähnt, und auch hierzu bemerken beide Erklärer, dass die 
Geschichte Abraham's dazu dienen sollte, den Propheten zu er- 
mahnen, trotz des Widerstandes seiner Zeitgenossen, auszuharren, 
wie auch sein Vorfahr Abraham («Ut i^^^ »IjO , der in derselben 
Lage war, sich durch den Widerstand seiner Zeitgenossen nicht 
beirren und nicht abwendig machen Hess. 

In der biblischen Erzählung wird nirgends erwähnt , dass Abra- 
ham seines Glaubens wegen irgend Etwas zu leiden gehabt habe. 
In den jüdischen Schriften (Ber. B., S. 38 , und an andren Stellen) 
wird aber allerdings erzählt, wie Abraham mit seinem Vater , der 
ein Götzendiener war , in Zwiespalt gerieth und wie er von Nimrod 
in den Feuerofen geworfen ward, woraus ihn aber Gott errettete. 
In diesem Sinne wurde auch das D'^'IK^S ^IIJ^O ^J'^riNJiin 1\ffiii 
Gen., 15, 6 -- analog dem Q^^iip p^D ^J'^ONSin ^ß^Nt Exod. 
20, 2 — - als Errettung aus dem Peuerofen aufgefasst ("JDpDNT 
'^NHtl^lDT Nmi priND i™ Jörus. Targum z. St.) , welche Deutung 
auch Yon Hieronymus in den Quaestiones hebr. (zu Gen., 11, 28) 
erwähnt wird. Diese Erzählung war nun ganz dazu geeignet, 
Abraham als Vorbild und Vorläufer Mohammad's erscheinen zu 
lassen y und so findet sie sich auch an mehreren ]^or4nstellen, die 



91 

von Geiger in seiner Preisschrift (p. 122 fg.) zugleich mit der 
entsprechenden Midraschstelle , angeführt werden. Bei den ^oTan- 
commentatoren nnd in andren Schriften — die ebenfalls als 
Commentare zum Koran zu betrachten sind, da sie sich fortwäh- 
rend auf denselben beziehen — wird die Feuerprobe , die Abraham 
zu bestehen hatte , noch mehr ausgeschmückt. So heisst es bei Za- 
mahöarl (II, aaa) und Bai<}Äwt (I, If», 4) zu Sur. 21, 69 (bei welcher 
Gelegenheit der Brstere die Ähnlichkeit zwischen Abraham's und 
Mohammad's Geschick hervorhebt) , dass man in Ktiä. LJ^) 
auf Befehl Nimrod's in einem eingeschlossenen Baum einen Scheiter- 
haufen errichtete, zu dem man einen Monat hindurch Holz her- 
beitrug; wenn eine Frau krank ward, so sagte sie: ]»So Gott mich 
wieder gesund macht , werde ich Holz zu Abraham^s Verbrennung 
beisteuern"* Das alsdann angezündete Feuer war ein so grosses, 
dass die Vögel . die in dessen Nähe vorüber flogen , verbrannten. 
Dann wurde Abraham vermittelst einer Wurfmaschine (oLOj^Uuc) 
in dasselbe geschleudert; darauf kam Gabriel zu ihm und sagte: 
»Wünchest du Etwas, Abraham?" »Nicht von dir", erwiederte 
Abraham. »So bete zu deinem Herrn", sagte Gabriel. »Es genügt 
mir", sagte Abraham, »dass Gott meine Lage kennt". Daraufmachte 
Gott aus der Feuerstätte einen Garten mit Wohlgerüchen , und 
nur die Stricke, mit denen man Abraham gebunden hatte, ver- 
brannten. Nimrod, der von einem hohen Thurme aus das sah, 
sowie dass ein Engel an Abraham's Seite war, rief demselben zu : 
»Ich werde deinem Gotte Opfer darbringen". Er liess hierauf 4000 
Binder opfern und liess ab von der Verfolgung Abraham's. 

Zu Vs, 68 wird von beiden Erklärern eine Meinung angeführt, 
wonach derjenige, der den Bath zur Verbrennung Abraham's ge- 
geben, ein Kurde Namens Hajün war, den zur Strafe die Erde 
verschlang. 

Bei Tabart (I, r\ fg,) und Ihn el-Attr (I, *Ia fg.) wird zu- 
nächst mit Bweiterung und Vereinigung einzelner im l^^or^n zerstreut 
vorkommenden Stellen (Sur. 6, 76 fg. ; 21, 58 fg. ; 37, 81 fg. ; 
2 , 260 fg.) , die zum Theil wörtlich angeführt und mit in die 
Erzählung verflochten werden , erzählt , wie Abraham zuerst die 
einzelnen Himmelskörper göttlich verehren wollte , dann aber sagte : 



92 

»Ich mag die Untergehenden nicht (^^jOls^i L-X>-t ^ — Sur. 6, 76), 
und so zur Erkenntniss des Einen Gottes kam. Sein Yater Azar, 
der Götzenbilder verfertigte — heisst es weiter — gab ihm einige 
derselben , um sie zu verkaufen. Abraham bot sie auch zum Ver- 
kauf aus, indem er dabei ausrief: »Wer kauft Etwas, daß ihm 
weder nützt noch schadet" (&«fiJü ^^ »y^u ^ L« (^j^. ^; bei 
Abü'l-Fidä — Hist. anteisl. p. 20, Z. 7, v. u. — »Wer kauft, was 
ihm schadet aber Nichts nützt , «juJü ^ s^a^sj La ywMwa ^) ; er fand 
auch keine Käufer. Es wird nun femer (nach Sur. 21, 58 fg. und 
37, 81 fg.) erzählt, wie Abraham das Volk vergeblich zur Ver- 
ehrung des Einen Gottes zu bekehren suchte. Als sie nun einst 
zur Feier eines Festes die Stadt verlassen hatten , ging er in den 
Tempel , in welchem sehr viele Götzenbilder waren. Da er sah , 
dass diese keine der ihnen vorgesetzten Speisen berührten, fragte 
er : »Warum esset ihr nicht ?" Da er keine Antwort erhielt , sagte 
er : »Warum sprecht ihr nicht P" Er nahm nun die Axt , die er in 
Händen hatte, und zerschlug sie alle mit Ausnahme des grössten 
Götzenbildes, an dessen Hand er die Axt befestigte. Darauf ging 
er hinweg. Als die Götzendiener zurückkehrten und das Geschehene 
sahen , fragten sie einander , wer das gethan habe. Einige sagten, 
das könne nur Abraham gethan haben. Darauf ward er vor Kimrod 
geführt. Auf die Frage , warum er die Götzenbilder zerbrochen , 
antwortete er: »Nicht ich, der Grösste unter ihnen hat das ge- 
than , fragt sie nur". Als sie nun sagten : »Du weisst wohl , dass 
sie nicht sprechen", antwortete Abraham : »Warum betet ihr also 
selche an, die euch weder nützen noch schaden können?" (^ Lo 
ft^y^oj ^5 LuM jjoujb, Sur. 21, 67). Als nun Ninirod ihn fragte: 
»Wer ist denn der Gott , den du verehrst P" antwortete Abraham : 
»Mein Gott ist Der, welcher belebt und tödtet". Darauf sagte 
Nimrod: »Auch in meiner Hand ist Leben und Tod" ((^<AJi ^J^y 

s:>^5 rftV^. ^^^^ '^^^^Ij i<A^^' l^' ^^^' 2> 260), »ich kann von 
zwei zum Tode Verurtheilten den Einen tödten , den Andren tödten 
lassen" (ebenso Zamal)6ari und Bai4äwt zur l^oränstelle)". Darauf 
sagte Abraham: »Gott lässt die Sonne im Osten aufgehen, lasse 
du sie im Westen aufgehen". Da wusste Nimrod Nichts zu er- 
wiedern; er berieth sich nun mit seiner Umgebung und sie sag- 



93 

ten: i Verbrennt ihn und vertheidigt eure Götter!" Derjenige, der 
diesen Bath gab — wird hinzugesetzt — war ein Kurde Namens 
QiA^; zur Strafe dafür ward er von der Erde verschlungen, und 
er bewegt sich in bis zum Tage der Auferstehung (^-o ^3.:^\]L;^^J). 
Nimrod befahl nun, Holz und Brennmaterial jeder Art herbeizu- 
schaffen, sodass es geschah, dass die eine und die andre Frau 
das Gelübde that , so ihr Wunsch erfüllt werde , Holz zum Abra- 
hamsfeuer zu liefern (es erinnert das an den Ursprung des sancta 
simplicitas bei Huss'ens Yerbrennung). In der That war es ein so 
mächtiges Feuer , dass die daran vorbeifliegenden Vögel verbrann- 
ten. Als man nun im Begriffe war , Abraham in's Feuer zu wer- 
fen, erhoben Himmel und Erde und Alles im Himmel und auf 
Erden ein Jammergeschrei und sie sprachen: »0 Herr I Soll Abraham, 
der Einzige, der dich anbetet, verbrannt werden? Gestatte uns, 
ihn zu erretten!" (In der 21. Abhandlung der lauteren Brüder — 
ed. Dieterici , p. ö. , wird — als etwas Bekanntes — erwähnt, dass 
als Abraham ins Feuer geworfen wurde, das Kameel in seinem 
Munde Wasser herbeibrachte und dasselbe ins Feuer spritzte, um 
es zu löschen). Darauf antwortete ihnen Gott: »Wenn er Einen 
von euch um Beistand anruft , so mag er ihm helfen , wo nicht , 
so werde ich es thun" (Weil , Biblische Legenden, p. 74, führt eine 
ähnliche Talmudstelle, Pesachim, 118^ an, die im Jalkut, f. 20, 
§ 77 , mitgetheilt wird). Abraham erhob sein Angesicht gen Himmel 
und sprach: »0 Herr, du bist der Einzige im Himmel und der 
Einzige auf Erden — Gott genügt mir — er ist der beste Be- 
schützer" (J^-^5' j^äJj äU! ^^^jy^^s> dasselbe im Namen des Ibn 
^Abb4s bei Zamali^art II, aaa, zu Sur. 21, 67). Darauf erschien ihm 
Gabriel und fragte ihn: »Wünschest du Etwas, Abraham?" »Nicht 
von dir", erwiderte er. Als er nun im Feuer war , wurde demselben 
(vom Himmel) zugerufen: »0 Feuer, werde kalt und wohlthätig 
für Abraham" (j^^l^ J»e U^^ by J>y , Sur. 21, 69) ; nach Andren 
sagte das Gabriel. Wäre aber nicht das Wort U^^ hinzugefügt 
worden , so wäre Abraham vor Kälte gestorben , so kalt wurde 
das Feuer (ebenso bei Zamah^art 1. c.) ; auch erloschen an diesem 
Tage alle übrigen Feuer , da sie glaubten , dass der Zuruf dem 
Feuer überhaupt gelte. Darauf sandte Gott den Engel des Schutzes 



94 

IM 

(oder der Beschattung, J^) in der Gestalt Abraham's; er setzte 
sich an seine Seite und leistete ihm Gesellschaft. 

Es wird nun ferner erzählt , wie Nimrod , der Alles das yon 
einem hohen Thurme aus mit angesehen , nicht nur Abraham frei 
liess, sondern auch dem Gotte Abraham's 4000 Binder opferte. 

Dass nun Nimrod es ist, der Abraham ins Feuer werfen Hess 
und er überhaupt der Bepräsentant des Götzendienstes sowie der 
despotischen Tyrannei ist, wie denu sein Käme ebenso wie der 
des Pharao (^«^yy) 9 bei den Arabern appellatiyisch gebraucht wird , 
und der Plural »J.U gottlose und tyrannische Herrscher bezeich- 
net, dazu gibt die biblische Erzählung durchaus keine Veranlas- 
sung, allein es liegt im Wesen der sagenhaften Ausschmückung 
alles zu indiyidualisiren und — abgesehen dayon, dass yielleicht 
fremde Nimrodsagen dabei mit yon Einfluss waren — bei T^QJ 
trat das Etymon ^^Q, sich empören, noch hinzu, wie es auch 
bei Ibn el-Attr (p. /s\) mit ähnlichem Anklänge heisst : »Wir kehren 
nun zu Nimrod , dem Feinde Gottes . . . und seiner Empörung gegen 
Gott zurück" (^\jü idl» ^^ »oj^-j . . . Ojy *lill 3 Afi ^ ^^J» ^Ji\ C^y^)' 
Auch in dem darauf folgenden Satze (jr».^^ ^J Xji:>- J5I ^1^^ wird 
das ^^2^ j Gen., 1 0, 8. 9, in malam partem aufgefasst. Dazu gesellt 
sich noch die Yorliebe für gegensätzliche Gruppirung , und so ist 
Nimrod der Antagonist Abraham's. 

Bei Jaktibt (p. )*«^ wird erzählt, dass Nimrod das Feuer an^ 
betete, als er nämlich das aus der Erde heryorbrechende Feuer 
sah (ebenso bei Eutychius , 1 , 65 ; wahrscheinlich die Naphthha- 
quellen). Aus diesem Feuer sprach Satan zu ihm, und er liess 
an dieser Stelle einen Feuertempel errichten. Damals fingen die 
Menschen an , sich mit Sternkunde («^:^uJt Jlc) zu beschäftigen. 
Derjeuige aber , der Nimrod in diesen Dingen unterrichtete , hiess 
vJlLiAj. Ferner wird erzählt , dass auch der Yater Abraham's, Thärich 
oder Azar (Letzteres ist bekanntlich sein Name im !Kor4n) , zu 
Nimrod's Umgebung gehörte , und dass die Sternseher dem Nimrod 
yerkündeten, dass unter seiner Begierung ein Knabe zur Welt 
kommen werde, der dereinst seine Götzenbilder zerhämmem und 
seinen Glauben y erhöhnen werde , worauf Nimrod den Befehl gab , 
alle Neugebornen zu tödten. Als hierauf Abraham in Ktti (Ij^ 



95 

L al. L ^yS) geboren ward, yerbarg ihn seine Matter in einer 
Höhle. Es wird hierauf unter Anführung des Gotteswortes (L4/ 
9jj^ KÜ^ (jSid) j d. h. des ]^or4n (6, 76) , erzählt , wie Abraham , als 
er die Höhle yerliess , zuerst die EUmmelskörper göttlich verehren 
wollte , dass aber ihr Untergehen ihn auf den rechten Weg führte, 
und (unter Anführung von Sur. 37, 93), wie er sein Volk ermahnte , 
wie aber Nimrod (Xj^ O^y nach der gewöhnlichen Benennung) 
ihn vermittelst einer Wurfmaschine (/ÄaJL^U^) ins Feuer werfen 
liess, dasselbe aber auf Gottes Geheiss erkaltete. 

Bei Lagarde (Materialien &c., p. 96) wird im Namen der sy- 
rischen Autoren Ephräm Syrus und Ihn Batrtk (Eutychius) erzählt , 
dass Nimrod — im 15. Jahr seiner Begierung — sah, wie die 
Strahlen der Sonne, als sie aus dem Meere emporstieg, roth wie 
Feuer erglänzten ; er hielt nun das Feuer für den Schöpfer der 
Sonne, und zur Stunde betete er das Feuer an und errichtete für 
dasselbe einen Altar, und von damals her datirt der Gebrauch der 
Magier, das Feuer anzubeten. Es war aber ein Mann Namens 
i4f^ ^t ^L&^t, den Nimrod (als Priester) einsetzte; aus dem 
Feuer heraus sprach aber der Satan und sagte : »Wer mich anbetet , 
der muss seiner Mutter, seiner Schwester, seiner Tochter bei- 
wohnen." Das that nun auch Indschän, und die Magier folgten seinem 
Beispiele (dasselbe findet sich auch bei Eutychius, Ann., 1 , 62. 64). 

Es wird nun ferner erzählt , wie Gott den Abraham zu Nimrod 
sandte , um ihn zu ermahnen , wie dieser ihn aber vermittelst 
einer Wurfmaschine in's Feuer schleudern liess. Alsbald erlosch 
das Feuer, der Götzentempel stürzte ein, der von Nimrod ange- 
legte Garten ward von der Erde verschlungen , es fiel Feuer vom 
Himmel herab, das den Nimrod, seine Kinder und sein ganzes 
Haus verzehrte. Er war es gewesen, der sich zuerst gegen Gott 
empörte und auflehnte und sich selbst für einen Gott erklärte; 
darum liess ihn Gott mitsammt seinen Kindern untergehen und 
vertilgte sein Andenken von der Erde ({jayi\ »*>-^ q«, nach 
biblischen Ausdrucke nÖnNH ^JD ^VD)* ^^^ Nimrod durch einen 
vom Himmel fallenden Feuerstrahl getödtet wurde, auch von Abü'l- 
Fara^ (Hist. dyn., p. 18) und andren Autoren erwähnt (et Fa- 
bricius 1. c, I, 299; Bemhardi zu Suidas s. v. ZupoitTTpii^). 



96 

Bei Lagarde (p. 97) wird nun ferner zur Erklärung der Stelle 
Gen., 11, 28, »Und Haran starb vor dem Angesichte seines Vaters 
Therah im Lande der Chaldäer" (^^IJdJßt [jdJ^ ^) im Namen 
des Ephräm Syrus erzählt, dass Abraham in einer Nacht den 
Götzentempel in Brand gesteckt hatte und dass mit den übrigen 
Götzendienern auch Haran herbeieilte, um den Brand zu löschen, 
hierbei aber das Leben verlor , da er in das Feuer stürzte , was 
sein Vater mit ansah. Dieselbe Erzählung findet sich nun auch 
in den Schriften des Ephräm Syrus (Opp. 1 , 156) , im Buche der 
Jubiläen (Ewald's Jahrbücher, III, p. 3), bei Syncellus (ed. Bonn, 
I, 178. 184) und Anderen. Im Midrasch zu Gen., 11, 28 (Ber. R., 
S. 38) wird hingegen das ^TTÖyO pND ION TH^ ^JD b)J 
D*^nti^ID *mND dahin gedeutet , dass Haran sich erst dann als An- 
hänger Abraham's erklärte, als dieser unversehrt aus dem Feuer her- 
vorging, und dass er, als man darauf ihn ins Feuer warf, verbrannte. 
Wiederum entsprechend der Tendenz zur Individualisirnng und 
Identifizirung und so Alles auf bekannte Persönlichkeiten zurück- 
zuführen, wird auch der Thurmbau von Babel — was ja auch 
eine revolutionäre Handlung war — mit Nimrod als dem eigent- 
lichen Urheber desselben in Verbindung gebracht, wozu denn das 
Vorkommen der Ortsnamen ^^^ und "^y^Ji^ sowohl Gen., 10, 10 
wie auch 11, 2. 9, einen besondren Anhaltspunkt bot, und so wird 
in den jüdischen Schriften ebenso wie in den arabischen und sy- 
rischen Nimrod mit dem Bau des Thurmes in Verbindung gebracht. 
Die Erinnrung hieran hat sich in dem Namen Birs Nimrud er- 
halten, denn wie Oppert (ZDMG., VII, 406) sagt: »Der Nimrud 
darf nicht Wunder nehmen ; er hat Alles gethan , ist an Allem 
Schuld". Ganz eigenthümlich ist übrigens die Erzählung vom Thurm- 
bau im D Bienenbuch" (Text , p. 40). Hier heisst es nämlich , dass , 
als der Thurm eine gewisse Höhe erreicht hatte, die Erbauer 
desselben beschlossen , rings um denselben noch 72 andre Städte , 
jede mit einem besondren Oberhaupte , zu erbauen. Gott aber sah , 
wie sie sich bei dem Baue abmühten und anstrengten, und hatte 
Mitleid mit ihnen, und desshalb wurden aus der Einen Sprache, 
der syrischen, plötzlich 72 Sprachen, so dass Einer den Andren 
nicht verstand. Sie zerstreuten sich also auf der ganzen Erde , und 



97 

diejenigen , die Eine Sprache redeten , vereinigten sich zur Grün- 
dung neuer Städte. 

Nach Abü'1-Fara^ (p. 18) schickte Qtoti einen gewaltigen Sturm- 
wind j der den Thurm (^y^O umstürzte , bei welcher Gelegenheit 
Nimrod den Tod fand. 

Bei Ihn el-Attr (p. \t fg,) wird erzählt, dass Nimrod dem 
Abraham befohlen habe , das Land zu verlassen und dass er schwur , 
den Gott Abraham's aufzusuchen. Kach einem vergeblichen Yer- 
suche , vermittelst eines mit vier jungen Adlern bespannten Wagens 
(o^Lj) in den Himmel zu gelangen (of. Weil, bibl. Legenden, 
p. 77 fg.) , liess er einen sehr hohen Thurm bauen , um auf diese 
Weise seinen Zweck zu erreichen. Gott aber liess denselben nieder- 
stürzen , und in Folge des Schreckens hierüber entstand eine Yer- 
wirrung der Sprachen , so zwar , dass während die Menschen früher 
nur Eine Sprache — die syrische — redeten, jetzt 73 Sprachen 
existirten. Es wird hierauf nach einem andren Gewährsmanne er- 
zählt, dass Gott — nach Abraham — vier Mal einen Engel an 
Nimrod sandte, um ihn zu ermahnen. Nimrod aber sagte: »Gibt 
es einen Gott ausser mir?'' Darauf sagte der Engel: d Versammle 
dein Heer binnen dreier Tage", was Nimrod auch that. Alsbald 
sandte Gott ein Heer von Mücken , die mit ihrer Menge die Sonne 
verfinsterten und alle Eriegsleute verzehrten, sodass nur die 
Knochen übrig blieben. Darauf schickte Gott noch eine Mücke, 
die in I^imrod's Nase hinauf kroch, woselbst sie — wie Einige 
sagen , 40 Jahre lang — blieb und an seinem Gehirne nagte. 
Nimrod schlug sich mit einem Hammer an seinen Kopf, oder auch 
die Leute , die Mitleid mit ihm hatten , schlugen mit ihren Hän- 
den auf seinen Kopf (um seine Qual zu mildem). Nachdem er 
400 Jahre lang regiert hatte , todtete ihn Gott. Er war auch der 
Erbauer des Thurmes. . 

Ganz ähnlich ist übrigens das , was Ihn el-Atir an einer andren 

Stelle (I, )/va) von Nebukadnezar erzählt. Nach einer Erzählung, 

wonach Nebukadnezar in Folge eines von ihm selbst gegebnen 

Befehls (der die Tödtung DanieVs bezweckte) den Tod fand, heisst 

es : 9 Andre geben eine andre Ursache seines Todes an , dass nämlioh 

Gott eine Mücke sandte, die in seine Nase kroch und dann in 

13 



98 

seinen Kopf stieg, so wie nicht ruhte und nicht rastete, bis sie 
ihn zernagt hatte. Als er dem Tode nahe war, sagte er zu den 
Leuten seiner Umgebung: Spaltet meinen Kopf und sehet nach, 
was das war, das mich getodtet hat. Als man nun nach seinem 
Tode dieses that, fand man die Mücke in seinem Gehirn. Das 
that Gott, um den Menschen seine Macht und Herrschaft, sowie 
die Schwäche des übermüthigen Nimrod zu zeigen , den Gott durch 
das kleinste seiner Geschöpfe tödtete. Gepriesen sei Er , in dessen 
Hand die Herrschaft über Alles ist; er thut, was er will und spricht 
das Urtheil, wie es ihm gefällf\ 

Auch in der 21. Abhandlung der lauteren Brüder (ed. Dieterici, 
p. f l**» , lt*t*^ wird die Mücke , welche Nimrod tödtete , als Beispiel 
dafür angeführt , wie Gott den übermüthigen Menschen seine All- 
macht kund gibt und ihnen zugleich die Nichtigkeit ihrer Uber- 
hebung darthut. 

Eine Analogie zu dem hier Erwähnten bietet (wie ich das oben 
erwähnt habe) das, was in den jüdischen Schriften Yon Titus 
erzählt wird. Im Midrasch (Bereschith B., S. 10)heisstes: ^Auch 
anscheinend überflüssige und unnütze Geschöpfe dienen als Yoll- 
strecker des göttlichen Willens, so die Schlange, der Frosch, 
die Mücke'\ Es wird hierauf unter Andrem ausführlich erzählt, wie 
Titus, nachdem er in frecher Weise das Allerheiligste im Tempel 
entweiht und Gott gelästert hatte, auf See ging. Als sich ein 
Sturm erhob, sagte er: i»Es scheint, der Gott der Juden ist nur 
mächtig auf dem Wasser*'. Da rief ihm eine Himmelstimme zu : 
»O du Gottloser, das kleinste unter den Geschöpfen, die ich er- 
schaffen, wird dir nach deinen Handlungen vergelten". Alsbald befahl 
Gott dem Meeresfürsten (Q'i ^^ "H^) > ^*ss er den Sturm auf- 
hören lasse; auf dessen Quos ego hin ward das Meer ruhig. Als 
Titus nun wieder in Bom war, wo ihm alle Grossen huldigten, 
kroch ihm, als er aus einem Becher Wein trank, eine Mücke in 
die Nase und von da in sein Gehirn und nagte an demselben. 
Yor seinem Tode befahl er , seinen Kopf zu spalten , um zu sehen , 
womit der Gott der Juden sich an ihm gerächt hatte. Als die 
Aerzto das gethan hatten, fand man die Mücke, die so gross 
geworden war wie eine Taube und zwei Pfund wog. 



99 

Diese an mehreren Midraschstellen (Aboth d. B. Nathan, ed, 
Schechter, 10^ fg. ; M. Tanchuma zu Num. 19, 2, ed. Buber, 50», und 
an andren von Buber und Schechter angeführten Stellen) vorkom- 
mende Erzählung wird — in etwas rerschiedner Form — auch im Tal- 
mud (Gittin, 56^) erzählt. Hier heisst es unter Andrem, dass Titus den 
Vorhang des Allerheiligsten im Tempel mit seinem Schwerte durch- 
bohrte und als (durch ein Wunder) Blut aus demselben floss (oder 
siekerte t^3Jf30) , glaubte Titus den Gott der Juden getödtet zu 
haben. Darauf legte er alle Tempelgefasse auf den Yorhang , rollte 
diesen zusammen und begab sich damit zu Schiffe, um in seiner 
Stadt sich seines Sieges zu rühmen. (Bekanntlich figuriren. mehrere 
Tempelgefasse auf den Triumphbogen des Titus.) Wie an den bereits 
angeführten Stellen fordert auch hier , während eines Seesturmes , 
Titus den Gott der Juden zu einem Kampfe zu Land heraus, 
worauf die Himmelsstimme ihn zu einem Kampfe gegen das kleinste 
Landgeschöpf , die Mücke , herausfordert. Kaum hatte er das Land 
betreten, als ihm auch in der That eine Mücke in die Nase kroch 
und sieben Jahre lang an seinem Gehirne nagte. Es wird nun 
femer erzählt , er sei einst an einer Schmiedewerkstätte vorüber- 
gegangen , und da habe die Mücke geruht ; darauf habe er sich 
jeden Tag einen Schmied kommen lassen , der vor ihm hämmerte. 
Dieses Mittel bewährte sich aber nur 30 Tage lang; von da an 
war die Mücke das Hämmern schon gewohnt und kümmerte sich 
nicht weiter darum. 

Der Talmud hat eine besonder Yorliebe für numerische Grup- 
pirungen; mehrere derselben kommen im 5. Capitel der Pirke 
Aboth vor. Um nun die Frömmigkeit und Gottergebenheit Abra- 
ham's anschaulich zu machen , wird gesagt , dass er zehn Prüfungen 
zu bestehen hatte, und zwar im Allgemeinen ohne nähere An- 
gaben darüber. Im Buche der Jubiläen (1. c, III , p. 13. 15. 80) 
werden einzelne dieser Prüfungen namhaft gemacht und die Be- 
erdigung Sarah's als die zehnte genannt. Alle zehn werden von 
Maimonides und Bertinoro in den Commentaren zur erwähnten 
Mischnahstelle aufgezählt, wie ebenso in den Aboth d. B. Nathan, 
ed. Schechter, 47^, und in den Pirke E. Elieser , c. 26—31 (in 
welchen beiden Schriften auch sonst vielfach numerische Gruppi- 



100 

rangen Yorkommen) , wälche letztere Stellen bei Fabricius (1. c, 
I, 398) mitgetheilt werden. Diese Aufzählungen yariiren aber in 
einzelnen Angaben. Auch Ephräm Syrus (Opp., I, 172, und bei 
Lagarde , 1. c., p. 133) zählt die zehn Yersuchungen des Abraham 
der Beihe nach auf, welche Aufzählung am Meisten noch mit der 
in den Pirke B. Eliezer übereinstimmt. 

Auch im ]S!or&n (Sur. 2, 118) heisst es, dass Gott Abraham 
geprüft habe, was aber you Bai4&wi z. St. (I, a)*, 16 fg.) auf 
(zehn) Beligionsgebräuche bezogen wird (cf. ZDMG«, YI, 58, 
Note 1). Überhaupt aber tritt bei den Arabern das, was Abraham 
zu erleiden hatte, durchaus in den Hintergrund in Vergleichung 
mit dem, was er that und was er war. Nach Mohammad (oder 
auch vor Mohammad) ist Abraham die wichtigste Person ; Abraham 
war der erste Moslim. Mohammad ist nämlich fortwährend bemüht 
nachzuweisen, dass der lBld,m durchaus keine neue Beligion sei, 
dass er vielmehr mit der Thora und dem Eyangelium überein-» 
stimme, eine Fortsetzung derselben sei. 

Zu dieser Identifizirung des Isld,m mit dem Mosaismus gehört 
der von späteren arabischen Autoren gegebne Nachweis, dass 
Mohammad in der Bibel erwähnt wird. Zunächst is es die Stelle 
Deut., 33, 2 , die in diesem Sinne gedeatet wird. In den jüdischen 
Schriften (Jalkut, Deut., § 951, fol. 310»»^, nach Sifri und M. 
Tanchuma, of. M. Tanchuma zu Deut., 33, 2, ed. Buber, p. 54) 
werden die an dieser Stelle vorkommenden geographischen Benen- 
nungen ^J'iQ , "T^y^ ) l'HND ' *^^ Israel , Edom und Ismael be- 
zogen und dahin gedeutet, dass Gott auch den beiden andren 
Yölkern die Thora geben wollte, diese aber sie nicht annehmeü 
wollten, oder auch dahin, dass die Thora gleichzeitig auch in 
der Sprache Edom's (Bom^s) und IsmaePs offenbart worden sei , wie 
auch in der aramäischen Sprache. |*nND ^^^^ ^^^ Ismael bezogen 
mit Hinweis auf die Stelle : »Er wohnte in der Wüste l'HJ^O", Gen., 

21, 21. Dieselbe Pentaieuchstelle wird nun auch von den arabischen 
Autoren in ähnlichem Sinne gedeutet. Nachdem z. B. Abü'l-Farag 
(Bist, dyn., p, 161) die Meinung der Araber angeführt, dass Mo- 
hammad von Ismael herstamme , führt er ferner (p. 165) die Meinung 
der islamischen Gelehrten an, dass derselbe schon in der Thora 



101 ■' • : . 

-' - _ j 

(an der erwähnten Stelle , Deut., 33, 2) erwähnt und auch Ps., 50, 2, 
und Joh., 16, 7, vorherverkündet werde (cf. Pococke, Specimen hißt. 
Arab. , p. 6. 14 , und die Noten , p. 174. 188). Dieselbe Deutung 
der Pentateachs teile findet sich auch bei andren Autoren , bei Sah- 
rastS.ni (ed. Cureton , p. \Xö , iH) , welchen Autor auch Pococke an- 
anführt, bei Jaküt s. v. qI^U (III, At*^f ) , Dimi^kl (ed. Mehren, 
p. y\y) und Btrünl (ed. Sachau, p. II, Z. 15 fg.). Sowie nun Mo- 
hammad der Letzte der Propheten ist (d. h. mit Bezug auf seine 
Sendung; der Existenz nach war er der Erste der Propheten; 
cf. Pococke, 1. c., p. 173), so ist nicht Moses, sondern Abraham 
der Erste der Propheten , der eigentliche Verkünder und Vorläufer 
Mohammad's , und so wird denn die Beligion Abraham's , Diu Ibr4- 
htm (aj^U^ XLe) , mehrfach im i^orän erwähnt , wie Sur* 2, 124 ; 
16, 124 ; 22, 77. Zu ersterer Stelle , an welcher es heisst, Abraham 
sei kein Götzendiener (Polytheist, ^^Jm ^J^ ^Ji Uj) gewesen, 
bemerken ZamaMarl (I, vöö) und Bai4£i.wi (I, öt**!), dass die Korei- 
schiten behaupteten, dass sie der Religion ihres Vaters Abraham 
angehörten; an der zweiten Stelle sagt Mohammad, die Beligion 
der Gläubigen, seiner Anhänger, sei die Religion ihres Vaters 
Abraham. Zu Sar. 3, 22 , woselbst es heisst , dass das Buch Gottes 
hätte entscheiden sollen, ob die »Besitzer der Schrift" im Rechte 
seien, dass sie aber von dieser EntscheiduDg nichts wissen woll- 
ten — zu dieser Stelle bemerken beide Erklärer (1 , 11^ und I, tf 1) , 
es beziehe sich das darauf, dass Mohammad einst in eine Schule 
i{j**j>^) der Juden eingetreten sei; als man ihn fragte, welcher 
Religion er angehöre, antwortete er: »Der Religion Abraham's" 
(^^^j^^ cß"^ ^}^) ' ^^^ sagten , Abraham sei ein Jude gewesen , 
worauf Mohammad sagte, sie sollten zur Entscheidung die Thora 
herbeibringen, was sie aber nicht wollten. 

Abraham steht schon als -Nomade und Beduine in einem ge- 
wissen wahlverwandtschaftlichen Verhältniss zu den Arabern, und 
er kann so auch ihr Vater genannt werden — namentlich nach 
der umfassenden Bedeutung des Wortes v.^i , |[)^ in den semitischen 
Sprachen. Noch entschiedner , d. h. Verwandtschaft im eigentlichen 
Sinne des Wortes, ist das Verhältniss zu Ismael, der als Stamm- 
vater der Araber betrachtet wird. Der Zusammenhang des Isl4m 



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102 



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mit dem Din Ibrahim gibt sich aber namentlich darin knnd , dass 
Abraham und Ismael als Erbauer (oder Neubegründer) der Eaba 
dargestellt^ werden. Mekka, das alte Nationalheiligthum und zu- 
gleich der Centralpunkt der verschiednen arabischen Stämme , bildet 
so zugleich die Vereinigung ^wischen dem Islam und dem Dln 
Ibrahim, zwischen Abraham und Mohammad, nur dass Letzterer 
die der Eaba anhaftenden heidnischen Elemente entfernte , um den 
Din Ibrahim in seiner ursprünglichen Eeinheit herzustellen, übrigens 
hatten die Araber — wie Erehl bemerkt (Das Leben des Moham- 
med , p. 97. 367) — schon in der vorislamischen Zeit eine Kunde 
Yon Abraham, mit welchem sie den Bau der Eaba und die dabei 
vorkommenden Ceremonien in Verbindung brachten ; die "Wallfahrt 
nach Mekka , dieses fundamentale Beligionsgesetz des Islä,m, war 
also zugleich eine Amalgamirung der »Zeit der Unwissenheit" 
(jüJL^Lil) mit dem Islam , welcher letztere dadurch als autochthon- 
nationale Beligion erscheint. 

Aber auch Abraham's Frau Sarah tritt in den Hintergrund vor 
ihrer Magd Hagar , so wie Ismael die Stelle Isaak's einnimmt. 
In den jüdischen Schriften (Bereschith B., S. 45 ; Baschi und jerus. 
Targum zu Gen., 16,1; Pirke B. Eliezer, c. 26) heisst es, dass 
Pharao nach dem Ereignisse mit Sarah (Qen. , 12 , 14 fg.) der- 
selben seine eigne Tochter zum Geschenk gemacht habe , damit 
sie ihr diene. Bei Abü'1-Fara^ (Hist. dyn,, p. 21) und im »Bienen- 
buch" (p. 41) wird ebenfalls erzählt, dass Pharao Hagar als Ge- 
schenk der Sarah übergab ; ebenso bei Abü'1-Fida (l. c. p. 22) , 
bei Letzterem mit dem Zusätze, Hagar sei eine Dienerin (^ü L:>) 
Pharao's gewesen. Bei Tabari (I, ri\) und Ibn el-Atir (I, vV) 
wird ebenfalls — wie in den jüdischen Schriften sagenhaft aus- 
geschmückt — die Geschichte von Pharaoh und Sarah erzählt ^ 
wie Abraham Letztere für seine Schwester ausgab (was auch eigent- 
lich wahr gewesen sei , da sie seine Schwester im Islam — gleich, 
sam Glaubensschwester — war) und wie schliesslich Pharao die 
Hagar , die eine koptische Sklavin war , der Sarah zum Geschenke 
machte ; zugleich wird im Namen des Abu Horeira ein Ausspruch 
des Propheten angeführt, wonach derselbe mit Bezug auf Hagar 
gesagt habe: »Und dast ist eure Mutter, o ihr Söhne des himm- 



103 

lischen Wassers!" (des Begens — eine auch sonst Yorkommendo 
Bezeichnung der Araber.) 

Flüchtig anknüpfend an die biblische Erzählung Yon der Ver- 
«tossung Hagar^s (Gen., 21, 9 fg.) hat sich bei den Arabern ein 
eigner Sagenkreis gebildet, der sich — zugleich mit vielfacher 
Beziehung auf Mekka und das heilige Haus — um Hagar , Ismael 
und Abraham gruppirt, und der durchaus selbständig und unab- 
hängig von den jüdischen Erzählungen ist, mit welchen diese 
Sagen sogar öfter im Widerspruche sind. 

Eine Hauptstelle für die wichtige Rolle Abraham's im Isl&m 
ist Sur. 2, 118 — 126. Hier sagt Gott zu Abraham, er habe ihn 
zum Imd,m erkoren , d. h. zum Yorbild für Andre , die in seinen 
Wegen wandeln sollen, und dass das Haus — das Haus x^r* 
i^oxiiv, die Kaba, wie die Erklärer z. St. bemerken — ein Ort 
der Yereinigung und ein Asyl , und der Makäm IbrS.htm ein Betört 
sein solle. Unter dem Makäm Ibrähtm ist , wie ZamaljiSart (I , Ut^ 
und Bai4d,wt (I, aI*^) bemerken, nach einer Meinung der Stein 
gemeint , auf dem Abraham stand , als er die Eaba baute oder als 
er die Leute zur Wallfahrt aufforderte , und auf welchem die Spur 
seines Fusses sichtbar ist ; nach Andren ist darunter das Gebiet der 
Eaba, das IJardm, zu yerstehen ; Andre wiederum geben andre 
Erklärungen. Ferner wird (Ys. 121 fg.) erwähnt, wie auf Gottes 
Geheiss Abraham und Ismael den Grundstein des Hauses legten 
und zu Gott beteten , er solle auch ihre Nachkommen zu Muslims 
machen und aus denselben Einen senden, der sie im Buche (im 
?!orän) und in der rechten Lehre unterweise und sie (von der 
Abgötterei) reinige. Dieser Eine ist natürlich — wie Zamah^ari 
und Bai4ä>wt z. St. bemerken (I, Uö und Ij ^f) — Mohammad, 
der von sich selbst sagte : »Mich hat mein Yater Abraham erfleht 
und mein Bruder Jesus verkündigt". 

In der »die Wallfahrt" (^^) genannten (22.) Sure heisst es 
(Ys. 27 fg.) , dass Gott dem Abraham den Ort des heiligen Hauses 
zum Aufenthalt anwies — wie Zamahsart (II, If) und Bai4«twt 
(I, It**!) z. St. bemerken, war das ursprüngliche Haus bei der 
Sintfluth in den Himmel entrückt worden , und Gott Hess nun durch 
einen Geist Abraham wissen , wo dasselbe gestanden , um dort das 



104 

neue Hacw zu gründen — und ihm befahl, die Menschen zur Wall- 
fahrt nach Mekka aufzufordern. Beide Erklärer führen hierzu als 
Tradition an ((^v) , Abraham habe , auf diesen Befehl hin , den 
Berg Abu Eobeis (bei Mekka) erstiegen und habe ausgerufen : 
»O ihr Leute , wallfahrt nach dem Hause eures Herrn I" und dass 
dieser Ruf von allen Menschen im Osten und im Westen gehört 
worden sei, auch von denen, die noch im Mutterleib waren. 

Die biblische Erzählung von Hagar und Ismael (Gen., 21, 14) 
wird von den arabischen Autoren dramatisch-poetisch ausge- 
schmückt , so zwar , dass sich die Perspective auf die spätere welt- 
beherrschende Macht der Araber eröffnet; statt des Q*1N( (^IS) 

dessen Hand gegen Alle wie die Hand Aller gegen ihn (Gen. 16, 
12) , statt des einfachen Wüstenbewohners und Bogenschützen 
(21, 20) sieht man ein kriegerisches Yolk, das den Glaubenssatz 
s\i\ JLm. ^\4>^^ »SJi\ '^^ ifi\ '^ bis in die fernsten Länder trägt und 
ihm mit dem Schwerte Eingang verschafft. Insofern erinnert die 
arabische Sage an die biblische Yerheissung: sich werde Ismael 
zu einem grossen Volke machen*' (Gen., 17, 20 ; 21, 18). 

An einer andren !^ord,n8telle (Sur. 14, 38 — 42) wird ein Gebet 
Abraham's erwähnt , in dem der Satz vorkommt (Ys. 40) : )»0 Herr , 
ich habe Einigen aus meiner Familie ein unfruchtbares Thal zum 
Wohnort angewiesen , nahe deinem heiligen Haase , damit sie dem 
Gebete obliegen ; gieb , o Herr , dass die Herzen der Menschen 
ihnen geneigt seien I" Hierzu gibt Bai(|d,wt (I , f it*^ die Erklärung, 
dass hier das steinige und unfruchtbare Thal von Mekka gemeint 
sei. Als nämlich Sarah ihre Sklavin Hagar dem Abraham gegeben 
hatte und diese den Ismael gebar , beneidete Sarah sie und beschwor 
Abraham, Hagar mit ihrem Sohne fortzuschicken; er schickte sie 
nach dem Lande von Mekka; Gott Hess allda die Quelle Zemzem 
entspringen. Als die Gorhomiten sahen, dass die Yögel dorthin 
flogen , sagten sie : »Nur da, wo Wasser ist , sind Yögel"; sie gingen 
also hin , und als sie die Quelle sahen , sagten sie zu Hitgar : »Lass 
uns Theil haben an deinem Wasser, und du sollst Theil haben 
an unsrer Milch", welchen Yorschlag sie auch annahm* 

Bei AbüU-Fidd, (Hist. anteisl. , p. 26) wird erzählt : »Nachdem 
Sarah den Isaak geboren hatte, empfand sie Neid gegen Hagar 



105 

und sagte wiederholt zu ihrem Manne : » Schicke Ismael und seine 
Matter fort, denn der Sohn der Sklavin soll nicht mit meinem 
Sohne erben" (cf. Gen., 21, 10). Endlich brachte sie Abraham dahin, 
.dass er Ismael und seine Mutter nach Mekka brachte. In der 
Nähe wohnten die G-orhomiden, die mit Ismael einen Freund- 
schaftsbund schlössen ; er nahm aus ihnen eine Frau , die ihm 12 
Söhne gebar (cf. Gen. 17, 20). Dasselbe erwähnt Abd'l-Fid4 an 
einer andren Stelle (p. 190 fg.) zur Erklärung des Ursprunges der 
Benennung «die eingebürgerten Araber". Hier wird hinzugefügt, dass 
Gott zu Abraham gesagt habe , er solle der Sarah gehorchen und 
dass Er für Ismael sorgen werde, dass Abraham hierauf Kagar 
und Ismael nach Mekka führte, wobei die oben erwähnte ]^ord,n- 
stelle (14, 40) angeführt wird. Zugleich wird erzählt , dass Ismael 
eine Frau aus dem Stamme der Gorhomiden nahm, aus welcher 
Verbindung die i> eingebürgerten Araber", die Araber fremden 
Ursprunges — jü^üCmmJ! vyti^ — herstammen , da Ismael , der nur 
Hebräisch sprach, sich in Sitte und Sprache arabisirte. 

Unter Anführung derselben Korinstelle (14, 40) wird bei f^bari 
(I , Tvi , Xt^) und Ibn el-Atir (I , vl*^ — bei Ersterem wie gewöhnlich 
nach yarriirenden Traditionen und Yersionen — erzählt, dass 
nachdem Sarah die Hagar nicht in ihrer Nähe dulden wollte, 
Gott zu Abraham sagte , dass er sie mit ihrem Sohne nach Mekka 
bringen solle , woselbst damals noch keine Vegetation war (so bei 
Ibn el-Attr c^-^i «Ajyoy. L^ tT^^) hei Tabari i^kein Haus", 
c>ua). Abraham führte sie also nach Mekka , an eine Stelle unweit 
der (jetzigen) Quelle Zemzem. Da sprach Hagar zu ihm: )» Wer hat 
dir befohlen, o Abraham, dass da uns in einem Lande zurück- 
lassen sollst, in dem weder Acker noch Vieh {f-fo ^^ c .; "bi) , 
kein Wasser, keine Nahrung und kein Freund ist?" Abraham sagte: 
»Gott hat es mir befohlen", worauf Hagar: »Er wird uns nicht 
yerlassen und uns nahe sein". Es ist das also die nähere Erklärung 
von Sur. 14, 40 , welche Stelle — gewissermassen als Text — • 
hier wiederholt wird. Es wird hierauf ferner erzählt, wie Ismael 
Durst empfand und mit dem Fusse auf den Boden stampfte. Hagar 
entfernte sich und erstieg den Berg Safä , um zu sehen , ob sie 

dort Etwas (eine Quelle oder einen Menschen) fände ; da sie Nichts 

• 14 



106 

fand , kehrte sie zurück ; hierauf ging sie nach Merwa , wo sie sich 
wiederum nach allen Seiten hin umsah und wiederum yergeblich. 
Das that sie sieben Mal und dieses ist der Ursprung des i» Laufes" 
(^juyjt, das siebenmalige Hin- und Herlaufen yon Saf4 nach Merwa^ 
eine der Wallfahrtsceremonien). Als sie zuletzt zu Ismael zurück- 
kehrte , war an der Stelle , wo er mit dem Fusse auf den Boden 
gestampft hatte, eine Quelle entsprungen — die Quelle Zemzem. 
Es wird nun — ebenso wie bei Bai4äwi — erzählt , wie die Gorho- 
miden dorthin kamen und wie Ismael nach dem Tode seines Mutter 
eine Frau aus ihrem Stamme nahm und die arabische Sprache er- 
lernte , und dass seine Nachkommen die arabisirten Araber — V;^^ 
Ä^jSüuJl — seien, (Cf. Pocock, 1. c, p. 39. 156. 480, an welcher 
letzteren Stelle die oben aus Abü'1-Fidd. angeführte mitgetheilt wird.) 
Dieselbe Erzählung findet sich — mit einigen Einzelheiten , wie 
z. B., dass Hagar zu Ismael zurückkehrte , als sie das Gebrüll 
wilder Thiere hörte — auch bei i^azwtnt (I , \11 , s. v. *j^; j*S) ; 
J^azwtnt hat sie aber wahrscheinlich dem Jakdt entnommen , (II, 
1f t , s. Y. *j^;) , woselbst sie ebenso Yorkommt , indem zugleich 
bemerkt wird, dieses Hin- und Herlaufen der Hagar sei der Ursprung 
des Laufes (^(AaJ!) zwischen Safä und Merwa. Dieselbe Erzählung 
findet sich aber auch — mit einigen Yarianten — bei Bo^&rt (ed. 
Krehl, II, l**fy fg.), und zwar abermals mit Bezug auf Sur. 14, 40. 
Bei T*^*r^ ^^^ I^^ ol-Attr wird ferner eine Überlieferung erwähnt ^ 
wonach der Engel Gabriel den Quell Zemzem herYorsprudelh Hess ; 
nachdem er die umherirrende Hagar zurückgeführt hatte, stampfte er 
nämlich mit dem Fusse auf die Erde , worauf die Quelle entsprang i). 
Bei Ja^]fe:übt, welcher (p. rt* fg.) die Stelle Sur. 14, 40, in der- 
selben Weise wie die angeführten Autoren paraphrasirt und de- 
taillirt, wird erzählt, dass als Ismael dürstete, Hagar fortging, 
um eine Quelle zu suchen, und auch den Berg Saf4 erstieg. Als 
sie hier einen Vogel sah , der zur Erde niederflog , ' kehrte sie 
zurück, und sie sah nun, wie der Yogel mit seinem Fusse die 
Erde aufscharrte, aus der hierauf Wasser herYorsprang. Sie um- 



1) Auch Ibn Ezra zu Gen., 16, 14, erwähnt den Brunnen DIDT- (DIDT ^^ ^^^ 
Druckfehler ) 



107 

gab dasselbe mit einem kleinen Damm , damit es nicht fortfliesse — 
und das ist die Quelle Zemzem. 

Bei all den erwähnten Autoren, wie auch bei Mas'üdt, bei 
dem (III, 91) sich dieselbe Sage findet, folgt auf die Erzählung 
von der Entstehung des Zemzem und von IsmaePs Yerheirathung 
die gemüthliche Erzählung , wie Abraham den Ismael besuchte 
oder vielmehr besuchen wollte. 

Abraham — so wird erzählt — bat Sarah um Erlaubniss , Ismael 
zu besuchen (nach der Meinung Einiger lebte Hagar damals nicht 
mehr) ; sie gestattete es ihm , aber unter der Bedingung , dass er 
nicht absteige (nach Einigen ritt er auf dem Wunderpferde Borak, 
nach Andren auf einer Eselin, wieder nach Andren war es ein 
andres Beitthier). Als er nun bei IsmaePs Wohnung ankam , traf 
er nur dessen Frau (Mas'üdt gibt auch ihren Namen an). Er- 
grüsste sie, sie erwiederte aber den Gruss nicht; es fragte sie 
nach ihrem Manne , sie sagte , er sei auf die . Jagd gegangen. 
Darauf fragte er sie, ob er in ihrem Hause gastliche Aufnahme 
finden könne. »Nein, bei Gottl" erwiederte sie. Abraham sagte hier- 
auf zu ihr : »Wenn dein Mann nach Hause kommt , so grüsse ihn von 
mir (j»XMJt xJLfi (^'^tJ»!) und bemerke, ich liesse ihm sagen, er solle die 
Schwelle (X^ää) seines Hauses mit einer andren vertauschen". Darauf 
entfernte er sich. Als nun Ismael zurückkehrte, merkte er, dass 
Jemand da gewesen (nach Mas'üdt erglänzte das Thal wie im 
Schein der Morgenröthe) , und er befragte seine Frau desshalb. 
Sie sagte , es sei ein alter Mann da gewesen , der so und so aus- 
gesehen , und zwar sagte sie das leichthin , in geringschätzender 
Weise. Da fragte Ismael : »Und was hat er gesprochen ?" Sie sagte 
ihm das, was ihr Abraham zu sagen aufgetragen hatte. Darauf 
sprach Ismael : »Das war mein Vater , der Freund Gottes , der mir 
damit sagen lässt , dass ich dich entlassen soll. Kehre also in das 
Haus deiner Vaters zurück". 

Und abermals bat Abraham Sarah um Erlaubniss, Ismael be- 
suchen zu dürfen, und sie gestattete es unter derselben Bedingung 
wie früher. Als Abraham dort ankam, traf er nur die Frau an. 
Er grüsste sie , sie erwiederte seinen Gruss in freundlicher Weise 
(Mas'üdi sagt auch , wie diese Frau geheissen). Er fragte sie nach 



108 

ihrem Manne , sie sagte : »Er ist anf die Jagd gegangen , er wird 
aber bald zurückkehren , so Gott der Erhabne will ; aber so steige 
doch ab, und es segne dich Gott !^' Er fragte sie hierauf, ob sie ihm 
Etwas zu essen geben könne , Brod oder Weizen , oder Gerste oder 
Datteln; sie brachte ihm hierauf Milch und Fleisch , und Abraham 
erflehte Gottes Segen über diese Speisen. Hätte sie damals die von 
Abraham genannten Nahrungsmittel gebracht , so wäre jetzt noch 
das Land Gottes mit diesen Erzeugnissen gesegnet. Sie sagte hier- 
auf zu Abraham , er möge doch absteigen , damit sie seinen Kopf 
wasche (um ihn vom Staube zu reinigen) da er das aber nicht 
wollte , so brachte sie einen Stein herbei , auf welchen er seinen 
rechten Fuss setzte. Sie wusch seinen Kopf zuerst auf der rechten 
dann in derselben Weise auf der linken Seite , und auf dem Steine 
blieb die Spur seines Fusses sichtbar. (Es ist das der Mak4m Ibrahim 
genannte Stein. Abraham sagte ihr , ihn aufzubewahren , da man 
denselben dereinst verehren werde — so bei Mas'üdt.) Darauf sagte 
Abraham zu ihr: ^Wenn dein Mann nach Hause kommt, so grüsse 
ihn von mir und sage ihm in meinen Namen , er solle die Schwelle 
seines Hauses wohl hüten , eine bessere gäbe es nicht. Darauf kehrte 
er nach Syrien zurück. Bei Bohart antwortet die erste Frau auf 
Abraham's Frage, wie es Ismael und ihr gehe (SUaa^^ S^A^ (^) • ü^s 
geht es schlecht, wir leben in Noth und Bedrängniss", wogegen 
die zweite Frau auf dieselbe Frage antwortete : »Uns geht es sehr 
gut , wir sind glücklich und leben in Überfluss". Als Ismael nach 
Hause kam , fragt er seine Frau , ob Jemand da gewesen sei , 
worauf sie antwortete : »Ja gewiss (ajü) , es war ein alter Mann 
da , der schönste aller Menschen ; er sagte das und das , und ich 
sagte das und das , und ich habe ihm den Köpf gewaschen , und auf 
dem Stein ist noch die Spur seines Fusses , und er hat mir aufgetra^ 
gen, dich zu grüssen und dir zu sagen, die Schwelle deines Hauses sei 
jetzt vortrefflich". Ismael sagte ihr darauf, dass das sein Vater war 
und was er mit der Vortrefflichkeit der Schwelle habe sagen wollen. 
Auf diese Erzählung von Abraham's Besuch bei Ismael folgt 
bei Tabart und Ibn el-Attr die von der Erbauung des heiligen 
Hauses, und zwar ausführlicher als an der oben angeführten 
Stelle Baidä,wi's. Nach dieser Begebenheit (dem Besuche Abr^- 



109 

ham^s) — 80 wird erzählt — befahl Gott dem Abraham, das 
heilige Haus zu erbauen , und um ihm die Ausführung dieses Be- 
fehls zu erleichtem, schickte er ihm die Sakina (äÜLxX^t); es ist 
dieses ein heftiger und verheerender {•^•r^) Wind mit zwei Köpfen. 
Mit diesem ging Abraham, bis sie an den Ort kämen, wo die 
Sakina Halt machte und wo also das Haus errichtet werden sollte. 
Andre sagen , dass Gott ihm eine Art Wolke schickte , die einen 
Kopf hatte und die zu Abraham sagte : i>Baue das Haus in der 
Grösse des Schattens, den ich werfe, nicht mehr und nicht weniger". 
Es ist das die Überlieferung Alfs; nach Andrer Meinung war Gabriel 
sein Führer.. Als Abraham nach Mekka kam, fand er daselbst Ismael 
und er sagte zu ihm: »O Ismael, Gott hat mir befohlen , ihm ein 
Haus zu bauen und dass du mir dabei behüflich sein sollst". Da 
sagte Ismael : »Ich bin gerne dazu bereit". Abraham begann hierauf 
den Bau , wobei ihm Ismael die Steine zutrug. Später sagte Abraham 
zu Ismael : ^Bringe mir einen schönen Stein , den ich zum Eckstein 
nehmen kann , damit er den Menschen zum Merkmal diene". Hier- 
auf rief der Berg Abu Eobais ihm zu : »Der Stein ist für dich 
bei mir aufbewahrt"; nach Andren sagte ihm Gabriel, wo der 
schwarze Stein sei. Abraham nahm ihn und setzte ihn an seinen 
Ort. Jedesmal aber, wenn Abraham und Ismael sich mit dem Bau 
beschäftigten, beteten sie zu Gott: »O Herr, nimm Dieses von 
uns an, denn du bist der Hörende, der Wissende" (Sur. 2, 121). 
Als nun der Bau vollendet war , sagte Gott zu Abraham , er solle 
als Mueddin die Menschen zur Wallfahrt rufen ((j^Uü J, ^Jy ^1). 
Da sagte Abraham : »Wie sollte mein Euf bis zu ihnen gelangen ?" 
Darauf sprach Gott : »Dafür werde ich Sorge tragen , rufe du nur 
zur Wallfahrt". Da rief Abraham aus: »O ihr Menschen, Gott 
befiehlt euch zum hehren Hause (oUääJ^ vi>^xJI) zu wallfahren I" 
Und Das hörte Alles zwischen Himmel und Erde und auch die 
üngebomen , die noch im Mutterschosse waren , und sie antwor- 
teten: »Hier! Wir sind bereit!" (Labbeika! Labbeika! Es ist dieses 
das bekannte w:^^) äUJ' ^«^^^ ? d^s auch heute noch viel tausend- 
fach ertönt , wenn die Wallfahrer den Weg von Min4 nach ^Arafa 
zurückgelegt haben und an letzterem Orte angelangt sind ; cf. 
Pozy, Het Islamisme, p» 97, Übersetzung, p. 147). Daraufgingen 



110 

Abraham und Ismael am Tage Al-Tarwijja (sLj^jJiL^) nach dem 
Wallfahrtsorte Min4, und sie beteten daselbst das Mittagsgebet 
(^^i) , das Yespergebet (yoitll) , das Gebet bei Sonnenuntergang 
i^jiX^) und das Nachtgebet (By>'bi1 ^Uxjtlt). Es werden hierauf noch 
die andren ' Wallfahrtsorte erwähnt , die Beide besuchten , indem 
sie zugleich die vorgeschriebenen Wallfahrtsceremonien yoUzogen , 
und die verschiedenen Gebete verrichteten. Zugleich wird als Tra- 
dition angeführt , dass Mohammad gesagt habe, Gabriel habe Abra- 
ham alle einzelnen Wallfahrtsceremonien gelehrt. 

In den bereits angeführten Erklärungen zu Sur. 22, 27, heisst 
es mit Bezug auf den von Gott gesandten Wind (nach Zamajb^art 
hiess er — ^^Ul , wahrscheinlich so viel wie Wirbelwind) , der- 
selbe habe den Platz des ursprünglichen heiligen Hauses dadurch 
bezeichnet, dass er die ganze [Jmgebung desselben wegfegte. Zu 
Sur. 2, 121, bemerkt Zama^äari, das heilige Haus, auch c>^) 
,^^t , das oft besuchte , genannt (so auch Sur. 52, 4) , sei zur Zeit 
der Sintfluth in den vierten Himmel entrückt worden , und dass 
Abraham auf Gottes Geheiss es neu erbaute , wobei Ismael ihm 
die Steine zutrug ; die ursprüngliche ^Stelle habe ihm Gabriel ge- 
zeigt. Nach Andrer Meinung schickte Gott eine Wolke, wobei 
dem Abraham gesagt wurde , genau nach dem Umfang ihres Schat- 
tens das neue Haus zu bauen. 

Die Erzählung , wie Abraham und Ismael das heilige Haus erbau- 
ten und dann die verschiedenen Wallfahrtsceremonien verrichteten , 
findet sich auch bei Ja'^dbt (p. ff fg.) ; von den letzteren wird auch 
die Benennung der Wallfahrtsorte 'Arafa und Muzdelifa (^sJo^l) 
so wie die des Jaum al-Tarwijja genannten Tages (xi^Jiit) abgeleitet. 

Auch bei Jäküt (s. v. ^ajJi^, IY, f/\., Y^t) wird erzählt, dass 
die Ea'ba von Abraham neu erbaut wurde und zwar nach Anwei- 
sung der Sakina in Gestalt einer Wolke , und dass Gabriel ihn 
alle Wallfahrtsceremonien lehrte. Als sie — heisst es femer — 
nach Mtnd kamen , zeigte sich Iblts dem Abraham ; da sagte Gabriel 
zu ihm : »Werfe mit Steinen (Kieselsteine oLmo^ , die auch jetzt 
noch bei dieser Ceremonie verwendet werden) nach ihm , was 
Abraham siebenmal that, worauf Iblis entfloh; dasselbe wieder- 
holte sich an zwei andren Orten. Diese Coremonie des Werfens 



111 

mit kleinen Kieselsteinen (X*^ ^^0 > ^i© schon in vorislamischer 
Zeit in Gebrauch war , wird auch von andren Autoren auf Abraham 
zurückgeführt (Pococke , 1. c. p. 29. 303. 306). 

Statt Isaak tritt so Ismael überall in den Yordergrund ; er 
wird im Kord,n unter den Erzvätern und Propheten aufgezählt, 
wozu Geiger in seiner Preisschriffc (p. 131 fg.) die einzelnen Bjeleg- 
stellen anführt. Dasselbe geschieht natürlich auch bei den späteren 
Autoren. So wird z. B. bei J&küt (s. v. (j^v^Aäi^, IV, öT) der Traum 
Jakob's (Gen., 28, 12 fg.) mit den Worten erzählt: .... >ünd er 
sah im Traume eine Leiter , deren Spitze bis an das Thor des Him- 
mels reichte , und die Engel stiegen auf derselben auf und nieder, 
und Gott oJQPenbarte sich ihm und sprach : Ich bin Gott und kein 
Gott ist ausser mir , ich bin dein Gott und der Gott deiner Yäter 
Abraham, Ismael und IsaaV u. s. w. Ein andres Beispiel bietet die 
sogleich anzuführende Stelle Zamah^art's. 

Kach der (oben erwähnten) ]S!oranstelle (37, 81 fg.), an welcher 
von Abraham und den Götzendienern die Bede ist, wird ferner 
(Vs. 98 fg.) erzählt , wie Araham Gott um einen tugendhaften Sohn 
gebeten habe, und wie ein solcher (eigentlich ein verständiger) 
ihm verheissen ward. Als dieser — heisst es ferner — das gehö- 
rige Alter erreicht hatte , sagte Abraham zu ihm : »O mein Sohn , 
ich habe im Traume gesehen, dass ich dich opfern soll — was 
ist deine Meinung?" Der Sohn antwortete: »O mein Yater, thue 
was dir befohlen wurde , du wirst mich , so Gott will , geduldig 
finden" (^^LaJI ^y% äIK ^Lä ^I ^3cX.;^U^). Nachdem Beide sich so 
in Gottes Willen ergeben hatten und als Abraham seinen Sohn 
auf das Gesicht gelegt hatte, um ihn zu schlachten, riefen wir 
ihm zu: ]»0 Abraham, du hast bereits den Traum erfüllt .... und 
wir lösten ihn aus mit einem kostbaren Opfer" (Ys. 107). 

Wie an vielen andren ]S!or4nstellen herrscht auch hier die Ano- 
nymität ; man weiss nicht , von wem eigentlich die Bede ist, und 
ob Isaak oder Ismael mit dem »Sohn" gemeint sei. Und so sind 
denn in der That bei den späteren Autoren die Meinungen gOr 
theilt, indem sehr Yiele der Ansicht sind, nicht Isaak sondern 
Ismael sei der zum Opfer Erkorene gewesen , wie denn auch ^n-uJsJI 
(der Geopferte) das gewöhnliche Epitheton Ismael's ist. 



112 

Zu der angefahrten i^Loränstelle bemerkt Zama^l^art (II, \t\f)y 
dass Abraham im Zweifel gewesen sei , ob sein Traum eine gött- 
liche Eingebung gewesen , oder ob er vom Satan herrührte , 
und dass erst die zweimalige Wiederholung desselben ihn belehrt 
habe , dass Ersteres der Fall sei. Diese Träume hatte Abraham 
übrigens im Wallfahrtsmonat (^cJ^ yS) , wie denn auch die Namen 
der yerschiednen Wallfahrtstage (^^«ÄJ^ *^, , Kdi^ «y. , .^^i ^.) da- 
mit etymologisch in Verbindung gebracht werden; zugleich wird 
erwähnt , dass der Ort der Opferung in der Nähe des Wallfahrts- 
ortes Min4 gewesen sei (p. W\^). Als Veranlassung zu der Auf- 
forderung wird erzählt, dass als die Engel dem Abraham einen 
Sohn verkündeten , er gesagt habe , derselbe solle Gott geweiht 
sein (p. I^O- -^B dieser nun das gehörige Alter erreicht hatte, 
wurde Abraham zur Erfüllung dieses Gelübdes aufgefordert. Mit 
Bezug auf das Löseopfer wird im Namen des Ibn 'Abbäs angeführt , 
es sei das derselbe Widder gewesen, den Abel (Häbil) geopfert, 
und der seit jener Zeit im Paradiese weidete ; nach einer andren 
Meinung war es« ein Qemsbock (^£^3) , der yom Berge T4bir (bei 
Mekka) herabkam. Dieser Bock (oder Widder) floh vor Abraham, 
der siebenmal Steine nach ihm werfen musste , ehe er ihn ergreifen 
konnte, was der Ursprung des jetzigen Steinwerfens ist (v:;,^jJb3 
j^JI ^ *^), nach Andren warf er die Steine nach Satan, der 
ihn Yon der Opferung abhalten wollte. Als Abraham — heisst es 
ferner — sich zur Opferung auf den Weg machte , sagte er zu 
seinem Sohne: »Nimm ein Messer und einen Strick; wir wollen 
gehen Holz zu holen". Als sie nun in die Nähe des Berges ^ahir 
kamen , sagte ihm Abraham , was Gott ihm befohlen habe. Darauf 
sagte der Sohn: »O mein Yater, binde mich nur recht fest, da- 
mit ich mich nicht sträube , und schlage dein Gewand zurück , damit 
mein Blut es nicht bespritze und meine Mutter bei dessen Anblick 
nicht traure , und schärfe dein Messer , dass es mich schnell tödte , 
denn der Tod ist hart , und grüsse meine Mutter von mir ^J^c Ldt^ 
*Xy»J^ 15^0? ^ßd wenn du willst, so bringe ihr mein Oberhemd 
(ü^) ) vielleicht wird das ihren Schmerz mildern. Abraham sagte : 
»O mein Sohn, mich freut deine Ergebenheit in Gottes Willen". 
Darauf sagte der Sohn : »Wende mich so , dass du mein Gesicht 



113 

nicht siehst ; da möchtest sonst Mitleid mit mir haben , und das 
könnte dich davon abhalten, Gottes Willen za yollziehen — und 
Beide weinten. Als nun Abraham so gethan und das Messer an- 
legte, drehte dasselbe sich um, sodass es mit der Bückseite den 
Hals des Sohnes berührte; auch legte Gott eine kupferne Platte 
um seinen Hals. Zugleich wurde dem Abraham zugerufen : )»0 
Abraham , du hast bereits den Traum erfüllt". Und als er um sich 
blickte, stand Gabriel da mit einem grossgehörnten Widder von 
zweierlei Farbe. Abraham ging hierauf nach dem Schlachtort G^U^) 
bei Minä, um daselbst den Widder zu opfern. 

Hierauf werden die verschiedenen Meinungen angeführt, wie 
nämlich die Einen sagen , Ismael sei der zum Opfer Bestimmte 
gewesen , während die Andren dasselbe von Isaak behaupten. Die 
Ersteren führen als Beweis an, dass Molbammad sich selbst einen 
Sohn der zwei Geopferten (^^--Ä<Ai^ ^() genannt, und auf die 
Frage nach dem Grund dieser Benennung lächelnd geantwortet 
habe , der Eine derselben sei sein Stammvater Ismael , der Andre 

* 

sein Vater ^Abd AUäh ; letzteren hatte Mohammad's Grossvater bei 
einer Gelegenheit zu opfern gelobt , ihn dann aber mit hundert 
Eameelen ausgelöst , die er statt seiner opferte. Ausserdem werden 
noch andre Beweise angeführt, darunter, dass die Israeliten in 
ihren Gebeten Gott als den Gott Abraham's , IsmaePs und Israelis 
anzurufen pflegten, und dass Moses Gott gefragt habe, warum nicht 
auch »Gott Mosis" gesagt werde, da doch Gott auch ihn der An- 
sprache würdigte und ihn sogar zu seinem Gesandten ('Jy^) erwählt 
habe. Darauf wurden ihm von Gott die Verdienste der Erzväter 
aufgezählt und darunter , dass Ismael bereit gewesen sei , sein Leben 
hinzugeben. Als fernerer Beweis wird — und zwar im Namen eines 
zum Islä^m übergetretenen Juden — angeführt , dass die Hörner des 
Widders lange Zeit hindurch an der Ea'ba aufgehängt waren, 
ferner dass die Worte: »Wir verkündeten ihm den Isaak" (Sur« 
37, 112) erst nach der Erzählung vom Opfer vorkommen. Dann wer- 
den die Beweise für die andre Ansicht angeführt (p. IHö) , darunter 
auch , dass Jakob in seinem Briefe an Joseph — welchen Brief 
Zamaljiäart zu Sur. 12, 89 (I , Ivö) vollständig mittheilt — sich selbst 
Sohn Isaaks , des Geopferten (^wuJ vJL^M.t ^1 ^1 J^^^t u^^JixJ q-» 

15 



114 

«Ut ^yA^ r^^y' O^^ ^^ nannte. Die letzteren Beweise werden auch 
im Commentar des Elpherar (bei Geiger , 1. c, p. 133 fg.) angeführt. 

Das hier Erwähnte findet sich zum Theil auch in Bai^^wf s 
Commentar zu Sur. 37, 101 (II, tvö). Mit Bezug auf die Frage, 
ob Ismael , ob Isaak, führt Bai44wl ebenfalls Mohammad's Ausspruch 
an , während er die oben erwähnte Stelle in Jakob's Brief für nicht 
beweiskräftig erklärt. Dass Isaak, nach einer Meinung, der »Ge- 
opferte" sei , erwähnt Bai4äwt nur flüchtig zu Sur. 37, 1 12 (p. Ivl) , 
wo von der Verkündigung Isaak's die Rede ist , indem er sagt , dass 
nach der Ansicht Isaak sei der Geopferte die Yerheissung von Isaak's 
Prophetengabe gemeint sei (ebenso Elpherar bei Geiger, p. 135,N0* 

Bei TaTt)ari (I, rU fg.) und Ibn el-Atir (I, w fg.) folgt auf 
die Erzählung vom Bau des heiligen Hauses die you der Opfe- 
rung , wobei die Einzelheiten im Allgemeinen mit den von Zamah- 
äart gegebenen übereinstimmen, wie auch die Beweise für die 
Person des Geopferten, die unter zwei verschiednen Rubriken 
zusammengestellt werden. Die Frage , die Moses an Gott richtete , 
dient aber hier zum Gegenbeweis, indem als jüdische Gebets- 
formel »Gott Abraham's, Isaak's und Jakob's" angeführt und in 
Gottes Antwort Isaak's Opferbereitwilligkeit hervorgehoben wird; 
ebenso übrigens bei Zamal)^art zu Sur. 38, 19 (II, tfD) , bei ^abari , 
I, ölf, und Ibn el-Attr, I, töl. Unter der Rubrik , dass Isaak der 
zum Opfer Bestimmte gewesen sei, wird auch erzählt, dass, als 
Abraham mit Isaak sich fortbegeben hatte, der Satan zu Sarah 
ging , und zwar in Gestalt eines ihrer Bekannten. Er fragte sie : 
» Wesshalb ist Abraham heute so früh mit Isaak fortgegangen P" 
»Um irgend eine Sache", antwortete Sarah. »Bei Gott", sagte der 
Satan hierauf, »er ist mit Isaak fortgegangen, um ihn zu opfern, 
weil er glaubt, Gott habe es ihm befohlen". Darauf erwiederte 
Sarah : »Das ist sehr schön von Abraham , dass er den Willen seines 
Herrn vollzieht". Dann versuchte er auf dieselbe Weise, Isaak zum 
Ungehorsam zu verleiten , Isaak aber sagte : »Wenn Gott meinem 
Yater Das befohlen hat , so ist es Pflicht , es zu thun". Ebenso wenig 
Gehör fand der Satan bei Abraham. Dasselbe wird nun aber auch 
unter der andren Rubrik erzählt. Als Abraham — so heisst es — 
unterwegs war, gesellte sich Iblts zu ihm, um ihn von seinem 



115 

Vorhaben abwendig zn machen. Abraham aber sagte : »Hebe dich 
weg von mir, Feind Gottes I Wir werden than, was Gott befohlen". 
Dieselbe Antwort erhielt er yon Ismael sowie von Hagar , worauf 
er Yoll Zorn wegging. Alles Übrige wird ebenso wie bei Zamah^ri 
erzählt , nur dass an der Stelle , wo es heisst , Abraham habe auf ^ 
Ismael's Bitte diesen so gewendet , dass er sein Gesicht nicht sah , 

IM 

die entsprechenden Worte Sur. 37, 103 (^^^xa^^U idj^) gebraucht 
werden. Am Schlüsse wird bemerkt, dass nach der Ansicht, es 
sei hier immer yon Isaak die Rede, alles Das sich in Syrien zu- 
tragen habe , nahe bei der Stadt Ilia (ULI , d. i. Jerusalem , Aelia 
Capitolina), während nach der andren Ansicht Mtnä der Ort der 
Handlung gewesen sei. Letzteres findet sich ebenso bei Abü^-Fidä 
(Hist. anteisl., p. 22) und bei Mas'üdt (I, 87). — Dass die Juden 
Isaak , die Araber Ismael f&r dem zum Opfer Bestimmten erklären , 
erwähnt übrigens auch al-Btrünt (p. Yvö). 

Auch in den jüdischen Schriften wird die Opferbereitwilligkeit 
Isaak's besonders herrorgehohen. So wird an der Stelle i^und sie 
gingen Beide miteinander" (Gen., 22, 6. 8) das yvr\^ in den chal. 

däischen Übersetzungen (J^^IPID) ™ Sinne von »einmüthig" (von 
irV^ , nni^) wiedergegeben , und ebenso im Midrasch (Ber. R., S. 
56; M. Tanchuma, ed. Buber,. I, 114) und bei Raschi z. St. ge- 
deutet: »der Eine bereit zum Opfern, der Andre zum Geopfert- 
werden" (nnj;*»^ n?1 DpV^ n?)- ^^ beiden Stellen (sowie an den 
Parallelstellen , die in der Wilnaer Ausgabe der Rabboth , p. 226 , 
und bei Buber angefahrt werden) wird auch erzählt, wie Satan 
zuerst Abraham und dann Isaak abwendig zu machen suchte. Zu 
Letztererm sagt er sehr schlau: i^Alle die Kostbarkeiten deines 
Vaterhauses werden jetzt dem Ismael zufallen". Zugleich wird das 
Sprichwort angeführt : ^^^Q by^"^D iÖJ2 b^V^^\ iÖ 1D,d.h.: 
i>Wenn auch das gesprochene Wort nicht ganz zu Herzen geht, so 
doch die Hälfte (semper aliquid haeret), und darauf angewandt, 
dass Isaak in der That schwankend wurde , bis ihn sein Yater in 
seinem ursprünglichen Entschluss bestärkte. Femer wird erzählt, 
dass Isaak seinen Yater gebeten habe , ihn nur recht fest zu bin- 
den , und ähnlich wie in der arabischan Sage Ismael (oder Isaak) 
sagt: »Der Tod ist hart" (cXjtXä OyJi ^^3), sagt im M. Tanchuma 



116 

Isaak : »Das Leben ist hartnäckig" (J^^^H HDIlin ti^DJÜti^) ? ^^^ 
ebenso wie dort heisst es auch hier in Bereschith R., dass Beide 
weinten, nur dass — so wird hinzugefügt — während das Auge 
weinte, das Herz sich freute , den Willen des Schöpfers zu Yollziehen. 

Dass Isaak seinen Vater gebeten, ihn recht fest zu binden, 
findet sich auch in der Paraphrase des jerus. Targum zu Gen., 22, 10 
sowie in den späteren Midraschim, Pirke R. Eliezer (c. 31) und 
Midrasch Wajoschah (in Jellinek's Beth ha-Midrasch , I, 37) , wo 
derselbe Ausdruck wie im M. Tanchuma (nDlüPI ti^DJÜSi^) ^^^' 
kommt, und zugleich erzählt wird, dass Isaak seinen Vater 
gebeten habe, seine Asche seiner Mutter Sarah als Andenken an 
ihn zu überbringen. Im Jalkut (Gen., § 98, § 101 , ed. Frankf., 
f. 28*, 28^) wird die Versuchung durch Satan nach zwei verschiede- 
nen Midraschstellen erzählt; an der einen (§ 98) nach der Dar- 
stellung des (längst gedruckten) M. Tanchuma zu Gen., 22, 4 fg., 
an der andren (§ 101) nach der — oben erwähnten — Stelle des 
Ber. R., S. 56. Ferner wird (§ 101) ein Midrasch — ohne nähere 
Angabe — angeführt , dem zufolge der als Löseopfer dienende 
Widder nach Einer Meinung yon den Bergen herabkam , auf denen 
er weidete (wie oben vom Berge Thabir) , nach der andren Mei- 
nung aber aus dem Paradiese , woselbst er seit dem Abend des 
sechsten Schöpfungstages sich befand; Letzteres mit Bezug darauf , 
dass mehrere Dinge — darunter dieser Widder — nachträglich 
in der Dämmrung des 6. Schöpfungstages nach Vollendung der 
eigentlichen Schöpfung erschaffen wurden , wie das an mehreren 
Stellen (Pirke Aboth , V, 6 ; Aboth d. R. Nathan , ed. Schechter, 
fol. 48* und an andren, daselbst angeführten Stellen — cf. Bochart, 
Hieroz., I, 193 , woselbst statt Pesachim 154 zu lesen ist f. 54 — ) 
erwähnt wird. Zwei dieser Stellen des Jalkut werden auch bei 
Weil (1. c, p. 86. 89) angeführt. 

Die Opferung Isaak's — oder das Binden desselben , welcher 
Ausdruck in den jüdischen Schriften der gewöhnliche ist , nämlich 
JT^PJ^, nach Gen., 22, 9 — gehört jedenfalls mit zu den oben 
erwähnten zehn Prüfungen (niJVDJ mSÜ^y) Abraham's , da sie 
als solche im Pentateuch erwähnt wird (ib. vs. 1) , und zwar wird 
diese Prüfung als die zehnte und letzte betrachtet. So heisst es 



117 

im M. Tanchnma (ed. Buber , I , p* 57) zn Gen. 22, 2 , mit Bezng 
auf das t]!?"?]^ Gen. 12, 1 und das hier vorkommende ?]^"*n^'] , das 

erstere bezeichne die erste Prüfung, die Auswandrung aus dem 
Geburtslande; das letztere die letzte Prüfung. Auch die oben 
erwähnte l^oranstelle (2, 118), an welcher von Abraham's Prüfung 
die Kode ist — ^ f^j^^ l5^' "^S "" (^©^^^6 Stelle auch Geiger , 
p. 130 fg. , mit den jüdischen »zehn Prüfungen" vergleicht) wird 
von einzelnen arabischen Autoren in diesem Sinne aufgefasst. So 
heisst es bei Abül-Fid4 (Hist. anteisl., p. 22) : »Mit Bezug auf die 
l^oränstelle , an welcher gesagt wird , dass Gott Abraham auf die 
Probe gestellt habe (^-^^üi äW^ ic'^D sind die Meinungen der Au- 
toren gelheilt ; einige geben drei Prüfungen an : die Auswandrung 
(oL^l^) aus seinem Geburtslande, die Beschneidung und die Opferung 
seines Sohnes ; Andre geben Andres an". 

Diese andren Meinungen finden sich in der That bei Tabari 
(I, l^^il fg.) und Ibn el Attr (I,aI), woselbst mehrere Erklärungen 
der !Kor4nsiel]e angeführt werden. Nach Einigen sind (wie an der 
oben angeführten Stelle Bai4äwfs) einzelne religiöse Vorschriften 
gemeint , namentlich solche , die sich auf die gesetzlich vorgeschrie- 
bene Reinigung beziehen, wie das Beschneiden (oder Verkürzen) 
des Schnurrbarts (v^ UxJt {jaS)^ das Ausspülen des Mundes ((j-fl»*-n»ji) , 
der Gebrauch des Zahnstochers oder der Zahnbürste (^LmJ^ "^^^ 
andre ähnliche Dinge, die alle — nach Sahrastant bei Pococke 
(1. c, p. 296) aufgezählt werden. Dann wird die Deutung ange- 
führt , wonach die Wallfahrtsceremonien gemeint seien , mit Hin- 
weisung auf die an derselben !Koränstelle (2, 108) vorkommenden 
Worte: »Ich habe dich zum Imäm erwählt". Andre — so heisst es 
weiter — beziehen die KorÄnstelle auf sechs Dinge: Die Sterne, 
die Sonne und den Mond (womit wahrscheinlich gemeint ist , wie 
Abraham zur Erkenntniss Gottes gelangte), das Feuer (in das er ge- 
worfen wurde) , die Auswandrung (By^VgJt) , die Beschneidung , und 
die Opferung seines Sohnes ; ausserdem aber — wie ferner bemerkt 
wird — gibt es noch andre Erklärungen. Die hier angeführten 
finden sich übrigens ebenso bei Zamahsari zu Sur. 2, 118 (I, WY), 

Was das Reinigen der Zähne also den Gebrauch des Zahn- 
stochers (K^^y*^ , <;f)LM) , betrifft , so ist demselben bei Boh4rt (I , 



118 

p. vf , N®. vH öin besondrer Abschnitt (^^yJ\ wL) gewidmet, wie denn 
(p. w fg.) noch andre detaillirte Reinigungsgesetze im Namen des 
Propheten angeführt werden. Das Kippen des Schnurrbarts und Andres 
der Art wird als Bundeszeichen der Gläubigen betrachtet, wie aus 
C. Landberg's Proyerbes et dictons du peuple arabe (I, 255 fg.) er- 
sichtlich ist. So heisst es auch bei Laue als Erklärung yon Jwü : He 
clipped his mustache much, so that the HJ^ (the exterior of the skin) 
became apparent. This the Muslim is commanded to do (Tk^ al-'arüs). 
Sowie bei den Arabern einzelne ReligionsYorschrifton auf Abra- 
ham als deren Begründer zurückgeftihrt werden, so wird in den 
jüdischen Schriften Abraham als derjenige genannt, der das Morgen- 
gebet — wie Isaak das Vesper, und Jakob das Abendgebet — 
anordnete oder einführte (|pri j Berachoth , 26^) , wie er denn über- 
haupt alle gesetzlichen Vorschriften ausübte , nicht nur die in der 
Thora vorgeschriebenen, sondern auch die traditionellen Lehren und 
Verordnungen ; es wird das aus der detaillirten Aufzählung , Gen., 
26, 5, sowie namentlich aus der daselbst gebrauchten Pluralform 
^^mini gefolgert , womit also sowohl die schriftliche Lehre (min 

DnDDJi^) als auch die mündliche , traditionelle (HS b)J^Ü min) 
gemeint ist (Joma, 28^; M. Tanchuma, I, 18; Ber. R., S. 49 zu 
Gen., 18, 19; Aboth d. R« Nathan, ed. Schechter, p. 94, und an 
andren von Buber, Schechter und in der Wilnaer Ausgabe der 
Rabboth, p. 200, angeführten Stellen). 

Bei Tabart (I, l**fv) heisst es: % Abraham war der Erste, der 
Gäste bei sich bewirthete , der Erste , der Bouillonbrod zubereitete 
(cVv^t ^ß Q^ (3^0 i^d d^^ Erste , der in Folge des Alters weisse 
Haare hatte^'. Abraham's Gastfreundschaft wird auch sonst erwähnt ; 
er wird der Vater der Gastfreundschaft genannt (ZDMG., VI , 57, 
N° 303). Bei ^artrt (p. öö) heisst es: »Der Alte, der die Gast- 
freundschaft einführte" ((^yiJl ^V** c5^' f^fA^^) > womit — wie in 
den Schollen z. St. bemerkt wird — Abraham gemeint ist. 

Abraham wird gewöhnlich der Freund Gottes , oder auch »der 
Freund" (JwJLiAjl), genannt, wie es denn Sur. 4, 124 heisst, Gott, 
habe Abraham zu seinem Freunde erkoren C^^A^ &^^ji^ ^^ j^^'l^). 
Zu dieser Stelle geben Zamaliöart (I , ^X^) und Bai4äwl (I, fH** fg.) 
folgende gemüthliche Erzählung: 



119 

Als einmal Thearung im Lande herrschte , sandte Abraham 
einige seiner Leute an einen Freund in Aegypten , mit der Bitte, 
ihm etwas Getreide zu schicken. Diesen^ aber sagte zu den Boten : 
»Wenn Abraham das Getreide für sich und die Seinen nöthig hatte, 
so würde ich seine Bitte gerne erfüllen , allein ich weiss , dass 
er es nicht für sich, sondern für die Armen (seine Gäste, ^iLy^l) 
braucht ; nun aber herrscht aucli in unsrem Lande Theurung , und 
ich kann ihm also Nichts schicken*'. Die Boten schämten sich aber , 
mit leeren Händen zurückzukehren; so füllten sie denn die mit- 
gebrachten leeren Säcke mit feinem Sande (als ob sie Mehl ent- 
hielten) , und kehrten zurück. Als sie dem Abraham den Hergang 
der Sache erzählten, war er darüber sehr betrübt. Bald darauf 
schlief er ein. (Vielleicht hielt er Siesta — 5dL5 — wie das im 
Orient seit alter Zeit gebräuchlich ist.) Während seines Schlafes 
öffnete Sarah, die von den näheren Umständen Nichts wusste, 
einen der Säcke; sie fand in demselben sehr schönes Mehl, das 
sie alsbald zum Brodbacken yerwendete. Als Abraham erwachte, 
und das frischgebackne Brod roch, fragte er: }» Woher habt ihr 
das?" »Je nun'', antwortete Sarah, »von deinem ägyptischen 
Freunde". »Keineswegs", sagte Abraham, »das ist yon meinem 
göttlichen Freunde" («U^ c^^^fJ^ vXJLc q« Jij) , und desshalb nannte 
Gott ihn seinen Freund. 

In der Erzählung Yom Besuche der Engel bei Abraham , Sur. 
11, 72 fg. — nach einer yon den Erklärem z. St. angeführten Mei- 
nung waren es die Engel Gabriel , Michael und Israfil , in den jü- 
dischen Schriften Michael, Gabriel und Uriel (Midrasch Lekach 
tobh, ed. Buber, I, 82; Baba Meziah, 86^) — heisst es, dass 
sie die ihnen yorgesetzten Speisen nicht berührten. Mit Bezug 
hierauf wird bei ^abart (I, t*vf) erzählt, dass sie auf die Frage 
Abrahams: »Warum esset ihr nicht?" geantwortet: »Wir essen 
keine Speise ohne den Preis dafür zu wissen". Darauf sagte Abraham 
(der sie natürlich für Menschen hielt) : »Der Preis für diese Speisen 
ist) dass ihr beim Anfange des Essens Gottes Namen anruft und 
beim Schlüsse ihn lobpreist". Da sah Gabriel den Michael an und 
sagte zu ihm: »Wohl mit Recht hafc Gott diesen da zu seinem 
Freunde erkoren". 



120 

Die Gastfreundschaft Abraham's wird auch in den jüdischen 
Schriften erwähnt. So wird erzählt , dass Abraham gewohnt war , 

die des Weges kommenden (Q'^nSJ^m D'^imyri) ^^ ^^^^ einzu- 
laden , dass er aber nach seiner Beschneidung fürchtete , es werde 
jetzt Niemand mehr zu ihm kommen , worauf Gott zu ihm sagte : 
))Bisher sind nur Menschen zu dir gekommen , jetzt aber werde 
ich in meiner Herrlichkeit und mit meiner Dienerschaft (Ji^'^^QÖ 'ij^ 
^^\i^) dir erscheinen — mit Bezug auf Gen., 18, 12 (M. Lekach 
tobh, I, f. 41a, 41b 5 Bereschith R-, S. 47. S. 48, ed. Wilna, 97% 
und in andren daselbst angeführten Stellen). — An weiteren Stel- 
len wird Abraham's Gastfreundschaft in Verbindung mit seiner 
Frömmigkeit hervorgehoben. So liest man, dass Abraham die 
Wandrer zu sich einlud und bewirthete und sie dann aufforderte , 
für das Genossene Gott zu danken (Ber. R. , »S. 43 zu Gen., 14, 
19 ; S. 49 zu Gen. 18, 19 , und an andren in der Wilnaer Aus- 
gabe, p. 174. 200, angeführten Stellen). Ferner (ibid., S. 54) wird 
das ^ti^Jj^, Gen., 21,33, dahin erklärt, dass es eine Art Earayan- 
serei (p'lJ^S , Trxv^ox^Tou , TrxvioKsTov, arab. ^AJJi, wovon Fondaco, 
Fundago , Fondique in den romanischen Sprachen) gewesen sei , und 
dass Abraham die von ihm bewirtheten Gäste aufgefordert habe, 
Gott dafür zu danken. Im Talmud (Sota, 10») werden zwei Mei- 
nungen in Betreff des ^\l^^ angeführt; nach der einen war es 
ein Lustgarten (DTHD) > ^^^^ ^^^ andren ein p'lJlQ. Femer wird 
das darauf folgende ^'Hp'^l ^^ causativem Sinne aufgefasst und die 
Stelle dahin gedeutet ^ dass wenn die bewirtheten Gäste dem 
Abraham danken wollten , er zu ihnen sagte : i»Habt ihr denn von 
dem Meinigen gegessen ? Ihr habt von dem gegessen , was dem 
ewigen Gott (Q^W '»n^jO gehört; gebt Dank und Preis Ihm, 
der da sprach, und es ward die Welt". (Qi^^j;!! Jl^H] "lÜiW ^^2^)* 
In demselben Sinne wird die Pentateuchstelle im jerus. Targum 
paraphrasirt , woselbst ^\l^^ ebenfalls mit DT^ß wiedergege- 
ben wird. 

Die Bezeichnung Abraham's als Gottgeliebter kommt in den jü- 
dischen Schriften mehrfach vor. So werden in den Aboth d. R. 
Nathan (ed. Schechter, f. 61^) mehrere Personen aufgezählt, die 
in der Bibel Freunde und Lieblinge f^^'T» , mUl^) G^ottes ge- 



121 

nannt werden. Darunter ist Abraham , von dem es Jes. 41, 8 heisst 

*»5r1l< Qm5l< y^t' ^®^^^® ^*®^^® Gesenius (Thes., s. v. Dirnni^, 
• • • • • 

p. 11 A) mit dem arab. JJL^i, ^t J^^, sowie mit Jacob. 2, 23, 
yergleicht, wo es von Abraham heisst xx) 0l\og tsov sK^riiii. In 
den Aboth d. R. Nathan wird anch das ^in^^DS ^'l'^'T'!? HD» ^^^n 

11, 15, auf Abraham bezogen; auch in der (Einleitung (J^rUT^DD) 
zu Midrasch Echa (§ 24, ed. Wilna, f. 7^) nennt Gott Abraham 
seinen Freund ('^^HIN) i"i*ör Anwendung derselben Bibelstelle. 
Das l'^nyT^ ^^j Gen., 18. 19, wird von Raschi z. St. — entspre- 
chend einer der Bedeutungen von y^i — mit »lieben" erklärt, 
wie auch Philo (1 , 401) diese Stelle als Beweis dafür anführt , 
dass Abraham nicht ein Sclave (iov\o^) sondern ein Freund oder 
Geliebter {(pthog) Gottes war , und sie mit Miii sTriKxXiypa sya ccTri 
^Aßpxk//, Tov 0ixov ßou wiedergibt. Ebenso wird im jerus. Targum 
zu Gen., 18, 17 dem Namen Abraham's das Epitheton »mein Ge- 
liebter" ('»Orn) hinzugefügt (cf. Beer, Leben Abraham's , p, 160. 
161, Note 427. 431). 

Auch dass Abraham der Erste war , bei dem die Anzeichen des 
hohen Alters sichtbar wurden, wird mehrfach in den jüdischen 
Schriften erwähnt. So heisst es (Bereschith R., S. 65, ed. Wilna , 
128^ zu Gen., 27, 1; M. Tanchuma^ ed. Buber, p. 118 zu Gen., 
24, 1 , und an andren daselbst angeführten Stellen) , dass die Krone 
des Alters (nach Prov., 16, 31), d. h. die äusseren Kennzeichen 
desselben , zuerst' dem Abraham , und zwar auf sein Verlangen , 
von Gott verliehen wurde. 

In den arabischen Sagen erscheint der Todesengel (o^t (^ULq, in den 
jüdischen Schriften niDH "1J<!?D) durchaus nicht in abschrecken- 
der Gestalt, und seine Bezeichnung als Engel (i^lA bedeutet allerdings, 
ebenso wie das biblische "]{^^^ y auch Bote überhaupt) passt umso 

eher , als er jedenfalls nichts Dämonisches hat ; er kommt vielmehr 
als milder, sanfter, trostlicher Engel, als eine Art »Freund Hein"; 
jedenfalls hat er in seiner äussern Erscheinung Nichts, was auf 
seine, immerhin unangenehme, Mission schliessen lässt. So wird 
denn auch bei T*^*^^^ (I j ^M ^^^ ^^^ el-Atlr (I, av) erzählt: 
Als Gott die Seele Abraham^s nehmen wollte , schickte er zu ihm 

16 



122 

den Todesengel in Gestalt eines ganz hinfälligen , alten Mannes. Als 
nämlich Abraham einst wie gewöhnlich seine Gäste bewirthete, 
sah er einen alten Mann in der Sonnenhitze gehen; er schickte 
ihm einen Esel, damit er auf diese Weise zu ihm komme. Als 
der Greis nun angelangt war, konnte er die ihm yorgesetzten 
Speisen nur mit der grössten Mühe in den Mund bringen , und wenn 
er sie endlich hineingebracht hatte , kamen sie wieder heraus. Nun 
aber hatte Abraham längst schon Gott gebeten, nicht eher seine 
Seele zu nehmen, als bis er selbst ihn daram bitten würde. Als 
er nun das Gebahren des alten Mannes sah, sagte er zu ihm: »Was 
ist das mit dir, o Greis?" «Das ist das Alter, o Abraham'', ant- 
wortete dieser. «Wie alt bist du denn?'' fragte Abraham. Jener 
gab sein Alter um zwei Jahre mehr an, als das Abraham's war. 
Da sagte Abraham: »In zwei Jahren werde ich also ebenso sein? 
Gott , nimm mich zu dir I" Da nahm der Greis (also der Todes- 
engel) die Seele Abraham's, und so yerschied er im Alter von hun- 
dert Jahren; nach Andren war er 175 Jahre alt. 

Die jüdischen Schriften stimmen mit den arabischen darin über- 
ein, dass in den ersteren nniD? OmD» NfllD) *^^ ^®^ ^^* 
genannt wird , woselbst Abraham mehrere Jahren lang im Kerker 
war (Jalkut Gen., § 77 nach Baba Bathra, 91^), welcher Orts- 
name auch vielfach bei den arabischen Autoren als Geburtsort 
Abraham's , wo er auch ins Feuer geworfen ward , yorkommt. So 
an den oben angeführten Stellen , und ebenso bei Jakut (s. y. 'l^ , 
IV, riv), el-Bekrt (ed. Wüstenfeld, p. f aö) , Mokkaddesi (ed. De 
Goeje, p. A*l) und bei Andren (cf. Maimonides, Guide des^gar^s, 
III, c. 29, p. 219; Dozy, De Israelieten te Mekka, p« 157. 165; 
ZDMG,, XXIII, 621). 

In den Pirke B. Eliezer (c. 26) wird erzählt: Die erste der 
zehn Prüfungen Abraham's bestand darin , dass , als er geboren ward, 
die Grossen des Reiches ihn tödten wollten; erwar aber 13 Jahre 
lang unter der Erde verborgen, und er sah da weder Sonne noch 
Mond. Nach 13 Jahren ging er hervor ans Tageslicht, sprach die 
heilige Sprache (hebräisch), verachtete die Götzenbilder und ver- 
traute auf den Schutz seines Schöpfers CT^JiTi !?ÜD HÖDI) ^^^ 
sagte: »Gott Zebaoth, Heil dem , der auf dich vertraut (Ps. 84, 13)." 



123 

Die zweite Prüfung war , dass man ihn zehn Jahre lang im Kerker 
gefangen hielt , drei Jahre lang in nj^lD > sieben Jahre in yX^T^ , 
(nach Andren umgekehrt; ebenso an der erwähnten Talmudstelle 
B. Bathra, 91»). Nach Verlauf der zehn Jahre nahm man ihn aus 
dem Getängniss und warf ihn in den Feuerofen, aber der König 
der Herrlichkeit m^^H "I^Ö ^^^^ ^^' ^4, 7) streckte seine 
Rechte aus und errettete ihn, wie es heisst (Gen., 15, 7) 11 IJJ^ 

Q^ji^D mj<ö ^^nNüin nji^N- ^^ch in dem ^n^^N ^t\ Njn 

genannten Midrasch wird (T. II, c. 25) erzählt, dass Nimrod zuerst 
Abraham einkerkern und dann in den Feuerofen werfen liess, 
welcher letztere — in ähnlicher Weise wie bei den arabischen 
Autoren — des Näheren beschrieben wird. Vorher geht die Er- 
zählung , wie Abraham von seinem Vater Götzenbilder erhielt , die 
er auf den Markt bringen und verkaufen sollte , dass er aber , statt 
dieselben anzupreisen, den Käufern das Nichtige und Thörichte 
des Götzendienstes vorstellte (cf. Beer, Leben Abraham's, p. 10). 

Dass Nimrod zuerst den Abraham einkerkern liess und ihn erst 
später zum Feuertod verurtheilte, erzählen auch Zamah^art (I, tvf) 
und Baid4wi (I , ilT*) zu Sur. 2, 260. Überhaupt aber wissen die 
arabischen Autoren von Abraham's Kindheit und frühester Jugend 
mehr zu erzählen als die jüdischen. 

Ahnlich der oben angeführten Stelle Ja'kübfs ist die Erzählung 
von Abraham's Geburt und Kindheit bei Tabart (I, tot* fg.) und 
Ibn el-Attr (1 , 1v). Zunächst werden die verschiednen Meinungen 
über die Geburtsstätte Abraham's angeführt , darunter auch ^^ ; 
jedenfalls wurde er in dem Lande geboren, in welchem Nimrod 
regierte , welcher — ebenso wie Pü'l-^:arnain , und Salomon , Sohn 
David's , nach Einigen auch Nebukadnezar — die ganze Welt be- 
herrschte. (Auch in den jüdischen Schriften heisst es, dass vier 
Könige — darunter Salomon und Nebukadnezar — über die ganze 
Welt regierten, so Megilla, 11», im 2. Targum zu Esther, 1, 1, 
und in der von Buber edirten Sammlung hagadischer Commentare 
zum B. Esther, p. 56). Nun kamen einst die Stemseher (n^L^^m»! 
^y:f^l\) zu Nimrod und sagten zu ihm : »Wir haben in den Sternen 
gesehen, dass in dieser Stadt in dem und dem Monat von dem 
und dem Jahr ein Knabe zur Welt kommen wird , den man Abraham 



124 

nennen wird, und dieser wird eure Religion bekämpfen, und eure 
Götzenbilder zertrümmern. Als nun die Yorhergesagte Zeit gekom- 
men war, liess Nimrod alle schwangeren Frauen in Gewahrsam 
bringen , mit Ausnahme yon Abraham's Mutter , denn dieser sah 
man nicht an , dass sie schwanger war. Jedes Knäblein aber , das 
in diesem Jahre zu Welt kam , wurde getödtet. Als nun Abraham's 
Mutter Geburtswehen hatte , ging sie bei Nacht in eine nahege- 
legene Höhle , woselbst sie Abraham gebar. Darauf ging sie nach 
Hause , nachdem sie zuvor den Eingang zur Höhle yerrammelt hatte. 
Als sie nun wieder hinkam, fand sie, dass der Knabe in Einem 
Tage so viel gewachsen war wie andre Kinder in einem Monate ; 
seine ^Nahrung aber fand er , indem er an seinem Daumen sog ; 
auf diese Weise erhielt ihn Gott am Leben. Es wird hierauf — 
nach Sur. 6, 76 fg., nur detaillirter - — erzählt, wie Abraham nach 
Betrachtung der Himmelskörper zur Einsicht kam, dass Gott der 
einzige Schöpfer, also alle Götter, welche seine Landsleute anbete- 
ten , nichtig seien , und wie die Kunde von seiner Verspottung der- 
selben zu Nimrod gelangte. 

So wie viele sagenhafte Ausschmückungen der Geschichte Abra- 
ham's aus den jüdischen Schriften in die arabischen übergingen, 
so findet auch das Umgekehrte statt , dass nämlich spätere jüdische 
Autoren die arabischen Schriften benutzten und einzelne Stellen 
daraus in ihre Erzählungen mit dem (J brigen , specifisch Jüdischen , 
verflochten. Das ist nun höchst wahrscheinlich auch der Fall bei 
der Erzählung von Abraham's Besuch bei Ismael, die sich auch 
im Jalkut (Gen., § 95, ed, Frankf. a. M., f. 27* fg.) findet, woraus 
sie Weil (p. 91, N.) mit der Bemerkung mittheilt, dass auch diese 
Legende, von der man glauben sollte, sie sei gewiss arabischen 
Ursprungs, sich im Midrasch finde. Der Jalkut (oder vollständig 
Jalkut Schimoni , nach dem Namen seines Verfassers) ist nun aber 
— wie das schon dessen Benennung besagt , ^^p^*^ nach 1. Sam., 

17, 40 — ein Sammelwerk, und so ist auch diese Erzählung den 
Pirke K. Eliezer (c. 30) entnommen. Letzteres Buch wurde jeden- 
falls unter arabischer Herrschaft geschrieben, und so kommt in 
demselben (30.) Capitel Mehreres vor, das, wie Zunz (G. V., p, 275) 
und Grätz (Geschichte der Juden, V, 223) bemerken, auf die 



125 

Geschichte der Araber Bezug hat. An die arabische Sage erinnert 
aber auch die hier yon Ismael erzählte. Unter den oben erwähnten 
zehn Dingen , die in der Dämmmng des sechsten Schöpfungstages 
erschaffen wurden, wird nämlich auch »die Mündung des Brun- 
nens" Cnj^^niT ^'Q) erwähnt ; nach den Commentaren z. St. ist 
damit der Mirjamsbrunnen gemeint (Q'^'^O ^^ mN!3)> ^®' ^^® 
Israeliten auf ihrer Wandrung in der Wüste überallhin begleitete 
(die einzelnen Stellen hierüber habe ich in der Ztschr. d. D. 
Palästinayereins, YI, 200, angeführt). In den Pirke R. Eliezer heisst 
es nun an der Stelle, die der Erzählung yon Abraham's Besuch 
bei Ismael yorhergeht, dass Ismael zu Gott gebetet habe, ihn 
nicht yerdursten zu lassen, und dass Gott sein Gebet erhörte , wie 
es heisst (Gen., 21, 17): »Und Gott hörte die Stimme des Kna- 
ben . . , . , denn Gott hat die Stimme des Knaben gehört". Und dort — 
heisst es weiter — wurde ihnen der Brunnen eröffnet , der in der 
Dämmrung (nämlich des 6. Schöpfungstages) erschaffen worden 
war , und Hagar ging hin und trank und füllte den Schlauch mifc 
Wasser, wie es heisst: »Gott öffnete ihre Augen" u. s. w. (Vs. 19). 
Dass hier nun statt des Mirjambrunnens dieser Brunnen als eins 
jener zehn Dinge erwähnt, ihm also eine besondre Wichtigkeit 
beigelegt wird , erinnert jedenfalls an den Brunnen Zemzem , der 
auch sonst yielfach bei den arabischen Autoren yorkommt. Aber 
auch ausserdem finden sich in den Pirke R. Eliezer mehrfache 
Anklänge an arabische Sagen. 

Die Erzählung yom Besuche Abraham's findet sich übrigens auch 
im Sefer Hajaschar (ed. Ven., f. 41» fg.) , nur mit dem Unterschiede , 
dass in den Pirke R. Eliezer yon der Schwelle (HD , im Jalkut 
inSD) ^®^ Hauses, im S. hajaschar hingegen yom Pflock des 
Zeltes (^HNn nri"^) ^^® Rede ist, den Abraham das erste Mal 
tadelt, das zweite Mal sehr lobt, während in den P. R. Eliezer 
nur der Tadel erwähnt wird. Der Verfasser des S. hajaschar hat 
nun aber — wie auch Zunz (1. c, p. 154) bemerkt — auch sonst 
yiele arabische Sagen aufgenommen , die er nun wieder nach seiner 
eignen Phantasie ausschmückte, darunter auch auf Abraham be- 
zügliche. So wird (18* fg.) erzählt, dass Nimrod der Erste war, der 
Götzen anbetete und auch seine Diener dazu yerleitete; ein noch 



126 

grösserer Bösewicht als er war sein Sohn ^^7^)3, nnd von damals 

her datirt das Sprichwort : »Yom Bösen kommt Böses" (1 Sam. 24, 13). 
Therach aber , der Sohn Nachor's , war der oberste Feldherr 
Nimrod's ; seine Frau gebar ihm einen Sohn , den er Q*^^^} nannte, 
weil ihn der König über alle Andren erhoben hatte (^O'^'^n "^D 
H^)3J^). Es wird nun femer erzählt , wie zur Feier von Abraham's 
Geburt alle Weisen und Magier (Q*>OlO*in) Nimrod's zu einem 
Gastmahle bei Therach eingeladen waren. Als sie bei Kacht von 
dort fortgingen, sahen sie am Himmel einen grossen Stern, der 
von Osten kam und in seinem Laufe vier andre Sterne verschlang. 
Sie deuteten diese Erscheinung dahin, dass der Knabe, der dem 
Therach geboren worden war, dereinst sehr mächtig sein werde 
und dass er und seine Nachkommen viele Länder erobern und 
beherrschen werden. Den andren Tag erzählten sie Alles dem Kö- 
nige ; auf ihren Rath hin Hess Nimrod den Therach kommen , sagte 
ihm, was die Magier geweissagt, und dass er ihm seinen Sohn 

bringen solle , um ihn zu tödten Therach brachte ihm , statt 

seines eignen Sohnes , den Sohn einer Sclavin , den Nimrod alsbald 
umbrachte ; seinen eignen Sohn aber verbarg er zugleich mit 
seiner Mutter und Säugamme in einer Höhle, und gab ihnen 
allmonatlich ihren Lebensunterhalt . . . Als Abraham — heisst es 
ferner (das Buch ist durchaus in biblischem Styl gehalten) — eines 
Tages die Sonne in ihrem Glänze sah , da sagte er in seinem Herzen: 
»Fürwahr, diese Sonne, welche die ganze Erde beleuchtet, ist die 
Gottheit ; sie will ich anbeten." Und er betete an diesem Tage zur 
Sonne. Als er Abend ward und die Sonne unterging, da sprach 
er in seinem Herzen: »Das ist kein Gott, aber wo ist er, der 
Himmel und Erde erschaffen ?" Und er erhob seine Augen und schaute 
gegen Sonnenauf- und gegen Sonnenuntergang, gegen Mittag und 
gegen Mitternacht, und er sah den Mond und die Sterne , und er 
sprach in seinem Herzen : »Das ist der Gott, der Himmel und Erde 
erschaffen und die Andren (die Sterne) sind seine Diener." Als nun 
aber am Morgen der Tag leuchtete und die Sonne aufging, da 
sprach er: »Alle diese sind keine Götter, sondern Diener Eines 
Gottes", 

Femer wird (20^ fg.) erzählt , wie die Grossen des Nimrod den 



127 

Plan fassten , eine Stadt mit einem sehr hohen Thurm zn erbauen , 
und dasB Nimrod damit einverstanden war. Während des Baues 
schössen sie Pfeile gen Himmel ab , die blutbefleckt zurückkehrten , 
wesshalb sie glaubten , die Himmelsbewohner getödtet zu haben — 
wie das ganz ähnlich die arabische Sage von Nimrod berichtet. 

Es wird hierauf sehr umständlich erzählt, wie Abraham die 
Götzenbilder in seines Vaters Hause zertrümmerte und dann dem 
grössten derselben die Axt in die Hand gab. Zur Strafe dafür 
wird Abraham eingekerkert; hierauf lässt Nimrod auf den Rath 
seiner Umgebung einen gi'ossen Feuerofen errichten , der drei Tage 
und drei Nächte hindurch geheizt wird. Als Abraham herbeige- 
bracht wurde, um hineingeworfen zu werden, sagten die Weisen 
Nimrod^s zu ihm , Therach müsse ihn getäuscht haben , da Abraham 
eben jenes Kind sei, von dem sie in den Sternen gelesen. Vom 
König befragt , gestand Therach seinen Betrug und gab an , sein 
Sohn Haran habe ihm diesen Rath ertheilt. Darauf wurde nebst 
Abraham auch Haran in die Flammen geworfen ; Haran verbrannte 
auf der Stelle — weil seine Gesinnung eine schwankende war — , 
Abraham aber blieb unversehrt; nur die Stricke, mit denen man 
ihn gebunden hatte, verbrannten; er selbst ging drei Tage und 
drei Nächte lang inmitten des Feuers umher. Als er hierauf auf 
Befehl des Königs hinausging , wunderte sich der König sehr ; er 
gab ihm Geschenke , darunter zwei seiner Sclaven , IJW hiess der 
Eine, Try^^J«^ der Andre, und so wurde Abraham ferner nicht 
beunruhigt. Dass Eliezer ein Geschenk Nimrod's war — was auch 
in den Pirke R. Eliezer (c. 16) erzählt wird — findet sich auch 
bei den Arabern; cf. ZDMG., XVI, 701. 702, XVIII, 456. 

Das hier Angeführte ist nur ein Auszug aus der sehr langen — 
zugleich sehr breiten — Erzählung ; jedenfalls aber zeigt sich bei 
den angeführten Stellen unverkennbar arabischer Einfluss. Noch 
viel entschiedener aber zeigt sich die Benutzung arabischer Quellen 
in der Erzählung von Abraham , wie sie — unter der Überschrift 
1» Erzählung von dem, was unsrem Vater Abraham mit Nimrod wider- 
fuhr" — in dem Buche "HD^Q ^^J^ des R. Eliah Hakohen mit- 
getheilt wird , und zwar am Schlüsse des Buches (ed. Amsterd., fol. 
109^ fg.), zu dem sie einen Anhang bildet. Der Verfasser dieses 



128 

Buches lebte im Orient (Smyrna) und so erklärt es sich leicht , dass 
er die arabischen Sagen über Abraham und Nimrod kannte. Auch 
führt er die Erzählung mit den Worten i^Man erzählt" CT^DJ^) ®^^ > 
und nicht wie sonst mit der Erwähnung des hebräischen Buches , 
dem er sie entnommen; 

In dieser Darstellung ist es nun Nimrod selbst, der in den 
Sternen liest, dass unter seiner Begierung ein Eind zur Welt 
komme , das dereinst seine Beligion bekämpfen werde. Auf den Bath 
seiner Grossen lässt er alle schwaugeren Frauen in Gewahrsam 
bringen und alle neugebornen Knaben tödten. Damals hatten die 
(spätere) Mutter Abraham's den Therach zhm Manne genommen ; 
nach einigen Monaten bemerkte er , dass ihre Körperfülle zugenom- 
men ; Als er sie desshalb befragte , antwortete sie : Es ist das die 
Krankheit *<JJ{^^p (wahrscheinlich ein spanisches Wort in gleicher 
Bedeutung mit dem italienischen calcinaccio , Geschwulst in den 
Gelenken, Verhärtung im Leibe), die mich jedes Jahr befällt. Als 
nun die Zeit ihrer Niederkunft gekommen war , ging sie in eine 
Höhle in der Wüste , woselbst sie eines Knaben genas , bei dessen 
Geburt die ganze Höhle in Licht erstrahlte, worüber sie grosse 

Freude empfand Sie yerliess bald darauf die Höhle , indem sie 

sagte : »Gott sei mit dir ! Er wird dich nicht verlassen und dir seinen 
Schutz nicht entziehen" (nach Deut. 4, 31). Das Kind fing nun an 
zu weinen; da schickte Gott den Engel Gabriel, um ihm Milch 
zu verschaffen , und in der That fand es diese , indem es am Daumen 
der rechten Hand sog. Es wird dann ferner erzählt , wie Abraham , 
als er zehn Tage alt war. Nachts aus der Höhle ging und wie 
er zuerst die Himmelskörper anbeten wollte , dann aber einsah , 
dass ein höheres Wesen sie alle in Bewegung setzte. Er begegnete 
hierauf seiner Mutter , die ihn überall gesucht hatte , und gab sich 
ihr zu erkennen; er war nämlich in der kurzen Zeit so ausser- 
ordentlich gewachsen , dass sie keine Ahnung davon hatte , dass 
der mit ihr Sprechende ihr Sohn sei. 

Nach der Erwähung von verschiednen andren wunderbaren 
Ereignissen wird (111*) erzählt wie Nimrod den Abraham nachdem 
er die Götzenbilder zerstrümmerfc , ins Gefangniss werfen Hess und 
später befahl, einen grossen Platz mit einer Mauer zu umgeben. 



x29 

and in demselben einen Scheiterhaufen zu errichten , zu dem Jeder 
Holz herbeibringen solle. Die Personen aber, welche dann yer- 
suchten , Abraham in das Feuer zu werfen , wurden selbst von den 
Flammen ergriffen; da kam der Satan in Gestalt eines Mannes 
und sagte zu Nimrod: Dich will dir einen Rath geben; gib mir 
Holz, Nägel und Stricke, und ich werde dir ein Ipinj^'HtO (Wurf- 
maschine ^ spanisch Trabuco, entsprechend dem /öaa^U^ der 
arabischen Autoren) verfertigen, yermittelst dessen man Abraham 
ins Feuer schleudern kann , ohne sich demselben zu nähern". Dem 
König gefiel dieser Rath ; als man darauf Abraham vermittelst des 
"lp"ll3J<^C0 ins Feuer geworfen hatte, baten die Engel Gott um 
die Erlaubniss, ihn retten zu dürfen. Daraufkam Gabriel zu Abraham 
und fragte ihn : »Wie ist es , Abraham — soll ich dich uns diesem 
Feuer erretten ?" Da sagte Abraham : »Gott , auf den ich vertraue , 
der Gott des Himmels und der Erde, er wird mich erretten". Darauf 
sagte Gott zu jenem Feuer: »Sei Kühlung und Wohlbefinden 
meinem Knechte Abraham (so ist statt ^^nH ^^ lesen) (^*ip) 
□mi3N ^12)f b)J m^Ji^l mp ^^s also genau der Stelle Sur. 
21, 69, entspricht: ^^\ Js^ U^^ foy j,^ Jj [t LJß. 

Es wird nun femer erzählt, wie das Feuer erlosch und wie 
der Feuerofen zu einem blumenreichen Garten wurde, und dass 
die Engel dem Abraham Gesellschaft leisteten. Als Nimrod das 
mit ansah , erklärte er Alles für Zauberei ; seine Grossen aber sag- 
ten : »Das ist keine Zauberei, sondern ein Zeichen von Gottes, 
des Einzigen, Allmacht , den auch wir anerkennen". Und wie die 
Fürsten , so glaubte auch das ganze Yolk an den Gott Abraham's 
und sie sprachen Alle: »Der Ewige ist Gott (Q'ij^^J^j^ J^'^pJ ^^)^ 
hoch oben im Himmel und unten auf der Erde — Keiner ausser 
ihm!" (Deut. 4, 39). Hiermit schliesst die Erzählung. 

Das hier Mitgetheilte stimmt nun durchaus mit den oben aus 
Zama^Sart, Bai44wt, Tabart und Ibn el-Atir angeführten Stellen 
überein ; dahin gehört es auch , wenn erzählt wird , Abraham habe 
von seinem Yater den Auftrag erhalten , Götzenbilder zu verkaufen , 
und dass er diese mit einem Stricke hinter sich her schleifte und 
dabei ausrief: »Wer kauft ein Bild (Q^J{), das weder sich selbst 
noch einem Andren Etwas nützt ?" — was, nur etwas ausgeschmückt, 

17 



130 

dem oben aus 'l^abari, Ihn el-Atlr und Abü'1-Fida Angefülirten 
entspricht. — Manches ist wahrscheinlich dem Sefer hajaschar, 
wiederum Andres andren Schriften , vielleicht auch der Yolkssage 
entnommen. 

Diese Erzählung des Schöbet Mussar wird auch in Jellinek's 
Bot ha-Midrasch (I, 25 — 34) mitgetheilt. Mit Bezug auf dieselbe 
sagt Jellinek (Yorr., p. XY fg.), dass Form und Inhalt sowie 
mehrere Worte und Wendungen der Erzählung dafür sprechen, 
dass sie aus dem Arabischen ins Hebräische übersetzt wurde , wie 
sie sich auch nach der stofflichen Seite iü Weil's Biblischen Le- 
genden , p. 68 fg., finde. Die einzeln angeführten Beweise hierfür 
sind aber in der That sehr schwach ; als solche werden die Wörter 
^J\J^"^P und Ipinj^'ntO angeführt, die aber — wie oben gezeigt 
wurde — spanische Wörter, keineswegs arabisch sind *). Mit den 
Stellen (p. 29. 30) , in denen Abraham Yon den Götzenbildern sagt , 
dass sie weder sich selbst noch Andren von Nutzen seien wird die 
Stelle Abü'l-Fid&'s, Hist. anteisl., p. 20 (welche auch Geiger, 1. c, 
p* 123, N. anfuhrt) verglichen: »Wer kauft, was ihm nur Schaden 
aber keinen Nutzen bringt ?" Hierzu wäre eher die Originalstelle , 
Sur. 21, 67, anzuführen gewesen, wo Abraham sagt: »Betet ihr 
Dinge an , die euch weder nützen noch schaden können P" Über- 
haupt aber ist das auch ein oft in der Bibel vorkommender Ge- 
danke , so z. B. 1 Sam., 12, 21 ; Jes., 44, 10 ; Jer., 16, 19 ; Hab. 
2, 18. Wenn femer von dem in der Erzählung mehrfach '?orkom- 
menden Q^^n^NH NIH ^"^ gös^g* wird , dieser Satz erinnre an die 
muhammedanische Glaubensformel , so ist derselbe vielmehr ein 
acht biblischer Ausdruck (cf. Deut., 7, 9 ; 1 Kon., 8, 60 ; 18, 39), 
der ja auch in dem (oben angeführten) Schlussatze der Erzählung 
vorkommt. 

Weit mehr arabisches Gepräge trägt das in dieser Erzählung 
dem Nimrod mehrfach beigegebne Epitheton »der Gottesläugner", 
("HD! DPI) > ^**** ^®8 i^ 3^^« Schriften gewöhnlichen »der Gottlose" 



1) In der jüdisch-spanischen Übersetzung dieses Baches (Smyrna 6620 = 1860) 
heisst es (II, f. 154b): /»Gado aflo mi acontece esto ^^^p| (Krankheit) qae si llama 

^iJi^P*'» ^- löS^- "1 yo ti liar^ ^^ trabuco" (p^i^^lID) ^»^ "1 comand^ el rey 
por hazer el trabaco". 



131 

(J^tJ^^n) 5 ebenso ist der Satz (p. 31) : »Du bist einer der Lügner" 

(D'^DTIDH ]f2 nriN) 8**** *^^ bis* ®i^ Lügner" durchaus kora- 
nisch. Für den arabischen Ursprung spricht ferner, dass Nimrod 
p. 26. 27 (zweimal) ein Sohn Eenaans genannt wird, am ent- 
schiedensten aber die Stelle: »Werde Kühlung und Wohlbefinden 
für Abraham",, die im Text ohne die arabische Originalstelle kaum 
verständlich ist. 

Eine ähnliche , abe^ viel kürzere , Erzählung wird übrigens von 
Chaim Horowitz in seiner Sammlung kleiner Midraschim (I, 40 fg.) 
mitgetheilt. 

Sehr yiele auf Abraham bezügliche Stellen der jüdischen Schrif- 
ten werden in B. Beer's »Leben Abraham's" mitgetheilt; nur wer- 
den die einzelnen derselben nicht gehörig geschieden , indem neben 
den Originalstellen auch Stellen aus solchen Schriften angeführt 
werden, die Kachbildungen arabischer Sagen enthalten, wie S. 
hajaschar , und die Erzählung im ^D^Q CODtS^- ^^^^ ©s übrigens 
bei Beer (p. 96, Note 2) heisst: ^)Gedalja ben Jachja in Schalsche- 
leth ha-Eabalah macht Therach zum Erfinder der Münzprägung", 
so ist auch diese Stelle des Schalscheleth hakabbala (94») dem 
Supplementum chronicorum entnommen, wo es (17^), etwas yoII- 
ständiger , heisst , dass Ninus auf den Rath und mit dem Beistande 
des Therach die ersten Münzen habe prägen lassen. 

Dass Abraham's Lebensgeschichte auch in andren Schriften, wenn 
auch in verschiedner Weise , sagenhaft ausgeschmückt wird , ersieht 
man aus den bei Fabricius (I, 336 fg.) angeführten Stellen. Be- 
merkens werth ist namentlich die des Suidas s. y. 'Aßpocif/,^ wo 
gesagt wird , dass Abraham , als er gesehen , dass der Himmel bald 
heiter , bald dunkel sei , zu sich selbst gesagt habe : »Dieser ist kein 
Gott!" (Oyjc sariv ovTog ieog) und ebenso, als er bemerkte, dass 
die Sonne oft unsichtbar und yerdunkelt sei und dass das Licht 
des Mondes bald ab-, bald zunehme, er gesagt habe: »Das sind 
keine Götter !" — was an die Koranstelle Sur. 6, 76 fg., erinnert. 
Übrigens heisst es ähnlich bei Josephus (Antt. I, 7, 1), dass 
die Betrachtung Yon Sonne und Mond sowie der Yerändrungen 
am Himmel Abraham zur Erkenntniss des Einen Gottes geführt 
habe. 



132 

Unter den bei Fabricius (I, 345) aus Herbelot angefahrten 
Stellen ist besonders die bemerkenswerth , dass Nimrod sehr hässlich 
gewesen sei , und dass Abraham , als er ihn sah , zu seinem Yater 
sagte: »Wie kommt es nur, dass die Geschöpfe dieses Gottes (d. 
h. Nimrod's) schöner sind als er selbst?" 

Im Schalscheleth hakabbala (94^) wird aus EusQbius, Praepar. 
eyang., IX, 4, angeführt, dass Abraham der Erste gewesen, der 
sich mit Sternkunde (mj*^JJltDliN) beschäftigte und sie — ebenso 
die Arithmetik — die Aegypter lehrte. Dieses findet sich ebenfalls 
im Supplementum chronicorum (18^), aber schon — wie aus Fa- 
bricius, I, 359, zu ersehen — bei Josephus (Antt., I, 9). 

Eine seltsame Enstellung der gewöhnlichen Sagen von Abraham 
wird von Btrünt (p. y*f) erwähnt. Zunächst wird mit Bezug auf 
die Sabier gesagt , dass Manche deren Benennung mit Al-harränijja 
von Haran, dem Bruder Abrs^ham's, herleiten. Darauf heisst es 
weiter , Ihn Sankilah , ein Christ , habe ein Buch verfasst , um ihre 
Religion zu widerlegen , und dass in demselben , nebst andren 
lügenhaften Berichten , auch erzählt werde , Abraham sei desshalb 
aus ihrer Genossenschaft ausgetreten , weil sich an seiner Yorhaut 
Aussatz zeigte und jeder damit Behaftete als Unreiner aus ihrer 
Gemeinde ausgestossen wurde. Abraham — wird weiter erzählt — 
vollzog desshalb die Beschneidung an sich selbst. Als er darauf 
einen ihrer Götzentempel betrat, hörte er eine Stimme, die ihm 
zurief: »0 Abraham, du bist von uns mit e^wer Sünde weggegan- 
gen und mit zwei Sünden kehrst du zurück ; geh' und kehre nicht 
wieder!" Hierüber erzürnt zertrümmerte er die Götzenbilder und 
verliess die Gemeinde. Bald darauf empfand er Beue hierüber und 
wollte — dem Brauche gemäss — seinen Sohn dem Planeten Saturn 
opfern ; als aber Saturn seine tiefe Beue sah , war er mit dem 
Opfer eines Widders zufrieden. 



LOTH. 



Im Vergleich zu Abraham erscheint Loth nur als Nebenperson ; 
die ausschmückende Sage findet an Loth durchaus Nichts , was zu 



133 

seiner Verherrlichung dienen könnte — im Gegentheil. Nur seine 
Trunkenheit ist sprichwörtlich geworden, und so heisst es denn 
auch im Talmud (Erubin , 65^) , dass Einer (in juridischer Hin- 
sicht) nur dann als betrunken ("HlDIi^) ^^ betrachten sei, wenn 
seine Trunkenheit der des Loth gleichkomme. Bei den Arabern 
wird ein nicht näher zu bezeichnendes Laster mit einem Yom 
Namen Loth abgeleiteten Ausdruck benannt CJ^j^j ^^y^i wahr- 
scheinlich mit Bezug auf einige [Koranstellen (7, 78; 11, 80; 27, 
56) , an denen es aber nur heisst , dass Loth den Sodomiten die 
Schändlichkeit dieses Lasters Yorstellte , wie denn in andren Spra- 
chen die Benennung eines damit nah -verwandten Lasters von 
vSodom" abgeleitet ist. 

Loth kommt in der jüdischen Sage am meisten in Verbindung 
mit Sodom vor. So wird gleich der Umstand , dass er die Gegend 
von Sodom zum Aufenthaltsort erwählte (Gen., 13, 11 fg.), im Mi- 
drasch z. St. (Ber. B., S. 41) mit dem darauf folgenden Satze 
(Vs. 13) , dass die Bewohner von Sodom böse und sündige Menschen 
waren , in Verbindung gebracht ^ dass nämlich Loth eben desshalb 
Sodom zu seinem Wohnorte wählte, weil dessen Bewohner der 
Unzucht fröhnten (in diesem Sinne wird speciell der Ausdruck 
»Sünder" — D*^}^tDn — gedeutet) und er selbst den sinnlichen 

Lüsten ergeben war. 

Wie der erwähnte Vers nach hagadischer Weise detaillirt wird , 
so werden auch mit Bezug auf Gen., 18, 20 , die Sünden und gott- 
losen Handlungen der Sodomiten im Einzelnen aufgezählt. Dar- 
unter namentlich ihre Grausamkeit und Härtherzigkeit gegen Arme, 
wie das auch Ez., 16,49, hervorgehoben wird , welche Stelle auch 
in Pirke B. Eliezer (c. 25) und bei Nachmanides in seinem Com- 
mentar zur Pentateuchstelle angeführt wird. Diese Grausamkeit 
ging so weity dass diejenigen, welche, von Mitleid hingerissen, 
dem einen und dem andren Armen Nahrung verabreichten , einen 
qualvollen Tod erleiden mussten, wie das auch einer Jungfrau 
widerfuhr (Ber. R. z. St., sect. 49; Sanhedrin, 109^; Targum jerus. 
zu Gen., 18, 20. 21; Pirke R. Eliezer, c. 25, an letzterer Stelle 
heisst es , die Jungfrau sei eine Tochter Loth's , Namens H^^tD^D > 
gewesen). Loth's Frau hingegen war um Nichts besser als die 



134 

übrigen Bewohner Sodom's. Als die Engel Abends zu Loth kamen , 
ging sie bei ihren Nachbarinnen umher und sagte : v Leiht mir ein 
wenig Salz; wir haben Gäste bekommen" — um so den Sodomiten 
die Anwesenheit von Fremden kund zu geben. Zur Strafe hierfür 
ward sie in eine Salzsäule verwandelt (Ber. B., S. 49 zu Gen., 
19, 26; Targum jerus. I z. St.) Wie Raschi zu Gen., 19, 26 — 
nach einer andren Midraschs teile — bemerkt , hatte Loth zu seiner 
Frau gesagt: »Gib mir etwas Salz für unsre Gäste", worauf sie 
antwortete : i» Willst du auch diese schlechte Sitte (der Gastfreund- 
schaft) bei uns einfahren?" In den Pirke B. Eliezer (1. c.) wird 
hingegen erzählt , dass Loth zu seiner Frau , welche JT^T^y hiess , 
und seinen zwei Töchtern gesagt habe, sich nicht umzuschauen, 
weil die Herrlichkeit Gottes (HJ^Dti^) *^^ ^^^ Städte Feuer und 
Schwefel herabregnen lasse; seine Frau aber dachte mitleidsvoll 
an ihre zwei in Sodom zurückgebliebenen Töchter und wandte sich 
nach ihnen um, um zu sehen, ob sie ihnen vielleicht folgten. Da 
erblickte sie die Herrlichkeit Gottes und ward zu einer Salzsäule , 
die noch jetzt existirt ; bei Tage lecken die weidenden Binder das 
Salz derselben ab , das aber bei Nacht sich wieder neu bildet , so- 
dass am Morgen wieder die Salzsäule da steht. Letzteres wird auch 
im Sefer hajaschar (89^) sowie in Benjamin von Tudela^s Beise- 
beschreibung (ed. Asher , 1 , 37) berichtet. Auch im Talmud (Bera. 
choth , 54^) wird diese Salzsäule als noch bestehend erwähnt. Bei 
der Aufzählung der Localitäten, an welchen Wunder geschehen 
Bind und bei deren Anblick eine Benediction zu sprechen ist, wird 
auch die Frau Loth's genannt , worunter , wie weiter erklärt wird 
(54l>) , eben die Salzsäule zu verstehen ist. 

Besonders ausführlich ist — vielleicht mit Bezug auf das 
ÜIÜ ^J^Up ^®^ Jesaias, 1, 10, welche Stelle übrigens nicht an- 

geführt wird — an der erwähnten Talmudstelle (Sanh., 109l>) die 
Schilderung der vier sodomitischen Bichter, deren Namen (die 
jedoch wie Beinamen aussehen) zugleich angegeben werden: 

'i^T^l ^büD» ^Q^^h ^^inp^^ ^i<^pü^ also: Lügner, Lügen- 
schmied, Fälscher, Bechtsverdreher. Welche Art von Becht bei ihnen 
galt , — davon werden mehrere Beispiele gegeben. Dazu gehörte , 
dass , wenn Jemand Einen anklagte , dass er seinem Esel ein Ohr 



135 

abgehauen habe, mau zum Kläger sagte : »Qib Jenem deinen Esel , 
damit er ihn so lange behalte , bis das Ohr wieder angewachsen 
ist". Hatte Jemand die schwangere Frau eines Andren geschlagen , 
so zwar dass sie abortirte , so sagte der Richter zum Ehemann : 
»Gib Jenem deine Frau, damit er mit ihr ein andres Eind zeuge". 
Wenn Jemand Einen blutig geschlagen hatte , und der Geschlagene 
ihn verklagte, so wurde ihm gesagt, dass er dem, der ihn ge- 
schlagen , eine Gratification schuldig sei dafür , dass er ihm gleich- 
sam zur Ader gelassen habe. Alles das erinnert an itdas Urtheil 
des Schemjaka" bei Chamisso sowie an andre ähnliche Erzählun- 
gen in Benfe/s Pantschatantra (I, 394 fg.). Ebenso erinnert es 
an das Prokrustesbett , wenn ferner von einem Bette erzählt wird , 
in das jeder angekommene Fremde sich legen musste. War das Bett 
zu. lang , so dehnte man seinen Körper gewaltsam aus ; war es zu 
kurz , so wurde der überragende Theil seines Körpers abgeschnitten. 
Zugleich wird erzählt , wie Eliezer , der Diener Abraham's , als er 
einst in Sodom war , all diesen Chicanen auf kluge Weise zu ent- 
gehen wusste. 

Viele andre Einzelheiten , die in den jüdischen Schriften erwähnt 
werden, um die Gottlosigkeit der Sodomiten darzulegen, werden 
in Beer's »Leben Abraham'S (p. 41« 162 fg.) angeführt. Sodom und 
Gomorrha kommen im Koran, wie gewöhnlich, nicht unter diesem 
Namen vor. Die zerstörten Städte werden , ähnlich wie in der Bibel 
(Gesen,, Thes. s. v. "IQn j P* 388») , oLXftu,JI , die Umgestürzten ge- 
nannt (Sur. 9, 71 ; 53, 53; 69, 9) , bei den arabischen Autoren ähn- 
lich XfJLüJi (J^J^^ (AbA'1-Fidä, Geogr., ed. Reinaud, p. t*l*A ; Ista^rt 
ed. De Goeje, p* 1f), das umgestürzte Land. Die Bewohner der- 
selben heissen Jo^i «y» (Sur. 22, 43; 26, 160), welchen Ausdruck 
auch die arabischen Autoren gebrauchen. Der Untergang dieser 
Städte und ihrer Bewohner ist die Strafe dafür , dass sie den Er- 
mahnungen Loth's kein Gehör gaben. Statt der untergeordneten 
Rolle , welche Loth in den jüdischen Schriften spielt , wird er an 
vielen KorÄnstellen (Sur. 7, 78 fg. ; 11, 79 fg.; 15, 61 fg.; 21, 74 fg.; 
22, 43 fg.; 26, 160 fg.; 27, 55 fg.; 29, 27 fg.; 37, 133 fg.; 54, 33 fg.); 
neben Noah , Abraham , Moses und andren Personen als Vorbild 
und Vorläufer Mohammed's erwähnt. Wie bei den übrigen wird 



136 

auch sein Volk , das Jo^ «y^ , dafür bestraft , dass es trotz Loth's 
Ermahnungen in seiner Ruchlosigkeit verharrte. So bemerkt auch 
Bat^awt zu Sur. 7, 83 , noch besonders , dass Loth von Gott zu den 
Bewohnern Sodom^s («^^«^) gesandt wurde, um sie zu ermahnen und 
zu warnen , wie auch in einer von Zamahsart und Baidawt zu Sur. 
11, 83, angeführten Überlieferung Mohammed den Loth seinen Bruder 
(h^ (^5^0 nennt. 

Loth's Frau hingegen wird Sur. 66, 10, neben der Frau Noah's 
erwähnt , indem von beiden gesagt wird , dass sie ungläubig waren , 
ihren Männern gegenüber aber Frömmigkeit heuchelten , wesshalb 
beide zum Höllenfeuer verdammt wurden. Zamat][§art z. St. (II, 
lö.l) führt eine Überlieferung an , wonach Mohammad , als Antwort 
auf eine Frage Aii^a^s , gesagt habe , der !N'ame von Loth^s Frau 
sei Wäila, der von Noah's Frau Wahila gewesen. Sur. 11, 82, und 
29, 31, wird dem Loth vorher gesagt, dass seine Frau dasselbe 
Schicksal haben werde wie die übrigen Bewohner der Stadt ; nach 
andren Stellen (7, 81 ; 27, 58 ; 29, 31. 32 ; 37, 135) blieb sie zurück 
und fand ihren Untergang mit den Übrigen. In diesem Sinne wird 
das hier mehrfach vorkommende ^jUi? ^ vi^Jl/ von Zamahsart 
und Bai44wt zu Sur. 7, 81 erklärt. 

Das im !^or&n vom Untergänge Sodom's Erzählte wird von den 
Commentatoren des Näheren geschildert. Sur. 11, 83, wird erzählt, 
wie die Engel zu Loth sagten: »Wir sind von Gott gesandt ; jene 
(die Sodomiten) werden dir Nichts anhaben können." Hierzu bemer- 
ken Zamal^^ari und Bai4^wt, dass Gabriel mit seinem Flügel (welchen 
Zamali^art bei dieser Gelegenheit etwas näher beschreibt) den So- 
domiten in's Angesicht schlug, sodass sie blind wurden und mit 
dem Rufe fortstürzten : »Fliehet , fliehet ! Es sind Zauberer in Loth's 
Hause". ZamaliSart verweist zugleich auf Sur. 54, 37 , woselbst 
diese Blendung der Sodomiten kurz erwähnt wird. Ferner erzählen 
beide Commentatoren , dass Loth's Frau , als sie sah , wie das Ver- 
derben über Sodom hereinbrach, ausgerufen habe: >Ach, mein 
Volk!" worauf sie von einem niederfallenden Steine erschlagen 
wurde. Zu Sur. 11, 84, woselbst es mit Bezug auf Sodom heisst, 
dass das Oberste zu unterst gekehrt ward, bemerken dieselben, 
dass Gabriel mit seinem Flügel die Stadt gen Himmel erhob , und 



137 

zwar so hoch , dass des Bellen der Hunde und das Krähen der Hähne 
Yon den Himmelsbewohnern gehört wurde , worauf er sie umstürzte. 
Im jl^orän ist übrigens nicht von Feuer und Schwefel , sondern von 
herabfallenden Steinen die Rede, welche Sur. 11, 84, des Näheren 
beschrieben werden; dazu gehört auch, dass sie v bezeichnet" — 
ä^£a%w9 — waren , was nach einer Ton den Commentatoren ange- 
führten Meinung besagen soll , dass jeder Stein den Namen dessen 
trug , den er treffen sollte. Zu Sur. 7, 81, bemerkt Zamal^^art (I , 
f öi) , dass die Steine nur diejenigen trafen , welche Terreist , also 
ausserhalb der Stadt waren , während die in der Stadt Gebliebenen 
von der Erde yerschlungen wurden; ferner dass, einer Sage zu- 
folge , damals ein Kaufmann (aus einer der zerstörten Städte) sich 
in der Umgebung von Mekka («Jl ^^) befand, der, als er nach 40 
Tagen dort sein Geschäft beendet hatte und jene Gegend yerliess , 
Yon dem für ihn bestimmten Stein getroffen und getödtet wurde. 
Ferner bemerkt Zamajbsart, dass nach der Meinung Einiger die 
zerstörten Städte (oIXajyLi) aus fünf Ortschaften bestanden , während 
Andre sagen , es seien 4000 Städte gewesen , auf welche Gott Feuer 
und Schwefel herabregnen Hess. (Das yom Kaufmann im Gebiete 
Mekka's Erzählte wird in gleicher Weise von Zamahsart zu Sur. 
7. 76 — p. f öv — mit Bezug auf einen Bewohner Thamüd^s erzählt.) 

Auch Mas^üdt (1 , 85) sagt , dass unter den olX&j^^ fünf Städte 
verstanden seien. Das arabische Wort leitet er übrigens von (^t , 
lügen, ab, welche Erklärung auch Zamal^darl zu Sur. 9, 71, gibt, 
indem er sagt , es sei damit ihre Ungerechtigkeit und Peryersität 
gemeint , während Baidäwt z. St. nebst dieser auch die andre Er- 
klärung mit «die Umgestürzten" anführt. Dass übrigens auch dem 
hebräischen "1Qp| der Begriff Lüge , Falschheit nicht fremd ist , 
ersieht man aus Ges. Thes. s. t., p. 388^ 389^. 

Mas'üdt berichtet ferner, dass die Sur. 11,84, erwähnten »be- 
zeichneten" Steine noch zu seiner Zeit (332 der Hi^a) in jener 
Gegend gefunden würden und dass sie von glänzend schwarzer 
Farbe seien. Auch l^zwtnt (s. y. (^A^ , II , ^o) sagt , dass sich 
in der Umgegend von Sodom oder des umgestürzten Landes (^J^^ 
ÄjJLÄi^) derzeit noch jene Steine fanden, was Abtl'l-Fid4 (Geogr. 

ed. Reinaud, p. ITa) ebenfalls erwähnt. 

18 



138 

Auch Ibn el-Atlr (I , Af fg.) erzählt — unter Anfuhrung der Stel- 
len Sur. 29, 27 fg., 11, 73 fg. nebst erweiternder Erklärung der- 
selben — von der Ruchlosigkeit der Sodomiten , wie sie namentlich 
dem Laster des Jo^^ fröhnten und Yon ihrer Beraubung und Miss- 
handlung der Wanderer , wozu gehörte, dass sie dieselben zu eben 
diesem Jo}^ missbrauchten (^^^Xs>\i |^l^ jU^ i^^yi-^^ ^^^ qI-^ 
'gjo\ß^\ ^^ yiXJt^ ^^ läUo iü ^^fiL^^ ^ ZA Ü? ^mi) und wie 
Loth sie vergebens ermahnte und dann zu Gott betete, ihm bei- 
zustehen ; wie alsdann Gabriel nebst Michael und Israfil zu Abraham 
kamen , der sie gastlich aufnahm und wie sie ihm yon ihrer Sen- 
dung nach Sodom erzählten ; wie hierauf Abraham Gabriel bat , 
die Stadt zu verschonen , wenn sich dort 50, 40, 30, 20, 10 Gläu- 
bige ((2;>JLm^<«) fanden und wie Gabriel dieses gewährte und zugleich 
sagte , dass er jedenfalls Loth mit den Seinen erretten werde , 
mit Ausnahme seiner Frau. Gott hatte nun aber — heisst es weiter 
— den Engeln gesagt, Sodom nicht eher zu zerstören, als bis 
sie von Loth vier Aussagen über die Buchlosigkeit der Bewohner 
gehört hätten. Als sie nun in die Nähe Sodom's gekommen waren , 
begegnete ihnen Loth ; sie sagten zu ihm , sie möchten diese Nacht 
bei ihm einkehren ; Loth war es zufrieden , dann sagte er zu ihnen : 
)>Ihr wisst nicht , dass die Bewohner dieser Stadt jeder Schandthat 
fähig sind , bei Gott I ich weiss von keinem Volke der Erde , das 
ruchloser wäre als sie". Das sagte er viermal. Als sie nun in das 
Haus Loth's gekommen waren, ging seine Frau bei den Stadt- 
leuten umher und sagte zu ihnen : »Es sind Fremde bei uns ein- 
gekehrt; noch nie habe ich so schöne Männer gesehen''. Darauf 
folgt — wiederum mit kleinen Andrungen und erklärenden Zu- 
sätzen — die Erzählung ,' wie sie Sur. 11, 80 fg. sich findet. Die 
Blendung der Sodomiten durch Gabriel, wie er dann die Stadt 
bis zum Himmel emporhob und sie hierauf umstürzte, und wie 
Loth's Frau bei ihrem "Wehklagen über den Untergang ihres Volkes 
von einem auf sie niederfallenden Steine getödtet wurde — Alles 
das wird ebenso wie an den oben angeführten Stellen Zamal)Sart's 
undBai4äwt's erzählt. Ferner wird erwähnt, dass es fünf Städte gewe- 
sen seien , die vom Volke Loth's .{hy «y$) bewohnt wurden, nämlich : 
»yKA<9, Lc^iS, HpC, Mtyo, «3«Xw (cf. Gen., 10, 19; 14, 2.8; Deut., 



139 

29, 23). Am Schlüsse wird die nähere Erklärung des Sur. 11, 80, 
Yorkommenden Ausdrucks ^^r^. gegeben. 

Auch bei Abü'l-Fid4 (Eist, anteisl., p. 24) wird erzählt, dass 
Loth Yon Gott zu den Sodomiten gesandt wurde, damit er sie 
ermahne, von ihrem ruchlosen Lebenswandel abzulassen. Hierzu 
wird Sur. 29, 27. 28, angeführt, an welcher Stelle Loth ihr un- 
züchtiges Treiben rügt, und ihnen zugleich den Vorwurf macht, 
dass sie Wegelagerer seien, welches Letztere (J^^mJ! ^ydaüj^), 
ebenso wie bei Ihn el-Attr , mit ihrer Unzucht in Verbindung ge- 
bracht wird. Als nun aber Loth sah — heisst es weiter — dass 
alle seine Strafreden umsonst waren , rief er Gott um Beistand 
gegen die Sodomiten an. Darauf sandte Gott einige Engel, um 
Sodom — das allein 400,000 Einwohner zählte — mit den fünf 
dazu gehörigen Ortschaften zu zerstören ; letztere hiessen : Sabga , 
'Amra , Idma , Sabwim , Bela. Als die Engel dem Abraham sagten , 
dass sie Sodom zerstören würden , bat derselbe um Schonung , wenn 
sich dort 50—40—30—20—10 Gläubige fänden, was Gabriel auch 
versprach. Darauf sagte Abraham, dass Loth dort wohne. »Wir 
wissen wohl, wer dort wohnt", antwortete Gabriel mit den übrigen 
Engeln (nach Sur. 29, 31). Als nun die Engel zu Loth gekommen 
waren und die Sodomiten herbei eilten , um ihre unzüchtigen Be- 
gierden zu befriedigen , wurden sie Yon Gabriel geblendet. Darauf 
sagten die Engel zu Loth : »Gott hat uns hierher gesandt ; verlasse 
noch diese Nacht die Stadt mit den Deinen, und dass Keiner 
unterwegs sich umwende" (nach Sur. 11, 83). Als es Tag ward, 
zerstörten die Engel Sodom mit den fünf Ortschaften. Als Loth's 
Frau das Getöse hörte , rief sie aus : »Ach , mein Yolk !" Da ward 
sie Yon einem herabfallenden Steine getödtet. Aber auch diejenigen , 
welche anderswo waren, fanden ihren Untergang, indem Gott Steine 
auf sie herniederfallen Hess. 

Die Bichter von Sodom , von welchen — wie oben erwähnt 
wurde — in den jüdischen Schriften die Rede ist, kommen auch 
bei den arabischen Autoren vor. So wird bei JÄ^üt (s. v. rjcXw, 
III, oi) nach Meidänt das Sprichwort »ungerechter als ein Bich- 
ter von Sodom" (*^tX.^ i^^ CT j^^) angeführt , das sich in der 
That auch bei Frey tag (Arabum Prov, I, 336, N° 194) ündet, 



140 

woselbst auf Schiütens Ausgabe von Meid&nt's Sprüchen (p. 
144, N^. 230) verwiesen wird. Dasselbe Sprichwort (^J j^\ 
,»3Ju. MjSiS^) wird auch bei Mas'üdt (III, 160) angeführt und 
ebenso bei Jakdbt (p. ft^) : «^«Xw aX»- ^Jm jV^^* J&^^ht gibt zu- 
gleich die Namen zweier Richter in Sodoman, ^^^ßA^ l5;^' ^^^ 
also den oben aus dem Talmud angeführten ähnlich lauten {Jiä> 
bedeutet auch im Arabischen »Lüge"). Als Beispiel ihrer Rechts. 
Sprüche erzählt JaJkübt, dass, wenn Jemand einen Andren blutig 
geschlagen hatte, der Geschlagene ihm (für den heilsamen Blut- 
Yerlust) eine Belohnung geben musste, was wiederum der talmu- 
dischen Schilderung entspricht. 

Auch eine Tochter Loth's wird bei den arabischen Autoren be- 
sonders erwähnt. Bei J^küt (II , il^l*") wird Zo^ar (jcj) als Name 
einer Stadt angeführt , die nach dem Namen einer Tochter Loth's , 
welche dort wohnte, so genannt worden sei (das Gen., 19, 22, 
erwähnte "HWU > vielleicht auch eine Verwechslung mit n'n'^VUn * 

ib., vs. 31 fg.). Ebenso wird (I , oll*) vom stinkenden See (lj^.^uJI 
xIäaXI, die gewöhnliche Benennung des todten Meeres bei den 
Arabern) gesagt , derselbe werde auch der See Zogar , der umge- 
stürzte (XjJLäLt) , auch der verfluchte See ^ genannt , und dass in dem- 
selben Niemand untersinken könne. Auch an der bereits angeführten 
Stelle Abü'l-Fida's (p. ^^a) werden beide Benennungen identifizirt. 
Dimiskl (p. La) erwähnt ebenfalls den Salzsee von Zogar , der 
auch »See Loth's" genannt werde. (Im Talmud — Sabbath, 108l> — 
heisst das todte Meer »Meer von Sodom", und wird zugleich ge- 
sagt, dass noch nie Jemand in demselben versunken sei). Auch 
^azwtnt (I , til) erwähnt eine Quelle Zogar in einem Thale nahe 
dem stinkenden See , die nach einer Tochter Loth's , welche in 
deren Nähe starb, so genannt worden sei. Ferner sagt er, dass 
diese Quelle am Ende der Zeiten versiegen werde, als eines der 
Anzeichen der Auferstehung« 

Die syrischen Autoren (bei Lagarde, 1. c, p. 125) erzählen, Loth's 
Frau sei eine Tochter des Königs von Sodom und ihrem Vater- 
hause sehr zugethan gewesen. So glaubte sie auch nicht , dass Gott 
ihre Vaterstadt zerstören würde, ja, sie behauptete, Gott würde 
alsdann ungerecht handeln« Als sie nun das zu ihrem Manne sagte 



141 

und sich gleichzeitig umwandte, ward sie in einen Salzstein 
'(^JU jÄ>-) verwandelt , während der Erdboden über die Bewohner 
Sodom's sich erhob und sie lebend in das Höllenfeuer stürzten. 
Dieser Salzstein bestand als Denkmial für die Zeiten 250 Jahre 
lang , bis Esau, der Sohn Isaak's, ihn zerbrach und in den See Loth's 
warf. Der Name von Loth's Frau war ^ LUww^ , der Name ihres 
Vaters war « .L (^^3 C^en., 14, 2). Von Loth's Töchtern hiess die 

ältere ^^, die jüngere ^Lyo. 



ISAAK UND JAKOB. 

Im Vergleich zur Geschichte Abraham's und der Jakob's bietet die 
Lebensgeschichte Isaak's der Sage wenig Stoff zur Ausschmückung. 
Isaak bildet den Übergang von Abraham zu Jakob ; er ist der 
Sohn des Einen und der Vater des Andren, und es lässt sich 
Yon ihm sagen, was Abraham Mendelssohn Ton sich selbst zu 
sagen pflegte, dass er nämlich nie einen eigentlichen und eignen 
Namen gehabt, da man ihn in seiner Jugend den Sohn Moses 
Mendelssohn's , in seinem Mannesalter den Vater des Felix Mendels- 
sohn nannte. Es ist nur eine Episode im Leben Isaak's, die von 
der Sage ausgeschmückt wird, die bereits oben besprochene rnpV > 
die Erzählung von der beabsichtigten Opferung Isaak's. Eigent- 
lich aber ist auch hier Abraham die Hauptperson; er ist der 
Opfernde, während Isaak eine mehr passive Rolle spielt. So ist 
denn auch in der Liturgie ^pyjH , der Gebundene , das stehende 
Epitheton Isaak's, und ein liturgisches Stück im sephardischen 
Machsor für den Versöhnungstag (Vespergebet) so wie im Rituale 
der Karäer (D-iJ^lpri m^Dn "IIDj ed. Wien, 1854, IV, p. 210), 
dessen Thema die Opfrung Isaaks bildet , hat den Refrain : ^p'^yH 

An einer Stelle der von Buber edirten Sammlung von Hagadas 

zum B. Esther OnON H^Jö ^V NmJNT ^DD) werden (p. 2) 
die »Ersten" verschiedener Art aufgezählt , wie z. B. Adam als 
der Erste der geschaffenen Menschen , Kain als d^r erste Mörder , 



142 

Joseph als der Erste unter den Frommen, Moses als der Erste 
unter den Propheten , Abraham als der erste Beschnittne und Isaak 
als der erste Gebundne i^ynp^^b K^NI)- Isaak erscheint also 
weniger in activer als in passiver Weise. 

Obschon es nun aber beim blossen Willen yerblieb und die 
eigentliche That , die Opferung , nicht zur Ausführung kam , so war 
aber doch schon diese Vorbereitung von eingreifender Wirkung 
in das Leben der beiden Patriarchen insofern als , der Hagada zu 
Folge , die beabsichtigte Opferung Sarah's Tod zur Folge hatte. Da 
auf die Erzählung von der rnpV ^*st unmittelbar die vom Ableben 
Sarah's folgt , so werden beide in einen Causalnexus gebracht. Es 
wird nämlich erzählt: »Als Sarah hörte, dass Abraham im Begriff 
gewesen sei, seinen Sohn zu opfern, und dass dieses auch ge- 
schehen wäre , wenn nicht ein Engel Gottes ihn daran verhindert 
hätte, erschrak sie so sehr, dass ihre Seele entfloh*' (Ber. B., S. 
58; Raschi zu Gen., 28, 2). An einer andren Stelle (Wajikra B., 
S. 20) wird erzählt , dass Sarah ihren Sohn fragte : »Wo bist du 
gewesen, mein Sohn?" Darauf sagte Isaak: »Mein Yater nahm 
mich und führte mich über Berge hinauf und durch Thäler entlang, 
bis wir an einen Berg kamen, wo er einen Altar errichtete und 
Holz aufschichtete und ein Messer nahm , um mich zu schlachten , 
was er auch gethan hätte , wenn ihm nicht ein Engel von Himmel 
zugerufen , es nicht zu thun". Da rief Sarah aus : »Wehe , du Sohn 
einer unglücklichen Mutter! Ohne den Engel wärest du also ge- 
schlachtet worden P" »Allerdings", antwortete Isaak. Da stiess Sarah 
ein Wehgeschrei aus und verschied. Nach den Pirke B. Eliezer 
(c. 32) und dem jerus. Targum zu Gen. 22, 20 , war es der Satan, 
welcher die Kunde brachte. 

Auch bei den syrischen Autoren (Lagarde, p. 137) wird die 
Stelle Gen., 23, 2, mit den Worten angeführt: »Und Sarah starb 
in der Stadt der Riesen, welche ist im Thale Chebron in Ee- 
naan" (auch im Midrasch z. St. , Ber. B., S. 58 , wird der Name 

yi31J< n^lp ^^^ pjy ^^^ seil*® d'^ei Söhne — Num. 13, 22 , und 
Jos. 15, 13. 14 — bezogen). Dazu wird bemerkt: »Als Sarah die 
Kunde von dem vernahm , was Abraham mit ihrem Sohne zu \ oll- 
bringen im Begriffe war , betrübte sie das sehr , so zwar , dass sie 



U3 

krank ward und am dritten Tage ihrer Krankheit yerschied". Das- 
selbe findet sich auch bei Eutychius (1 , 66) , woselbst auch der 
Yon Sarah ausgestossene Weheruf erwähnt wird. 

Auch mit Bezug auf die Geburt Isaak^s , oder vielmehr mit Bezug 
auf Abraham's Freude darüber, wird bei den syrischen Autoren 
(ibid,, p. 130) die Stelle Gen., 21, 7 ^zugleich mit Anknüpfung an 
Ys. 6) so aufgefasst , dass Sarah in ihren Freude gesagt habe : i^Wer 
wird hingehen und es dem Abraham verkünden, dass Sarah ihm 
einen Sohn geboren und in ihrem Aller noch ein Kind säugt ?'^ 
Abraham — wird ferner erzählt — war nämlich bei Isaak's Geburt 
nicht anwesend, da er damals in der Wüste Kadesch war, um 
seine Schafe zu scheren. Am siebenten Tage nach Isaak^s Geburt 
trat er die Heimreise an. Als ihm nun unterwegs gesagt ward, 
dass Sarah ihm einen Sohn geboren habe , freute er sich sehr und 
dankte Gott für diese Gnade. Am Tage der Beschneidang Isaak's 
richtete er ein Gastmahl an, und schlachtete 100 Schafe, 100 
Ziegenböcke und 70 Stiere. 

Bei den Arabern findet Isaak kaum Erwähnung , denn auch das 
einzige Hervorragende in seinem Leben, seine Opferbereitwillig- 
keit, wird zumeist — wie oben erwähnt wurde — nicht ihm, 
sondern dem Ismael zugeschrieben. Sogar die arabische Form seines 
Namen »Ishak" (ü^-^UmI) entspricht mehr der griechischen oder 
syrischen als der hebräischen Benennung ; vielleicht auch , dass bei 
den arabischen Juden »Ishak'* als Name gebräuchlich war und 
man also der Umgangssprache diese Form entlehnte. Das biblische 
Etymon des Namens aber ist den Arabern durchaus unbekannt, 
ebenso wie die Erzählung, in welcher dasselbe vorkommt, und 
zwar in den synonymen Bedeutungen von »Freude" und »Lachen" 
(Gen., 17, 17. 19; 18, 12; 21, 3. 6). Eine Hauptstelle ist Gen., 
18, 12 fg., woselbst erzählt wird, wie Sarah bei der Verkündi- 
gung der Geburt eines Sohnes gelacht habe (pHüm) ^^^ ^^*^ 
aus Yerwundrung über die Yorhersagung eines unwarscheinlichen 
Ereignisses, während — wie Raschi z. St. mit Bezug auf die 
verschiednen Übersetzungen des Onkelos bemerkt — das pHü^l 
Gen., 17, 17, Abraham's Freude ausdrückt. Die Erzählung, wie 
die Engel zu Abraham kamen, findet sich nun auch im IS^orän 



144 

(äur. 11, 72 fg.). Es wird zunächst erzählt, dass Abraham , als er 
sah, dass sie die ihnen vorgesetzte Speise nicht berührten , Fareht 
Yor ihnen empfand, worauf sie sagten: i Fürchte Nichts, wir sind 
zum Volke Loth's gesandt" (d. h., wie Bai44wi z. 3t. bemerkt , wir 
sind zur Bestrafung gesandte Engel und desshalb geniessen wir 
keine Speise). Seine Frau — heisst es weiter — stand dabei und 
lachte. Und wir yerkündeten ihnen Isaak und nach Isaak Jakob. 
Und sie sprach : »Wie sollte ich Kinder gebären ? Ich bin ja eine 
alte Frau, und auch mein Mann ist alt; das ist in der That wunder- 
bar".* Darauf sagten die Engel: i Wunderst da dich über das, was 
Gott beschlossen? Gottes Gnade und Barmherzigkeit komme über 
euch I" 

Da nun zunächst Sarah's Lachen und darauf erst die Verkün- 
digung von Isaak's Geburt und Sarah's Verwundrung hierüber 
erzählt wird, so geben Zamahsart (I, Hf) und Bai4äwl z. St. als 
Grund des Lachens an, dass Sarah sich darüber gefreut habe, 
dass Abraham's anfängliche Furcht yerschwunden war, oder dar- 
über, dass die Bewohner Sodom's bestraft werden sollten. Nach 
einer angeführten dritten Erklärung ist hier Yon Lachen gar nicht 
die Bede; das dafür gebrauchte Wort (v.:>^^^Uad) soll yielmehr 
(gleichbedeutend mit o^c^L^^) besagen, dass Sarah in demselben 
Augenblicke (gewissermassen als Beweis für die Wahrheit der — 
allerdings erst folgenden — Verkündigung) empfand, dass sie 
keineswegs zu den ganz alten Frauen (:^.^\fi) gehöre und dass das 
in der biblbchen Erzählung (Gen. 18, 11) von ihr Gesagte jetzt 
aufgehört habe. 

Aber auch eine andre , mit der biblischen Erzählung überein- 
stimmende , Erklärung , wonach das Lachen Sarah's besagen sollte : 
»Die Botschaft hör' ich wohl , allein mir fehlt der Glaube" — auch 
diese Erklärung findet sich bei den arabischen Autoren* So führt 
Geiger (p. 130) eine von Elpherar gegebne Erklärung an , wonach 
Sarah aus Verwundrung darüber lachte, dass sie in ihrem Alter 
noch ein Kind gebären sollte und die einzelnen Säize in andrer 
Folge zu lesen seien, so dass erst auf die Verkündigung Isaak's 
das Lachen Sarah's folgte. Diese Erklärung der l^or&nstelle als 
v^repoy TtpdTspoy (^w^Uüt^ ^»^»JüiÄil ^^^ -^ denselben Ausdruck ge- 



145 

braucht Zama^^ari, I, Iva, zu Sur. 12, 100; ähnlich ist das talmu- 
dische nmro nm^Di ^lp^t2 p^<, ßuxtorf s. y. n^^<, coi. 62) 

wird übrigens — nebst den andren — auch von Lane s. v. i^L^/to 
angeführt* 

Die im Pentateuch so umständlich erzählte Verkündigung Yon 
Isaak's Geburt wird also im ]S^orS,n und bei den arabischen Auto- 
ren nur flüchtig und ungenau erzählt , was wiederum der geringen 
Bedeutung Isaak's bei den Arabern entspricht. 

Aus der oben angeführten ]^or4nstelle ist aber zugleich ersicht- 
lich, dass Mohammed auch in Bezug auf Jakob sehr unklare 
Vorstellungen hatte , worauf bereits Geiger (p. 138) hinweist , unter 
Anführung von Sur, 11, 74 : »Und wir verkündeten ihnen Isaak und 
nach Isaak Jakob" (s-y^^. vJL^U^t ^t.^ ^j^) , wo also Jakob ebenso 
wie Isaak als Sohn Abraham's erwähnt wird. Ahnlich heisst es 
an andren, von Geiger augeführten Stellen (Sur. 6, 84; 19, 50; 
29, 26): »ViTir gaben ihm (dem Abraham) Isaak und JakoV. 
Geiger fügt hinzu , dass in der Sunne, 398 und 400, deutlich Joseph 
als der Enkel Abraham's und Jakob als dessen Sohn benannt wird , 
führt aber auch — nach De Sacy's Anthologie grammaticale , p. 125 
— Zama^öltri zu Sur. 12, 4 (I, 1l*i, ebenso Bai4&wt z. St. , I , fö^) 
an, woselbst der (bereits oben angeführte) Spruch des Propheten 
erwähnt wird : Der Edle (Mj^^) Sohn des Edlen , Sohnes des Edlen , 
Sohnes des Edlen — das ist Joseph, Sohn Jakob's, Sohnes Isaak's, 
Sohnes Abraham's. Zu dieser Stelle bemerkt aber Geiger , dass un- 
ter den späteren Arabern oft richtigere Überlieferungen verbreitet 
waren, als sie der !Kor4n darbot. In der That sagt auch ZamahSari 
(I, in), und ebenso Bai4^wt zu Sur. 11, 74, dass »nach Isaak Jakob" 
so aufzufassen sei , dass Jakob der Sohn Isaak's , also der Sohnes, 
söhn Abraham's ist, wie auch Sur. 6, 84 u. 19, 50 in demselben Sinne 
erklärt werden. 

Mas'üdt (I, 89) gibt (mit andren Abweichungen von der ur- 
sprünglichen Form) die Namen der 12 Söhne Jakob's an und. erzählt 
gleichzeitig , dass Jakob dem Esau , aus Furcht vor ihm , von seinen 
5500 Schafen und Ziegen den zehnten Theil als Geschenk gegeben. 
Dafür aber — wird weiter erzählt — , dass er Esau fürchtete und 

nicht auf Gott vertraute, wurde er bestraft. Gott sagte nämlich 

19 



146 

zu ihm : »Weil du Furcht vor Esau hattest statt auf mich zu yer- 
trauen, werden die Kinder Esau's (die Römer) 550 Jahre lang 
über deine Nachkommen herrschen." Von der Zerstörung Jerusalem's 
durch die Römer bis zur Eroberung des Landes durch ""Omar b. 
al-Hattäb zählt man aber in der That 550 Jahre. (Auch Qamza 
I^fahltnt sagt — p. a*1 — , dass Jerusalem 554 Jahre lang im 
Zustande der Zerstörung gewesen , bis 'Omar b. al-Hatt^b die Stadt 
wieder neu aufbaute). 

Dass Jakob an die Erfüllung seines Gelübdes , Gott yon Allem 
den Zehnten zu weihen (Gen., 28, 22) , erst gemahnt werden musste 
(ib., 35 , 1 fg.) , wird im Midrasch z. St. (Ber, R., S. 81) scharf 
getadelt unter Anführung des Sprichwortes: »In der Stunde der 
Bedrängniss das Gelübde, in der Stunde des Glückes das Ver- 
gessen" (J<OC3^52^ nmn nys^D im: ^npy nys^D)- ^n einer 

andren Stelle (ib., S. 70, zu Gen., 28, 20 fg.) heisst es , dass Jakob 
von seinen Söhnen Levi als Zehnten Gott weihte. In den Pirke 
R. Eliezer (c. 37) wird erzählt, dass der Gen., 32, 25 fg., erwähnte 
Engel Jakob zur Erfüllung seines Gelübdes ermahnt habe. Darauf 
gab Jakob den Zehnten yon seinem Eleinyieh, das 5500 Stück 
betrug, und sonderte alsdann Leyi als gottgeweihten Zehnten ab. 
Darauf stieg der Engel Michael hernieder , nahm Leyi und brachte 
ihn yor Gott und sagte: »Herr der Welt! Hier ist dein Antheil 
des Zehnten (nach Num., 18, 20; Deut., 10, 9). Darauf segnete 
Gott den Levi, dass seine Nachkommen Gottes Diener auf Erden 
sein sollten, wie im Himmel die dienstthueuden Engel (*^3{^^D 

In dem längst gedruckten sowie in dem yon Buber edirten 
Midrasch Tanchuma (I , p. 87. 88) heisst es — mit kleinen Varianten 
— in Bezug auf Gen., 34, 1 fg., dass der Engel dem Jakob seine 
Säumniss in der Erfüllung des Gelübdes yorgehalten habe , und dass 
die Zwistigkeiten mit Laban , sowie Jakob's Hinken in Folge des 
Ringkampfes , ferner das Unglück mit Dinah und den Sichemiten 
und endlich der Tod Rachel's — dass dies Alles Strafen für die 
Nichterfüllung des Gelübdes waren. 

Auch bei den syrischen Autoren (Lagarde , p. 165) heisst es — 
unter Anführung der Stelle Gen«, 28, 22, wo Jakob gelobt, yon 



147 

Allem , was Gott ihm geben werde , den Zehnten Gott zu geben — , 
* dass, nachdem Gott ihm das Yerheissene aach gegeben hatte, Jakob 
nicht an Gott, sondern an Esau den Zehnten entrichtete. Dass nun 
der Engel beim Ringen mit ihm seine Hüfte verrenkte , sollte ihn 
ah die Erfüllung seines Gelübdes erinnern , und dass , als die Sonne 
aufging, Jakob auf seiner Hüfte hinkte (32, 32), geschah , damit 
die Erinnrung eine bleibende sei und er nicht etwa Alles für eine 
nächtliche Traumerscheinung halte. 

Im Buche der Jubiläen (Ewald's Jahrbücher , III , 41) wird er- 
zählt , dass Isaak den Jakob ermahnt habe , sein Gelübde zu erfüllen, 
und dass darauf Jakob von Allem den Zehnten gab, vom Vieh, 
Yom Golde und yon Kleidern und auch von seinen Söhnen Leyi 
als Zehnten auswählte und ihn in priesterliche Gewänder kleidete , 
worauf er in Beth-El als Priester diente. 

Dass Jakob den Levi Gott als Zehnten weihte, wird auch bei Gly- 
cas (ed. Bonn , p. 263) erwähnt , unter Anführung von Gen., 28, 22 
und Deut., 10, 9, letztere Stelle mit den Worten: *0 yap Kiipiog 
/Z€p)g ctÖTiv K») K^ijpog (bei den LXX : Kiiptog xiro^ K^^fjpog auTov , 
während p^H ^^ demselben Verse sowie Num., 18, 20, allerdings 
mit fispig übersetzt wird). Bei Syncellus (1 , 200. 207, ed, Bonn) wird 
ebenfalls erzählt , dass Jakob den Levi als den zehnten von seinen 
Söhnen — indem er von Benjamin zu zählen anfing — Gott weihte 
und zum Priester machte, gemäss seinem früher (Gen., 28, 22) 
gethanen Gelübde. Eigentlich zwar — heisst es weiter — hätte 
Beuben das Erstgeburtsrecht sowie die Königs- und Priesterwürde 
besitzen sollen ; wegen seines Vergehens mit Bilha aber wurde das 
erstere an Joseph , die Königswürde an Jehudah , und die Priester- 
würde an Leyi verliehen. Syncellus führt gleichzeitig Josephus an , 
nach welchem Isaak die Königswürde dem Jehuda , und die Priester- 
würde dem Levi verlieh. 

Dass Beuben die drei »Kronen*', d. h. die Krone der Erstgeburt 
sowie die des König- und Priesterthums , wegen seines Vergehens 
mit Bilha verlor , und dieselben an Joseph , Jehudah und Levi über- 
geben wurden , wird in Bereschith B., S. 98 , zu Gen., 49, 3 sowie 
im jerus. Targum z. St. erwähnt , obschon an diesen wie an andren 
Stellen (Sabbath, 56^, Targ. jerus. und Baschi zu Gen. 35, 22) 



148 

zugleich gesagt wird , das Vergehen Rubens habe bloss darin be- 
standen, dass er das Bett Bilha's in Unordnung brachte. Nach 
dem Tode Rachels hatte nämlich Jakob ihr Bett der Bilha einge- 
räumt; es Yordross nun Reuben dass, wie früher Rachel, jetzt 
deren Sklavin die Nebenfrau seiner Mutter Leah sein sollte, und 
so brachte er das Bett Bilha's in Unordnung. 

Auch Ephräm Syrus (Lagarde, p. 166) sagt, dass das Gen., 
35, 22 , Yon Reuben Erzählte nicht wörtlich aufzufassen sei , dass 
Reuben Tielmehr nach dem Tode Rachel's das Zelt seiner Mutter 
Leah genommen und dasselbe an dem Orte , wo Rachel's Zelt ge- 
standen , aufgerichtet habe ; darauf schlief er im Zelte seiner Mutter, 
und Bilha schlief im Zelte Rachel's. 



JOSEPH. 



Die jüdischen und arabischen Sagen, die sich auf Joseph be- 
ziehen , habe ich ZDMG. LXIII , 1 fg. zusammengestellt und will 
hier nicht darauf zurückkommen. Es sei also nur Das erwähnt, 
was sich bei den syrischen Autoren findet. Bei de Lagarde (p. 171) 
heisst es , es sei kein Grund yorhanden , auf die Geschichte Joseph's 
des Näheren einzugehen, da sie allgemein bekannt sei. Dage- 
gen aber finden sich einzelne Ausschmückungen derselben bei 
Ephräm Syrus. Mit Bezug auf die Standeserhöhung Joseph's er- 
zählt derselbe (p. 93) : Als Joseph's früherer Herr all die ihm 
erwiesenen Ehren sah, eilte er nach Hause und sagte zu seiner Frau : 
»Sieh, jener Joseph, der einst unser Sklave war — er herrscht 
jetzt über uns; er, dem wir sein Gewand ausgezogen, den hat 
Pharaoh mit dem Purpur bekleidet, und er, den wir aus dem 
Hause verjagt, der fährt im Wagen des Königs, und statt der. 
eisernen Ketten trägt er die Krone auf dem Haupte". Seine Frau 
sagte: »Es ist wahr, ich habe Joseph geliebt, da seine Schönheit 
mich blendete, und so habe ich unrecht gegen ihn gehandelt, 
aber ohne uns wäre er nie zu dieser Grösse gelangt". Als nun 
Potiphar vor Joseph erschien, übte dieser keine Yergeltung an 
ihm aus, da er wusste, dass Gott Alles so gefugt hatte. 



149 

Mit Bezug auf die Wiedererkennungssceine sagt Ephräm (p. 101) , 
dass Pharaoh und seine Grossen sich darüber freuten, weil sie 
einsahen , dass kein niedriger Sklave das Land beherrsche , sondern 
ein Freier und Edler aus dem gesegneten Hause Abraham^s. Das- 
selbe bemerkt übrigens auch Kachmanides zu Oen., 45, 17 (cf. 
Pesikta d. K. Eahna, f. 126(^). 

Auch bei den Commentatoren zu Sur. 12, 92. heisst es, dass 
die Brüder Joseph's zu ihm sagten : »Wir müssen uns jetzt yor dir 
schämen, da du uns zu deinen Tischgenossen machst, während 
wir so schlecht an dir gehandelt haben", worauf Joseph sagte : »Im 
Qegentheil , ich bin stolz auf euch , denn bis jetzt haben die Aegyp- 
ter gesagt : Merkwürdig (qL^Um) , wie weit es doch dieser Sklave 
gebracht hat, der für 20 Dirhem yerkauft wurde. Jetzt aber bin 
ich durch euch ein Edler geworden, da sie wissen, dass ich zu 
den Enkeln Abraham's gehöre". 

Als Übergang yon Q-en., 50, 25, zu Ex., 13, 19, also yon Joseph 
zu Moses, gebe ich hier das Folgende. 

Bei Zama^äart (I, 1v1) und Bai4Äwt (I, fvf) zu Sur. 12, 102, 
wird erzählt , dass die Aegypter Joseph in einen marmornen Sarg 
legten, den sie in den Nil — an einer Stelle, über welche das 
Wasser hinfloss — yersenkten (was unwillkührlich an das Grab 
des Alarich im Busento erinnert). Bei den syrischen Autoren (De 
Lagarde, 1. c, II, 181) heisst es, dass man Joseph in eine Truhe 
aus Marmor legte , die man in einem Palaste der Eonigsgräber 
begrub. 

An einer Talmudstelle (Sotah, 13^) — > die Zedner (Auswahl histo- 
rischer Stücke , p. 7) mittheilt — , in der Pesikta d. R. K. (ed. 
Buber, 86a fg.), in der Mechiltha zu Exod., 13, 19 (ed. Fried- 
mann , f. 24&) und an andren , yon Zedner , Buber und Friedmann 
angeführten Stellen — die mehr oder weniger Yarianten haben — 
wird mit Bezug auf Ex., 13, 19, erzählt: Wieso aber wusste unser* 
Lehrer Moses, wo Joseph begraben war? Man sagt (oder: man 
sagte ihm) , dass fi^lti^ (™ Talmud TTyn) Tochter des Ascher 

(Gen., 46, 17) yon den nach Aegypten Eingewanderten noch am 
Leben sei. Da ging Moses zu ihr und fragte sie : Weisst du etwa 
(p^^3), wo Joseph begraben ist? Darauf antwortete sie: Die 



150 

Aegypter haben ihn in einen Sarg Yon Metall gelegt und diesen 
in den Nil versenkt , damit sein Wasser gesegnet sei. Moses ging 
nun an das Ufer des Nil und beschwor Joseph, sich zu zeigen: 
der Sarg schwamm an die Oberfläche , worauf Moses ihn mit sich 
nahm. Im Jalkut zu Ex., 13, 19 (§ 227) und in einigen, von Buber 
a. a. O. erwähnten, Handschriften wird die Meinung angeführt, 
Moses habe den Gottesnamen auf ein Stück Thon geschrieben und 
dieses in den Nil geworfen , worauf der Sarg zum Vorschein kam. 
An der erwähnten Talmudstelle (Sotah , 13») wird eine andre Über- 
lieferung angeführt , wonach Joseph in den Grabmälem der Könige 
(D^ID^^D b^ ^^JIDpD) ') l>egraben war, und Moses dorthinging 
und (wie an der andren Stelle) ausrief : i» Joseph , die Zeit der Er- 
lösung Israels ist gekommen , und damit die Zeit der Erfüllung 
dessen , womit du Israel beschworen" (Gen., 50, 25 ; Ex., 13, 19) ... . 
Darauf schwamm der Sarg empor. In der Pesikta d. R. K., 87», 
Ber. R., S. 94 , Midr. Eoheleth, 9, 18, und an andren, von Buber 
und der Wilnaer Ausgabe des Midrasch angeführten Stellen heisst 
es , dass die 2 Sam., 20, 16 , erwähnte weise Frau eben jene Serach 
gewesen sei , die also zur Zeit David's noch lebte , in welchem Sinne 
auch ein dort vorkommender Ausdruck OJ^DN *^t2h^ *^IDJ{^ 
i^i^lJi^^ , Vs. 19) gedeutet wird. Im Jalkut (Gen., § 76) wird Serach 
unter denjenigen Personen erwähnt, die lebend ins Paradies ein- 
gingen ; dasselbe sagt auch das jerus. Targum zu Q-en., 46, 17 , mit 
dem Zusätze , das sei der Lohn dafür gewesen , dass sie es war , 
die dem Jakob die Botschaft brachte , dass Joseph noch lebe. Im 
Buche {^"^^D ^3 heisst es, Jakob habe damals gesagt : Der Mund 

der mir die frohe Kunde brachte , dass Joseph lebe , der soll den 
Tod nicht kosten. 

Diese Serach ist nun wegen des hohen Alters, das sie erreichte, 
bei den Arabern sprichwörtlich geworden und kommt so in Frey- 
tag's Ar. Prov. (II , 384 , N"" 223) als Sarih , Enkelin Jakob's , vor. 
Aber auch die Erzählung mit Moses findet sich bei den arabischen 
Autoren, Bei Tabart (I , W , fft) und (kürzer) bei Ibn el-Attr 
(I , tt^l*) wird erzählt , dass Joseph in einen marmornen Sarg gelegt 

1) Dass (wie Buber z. St. bemerkt) statt ^^^"l^p zu lesen sei ^^"J^in^ — d. h, 
Labyrinth — sagt schon Sachs (Beiträge, I, 54 fg.). 



151 

und dieser in den Nil versenkt wurde. Als die Israeliten nun aus 
Aegypten ziehen wollten , konnten sie nicht ; Moses befragte des- 
halb die Altesten des Volkes , und diese sagten , dass Joseph seine 
Brüder beauftragt habe, bei ihrem Fortgehen yon Aegypten seinen 
Sarg mitzunehmen und in Palästina zu bestatten. Eine alte Frau 
hörte davon und sie kam zu Moses und sagte zu ihm : i»Wenn ich 
dir den Ort zeige , wo Joseph begraben ist , wirst du alsdann das 
thun , um was ich dich bitten werde ?" Moses versprach es. Darauf 
sagte sie: )»Ich möchte, dass du, wenn du ins Paradies eingehst , 
mich mit dir nimmst". Moses sagte : )»Das will ich thun". Dann sagte 
sie : »Ich bin schon sehr alt und kann nicht gut gehen , trage mich 
also I" Moses trug sie hierauf fort. Als sie an den Nil gekommen 
waren sprach sie : »Hier ist Joseph begraben". Moses betete hierauf 
zu Oott; da trat das Wasser an der Grabesstelle zurück. Moses 
grub den Sarg aus und nahm ihn mit sich , worauf die Israeliten 
fortzogen. 

Bei Ja'kübt (p. ^f) wird erzählt : Als die Israeliten im Begriffe 
waren , Aegypten zu verlassen , suchte Moses nach dem Körper 
Joseph's , um ihn mitzunehmen , wie Joseph es verlangt hatte. Da 
kam zu ihm Särih {^X^, nach einer andren Leseart ^j^^ 
Tochter des Äser (-ä!) , Sohn Jakob's , and sagte : Versprichst 
du mir den Eintritt ins Paradies (eig. in jene Welt , «^üuSI , wie 
in ähnlichem Sinne der Talmud J^^H D^IJ? gebraucht) , wenn ich 
dich an den Ort führe, wo Joseph begraben ist? Als Moses es 
ihr versprach , ging sie mit ihm an eine Stelle des Nil und sagte 
zu ihm: Hier ist der Ort. Darauf nahm Moses vier G-oldbleche; 
auf das eine derselben malte er die Figur eines Adlers, auf das 
zweite die eines Löwen, auf das dritte die eines Stiers, auf das 
vierte die eines Menschen (also die vier £z., 1, 10 erwähnten 
Q-esohöpfe) , und dann schrieb er auf jedes derselben den heiligen 
Namen Gottes und warf sie in den Nil. Darauf kam der steinerne 
Sarg, in welchem Joseph's Körper war, an die Oberfläche. Moses 
nahm ihn und trug ihn fort. In Moses* Hand blieb nur das Blech 
. mit der Figur des Stiers, das er der §4rih gab. 

Auch Btrünt erzählt (p. M), dass Joseph im Nil begraben war, 
und dass Moses dessen Sarg mit sich nehmen wollte, aber den 



152 

Ort nicht wusste, wo derselbe war. Er nahm nnn Papier und 
bildete durch Ausschneiden desselben die Figur eines Fisches , auf 
welche er hauchte (kl^a^ — das eine magische Bedeutung hat, 
wie z. B. Sur. 113, 4), dann die Figur eines Kalbes, und warf 
Beides in den Nil. Man sagt auch , dass Aaron , als er das goldne 
Kalb yerfertigte, diese Figur des Kalbes besass. 

Im Midrasch Tanohuma zu Ex., 13, 19, wird , wie an den oben 
angeführten Stellen , erzählt , wie Serach dem Moses den Ort an- 
gab , wo Joseph begraben war ; Moses — heisst es femer — grub 
auf ein Stück Thon die Worte ein: »Steige empor, o Stier!" (H^^y 
•^^52^ mit Bezug auf das von Joseph gebrauchte yi^]'^ IIIDD > Deut,, 
33, 17) , und indem er (wie oben) Joseph anrief, sich zu zeigen , 
warf er dasselbe in den Nil , worauf der Sarg zum Vorschein kam. 
In demselben Midrasch wird zu Ex., 32, 4 (und ebenso bei Raschi 
z. St.) erzählt, dass der Jud., 17 und 18, erwähnte Micha jene 
Tafel mit dem Worten "^0 ili^^ besafs und dass er dieselbe in 
den Schmelztiegel warf, worauf das goldne Kalb entstand. Dass 
dieser Micha der eigentliche Yerfertiger des goldnen Kalbes war , 
wird auch von Raschi, Sanhedrin, 103^, bemerkt. Auch bei Comestor 
(Bistoria scholastica, Exod., c. 27) wird erzählt, dass Joseph's 
Sarg in den Nil versenkt worden war, und dass Moses auf ein 
Goldblech den heiligen Namen Gottes schrieb und dasselbe in den 
Nil warf, worauf es bis zu dem Orte schwamm, wo Joseph be- 
graben war. Moses nahm den Sarg mit sich und zog mit den 
Israeliten aus dem Lande. Als (Jberlieferung der Hebräer wird 
femer erwähnt , dass , als sie im Begriff waren fortzugehen, plötzlich 
ein Lamm da stand, das sprechen konnte, und das sie mitnahmen, 
sodass dasselbe sie auf ihren Wanderungen durch die Wüste be- 
gleitete , und darauf beziehe sich der Vers Ps. 79 (80) , 1 : » , . , qui 
deducis yelut ovem Joseph". Letztere seltsame Sage habe ich nir- 
gends sonst gefunden^ 



MOSES. 



Was die Geburt und Kindheit Moses' betrifft, so wird im Mi- 
drasch (Schemoth R., S. 1) zu J.{!|i-| n^^-'ig ^fli^ {^IHl (^^- ^» ^) 



153 

bemerkt , bei seiner Geburc sei das ganze Haus von Licht erfüllt 
gewesen — unter Vergleichung des Gen., 1, 4, vom Lichte ge- 
brauchten ^ItO^'^S (ebenso Sotah , 12^), Zu Ex., 2, 5, wird die Mei- 
nung angeführt , die Tochter Pharaoh's sei aussätzig gewesen und 
desshalb habe sie baden wollen ; als sie aber das Kästchen berührte , 
in welchem Moses war , wurde sie geheilt (was auch das Targum 
jerus. z. St. sagt), und deshalb erbarmte sie sich seiner und liebte 
sie ihn ganz ausserordentlich. Zu Ys. 10 wird gesagt: Die Tochter 
Pharaoh's erzog Den im Palaste ihres Vaters , der einst sein Yolk 
an Pharaoh rächen sollte (ähnlich Sur. 28, 7). Sie liebte ihn, als 
sei er ihr eigener Sohn , liebkoste ihn beständig und Hess ihn nicht 
Yon sich. Als sie ihn einst zu Pharaoh brachte, küsste und lieb- 
koste ihn auch dieser ; da nahm Moses ihm die Krone vom Haupte 
und setzte sie sich selbst auf. Die Bilderschriftkundigen, welche 
anwesend waren, sagten zu Pharaoh: ]> Wir fürchten dass dieser, 
der deine Krone sich aufs Haupt setzte , derselbe sei , Yon dem 
wir dir prophezeiten, dass er dich vom Throne stossen werde"* 
Einige waren der Ansicht , man solle ihn verbrennen. Andre , man 
solle ihn mit dem Schwerte tödten. Jethro , der in ihrer Mitte sass 
(an einer früheren Stelle , nämlich zu 1, 9 , wurden Jethro , Bileam 
und Hieb als die Räthe Pharaoh's genannt) , sagte : iDieses Kind 
hat keinen Yerstand; stellt dasselbe auf die Probe, bringt eine 
Schüssel mit Gold und glühenden Kohlen herbei und sehet, 
wonach es greifen wird". Man that also ; da wollte Moses seine 
Hand nach dem Golde ausstrecken , der Engel Gabriel aber stiess 
dieselbe , sodass er die Kohlen ergriff , sie in den Mund steckte 
und sich die Zunge verbrannte. Darauf bezieht es sich, wenn 
Moses (Ex. 4, 10) sagte : »Ich bin schweren Mundes und schwerer 
Zunge". 

Mit Bezug auf die daraufolgende Stelle, an welcher gesagt 
wird , dass Pharaoh's Tochter ihn PIJJ^Q nannte , heisst es femer : 
»Das ist der Lohn der guten Handlung: Obschon Moses mehrere 
Namen hatte , wird er in der ganzen Thorah nur mit dem Namen 
genannt , den ihm n^^DD ' Tochter Pharaoh's , gegeben hatte, und 
Gott selbst nannte ihn nie anders". 

Au einer andren Midraschstelle (Wajikra K., S. 1) werden die 

80 



154 

1 Chron., 4, 18 , vorkommenden Namen *T^J "\3J^^ , •7*^*1 u. s. w, 
sowie (naoh einer andern Meinung) die ib., 24, 6, vorkommenden 
^{^jnj T2 liT^VfD'iif *^^® *^^ Moses bezogen und gleichzeitig in 
diesem Sinne erklärt (ähnlich Megillah, 13^^. An derselben Midrasch- 
stelle wird femer die in demselben Verse (1 Chron., 4, 18) ge- 
nannte H'^nD? Tochter Pharaoh's, auf die Pflegemutter Moses^ 
bezogen und der Name in j^*i J^J, Tochter Q-ottes, zerlegt; Gott 

sagte zu ihr : »Da hast Moses , der dein Sohn nicht war . deinen Sohn 
genannt , so will ich dich auch meine Tochter nennen , obschon du es 
nicht bist". Unter dem Namen n^^HD kommt die Tochter Pharaoh's 
auch an andren Stellen vor, wie Sanhedrin, 19l>; Jalkut , Sam., § 129. 

In den Pirke R. Eliezer (c. 48) wird erzählt : Die Bilderschrift- 
kundigen sagten zu Pharaoh: )>Es wird ein Knabe geboren werden, 
der die Israeliten aus Aegypten führen wird". Da befahl Pharaoh , 
alle neugebomen Knaben in den Nil zu werfen. Nach drei Jahren 
sagten die Bilderschriftkundigen zu Pharaoh : »Der Knabe, von dem 
wir dir sagten , ist geboren ; wir wissen aber nicht , too*\ Darauf 
befahl Pharaoh, den Israeliten schwere Arbeiten aufzuerlegen. — Mit 
Bezug auf Ex«, 2, 8, heisst es ferner , dass Moses' Mutter diesen drei 
Monate lang unter der Erde verbarg , nach Verlauf derselben aber 
ihn in einen Kasten that, den sie in den Nil legte. D^^DD} ^^® 
Tochter Pharaoh's, die aussätzig war und desshalb kein wahnes 
Bad nehmen konnte , ging an den Fluss , um darin zu baden. Sie 
erblickte das Kästchen und darin einen weinenden Knaben, und 
als sie diesen herausnahm , war sie geheilt .... Wegen dieser Er- 
rettung des Moses wurde die Tochter Pharaoh's unter den Flügeln 
der Schechinah geborgen (genoss sie Gottes besonderen Schutz , oder 
auch : sie ward dem wahren Glauben zugeführt) und wird sie auch 
die Tochter Gottes genannt. 

Im Jalkut (Pent., § 166) , wo diese Stelle angeführt wird, lautet 
der Schlusssatz: Und darum wurde sie des ewigen Lebens theil- 

haftig (J<3n ni^iyn '^'^n^ nriDT)- ^^ ^^^^ andren Stelle des 
Jalkut (ib., § 76; Ez., § 367) wird n^rÜ, Tochter Pharaoh's, 
(neben der oben erwähnten Serach) unter denjenigen Personen 
aufgezählt, die lebend ins Paradies eingingen. 

Bei Tabart (I, ffo) und — in kürzerer Fassung — bei Ihn 



155 

el-Attr (I , Hl) wird erzählt , dass Pharaoh einst träumte , wie ein 
Feuer aus Jerusalem ausging und sich nach Aegypten hin wälzte , 
woselbst es alle Häuser verbrannte, mit Ausnahme der Häuser der 
Israeliten , die es yerschonte. Pharaoh berief darauf die Zauberer , 
Wahrsager und Zeichendeuter zu sich, und erzählte ihnen seinen 
Traum. Da sagten sie: »Der Traum bedeutet, dass aus den Israe- 
liten ein Mann hervorgehen wird , der dein Reich zerstört'\ Darauf 
befahl Pharaoh alle männlichen Kinder der Israeliten zu tödten 
(wobei Sur. 28, 3 , angeführt wird). Einige Zeit nachher kamen die 
Sternseher und Zeichendeuter wiederum zu Pharaoh und sagten 
zu ihm: »Wir haben durch unsre Kunst gefunden, dass die Zeit 
der Geburt dessen gekommen ist, der dich vom Throne stürzen 
und dein Reich zerstören wird". Darauf befahl Pharaoh abermals , 
alle neugebomen Knaben der Israeliten umzubringen. Es wird nun 
femer — unter Anführung von Sur. 28, 6 — erzählt , wie Moses' 
Matter denselben im Nil (welches Wort dem ^^i des Textes als Erklä- 
rung hinzugefügt wird) aussetzte — und zwar auf Gottes Geheiss — 
und wie die Wellen das Kästchen bis unter die Bäume hin trugen, 
die in der Nähe von Pharaoh's Palast waren. Die Dienerinnen 
Asiya's , der Frau Pharaoh's — heisst es ferner — waren an den 
Fluss gegangen , um darin zu baden ; als sie nun das Kästchen 
sahen, nahmen sie dasselbe und brachten es zu Asiya. Als diese es 
öffnete, hatte sie Mitleid mit dem Kinde; sie nahm es, brachte 
es zu Pharaoh und sagte zu ihm : »Das Kind wird mir und dir 
eine Erquickung sein" (S^^ i ^^j^ »^ Sur. 28 , 8 , der unmittelbar 
darauf folgende Satz entspricht wörtlich dem , was Sur. 12, 21, Itfir 
oder Potiphar zu seiner Frau sagt). Darauf antwortete Pharaoh: 
»Dir mag es eine Erquickung sein, mir ist Nichts an ihm gelegen; 
ich fürchte sogar , dass dieser Knabe derjenige sein wird , von 
dessen Hand uns Untergang bevorsteht" (wozu Sur. 28, 7, angeführt 
wird). Mit Bezug darauf, dass , wie Sur. 28, 11, erzählt wird , Moses 
von keiner Säugamme sich säugen lassen wollte , bis seine Schwester 
ihre Mutter herbeiholte , von deren Brust er trank (wozu Geiger , 
p. 157, die entsprechende Talmudstelle Sotah, 12^, anführt) , heisst 
es , dass seine Mutter in ihrer Freude schon im Begriffe war aus- 
zurufen : »Das ist mein Sohn !" als Gott sie davon abhielt. 



156 

Es wird femer erzählt, wie Moses' Mutter denselben einst zu Asiya 
brachte ; diese freute sich sehr mit ihm , trug ihn zu ihrem Gemahl 
und reichte demselben den Knaben dar. Dieser aber ergriff Pharaoh's 
Bart und begann ihn zu zerzausen. Da rief Pharaoh aus: »Rufet 
den Scharfrichter , dass er ihn tödte — das ist er ! (yon dem mir 
Verderben prophezeit wurde)". Darauf sagte Asiya: »Tödte ihn nicht, 
.... es ist eine Kind ohne Verstand ; ich werde zur Probe Kohlen 
und daneben ein G-eschmeide aus Edelsteinen vor ihn hinlegen; 
greift er nach dem Geschmeide, so möge man ihn tödten, greift 
er aber nach den Kohlen , so ist das ein Beweis , dass er keinen 
Verstand besitzt und dass , was er gethan , nur aus kindischem Un- 
verstand geschah". Als man nun Beides vor Moses hinlegte , wollte 
er nach dem Geschmeide greifen , der Engel Gabriel aber stiess 
ihn an und gab seiner Hand eine andre Richtung , so dass er nach 
den Kohlen griff, diese an seinen Mund führte und sich so die 
Zunge yerbrannte. Darauf bezieht es sich , wenn Moses (Sur. 20, 28) 
zu Gott sagte : »Löse den Knoten (die Hemmung) meiner Zunge". 

Nach einer andren von Tabari (p. f oö) angeführten Überlieferung 
hatte Pharaoh Moses auf den Schoss genommen , als dieser anfing , 
ihn stark am Barte zu zupfen. Da sagte einer der Feinde Gottes 
(d.' h. einer der anwesenden Aegypter) zu Pharaoh: »Siehst du 
nicht, dass sich das erfüllt, womit der Gott Abraham's dich bedroht, 
und dass dieser Knabe über dich siegen wird ? Schicke also nach dem 
Scharfrichter , dass ihn derselbe umbringe". Darauf folgt — wie oben 
— die Erzählung von der Feuerprobe durch Kohlen und Perlen. 

Diese Sage hat eine weite Verbreitung gefunden. So erzählt 
Syncellus (ed. Bonn, p. 227) unter Anführung des Josephus (Antt., 
II, 9, 7), dass Thermutis, die Tochter Pharaoh's, Moses als Kna- 
ben ihrem Vater darreichte , der ihm zum Scherze seine Krone auf- 
setzte. Moses aber warf sie zur Erde und trat auf sie. Daraufhin 
liess Pharaoh die neugebornen Knaben der Israeliten tödten, da 
ihm auch geweissagt worden war , dass Einer aus Israel sein Reich 
zerstören werde. Auch Comestor (Exod., c. 5) erzählt, wie Therimit, 
die Tochter Pharaoh's , ihrem Vater den Moses brachte , und wie 
dieser die ihm aufs Haupt gesetzte Krone zur Erde warf, wie dar- 
auf der Priester von Heliopolis sagte , es sei dies ein Anzeichen der 



157 

Q-ötter , dass dieser Knabe den Aegyptern Verderben bringen werde , 
worauf ein andrer Weiser den Vorschlag mit dem Experimente der 
Kohlen and des Goldes machte , auf dessen Ergebniss es sich beziehe, 
wenn Moses (Ex., 4, 10) seine schwere Zunge erwähnt. 

Im Sefer hajasohar (f. 131^ fg.) — und daraus im Jalkut (Pent., 
§ 166, ed. Frankf., f. 52») — wird ebenfalls, und zwar wie ge- 
wöhnlich sehr ausführlich, diese Geschichte folgendermassen er- 
zählt : Im dritten Jahre nach der Geburt Moses' sass einst Pharaoh 
beim Mahle , zu seiner Rechten die Königin n^^^VIDi^J^ — *^ einer 
andren Stelle (f. 139» zweimal) n^^JV^DN — > ^^ seiner Linken 
seine Tochter H'^DD ^°^ ^^^ deren Schosse Moses; an der Tafel 
sass ferner Bileam, Sohn des Beor, mit seinen zwei Söhnen, so- 
wie die Grossen des Königs. Da streckte der Knabe (Moses) seine 
Hand aus nach dem Haupte des Königs , nahm dessen Krone und 
setzte sie sich selbst auf. Der König sowie alle Grossen waren 
darüber sehr bestürzt, und der König sagte zu ihnen: »Was ist 
eure Meinung in dieser Sache, und was soll dem Hebräerknaben 
geschehen für Das, was er gethan?" Darauf antwortete Bileam, 
Sohn Beor's: »Denke zurück, o König, an jenen Traum, den du 
Yor längerer Zeit geträumt hast, und den dein Knecht (d. h. ich, 
Bileam) dir auslegte. Dieser Knabe hat nun Das , was er gethan , 
nicht aus Unverstand gethan ; er strebt vielmehr danach , dir die 
Krone zu entreissen und dich ins Unglück zu stürzen, wie das 
seine Vorfahren alle gethan". Als Beweis dafür , dass die Hebräer 
von jeher danach gestrebt , die Könige und ihr Volk zu schädigen , 
und zwar durch List und Trug , erwähnt Bileam Abraham , Isaak , 
Jakob und Joseph's Brüder. Schliesslich gibt er den Rath , Moses 
umzubringen. Der König — heisst es weiter — sagte hierauf: »Wir 
wollen doch vorher alle Weisen und Richter Aegypten's befragen , 
um zu erfahren , ob auch sie derselben Ansicht sind". Pharaoh liess 
nun alle Weisen des Landes zusammen berufen ; unter ihnen stellte 
sich auch ein Engel Gottes in Menschengestalt ein. Als der König 
nun die Sache vorgetragen hatte , gab der Engel den Rath , man 
solle dem Kinde einen Schohamstein (QHti^ ON) ^^^ glühende 
Kohlen vorlegen. Das Folgende ist wie in den obigen Erzählungen ; 
nur heisst es hier : »Und so ward er schweren Mundes und schwerer 



158 

Zunge" (pjy^ ^331 HD 1DD ^1^1) mit Bez^g a«^ Ex., 4, 11. 

Der Tranm, von dem Bileam spricht, wurde schon an einer andren 
Stelle des S. hajasohar (f. 128^ — IBO^) erzählt, wie nämlich Pharaoh 
einst tränmie , dass ihm gegenüber ein alter Mann stehe mit einer 
Wage in der Hand; in die eine Wagschale legte derselben alle 
Fürsten und alle Grossen Aegypten's ; in die andre Wagschale legte 
er ein junges Lamm, und dieses überwog jene. Pharaoh berief 
darauf seine Weisen und Räthe , unter denen auch Bileam war. 
Dieser legte den Traum dahin aus , dass aus den Israeliten Einer 
erstehen werde, welcher das Land Aegypten zerstören und seine 
Bewohner dem Verderben zuführen werde. Auf die Frage des Königs, 
was nun geschehen solle , antwortete Bileam , der König solle auch 
seine beiden andren Räthe, Reuel, den Midianiten (Jethro), und 
Hieb, den Uziten, befragen. Als der König diese um ihre Ansicht 
befragte , gab Reuel den Rath , den Israeliten kein Leid zuzufügen , 
sondern sie — wenn der König sie nicht im Lande dulden wolle — 
nach Kenaan , dem Lande ihrer Vorfahren , zurückzuschicken. Zur 
Unterstützung seiner Ansicht erzählte er , wie bisher Alle , die den 
Hebräern zu schaden gesucht , you Gott bestraft wurden , und wie 
andrerseits der frühere König den Joseph über das Land gesetzt 
und seine Familie nach Aegypten kommen Hess. Pharaoh war über 
diesen Rath sehr erzürnt und befahl dem Reuel, das Land zu yer- 
lassen , worauf derselbe nach Midian ging. Darauf wurde Hieb be. 
fragt; dieser gab gar keinen Rath, sondern stellte Alles der Weis- 
heit und dem Gutdünken des Königs anheim. Schliesslich fragte 
der König abermals Bileam um seine Meinung. Dieser sagte, Abra- 
ham sei vom Feuertode errettet worden, ebenso Isaak durch den 
substituirten Widder Yom Opfertode, auch dem Jakob habe die 
harte Arbeit bei Laban Nichts geschadet ; der König solle nun aber 
ein noch nicht dagewesenes Vertilg an gsmittel anwenden , nämlich 
alle neugebomen Knaben der Israeliten ins Wasser werfen lassen. 
Dem Könige gefiel dieser Rath, und alsbald erliess er den Be- 
fehl zur Ausführung desselben. 

Der letzte Theil dieser Erzählung ist der Hauptsache nach den 
jüdischen Schriften entnommen — mit Ausnahme der Erzählung 
vom Traume. Entsprechend der Vorliebe der Hagada für die Indiyi- 



159 

dualisirang wird (Schemoth B., S. 1; Sotah, IIa) die Stelle Ex., 
1, 9 : »Und Pharaoh sprach zu seinem Volke : Das Volk der Israe- 
liten wird uns zu mächtig" u. s. w. dahin individualisirt , dass 
Pharaoh seine drei Käthe, Bileam, Hieb und Jethro befragte. Bileam, 
der den verderblichen Bath gab, wurde später (zur Strafe dafür) 
getödtet ; Hieb , der sich neutral verhielt und schwieg , wurde von 
Schmerzen heimgesucht; Jethro aber, welcher, um kein Votum 
abgeben zu müssen , aus dem Lande flüchtete , gelangte mit seinen 
Nachkommen zu hohen Ehren , wozu Jud., 1, 16, und 1 Chron«, 2, 
55, angeführt werden. 

Beide Erzählungen des Sefer hajaschar werden bei Weil (Bibl. 
Legenden , S. 129 fg. und S. 141 fg.) nach dem Midrasch -— d. h. 
nach dem Jalkut — f. 51. 52 (§ 164, § 166) angeführt. Im Jalkut 

wird nun aber am Bande als Quelle HIÜ^DT m "^^^ "inNH HH 
— d. h. also das Sefer hajaschar, das nach Zunz (G. V., p. 154, N.) 
zuweilen so genannt wird — angegeben. 

Bei Zamaböarl (I, flA; II, l.fr) und Bai4&wi (I, tTI; II, w) 
zu Sur. 7, 124, und 28, 3, wird erzählt, dass Pharaoh in Folge eines 
Traumes und dessen Auslegung durch die Wahrsager die neuge- 
bomen Knaben tödten liess. Zu Sur. 28, 3 , bemerkt Zama^^art , dass 
Pharaoh , bei dem Suchen nach Moses , 90,000 Kinder habe tödten 
lassen. Femer wird erzählt , dass die Hebamme die Geburt Moses' 
dem Pharaoh hatte anzeigen wollen; als sie aber das Licht sah, 
das zwischen seinen Augen leuchtete , erfüllte sie eine grosse Liebe 
zu dem Kinde , wesshalb sie die Anzeige unterliess und das auch 
seiner Mutter erzählte. Als darauf die Spione Pharaoh's sich dem 
Hause näherten, warf die Mutter, ohne zu wissen, was sie that, das 
Kind in einen brennenden Ofen« Nachdem die Spione dann unverrich- 
teter Sache wieder fortgegangen waren , wusste sie nicht mehr , wo 
sie das Kind hingethan ; da hörte sie ein Weinen , das aus dem Ofen 
kam; als sie hinzutrat, fand sie das Kind wohlbehalten in dem- 
selben , da Gott das Feuer kühlend und wohlthätig gemacht hatte 
(UXm^ toy auif «Lül M Jnju> Jö^ , wie bei Abraham , Sur. 21, 69). 

Zu Sur. 28, 8, bemerken beide Commentatoren (p. w und p. Uff) , 
dass , als Asiya das Kistchen öffnete , sie ein Kind sah , zwischen 
dessen Augen Licht leuchtete und das aus seinem Daumen Milch 



J 



160 

sog (wiederum wie bei Abraham) , und sie ward Ton Liebe zu ihm 
erfüllt. Pharaoh hatte nun auch eine aussätzige Tochter, von der 
die Arzte gesagt hatten, sie könne nur geheilt werden mit dem 
Speichel eines menschenähnlichen Seethieres. Asiya benetzte sie nun 
mit dem Speichel des Moses, worauf sie geheilt war; nach Andren 
wurde sie durch den blossen Anblick desselben geheilt, was also 
an die oben erwähnte jüdische Sage erinnert. 

Die Feuer- oder vielmehr Yerstandesprobe mit den Kohlen und 
Edelsteinen wird auch Yon Bai4^wt (I , oif ) zu Sur. 20, 28. 29, er- 
zählt, während sie Ton ZamahSart z. St. (II, aoI) nur flüchtig err 
wähnt wird. 

Die Erzählung, wie Moses den Aegypter erschlug (Ex., 2, 12), 
findet sich auch im ^orän (28, 14) , wo Moses aber wegen dieser 
ungerechten Handlung Gott um Verzeihung bittet. Im Midrasch 
(Schemoth R., S. 1 ; Wajikra R., S. 32) werden die besondern Gründe 
angegeben , die Moses zu dieser Handlung veranlassten. An ersterer 
Stelle sowie in den Pirke R. Eliezer (c. 48) wird das ^*jn3 IPUDD'^I 

dahin gedeutet , dass bei dieser Tödtung des Aegypters nur Israe- 
liten zugegen waren, die (Gen., 22, 17; 32, 13) mit dem Sande 
verglichen werden. Diese Deutung findet sich auch bei Ephräm 
Syr. (Opp., I, 199); zu Ex., 2, 12, bemerkt derselbe: Er tödtete 
und verbarg im Sande den, welcher das Volk bedrängte , von dem 
gesagt ward , dass es zahlreich sein werde wie der Sand am Meere. 

In demselben l^oräncapitel (28, 21 fg.) wird femer Moses' Flucht 
nach Midian, sein Zusammentreffen mit den Töchtern des Jethro 
(Soaib) und diesem selbst erzählt , sowie dass Jethro ihm eine seiner 
Töchter zur Frau gab. Alles das wird , wie immer , von den Com. 
mentatoren und andren Autoren sehr ausführlich angegeben. Bei 
Ibn el-Attr (p. (ff) heisst es, nach einer Meinung seien es nicht 
die Tochter Soaib's gewesen , die Moses am Brunnen traf , sondern 
die des Jatrün (qijJlj), eines Neffen Soaib's (cf. Geiger, p. 173 fg.); 
zugleich wird der Name einer derselben , der biblischen Zipporah , 
als ^yf-^ angegeben ; ebenso bei Abü'l-Fidä (Hist. anteisl.. p. 30). 

Sur. 20, 8 fg., wird — ähnlich wie Ex., 3, 1 fg. — erzählt, 
wie Moses ein Feuer sah und zu seinen Leuten sagte, er wolle 
näher hinzutreten, um ihnen einen Brand zu bringen, und wie 



161 

dann Gott aus dem Feuer zu ihm sprach. Bei Zamah^art (p. Afl) , 
Bai4Äwt (p. ö*iO , Ihn el-Attr (p. I^ö) und AbA'1-FidÄ (p. 30) wird 
nun erzählt , dass , nachdem Moses Ton iSoaib fortgegangen war , er 
in einer sehr kalten und stürmischen Wintemacht — nach Eini- 
gen war es eine Nacht des Freitags (jüuil xLJ) — unterwegs war, 
als er in die Irre gerieth, während gleichzeitig seine Frau Yon 
Geburtswehen ergriffen wurde. Sein Versuch, aus den damaligen 
Beibzündhölzern (q^uVj*^) Feuer zu erzeugen, misslang. Er ging 
also auf das Feuer zu, das er in der Ferne sah, und aus dem 
dann Gott zu ihm sprach. Bei Zamahsari, Ibn el-Attr und Abü'l- 
Fidd wird zugleich gesagt, welcher Strauch es eigentlich war, 
der im Feuer loderte , obschon im Koran gar kein Strauch erwähnt 
wird , wie das allerdings in der biblischen Erzählung der Fall ist. 

In derselben Erzählung des ^orän heisst es nun weiter (Vs. 18) , 
dass Gott an Moses die Frage richtete , was er in der Hand habe. 
Moses antwortet hierauf: »Es ist das mein Stab , auf den ich mich 
stütze , mit welchem ich für meine Heerde Blätter abschlage und den 
ich auch sonst noch zu yerschiedenen Dingen gebrauche''. Letztere 
werden nun Ton Zamahöart (p. Af i) und Bai^äwt (p. öil**) z St. des 
Näheren angegeben. Demnach diente der Stab auch dazu, mit 
seinen beiden Zweigen als Reibzündhölzer Feuer zu erzeugen , die 
wilden Thiere zu verscheuchen und Andres mehr , wozu auch ge- 
hörte , dass , wenn Moses den Stab in die Erde steckte , er auf sei- 
nen Wunsch Früchte hervorbrachte. Zu Sur. 2, 57, bemerken beide 
Commentatoren (p. va und p. *tl*) , dass dieser Stab von einem Myr- 
tenbaume des Paradieses herstammte, von wo ihn Adam mitge- 
nommen hatte , dass er zwei Zweige hatte , mit denen man Feuer 
erzeugen konnte und dass er — ebenso wie Moses selbst — eine 
Länge von zehn Ellen hatte. 

Zu Sur. 28, 28 , erzählt Zamal^^art (p. \*ö\) , dass im Hause des 
iSoaib Prophetenstäbe (i^Lxi'it i^^*^ waren, und dass derselbe einst 
Moses aufforderte , in das Haus zu gehen und sich einen der dort 
befindlichen Stäbe zu nehmen. Da gerieth nun in Moses' Hand der 
Stab , den Adam aus dem Paradiese mitgenommen und der sich fort- 
geerbt hatte, bis er in den Besitz Soaib's gelangte. Soaib sagte 

zu Moses , er solle sich einen andren Stab auswählen , aber dieser 

21 



162 

Stab kehrte sieben Mal immer wieder zu Moses zurück, und so 
wuBste er, dass er für ihn bestimmt sei. Andre sagen, dass nach 
dem Tode A.dam'8 der Engel Gabriel den Stab zu sich nahm und 
ihn dann dem Moses gab. Wieder nach Andren hatte ein Engel in 
Menschengestalt den Stab dem ^eaib übergeben , bei dem er aber 
nicht, blieb , sondern immer wieder zu Moses zurückkehrte. Nach 
einer vierten Meinung war der Stab Ton dem Brustbeerstrauch 
(^^sAMytJt H-i^u^) , aus welchem Gott zu Moses sprach. Alles das findet 
sich in ähnlichen Weise bei Ibn el-Attr (I , I*a und ll*o fg.). 

In dem syrischen »Bienenbuch'* (Text, p. 50 fg.) wird erzählt, 
dass Jethro zu Moses sagte , er solle ins Haus gehen , um sich yon 
dort einen Hirtenstab zu holen ; auf göttliches Geheiss bewegte sich 
darauf ein Stab zu ihm hin , welchen er nahm. Darauf folgt ein Ca- 
pitel (das 30.) mit der Überschrift : Die Geschichte Tom Stabe Mosis 
l-AaLo? oi}-^aM9 j^i-^ ^ \ . Hier wird erzählt: Als Adam das Pa- 
radies verliess , hieb er vom Baume der Erkenn tniss des Guten und 
Bösen (einem Feigenbaum) einen Zweig ab, der ihm, so lange er 
lebte, als Stab diente. Dieser Stab wurde Ton einer Generation auf 
die andre vererbt und gelangte so in den Besitz Abraham's , der mit 
demselben die Götzenbilder zertrümmerte, dann in den Besitz Jakob's 
der ihn als Hirtenstab gebrauchte , dann in den Besitz Jehudah's , 
und zwar war das derselbe Stab , den er der Thamar als Unter- 
pfand gab (Gen., 38, 18). Später nahm ihn ein Engel und verbarg 
ihn in der Schatzhöhle (|i ^l^Lo) ^^ Gebirge Moab. Als der 
fromme Jethro seine Schafe weidete, fand er den Stab in Folge 
göttlicher Fügung und weidete mit demselben seine Heerde. Als 
er alt geworden war , bat er Moses , sich den Stab zu holen, und 
als Moses die Schwelle überschritten hatte , bewegte sich der 
Stab zu ihm hin; dieser Stab war es, der die Buthe der ägyp- 
tischen Zaubrerin Pösdt verschlang, und an ihm hing Moses die 
eherne Schlange auf, die er in der Wüste Asohimon verfertigte 
(Num., 21, 9). Später gelangte der Stab in den Besitz des Pinchas, 
der ihn in der Wüste vergrub. Zur Zeit der Geburt Christi ge- 
langte er in den Besitz Joseph's , des Mannes der Maria , der ihn 
bei seiner Flucht nach Aegypten mit sich nahm ; von ihm gelangte 
er in die Hand seines Sohnes Jakob. Judas Ischarioth, der ein 



163 

Dieb war , stahl den Stab Ton ihm und gab ihn her , um bei der 
Kreuzigung Christi als Querbalken zu dienen. 

Dieser Wunderstab — im Pentateuch der göttliche Stab genannt 
(Ex., 4, 20 ; 17, 9) — wird auch in den jüdischen Schriften er- 
wähnt- An den bereits oben angeführten Stellen der Pirke Aboth 
(V, 6) und der Aboth d. R. Nathan (ed. Schechter, f. 48») wird 
unter den 10 Dingen, die nachträglich am Freitagabend in der 
Dämmrung erschaffen wurden, auch i>der Stab" (nCODH) erwähnt, 
womit — wie die Commentatoren z. St. bemerken — der Stab 
Mosis gemeint ist , der — so wird hinzugefügt — aus Sapphir war 
(pj*^TDJD — so auch M. Tanchuma zu Ex., 17, 4). Zu Ex., 4, 
20 heisst es in der Paraphrase des jerus. Targum: »Und Moses nahm 
in seine Hand den Stab , den er aus dem Garten seines Schwieger- 
yaters Jethro genommen hatte , und es war der Stab aus Sapphir 
vom Throne Gottes, 40 J^^'Q schwer, und der göttliche Name 
war auf ihm eingegraben". 

In den Pirke R. Eliezer (c. 40) wird erzählt, dass der Stab, 
welcher in der Abenddammrung des sechsten. Schöpfung&tages er- 
schaffen worden war, dem Adam übergeben ward, von dem er 
auf seine Nachfolger überging, bis er in die Hand Joseph's ge- 
langte; nach dessen Tode kam der Stab in den Palast Pharaoh's. 
Dort sah ihn Jethro , nahm ihn mit sich und pflanzte ihn in seinen 
Garten , und Keiner konnte sich ihm nähern. Als dann Moses den 
Stab und die darauf eingegrabenen Zeichen sah, nahm er ihn, und als 
Jethro den Stab in Moses' Hand sah sprach er: »Dieser wird Israel 
erlösen" und gab ihm seine Tochter Zipporah zur Frau. 

Dasselbe wird auch im Sefer hajaschar (140^ fg.) erzählt, nur 
heisst es hier , dass Jethro demjenigen seine Tochter Zipporah zur 
Frau zu geben versprach , der im Stande sei , den in seinen Garten 
gepflanzten Baum aus der Erde zu ziehen. Yiele starke Männer 
versuchten es, aber keinem gelang es, bis Moses kam, der ihn 
mit Leichtigkeit herauszog und so Zipporah zur Frau bekam. Beide 
Stellen — die der Pirke R. Eliezer und die des S. hajaschar — 
werden im Jalkut (Pent., § 168 und § 173) angeführt. An einer 
andren Stelle des Jalkut — zu Num., 20, 8 — heisst es , der hier 
erwähnte Stab des Moses sei früher im Besitze Jakob's gewesen 



164 

(worauf die Stelle Gen., 32, 11, bezogen wird) ; auch sei es der 
Stab gewesen , den Jehudah der Thamar zum Unterpfande gab , und 
der später in den Besitz David's gelangte (nach 1. Sam., 17, 40) und 
sich von einem König auf den andren vererbte bis zum Unter, 
gange des Tempels. Dereinst aber — heisst es am Schlüsse — 
wird er dem Messias übergeben werden. Dieselbe Erzählung vom 
Stab Moses' findet sich auch im Midrasch Wajoschah (Jellinek , 
Beth ha-Midrasch, I, 42 fg.), auch im Schalscheleth hakabbalah 
des Ibn Jahj4 (12^) , der aber der Erzählung im S. hajaschar folgt. 

Was im iKorsln von Moses' Sendung an Pharaoh besonders aus- 
führlich in der 28. Sure erzählt wird , erscheint bei den späteren 
Autoren ebenfalls sehr ausgeschmückt. Ys. 38 sagt Pharaoh zu 
Hämän, er solle ihm einen hohen Thurm bauen, damit er zum 
Gotte Mosis hinaufsteige. Hierzu bemerkt Zamab^ari (p. ]*öö) , dieser 
Thurm sei ein Gebäude gewesen wie kein andres in der Welt. Da 
schickte aber Gott den Engel Gabriel , und dieser schlug mit seinem 
Flügel an den Thurm , sodass er in drei Theile auseinanderfiel ; 
der eine-Theil fiel auf Pharaoh's Heer und tödtete 1000 mal 1000 
Mann, ein andrer fiel ins Meer, ein dritter Theil nach Westen, 
sodass keiner der beim Baue Beschäftigten am Leben blieb — 
was an die (oben erwähnte) Zerstörung des babylonischen Thurmes 
sowie an die von Sodom erinnert. Es wird auch erzählt — sagt 
Zamah^art ferner — , dass Pharaoh vom Thurme aus einen Pfeil 
gen Himmel sandte , der blutbefleckt zurückkehrte , worauf er sagte : 
»Ich habe den Gott Mosis getödtet". Letzteres — was auch Tabart 
(p. f*t1) erzählt — erinnert an die oben erwähnte talmudische Sage 
von Titus sowie an die arabische von Nimrod. 

Auch der Durchgang durchs rothe Meer wird im Koran (Sur. 
10, 90 fg., und 26, 52 fg.) erzählt. Sur, 10, 90— 92, heisst es, dass 
Pharaoh , dem Ertrinken nahe , gesagt habe , er glaube jetzt an 
den Gott der Kinder Israel's , worauf es weiter heisst: »Ja, jetzt 
(glaubst du) , vordem aber warst du widerspenstig ; nun aber wollen 
wir dich retten mit deinem Leibe , damit du für die nach dir ein 
Zeichen seiest". Geiger (p. 162 fg.) vergleicht hiermit eine Stelle 
in den Pirke R. Eliezer (c. 43 , daraus im Jalkut , § 238) , an welcher 
von Pharaoh's Busse erzählt wird, und dass Gott ihn am Leben 



165 

erhielt, damit er ein Beispiel von Gottes Macht und Grösse sei. 
Auch führt Geiger in der Note (nach Henzii fragmenta) Bai4awt z. 
St. an, wonach Gott zu Pharaoh sagte, er werde ihn aus der Tiefe des 
Meeres heraufholen und fügt hinzu : Hingegen weiss er (Baidawt) 
die folgenden Worte i> damit du für das kommende Geschlechte in 
Zeichen seiest" nicht anders als auf die gewöhnliche Weise zu 
erklären, nämlich als Abschreckung und Warnung. — Allein Baidäwi 
sagt (p. f)tf) in der That, dass sich die folgenden Worte auf die 
Kinder IsraeFs beziehen. Auch Zamah^art, bei dem sich die an- 
geführte Stelle Bai^^wf s fast mit denselben Worten findet (p. öIv : 
-^uJt jXd (j^ (^Lcy» XjO ci^ U (;2)«Ajuj) , fügt hinzu , dass unter dem 
»Zeichen , für die nach dir^' die Kinder Israelis yerstanden seien , 
welche nicht glauben wollten , dass Pharaoh ertrunken sei , wess- 
halb ihn Gott aus der Tiefe des Meeres ans Ufer zog , damit sie 
ihn sehen sollten. 

Dass die Kinder Israelis an den Untergang der Aegypter nicht 
glauben wollten , wird übrigens auch in den jüdischen Schriften et" 
wähnt. Zu dem Satze Ex., 14, 30: »Und die Israeliten sahen die 
Aegypter todt am Ufer des Meeres" wird (Mechiltha, Jalkut und 
Kaschi z. St.) bemerkt , das Meer habe sie ans Ufer ausgeworfen , 
damit die Israeliten nicht glauben sollten, die Aegypter seien an einer 
andren Stelle ans Land gekommen und würden sie weiter yerfolgen. 

Zu der erwähnten ]S!or4nstelle , an welcher von Pharaoh's Busse 
die Rede ist, bemerken Tabart (p. f/^) und Ibn el-Attr (p. ^1**^ ) 
dass, als Pharaoh, dem Ertrinken nahe , gesagt hatte: »Ich glaube 
an den Gott der Kinder Israelis", Gabriel Yom Schlamme des Meeres 
nahm tind ihn in Pharaoh's Mund that, und Michael die (an der 
Koränstelle folgenden) Worte sagte: »Jetzt glaubst du, aber vordem 
warst du widerspenstig". Zugleich wird erzählt, dass Gabriel einst zu 
Mohammad sagte , wie er sich beeilt habe , Pharaoh^s Mund mit dem 
Meeresschlamm zu yerschliessen , damit er nicht Etwas redete , was 
Gott zum Erbarmen bewogen hätte. Beide Autoren (p. f aI fg. und 
p. in**) erzählen femer, dass die Kinder IsraePs sagten : »Pharaoh 
ist gewiss nicht untergegangen ; er wird uns erreichen und um- 
bringen". Da betete Moses zu Gott, und Gott Hess alle Ertrunkenen , 
Pharaoh mit seinem 120,000 Mann starken Heere, alle in ihrer 



166 

Büstung aus dem Meere heryorkommen , worauf sich die Israeliten 
zufriedengaben. 

Ferner erzählen beide Autoren (p. f aa und p. ^1*1** — Tabarl wie 
gewöhnlich nach zwei etwas yerschiedenen Darstellungen — ) , dass , 
als Pharaoh den Israeliten nachsetzte, Hämän an der Spitze von 
1,700,000 Reitern war, deren Pferde aus lauter Hengsten bestan- 
den (wozu Sur. 26, 53 , angeführt wird). Als sie an das Meer kamen , 
wollte Pharaoh's Pferd nicht vorwärts ; da näherte sich ihm Gabriel, 
der eine läufige Stute ritt, und als Pharaoh's Pferd diese sah, 
folgte es ihr nach. Während so Gabriel den Aegyptern voranritt, 
ritt Michael hinter den Beitern , diese fortwährend ermahnend , ihre 
Vordermänner einzuholen. Es wird darauf erzählt (wie oben) , dass 
Pharaoh , als er seine Ohnmacht Gottes Allmacht gegenüber einsah , 
sich zum Gotte Israelis bekannte , und was der Engel zu ihm sagte. 
Diese Erzählung findet sich ihrem Hauptinthalte nach auch bei 
Jakübi (p. rf). 

Ahnliches wird auch in den jüdischen Schriften erzählt. In den 
Pirke B. Eliezer (c. 42) heisst es: »Als die Aegypter ans Meer 
kamen, wollten sie wieder umkehren, aus Furcht, dass die Wogen 
sie verschlingen würden. Da erschien ihnen Gott in Gestalt eines 
Beiters, der eine Stute ritt" (wozu Ht^'HS ^DD'HIZI ^nDD^> Cant. 

• • • • • 

1,9, angeführt wird). »Pharaoh ritt einen Hengst ; als dieser die 
Stute sah, folgte er ihr wiehernd, worauf alle Aegypter dem Pharaoh 
nachfolgten". In den Aboth d. B. Nathan (c. 27, f. 42», ed. Schechter) 
und ähnlich an andren von Schechter angeführten Stellen heisst 
es — wieder mit Bezug auf Cant. 1, 9 — , dass Pharaoh, als er 
ins Meer hineinritt , auf einem männlichen Pferde sass , dass aber 
vor ihm her ein Cherub ein weibliches Pferd ritt , worauf alle Aegyp- 
ter ins Meer hineinritten. 

Sur. 26, 63, heisst es, dass, als Moses das Meer mit seinem Stabe 
schlug, dasselbe sich theilte und dass jeder Theil einem grossen 
Berge glich (|*-^J^^ .^Ul^). Hierzu bemerken Zamahsart (II , IV) und 
Baidäwi (II , öt*) , dass das Meer sich , nach der Anzahl der Stämme 
Israel's , in 12 Theile spaltete , zwischen welchen Pfade zum Gehen 
waren. Dasselbe sagen Tabart (p. fA») und Ihn el-Attr (p. tt**!*) unter 
Anführung derselben l^oränstelle und indem sie — ebenso wie die 



D^IP^ 



167 

beiden andren Autoren — das .^^ des Textes mit »Berg" (J^l^ 
a-a^mÜ) erklären. Beide fügen hinzu , dass die einzelnen Stämme — 
da sie wegen des hohen Zwischenwalles die andren nicht sehen 
konnten — sagten : »Unsre Brüder sind gewiss getödtet worden". 
Moses flehte hierauf zu Gott, und Gott machte in den Zwischen- 
wällen Wölbungen (oder Bogen, bei Ibn el-Attr Gitter), durch 
welche , wie durch Fenster , ein Stamm den andren sehen konnte , 
bis sie alle aus dem Meere ans Land stiegen. 

Dass das Meer nach der Zahl der 12 Stämme in 12 Theile gespal- 
ten ward, wird auch Debarim R., S. 11, zu Deut., 31, 14, im M. 
Tanchuma zu Deut., 3, 23, wowie von Maimonides in seinem Commen- 
tar zu den Pirke Aboth (V, 4), erwähnt, unter Anführung von ^|j^ 

n^D"Q*i, Ps. 136, 13. An der oben angeführten Stelle der 

Pirke R. Eliezer (c. 42) heisst es: i>Da8 Meer theilte sich in 12 
Pfade (Cl^^^'^DSi^) ) iiach der Anzahl der Stämme , und zwischen den- 
selben waren Wassermauern , an wechen Fenster waren (Höhlungen, 
mJl^n)) sodass die Einen die Andren sehen konnten". Im M. 
Tanchuma und in der Mechiltha zu Ex., 14, 16 (cap. 4 , ed. Fried- 
mann, f. 30^) heisst es, dass die Wasser auf beiden Seiten der 
Durchgehenden durchsichtig waren wie' Glas ; nach der Pesikta des 
R. Eahna (f. 86^) waren sie gitterförmig. 

Auf die Erzählung vom Durchgang durchs rothe Meer folgt im 
Pentateuch (Ex., 15, 22 fg.) die Erzählung von der Ankunft der Israe- 
liten in n*lp 1 dessen Name von der Bitterkeit des Wassers herge- 
leitet und wobei zugleich erzählt wird , wie Moses das bittre Wasser 
in süsses verwandelte. Hierzu wird im Midrasch (Mechiltha z. St. , 
ed. Friedmann, f. 45^; M. Tanchuma, ed. Buber, II, 33*; SchemothR., 
S. 23 und S. 50) bemerkt, das Holz, das Moses ins Wasser warf, 
sei nicht ein süsses , sondern ein bittres Holz gewesen ; nur sind die 
Meinungen darüber verschieden, von welchem Baume es gewesen 
sei. Nach einer Meinung war es der Oleander (J«^JDmn> ^^^ 
schon Mussafia mit poho^iCpv^ erklärt) , wie auch das jerus. Targum 
das Wort J^V im Texte mit »der bittre Baum Rhododaphne" J^'iJ«^ 

NJDTnNT "T'^D wiedergibt. Zu dieser Anwendung eines homöopa- 
thischen Mittels wird als Parallele u. A. auch 2. Eon., 2, 21 angeführt. 



168 

Diese Deutung hat nun auch bei den syrischen Autoren Auf- 
nahme gefunden. Im »Bienenbuch" (ed. Budge, p. 55 fg.) heisst 
es , Moses habe das Absynth ( ^ AifY)o p genannte Holz , das von 
Natur bitter ist , ins Wasser geworfen , worauf es süss ward. Dass 
das Holz ein bittres war und zur Yersüssung des Wassers ange- 
wandt wurde, um Gottes Allmacht darzuihun, wird auch bei Comestor 
(Hist. schol., Exod., c. 32) als jüdische Tradition (Hebraeus dicit) 
erwähnt. 

Mit Bezug auf Sur. 2, 60. 87; 7, 170, woselbst es heisst , Gott 
habe gedroht, über die Israeliten, wenn sie das Gesetz nicht an- 
nehmen wollten , den Berg zu stürzen (ebenso , nur kürzer , Sur. 
4, 153) , führt Geiger (p. 164) eine Talmudstelle (Abodah zarah, 2^ ; 
Sabbath , 88^) an , an welcher das '^jin D'^nrinB Dit^^rT^V E^-> 

* • • • • 

19, 17, dahin gedeutet wird, dass die Israeliten unter dem Berge 
standen , indem Gott denselben über sie stülpte gleich einer Kufe 
und zu ihnen sagte : »Wollt ihr das Gesetz annehmen , so ist^s gut , 
wo nicht, so soll hier euer Grab sein". Zu Sur. 2, 60, bemerkt 
ZamaMari (p. a.) — und ebenso Bai^äwt (I, 1f)j — dass die Kinder 
Israelis das Gesetz nicht annehmen wollten , dass Gabriel den Auf- 
trag erhielt , den Berg emporzuheben und über ihren Häuptern zu 
halten, und dass Moses ihnen mit dem Herabstürzen desselben drohte, 
worauf sie das Gesetz annahmen. Zu Sur. 7, 170, bemerkt Za- 
maMari hingegen , Gott selbst habe den Berg über ihren Häuptern 
gehalten , und zwar sei derselbe von gleicher Ausdehnung gewesen 
wie das Lager der Israeliten, nämlich eine Parasange lang und 
eine solche breit. Unter Andrem sagt Zamah^art , dass , als Moses 
das Gesetz der Gesetzestafeln kundgab, alle Berge, Bäume und 
Felsen sich hin und her bewegten , und daher stamme der Gebrauch 
der Juden , beim Lesen der Thora den Kopf hin und her zu be- 
wegen. Dass bei der Gesetzgebung auf Sinai Flüsse und Meere , 
Berge und Hügel , Bäume und Gesträuche sich bewegten wird auch 
in den Pirke R. Eliezer (c. 41) gesagt , während es an einer andren 
Stelle (Schemoth R., S. 29 gegen Ende) heisst: »Als Gott die Thora 
gab, da sang kein Vogel, da brüllte kein Ochs, die Ophanim 
flogen nicht, die Seraphim sagten nicht ihr dreimaliges Heilig, 
das Meer rauschte nicht , kein Geschöpf gab einen Laut von sich — 



169 
Alles lauschte in athemloser Stilte den Worten : ?]^n^J«i ^*i *^DJJ^* 

• • • • • • ■ 

Auch bei Ihn el-Atir heisst es, dass Gabriel den Berg in die 
Höhe hielt , dass aber auch gleichzeitig ein Feuer vor den Israe- 
liten loderte und hinter ihnen das Meer rauschte, und dass Moses 
ihnen den Untergang durch diese drei Naturerscheinungen drohte , 
worauf sie das Gesetz annahmen. 

Die von Geiger ferner (p. 165) zu Sur. 2, 52 fg. ; 4, 152 , an- 
geführte jüdische Parallelstelle, bei welcher aus Versehen die nähere 
Angabe ausgefallen, findet sich an der oben erwähnten Midrasch- 
stelle (Schemoth B., S. 29) , wo es , ähnlich wie an der Koränstelle , 
heisst , dass die Israeliten Gott zu sehen wünschten und dass , als 
sie ihn sahen , ihre Seelen entflohen , dann aber wieder zurückkehr- 
ten. Zu Sur. 2, 52, bemerken übrigens Zamah^ari (I , vi) und Bai4awt 
(I, 1.), dass nicht das ganze Volk dieses verlangte, sondern nur 
die 70 von Moses auserwählten Männer (nach Sur. 7, 154 , dieses 
wohl eine dunkle Erinnerung an Ex., 24, 1. 9, oder Num., 11, 25, 
was auch die Erklärung der Commentatoren zu bestätigen scheint) ; 
nach Andren waren es nur 10,000 vom Yolke , die das Verlangen 
hatten Gott zu sehen. 

Mit Bezug auf Sur. 7, 149, woselbst es heisst, dass Aaron sich 
entschuldigend zu Moses sagte , er habe das goldene Ealb gemacht , 
weil das Volk ihn übermannte und fast getödtet hätte , führt Geiger 
(p. 166) Sanhedrin 5 (lies: 7») an: »Aaron sah den Chur (der 
sich ihnen widerset/en wollte) hingeschlachtet , da dachte er : Gebe 
ich ihnen kein Gehör , so machen sie es mir wie dem Chur^\ Be- 
gründet wird dieses damit, dass es Ex., 32, 5, heisst: »Und Aaron 
sah und errichtete einen Altar", in Bezug worauf es an der erwähn- 
ten Stelle lautet: rtWas sah Aaron? Er sah Chur hingeschlachtet 

vor sich" (vjD^ m:iw mn n^n • • • n^n hd) I" ^^^^^^ 

Sinne übersetzt auch das jerus. Targum die Stelle Ex., 32, 5 : 
•^IDIp D'^DJ mn n*^ pHN NDm- ^'^^ Tödtung des Chur wird 
auch — nur umständlicher — an mehren andren Stellen erwähnt , 
wo zum Theil das im Texte vorkommende HDTD ^^ diesem Sinne 
gedeutet wird, so Schemoth R., S. 41 zu Ex., 32, 1 fg. 5 S. 42 
zu Ex. 32, 7 ; S. 48 zu Ex. 35, 30 ; Wajikra R., S. 10 zu Lev. 

8, 2; M. Tanchuma, ed. Buber, II, 57»; Pirke R. Eliezer,c. 45. 

22 



170 

Auch bei Comestor (Eist, schol., Ex., c. 73) heisst es , dass Aaron 
sich fürchtete , weil man den Ohur umgebracht hatte. Aus Comestor 
ist diese Erzählung in die von Merzdorf herausgegebene schweizer 
Historienbibel übergegangen (Bibl. d. literar. Vereins in Stuttgart , 
N® 100— 101 , p. 234) , wie es ebenso dem Comestor entnommen 
ist, wenn daselbst (p. 235 und p. 740) Gott zu Moses sagt: »Gang 
hinab , din Yolck haut gesundet und nit daz min". Bei Comestor 
(ibid.) heisst es : »Peccavit populus tuus, quasi diceret jam non suus". 
Diese Deutung ist den jüdischen Schriften entnommen, in denen 
das 71J2V nnSL^ yS TTl**n^> ^^'J ^^/^> ^^ diesem Sinne aufgefasst 

wird , so Pesikta d. B. Eahna, 128^ ; M. Tanchuma, ed. Buber , II, 
57^, und Jalkut z. St. (§ 391 aus der Pesikta). 

Zu Sur. 28, 76 , wo es heisst , dass mehrere starke Männer an 
den Schlüsseln zu E4rün's Schatzkammern zu tragen hatten , führt 
Geiger (p. 168) die entsprechende Talmudstelle an, wo die Worte 
KoheL, 5, 12 : »Beichthum ist aufbewahrt seinem Besitzer zum eig- 
nen Verderben" auf Eorach bezogen werden, dem einer der drei 
von Joseph vergrabenen Schatze bekannt geworden und dessen Beich- 
thum so gross war , dass 300 Mauleselinnen nöthig waren , um die 
Schlüssel zu seinen Schatzkammern zu tragen , und noch dazu waren 
es Schlüssel aus Leder. (Die von Geiger nicht näher bezeichnete 
Stelle findet sich Pesachim, 119% und Sanhedrin, 110^) }>In diesem 
talmudischen Ausspruche" sagt Geiger ferner , i» liegt auch , dass 
Eorach wegen seines Beichthums übermüthig und zum Streite ge- 
reizt ward und dieses schmückt Mohammed auf eine recht hübsche 
Weise aus. Auf diesen Streit nun kann sich Sur. 33 , 69 beziehen , 
wo es heisst , dass Einige Moses beschuldigt hätten , Gott ihn aber 
von dem , was sie ihm vorgeworfen , gereinigt hätte". Geiger führt 
hierauf Elpherar's Erklärung dieser Stelle an , dass nämlich Eorach 
eine Dirne miethete , die den Moses vor allem Volke der Buhlerei 
mit ihr anklagte, dass sie aber Gott verstummen machte, und 
Moses davon reinigte sowie den Eorach zu Grunde richtete. Geiger 
verweist ferner auf Abü'1-FidÄ (Hist. anteisl., p. 32) , der übrigens 
hier — wie an andren Stellen — Ibn el-Attr als seine Quelle an- 
gibt. Als talmudische Parallelstelle führt Geiger Sanhedrin, 110>^, 
an y wo mit Bezug auf Num., 16, 4 : ]» Moses hörte und fiel auf sein 



171 

Angesicht" gesagt wird: i^Was hörte erP Er hörte, dass man ihn 
des Umganges mit dem Weibe eines Andren bezüchtigte" — welche 
Stelle sich übrigens auch nebst dem Zusätze im M. Tanchuma (ed. 
Buber, lY, 47^) und Bamidbar R., S. 18, lObidet. 

Dass Eorach streitsüchtig und immer bestrebt war, die Israe- 
liten gegen Moses aufzuwiegeln und Moses selbst auf jede Weise 
zu chicaniren , wird an mehreren Midtaschstellen gesagt (Bamidbar 
B., S. 18; M. Tanchuma, ed. Buber, lY , 43» fg.). Namentlich bezog 
sich seine Anklage gegen Moses darauf, dass man dem Priester — 
also dem Bruder desselben — von Allem den Zehnten geben müsse. 
So wird im Jalkut zu Num., 16, 1 , § 750 (nach dem Midrasch 
DICO "nmSi^) erwähnt , wie Eorach dem Volke die Geschichte einer 
Wittwe erzählte, um darzuthun, wie die Israeliten durch die vielen 
gesetzlichen Bestimmungen und namentlich durch die vielen Ab- 
gaben an die Priester chicanirt und gequält würden. 

Auch bei den arabischen Autoren wird nicht nur der Beichthum 
Eorach's , sondern auch seine Prachtliebe erwähnt. Sur. 28, 76 fg. 
heisst es, dass Kärün (d. i. Eorach) auf die ihm wegen seines 
Ubermuthes und seiner Prunksucht gemachten Vorwürfe geant- 
wortet habe , er besitze seine Beichthümer in Folge seiner Wissen- 
schaft. Hierzu bemerken Zamal)6art (U , t*1ö) und Bai^äwi (11 , aI) , 
er habe grosse Eenntnisse in der Thora gehabt und die Israeliten 
darin unterrichtet; nach Andren verstand er Chemie (die er von 
Moses gelernt) , und zwar so gut , dass er Blei und Eupfer in Gold 
verwandelte ; wieder nach Andren verstand er sich gut auf Handel 
und Erwerb. Bai^^wt fügt hinzu, dass er Eunde von Joseph' s 
Schätzen hatte (also ähnlich wie an der erwähnten Talmudstelle). 
Femer erwähnen beide Commentatoren , dass Eärün (dessen Genea- 
logie zugleich gegeben wird) zu Moses sagte: »Du bist der gott- 
gesandte Prophet, Aaron ist Priester, und was bin ich?" Moses 
sagte, das sei so Gottes Wille gewesen; als Beweis hierfür diente 
der Stab Aaron's , der im Stiftszelte (x^ÄJI) allein unter allen übri- 
gen Stäben blühte und grünte und Mandeln hervorbrachte (also 
das , was Num., 17, 21 f. erzählt wird) , was aber Eärün für Zauberei 
erklärte. 

Mit Bezug auf die an der ]B[or&n8telle erwähnten Schlüssel zu 



172 

den Schätzen E4rün'8 bemerkt Zamal}dart femer , dass 60 Maulthiere 
erforderlich waren , um diese Schlüssel zu tragen , die Ton Leder 
waren (also wiederum wie an der Talmudstelle). Mit Bezug auf 
Eä.rün'8 Höffahrt werden einzelne Beispiele angeführt, darunter, 
dass er auf einem weissen Maulihier zu reiten pflegte, das einen 
purpurfarbenen , golddurchwirkten Sattel trug , und dass zu seiner 
Rechten 300 Jünglinge , zu seiner Linken 300 Jungfrauen waren , 
alle reich geschmückt. 

Mit Bezug auf Ys. 81 , wo es heisst , dass die Erde Edrün und 
seine Wohnung verschlang, wird Yon den beiden Commentatoren 
z. St. erzählt , dass eines Tages Eärün dem Moses die gesetzliche 
Abgabe von seinem ganzen Vermögen entrichtete , was ihn aber 
sehr yerdross. Er yersammelte nun die Israeliten und sagte zu 
ihnen, dass Moses es nur auf ihr Vermögen abgesehen habe , um 
sich selbst zu bereichem. Sie antworteten darauf: »Du bist unser 
Herr und der Gröste unter uns , sag an , was wir thun sollen". Es 
wurde nun beschlossen, eine Frau mit Geld zu bestechen, dass 
sie Moses des geschlechtlichen Umgangs mit ihr beschuldige. Als 
dann eines Tages Moses dem yersammelten Volke mittheilte , welche 
Strafe für den Dieb, den Lügner, den Ehebrecher festgesetzt 
sei , fragte ihn Eärün : »Und wenn du selbst das thust ?'' »Auch 
wenn ich es thue", antwortete Moses. Worauf Eärün : »Die Israe- 
liten sagen aber , dass du mit der und der Frau Buhlerei treibst". 
Moses befahl nun , diese Frau herbeizuführen ; als sie von ihm er- 
schienen war , sprach er zu ihr : »Ich beschwöre dich bei Ihm , der 
das Meer gespalten und mir die Thora gegeben — ist das wahr, 
was jene sagen ?" Gott lenkte nun das Herz der Frau , und sie 
sprach: »Nein, jene lügen, aber Eärün hat mich mit einem Ge- 
schenke zu bestechen versucht, damit ich eine falsche Anklage 
gegen dich erhelle". Moses fiel darauf anbetend nieder , weinte und 
sprach: »0 Herr, wenn ich dein Gesandter bin, so wahre mein 
Recht gegen jene". Da gab Gott ihm kund: »Befiehl der Erde, 
was du willst ; sie wird dir gehorchen". Darauf sagte Moses zu den 
Kindern Israel: »Wer von euch zu Kdrün und seinen Genossen 
gehört, der bleibe bei ihm; wer es aber mit mir hält, der ent- 
ferne sich von ihm". Alle — mit Ausnahme zweier Männer — ver- 



173 

lieBsen nan Eärün und seinen Anhang. Darauf rief Moses aus: 
»O Erde , yerschlinge sie !" Und die Erde yerschlang sie bis zu ihren 
Hüften. Da rief Eärün aus: «0 Moses, hab' Erbarmen! Wir be- 
schwören dich bei Gott'\ Moses aber sprach : yO Erde , yerschlinge 
sie !" Und die Erde yerschlang sie bis zur Mitte ihres Körpers. Und 
abermals bat Kärün: »Hab' Erbarmen!'' und abermals rief Moses: 
»Yerschlinge sie , o Erde", und die Erde yerschlang sie bis an den 
Hals. Und abermals bat E&rün um Erbarmen, und abermals rief 
Moses der Erde zu, sie zu yerschlingen , und die Erde yerschlang sie 
und schloss sich über ihnen. Darauf sagte Gott zu Moses; ))Sie haben 
dich mehrmals angerufen und du hattest kein Erbarmen — hätten 
sie mich angerufen , ich hätte mich ihrer erbarmt". Als nun aber — 
heisst es weiter — die Israeliten Moses beschuldigten , er habe des- 
halb Gott gegen Kdrdn angerufen , um sich dessen Haus und Schätze 
anzueignen , betete Moses zu Gott , woraufhin die Erde auch die 
Wohnung und die Schatzhäuser E4rün's yerschlang. 

Alles Obige wird nach yerschiedenen Überlieferungen und unter 
Anführung von Sur. 28, 76—80, yon Tabarl (p. öIv fg.) und, kürzer, 
yon Ibn elAtlr (I, Ift") erzählt. Bei Letzterem (p. Ifö), sowie in 
einer Überlieferung bei Tabart (p. öH) fügt Gott , nachdem er ge- 
sagt, dass Er Erbarmen mit Kartin gehabt haben würde, noch 
hinzu , dass er in Zukunft niemals mehr der Erde gestatten werde , 
einem Menschen zu gehorchen. 

Eär&n's Beichthum ist bei den Arabern und Persern sprichwört- 
lich geworden. Auch in Ta'41ibt's Latä'if al-Ma'4rif (ed. De Jong , 
p. 1) heisst es , dass Elirün der Erste war , der die Chemie an- 
wandte , der rothe und lang nachschleppende Eleider trug und der 
sich überhaupt durch seine Prachtliebe yor den übrigen Menschen 
auszeichnete. 

Mit Bezug auf die oben erwähnte Stelle Sur. 33, 69 , an welcher 
es heisst , dass Gott Moses yon dem ihm gemachten Yorwurfe rei- 
nigte, führt Geiger (p. 170) die Meinung andrer Ausleger bei 
Elpherar an , wonach die Israeliten den Moses , als er ohne seinen 
Bruder yom Berge Hör zurückkam, beschuldigten, denselben ge- 
tödtet zu haben , dass daraufhin die Engel Aaron's Körper den Israe- 
liten zeigten , wodurch der auf Moses geworfene Yerdacht entkräftet 



174 

war. Geiger führt hierzu Abü'l-Fidä, p. 32 und 34, an, der übrigens 
hier, wie an der oben erwähnten Stelle, dem Ibn el-Attr folgt 
Mit dieser Sage yergleicht nun Geiger die Stelle des M. Tanchuma 
zu Num., 20, 29 , an welcher das »Und die ganze Gemeinde sah , 
dass Aaron gestorben war*' darauf bezogen wird, dass die Israe- 
liten Moses zu steinigen drohten , wenn er nicht den Beweis liefere j 
dass Aaron wirklich gestorben sei, worauf Gott auf Moses' Bitte 
die Höhle, in der Aaron begraben war^ öffnete, sodass die Gemeinde 
in der That "»sah, dass Aaron gestorben war". 

Die Yon Geiger angeführte Stelle aus dem M. Tanchuma findet 
sich ebenso in dem yon Buber edirten M. Tanchuma (lY, 62^), 
femer Bamidbar B , S. 19, zu Num., 20, 25, und an andren von Buber 
und in der Wilnaer Ausgabe des Midrasch (f. 81^) angeführten 
Orten, nämlich Sifri zu Deut., 31, 1 fg. und Pirke B. Eliezer, 
c. 17. An letzterer Stelle heisst es, dass Gott den Sarg, in wel- 
chem Aaron war, in der Luft schweben liess, sodass Alle ihn 
sahen. 

An einer andren Stelle des Ton Buber edirten M. Tanchuma 
(lY , 66b) zu Num., 25, 20 ist eine Erzählung , deren Hauptinhalt 
darin besteht , dass Moses auf Gottes Geheiss dem Aaron mittheilte , 
es sei seine Zeit gekommen , aus der Welt zu scheiden , und dass 
Beide darauf in die Höhle des Berges gingen , in welcher ein bren- 
nendes Licht neben einem Bette stand. Da sagte Moses : »Mein 
Bruder, besteige dieses Bett!" Als Aaron dieses gethan hatte, sagte 
Moses zu ihm: »Breite die Hände aus", und Aaron that so; dann 
sagte jener: »Schliesse die Augen und den Mund", und Aaron that 
so, worauf er yerschied. Da wünschte Moses sich einen ähnlichen 
Tod, den Gott ihm auch versprach, worauf der Ausdruck Deut., 
32, 50, bezogen wird , wo Gott zu Moses sagt , dass er sterben solle 
wie sein Bruder Aaron auf dem Berge Hör. Letzteres wird auch 
in den Aboth d. ß. Nathan (ed. Schechter, f. 25» fg.; 26a f g ) 
erzählt. 

Im M. Tanchuma , an der Stelle der Aboth d. B. Nathan sowie 
bei Raschi zu Num., 20, 29, und Deut., 34, 8, heisst es mit Bezug 
auf den bei Aaron vorkommenden Ausdruck »Und das ganze Haus 
Israel weinte um Aaron 30 Tage lang", wofür es bei Moses (Deut., 



175 

34, 8) heisst : »Und die Sohne IsraePs weinten um Moses 30 Tage 
lang", dass um Moses nur die Männer, um Aaron aber Männer 
und Frauen trauerten , weil er — im Gegensatze zu dem strengen 
Moses — milde , friedliebend und friedenstiftend war und nament- 
lich sich stets bemühte, zwischen uneinig gewordnen Eheleuten 
Frieden zu stiften und die gestörte Eintracht wieder herzustellen , 
weshalb auch — so heisst es in den Aboth d. R. Nathan — die aus 
einer solchen Wiedervereinigung hervorgegangenen Kinder nach 
Aaron's Namen benannt wurden. 

Zu Sur. 33, 69, bemerken die beiden j^oräncommentatoren (II, 
Hfl , n j tt^ö) , dass , als Moses ohne Aaron vom Berge zurückkam , 
die Israeliten den Ersteren beschuldigten , Aaron getödtet zu haben , 
worauf die Engel Aaron^s Körper herbeitrugen, sodass die Israe- 
liten sehen konnten , dass er nicht getödtet worden sei. Nach Andren 
belebte Gott den Aaron , sodass er delbst ihnen sagen konnte , dass 
Moses keineswegs an seinem Tode Schuld sei. 

Bei Tabarl (p. ö^Y) und Ibn el-Atlr (p. \fs) wird erzählt : Gott 
gab dem Moses kund : »Ich will Aaron zu mir nehmen (sJy^ ^^ 

O^J^) ' ^^^^ ^^^ ™^^ ^^^ ^^ ^^^ ^^^ ^^^ Berge". Als nun Beide 
dort angelangt waren , sahen sie ein Gebüsch ; in diesem war ein 
sehr schönes Haus, von einem balsamischen Dufte durchweht, und 
darin stand ein Buhebett mit einer darüber ausgebreiteten Decke. 
Als Aaron dieses sah, sagte er: »0 Moses; ich möchte in diesem 
Bette schlafen''. »So thue es", sagte Moses. »Aber ich fürchte", sagte 
Aaron, »dass der Herr dieses Hauses zurückkehrt und über mich 
zürnt". Da sagte Moses : »Fürchte Nichts , ich werde dich entschul- 
digen". Aaron sagte: »So schlafe bei mir". Als Moses sich zu ihm 
gelegt hatte, näherte sich der Tod dem Aaron, und als dieser sein 
Herannahen, merkte sagte er: »0 Moses, du hast mich getäuscht". 
Darauf verschied er ; das Bett aber wurde mit ihm in den Himmel 
emporgehoben. 

Als nun Moses ohne Aaron zurückkehrte — heisst es femer — , 
sagten die Israeliten, er habe seinen Bruder getödtet, aus Neid 
darüber, dass sie ihn mehr liebten als Moses , der streng und rauh , 
während Aaron mild und freundlich gegen sie war. Als Moses 
dieses erfuhr , sagte er : »Wehe euch , wie könnt ihr euch einbilden. 



176 

dass ich meinen Bruder getödtet P" Er betete hierauf zu Gott, and 
da erschienen die Engel mit dem Ruhebette , zwischen Himmel und 
Erde schwebend, vor ihren Blicken, und Aaron sagte ihnen , dass 
Moses ihn nicht getödtet habe und dass er auf natürlichem Wege 
gestorben sei. 

Diese Erzählung des Ibn el-Atir findet sich mit denselben Wor- 
ten , nur abgekürzt , auch an der oben erwähnten Stelle des Abü'l- 
Fid& , p. 32. Etwas yerschieden , aber der Hauptsache nach mit dem 
hier Angeführten übereinstimmend, wird dasselbe in der 21. Ab- 
handlung der lauteren Brüder (ed. Dieterici, p. *\»\) erzählt. Auch 
bei Sahrastäni (ed. Pureton, p. )1f fg.) heisst es, dass die Israe- 
liten sagten, Moses habe Aaron beneidet, weil er bei ihnen be- 
liebter gewesen sei als Moses. 

Mit Bezug auf Sur. 7 , 174. 175 — woselbst Ton Einem die Rede 
ist, dem Q-ott sich offenbarte, der sich aber yon Satan verleiten 
Hess und Gottes Wort nicht beachtete — bemerkt Geiger (p. 180) , 
dass einige Yon Elpherar angeführte Erklärer wie (reUl ed-Dtn und 
Zamahsart, die Maracci anführt, diese Stelle auf Bileam beziehen. 
Bei Zamahöari z. St. (p. f *!♦) — und kürzer bei Bei4Äwi (p. t**öl) — 
heisst es in der That , das im Text Gesagte habe Bezug auf einen 
der Schriftgelehrten (^UIc) der Israeliten, nach Andren der Ea- 
naaniter, Namens Bileam, Sohn des Bäur (^tjoJj «^ f>^)i ^^^^ ^ott 
Einiges Ton der heiligen Schrift mittheilte, was er aber verwarf 
und yerläugnete. Man sagt auch — heisst es weiter — , dass sein 
Volk Yon ihm yerlangte , er solle Moses und dessen Yolk yerfiuchen *, 
er aber weigerte sich , die zu yerfluchen , die unter dem Schutze der 
Engel standen; jene Hessen jedoch nicht nach, bis er ihnen willfahrte. 

Bei Mas'üdi (I, 99) wird, mit Bezugnahme auf Sur. 7, 174, 
ebenfalls Bileam erwähnt und zugleich seine Genealogie bis auf 
Moab und Loth hinauf angegeben. Femer wird erzählt , dass sein 
Yolk ihn aufforderte , Josua zu verfluchen , und da ihm das nicht 
gelang , gab er dem Könige der Amalekiter den Rath , die schönsten 
Jungfrauen in das Lager der Israeliten zu schicken , um diese zur 
Sünde zu verlocken, was auch geschah, worauf Gott die Pest 
sandte , in Folge deren 90,000 Israeliten (nach Andren mehr) das 
Leben verloren. 



177 

Dass Bileam es war , welcher zu der Num., 25, 1 fg. erzählten 
Yerführungsgeschichte den Rath gegeben, wird ibid., 31, 16, deutlich 
gesagt. In den jüdischen Schriften (Sanhedrin, 106^; Talmud jerus., 
ibid., X , 2 ', Bamidbar B. und Targura jerus. z. St. ; M. Tanchuma, 
ed. Buber, IV, 74») wird auch das Tj^V^iJ^, 24, 14, auf diesen Rath 

bezogen und die von den Moabiterinnen angewandte Yerführungs- 
kunst — wie auch bei Josephus (Antt. IV, 6, 4) — ausführlich 
dargestellt. 

Bei T*^^^^ (P* ö«A fg.) und — etwas verschieden — bei Ibn 
el-Attr (p. t^i fg.) heisst es , dass nach Einigen Moses in der Wüste 
sein Leben beschloss und dass Josua, Sohn des Nun, Jericho (L^^^K , 
die Hauptstadt des Landes der Riesen (^.11:^1) , einnahm , während 
Andre behaupten , dass Moses , und unter ihm Josua , nach dem 
Lande der Riesen zog. Diese erzählen nun auch : Als Moses, Sohn 
'Imr^n's, Josua, Sohn Nün's, und E41eb, Sohn des Juphannah — 
ein Schwager Moses' , da er dessen Schwester Miriam zur Frau 
hatte — das Yolk nach dem Lande Eenaan führten, um die Riesen 
zu bekriegen , gingen diese zu Bileam , Sohn des B4ur , einem Nach- 
komnien Loth's , der den erhabenen und verborgenen Namen Gottes 
kannte («JüCJt «Jac*^! ^Ji)t ^^t oyu qI(^) und sagten zu ihm: »Moses 
ist mit seinem Yolke gekommen, um uns zu bekriegen und aus 
unsrem Lande zu vertreiben ; so verfluche sie denn (^jUJLc ^Ji)i c^li , 
rufe Gott gegen sie an)". Darauf antwortete Bileam : »Wie kann 
ich den Propheten Gottes und die Gläubigen verfluchen , mit denen 
die Engel sind ?" Sie gingen hierauf zu seiner Frau und gaben ihr 
ein Geschenk mit der Bitte , ihren Mann zu überreden. Als nun aber 
Bileam trotz des Zuredens seiner Frau bei seiner Weigerung verharrte, 
sagte sie zu ihm , er möge doch Gott befragen. Als er dieses ge- 
than, ward ihm im Traume die Antwort, die ihm verbot, die Israe- 
liten zu verfluchen. Auf die Bitte seiner Frau fragte er Gott aber- 
mals , erhielt aber keine Antwort , was seine Frau dahin erklärte , 
dass Gott nichts dagegen einzuwenden habe (qui tacet consentire 

videtur, in jüdischen Schriften : ^^}2l ^\^l^^\^ ilp'^rW)' ^* ^i® 
nun mit Bitten und Zureden nicht nachliess , bestieg er seine Eselin 
(bei Ibn el-Attr ist es ein Esel) und ritt einem Berge zu , von dem 

aus man das Lager der Israeliten sehen konnte. Als er eine kurze 

23 



178 

Strecke geritten war, legte sich die Eselin nieder nnd erhob sich 
erst, nachdem Bileam sie geschlagen hatte, was sich noch zwei 
Mal wiederholte. Da terlieh Gott der Eselin die Sprache und sie 
sagte: »Wehe dir, Bileam, siehst du denn nicht die Engel, die 
mich nicht weiter gehen lassen und die wollen, dass ich umkehre?" ^) 
Bileam kehrte aber nicht um, und da auch die Engel ihn weiter 
ziehen liessen , so gelangte er in die Nähe des Lagers der Israe- 
liten. Jedesmal aber, wenn er diese verfluchen wollte , yerwandelte 
sich Bein Fluch in Segen , und wenn er sein eignes Yolk segnen 
wollte, yerwandelte sich der Segen in Fluch.... Da sagte er: »Die 
zukünftige Welt habe ich verloren" (weil ich gegen Gottes Willen 
gehandelt — zugleich mit Bezug auf Sur. 7, 174) ; »es bleibt mir 
nur noch die List und die Täuschung übrig". Er sagte darauf zu 
seinem Volke, sie sollten ihre schönsten Frauen schmücken und 
ins Lager der Israeliten schicken , denen sie sich preisgeben soll- 
ten, da sie auf diese Weise die Israeliten besiegen würden. Sie 
thaten also , und als die Frauen in das Lager der Israeliten gekom- 
men waren, da ergriff Zamrt, Sohn des Schaltim (*^^ o^ (jy^j)» 
und Oberhaupt des Stammes Schimdn,. eine derselben, führte sie 
vor Moses hin und sprach: »Ich denke, du wirst sagen, diese sei 
Terboten Uf>) , aber — bei Gott I — wir werden dir nicht ge- 
horchen". Darauf führte er sie in sein Zelt (bei X^bart &ÄXd — Num., 
25, 8, rrSpn ■"? ^^ ^^^ el-Atlr *Ä4-^) und wohnte ihr bei. Da schickte 

Gott eine Pest unter die Israeliten. Phinchas aber, Sohn des Elazar 
0!i*^ O^ (^L^Ü) , Sohn Aaron's , war damals abwesend ; als er 
in das Lager kam und sah, wie die Pest wüthete, und zugleich 
erfuhr, was geschehen war, ging er dorthin, wo Zamrt und die 
Moabiterin waren , und tödtete Beide , indem er sie mit seiner Lanze 
durchbohrte, worauf die Pest aufhörte, die 20,000 (nach Andren 
70,000) Personen getödtet hatte. Auf diesen Bileam — heisst es 
weiter — bezieht es sich , wenn Gott sagt : »Erzähle ihnen von dem. 



1) Weiro €8 bei Tabaii <p. ö\^} yon Bileam heisst aJ llljt ^^.JLJL-} q^^^) 
80 e«tfl|>riefai das diem, was «kr Talmud <Sanhedria, 105*, an zwei Stellen) sagt; 
p. or he\$9t ee: ^LfÜL ^5^/^1*51 JJÜIj ^>:Ä>Ca' c>wil (xiljl) v^l^ÜW 



179 

dem wir unsre Zeichen gaben, von denen er sich aber lossagte ^ 
und sich von Satan yerführen Hess" (Sur. 7, 174). 

Bei Tabari — der auch den Namen der Moabiterin als XJUt ^^^^^^ 
.yo angibt — sagt Zamri zu Moses : i^Ioh vermuthe , du wirst sagen , 
diese sei mir verboten". »Allerdings" — antwortete Moses — i>i8t 
sie dir verboten , komme ihr nicht nahe I" Darauf erwiederte Zamrt : 
»Bei Gott! Hierin werden wir dir nicht gehorchen". 

Dieses freche Gebaren Zamrt's — oder vielmehr Simri's — wird 
ähnlich in den jüdischen Schriften erzählt. Im M. Tanchuma (ed. 
Buber , IV , f. 74^) , in Schemoth R. (S. 33 zu Ex., 25 , 1 fg.) und 
an andren von Buber und in der Wilnaer Ausgabe des Midrasch 
(f. 61^) angeführten Stellen heisst es mit Bezug auf Num., 25, 6 : 
Simri trat mit der Moabiterin vor Moses hin und sprach: »Sage, 
Sohn Amram's (moy J^, dieser Ausdruck wird gewöhnlich in 
geringschätzigem Sinne gebraucht) , ist diese da mir erlaubt oder 
verboten?" Da sagte Moses: »Sie ist dir verboten". >Aber" — sagte 
jener hierauf — »wer hat dir denn deine Frau erlaubt , die ja doch 
eine Midianiterin ist wie diese eine Moabiterin?" Darauf ging er 
fort. An einer der Parallelstellen (Sanhedrin, 82^) sagt Pinchas, 
nachdem er die Beiden getödtet: »0 Herr der Welt, und wegen 
dieser Beiden sind 24,000 Israeliten umgekommen!" 

Bei Tabart heisst es ferner (p. öti) : Phinechas er^iff die Lanze 
mit seinem Vorderarme (cKo) , lehnte sie an seine Wange (&äa^5^, 
indem er den Ellenbogen an seine Seite stemmte und rief aus : »0 
Herr, so soll es Jedem geschehen, der sich gegen dich auflehnt l" 
Phinchas war nun der Erstgeborne des Eliazdr (.tjxJt), und so stammt 
von diesem Ereignisse der Brauch der Israeliten , von jedem Opfer, 
das sie darbringen, den Nachkommen des Phinchas den Magen (&Id) , 
den Oberschenkel des Vorderfusses i^^) und die Kinnbacken i^^^^) 
zu geben sowie auch das Erstgeborne von Menschen und Thieren , 
weil er der Erstgeborne des Eliaz4r war. 

Auch dieses findet sich in den jüdischen Schriften. Zu Deut., 
18, 3, woselbst gesagt wird, dass die, welche ein Opfer darbringen, 
dem Priester den Bug , die Kinnbacken und den Magen (y^'HTn 
j^3pm D^'^nbm) ^^ geben haben, bemerken Baschi und Nach- 
manides, dass dieses eine Erinnerung sein solle an Pinchas , nämlich 



180 

an den Speer, den er in die Hand nahm (Num., 25, 7), an sein 
Gebet (Ps. 106, 30) sowie an das Num., 25, 8, erwähnte nDp? ^^ 
das er den Speer hineinstiess. Es ist dieses einer Talmudstelle (Chul- 
lin, 134^; cf. Jalkut, Pent., § 915; Ps., § 865) entnommen. Ähn- 
liches findet sich aber auch in den Pirke R. Eliezer, c. 47. 

Der biblischen Erzählung yon Bileam geht die kurze Erzählung 
von dem Kampfe gegen Og, König yon Basan, vorher (Num., 21, 
33 fg.) , der damit endete , dass Og mit seinen Söhnen und seinem 
Volke geschlagen ward (Ys. 35). In der Paraphrase des jerus. Tar- 
gum zu letzterem Yerse heisst es : Als Og das Lager der Israe- 
liten sah , dessen Ausdehnung sechs Parasangen betrug , sagte er : 
»Damit es mir nicht ergehe wie dem Sichon, werde ich sie Alle auf 
einmal tödten". Er brach darauf einen Berg los , der yon gleichem 
Umfang wie das Lager war, und hielt ihn über seinen Kopf, um 
ihn auf die Israeliten zu werfen. Alsbald schickte Gott einen Wurm , 
der den Berg durchbohrte , sodass er auf Og's Hals hinabfiel , wäh- 
rend gleichzeitig sich dessen Zähne ausdehnten , sodass er sich yom 
Berge nicht losmachen konnte. Darauf ging Moses hin , nahm eine 
10 Ellen lange Keule , sprang 10 Ellen hoch und schlug mit der- 
selben auf Og's Knöchel , bis dass er todt niederstürzte. — Dasselbe 
wird im Talmud (Berachoth, 54^) erzählt, nur dass es hier statt 
eines Wurmes Ameisen sind, die den Berg durchlöchern. 

Bei Tabarl (Annal., I, ö*, ; Trad. Zotenberg, I, 391) und -bei 

A 

Ibn el-Atlr (I, \^^) heisst es, dass Moses im Kampfe gegen 'ü^ 
b. ^'An^k zehn Ellen hoch sprang und dass er — da seine eigne 
Länge sowie die seines Stabes ebenfalls je zehn Ellen betrug — 

A 

bei diesem Sprunge den 'U^ an der Ferse yerwundete und so 
tödtete. Bei Tabart wird ferner die aus 'U^'s Knochen gemachte Brücke 
über den Nil erwähnt. In Zotenberg's Übersetzung des Tabari wird 
(1 , 51 fg.) erzählt , dass ' Og , mit dem Beinamen bin 'Onk , einen 
Berg emporhob , um denselben auf Moses und seine Armee zu wer- 
fen. Moses betete hierauf zu Gott, und Gott befahl einem Yogel, 
sich auf. die Spitze jenes Berges zu stellen und denselben mit seinem 
Schnabel zu durchbohren. Der Yogel that dieses und in Folge da- 
yon fiel der Berg bis auf 'Og's Hals hinab , den er wie ein Hals- 
band umgab, woher auch der Name 'Og bin 'Onk, nämlich yon 



181 

yJiX^ , Hals. Während nun 'Og den Berg am Halse hatte , kam der 
Engel Gabriel zu Moses und forderte ihn auf, denselben zu be- 
kämpfen , da er ihn besiegen werde. Moses war 10 Ellen hoch , 
ebenso lang war sein Stab; er sprang nun 20 Ellen hoch und 
schleuderte seinen Stab an 'Og's Ferse. Da der Stab sehr schwer 
und Moses , wie alle Propheten , sehr stark war , so stürzte 'Og , 
ohnediess durch die Last des Berges ermattet, todt nieder. 

Bei 5!azwlnl (I , ff i) wird erzählt : Zu den aussergewöhnlichen 
Geschöpfen gehörte auch *U^ bin 'Anäk (i^Uc ^ ^^y Seine Länge 
betrug , nach 'Abd Allah b. 'Omar , 23,000 Ellen und 330 Ellen 
nach der königlichen Elle. Die Dauer seines Lebens betrug 3600 
Jahre. Seine Mutter war eine Tochter Adam's. Er erreichte auch 
das Zeitalter des Noah ; diesen bat er um Aufnahme in die Arche , 
Noah aber jagte ihn fort, indem er zu ihm sagte: »Wer, o Feind 
Gottes , wird dich tragen ?" Das Wasser der grossen Fluth reichte 
ihm bis an die Mitte seines Körpers. Er war ein gewaltthätiger 

Biese («li^) Als Moses , der Prophet Gottes , und die Kinder 

Israel's nach dem Lande der Kenaaniten kamen , um die Biesen 
(iULA:>) und ihren König Balak b. S4fun zu bekriegen, schickte 
Bälak den 'U^ gegen sie; dieser kundschaftete die Grösse des 
Lagers der Kinder Israelis aus und fand , dass dasselbe eine Para- 
sange lang und ebenso breit war. Darauf ging er hin und brach 
von einem der Berge Syrien's einen Felsblock los, von gleichem 
Umfange wie das Lager, nahm ihn auf seinen Kopf und stellte 
sich dem Lager gegenüber auf, in der Absicht den Felsen auf 
dasselbe zu schleudern und so die Israeliten insgesammt zu tödten. 
Da sandte Gott den Wiedehopf (c\-PA^) mit noch andren Vögeln, 
und sie durchbohrten diesen Felsen. — Alkisai — dem Gott gnädig 
sein möge — erzählt, Gott habe, um den Kindern Israelis seine 
Macht kundzuthun, den Hudhud gesandt, der einen himmlischen 
Stein in seinem Schnabel trug. Diesen schleuderte er auf den Fel- 
sen , der in Folge dieses Wurfes zerbarst , so zwar , dass er bis zum 
Halse "U^^s hinabfiel und denselben gleich einem Halsband umgab. 
Gott that dieses dem Moses kund , worauf derselbe mit seinem Stabe 
an den Ort ging, wo 'Ug sich befand. Die Länge dieses Stabes 
betrug 10 Ellen, die des Moses ebenfalls 10 Ellen; Gott gab ihm 



182 

die Kraft , 10 Ellen hoch zu springen ; auf diese Weise konnte er 
'U^ an der Ferse tÖdtlich verwunden , sodass er todt niederstürzte. 
Sein Sohenkelknochen diente längere Zeit hindurch als Brücke über 
den Nil. Gott der Hochgepriesene weiss das Wahre. 

In dem Hl'HVn D^nDriD geiiannten Wörterbuche von Parchon 
heisst es s. v. TH^ (15», ed. S. G. Stern): Das hebräische PQ^^^T 
wird von den Geonim mit J^^^^ N^JJ^HD erklärt; es ist das ein 
Vogel , der auf dem Haupte einen Federbusch (n^'ni^D) ^**- ^^ 
Targum übersetzt das biblische PCi^Tl (Lev., 11, 19; Deut., 14, 
18) mit i«^*1^C0 "njJ (Bergspalter) , weil nämlich dieser Vogel den 
Berg (Felsen) durchbohrte, den Og auf das Lager der Israeliten 
werfen wollte , um sie zu tödten, als unser Lehrer Moses kam und 
ihn tödtete. 

Die chaldäische Übersetzung des Wortes riS^^DlT ™^* i^'mCO **! JJ 
wird im Talmud (Gittin, 68^; ZDMG., XXXI, 212 fg.) in andrer 
Weise erklärt. Dass hier nun der Wiedehopf (statt des Wurmes oder 
der Ameisen) den Berg durchbohrt , beruht ohne Zweifel auf der 
arabischen Sage , wie sie bei l^azwint erzählt wird ; so wird in dem- 
selben Artikel ri^T bei Parchon ferner gesagt , dass einzelne Glieder 
des Wiedehopfes als sympathetische Heilmittel dienen, was sich 
ähnlich auch bei ]S!azwtnt (I, frl) findet. 

Bei Lane (I, 4, 1596») wird nach dem TÄ^ el-^Arüs s. v. jyi^ 
bemerkt: Occurring in a Tradition respecting 'Ooi Ibn-'Unuk (or 
Ibn-*Ook) as meaning something with which a mass of rock was 
hollowed out according to the size of bis head. .^mä — Diamant — 
entspricht dem hebräischen ^^Qjy , welcher letztere an den oben 

• T 

erwähnten Stellen (auch weiter unten bei Salomon) ebenfalls in Ver- 
bindung mit dem Wiedehopf vorkommt. 

Auf die Erzählung vom Tode Aaron's folgt bei Tabart (p. ö.t**) 
und Ibn el-Atlr (p. It***!) die vom Tode Moses', worüber aber ver- 
schiedene Versionen angeführt werden. Zunächst wird erzählt , dass 
Moses einen Widerwillen gegen den Tod hatte, dass Gott aber wollte, 
dass ihm der Tod willkommen sei. Gott offenbarte hierauf dem Josua 
b. Kün das eine und das andre Gesetz , nicht aber dem Moses. Als 
dieser nun diese Bevorzugung des Josua bemerkte, war ihm das 
Leben verhasst und er wünschte sich den Tod. Bei Abü'l-Fidlt (Hist. 



183 

anteifll., p. 34) heisst es, dass Gott dem Josaa die Propheten- 
gabe Terlieh und ihm aach seinen Willen kundgab , während Moses 
auf seine Anfragen keine Antwort erhielt. Darüber grämte sich 
Moses und so erbat er sich von Gott den Tod , der ihm auch ge- 
währt ward. 

Im Midrasch Tanchuma zu Deut., 3, 23, wird erzählt, dass Gott 
die Gesetze nicht mehr dem Moses , sondern dem Josua offenbarte , 
der sie dann den Israeliten mittheilte. Als Moses dieses sah , sagte 
er: »O Herr der Welt! Bis jetzt habe ich gewünscht zu leben; 
jetzt aber übergebe ich dir meine Seele". Als darauf ihm gesagt 
ward , dass seine Zeit gekommen sei , die Welt zu verlassen , sprach 
er den Wunsch aus , die Israeliten , die von ihm nur harten Tadel 
und bittre Vorwürfe zu hören gewohnt waren, vor seinem Ende 
zu segnen. Nachdem er sie gesegnet hatte, sprach er: »Ich habe 
euch in Betreff der Thora und der Gesetze vielfach gequält; ver- 
zeihet mir nun!" Da sagten die Israeliten : »0 unser Herr und Lehrer, 
Alles ist dir verziehen , aber verzeihe du uns die viele Mühe und 
den Yerdruss, den wir dir verursacht haben I" Darauf sagte Moses : 
»Ich verzeihe euch !" Alsbald verschied er, indem Gott seine Seele 
wegküsste. Letzteres wird auch an andren Stellen erwähnt : Jerus. 
Targum und Rasehi zu Deut., 34, 5; B. Bathra, 17«; Midrasch 
Schir haschirim , 1, 2; Aboth d. R. Nathan, c. 12 (ed. Schechter, 
p. 50) und an andren Stellen. 

Bei f abart und Ibn el-Attr wird noch eine andre Erzählung an- 
geführt, wonach Moses einst unterwegs mehrere Engel antraf , die 
damit beschäftigt waren , ein Grab zu graben , das ihm sehr gefiel. 
Er sagte nun: >0 ihr Engel Gottes, für wen ist dieses Grab be- 
stimmt?" Sie antworteten: »0 Auserwählter Gottes" (JJI ^Jua^%o 
bei Tabarl ; das gewöhnliche Epitheton Moses' ist — wie oben be- 
merkt wurde — äU^ (*-^) ^©r, mit dem Gott gesprochen), »wir graben 
dieses Grab für einen Diener Gottes , den Gott sehr ehren will". 
»Dieser Diener Gottes", sagte Moses, »findet hier aber anich in 
der That eine ausgezeichnete Buhestätte, wie ieh noch nie eine 
sah". »Willst du , dass sie dir gehöre ?" sagten die Engel. »Ja , das 
wäre mir sehr lieb", antwortete Moses. Darauf sagten die Engel: 
»So steige hinein, lege dich nieder, hole tief Athem und befiehl 



184 

Gott deine Seele*'. Moses that also. Gott nahm hierauf seine Seele, 
und die Engel schlössen das Grab. 

Nach einer andren , Yon beiden Autoren angeführten , Erzählung , 
die aber auf Mohammed zurückgeführt wird , sandte Gott den Todes- 
engel zu Moses, um dessen Seele zu nehmen; Moses aber gab ihm 
einen Backenstreich und schlug ihm ein Auge aus. Der Todesengel 
kehrte hierauf zu Gott zurück und sagte : ))Du hast mich zu deinem 
Diener geschickt; dieser aber hat durchaus keine Lust zum Ster- 
ben''. Darauf schickte Gott den Todesengel abermals zu Moses , und 
diesmal hatte er einen besseren Erfolg , da Moses (wie näher dar- 
gestellt wird) einsah, dass er ja doch einmal sterben müsse. Die- 
selbe Erzählung findet sich auch bei Boh&rt (ed. Erehl, II, p. Töa, 
N^ 31). 

Im Midrasch (Debarim B., S. 11 gegen das Ende) ist eine lange 
Erzählung vom Ableben Moses' , in der es u. A. heisst , dass Gott 
den Engel Sammael an Moses sandte , um ihm seine Seele abzu- 
fordern. Als er zu Moses kam , ergriff dieser seinen Stab , in dem 
der Name Gottes eingegraben war und schlug Sammael mit dem- 
selben und dann blendete er ihn mit dem Strahlenglanze seines 
Angesichtes (Exod., 34, 29. 30). Darauf stieg Gott hernieder und 
kam zu Moses in Begleitung dreier Engel : Sagsagel, Gabriel, Mi- 
chael. Die Engel bereiteten ihm ein Bett, in das er sich legte. 
Gott sagte darauf zu ihm: i» Blicke aufwärts — lege deine Hände 
auf die Brust — lege deine Füsse übereinander !" Als Moses dieses 
gethan hatte, nahm Gott ihm seine Seele mit einem Kusse. Im 
jerus. Targum zu Deut., 34, 6, kommt Gott zu Moses in Begleitung 
mehrerer Engel , darunter auch Gabriel und Michael. Diese beiden 
bereiten ein goldnes, mit Perlen und Edelsteinen geziertes Bett; 
der Engel Metatron und noch drei andre Engel legen ihn auf das- 
selbe, worauf Gott selbst ihn bestattet. 

Das Jud., 10, 12, vom Stillstand der Sonne Erwähnte wird bei 
Tabari (p. ö\^ fg.) und Ibn eLAtir (p. if f) folgendermassen erzählt : 
Manche sagen , dass Josua erst nach dem Ableben des Moses gegen 
die Riesen Krieg führte. Als er in einer Schlacht bereits einen 
Yortheil über sie errungen hatte , und zwar an einem Freitag, war 
es Abend geworden und somit der Anbruch des Sabbath nahe. Da 



185 

betete Josua zu Gott , worauf Gott die Sonne still stehen liess , so- 
dass es eine Stunde länger Tag blieb , während welcher Zeit Josua 
die Riesen völlig besiegte , worauf er in ihr Land einzog. 

Bei Ja'lklibi (p. f v) wird erzählt , dass eine zauberkundige Frau 
der Balk4 (so werden hier die Riesen genannt , und zwar von einem 
Manne I^amens Bälak) auf die Sonne und die übrigen Himmels- 
körper einwirken konnte , sodass Josua verhindert wurde , ihr Volk 
zu besiegen. Als Josua dieses erfuhr , betete er zu Gott , die Sonne 
in ihrem Laufe zurückzuhalten , in Folge dessen er die Berechnung 
jener Frau vereitelte und den Sieg davon trug. 

In den Pirke R. Eliezer /c. 52) wird erzählt: d Josua und sein 
Yolk kämpften einst am Rüsttage des Sabbath gegen die Heiden ; 
er fürchtete nun , dass der hereinbrechende Sabbath sie an der Fort- 
setzung des Kampfes hindern würde, sah auch, dass die heid- 
nischen Zauberer zum Schaden der Israeliten einen Einfluss auf 
die Planeten ausübten und diese zwangen , ihnen dienstbar zu sein. 
Er streckte nun seine Hand gegen Sonne , Mond und Sterne aus , 
indem er zugleich den heiligen Namen Gottes aussprach, worauf 
sie 36 Stunden lang in ihrem Laufe einhielten und stillstanden , 
während welcher Zeit er die Heiden besiegte" '). 



SAUL. 



Die jüdisch-arabischen Parallelen mit Bezug auf einzelne Ereig- 
nisse in Saul's Leben werden weiter unten — bei David — Er- 
wähnung finden ; das tragische Ende Saul's aber , welches durch 
das darauf bezügliche Trauerlied (2 Sam., 1, 19 fg.) einen um so rüh- 
renderen Eindruck macht, soll zunächst hier besprochen werden. 

Bei Tabarl (I, öö*I fg.) und — kürzer — bei Ibn el-Atir (I, 



1) Bei J. S. Buckingham, Travels in Falestine (p. 303), deu A. P. Stanley in 
dem oben erwähnten Buche (p. 207) anführt, heisst es, dass diese Sage, erweitert 
and ausgeschmückt, noch jetzt in dortiger Gegend beim Volke fortlebe. Zugleich 
wird nach D'*Herbelot (II, 330) mitgetheilt, die Verlängerung jenes Freitags gelte 
als einer der Gründe für die Feier des Freitags überhaupt. 

24 



186 

\öf fg.) wird erzählt, dass T!ä\ikt (Saal — bei X^b&i^^ P- ^^^ beisst 
es übrigens ) auf Syrisch laute sein Name (j^ q^ 6^^) ^^^^ 
israelitischen Sehriftgelehrten (<^UJUIt) habe umbringen lassen, so- 
dass nicht einer übrig blieb (wahrscheinlich mit Bezug auf die 
Todtung der Priester Ton Nob, 1 Sam., 22, IH fg.), mit Ausnahme 
einer Frau , die den erhabenen Namen Gottes kannte Uj^^ ^JLjü ooI^ 
Jqc'^^ jilt). Er gab nun einem Manne (bei !]?abart : einem Riesen , 
Xt^) den Auftrag , auch diese zu tödten ; der Mann hatte aber 
Mitleid mit ihr und Hess sie am Leben , worauf sie sich yerborgen 
hielt. Dann aber empfand Jältit Reue über das Gethane ; er weh- 
klagte und weinte fortwährend und ging jede Nacht auf die Gräber 
der Todten und rief: tich beechwore euch bei Gott : wenn ihr für 
mich einen Weg zur Busse wisst, so sagt es mirl'* Als er das mehrere- 
mal gethan hatte, rief ihm eine Stimme aus einem Grabe zu: »0 
fälüt , bist du nicht damit zufrieden , dass du uns ; als wir noch 
lebten, getödtet hast, musst du uns auch im Grabe noch quälen ?" 
Darauf weinte und trauerte er nur noch mehr. Der Riese — heisst 
es bei !]?abart — hatte Mitleid mit ihm und fragte ihn nach der 
Ursache seiner grossen Trauer. Da sagte ^alüt zu ihm: ))Weisst 
du mir vielleicht einen Schriftgelehrten im Lande , den ich fragen 
könnte , auf welche Weise ich Busse thun kann , um Gottes Yer- 
gebung zu erlangen?" Darauf sagte jener: »Weisst du, mit wem 
du zu vergleichen bist? Du gleichst jenem Könige, der auf der 
Reise Abends in einer Stadt ankam. Da fing ein Hahn an zu krähen ; 
.der König betrachtete dieses als ein böses Vorzeichen («Juo ^sLä?) und 
befahl, alle Hähne in der ganzen Stadt zu tödten, was auch ge- 
schah. Als er nun sich schlafen legen wollte, sagte er zu seinen 
Dienern: > »Sobald der Hahn kräht, wecket mich, damit wir Weiter- 
reisen"". Darauf sagten jene : » »Du hast ja aber befohlen, alle Hähne 
umzubringen, also kann auch keiner mehr krähen"". So verlangst 
auch du jetzt nach einem Schriftgelehrten, während du doch alle 
hast tödten lassen". Als !]?4ltit hierauf noch mehr wehklagte , sagte 
ihm der Riese, dass er jene Frau, die er umzubringen den Befehl 
erhalten hatte, verschont habe und dass sie also noch lebe. Saul 
sagte darauf zu ihm , er möge doch zu ihr gehen und sie fragen , 
ob sie für ihn eine Busse wisse. Auf seine Anfrage antwortete sie 



187 

aber , sie könne Nichts der Art angeben ; sie sollten zam Grabe 
eines Propheten gehen und dort fragen. Bie gingen nun «am G-mbe 
des Josua b. NtLn^ Als sie ihn angerufen hatten , entstieg er dem 
Grabe und fragte : »Was gibt* s P Ist die Stunde der Aufer«tehang 
gekommen P" Sie sagten, dass sie erschienen seien, ihn zu frag^, ob 
er für T4lüt keine Busse wisse. Josua antwortete: »Ich weist nur 
Eines : wenn T41üt der Herrschaft entsagt und mit seinen Söhnen 
in den Kampf für den wahren Glauben (»Ut d^^t^y^ ^jr) auszieht 
und sie so lange kämpfen, bis die Söhne gefallen sind und er 
alsdann weiter kämpft, bis auch er den Tod findet — vielleicht 
dass er alsdann Vergebung erlangt". 

T^lüt kehrte darauf noch trauriger in sein Haus zurück. Seine 
Söhne befragten ihn deshalb; er sagte ihnen, welche Antworten 
er auf seine Anfragen erhalten habe , und fragte sie , ob sie mit ihm 
in den Kampf ziehen wollten. Sie antworteten , dass sie dazu gerne 
bereit seien. Er Hess sie darauf sich rüsten und zog mit ihnen ins 
Feld. In der Schlacht kämpften sie alle , bis sie den Tod fanden ; 
darauf kämpfte T4Mt allein weiter, bis auch er fiel. 

Nach einer andren , von beiden Autoren angeführten , Meinung 
war der befragte Prophet nicht Josua ^ sondern Elisa (bei Tabari 
«— »^Ia>l C7^ f-^^^O j i^ach einer weiteren , von Ibn el-Atir angeführten, 
Meinung war es der Prophet Samuel (Jj^äI), was also der bi- 
blischen Erzählung entspricht , wenn es auch hier in andrer Form 
erzählt wird. Tabari sagt ferner, dass die Besitzer der Thora be- 
haupten , T&ltit habe 40 Jahre lang regiert ^). 

In den jüdischen Schriften gibt sich eine grosse Sympathie für 
Saul kund. Mit Bezug auf die Stelle 1 Sam., 13, 1 : i»Saul war 
ein Jahr alt, als er die Regierung antrat" (^^^Q^ ^INtt^ H^E^ P — 
im Texte ist, wie Munk, Palestine, 2ö2^, N., bemerkt, die Zahl der 
Jahre ausgefallen — ) heisst es im Talmud (Joma, 22^): »Bas soll be- 
sagen, dass er so sündenfrei war, wie ein einjähriges Kind"; an 
andren Stellen (Bamidbar R., S. 4; jerus. Talmud, Sakka, V, 4) 
wird seine Keuschheit (pW'iJJi) gerühmt. Er wird sogar (Jalkut, 

1) Munk (Palestine, p. 266, Note) bemerkt, dass nach Josephus (Antt., VI, 14,9) 
Saal 40 Jahre lang regiert habe, und erklärt dieses — unter Uinweisung auf Act. 
Ap., 13, 21, and Andres — für nicht unwahrscheinlich. 



188 

Sam., § 138) in einzelnen Dingen höher gestellt als David; dazu 
gehört auch, dass er mit seinen Söhnen in den Kampf zog, ob- 
schon er wusste , dass sie alle dort den Tod finden würden , wo- 
gegen David sich leicht bereden Hess , nicht mit ins Feld zu ziehen 
(2 Sam., 21, 17). 

Mit Bezug auf 1 Sam., 28, 19, heisst es (Pirke B. Eliezer, c. 33 ; 
Jalkut, Sam., § 141): »Samuel sagte zu Saul: Wenn du meinen 
Bath befolgst , auf dem Schlachtfelde den Tod zu suchen , so wird 

dein Tod deine Sühne sein H'^^y iTlDD "IPP^^D NUP) ^^^ ^^ 
wirst deinen Platz neben mir (im Paradiese) finden*'. 

An andren Stellen (Wajikra B., S. 26 , zu Lev., 21, 1 ; Midrasch 
Tanchuma , ed. Buber , III , 42^ ; Midrasch Samuel, S. 24) wird er- 
zählt: »Samuel sagte zu Saul: »»Wenn du das götiliche Strafgericht 
auf dich nimmst, so wirst du morgen mit deinen Söhnen bei mir 
sein" ". Zur selben Stunde berief Gott die obersten Engel und sagte 
zu ihnen: »»Sehet her! Wenn Jemand zu einem Gastmahle geht , 
pflegt er seine Kinder nicht mitzunehmen, aus Furcht vor dem 
bösen Blicke (pyH rT^N^lD '^JDö) 5 dieser Saul aber zieht in die 
Schlacht und nimmt seine Söhne mit sich ; er weiss , dass er den 
Tod finden wird , freut sich aber darüber , dass das göttliche Straf- 
gericht an ihm vollzogen wird"". 

An denselben Midraschstellen wird — mit Bezug auf Lev., 20, 
27 ; 21, 1 — auch das hübsche Gleichniss von dem Hahne ange- 
wandt. Zu der Stelle 1 Sam., 28, 7 : »Und Saul sagte zu seinen 
Dienern : Suchet mir , eine Todtenbeschwörerin" wird bemerkt : 
»Womit ist Saul zu vergleichen ? Er gleicht einem Könige , der in 
eine Stadt gekommen war und den Befehl gab , in derselben Nacht 
alle Hähne umzubringen. Als er weiter reisen wollte , fragte er , ob 
kein Hahn da sei, um durch sein Krähen den Tagesanbruch an- 
zuzeigen. Da sagten seine Diener zu ihm : »»Hast du denn nicht be- 
fohlen , alle Hähne zu tödten ?" " So auch hatte Saul alle Zauberer 
und Todtenbeschwörer wegschaffen lassen (1 Sam., 28, 3) und den- 
noch verlangte er jetzt, man solle ihm eino Todtenbeschwörerin 
herbeiholen". 

In dieser Form passt übrigens das Gleichniss besser als bei 
Tabarl , der von Todtenbeschwörern Nichts erwähnt ; dagegen wird 



189 

bei Letzterem das Todten der Hähne motiyirt, was im Midrasch 
nicht der Fall ist. Und doch lag diese Motiyirung sehr nahe , da 
an einer Talmudstelle (Sabbath , 67^ , cf. Maimonides, Mischne Thora, 
H. Aboda zara, XI, 4) unter den heidnischen Gebräuchen, deren 
Nachahmung verboten ist , auch erwähnt wird , dass man einen Hahn 
schlachtet , der am Abend gekräht hat (D'^D^iy N^lpHy 5 ^^^^ dieser 
Ausdruck das abendliche Krähen bezeichnet , ersieht man aus der 
Stelle bei Tabari) , weil das als ein schlimmes Omen betrachtet 
wird, ähnlich wie das Krähen einer Henne (cf. ZDMG., XXXI, 
339, Note 74; Zeitschr. d. D. Palästinavereins, VIII, 80, N. 2). 



DAVID UND SALOMON. 

Zu den Sagenkreisen , in denen die jüdische und die arabische 
Sage sich theils berühren, theils divergiren, gehören insbesondere 
diejenigen , die sich auf David und Salomon beziehen. Bei den Ara- 
bern überstrahlt Salomon weitaus seinen Vater, und obschon im 
!^or&n (Sur. 38, 25) Gott zu David sagt : »Ich habe dich zu mei- 
nem Stellvertreter — Chaltf — auf Erden ernannt" (Xäa)L> ^*)U1ä> U? 
{joji^ ^) , so ist doch nicht er , sondern Salomon das Urbild eines 
Chaltfen. Da wo Beide neben einander erwähnt werden , ist es Salo- 
mon , der seinen Vater an Weisheit übertrifft. Das ist z. B. der Fall 
bei dem Processe wegen der Schafe , die im Felde eines Anderen als 
ihres Besitzers geweidet hatten (Sur. 21, 78. 79). David sagte, wie 
Bai4&wt (I , in) und ZamaMart (II , aaI) z. St. bemerken , dass die 
Schafe dem Eigenthümer des beschädigten Feldes gehören sollten. 
Salomon aber, der damals erst 11 Jahre alt war, sprach sich dahin 
aus , dass demselben nur die Nutzniessung der Schafe gehören solle , 
ihre Milch , Wolle und ihre Jungen , bis das Feld wiederum im 
Statu quo ante sein werde , und mit Bezug darauf heisst es , dass 
dem Salomon die bessere Einsicht verliehen worden sei. 

Aber auch bei dem berühmten Urtheilsspruche Salomon's tritt 
seine Weisheit um so mehr in den Vordergrund , als — wie in dem 
eben erwähnten Falle — David zuerst ein ganz andres Urtheil 
geiällt hatte. Bei BohÄrt (ed. Krehl , II , Hf ) und gleichlautend in 



190 

den »Dicta Muhammedis*' in Arnold^s arabischer Chrestomathie (p. 
23 , N^ M«) wird nämlich im Namen Mohammad's erzählt , dass einst 
zwei Frauen beisammen wohnten , yon denen jede ein Kind hatte. 
Da kam der Wolf and raubte eines der beiden Kinder. Da nun 
Jede behauptete , es sei das nicht ihr Kind , sondern das der Andren 
gewesen , so gingen sie zu David , damit er darüber entscheiden 
solle. David sprach der älteren Frau das lebende Kind zu. Darauf 
traten Beide vor Salomon , um sein Urtheil zu vernehmen. Salomon 
sprach : »Bringet mir ein Messer (^XmJL «Wät , nach einer andren 
Version : SüJcJL) , damit ich das Kind unter sie theilo". Da rief die 
Jüngere: »Thu' das nicht, um Gotteswillen I (aUI <ä)L«.:>«j J^xaj ^) 
Es ist ihr Kind !" Darauf sprach Salomon der Jüngeren das Kind zu. 
Salomon's Urtheil übertrifft aber noch in einer andren Erzäh- 
lung das Urtheil seines Vaters an Weisheit. Die bekannte Erzäh- 
lung von dem Rechtsstreite zweier Männer, von denen der eine 
dem andren einen Acker verkauft hatte, in welchem der Käufer einen 
Schatz fand, von dem er behauptete, dass der Verkäufer, nicht 
der Käufer auf denselben ein Anrecht habe, während der Verkäufer 
behauptete, der Käufer habe mit dem Acker auch zugleich das 
Eigenthumsrecht auf den Schatz erworben — dieser in Gegenwart 
Alexander's d. Gr. verhandelte Process, der vom Richter dahin aus- 
geglichen ward , dass der Sohn des Einen die Tochter des Andren 
heirathet und der Schatz das Heirathsgut bildet , wird im Midrasch 
Tanchuma (ed. Buber, I, 152; III, 88), and zwar in zwei Ver- 
sionen, die eine aramäisch, die andre hebräisch, in Bereschith 
Rabba , Sect. 33 , zu Gen., 8, 1 , sowie an andren von Ruber und in 
der Wilnaer Ausgabe des Midrasch mitgetheilten Stellen ausführlich 
erzählt. Diese Elrzählung findet sich — nur kürzer und ohne Er- 
wähnung irgend eines Namens -*■ auch bei Bol)4rt (II, t^w^. In 
WeiPs biblischen Legenden (p. 215) wird nun dasselbe erzählt, nur 
ist hier wiederum zuerst David, dann Salomon der Richter: David 
sagt, der Schatz solle unter die beiden streitenden Parteien ge- 
theilt werden, worauf Salomon, der erst 13 Jahre alt war, durch 
den Vorschlag der Verschwägerung den Streit schlichtet» — David 
wird zunächst als sehr gottesfürehtig geschildert. So werden (Sur. 
21, 105) neben der Thora (/«AJO ^^^ Psalmen (j^^) erwähnt, 



191 

und aus denselben wird die Stelle (Ps., 27, 29) angeführt , dass die 
frommen Diener Gottes das Land erben werden {i^ß Ü^j^^ o^ 
p^Loil ^oLfi). So heisBt ee femer (Snr. 21^ 79 ; B4, 10 ; 38, 17. 18), 
dass Oott die Yögel und die Berge aufgefordert (oder gezwungen — 
li^^U^) kabe , mit David Gott zu lobpreisen. Bei Bo^äri (I , ^^aI , 
n , nV) wird im Namen des Propheten berichtet , Dayid's Fasten 
und Gebet sei Gott das liebste von allen gewesen ; und dass er immer 
einen Tag am den andren gefastet , um Mittemacht aufgestanden 
sei, und nur zwei Drittel der Nacht geschlafen habe. 

Bei den ]^or4ncommentatoren sowie bei den andren Autoren 
wird nun besonders ausführlich Dayid als ein gottesfürchtiger und 
gottgeliebter Mann geächildert , dem zu Liebe auch mehrere Wunder 
geschahen, und zwar schon in seiner Jugend, als er noch die 
Heerden weidete. Manches hiervon ist jüdischen Ursprungs. So wird 
bei 'pabari (I , oöf ) erzählt , wie David einst zu seinem Vater ge- 
sagt habe: »0 mein Yater, ich ziele nie mit meiner Schleuder nach 
irgend Etwas , ohne es zu treffen", worauf sein Yater antwortete : 
»Sehr erfreulich ist das zu hören, mein Sohn (^ \^ r^O 9 denn 
somit hat Gott dir verliehen , durch deine Schleuder deinen Lebens- 
unterhalt zu erwerben". Ein andres Mal sagte David: »0 mein 
Vater , ich habe in den Bergen einen ruhenden Löwen angetroffen ; 
ich setzte mich auf ihn und ergriff ihn bei den Ohren , und er liess 
es ruhig geschehen". »Das ist sehr erfreulieh zu hören", sagte sein 
Vater , »das ist eine grosse Wohlthat , die Gott dir erweist". Wieder 
ein Mal erzählte David seinem Vater: »Wenn ieh in den Bergen 
Gott lobpreisend umherwandle, ist niebt ein Berg, der nicht mit 
mir in den Lobgesang einstimmte", worauf sein Vater dieselbe 
Antwort gab. An einer andren Stelle l^abart's (I , ölt^ und ebenso 
bei Ihn el-A,ttr (I, töv) heisst es, dass Gott David eine Stimme 
verliehen, die an Wohllaut ihres Gleichen nicht hatte, und dass, 
wenn er die Psalmen recitirte (jM^^ US ^ö\) , ihm die wilden Tbiere 
freudig zuhörten, sodass er sie beim Nacken erfassen konntet. Zu- 
gleich wird erwähnt, dass er sich sehr fleissig mit dem Stu- 
dium des Gesetzes (oL^ä^I) beschäftigte, dass er mitten in der 
Naoht aufstand und die Hälfte der Zeit mit Fakten verbrachte, 
sowie dass er sich von seiner Hände Arbeit ernährte. Letzteres 



192 

wird auch bei Bolhdrt (II, Hl) von Abu Hureira im Namen Mo- 
hammad^s berichtet. 

Im ]B[or&n (Sur. 2, 252) wird nur flüchtig erwähnt , dass David 
den Goliath (Gälüt) tödtete. Zamahsart (I , IV) und Baidäwt (I , Sfi) 
bemerken hierzu, dass, als David auf dem Wege zum Feldlager 
war , drei Steine ihm zuriefen : ))Nimm uns mit ; mit uns wirst du 
Goliath tÖdten !'' Dasselbe erzählen auch Tabart (I , oöö) und Ihn el- 
Atir (I , iol*^ , sowie ferner , dass David bei jedem Steine , den er auf 
Goliath schleuderte, ausrief: y>Den schleudre ich im Namen meines 
Yaters Abraham , den im Namen Isaak's , den im Namen Jakob's". 
Bei Mas'üdt (I, 107) wird erzählt, die drei Steine in David's Hirten- 
tasche hätten sich in einen verwandelt. Es erinnert das an eine 
Midraschstelle (M. Tanchuma , Jalkut und jerus. Targum zu Gen., 
2, 10. 11), an welcher mit Bezug auf das "^J^J^Ö? ^6^) 2, 11, 

• • • ^ • • 

und das QJ^H, Vs« 18, gesagt wird, dass aus den vielen Steinen 

I V %• T 

ein Stein geworden sei. 

Bei Tabart und Ihn el-Atir heisst es ferner , dass der Prophet 
(Samuel) dem Saul im Auftrage Gottes ein mit Oel gefülltes Hörn 
und einen eisernen Panzer L^ , wie es scheint, das persische StJu) 
übergeben und gesagt habe , dass man den Besieger Goliath's daran 
erkennen würde , dass das auf sein Haupt gegossene Oel nicht herab- 
fliessen , sondern gleich einer Krone auf demselben bleiben, und dass 
ihm ferner der Panzer passen werde. David war nun der Einzige, auf 
dessen Haupt das Oel in dieser Weise floss, wie er denn auch den Pan- 
zer ausfüllte; Letzteres wird übrigens auch von Mas'üdt (1. c.) erwähnt. 

Auch im Jalkut (zu 1 Sam., 17, 38, § 127) heisst es nach M. 
Tanchuma (zu Levit., 21, 1 , ed. Buber , 43*) : Als David Saul's 
Gewänder anzog , passten sie ihm , trotzdem dass Saul an Grösse 
alle Anderen überragte (1 Sam., 10, 23). Als Saul dieses sah , war 
es ihm ein Zeichen , dass David dereinst König sein werde , und er 
beneidete ihn deshalb (n^^W pj^ ^3 D'^JD!! > ^^^ ^^®^ wohl in 
diesem Sinne zu nehmen ist). Das war auch der Grund, weshalb 
David , der dieses bemerkt hatte , jene Kleider wiederum auszog 
(Vs. 39). Die fünf Steine — heisst es ferner — , die David alsdann 
sich auswählte (Ys. 40) , nahm er im Namen Gottes , im Namen 



193 

des Priesters Aaron und im Namen Abraham's , Isaak's und Jakob's. 
Bei Tabarl (I , ö\ o*1I) wird ferner erzählt , wie Samuel auf 
Gottes Geheiss zu Isai ging, um einen seiner Söhne zu salben, 
den Gott dazu ausersehen hatte , den Goliath zu tödten , und wie 
dann Isai ihm seine zwölf Söhne vorführte, alle von gleicher Statur 
und schön von Ansehen, einer aber von ganz besondrer Schön- 
heit. Als Samuel ihn erblickte, rief er aus: »Gepriesen sei Gott! 
Wahrlich 1 Gott kennt seine Diener" (oLotlL -cvaj äJJI ^t ; derselbe 
Satz findet sich, wie in der Note bemerkt wird, Sur. 40, 47; 3, 13. 19, 
aber in ganz andrem Zusammenhang). Da sagte Gott zu ihm : »Deine 
Augen sehen auf das Äussere, ich aber schaue in das Herz (^» 
v^^JLiül ^s Lo jlbt ^\^ y^ U q|;*äaj (tf^JLxfi) — der ist es nicht. 
Das wiederholte sich bei Allen. Darauf sagte Samuel zu Isai: »Gott 
sagt mir , du habest noch einen Sohn — wo ist er ?" Isai antwoitete : 
»Ja , Prophet Gottes , ich habe noch einen Sohn : er ist aber so 
klein, dass ich mich schäme , ihn sehen zu lassen ; er ist auf der 
Weide". Als Samuel sich nun näher nach dem Weideort erkundigt 
hatte, ging er hin. Er fand David in einem Thale, durch welches 
ein Wasser floss und sah , wie derselbe die Schafe paarweise durch 
den Strom trug , statt sie denselben durchwaten zu lassen. Da rief 
Samuel aus: »Das ist er, kein Zweifel! Er hat Mitleid mit dem 
Vieh , er wird auch gegen die Menschen barmherzig sein" (_^ I^X^ 

Das, was hier Gott zu Samuel sagt, entspricht dem, was 1 Sam., 16, 
6. 7, gelegentlich der Salbung David's — aber nicht Ton dem Besieger 
Goliath's sondern dem zukünftigen König — erzählt wird. Mit der 
gewöhnlichen Verknüpfung einzelner Sätze, namentlich zu ethischem 
Zwecke , wird im Midrasch — Jalkut zu 1 Sam., 9 , 19 (§ 108) — 
das hier vorkommende nj^^in '^ÜJN ™^* ^®^ Stelle 16, 6. 7, in 

VT • T 

Verbindung gebracht: »Gott sagte zu Samuel: »»Du nennst dich 
selbst eien Seher P (1 Sam., 9, 19) Ich werde dir zeigen , dass du 
kein Seher bist"", und das war, als Gott zu Samuel sagte: ^SPl^-^J!^ 

Dli^y^ n^n^. nim ^5 • • • • inNnö"!:5J^J". Mit Bezug auf die 

Salbung David's heisst es ferner (ibid., § 124 nach M. Tanchuma und 

Ps., § 750 nach M. Jelamdenu) : »Als Samuel den Eliab salben wollte, 

25 



194 

floss das Oel nicht ans dem Hom , nnd dasselbe wiederholte sich bei 
den Anderen ; bei David floss es von selbst heraus und ergoss sich über 
sein Haupt", mit Bezug worauf der Vers Ps. 92, 11 angeführt wird. 
Aber auch zu dem Andren, was l^abart erzahlt, finden sich Pa- 
rallelen. Mit Bezug auf die Stelle Exod., 3, 1 : »Und Moses weidete 
die Heerden Jethro's" und die darauf folgende Erzählung von Mosis 
Sendung heisst es im Midrasch (Schemoth R., Sect. 2 und an andren , 
in der Wilnaer Ausgabe , 9» , angeführten Stellen) : Von David wird 
gesagt (Ps. 78, 70) :|J<-Ji DIN^^ÖO ^01^^ 1^55? ^Y}^ ^Ü7}y^ 
das Wort fllN^DD ^s* ^^ Sinne von Qlg^^n N^S'^l (^®"'j ^) ^) ^" 

• • • 

nehmen; David sonderte die grossen Schafe von den kleinen(yj'^Q n^ij^ 
□"^JÖpri "^JDD D'^i^njn ; ™ Jalkut zu Ps. 70 (§ 823) heisst es : 
I^N "^JDD li^N nSiD JVr\ü) ; <iiö jungen Lämmer führte er zur 
Weide , um sie vom zarten Kraute essen zu lassen , dann die al. 
ten Schafe , um die Kräuter abzuweiden , die nicht mehr zart , aber 
auch noch nicht hart waren (D'^JIJ'^Dn DUi^y)? ^a^^ ciiö in der 
Mitte zwischen beiden stehenden Schafe (Q*>'mnDn)> ^^ ^^® harten 
Kräuter zu essen. (Im Jalkut bilden die Spitzen , die Mitte und die 
Wurzeln der Kräuter die Abstufung). Da sagte der Heilige, gelobt 
sei er : »Er versteht es , die Schafe zu weiden ; so soll er auch der 
Hirte meines Volkes sein", wie es (im folgenden Verse) heisst: »Er 
nahm ihn von den säugenden Schafen hinweg , um sein Volk Jakob 
zu weiden". Auch Moses wurde als Hirt von Gott erwählt. Unsre 
Lehrer sagen : Als Moses die Schafe Jethro's weidete , lief einst 
ein Lamm von der Heerde weg. Moses eilte ihm nach , bis er an 
ein Lauchfeld (n'^DH) ^*™ 5 ^^^* ^^^ auch ein Teich , bei dem das 
Lamm stehen blieb, um zu trinken. Als Moses dasselbe erreicht 
hatte , sagte er zu ihm : »Ich wusste nicht , dass du aus Durst davon 
gelaufen ; du wirst wohl müde sein". Darauf nahm er das Lamm 
auf seine Schulter und trug es zurück zur Heerde. Da sprach Gott : 
»Du hast Mitleid mit den Schafen eines Menschen" (m^ ^11^3 » S«p? 
xx) oLiyLX im N. T.); »bei deinem Leben! du sollst auch Israel, 
meine Heerde, weiden", und darum heisst es (zu Anfang der Er- 
zählung) : r\T\ n^T rm^\ 

f. TT V 

Wie gottgeliebt David war , zeigt sich auch in dem , was ^a- 



195 

barl (1, cö*t) erzählt: Als David auf der Flucht yor Saul sich in 
einer Höhle verborgen hatte , wob die Spinne , auf Gottes öeheiss, ihr 
Gespinnst am Eingange derselben. Als nun Saul an die Höhle kam 
und das Gespinnst sah, sagte er : Wenn er da hinein gegangen wäre, 
so hätte er das Spinnengewebe (o^jCotJi v^>wu, eben so Sur. 29, 
40, das Gesenius (Thes. p. 192) mit J^^^^y fl'^Dj Job , 8, 14, ver- 
gleicht) zerrissen, und so ging er weiter. — Auch diese Sage ist, wie 
es scheint, jüdischen Ursprungs; wenigstens findet sie sich, wie 
aus Levy's chald. WB. s. v, J^T^^DD'^N (^> ^^) ^^ ersehen, in 
der Paraphrase des Targum zu Ps. 57, 3. Dasselbe wird übrigens, 
wie Levy erwähnt, auch mit Bezug auf Mohammad's Flucht er- 
zählt (cf. Zamahäarl, I, öfi**, und Baitjäwi, I , t**Av , zu Sur, 9. 40 ; 
auch im Eingange zu Fertd ed-Dtn's Mantik Üt-Tair, ed. Garcin 
de Tassy, p. t, Vs. tf , wird dieses Spinnengewebe erwähnt). 

Gleichzeitig erzählt Tabart — wie auch Ibn el- Atir, I , löf — ein- 
zelne Züge von David's Grossmuth dem Saul gegenüber , aus denen 
man seine Milde und Humanität erkennt. 

Das Ereigniss mit der Frau des Uriah , im i^orän (38, 20 ff.) 
nur flüchtig angedeutet , wird von den späteren Autoren umständlich 
erzählt. Was bei Zamalj^arl , Tabart , Ibn el-Atlr und Al-Kisäi er- 
zählt wird , dass David Gott gebeten habe , ihn , wie die Patriar- 
chen , zu prüfen , und dass daraufhin der Satan in Gestalt einer 
Taube die Veranlassung zu seiner Versuchung gab, ist jüdischen 
Ursprungs, nur dass im Talmud, wie gewöhnlich, eine Bibelstelle 
in dem Sinne gedeutet wird , dass David wünschte , in Versuchung 
geführt zu werden und dass das darauf folgende Ereigniss kürzer 
und einfacher erzählt wird als bei den arabischen Autoren. San- 
hedrin , 107« , heisst es : Man soll nie wünschen , in Versuchung 
geführt zu werden, denn David sprach diesen Wunsch aus und 
strauchelte (j^ti^^JI). Er sagte zu Gott — oder vor Gott T^JOJ^ , 
der gewöhnliche Ausdruck bei der Anrede Gottes — : »Herr der 
Welt ! Warum sagt man (im Gebete) Gott Abraham's , Isaak's und 
Jakob's und nicht Gott David's ?" »Jene wurden von mir auf die 
Probe gestellt , du aber nicht", antwortete Gott. Da sagte David : 
»0 Herr der Welt I Prüfe mich und versuche mich" — wie es heisst 
(Ps., 26, 2) : Prüfe mich, o Gott, und versuche mich, erprobe mein 



196 

Herz und meine liieren. Da sagte Gott zu ihm : ]>Ich werde dich 
erproben , und ich will dir auch — was ich bei jenen nicht ge- 
than — zum voraus sagen , dass ich dich durch ein Weib CH^HD 
n^'^y) in Versuchung fuhren werde". — Darauf wird , unter Anfüh- 
rung von 2 Sam., 11, 2 , erzählt , dass Bathseba hinter einem Bienen- 
korbe sich den Kopf wusch ; der Satan erschien dem David in Ge- 
stalt eines Vogels ; David schoss nach ihm , der Pfeil zerschmetterte 
den Bienenkorb , und so erblickte er sie. 

Im Jalkut zu 2 Sam., 11,2 (§ 148) heisst es, dass Bathseba 
unter einer ausgespannten Decke (J'^ri^'^D "^mn) i^^®^ Kopf wusch ; 
der Satan erschien dem David in Gestalt einer Gazelle ; als er nach 
dieser schoss , floh sie dem Orte zu , wo Bathseba war , und so er- 
blickte sie David. 

Bei Zamahöari zu Sur. 38, 19 (II, W^) wird nun erzählt, dass 
David Gott gebeten , ihm dieselbe Auszeichnung zu Theil werden 
zu lassen , wie seinen Vorfahren , worauf Gott ihm erwiederte , 
dass er jene durch verschiedene Versuchungen geprüft , die sie alle 
bestanden , Abraham durch Nimrod und die Opferung seines Sohnes , 
Isaak durch dieselbe Opferung und durch den Verlust des Augen- 
lichtes , Jakob durch die Trauer um seinen Sohn Joseph. David bat 
nun, ebenfalls geprüft zu werden; da sprach Gott zu ihm: »Ich 
werde dich also prüfen, und zwar an dem und dem Tage; nimm 
dich also in Acht !" An dem anberaumten Tage nun ging David in 
sein Betzimmer (*-jL^) , verschluss die Thüre, betete und las die 
Psalmen (oder die heilige Schrift : j^j^O* ^^ näherte sich ihm der 
Satan in Gestalt einer Taube von Gold. Er streckte seine Hand 
nach ihr aus , da flog sie davon ; er folgte ihr , doch sie flog abermals 
davon und Hess sich dann an einem Fenster nieder ; als er ihr auch 
dahin folgte, erblickte er eine sehr schöne Frau, die ihr Haar ordnete ; 
er erkundigte sich und erfuhr , es sei dieses die Frau des Uriah (L^t) , 
der sich im Kriege befinde. David schrieb hierauf an Lyo _j s^yj) 
(r\^yi)i p DNT^ ^®^ Bibel) , den Heerführer, er solle den Uriah 
beim Angriff auf den Feind vor die Bundeslade (o^Ui') stellen. Als 
derselbe nun das erste Mal unverletzt davon kam , befahl er , es zum 
zweiten Male zu thun , dann zum dritten Male , bis er die Nach- 
richt erhielt, Uriah sei getödtet worden, worauf er dessen Frau 



197 

sich zum Weibe nahm. Zamaljöart führt aber nun ferner — wie 
ebenso Bai^&wt z. St. (II , Uo) — eine Überlieferung im Namen des 
'All b. T^lib an , wonach derjenige , der dieses als wahre Geschichte 
erzählte « gegeisselt zu werden verdiene , da es eine lügenhafte Yer- 
läumdung der Propheten sei. 

Diese Erzählung von David's Yersuchung findet sich auch — mit 
kleinen Abweichungen — bei Ta^^ri (I, o*1f), bei Ibn el-Attr (I, \ö*\) 
und in den Prophetengeschichten (fLMj'bSt ^ja*ab) des Al-Eisäi (MS. 
der Münchener Hof- und Staatsbibliothek , Cod.- ar., N° 445, f. 279 r.). 

Yon der Busse Dayid's , auf die ja auch unter den sogenannten 
Busspsalmen der 51. Psalm in der Überschrift bezogen wird, er- 
zählt auch der Talmud an der oben erwähnten Stelle (Sanh., 107) 
und anderswo. 

Weit mehr ins Einzelne gehend ist das, was Tabart (I, ö***1) 
und Ibn el-Attr (I , \ö*\) von David's Reue und Busse erzählen , so 
unter Andrem , dass David 40 Tage lang weinend und Gott um 
Vergebung bittend auf den Enieen lag , dass er mehr geweint als 
alle Menschen je geweint , dass er sein Vergehen auf seine Hand 
geschrieben und dass diese erzitterte , so oft er sie ansah, und dass 
er vor Scham nie seine Augen gen Himmel erhob , bis Gott zu ihm 
sagte , er solle sein Haupt erheben , seine Sünde sei ihm vergeben. 
Darauf sprach David : »0 Herr , du bist doch ein gerechter Richter; 
wenn nun am Tage der Auferstehung Uriah , von Blut überströmt , 
vor deinen Thron treten und sagen wird : Herr , frage doch diesen 
da , wesshalb er mich umgebracht hat — was wirst du antworten ?" 
Da sprach Gott : »Alsdann werde ich ihn bitten , dir zu verzeihen 
und werde ihm dafür einen Antheil am Paradiese geben". Darauf 
sprach David : »0 Herr , nun weiss ich , dass du mir vergeben hast". 

Dass diese Anklage David's von Seiten Uriah's stattfinden werde , 
wird auch in Gazzäll's Eschatologie , betitelt Ad-Durrah al-fäljirah 
(ed. Lucien Gautier, p. vf ; Übersetzung , p. 63 ff.) , erzählt. Am Tage 
des Gerichtes — heisst es — wird (nach Moses) David aufgefor- 
dert, seine Kanzel zu besteigen und die Psalmen vorzulesen, und 
unter Allen hat er die schönste Stimme ; wie im Sahth gesagt wird , 
ist David der Vorgesetzte der paradiesischen Sänger. 

Aber derjenige — so wird ferner erzählt — der vor der Bundes- 



198 

lade (JU^X^Jt o^b) getödtet wurde hört David^s Stimme , stürzt sich 
in die Menge , durchbricht die Menschenschaaren , bis er vor David 
gelangt, dem er zuruft: y^Ist es vielleicht der Psalter, der dich er- 
mahnt hat, mich als Feind zu behandeln P" David schweigt, beschämt 
und verwirrt, und auch die am Orte des Gerichts (\^säyA) Versam- 
melten sind bestürzt , als sie sehen , in welchem Zustande David 
ist. Uriah aber ergreift ihn und treibt ihn hin vor den Thron Gottes 
des Erhabenen. Der Vorhang wird niedergelassen , und Uriah ruft 
aus: »0 Herr, lass mir Gerechtigkeit widerfahren von ihm-, er 
hat meinen Tod veranlasst, indem er mich vor der Bundeslade 
kämpfen Hess , bis ich getödtet ward , und darauf hat er meine Frau 
geheirathet, obschon er bereits 99 Frauen hatte". Gott der Allmäch- 
tige wendet sich hierauf zu David und fragt ihn : t>Ist das wahr , 
was er sagt?" »Ja, so ist es, o Herr!" antwortet David, indem er 
das Haupt aus Scham und aus Furcht vor der Strafe niederbeugt. 
Darauf sagt Gott zu Uriah: »Ich habe dich bereits entschädigt, 
indem ich dir Paläste Ly^^ ^) gegeben habe, sowie schwarz- 
äugige Jungfrauen" (»aus dem Paradiese" setzt eine Lesart hinzu); 
»bist du damit noch nicht zufrieden gestellt?" Uriah antwortet: »Ja , 
ich bin es, o Herr!" Darauf sagt Gott zu David: »Gehe, ich habe 
dir verziehen . . .", und dann sagt er weiter zu ihm : »Geh' nach 
deiner Kanzel zurück und lies die Psalmen zu Ende", was David 
auch thut. 

In ganz andrem Lichte erscheint nun Salomon. David's Haupt- 
verdienst besteht eigentlich nur darin , dass er der Vater Salomon's 
war, der ihn aber in Allem und Jedem überstrahlt, wovon die 
erwähnten Urtheilssprüche nur ein kleines Vorspiel sind. Die krie- 
gerischen Eigenschaften David's — nach orientalischer Vorstellung 
die Hauptzierde eines Herrschers — und dass er durch seine Kriegs- 
thaten den eigentlichen Grund zu Salomon's Macht und Grösse legte, 
sowie zu dem Frieden unter des Letztern Regierung, wo Jeder 
unter seinem Weinstocke und seinem Feigenbaum in Ruhe und 
Sicherheit sass (1 Kön., 5, 5) — von all dem findet sich nirgends 
eine Erwähnung ; ebenso wenig davon , dass (1 Chron., 22, 9) der 
Name HD^B^ *^^ ^^® Ruhe und den Frieden in seiner Zeit be- 



199 

zogen wird ^^0 ^^'^^ r\r±)\^ ^3 . . . . nniJD ^i< hm^ f<in 

• •• • *• •• 

l^öp b^'l\i;^, b)l |nj^ ^p^ Dl^t^) > wie denn aucli mit 

Bezug auf den Tempelbau der Oegensatz zwischen ihm und seinem 
kriegerischen Vater hervorgehoben wird (ibid., Vs. 8. 10 ; 28, 3 ; 
1 Eon., 5, 17 ff.). Vielmehr ist Salomon ein kriegführender König , 
wie denn sehr oft von seinem Heere und seinen Feldzügen die 
Bede ist ; Salomon ist das Vorbild Moharamad's. Und so wird auch 
das, was die Bibel (1. Kön., 10, 1 ff.) von der Königin von Saba 
erzählt , in der arabischen Sage mit ganz besonderer Vorliebe aus- 
geschmückt , weil dieser Sagenkreis einerseits locale Färbung trägt, 
andrerseits gleichsam eine Vorgeschichte Mohammad^s und der Cha- 
lifen ist. Dass Salomon in seinem mit «Ut ^«.mo anfangenden Briefe 
an die Königin von Saba dieselbe auffordert , den Islam anzuneh- 
men (oder , nach einer andren Erklärung des Wortes ^^ ^ aJUmq , sich 
ihm zu unterwerfen) und zu ihm zu kommen (Sur. 27, 30. 31) , 
dass alsdann die Königin in der That kommt und sich zum Islam 
bekennt (Vs. 45) — , alles das ist gleichsam vorbildlich. Es war das 
heidnische Arabien , das dem Salomon huldigte und seinen Glauben 
annahm. Auch die Herbeischaffung des Thrones der Königin (Vs. 
38 ff.) gehört wesentlich mit zu dieser , dem Islam dargebrachten , 
Huldigung ; denn dieser Thron war in der altarabischen Sage be- 
rühmt, wie denn Balles (oder Bilkts) selbst als göttliches Wesen 
vorkommt (Fiesnel im Journ. asiat., Sept.-Oct. 1845 , p. 235 ff. : A. v. 
Kremer , Die südarabische Sage , p. 67 ; D. H. Müller , Die Burgen 
und Schlösser Südarabien*s , p, 17 ff.; Dimiskt, ed. Mehren, p. IW). 
Auch in der — später zu erwähnenden — Erzählung von dem Ver- 
luste des Siegelrings und der Herrschaft ist es ein Kriegszug Salo- 
mon's , der die Veranlassung hierzu war. Dass Salomon ein krie- 
gerischer König war , ersieht man auch aus dem , was Bol^ärt (II , 
nf, III, föo), Zamaliöari (II, \r^^) und Bai44wt (II, Uv) zu 
Sur. 38, 33 erzählen, dass nämlich Salomon einst gesagt habe, 
die 70 Söhne , die ihm 70 Frauen (an der letzteren Stelle bei Bo^ärt 
sind es 100) gebären würden , sollten alle für den Glauben kämp- 
fende Ritter werden (so wird , nach Lane s. v., das Wort jj^^ 
in der Regel am Besten wiedergegeben) ((j^Läj »lA^-I^ Ji' ^-jIj 



200 

äUI 1^-^«.*»* ^ cX^Läj). Nur hatte er unglücklicher Weise verges- 
sen, hinzuzufügen: »So Gott will" (äW *Lä q^); zur Strafe dafür 
gebar nur eine Frau einen Sohn, der sich — da er körperlich 
missgestaltet war — durchaus nicht zum Gottesstreiter eignete. Das- 
selbe Versehen liess sich übrigens auch Mohammad selbst — der 
bei Bohar! (II , Ht*^ den Salomon seinen Bruder (jc^O nennt ■— ein- 
mal zu Schulden kommen, wie ZamahSart (I, viv) und Bai4äwt (I, 
ö*1.) zu Sur, 18, 23 erzählen. 

Bei aller Macht und Herrlichkeit ist aber Salomon Gott gegen- 
über sehr demiithig; auch bei ganz unbedeutenden Yergehungen 
thut er Basse und bittet Gott um Vergebung, so z. B., als er über 
die Musterung jener tausend windesschnellen Pferde das Vesper- 
oder Abendgebet zu verrichten vergass (Zamahöarl und Bai44wi zu 
Sur. 38, 30—32). 

Hierbei ist nun ganz ausser Acht gelassen , dass die Anschaf- 
fung dieser Fferde an und für sich eine Übertretung des , Deut., 
17, 16 , ausgesprochenen Verbotes war ; ein kriegführender König 
muss natürlich auch Pferde besitzen, und so führt Baidäwt zur 
Erklärung des -aäü, Vs. 31, einen Ausspruch Mohammad's an: »Das 
Glück ist an die Mähnen der Pferde gebunden bis zum Tage der 
Auferstehung (x^UÄlt «o ^S j^ß- L^aaa|^ oyix^ J^)* Ebenso 
wenig ündet sich davon eine Erwähnung , dass Salomon auch das 
im folgenden Verse (17) ausgesprochene Verbot übertrat, dass er 
vielmehr ausländische Frauen heirathete, die ihn zum Abfall vom 
Dienste des Einen Gottes verleiteten. Eine Sünde , wie die David's 
war , hat sich Salomon überhaupt nie zu Schulden kommen lassen ; 
er hatte alle Tagenden seines Vaters, und damit ihm keine der- 
selben fehle , wird auch von ihm erzählt (Ibn el-Atlr , I , H.) , dass 
er — ebenso wie David — sich von seiner Hände Arbeit ernährte. 

Während David , gleich andren Personen , nur vorübergehend 
auftritt, um dann vom Schauplatz zu verschwinden, lebt Salomon's 
Andenken in unzähligen, stets sich erneuernden. Sagen fort, wie 
auch viele Localitäten nach ihm benannt werden. Salomon bildet 
so den Mittelpunkt eines ganzen Sagenkreises , wie er denn auch 
vielfach mit Gemöid identifizirt wird (Roth in ZDMG., IV, 422 ; 
Vullers s. v. ^^ , 1 , 526. 527. 528) und Manches von Gemöid er- 



201 

zählt wird , was anderswo von Salomon. So wird bei Btrünt (ed. 
Sachau , p. Hö, Z. ö) sogar die Einsetzung und der Name des Naurüiz 
damit in Verbindung gebracht , dass an diesem Tage Salomon den 
verlorenen Siegelring wiedergefunden und damit zugleich die Herr- 
schaft wiedererlangt habe. Gleichzeitig wird (p. t\X) die Einset- 
zung des Naurüz damit in Verbindung gebracht, dass die Ginnen 
und Dtws in einem Tage den Gemsid in seinem Wagen durch die 
Luft von Dabdwand nach Babel brachten. Dasselbe erwähnt auch 
Ibn el-Attr (1 , f1) von Gemsid , an einer andren Stelle (I , f H) von 
Salomon , wie auch Jäl^üt (s. v. y^uLol) , Mas'üdt (III , 77) und 
?:azwinl (II, ii). 

So wird denn auch Salomon's Herrschaft über die Dämonen, 
die im !{^or&n mehrmals erwähnt wird, in den späteren Schriften 
sehr ausfuhrlich und mit vielen Einzelheiten dargestellt. Bei !^az- 
wtnt wird erzählt (I , i*'vl ff.) , wie Gabriel auf Gottes Geheiss die 
Dämonen aus den Feldern und Wäldern , aus Höhlen , Thälern und 
Abgründen zusammen berief , und wie sie ihm alle mit t^LvXi (Hier ! 
zu deinen Diensten !) antworteten , und wie er sie dann dem Sa- 
lomon vorführte , der sich über ihre grosse Anzahl und Verschie- 
denheit wunderte und sich mit ihnen unterhielt , indem er sie über 
das Eine ' und das Andre befragte. 

Auch in al-KisÄi's Prophetengeschichten (f. 291 v.) wird erzählt, 
wie auf Gottes Geheiss Gabriel und Michael alle Vögel zusammen- 
beriefen, die Land- und die Wasservögel (-^J^ jJi n^)j -^^^ 
im Osten und die im Westen , und sie zu Salomon brachten , dass 
sie fortan ihm zu Diensten seien, wie hierauf Salomon die Einzel- 
nen über ihre Lebensweise befragte , und wie die Taube , nachdem 
sie ihn begrüsst, ihm erzählte, dass sie der Lieblingsvogel Adam's 
im Paradiese gewesen sei und dass sie von demselben drei Lehren 
empfangen habe: ))Es gibt keinen Gott ausser Allah. — Er ist allein 
und einzig, ohne Genossen. — Sein Abgesandter ist Mo^^iammad, 
der Herr der Ersten und der Letzten". 

Auch die Übergabe des Siegelrings wird bei al-KisM (294 r.) um- 
ständlich erzählt, wie nämlich auf Gottes Geheiss Gabriel diesen 
Ring — der einen ganz wunderbaren Glanz hatte und die Inschrifi 
trug : aUI \Mtj oa^ ^dII ^i ^t ^ — aus dem Paradiese holte , wo ihn 

26 



202 

früher Adam besessen , und dass er ihn als Zeichen der Herrschaft 
dem Salomon übergab, und zwar geschah das an einem Freitag, 
den 27. Muharram. 

In der Schilderung Dayid's und Salomon's, wie sie von den 
arabischen Autoren gegeben wird , dient David seinem Sohne zur 
Folie ; die Macht und Herrlichkeit Salomon's ersieht man erst recht 
deutlich , wenn man ihn mit seinem Vater vergleicht ; dabei wird 
aber seine grÖsste That , die Erbauung des Tempels, kaum erwähnt ; 
eher noch wird Salomon mit Mekka in Verbindung gebracht , denn 
Letzteres ist das eigentliche ÜS'ationalheiligthum. So wird z. B. bei 
Zamaliöarl (II, ttöf) und Baidäwi (II, If*) zu Sur. 34, 13, nur 
flüchtig bemerkt, dass David den Grundstein zum Tempel gelegt 
habe, der an die Stelle des früheren Stiftszeltes (J^Uo^) treten 
sollte , und dass er die Vollendung desselben seinem Sohne Salomon 
übertragen, der hierzu die Ginnen verwendete ; im !Korän texte ist nur 
von Bauten überhaupt die Bede, welche die Ginnen aufführten. Genau 
das entgegengesetzte Verhältniss tritt in der talmudischen Auffas- 
sung und Darstellung zu Tage; der Talmud ist in der That histo- 
rischer , unbefangener und gerechter als die arabische Sage ; er lässt 
sich von all dem Glanz und Schimmer, der Salomon umgibt, nicht 
blenden; vielmehr ist es David, der auf jede Weise verherrlicht 
wird. Die kriegerischen Tugenden David's , und dass Gott ihm bei- 
stand , seine Feinde zu besiegen , dass er seine Blitze sandte , sie zu 
zerstreuen, seine Pfeile, sie zu verwirren (2 Sam.,22, 15 ; Ps., 18, 15; 
144, 5) , dass Moab David's Waschbecken ward und er seinen Schuh 
auf Edom warf (Ps., 60, 10; 108, 10) — alle die in den Psalmen 
vorkommenden Siegeslieder, die Kriegszüge und die Triumphe David's 
sind allerdings ganz gleichgültige Dinge (wie denn z. B. Bamidbar 
R., S. 14, die Stelle Ps. 60, 10, in ganz andrem Sinne hagadisch 
gedeutet w^ird) ; der eigentliche Kriegsheld war Joab. So heisst es 
mit Bezug auf 2 Sam., 8, 15. 16 : <f Hätte David sein Volk nicht 
mit Gerechtigkeit regiert, so hätte Joab keine Kriege führen kön- 
nen , und hätte Joab keine Kriege geführt , so hätte David sich 
nicht mit dem Studium der Thora beschäftigen können" (Sanhedrin, 
49» ; Jalkut z. St., § 147). Allerdings wird auch David als mäch- 
tiger Kriegsheld , als gewaltiger Kämpfer geschildert — aber als 



203 

Gottesstreiter, als Kämpfer im Kampfe für die Thora (^^ nDDPI^D 
min)« ^^ ^^^^ (Sanhedrin, 93^) das mit Bezug auf David ge- 
brauchte HDn^D ^^J^j 1 Sam., 16, 18, in diesem Sinne gedeutet, 

wie ähnlich das nOH^D ^It2bt2 mn ^^THJ^ > ^Ja»*-» 3, 8, auf die 

••• .•^« •• •, • 

Gesetzesstreiter bezogen wird (Midrasch z. St.; Bamidbar ß., S. 11) ; 

ebenso das IS^H DJ^ in'DJ ^ijrT'l > ^ ^am., 25, 13 (Sanhedrin, 

• • • • 

36a, Jalkut z. St.). 

An andren Orten (Pesikta d. ß. Kahna, ed. Buber, 62^; Ba- 
midbar ß., S. 15 und an sonstigen , von Buber und in der Wilnaer 
Ausgabe der ßabboth — p. 132 — angeführten Stellen) wird das 
r(p nnin> Dlp^ n^^^-nian^Pß-HÖ, 62, darauf bezogen, dass 

David mitten in der Nacht aufzustehen pflegte, um Gott zu lob- 
preisen , wie gleichzeitig das ^)^'2) ^Dlin Hl]'}) "^1135 ^^^'}) 

• • • • • 

inti^ m^yj^) ^s« ^'^j ^) dahin gedeutet wird, dass David — von 

den Klängen einer Harfe, die der Mitternachts wind erklingen machte, 
geweckt — um Mitternacht aufstand , um sich mit dem Studium der 
Thora zu beschäftigen , also gleichsam den Morgen weckte (ril'^yj^ 
inii^)' Dasselbe wird Berachoth, 3^, 4*, gesagt, woselbst (wie bereits 
oben , p. 49 , erwähnt wurde) zugleich auch die Namen der Perso- 
nen aus David's Umgebung (pj^^-iQ^ , 3^^3, ^o^rr^nj^» iiTjD) 

auf deren Gesetzeskunde und halachisches Wissen gedeutet wer- 
den, wie z. B. auch an der oben erwähnten Stelle, Moed Ka- 
ton, 16^, "i'l'^i^^in iC\^}f (2 Sam., 20, 26) David's Lehrer ge- 
nannt wird. 

Mit dem Eifer für das Studium des Gesetzes — an und für sich 
etwat höchst Lobenswerthes — steht in natürlichem Zusammenhang 
David's grosse Frömmigkeit und Gottergebenheit sowie seine Eigen- 
schaft als gottgeliebter König , was Alles an unzähligen Stellen her- 
vorgehoben wird. Und ebenso wie David's Psalmen, die einen 
wesentlichen Thoil der Liturgie bilden , fortwährend seinen Namen 
in Erinnerung bringen , so ist dasselbe der Fall bei den stets wieder- 
kehrenden Ausdrücken: Haus David's, die Herrschaft des Hauses 
David , der Messias , Sohn David's (^y] ^^'2 1 IM D^l miD!?D 
IM P rr^^D) 5 ™ Talmud — z. B. Sanhedrin , 98» — wird der 



204 

Messias einfach "^y^ Q gekannt). An den I^amen David's knüpfen 
sich die schönsten Erinnerungen der Vergangenheit wie die schönsten 
Hoffnungen der Zukunft Israels ; David ist der edelste Bepräsen- 
tant des Stammes Judah , und so wie er der intellectuelle und eigent- 
liche Urheber des Tempelbaues war, so wird auch in den Gebeten 
um die Wiedererbauung des Tempels immer David's Name genannt. 

An einer hagadischen Talmudstelle (Sabbath , 30^) wird ein sehr 
gemüthliches Gespräch , das zwischen Gott und David stattfand , 
erzählt. Das m^I^^ HIN *^Dy H^J?» Ps. 86, 17, wird darauf be- 
zogen , dass David Gott gebeten habe , ihm »jene Sünde" (>W IDIi^ 
— die gegen Uriah begangene — ) zu vergeben , worauf Gott erwie- 
derte: »Sie ist dir vergeben". Als David nun ferner die Bitte um 
ein Zeichen der Vergebung aussprach , sagte Gott , auch dieses 
solle ihm gewährt werden , aber nicht bei David's , sondern während 
Salomon's Leben werde er es kundgeben. Als nun nach Erbauung 
des Tempels — heisst es ferner , und ebenso Bamidbar R«, S. 14 — 
Salomon die Bundeslade in das Allerheiligste bringen wollte , konn- 
ten die Thore nicht geöffnet werden. Salomon liess 24 Lobgesänge 
anstimmen (nach der Midraschstelle 24 Yerse, von 2 Chron., 6, 18 
bis 6, 42), darunter auch Ps. 24, 7-— 10: Alles umsonst, die Thor- 
flügel schlössen fest aneinander; erst bei den Worten: »0 Gott, 
wende dein Angesicht nicht ab von deinem Gesalbten , gedenke der 
deinem Knechte David erwiesenen Gnaden" — erst bei diesen Wor- 
ten (2 Chron., 6, 42) öffneten sich die Thore , und daran erkannten 
Alle, dass Gott dem David vergeben hatte. Unter Andrem sagt 
Gott in jenem Gespräche zu David: »Ein Tag, den du mit dem 
Studium der Thora verbringst, ist mir lieber als die tausend Opfer, 
die dein Sohn Salomon mir darbringen wird" (1 Kön., 3, 4). Ferner 
wird erzählt , wie Salomon , unmittelbar nach dem Tode seines 
Yaters , der an einem Sabbath erfolgte, nach dem Lehrhause ge- 
schickt , um anzufragen , was an diesem Tage ihm zu thun erlaubt 
sei. Die Antwort der Befragten ist an einer andren Stelle (Midrasch 
Ruth, 2, 17) dahin formulirt, dass sie eine Mischna anführen , aus 
welcher zu ersehen, was erlaubt ist. 

David hätte in einem solchen Falle gewiss nicht nöthig gehabt , 
sich bei den Weisen Baths zu erholen, — er, der grosse Schriftgelehrte, 



205 

und 80 ist denn diese hagadische Stelle ein kleines Beispiel Yon 
dem Gegensatz zwischen Salomon und David. Es ist aber noch ein 
andrer Contrast , den die Hagada oft hervorhebt , der zwischen Sa- 
lomon dem Ersten und dem zweiten Salomon, zwischen dem Salomon, 
der , dem Beispiel seines Vaters folgend , demüthig in Gottes Wegen 
wandelte , und dem Salomon , der sich hochmüthig über das Gesetz 
erhob und trotz des ausdrücklichen Yerbotes und trotz der damit 
verbundenen Warnung die Tochter Pharaoh's und noch viele andre 
ausländische Frauen liebte und heirathete , die ihn verleiteten , auch 
ihren Göttern zu dienen, wie das 1 Eon*, 11, 1 ff. erzählt wird. 
In Ys. 4 heisst es nun, dass das erst in seinem Alter stattfand, 
und so wird an einzelnen Stellen der Hagada auch der Contrast 
zwischen dem jugendlichen und dem alternden Salomon hervorge- 
hoben , damit zugleich auch der zwischen Schir haschirim und Eo- 
heleth ; das erstere verfasste Salomon in seiner Jugend , das letztere 
in seinem Alter (Midrasch Schir haschirim , 1, 1). Das Buch Eoheleth 
ist gleichsam ein Targum zu Salomon's späterer Lebensperiode ; es 
enthält einen Theil seiner Biographie , wie umgekehrt Einzelnes aus 
seinem Leben zur Erklärung einzelnere Stellen des Eoheleth ange- 
führt wird. So erzählt denn auch das Targum zu Eohel., 1, 12, die 
Eatastrophe in Salomon's Leben mit den Worten: Als Salomon 
auf dem königlichen Throne sass, erhob sich sein Herz gar sehr 

(n^Ül!? nDJriJ^j ^*^^ ^®™ biblischen y^ HDJ) ob seines Reich- 
thums , und er übertrat das Gebot Gottes und er schaffte sich viele 
Pferde an, sowie Eriegswagen und Reiterei (p^^HDI p!D'^m> ^^^ 
auch 2 Chron., 1, 14, übersetzt wird) , und er häufte viel Gold und 
Silber an und verschwägerte sich (^nnDNI > ^^® 2M(i)i 1 Eon., 3, 1) 
mit fremden (heidnischen) Völkern ; alsbald (^^ VQ , im Talmud 

gewöhnlich "^^^ , ähnlich mhd. ze haut) entbrannte gegen ihn der 

Zorn Gottes, und Gott sandte zu ihm Aschmedai, den Eönig der 
Schedim ; dieser vertrieb ihn vom Eönigsthron und nahm seinen 
Siegelring , auf dass er in der Welt unstät und flüchtig umherirre 
O^JT ^^^tDD ^irr^T > ^iö aiich ^JT yj. Gen., 4, 12. 14, übersetzt 
wird) zu seiner Züchtigung. Und er wanderte umher in den Städten 
der Provinzen und in den Städten des Landes Israel, weinend und 



* 



• 



206 

wehklagend und sagte : «Ich Koheleth , vordem Salomon genannt , 
ich war König über Israel in Jerasalem''. 

Besonders charakteristisch für die Be- oder richtiger Verurthei- 
lung Salomon's ist das , was mit geringen Varianten an mehreren 
Stellen (Bamidbar R., S. 14; Midrasch Schir haschirim, 1, l;San- 
hedrin, 90» ; 104b, T. jerus., Sanhedrin, X, 2 ; Jalkut, Prov., § 960) er- 
zählt wird , dass die Männer der grossen Synode yier Privatpersonen 
(gewöhnlichen Menschen , nitDI^^in) ^^^ ^^®^ Königen , nämlich 
dem Jerobeam , Achab und Menasseh , den Antheil am zukünftigen 
Leben abgesprochen , dass sie Willens gewesen , auch Salomon zu 
den letzteren zu zählen , und dass sie trotz wiederholter Gegen- 
vorstellung erst auf den Buf eines Bath-Kol hin es unterliessen. 
Entsprechend der Vorliebe für numerische Gruppirungen heisst es 
an derselben Midraschstelle (1, 1) zu Sohir haschirim (und daraus 
Jalkut z. St., § 980) , dass Alles im Leben Salomon's eine Droi- 
theilung zeige , und so war auch seine Herrschaft eine stufenweise 
aufsteigende ; die dritte und höchste Stufe war die , als er auf dem 
»Throne Gottes" sass (wie es 1 Chron., 29, 23 , heisst) , insofern 
als er von einem Ende der Welt bis zum andren herrschte. Die- 
selbe Dreizahl zeigt sich aber auch in absteigender Linie ; die erste 
Stufe abwärts war , dass er nur noch über Israel , die zweite , dass er 
nur noch über Jerusalem , die dritte , dass er nur noch über sein Bett 
herrschte , wie es heisst (Cant., 3, 7) rlö^^^^ IDtSD il^Hi ^^®^ 

• • • 

auch da war er nur ein König in partibus ; seine Herrschaft über 
das Bett war keine unbeschränkte , da er sich fortwährend vor den 
Geistern fürchtete (ähnlich Sanh., 20^). 

Die Hauptschuld an der Katastrophe in Salomon's Leben tragen 
die ausländischen Frauen. Die Bepräsen tantin derselben ist die 
Tochter Pharaoh's, die ja auch 1 Kön., 3, 1; 11, 1, besonders 
namhaft gemacht wird. So wird denn auch Bamidbar B., S. 10 zu 
Num., 6, 1 ff. und ähnlich Wajikra B., S. 12 zu Lev. 10, 8 ff . — 
an welchen beiden Midraschstellen von den vielen schädlichen Wir- 
kungen des Weintrinkens die Bede ist — erzählt : Es heisst (Prov., 
31, 1) rhu bi^^üb ^"QT; weshalb wird Salomon ^H!)f2b ge- 

' • • • • 

nannt ? In der Nacht nach der Vollendung des Tempelbaues feierte 



207 

Salomon seine Hochzeit mit der Tochter Pharaoh's , und das freudige 
Jauchzen über die Vollendung des Tempels yermischte sich mit 
dem hochzeitlichen Jubel; letzterer übertraf das erstere, wie das 
Sprichwort sagt: Alles schmeichelt dem Könige (D^^Q^HD N!?1D 
NIDPD!5) > ^°^ darum heisst Salomon ^J<^*|Ö^ , weil er das Joch 
des Himmelreiches (D"^Ö52^ mD!?D ^IV) ^^^ ^^^^ warf, indem er 
sagte : Wozu brauche ich Gott ? (^^ ^^ J^f^^ "IDli^^). In jener 
Stunde ward von Gott die Zerstörung Jerusalem's beschlossen (in 
welchem Sinne Jerem., 32, 31 gedeutet wird). — Andre sagen : Tau- 
send Arten Yon Musikinstrumenten brachte Pharaoh's Tochter mit , 
und sie zeigte dem Salomon den verschiedenen Gebrauch derselben 
bei der Anbetung der Götter. Ferner liess sie über Salomon's Bett 
eine Decke aufhängen , geschmückt mit allen Arten von Perlen und 
Edelsteinen, die gleich Sternen erglänzten; so oft Salomon auf- 
stehen wollte, sah er diese Sterne und Planeten, und so schlief 
er bis zur vierten Stunde nach Anbruch des Tages , sodass die 
Zeit zur Darbringung des Morgenopfers schon seit vier Stunden 
verstrichen war. (Die Schlüssel zum Tempel, heisst es in Wajikra R., 
waren unter seinem Kopfkissen , und se konnte das Opfer nicht 
dargebracht werden.) Die Leute getrauten sich aber nicht, ihn zu 
wecken , und so sagten sie es seiner Mutter Bathseba , die ihn 
weckte und ihm zugleich eine strenge Strafrede hielt , in welchem 
Sinne Prov. 31, 1 fg. gedeutet wird (ebenso Sanhedrin , 70^). 

Entsprechend der grossen Bedeutsamkeit, welche die biblischen 
Namen und Beinamen für die Hagada haben , wird an derselben 
Stelle des Bamidbar Rabba der Beiname ^J^1D!5 noch anders ge- 
deutet , wie auch 1^ JJ.^ , p , j-jp^ und ^J^^iflN (Prov. 30, 1) füf Bei- 
namen Salomon's erklärt werden. '^^JJ«^ wird Salomon genannt, 
weil er die Worte der Thora einsammelte ("^"nm *njN5i^ IIJJ^ 
niin)? np^j ^^^^ ®^ ^^® Worte der Thora ausspie (sie verächt- 
lich von sich warf) , gleich einem Becken , das in der einen Stunde 
gefüllt, in einer andren ausgeleert wird (jT^lP ^^IDI N^^pHSi^ ilp^ 

Den Beinamen T'J'^IÖ^ hat Salomon , weil er wider Gott redete 
(7J^7 DJ5i^) > iJi<iöDa ©r sagte: »Ich kann viele Frauen nehmen, 
ohne zu sündigen"; ^31J>^T bj^'^DJ^ bedeutet, dass er sagte: »Bei 



208 

mir ist die Macht (^^ ^DN) > ^^^ kann^\ Die bezüglich des Namens 
j^P*\ angeführte Vergleichung mit dem Becken (^QQ) soll besagen , 
dass Salomon zuerst Yon den Worten der Thora erfüllt war , später 
aber sich derselben entledigte, wie auch im Commentar des B. 
Zeeb Wolf Einhorn dieser Passus erkläri^ wird. Deutlicher zeigt 
sich dieses an der Parallelstelle Midrasch Eoheleth ,1,1, woselbst 
es heisst: Salomon wird T^JJ^ genannt, weil er erfüllt war von 
den Worten der Thora (rTmn ^^IDID IIJNSi^; ^^^ Commentar 
vergleicht damit den talmudischen Ausdruck 131f^|3 11 Ji< 1 JD5i^ > 
das Oel ist in ihr — der Olive — angehäuft) ; f|p*\ heisst er , weil 
er ihre Worte ausspie , gleich einem Becken , das in einer Stunde 
sich anfüllt, in einer andren Stunde sich entleert; so auch stu- 
dirte Salomon die Thora zu einer Zeit, zu einer andren Zeit 

vergass er sie (j^^DHJSy (11(1 ^DDD I^DID NpD (IML^ ilp^ 

nr\)}ü2 (inn id!? nobü "id )r\}jü2 njsnDT inj^s^D 

Eine Parallelstelle hierzu ist im Midrasch Tanchuma zu Exod., 
6, 2. 3 (ed. Buber, p. 18). Dort wird der Vers Q^n bblfT^ pPVi^ *^3 
(Kohel., 7, 7) unter Andrem darauf bezogen, dass die vielen un- 
nützen Dinge, mit denen sich Salomon beschäftigte (pDyti^ D'^pOV 
|nn ^mii (Tn iÖü ünniD nt^bü) i^n irreführten, wie es 
heisst (1 Kon., 11, 4): Zur Zeit als Salomon alt geworden war, 
lenkten seine Frauen sein Herz fremden Göttern zu. B. Chija 
b. Abba sagte : Es wäre besser für Salomon gewesen , Canäle 
(m*^!!!) ^^ reinigen , als dass dieser Yers mit Bezug auf ihn ge- 
schrieben wurde. Hierauf folgt die Erklärung der Namen '^JJ«^, 
)*2 j np*^ • Salomon wird "^ JJ< genannt , weil er die Worte der 
Thora sammelte ; ^^ , weil er darin kundig war (oder : sie begriff, 

pnn) ; np^ » ^^ii «r sie ausspie (p n^nn DN n:iN5s^ m:^ 

nN^pnti^ J^p*^ rU^Dnti^)- ^^ bedeutet ^}<^nN^? ^eU Gott in 
seiner Thora geschrieben (Deut., 17, 17): Er soll nicht viele 
Frauen haben , damit sein Herz nicht abwendig werde (H^'H^i i>^^ 

IDD^ DD^ iÖü ^"^DSyD D^^^ 1^5 *^ ^ö' S*®^1® ^ö^*'> 1*^» 1*^ j ^ö^s* 

es : y2d^ IID"^ iÖ^ D'^Syj 1^ nm*» iÖV ; Salomon aber sagte : 
Ich werde yiele Frauen heirathen und ich fürchte nicht , dass mein 

Herz abwendig werde" HQ ^D!?^^ Kl^DD ^J^NT (1D1?< ^:^<)• - 



209 

B. Josoa b. Leyi sagte : Das Jod stieg zum Himmel empor , 
warf sich yor Oott nieder und sprach: Herr der Welt, hast du in 
deiner Thora einen Buchstaben umsonst (TÖ^^^) geschrieben? — 
ß. Simon b. Jochai sagte : Das nilD HJl^D "HDD (^^ Deutero- 
nomium, oder auch das im Deut., 17, 18, erwähnte nilDn H^ti^D) 
trat hin vor Gott und sprach: Herr der Welt, siehe! Salomon 
hat gesucht, ein Jod aus mir herauszureissen ("^y^ ^^DV^ ^Dmi 
^JIDD) ? ^^T^^ du hast geschrieben : Er soll nicht viele Pferde , nicht 
viele Frauen, nicht viel Gold und Silber besitzen (Deut., 17, 16. 17) , 
Salomon aber hat sich viele Pferde, viele Frauen und viel Gold 
und Silber angeschafft (wozu 1 Eon., 5, 6 ; 10, 29; 11, 3 angeführt 
wird). Gott erwiederte hierauf : Bei deinem Leben ! (*["iipl) Salomon 
und hundert seines Gleichen werden eher vernichtet werden , als 
dass ein Buchstabe aus dir '?ernichtet wird. 

Wie alles das ein von der Hagada mit Vorliebe behandeltes 
Thema ist , so finden sich mehrere Parallelstellen zu dem Obigen , 
darunter auch Wajikra R., S. 19, Als Beweis für die Ewigkeit und 
Unverbrüchlichkeit der Thora wird hier auch Salomon angeführt : 
Wenn alle Völker der Welt sich versammeln würden — heisst 
es — , um ein Wort der Thora zu vernichten , so vermöchten sie es 
doch nicht , das sehen wir an Salomon. Als er einen Buchstaben aus 
der Thora herausreissen wollte , erhob sich sein Ankläger gegen 
ihn (Tn^J^^COp n!?y) 5 ^^^ ^^^ wagte ihn an ? R. Joschua b. Levi 
sagte: Das Jod in HS*)^ (Deut., 17, 16. 17) klagte ihn an (^^*\ 

UICDp rCn^ b\i^)' ~" Hierauf wird, wie an der oben angeführten 
Stelle , erzählt , dass das rmD ÜJlSi^D s^^h vor Gott niedergewor- 
fen und Salomon angeklagt habe. 

Am Meisten Ähnlichkeit mit der Art und Weise , wie bei den 
arabischen Autoren Salomon geschildert wird , zeigt das zweite Tar- 
gum zum Buche Esther, das nach Geiger (Nachgelassene Schrif- 
ten, IV, 111) älter ist als das erste Targum zum B. Esther. Dieses 
Targum scheni hebt nur die Glanzperiode in Salomon's Leben her- 
vor, ignorirt aber gänzlich den Revers der Medaille, die dunkle 
Schattenseite der späteren Zeit. In der Paraphrase zu Esther, 1, 2 
(Dnn b*^D*^!Il) liöiöst ©8 • 1^1 jenen Tagen , als der König Achasch- 
werosch auf seinem Throne sass, der für ihn in der Burg 

27 



210 

Schuschan hergerichtet worden war. Dieser Thron war nicht sein 
Thron , auch nicht der seiner Yäter , sondern es war der Thron 
des Königs Salomon, den mit grosser Kunst Chiram, der Sohn 
einer Wittwe in Tyrus, verfertigt hatte. Das ist Salomon , der grosse 
König, den der Heilige (gelobt sei er) zum Herrscher einge- 
setzt über die Welt, Yon einem Ende derselben bis zum andren. 
Gott hatte ihn auserkoren, ehe er noch geboren, und er liebte 
ihn , als er noch im Mutterschosse war ; er offenbarte ihm un- 
bekannte Geheimnisse und that ihm das tief Verborgene kund; 
Wissen und Weisheit gab er ihm und ein yerständiges Herz Ton 
Anbeginn an. Er blickte die Streitenden an , die zum Gerichte vor 
ihn kamen , und sie konnten keine lügenhaften Worte vorbringen, 
denn er wusste , wer der Schuldige und wer der Unschuldige war. 
Glanz und Herrlichkeit war ausgegossen über ihn, und die Krone 
des Königs war auf sein Haupt gesetzt worden ; Anmuth und Huld 
kleideten ihn, wie sie seinen Vater David kleideten. Alle Tage 
handelte er so wie damals , als er 13 Jahre zählte , wie am ersten 
Tage , als er die Herrschaft antrat. rT^T^T^ wurde er genannt , weil 
er geliebt wurde vom König der Welt , Gott Zebaoth (mHT !?1^D 
rnNDü "^^ \!dy^ I^Db UTr\) , ^le es ausdrücklich (tJ^nOö) 

heisst: n\TT lo^'Dj^ Nnjpn i<^?|n |n^ ^5 n^Si^^l 

(2 Sam., 12, 25). In gleich lobender Weise werden — unter Anfüh- 
rung entsprechender Bibelstellen — auch die übrigen Namen er- 
klärt : nO^ti^ , wegen des zu seiner Zeit herrschenden Friedens , 
^N^^rr^N ) ^^^ ^^** ™^* ^°^ ^*^ (bN "^riN) » TSD\ ^^ Beherrscher 
der ganzen Welt (im Sinne von Q"i)i3t^ Dnp^j Gen., 49, 10). 

Darauf folgt eine Schilderung von Salomon^s Macht und Grösse 
sowie eine ausführliche Beschreibung seines Thrones, die sich auch 
in andren Schriften findet (cf. Buber , Sammlung hagadischer Com- 
mentare zum Buche Esther, f. 2^; Zunz, G. V., p. 279.; Sachs, Bei- 
träge, 1, 71 fg.)i). 



1) Bei Zamahsari zu Sar. 34,12 (p. Höt^) heisst es, dass die Dämonen, welche 
den Thron Verfertigten, an demselben zwei Löwen anbrachten, die, wenn Salomon 
sich auf den Thron setzen wollte, ihre Tatzen aasstrekten, und ebenso zwei Adler 
die ihn mit ihren Flügeln beschatteten, ferner (p. Höf), dass, als Afridün später den 



211 

Eine aufiTaJlende Ähnlichkeit mit der Erzählung Sur. 27, 20 — 
45, bietet Das , was im zweiten Targum Yon der Sendung des Wiede- 
hopfes an die Königin von Saba erzählt wird. In der Paraphrase 
zu Esther, 1, 3, heisst es : . . . . Auf Dayid folgte sein Sohn Salomon. 
Der Heilige (gelobt sei er) gab ihm die Herrschaft über die Thiere 
des Feldes und die Vögel des Himmels und über die Sohedim, 
die Geister (pinTl 5 SLUch ^\^^ wird im Sinne von jy>. , Dämon , 
gebraucht, wieausLane, s.v. .«|., p. 1181^, zu ersehen) und die 
nächtlichen Dämonen (yfyfy^* Er verstand auch die Sprache Aller , 

und sie verstanden seine Rede, wie es heisst (1 Eon., 5, 13): 
D'^J^in ^yi ti^D'nn *)• ^^^ wenn Salomon's Herz wohlgemuth war 

• • • • 

vom Weine, befahl er vor ihn zu bringen die Thiere des Feldes 
und die Vögel des Himmels und die Schedim , Geister und Dämo- 
nen . . . . , und die Schreiber des Königs riefen sie bei ihren Namen, 
und Alle versammelten sich und kamen herbei , ohne Fesseln und 
ohne Bande und ohne dass ein Mensch sie anführte. Und eines 
Tages wurde der Wiedehopf {^^"2 N^JjnD) '^^^^^ ^en Vö- 
geln vermisst und war nicht zu finden. Da befahl der König voll 
Zorn , ihn herbeizubringen und wollte ihn züchtigen. Da erschien 
der Wiedehopf vor ihm und sprach: »0 Herr, König der Welt, 
neige mir dein Ohr zu und höre meine Worte. Drei Monate sind 
es , dass ich mit mir zu Rathe gegangen bin und einen Entschluss 
gefasst habe; ich habe keine Speise gegessen und kein Wasser 



Thron besteigen wollte, einer der Löwen ihm den Schenkel zerbrach. Dasselbe erzahlt 
die jüdische Sage voti Pharaoh PiD^» welches Wort met *lahm" übersetzt wird (cf. Ges., 
Thes., s. V. HDi. P- 8851)). 

1) R. Tancham Jeroschalmi bemerkt in seinem Commentare zum Bache der Könige 
(ed. Haarbrücker, p. 11) za diesem Verse, es sei unrichtig , das ^)j_ im Sinne von 

Q>^ aufzufassen, als ob damit gesagt werden solle, dass Salomon die Sprache aller 
Geschöpfe verstanden habe — wie andre Leute meinen. Letzteres bezieht sich wohl 
auf die Targumstelle , und es ist nicht nöthig, mit Roediger (De origine et indole 
arab. libr. V. T. &c., p. 85, N.) und Haarbrücker z. St. anzunehmen, dass R. Tan- 
chum Sur. 27, 16 im Sinne gehabt. Derselbe berücksichtigt auch sonst hagadische 
Stellen, so zu 1 Sam., 20, 30 und zu 1 Kön., 5, 10, an welcher letzteren Stelle er 
die oben erwähnte Deutung von |?3^3 |D^n ID^i^ anfuhrt. 



i 



212 

getrunken, nm zuvor in der ganzen Welt umherzufliegen, denn 
ich sagte : Ist irgendwo ein Land oder ein Gebiet , das meinem 
Herrn, dem Könige, nicht unterworfen ist? Und ich schaute mich 
um , allüberall , und da fand ich eine Stadt , die Stadt Kitor (J^^'HID 
IltD^'^n) geiiaont , im Lande des Sonnenaufganges* Der Staub ist 
dort werthvoller als das Oold , und das Silber ist gleich dem Eothe 
auf den Strassen ; die Bäume sind dort vom (Jrbeginn her (seit der 
Schöpfung, n*iJi?J<^'n3 >^) gepflanzt, und sie trinken Wasser aus 
dem Garten Eden. Es sind dort viele Völker ; auf dem Haupte tra- 
gen sie Kränze (p^'^^JS) aus dem Garten Eden ; einen Kampf zu 
bestehen vermögen sie nicht; mit dem Bogen zu schiessen ver- 
stehen sie nicht. Ich habe dort aber auch eine Frau gesehen , die 
über sie alle herrscht , und Königin von Scheba (J^^JJ^ DID^D) ^^^^ 
sie genannt. Und wenn es dir gefällt, o mein Herr König, so will 
ich meine Lenden gürten wie ein Held , und will mich aufmachen 
und nach der Stadt Kitor im Lande Scheba fliegen ; ihre Könige 
werde ich mit Ketten fesseln und ihre Beherrscher mit eisernen 
Banden (nach Ps. 149, 8) und werde sie vor meinen Herrn , den 
König, bringen". 

Und die Eede gefiel dem Könige , und es wurden zusammenbe- 
rufen die Schreiber des Königs , und sie schrieben einen Brief, und 
banden ihn an den Flügel des Wiedehopfes. Und der Wiedehopf 
erhob sich gen Himmel und Hess seinen Buf ertönen und flog da- 
von, und ihm folgten die Vögel alle. 

Und sie kamen nach der Stadt Kitor im Lande Scheba, und 
es war zur Zeit des Morgens , und die Königin war ausgegangen , 
um die Sonne anzubeten. Da verdunkelten die Vögel das Licht der 
Sonne , und sie erhob ihre Hand und zerriss ihr Gewand und ver- 
wunderte sich sehr. Da kam der Wiedehopf hernieder , und sie sah , 
dass an seinen Flügel ein Brief gebunden war , und sie machte ihn 
los und las ihn. Und was war in dem Briefe geschrieben? »Von 
mir, dem Könige Salomon. Friede mit dir, Friede mit deinen 
Grossen (^3-1-1 J3-l^ Q^^ ^^^^ J±^ ^f^bü J^D^Ö ^JD)- Wisse, 
dass Gott (J<^^n *I*^*n!Il Nti^llp) °^i^^ ^^^ Könige eingesetzt hat 
über die Thiere des Feldes und über die Vögel des Himmels und 
über die Schedim und Geister und nächtlichen Dämonen , und alle 



218 

Könige des Sonnenaufganges und Niederganges kommen zu mir, 

um mich zu begrüssen ("i^^^lJ r!?N{i^1 pDi^)« ^^^^^ ^^^ ^^^^ 
kommen wollt, um mich zu begrüssen, so werde ich dir grosse 
Ehre erweisen, mehr als all den Königen, die vor mir sitzen; 
wenn ihr aber nicht kommen wollt, um mich zu begrüssen, so 
werde ich gegen euch aussenden Könige und Legionen und Reiter. 
Und wenn ihr fragt: )»Was sind das für Könige, Legionen und 
Beiter , die König Salomon hat ?" »Das sind die Thiere des Feldes ; 
die Beiter , das sind die Vögel des Himmels ; mein Heer , das sind 
die Geister , Schedim und nächtliche Dämonen ; das sind die Le- 
gionen , die euch in euren Betten erdrosseln ; die Thiere des Fel- 
des werden euch auf dem Felde tödten , und die Yögel des Himmels 
werden euer Fleisch verzehren". Und als die Königin von Scheba 
die Worte des Briefes gelesen hatte , zerriss sie abermals ihr 
Gewand und schickte zu den Altesten und Fürsten und sagte 2^u 
ihnen: )»Ihr wisset nicht, was König Salomon mir geschrieben?" 
Sie antworteten und sprachen : \ Wir wissen Nichts von König Sa- 
lomon und auch seine Herrschaft achten wir für Nichts" (p|3Jl^n K!?1 
i^lp^3!?D!?)- ^^® ^^^^ hatte kein Zutrauen zu ihnen (nU'^rnDN N^) 
und hörte nicht auf ihre Worte , und sie schickte und berief alle 
Schiffer des Meeres und belud sie mit edlen Holzarten , mit Edel- 
steinen und Perlen. Und sie sandte an Salomon 6000 Knaben 
und Mädchen (J^p^^'^^tOI ?vtO), Alle in einem Jahre, in einem 
Monat, an einem Tag und in einer Stunde geboren. Alle von 
gleicher Grösse und gleicher Gestalt, und Alle in Purpurgewänder 
gekleidet. Und sie gab ihnen einen Brief an König Salomon mit , 
in welchem sie geschrieben hatte : »Von der Stadt Kitor nach dem 
Lande Israel hat man sieben Jahre lang zu reisen. Da es aber 
dein Wunsch und dein Verlangen ist, dass ich dich besuche, so 
werde ich schon nach Verlauf dreier Jahre zu dir kommen". Und 
es war am Ende dreier Jahre , da kam die Königin von Scheba zu 
Salomon ; als er hörte, dass sie komme, schickte er ihr den Benajahu, 
Sohn des Jehojada entgegen, welcher gleich war dem Morgen- 
roth (i>^*nD*nD5i^) ) ^*^ ^^^ ^^^* ^®s Tagesanbruchs erscheint , und 
dem Abendsteme (J^HJ^JJ D1D1ID) > ^®^ unter den übrigen Sternen 
hervorleuchtet, und der Lilie, die an Wasserbächen steht. Und als 



214 

die Eönigin von Scheba den Benajahu, Sohn des Jehojada, erblickte, 
liess sie sieb von ihrem Wagen herab (i>^ri31]3'n J^ njO*inN)* 
Da sagte Benajahu ; »Warum lassest du dich vom Wagen herab ?'' 
Sie antwortete: »Bist du nicht der Eonig Salomon?" Da sagte 
Benajahu: »Ich bin nicht der König Salomon, sondern ich bin 
einer seiner Diener, die vor ihm stehen" (wie 1 Eon., 10, 8). Hier- 
auf wandte sie sich um und sagte ihren G-rossen das Oleichniss 
(J^^^JÜnD'ni^ N^DD n^PDI) • * ^ei^n ihr (auch) den Löwen nicht 
gesehen , so habt ihr (doch) sein Lager gesehen (VQ^ ^i^H N!5 "^N 

rr^ms^DiD fitn y\r\i^ n^'hjo > ^^^ ^^^^ ^^^ ^®^ Eomg saiomon 

nicht gesehen habt , so habt ihr aber doch die Schönheit des Man- 
nes gesehen , der vor ihm sieht". Und Benajahu ben Jehojada führte 
sie zum Eönig , und als der Eönig hörte , dass sie zu ihm komme , 
ging er und setzte sich in ein Haus von ö-las (J^H^JI? D^D)* ^^^ 
als die Eönigin von Scheba den Eönig sah, dachte sie in ihrem 
Herzen , dass er im Wasser sitze , und sie erhob ihr Gewand , um 
hindurchzugehen, und da sah er Haare an ihren Füssen. Und er 
sprach zu ihr: »Deine Schönheit ist Frauenschönheit, dein Haar 
ist Manneshaar ; Haare sind eine Zierde des Mannes , etwas Häss- 
liches aber an einer Frau". Da hub die Eönigin an und sprach: 
»Mein Herr Eönig, ich will dir drei Räthsel aufgeben (^"^riDN 
rbriD ND^n *1^) 5 wenn du sie lösen kannst , so werde ich wis- 
sen , dass du ein weiser Mann bist , und wenn nicht , so bist du 
wie die übrigen Menschen". Und sie hub an und sprach: »Was 
ist das P Ein Brunnen aus Holz , Eimer aus Eisen , welche Steine 
schöpfen und Wasser rinnen lassen"; da antwortete er: »Ein 
Schminkrohr" (J^^HIIDI NDÜn J)' ^^^ wiederum sprach sie : »Was 
ist das P Es kommt aus der Erde als Staub ; seine Kahrung ist Staub ; 
es wird ausgegossen wie Wasser und blickt zum Hause hin" ; da 
antwortete er: »Naphtha". Und wiederum sprach sie: »Was ist 
das ? Es geht allen voran , gleich einem Heerführer ; es schreit laut 
und bitterlich ; sein Eopf gleicht dem Schilfe ; es ist ein Buhm der 
Vornehmen , eine Schmach der Armen , ein Buhm der Todten , eine 
Schmach der Lebenden , eine Freude der Yögol , eine Betrübniss 
der Fische" ; da antwortete er : »Flachs". Da hub sie an und sprach : 
»Ich habe den Worten nicht geglaubt, bis ich kam und meine 



215 

Augen es sahen , und wahrlich I nicht die Hälfte ist mir berichtet 
worden ; du besitzest mehr Weisheit und mehr des Guten , als mir 
gesagt wurde. Heil dir , Heil deinen Leuten und Heil deinen Die- 

nem !" ('13«| «»nND "IK^t^ IV Ü^Dl!? TlJD^n K^ 1 Kön., 10, 
7. 8 , welche Stelle in der Sprache des Originals angeführt wird , 
nur das isHeil dirl" n^*n5i^{»^) is* hinzugefügt). Und der König 
führte sie in seinen Palast , und als die Königin seine Pracht und 
Herrlichkeit sah, da sprach sie: »Gepriesen sei Gott der Herr, der 
Wohlgefallen an dir gefunden und der dich auf den Königsthron 
gesetzt hat , um Becht und Gerechtigkeit auszuüben^'. Und sie gab 
dem Könige viel Gold und Silber , und der König gab ihr Alles , 
was sie wünschte. 

Was zunächst das Land Saba betrifft, mit dessen Schilderung 
der Wiedehopf seine Erzählung beginnt, so wird von demselben 
auch im Koran (Sur. 34, 14) gesagt, dass es ein herrliches Land 
(Kxlh b'wXJlj) gewesen sei , mit Gärten zur Rechten und zur Linken , 
bis es , wegen der Undankbarkeit (oder Gottlosigkeit) der Einwohner, 
durch Regengüsse (oder überfluthende Ströme) zerstört wurde , so- 
dass statt der früheren Fruchtbarkeit die Bäume nur einzelne bittere 
Früchte trugen. (Man denkt dabei unwillkürlich an Gen., 13, 10.) 
Zamal)öarl (II, Wöt) und ihm folgend Bai4äwl (II, If.) bemerkt 
hierzu, das ganze Land sei gleichsam ein Garten gewesen, und 
so reich &n Früchten, dass man diese gar nicht zu pflücken brauchte, 
indem sie von selbst abfielen; auch habe es dort weder Moski- 
tos , noch Flöhe , noch Fliegen , noch Scorpione , noch Schlangen 
gegeben. Dasselbe sagt — unter Hinweisung auf die Koränstelle — 
!Kazwini (I , H) , indem er zugleich das Land als ein ehemals sehr 
bevölkertes, gesundes und fruchtbares schildert. Bei Alkisäi (f. 303 r.) 
wird erzählt , der erste König von Jemen sei ""Abd Schams , Sohn des 
Kahtan , gewesen , der auch Sahst genannt wurde , vom Zeitwort Um« 
(gefangennehmen) , weil er der Erste war , der die Araber bezwang. 
Auch bei Pococke, Specimen hist. Arab. , p. 58, heisst es, 'Abd 
Schams sei , wegen der vielen Beute , die er heimbrachte , und weil 
er viele Gefangene machte, L«^ genannt worden (cf. Abü'l-Fidä, Hist« 
anteislam., p. 114). Derselbe habe das Land mit vielen Bäumen be- 
pflanzt (wozu Sur. 34, 14 angeführt wird) , die Städte habe er mit 



216 

starken Mauern nnd eisernen Thoren befestigt , dann 100 Schlösser 
erbauen und mit Gold , Marmor und Edelstein verzieren lassen , was 
auch seine sieben Söhne in den ihnen gehörigen Städten thoten. 

Auf welche Weise der Wiedehopf nach Saba kam, und über- 
haupt auch den Zusammenhang der im Koran (Sur. 27, 20 fg.) mehr 
rhapsodisch und abrupt erwähnten Einzelheiten , erzählt Zamah^ari 
in seinem Commentar z. St. (II, LH ff. und, ihm folgend, aber yiel 
kürzer , Bai4äwl , II , 1*1 ff.) also : 

Als Salomon den Bau des Tempels (^jaOülLI o^t^) Yollendet hatte , 
unternahm er ^ie Wallfahrt nach Mekka , woselbst er während seines 
Aufenthaltes täglich 5000 weibliche Eameele, 5000 Binder und 
20,000 Schafe opferte. Von da ging er nach Jemen , welches Land 
ihm sehr gefiel. Er machte dort Halt ; als er aber sein Gebet yer- 
richten wollte, war nicht hinreichend Wasser da. Der Wiedehopf 
hatte nun die Fähigkeit, das in den Tiefen der Erde yerborgene 
Wasser aufzufinden — er sah es, wie man das Wasser in einem 
gläsernen Gefässe sieht — , und so war das Aufsuchen des Wassers 
das ihm zugewiesne Amt. Auf Salomon's Geheiss erhob er sich nun 
in die Lüfte und fiog davon. Da sah er einen andren Wiedehopf, 
der sich auf die Erde niedergelassen hatte ; er gesellte sich zu ihm 
und erzählte ihm von Salomon's Macht und Herrlichkeit, worauf 
dieser ihm von der Königin Bill^ts und ihrem zahlreichen Heere 
erzählte. Er flog nun mit ihm davon , um sich durch Autopsie von 
der Wahrheit des Gesagten zu überzeugen, nnd kehrte erst nach 
der Zeit des Abendgebets (^aomI] «Aju) zurück. Nach einem andren 
Berichte hatte Salomon die Abwesenheit des Wiedehopfes dadurch 
wahrgenommen , dass einige Sonnenstrahlen sein Haupt trafen , und 
als er sich umsah, bemerkte er, dass der Wiedehopf nicht an sei- 
nem Platze war. (Die Vögel pflegten nämlioh, wie anderswo er- 
zählt wird, Salomon zu beschatten, wenn er auf dem Throne sass 
oder eine seiner Beisen durch die Luft machte ) Er befahl darauf 
dem Oberherm der Vögel, dem Geier (y^), den Wiedehopf her- 
beizubringen. Der Geier fiog davon und begegnete alsbald dem 
Wiedehopf, den er ungestüm anpackte. Dieser sagte: »Ich be- 
schwöre dich bei Gott , der dir grössere Stärke verliehen als mir , 
hab' Erbarmen mit mir T' Da sagte der Geier : »Möge deine Mutter 



217 

um dich trauern , der Prophet Gottes hat geschworen , dich hart zu 
züchtigen , wenn du nicht einen guten Grund deiner Abwesenheit 
beibringst". Als nun der Wiedehopf vor Salomon erschien , näherte 
er sich ihm , den Kopf demüthig gesenkt und Schweif und Flügel 
herabhängen lassend. Salomon aber packte ihn heftig beim Kopfe ; 
da sagte der Wiedehopf : ^»Bedenke , o Prophet Gottes , dass du der- 
einst vor Gott stehen wirst"; da erzitterte Salomon und Hess ihn 
los. Darauf erzählte ihm der Wiedehopf von der Königin Bilkts 
und ihrem Throne — dessen Pracht und Grösse umständlich ge- 
schildert wird — sowie von ihrer Anbetung der Sonne. Alsdann gab 
ihm Salomon den Brief, den er mit Moschus zusiegelte und dann 
sein Siegel darauf drückte. Es wird erzählt , Folgendes sei der In- 
halt dieses Briefes gewesen : »Von dem Diener Gottes , Salomon , 
Sohn David's, an Bilkts, Königin von Sabd. Heil demjenigen, 
welcher der richtigen Leitung folgt. Und nun erhebt euch nicht 
gegen mich, sondern kommt als Gläubige". 

Der Wiedehopf fand die Königin in ihrem Schlosse zu Mareb 
schlafend; nach der Meinung Anderer fand er sie wachend, um- 
geben von ihren Heerführern. Er flog durch das Fenster hinein 
und Hess den Brief auf ihren Schoss fallen. Als sie das Siegel er- 
blickte, erzitterte sie und bückte sich in Demuth. Darauf sagte 
sie zu ihren Leuten das , was sie sagte (d. h. die aus der !Korän- 
erzählung bekannten Worte). 

Mit Bezug auf die Textstelle »Ich werde ihnen ein Geschenk 
senden" (Ys. 35) sagt Zamahsarl (und kürzer Bai4äwi) : Sie schickte 
ihm — wie erzählt wird — 500 reichgeschmückte Jünglinge , auf 
reichgeschmückten Bossen reitend , aber wie Jungfrauen aussehend , 
und 500 gleichgekleidete Jungfrauen, auf Staten reitend und wie 
Jünglinge gekleidet ; ferner 1 000 Gold- und Silberbarren (iUJ , also 
ziegeiförmige Barren) , eine goldne, mit Edelsteinen verzierte, Krone, 
Moschus und Ambra ; ferner ein Kästchen , in welchem eine unge- 
bohrte Perle sowie ein krummgebohrter Onyx war. Als Gesandte 
wählte sie die Edelsten des Volkes, die zugleich kluge und ein- 
sichtsvolle Männer waren. Zu einem derselben , Almundar, Sohn 
'Amr's, sagte sie: »Wenn er ein Prophet ist, so wird er die 

Jünglinge und die Jungfrauen von einander unterscheiden , die 

28 



218 

Perle durchbohren und durch den Edelstein einen Faden ziehen 
können , und wenn er euch mit unfreundlichem Gesichte empfangt , 
so ist er ein gewöhnlicher König, der nicht zu fürchten ist; 
empfängt er euch aber freundlich und wohlwollend , so ist er ein 
Prophet". 

Von all diesem — heisst es weiter — brachte der "Wiedehopf 
dem Salomon die Kunde. Salomon Hess hierauf durch die Dämonen 
einen grossen Platz in einer Ausdehnung von 7 Parasangen mit 
ziegeiförmigen Gold- und Silberbarren belegen ; diesen Hess et mit 
einer Mauer mit goldnen und silbernen Zinnen umgeben, dann be- 
fahl er , dass die schönsten Thiere zu beiden Seiten des Platzeä 
in Reih' und Glied sich aufstellten und ebenso, dass die jungen 
Ginnen, die eine grosse Menge bildeten, zur Rechten und zur 
Linken stehen sollten. Dann setzte er sich auf seinen Thron, auf 
dessen beiden Reiten andre Throne errichtet waren ; die Dämonen 
(^ju?Ly^i) bildeten eine Reihe, die eine Parasange weit sich er- 
streckte ; eine zweite , eben so lange , Reihe bildeten die Menschen , 
die dritte, von gleicher Länge, die kriechenden , gehenden und flie- 
genden Thiere. Als nun die Gesandten kamen und Alles das sahen , 
und wie die Thiere die Gold- und Silberbarren , auf denen sie stan. 
den, mit ihren Excrementen besudelten, da waren sie ganz verwirrt 
und betäubt ; der Muth entsank ihnen und sie warfen Alles weg , 
was sie mitgebracht hatten. Als sie vor Salomon's Angesicht traten , 
blickte er sie mit wohlwollender und freundlicher Miene an, und 
da ihn der Engel Gabriel über Alles belehrt hatte, fragte er sie 
nach dem Kästchen, indem er ihnen zugleich sagte, was es ent- 
hielt. Darauf liess er den Holzwurm (^Uo.i) herbeibringen , der die 
Perle durchbohrte , während ein weisser Wurm einen Faden , den 
er in den Mund genommen, durch den Onyx hindurchzog. Dann 
liess er Wasser bringen und forderte die Jünglinge und Jungfrauen 
auf, sich mit demselben zu waschen; er erkannte nun die Letzteren 
daran , dass sie das Wasser aus der einen Hand in die andre gös- 
sen und dann erst , mit beiden Händen , das Gesicht wuschen , was 
die ersteren gleich mit der einen Hand thaten. Als nun Almundar 
mit den Übrigen zurückkehrte , sagte Bilkts : «Er ist in der That ein 
Prophet, und wir können uns nicht mit ihm messen". Darauf machte 



219 

sie sich auf den Weg zu Salomon , gefolgt yon 12,000 Heerführern y 
deren Jeder 1000 Mann unter sich hatte. 

Mit Bezug auf den Ys. 44 erwähnten Glaspalast erzählt Za- 
mal^^rt (p. t*n) , dass Salomon einen Palast (yof) aus weissem Glase 
erbauen liess, unter dessen (gläsernem) Fussboden Wasser war, 
und darin Fische und verschiedene Seethiere. In die Mitte des 
Palastes Hess er seinen Thron hinstellen; auf diesen setzte er 
sich , umgeben von Yögeln , Ginnen und Menschen. Er that das , 
um der Königin eine hohe Meinung von seiner Prophetengabe 
beizubringen, damit sie um so eher sich zu seinem Glauben be- 
kenne. Man sagt (W^j^) — fügt ZamahSart hinzu — ,. dass die Gin- 
nen fürchteten, Salomon werde Bilkts heirathen und ihr das die 
binnen betreffende GeheimnÜB (wahrscheinlich , wie dieselben zu 
beherrschen seien) mittheilen , da sie selbst die Tochter einer Peri 
(oder eines weiblichen (rinn, &Xl:> v^>^) war, und dass der aus 
dieser Ehe heryorgehende Sohn die (rinnen wiederum beherr- 
schen und so ihre Dienstbarkeit niemals aufhören werde. Sie sag- 
ten desshalb zu Salomon, dass ihre Schenkel behaart seien und 
dass ihr Fuss einem Eselshufe gleiche. Um sich davon zu über- 
zeugen , liess Salomon — auf den Bath der Ginnen hin — jenen 
Palast erbauen. Als er seinen Sitz eingenommen , liess er Bilkts 
bitten , einzutreten ; als sie nun eintrat und ihre Füsse entblösste , 
bemerkte er , dass dieselben in der That behaart waren ; er wandte 
seine Blicke ab und sagte ihr , dass der Palast mit Glas glatt ge- 
täfelt sei. Darauf befahl er den Dämonen ((jvJsL^I), das Nürah 
genannte Enthaarungsmittel (eine Mischung von Arsenik und un- 
gelöschtem Ealk) zu verfertigen , und man sagt , es sei dieses die 
erste Anwendung der NtLrah gewesen. 

Diese ganze Erzählung — nur Manches ausführlicher — findet 
sich auch bei T*^*^^ ff > ^^^ ^0 ^^^ — ^^^ ^^ kürzerer Fassung , 
aber oft in wörtlicher Übereinstimmung — bei Ibn el-Attr (I, llf ff.), 
auf den auch in den Noten zu ^abart verwiesen wird. Das Kürah 
genannte Mittel zur Entfernung der Haare wurde von den Dämo- 
nen (^.IsL^) anempfohlen , nachdem Salomon zuerst die Menschen , 
dann die Ginnen befragt hatte, die aber keinen Bath wussten. Dass 
dieses das erste Beispiel vom Gebrauch desselben gewesen, wird 



220 

bei ^abart als Tradition auf Ibn ^Abbäs zurückgefübrt. Tabarl er- 
mähnt ferner m, ovi) , dass auch mit Bezug auf die ungebohrte 
Perle Salomon zuerst die Menschen , dann die Ginnen und zuletzt 
die Dämonen befragte , auf deren Rath er den Wurm Ara^a brin- 
gen liess , der mit einem Faden im Munde die Perle durchbohrte 
und zugleich den Faden hindurch zog. (Übrigens hat das benutzte 
MS. des Tabarl , wie aus den vielen Asterismen zu ersehen , an 
dieser Stelle besonders viele Lücken , und so erklärt sich wohl auch , 
dass der krummgebohrte Onyx nicht erwähnt wird.) 

Im zweiten Esthertargum gibt die Königin von Scheba dem 
Salomon drei Eäthsel auf, was auch der biblischen Darstellung 
entspricht (1 Kön., 10, 1 ; 2 Chron., 9, 1). Auch Tabart erzählt 
(p. öaI) , Bill^ts habe zu Salomon gesagt : »Ich möchte dich Etwas 
fragen, worauf du mir antworten sollst". Er sagte: »Frage nur!" 
Darauf sagte sie: »Sage mir, was ist das für ein Wasser, das 
weder vom Himmel noch aus der Erde kommt ?" Nachdem Salomon 
der Beihe nach die Menschen , Ginnen und Dämonen befragt hatte , 
antwortete er ihr: »Das ist der Schweiss eines Renners". 

Bei Alkisdi (f. 314 v.) werden ebenfalls die einander ähnlichen 
Jünglinge und Jungfrauen , die zu durchbohrende Perle und der 
krummgebohrte Onyx erwähnt; ferner sollte Salomon ein Gefäss 
mit einem Wasser füllen , das weder vom Himmel herabfällt noch 
aus der Erde hervorquillt — welche Aufgaben er also sämmtlich 
löste. (Das Eäthsel von dem Wasser , das weder vom Himmel noch 
aus der Erde kommt, findet sich auch bei 0. Landberg, Proverbes 
et dictons, I, 163, N® 91). 

Die ganze Erzählung kommt auch in Ta'labt's Prophetenge- 
schichten (mitgetheilt in A. Socin's arabischer Grammatik , p. 49 ff-) 
vor, nur ausführlicher. So wird z, B. erzählt, dass Salomon 
während seines Aufenthaltes in Mekka dem Volke die Ankunft des 
Mohammad zum Voraus prophezeite; ebenso wird berichtet, dass 
der Wiedehopf des Salomon j^H, der aus Jemen aber -aäc ge- 
geheissen habe, und so noch manches Andre. 

Im JalKut zu 1 Chron. 9, 1 (§ 1085) heisst es (nach dem Mi- 
drasch zu den Proverbien 2, 6) mit Bezug auf die von der Königin 
von Scheba aufgegebenen Räthsel , dass sie zu Salomon gesagt habe : 



221 

»Wenn ich eine Frage an dich richte, wirst dn sie beantworten 
können?" Salomon erwiederte: »Der Herr gibt "Weisheit; aus seinem 
Munde kommt "Wissen und Einsicht" (Prov. 2, 6). Die Königin fragte 
nun: »Sieben gehen hinaus, neun gehen hinein, zwei schenken ein 
(D'^JITID D'^Jti^)» Einer trinkt", worauf Salomon antwortete, es 
seien das die sieben Tage der j^'^J) (Levit., 12, 2) , die neun Monate der 

Schwangerschaft, die Mutterbrust und das daran trinkende Kind. 
Das zweite Räthsel der Königin ist: »Eine Frau sagt zu ihrem 
Sohne: Dein Vater ist mein Yater, dein Grossvater mein Gatte; 
du bist mein Sohn ; ich bin deine Schwester", worauf Salomon ant- 
wortet: »Die Mutter, die das zu ihrem Sohne sagt, ist eine von 
Loth's Töchtern". Auch die Aufgabe, die Knaben von den gleich 
aussehenden und gleich gekleideten Mädchen zu unterscheiden- 
wird von Salomon dahin gelöst , dass er an Alle Nüsse und Back , 
werk vertheilen lässt; die Knaben breiten einfach ihre Gewänder 
aus , um diese Dinge in Empfang zu nehmen , während die Mädchen 
verschämt ihre Tücher (□rT^TlID» ^^^ auch jede Art von Kopfbe- 
deckung bezeichnet) dazu gebrauchen. Es ist das also nur die 
weitere Detaillirung der Textstelle; sonst aber wird die Zusam- 
menkunft der Königin von Scheba mit Salomon weder im Mid- 
rasch noch im Talmud erwähnt , so reichen Stoff auch die biblische 
Erzählung zur weiteren Ausschmückung darbot. Dagegen findet sich 
die Erzählung von Salomon's Entthronung sowohl in den jüdischen 
wie auch in den arabischen Schriften, aber gerade hierbei zeigt 
sich ganz besonders die grosse Verschiedenheit in der Beurthei- 
lung und Charakterisirung Salomon^s. 

Dass ein Dämon Salomon's Thron und Herrschaft usurpirte, 
während er selbst in armseliger Gestalt umherwanderte , wird im 
Kordn (Sur. 38, 33) nur ganz flüchtig erwähnt; um so aus- 
führlicher ist aber die Darstellung bei den Common tatoren und 
den späteren Autoren. Es sind eigentlich zwei, in causalem Zu- 
sammenhange stehende , Erzählungen , die von ZamahSart (II, i)*n) 
und Bai4d.wt (II, Uv) zur erwähnten !Koranstelle sowie — mit 
einzelnen Varianten — von Tabari (I, öa*! ff.) und Ibn el-Attr 
(I, )11 ff.) mitgetheilt werden. Der Hauptinhalt derselben ist das 
Folgende : 



222 

Salomon hatte gehört, dass auf einer Insel, Saiden genannt 
(^^jJuaö — das biblische |TTiJ{ , Gen. 10, 15, — heisst bei Jäküt , 
III, f t*i , der Gründer von *^ Juo oder Sidon) , ein mächtiger König 
herrsche, gegen dessen Land, seiner Abgeschlossenheit wegen, 
noch Niemand gewagt hatte , einen Eriegszug zu unternehmen. Sa- 
lomon sammelte nan sein aus Menschen und Ginnen bestehendes 
Heer und zog aus , um jenen König zu bekriegen — nicht zu Lande 
und nicht zu Wasser , sondern durch die Luft , da ihn die Winde 
überall hintrugen , wohin er wollte. So gelangte er denn in kurzer 
Zeit mitsammt seinem Heere nach jenem Lande , das er eroberte 
und dessen König er tödtete. Die Tochter des Königs aber,*Gara- 
dah mit Namen, die an Schönheit und Anmuth alle andren Frauen 
überstrahlte, nahm Salomon mit sich, und nachdem er sie zum 
Isl4m bekehrt hatte , nahm er sie zur Frau , und zwar liebte er sie 
mehr als alle seine andren Frauen. Garadah aber hörte nicht auf, 
ihren Yater zu beweinen , und da Salomon ihr deshalb Yorstellun- 
gen machte , bat sie ihn , durch die Ginnen ein Bildniss (fiyf^) ihres 
Yaters yerfertigen zu lassen. Als nun auf Salomon's Geheiss von 
den Ginnen ein solches Bildniss verfertigt und ihr gebracht wurde , 
warf sie sich jeden Morgen und jeden Abend vor demselben an- 
betend nieder, und auch ihre Dienerinnen erwiesen ihm göttliche 
Ehren. Das dauerte 40 Tage lang-, da gelangte die Kunde davon 
zu Asaf, dem Sohne Berahj4's (U>o q- v^äa^I). Dieser eilte zum 
Könige — zu dem er jede Zeit Zutritt hatte, — und machte ihm Vor- 
würfe darüber , dass in seinem Hause Götzendienst getrieben werde. 
)>In meinem Hause?" sagte Salomon. »In deinem Hause", antwortete 
Asaf. Da rief Salomon aus: i>Wir sind Gottes und zu Gott kehren 
wir zurück" (qj*>|; »^^ ü^^ »^ liJ, Sur. 2, 151). Er ging hier- 
auf in das Gemach, in welchem das Bildniss war, zerbrach dasselbe 
und bestrafte Garadah sowie ihre Dienerinnen. Darauf zog er sein 
Beinigungsgewand (».^laJf v'^) ^^ ~ ^^ ^^ ^^^ ^^^ Gewatid, das 
nur Jungfrauen gesponnen, gewebt und gewaschen hatten — und 
ging in die Wüste; allda streute er Asche aus und wälzte sich in 
derselben, indem er weinend Gott um Vergebung anflehte; alsdann 
kehrte er zurück. 

Unter den Frauen Salomon's war eine, Namens Amina; dieser 



223 

gab er seinen Siegelring zur Aufbewahrung , so oft er in der Lage 
war, eine der gesetzlichen Waschungen yornehmen zu müssen; 
auf diesem Siegelringe berahte seine Herrschaft. Als er nun eines 
Tages denselben wiederum der Amtna auTortraut hatte , kam^ wäh- 
rend seiner Abwesenheit der Dämon Sajir (y^^^), der die Gestalt 
Salomon's angenommen hatte, und sagte: »Gib mir meinen Siegel- 
ring, Amtna^'. Sie übergab ihm den Bing; er that ihn an seinen 
Finger, dann setzte er sich auf Salomon's Thron , und alsbald um- 
gaben ihn die Yögel, Dämonen und Menschen. Hierauf kam Sar 
lomon — dessen Aussehen- und Gestalt aber ganz verändert war — 
zu Amtna und verlangte seinen Bing. i» Wer bist du denn?" fragte 
sie. Er erwiederte: »Ich bin Salomon , Sohn DavidV. »Du lügst", 
antwortete sie, »Salomon hat bereits seinen Bing in Empfang ge- 
nommen und sitzt auf seinem Throne". Salomon sah nun ein , dass 
das die Strafe für sein Yergehen war ; er ging fort und zog umher 
in den Wohnungen der Kinder IsraePs und sagte : »Ich bin Salomon 
Sohn David's". Die Leute aber bewarfen ihn mit Staub , verspotteten 
ihn und sagten: »Sehet diesen Narren da, welcher immer sagt, er 
sei Salomon , Sohn David^s". Hierauf ging Salomon an's Meer zu den 
Fischern; für diese trug er die Fische zu Markte; sie gaben ihm 
dafür jeden Tag zwei Fische ; für den einen Fisch kaufte er sich 
des Abends kleine Brote , den andren ass er , nachdem er ihn ge- 
braten hatte. In diesem Zustande verblieb er 40 Tage, also eben 
so viele Tage , wie die Abgötterei in seinem Hause gedauert hatte. 
Während dieser Zeit hatten sowohl Asaf als auch die Angesehen- 
sten der Kinder Israelis das Gebahren und die Begierungsweise jenes 
Dämons gar seltsam gefunden, und Asaf sagte zu denselben: 
»Habt ihr nicht auch bemerkt, wie sehr der Sohn David's sich ver- 
ändert hat? »Allerdings", antworteten jene. A§af ging hierauf zu den 
Frauen Salomon's und fragte sie : »Habt ihr nicht auch die Lebens- 
weise des Königs sonderbar und seltsam gefunden so wie wir?" 
»Mehr als ihr" — antworteten die Frauen — , »denn er kümmert sich 
nicht um die Absonderungsperiode der Frauen und ebenso wenig 
beobachtet er selbst die Beinigungsgesetze". Da sprach A§af : »Wir 
sind Gottes und zu Gott kehren wir zurück" (wie oben Salomon) , 
und dann erzählte er den Kindern Israelis das, was er erfahren. 



224 

Als nun aber 40 Tage yergangen waren, flog der Dämon davon 
bis ans Meer, in das er den Eing warf, den alsbald ein Fisch 
verschlang. Einer der Fischer fing diesen Fisch, und da Salomon 
an diesem Tage ihm seine Dienste geleistet hatte , so gab er ihm 
am Abend zwei Fische, von denen einer derselbe war, der den 
Bing verschlungen hatte. Als nun Salomon diesen Fisch zertheilte , 
fand er den Ring ; er steckte ihn an seinen Finger und warf sich 
vor Gott anbetend nieder. Darauf umgaben ihn die Yögel und die 
Dämonen; die Leute kamen ihm mit freundlichem Empfang ent 
gegen, und er kehrte zu seiner Herrschaft zurück. Als nun Salo- 
mon wieder auf seinem Throne sass , befahl er den Dämonen , ihm 
den Dämon Sa^r herbeizubringen, und als sie es gethan, wurde 
er auf Salomon's Geheiss zwischen zwei Steine gelegt, die mit 
Eisen und Blei aneinandergeschlossen und dann in's Meer versenkt 
wurden. 

In einer andern, von TTabart (I, oll* ff.) mitgetheilten Überlie- 
ferung wird erzählt, dass die jüdischen Schriftgelehrten und die 
Thoraleser — «^t-ä — bis zu dem Pseudosalomon vordrangen, ihn 
umringten und die ThoraroUen entrollten, um daraus vorzulesen. 
Da flog der Dämon davon und ans Meer, in das der Siegelring 
hineinfiel, worauf ein Fisch denselben verschlang. Währenddes- 
sen war Salomon zu den Fischern am Meeresafer gegangen. Er bat 
sie, ihm etwas zu essen zu geben, indem er sagte: :» Ich bin Salo- 
mon , Sohn David's". Einer der Fischer schlug und verwundete ihn ; 
die andren waren darüber erzürnt und fragten ihn, warum er das 
gethan. j)Weil er sagte, er sei Salomon", antwortete er, Sie gaben 
hierauf dem Salomon zwei Fische. Er ging ans Meer, um sein Blut 
abzuwaschen; hierauf schnitt er die Fische auf, da fand er in 
einem derselben seinen Ring; er that ihn an seinen Finger, und 
Gott gab ihm seine frühere Schönheit und seine Herrschaft wie- 
der .... Als man auf sein Geheiss jenen Dämon vor ihn gebracht 
hatte , wurde derselbe in eine eiserne Kiste eingeschlossen , die 
Salomon mit seinem Siegel versiegelte. Darauf wurde er in's Meer 
versenkt , und da wird er bleiben his zum Tage der Auferstehung 
(ÄfL^i i»Jij _Ä^). Der Käme dieses Dämons war \Jij^Äj^s> (nach einer 
andern Lesart \^Jusu^^ es fehlen hier einige diakritische Punkte). 



225 

Bei Alkisäi (f. 322 r.) wird — ebenfalls unter Anführung von 
Sur. 38, 33 — dieselbe Erzählung , nur mit einzelnen Yarianten , 
erzählt. So wird im Kamen des Ibn 'Abbd,s erwähnt, dass der 
Dämon §atjr (^^^>^ y^^) weder über die Frauen Salomon's noch 
auch über sein Besitzthum irgend welche Macht gehabt habe. 
Ferner wird erzählt, dass nach Verlauf der 40 Tage Salomon ein 
yertrocknetes Brot auf seinem Wege fand. Er ging ans Ufer des 
Meeres, um es dort aufzuweichen; da entrissen es die Wellen seiner 
Hand. Da sprach er: »0 Gott, nach 40 Tagen bescherst du mir 
ein trocknes Brot, du der Allemäher I" (^|;Jt, einer der Namen 
Gottes, der auch Sur. 51, 58 rorkommt). Dann wird erzählt, wie 
einer der Fischer ihn mit einem Stocke schlug, weil er sich für 
Salomon ausgab und dass Salomon weinte, so dass die Engel im 
Himmel mit ihm weinten. Auch die Fischer hatten Mitleid mit 
ihm und gaben ihm ein Messer und einen Fisch, und als er diesen 
aufschnitt , fand er seinen Bing in demselben. Als der Dämon ^al^r 
davon hörte, entfloh er. Salomon befahl — als er die Herrschaft 
wiedererlangt hatte — den 'Ifrtts (^^:^JJic) genannten Dämonen, 
ihn aufzusuchen, zu ergreifen und vor ihn zu bringen. Darauf 
wurde er auf Salomon's Befehl in den See von Tiberias versenkt , 
und man sagt, dass er da bleiben werde bis ans Ende der Zeiten. 

Bei Ja'l^iibt (ed. Houtsma, p. rt^ fg.) wird erzählt, dass eine 
der 700 Frauen Salomon's sich ein Bildniss ihres Yaters hatte 
verfertigen lassen, und dass auch die andren Frauen, ihrem Bei- 
spiele folgend, dasselbe thaten. Hierauf sagte Gott zu Salomon: 
»In deinem Hause werden Bilder angebetet («äU?"^! ^*>*^^) > ^uid du 
gibst es zu ? ^So werde ich denn zur Strafe dir die Herrschaft 
entziehen und die Stämme der Kinder Israel's von einander tren- 
nen ; aus Liebe aber zu . deinem Yater David werde ich dir die 
Herrschaft nicht während deines Lebens entziehen, und zwei der 
Stämme werden deinem Hause verbleiben, damit dein Andenken 
nicht ganz aufhöre". Als nun Salomon einst auf seinem Throne 
sass, wurde sein Siegelring von seinem Finger weggenommen 
(c jXi^). Einer der Dämonen ergriff ihn, that ihn an seinen Finger 
und verdrängte so Salomon von seinem Throne, den er selbst ein- 
nahm, indem er zugleich Salomon seiner Kleider beraubte und 

29 



226 

sich selbst damit bekleidete. Salomon zog ein wollenes Gewand an ; 
in der Hand hatte er ein Bohr, und so bat er die Lente, ihm zu 
essen zu geben, indem er sagte: »Ich bin Salomon, der Eonig 
von Israel; Gott aber hat mir die Herrschaft entzogen". Die Leute 
glaubten seinen Worten aber nicht und verspotteten ihn. Darauf 
ging er zu den Fischern am Meeresufer und bat sie, ihm etwas 
zu essen zu geben. A^af aber, der Freand Salomon's, und noch 
Andre fanden das Betragen des Dämons, der Salomon's Thron 
eingenommen , auffallend und seltsam , so namentlich , dass er nie- 
mals Gottes Namen aussprach. Der Dämon entfloh hierauf und warf 
den Siegelring ins Meer, nachdem er 40 Tage lang den Thron 
Salomon's eingenommen hatte. Nach Verlauf dieser Zeit ging Sa- 
lomon einst an*s Ufer des Meeres ; da sagte einer der Fischer zu 
ihm: j)Eomm' her, du Wahnsinniger, und nimm dir diesen Fisch"; 
darauf gab er ihm einen Fisch , der bereits stinkend war. Salomon 
ging mit demselben an's Meer , wusch ihn und schnitt ihn aaf. Da 
fand er in seinem Innern einen andren Fisch, und als er diesen 
aufschnitt, fand er seinen Bing in demselben. Er steckte ihn, Gott 
lobpreisend, an seinen Finger. Gott gab ihm die Herrschaft wieder 
über die Kinder Israel's und machte die Vögel und Dämonen ihm 
unterthänig ; die Dämonen yerfertigten für ihn allerlei Kunstwerke , 
errichteten Bauten für ihn und dienten ihm auf jede Weise 40 
Jahre lang. Auch bei Tabart (I, öT) und Ibn elAtir (I, Hi) wird, 
unter Anführung von Sur. 38, 34—37, gesagt, dass erst nach 
dieser Episode in Salomon's Leben ihm die Herrschaft über die 
Ginnen , Dämonen und Winde — also als Zeichen der Vergebung 
von Gott — verliehen worden sei. / 

Die Erzählung bei Jäl^übt ist von den früher angeführten Er- 
. Zählungen doch einigermassen verschieden: auch erinnert sie an 
die biblische Darstellung (1 Kön., 11, 7—13); ganz anders die 
Erzählung bei ZamaMart, ^abari und Ibn el-Attr. Die Demüthi- 
gung , die Salomon erfuhr , steht hier in gar keinem Verhältnisse 
zu seinem Vergehen , da er ja von der Bilderyerehrung der Frauen 
Nichts wusste, und als er davon erfuhr, dieselben bestrafte und 
selbst Busse that. Denn dass er eine Ausländerin zur Frau ge- 
nommen , war keine Sünde , sondern eher eine verdienstliche That , 



227 

da er sie zum Islam bekehrte. Zama^äart, der diese Erzählangen 
eben nur als Sagen anführt, deren Wahrheit noch zu dahingestellt 
bleibe (xÄ.^VAai JLcl idl\j) , sagt in der That am Schlüsse der zweiten 
Erzählung, nach der Meinung kundiger Personen gehöre dieselbe 
zu den nichtigen Fabeln der Juden (o^Jt SiMf^ rr^) y ^^ ^^ nicht 
denkbar sei , dass ein Dämon über Salomon , den Propheten Gottes , 
und dessen Frauen je eine solche Macht ausgeübt habe, dass ferner 
Salomon gewiss nie jene Anbetung des Bildes gestattet hätte und 
dass , wenn sie stattfand , er jedenfalls unschuldig daran gewesen sei. 

In den jüdischen Schriften ist — wie schon aus* den oben an- 
geführten Stellen zu ersehen — die Veranlassung zu Salomon^s 
Entthronung durchaus keine geringfügige; auch wird seine Herr- 
schaft über die Dämonen nicht interimistisch suspendirt, um späi er 
in desto grösserem Glänze zu erstrahlen, vielmehr fürchtet er 
fortan die Dämonen, die früher ihn gefürchtet. 

Die im Talmud erzählte Geschichte Yon der IJsurpirung des 
salomonischen Thrones durch Aschmedai habe ich ZDMG., XXXI, 
204 fg., mitgetheilt, wie gleichzeitig auch die damit in Yerbin- 
dung stehende Erzählung von Schamir, der ursprünglich im Be- 
sitze des Wiedehopfes ({^"^3 ^IJÜID) ^*'- ^©Jiii ^on Letzterem 
gesagt wird, dass er öde und unangebaute Berge aufsuche, so 
erinnert das an die von Bochart (Hieroz , ed. Lond., II , 345 fgg.) 
aus Aristoteles' Thierkunde, IX, 49 (ed. Aubert- Wimmer , I, 240; 
II, 330) und Aelian (III, 26) angeführten Stellen, in denen es 
vom Wiedehopfe heisst , dass er auf wüsten und entlegenen Felsen 
niste , was — nach Aeschylos — mit der Sage von Tereus in Ver- 
bindung gebracht wird. Dazu würde auch die in Gesen. Thes. 
s. V. nS'^Dn (P- 326^) erwähnte Erklärung von HD'^Dn» ^^ Xl — 
3»3, und riD'^D =^ ND'^D) ^®^ ^^* passen. 

Sehr viel Ähnlichkeit mit dem, was im Talmud von Aschme- 
dai's Gefangennehmung erzählt wird , hat die folgende , von Alkisäi 
(f. 299 r. fg,) mitgetheilte , Erzählung, die allem Anscheine nach 
jüdischen Ursprunges ist. 

Salomon — so wird erzählt — berief eines Tages die 'Ifrlt's , Dä- 
monen und Ginnen zusammen , und befahl ihnen , ihm den Dämon 
§a^r ((C^ j^^) herbeizuschaffen. Da sagten sie: »0 Prophet 



228 

Gottes, All&h hat diesem @ahr eine so grosse Stärke verliehen, 
dass alle Dämonen zusammen Nichts über ihn vermögen. Es gibt 
nur ein Mittel , ihn in unsre Gewalt zn bringen ; §ahr kommt 
nämlich jeden Monat an eine Quelle (^^jvr^) auf einer gewissen 
Insel und trinkt vom Wasser derselben. Unser Bath wäre nun, 
dieses Wasser auszuschöpfen und stattdessen Wein hineinzuthun. 
Wenn er dann kommt und kein Wasser findet, so wird er vom 
Weine trinken, bis er berauscht sein wird; dann werden wir ihn 
ergreifen und dir bringen. Salomon befahl ihnen nun , das Yorge- 
schlagene in Ausführung zu bringen. Nachdem sie also das Wasser 
mit Wein vertauscht hatten, verbargen sie sich hinter den Bäu- 
men jener Insel. (Ebenso heisst es im Talmud von Benajahu 
J^J^1J^3 D'^n**!') Als nun §ahr an die Quelle kam und den Wein 
roch, erhob er ein Geschrei und dann sagte er: i»0 Wein, du bist 
etwas Köstliches, nur dass du Einem den Verstand nimmst und 
den Klugen dumm machst und Reue erzeugst!" Darauf ging er fort, 
ohne zu trinken. Den dritten Tag kam er wieder, und da ihn 
der Durst quälte, rief er aus: »Dem, was Gott über mich verhängt 
hat , kann ich nicht entgehen". Dann ging er an die Quelle und 
trank bis er vom Weine voll war. Hierauf erhob er sich und ging 
einige Schritte , fiel aber alsbald nieder. Die 'Ifrtt's eilten nun von 
allen Seiten herbei und trugen ihn fort, während ihm aus Mund 
und Nase Feuerflammen hervorgingen. Als er aber vor Salomon 
erschien und dessen Siegelring erblickte , war seine Kraft dahin ; 
er fiel in Demuth auf sein Angesicht nieder und sagte: »Wie gross 
ist deine Macht, o Prophet Gottes! aber sie wird von dir weichen 
und nur die Erinnerung daran wird bleiben". Salomon antwortete : 
»Du sprichst die Wahrheit" (Letzteres findet sich ebenfalls in der 
talmudischen Sage — cf. ZDMG. , 1. c, p. 219). 

Einen merkwtlrdigen Anklang an die Sage von Aschmedai 
(und auch an die von mir damit verglichene von Silen und Midas) 
.bildet das, was Mannhardt (Baumcultus der Germanen, p. 97) aus 
Yernaleken's Alpensagen (p. 213 fg.) mittheilt. Ein wildes Berg- 
männlein, Yon dem man Allerlei zu erfahren wünschte, wird da- 
durch gefangen, dass man zwei Brunnentröge mit Wein und 
Branntwein füllt. Als das Männchen zur Stelle kommt , sagt es zum 



229 

Weine: »Röthi, Böthi, du bschiss't (betrügst) mi nit", trinkt dann 
aber doch, wird berauscht, schläft ein^ wird gebunden und in's 
Dorf gebracht. Ebenso wird , um einem wilden Männlein ein Mittel 
gegen die Pest zu entlocken, die Höhlung eines Steins mit Yelt«- 
liner angefüllt, welches Mittel dann auch den gewünschten Erfolg 
hat. Auch bei A. Kuhn (Herabkunft des Feuers, p. 34, N) wird 
eine Stelle aus einem althochdeutschen Lobliede auf Salomon an- 
geführt, in welchem ebenfalls die Gefangennahme eines Drachen 
durch Wein vorkommt. 

Weshalb Salomon wollte, dass man §a^r vor ihn bringe, wird 
bei Alkisäi nicht gesagt; aber Kazwtnt (I, H/*) berichtet es in 
folgender Erzählung, die wiederum — der Hauptsache nach — 
mit der talmudischen übereinstimmt. 

Der Diamant (.yoLJt jSf^*:>) ist ein Stein , der alle andren Steine 
spaltet. Zur Zeit als Salomon — Friede über ihn I — den Tempel 
bauen wollte, befahl er den Dämonen (^i>'y.AAit) , die Steine zu 
behauen. Als nun aber die Leute sich über den dadurch entstandenen 
Lärm beklagten , Hess Salomon die Schlauesten der Ginnen (>,:>. j.Ufi 
^^) vor sich kommen und fragte sie, ob es denn kein Mittel 
gäbe , die Steine zu behauen , ohne dass man es höre. Sie antwor- 
teten : iWir, o Prophet Gottes! kennen kein derartiges Mittel; 
es existirt aber noch ein Dämon (o«Lo) , Namens ^a^r , der nicht 
in deinem Dienste steht; vielleicht kann er Etwas angeben". Sa- 
lomon befahl nun , diesen Dämon horbeizubringen , und als derselbe 
vor ihm erschien , richtete er die gleiche Frage an ihn. Jener ant- 
wortete: »Ich kenne allerdings einen Stein, o Prophet Gottes! mit 
dem man geräuschlos Steine durchschneiden kann; ich weiss aber 
nicht,- wo derselbe zu finden tst. Ich will dir aber die Art und 
Weise angeben, um in dessen Besitz zu gelangen, und das ist, 
dass man das Nest eines Adlers aufsucht". Auf Salomon's Befehl 
ging nun Einer der 'Ifrtt's nach einem Adlemeste aus ; er fand ein 
solches zur Zeit als der alte Adler ausgeflogen war ; hierauf nahm 
er eine gläserne Schale und stülpte sie über das Nest, in dem 
die Jungen waren. Als der Adler zurückkehrte und sah, dass er 
nicht zu seinen Jungen gelangen konnte , flog er davon. Am Mor- 
gen des folgenden Tages aber kam er wieder mit einem Steine 



230 

im Schnabel, und mit diesem Steine spaltete er das Glas. Salomon, 
dem man dieses erzählte, befahl, den Adler Tor ihn zu bringen. 
Als dieser gekommen war, fragte er ihn: »Sage mir doch, wo du 
dir jenen Stein geholt hast^\ Der Adler antwortete: nDen Stein, 
Prophet Gottes! habe ich mir von einem Berge im Westen, 
dem Säm^rberge (.y«LJf J^a:>), geholt'\ Auf Salomon's Geheiss 
brachten hierauf die Dämonen von jenem Berge Steine herbei, 
mit denen die Bausteine behauen wurden , ohne dass man es hörte. 
Dass übrigens auch in andren arabischen Sagen der Säm^r mit 
dem Wiedehopf in Verbindung gebracht wird, ist aus der oben 
(p. 180 ff.) erwähnten Erzählung Ton Moses' Kampf mit 'Og er- 
sichtlich. 

Es möge gestattet sein, hier noch einiges auf den Hudhud 
Bezügliche zu erwähnen. 

Bei !^azwlnt (I, fH) — und ähnlich in Arnold's arabischer Chres- 
tomathie (p. f i , N**. 1*^) — wird erzählt , dass der Hudhud einst 
Salomon eingeladen habe, sein Gast zu sein. ]»Ich allein ?'' fragte 
Salomon. ))Nein, du und dein ganzes Heer, euch alle lade ich 
ein, auf der und der Insel bei mir zu speisen". Als nun an dem 
dazu anberaumten Tage Salomon mit seinem Heere sich ein- 
gefunden hatte, sprang der Hudhud in die Luft, fing eine 
Heuschrecke, brach sie entzwei, warf einen Theil davon in's 
Meer und sagte: »Esset nun, und wem das Fleisch entgangen, 
dem wird jedenfalls die Brühe nicht entgehen'' — a^^^UI ^19 ^^i 
)f3j,^ ikXstj jj — , so bei Arnold; bei !Kazwtnt: q^ Jb j».^\lfi äjIs q^ 
^^i. Salomon und seine Leute lachten , und daher — wie es 
bei Arnold heisst — stammt das Sprichwort ; »Wenn dir das Fleisch 
entgangen , so trinke die Brühe" (^Cd^t vV^^ {«.^nU^ (£)u1S qI). Auch 
bei Socin (N^ 441) wird der Spruch angeführt: »*:^Ij tä)ul3 \3\ 
Äi^L läkJLc, Wenn dir das Fleisch entgangen ist, so gieb Acht 
auf die Brühe I" 

Bei Kazwini wird femer — und ebenso in Muhtt al-Muhlt (s. v. 
iAP^>J> , p. XW) — der Ausspruch Mohammad's angeführt : »Tödtet 
nicht den Hudhud, denn er war es, der dem Salomon anzeigte, 
wo Wasser zu finden sei , und er wollte auch , dass man auf der 
ganzen Erde nur Gott allein anbete und kein Wesen ausser ihm". 



231 

was sich wahrscheinlich auf Hudhud's Entrüstung über die Sonnen- 
yerehrung der Sabaer bezieht (Sur. 27, 24) '). 

Bei AlkisM (f. 293 r.) wird erzählt, wie — nebst andren Vögeln — 
auch der Hudhud sich dem König Salomon vorstellte und, nach- 
dem er ihn begrüsst hatte, zu ihm sagte, dass er ihm fortan 
als Führer (,)uSS) zum Auffinden des Wassers dienen werde. Sa- 
lomon sagte hierauf: »Ich sehe, dass du sehr klug und findig 
bist; ich sehe aber auch, dass die israelitischen Knaben dich 
in ihren Schlingen fangen'', worauf Hudhud antwortete, dass 
gegenüber dem Schicksalsbeschlusse G^^jt^ Lnält) alle Klugheit 
nichts nütze. 

Ganz ähnlich ist folgende Erzählung in Ibn ' Arab Säh's t^UJLÜ x^Sls 
(ed. Freytag, p. It): Es wird erzählt, dass einst der Hudhud auf 
einem erhöhten Orte sass, Gott lobpreisend. Ein Imdm, der des 
Weges daherkam, sagte zu ihm: j)0 ,du Besitzer der Krone und 
des 'bunten Kleides (^LjvX!) ''L^äS|^ ^IäJ^ ^^^a^I/o y), das ist ein 
gefährlicher Ort, an dem du leicht gefangen werden kannst". 
Hudhud spottete dieser Warnung. Als der Imäm kurz darauf des- 
selben Weges kam , sah er , dass ein Knabe den Hudhud in einer 
Schlinge gefangen hatte und er sagte zu ihm: »0 du Gottesfürch- 
tiger (H^Lxc 11^ ^) , der du dich deines scharfen Blickes rühmst und 
das tief in der Erde yerborgene Wasser erspähst , wie konntest du 
dich so fangen lassen!?" Darauf erwiederte Hudhud: »Gegen den 
Beschluss des Schicksals («cXäS|^ "ixaHi^) nützt keine Klugheit und 
kein Scharfblick. 

Dieselbe Antwort gibt im Anwdr i Suheili ed. Ouseley (p. tfl, 
auch bei Wilken, Instit* ad fundam. 1. persicae, p. 186) eine Nach- 
tigall auf die Frage, wieso sie den Schatz unter der Erde, aber 
nicht die Schlinge auf der Erde gesehen. Andere Stellen führt 
Osterley in den Kachweisungen zu Wendunmuth (Bd. Y, p. 107 



1) Dass Uadhad bei der gelegentlichen Lobpreisung Gottes, Vs. 25 fg., auch sagt : 
mEr ist der Besitzer des grossen Thrones" (aaIq.«]! (J^ytS^) , während er in Vs. 23 vom 

grossen Thron der Königin von Saba gesprochen, macht den Eindruck, als solle 
damit gesagt werden, dass ansser dem Throne Gottes kein andrer Thron — auch 
nicht der berühmte jener Königin — diese Benennung verdiene. Auch Zamajjsart 
(II, \*^ö) hebt den Unterschied der beiden Bezeichnungen hervor. 



232 

zu Bach lY, 34 und p. 119 zu lY, 234) an, darunter auch Pan- 
tschaiantra, I, 381. 

Wie bei Ibn 'Arab Sah , so wird auch bei andren Autoren der 
Federbusch des Wiedehopfes eine Erone (-.Ij, j^O genannt; 
cf. ZDMG., XXXI , 208. So heisst es denn auch im westöstlichen 
Divan (Buch der Liebe. Gruss; ed. t. Loeper, p. 51): 

Hudhud lief einher, 
Seine Erone entfaltend. 

Aber auch im Wendunmuth wird erzählt (Bd. IV, p. 283), wie 
einst der Adler hochzeitlich Beilager hielt, ^darzu auch der Widhopff 
geladen umb seines prächtigen Gewands und königlichen Kronen 
willen". Ebenso heisst es in W. Wackernagel's Voces varisB ani- 
mantium (p. 130, N°. 35): 

Der Widho^f ist gar wohl geziert 
Und hat doch ganz kein Stimm', 
Sein Cron er allzeit mit sich führt, 
Ist doch nichts hinter ihm. 

Von dem Federbusche hergenommen ist die Benennung des 
Wiedehopfes mit »J^^ ^i (Vater des Federbusches), die Dozy 
(Supplement, s. v. jji) unter Hinweisung auf ZDMG., XVII, 390, 
anführt. Von einer Ähnlichkeit mit diesem Federbusch hergenom- 
men ist wahrscheinlich die von Dozy (s. v. ^jJ.) aus Ibn Baitd,r 
angeführte Benennung einer Orchis-Art mit t>J><A^t (j^t. (Kopf des 
Wiedehopfes). Eine andre von Dozy (I, 120) angeführte Benen- 
nung qUaLm yX^ (Söhne Salomon's) , thuppes (oiseaux) , ainsi nom- 
m^es parce qu'on oroit que Salomon les a re^^ues d'Ophir et d'autres 
pays lointains". Dieser Benennung entspricht das bei Vullers (1 , 277) 
und im Gazophylacium 1. Persarum s. y. Upega (p. 470) angeführte 
persische qUJLv j.i (Vater Salomon's). Von seinem Federbusche her- 
genommen sind die persischen Benennungen mit y** ^iL« oder in der 
Deminutiyform ^^ &iLw (caput cristatum habens , Vullers , II ^ 391) , 
j&^^:>lj (Corona iudutus , ibid., 1 , 410). Auf die Sendung an Bil]^ts 
bezieht sich die Benennung mit q14.aJLm tjA (Vogel Salomon's) und 
^t xa]j tjA (Briefträgeryogel , wie auch die Brieftaube heisst) bei 



233 

Yullers s. y. tjA (II, 1165). Von seinem Rafe hergenommen sind 
die Benennungen s^^. 9 .^^^9 ^^^^9 ^^ ^^^ ähnliche. 

Von andren Eigenthümlichkeiten des Wiedehopfes sind andre Be- 
nennungen hergenommen ^). Dahin gehört sein häufiges Sichverbeu- 
gen und Sichniederwerfen - das auch sprichwörtlich vorkommt — , 
wovon eine seiner arabischen Benennungen hergenommen ist (ZDMGF., 
1. 0. p. 313. 314, !Ni^. 32). Diese Eigen thümlichkeit hebt auch Hiero- 
nymus Lorm hervor , indem er bei der Schilderung des Frühlings 
sagt (Der Naturgenuss, p. 254): »Selbst das Lied der Nachtigall 
ist jetzt ein kräftiges , und ein Vogel , dem nicht viel Gesang 
gegeben ist, der Wiedehopf, unterstützt durch seine Bewegungen 
gleichsam die Lebensfreude , er macht dem Dasein ununterbrochen 
seine Verbeugung". Die Benennung mit f^ji^ ^^ — Vater des 
Frühlings — , die , wie aus Bocthor und Dozy zu ersehen , auch 
im Neuarabischen gebräuchlich ist , bezieht sich auf sein Erschei- 
nen im Frühling, was auch ]^azwtnt (I, ff\) erwähnt. 

Zwei jüdische , Salomon betreffende , Sagen , die in Buber's Ein- 
leitung (^$^^^) zu seiner Ausgabe des Midrasch Tanchuma ange- 
führt werden , berühren sich ebenfalls mit arabisch-persischen Sagen. 

Fol. 68^ (p. 136) dieser Einleitung wird aus einer Handschrift 
des M. Tanchuma folgende Erzählung angeführt : 

Der König Salomon hatte eine Tochter von aussergewöhnlicher 
Schönheit. Er las in den Sternen (Planeten , p^^f )3) , dass ein sehr 
armer Israelit sie heirathen werde. Um das zu verhindern , liess er 
mitten im Meere einen hohen Thurm errichten, in den er seine 
Tochter bringen liess. Zu ihrer Bewachung wurden 70 Eunuchen 
dorthin geschickt, während eine grosse Menge dort aufgespeicher- 
ten Mundvorraths zu ihrem Lebensunterhalte diente. Jener ihr zum 
Gatten bestimmte arme Jüngling war einst in einer kalten Nacht 
auf dem Wege und wusste nicht, wo er sein Haupt niederlegen 
sollte. Da sah er das geborstene Aas eines Ochsen auf dem Felde 



1) Aach im Provenzalischen hat der Wiedehopf — wie aus Honnorat, Dict. pro- 
ven9al-fr. s. v. Petaga zu ersehen — neben petnga noch viele andre Namen, dar- 
unter: poapada, pupega (ital. npega), paput. Letzteres Wort dient auch zur Bezeichnung 
eines coquetten Frauenzimmers. 

30 



234 

liegen, und er legte sich in dasselbe hinein, um sich zugleich zu 
wärmen. Da kam ein grosser Yogel , nahm dieses A^s und trug es 
mitsammt dem Jüngling auf das Dach jenes Thurmes, in dem die Prin- 
zessin war und frass dort das Fleisch des Aases. Als die Prinzessin 
ihrer Gewohnheit gemäss des Morgens auf das Dach ging , um sich 
umzuschauen, erblickte sie den Jüngling. Sie fragte ihn, wer er sei 
und wer ihn hierher gebracht habe. Er antwortete, er sei yon 
Akko (^3y) und dass ein Vogel ihn hierher getragen habe. Sie 
wies ihm darauf ein Zimmer an , in welchem er sich ankleidete , 
wusch und salbte. Als er wieder vor ihr erschien , zeigte sich , 
dass er von grosser Schönheit war; zudem war er ein grosser 
Schriftgelehrter. Sie entbrannte in Liebe zu ihm und fragte ihn, 
ob er sie zur Frau nehmen wolle; er antwortete: »Sehr gerne". 
Er Hess sich darauf ein wenig zur Ader , schrieb mit seinem Blute 
den Trauungsact und sprach die Trauungsformel aus, wobei er 
Gott und zwei Engel zu Zeugen nahm. Sie war somit seine 
Frau. Als nun bald darauf die Eunuchen merkten , dass sie schwan- 
ger sei und auf ihre Fragen das Nähere erfuhren f schickten sie 
zu Salomon, dass er kommen möge. Als Salomon gekommen war 
und Yon seiner Tochter erfahren hatte , wie sie , trotz seiner Yor- 
sichtsmassregeln , doch einen Mann bekommen hatte, der nicht nar 
ausserordentlich schön, sondern auch ausserordentlich erfahren in 
dem jüdischen Gesetze war , erkannte er alsbald , dass es derjenige 
sei , Yon dem er in den Sternen gelesen ; er freute sich sehr dar- 
über und dankte Gott dafür, einen solchen Eidam bekommen zu 
haben. 

Eine ähnliche Erzählung wird von v. Bosenzweig in den Noten 
zu seiner Ausgabe des Gämt (p. 200) sowie von Zotenberg in den 
Noten zu seiner Übersetzung des Tabart (I, 585) angeführt. Sa- 
lomon hatte einst ein Gespräch mit dem Yogel 'Ankä (»LäJLc; 
persisch c -ä-iuw, Simurg) mit Bezug auf Yorherbestimmung. Salomon 
sagte , dass eine Frau im Osten einen Sohn und eine andre im Westen 
eine Tochter habe, welche Beide für einander bestimmt seien. 
'Ank4 wollte diesen Schicksalsbeschluss yereiteln und entführte den 
jungen Mann. Es fügte sich aber, dass derselbe dennoch mit der 
Tochter jener Frau zusammenkam und sie heirathete, was Salomon 



235 

vom Engel Gabriel erfuhr. Sfmurg wurde hierauf von Salomon und 
den andren Vögeln verspottet und zog sich beschämt in die Ein- 
samkeit des Berges Käf zurück. 

Noch mehr Ähnlichkeit mit der jüdischen Erzählung hat die 
Erzählung von Salomon und ^Ank4 in der Form, wie sie, nach 
Tabari, in v. Hammer-Purgstairs Rosenöl (I, 244 fg.) erzählt 
wird. Um den Schicksalsbeschluss zu vereiteln, raubt Stmui^ die 
im Westen geborene Prinzessin und bringt sJe nach seinem Neste 
auf dem Berge Kaf, wo er sie erzieht. Den im Osten geborenen, für 
sie bestimmten Prinzen ergreift eine unwiderstehliche Wanderlust. 
Er kommt so auf seiner Irrfahrt an den Fuss des Berges KS.f, 
wo hoch in den Lüften, auf einer Felsenbrücke, zu der kein 
Mensch gelangen konnte , das Nest Stmurg's war. Auf dieser Brücke 
sah er die Prinzessin stehen , wie sie ihn unten. Beide entbrennen 
vom ersten Augenblicke an in Liebe zueinander, können sich 
aber nur durch Zeichen verständlich machen. Das Thal, in wel- 
chem der Prinz sich befand, war mit Rhinoceroshäuten , Tiger- 
feilen und dergl. bedeckt, Überbleibseln der Mahlzeiten Simurg's. 
Die Prinzessin gab ihm durch Zeichen zu verstehen, er solle in 
eine der zusammengerollten Rhinoceroshäute schlüpfen , was er auch 
that. Simurg war ausgeflogen; als er zurückkehrte, bat ihn die 
Prinzessin, ihr doch eine, von ihr näher bezeichnete , Rhinoceros- 
haut heraufzubringen, damit sie sich in ihrer Einsamkeit damit 
unterhalte. Stmurg that also. Die Prinzessin hatte von nun an 
in der That Unterhaltung, da sie, so oft Stmurg ausflog — und 
das geschah täglich — mit dem Geliebten allein war. Nach Jahres- 
frist fragte Salomon den Stmurg, ob er sich noch dessen erinnere, 
was er vor ohngefähr 20 Jahren gesagt. Stmurg antwortete: »Aller- 
dings erinnere ich mich, und dass ich Recht hatte, will ich dir 
beweisen, da jene Prinzessin in meinem Neste ist; ich werde sie 
dir bringen". Als nun Stmurg der Prinzessin sagte, dass er mit 
ihr zu Salomon reisen wolle , war sie es zufrieden ; nur wünschte 
sie, dass die Rhinoceroshaut , die in ihrem Zimmer war, ihr als 
Sänfte dienen und sie in derselben den Weg durch die Lüfte 
nehmen dürfe. Das geschah, und Stmurg legte die zusammengerollte 
Rhinoceroshaut an den Stufen des Thrones nieder. »Kommt heraus !" 



236 

sagte Salomon , und herauskamen der Prinz aus dem Osten und die 
Prinzessin aus dem Westen, auf ihren Armen ein westöstliches 
Kind, das sie vor Kurzem geboren hatte. Stmnrg flog beschämt 
davon und Hess sich nie wieder blicken ^). 

Fol. 79> dieser Einleitung wird aus einem andren MS. des M. 
Tanchuma folgende Erzählung — die an den Satz ?]Q^{^*^ Urin 

DDy lüDItL^ri nriNl ^^^ ' ^®°-' ^' ^^' anknüpft — mitgetheUt. 

Ein Mann, der einen Krug mit Milch trug, fand auf dem Felde 
eine Schlange, welche jämmerlich schrie. Auf seine Frage, wes- 
halb sie so schreie , antwortete sie : »Ich habe grossen Durst — , 
aber was trägst du da?" »Milch", antwortete er. »Gib mir die Milch 
zu trinken", sagte die Schlange , »und ich werde dir einen grossen 
Schatz zeigen". Als sie die Milch getrunken hatte , führte sie ihn 
an einen Ort , wo ein grosser Stein lag. Nachdem er denselben weg- 
gewälzt hatte , fand er den Schatz , den er zu sich nahm. Da sprang 
sie plötzlich an ihm hinauf und umringelte seinen Hals. Er fragte : 
»Was soll das heissen ?" »Ich will dich tödten", sprach sie , »denn 
du hast all mein Gold genommen". Der Mann sagte: »Wir wollen 
zum König Salomon gehen , damit er entscheide , wer von uns im 
Rechte ist". Die Schlange war es zufrieden. Als sie vor Salomon 
erschienen waren, klagte der Mann die Schlange an. Diese sagte: 
»Ich will ihn tödten, denn es steht geschrieben (Gen., 3, 15): Du 
sollst ihn in die Ferse beissen". Salomon sprach: »Steige zuerst yon 
seinem Halse auf die Erde hernieder , denn vor Gericht darf Keiner 
Yor dem Andren einen Yortheil yoraushaben". Als sie das gethan , 
fragte Salomon sie : »Was ist dein Begehr P" Sie wiederholte das 
früher Gesagte. Darauf sprach Salomon zu dem Manne: »Dir hat 
Gott befohlen: Du sollst ihr den Kopf zertreten — thue das!" 
Hierauf zertrat der Mann den Kopf der Schlange. 



1) Id Benfey'a «Orient und Occident" (II, 816 fg.) finden sich mehrere Erzäh- 
lungen, in denen die Beantwortung der Frage, wer am hesten von Dreien gehandelt 
hahe, den Anhaltspunkt und das Indiciom zur Heraasfindung eines Schuldigen hietet. 
Eine derartige Erzählung findet sich nun auch in dem nyitfi^^DD HD'^ TlDPI (®^* 
Amsterdam, 1746, f. 38) sowie in dem riVtS^JD inPl H- Verona, 1647, f. 36 — 
uher heide Bücher vrgl. man Zunz, G. V. p. 130 fg. — ), und zwar ist es hier Salomon , 
der die drei Probefragen stellt und so den Schuldigen eruirt. 



237 

Eine ganz ähnliche Erzählung findet sich in Anwär i Suheilt 
(ed. J. Onseley , p. 224 fg.) , und ähnlich wie hier heruft sich die 
Schlange auf eine l^oranstelle (20, 121), an der es heisst, Gott 
habe zu Adam und zur Schlange (zum Satan) gesagt: »Ihr sollt 
einander feind sein". Hier ist aber der Fuchs der Schiedsrichter. 
Viele andre Parallelstellen werden yon Osterley zum Wendunmuth 
(Bd. 5, p. 130) angeführt. 

Die jüdische Erzählung findet sich in etwas yerschiedner — an 
die andren Erzählungen erinnernder — Form (der Mann erwärmt 
die Schlange ; es werden zuerst mehrere Thiere als Schiedsrichter 
angerufen , dann Dayid , zuletzt Salomon) auch im s. g. Maase-Buch 
(mitgetheilt in meiner jüdisch-deutschen Chrestomathie, p. 411 fg.). 
Sie scheint also noch in einem andren jüdischen Buche yorzukommen. 

Zum Schlüsse möge hier noch eine jüdische Sage Platz finden, 
die ähnlich bei arabischen Autoren yorkommt , welche dieselbe mit 
einer ^Voranstelle in Verbindung bringen. 

In den jüdischen Schriften (Gittin , bt^ ; jerus. Talmud , Ta'anith 
IV, 8 ; Midrasch Echa , S. 2 zu 2,2) wird erzählt : Als Nebuzaradan 
(nN*lT1!3J > Oberster der Leibwache Nebukadnezar's ; 2 Kön., 25, 
8 fg.) den Tempel betrat , sah er das Blut des Zacharias (der nach 
2 Chron., 24, 21 im Vorhof des Tempels getödtet wurde) , das fort- 
während sprudelte und brodelte. Er fragte , was das sei. Man ant- 
wortete ihm, es sei das das Blut geopferter Stiere und Lämmer. 
Er Hess hierauf Stiere und Lämmer schlachten , aber es war Nichts 
der Art zu sehen. Da sprach er: »Wenn ihr mir die Wahrheit 
sagt , so ist es gut , wenn aber nicht , so werde ich euer Fleisch 
mit eisernen Hecheln hecheln lassen". Sie antworteten hierauf: 
»Was sollen wir dir die Wahrheit yerhehlen? Wir hatten einen 
Propheten , der zugleich Priester war und der uns ermahnte , in 
Gottes Wegen zu wandeln; wir aber haben ihn umgebracht, und 
das ist sein Blut". Da sprach Nebuzaradan : »Ich werde es zur Ruhe 
bringen". Er Hess darauf die Mitglieder des grossen Synedriums 
kommen und sie an dieser Stelle tödten — das Blut hörte nicht 
auf zu sieden. Dann Hess er die Mitglieder des kleinen Synedriums 
schlachten — das Blut hörte nicht auf zu sieden ; dann die jungen 



238 

Priester (im Talmud Jünglinge und Jungfrauen) , dann die Schul- 
kinder — das Blut hörte nicht auf zu sieden. Da sprach er: i>0 
Zacharias I Die Besten deines Volkes habe ich getödtet ; willst du , 
dass Alle umkommen ?^' Darauf hörte das Blut auf zu sieden. Da 
dachte Nebuzaradan in seinem Herzen : » Wenn die Tödtung dieses 
einen Mannes so furchtbar bestraft wurde, wie wird es erst mir 
ergehen, der ich so viele getödtet habe?" Er nahm hierauf den 
jüdischen Glauben an. 

Bei Ibn el-Attr (I , Hö fg.) wird im Namen des Ibn Ishälk er- 
zählt: Nachdem die Kinder Israel's von Babylon (^L) zurück- 
gekehrt waren , sandte Gott einige Propheten an sie , die sie aber 
tödteten. Darauf sandte Gott Zacharias , Johannes Cj^. 9 was man 
auch mit | JH^^ wiedergeben kann , wie es in der syrischen Version 
heisst) und Jesus, Sohn der Mirjam ; auch die beiden ersteren wurden 
getödtet« Da schickte Gott zu ihrer Bestrafung einen der Könige 
Yon Babylon , Namens ^Jf^^^J^ (wozu noch andre Lesarten angegeben 
werden). Als dieser nach Jerusalem gekommen war, sagte er zu 
seinem obersten Heerführer , Namens Nebüz&d&n (^bl;i^): ^Ich habe 
geschworen , dass , wenn ich die Kinder Israel's besiege , ich so yiele 
von ihnen tödten lassen werde , dass ihr Blut bis in mein Lager 
fliesst". Als nun Nebüz&dd.n an den Ort kam, wo man die Opfer 
darbrachte , fand er dort siedendes Blut. Er fragte , was das sei. 
Man antwortete ihm , es sei das Blut von Opfern , die (von Gott) 
nicht angenommen wurden. Darauf sagte er: »Ihr sagt nicht die 
Wahrheit!" Er Hess alsdann über dem Blutte 750 der angesehensten 
Männer tödten — es hörte nicht auf zu sieden. Dann Hess er 700 
Schriftgelehrte tödten — das Blut horte nicht auf zu fliessen. Da 
sprach er: dO Kinder Israel's, sagt mir die Wahrheit, oder es 
bleibt Keiner von euch am Leben". Da sprachen sie: »Es war ein 
Prophet unter uns, der uns ermahnte und mit dem Einfall der 
Feinde drohte; wir aber haben ihm nicht geglaubt und ihn ge- 
tödtet — und das ist sein Blut". »Und wie war sein Name?" 
fragte Nebüzädän. »Sein Name war Johannes, Sohn des Zacharias", 
antworteten sie. Da sprach Nebüzd.dän : »Jetzt habt ihr die Wahr- 
heit gesagt", und fiel anbetend nieder. Dann sagte er zum 
Blute: »0 Johannes! Dein und mein Gott weiss, was dein Yolk 



239 

um deinetwillen gelitten; so rahe denn, sonst bleibt Keiner am 
Leben !^' Das Blut hörte nun auf zu sieden. Alsdann sprach er : »Ich 
glaube an den Gott der Kinder IsraePs; er ist der einzige Gott 
und keiner ist ausser ihm^'. Er Hess alsdann sehr viele Thiere — 
Pferde, Maul thiere, Karneole, Esel, Rinder und Schafe — schlach- 
ten und ihr Blut nach dem Lager hinleiten. Als Hard^s das Blut 
sah, glaubte er, es sei das der getödteten Kinder Israelis, und 
Hess dem Nebüzäddn sagen, er solle jetzt aufhören. Und auf 
dieses Ereigniss — heisst es — bezieht sich , was Gott seinem Pro- 
pheten Mohammad gesagt hat; dann wird Sur. 17, 4 — 8 angeführt, 
an welcher Stelle von den feindlichen Heeren die Rede ist , welche 
Gott gegen die Israeliten zu ihrer Bestrafung senden werde. 

Mit Bezug auf den siebenten Vers dieser Stelle , in welchem von 
denjenigen die Rede ist, die den Tempel betreten würden, erzählt 
Bai^äwi (I , p. ctf) vom Feldherrn des babylonischen Königs 3^3y> 
oder (jÄ^vxi- Dasselbe (nur kürzer) , was Ibn el-Atir von Nebdzäd^n 
erzählt. Die Anrede an das Blut stimmt fast wörtlich mit der bei 
Ibn el-Atir über ein. 

An einer vorhergehenden Stelle bei Ibn el-Attr (I, Hl**) wird — 
nach zwei etwas verschiedenen Versionen — erzählt: Der König 
Herodes (^J*o^-x^) liebte die Tochter seines Bruders und wollte sie 
zur Frau nehmen. Johannes aber sagte ihm , das sei verboten. Was 
nun immer diese seine Bruderstochter von Herodes verlangte , wurde 
ihr gewährt. Eines Tages sagte ihre Mutter zu ihr: xWenn der 
König dich wieder fragen wird , was dein Begehr sei , so antworte 
ihm: Ich verlange weiter nichts, als dass du Johannes tödten 
lassest". Als sie dem König auf seine Frage diese Antwort gege- 
ben hatte, erfüllte er nach einigem Widerstreben ihren Wunsch 
und Hess Johannes tödten, (Nach der zweiten Version wurde sein 
Haupt auf einer Schüssel hereingebracht und dasselbe sagte zu 
Herodes : »Sie ist dir nicht erlaubt — idJ J^ '^)"? Von seinem Blute 
aber fielen einige Tropfen auf die Erde und hörten nicht auf zu 
sieden , bis Gott den N ebukadnezar sandte . den eine Frau zu dieser 
Stelle hinführte. Er Hess hierauf über dem Blute 70,000 Mann 
schlachten — dann erst hörte es auf zu sieden. 

Alles das hier aus Ibn el-Attr Angeführte findet sich — etwas 



240 

Terschieden — auch bei 7»^*^^ (I > ^^^ %•) j woselbst der Feldherr 
Q^ol.j^, NebAzarädÄn, heisst In Zotenberg's Übersetzung des 
Tabarl (1 , 568. 593) , wo der Heerführer PtrouzÄdÄn heisst , finden 
sich andre Lesarten dieses Namens , darunter ^b^ykj , das wahr- 
scheinlich Q^otj^J zu punktiren ist. 

Die Erzählung Yom siedenden Blut des Johannes wird auch 
flüchtig Yon Btrünt (p. t^*) erwähnt. Btrdnt äussert aber zugleich 
seine Zweifel mit Bezug auf Nebukadnezar , da dieser 440 Jahre 
Yor dem Tode des Johannes nach Jerusalem gekommen sei, und 
Yermuthet , dass die Juden alle feindlichen Herrscher Nebukadnezar 
nannten, welche Ansicht sich auch bei ^^^^i^i (Trad. Zotenberg, 
I, 570) ausgesprochen findet. 



DIE LEGENDE IN DER JÜDISCH-DEUTSCHEN, DER 
JÜDISCH-SPANISCHEN UND DER SPANISCH- 
ARABISCHEN LITERATUR. 

Die hagadischen Vorträge waren, wie oben bemerkt wurde, Yolks- 
thümlich; sie waren zunächst für Frauen und Ungelehrte — nach 
moderner Ausdrucks weise für das grosse Publicum — bestimmt, 
und wurden zumeist am Sabbath und an Festtagen gehalten. Sie 
hatten auch etwas Festtägliches ; sie waren erheiternd und unter- 
haltend, wozu das in ihnen Yor waltende witzige Element — die 
"Wortspiele, die Sprichwörter, die frappirende Verbindung weit 
auseinander liegender Dinge ^) — Yiel beitrug. Sie hatten aber 
noch einen höheren Zweck: sie sollten in einer bedrängten Zeit, 
in der man immer noch Schlimmeros befürchten musste, Trost 
und Erhebung gewähren und das GottYortraen stärken durch den 



1) Beispiele hierzu habe ich ZDM6., XXXI, 185 fg. angeführt. Anch Goethe be- 
merkt (Noten und Abhandlangen zum westöstlichen Divan, p. 283): » Schreitet man 
nun so fort .... so findet man , dass dem Orientalen bei Allem Alles einfallt , so- 
dass er, übers Kreuz das Fernste zu verknüpfen gewohnt, durch die geringste Buch- 
staben- und Sylbenbiegung Widersprechendes aus einander herzuleiten kein Bedenken 
trägt". 



I 



241 

Hinweis auf Gottes Liebe zu Israel und zu den frommen Männern 
insbesondre , wie sich diese in den biblischen Erzählungen und in 
den späteren Wundersagen kundgibt. Man wurde also über alles 
Leid der Gegenwart erhoben durch den Rückblick auf die glanz- 
Yolle Vergangenheit , auf die Zeit , in welcher das ganze Volk Israel 
alljährlich nach dem Hause Gottes in Jerusalem wallfahrtete , dann 
aber auch durch die Aussicht auf die, you den Propheten yerheissene, 
Zukunft, in welcher die alte Glorie und Herrlichkeit wieder auf- 
erstehen werde. 

Die hagadische Literatur war also eine Yolksthümliche, wie auch 
die Sprache, das Aramäische, eine Yolksthümliche war, und diese 
Literatur hat sich, in andrer Form , Jahrhunderte hindurch — bis 
zu Ende des Yorigen Jahrhunderts — erhalten. 

Die jüdisch-deutsche Literatur ist nämlich Yorherrschend eine 
Beproduction der hagadischen Vorträge und war ebenso vor- 
wiegend für Frauen bestimmt, wie denn auf dem Titelblatte der 
jüdisch-deutschen Bücher sehr oft die »Frauen und Meidlich" auf- 
gefordert werden , das betreffende Buch zu lesen. Die imperatlYische 
Form dieses Aufrufes findet sich denn auch in dem hebräischen 
Titel eines ehedem weitYerbreiteten jüdisch-deutschen Buches, des 
ni'^N^n nj'^NÜ ~" gewöhnlich Zennerenne genannt — oder wie 
der Yollständige Titel lautet j'jilj p*jJ3 nj^^N*!! HJ'^NiJ ("^^^^ 

Hohes Lied, 3, 11). Sowie nun in diesem Verse die Töchter Zion's 
aufgefordert werden, Salomon und seine Krone anzuschauen, so 
ist es hier eine Aufforderung, sich mit all den Wundersagen und 
den hagadischen Ausschmückungen der biblischen Erzählungen 
bekanntzumachen. Und sowie die hagadischen Vorträge am Sab- 
bath gehalten wurden, so war der Z'ena u-r'^na eine Sabbath- 
lekture für Frauen. Die einzelnen Abschnitte desselben sind nach 
der Reihenfolge der Abschnitte des Pentateuch und der Perikopen , 
wie sie am Sabbath Yorgelesen werden , geordnet , und man konnte 
so jeden Sabbath den betreffenden Wochenabschnitt mit den dar- 
auf bezüglichen hagadischen Auslegungen lesen. Die Leserinnen 
wurden auf diese Weise mit letzteren bekannt und manche in 
der jüdischen Umgangssprache cursirende Bedeweisen und Aus- 
drücke waren hagadischen Ursprunges. Es existirten noch Yiele 

81 



242 

andre Bücher dieser Art, aber das ilJ'^J^'m (U'^NÜ ''^^ ^^ ^^ 
kannteste und beliebteste ^). 

Eine Analogie zum jüdisoh-Deutschen bieten die Bücher im 
jüdisch-spanischen Idiom, dem sogenannten Ladino oder Espanol. 
Auch diese in hebräischer Schrift, aber in spanischer Sprache ge- 
schriebnen Bücher sind zumeist Übersetzungen oder Bearbeitungen 
hebräischer Schriften der verschiedensten Art. Mit dem Jüdisch- 
Deutschen hat das Ladino die Ähnlichkeit, dass darin viele yer- 
altete spanische Wörter vorkommen , sowie ziemlich viele hebräische 
Wörter (wenn auch lange nicht so viel wie in den meisten jüdisch- 
deutschen Büchern), theils in ihrer ursprünglichen Form, theils 
als voces hybridae, indem das hebräische Wort, als sei es ein 
spanisches, eine spanische Endung erhalt. 

Ausser dem in Deutschland (ehemals) gebräuchlichen Jüdisch- 
Deutsch existirt auch noch polnisches Jüdisch-deutsch , herstammend 
von den Juden, die nach den slavischen Ländern (zu denen in 
dieser Hinsicht auch ein Theil von Ungarn gehört) auswanderten , 
welches Idiom sich sehr von dem in Deutschland gebräuchlichen 



1) So gebrauchte man in der jüdischen Umgangssprache das Wort »Chuschim" zur 
Bezeiehnang eines tauben Menschen, was aaf einer hagadischen Stelle (Sotah, 18&, 
cf. jeras. TargnVn zu Gen., 60, 18) beruht, wonach der Gen., 46, 23, genannte Q1{gf0, 

Sohn Dan's, schwerhörig (D^iHW H^^ V^^P"^^ ^^^' ^°°^ ^** ^^^ Schlemihl zur 
Bezeichnung eines s. g. Pechvogels , eines »Hans Unstern" (bei Chamisso) ist hagadischen 
Ursprungs. 

Dass der Num., 1, 6 , erwähnte Schlumiel , Sohn Zurischaddai's , Fürst des Stammes 
Simeon, der Ahnherr des Geschlechtes derer von Schlemihl sei, wie es im Bomanzero 
(Jehuda b. Halevj, IV) heisst, ist allerdings richtig, aber der Zusammenhang ist 
ein andrer. Die herkömmliche Erklärung ist: Ein Schlemihl ist ein solcher, dem 
allerlei Nissim (D^D^> Wunder, Abenteuer, absonderliche ZuföUe) passiren. Jener 
Schlumiel, Sohn Zurischaddai's , war dem Talmud (Sanhedrin , 82^) zufolge , identisch 
mit dem Num., 25, 14, erwähnten Simri, Fürst des Stammes Simeon, und zwar 
war Schlumiel sein eigentlicher, Simri einer seiner vier Beinamen. Wie es im Tal- 
mud weiter heisst, geschahen bei diesem Ereignisse 6 Wunder, Q*)D^ (nach dem 
Midrasch z. St. waren es 12), und so — sagt man -* wird »Schlumiel" Jeder ge- 
nannt, dem allerlei Nissim passiren. 

So erzählt auch L. Kaiisch (Bilder aus meiner Knabenzeit, p. 161), wie seine Gross- 
mutter, eine fleissige Leserin des Z'6na u-r*Sna, ihn wegen seiner Unruhe einen 
Sambatjon (Buxtorf s. v. t3DD* ^^^' 1^^*^ %•) ^^ nennen pflegte, und in gleicher 
Weise sagte: um ihn zu bändigen, dazu gehöre Salomon's Weisheit, Korach's Reich- 
thum und Hillers Geduld. Dass letztere sprichwörtlich geworden, gründet sich auf 
das , was Sabbath 30b, 31a erzählt wird (cf. Jüdisch-deutsche Chrestomathie, p. 396 fg.). 



243 

anterscheidet , auch ingofem, als sich darin altdeutsche Wörter 
erhalten haben, die das in Deutschland gebräuchliche Jüdisch- 
Deutsch nicht kennt. In denjenigen Büchern, die in den letzten 
50 Jahren gedruckt wurden, kommen auch — bald mehr, bald 
weniger — polnische oder russische Wörter vor. Auch die in Hol- 
land gedruckten jüdisch-deutschen Schriften gebrauchen — oft in 
seltsamer Yerquickung mit deutschen Wörtern — holländische Aus- 
drücke. Mit diesen Büchern haben die jüdisch-spanischen insofern 
eine gewisse Analogie, als sie nicht in Spanien, sondern in Deutsch- 
land (Wien) , Holland (Amsterdam) , Italien (Liyomo) und im Orient 
erschienen, was eben mit zur Erhaltung der altspanischen Aus- 
drücke beitrug (wie auch z. B. in der englischen Sprache , die in 
America gesprochen wird , viele Wörter vorkommen , die in früherer 
Zeit in England gebräuchlich waren , ebenso auch dort übliche Pro- 
vinzialismen) , uild auch insofern , als die in der Levante gedruck- 
ten Schriften (und natürlich auch die Sprache der dortigen Juden) 
viele türkische Wörter enthalten. Eine andre Ähnlichkeit mit dem 
polnischen Jüdisch-Deutsch hat das Jüdisch- Spanische insofern , als 
Qoch jetzt Bücher in diesem Idiom erscheinen , wie gleicher Weise 
in den slavischen Ländern tagtäglich jüdisch-deutsche Bücher er- 
scheinen und die Sprache selbst dort gesprochen wird. 

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den jüdisch-deutschen 
und den jüdisch-spanischen Büchern besteht aber darin, dass die 
Sprache der letzteren — abgesehen von den altspanischen Wör- 
tern — sich von der gewöhnlichen spanischen Schriftsprache wenig 
oder gar nicht unterscheidet , wie denn auch gleichzeitig spanische 
Bücher in spanischen (lateinischen) Lettern erschienen sind« 

Wenn man in früherer Zeit (noch zu Anfang dieses Jahrhundierts) 
ein jüdisches Wohnzimmer betrat, dann sah man an einer Wand des- 
selben eine Inschrift unter Glas und Rahmen , welche das eine Wort 
mtD (Miz'raoh, Sonnenaufgang) enthielt. Es war dieses die Ostseite 
des Zimmers , also die Weltgegend , nach welcher man beim Haupt- 
gebete das Angesicht hinwendet, weil Jerusalem im Osten liegt; 
es war also das , was die Araber die !Kiblah (xLi) nennen , welches 
Wort auch metonymisch gebraucht wird. 

Jerusalem war aber auch die geistige ]@dblah, der Ort, wohin 



244 

sich stets die Gedanken richteten. Es sind die an den Weiden 
Babylon's aufgehängten Harfen (Ps. 137), die immer wieder er- 
klingen, es ist das »Wenn ich dein yergesse, o Jerusalem....", 
das immer wiederkehrt , wie denn auch manche Gebräuche , auch 
bei freudigen Anlässen, dazu dienen sollen, an den zerstörten 
Tempel zu erinnern (O'mnb *1DT)' Jerusalem und der Tempel 
bilden das Pathos der jüdischen Literatur , besonders der poetischen. 
So tönt denn die Klage auch durch die heitere und freudige 
Liturgie der Festtage; die schönsten Dichtungen und die rüh- 
rendsten Erzählungen sind diejenigen, die sich auf jenes tragische 
Ereigniss beziehen, wie denn auch alle Schriften mit dem Wunsche 
oder dem Gebete um die Wiederherstellung des Tempels schliessen. 
Alles das kehrt in der jüdisch-deutschen Literatur wieder, wie 
denn auch das nj^^NIT HJ^^Nli ^^® Übersetzung einer Talmud- 
stelle (Gittin , 56^ fg.) enthält , die von den traurigen Ereignissen 
zur Zeit der Zerstörung des Tempels erzählt; auch die jüdisch- 
spanischen Bücher enthalten Yieles dieser Art. 

Der Araber , an welchem Orte der Welt er auch sei , verrichtet 
seine Gebete , indem er sich nach der Gegend hinwendet , in 
welcher Mekka liegt. Die Bestimmung der Kiblah ist also sehr 
wichtig für ihn. So wird der Compass im Persischen und Türkischen 
»Kiblahweiser" (&^l3 \Li) genannt, als ob die Hauptbestimmung 
desselben wäre , die Kiblah anzugeben , wie auch im Arabischen 
ein diesem Zwecke dienender Taschencompass ».jljß heisst. So 
sagt auch Kazwtni (1, ^i, Z. 4 v. u.) von einem Sterne im Stern- 
bild des kleinen Bären, dass man 'vermittelst desselben leicht .die 
!^blah finden könne. 

Der Unterschied zwischen diesem !^iblah-Nämeh und dem n*lTD > 

das ja auch ein Kiblahweiser ist, ist aber der, dass sich mit dem 
arabisch-persischen Ausdruck kein Gefühl der Sehnsucht verbindet ; 
Mekka war und ist im Besitze der Araber. (Jnd so findet sich in den 
arabischen Büchern nirgends der elegische Ton, der die gesammte 
jüdische Literatur durchklingt. Die Araber sind ja nicht im Exil; 
ein Land der Sehnsucht und der Hoffnung, ein goldnes Zeitalter 
der Zukunft waren für sie nicht vorhanden. 

Allerdings aber findet sich auch hier eine Literatur, die mit 



245 

der jüdisch-deutschen und der jüdisch-spanischen der Form wie 
dem Inhalte nach Analogieen hat , nur dass sie weniger stark ver- 
treten ist. 

Es ist das die Literatur der Moriscos; die dahin gehörigen 
Bücher sind in arabischer Schrift, aber in spanischer Sprache ge- 
schrieben, bilden also eine spanisch-arabische Literatur. Wie im 
Jüdisch-Deutschen und Jüdisch-Spanischen hebräische , so kommen 
hier arabische Wörter, für Begriffe religiösen Inhalts, vor ^), theils 



1) Aach in den jüdisch-spanischen Schriften kommen zuweilen arabische Wörter 
▼or, nämlich spanische Wörter arabischen Ursprungs, z.B.: 

»Alguazil" (portug. auch « AI vacir"), Beamter, als Übersetzung von *^t3tfi^» ▼o™ *^*" 
bischen *:>lü^. 

•Azeyte" (»aceite"), Oel, hebr. |pt£^, arabisch <i>a jiL 

»Carmesi, carmesin", hebräisch y^lD» '^^tfi^ nS^lD» ^^^ • ^^^ arabische — aus dem 

Indischen stammende — ^Ji , dieselbe Bedeutung hat das lautähnliche *?^p^3- 

*Laud" (*Alaud"),span. »laud", portug. • alaude", türkisch Wj^, Laute, als Übersetzung 
von ^^^, arabisch O^l. 

•Oxala", wollte Gott! als Übersetzung von 5)|?, m^ ip. Gen., 17, 18; Num., 22, 29; 

Deut., 32, 29, vom arabischen aU^ ^Lm ^I, so Gott will. 

•Trugiman, Traguman", Dolmetscher , als Übersetzung von p^D» ^^^* 42,23 und 
von nS» ^,4,16, arabisch -y t'^ ", 

So kommt es auch zuweilen vor, dass in den Bibelübersetzungen das spanische 
Wort * dem hebräischen ähnlich lautet oder doch eines Stammes mit demselben ist , so 

z. B. *A9ote", Geissei, als Übersetzung von £5lt2^, arabisch Joy^\ ; »Alarze" (•Älerze"), 
Ceder, hebr. pjjj, arab. •-!. In der jetzigen spanischen Schriftsprache bedeutet <rarce'\ 

Ahorn (lat. acer); »alerce" ist Lerchenbaum. _ 
»Alberca, Teich", hebr. HD"!?» arabisch äOJI. 

• Albricia" (portug. #alvi9ara") frohe Botschaft, Geschenk für eine solche; davon: 
»albriciar, albriciador", als Übersetzung von lt2^3, niltSD» lt£^DD> vom arabischen 

/.Alcoholar'*, die Augen mit Stibium färben , als Übersetzung von D^nS» Ez., 28,40 

• • • 

(die auch in Ges. Thes. s. v. ^^'j angeführt wird), arabisch ^^^^ ; auch TJID, 2 
Kön., 9, 30, wird mit »Alcohol" übersetzt. 

»Almenara", Leuchter, hebr. nil^JD, arabisch »»Ui^ 

-»Batehas", Melonen (eine im jetzigen Spanisch ungebräuchliche Form), hebr. D'^HüS^ 
(Num., 11, 5), arabisch K^Ulu« • • -: 

»Hnlano" (in der jetzigen Sprache »fulano^*, nach dem Dictionnaire der Akademie : 



246 

rein arabische, theils arabische mit spanischer Endung. Auch 
diese Schriften gehören dem Gebiete der Beligion an. 

Eines dieser Bücher führt den Titel: 9 Joseph Morgan, Maho- 
metism fuUy explained. Written in Spanish and Arabick, anno 
1603, for the instruction of the Morisoos in Spain by Mahomet 
Babadan, an Arragonian Moor''. 

Dieses Buch ist also die Übersetzung eines spanisch-arabischen' 
Buches und nur die im Original vorkommenden arabischen Wörter 
sind beibehalten worden, und zwar — wie im Original — trans- 
scribirt, also in lateinischen Buchstaben, wiedergegeben. 

Wie der Herausgeber,. Morgan, in der Vorrede sagt, kaufte er 
die Handschrift im Jahre 1719 in Tunis (woselbst er englischer 
Consul war). Geschrieben wurde dieselbe 1603 von einem der 
Christianos nuevos, d. h. also von einem Morisco, der nur aus 
Zwang und äusserlich ein Christ war. Die darin herrschende Sprache 
enthält viele Ausdrücke aus dem Dialekte von Arragonien und 
Valencia. 

In der Vorrede des Verfassers, Babadan, klagt dieser über 
die grausame Unterdrückung der Moriscos und erzählt , wie er mit 
grosser Mühe aus den arabischen Schriften, die man aus Furcht 
vor der Inquisition verbrannt oder versteckt gehalten hatte , sich 
einige für seinen Zweck gesammelt und das Ganze in Verse ge- 
bracht habe, damit dasselbe — entsprechend dem heiligen In- 
halte — auswendig gelernt und so dem Gedächtnisse eingeprägt 
werden könne ^). Es sei das aber um so noth wendiger, als in Folge 
der fanatischen Verfolgung und Unterdrückung das arabische 



»Voz con qae se sople al nombre de algana persona"), als Übersetxang von i^^p,Ratb, 

4, 1, ar. Qji. 

«Mesquindad'*, Armath, ah Übersetzung von H'I^^DD* I^^at., 8, 9; das spanische 

• • 

Wort ist gebildet von «mesquino", arab. {^j^Jk¥^^. 

«Recamador*', Sticker, hcbr. Dp*i, arab. ^ . Das Zeitwort ?rird mit »broslar" über- 
setzt. 

«Ketama*\ Ginster, hebr. Djl^» arabisch xiä» — ^^^ so noch mehrere Wörter. 

1) In einer Note sagt der Heransgeber , dass er in Tanis öfter einzelne Capitel dieses 
Buches mit Begleitung von Guitarren oder Lauten singen gehört habe. 



247 

»Salah'' ^) Ydrgessen sei und nur ron Wenigen im Verborgenen ge- 
betet werde, dass ebenso die Ausübung der religiösen Vorschriften 
ausser Gebrauch gekommen und dass die moslemischen Alims ') 
nirgends zu finden seien , da sie im Gefangnisse sich befänden oder 
gestorben seien. Es sind das nur einzelne der Klagen (oder An- 
klagen), die in dieser Vorrede erhoben werden. 

Die Tersohiedenen Abtheilungen des Buches gehören dem reli* 
giösen Gebiete an ; es findet sich dort eine Anzahl Legenden , unter 
denen manche der oben angeführten hier mit kleinen Varianten 
wiederkehren« E9 soll also hier nur das erwähnt werden, was 
früher nicht yorkam. 

Im 1. Capitel (p. 12 fg.) , das von der Erschaffung Adam's han- 
delt, wird — ähnlich wie an der oben angeführten Midraschstelle — 
die Hochzeitsfeier Adam's und Eva's geschildert* Der Engel Gabriel 
wurde beauftragt , dieselbe yorschriftsgemäss , mit Festsetzung der 
»Cidaque" ^) , feiern zu lassen und es sollten dabei die Engel als 
» Algualis*' ^) fungiren. An den oben angeführten Midraschstellen 
(Ber. B., B. 18; M. Tanchuma, I, 58^) heisst es, dass Gott den 
Brautführer gemacht und die Era dem Adam zugeführt habe, 
zugleich mit dem Spruche: »Heil dem Stadtbewohner, dessen 
Brautführer der König ist" ((T^i'^^jy^jy iCbül H^'lpb "»I^Ü)- 
Dann folgt die Erzählung vom Genüsse der yerbotenen Frucht, 
mit einer langen Apostrophe des Erzählers über die unglückseli- 
gen Folgen dieser Übertretung des Gesetzes, wie denn ähnliche 
Exdamationen und Excurse auch sonst häufig yorkommen. Bei 
der Vertreibung aus dem Paradiese ruft Adam Gott bei der 
Glorie — vAlfadila" ^) — dessen an, der einst sein Nachkomme 
sein werde (Mohammed, der überhaupt, wo es immer nur möglich 



-.-^ 



1) Gebet, arabisch HjUo. 

2) Span. Plaral von aiaJLc, Gelehrter, Schriftgelehrter; der arabische Plural heisst cLJU: 

(daher Ulemas). 

3) ^tjoid, das Geldgeschenk, das der Bräatigam bei der Hochseit der Braat (oder 

der Neuvermählte seiner Frau) zu geben hat. 

4) Plural von ^JjiK Freund; hier wohl Brautführer (aramäisch p^ttHt^»^** 
zunächst «Freund^' bedeutet). 

•«5) Arab. KLuCqÄÜ, Verdienst, Erhabenheit, Tugend u. s. w. 



248 

ist y mit in die Erzählnng yerflochten wird) , ihm zu yerzeihen — 
aber yergeblich. 

Als nun — heissi es weiter — nach der Vertreibung aus dem 
Paradiese die erste Nacht yorüber war und der Morgen dämmerte j 
da y errichtete Adam die beiden i^Aracas" ^), welche die Muslime yor 
Tagesanbruch y errichten und die sie )» Anafiles de Alfachri'', Trom- 
peten der Dämmerung ') , nennen. Diese Gebete yerrichtete Adam mit 
leiser Stimme; als aber die Sonne in ihrem Glänze heryorbrach 
und der Tag hell leuchtete , rief er laut und freudig: »Allah hu 
akbar" 3) ^ worauf er zwei Morgengebete yerrichtete , und daher 
stammt unser »Salaat el-Subbah" ^). Als er nun aber später sah , wie 
die Tage immer kürzer und kürzer wurden, ward er yon einer 
grossen Traurigkeit ergriffen , da er fürchtete , es würde bald yöUige 
Nacht herrschen. Er blieb so 30 Tage , ohne Nahrung zu sich zu 
nehmen, und daher stammt unser »Ramadan". 

Das hier Mitgetheilte erinnert an die oben flüchtig erwähnte Tal- 
mudstelle (Mischnah abodah zarah, I, 3, f. 8) an welcher es heisst: 
Als Adam sah, wie die Tage immer kürzer und kürzer wurden, 
fürchtete er , dass zuletzt nur Finsterniss herrschen werde ; als er 
aber sah, dass bei der Bonnenwende die Tage wieder zunahmen, 
setzte er acht Festtage ein , wie denn auch die heidnischen Ca- 
lenden (des Januar) darin ihren Ursprung haben. 

Im 2. Capitel wird u. A. erzählt, dass Gott dem Adam einige 
Gesetze gab, die er auch seinen Nachkommen ans Herz legen 
solle , so die gesetzlichen Abwaschungen ^) , das Gebot , die Eltern 
zu ehren, den Nächsten zu lieben und Andres der Art. 



1) Ar. otji5^JL Plar&l von Xj(f\, Gebet, verbunden mit Verbengang des Körpers. 

2) »Aflftfil'* ist das spanische Wort für die maurische Trompete. »Alfachri" ist 
y^V^t, Morgendämmerang. 

3) -«y t «Dt (Gott ist am grössten). Mit diesen Worten beginnt auch der Mneddin 

seinen Ruf zum Gebete (Boh&rt, I, ^^t), 

4) ^SaaJI B^Ld, Frühgebet. 

5) Hier werden die Worte des Originals angeführt: »Tahararais vuestros coerpos". 
ah (hebr. ^TfÜ) ^^ ^^^ allgemeine Ausdruck für die gesetzlichen Reinigungen, deren 

einzelne Arten von Bo|j&ri (I , f v , 0. , vt^ fg.) und A nderen ausführlich besprochen 

werden. 



J 



249 

Das 8. Capitel erzählt yon Noah. Der Engel G^ottes lehrte ihn , 
wie er die Arche bauen solle, Yon welcher es femer heisst, dass 
sie am Tage 'AStLr^ ^), den 10. Moharram, auf einem Berge 
stehen blieb. 

Das 4. — 8. Capitel erzählt yon Abraham. Die Erzählung beginnt 
ganz in der Weise epischer Dichtungen : »Ich will singen von ihm, 
dessen übernatürliche Eigenschaften so bewundernswerth waren, 
dass man sie für himmlisch hätte hielten können . . • ." Auch das 
Folgende wird zumeist in epischer Breite erzählt, so zunächst die 
bereits oben erwähnten Sagen. Hierauf wird erzählt, wie der König 
yon Ägypten die Sarah, im G^lauben, sie sei Abraham's Schwester, 
zu sich nahm , dann aber gezwungen ward, sie ihm zurückzugeben. 
Darauf folgt die Erzählung, wie des Königs einzige , sehr schöne 
und tugendhafte Tochter, Namens Hechera, (Hagar) ihren Yater 
bat, sie mit Abraham und seiner Frau fortziehen zu lassen, wie 
dann Sarah Abraham bat , die Prinzessin zur Frau zu nehmen und 
wie, als Abraham zögerte, der Engel G-abriel ihm sagte, dass das 
Gottes Wille sei , wie aber Iblts später die Eintracht zwischen den 
beiden Frauen zerstörte. 

Die hier zu Grunde liegende Tendenz findet sich an andren 
Stellen deutlicher ausgesprochen. Bereits in der Yorrede erwähnt 
der Yerfasser, dass manche Gläubige, irregeführt durch die Christen, 
statt des Ismael den Isaak für den Gottgeopferten halten. Um nun 
dem Ismael sein Recht zu yindiciren, wird hier (Cap. 7. 8) die Ge- 
schichte yon Ismael's Opferung ausführlich erzählt. Nach einigen 



1) Der Tag ^tj^iMle, an welchem sehr viele Ereignisse stattfanden, nnd der auch 

mit dem jüdischen Versöhnangstage — 10. Tischri — in Verbindang gebracht wird, 
kommt bei den arabischen Aatoren oft vor (cf. Pococke, Specimen bist. Ar., p. 301) , 
z. B. bei BohÄri (II. t**of; III, >*ÖA, M), bei Ihn el-Atir(I,ör), Birünt(p. ^w, 

t*V*) and Kazwini (I, 1a), weiche beiden letzteren Aatoren bei der Anfzählong der 

Monate aach die Jahrestage einzelner Ereignisse angeben. Aach der Talmad lasst oft ver- 
schiedene Ereignisse aas verschiedenen Zeiten an einem nnd demselben bedeatangsvoUen 
Tage stattfinden. Im Bache der Jabiläen (Ewald's Jahrbücher, III, 46) wird der 
10. Tischri mit dem Verkaufe Joseph^s, der an diesem Tage stattgefunden haben soll, 
in Zusammenhang gebracht, und ebenso der Ziegenbock, der am Versohnungstage 
als Opfer dargebracht ward (Lev., 16, 9 fg.), mit dem Ziegenbocke »der beim Verkaufe 
Joseph's vorkommt (Gten., 87, 31). 

32 



%0 

nächtlichen Yisionen sagt Abraham, zu Hagar, dass er ein Opfer 
darbringen wolle , nnd dass Ismael dabei zugegen sein solle. Hagar 
ist damit einyerstanden. Als non Beide fortgehen , bittet sie Abra- 
ham , reichliche Nahrung mitzunehmen , damit dem Einde ja Nichts 
fehle, ftlr den Fall aber, dass es sich doch nicht wohlfühlen 
sollte, gibt sie ihm zugleich ein kostbares Tuch mit, um seinen 
Kopf damit zu umbinden; dann erfleht sie Gottes Schutz nnd 
Segen für Beide. (GFanz dasselbe wird im S. hajaschar, 44^, yon 
Isaak's Mutter Sarah erzählt). 

Darauf folgt die Erzählung yon den yerschiedenen Yersuchungen 
Satan's, und wie Ismael seinen Yater bittet, ihn doch ja fest zu 
binden und seiner Mutter das Gewand — »Aljubba'* — ^), womit sie 
ihn beim Fortgehen bekleidet hatte, als Erinnerung an ihn mitzu- 
bringen; wie dann Abraham das Messer an Isaak's Hals ansetzte 
und dabei die Worte sprach: »Bismillah! Allah hu akbar wa- 
adima!" ^) Da aber — heisst es weiter — entstand ein gewaltiger 
Aufruhr im ganzen Weltall; Erde und Himmel erbebten, die 
Yögel flogen wehklagend hin und her , und auch die wilden Thiere 
heulten und jammerten, die Engel aber flehten zu Gott um Er- 
barmen. Darauf brachte — auf Gottes Geheiss — Gabriel dem 
Abraham einen Widder, der bis dahin im Paradiese geweidet hatte 
und sagte zu ihm; »Halt ein, Geliebter Gottes I Opfre diesen 
Widder I" Zugleich wird erwähnt , dass die yerschiedenen Opfer bei 
dem Wallfahrtsfeste zu Mekka eine Erinnerung an dieses Opfer sein 
sollen, wie ebenso die Gebete zu den yerschiedenen Tageszeiten 
an die Gebete Abraham's und Ismael's bei der Opferung — die 
hier ihrer ganzen Länge nach mitgetheilt werden — erinnern 
sollen. 

Das 9. Capitel erzählt yon Isaak , wie Gabriel der Sarah die Ge- 
burt eines Sohnes yerkündet und — als sie daraufhin laut lacht — 



w > 



1) «Aljabba" ist ein spaniBclies Wort, vom arabischen ^Ui^lit; das Wort kommt 

fthnlich aach in andren Sprachen vor, wie aus Diez' WB. s. v. Giabba za ersehen ist. 

S) .»^br^ yS\ 2(Ut ÄUt a-mo (Im Namen Gottes I Gott ist gross und machtig). 

Bas M ^mmJ wird bei jeder Schiachtang eines Thieres gesagt — nach Snr., 3, 168; 
6, 4; 6, 118; 22, 86. 87. 



251 

zu ihr sagt, dass ihr Sohn yon diesem Lachen seinen Namen 
haben werde ^). Sarah — heisst es weiter — eilte zu Abraham , 
um ihm die frohe Botschaft zn bringen, Abraham aber, der ge- 
rade Ismael in seinen Armen hielt, nahm die Kunde sehr kühl 
und gleichgültig auf, indem er sagte : »Wenn Gott mir nur diesen 
meinen Sohn Ismael am Leben erhält, so bin ich schon zufrieden 
und Yorlange weiter Nichts". 

So ausfuhrlich die Legende Yon Abraham und Ismael erzählt 
wird, so flüchtig ist die Behandlung der noch femer erwähnten 
Personen: Joseph , Moses, Josua, David, Salomon, Jonas und 
Isa (Jesus)« 

Mit Bezug auf Joseph wird erzählt (p. 188), dass , als er im 
Gefängnisse war , der Engel Gabriel ihm erschien und ihm sagte , 
dass er — in Ermangelung des Wassers — die gesetzliche Waschung 
auch mit Sand yollziehen könne. Daher — heisst es weiter — 
stammt die Vorschrift , welche die heilige Sunna uns mit Bezug auf 
das »Tayiunum" ^) gibt. Femer wird erzählt, dass Joseph die Heiden 
zur Beschneidung und zur Yertheilung der ^Zaoah" ^) ermahnte. 

Salomon's Thronentsetzung durch einen Dämon wird (p. 204 fg.) 
nur flüchtig berührt. Darauf aber wird erzählt, dass er auf seinen Irr- 
fahrten durch das Land eines Königs gekommen sei, dessen Tochter, 
als sie ihn sah, in Liebe zu ihm entbrannte. Ihr Vater aber wollte 
Yon dieser Mesalliance Nichts wissen und yerstiess sie. Beide, 
Salomon und die Prinzessin , entflohen ; sie kamen auf ihrer Flucht 
an das Meeresufer, wo einige Fischer ihnen aus Mitleid ein paar 
Fische schenkten. In einem derselben fand Salomon seinen Bing ^) 
und war somit wieder, was er früher gewesen« 



1) Diese Namenserklärimg scheint jüdischen ürsprongs zu sein, da die arabische 
Form des Namens, u^^Vjw!, kein derartiges Etymon bietet nnd «Lachen" (älc^USd 

heisst. Aach die Commentatoren zum Kor&n lassen den Namen ohne etymologische 
Erklänmg. 

2) a.«jlj, die Reinigung mit Sand. 

.8) 1^:, Flur, von hI^;, Almosen. 

4) Dieser Ring — heisst es, p. 202, — enthielt, ein Dreieck bildend, in hebräischen 

Buchstaben die Worte: «Alhamdulillahi Allahu achbar" (also ^) aJJt id! Ju^y 
Gepriesen sei Grottl Gott ist am grössten). 



252 

In dem kabbalistischen Bncbe 'Emek ha-Melech (f. 14 und 108) 
findet sieh eine dorehaus ähnliche Erzählung , die yoUständig yon 
Eisenmenger (1 , 357 fg.) mitgetheilt wird. Ich habe in dem bereits 
oben erwähnten Aufsätze in der ZDMG. (XXXI, 319, N. 37) diese 
Erzählung erwähnt und die Yermuthung ausgesprochen , dass der 
Verfasser des 'Emek ha-Melech, der längere Zeit in Palästina lebte, 
dort diese Yolkssage arabischen Ursprunges gehört habe. Das hier 
Mitgetheilte bestätigt nun diese Yermuthung. 

Das 10. Capitel erzählt (p. 257 fg.) yon den Yorfahren Moham- 
med's und dessen Genealogie bis auf Ismael zurück. 

Der zweite Band gibt eine ausführliche Erzählung yon Moham- 
med's Himmelfahrt und eine Beschreibung alles dessen , was er bei 
dieser Gelegenheit sah. Darauf folgt die Schilderung des Tages 
der Auferstehung. Es wird hier u. A. erzählt, wie die Menschen , 
angstyoU des Gerichtstages harrend , zu Adam gehen und ihn bitten , 
ihr Fürsprecher zu sein. Adam lehnt es ab und schickt sie zu 
Abraham; yon diesem werden sie zu Moses, yon Moses zu Jesus 
geschickt, und dieser sagt zu ihnen, sie sollten zu Mohammed 
gehen , der der beste Fürsprecher sei. Mohammed nimmt denn auch 
den Auftrag an. Alles das wird ausführlich auch bei Bo^äri(III, 
lif und fvO erzählt. 

In den hier und im Folgenden gegebenen Erzählungen sind es 
zunächst die Wunder, die denselben für den Gläubigen einen 
hohen Werth yerleihen (»das Wunder ist des Glaubens liebstes 
Eind"); die Wunder bilden aber überhaupt die poetisch-zauberL 
sehe Aureole dieser Sagen, die sich darin yon yielen andren Sagen 
unterscheiden, dass bei letzteren Alles hübsch natürlich yor 
sich geht. 

Ein andres Erzeugniss der spanisch-arabischen Literatur wird 
yon Gayangos (in seiner Übersetzung yon Ticknor's History of 
Spanish Literature, lY , 247 fg.) nach einem MS. unter dem Titel 
»Poema morisco aljamiado de Jos^ el Patriarca" mitgetheilt. Es ist 
das also eine Dichtung, welche die Geschichte Joseph's und Zu- 
leikha's behandelt, und aus welcher früher bereits Ticknor einige 
Specimina mitgetheilt hatte. Wie schon das Wort aljamiado be- 
sagt, ist auch dieses Gedicht in spanischer Sprache, aber mit 



253 

arabischer Schrift geschrieben i) ; es kommen aber auffallend wenig 
arabische Wörter darin vor ^). 

Gayangos bespricht ferner (p. 417 fg.) ausführlich die Sprache 
und Literatur der Moriscos und yergleicht dieselbe mit der Sprache 
der heutigen Juden an der Nordküste Africa's, in Smyma und 
Constantinopel , welche — mit kleinen Yeränderungen — sich der- 
selben Sprache bedienen, die zur Zeit ihrer Vertreibung (im 15. 
Jahrhundert) gesprochen ward. Als Beispiel wird eine in Constan- 
tinopel erscheinende jüdisch-spanische Zeitschrift »Aor IsraeF' 
(wahrscheinlich ^{^'^JU^'^ *niN) Licht Israel's) angeführt, die, was 

Sprache und Styl betrifft, dem Zeitalter Alfons' des Weisen an- 
gehören könnte. Auch werden einige kleine, aber charakteristische 
Specimina aus spanisch-arabischen Schriften (p. 327 fg., 421 fg.) 
mitgetheiit , wie auch (p. 275. 422) einige Stellen aus dem Buche 
Rabadan's in der Originalsprache. 

Die G^eschichte Joseph's behandelt noch ein andres, 1888 er- 
schienenes, Buch, betitelt: »Legendas de Jose, hijo de Jacob y 
de Alejandro Magno, sacadas de dos manuscritos moriscos de la 
Biblioteca nacional de Madrid , por S. Guill^n Robles". In diesem 
Buche kommen neben den altspanischen auch sehr yiele arabische 
Wörter vor, sowohl in ihrer ursprünglichen als auch in romani- 
sirter Form. Sowohl die altspanischen als auch die arabischen 
Wörter sind nur in den Anmerkungen gegeben , — d. h. die ara- 
bischen Wörter nicht mit arabischen, sondern mit lateinischen Let- 
tern , also transscribirt — ; der Text enthält die Übersetzung der 
arabischen und die jetzige Form der altspanischen Wörter. 

Die Darstellung der G-eschichte Joseph's, wie sie hier gegeben 
wird, unterscheidet sich von der der arabischen (und persischen) 
Autoren zunächst darin, dass das romantische Element vor dem 
religiösen in den Hintergrund tritt und dass die Liebe zu Gott 
eine weit hervorragendere Rolle spielt als die sinnliche Liebe ; so 
werden femer die Scenen der Trauer und Klage besonders aus- 



1) »Aljamia" — woyou valjamiado*' — heisst die bei den Moriscos gebräuchliche Misch- 
sprache, wahrscheinlich von lf-4»^, vereinigen, verbinden. 

2) In dieser Erzählang kommt auch (p. 248. 255 und sonst öfter) das altspanische 
/rcatar'" för »sehen" vor, das sich auch in den jüdisch-spanischen Schriften zaweilen findet. 



254 

führlieh dargestellt , wie denn ein elegischer Ton das Ganze dnrdi- 
klingt. Überhaupt aber wird Alles sehr nmstandlieh erzählt; der 
Erzähler yerweilt mit Liebe bei seinem Gegenstande nnd kann sich 
gar nicht Yon demselben trennen ; es ist, als hörte man die Ge- 
schichten , die eine Grossmattor, znr Seite des wärmenden Ofens 
in ihrem Armstahl sitzend, in der Dämmerstunde ihren Enkeln 
erzählt. Zudem findet sich vieles yon den gewöhnlichen Sagen Ab- 
weichende — wahrscheinlich yolksthümiiche Weiterbildungen der 
ursprünglichen Erzählungen , wie sie bei den arabischen Autoren 
vorkommen ^). 

Die Legende von Alexander dem Grossen, welche auf diejenige 
von Joseph folgt, hat, was Sprache und Schrift betrifft, dieselben 
Eigenthümlichkeiten wie die letztere. Das MS. beginnt mit den 
Worten : »Este es el libro del recontamiento'* (hier das gewöhnliche 
Wort für Erzählung, Geschichte) idel rey Alixander''; darauf folgt 
auf Arabisch die gewöhnliche Eingangsformel mit den Segnungen 
für den Propheten, dann als zweiter Titel : »Quitab hadits Dulkar- 
nain" (^^^^lSJüI ^3 v£>aJo v'-^)} ^^^ ^^' Herausgeber mit »Libro 
de la historia de Dulkamain'* wiedergibt. Darauf werden der Reihe 
nach die Uberlieferer dieser Erzählung angeführt ; eine Legende 
kann man sie kaum nennen ; sie bezieht sich auf die Stelle Sur. 
18, 82 — 98 , wo Gott zu Mohammed sagt , was er den Juden ant- 
worten solle , wenn sie von ihm Näheres über Dü'l-iKamain zu er- 
fahren wünschen. Es wird hier nämlich (p. 135 — 147) erzählt, wie 



1) Auch in dieser Legende kommen manche Wortformen vor, die sich auch im 
Jüdiaeh-Spanischen finden. Dahin gehört die — an einzelnen Stellen gebrauchte — 
altspanische Form des Fatnram, eine Verbindung des Hilfszeitwortes «haben" mit 
dem Infinitiv, wie sie auch in andren Sprachen vorkommt,soz.B.(p. 148): « Demos- 
trart' he", (p, 207): «Tornarf he", (p. 2l6> »Allah ayudarnos ha" für: »Te demostrar^^ 
«te tornare'\ «Allah nos ayudarä". Im Allgemeinen aber kommen im Spanisch-Arabischen 
weit mehr altspanische Wörter nnd Wortformen vor als im Jüdisch-Spanischen. Eine 
Eigenthümlichkeit des ersteren Idioms ist die Nachbildung arabischer Redeweisen — 
also Arabismen. Für «Bringet mir Wasser!" («Traedme ava" — letzteres i^t das ge- 
wöhnliche Wort statt «agua" — ) heisst es im Original (p. 136) «Kommt zu mir mit 
Wasser'^ («Venidme con ava""). Dieses Venidme con «. . . . ", das öfter vorkommt (p. 151. 
154. 166 und sonst noch) entspricht dem arabischen s^ tc^Y^^ — ^^^ ^ Mehreres. 
In den jüdisch-Spanischen Schriften findet sich Ahnliches bei Übersetzungen aus he- 
bräischen Büchern, die sich Wort für Wort 'dem Texte anschliessen. 



265 

I 

mehrere Juden Eintritt zu Mohammed verlangten ; als ihnen dieser 
gewährt worden war , sagte er zn ihnen : »Ihr kommt , um mich 
über die Geschichte PtL'l-i^amain's zu befragen P'' Als sie dieses be- 
jahten, erzählte ei* ihnen nun diese Qeschichte (wie sie ähnlieh 
im !Korän erzählt wird) , und auch wie ein Engel im Namen Gottes 
dem Dü*l-]^amain den Auftrag gab y die ganze Welt zu durchziehen 
und überall die Lehre Tom wahren Gotte zu yerkünden, und wie er den 
Auftrag auch ausführte. Darauf gab der Prophet ihnen die Genealogie 
Pü'l-!^amain's bis auf Rdm an, yon welchem die Christen abstam- 
men Pollen, und dessen Genealogie er bis auf Isaak zurückführte ^ )• 
Darauf sprachen die Juden die arabische Glaubensformel aus und 
bekannten sich also zur Lehre des Propheten. Es wird hierauf — 
aber nach andren Quellen — erzählt, wie Dü'l-l^amain in die yer- 
schiedenen Städte und Länder zog und die Einwohner aufforderte, 
an den einen Gott zu glauben, widrigenfalls er. sie mit Krieg 
überziehen werde. 

Darauf (p. 163 fg.) wird erzählt, wie Dü'l-i^rnain sich yomahm, 
das Land der Finstemiss (^»Tierra de la escuridad'') aufzusuchen, in 
welchem das Wasser des Lebens zu finden , und wie auf sein Gebet 
Gott ihm den Engel DZayefil" sandte, der ihm Näheres über dieses 
Land mittheilte. Er zieht nun mit einem Theile seines Heeres hin , 
bogleitet yon Aljadir >) und mit einem wunderbaren Stein yersehen , 
der das Dunkel erhellte. Als sie dort angekommen waren, zeigte 
ihnen ein Engel die Quelle des Lebenswassers; DüU-ü^arnain trank 
davon, worauf er mit seinem Heere weiterzog. 

Darauf werden die Briefe mitgetheilt , die DüU-i^amain an ver- 
schiedene Könige schrieb , in welchen Briefen er (zum Theil nach 
^Voranstellen) die Allmacht Gottes preist und die Könige mit ihren 
(Jnterthanen auffordert, sich von Satan (Iblts) , der sie zur Anbe- 

* 

tung fremder Gtötter verleitete, nicht länger verführen zulassen, 
und nur an den einen Gott zu glauben, widrigenfalls er sie be- 



1) B4in (^ Jb ^i^^ ^ (faclikomme Esau's genannt , von welchem die Römer (und 
Grieclien) abBtammen sollen (Abü'l-Fid&, Hist. anteisl., p. 152. 168 ; J&küt s. v. 
j^j, II. Alt, SchoUen zu Harirl. p. ftl, cf. ZDMG., XV, 143). 

2) Mit »Aljadir", der schon früher (p 145) erwähnt wnrde. ist ohne Zweifel al-Hidr 
(^^2a^) gemeint, der in der orientalischen Sage eine grosse Rolle spielt 



256 

kriegen werde. Die Briefe beginnen alle mit der arabischen Ein- 
gangsformel und sohliessen mit den Worten : Es gibt keine Gewalt 
und keine Macht ausser bei Gott, dem Erhabenen, Wunderbaren 
(>No hay poder ni fuerza sino con Allah, el grande, el mara- 
vüloso") I). 

Femer wird erzählt, wie Qü'l-]^amein sich rüstete, um Darius 
zu bekriegen. Als dieser hörte, dass Pü'l-]^amain auf einem Zug 
gegen ihn begriffen sei, schrieb er ihm einen Brief, der mit den 
Worten anfing: »Yen Darius, dem Könige der ganzen Erde, der 
da leuchtet wie die Sonne, an den Räuber pü'l-]^amaiu und seine 
Genossen" und ebenfalls mit den Worten schloss: )»Es gibt keine 
Gewalt und keine Macht ausser bei Gott". In diesem Briefe gibt 
er pü'l-]S[amain den Bath, in sein Land zurückzukehren, statt andre 
Länder erobern zu wollen, weil es ihm sonst schlecht ergehen 
werde. Es wird darauf die Antwort Pü'1-l^main's mitgetheilt, in 
welcher er zunächst Gott lobpreist und dann sagt, dass er mit 
Gottes Beistand den Darius besiegen werde. 

Hierauf wird — nach einer andren Mittheilung — erzählt, 
dass Darius an Pd'l-!^amain mit Sesam gefüllte Säcke schickte, 
femer eine Eiste yoU Gold , eine Bruthenne und einen Rubin >)• 
In der — ebenfalls mitgetheilten — Antwort Dti'l-i^amain's sagt 
derselbe im Einzelnen, dass er alle die ihm zugesandten Dinge als 
Vorzeichen betrachte, dass Gott ihm den Sieg yerleihen werde, 
und dass er als Gegengeschenk ihm gleichzeitig einige Säcke mit 
Senf schicke. Darauf nimmt DüU-l^amain vor den Gesandten einige 
Sesamkömer in den Mund und zerkaut sie, indem er sagt, er hoffe, 
dass er mit Gottes Hilfe ebenso das Heer des Darius yemichten 
werde. 

Eine ähnliche, aber deutlichere, Darstellung dieser symbolischen 
Correspondenz findet sich bei Ibn el-Attr (I, IIa), woselbst erzählt 
wird, dass Alexander's (oder Dü'l-J^amain's) Yater dem Darius (Dkri) 
einen jährlichen Tribut zahlen musste, der aus einem goldnen Ei 



1) Die Worte: «Eb gibt keine Gewalt and keine Macht ausser bei Gott*' etc. sind 
Übersetzung des Spruches «jy^t Jjiit aJJL "^t vjS ^^ \> 1i, der namentlich 

bei traurigen Ereignissen ausgesprochen wird. 

2) Im Texte »rubf*, im Original »alyacuta**, das arabische O^d^i. 



J 



257 

bestand. Als Alexander zur Regierung gelangte , weigerte er sich , 
den Tribut ferner zu entrichten. Darauf schickte ihm Darius einen 
Ball mit einem Schlägel ^) sowie einen Sack mit Sesam und zu- 
gleich einen Brief, in dem er zur Erklärung schrieb j er sei noch 
ein Knabe , für den es sich besser zieme, Ball zu spielen, und dass 
er es zu bereuen haben werde, w6nn er den Tribut nicht zahle, 
weil alsdann Darius mit einem grossen Heere (was der Sesam an- 
deuten sollte) ihn dazu zwingen werde. Alexander antwortete ihm 
hierauf , dass er Schlägel und Ball als gute Vorzeichen betrachte , 
dass er den Darius besiegen werde ; zugleich schicke er ihm einen 
Beutel mit Senf, um ihm damit zu sagen, dass, wie der Senf 
schärfer sei als der Sesam ^ aach sein Heer tapfrer sei als das des 
Darius. Nach einem andren, yon Ibn el-Attr angeführten , Berichte 
hatte Darius Leute geschickt, die den Tribut erheben sollten; 
Alexander liess ihm aber die Antwort bringen, dass die Henne, 
welche bis dahin das Ei gelegt, geschlachtet worden sei. 

Es wird hierauf Ton der Schlacht erzählt, die zwischen dem 
Heete des Dü'l !^arnain und dem des Darius stattfand. Als die 
Ferser in der Umgebung des Darius sahen, wie Dü'l-iKamain immer 
stürmischer vordrang, tödteten sie den Darius, Dü'l-l^arnain , der 
das von Weitem gesehen , "eilte hinzu. Als er sah , dass noch Leben 
in Darius war , legte er , yon tiefem Mitleid ergriffen , dessen Haupt 
in seinen Schoss , und sagte zu ihm , dass er , wenn er wieder 
genesen werde, Nichts von all dem yerlieren solle, was er 
besessen , und dass er (p^'l-]B!arnain) , wenn er seine Mörder aus- 
findig mache, sie tödten lassen werde. Als Darius diese Worte 
yemahm, weinte er heftig s) und P^'l-!Karnain weinte mit ihm. 
Darauf nahm Darius die Hand Dd'l-iKarnain's , legte sie auf seine 
Brust und sagte zu ihm, dass er den herannahenden Tod fühle, 
dass Pü'1-Kamain für seine Bestattung Sorge tragen möge und dass 
er für seine Mutter , seine Schwester und seine Frau sorgen solle , 



1) Beim Maillespiel zu Pferde gebraucht, welches Spiel bei den Persem sehr be* 
liebt war, wie denn aach der Schlägel (^ÜT^^) bei Häfiz oft als Bild vor- 
kommt. Im Pseado-Callisthenes (ed. C. Müller, p. 40) schickt Darios eine Peitsche , 
einen Ball und ein Kistchen mit Goldmünzen, um die Heimreise zu bestreiten. 

2) «llor6 Uoro muy fuerte" — eine dem Arabischen nachgebildete Aasdrucksweise. 

33 



258 

als wären sie die Seinigen und dass er seine Tochter, Namens 
»Baxik", das ihm liebste seiner Kinder, zur Frau nehmen solle. 

Dü'l-l^amain zog seine Hand nicht hinweg, bis Darios todt 
war. Dann liess er ihn mit königlichen Ehren bestatten und gab 
in allen persischen Landen kund, dass Gott ihn zum Herrscher 
über dieselben gemacht und dass er sie eben so mild behandeln 
werde , wie Darius es gethan. Er liess sodann ausrufen , dass er die 
Mörder des Darius erhöhen Werde ; als diese sich gemeldet hatten , 
sagte er zu ihnen , ihre Erhöhung solle darin bestehen , dass man 
sie an den Galgen hängen werde, was denn auch geschah. Darauf 
schrieb Dü'l-iKamain an die Mutter des Darius alles Vorgefallene 
und dass er den Wunsch des Darius erfüllen und auch seine Toch- 
ter Raxik zur Frau nehmen wolle. In ihrem Antwortschreiben 
preist die Mutter des Darius den ptü'l-!Kamain und meldet ihm 
zugleich, dass Darius' Tochter Gott dafür danke, dass Dü'l-!Kar- 
nain sie zur Frau gewählt. 

Es werden auch (p. 221 fg.) mehrere Briefe P&'l-!Kamain's an 
Aristoteles mitgetheilt , in denen er erzählt , was er Alles yoUbracht 
und was er Alles gesehen. In dem ersten derselben schreibt er ihm , 
wie er in das Land der »Torchamenin" gekommen sei und Ton 
den Fragen, die er an die dortigen Gottesgelehrten (t^Teologos", 
im Original: »Los del saber Allah") gerichtet habe, und wie sie 
dieselben beantwortet '). Ferner wird erzählt , wie Dü'l-iKarnain in 
das Land der Frauen kam, an deren König »Baueris" er schrieb, 
und wie sie ihm hierauf reiche Geschenke brachten, was er wie- 
derum an Aristoteles berichtete. Es wird auch (p. 279) die Antwort 
des Aristoteles mitgetheilt, die ebenfalls mit den Worten: }»En el 
nombre de Dies demente y misericordioso" beginnt. 



1) Auch in den jüdisclien Schriften ^Thamid, 82a; Bereschith R., S. 88; M. 
Tanchnma, ed. Buber, lll, 44^; Josippon, ed. Breithaupt, p. 126) wird erzählt, 
dass Alexander nach den Bergen der Finsterniss sowie nach dem Lande gezogen 
sei, das nur von Frauen bewohnt gewesen. Auch unter den Fragen, die an der 
Talmudstelle Alexander, an die Weisen des Südens richtet, ob das Licht früher da 
gewesen sei, oder die Finsterniss, ist eine, die ähnlich so unter den Fragen an die 
'Torchamenin'" (p. 225) vorkommt, ob nämlich die Nacht dem Tage vorhergehe oder 
umgekehrt. Letztere Frage , sowie die , ob die rechte oder die linke Seite die vorzügli- 
chere sei, und andre in der Legende vorkommende, richtet auch im Pseudo-Callisthe- 
nes (p. 100) Alexander an die Gymnosophisten , und ebenso bei Josippon (p. 129). 



259 

Der Schluss dieses Briefes enthält die Ermahnung, pd'l-1S[!amain 
solle Gott dankbar sein für all das Gute, das er ihm erwiesen 
und auch ferner ein gottgefälliges ![ieben führen, wofür er in 
jenem Leben seinen Lohn finden werde ') , auch nicht auf mor- 
gen yerschieben , was heute geschehen könne. Darauf folgt der 
Wunsch, dass das Heil und die Gnade Gottes ihm zu Theil wer- 
den möge ^). 

Am Schlüsse der Legende wird erzählt, dass Pü'1-l^arnain im 
heiligen Lande den Tod gefunden und dass er kurz vor seinem Tode 
an seine Mutter einen Brief geschrieben habe , in dem er sie gebe- 
ten , bei der Nachricht von seinem Tode alle Frauen der Stadt zu 
einem Gastmahle einzuladen, woran aber nur solche Theil nehmen 
sollten , die nie den Verlust eines Verwandten zu beklagen hatten. 
Als nun seine Mutter diesen Wunsch erfüllt hatte und dann den 
eingeladenen Frauen diese Bedingung mittheilte , wollte keine Et- 
was gemessen. Als sie dieselben nach der Ursache fragte , antwor- 
teten sie; )»Bei Gott, o Herrin! keine ist unter uns, die nicht 
schmerzgebeugt wäre.'' («IPor Allah !f oh nuestra sefiora ! no hay 
de nosotros que no sea dolorosa".) Sie ersah daraus , dass ihr Sohn 
die Absicht gehabt, sie auf diese Weise zu trösten, und sie sagte 
das auch den rersammelten Frauen ^). 

Die Legende schliesst mit den Worten: »Loor d Dies, Sefior 
del universo , y la salud sea con nuestro Sefior Mahoma ^) , sello 
de los profetas y enviados, y con su familia y con todos sus 
compaüeros, salvaciön integra". 



1) »y esta es la obra bnena que td habras para ta otra vida"; statt des letzteren 
Aosdracks heisst es im Original «Alajira", das arabische Sf^^t, 



2) »y la salad sea contigo y la misericordia de Dios, ensalzado sea"; der letztere 
Zusatz entspricht dem v^Lsü, das in den arabischen Schriften gewöhnlich dem Worte 
«Ut hinzagefügt wird. 

3) Dieser Brief Alexander^s an seine Matter findet auch bei andren Autoren Er- 
wähnung (cf. ZDMG., XLII, 276); er wird ebenso in Ihn Palquera's |i;|in "»"l^i and 
im jüdisch -deutschen Simchas hanefesch angeführt (Jüdisch-deutsche Chrestomathie, 
p. 242 fg.). 

4) »Unser Herr" (UAx^m) wird in all dergleichen Eingangs- und Schlussformeln 

dem Namen Mohammad's hinzugefügt. 



260 

Früher als diese beiden Legenden yon Josepli und Alexander 
d. Gr. ist in den Jahren 1885—1886 eine andre derartige Sammlung 
(in drei Bänden) erschienen, unter dem Titel: vLeyendas Moriscas 
sacadas de yarios manuscritos existentes en las Bibliotecas nacional, 
real y de D. P. de Gayangos, por F. Guill^n Robles". In der 
Yorrede (I, 10) sagt der Herausgeber, dass diese Legenden bei 
den unglücklichen Moriscos den alten mohammedanischen Glauben 
neu belebten, ihnen Trost und Erhebung gewährten durch den 
Rückblick auf die Tage yergangener Herrlichkeit sowie durch die 
hoffnungsreiche Aussicht auf eine zukünftige Wiederherstellung der 
alten Glorie. Im weiteren Verlauf gibt derselbe (p. 54—61) einen 
Auszug aus einem zu dieser Literatur gehörigen Buche, der eine 
nähere Beschreibung der sieben Himmel enthält. Darauf folgt aus 
einem andren Buche die Schilderung des Paradieses sowie (nach 
Sur. 15, 44) der sieben Pforten der Hölle , d. h. der Pforten , durch 
welche die Verdammten , je nach ihren yerschiedenen Sünden , ein- 
treten , wie denn z. B. (nach Sur. 4 , 144) für die Heuchler ^) die 
siebente Pforte bestimmt ist. Femer werden (p. 71 fg.) gewisse 
Punkte des muslimischen Glaubens heryorgehoben , so die Erzählung 
yom Fall Satans. Dieser hiess ursprünglich »Hdreth'' (Brüter) ^) , weil 
er die Schätze des ersten Himmels bewachte, wie er auch sonst 
Vorgesetzter der (rinn war, wodurch er stolz und hochmüthig 
wurde. Um ihn zu demüthigen, schuf Gott Adam. Als die Engel 
aufgefordert wurden, diesem zu huldigen, weigerte sich »Hdreth", 
indem er sagte, dass er aus edlerem Stoffe erschaffen worden sei 
als Adam und auch überhaupt äinen höheren Rang einnehme. 
Darauf wurde er aus dem Himmel yerjagt, wobei zugleich die 
Engel feurige Felsstücke auf ihn schleuderten. Seit jener Zeit führt 
er die Namen: i>Iblis" (der Verzweifelte), T>Schaitan" (der Ver- 



1) Im Original »MDuafikin" (^^jNJidLu«). Dieselben Namen för die 7 Abtheilangen 

der Hölle finden sich auch bei Baidftwi za Snr. 16, 44, sowie bei Pococke, Notae 
misc., p. 289. 

2) Wahrscheinlich v£:^L5>, das bei Baid^wt (za Snr. 7, 3 91) nnd bei Ibn el-At!r 

(1, n^ als Name des Iblis vorkommt. Das Wort bedeutet aber keineswegs «Hüter"; 
es scheint dieses eine Verwechslung mit {j*^y^t «Hüter", zu sein. 



261 

leumder) , und wird er auch v Arraohim^' (der Gesteinigte) genannt ^). 

Auch bei Ibn el-Attr (I, ti) heisst es, dass Iblts, der früher 
^Azäztl (J^;tic) >) hiess, das Oberhaupt derjenigen Engel war, die 
Ginn (^^) genannt wurden , weil sie die Wächter des Paradieses 
waren (ifl&- Xij^ q« jJU^) , und da er auch einer der mächtigsten 
war, so wurde er hochmüthig, und darum sagte Gott zu den 
Engeln (Sur. 2, 28) : »Ich werde auf der Erde einen Stellrertreter 
QkstA^) einsetzen" '). 

An einer andren Stelle der Vorrede (p. 78) heisst es , dass die 
mol^iammedanischen Theologen das Verbot des Weines davon her- 
leiten , dass Gott zwei Engel , »Härüt" und »Märüt", um ihre Stand- 
haftigkeit zu erproben, nach Babylon schickte, woselbst sie als 
Richter fungirten. Da erschien Yor ihnen eine Frau von überna- 
türlicher Schönheit, die ihren Mann anklagte. Obschon sie Unrecht 
hatte, sprachen die beiden Engel das Urtheil zu ihren Gunsten, 
worauf sie dieselben zu einem reichen Mahle einlud, bei dem auch 
der Wein nicht fehlte. Vom Weine trunken, entbrannten sie in 
Liebe zu ihrer Wirthin, der früheren Clientin. Diese versprach, 
ihnen zu Willen zu sein , wenn sie ihr vorher das Wort mittheil- 
ten, vermittelst dessen sie zum Himmel emporstiegen. Als sie das 
Wort erfahren hatte, flog sie zum Himmel empor, woselbst sie zur 
Belohnung ihrer Tugend von Gott in den Morgenstern verwandelt 



9» 



1) y^^uJbi wird anch bei Lane, 8. v. jj#J^, von [jmSJ* *he despaired, gave ap hope 

abgeleitet. -} ^ /^ -■ wird u. A. von i^-s-vw , »entfernt sein" (vom Guten oder von 
Gottes Gnade) hergeleitet, so bei den Commentatoren za Sar. 2, 13. Die Erklärung 
mit «Verleamder" würde zu ly*»^^ besser passen, da dieses — nach Geiger — das 
gr. it^ßoÄ.oQ ist. j«^k:>Jt, «der mit Steinen Vertriebene", anch «der Verflnchte*'*, kommt 

oft als Epitheton neben .-.ij^/iv- vor. 

2) Nach Reland (Gesen., Thes., p. 1012h, s. v. b]f^'}y) ist dieser Name jüdisch- 
christlichen Ursprungs. 

3) Bei Ibn el-Atir heisst es ferner, dass Gott eine Schaar Engel erschuf, zu denen 
er sagte , sie sollten sich vor Adam niederwerfen ; da sie das nicht thaten , verbrannte 
er sie. Dasselbe geschah mit einer zweiten Schaar. Eine dritte Schaar aber mit Aus- 
nahme des Iblis entsprach der Aufforderung. Ahnlich heisst es im Talmud (Sanhedrin, 
88h), dass Gott eine Schaar Engel um ihre Meinung mit Bezug auf die Schöpfung 
des Menschen befragte. Sie sprachen sich — unter Anführung von Ps. 8, 5 — da- 
gegen ans; da verbrannte sie Gott. Dasselbe geschah mit einer zweiten Schaar. Die 
dritte Schaar sagte: «Dir gehört die ganze Welt; thue was dir gut dünkt". 



262 

wurde. Die beiden Engel aber, — die überhaupt nicht mehr in 
den Himmel zurückkehren konnten — wurden yon G-ott in einem 
Brunnen zu Babylon angekettet , woselbst sie ihre Zeit damit yer- 
bringen, dass sie Unterricht in der Zauberei geben. 

Derselbe Vorfall wird an einer von mir (ZDMG., XXXI, 227) 
aus Joh. Cantacuzenos angeführten Stelle als Grund angegeben, 
weshalb Mohammad das Weintrinken yerbot. 

Unter den im Buche selbst rorkommenden Legenden sei zunächst 
die Yon Job erwähnt: vLa estoria y recontamiento de Ayub, de 
BUS pruebas y de su paciencia" (p. 225 — 263). Diese Legende — 
wie auch die andren, in derselben Sammlung enthaltenen — ist, 
was Form und Inhalt betrifft, den beiden früher erwähnton von 
Joseph und Alexander d. Gr. durchaus ähnlich. Es ist überall 
dieselbe Breite der Darstellung, die aber, trotz der damit ver- 
bundenen Länge nie langweilig wird, da die durchaus vorherr- 
schende dialogische Form, die eben zur Verlängerung beiträgt, an- 
drerseits dramatische Lebendigkeit und spannende Abwechselung in 
die Erzählung bringt. Ebenso sind es überall dieselben volksthüm- 
lichen Ausschmückungen und Weiterbildungen der ursprünglichen 
Sagen. Auch die Ausdrucksweise ist immer dieselbe; nur gehört 
die Sprache der verschiedenen Legenden verschiedenen spanischen 
Dialekten an, in Folge dessen einzelne Abweichunjgen in den Wort- 
formen und der Orthographie vorkommen. 

Im ?orän (Sur. 21, 83 fg.; 38, 40 fg.) wird Job — wie auch 
andre Personen — nur flüchtig und gelegentlich erwähnt. Seine 
Geschichte wird erst von den späteren Autoren erzählt. So heisst 
es bei Ibn el-Attr (I, i* fg.), dass Job ein sehr gottesfürchtiger 
und frommer Mann war, und dass Gott ihm Alles gewährte , 
um das er ihn bat. Das verdross denn Iblts , und um Job zu ver- 
suchen , bat er Gott um die Erlaubniss , ihn an Hab und Gut zu 
schädigen (bei dessen Erzählung zugleich im Einzelnen darge- 
legt wird, worin Job's grosser Reichthum bestand). Als dem Iblts 
das gewährt worden war, berief er die, ""Ifrtt (c;;^Läs) genannten, 
Dämonen und trug ihnen auf, Job's ganzes Besitzthum zu ver- 
nichten, was sie auch thaten. Job aber fuhr fort, Gott zu lob- 
preisen und ihm zu danken. Als Iblts sah, dass Job bei seiner Fröm- 



263 

migkeit beharrte, bat er Oott^ ihm Macht über seine Kinder zu yer- 
leihen. Nachdem ihm auch dieses gewährt worden war , Hess er alle 
Kinder Job^s umkommen und ging dann selbst in Menschengestalt 
zu ihm , um es ihm mitzutheilen. Als Job die Trauerknnde yer- 
nahm , weinte er sehr und streute Asche auf sein Haupt , worüber 
sich Iblts freute. Bald aber bereute Job, was er gethan, und bat 
Qott um Yerzeihung. Als Iblts sah , dass Job bei seiner Frömmig- 
keit beharrte und sein Unglück mit Geduld ertrug, bat er Gott, 
ihm über seinen Körper Macht zu Yerleihen. Nachdem ihm auch die- 
ses gewährt worden war, blies er in seine Nase, wodurch sein 
Körper entzündet und zugleich yon Würmern erfüllt ward. Darauf 
wurde er yon der Elephantiasis ((»^iA:>) befallen, und zudem yer- 
breitete sein Körper einen so üblen Geruch, dass die Bewohner 
des Ortes ihn nöthigten , sich aus demselben zu entfernen. Er that 
das auch und nahm seinen Aufenthalt auf «einem Kehrichthaufen. 
Niemand kam in seine Nähe, seine Frau ausgenommen, und so 
blieb er auf dem Kehrichthaufen sieben Jahre lang. Eihes Tages 
sagte seine Frau zu ihm , er solle Gott um seine Genesung bitten ; 
da antwortete ihr Job: vWir haben 70 Jahre lang im Glücke 
gelebt; sollten wir nicht das Unglück 70 Jahre lang in Geduld 
ertragen ? Wenn ich yon meinen Leiden befreit sein werde , werde 
ich dir hundert Hiebe geben". Andre sagen, er habe ihr diese hun- 
dert Hiebe bei einer andren Gelegenheit yersprochen. Iblis war 
nämlich zu Job's Frau gekommen und hatte ihr gesagt, dass, wenn 
sie ihn anbeten werde , sie alles Yerlorene wieder erhalten würden. 
Sie antwortete, sie müsse zuerst ihren Mann befragen. Als sie das 
gethan, sagte Job zu ihr: »Siehst du denn nicht, dass das ein 
Werk Satan's war? Wenn ich genesen werde, werde ich dir 
hundert Hiebe geben. Jetzt aber gehe und lass dich nicht mehr 
yor mir sehen I Ich will Nichts yon deinen Speisen und Geträn- 
ken — geh' mir nur aus den Augen I" Als sie nun fortgegangen 
und Job allein war , ohne Speise und Trank und ohne einen Freund , 
da sagte er (Sur. 21, 83): >0 Herr, das Unglück hat mich schwer 
getroffen; du aber bist der Allerbarmer". Darauf ward ihm die 
Antwort: »Erhebe dein Haupt; dein Gebet ist erhört. Stampfe mit 
deinem Fusse auf die Erde , (und in dem daraus heryorsprudelnden 



264 

Wasser) bade dich und trinke^'. (Nach den Commentatoren z. St. 
waren es- zwei Quellen : die eine warm zum Baden , die andre kalt 
zum Trinken). Und so gab ihm Gott seine frühere Gestalt und seine 
Gesundheit wieder. 

Seine Frau aber hatte in ihrer Abwesenheit zu sich selbst ge- 

« 

pagt: »Wie kann ich meinen Mann allein lassen? Er wird Hungers 
sterben , oder die wilden Thiere werden ihn zerreissen". Als sie nun 
zurückkehrte , sah sie an der gewohnten Stelle einen (wie sie glaubte) 
ihr fremden Mann. Zu diesem sagte sie: »Diener Gottes (Juc ^j 
aJÜt), weisst du nicht, wo der Mann ist. der früher immer hier 
war ?" Job gab sich ihr nun zu erkennen (nach einer andren Ver- 
sion erkannte sie ihn an seinem Lächeln) , worauf sie ihn umarmte» 
Gott befahl hierauf dem Job , einen Palmzweig mit hundert Blättern 
zu nehmen und seine Frau einmal damit zu schlagen, damit er 
seinen Schwur erfülle, was er auch that. Auch gab ihnen Gott 
ihr ganzes Yermögen wieder und der Frau Job's zugleich ihre 
Jugend, und sie gebar 26 Kinder. Danach lebte Job noch 70 
Jahre. 

An der !^!oränstelle (Sur. 38, 43) sagt Gott zu Job : »Nimm in 

deine Hand ein Bündel (Reiser, wie die Commentatoren erklärend 

* 

hinzufügen) und schlage sie (deine Frau) , damit du nicht meineidig 
wirst^'. Dazu bemerkt Zamahäart (und kürzer Bai44wt), dass Job's 
Frau ein Mal fortgegangen war und erst sehr spät zurückkehrte , 
worauf er schwur , ihr nach seiner Genesung hundert Streiche zu 
geben. Andere sagen , die Yeranlassung zu diesem Schwur sei eine 
andre gewesen. Sataii hatte nämlich zu ihr gesagt, dass, wenn Job 
Wein trinke er gesunden werde, was sie alsdann ihrem Manne 
y erschlug. Nach einer noch andren Meinung hatte Satan zu ihr 
gesagt, sie solle ihn anbeten, auf welchen Yorsohlag hin Job 
schwur, ihr hundert Streiche zu geben. Dadurch nun, dass Gott 
zu Job sagte, er solle sie mit einem ganzen Bündel Beiser ein- 
mal schlagen , wurde der Schwur gehalten , ohne ihr wehe zu thun. 
In der obigen Legende Yon Job wird nun erzählt , dass er ein 
sehr gottesfürchtiger , aber auch ein von Gott geliebter Mann war , 
wie denn Gott ihm auch yiele Güter dieser Welt (die im Einzelnen 
aufgezählt werden) gegeben hatte. Yon diesen gab Job sehr yiel an 



265 

die Wittwen und Waisen ') , die Armen und Dürftigen. Wenn er 
die Armen speiste, forderte er sie zugleich auf, Gott dafür zu 
danken. Hierauf wird im Namen Yerschiedener Uherlieferer bis zu 
Ibn ^Abbäs ^), der es von dem Propheten gehört, Folgendes er- 
zählt. Als die Engel, welche die Handlungen der Menschen auf- 
schreiben, eines Tages yor Gott erschienen, war auch Iblts, der 
Verfluchte ^), unter ihnen. Gott fragte ihn: »Woher kommst du?" 
Iblis antwortete : »Du weisst es wohl , o Herr , dass ich die Erde 
durchstreife, um deine Diener zum Bösen zu yerführen". Darauf 
erwähnte Gott die Frömmigkeit und Staudhaftigkeit Job's und dass 
diesen zu yerleiten, ihm nimmer gelingen werde. Iblts antwortete, 
Job's Frömmigkeit sei kein Wunder, da er mit allen Gütern ge- 
segnet sei; Gott solle ihm nur Macht über sein Hab und Gut 
geben , dann werde Job ihn yergessen ^). Als Iblts diese Erlaubniss 
erhalten hatte, entfernte er sich yoller Freude. Darauf berief er 
die Scharen der übrigen Dämonen , die im Osten und die im Westen , 
die in der. Tiefe und die in der Höhe, die zu Meer und die zu 
Lande, und sie waren im Augenblicke da erschienen, schneller als 
man das Auge öffnet und schliesst. Darauf theilte ihnen Iblts mit , 
dass Gott ihm die Macht über Job^s Yermögen verliehen und for- 
derte sie auf, mit dem Hauche ihres Mundes seine Heerden und 
Hirten zu yerbrennen. Als sie das gethau hatten, ging Iblts in 
Gestalt eisLes seiner Hirten zu Job und erzählte ihm das Vorge- 
fallene. Job aber sagte: »Gepriesen sei Gotts)! der mir das 
wieder genommen , was er mir gegeben hatte. Er will, dass ich keine 
Güter besitze, um ihm um so eifriger zu dienen". Iblts entfernte 
sich traurig und zornig ; er berief abermals seine Scharen und trug 



1) «gü^rfanos" — diese Form, statt »huerfanos", kommtin dieser Legende Öfter vor 
(z. B. p. 236. 246), ebenso (p. 240. 246) «güesos" (Knochen) statt «baesos". Beide 
Formen sind auch im Jüdisch-Spanischen üblich (auch als Übersetzung von Q^H^ 
und D^J?)- 

2) Im Original mit dem Zusätze: »contentese Allah de todos ellos" (Gott sei 
mit ihnen allen zufrieden), entsprechend der Formel %l^^ M . c^y 

3) »el maldito^\ an andren Stellen (z. B. p. 227) »malann" = iMytlL^. 

4) Im Original ist das oben Erzählte ein Dialog zwischen Gott und Iblis, den ich 
aber — wie an vielen andren Stellen — nur dem Inhalte nach wiedergegeben habe. 

6) «Las loores son & Allah'*, — entsprechend dem arabischen aU iA^^* 

34 



268 

Leiden ihres Mannes gehört und sei gekonuQ.en, um ihn yon 
denselben zu befreien. Auch habe er ein heilendes Getränke 
mitgebracht, das Job, zugleich mit etwas Wein, trinken solle; 
dann solle er einen Yogel schlachten, ohne dabei Gottes Na- 
men zu erwähnen, ausserdem aber sich mit Schweinefett ein- 
reiben. Als Job's Frau das ihrem Manne mitgetheilt hatte, sagte 
er: »Dich hat Iblts getäuscht — verfluche ihn Gott! O Bahmah, 
wenn Gott mir die Gesundheit wiedergibt, werde ich dir hundert 
Hiebe geben. Weisst du denn nicht , dass , als dein Ahn Joseph 
im Gefangnisse war, Gott ihn befreite? Und so glaube ich, dass 
Gott in seiner Barmherzigkeit auch mich yon meinen Leiden be- 
freien wird". 

Als Iblts dies hörte , entfloh er sehr traurig und mit schwarzem 
Angesichte. Möge Gott sein Angesicht im Feuer schwärzen I ^) 

Bald darauf ging Iblts zu den Leuten des Ortes, in welchem 
Job wohnte — und zwar in der Gestalt eines denselben wohlbe- 
kannten weisen Mannes — und sagte zu ihnen, sie sollten Job 
nicht länger in diesem Orte dulden, sonst würde Gott sie mit den- 
selben Plagen heimsuchen. Als nun Bahmah zu den Leuten des 
Ortes kam, um für Job um Speise zu bitten, sagten sie zu ihr: 
»Bringe deinen Mann nach einem andren Orte, damit uns seine 
Krankheit nicht befalle". Als Bahmah nach Hause gekommen war , 
erzählte sie das ihrem Manne und dann sagte sie zu ihm: »0 Job! 
Ich will dich nach einem Dorfe der Kinder IsraePs bringen; sie 
werden yielleicht mitleidiger sein als unsre Nachbarn". Job ant- 
wortete: »Gott gebe dir dafür die beste der Belohnungen !" Darauf 
nahm sie ihn auf ihre Schultern .und trug ihn nach einem Dorfe 
der Kinder Israelis, woselbst sie ihn auf die Erde setzte. Dann rief 
sie aus, so laut sie konnte: «Erbarmt euch dieses Armen, o Kinder 
Israelis!" Da kamen von allen Seiten die Leute herbei und sie 
weinten Alle, als sie Job sahen und was seine Frau um seinet- 
willen erduldete. Darauf sprachen sie: »0 Dienerin Gottes, bringe 



1) Entsprechend der oben erwähnten Bedeatang dieses Ansdracks kommt aach 
die Verwänschiingsformel »Gott schwärze sein Angesicht" (*^g'^3 ^t *^'^) ^^' 
»Gott verdamme ihn, bedecke ihn mit Schande** öfter vor. Unter dem Feaer ist die 
Hölle verstanden, arabisch %LüL 



269 

ihn in eins unsrer Häuser; wir werden ihm zu essen und auch 
eine Ruhestätte geben'\ Sie antwortete : »Ihr würdet seinen üblen 
Geruch nicht ertragen können". Darauf bereitete sie aus Steinen 
ein Lager für ihren Mann , und die Leute brachten ihm yon allen 
Seiten Speisen herbei. Daraufsagte Bahmah: »Wenn Einer von euch 
Kleider zu waschen oder Brot zu kneten hat — , ich will das thun". 
Die Leute antworteten: *Eomm nur, wir werden dir Arbeit geben". 
Das that sie nun , und die Leute gaben ihr Nahrungsmittel — viele 
Tage lang. 

Da kam aber eines Tages Iblts in Gestalt eines den Leuten 
bekannten weisen Mannes in das Dorf und sagte zu ihnen, sie 
sollten der Frau Job^s weder Arbeit noch Speise mehr geben; sie 
würden sonst Alle von derselben Krankheit befallen werden wie 
Job. Als Kahmah nun wieder hinkam , gab ihr Niemand Etwas. Sie 
kam alsdann zur Frau eines Bäckers und sagte zu ihr: »O Dienerin 
Gottes ! Gib mir etwas Brot für meinen Gatten Job". Die Bäckerin 
sah , dass Rahmah sehr schönes Haar hatte und sie antwortete ihr : 
»Ich will dir gerne Brot für deinen Mann geben, wenn du mir 
erlaubst, eine Handvoll von deinen Haaren zu nehmen". »0", ant- 
wortete Bahmah , )>wenn du alle meine Haare verlangtest , so würde 
ich sie dir auch geben". Die Frau nahm darauf eine Handvoll 
ihrer Haare und gab ihr Brot dafür. Bahmah kehrte darauf zu ihrem 
Manne zurück, dem sie Alles erzählte. Job ass darauf von dem 
Brote , während seine Frau nochmals in das Dorf ging , um viel- 
leicht noch mehr Brot zu erhalten. Als sie mit Sonnenuntergang 
noch nicht zurückgekehrt war, betete Job zu Gott, sich seiner 
zu erbarmen. Darauf sagte Gott zu Gabriel — mit ihm sei Heil I -— *) : 
9 Steige hinab zu meinem Knechte Job und grüsse ihn von mir ^) 
und sage ihm , dass ich sein Gebet erhört habe. Dann bringe ihn 



1) «sobre ^1 sea la salvacidn"; es entspricht das dem «^^i ^^"^^ — , abgekürzt 
^ — , das nicht nar dem Namen von Personen, sondern aach dem der Engel hin- 
zugefügt wird. 

2) «7 salüdale de mi parte"; im Original: »y plegale de mi Tassalem", entbiete ihm 

von mir den Sal&m. Ebenso sagt bei Ihn el-Atir (I, It**) Gabriel zu Job : *Gott ent- 
bietet dir seinen Saläm für deine Ergebung" /dL^oj «^LaJ^ (^Jb «U^ ^*Jy 



270 

auf den Berg Sinai ; dort ist eine Wasserqnelle , in dieser soll er 
sich baden ^). 

Gabriel kam nun zu Job nnd sagte ihm alles das. Dann nahm 
er ihn anf einen seiner Flügel — da Job nicht gehen konnte — 
and trug ihn zu jener Quelle , in die er ihn untertauchte. Als Job 
derselben entstieg , war er schön wie der YoUmond ^) und ganz ge- 
sund. Darauf brachte ihn Gabriel an seioen früheren Ort. Bald 
darauf kam Bahmah zurück mit etwas Brot, das sie bekommen 
hatte. Als sie ihren Mann nicht sah, weinte und wehklagte sie 
und sagte: »0 Job, ich habe für dich sechs Jahre und sechs 
Monate lang gelitten, und jetzt, wo ich hoffte, dass Gott sich 
deiner erbarmen werde, haben dich die wilden Thiere zerrissen. 
mein Geliebter! Du warst mein Trost und meine Freude, wie 
könnte ich leben ohne dich?" Da sagte Job zu ihr: »Wen suchst 
du hier, o Frau?" »Job, meinen Gatten," antwortete sie , worauf 
Job: »Würdest du ihn erkennen ^ wenn du ihn sähest?" Da blickte 
sie ihm in die Augen und sagte: »Ach, ich glaube fast, du selbst 
bist Job, mein geliebter Gatte". Job antwortete: »Ja, ich bin Job, 
dein Gatte; Gott hat sich meiner erbarmt und meine Leiden yon 
mir genommen". Darauf umarmten sie sich gegenseitig weinend. 
Job aber weinte noch mehr als Bahmah; da sprach sie: »Warum 
weinst du so sehr, mein Geliebter?" Er antwortete: »Weil ich 
Mitleid mit dir habe , denn ich habe geschworen , wenn Gott sich 
meiner erbarmt, dir hundert Hiebe zu geben". »0 mein geliebter 
Job", sagte Bahmah hierauf, »wenn du das geschworen hast, so 
gib mir 2000 Hiebe und halte deinen Schwur". Da erschien Gabriel 
und sagte zu Job: »0 Job! Gott der Erhabene grüsst dich und 
lässt dir sagen, du sollst ein Bündel von 100 Binsen nehmen 
und deine Frau einmal damit schlagen, so wird dein Schwur er- 



1) Bei J&kfLt (II, Ifö, s. ▼. ^^} jJu>) heisflt es, das Jobsklöster sei in der Nähe 
▼on Damaskus; dort sei auch die Quelle, in welcher Job Heilang fiand, sowie sein 
Grab. Dasselbe sagt aach Kazwinl (II, \\^\) sowie Mas'Adt (I, 91). 

2) Im Original : «y salio de ella Job como la Inna relambrante de catorce noches"; 
»wie der Mond in der 14. Nacht" ( icXx!^ KLJ r^^) ^^d oft gebraucht, um 
die Schönheit auszudrücken, so mit Bezug auf Joseph bei Zamahsart zu Sur. 12,31 



271 

füllt sein , mit der Q-enehmigung G-ottes" i). Und Job that also. 
Gott sagte hierauf zu Job : )> Willst du , dass ich dir deine Kinder 
wiedergebe , so will ich sie wieder zum Leben erwecke". Job aber 
antwortete : »Da sie alsdann ja doch wiederum sterben müssen , so 
lasse sie lieber in der andren Welt, die ja doch viel besser ist als diese 
Welt". Gott gab alsdann dem Job all sein Besitzthum wieder, ein 
grösseres als das frühere , und Job war wiederum wohlthätig gegen 
die Wittwen und Waisen, die Armen und Dürftigen, so lange er lebte. 

Eine andre Legende (I, 281—311) hat die Überschrift: »Ra- 
contamiento de Solaiman profeta (Nabi) de Allah". Im Namen des 
»Cabu" ^) und des Gesandten Gottes »Mahoma" — Gott sei ihm 
gnädig und gebe ihm Heil ! ^) — wird hier Folgendes erzählt. 

Als Salomon eines Tages seine Andacht^) verrichten wollte, 
übergab er seinen Siegelring einer Dienerin. Yon den Dämonen ^) 
die in seinen Diensten standen, war einer, Namens DHaritsu" ^), 
beständig in Salomon^s Palast. Nachdem Salomon seinen Siegel- 
ring der Dienerin übergeben hatte , ging Haritsu zu ihr , und zwar 
in der Gestalt und in der Kleidung Salomon's und yerlangte den 
Bing, den sie ihm auch gab. Diesen warf er in das Meer von 
Oman, wo ihn — nach Gottes Fügung — ein Fisch yerschlang. 
Als nun Salomon bald darauf seinen Bing von der Dienerin zurück- 
yerlangte: sagte diese: »Gott stehe mir bei! ^) Ich habe ihn dir 



1) »plaziendo Allah", wahrscheiDlich das arabische ^ili i*)|>^f^* 

2) «Caba''\ oder .rCaab, Caab Al^jbar (el hisioriador)", wird in der Legende von Jo- 
seph sehr oft als Gewährsmann angeführt. Sprenger (Leben und Lehre des Mohammad, 
III, CIX) erwähnt einen Ka'b aas Jaman, wegen seiner Kenntnisse der biblischen 
Legenden »der Rabbiner-Ka'b, Ka'b al-Ahb&r", genannt; cf. Mas'üdi, III, 130. 

8) »Mahoma, qne Dios le sea propicio y le concede la salvacidn"; im Original: »Zalla 

Allahn alahi a'a8salam'\ d.i. JU/^ if^-fS^ ^^ tJ^* abgekürzt j^»La — , das stets 
dem Namen Mohammed's beigefügt wird, bei Zamahsart immer vollständig, ohne 
Abbreviatur. 

4) »devociones^'; im Original : »alibeda^*, wie oben St^LiKiL 

6) «los demonios'*^; im Original: »axxaitanes", mit arabischem Artikel, Plnral von 
^Lk^K der eigentUch ^^^LJÜi ist. 

6) Vielleicht das oben erwähnte v^.L^*. 

7) «defiendome con ^llah*\ das (bereits früher vorgekommene) eU\f «3^^ welches, 
nach Snr. 113 and 114 (q^*-^>^' genannt), als Abwehrformel gebraucht wird. 



272 

ja so eben gegeben , o König I" Salomon sab nun ein , dass Gott 
erzürnt auf ibn war ; er bielt siob den ganzen Tag zurückgezogen , 
und* als es UTaoht geworden war , zog er geringe Kleider an , nahm 
einen Stab in die Hand und yerliess , ganz eingehüllt , die Stadt , 
indem er zu Q-ott betete, ihn auf seiner Wandrun g yor der Tücke 
Satans zu beschützen. 

Der Erzähler sagt : ^) G-ott hatte dem Salomon ein so elendes 
und erbärmliches Aussehen gegeben , dass die andren Armen sich 
Yon ihm fern hielten, indem sie zu ihm sagten: »Geh' weg Ton 
uns ! Denn du bist Schuld , dass uns die Leute gar kein oder nur 
geringes Almosen^) geben^'. 

Unterdessen hatte jener Dämon Salomon's Thron eingenommen, 
und die Leute kamen zu ihm , um ihm ihre Bechtssachen zur Ent- 
scheidung Yorzulegen; aber seine Urtheile und Entscheidungen 
waren gegen das Gesetz. Darüber wunderten sich die Leute ; da 
sagte Einer Namens »Balkis'' : »Ich werde der Sache auf den Grund 
kommen". Er erschien darauf Yor dem Throne und sagte: »O König! 
Ich will mich yon meiner Frau scheiden und sie in ihr elterliches 
Haus zurückschicken ; sie Yerlangt aber nun ihr » Azidak" ^) — ; bin 
ich yerpflichtet , es ihr zu geben ?" Der Dämon antwortete : »Nein , 
das bist du nicht ; du kannst dieses Azidak *) derjenigen geben , 
die du nach ihr zur Frau nimmst". Darauf sagte Balkis : »O König, 
früher gabst du dein Urtheil dahin ab , dass Gott der Erhabene ^) 
sagt : Wenn Einer seiner Frau das ihr zukommende Azidak nicht 
gibt , so werden seine guten Werke ^) seiner Frau angerechnet , 



1) «Der Erzähler sagt*' (oder »sagte") kommt hier sehr oft vor bei den Arabern: 
v^ifti^^ S^i C5^y^ ^^** ^^^^ ^^ ^^^ oben, p. 127 fg., mitgetheilten Erzählang 
heisst es jeden Augenblick: T^IDH ^DK» »clor Erzähler sagte". 

2) »Limosna"; im Original : *Azzadaka*', d. i. xSvXaoJI, hebr. HDliJ (^ei den LXX 
ihtvnio(r6vfi) , besonders im späteren Sprachgebrauch. 

3) -»Azidak" (das der Herausgeber mit »Dote" wiedergibt) ist das *Cidaque", das oben 
bei Rabadan vorkam, also ^Sj^\* das Geld, das der Ehemann seiner Frau geben muss. 

4) Statt -r Azidak" heisst es hier im Original .almahra", arabisch ^ (hebr. nrlD), 
was ohngefahr dasselbe bedeutet. 

5) «Allah i cuan alto es !" wahrscheinlich die Übersetzung des oben erwähnten 

6) -.las buenasobras"; im Original : /ralhasanas",arab. iÜuMMO, gutes Werk, wovon 
wahrscheinlich das spanische #Hazalia8*\ Grossthaten. 



273 

die also in» Paradies kommt, während ihre bösen Handlangen ihm 
angerechnet^ werden, sodass er in die Hölle kommt". »Nun, wenn 
du das wusstest", sagte der Dämon , »wozu hast du 4enn mein TJr- 
theil verlangi?" Darauf sagte Balkis: »Feind Gottes! Verfluchter 
Satan I Wie hast du eine solche Unthat wagen können ? Wo ist 
Salomon ? Sei verdammt , Satanas !" Alsdann sprach er die Worte 
aus, die auf Salomon's Bing eingegraben waren, und daraufhin 
entfloh der Dämon. 

Die Leute wunderten sich sehr hierüber und waren auch um 
Salomon besorgt; da sagte Balkis: »Fürchtet Nichts ! Er, der dem 
Salomon die Macht yerliehen und sie ihm wieder entzogen hat, 
er wird sie ihm auch zurückgeben", 

Salomon war auf seiner Wanderung nach dem Lande des Königs 
»Yram"i) gekommen. Dieser liess gerade einen Palast bauen, wobei 
viele Leute beschäftigt waren. Salomon ging zum Oberaufseher 
derselben und fragte ihn, ob er ihm nicht auch Beschäftigung 
geben könne. »Allerdings kann ich das", erwiederte derselbe. Er 
nahm ihn dann in seine Dienste, und Salomon's Beschäftigung 
bestand darin , dass er täglich Wasser aus einem Brunnen 2) herbei- 
holte. Zur Mittagszeit legte er sich gewöhnlich , um auszuruhen , in 
den Schatten eines Thurmes, der zu dem Palast gehörte, den 
der König mit seiner Tochter bewohnte. In der Nähe war ein 
waldiges Gebirge, in dem sich viele Baubthiere aufhielten. Als 
nun Salomon einst eingeschlafen war, sah ihn die Tochter des 
Königs, die ans Fenster getreten war, um frische Luft zu schöpfen ; 
zugleich aber sah sie, wie vom Gebirge her zwei Löwen kamen, 
die sich zu seiner Seite hinlegten , der eine zur Rechten , der andre 
zur Linken, um von ihm mit ihren Schweifen Mücken und Brem- 
sen abzuhalten. »Bei Aletu und Alozza !" ^) sagte die Königstochter , 



1) Der Herausgeber bemerkt, dass anter diesem Yram der biblische Hiram, König 
von Tyrus, gemeint sei. ^ , 

2) -rAlyibe". Das spanische *Aljibe", Cisteme, Brannen,ist das arabische «^^^i^^l, 
Brunnen; hebr. I^^, aramäisch i^y\^f DJ. 

3) All&t und *üzza — Sur. 53. 19 : (^jäJ^^ O^i — waren die Hauptgottheiten 
der vorisl&mischen Araber, wie auch Beide oft nebeneinander genannt werden (z. B. bei 
Baid&wt, p. 35, Z. 16; 231, Z. 1; 246, Z. 16; 363, Z. 4). Der Schwur bei ihnen 
kommt mehrmals vor (ZDM6., VII, 481). 

35 



274 

»das ist sehr wunderbar!" Dann erwachte Salomon und sagte: »Ge- 
priesen sei Gott, der Einzige. Er hat keinen Genossen" (im Ori- 
ginal auf arabisch). Als er darauf in ihre Nähe gekommen war, 
sagte sie: »O Mann, woher bist du?" Salomon antwortete: »Vom 
Lande Jemen" (» Aljaman"). »Und wie kannst du so ruhig schlafen ?" 
sagte sie, »in der Nähe dieses Gebirges, wo so yiele wilde Thiere 
sind?" »0 Jungfrau!" erwiederte Salomon, »die Thiere, wie alles 
Geschaffene ^) , stehen unter Gottes Macht". Darauf ging er an seine 
Arbeit. Dasselbe wiederholte sich am zweiten und am dritten Tage ; 
nur waren es am zweiten Tage zwei Schlangen, die sich zu beiden 
Seiten hinlegten; am dritten Tage waren es zwei Adler, die mit 
ihren Flügeln ihn fächelten. Als Salomon erwachte, sagte er: »Ge- 
priesen sei Gott! Es gibt keinen Gott ausser ihm. Keine Macht 
und keine Gewalt ausser bei Gott, dem Grossen, Erhabenen". Darauf 
sagte die Königstochter zu ihm: »Yon diesem Gotte, den du preisest, 
habe ich nie gehört — wer ist er?" Salomon antwortete: »Ihm 
gehört Alles im Himmel und auf Erden und was zwischen ihnen 
und was unter der Erde ist" (Sur. 20, 5). Sie sagte alsdann : »Ich 
habe sagen hören, dass dem Salomon Alles unterthänig sei — 
bist du vielleicht Salomon?" Als er das bejaht hatte, sprach sie: 
»Dann , o Prophet Gottes ^) , habe ich eine Bitte an dich ; ich 
wünsche, dass du mich zur Frau nimmst, weil ich meinem früheren 
Glauben entsagen und nur deinen Gott anerkennen will"* »Wenn 
nun aber dein Vater nicht einwilligt?" fragte Salomon. »Mein 
Vater", antwortete sie, »hat mir längst freigestellt, zu heirathen 
wen ich wollte, und er wird sein Versprechen halten". 

Die Prinzessin ging alsdann zu ihrem Vater, erinnerte ihn an 
sein Versprechen und erzählte ihm alles Vorgefallene. Nach einigen 
erfolglosen Gegenyorstellungen sagte er zu ihr : »Mein Versprechen 
will ich halten; du magst jenen armen Tropf heirathen, aber in 
meinem Palaste darfst du nicht bleiben und auch deine schönen 
Kleider, deine Juwelen und Kostbarkeiten musst du zurücklassen". 



1) Im Original: »toda cosajalekado^', letzteres toh oUL^, erschaffen. 

2) Im Original: »Alannabi de Allah" (arabisch aU) ^x) ^, ohne Artikel, während 
es hier zwei sind). 



275 

Nachdem die Prinzessin ihre Kleider mit andren Yertauscht hatte , 
ging sie — mit Zurücklassung alles dessen, was sie besass — zu 
Salomon , der sich in der Scheune eines zerfallenen Hauses aufhielt , 
denn es war schon spät. Als sie sich allein mit ihm sah , warf sie 
sich in Anbetung G-ottes des Erhabenen zur Erde nieder. Darauf 
sprach sie: »0 Prophet Gottes! "Was wird unser Abendessen sein ?" 
Salomon antwortete : i>Gott , der mir 40 Tage lang meinen Lebens- 
unterhalt ^) bescherte , wird es auch heute thun". Sie sprach : »0 
Prophet Gottes I Hier sind zwei Denare ^) ; ausserdem hat mir mein 
Yater Nichts gelassen". Salomon nahm diese zwei Denare und 
kaufte für einen Denar Brot und Ol; dann ging er zu den 
Fischern am Meeresufer und fragte sie , ob sie ihm für einen Denar 
zwei Fische geben könnten. Sie antworteten: »Wir können, das 
nicht, denn wir sind unser 12 und wir haben nur 25 Fische ge- 
fangen ; darunter ist einer , der Nichts taugt ; den kannst du dir 
nehmen; da sieh ihn hierl"^) Salomon sagte: vlch danke euch, 
meine Freunde , aber Gott hat mir eine Frau gegeben , für deren 
Lebensunterhalt B) ich zu sorgen habe, denn so verlangt es unsre 
Religion". Einer der Fischer gab ihm hierauf einen Fisch ; Salomon 
wollte ihm dafür den Denar geben, da sagte jener : »Behalte ihn nur; 
ich habe dir den Fisch gegeben , weil du dem Glauben Salomon's, 
des Propheten Gottes, angehörst". Salomon antwortete: )»So möge 
denn Gott dir im Paradiese einen Platz unter den Frommen geben !" 
Salomon ging darauf yoU Freude zu seiner Frau und gab ihr 
die beiden Fische, um sie zuzubereiten, während er selbst das 
Abendgebet^) verrichtete. Alsdann setzten sie sich auf die Erde, 
um zu essen; da sagte Salomon: »0 Fraul Nimm dir den guten 
Fisch; ich werde den andren nehmen". Da sagte sie : »Ich beschwöre 
dich bei Gott, dir den guten Fisch zu nehmen und mir den 



1) Im Original: «Asachda", das arabische HcXi:^UMjl. 

2) Im Original: *Arrizque" = i^\f^- 

8) Im Original steht das arabische »Dinar", das eine Goldmünze bezeichnet; es ist 

aber wohl der spanische Di'nero gemeint , eine Kupfermünze von geringem Werthe , wie 

denn auch der Heraasgeber «»dos dineros*' hat. 

4) «Catalo ahi". 

5) Im Original: *Arrizque", wie oben. 

6) *La oraciön de la puesta del sol" ; im Original : »AlmagriV*, cjjij'. 



276 

andren zn lassen^\ Als sie nun zu essen anfingen nnd die Frau 
ihren Fisch öffnete, fand sie in demselben den Siegelring Salomon's , 
den der Dämon ^) »Haritsu" — verfluche ihn Gott ! — ^) ins Meer 
geworfen hatte. Sie sagte: »Schau her! Sieh dieses Wunder f Da 
nahm Salomon den Bing und sprach: »Es gibt keine Macht und 
keine Gewalt ausser bei Gott , dem Grossen , Erhabnen^' (im Ori- 
ginal arabisch). Er that ihn alsdann an seinen Finger , und alsbald 
kamen aus der Luft mit grossem Geräusch alle Dämonen , zugleich 
mit kostbaren Gewändern und vielen wohlzubereiteten Speisen, und 
sie erbauten zur Stelle einen prächtigen Palast. Salomon und seine 
Frau zogen die schlechten Kleider aus und legten dafür diese 
Gewänder an. Darauf liess er die Fischer kommen und sagte ihnen , 
dass sie nach Herzenslust von den Speisen essen sollten. Alsdann 
schickte er zum König »Yram", dass er kommen möge. Als dieser 
nun kam und all die Pracht und Herrlichkeit sah, sagte er zu 
seiner Tochter : »Ich bitte dich , mir zu yerzeihen und auch zu 
Gott zu beten, dass er mir verzeihe, denn ich bekenne mich jetzt 
zu eurem Glauben. Es gibt keinen Gott ausser dem einzigen Gott ; 
er hat keinen Genossen , und Salomon ist der Prophet Gottes" 
(im Original arabisch). Salomon sagte darauf zu ihm: »0 König! 
Gott wird dir verzeihen und dir das Paradies geben, denn Gott 
in seiner Herrlichkeit und Gnade führt, wen er will, auf den rech- 
ten weg" 3). 

Auf Salomon^s Geheiss liess sich alsdann eine Wolke hernieder ; 
in diese begab er sich mit seiner Frau und seinem Schwiegervater, 
und so schnell wie man das Auge öffnet und schliesst , gelangten 
sie in seinen Palast. 

Das ist also die Erzählung wie sie ähnlich in der oben ange- 
führten .rStelle bei Babadan und im 'Emek hamelech vorkommt. 



1) Im Original : -rAlchin" - ^. 

2) »Verflache ihn Gott" (aUI »JüÜ) kommt bei arabischen Autoren oft yor, 
wenn von einem Feinde Gottes (^iit ^<A£) die Rede ist. 

3) Der Spruch: «Gott führt, wen er will, auf den rechten Weg'* C^ ^c\^ 

j^9jJ^a Jo^^ ^I ^^•^.) kommt im Kor&n mehrmals vor (Sur. 2, 136. 909; 
10, 26; 24, 45; cf. 2, 274; 24, 35; 28. 66; 42, 52). 



277 

In letzterem Buche ist Salomon zuerst assistirender Koch (oder 
Küchenjunge) bei dem König yon Ammon, avancirt aber — da er 
durch eine Speise die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zieht — 
zum eigentlichen Koch. Aus dem '£mek hamelech ist diese Er- 
zählung in das jüdisch-deutsche Maasebuch (Jüdisch-deutsche 
Chrestomathie, p. 449 fg.) übergegangen. 

Aber auch das, was femer in dieser Legende yon Salomon er- 
zählt wird, erinnert an oben erwähnte Sagen. Den andren Tag — 
heisst es weiter (p. 303 fg.) — kamen an Salomon's Hof alle 
dlassen von Menschen, Thieren und Dämonen und alle huldigten 
ihm. Nur )>Haritsu" war nicht zu sehen. Salomon schickte Dämonen 
aus, um ihn zu suchen, aber umsonst. Da sagte einer derselben 
zu Salomon, dass Haritsu sich am Meere von »Zanaa'' aufhalte, 
dass er alle drei Monate zu einer Quelle auf dem Berge K&f 
komme, und dass, wenn Salomon ihm die Yollmacht sowie alles 
hierzu Nöthige geben wolle , er den Haritsu herbeischaffen werde. 

Die Art und Weise, wie das zu Stande gebracht wird, ent- 
spricht nun der talmudischen Erzählung sowie der oben aus Al- 
kis4i angeführten. Auch hier sagt Haritsu, nachdem er den Wein 
gerochen: i Verflucht sei, wer dich zuerst erfand, unglückliches 
Getränk ! Wer yon dir getrunken , den beherrschest du und beraubst 
ihn seines Verstandes". Er geht darauf fort , kehrt aber nach drei 
Monaten zurück, trinkt und berauscht sich und wird alsdann 
yon den im Hinterhalt liegenden Dämonen gefesselt und zu Salomon 
gebracht. 

Hier heisst es nun weiter, dass Salomon ihn in den Kerker 
werfen und jeden Tag züchtigen Hess ^). Da kam eines Tages der 
Engel Gabriel zu Salomon und sagte zu ihm: ))Gott, dein Herr 
und der meinige, will, dass du die Stadt »Baitul Makdis" ^) erbauest, 
die aber ganz aus Steinen bestehen soll, und zwar aus solchen, 



1) «T lo mando tormentar con variedad de tormentos cinco veces cada dia,delo 
caal pasaba mancha pena*'. .rMancho" für «mucho" kommt auch im Jüdisch-Spanischen 
sehr oft vor; statt «tormentos*' hat das Original: «Aladeb", d. i. ^^ Joe3^ , das dieselbe 
Bedeutung hat. 

2) (jMvAJi^J^ ^^^^ d^^ heilige Haus,) Jerusalem. Bei Abü'l-Fidft (Hist. anteisl.) 
hßisst 80 der Tempel, während Jerusalem «MtAÄtt heisst, z. B. p. 42. 4A. 48. 50. 



278 

die nicht mit Eisen behauen worden". Salomon wandte sich an den 
Vezir der Dämonen'). Dieser sagte: »Unter allen Geistern >) ist 
Keiner so klug wie Haritsu; wenn er keinen Rath weiss, so weiss 
ich keinen Andren aus unsren Scharen" ^). Alsbald befahl Salomon 
den Haritsu vor ihn zu bringen; als das geschehen war, sagte er 
zu ihm: »Feind Gottes I Wärest du im Stande, eine Stadt herzu- 
stellen , zu der kein Holz gebraucht wurde , die Yielmehr ganz aus 
Steinen besteht, die aber ohne Eisen behauen wurden?" Haritsu 
antwortete: »Verlangst du sonst noch Etwas yon mir, Prophet 
Gottes ?" »Nein", sagte Salomon, »sonst Nichts". »So beruhige dich", 
sagte Haritsu ; »ich werde dir diese Stadt herstellen ; gib nur Befehl , 
dass man mir die Fesseln abnehme". 

Der hierauf zur Ausführung gebrachte Bath Haritsu*s ist die- 
selbe Procedur wie in der talmudischen Erzählung und wie in der 
oben angeführten ]@Lazwtnt's. Nur ist es hier — wie im Talmud — 
das Nest des Wiedehopfes, das zur Entdeckung des zum Steine- 
spalten nothwendigen Mittels^) dient, sodass die Stadt ohne An- 
wendung von Eisen erbaut wurde. 

So wurde — heisst es am Schlüsse — die Stadt yoUendet , und 
auch die Erzählung ist zu Ende mit der Lobpreisung Gottes und 
mit seiner Gnade ^» Acabö la cibdad , tambien el cuento ^) , con la 
loor y gracia de Allah".) 



1) »el vizir de los diablos". Das arabische jJ:^ bezeichnet zunächst Einen, der einem 

Andren eine Last (aach figürlich) tragen hilft. So wird Sar. 20, 30, 31; 25, 37, 
Aaron der «}:^ seines Bruders' genannt. 

2) «Duendes" (eigentlich: «Kobolde, Hansgeister"); im Original: »Alifrites", von 
.»^Ji^y dessen arabischer Plural \^^^JLc ist. 

3) «nnestras Kabilas"; im Original : «nuesas alkabilas", von J^JUaÄ) Stamm (wovon 

Kabylen). 

4) Im Texte heisst es »Falico**, welches Wort ich aber nirgends finde. 

5) Wie sich die arabische Yolkssage noch immer mit David und Salomon be- 
schäftigt und stets neue Sagen bildet, davon ist ein Beispiel, was Jakob Saphir in 
seiner "H^DD ]Di^ betitelten Reisebeschreibung (I, 26 fg.) aus der Zeit seines Au- 
fenthalts in Südarabien erzählt. In einer Reisegesellschaft, zu der auch er gehörte, 
die aber zumeist aus Mekkapilgern bestand, wurde in einer schönen Nacht nebst 
andren Geschichten auch die folgende erzählt: Während einer Hungersnolh kam eine 
arme Wittwe zu David und klagte ihm ihre Noth. David gab ihr ein Mass (H^D) 



279 



Zu den Legenden des ersten Bandes gehört auch (p. 118 — 158) 
die G-eschichte Yon der Gebart Jesu — DÄlhadis" (\i>jv>J^) »del na- 
^imiento de I^e" (^^mj^) — zugleich auch die Yon seinem (schein- 
baren) Tode , da er weder gekreuzigt noch sonst getödtet wurde , 
sondern statt seiner ein Mann, dem Gott die Gestalt und das Aus- 
sehen Jesu gegeben hatte, wozu die betreffende l^oränstelle (Sur. 
4, 156) angeführt wird. Seine Benennung als »Alma^ih" (^na.m«»JI , 
n^2S^D ' Messias) wird damit erklärt , dass Alles , was er mit seiner 
Hand berührte, geheilt wurde '). 

Aus seiner Kindheit wird (p. 132^ erzählt, dass seine Mutter 
ihn zu einem Lehrer brachte , der ihm den ersten Unterricht geben 
sollte. Dieser sagte zu ihm: »Sprich: Abuched , heguaz , hottaje, 
quelemun , ^ayfet , Corazet" *). Jesus fragte ihn : »Was bedeutet abu- 
ched?'^ Der Lehrer antwortete ihm: »Sprich das, was ich dir sage; 
du hast mich nicht zu belehren^'. Darauf sagte Jesus: »0 Lehrer! 



Mehl. Als sie auf dem Heimwege war, kam ein sehr starker Wind and blies das 
Mehl weg. Die Fraa getraute sich nicht, za David zurückzakehren und ging wei- 
nend ihres Wegs. Da begegnete ihr Salomon, der — damals noch ein Knabe — 
gerade ans dem Lehrhause kam. £r fragte sie, wesshalb sie weine, sie sagte ihm den 
Grund. £r ging darauf mit ihr zu seinem Vater und bat denselben, ihm Scepter, 
Krone und Thron für kurze Zeit zu überlassen. David war dazu gerne bereit. Salomon 
liess darauf den Ostwind vor sich kommen, und fragte ihn, wesshalb er dieser Frau 
ihr Mehl entrissen. Der Ostwind antwortete: /»Das habe ich nicht gethan". Dieselbe 
Antwort gab der Westwind. Darauf wurde der Nordwind vor den Thron beschieden 
und dieser sagte: «Allerdings habe ich das gethan, aber ich that es nothgedrungen. 
ISin grosses Schiff, das ans Indien kam und dessen Fassagiere alle auf der Wallfahrt 
nach Mekka begriffen waren, bekam, als es auf dem rothen Meere war, einen Leck. 
Ich wusste mir keinen andren JKath , als dass ich das Mehl dieser Frau nahm und es 
zu einem Teige knetete, mit welchem ich die Öffnung verstopfte''\ Salomon entliess 
ihn in Gnaden, David aber schenkte der Frau ein andres Mass Mehl. 

1) /rPorque toda cosa que frotaba" — im Original: /rma9haba" — »con sus manos sanaba'*, 
also von ,^^MhA = mit der Hand berühren , streicheln. Unter den verschiedenen Er- 
klärungen von ^jLM*.4jl, Sur. 3, 40 bei den Commentatoren, kommt diese Erklärung 

nicht vor. 

2) Es sind das die Buchstaben des arabischen Alphabets, die — nach der Reihen- 
folge der hebräischen Buchstaben — schon frühe zu einzelnen Wörtern zusammen- 
gestellt wurden (y^^A^ijÄ [jokxm f^«JL^ if^^ 'f^ %X^ub. ^nd ^war, wie 
Pococke (Specimen hist. Ar., p. 808) vermuthet, von einem Pädagogen als mnemo* 
nisches Hilfsmittel (cf. De Sacy , Grammaire arabe, 1 , 10 ; Caussin de Perceval , Essai, 

I, 292 fg.). 



280 

Wisse , das Alif ist der Name G^ottes ; das Be ist die Ewigkeit .... 
Das Ta ist ein Baum im Paradiese, der »Tobe" heisst i); seine Zweige 
erstrecken sich weithin ; er ist bedeckt mit unzähligen Perlen , 
Edelsteinen und Rubinen ^). Das Je ist die Hand Gottes , ausge- 
streckt über alle seine Geschöpfe ^). Das Eef ist das Wort Gt)ttes 
an Moses". Auf diese Weise erklärt er 16 Buchstaben. Der erstaunte 
Lehrer küsst ihn und sagt zu seiner Mutter, welche gekommen 
war, um ihren Sohn abzuholen: »Dein Sohn bedarf keines Lehrers; 
er weiss mehr als irgend einer. 

Ahnliches wird übrigens auch in dem arabisch geschriebenen 
apokryphischen Buch »Das Evangelium yon Jesu Kindheit" (J^x^'t 
jLJ^Ayt, ed. H. Sike, p. 144) erzählt. Der Lehrer heisst dort 
Zachffius (1^;), und zwar ist es Joseph, der Jesus zu ihm bringt. 
Er schreibt zunächst die Buchstaben des Alphabets auf und sagt 
dann zu Jesus , er solle »Aleph" sagen. Als dieser das gethan , sagt 
er, er solle »Beth" sagen. Jesus bittet ihn, ihm zuerst zusagen, 
was Aleph bedeute ; darauf sagt er selbst die Bedeutung yon Aleph 
und Beth, dann, welche Buchstaben gerade, welche gekrümmt 
seien; darauf sagt er das ganze Alphabet her: Aleph, Beth, 
Gimel, Daleth (Jcb J.4^ <.:>uo v^t), bis zum Tau (^bü^) ^^^d gibt 
zugleich den Grund an , wesshalb die Buchstaben gerade in dieser 
Ordnung aufeinander folgen *). Der Lehrer sagt hierauf zu Joseph 
und Maria, dass dieser Knabe mehr wisse als irgend ein Lehrer. 

Im ersten Bande der »Leyendas" findet sich (p. 173—177) noch 
eine andre Erzählung yon Jesus. Er war einst , zugleich mit einem 
andren Manne , auf einem Berge. Da Beide hungrig waren , sagte 



1) ^S^ ^^^ Schilderang dieses Baumes gibt — nach arabischen Autoren — 
Pococke in »Not. miscell. ad portam Mosis", p. 293. 

2) Im Original : »alyacotas", OkdLüi , wie oben. 

3) Im Original: "halecados", von v«ÄL:>« wie oben. 

4) Wie der Heraasgeber in einer Note (p. 64 fg.) bemerkt, kommt diese Erzäh- 
lung schon in apokryphischeu Schriften vor, die Irenseus erwähnt. Gleichzeitig führt 
er eine Stelle aus «Kessceus" (Alkis&i) an, welche eine ganz ähnliche Erzählung enthält; 
nur wird Alles auf arabisch erklärt; z.B. Elif bedeutet: Es gibt keinen Gott ausser 
Gott (^t 'i\ gi\'i); G!m ist die Herrlichkeit (Jti>) Gottes... .; Ta ist ein Baum 

im Paradiese, ^ der Tübä heisst; J& bedeutet : Gottes Hand ist über seine Geschöpfe aasge- 
breitet (iJÜn> JLfi jdit ^^.)* ^^^ B^ erklärt Jesus der Reihe nach alle Bachstaben , 
worauf der Lehrer dasselbe, wie an den obigen Stellen, zu dessen Mutter sagt. 



281 

Jesus zu dem Manne , er solle gehen und Brot kaufen. Dieser ging ; 
als er zurückkam , war Jesus an einer andren Stelle des Borges , 
wo er sein G-ebet yerrichtete ^). Der Mann ass nun eines der Brote , 
die er mitgebracht hatte. Als Jesus zurückkehrte, fragte er ihn, 
wo das dritte Brot sei. Jener sagte: ]>Ich habe nur zwei Brote 
mitgebracht''. Sie gingen darauf weiter. Da trafen sie eine Schaf- 
heerde an ; Jesus kaufte ein Schaf, schlachtete es , und sie assen you 
seinem Fleische. Darauf sammelte Jesus die Knochen und sprach : 
»Erhebe dich mit der Erlaubniss G-ottes , des Erweckers der Todten". 
Das Schaf erhob sich blökend. Da sprach der Mann : »G-epriesen 
sei Gott 1'' ') Jesus sagte darauf zu ihm : »Ich beschwöre dich bei 
Dem , der dich dieses Wunder hat sehen lassen — , was ist aus dem 
dritten Brote geworden?" Jener antwortete: »Ich habe nur zwei 
gebracht". Darauf gingen sie weiter. Da gelangten sie an einen 
grossen Strom. Jesus nahm den Mann bei der Hand , und so gin- 
gen Beide über das Wasser hin, bis sie an das andre Ufer ge- 
langten. Der Mann sprach wiederum: »Gepriesen sei Gott!" Jesus 
wiederholte seine frühere Frage und erhielt dieselbe Antwort. Sie 
gingen weiter und gelangten an einen einsamen und abgelegenen 
Ort , woselbst drei grosse G^oldbarren lagen. Der Mann sagte : »Das 
ist ein grosser Schatz". Jesus antwortete hierauf: »Die eine Barre 
nehme ich mir , die andre gehört dir und die dritte gehört dem , 
der das dritte Brot gegessen". Da sagte der Mann : »Ich habe das 
dritte Brot gegessen, wenn ich es auch geläugnet habe". Jesus 
sagte: »Du magst alle drei Barren behalten", und yerliess den Ort. 
Der Mann wartete nun , bis Jemand käme , der ihm zur Fortschaf- 
fnng des Goldes behülfiich wäre. Da sah er drei Männer des Weges 
kommen; er ging zu ihnen und fragte sie, ob sie ihm helfen 
wollten, das Gold fortzutragen; er wolle sie dafür bezahlen. Sie 
erklärten sich bereit dazu , beschlossen aber unter sich , ihn zu 



1) »Alabandoa Dios"; im Original: »atasbihando". /rAtasbiha" (oder »tasbiha**) ist das 
arabische ^sa^^^imj, Lobpreisung (nomen actionis von ^pJuwm) ; »atasbihar^' ist das davon 
gebildete Zeitwort. 

2; Im Original: »Sobhena Allah*' — aUI ^L^Wv (ein andres, von a^'t^ gebildetes 

Haaptwort). Im Hindastani wird dieser Aasdruck — wie aas Shakespear s. v. za 
ersehen ist — als Ansruf der Verwanderang gebraacht. 

86 



282 

tödten , was sie auch ausf&hrten. Einer Yon den Dreien ward hier- 
auf fortgeschickt, nm Speisen einzukaufen, da sie zunächst essen 
wollten. Während seiner Abwesenheit kamen die beiden Andren 
überein, ihn bei seiner Rückkehr umzubringen und den Schatz 
unter sich zu theilen. Der Dritte aber hatte — um alleiniger Be- 
sitzer des Schatzes zu werden — GFift an die Speisen gethan. Als 
er zurückgekehrt war, erschlugen ihn die beiden Andren. Dann 
assen sie yon den Speisen ; das Gift that aber seine Wirkung und 
so fanden auch sie den Tod. 

Einige Tage darauf kam Jesus wieder an diesen Ort, und da 
er das Gold sah und die yier Todten bei demselben, sprach er: 
»Also ergeht es denen , welche lügen und schlecht handeln , und 
das ist der Lohn derjenigen, die nach den Gütern dieser Welt 
streben, aber Nichts für die andre Welt thun". 

Eine andre Legende (p. 325 — 371) enthält die Erzählung yon 
Moses, So'aib (Jethro) und dessen beiden Töchtern, von denen 
die eine, Safdra^), Moses' Frau wird — entsprechend der Dar- 
stellung bei Ibn el-Attr (I, tff) und bei den Commentatoren zu 
Sur. 28, 23 fg. Ausserdem aber wird hier noch Folgendes erzählt : 

Moses war mit So^aib übereingekommen, dass er ihm 8 (oder 
10) Jahre um seine Tochter dienen wolle ^). Nun war nahe der 
Stadt ein grosser und tiefer Strom , der 35 Ellen breit war. Am 
jenseitigen Ufer waren sehr gute Weideplätze , aber Niemand konnte 
die Heerden hinüberbringen. Moses legte sich nun über den Strom 
hin, sodass er mit seiner Körperlänge die Breite desselben yon 
einem Ufer bis zum andren bedeckte und eine Brücke bildete. 
Die Schafe gingen jeden Morgen und jeden Abend über seinen 
Körper hinüber und herüber, und in Folge dayon übertrafen die 
Heerden So'aib's alle andren , während sie früher die schwächsten 
und magersten gewesen waren. 

Darauf heisst es weiter: Es sagte »Cabu el ajber": Als Gott die 



i) Baidäwi za Sur. 28, 25 führt neben dem Namen sS^Sl^o a ach ^l^ft]^ an, sowie 
zwei Meinungen ; nach der einen war sie die ältere , nach der zweiten die jüngere Tochter. 
Nach Zamah^ari z. St. hiess die ältere f^^ftAd, die jüngere ft^^Aj^ (eine Diminativform). 

2) Der Text hat hier die Übersetzung der entsprechenden Stelle: Sur; 38, 27 %. 



V 



283 

grosse Frömmigkeit Moses' sah, gab er ihm kund^), dass er mit 
ihm , und zwar ohne Vermittler ') , sprechen und ihn zum Gesandten 
an die Kinder Israel's erwählen wolle. Darauf machte Gott allen 
Bergen der Welt seinen Willen kund und sagte zu ihnen: »Auf 
einem yon euch wDl ich mit meinem Knechte Moses sprechen". 
Jeder der Berge drängte sich nun stolz hervor, mit Ausnahme des 
Berges Sinai, der zurückblieb und sich vor Gott demüthigte. Da 
offenbarte Gott dem Moses seinen Willen und sprach: »Gehe zum 
Berge Sinai, der sich Yor mir gedemüthigt hat; ich habe bei 
meiner Glorie und bei meiner Herrlichkeit ^) geschworen , dass ich 
den erhöhen will , der sich yor mir demüthigt , und den erniedrigen 
will, der sich erhöht". 

Darauf folgt eine lange Unterredung zwischen Gott und Moses , 
in welcher Gott ihm kundgibt , wie viele Welten er vor Erschaf- 
fung der jetzigen Welt erschaffen, und ihm auch Vieles über Mo- 
hammed mittheilt. 

Von Moses , einer Taube und einem Falken erzählt eine andre 
Legende (p. 375 — 381). Diese Vögel waren aber die Engel Gabriel 
und Michael , welche auf Gottes Geheiss diese Gestalt angenommen 
hatten , um sich von Moses' Milde und Güte zu überzeugen. 

Unter den Legenden des zweiten Bandes ist eine (p. 27 — 93), 
welche von Mohammed's Geburt , Kindheit und Verheirathung , so- 
wie eine andre (p. 359 — 388) , welche die näheren Umstände seines 
Todes erzählt. In einer dritten Legende (p. 269 — 298) erzählt 
Mohammed von seiner Himmelfahrt. Unter den vielen wunderbaren 
Dingen , die er da gesehen , war auch der Thron Gottes von weissem 
Golde, zu welchem 70,000 Stufen führten, die alle von Engeln 
erfüllt waren , von denen jeder in 1000 Sprachen Gottes Lob ver- 



1) Im Texte lieisst es hier nnd an den folgenden Stellen: «inviöle Allah" (»revelacidn" 
setzt der Heraasgeber in Parenthese hinza); dieses «invid'' ist wahrscheinlich die 
Übersetzung von (C^*-^^ (»er schickte" und /»er offenbarte"), das in derselben Weise 
oft vorkommt. , 

2) »sin intermediario"; im Original : »sin turchiman", . . .U.>-^* , Dolmetscher. 

8) Diese Schwurformel entspricht dem ^j^L^^ l^T^ ^^^ Baid&wt zu Sur. 28, 81 
(II, p. 90, Z. 8). Diese Bevorzugung des Sinai wird ähnlich auch anderswo erwähnt 
(c£. ZDMG.. XLIl, 282 fg.). 



284 

kündete. Unterhalb des Thrones waren yier Engel ; das Angesicht 
des einen war wie das eines Hahnes , das des zweiten wie das 
eines Menschen, das des dritten wie das eines Löwen, das des 
vierten wie das eines Geiers. Der mit dem Aussehen eines Löwen 
betet zu Gott für die (yierfüssigen) Thiere ^) , der mit dem Aus- 
sehen eines Geiers für die Yögel , der mit dem Menschenangesicht 
für die Kinder Adam's , der aber in der Gestalt eines Hahmes war 
Yon ungeheurer Grösse, sodass seine Füsse bis an den Abgrund 
der siebenten Erde reichten. 

Mohammed befragte den Engel Isräfil über den letzteren Engel , 
worauf ihm Isräfil antwortete : Diesem Engel hat Gott die Gestalt 
eines Hahnes gegeben , weil man ohne ihn die Stunden des Gebets 
nicht wüsste , denn er lobpreist Gott in jeder dieser Stunden , und 
zugleich ruft er aus : »Gedenket Gottes , o ihr Gedankenlosen" , auf 
Arabisch: »Odcuru'llah ja gafilin"^). Und ihn hören die Hähne der 
Erde und sie rufen dann auch, und wenn er aufhört, schweigen 
auch sie (»y cäntan 6. su cantado, y callan ä su callamiento"). 

Dieser himmlische Hahn wird — nur ausführlicher , aber eben- 
falls im Namen des Propheten — auch bei !^azwtnt (s. y. t^o , I , 
f\t) und bei Damtrt (s. y. <ä)u^, ed. Bülä]^, I, fl*A) erwähnt. Auch 
Alkisäi (f. 77 r.) erwähnt im Namen Ea'b's einen Engel in Ge- 
stalt eines Hahns , dessen Kopf unter den Pforten des Erbarmens 
(K4.:>jit v|y') ^^1 während seine Flügel ausgebreitet sind und seine 
Füsse auf den Grenzen der Erde stehen, und der yor Tagesan- 
bruch ausruft: i> Gepriesen sei Er, der das Erbarmen erschaffen". 
Femer wird im Namen i^atädah's berichtet : Im Paradiese ist ein 
Hahn ; wenn dieser Gott lobpreist , so thun die irdischen Hahne das- 
selbe, und alsdann entfliehen die Dämonen s). 



1) Das hier gebrauchte altspanische »alimalias" (statt »aniniale8")i8tauchindenjü 
disch-spaoischen Schriften der gewöhnliche Ausdruck (als Übersetzung von fll^D^* 

2) ^^wJldU \^ aU^ !^j^<^^' ^^^^ ci^er S^cll® Alkis&i's (293 v.) rief der irdische 
Hahn, als er vor Salomon erschien, ebenfalls: ..^jJLSLc L aU^ I«|j5^<3I. Auch in 
Zamahsarrs Deutung der Vogelstimmen (Snr. 27, 16, p. Uli) ruft der Hahn: 

3) Der persische Name des Hahns ist (jt*^^ (YuUers, I, 683); Qw^ U^j^ 



285 

Andre Specimina der »Lengua aljamiada" finden sicli in den fol- 
genden Werken: 

1) Notices et extraits &c., Tom. IV (p. 626 fg.) und Tom. XI 
(p. 312 fg.) : zwei Abhandlungen yon De Sacy. 

2) Memorial histörico Espanol , Tom. Y (Tratadas de legislacion 
Müsulmana). 

3) Sitzungsberichte der E. Bayrischen Akademie, 1860 (p. 201 fg.) : 
Marcus Jos. Müller: Moriscogedichte. 

4) Coleccion de textos aljamiados, publicada por Pablo Gil, 
Julian Ribeira y Mariano Sanchez, 1888. 

Im 4. Bande der »Notices et extraits" (p. 646 fg.) findet sich als 
kleines Specimen die oben erwähnte Erzählung, wie Moses den 
Schafen Jethro's zur Brücke diente. Im 11. Bande (p. 331 fg.) 
findet sich — ebenfalls als Specimen — der Anfang einer Legende 
Yon i»Temim Addar", der fast wortlich mit dem Anfang derselben 
Erzählung in den »Leyendas moriscas" (II , 97 fg.) — wo sie voll- 
ständig mitgetheilt wird — übereinstimmt Auch sonst findet sich 
in diesen Schriften Manches, das oben erwähnt wurde. 



wird erklärt: »Avis, prima aurora clamans, qaam dein aliseclamando seqaontnr". 
Damit ist wahrscheinlich jener himmlische Hahn, and mit (J^-c Gottes Thron gemeint. 

Der erste Band (I, 53 fg.) gibt aus einem andren Bache einige Stellen, die eine 
Schilderang der sieben Himmel enthalten. Pag. 58 heisst es: Im zweiten Himmel 
ist ein Engel, der zar Hälfte aas Feuer, zar Hälfte aus Schnee besteht; das Feaer 
schmelzt nicht den Schnee und der Schnee loscht nicht das Feuer. Dieser Engel 
lobpreist Grott fortwährend und sagt: O Herr! Wie du Feuer und Schnee vereinigst, 
so vereinige auch die Herzen der Gläubigen («Lül ^^«ju v.^1 ^•yA [t a-^^ 

Ahnlich ist im jerus. Talmud (Rosch haschana, II, 3) die Rede von einem Engel, 
der zur Hälfte aus Feuer, zur Hälfte aus Wasser besteht. Im Midrasch (Bamidbar R., 
S. 12, zu Num., 7, I; Debarim R., S. 6, zu Deut., 20, 10) wird die Stelle: »Er 
macht Frieden in seinen Höhen" (Job, 26, 2) darauf bezogen , dass Gabriel ganz aus 
Feuer, Michael ganz aus Schnee besteht, dass Beide nebeneinander stehen und 
Keiner den Andern schädigt. 



ZUSATZE. 



Zu p, 10, Note 1. — DasB an dieser frlyolen Anwendung einer 
^Voranstelle (Sur. 61, 13) die Scholien Nichts auszusetzen finden, ist 
um so merkwürdiger, als eine andre yiel harmlosere Stelle der 
Makämen (p. tvt) allerdings beanstandet wird. Hier heisst es näm- 
lich im Texte: »Er führte mich in ein Haus, das... schwächer 

war als das Haus der Spinne" (CHA5üxit c>^ er* o^^^^' ^^^^ ^^^^ 
in den Schollen bemerkt , dieser Ausdruck widerspreche dem , was 
Gott gesagt habe (d. h., was im !VorS.n — Sur. 29, 40 — steht), dass 
nämlich kein Haus schwächer sei als. das der Spinne, nur aber 
sei das bei IJartrt nicht so genau zu nehmen , da es nicht ernstlich 
gemeint, sondern nur als Witz zu betrachten sei, dass es aber 
allerdings tadelnswerth sei, wenn Jemand ernstlich behauptete, 
dass das Haus der Spinne nicht das schwächste sei. 

Zu p. 16. ^ Manche biblische Ausdrücke sind in alle abendländi- 
schen Sprachen übergegangen, so »Jota", Matth., 5. 18 (im Neugrie- 
chischen wird ha löorx für »Nichts" gebraucht), »Mammon", ib., 6,24, 
»Skandal", ib., 13, 41 (auch die LXX übersetzen jy^)^ , ^^jjyjp 

mit (TKxviakov) , »Talent" im Sinne Yon »geistiger Anlage", Matth., 
25, 15 fg. — »Lazarus" wird auch im Holländischen für »aussätzig" 
gebraucht; so führt Weiland in seinem »Woordenboek" die Redens- 
arten an: »Hij is lazarus, een lazarus aan de deor", daneben die 
Ableitungen »lazarij , lazarasklap" u. A. — » Andare in Cafarnaum" 
wird ^wie aus Cherubini's Dizionario milanese-italiano (II, 36) zu 
ersehen) für »andare in chiasso" gebraucht; ebenso kommt »Gog 
und Magog" in der Redensart yor: »andare in oga e magoga", für 
»andare in paesi lontanissimi" (ib., s. y. Gog, II, 245). Auch der 
Name Jericho wurde — wie aus Nares' Glossary s. y. (I, 448) zu 



287 

ersehen ist — bei den Engländern ähnlich wie das deutsche »wo 
der Pfeffer wächst^', gebraucht , um Jemanden dorthin zu wünschen, 
mit Bezug auf 2 Sam., 10, 5. Viele biblische Ausdrücke werden — 
wie aus dem 1864 erschienenen »Slang-Dictionary" ersichtlich ist — 
in der englischen Studentensprache (« Oxford and Cambridge slang, 
OoUege-slang") in humoristischem Sinne gebraucht. So ist: Atninadab 
a quaker, Hittite a price-fighter (ron to hit), Jerusalem'pony a don- 
key (mit Bezug auf Matth., 21, 5), Jezehel a showily dressed wo- 
man (puritanischen Ursprungs), Moah a turban-shaped hat of the 
other sex (Ps. 60, 10). Zu der Zeit Carl's II. wurden (wie 1. c. p. 35, 
bemerkt wird) yon den jungen Stutzern, die »over head and ears'^ 
verschuldet waren, die Gerichtsdiener »Moabites" und »Philistines" 
genannt, während jetzt die Police-men »Philistines" genannt werden. 

Zu p. 20, Z, 8 fg. — So z. B. lautet die erste Beweisführung: 
In Ägypten erlitten die Ägypter 10, am Meere aber 50 Plagen. 
Denn in Ägypten ist (Ex., 8, 15) von einem Finger^ am Meere (ib., 
14, 31) von einer Hand die Rede. Nun aber hat eine Hand 5 Finger; 
waren es also in Ägypten 5, so waren es am Meere 5 X 10 = 50 
Plagen. Quod erat demonstrandum ! Diese Controverse ist übrigens 
dem Midrasch — Schemoth B., S; 23, und Midrasch zu den Psal- 
men (Ps. 78, 49) — entnommen. 

Zu p, 30; Note 2« — Bei der Erklärung des west-östlichen Divan 
ist es immerhin von Nutzen , wenn man einige Eenntniss des Ara- 
bischen und Persischen besitzt, oder doch wenigstens das arabische 
Alphabet kennt, damit man nicht nöthig hat, sich auf secundäreQael- 
len oder auf ungenaue Übersetzungen zu verlassen. Um aus vielen 
Beispielen eins zu erwähnen, so wird zu der Stelle »Perser nennen's 
Bidamag buden, Deutsche sagen Katzenjammer" (Das Schenkenbuch, 
IX, 14, p. 181 , ed. V. Loeper) vom Herausgeber nach Wurm's Com- 
mon tar zum west-östlichen Divan (p. 227) eine Stelle Chardin's (X, 
120) angeführt, wonach »Bidamag buden" bei den Persem soviel 
bedeutet wie »sans gaiet^". Aus Yuller's persischem WB. hatte man 
aber ersehen können, dass arabisch-persisch »dimäg" zunächst »Ge- 
hirn" bedeutet, und dass »btdamäg" (cUXo, eigentlich ^a> ^, 
»ohne Gehirn") im Sinne von »übellaunig, verstimmt, reizbar" (»ill- 
tempered, irritable, easily provoked" in Shakespeares Hindustani- 



283 

WB.) gebraucht wird. »Buden" (q*^) ist das persische Wort für 
»sein, to be" (mit welchem letzteren es sprachlich verwandt ist). 
Im Türkischen wird — nach Bianchi-Kieffer^s WB., 1, 424 — ä*o ^ 
für vsans ceryelle, sot", gebraucht. 

Zu p. 36. — Auch ein himmlisches Jerusalem — ^J^ D'^^K^IH^ 
rÖ)Jf2 — (ähnlich wie Hebr., 12, 22; Apoc, 21, 2, und Gal., 4, 26; 
an letzterer Stelle hat die syrische Version ] A .V\ y^ V A^ i^\\ wird 
im Talmud (Taanith, 5>) und im Midrasch zu Ps. 122, 3, als Deu- 
tung dieses Yerses erwähnt, welche Deutung sich auch im Targum 
und bei Baschi z. St. findet. 

Zu p, 43. — Auch in Eayserling's Biblioteca Espanola-portu- 
gueza-judaica wird unter den »Befranos o proyerbios Espanoles de 
los Judios Espanoles" (Appendice, p. 129) der Spruch angeführt: 
]>Quien en el caldo se quemö, en el yagurt asopla". Bei Negris, 
A Dictionary of modern greek proverbs, wird (p. 96) das Sprich- 
wort angeführt: 'OttoTo^ SKati *q to fforii/, (pvvist Koe) to Kptiov — 
vBumt by hot blows upon cold". Bei E. E. Franzos, Vom Don 
zur Donau (I, 302), findet sich das ramänische Sprichwort: »Wen 
die Schlange gebissen hat , der läuft auch vor der Eidechse dayon". 

Zu p. 47, — Dem 'i^D'^bn ]\i?^^ entspricht das yAcUö-o"« rp/rij 
Sirach, 18, 15, welcher Ausdruck, wie Schleussner s. y. yAwö'ö'« , 
unter Hinweisung auf Bochart, Hieroz. (P, I, 1. 1, c. 4, p. 25, ed. 
Lond.), bemerkt, yon der dreifurchigen (trisulca) Zunge der 
Schlange hergenommen ist. 

Zu p. 79. 96- — Zu zwei Stellen in Sebastian Brant's Narren- 
schiff bemerkt Zarncke in seiner Ausgabe dieses Buches , p. 328 : 
»Durch Verbindung yon Gen. X, 10 und XI, 9 wird yon Brant, 
Geiler u. A. Nimrod als Erbauer des Thurmes dargestellt", und 
p. 371: i»Das8 erzählt wurde, Noah habe seine Zeitgenossen zu 
bekehren yersucht, ist mir nicht bekannt". Dass aber die Gen. 
6, 3 erwähnten 120 Jahre dazu bestimmt waren, Busse zu thun, 
sagt Comestor (Gen., cap. 31) und ebenso (o. 38) , Nimrod habe den 
Rath zur Erbauung des Thurmes gegeben. Es ist leicht möglich, 
dass Seb. Brant das Buch Comestor's gelesen. Wie yerbreitet das- 
selbe war , ersieht man auch daraus , dass Conrad yon Megenberg 
(ed. Pfeiffer, p. 307) sagt: »Thamur oder samier haizt Salomon's 



289 

würm, dayon sagt man in der geschrift die scolastica historia 
heisst , dass Salomon des tempels stain da mit tailt und zerprach". 
In der That findet sich diese Nachricht über den Schamir bei Co- 
mestor (Hist. libri III. regum, c. 8). Wie übrigens Merzdorf in der 
Vorrede zu der yon ihm edirten Historienbibel (in welcher übrigens 
— p. 132. 610 — ebenfalls Nimrod mit dem Thurmbau in Ver- 
bindung gebracht wird) bemerkt, sind yiele Stellen Comestor's in 
die Historienbibeln übergegangen. 

Zu p. 148, Z. 14 v.u. — Ähnliche poetische Ausschmückun- 
gen , die zugleich daran erinnern , dass Ephräm religiöse Gedichte 
yerfasste, finden sich auch an andren Stellen, so z. B. (Opp., 1,52) 
die Schilderung des Einzugs der Thiere in die Arche, sowie (ibid., 
(p. 72) die Erzählung yon den Töchtern Loth^s. 

Zu p. 167. — Auch Maimonides in dem oben erwähnten Com- 
mentar zu den Pirke Aboth bemerkt ferner, dass das Wasser des 
Meeres sich zu Glas oder zu durchsichtigem Schohamstein yer- 
dichtete , sodass die Einen die Andren sehen konnten ,«und darauf 
beziehe sich die Stelle (Ps. 18, 12) UVrKif "»SV D^ODSlÄ^ri- 

Zu p. 173. — Dass Eorach Moses um Erbarmung angerufen habe, 
wird auch im M. Tanchuma (IV, 47<^, ed. Buber) — und zwar, wie 
gewöhnlich, mit Anknüpfung an einen eigenthümlichen Ausdruck 
des Textes — gesagt. Der Satz (Num., 10, 34) : Alles Volk floh yor 
ihrem (der Eorachiten) Rufe Q^^pp) wird darauf bezogen , dass 

Eorach dem Moses zugerufen habe: »Errette uns!" 

Zu p. 196. — In Gayangos' Übersetzung yon Ticknor's History 
of Spanish Literature wird (T. IV, p. 327) ein Moriscogedicht zu 
Ehren Mohammed's (vPoema anonimo en alabanza de Mahoma") 
mitgetheilt , in welchem erzählt wird , wie , während Mohammed in 
der Höhle war , eine Spinne am Eingange derselben ihr Gespinnst 
wob und eine Taube ihr Nest baute: 

La taratana texö luego por donde hobo entrado, 
La paloma hizo nido por cerrar el agujero. 

Zu p. 208» Z. 8 fg. — An den erwähnten Stellen (Pesikta d. B. E., 
62b fg.; Wajikra B., S. 15; Berachoth, 3^, i^) sowie in dem 

37 



290 

Yor Kurzem Yon Bnber edirten Midrasch zu den Psalmen oder 
D1Ö imK^j l^^^j *^öi»st es mit Bezug auf das *|ng; rTT^J^N' 

Ps, 57, 9, David habe gesagt: »Ich erwecke die Morgenröthe ; die 
Morgenröthe hat aber nie mich erweckt" (X^Hti^ Tm5?D NJN 
^b Tnj^D '^in iÖ iC\r\Wi ™ Midrasch z. St. und ähnlich 
jerus. Talmud Berachoth, ed. Krotoschin, p. 2: 'n^j;^ i^T^^^\ NJN 

^b i5;n^N mn iö j<nntyi xnnti^, ^ei ßaschi zu Ps. 57, 9, 
hebräisch: ^ji^ni^?» inüH pxi "iH^n nx nm5;D -^jx- 

Zu der Stelle im ersten Gedichte des west-östlichen Di van 
(Hegire, p. 5, ed. v. Loeper): 

Wenn der Führer mit Entzücken 
Yon des Maulthiers hohem Rücken 
Singt, die Sterne zu erwecken 

bemerkt Wurm in seinem Commentar z. St. (p. 30) , dass auch im 
Talmud (Berachoth , p. 8 , nach Rabe's Übersetzung) gesagt werde , 
die Morgenröthe habe David nie schlafend angetroffen, und darauf 
beziehe sich die Stelle Ps. 57, 9. Yon Loeper führt diese Bemer- 
kung Wurmes an , gibt sie aber ungenau wieder , indem er »Morgen- 
stern" statt »Morgenröthe" gebraucht. ^PK^ bedeutet immer 
Morgenröthe. 

Zu p. 220. 230, — Bei Damirt (s. v. J^J^, II, fff fg.) findet 
sich die Erzählung von den beiden Wiedehopfen sowie alles 
übrige, von Ta'labt Erzählte, bis zu dem Satze, in dem es heisst, 
dass Salomon auf die Ermahnung des Wiedehopfes hin denselben 
losliess. Ebenso wird die betreffende Stelle Zamah^arfs und die 
von !$!azwint erzählte Anekdote mit dem darauf bezüglichen Sprich- 
wort mitgetheilt. Bei Anführung des Sprichwortes verweist Socin 
(N°. 441) auf Burckhardt, N°. 662, wo dasselbe lautet : j^^^l aJlä er 
\^f^^ er cKW^* Auch die darauf bezügliche Anekdote wird zur Er- 
klärung von dessen Ursprung erzählt ; nur ist es nicht der Hudhud i) , 
sondern der Yogel ]^ombar (yJ^j eine Art Lerche), der Salomon 
und seinen Hofstaat einladet. 



l) Bemerkenswerth ist, dass im Flandrischen der Wiedehopf neben Huppetap aocli 
Hudhud genannt wird (Hoffmann von Fallersleben, Horae belg., II, 220). 



291 

Zu p. 246, Z, 14 V. u, — Was das Wort » Alerze" betrifft , so wird 
dasselbe in Pedro de Alcala's Yocabulista arayigo mit dem ara- 

bischen »erza, erg" wiedergegeben; ersteres ist 8:.t, die einzelne 

Ceder, letzteres ist jJ, die Oeder als Coli ectiy- oder Gattungsname. 
In Covarrubias' Tesoro de la lengua Castellana (ed. 1674, p. 30) 
heisst es, dass das spanische i»alerzo" — obschon lautlich dem 
lateinischen i^larix" näher stehend — yon Einigen mit »Ceder" 
erklärt werde. Diez s. y. alerce leitet das Wort allerdings yon 
»larix" ab. 



Im ersten Bande der »Leyendas" (p. 316—322) findet sich fol- 
gende Erzählung , überschrieben : vLa leyenda de Moises con Jacob 
el carnioero". Moses — wird erzählt — bat einst Gott, ihm zu sagen, 
wer dereinst sein Genosse im Paradiese sein werde. Es ward ihm 
darauf die Antwort, er solle nach der Stadt »Matazai'' ia Syrien 
gehen ; dort wohne ein Metzger , Namens Jakob , und dieser sei ihm 
zum Genossen bestimmt. Moses findet diesen Jakob in seinem Hause ; 
derselbe geht dann aus dem einen Zimmer in ein anstossendes. In 
diesem befinden sich seine Eltern , die yor Altersschwäche so hilflos 
sind wie kleine Kinder, und die ihr Sohn ebenso pflegt und wartet, 
wie das bei Kindern geschieht , indem er sie ankleidet , wäscht und 
ihnen zu essen und zu trinken gibt. Moses , der das Gespräch zwi- 
schen Jakob und seinen Eltern mit anhört , kann sich des Weinens 
nicht enthalten. Daraufsagt er zu Jakob: »Ich bin Mdsä, Sohn 'Im- 
rän's , und ich bin zu dir gekommen , um dich kennen zu lernen , 
denn du wirst dereinst mein Genosse im Paradiese sein". Jakob 
theilte das seinen Eltern mit , und diese, hocherfreut über solche 
Kunde, hauchten ihre Seelen (»sus arrohes", span. Plur. von ^«JO ft^s« 

Eine durchaus ähnliche Erzählung von D^X Q S?^^!!!'^ 1 ^^^ 
dem Metzger Nannos Oüpil DJJ) findet sich in dem Buche 
riTmn "mD? ^®^ ^^^ alphabetischen Aufzählung der Tannaiten 
und Amoräer, unter dem Namen y^^H*^ (ed. Lemberg, f, 86^). 



^. 



DRUCKFEHLER. 



S. 7, Z. 9 f., lies : Literatargebieten st. literaturgebieten 

» 28, » 6, 1. jOXJ st- ^ÖNJ 

j> 31, » 19, » zu denken st. zudenken 

)» 32, » 2 Y. u., 1. Burckhardt st. Burckhard 

» 77, 1» 5 Y. u., 1. ungenau st. ingenau 

» 98, » 1, 1. wo sie st. so wie 

9 98, 9 7, » Nebukadnezar si. Nimrod 

> 105, 9 10 Y. u., 1. du st. da 

V 112, » 7, 1. &9^ st. Ädi^ 

» 112, » 7, » ^.i^t st. .^UJI 

V 149, » 13 Y. u., 1. Eönigsgräber st. Konigsgräber 

5) 192, » 5, » » n*1ü 8*- (115? 

» 239, » 6 » » !") St. )"? 

» 253, T> 17, 1. Leyendas st. Legendas 

» 253, » 19, » F. st. S. 



Verlag yon E, J. Brill Leidep. 



>Vbdo-'lWd,liid al-Marr^koslif, The 

history of the Almohades, preceded by a 
Sketch of the history of Spain, from the 
timesofthe conqaest tili the reign of Ydsof 
Ibn-Teshiifin, and of the history of the 
Almoravides ; now first edited from a Ms. 
of the ümversity-library of Leyden, by 
R. P. A. DozY. 80. 2d Ed. revis. a. corr. 
1881 f4rJ7S. 

JLhoxju AM a.l-Kisam b. A.bctallali 
b. Siad. ou d* A-ricenne, Traitis mys- 
tiques. Texte araoe pablie d'apres les Ma- 
Buscrits da British Museum, de Leyde et 
de la- Biblioth^ue Bodleyenne avec Vei- 
plication en Frau9ais par M A. F. Mehren. 
ler Fascicnle. l'AU^gorie mystique Hay ben 
Yaqzän. 1889 fol f 1.75. 

-fVbu Bekx* ibno-*l- A-nbari, Kitäbo- 
*l-adhäd sive Über de vocabnlis arabicis 
qnae plures habent significationes inter se 
oppositas. Edid. atqae indicibas instr. 
M. Th. Houtsma. 1881. 8«» f4.SO. 

JlI>xl Ishak AR-ShtrÄzt, At-Tan- 
bth. (Jos Shafiiticam) qaem e codice Lei- 
densi et codice Oxoniensi edidit A. W. 
T.. Juynboll. 1879. 8® f5.85. 

A.d-13haliabf (Schaixi«o'd-13fxi A.bu 
A.bdaUali IMohaxumed ibn Ali" 
med), AI- Mosch tabib. E codd. Mss. 
edid. P. DB Jung. 1881. 8o. . . . f O.— . 

A.lfaräbi's philosophische Abhandlungen 
aus Londoner, Leidener und Berliner Hand- 
schriften. Herausgeg von Fr. Dieterici. 
Texte Arabe. 8® f3.— . 



A.1-Belddsori (Iradmo A.liixied ibn 
Jahja ibn IDjdbir), Liber expagna- 
tionis regionam, e codd. Leid, et mnsei 
Brit. ed. M. J.deGoejb. 1866. 4.0. f ir.— . 

A.l-Hamdd.nfs Geographie der Arabi- 
schen Halbinsel nach den Handschriften von 
Berlin, Constantinopel , London, Parisund 
Strassburg zum ersten Male heraus^;, von D. 
H. Müller, pr. cplt. in 2 Bde. f 14t. — . 

A.l-Makkari 9 Analectes sur Thist. et la 
litt^rature des Arabes d'Espagne , publi^s par 
R. üozY, G. DuGAT, L.KREHL etW. Wright 
1866—61. 2 Vol. 4° fSe.SS 

iknecdota Syxdaca. Collegit, edidit et ex 
plicuit J. P. N. Land. 1862—75. 4 völ 
40. : f 34.50 

A.nnales anctore Abu^Djafar Mohammed 
Ibn Djarir At-Tabari qnos ediderunt 
J. Barth, Th. Nöldeke, P. de Jong, 
K Prym, H. Thorbecke, S Fr^enkel, 
J. GüiDi, D. H. Muller , M. Th. Holtsma, 
Stanislas Guyard, V. Rosen et M. J. 
DK GoEJE. 1879—89. Serie 1 1—4, II 1— ä, 

MIT 1—3. Tom. I pars VI & VII, Tom. 
in pars VII & VIII .... f 105.75. 



]Bä,»im le fbrseron et JECärim l£r* 
Rachid. Texte Arabe en dialecte d'Egypte 
et de Syrie. Publik d'apres les. Mss. de 
Leide, de Gotha et du Caire et accompagn^ 
d'une traduction et d'nn glossaire par le 
comte Carlo de Landberg. I: Texte 
traduction et proverbes. 1888. 8'. f 3. — . 

Bibiiotbeca geographorum arabicorum 
ed. M. J. DE Goeje. Cum indie., glossario 
et add. 1870 -89. 6 vol. 8". f 53.75. 

Bpünno^v^, IR, £]., Die Charidschiten 
unter den ersten Omayyaden EiS Beitrag 
zur Geschichte des ersten islamischen Jahr- 
hunderts. 8® f 1.75. 

CatalofiTus codicum arabicorum 
Bibliotheoae A^cademiae Lufi;- 
duno-Batavae. Editio 2& Auctt M. 
J. DE Goeje et M. Th. Houtsma. 1888. 
vol. I. 8° f 0.~. 

Catalbsnao de Manuscrits arabes provenant 
d*ane bibliotheque priv^ a El-Med$na et 

. appartenant h, la maison E. J. Brill. R^- 
dig^ par Carlo Landbebg. 1883. 80. f 3. — . 

Diwan, Poetae jlLbti-'i-Wal£d IMos^ 
lim ibno'l- W al£d al- A^n^ä^rf cogno 
mine Cario-*l-<>ba'«vdnf, quem e codice 
Leidensi edidit, mnltis additamentis auxit 
et glossario instraxit M. J. de Goeje. 
•1875. 4*> f 11.70. 

Dozy, IR» P. A,9 Notices sur quelques 
manuscrits arabes, -avec un fac-simil^ de 
r^,riture d'Al-Makrizi. 1851. 8°. f 3.50. 

Recbcrches sor Thistoire et la littera- 

tnre de Tlilspagn^e pendant le moyen-äge; 
3me editioQ augmeut^e et entierement re- 
fondue. 1881. 2 vol. 8°. . . . . f 0.50. 

Le Cid d'apres de nouveaux documents. 

Nouvelle Edition. 1860. 8«. . . . f3.50. 

Lettre a Mr. Fleischer contenant des 

remarques critiques et explicatives snr le 
texte d'AI-Makkari. 1871. 80... fö.75. 

Le calendrier de Cordoue de Tann^e 

961. Texte Arabe et ancienne traduction 
Latine. 1873. S^ fS.— . 

Die Israeliten zu Mekka, von Davids 

Zeit bis iu^s fünfte Jahrhundert unsrer 
Zeitrechnung. Aus dem Holland, übersetzt. 
1864. 8*>. f 1.75. 

Essai sur Vhistoire de Tlslamisme 

Trad. du Hollandais par V. Chauvin. 1879. 
8*> f 3.75. 

Supplement aux dictionnaires Ara- 
bes. 1880. 2 vol. relies 4*». . . f 75.— . 

Corrections sur les textes du Bayäno 

'1-Mogrib d''Ibn-Adhäri (de Marop), de- 
fragments de la chrouique d*Arib (des 
Cordoue) et du HoUato 's-siyara d'lbno-'l- 
Abbar. 1883. 8° . . fl.SO. 



Verlag von E. J. Brill Leiden. 



DoÄy, R. I». A. et -VT. H!. EJnsel- 

xnanii, Glossaire des mots espagnols et 

• portngais de'rives de 1' Arabe. 2e Edition rcvue 

et tres-conside'rablement aagmentee. 1868. 

_^'* rs.rs. 

Edrtsi, Description de TAfrique et de 
TEspagne, texte arabe public pour Ja pre- 
mifere fois des Mss. de Paris et d'Oxford, 
avec une traduction . des notes et un glos- 
saire , par R. P. A, Dozy et M. J. de Goyjb. 

1866. roy. 8° f g.^'s. 

»Hrdusii hber regam qui inscribitur Schah- 
name ^ditionem Parisiensem diligenter re- 
cognitain et emenditam lectionibus variis 
et additaraentis editionis €alcuttensis auxit 
notis maximam partem criticis illustravit 
J. A. VuLLERS. Vol. I—III. gr.8°.f 35.S5. 
•BVRenkel, S., Die Aramäischen Fremd- 
wörter im Arabischen, gr. 8°. . f 5.S5. 
Q-oeje , M:. 3. de. Das alte Bett des "oxus 
Amü-Dai;ja. 1376. M. e. K. 8^ . f 1.50. 
O-oeje, IM. J. de, Memoires d'Histoire 
et de Geographie Orientales. N**. 1. Me- 
moire sur les Carmathes du Bahrain et les 
Fatimides 8° . . . f 3 , 

Ibn* Abd Kl-KerOm' all rizÄ von Sf rAz. 
Das Tarikh-i Zendije. Herausg. von Ernst 
Beer. 1888 £*1.75. 

Ibn-iVdliärf (de Maroc), Histoire de 
TAfrique^ et de l'Espagne intitulee Al- 
Bayano '1-Mogrib, et fragments de la 
chronique d'Arib (de Cordoue); le tont 
public pour la premiere fois, preceded'une 
introduction et accompagne de notes et 
d'un glossaire, par R. P. A. Dozy. 1848-- 

1851 2 vol. 8<» r 10 

Ibn al -A.»fr>ari's AsrÄr al c^rabiy aj 
herausgegeben von Dr. C. F. Skybold 

gr- 8°- • • • f 3.-: 

Ibn-Badroun, Commentaire historique 
sur le poeme d'Ibn-Abdoun public pour 
la premiere fois, preced^ d'une introduc- 
tion et accompagne de notes, d'un glos- 
saire et d'un index de noms propres, par 
R. P. A. Dozy. 1848. 8^ . . . . f lo.—. 



\ Kitäb al-Masd,Uk Wa'l-Ä^amÄlik 
(Liber viaram et regnorum) auctore Abu'l- 
Kasim Obaidallah ibn Abdallah ibn Khor- 
dädhbeh et excerpta e Kitäb al-KharÄdj 
auctore KodÄma ibn Dja*far quae cum ver- 
sione gallica edidit, indicibns et glossario 
instruxit M. J. de Goeje .... fO.ßO. 

Uandbers, C, Proverbes et dictons du 
peuple Arabe. Materiaui pour servir ä la 
connaissance des dialectes vulgaires recueil- 
lis, tradnits et annote's. Vol. I. Provinoe 
de Syrie. Sect. de Sayda. 1883. 8<>. f 7.~. 

Liexicon geographicum , cui titulus est. 



Ibno 'l-Kaisdrani (-Äbu'l-Fadhl Mo 

HAMMED IBN TaHIR AL-MaKDISI) VUlgO 

dictus. Homonyma inter nomina relativa. 
quae cum appendice Jöu Musae Ispahanen- 
sü e codd. Leyd. et Berolin edidit P. de 
JoNG. S^. ., f S.50. 

Ibn-TVadbib qui dicitur Al-Ja*qubl his- 
toriae. Edid. indicesque adjecit M. Th 
HouTSMA 1883. Vol I; Historia ante-is- 
lamica. Vol. II: Historia islamica 8°. f*15. 

Imad ed-dtn el-IiCatib,^^^Äj( ^-^\ 

^^JJiJI gOftii ^5, ou Conqu^tG de la 
Syrie et de la PaUstine par Saläh ed-dju , 
public par le Corate Carlo de Landberg 
Vol. I. 8°. 1888 f 0,__; 



gÜOij, e duobus codd. mss. nunc pri- 

mum arabice edidit T. G. J. Juynboh.. 
1850—64. 6 vol. 8« f 18.—. 

Livre des znerveiUes de rinde. Texte 
arabe public' d'apres le MS. de M. Schb- 
EER, collationne sur le Ms. de Constan- 
tinople par P. A. v. d. Lith. Trad. fran9, 
par' L. Marcel Devic. Av. 4 pl. color.' 
tir^es du MS. arabe de Hariri de la col- 
lection de M. Schefbr. 1883. gr. in-4®. 

f IS,—. 

Ivöldeke, Tb., Geschichte der Perser 
und Araber zur Zeit der Sasaniden. Aug 
der Arabischen Chronik des Tabari übers 
u. mit ausführl. Erläuter. u. Erganz, ver 
sehn. 1889. 8® f r.— 

F^rimeurs Grabes pr^sentees par le 
Comte de Landberg. Fascicule 1. 8°. f l.ÖO. 
Fascicule II f 3, ^ 

Recueil de Textes relatifs ä l'histoire 
des Seldjoucidcs. {Texte persan). Publ. par 
Th. Houtsma. 

Vol. I: Histoire des Seldjoucidcs du Kerm&n/ 
par Muhammed Ibrahim. 1886 . f 3.SO. 

Vol. II: Histoire des Seldjoucidcs de Tlr&q 
par al-Bondari d'apres Imäd ad-din al- 
Katib al.Jsfahäm. 1889 f 5.Q5. 

Sacadja b. JÖsnf al-Fajjümi, Kitäb al- 
Am&nät wa* I-Ftiqädät. Herausgegeben von 
S. Landauer. 1880. 8° .... f 4.75. 

Scriptoriim apabuixi loci de Abbadi- 
dis nunc primum editi a R. P. A. Dozy. 
1846—1863. 3 vol. 4° f 14.—. 

Spitta-6ey9 O., Contes arabes moder- 
nes recueillis et tradnits. 1883. 8°. f S.ys. 

Vetb, F». J., Liber as-Sojutii de nomini- 



^ WxO w } 



bus relativis , inscriptus v-jLJUI waJ, Ara- 
bice editus e tribus codicibus ms., cum 
annotatione critica et supplementis. 3 tom. 

in 2 vol. 1840—1851. 4° fe.— . 

"Wrigbt, W., Opuscula arabica, collec- 
ita and eJited from 'Mss. in the university 
library of Leyden. 1859. 8°. . . . fö.— . 



Verlag von E. J. BRILL, Leiden. 



UNIVERSITY OF CALIFORNIA LIBRARY 

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Fine sdiedule: 25 ceats on firsc day overdue 

50 oents on fonnh day overdue 
One dollar on seventfa day overdue. 



APR 30 1947 



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MAR 3 1962 

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