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•FROMTHEUBRARYOF-
• KONR.^D- BURDACH-
NEUE BEITRÄGE
Zur
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SEMITISCHE^ SAGENKUNDE
VON
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f "L^ .?
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LEIDEN. — E. J. BEILL.
1893.
NEUE BEITRÄGE
ZUR
SEMITISCHEN SAGENKUNDE
VON
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LBIDBN. — E. J. BEILL.
1898.
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Drack von E. J. Brill in Leiden.
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INHALTSVERZEICHNISS.
Seite
Einleitung 1
Adam 54
Noah. . 79
Abraham 89
Loth 132
Isaak nnd Jakob 141
Joseph 148
Moses • 152
Saul 185
David und Salomon 189
Die Legende in der jüdisch-deutschen , der jüdisch-spani-
schen und der spanisch-arabischen Literatur 240
Zusätze 286
M80919
• ••••• • «,*
• I*
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EINLEITUNG.
. . . Flüchte du , im reinen Osten
Patriarchenluft zu kosten . . .
Wo sie noch von Gott empfingen
Himmelslehr' in Erdesprachen
Und sich nicht den Kopf zerbrachen.
Wo sie Väter hoch verehrten,
Jeden fremden Dienst verwehrten,
Will mich freun der Jagendschranke:
Glaube weit, eng der Gedanke,
Wie das Wort so wichtig dort war.
Weil es ein gesprochen Wort war.
West-östlicher Divan. Hegire.
Die bekannte Stelle in Heine's Romanzero, in welchen er den
Unterschied zwischen Halacha und Hagada zu veranschaulichen
sucht, ist auch insofern merkwürdig, als Heine von diesem Li-
teraturgebiete nur sehr wenig wusste und dieses Wenige nur aus
zweiter Hand kannte, und dennoch mit poetischer Divinations-
gabe eine zutreffende Charakteristik desselben gibt.
Dahin gehört z. B« die Stelle:
Ja, frühzeitig hat der Yater
Ihn geleitet zu dem Talmud
Und da hat er ihm erschlossen
Die Halacha, diese grosse
Fechterschule, wo die besten
Dialektischen Athleten
Babylon's und Pumbaditha's
; :' '; \ Ihre Kämpferspiele trieben.
: :^^ : Xen^n konnte hier der Knabe
: . : ..: /Alhft-TKünste der Polemik;
Seine Meisterschaft bezeugte
Späterhin das Buch Cosari.
Nur ist die Halacha kein Kampfspiel , kein Turnier, sie ist viel-
mehr ein mit allem Ernst und aller Leidenschaft geführter Kampf,
wie denn im Talmud selbst der Ausdruck «Krieg der Thora» als
Bezeichnung der halachischen Debatten mehrfach vorkommt. Auch
dass die talmudische Polemik im Buche Cosari wiederkehre, ist —
abgesehen von andren Ungenauigkeiten , wie z. B. «Jehuda ben
Halevy» statt «Jehuda Halevi" oder die Zusammenstellung von
Babylon und Pumbaditha — nicht zutreffend. Das Buch Cosari
erinnert weit, mehr an die platonischen Dialoge oder die Dialoghi
di amore des Leone Ebreo (Abarbanel) als an die leidenschaftlichen ,
rhapsodisch kurzen, scharfpointirten talmudischen Debatten.
Sehr schön wiederum wird die Hagäda — im Gegensatze zur
Halacha — einerseits mit dem milden Mondlichte, andrerseits mit
den hängenden Gärten Babylon's verglichen. Die Hagada ist in der
That mild, träumerisch, friedlich, besänftigend; in ihr herrscht die
trauliche Dämmrung im Gegensatze zum geräuschvollen Tag der
polemischen Halacha. Es ist jedenfalls sehr charakteristisch, dass
viele talmudische Tractate mit hagadischen Stellen schliessen, in
denen — wie Rapoport bemerkt (Erech Miliin, s. v. niJNj P* ^^) —
namentlich eine Stelle mehrfach vorkommt^ in der es heisst, dass
die Schriftgelehrten Frieden stiften, sowie andre Stellen milden und
friedlich beruhigenden Inhalts, während andre wiederum Segens-
sprüche enthalten. Diese Stellen bilden so gleichsam einen harmo-
nischen , versöhnenden Schlussaccord. ^)
1) Wie Heine das, was er nur einmal flüchtig gehört oder gelesen hatte, poe-
tisch zu verwerthen weiss, davon ist — ahgesehen von den Stellen im Romanzero,
in welchen von jüdischen Literaturerzeagnissen oder sonst jüdischen Dingen die Rede
Mit den bangenden Gärten Babylon 's bat aber die Hagada nocb
eine besondre Aebnlicbkeit. Wie nämlicb Berosas (bei Josepbus g.
Apion I, 19, 20) erzäblt, batte der König von Babylon die ban-
genden Gärten anlegen lassen, um seiner Frau, die sieb nacb den
Bergen ibrer Heimatb sebnte, ein kleines Abbild derselben zu ge-
ben. So errinnert aucb die Hagada fortwäbrend an das Heimatbland
Palästina.
Wenn es nun aber ferner beisst, das Targum Onkelos sei dem
Jehuda Haleyi beim Studium des Talmud sebr gut zu Statten ge-
kommen, so lässt sieb das keineswegs so kategorisch behaupten.
Dem Studium des Talmud gebt in der Begel das des Targum On-
kelos nicht Yoran, auch ist die Sprache des letzteren von der des
Talmud verschieden. Wahrscheinlich aber hatte Heine von diesem
Targum Onkelos irgendwo gehört oder gelesen , und so musste der-
selbe, schon des seltsamen Klanges wegen, hier figuriren. ^)
ist — auch der Sclave aas Yemen , dessen Stamm «sind jene Asra , welche sterben
wenn sie lieben*' ein Beispiel. Unter diesen Asra ist ohne Zweifel der Stamm der
Odhra (Bena Odhra, HT<A£ i^) gemeint, die bei den arabischen Autoren mehr-
fach als Märtyrer der Liebe erwähnt werden, insofern als die liebe bei ihnen eine
unheilbare und tödliche Krankheit war. In einer Stelle Mas'üdis (Pariser Ausg. VIT,
S5I fg.) in welcher von diesen Benu Odhra die Rede ist, wird zugleich ein Gedicht
Eines derselben mitgetheilt, in welchem er sagt, dass kein Arzt (O'J^) aus Jemama
und kein Wahrsager (o|jC , das auch diese Bedeutung hat) von Negr&n ihm helfen
könne. Bei Hariri (2. A. p. ör«) wird diese heftige Leidenschaft ((^^) als Gleich-
niss gebraucht; in den Scholien z. St. wird bemerkt, dass diese Leidenschaft gewöhn-
lich' erst mit dem Tode aufhörte. Zugleich wird erzählt, dass Einer dieser Benu
Odhra auf die Frage eines (mit Namen genannten) Arabers, woher er sei, geant-
wortet habe : Ich gehöre zum Stamme derjenigen , welche sterben wenn sie lieben
(IpLc I^I>I 131 *j3 ^JA). In den Noten hierzu (T. II, p. 176) wird auf Kose-
garten's arabische Chrestomathie (p. 46) und auf Lances 100 1 Nacht (III, 247)
verwiesen, in welchen Stellen ebenfalls von den Ben« Odhra die Rede ist.
An einer andren Stelle Hariri's (p. !•♦) wird ein Sprichwort angeführt, das — wie
in den Scholien bemerkt wird — von einer Frau aus dem Stamme der Odhra (Asma*)
herrührt. Zu demselven Stamme gehörte übrigens auch Adhra (BJlVc) die Geliebte
des Wllmik (cf. WestÖstlieher Divan , ed. v. Loeper, Bach der Liebe , p. 45).
2) Wie Heine einen Ausdruck, den er zafälJig ein Mal gehört , bloss des seltsamen
Klanges wegen irgendwo anzubringen sachte, davon ist der »Tausves-Jontof^ in
der »Disputation" ein Beispiel. Tausves-Jontof , d.i. '2^\C} ÜV DlDDin ^^^ ^^^
m
Aussprache der deutschen und polnischen (slavischen) Juden (im Gegensatze zur Aus-
sprache der spanischen, italienischen und orientalischen Juden) bedeutet «Zusätze
statt des Targum Onkelos wäre es wohl passender gewesen, eine
andre chaldäische Bibelübersetzung anzuführen — nämlich das s.g.
jerusalemische Targum, das eigentlich mehr Paraphrase ist und
sehr viele hagadische Bestandtheile enthält, was in der Ueberset-
*
zung des Onkelos nicht der Fall ist.
Wenn von der Hagada die Rede ist, so verdient diese chal-
däische Uebersetzung schon deshalb Erwähnung, weil auch die
des Jom-tob. '2^\^ ÜV* Festtag, guter Tag, aramäisch ^p'^^ljg ist ein oft vorkom-
mender Name (Zanz, Namen der Jaden p. S8, Gesammelte Schriften II, 20) wie
ebenso das spätere Bondi ans ital. Baon di , das dessen Uebersetzang ist. Entsprechend
dem Gebraache , als Titel eines Baches einen Ausdruck zn wählen , in welchem der
Name des Verfassers enthalten ist — gewöhnlich biblische ausdrücke , wie ; Schild
Abraham's (nach Gen. 16,1), Feld Isaaks, Gespräch (n^tS^) Isaak's (Gen. 24,63),
Zelt Jakob's (fien. 26, 27 ; 31, 33), Sack Benjamin's (Gen. 44, 12), Bronnen Mosis
(Ex. 2, 16, auch als Wortspiel Deut. 1,6), Opfer Aarons, Teppiche Salomon's
(Cant. 1,6), Weinberg Salomon's (ib. 8,11) w. v. a. — ist ^1^ Q^l HIDDin der
Titel eines Commentars zur Misch na , den Jomtob Lippmann Heller verfiEisste (cf.
Wolf, Bibl. Hebr. I, N®. 831, p. 484) und — wie er am Schlüsse desselben sagt —
im Alter von 38 Jahren, im Jahre 5377 (d.i. 1617) vollendete. Dieser HIDDID
Dito DV ^^d *"^^ — ^^^^ d®^ jüdischen Sitte , den Verfasser eines Buches mit
dem Titel desselben statt mit seinem eignen Namen zu benennen — in A. Bern-
steines # Mendel Gibbor^' (ed. 1860, p. 112) unter den Vorfahren Malkoh's genannt.
Jedenfalls ist es ein — bewnsster oder unbewusster — humoristischer Anachronismus,
dass dieser Gommentar in der »Disputation^^ die doch lange vor dem 17. Jahr-
hunderte Statt fand , genannt wird. Das TOilt Nichts mehr der Tausves-Jontof , was
soll gelten P . . . denn der Taasves- Jontof , Gott , das bist du !" ist um so komischer,
als der Tossaphot- Jomtob keineswegs zu den Autoritäten ersten Ranges gehört, wie
er denn auch gar nichts andres sein wollte als ein einfacher Commentar.
Aehnlicb verhält es sich mit einem andren Worte. Der jüdische Name Feibestih ,
der schon frühe in jüdischen Schriften vorkommt, ist nichts Andres als Phoebus
(Znnz 1. c. p. 34, Wolf B. H. 1 , 9). Als Uebersetzung dieses Feibeech findet sich
auch der biblische Name Uri (*i'ni^> n^ein Licht, oder als Abkürzung von D^IK»
T •
Mein Licht ist Gott) wie aus Zunz (ib. p. 26) zu ersehen. Auf Büchertiteln kommen
zuweilen neben diesem Feibesch (tfi^^^l , tfi^D^^I , t£^3''^D » ^i® Schreibweise ist je nach
den Zeiten und Ländern verschieden) auch 1*^^^ und ^^"ntfi^» aramäisch Licht ,
Leuchter (arab. pers. ^'r^) als gleichbedeatende Namen vor (so z. B. bei Wolf I,
p. 30, 33; III, p. im, 1123, Fürst, Bibliotheca jad. III, 96 , 462). Heine hatte
nun wahrscheinlich einmal zufällig von diesem Phoebus-Feibesch gehört und diese
seltsame Uebertragung veranlasste ihn, auch Phöbus Apollo als Apollo- Feibesch im
Bomanzero (Der Apollogott) ligariren zu lassen, in der Stelle:
. . .Und da hiess er Rabbi Faibisch,
Was auf Hochdeutsch heisst Apollo —
Doch mein Abgott ist er nicht.
Sprache der im Talmud yorkommenden hagadischen Stelleji vor-
heriBchend die chaldäische , also die Yolkssprache ist , entsprechend
dem Tolksthümlichen Charakter der Hagada, während in der juris-
tisch-casuistischen Halacha das Hebräische vorherrscht. ^).
Dass nun aber Heine das Targum Onkelos wenigstens dem Na-
men nach kannte, ist für den Talmud wie für die gesammte jü-
dische Literatur sehr charakteristisch. Targum Onkelos ist — oder
war vielmehr, und zwar noch zu Anfang dieses Jahrhunderts —
ein in jüdischen Kreisen allgemein bekannter Ausdruck. Diese chal-
däische Uebersetzung ist nämlich in den meisten Pentateuchaus-
gaben dem Texte beigedruckt ; dazu kommt , dass in Baschi's Com-
mentar — in früherer Zeit ein allgemeiner Unterrichtsgegenstand —
das Targum Onkelos sehr oft angeführt wird. In weit früherer Zeit
wurde beim Vorlesen des Pentateuchs auch die chaldäische Ueber-
setzung der einzelnen Stellen vorgetragen. Ein solcher Uebersetzer
hiess Meturgeman, Turgeman, was also dem Turcimanno, drago-
man und andren Umbildungen desselben Wortes (Mhd. Tragemunt)
entspricht, das, wie Roediger bemerkt (Ges. Thes. s- v. QJ'^p,
p. 1264*), auch in andren orientalischen Sprachen vorkommt , wäh-
rend das chaldäische Wort das ursprüngliche ist. Und so wie
-dieses «Targum» — wovon das Zeitwort Esra 4, 7 vorkommt —
kein fremdes, sondern ein einheimisches Wort ist, so kommen auch
sonst innerhalb der jüdischen Literatur die verschiedensten Ueber-
setzungen vor, mehr vielleicht als in irgend einer andren Literatur.
Davon aber abgesehen finden sich im Talmud Fremdwörter aus
den verschiedensten Sprachen; das ist namentlich in der Hagada
der Fall, da das Aramäische, das in derselben vorherrscht, an und
1) Bemerkeuswerth ist , wie der Unterschied zwischen der casuistischen Halacha
and der populären Hagada sich nocli im 19. Jahrhundert geltend machte. So erzählt
L. Kaiisch (Bilder aus meiner Knahenzeit p. 71)> dass es neben den grossen Talma-
disten — die, wenn aaf Reisen, in grösseren Gemeinden Vorträge hielten, die aber
nur von den Gelehrten verstanden warden — auch wandernde Sittenprediger gab,
Maggidim (D^T»^Ö » desselben Stammes wie Ilagada , rn^D > ^^^^ -A- Bernstein's
«Vögele der Maggid^' hat davon ihren Namen) genannt, die viel populärer waren
als jene Talmudisten und die sich in ihren Vorträgen an das grosse Publicum, nament-
lich an die Frauen, wandten, wie sie denn auch neben der Bibel zumeist Midraschim
anfahrten. Zugleich wird der tiefe and nachhaltige Eindrack dieser Vorträge auf
die Zuhörer erwähnt.
6
für sich viele fremde Wörter aufgenommen hat. Die Fremdwörter
bilden aber auch insofern ein wesentliches Element der Hagada,
als bei der Deutung biblischer Ausdrücke auch oft fremde Wörter
herangezogen werden, die mit den hebräisehen Wörtern ähnlich
lauten , und dann dazu dienen , den letzteren eine neue Bedeutung
oder yielmehr Deutung zu geben.
Dieses Verhalten fremden Sprachen gegenüber — das zunächst
in dem unstäten Wanderleben der Juden seinen Ursprung hat —
bildet einen wesentlichen Unterschied zwischen der jüdischen und
der arabischen Literatur, während beide in andren Puncten man-
ches gemeinschaftlich haben, namentlich mit Bezug auf die Sagen,
die den Hauptbestandtheil der Hagada bilden (das hebräische H*!^!!
bedeutet zunächst Sage, Erzählung).
So berührt sich denn auch die oben angeführte Stelle aus dem
westöstlichen Diyan mit einer Stelle im Bomanzero , — wenn auch
nur flüchtig und äusserlich.
Die Hagada wird in mehreren Talmudstellen als anziehend und
erheiternd dargestellt. Im Bomanzero heisst es nun:
Und der junge Talmudschüler,
Wenn sein Herze war bestäubet
Und betäubet yom Gezanke
Der Halacha ....
Floh alsdann sich zu erfrischen
In die blühende Hagada ....
Die Stelle des westöstliohen Diyan ist q^ Hegire i überschrieben.
Dieses arabische Wort — Hj^s^ — bedeutet Abreise, Auswan-
drung , mit dem Artikel bezeichnet es die Flucht Mohammad's yon
Mekka nach Medina, die Hidschra, bei den Engländern Hegira,
bei den Franzosen L'h^gire, ^)
Diese Ueberschrift hat also Bezug auf das folgende: — «^ Flüchte
du, im reinen Osten» u. s. w. In der einen wie in der andren Stelle
ist so yon einem Sich flüchten die Bede.
l) Dass Göthe die französische Form des Wortes gewählt hat wird ?on ihm selbst —
in den «Noten und Abhandlangen*^ zum Divan (ed. v. Loeper p. 369) — motivirt.
Um eine grosse Entfernung auszudrücken gebraucht die Bibel
(Ps. 103, 12) den Ausdruck : so weit von einander entfernt wie Son-
nenaufgang von Sonnenuntergang ; dieselbe Yergleichung findet sich
auch im Eor4n (^^^aäJJxJI vXju Sur. 43, 37). i) Ausser der räum-
lichen Entfernung besteht aber auch sonst ein grosser Unterschied
zwischen Orient und Occident, welcher Unterschied auch in der
ganzen Anschauungs* und Ausdrucksweise sich kund gibt, während
andrerseits eine gewisse Yerwandschaft — die ja auch sprachlich
ezistirt — zwischen den einzelnen semitisch-orientalischen litera-
turgebieten zu Tage tritt. So kommt es denn, dass das, was in
der oben angeführten Stelle des westöstlichen Divans gesagt wird,
auch von der jüdischen Literatur gilt.
aWo sie noch von Gott empfingen Himmelslehr' in Erdespra-
chen», womit es in Zusammenhang steht, dass ((das Wort so wich-
tig dort war, weil es ein gesprochen Wort war» , was man auch
so auffassen kann, dass es ein von Gott gesprochnes Wort war,
das aufgeschrieben und somit zugleich ein geschriebnes Wort ward.
Das was die jüdische und die arabische Literatur von andren
unterscheidet ist , dass ein Beligionsbuch ihre Grundlage bildet und
von wesentlichem Einflüsse auf dieselbe war und ist.
Die jüdische Literatur ist eine vorherrschend religiöse, da sie
sich zumeist auf die Bibel oder den Talmud bezieht, deren Studium
als eine religiöse Handlung, zugleich auch als das Höchste und
Wichtigste , betrachtet wird. Die andren Wissenschaften stehen im
Dienste der Religion. In einer Talmud stelle (Sabbath 75^) heisst
es : Wer den Lauf die Himmelskörper berechnen kann aber nicht
berechnet — von' diesem gilt der Spruch (Jes. 5, 12): Sie schauen
nicht Gottes Thun und betrachten nicht das Werk seiner Hände.
Die Astronomie wird also hier vom religiösen Standpuncte aus be-
trachtet, weil nämlich die Betrachtung des Himmels und seiner
Gestirne zur Gottosverehrung führt, wie das in mehreren Bibelstel-
len ausgesprochen wird (z. B. Jes. 40, 26; Ps. 8, 2 fg.; 19, 2 fg.;
103, 14 fg.) und die arabische Sage (Sur. 6, 76 fg.) in der Geschichte
1) Auch im westöstlichen Divan (Buch Saleika ed. v. Loeper, p. 146) heisst es :
»Bist du ?on der Geliebten getrennt wie Orient vom Occident.../' wozu in der
Note dieselbe Yergleichung aus Kiatibi Rumi angefahrt wird.
■
1
10
Eine grosse Vertrautheit mit dem Eorän zeigt sich namentlich
in den Makamen des Harirl, in denen fortwährend Anspielungen
auf Kor4nstellen yorkommen, welche Vertrautheit Hariri auch bei
seinen Lesern voraussetzen musste. Aus einzelnen Stellen der Ma-
kamen ist ersichtlich, dass manche der im Koran Yorkommenden
Redensarten auch in der gewöhnlichen Umgangssprache — und
zwar mehr in humoristischer Weise — angewandt wurden. Dahin
gehört, was (zur Erklärung des ^,jA U L im Texte) in den
Schollen p. Ua bemerkt wird, dass man, um seine Verwundrung
über irgend Etwas auszudrücken , den Ausdruck «0 MarjamB UjyA L)
gebrauche, mit Bezug auf Sur. 19, 28, woselbst es heisst, dass
die Leute zu Marjam (Maria) sagten : Marjam , was ist das für
eine seltsame Sache !
Nirgends aber kommen dergleichen Anführungen und Anspie-
lungen so häufig Tor, wie bei Hariri, wo sie eben mit zu dem
ganz eigenthümlichen Charakter des Buches gehören ^).
Bei den arabischen und bei den jüdischen Autoren dient ein
und dasselbe Wort sowohl zur Bezeichnung einer Perlenschnur
als auch eines Gedichtes (|^*^n' i^) i*)^'^' ™ Gegensätze zu
.yJU , Prosa) , und ebenso findet sich — wie bei Hariri das Ein-
reihen Yon Kor4nstellen — das Einreihen von Bibelstellen in den
jüdischen Schriften, namentlich in den zur Liturgie gehörenden
Dichtungen. Es sind das gleichsam eingereihte Perlen, die dem
Ganzen höheren Werth und Glanz verleihen , durch die ganz
überraschende Gedankenverbindung etwas Frappantes und Fesseln-
des, sowie in ihren Anklängen etwas Trauliches und Erinnrungs-
witziger Weise aaf die verschiedeDsten Dinge anwandte. Aber auch heute noch ist
das nichts seltenes; A. Bernsteines Erzählungen (Vögele der Maggid und Mendel
Gibbor) liefern fast auf jeder Seite Beispiele hierzu, aber auch dafür, dass das was
man jetzt /»geflügelte Worte" nennt in der jüdischen Umgangssprache mit Bezug auf
biblische Redensarten sehr häufig Torkommt.
1) Wie die Araber für Alles Kunstausdrücke haben , so ist auch ^ÜÄd* — wörtlich :
Feuer vom Heerde eines Andren nehmen — die Bezeichnung dieser Art von Ent-
lehnung, und wird so in den Scholien zu Hariri (p. n\) mit Bezug auf dasy^
(^Ajy^ ^^^ ^' CT* (^"^' ^^» '^) gebraucht. Sehr merkwürdig ist jedenfalls
die Anwendung dieses Spruches — der übrigens auch die Inschrift türkischer Fahnen
bildet — auf das in dieser Makame behandelte Thema.
11
reiches haben. Es sind alte Freunde, die Einen unerwartet be-
grüssen.
So führt auch Alcharizi in seiner hebräischen Übersetzung der
Makamen Hariri's , sowie in den yon ihm selbst verfassten Makamen
(n*ni3nD) ^*^** ^^^ Koranstellen Bibelstellen an. Alcharizi hat
nun eine reichere Auswahl, denn abgesehen davon , dass die Bibel
umfangreicher ist als der Koran, so ist auch ihr Inhalt ein sehr
mannigfcdtiger, während der Koran sich immer in einem nnd
demselben Ideenkreise bewegt ^). Diese Anwendung von und An-
spielungen auf biblische Stellen findet sich übrigens in der ge-
sammten jüdischen Literatur.
Wie gross der Einfluss einer Religionsurkunde auf Sprache und
Literatur einer Volkes ist, ersieht man aus der arabischen Lite-
ratur weit deutlicher cds aus der jüdischen , da man bei jener die
Yorislamische Literatur mit der nachislamischen yergleichen kann.
In der letzteren weht ein durchaus yerschiedner Geist, da der
ganze Ideenkreis und also auch die vorkommenden Ausdrücke
ganz andrer Art sind als die früheren, und da der Koran als
klassisches Buch, als unerreichbares Muster und Vorbild be-
trachtet wird , dessen Ausdrucksweise man so gut als möglich
nachzuahmen sucht. Dazu kommt, dass mit den neuen Begriffen
auch neue Wörter einwanderten, die aus anderen semitischen
Sprachen — aus dem Aramäischen und dem Späthebräischen —
stammen. Diese Wörter — wie auch ganze Redeweisen — haben
mit der Ausbreitung des Islam auch in andere Sprachen Eingang
gefunden und bilden so eine gewisse sprachliche Einheit zwischen
den verschiednen Idiomen des Islam, Persisch, Türkisch, Hin-
dustani, die diese — zumeist der Religionssphäre angehörigen —
arabischen Ausdrücke aufgenommen haben, trotzdem dass ihr
Organismus ein ganz andrer ist als der der semitischen Sprachen ,
in Folge wovon oft ein arabisches Zeitwort durch das entspre-
chende arabische Hauptwort, verbunden mit dem persischen oder
1) Auch das Urtheil Alcharizi'g über B. Jehuda Halevi, das Heine in den Noten
zum Romanzero in Übersetzung anführt (diese Übersetzung findet sich auch in Sachs
«religiöse Poesie", p. 287) ist mit Bibelstellen durchflochten, was man der Überset-
zung freilich nicht ansieht.
12
Hindustaniwort für «machen» , wiedergegeben werden muBS ^) Ähn-
lich verhält es sich mit den , der arabischen Sprache entnommnen ,
persischen und türkischen Personennamen , die der Beligionssphäre
angehören.
Der Einfluss den ein geschriebnes Beligionsbnch auf die Sprache
ausübt zeigt sich auch anderswo da am Meisten , wo die Religion
keine einheimische sondern aus der Fremde eingeführte ist. Hie-
ronymus erwähnt an einer Stelle (£p. CYII ad Laetam , ed. YalL
I, 679) mit Stolz den Sieg der christlichen Religion über die
heidnische, in der That aber zeigt sich dieser Triumph nirgends
so deutlich wie in der s. g. Yulgata , in der die stolze römische
Sprache mit ihrer Formschönheit die Sklavin eines verachteten
Idioms ist, dessen Eigenthümlichkeiten sie sich fügen muss,
während eine Menge barbarischer Ausdrücke gleichsam das römische
Bürgerrecht erhalten haben. Und dabei ist es ein Buch, das eben so
berühmt ist und eben so oft angeführt wird wie das irgend eines
römischen Autors.
Viele dieser barbarischen Ausdrücke sind herübergenommene
oder nachgebildete hellenistische Wörter, die selbst wiederum
Nachbildungen hebräischer Wörter sind, wie z. B. Angelus, Dia.
bolus, Anathema, Benedico (föAoyi«), hebräisch: >Cpt2^, *nj^^O>
TO' cnr\-
Hellenistische sowie viele altgriechische Wörter in kirchlich-reli-
giöser Bedeutung, die also von der ursprünglichen durchaus ver-
schieden ist, bilden einen wesentlichen Bestandtheil des Neugrie.
chischen. Indem nun daneben noch viele althellenische Wörter in
1) Za den vielen aus dem Arabischen stammenden Ausdriicken in den andren
Sprachen gehört z.B. auch J^i*^, Weg (das im Koran oftin Verbindung mit Allah,
aber auch allein vorkommt, wie Sur. 25,9 für «Weg zum Paradiese'* &c) «Sebil
bezeichnet jede freiwillige, blos aus Liebe zu Gott dem allgemeinen Besten darge-
brachte Spende, wie z.B. die Herstellung eines öffentlichen Brunnens, und so heisst
der Brunnen selbst Sebil'' (Wetzstein in ZDMG. XI, 512 N.). Dieses «Sebil" für
Brunnen findet sich nun auch im Persischen, Türkischen und Hindustani. So wird
ferner im Hindustani ^t ^ JJ» (nach Sur. 112, 1), mit Bezug auf eine religiöse
Geremonie, gebraucht, um zu sagen, dass die Malzeit zu Ende (Shakespear W. B.
8. V. v/<^, p. 1286). Es sind das wenige Beispiele aus sehr vielen.
n
18
ihrer ursprünglichen Bedeutung gebräuchlich sind, tragt dieses
Idiom die Spuren des langen Kampfes zwischen Heidenthum und
Christenthum, wie andrerseits in der Benennung mythologischer
Personen der alte und der neue Glaube yielfach synkretistisch in ein-
ander spielen. Dagegen sind die Wörter ''ASif ^ , ylyctuTsg , ^»tfihiov ,
9a/o^ , (reXlivyi , die in der Übersetzung der LXX (und ebenso in der
neugriechischen Bibelübersetzung) vorkommen, einfach die Über-
setzung der hebräischen Ausdrücke ^Tj^ tÜ^pIfi^? *1I2^> 0^^9-5' ^M^tif'
• • • • •
Ahnlich würde wohl auch Luther's Bibelübersetzung, wenigstens
hie und da, Spuren des hartnäckigen Kampfes zeigen, der Yor-
hergehen musste, ehe die Sachsen das Christenthum annahmen
— nur aber war die altgermanische Literatur lange nicht so reich
wie die Griechenlands, wo ausserdem noch unzählige Kunstdenk-
mäler — ja die Natur selbst — fortwährend an die alte Religion
erinnerten.
Viele neugriechische Wörter von kirchlich-religiöser Bedeutung
haben in der russischen Sprache Aufnahme gefunden, wie ebenso
viele der Yulgata und der Kirchensprache eigenthümlichen Aus-
drücke in die romanischen Sprachen übergegangen sind. Zuweilen
ist es ein acht römisches Wort , dessen Bedeutung aber mit der
früheren nicht identisch ist, es ist derselbe Wortkörper, aber
der Geist ist ein andrer. So ist z. B. das französische Cieux in
fjustes cieux! Boyaume des cieux» dem Laute nach das latei-
nische Coeli, aber nicht dem Sinne nach, da letztere Pluralform
überhaupt sehr selten und auch der Singular nie metonymisch für
tGottD gebraucht wird. Cieux entspricht dem Coeli der Yulgata
und der Kirchensprache in Regnum coelorum, Botvi^etot rcov ovpxvwv
(letzteres auch in der neugriechischen Bibelübersetzung^ , woneben
Regnum Dei , BatriXsi» tou diov in gleicher Bedeutung gebraucht
wird. Dieser Ausdruck ist die Nachbildung des späthebräischen
D^OK^ — ^*® *^^^ ^^ ^®^ Mischna (z. B. Berachoth II, 2.5) vor-
kommt , Q^OtJ^ mD^D j ^i® Herrschaft des Himmels , d. h. Gottes
— , des aramäischen J^'^QtJ^ «Himmel» für aGott».
Dasselbe findet namentlich bei vielen Adjectiven statt, z. B. im
franz. chamel (englisch : camal) vom kirchenlateinischen camalis ,
u
im N. T. (auch in Keugriechisohen) <rapKiici^ von Z^p^ zur Be-
zeichnung der Schwäche (wie Matth. 26, 41 if ii actp^ ifrievvic;) in
welchem Sinne auch das biblische "^fc^J gebraucht wird (Cf. Ges.
thes. s. V. "^Ji^^, Schleussner s. v. Y,xp^y
Wie man nun emphatische Ausdrücke gerne fremden Sprachen
entlehnt , da der fremde Klang an und für sich etwas Emphatisches
hat nnd wirkungsvoller ist als der heimische, so kommen unter
diesen Fremdwörtern auch biblische Ausdrücke yor. So z. B. das
französische Bacaille, nach Littr^'s sehr einleuchtender Meinung
vom biblischen Baca , *¥a%i (Matth. 5, 22) , das selbst ein Fremd,
wort ist, das aramäische \q'^ (das auch die syrische Version z.
St. hat) , das talmudische ^^p^^^n? welches als Scheltwort an mehreren
Stellen vorkommt.
Ein ähnliches Wort ist das französische Gdne — wovon das
deutsche Oeniren — , in der früheren Sprache , wie aus Littr^
s. V. zu ersehen, Gehinne, Oehenne, ursprünglich soviel wie
Folter, Folterqual, dann Qual überhaupt (in welcher Bedeutung
das Wort noch bei Montaigne vorkommt), von Tisvv»^ Gehenna
im N. T. , dieses vom syrischen Gehano (|jflUi^^) im Targum und
im Talmud (schon in der Mischna) Q^H^J, das biblische ^^
Düil QS)' *^®^ ^^ übertragner Bedeutung. Das Wort wurde, in letz-
terer Form und Bedeutung als |wi^:> von Mohammad aufgenom-
men und ist so auch im Persischen, Türkischen und Hindustani
gebräuchlich. Es ist das cdso eines derjenigen Fremdwörter, die,
aus dem Hebräischen stammend , im Orient wie im Occident unter
allen Bekennem des Monotheismus einheimisch geworden sind,
wie z. B. auch Sabbath (TQ^ , ar. vi^v^A^w«) , Messias {YV0J2 j *'^*
g.x-.Mvo) , Satan (^^^^ , ar. ^LkiyÄ) und andre. Nur sind diese
Wörter dem arabischen Idiom nicht so fremd wie den abendlän-
dischen Sprachen, da sie verwandten Sprachen entnommen sind
und derselbe Wortstamm gewöhnlich im Arabischen ebenfalls vor-
handen ist , wie denn diese Wörter auch von den arabischen Au-
toren aus dem Arabischen hergeleitet werden ^).
1) So wird »Schneiden, Abschneiden" if^) für die eigentliche and ursprüngliche.
15
Ein andres, aus der Bibel stammendes, französisches Wort ist
Calice in Boire oder Avaler le calice, le calice am^rc de la yie
bei Lamartine (von Littr^ s. v. angeführt). Es ist dieses das la-
teinische Calix , das aber in dieser metonymischen Bedeutung nur
in der Vulgata (z.B. Matth. 20,22; 26, 39. 42 ; Marc. 10, 38. 39)
vorkommt. Dieser Sprachgebrauch stammt aus dem alten Testa-
mente , in welchem Becher , Kelch (Q^^) nicht nur als Kelch des
Leidens (auch ohne näheren Zusatz wie Klagel. 4, 21) sondern auch
als Kelch des Trostes, des Heils, des Überflusses vorkommt (cf,
Ges. Thes. s. v. QJ^ > P« ^^^ 6) ; die Vulgata hat an allen diesen
Stellen natürlich auch Ccdix.
Biblischen Ursprungs ist auch das französische (und deutsche)
Cidre, cdtspanisch Sizra, nach Diez s. v. sidro von Sicera , Z/x«/9«.
Dieses Wort findet sich in mehreren Stellen der LXX sowie der
Vulgata (z. B. Lev. 10, 9. Num. 6, 3. Deut. 14, 26. Jud. 13, 4. 7. 14;
an letzterer Stelle hat die Übersetzung der LXX (jt,i6v(Tfia) und
entspricht dem hebr. "^^yp , berauschendes Getränk, Auch an einer
Stelle des N. T. (Luc. 1, 15) findet sich ZUepa , Sicera. Die sy-
rische Version hat an mehreren dieser Stellen \ ^^ I , das Targum
zu den Proverbien (20, 1; 31, 4. 6) J^'^^tü^, es ist dieses das
hebräische *^3Ji^ in aramäisirter Form , da ein Zeitwort "^^tü^ im
Aramäischen nicht existirt. Aus der Vulgata stammt übrigens auch
das franz. Vermeil , ital. Vermiglio , nämlich von Vermiculus , womit
das ('iJI^) nj^^lD a» mehreren Stellen (Ex. 35, 25. 35 ; 38, 18. 23)
übersetzt wird.
Auch das in der Vulgata (Luc. 23, 18) vorkommende Tolle
(hunc) hat unter derselben Form auch im Französischen Aufnahme
gefunden , in der Redensart : Crier toUö sur quelqu'un , Erbittrung
gegen Jemand erregen.
Wie bei göne, geniren kommt es oft vor, dass ein Wort
»Ruhen'' als die secnndäre Bedeutung von vi>-*-»w erklärt (ZDMG. XXXIX, 585);
die verschiednen Erklärungen von ^sjlmm-S^ — worunter auch die, das es ein he-
bräisches Wort, in der Bedeutung «gesegnet*', sei — werden von den Commentatoren
zu Sur. 3, 40 , die von QUfljyÄ zu Sur. 2, 13 angeführt.
16
kirklich-religiösen Ursprunges in Folge des häufigen Gebrauches
populär und in ganz yerschiedenem , oft humoristischem , Sinne
gebraucht wird. Dahin gehört ein andres lateinisches Wort, Pec-
cata, das — wir aus Littr^ s. v. zu ersehen — in der Volks-
sprache zur Bezeichnung eines Esels — im eigentlichen wie im
übertragnen Sinne — gebraucht wird: C'est un peccata. In der
Normandie nennt man den Esel, wegen der vielen Schläge die
er erhält und geduldig erträgt, Peccata mundi, mit Bezug auf
das Lamm Gottes , das die Sünden der Welt trägt (Joh. 1, 29).
Ebenso wird Benedicte für Abführungsmittel, Benediction für
Laufpass (donner k quelqu'un sa benediction) und Eyrielle , Litanei
(von Kvpti sKitifToy) , ähnlich wie das deutsche Litanei , zur Be-
zeichnung einer langen, nichtendenwoUenden Bede gebraucht i).
Auch Personen und Ortsnamen werden appellativisch gebraucht,
z. B. Benjamin für Schosskind, Caphamaüm (Capemaum, in der
syrischen Version und im Talmud mriJ ^DD > Nachumsdorf) zur
Bezeichnung eines Ortes , in welchem yerschiedenartige Dinge durch-
einander aufgehäuft sind. Ein weitverbreiteter Personenname dieser
Art ist der des Luc. 16, 19 fg. erwähnten Lazarus, Abkürzung des
hebr, "^^y^J^ , ebenso in der syrischen Version und im (jerus.)
Talmud ^"^^f^. Nach Diez (W. B. 3. A. 1 , 245) und A. Fuchs
(die romanischen Sprachen u. s. w. p. 224) sind von diesem Namen
gebildet : Spanisch lazaro (lazarino) , Aussätziger , Bettler , lazarillo,
Bettelknabe, Knabe der einen Bettler führt, laceria, Armuth
(altspan. Aussatz) , lazareto , ital. lazzeretto , Lazaret , ital« lazza-
1) Die veränderte Form und Bedeutung derartiger Wörter fuhrt zuweilen zu einer
falschen Etymologie. Ein Beispiel hiervon ist das holländische Kermis =» Kirmes ,
Kirchweihe (franz. Kermesse, vielleicht durch die berühmte Kermis von Ruhens be-
kannt geworden). Ebenso wie das deutsehe ist auch das holländische Wort zusammen-
gesetzt von Kerk, Kirche und Misse, Mis = Messe und hat ebenso im Lauf der Zeit
die ursprungliche Bedeutung verloren, indem es nur noch im Sinne von Volksbe-
lustigung gebraucht wird, so in dem Sprichworte: «Het is niet alle dag Kermis"
und in den Zusammensetzungen Kermisbier, Kermisdans, Kermisgast, K. Gift, K.
Koek U.S.W. Kilian (Etymologicum teuton. linguae und Diction. teutonico-latinum)
erklärt nun auch Kermisse mit Kerckmisse, Kerckw^hinghe, Kirchweihung, leitet
aber Kermisse von x^p^ioa-Cv^ ab mit der Bemerkung: Festam fuit apud Athenienses
a gandio s. laetitia dictum.
17
rone, Einer aus der unterfiten Yolksklasse Neapels, französisch:
ladre, aussätzig, filzig.
Auch in der deutschen Sprache finden sich viele Wörter bi-
blischen Ursprunges , wie z* B. Furcht Gottes , Furcht des Herrn
(D'^n^K nN*T^ > Luther hat noch an anderen Stellen , entsprechend
• ••• • • . .
• • •
dem hebräischen Ausdrucke i>eure Furcht^', statt die Furcht vor
euch, wie Gen. 9, 2, Deut. 11,25, »meine Furcht" Jerem. 32,
40); hartnäckig, ffK\}ipoTp»x^^o^ t ^o^^'* ^"^V ^K^p? »Schulden"
für Schuld (Matth. 6,12) i(p6tXvi(A»T» ^ aramäisch p^^Hr^^®^^"
gläubige , iXi^i'JTKTTOi , im Talmud HJ^OJ^ "^J^p (Buxtorf col.
2017 s. V. J^p führt eine Talmudstelle an, die der Stelle
Matth. 6, 25. 30 entspricht) ; isein Scherflein zu Etwas beitragen",
nach Luthers Übersetzung des gr. XstttA Marc. 12, 42 und so
noch manche andre Ausdrücke und Redensarten, darunter auch
sprichtwörtliche oder in populär-humoristischem Sinne gebrauchte.
Wie schon aus den oben angeführten Beispielen zu ersehen
ist, erstreckt sich der Einfluss der Bibel weit über die Grenzen
ihres ursprünglichen Gebietes. Innerhalb der jüdischen Literatur
gibt sich dieser Einfluss darin kund , dass die hebräische Sprache ,
nachdem sie aufgehört , eine lebende Sprache — im gewöhnlichen
Sinne des Worts — zu sein , doch immer noch fortlebt und sogar
neue Formen hervorbringt. Die im Talmud — zunächst in der
Mischna — gebrauchte Sprache ist die hebräische, allerdings mit
vielen neuen Wortbildungen oder neuen Bedeutungen der biblischen
Ausdrücke ; dasselbe gilt — nur in geringerem Grade — auch von
der Gemara ; daneben bestehen aber auch die biblischen Ausdrücke
in ihrer ursprünglichen Bedeutung, wie auch fortwährend Bibel-
stellen angeführt werden; die Bibel ist der immerdar quillende
Brunnen, aus dem fortwährend geschöpft wird. Die hebräische
Sprache ist denn auch — mit einzelnen Verschiedenheiten der
Ausdrucksweise — die Sprache aller nachtalmudischen Bücher,
wie auch derjenigen Schriften die gegenwärtig tagtäglich erschei-
nen, wozu auch Zeitschriften gehören. Hebräisch ist ferner die
Liturgie, wozu auch das Vorlesen des Pentateuohs und andrer
3
18
biblischen Stücke gehört , wie aach die Psalmen einen wesentlichen
Bestandtheil der Gebete bilden. Die hebräische Sprache bildet so
ein geistiges Palästina , die heilige Sprache vertritt die Stelle des
heiligen Landes. Der Jude , der in einem fernen Welttheil die Sy-
nagoge betritt , fiihlt sich nicht in der Fremde ; es sind die tränten
und erinnerungsreichen Laute seiner Kindheit die ihn begrüssen,
es sind die Klänge der Heimath , die ihn umtönen.
Und so ist es denn gekommen, dass von demselben Volke, von
welchem Haman sagte (Esther 3, 8), dass es zerstreut und ver-
sprengt sei unter den Völkern, dass von eben diesem Volke —
obschon heutzutage dessen Zerstreuung weitaus grösser ist als da-
mals — in allen fünf Welttheilen , an einem und demselben Tage —
den 13 Adar — aus einem und demselben Buche, in einer und
derselben Sprache die Geschichte von Esther und Achaschwerosch
und damit zugleich eben jene Anklage Hamanns — die zur Folge
haben sollte, dass alle Juden Persiens an einem und demselben
Tage, den 13 Adar, ausgerottet würden — in den Synagogen
vorgelesen wird.
Die fortwährende Beschäftigung mit den heiligen Schriften
(tü^np ^DHD) führte nothwendig dahin , auch der heiligen Sprache
eine ganz besondre Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das gilt nament-
lich von der Hagada. Da das biblische Wort Gottes Wort ist , so
ist es anders als Menschenworte ; es hat noch einen tieferen Sinn
und lässt verschiedne Deutungen zu , die alle neben einander be-
stehen können. So sagt auch Maimonides (Guide des ^gar^s I,
18 , Text f. 6b) — nach Anführung einer entsprechenden Midrasch-
stelle mit Bezug auf die Worte der Schrift, von ihnem gelte
das, was Prov, 25,11 vom ^M£3^^■^y "^21 ^31 S^^^S^ wird.
Diese Stelle deutet er dahin , dass der Sinn ist : Worte , die neben
dem offendaliegenden, äusseren Sinn noch einen verborgnen, in-
neren Sinn haben, gleichen goldnen Äpfeln in netzartig durch-
brochnen Gefassen — eine Deutung, die selbst hagadisoher Art
ist. Maimonides gebraucht hier die arabischen Ausdrücke .^L^
und ^^Jc\^J Äusseres und Inneres. Dieselbe Ausdrücke gebrauchen
arabische Autoren, um den inneren Sinn der Eoranstellen vom
äusseren Sinne derselben zu unterscheiden. So wird bei Lane (s. v.
19
^j p. 1928^) ein Ausspruch lifohammed's angeführt, dass jeder
Eoranyers einen äusseren und einen inneren Sinn habe — l^ U ')
^^J^ ^ a! V äüt Qljft^^ er* ^ ^^^ ^^ Abhandlung der lauteren
Brüder (ed. Dicterici p. v) heisst es mit Bezug auf einen Sur.
95, 4 Yorkommenden Ausdruck , dass die im Koran yorkommenden
Stellen neben dem äusseren (•^li') noch einen inneren (^r^) Sinn
haben , der aber nur den Weisen bekannt ist. Bei Scharastani (ed.
Cureton p. i*t>, t*ii) heisst es von Judaän (qIcJ^), dem Stifter einer
jüdischen Sekte , er sei der Ansicht gewesen , die Thora habe einen
buchstäblichen, äusseren und einen allegorischen, inneren Sinn
C^.j2^ ^J^3 ^^^^ ^j^^)i ^^^ 2^^^ B®^ diese allegorische Er-
klärung yerschieden yon derjenigen, welche die übrigen Juden
annehmen.
Im Gegensatze zur ernsten und streng logischen Halacha herrscht
in der Hagada mehr Witz und heitres Spiel der Phantasie. Das
Wort Halacha — ÜDSI ') "" bedeutet »Gang", die Hagada gleicht
nun den goldnen Glöcklein , die — abwechselnd mit goldnen Gra-
natäpfeln — am Saume des Priestertalars befestigt, beim Gang
des Hohepriestern in^s Heiligthum ihn mit ihrem Klange beglei-
teten (Ex. 28 , 34 fg.). So wird denn auch im Talmud selbst die
Hagada, der eigentlichen Bedeutung des Wortes m^H entspre-
chend, eben nur als leichtes Gerede, als anmuthige Plauderei
betrachtet , auf die kein grosses Gewicht zu legen ist , wie denn
auch Maimonides (1. c. p. 31 , Text. fol. 11^) den Grundsatz an-
fuhrt , dass man nicht nöthig habe , die einander widersprechenden
Hagadas in Einklang zu bringen.
So wird denn auch z. B. in der Pesach-Hagada — d-h. in der
1) Im Koran selbst wird (Sur. 3, 5) der Gegensatz zwischen dem äosseren und
dem inneren Sinn mit oU^:5^ cift^ and oL^LmXÄ.« ol^t ausgedrückt.
2) Aruch 8. V. robn vergleicht damit — wie ich das ZDMG. XXXI, 289 N.2
erwähnt habe — das arabische HI^D^Pi^ C»^;^^^^ ^o^ jii^*^. j^ »gehen"). Es ist
also unrichtig, wenn Levy (Neuh. WB. s.v. ^-»II^ID, III, 473b) das Wort mit HIID^Pt^
wiedergibt und Fleischer's (in den Zusätzen p. 720) Tadel des Aruch ist unbegründet.
Auch im Supplement zu Abulwalid'*» Wurzelwörterbuch heisst es (s.v. pH» P* 7^^»
Z. 5) mit Bezug auf das niD''!?n I*rov. 31, 27: robn W!^ (/J^' '^ 0*5
20
hagadisch ausgeschmückten Erzählung yom Auszug aus Aegypten ,
gewöhnlich ni^n **^' ^^ox^v genannt — die Meinung angeführt,
dass ausser den zehn Plagen in Aegypten die Aegypter auch noch
am Meere geschlagen wurden, was aus den Bibelworten herge-
leitet wird. Wie viele Schläge sie aber am Meere erhielten , dar-
über yariiren die Meinungen; nach einer Meinung waren es 50,
nach einer andren 200 , nach einer dritten Meinung waren es 250
Schläge. Aber diese Controversen — 50 oder 200 oder 250 —
sind blosse Scheingefechte , es sind Eampfspiele des Witzes , da
Jeder seine Meinung aus den Textworten — mit anscheinend
mathematischer Strenge , wie z. B. 10X^ = ^^ — deducirt.
In gleicher Weise ist die hagadische Erklärung einzelner bi*
Mischen Wörter mehr heitres Spiel als grammatischer Ernst, mehr
witzig als analytisch , wobei sich aber dennoch oft feines sprach-
liches Yerständniss , sowie grosse Vertrautheit mit der Sprache
Eund gibt '). Zu diesen jedenfalls sehr sinnigen Erklärungen oder
vielmehr Deutungen der biblischen Textworte gehört das, was
an mehreren Stellen (Pesikta d. R- Eahna ed. Buber f. 153A,Mi-
drasch Eohelet 12, 11 und in andren von Buber und in der
Wilnaer Ausgabe des Midrasch f. 31<^ angeführten Stellen) mit
Bezug auf die Worte mjiin.13 Q'^PDn ^^ID*] (Kohel. 12, 11)
gesagt wird : Die Worte der Weisen sind ein Ball , mit dem die
Mädchen spielen (n*|J!3 *mD > ^*^^ ^®^ .Mädchen) , der immer
von einer Hand zur andren geht und nie zur Erde fallt , so auch
geht die Tradition von Moses zu Josua, von Josua zu den Al-
testen und so von einem Geschleohte zum andren, und es fällt
Nichts zur Erde von Allem was Gott gesprochen (nach Jos. 23, 14).
Femer wird J3*T^ im gewöhnlichen Sinne des Wortes genommen
und der Satz dahin erklärt , dass er besagen soll : Ebenso wie der
Stachel bewirkt, dass der Ochs die rechte Furche zieht, um der
Welt Leben (Nahrung) zu geben, so führen auch die Worte der
1) Dass derartiges auch in der Halacba vorkommt, habe ich anderswo (ZDM6.
XXXI, 289, N. 4,) erwähnt. Die balachische Herleitung des Wortes niD!?i^ . Wittwe
von n^D, Mina, fiv& (Kethuboth IQb) erinnert an Isidor*s Erklärung des Wortes
Vidua mit yiri duo. Dagegen wird die Erklärung von D'^i^t&^p (Berachoth 571>) auch
in Ges. thes. (p. 1241) angeführt.
21
Thora zum rechten Weg des Lebens. Hieran wird die etymolo-
gische Erklärung des Wortes und seiner Synonyma geknüpft. I'yil
heisst der Stachel, weil er der Kuh (dem Ochsen) Einsicht bei-
bringt (nj-^n l^^l) y eben desshalb auch ^j^"^^ (n^T rniD) j
^J2^J2 ^®^^ ®^ ^^® unterweist. Letzterem ähnlich ist die von Gesenius
(Thes. p. 757») s. v. ^Q^ aus Kimchi angeführte Erklärung, quia
bovem quasi docet araro - HK^nH^ "IpDil miDI ID^Dti^ ^D^-
(Diese Erklärung sowie die p. 349 aus R. Tanchum angeführte
Erklärung von Vyil findet sich auch bei Abülwaltd p. 353 , 28 fg.
und p. 163, 27 fg.).
Hierher gehört auch die Deutung des Wortes '^•|*^ in der Stelle
und Gott legte ein Wort in den Mund Bileam's (Num. 23, 5). Im
Midrasch z. St. (Bamidbur R. s. 20) wird hierzu bemerkt: Wie
ein Mensch den Zügel (QIJ'^^^ , %«A/vo^ , wie bereits Buxtorf das
Wort erklärt) in das Maul eines Thieres legt, um es zu lenken
wie er will, so that Gott mit Bileam. Das Wort "^21 ^^^ *^^^
hier im Sinne von "^^T, ©git, impr. egit pecus genommen, welche
Bedeutung es auch in den verwandten Sprachen hat (Ges. thes.
p. 313»), wie denn auch im Talmud (Synhedrin 8») "^"21 ^'
»Führer" gebraucht wird. (Dass das "^^T ™i* »Etwas" gedeutet
wird , wie Levy — Neuhebr. WB. s. v. D*| J'^^^ — meint , ist
unrichtig).
Zuweilen wird zur Deutung eines biblischen Ausdrucks ein
griechisches Wort herangezogen , so z. B. f4,iyy»vov zur Deutung
von iyf2 ^®°" l^j 20 (Ber, R. s. 43). Ein ferneres Beispiel hier-
von (sowie von andren ähnlichen Deutungen) gibt Sachs in seinen
Beiträgen (I, 28). Manchmal ist es statt des griechischen ein
aegyptisches Wort. So dient das aegyptische Pronomen anok (womit
auch Gesenius Thes. p. 126 '^^JJ^ vergleicht) zur Deutung des
"^DJN ™ Dekalog (Ex. 20, 2). Im M. Tanchuma II , 40» und
Pesikta d. R. E. 109^ heisst es: Die Israeliten hatten während
des Aufenthaltes in Aegypten die aegyptische Sprache gesprochen ,
das Hebräische war ihnen fremd geworden. Als nun Gott ihnen
die Thora geben wollte, sagte er: Ich will mit ihnen in aegyp-
22
ÜBcher Sprache reden — also H^J^; wenn Jemand in Aegypten
zu seinem Freunde sagen will Bich", so sagt er "]1J^ , und so
begann Gott (den Dekalog) in ihrer Sprache und sagte ^^^i^.
Zuweilen wird auch die Etymologie eines fremdländischen Wortes
gegeben. In einer früher (ZDMG. XXXI , 276) Ton mir angeführten
Talmudstelle (Mischna Aboda Zara I, 3 fg., jerus. Talmud ibid.
I, 2) heisst es, Adam habe zur Feier des Wintersolstitium die
CnH^p — ^' ^' ^^® Calendae (des Januar) — eingesetzt , welches
Wort mit IJ^^T Jl^p ^'^^ä^^* ^^^ j ^*^^ ^^^ Lexicographen ein
Compositum von »xäAJ^" und »dies" oder »5/«" *).
Besonders aber sind es die Personennamen , mit deren Deutung
sich die Hagada gerne beschäftigt. Wie in vielen andren Dingen
folgt sie auch darin der Bibel , deren Erklärung der Eigennamen
weniger eine etymologische als vielmehr eine spielende , annähernde
ist. Der Name soll an die Person nur erinnern und nicht nur ein
eigner sondern auch ein eigenthümlicher , individueller Name sein.
Bereits Lazar Geiger (Ursprung der Sprache und Vernunft, I,
121 , 403) weist die biblischen Wortspiele mit den Namen Noah ,
Isaak und andren nach. Das Spielende zeigt sich aber auch darin ,
dass z. B. bei dem Namen V^Qy^ gleichzeitig zwei verschiedne Er-
klärungen gegeben werden , von HtDN ^^^ ^^^ ^Ü*^ (Gen. 30, 23.
24). Manche der hagadischen Namendeutungen sind Spiele des
Witzes, so z. B. wenn der Name HD^V, der Tochter Ealeb's
(Jos. 15, 16. 17) von Qy^ , zürnen , hergeleitet wird (Themura 16») ,
sie sei nämlich so schön gewesen , dass Jeder der sie sah , über seine
eigne Frau ärgerlich ward (weil sie nicht so schön war wie jene —
)rWi< b)J D5;0 r\r\M< ni<T\r\ ^Dti^)- Gleichzeitig wird zu dem
Ys. 17 genannten Othniel , Sohn des K'nas und Bruder des Ealeb
1) Zugleich habe ich erwähnt, dass nach Mas'iidi II, 406 und Kazwini I, v*l
der Nenjahrstag bei den syrischen Christen (jmvXUÄ heisst; auch bei Bir&ni (ed. Sachau
p. D^, 17 fg.) heisst es, dass der Neujahrstag bei den Syrern (jMfuXxXÄji wXxfi
genannt werde, and dass das Wort (j^rcXArfb so viel bedeute wie «möge er gut sein!'* —
qO ^/^^* Sachau in seiner Übersetzung der Stelle yermuthet, dass dieser Erklä*
rnng das Wort Kce^v zu Grunde liege.
2) Derartige von der Schönheit hergenommne Namendeutungen kommen auch sonst
mehrfach vor, so z.B. Sota 12a bei den Namen pHi^, IHli, r\1)i 1 Chron. 4,7.
28
(wonach also Kaleb Sohn des K'nas war) bemerkt , dass das 3p]3
njQ*i"Q Vs. 13 nicht genealogisch zu nehmen sei, dass rUD^'Q
sich vielmehr darauf beziehe , dass er sich vom Kathschlusse der
Kundschafter ferne hielt oder abwandte — Q'^^J^D Dü^D rUD{2^
— welche Deutung übrigens auch Sota 11^ mit Bezug auf den
Namen >^*1J{n ^2 D^D ^ Chron. 2, 18 gegeben wird , wie über-
haupt diese Deutung der genealogischen Epitheta oft Torkommt,
Mit Bezug auf den Namen ^{«t'^jny heisst es , derselbe werde an
einer andren Stelle (1 Chron. 4,9. 10) {^jyi genannt, ^i«<'^jriy>
weil Gott ihn erhörte (j^^ IJ^JV)? V^V*^ aber, weil auf seinen
Bath hin die Thora in Israel verbreitet wurde — l^D*'*!! YV*^^
bj^*1ti^*'D min j ^^ welchem Sinne Vs. 1 gedeutet wird.
Wie bei dem Namen )^3y^) ^^^ ^^ ^^' erwähnten Bibel stelle
Yon 3t{y hergeleitet wird, so wird auch sonst oft neben der bi-
blischen Etymologie noch eine andre gegeben. So (Berachoth
7b) der Name piJ^T mit ^QH pb "^^3 p3 HD IJ^T , Sehet
den Unterschied zwischen meinem Sohne und dem meines Schwie-
gervaters, welche Deutung sich auf die Zukunft begieht, wie
die gleichzeitig gegebene des Namens Hl*!*
Wie gerne sich die Hagada mit Personennamen beschäftigt
ersieht man aus dem mehrfach vorkommenden , und mit Beispielen
belegten Satze : Es gibt Personen deren Namen und deren ELand-
lungsweise schön , andre bei denen Beides gleich hässlich , und
dann wiederum solche , bei denen das eine schön , das andre hässlich
ist (Bereschith R. S. 71 , Bamidbar K. s. 16). An einer andren
Stelle (Megilla 14^) heisst es: Hochmuth ziemt sich nicht den
Frauen, es hat zwei hochmüthige Frauen gegeben, die häss-
liche Namen hatten ; die eine hiess Wespe (J^rYllD'^T) j ^^® andre
Wiesel (i<<n5i^1D*1D)* Hiermit sind Deborah und die Prophetin
Ohulda gemeint , deren Hochmuth aus dem Jud. 4, 6 und 2 Kön.
22, 15 Erzählten bewiesen wird.
Auch bei den Commentatoren des Koran nimmt die Worter-
klärung eine sehr hervorragende Stelle ein; manche hat eine
gewisse Ähnlichkeit mit der hagadischen Erklärungsweise, so
namentlich die Erklärung ursprünglich hebräischer Wörter, die
24
Mohammed aufgenommen. So z. B. wird das Snr. 2, 249 vorkom-
mende o^LÄit — das hebräische niSTI > chald. J«(n^3'^n , Kasten
— von Zamahsärt (p. hl) und Bai4^wi z. St. mit Kasten, Kiste
erklärt und von ^ zurückkehren hergeleitet, weil nämlich das,
was aus denselben genommen wird , immer wieder an den früheren
Ort zurückkehrt, wie auch der Eigenthümer des Kastens immer
wieder zu demselben zurückkehrt, wenn er Etwas herausnehmen
will. Ahnlich wird das darauf folgende äJlXm (späthebräisch nj^'lDti^)
Yon ^^ beruhigen hergeleitet. Dahin gehört auch die — bereits
oben erwähnte — Herleitung der Wörter ^LkiuÄ (Sur. 2, 13) , \:y^j^
(Sur. 2, 6l ; 25, 49) und ^^JWM^ (Sur. 3, 40) aus dem Arabischen,
ferner auch eine der Erklärungen, die Bai4äwi (I, M) zu Sur.
2, 23 mit Bezug auf xa:> als Benennung des Paradieses gibt , es
werde desshalb so genannt von ^^I!:> (bedecken, verhüllen, yer.
bergen) , weil Niemand die Freuden kennt , die dort des From-
men warten , — unter Hinweisung auf Sur. 32, 17, wo eben dieses
gesagt wird. Zu dieser Stelle führt Bai4äwi den Spruch des Pro-
pheten an: Das, was dem Diener Gottes in jener Welt zu Theil
wird , das hat noch kein Auge gesehen und kein Ohr gehört ^).
Ahnlich lautet eine Talmudstelle (Berachoth 34'>), in welcher der
Vers Jes. 64, 3 auf die jenseitige Welt bezogen wird.
Unter den verschiednen Herleitungen des Wortes qI-»*o^ , Mensch,
führt Lane (s. y. j^Jt , p. 1 1 4b) als die zu Grunde liegende Be-
deutung auch die von ^c^^ j vergessen , an , weil schon der
erste Mensch, nach dem Sur. 20, 114 gebrauchten Aussdrucke
(^yMkJLd) , das ihm von Gott Gesagte vergass. Diese Erklärung klingt
wie eine hagadische und erinnert einigermassen an die von Eu-
sebius (Praep. evang. XI, 6, ed. Gaisford III, 16), wahrschein-
lich nach einer älteren Quelle , gegebne Erklärung des Namens
'EvcS^ (5i^1Ji<) a^s 'E9r/Aj}o"jC667v (vermuthlich vom hebr. ^W^ > ^ö'"
1) Diese Hadit wird mit denselben Worten im Namen des Abu Horeira bei Bohari
(ed. Krehl, II p". t*'lo) angeführt ^A^Uaii (^LäJ COtXfiJ ^^Läj ^I Jl3
25
gessen) , wozu Ps. 8, 5 (5i^1 JJ^ HO) angeführt und sehr hübsch
so übersetzt wird, dass der Sinn ist: Was ist der Yergessliche ,
dass du sein gedenkst ^).
Ähnlich ist die Erklärung, welche Zamal^Sari (p. hV) und
Bai44wi (II , l^'vö) Ton dem Worte J»-cmJU» geben , wie nach Sur,
76, 18 eine Quelle des Paradieses heisst, nämlich J^v^^ J^,
1» frage nach dem Wege", d.h.: zu dieser Quelle gelangt nur, wer
den rechten Weg wandelt. — Sehr hübsch ist femer die von Lane
angeführte Erklärung des Wortes *^y^, Handmühle, als Fem. Ton
wo^, fremd, weil sie immer yon den Nachbarn ausgeliehen wird
und so beständig in fremden Häusern ist.
Was die im Koran vorkommenden biblischen Personennamen
betrifft, so finden sich bei den arabischen Autoren einzelne Er-
klärungen derselben, die aber sehr dürftig sind, schon desshalb
weil die arabische Form derselben von der hebräischen abweicht
und kein Etymon bietet, während die hebräische Sprache, und
also auch die zuweilen in der Bibel angegebene Erklärung des
Ursprunges der Namen , den Arabern in der Regel unbekannt war.
Einige wenige Erklärungen der Namen sind dem Arabischen ent-
nommen. So werden z. B. von ZamahSari und Bai4^wi zu Sur.
2, 29 zur Erklärung des Namens Adam (^»jt) yerschiedene arabische
Ableitungen angeführt , darunter die von m^\ , Mischung , und die
von ((jiSt'^h (*^^l> Oberfläche, Rinde (der Erde), wozu als Über-
lieferung vom Propheten erwähnt wird, dass Gott bei der Schöp-
fung Adam's Erde aus den verschiedensten Ländern genommen
habe (eine , später zu erwähnende , jüdische Legende). Mit Bezug
auf oJLL , Saul , wird von beiden Commentatoren zu Sur. 2, 248
die Ableitung von JLL , lang sein , angeführt , wie gleichzeitig auch
seine Alles überragende Eörpergrösse erwähnt wird. Andre Er-
klärungen biblischer Personennamen aus dem Arabischen habe ich
an einer anderen Stelle angeführt (ZDMG., XL , 285). Die meisten
1) Die aramäische Form des Wortes ntfi^^ ist ^'^^, die des Wortes fe^^^Ji^ ist ^J^^^Ji^,
und so kommen beide Wörter alliterirend in einem talmudiscbcn Sprache (Sanhedrin
36a) vor: ^'^y^^ ^"^^id i^D^^» das Herz (Gedächtniss , wie in par coear, by heart)
der Menschen vergisst (was man nicht aufschreibt, vergisst man leicht)*
4
26
biblischen Namen kommen übrigens nicht im Koran sondern bei
den Commentatoren und den späteren Autoren vor. Im Kor4n
werden nur einige wenige Personen mit Namen genannt; bei den
späteren Autoren wird nicht nur gesagt, wie diese Personen ge-
heissen , es werden überhaupt allen auftretenden Personen , auch
ganz untergeordneten , Namen beigeliagt. Das geschieht sogar zu-
weilen mit einzelnen Thieren ; 'sU^ih ^) war der Name der Ameise ,
die Sur. 27, 18 redend eingeführt wird, und deren Q-espräch mit
Salomon Ton den späteren Autoren des Näheren erzählt wird (z. B.
bei Kazwtni, II, Iaö), und jy^ oder ■^»L''^ hiess das Hündlein
der Siebenschläfer (Sur. 18, 8 fg.; Westöstl. Divan, ed. v. Loeper,
p. 218 fg.) ; bei Zamah^ari z. St. (p. vli) ^.. Auch bei den syri-
schen Autoren finden sich einzelne Erklärungen biblischer Per-
sonennamen. So heisst es in dem von Budge edirten syiischen
»Bienenbuch" 0A-»5aÄ59 IäA^)» p. 36, dass Pälag (die syrische
Form des Namens J^Q , wie in der Peschito, Gen., 1 0, 25, ,^s >
LXX (pxXiy , bei Luther Peleg) zur Zeit als die Sprachenverwirrung
entstand und die Erde yertheilt wurde, geboren ward, und dess-
halb diesen Namen erhielt, weil das Wort im Syrischen, der ur-
sprünglichen Sprache, »theilen" bedeutet. Dasselbe wird nun
Gen., 10, 25 erzählt (in der Peschito z. St.A Ve> ^| ^(sioleo-iÄ^^^,^
liäk^l) ; eigenthümlich ist nur, dass hier, wie bei den andren syri-
schen Autoren, die syrische Sprache als die ursprüngliche darge-
stellt wird.
Bei Mas^üdi (I, 79) wird erzählt: Man sagt, dass Phaleg (xit3)
es war, der die Erde unter die Völker yertheilte, und dass er
desshalb «Jls genannt ward, weil das soviel bedeutet wie Yertheiler
(^15 (^t gsSlJ ^3 jJlJ ^^^ iäUAjj).
Der Name Israel, J-JL**») , wird von den syrischen Autoren
(bei P. de Lagarde , Materialen u. s. w., 11 , 1 64) nach Gen., 32, 29,
mit »Gotteskämpfer" erklärt, «Ut c .La«, zugleich auch mit »Ge-
heimniss Gottes", ^üJi Zm^ , wie es scheint mit Bezug auf die zugleich
1) Diesen Namen erwähnt Zamahsari za Sur. 27,18 (p. ^)'«), and z agleich auch ,
was auf eine dessfalsige Anfrage Abu Hanifa geantwortet, dass es nämlich eine weibliche
Ameise gewesen sei, weil es im Texte o^l5 heisse und nicht Jb.
27
gegebene typische Deutung jener Begegnung mit dem Engel.
Im Bienenbuche (p. 45) werden die Kamen der Söhne Jakob's ety-
mologisch erklärt , darunter : Rüben (\^^j^oi) ™i* »gross ist Gott",
i(Jii^l OÄ?; pyOti^ »lit »gehorsam" j ISSpAaIo; J^IIiT mit
»Danksagung", ]^^oJ,j ^ÜV ^^^ »Vermehrung", ]^sJffoZ'j 1J
mit »Glück" jj. . Dieselben Erklärungen gibt Abü'l-Far&g (ffist.
Dyn., p. 24). '
Bei de Lagarde (1. c, p. 160) heisst es mit Bezug auf Gen.,
30, 24, wo der Name rOV ©^^^^ärt wird »Gott wird mir noch
einen andren Sohn hinzufugen", der Name Vy!y\^ bedeute »Vermeh-
rung", »oU, und es sei das die Prophezeiung von Benjamin's
Geburt gewesen.
Auch im Midrasch (Bereschith R., S. 71) wird Q^J^^'n mit »seht
einen Sohn unter den Söhnen" (D^J3ri pD p 1i<1); p^DSÜ^
mit »auf die Stimme seines Vaters im Himmel hörend", (^012^
Ü^üü'n VDN blp3)'). miiT °*it »Danksagung" und ^J mit
»Glück" (J<^J) erklärt. Ferner heisst es (ib. S. 72): Rachel war
eine Prophetin, und so sprach sie: »Möge Gott mir noch einen
andren Sohn geben" (Gen., 30,24), und nicht »andre Söhne", weil
sie wusste, dass nur noch Ein Sohn geboren werden würde, und
so sagte sie: Wollte Gott, dass ich seine Mutter sei.
Neben den eigentlichen Namen spielen auch die Beinamen im
Talmud eine nicht unbedeutende Rolle. Wenn in der Bibel eine
Person unter zwei Namen yorkommt, so wird der eine Name als
eigentlicher Name, der andre als Beiname aufgefasst, so z. B.
Esther-Hadassah. Nach einer Meinung war ihr eigentlicher Name
Hadassah , "nriDN *^®' ward sie genannt , weil sie — nach dem
Targum zu Esther, 2,7 — züchtig und sittsam zurückgezogen im
Hause Mordechai's lebte, also im Sinne des arabischen '».yC^www«,
HjÄ.MA^. Die andren Meinungen werden Megillah, 13^, angeführt.
Ferner wird (ibid.), wie bei dem oben angeführten HüD'^^lS) *^®^
. ♦, • ' »
das in der Genealogie Mordechai's (Esther, 2, 5) vorkommende
'H'iV'i"^^ als Epitheton gedeutet: er wurde so genannt, weil er
• T I V
1) Bei AbA*l-Fid& (Hist. anteisl , p. 22, Z. 6) heisst es ähnlich, der Name Ismael
bedeute auf Hebräisch »Gott gehorsam" (^^ ^^)*
28
die Augen Israel's erleuchtete ; in gleicher Weise werden die fol-
genden jy-^iTp, *<j;?pI5^"p gedeutet (ib., 12^).
Im Midrasch (Wajikra R., S. 9 ; M. Koheleth, 7, 23) heisst es ,
dasB unter den 1 Kon., 5, 11, genannten ^3^3 ID'^H ID^^Nf Abraham
(nach einer B. Bathra, 15», gegebenen Deutung) , Moses (mit Bezug
auf "^Oi^J, Num., 12, 7) und Joseph (mit Bezug auf ^3^31^ , Gen.,
47, 12) gemeint seien 1). An einer andren Stelle (Pesikta d. R. Eahna,
87») wird nicht nur Moses, sondern auch Joseph )f2i^^ genannt.
Das Wort "Ti'T^, Liebling, Geliebter, dient zur Bezeichnung
mehrerer Personen. So heisst es (Menachoth , 53») , dass Gott ge-
sagt habe : ^^ ^p^pD i^T^ T^T njD^i l^T p 1^1^ ^«^D^
0*^1*^1'^ 1D nDDri**! 1^1^' »^s komme der Geliebte, Sohn des Ge.
liebten, und baue das Geliebte dem Geliebten im Antheil des Gelieb-
ten zur Sühne für die Geliebten", wo also "T^T^ — unter Anführung
entsprechender Bibelstellen — auf Salomon , Abraham , den Tempel,
Gott, Benjamin und Israel bezogen wird. So wird denn auch an
den poetischen Stellen in liturgischen Gedichten zuweilen statt Abra-
ham jj^ij^, statt Moses pji^j oder pJ<J HyiTj treuer Hirte,
statt Jakob Qf) (nach Gen., 25, 27) , statt Isaak ^p^JH (nach Gen.,
22, 9) gebraucht, wie auch '^'i^'i in ähnlicher Weise vorkommt.
Sonst aber wird in den jüdischen Schriften dem Kamen Abraham's
(wie dem Isaak's und Jakob's) das Epitheton ^ J'^^J^ (unser Vater) ,
dem Namen Joseph p^i^J^n (der Fromme , Standhafte) , dem Namen
Moses IJ'^^T (unser Lehrer), dem der Könige "l^On? ^^^ ®^^"
zelnen Propheten J^^i^JH hinzugefügt.
Bei den Arabern wird jede biblische Person als Nabi bezeichnet ;
im Koran hingegen fehlt jedes Epitheton, während ^^t aus-
schliesslich als Bezeichnung Mohammed's vorkommt, nicht als
eigentliches Epitheton , da es dem Namen nicht beizufügt wird ,
sondern statt desselben steht, also gleichsam ein Pronomen ist.
Neben dem Namen Jonas , (j*^, Sur. 4, J61 ; 6, 86 ; 10, 98, wird,
Sur. 21, 87, statt dieses Namens ^^y^\ 3«3, »der vom Fische" ge-
braucht , was die Commentatoren mit ^5Lc ^ u*^^ erklären. Bei
andren Personen kommt nur der Beiname vor, so J^süt ^«3 (Sur.
1) Diese UeataDg findet sich auch bei Hieronymas z. St. (ed. Vall., III, 860).
29
21, 85; 38, 48), womit nach einer Meinung Elias, nach einer
andren Josua , nach einer dritten Zacharias gemeint ist , und
^ JiJ! »i (Sur. 18, 82. 85. 93) , das gewöhnlich auf Alexander
d. Gr. bezogen wird. Unter den früheren Königen von Jemen
wird auch ein w^ju^t (jy/Ä!i ^«3 genannt, daneben (j^L>, ^3, »«3
(XXam , qL^iXa»- ^ö und ähnliche , wie aus Pococke , Specimen bist.
Arab. (p. 59) zu ersehen ist.
Zu dem Namen JiJßl ^«3 bemerkt Zamal}dari (p. j\V) , dass fünf
Propheten doppolte Namen haben : Israel und Jakob , Elias und
Dhu'1-Eefl, Jesus und der Messias, Jonas und Dhu'I-Nün, Mohammad
und Ahmad.
Bei den späteren Autoren ist j^J^ «^1, Yater des Menschen-
geschlechts , die Benennung Adam's ; die Abraham's ist sJJt J^i*-
(nach Sur. 4, 124), der Freund oder Liebling Gottes, und JwJlii
(wie auch Hebron genant wird) , die Benennung Ismaels (oder
IsaaVs) ist aU^ ^njJ , der Gott geopferte, die Joseph's /J^jiAaoJ^ , der
Wahrhafte (nach Sur. 1 2, 46) , die Mosis aUI aJ15^ , mit dem Gott
gesprochen.
Ähnlich dem oben angeführten '^y\ '^y^^ p '^'i^'i Ji^l^'i lautet
ein Spruch Mohammad's, den die Commentatoren zu Sur. 12, 4
anführen : Der Edle (f-riji^) j Sohn des Edlen , Sohnessohn des
Edlen , der wiederum Sohn des Edlen ist — das ist Joseph , Sohn
Jakob's, Sohn Isaak's, Sohn Abraham's.
Statt »Mohammad" wird bei den späteren Autoren gewöhnlich
nur ein Epitheton gebraucht: »Er", namentlich bei Anführung
einer Überliefrung (Ä iuc, »)L^^ »uXc JIS) i oder »der Prophet",
»der Gesandte Gottes" (jJlIt <3v^} icy^O) letzteres auch in der
Anrede. Andre oft yorkommende Epitheta sind: Das Siegel der
Propheten (^jOU^il fJ\J>, *UaJ^^ f^^ — nach Sur. 33, 40) , der
von Gott Auserkorne LJtLuai]) , der Beste der Menschen (y^-JJ rfP^)'
Dieses »^•o^ j^ sowie die andren Epitheta kommen auch — und
zwar in der ursprünglichen arabischen Form — bei den per-
sischen Autoren vor , wie z. B. im Pend-Nameh (ed. de Sacy ,
p. 1 , lli) und in Farld ed-Dtn 'Attar's Mantik at-Tair (ed. G. de Tassy,
p. L), daneben auch »der Herr der beiden Welten, der Herr der
Gesandten Gottes" (^^jd^l) iXum, (^j^^y (x;>l^) cXa^).
30
In Bocbari's Traditionssammlung (ed. Krehl , III , "tt) und ebenso
in der Mi^k^t al-Masäbih genannten Traditionssammlung (ed. Cal.
cutta , II, 664) wird mit Bezug auf Sur. 6 1 , 6 — wo gesagt wird ,
Jesus' babe einen Propheten verkündigt, der nach ibm kommen
und dessen Name Ahmad (uX^O sein werde — ein Ausspruch
Mohammad's angeführt : »Ich habe mehrere Namen : Mohammad ,
Ahmad , »der Vertilger" (^^>U<) , weil Gott durch mich den Un-
glauben vertilgt, »der Sammler" (-Ätä), der am Tage der Aufer-
stehung die Menschen versammelt ^) und »der Letzte" (wöLxJt)
nämlich der Propheten. Dasselbe erwähnt auch Mas'tidi (lY, 120).
Bei der Anführung eines Spruches Mohammed's wird übrigens im
Miskät al-Masäbih statt des Namens gewöhnlich der Ausdruck »Eis
Highness — , His Majest j said" gebraucht , was wahrscheinlich die
Übersetzung von xj^a^^ im arabischen Original ist.
Was die Benennungen Gottes betrifft, so sind im Talmud die
biblischen Gottesnamen nicht gebräuchlich; man gebraucht statt
derselben irgend ein Epitheton, besonders häufig J^JOrn» ^®^
Barmherzige; in den nachialmudischen Schriften QJi^n — ^* ^'
der Name, statt des Tetragramm aton — gewöhnlich mit einem
Zusätze »er sei gepriesen , gelobt", oder J^^^^n > ^®^ Schöpfer.
Im Koran ist AlUh das gewöhnliche Wort für »Gott"; an
einigen Stellen (Sur. 7, 179; 20, 7; 59, 24) heisst es: »Gott hat
die schönsten Namen", und Sur. 17, HO: »Eufet Gott an oder den
Barmherzigen (rr*>^0 y er hat die schönsten Namen". Dieses Rahm4n
— wie auch die 55. Sure betitelt ist — kommt neben dem synonymen
AJ^J^ auch in der Eingangsformel aller Suren und sonstigen
Schriften vor und ist denn auch der erste der 99 Namen — oder
vielmehr Beinamen — Gottes , die im Midkät al-Ma§äbih (I, 542 fg.)
aufgezählt werden s).
1) Anders bei Lane s. v. yÄ*>-: becaase he collected people after him aud tohis
religion.
2) Einer dieser Namen ist jvAÄJ»^ der Gerechte, ein andrer Ja^JUJ', der Ge-
rechte, gerecht Vertheilende. Wenn es nun im westöstlichen Divan (Bach des Sän-
gers, Talismane, ed. v. Loeper, p. 9) 'heisst:
»Er, der einzige Gerechte,
Will für Jedermann das Rechte.
31
Diese Vorliebe für die Umschreibung ist überhaupt ein cha-
rakterisches Merkmal der jüdischen wie der arabischen Ausdruks-
weise. Dahin gehört das häufige Vorkommen der Zusammensetzun-
gen mit den Worten für Vater , Mutter , Sohn , Tochter (Kunje ,
gJjS') oder mit »Herr, Besitzer" — im Talmud ^^3, arabisch
ww:>Lo, y^ wovon unter eben diesen Wörtern in den Lexicis zahl-
reiche Beispiele angeführt werden. Diese Zusammensetzungen
haben mehr adjectivische Bedeutung und sollen nur eine gewisse
Ähnlichkeit ausdrücken. Aber auch in genealogischer Bedeutung
findet sich die Umschreibung mit Sohn Hg)^ *iJ3, Num., 23, 18),
bei den Arabern mit Vater , wie denn z. B. auch Mohammad nach
der Geburt eines Sohnes sich Abü'l-Käsim (a^LäJI ^^) nannte. Wie
beliebt die ersteren , mehr poetischen , Umschreibungen sind, ersieht
man daraus , dass sie auch in der Volkssprache gebräuchlich sind.
So ist die Benennung des Wiesels als »Vater der Braut", (j^^^ y^
auch fjf^jS. ^i , wohl um das schmucke Wesen auszudrücken ^) ,
Sei von seinen hundert Namen
Dieser hochgelobet! Amen,
so liegt es nahe, hier an einen jener beiden Namen zadenken. Allein es kann
auch ein andrer der handert Namen gemeint sein: (^i->L^', der Führer oder (>Xa.m>Ji,
der rechte Führer, der auf dem richtigen Weg Leitende (rightly directing); dazu
würde „Will für Jedermann das Rechte" passen, so wie das Folgende:
Mich verwirren will das Irren;
Doch da weisst mich zu entwirren.
Wenn ich handle, wenn ich dichte
Gib da meinem Weg die Richte!
Aach die erste Strophe lautet an der Originalstelle (Sar. 2, 136) :
irGottes ist der Orient und der Occident; er führt (f^ßJs^), wen er will, den
rechten Weg"*', wo also auch das Zeitwort (^cX^ vorkommt ; so würden also diese drei
Sprüche miteinander in Zusammenhang stehen.
1) Ähnlich heisst im Türkischen das Wiesel {^»Jf^JuJi ^ Brautchen. Diesen Benen-
nungen entspricht zunächst die neugriechische Benennung des Wiesels mit Nuijl^/t^x ,
Nv^iT^a (bei Deheque und Somavera) als Diminutif von Nvfi^ti , Nt/c^if , Braut , wie
denn auch Frisch (WB., II, 447&) mit der neugriechischen Benennung das an ein-
zelnen Orten übliche »Jungfrige'' vergleicht. Schmeller (WB , 2. A., II, 1031 s. v.
Wiesel) führt diese Benennungen an, sowie Schönthierlein, Fräulein (in den Seite
Communi), ital. Donnola und (I, J599) Mümelein, welche Namen er für hypoko-
ristische hält. Diez (WB., 3. A., II, 25 s.v. Donnola) führt die Stelle bei Frisch an
und vergleicht damit spanisch Comadreja und baskisch Andcreigerra , Jungfer. Unter
Bele (II, 219), wovon Belette, span. Beleta,vermuthet Diez, indem er u.A. dänisch
32
auch im Neuarabischen gebräuchlich (Berggreen G-uide etc. s. v.
Bulette, p. 103 und s. y. Mustela, f>. 863 ; Humbert, Guide , p. 64 etc.,
Wolff, Dragoman, s. y., hier auch qUJLm li, Mutter Salomo's),
Auch heisst der Storch neuarabisch »Vater des Glückes" (Axjm ^t ,
Wolff 8. y. ; Ztschr. d. D. Palästinayereins, VIII, 93). So wird auch
im Türkischen der Wein nach einem arabischen Ausdruck »Matter
alles Bösen" (viioLxäi p) genannt. Dahin gehört ferner die Vor-
liebe für den bildlichen Ausdruck, die symbolische Sprache —
wofür die Araber einen besondren Ausdruck haben , JÜl qUJ , —
wozu Mokaddesi's »Was die Vögel und die Blumen sagen" —
X^\^^^ jy^^ ^^> ^ j^y**^' vn-Ä^^y — gehört (auch im Talmud ,
Abodah zarah, 10^, koi^mt eine Art Blumensprache yor), wie ferner
auch die Einflechtung yon Kor^n- und Bibelstellen, die doch
eigentlich mehr Anspielungen sind. Auch die Titel hochstehender
Personen sind poetische Umschreibungen , und selbst die Titel
jüdischer und arabischer Bücher sind poetischer Art und geben
keineswegs an, woyon das Buch eigentlich handelt. Die grosse
Eolle, die der Schleier im Orient spielt, wie denn das arabische
Wort dafür oft figürlich gebraucht wird (Lane s. y. -Ä^ ; Freytag
8. y. iäkx^) gibt sich auch in dieser Art yon Verhüllung kund.
Eine andre Ähnlichkeit zwischen der jüdischen und der ara-
bischen Literatur — die mit der erwähnten in Zusammenhang
steht — bietet die Vorliebe für die dualistische Gruppirung, so-
wohl antithetisch in Gegensätzen wie auch parallel als Wieder-
holung, gleichsam als Spiegelbild. Dahin gehört zunächst der
biblische Parallelismus ^ die Wiederkehr desselben Gedankens in
andren Ausdrücken. In den Sprüchen des Koheleth und der Pro-
yerbien bilden die einzelnen Versglieder Gegensätze. An manchen
Bibelstellen yeranschaulichen die einzelnen Glieder des Distichon
den Gegensatz zwischen dem Trägen und dem Fleissigen , dem
«den Kjönne" (palchra), altengl. Fairy, vergleicht, Bele sei vieUeicht das lateinische
Bella, schön. Hehn (Caltarpflanzen &c , 8. A., p. 541) vermathet, dass all diesen Be-
nennungen die Sage von der Verwandlung eines Wiesels in einen Menschen (und
umgekehrt) zu Grunde liege, allein das arabische und türkische Wort zeigt, dass
diese Benennungen von dem schmucken, und geschmeidigen Wesen hergenommen sind.
In den Noten zu Burckhard, Pro verbien, N® 455, heisst es, das Wiesel — (J^j^cyi^ —
sei zutraulich, voller Possen und Kurzweil und oft in den Häusern zu finden.
38
Thoren und dem Weisen , dem Gottlosen and dem Frommen ; diese
Gegensätze treten noch stärker hervor, wenn — wie Jer. 17,5—
8; Ps. 1, 3.4 — der Gerechte mit dem Baum am Bache, der
Gottlose mit dem Strauch in der Wüste oder mit der vom Winde
verwehten Spreu verglichen wird.
Die dualistische Gruppirung zeigt sich schon in der Schöpfungs-
geschichte (wie auch bei der erneuerten Schöpfung im Wechsel
der Zeiten, Gen., 8, 22) ; hier werden genannt Himmel und Erde ,
Tag und Nacht , das grosse und das kleine Licht , Land und Meer ,
Yögel des Himmels und Gethier der Erde, bis die ganze Schöp-
fung in dem ÜDp^T ^D\f h 27, oder in dem Tl^iSS ^tV.' ^' ^^'
ihren Abschluss findet.
Dieses ^^JJ^ *1Ty ^^'^ *^ ^^^^^ Talmudstelle (Jebamoth, 63»,
auch bei Raschi z. St.) antithetisch aufgefasst : ist der Mann fromm ,
so ist ihm die Frau eine Gehülfin; ist er es nicht, so ist sie
seine Gegnerin (Xl^^J HDT ^b IT^ ilDT)- ^^^^ ^i® ^^ Koheleth
und in den Proverbien vorkommenden Yerse, welche Gegensätze
ausdrücken , werden im Midrasch auf biblische Personen ange-
wandt. An einer Talmudstelle (Menachoth, 85^) wird die Geschichte
eines Mannes erzählt, um den Yers Prov. 13,8 durch ein Bei-
spiel zu bekräftigen.
Die Yorliebe für die Antithese gibt sich auch darin kund , dass
— ähnlich wie an den oben erwähnten Stellen Jer. 17, 5 und
Ps. 1,3 — die Gegensätze durch die Parallelisirung mit andren
noch besonders verschärft werden. Das ist z. B. der Fall bei der
Gegenüberstellung der diesseitigen und der jenseitigen Welt, ein
in der jüdischen wie in der • arabisch-persischen Literatur vielfach
behandeltes Thema, wie ich das an einem andren Orte nachge-
wiesen habe (ZDMG., XLII, 258 fg.). An einer Talmudstelle (Moed
Eaton, 9^, Jalkut Jos., § 31) wird diese Welt ein Wirthshaus
— HT'^DEi^lJ^ » i^T'^DEi^li^ — J®^® ^®^* ©^^ Wohnhaus genannt,
eine bei Arabern und Persem sehr oft vorkommende Yergleichung.
An einer andren Stelle (Jalkut zu Prov., § 938) wird mit Bezug
auf die Stolle: vGeh' zur Ameise, o Träger, lerne ihre Wege und
werde weise" (Prov., 6, 6 fg.) jene Welt mit dem Sabbath, diese
Welt mit dem Büssttage des Sabbath verglichen, an dem man
5
34
sich zum Sabbatb vorbereitet; ferner werden beide Welten mit
dem festen Land und dem Meere sowie mit dem Sommer und dem
Winter verglichen, und so wird denn der Spruch in den Prover-
bien so gedeutet, dass man von der Ameise lernen solle, sich
in dieser Welt für jene vorzubereiten. An einer von mir (1. c, p.
266) angeführten Stelle Mokaddesi's sagt die Ameise ebenfalls :
Lerne von mir Vorrath einzusammeln und Eeisezehrung vorzu-
bereiten für jene Welt; im Midrasch wird nun diese Lehre,
welche die Ameise gibt, wie gewöhnlich an einen Bibelvers an.
geknüpft.
Zu den Bedeutungen des hebräischen ^li^Q, des arabischen
Jwx« , gehört auch die von »Vergleichen". In der That kommen auch
im B. Koheleth und in den Hö^Ji^ ^b\iff2 ^^®^® Vergleichungen
vor. Auch die Gegensätze, in denen z. B. der Thor dem Weisen
gegenübergestellt wird, treten durch Vergleichungen um so schärfer
hervor, wenn — wie Kohel., 2, 13. 14 — der Vorzug der Weisheit
vor der Thorheit mit dem Vorzuge des Lichtes vor der Finsterniss
parallelisirt wird. Manche Verse enthalten nur Vergleichungen , wie
Prov., 25, 11—14. 25. 28; 26, 3. 8. 9. 11. 20; 27, 8. 17. 19—21;
einige sind comparativisch , wie 25, 24; 27, 5. So bedeutet denn
auch ^^Ö »öleichniss" und kommt als solches an sehr vielen
Bibelstellen vor.
Auch im Midrasch nimmt das Gleichniss eine sehr hervorra-
gende Stelle ein. Jeden Augenblick heisst es : »Womit ist das zu
vergleichen?" (nOTl "HDin HD^) ^^®^ ähnlich. Aber auch die
Gegensätze werden hervorgehoben, wie z. B. in dem oft vorkom-
menden Spruche: »Komm' und sieh,- wie gross der Unterschied
zwischen der Handlungsweise Gottes und der des Menschen ist."
Diese katoptrische Tendenz , das Streben , zu Allem und Jedem
ein Spiegelbild , ein Gegenüber , zu finden , zeigt sich auch bei
dem Worte ^JJ3 »gegenüber", das in der Bibel nur in dem oben
• • • • •
angeführten TIJJID IT^j ^^ Talmud aber im Sinne von »gegen-
über, entsprechend" ungemein häufig vorkommt (wovon einige
Beispiele in Gesen. Thes. s. v. "^JJ , p. 847^ , gegeben werden). So
heisst es (Chagiga, 15») mit Bezug auf ^^^^ HrriDj;^ *^r^^ Q^
35
Q^i^^J^n (Kohel, 7, 14): Gott hat zn jedem Dinge, das er erschuf,
• • •
auch ein Gegenstück erschaffen : Berge und Hügel , Seen und
Flüsse, nach einer andren Meinung: Fromme und Gottlose, Pa-
radies und Holle (QjrT^JT HV ^J)* Letzteres auch im Midrasch
z. St.).
Dieses ^JJ3 kommt aber in einer andren Gedankenverbindung
besonders oft vor. Wo immer in der Bibel Dinge numerisch be-
stimmt werden , sagt die Hagada warum es gerade diese Zahl ist ,
weil sie nämlich derselben Zahl, die an einer andren Stelle vor-
kommt , entspricht. So entsprechen die 6 Stufen am Throne Salo-
mon^s (1 Eon., 10, 19) den 6 Schöpfungstagen , den 6 Müttern
(Frauen der Patriarchen oder Väter), den 6 Abtheilungen der
Mischna, den 6 Pflichten des Königs, die an den Stufen ange.
schrieben waren (Midrasch Esther, 1, 2, und an andren Stellen).
Was hier von den 6 Thronesstufen gesagt wird, wird anderswo
(Pesikta d. R. Kahna, ed. Buber 7») , von den 6 ^tj Dli^^y» N^™-?
• • •
7, 3, gesagt , dass sie nämlich der Sechszahl bei denselben Personen
und Dingen entsprachen. Dieselbe Gegenüberstellung findet sich
im Midrasch zu Num. 7, 3 (Bamidbar R., S. 12); femer aber wer-
den (ib., S. 13) alle bei den Opfern der 12 Fürsten (Num., 7, 12—
84) vorkommenden Zahlen den entsprechenden Zahlen bei andern
Dingen gegenübergestellt, und zwar bei jedem einzelnen Opfer
in andrer Weise. So heisst es auch mit Bezug auf die 70 Stiere, die
während des Sukkothfestes dargebracht wurden, sie seien geopfert
worden zur Sühne für die 70 Völker — ^\^ü^i< Ü^)J^Ü 1JJD
(Sukkah, 55^; Pesikta, 193^, und an andren Stellen). Es sind das
nur wenige Beispiele aus sehr vielen.
Das Wort "^JlJ^ kommt aber ganz besonders oft vor in mQ
niD 1JJ!D> ^^^ ^r Mass. Es ist nämlich ein unter den ver-
schiedensten Formen vorkommender Spruch — wozu wie immer
die biblischen Personen die Beispiele liefern — dass jede Handlung
ihren angemessenen Lohn findet , angemessen auch insofern , als
Lohn und Strafe mit der Handlung Ähnlichkeit haben. Ein mit
besondrer Vorliebe behandeltes Thema ist z. B. der Nachweis , dass
die Strafen, welche über die Ägypter verhängt wurden — die
36
zehn Plagen und der Untergang im Meere — ihrer Behandlung
der Israeliten analog waren /Sota, 11»; Pesikta, ed. Buber, 81^;
Tanchuma, ed. Buber, II , 22«, und an andren Stellen^. Auch bei
Glycas (ed. Bonn, II , 294) heisst es , die Ägypter seien mit zehn
Plagen bestraft worden, weil 10 eine vollkommne Zahl ist (riAf/o^
iptifiig — eine auch bei Philo vorkommende Ansicht) , die Grau-
samkeit der Ägypter aber eine vollkommne war, die Nichts zu
wünschen übrig Hess. Bei Cedrenus (I, 85, ed. Bonn) wird nach
der »kleinen Genesis" (Buch der Jubiläen) erzählt , dass die israeli-
tischen Knäblein nur zehn Monate hindurch ins Wasser geworfen
wurden, und dass zur Strafe hierfür die Ägypter zehn Monate
lang mit Plagen heimgesucht wurden, im Monat Juni mit Blut,
im Juli mit Fröschen u. s. w. bis zum Sterben der Erstgebornen
im März (der also ongefähr dem jüdischen Nisan entspräche, in
welchem Monate der Auszug stattfand) ^). Schliesslich wurden ,
zur Strafe für das Ertränken der Knaben , die Ägypter im Meere
ertränkt , wobei auf je einen israelitischen Knaben tausend Ägypter
kamen.
Entsprechend dem Bestreben zur symmetrischen Paarung wer-
den auch Himmel und Erde in Einzelheiten parallelisirt. So heisst
es (Berachoth , bS^) , dass die Eegierungsweise auf Erden der im
Himmel ähnlich sei. So wie auf Erden , so gibt es auch im Himmel
ein Synedrion (TÖ^JÜ b^ PI rT^D)? ^^^ ^^ vielen Stellen er-
wähnt wird , wie es ebenso eine himmliche Lehrversammlung gibt.
Wie die Menschen auf Erden Gott lobpreisen , so auch die Engel ;
nach dem Buche der Jubiläen (Ewald's Jahrbücher, II, 83) feiern die
Engel auch den Sabbath und die Festtage. So wird ferner (Tan-
chuma , 1 , 56^ ; Bereschith R., S. 55 ; Bamidbar R., S. 12 ; jerus.
Talmud, Berachoth, IV, 5; Jalkut, Ex., § 253) das ^OfDi ^^-j ^^j ^'^^
und 1 Kön., 8, 13, als J^^^ö »gegenüber , entgegen" gedeutet und
darauf bezogen, dass das heilige Haus (der Tempel) auf Erden
dem im Himmel räumlich entspreche — eine Vorstellung , die sich
übrigens mit Bezug auf die Ka'ba auch bei den Arabern findet,
1) Epbräm Syrns (bei de Lagarde, p. 133) bringt die zebn Plagen der Ägypter »
die zehn Gebote und andre Zehnzahlen mit den (später za erwähnenden) zehn Frü>
fangen Abraham^s in Verbindung.
37
das8 nämlich im vierten Himmel ein der Ka'ba ähnliches Gebäude
sei, J^Jo genannt, das die Engel umwandeln (ZamahSari zu Sur.
52, 4 ; Ibn el-Atir , 1 , 1*a ; Lane s. v. /öÄc und s. v. -^).
Das Wort ^5i^Q bedeutet auch Allegorie, die ja ebenfalls auf
einer Vergleichung beruht ; sie ist das Abbild von etwas Andrem.
So wird denn auch das hohe Lied im Midrasch allegorisch aufge-
fasst; Salomon ist Gott, der König des Friedens, die Geliebte
ist die Gemeinde Israel , wie auch Sulamith so erklärt wird (M.
Schir haschirim, 7, 1 ; Bereschith R., S. 66) , und so wird Alles auf
Einzelheiten in Israels Geschichte bezogen , namentlich auf solche ,
in denen Gottes Liebe zu Israel sich kundgab. An einer andren
Stelle (Bamidbar, R. S. 12, zu Num., 7, 1) werden die Verse 3, 9.
10 im hohen Lied symbolisch auf die Natur bezogen. Auch die
Ereignisse im Leben der Patriarchen werden vorbildlich aufgefasst ,
als das Geschick ihrer Nachkommen prophetisch andeutend. So
führt Nachmanides zu Gen., 12,6, einen talmudischen Spruch an :
Alles , was sich mit den Vätern zutrug , wiederholte sich bei den
Kindern, und ebenso zu Gen., 32, 26, eine Midraschstelle , wonach
der Kampf Jakob's mit dem Engel sinnbildlich das darstellte, was
später sich ereignen sollte. Auch der gelegentlich der Opferung
Isaak's erwähnte, im Gebüsch verstrickte Widder war eine Vorbe-
deutung der Leiden Israelis unter den Völkern (Pesikta d. R. Kahna,
154^, und an andren, von Buber angeführten, Stellen) i).
Das Volk Israel kommt in der Bibel mehrmals unter dem Bilde
des Weinstocks vor (Jes., 5, 1—7; Hos., 10, 1; Ps., 80, 9 fg.), und
so wird denn auch der Weinstock , den der Mundschenk Pharaoh's
im Traume sah, unter Anführung von Ps. 80, 9 auf das Volk
Israel gedeutet (Ber. R., S. 88, und an andren, in der Wilnaer Aus-
gabe des Midrasch angeführten , Stellen). Die drei Weinranken be-
deuten Moses , Aaron , Mirjam ; das Folgende wird auf die Erlö-
sung Israelis, das viermal vorkommende Q^]3 von R. Levi auf
die vier Weltreiche bezogen. Aber auch der Traum des Backmeisters
1) Auch die von den Fürsten dargebrachten Opfer, Nura., 7, 1, deutet Nachmanides
in symbolisch-vorbildlicher Weise: wie auch das darauf folgende Capitel (8, I — 4)
nach einem älteren Autor auf das Chanukafest bezogen wird. Eine andre vorbild-
liche Deutung habe ich ZDMG., XXXI, 306, erwähnt.
38
wird ähnlich gedeutet. Die drei Körbe auf seinem Haupte sind
die drei ersten Weltreiche, der oberste — vierte — Korb ist
Rom, das vierte Weltreich. So wird überhaupt die an sehr vielen
Stellen vorkommende Vierzahl auf die vier Weltreiche bezogen ,
wie auch das von den Propheten erwähnte Edom als zugleich von
Rom geltend gedeutet wird.
Diese Art der Deutung von Bibelstellen kommt besonders oft
bei den syrischen Autoren vor, nur dass es immer dieselbe Sym-
bolik ist ; das alte Testament erscheint hier durchaus als Vision ,
die sich im neuen Testamente erfüllt. Da wo im A. T. zwei Per-
sonen Gegensätze repräsentiren , oder wo sonst Antithesen vor.
kommen, werden sie auf Juden und Christen, auf die alte Syna-
goge und die neue Kirche bezogen, und so werden in manchmal
ganz überraschender Weise nebensächliche und äusserliche Dinge,
die mit religiösen Anschauungen keinen Zusammenhang haben,
ebenfalls typisch gedeutet. Diese Deutungsweise bildet so einen sehr
wesentlichen Bestandtheil der syrischen Hermeneutik.
So z. B. wird — ähnlich wie an der oben angeführten Midrasch-
stelle — das Gesträuch mit dem darin verwickelten Widder auf die
Kreuzigung bezogen (de Lagarde, Materialien etc., II, 134 fg., ebenso
in christlichen Adamsbuche in Ewald's Jahrbüchern V, 121). Auch
dass Isaak das zu seiner Opferung bestimmte Holz selbst tragen
musste, wird — unter Anführung von Matth., 16, 24 — als myste-
riöse Hindeutung auf Christus erklärt. (Auch im Midrasch z. St. —
Ber, R. S., 56 — wird Isaak mit Einem verglichen , der sein eignes
Kreuz auf der Schulter trägt). Auch die Nebenpersonen werden
typisch gedeutet. So sind die zwei Diener Abbild (JLjUj) von
Simon und Johannes, der Esel ist Abbild des jüdischen Volkes,
wozu Jes., 1, 3, angeführt wird. Alles das findet sich auch bei Jakob
von Edessa (Ephraem Syr., Opp., 1, 171). Aber nicht nur die Opferung
Isaak's , wobei diese Deutung in der That sehr nahe lag , sondern
sehr vieles Andre wird typisch gedeutet. Um aus unzähligen Bei-
spielen einzelne zu erwähren, so heisst es im )> Bienenbuche" (p.
31) , der Weg , den die Arche genommen , sei ein Sinnbild
(jiiCLsaJ) Tvwo^) des Kreuzes, was sich auch bei dö Lagarde findet
(p. 78). Der Rabe und die Taube , welche Noah ausschickte , werden
39
im Physiologus Leidensis, p. 65 (in Landes Anecdota, t. lY) und
ähnlich im christlichen Adamsbuche (1. c, V, 107) — symbolisch auf
die jüdische Synagoge und die christliche Kirche gedeutet ; der ge-
frässige Rabe ist Sinnbild Q^aLo?) des jüdischen Volkes , die sanfte
Taube ist Symbol (j^^o.) der hoffnungsreichen, friedenbringenden
Kirche. Diese beiden Gegensätze des alten und des neuen Glau-
bens repräsentiren auch Sarah und Hagar, Isaak und Ismael,
Rachel und Leah (de Lagarde, p* 131. 158). Die Leiter, welche
Jakob im Traume sah , wird im Biedenbuche (p. 43) auf die Kreu-
zigung mit allen Einzelheiten derselben gedeutet, und ebenso bei
de Lagarde (p. 154). Bei Ephraem Syrus (Opp., I, 176) repräsentirt
Jakob die christliche Kirche, Esau das Volk der Juden. Typisch
gedeutet werden ferner: der Ringkampf Jakob's mit dem Engel
(ib., p. 181), der Segen Jakob's (p. 112 fg.), das was Ex., 12, 1
fg., Yom Passahlamm gesagt wird (p. 212)^ das Holz, das Moses
(Ex., 15, 25) ins Wasser warf, und noch vieles Andre. Aber auch
mit Bezug auf die Lot., 11, 13, und Deut., 14, 12, yerbotenen un-
reinen Vögel sagt Ephräm (p. 241) , wie jeder einzelne derselben
das Symbol (^^^aJ) solcher Menschen sei, welche mit gewissen
Untugenden oder Lastern behaftet sind.
Aber auch die oben erwähnte Assimilirung der himmlischen
und der irdischen Dinge ist den Syrern nicht fremd. So heisst es
im Bienenbuche (p. 15 fg.), dass das yon Moses errichtete Stifts-
zelt ein Abbild der Welt sein sollte (eine Vorstellung, die sich
bekanntlich auch bei Philo und Josephus findet) , und zwar war
die äussere Abtheilung ein Abbild der diesseitigen Welt, das In-
nerste aber , das der Hohepriester nur Einmal des Jahres betreten
durfte , entsprach einem Orte im Himmel , zu dem kein Engel ,
sondern nur der Hohepriester Christus Zutritt hat.
Typische Deutungen yon Bibelstellen finden sich übrigens ebenso
bei den lateinischen KircheuTätern. So sagt Hieronymus (Ep., 72
ad Evangelum , ed. Vall , 1 , 441) , der entblösste und yerspottete
Koah sei ein Abbild (Typus) Christi wie Cham das des jüdischen
Volkes, und so seien fast alle heiligen Männer, alle Patriarchen
und Propheten typisch aufzufassen. Die Vergleichung des holztra-
genden Isaak mit Christus findet sich bei TertuUian (adv. Jud., c.
40
10) wie ebenso die Deutung Jakob's und Esau's auf Christen und
Juden (ib., c. 1). Andre Stellen habe ich ZDMG., XXXI , 309 an-
geführt. Dass auch im christlichen Adamsbuche viele Typen und
mystische Auslegungen vorkommen, bemerkt Dillmann (Ewald's
Jahrb., V, 7).
Einzelne derartige Deutungen finden sich auch bei den byzan-
tinischen Autoren. Abel und Kain werden von Cyrillus , den Glycas
(II, 224, ed. Bonn) anführt, auf Juden und Christen bezogen,
ebenso die im hohen Liede (3, 11) vorkommende Krone auf die
Dornenkrone Christi bei Cedrenus (ed. Bonn, I, 383). Bei Syncellus
(p. 206) legt Jakob seine Hände kreuzweise auf die beiden Knaben
Menasseh und Ephraim , und ebenso erhebt Moses TrpoTVTroiv (Ex.,
17, 11) seine Hände in Kreuzesform (p. 245). Die Ex., 15, 27, er-
wähnten 12 Quellen und 70 Palmen in Elim sind tvttoi der 12
Apostel und ihrer 70 Schüler (p. 243).
Das ^5i^0 als Sprichwort , das ebenfalls zur Vergleichung dient ,
kommt im Talmud sehr häufig vor, namentlich das Yolkssprich-
wort (^Ti'in bti^D) > ^^ ^®^ Regel nur gelegentlich und an eine
Bibelstelle anknüpfend und mit den Worten eingeleitet: Das ist,
was die Leute sagen, oder: Das Sprichwort sagt '»'HOJ^T ^T^^Jl
'IDJ^ N^riD — '»IS^J'^JO- ^^ öi^ör Stelle (B. Kamma, 92^ , M. Schir
haschirim, 1, 1) werden — in mitunter sehr witziger Weise —
Bibelstellen als Belege zu Yolkssprichwörtern angeführt.
Bei den Arabern zeigt sich die Yorliebe für die dualistische
Gruppirung zunächst darin, dass sehr viele Wörter in der Dual-
form vorkommen , auch solche Wörter, welche zwei ganz verschiedne
Dinge, die aber einen gemeinsamen Berührungspunkt haben, be-
zeichnen. So gibt es für i>Tag und Nacht^' 12 verschiedne Aus-
drücke in der Dualform. Besonders werden die Wörter für die
verschiednen Farben in dieser Weise gebraucht. Oft wird der Dual
auch da gebraucht , wo das Wort nur auf Eines der beiden Dinge
passt, was auch von Eigennamen und geograghischen Benennun-
gen gilt. So z. B. bedeutet das oben angeführte ^^ym für ]»Ost
und West" eigentlich die beiden Sonnenaufgänge , und Zamahäari
z. St. führt als ähnliche Dualform »die beiden Omar" (i^L^O
zur Bezeichnung der beiden Khalifen Abu Bekr und 'Omar an,
41
sowie »die beiden Monde'' (o^r*^^) ^^^ »Sonne und Mond".
Das Gleichniss — das einfache wie das zugleich aus zwei Yer.
gleichungen als Gegensätze bestehende — kommt an vielen Eor4n-
stellen vor. Ausserdem aber werden sehr viele Sprüche und Sen-
tenzen — zumeist religiösen Inhalts — auf Mohammad als deren
Urheber zurückgeführt. Einige derselben finden sich bei Freytag
(Arabum Proverbia, III, p. 607); bei Mas'üdi (IV, 168 fg.) und
in Arnold's arabischer Chrestomathie (p. 14 fg.), welche letztere
viele Yergleichungen enthalten.
Überhaupt aber ist die arabische Literatur ungemein reich an
Sprüchen und Sprichwörtern , und auch hier kommt die dualistische
Gruppirung, die Zweitheilung, mehrfach vor. Ein Beispiel aus
vielen ist der Spruch: »Fürchte Gott, so hast du sonst Niemand
zu fürchten" in den von Fleischer, als Anhang zu Ali's 100 Sprü-
chen, edirten »zerstreuten Perlen" (p. 68, N^ 61). Zweitheilig
sind nun auch die vielen antithetischen Sprüche, wie z. B. der
Spruch: »Die Menschen schlafen; wenn sie aber sterben, dann
wachen sie auf" (kürzer im Original: ^y^^\ ^yto t«3ld «Li (j^Lüt)
in Ali's lOO Sprüchen (p. 5) i) , sowie der auch bei Göthe (Werke,
ed. V. Loeper, I , p. 8 1 , p. 339) vorkommende Spruch vom Hammer
und Amboss : »Bist du Amboss , so leide geduldig, bist du Hammer,
so lass Andre leiden" (Freytag , I, p. 143, N° 465") , oder: »Wenn
das Reden Silber ist, so ist das Schweigen Gold" (Socin, Ara-
bische Sprichwörter, N° 180, woselbst auch Parallelstellen ange*
führt werden). Das Antithetische wird nun durch den sehr oft
vorkommenden Reim — d. h. durch die äussere Elangähnlichkeit
und den inneren Gegensatz — noch besonders verstärkt , wie z. B.
in dem Spruche: »In der Geduld liegt Heilung; Reue folgt auf
Übereilung" m^Ju 'tl:f^\j^ mIm^ ^I (Freytag, I, N° 270,
ähnlich Socin, N° 371). Manchmal ist es nur der Reim, der dem
Spruche eine zweitheilige Form gibt; manchmal ist es die dialo-
gische Form, oder die Einkleidung in Frage und Antwort. So in
den Sprüchen: vß- Ju^j H.a J^ ^9 »Mcht jedesmal kommt der
1) Genaa mit denselben Worten kommt dieser Sprach an einer Stelle Gazz&ii's vor,
die ich uebst andren ähnlichen ZDM6., XLII, 295, angeführt habe, nnd zwar wird
derselbe als Aussprach des Propheten erwähnt.
6
42
Krug unverletzt (vom Brunnen) zurück" (Socin, N° 159) und »Man
forderte den Hahn auf, zu krähen; da antwortete er: Alles zu
seiner Zeit" (ib., N° 416), sowie »Was ist süsser als Honig? Essig,
wenn man ihn umsonst haben kann" (ib., N° 425). Durch die Frage-
form erhält der Spruch etwas Emphatisches , wie z. B. auch das :
i
»Was ist süsser als Honig?" Jud. 14, 18, emphatischer und ener-
gischer ist als »Der Honig ist das Süsseste von allen Dingen".
Keben dem zweitheiligen Reim findet man auch oft die Paro-
nomasie oder die Alliteration wie z. B. in dem Spruche , der auch
im westöstlichen Divan (ed. v. Loeper, p. 102, N° 25) vorkommt :
»Verbirg dein Gold , dein Reiseziel , deinen Glauben" \^^d JjJ
(älu^Ax^ c!)uLP(3 (Kazimirski , W.B., s. v. i^a^«3 und s. v. yuww).
Manche dieser Sprichwörter finden sich ähnlich in den jüdischen
Schriften. Bei Socin (N® 172) und bei andren von ihm erwähnten
Autoren wird das Sprichwort angeführt: »Derjenige, welcher von
einer Schlange gebissen worden ist , fürchtet sich vor einem heissen
Strick" ; ähnlich heisst es im Midrasch Schir haschirim, 1, 2, mit
Bezug auf Ex., 19, 8, und im Midrasch Koheleth, 7,1, mit Bezug auf
1 Sam., 25, 1 : Das Sprichwort sagt : »Der von einer Schlange Ge-
bissene fürchtet sich vor einem Stricke" (»der sich bewegt", fügt
der Commentar hinzu) , J^^^p m^H H^riDJI |ND lDi< N^DD
i^^^ b^mD (N^Dn hedeutet keineswegs »Wunde", wie Levy,
Neuhebr. Wß., s, v. ^HT» ^j ^^^> meint) '). Ähnlichen Inhalts ist
ein andrer Spruch bei Socin (N^ 461) : »Er hat seinen Mund an
der heissen Milch verbrannt; nun bläst er die Dickmilch". Beide
Sprichwörter finden sich in persischer Sprache bei Roebuck A
collection of Proverbs, das erste Part I , p. 50 , N° 379 , das zweite
p. 42, H^ 325 (wo es statt Buttermilch »Wasser" heisst) und P.
II, p. 100, N® 614. Roebuck vergleicht damit das englische »A
burnt child dreads the fire" (schottisch bei Kelley, Scottish Proverbs,
p, 34: »Burn'd bairn fire dreads"), und das italienische »Can' scottato
da l'aqua calda ha paura". Auch in Jeannaraki's '^A^/ccätöj xpj^r/x«
(p. 293, NO 22) wird das Sprichwort angeführt: »Wer sich am
heissen Kürbis verbrannt hat , bläst auch in die saure Milch",
Ein spanisches Sprichwort laatet: Quien del alacran esta picado la sombra le
'espanta (Jos^ Coli y Vehi, Los refranes del Qaijote, N° 65).
43
'Attov xifiKs V Tifv xoXootvia 0vffZ Koä rh yiotovprt (türkisch
Ojcy.) , wozu das franzosische »Chat ^chaud^ craint Peau froide"
angeführt wird. Letzteres findet sich unter andrer Form in der
Zeitschrift Melusine (I, 180): ^»Qui 's'est brül6 ayec un mets trop
chaud Souffle sur le mets froid^'; auch in Wurzbach's Sprichwör-
ter der Polen (p* 238 , No 136) heisst es : »Wer sich an heisser
Milch verbrannt hat, bläst kaltes Wasser an". Beide Formen
des Sprichwortes finden sich in Rückert's Weisheit des Brahma-
nen (ed. 1839, T. VI, p. 78, No 60. 61). »Wer sich an heisser
Milch einmal yerbrannt die Nasen , wird auch die Buttermilch ,
eh' er sie trinket, blasen" und: »Du sahst die Schlang' einmal,
und dein besorgter Blick sieht nun die Schlang' am Weg in
jedem alten Strick". No.l32 bei Socin (und bei andren von ihm
angeführten Autoren) lautet: »Die Wände haben Ohren". Dasselbe
Sprichwort findet sich bei Roebuck (I , p. 26 , N'J 199) in per-
sischer Sprache : u>jb \Jm^ ^ ^^"^^ ^^* Bezug auf Koheleth, 10, 20,
wird nun im Midrasch (Wajikra R«, S. 32) der Spruch ange-
führt : vDer Weg hat Ohren und die Wand hat Ohren (cf. Dukes,
Rabbinische Blumenlese, N®32; bei Socin heisst es »die Wände"
(^^^1 O"^ O^-^A^) 5 öhenso bei Kazimirski, WB., s. v. Jo^ während
das persische S^j^ »die Wand" bedeutet). N® 205 bei Socin (und
ähnlich bei Freytag, III, p. 445) lautet: »Jeder Vogel fliegt mit
seines Gleichen". Derselbe Spruch findet sich bei Roebuck (P. I,
p. 174, NO 682 und p. 324, N» 1655); an letzterer Stelle heisst
es: »Die Taube mit der Taube, die Gans mit der Gans, denn die,
welche derselben Gattung sind , gehen stets miteinander". Roebuck
vergleicht damit das englische : »Birds of a feather flock together".
Mit Bezug auf Gen., 28, 9, und Jud., 11,3, werden im Talmud die
Sprüche angeführt: »Jeder Vogel wohnt bei seiner Gattung , und
auch der Mensch bei seines Gleichen", sowie : »Nicht umsonst ging
der Staar zum Raben , sondern weil er von seiner Art ist" (Bux-
torf, Florilegium rabb., p. 336 und Dukes, W 415). N« 87 bei Socin
lautet; »Berge und Berge begegnen sich nicht, aber Menschen und
Menschen", ^^ääILj ^^o! ^ [^^^ ef *^. ^ J^^ £* ^y'^^• ^i^ chal-
däisches Sprichwort y:is ^y.^^^ jj^j^j^ y:i5 ^ ^mtoD Nmto
klingt wie eine wörtliche Übersetjsung des arabischen ; Dukes führt
44
(p« 18) dasselbe als ein nur mündlich cursirendes an und sagt
ferner : »Dieses Sprichwort ist arabischen Ursprungs ; es findet sich
wörtlich in v. Diez Denkwürdigkeiten von Asien, II , p. 463, N® 21".
An letzterer Stelle heisst es nun im Original ähnlich wie bei Socin :
Jükoj qLmo'ÜIj qLmo'!:)^ ^^joj "^ (3^^^lj (3^^* Persisch findet sich
dasselbe bei Roebuck (I, p. 76 , No 58) , aber in umgekehrter
Eeihenfolge: \Xm*j ^^4J n^ «^ \^mj ^ *t>lj *^t. Bei Freytag,
II , 902, und bei Lane, s. y. vJXb, werden die Sprüche angeführt :
tO Arzt, heile dich selbst!" ((ti^jwwwÄJÜ uaI^ w^uuwb L) und iWenn
du ein Arzt bist, so heile zuerst dein Auge." Diesem entspricht
das im Midrasch (Ber. R., S. 23) mit Bezug auf Gen., 4, 23—25,
angeführte Sprichwort: »O Arzt, heile (zuerst) deine Lahmheit!
nmj"^n ^DN N'^DN- Buxtorf (Lexlcon, s. v. J^^QJi} , col. 152) ver-
gleicht damit das Luc, 4, 23, angeführte Sprichwort: ]»Arzi, heile
dich selbst (in der syrischen Version .^a<^i J^| j^^)) ')• Ein andres
Sprichwort bei Freytag (I, 517, No 76) lautet: »Der Esel ging
fort , um sich Hörner zu suchen , da kehrte er mit abgeschnittenen
Ohren zurück. Im Talmud (Sanhedrin, 106^) wird mit Bezug auf
Num. 31, 8 das Sprichwort angeführt : »Das Eameel ging fort , um
sich Hörner zu holen ; da wurden ihm die Ohren , die es hatte , ab-
geschnitten. Dukes (N^ 198) verweist hierzu auf De Sacy's Aus-
gabe des Fend-Nameh , woselbst in den Anmerkungen (p. 206) eine
ähnliche Fabel aus Anwäri Suheili angeführt wird, vom Esel, welcher
ausging , um sich einen Schweif zu suchen , und dem bei dieser
Gelegenheit von einem Landmanne die Ohren abgeschnitten wur-
den , wie denn auch auf die entsprechende Fabel bei Aesop sowie
auf Buxtorf's Florilegium, p. 54, verwiesen wird. Die Fabel vom
Eameel, das, aus Neid auf den Hirsch, Gott bat, ihm Homer
zu geben, worauf ihm aber Gott die Ohren vstumpffet" und
Höcker und unförmliche Gestalt verleiht , findet sich in Kirchhofs
Wendunmuth (ed. Osterley , Bibliothek des liter. Vereins in Stutt-
gart , N'* 99 , p. 282). In den Nachweisungen (p. 164) wird unter
I) In den Adagiis des Erasmns (ed. Basil., 1520, p. 427; ed.Francof., 1646, p. 19)
wird als Parallele za «Medice, tibi ipsi medicus esto** der Sprach angeführt: 'AAA^y
larp^q ecvrdq %Xkbvi ßftum.
45
andren Parallelstellen auch Pantschaiantra , ed. Benfey , 1 , 602, an-
geführt.
Bei Burekhardt, N® 87, wird der Sprach angeführt : »Tanze vor
dem Affen während seiner Regierung" (bei Freytag, III , 199, An
seiner Zeit") und No 339 : »Bücke dich vor dem nichtswürdigen
Affen in seiner Zeit" (in der Zeit seines Glückes). Ein ähnlicher
Spruch wird mit Bezu^ auf Gen., 47, 31, im Talmud (Megillah, 16^)
angefahrt: »Bücke dich vor dem Fuchse in seiner Zeit" (^J*i^n
»Zwischen ^4nä und B&nä ging unser Bart verloren" (^^j
biJl vJi^£U? IjÜj IjL5>) wird als Sprichwort bei Burekhardt (No 146) ,
bei Kazimirski (WB., I, 363a) — zugleich mit Hinweisung auf
Lafontaine's L'homme entre deax äges — und in etwas verschiede-
ner Fassung bei C. v. Landberg (Froverbes et dictons , 1 , 216 ,
NO 119) angeführt. Ein Mann entre deux, 4ges war nämlich auch
insofern zwischen zwei Lebensaltern, als er zwei Frauen, l}knä
und Bän4, hatte, von denen die eine jung, die andre alt war;
die erstere riss ihm alle weissen , die letztere alle schwarzen Haare
aus y sodass er kahlköpfig ward. Diese Erzählung findet sich auch
im Anwari Suheili (ed. Ouseley , p. föf) ; im Talmud (B. Eamma,
60^) wird sie mit Bezug auf ein Ereigniss als Gleichniss ange-
führt, mit dem Schlussatze; »So war er hüben und drüben ein
Kahlkopf - |J<30 nnpT |NDD nnp NÜDJ - , ^el^^^e Worte
an einer andren Stelle (B. Bathra, 132^) als sprichwörtliche Eedens-
art vorkommen. Dukes , der ebenfalls (N® 598) dieses Sprichwort
anführt, verweist auf Notices et extraits, II, 711 fg., woselbst
diese Erzählung aus Aesop^s Fabeln nach einem MS. angeführt
und zugleich auf die Behandlung desselben Gegenstandes bei
Phädrus und Lafontaine verwiesen wird.
Auch im Wendunmuth (ib. p. 288) findet sich diese Erzählung ^) ;
1) Der Aasdruck «widerwertige" in dem Satze «und dass er so alt noch nidit
erschien, wie ihre widerwertige vorgab", entspricht dem »ihre widerwärtige" bei Lather,
1 Sam., 1. 6, wahrscheinlich die Übersetzung von p)*)2^ im Texte, welches Wort
TT
'— als Femin. von *)2^ //Feind" — * Feindin" — - d. h. die Nebenfraa als Neben-
buhlerin — bedeutet. In der Bibel kommt das Wort in letzterer Bedeutung nur an
dieser Stelle , im Talmad aber — als terminus techmcus für Nebenfrau — mehrmals vor.
46
unter den Nachweisungen (p. 165) wird auch Benfey, Panischa-
tantra, I, 602; II, 552 angeführt.
Bei Buxtorf, p. 285, und bei Dukes, K» 531 und No 532, wer-
den die Sprichwörter angeführt: i>Ist der Ochs gefallen, schärfe
das Messer — gibt's der Schlächter viele". Bei Tantawi (Trait^
de la langue arabe vulgaire , p. 1 28) findet sich das Sprichwort :
>Wenn der Ochs niedergefallen ist, sind viele Messer für ihn da",
L^'l5C^ ybCj öjftJi jftj U (y:)u ist wohl ein Druckfehler) i).
Bei Freytag (I, 471; II, 735) wird der Spruch angeführt:
»Was Gott thut, ist wohlgethan", was also ein ethischer Spruch
ist , der keineswegs , wie die meisten andren , zu den Yolkssprich-
wörtem gehört «). Auch in den Schollen zu ^artri (p. Y^Y\ wird
aus einem Gedichte Abu Temmam's die Stelle mitgetheilt : )) Ertrage
mit Geduld den Wechsel des Geschickes , denn Gott thut Nichts ,
was nicht zum Guten ist" (^ jJJt ^;^'*^. ^ |}^^ oLuLül ^JLc \jj^
j*s>). Ein sehr bekannter , im Talmud (Berachoth, 60^) angeführter ,
chaldäischer Spruch lautet : »Alles, was Gott thut , ist zum Guten".
Zugleich wird erzählt , dass R. Akiba dazu ermahnte , diesen
Spruch — der zugleich in hebräischer Fassung mitgetheilt wird —
zu beherzigen und dass sich ihm selbst ein Mal die Gelegenheit
darbot, auf die Wahrheit desselben hinzuweisen. Die betreffende
Erzählung wird von Dukes (No 452) mitgetheilt , zugleich deren
Bearbeitung in Kerder's »Blumenlese". An der Talmudstelle bezieht
sich der Spruch auf die Stelle der Mischna (IX , 5, fol. 54») , dass
man Gott nicht nur für das Gute , sondern auch für das Schlimme
danken soll , wozu Job, 1, 21, angeführt und auch Deut, 6, 5
in diesem Sinne gedeutet wird.
Zu den talmudischen Yolkssprichwörfcem , die namentlich für
das Volksthümliche der Hagada sehr charakteristisch sind, finden
sich noch anderweitige Parallelen in der arabischen Literatur. Das
1) Aach ein spanisches Sprichwort lautet : »Caandocaelavaca, agazan los cachillos".
2) Den Unterschied zwischen dem ethischen Spruche und dem tDVin 7t2^D o^®"*
Volkssprichwort — welches letztere weniger Weisheits- als vielmehr Klugheitslehren
enthält (wozu die Gnomik des realistischen Sancho Panza im Gegensatz zu dem idealen
Don Quijote viele Beispiele liefert) — habe ich ZDMG., XXXI, p. 302, N«. 20
hervorgehoben und zugleich als Belege mehreren talmudische Sprichwörter angeführt.
47
gilt namentlich von solchen Sprüchen, die sich auf die Zunge
(lllS^b , o'^ ' persisch qU) , d. h. auf das Reden, beziehen , und
den Schaden yeranschaulichen , den dasselbe oft bringt* Noch ein
eigenthümlicher , hierher gehöriger, Ausdruck findet sich sowohl
im talmudischen als auch im arabischen Sprachgebrauch. Die Ver-
leumdung heisst im Talmud »die böse Zunge" oder »die Zunge
zum Bösen" (j;"-|n nji^^, ähnlich wie y),-] m, »der böse Blick",
»der Blick zum Bösen") ; daneben besteht noch ein andrer Ausdruck ,
^Nn^bn ){2^^^ j *^i® dritte Zunge". Dieser Ausdruck kommt mehr-
mals vor , wie z. B. Wajikra R., S. 26 ; M. Tanchuma, ed. Buber,
lY, 54i^; Pesikta d. R. Kahna, 32», wozu Buber mehrere Paral-
lelstellen anführt; auch Buxtorf s. v. ^5^^ (col., 1160) führt
mehrere Stellen, namentlich aus dem Targum, an. Dieser Ausdruck
wird damit erklärt, dass die Verleumdung drei Personen tödte,
den Verleumder, den Verleumdeten und den, bei welchem der-
selbe verleumdet wird. Ganz ähnlich wird im Arabischen der
Angeber, Verleumder 3.iÄ^ (von v^aJiS, drei) genannt, weil er drei
Personen zu Grunde richtet , sich selbst , den , welchen er verleum-
det, und den, bei dem er ihn verleumdet <).
Aber auch unter den persischen Sprichwörtern und sprichwört-
lichen Redensarten bei Roebuck sind einige , die mit talmudischen
Ähnlichkeit haben. Dahin gehört das Sprichwort (Part I , sect. II ,
p. 131 , No 412) : »Der Wechselbrief der Liebenden ist auf
das Geweih des Hirsches ausgestellt" (^t ^ü^ ^ qLä;^ oU),
d. h. er wird nie honorirt. Es entspricht das der talmudischen
Redeweise (Buxtorf und Levy s. v. Y^i^j Florilegium, p, 18;
Dukes, N^ 259): »Er hat sein Geld auf die Homer des Hirsches
gelegt (^3Jin ]^p b)} l^m5?D n^jn) , ^ h. er erhält es nie
zurück; es ist verloren. Eine ähnliche Redensart ist die von
Aristoteles (Hist. an., IX, 5,34, ed. Aubert- Wimmer , II, p. 221)
1) So wird auch im Midrasch (Wtjikra R., S. 33, Anfang; Dukes N^ 494) eine
kleine Geschichte erzählt, nm darzathnn, dass eine gate Zange (von einem Thiere,
als Speise) unter allen guten Dingen das beste, die schlechte hingegen unter den
schlechten Dingen das schlechteste sei — ^^2 1D1 D^^^D HDÜ H^^ Dö DID 13
rOy^Ü tC^^D n^b' Derselbe Spruch wird im Namen Lokm&n's bei Zama^sari (p. IUI**)
und Baidftwi (II, p. W^) zu Sur. 81,11 angefahrt.
48
angefiilirte griechische: )»Wo die Hirsche ihre Geweihe abwerfen
(du cti iKx^Qi ra tiiparoL iicoßixxovviy) , d. h. an schwer zugäng-
lichen Plätzen, da die Hirsche an solchen ihre Geweihe hin-
werfen. Bei Roebuck wird femer (ib., p. 167, No 627) der per-
sische Spruch angeführt: k» Backe dein Brot, so lange wie der Ofen
warm ist; (»Make hay , while the sun shines", fügt Roebuck als
Parallele hinzu), ähnlich lautet ein talmudischen Spruch (Sanhe-
drin , 33 ; Dukes , NM 2 ; Florilegium , p. 234) : iDieweil dein Heerd
brennt , schneide deinen Kürbis ab und brate ihn". Ein andrer
Spruch bei Roebuck (p. 240, No 1105) lautet: T>Der Topf der
Genossenschaft (c^|j^) kommt nie zum Sieden" (Too many oooks
spoil the broth) ; ähnlich im Talmud (Erubin, 3<^ ; B. Bathra, 24 ;
Dukes N^ 588) : »Der Topf der Genossen ist weder warm noch
kalt" j^o^an N^i Nnnp ^b ^^rmi ^mp y i^ ähnlicher
Weisse liesse sich noch bei andren Sprichwörtern die Obereinstim-
mung nachweisen >).
Davon aber ganz abgesehen, berührt sich die jüdische Gnomik
mit der arabisch-persischen noch in einem anderen Puncto. Wie
die oben angeführten talmudischen Sprüche und Sprichwörter knüp-
fen noch yiele andre an die Bibel an ; auch die arabisch-persischen
Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten beziehen sich sehr
oft auf Bibel- oder Koränstellen , indem biblische Personen —
Noah, Abraham, Jakob, Joseph (dieser besonders häufig), Moses,
Eorah , Salomon , Hieb u. A. — darin Torkommen , wie andrer-
seits viele Sprüche mit biblischen übereinstimmen. Der Einfluss
der heiligen Schriften erstreckt sich also auch auf dieses Literatur-
1) Im Talmud werden die Sprichwörter nie ihrer selbst willen — wie in einer
Sprachsammlong — angeführt; es ist immer ein bekanntes Sprichwort, das gelegent-
lich auf die eine and die andre Sache angewandt wird , zuweilen auf ganz verschiedene
Dinge.
2) Auch aus dem Hindnstani fährt Roebuck (Part II, sect. II, p. 202, N° 82
and p. 208, N^ 87) einen Sprach in zwei etwas verschiedenen Versionen an : «Spacke
gegen den Himmel (die Sonne), and der Speichel wird auf dein Angesicht fallen";
zugleich wird das entsprechende englische Sprichwort angefahrt. Dasselbe existirt nun
auch im Französischen («qui crache contre le ciel il lui retombe sur le visage*') und
wahrscheinlich auch in andren Sprachen. Im Midrasch Koheleth, 7, 9 (cf. Dukes, N® 866)
kommt ebenfalls der Sprach vor: Wer in die Höhe spuckt, dem fallt der Speichel
au& Angesicht (|?«»Di n'»D« ^j; ^'»j;^ ppll !?D).
49
gebiet, was wiederum — wie alles oben Angeführte — ein Bei-
spiel davon ist, »wie das Wort so wichtig dort war'%
Es Hesse sich nachweisen , dass auch das , was in jener Stelle
des westöstlichen Di van noch ferner gesagt wird, in gleicher Weise
von der jüdischen Literatur gilt ; da aber im Folgenden nur von
den — auf die biblischen Erzählungen sich beziehenden — Sagen
die Rede sein soll, so bleibt das Übrige, als nicht hierher ge-
hörend, besser unberücksichtigt.
Zu erwähnen ist nur noch eine Ähnlichkeit zwischen den
jüdischen und den arabischen Schriften — der Anachronismus. Im
Talmud herrscht durchaus die Yorstellung, dass Moses zugleich
mit dem schriftlichen Gesetze auch die mündliche Erläuterung
desselben empüng, die dann von Geschlecht zu Geschlecht über-
liefert wurde. So werden denn auch alle hervorragenden biblischen
Personen zugleich als grosse Schriftgelehrte betrachtet, und wie
der oben erwähnte Name ^^3^^ werden auch (Berachoth, 4* , Jalkut
Sam., § 131) die Namen 3J<^3, ntt^D^DD, ^DIINH ^i^M »uf
ihre halachische Gelehrsamkeit bezogen, wie denn an ersterer
Stelle auch David als grosser Schriftgelehrter geschildert wirdi).
So wie es nun aber (Pesachim, 54 &, Aboth d. R. Nathan, ed. Schechter,
46^ , und an andren Stellen) von der Thora heisst , dass sie schon
vor der Weltschöpfung existirte , so wird auch angenommen , dass
lange vor der Gesetzgebung auf Sinai die schriftliche wie die
mündliche Lehre in der Theorie und in der Praxis vorhanden
war , also nicht nur studirt , sondern auch ausgeübt ward. So wird
(Bereschith R., S. 63) , die Stelle Gen., 25, 22, dahin gedeutet ,
dass Rebekka im Lehrhause von Sem und Eber anfragte , was das
Ungewöhnliche dieser Erscheinung bedeuten solle, wie auch der
Plural D^briN i° dö«^ ^^tze (Vs. 27) D'^SnN DI^'^ ÜV) IS^'^N ^pV^l
•
auf JakoVs Thorastudium in diesen Lehrhäusern bezogen wird.
1) So wird auch Moed Katon, 16b, daa D''^13^» 2 Sam., 23, 8, ni^llDÜ — ^^
Sinne von Grossthaten — gelesen nnd ^iJ^yp) *|yiy auf David und sein ver-
Bchiednes Benehmen im Lehrliause nnd in der Schlacht bezogen. Keineswegs ist von
einem der Helden David's die Bede, wie Levy (Neuh. "W.B., III, 622a, s. v. pj;)
meint.
50
Ebenso befolgte Abraham die Qebote der sobriftliclieii wie der
mündlichen Lehre, wovon später die Bede sein wird.
Was nun die hagadisohen Bestandtheile der talmudisehen Lite-
ratur betrifft, so waren das zumeist dffentliohe Yorträgfe für das
grosse Publieum, die, Tolksthümlich und erbaulich, augleieh er-
heitern , trösten und erheben sollten. Ein solcher Vortrag wird ,
zugleich mit Anfang und Schluss , Sabbath, SO*^, mitgetheilt (der
populäre Charakter desselben wird yon Raschi z. Bt. hervorgehoben).
Wie sehr beliebt diese Vorträge beim Volke waren, ist aus vielen
Talmudstellen ersichtlich. So wird (jems. Talmud, Sota, I, .4,
Wajikra R., S. 9, und an andren Stellen) eine sehr hübsche Ge-
schichte von einer Frau erzählt, welche die Vorträge des R. Meir
so gerne hörte, dass sie in Folge ihrer — durch das Anziehende
des Vortrags gefesselten — Aufmerksamkeit einst einmal sehr spät
nach Hause kam und desshalb von ihrem Manne gescholten ward.
An einer andren Stelle (Sota, 40>), wird erzählt, dass einst
zwei Schriftgelehrte nach einer Stadt kamen und daselbst Vori^äge
hielten. Der Eine, der halachische Vorträge hielt, fand nur sehr
wenige Zuhörer , während der Andre , dessen Vorträge hagadischen
Inhalts waren, ein sehr grosses Publicum hatte. Als Jener sieh
darüber beklagte, tröstete ihn der Andre mit einem Gleichnisse,
um ihm darzuthun , dass die hal achischen Vorträge y eben weil
ernster, gediegner und gehaltvoller als die hagadischen, für das
Volk wenig Anziehendes haben. Zu dem volksthümliohen Charakter
dieser Vorträge gehörte nun auch, dass man die biblischen Per^
sonen ihrer erhabnen Ferne entrückte und sie als der G-egenwart
angehörig darstellte. Indem man also das, was einer späteren Zeit
angehörte, auf biblische Personen und Ereignisse übertrug, wurde
das Erzählte dem Veratändnisse näher gerückt und erhielt zugleich
etwas Trauliches und Gemüthliches , wie denn überhaupt das ge-
müthliche Element einen wesentlichen Charakterzug der hagadi-
schen Erzählungen bildet.
In den hagadischen Erzählungen kommen auch heidnische Per.
sonen vor, zumeist solche, die dem jüdischen Volke feindselig
gegenüberstanden. Bei diesen tritt nun die Individualität ganz
und gar in den Hintergrund ; aus dem Rahmen von Zeit und Raum
51'
heransgeriisen , werden sie rerallgemeiiiert, werden sie eu Typen^
CliarakiermaBken ; die Person wird zur persona im ursprünglichen
Sinne des lateinischen Wortes. So werden z. B. Ebtman's Anklagen
gegen das jüdische Volk in der Hagada mit rielen neuen Zuthaien
bereichert (die verschiednen Varianten finden sich in Buber's
»Hagadische Auslegungen — Nm^NT '^IDD ~" ^^^ ®* Esther",
13^, 16*, 34^, 50*); aus den wenigen Worten Haman's wird
ein hämisches und lügenhaftes Libell, und zwar beschwert sich
Haman über Dinge, die erst in viel späterer Zeit Ton den Fein-*
den der Juden gegen dieselben geltend gemacht wurden (was
bereits Sachs — Beiträge , II , 153 fg. -^ herrorhebt). Darin liegt
nun zugleich auch ein gewisser Humor; wenn nun aber — ge-
wissermassen als Beplik auf die Anklage — weiter erzählt wird,
dass auf Haman's Verspottung und Verleumdung der jüdischen
Festtage hin, Oott zu ihm sagte: »Du klagst die Juden wegen
ihrer Festtage an; diese Feste werden fortbestehen, du selbst
aber wirst die Veranlassung sein , dass noch ein andres Fest -^
das heiterste und fröhlichste von allen -^ hinzukommt", so liegt
darin noch weit mehr Humor, wie denn die hagadische Behand-
lung des Buches Esther — in Talmud und Midrasch -^ humoristischer
ist als die irgend einer andren biblischen Erzählung.
Weit tragischer ist die Darstellung andrer Personen, wie z. B. des
Nimrod , Nebukadnezar , Titus , Vespasian , Hadrian, welchen Namen
immer das Epitheton ytJ^^H — ^®^ Frerler — hinzugefügt wird.
Dieses Epitheton ist gleichsam der eigentliche , Allen gemeinsame ,
Name, wie denn auch der ursprüngliche Name zuweilen appella»
tiTisch aufgefasst wird, so 'T^QJ als »Empörer, Rebell" von T^Q.
Denn auch sie sind Alle Metamorphosen und Metempsychosen einer
und derselben Person; Nebukadnezar ist Nimrod II, ein Nimrod
rediyiYus. An einer Talmudstelle (Pesachim, 94* , 94^), ruft so eine
Himmelsstimme dem Nebukadnezar zu und beginnt mit der An-
rede: »0 du Gottloser (^5^?*!) , Sohn eines Gottlosen, Sohnes-
sohn des Nimrod, der die ganze Welt zur Empörung gegen Gott
aufrief" O^y "^^^^ D^l J?n ^D DN I^IDilti^) ) «» ©i^^r andren
Stelle (Gittin , 56^) , ruft wiederum eine Himmelstimme dem Titus
zu und nennt ihn; »Gottloser, Sohn eines Gottlosen, Sohnes^
52
8olin Esau^B des GottloBen'', wobei aber wohl auch in Betracht
kommmt, dass die Römer als Nachkommen Esaa's oder Edom's
angesehen werden.
Da nun femer die tragischen Erzählungen, in denen diese
Personen figuriren , vom hagadischen Gewebe umsponnen werden ,
so yerflüchtigen sich die historischen Gestalten im Dämmerlichte
der Sage zu lauter Dissolving yiews.
Bei den Arabern sind Nimrod und Pharaoh insofern typische
Personen, als ihre Namen appellativisch gebraucht werden und
so auch im Plural Yorkommen zur Bezeichnung übermüthigor und
ungläubiger Tyrannen. Sie werden auch oft als Beispiele angeführt ,
um darzuthun , wie Gott derartige Frevler bestrafe ; sie leben noch
jetzt im Yolksmunde fort ^) , sowohl im Sprichworte als in der
Yolkssage. Die arabische und die jüdische Sage fliessen hier zu-
weileji ineinander. Da nach talmudischer Anschauung Titus nur
ein römischer Nimrod ist, so findet sich die arabische Sage yon
der Mücke , die Nimrod's Tod verursachte , in der jüdischen Sage
als Mücke des Titus vor, wie ich das an einer andren Stelle
(ZDMG., XXIII , 625) nachgewiesen habe. Die Mücke des Nimrod
hat übrigens eine gewisse Berühmtheit erlangt; sie kommt nicht
nur im Sprichworte vor , man weiss sogar ihren Namen , nämlich
••
Der Anachronismus bildet aber auch die Grundlage des Koran ,
da dessen Glaubenssätze so dargestellt worden , dass sie nur als
Wiederholung einer uralten Religion erscheinen. Der erste Moslim
1) Nimrod*8 Tod darch eine Mücke wird in den Einleitnngsgedichten zum Pend
Nameh (ed. De Sacy, p. t**) und zam Mantik At-Tair (ed. G. de Taasy.p. 1, Vs. It**)
und sonst erwähnt. In A. P. Stanley's «Sinai and Palestine'* ist onter andren dort erwähn-
ten Volkssagen namentlich die von Pharao and von «Pharao's Bädern" (p. 32. 57 fg.)>
sehr interessant. Wie Babylon (in der Erinnrung an Nimrod") and andre Orte, über
die Gottes Strafgericht ergangen, noch heute von den Arabern gemieden werden, be-
richtet Wetzstein in Delitzsch's Commentar zu Job (15, 28, p. 165), zugleich auch,
dass seltsame Steingruppirungen in der Yolkssage ebenfalls als Verwandlungen sünd-
hafter Mensoben betrachtet werden. LetzteresauchbeiStanley (p. 153) —Bef Roebuck
(Ft. I, S. II. p. 399, N® 2168) lautet ein Sprichwort: »Für jeden Nimrod gibt
es eine Mücke*' (ähnlich p. 376, N° 2021); ein solches bei Berggren s. v. Pharao
(p. 627): »Die Armnth ist die Fessel der Pharaonen."
53
war Abraham , der auch das Nationalheiligthum in Mekka erbaute
(wovon später), und so sind alle biblischen Personen Bekenner des
Islam. Mohammad selbst wird nicht nur von seinen Yorgängern
vorher verkündigt, es wird ihm sogar eine Art Präexistenz zu-
geschrieben , was namentlich in den späteren Schriften ausführlich
dargestellt ist. So wird denn auch im Himmel die Urschrift des
Koran (Uü:Sil\ p — Erklär, zu Sur. 13, 39; 43,3) aufbewahrt,
und es ist eine mit grosser Leidenschaft bald verfochtne bald
bestrittne Ansicht, dass der KorS,n unerschaffen sei und von
Ewigkeit her existire.
Zu dem Anachronismus der Hagada gehört es auch , wenn z. B.
die Engel bei der Schöpfung Adam's im Gespräche mit Gott Bibel-
verse (Ps. 8, 5; 144, 3; Hieb, 41, 25) im Munde führen (ZDMG.,
XXXI, 225. 231. 232) , wenn Gott im Gespräche mit David dessen
eigne Worte , Ps. 39, 5 , auf ihn anwendet (ib., p. 202 ; Sabbath ,
30»), wenn Aschmedai Verse aas Hoseas (4, 11) und den Prover-
bien (20, 1 ; 25 , 15) anführt (p. 217), wie Salomon die hagadische
Erklärung von Num., 23, 22 (p. 220), wenn Noah im Gespräche
mit Satan auf Ps. 104, 15, verweist (ib., XLI, 653), wie denn
derartige Verwendungen von Bibelstellen unzählige Male vorkommen.
Ahnlich werden bei den arabischen Autoren den biblischen Per-
sonen Kordnverse in den Mund gelegt , oder sie finden sonst Ver-
wendung. In dem T^te-ä-t^te zwischen Joseph und Zuleikha er-
scheinen plötzlich von unsichtbarer Hand geschriebne Korä^nverse
an der Wand , um Joseph von der Sünde abzuhalten , wie er auch
in den Worten, die er an Zuleikha richtet, Koränstellen (an der
ganz ähnlichen Midraschstelle ist es ein Bibelvers) gebraucht
(ZDMG., XLIII, 5). So bemerkt auch Zamahäari zu Sur. 27, 30
(p. ^-^ö), dass Salomon sein Brieflein an die Eöningin von Sabä
mit den Worten eröffnete: »Friede mit dem, welcher der rechten
Leitung folgt" (^^^^A^i j-öl q^ J^ *bLJt), also eine Kordnstelle
(Sur. 20, 49) , die übrigens auch Mohammad in den Briefen an
verschiedne Könige als Eingang gebraucht ^) , (Abü'l-Fid4 , Leben
1) Mit denselben Worten beginnt aucb ein Brief des Kaisers von Marokko an
Louis XVI (De Sacy, Gramm, arabe, I, p. XVIII).
54
und Thaten Mohammad's , ed. G-agnier, p. 94* 95; Sprenger, Leben
und Lehre des Mohammad, III, 265 fg.; Erehl, Das Leben des
Mohammed, p. 297).
Aber auch das gemüthliohe Element ist in den arabischen
Sagen yertreten; so z. B. die Sagen über Abraham, den Freund
Gottes, wie denn die -- später zu erwähnende — Sage Yon dem
Ursprünge dieser Benennung eine der gemüthyoUsten ist. Auch die
Geschichte Joseph's ist yon rührender Gemüthlichkeit. Besonders
gemüthlich ist, dass in allen Erzählungen Gott selbst mit den
Menschen spricht ; in den meisten Fällen ist es übrigens der Engel
Gabriel , der immer und überall als Dens ex machina bei der Hand
ist« Rührende Züge yon kindlicher Pietät kommen übrigens auch
in andren Erzählungen yor, in denen nicht yon biblischen Per»
sonen die Rede ist ^).
Manche der arabischen Legenden sind jüdischen Ursprunges;
andre sind nicht entlehnt , sondern autoohthon , wie auch manche
Personen ein Sagenkreis umgibt, die zwar in der Bibel erwähnt,
aber yon der jüdischen Sage weiter nicht berücksichtigt werden ,
so z. B. Hieb. Die syrischen Legenden , die sich alle auf die Bibel
beziehen , haben mehr aus dem Judenthum aufgenommen als die
arabischen, deren manche übrigens syrischen Ursprungs sind* Im
Folgenden sollen — mit wenigen Ausnahmen — nur solche Sagen
berücksichtigt werden, zu denen sich Parallelen nachweisen las«'
Ben, und zwar die arabischen Sagen in der Form wie sie —
anknüpfend an die im Eor4n nur flüchtig erwähnten — bei den
Commentatoren und den späteren Autoren yorkommen«
ADAM.
Was die Schöpfung Adam's betrifft, so bildet dieselbe den
Gegenstand yerschiedner Sagen, Im Midrasch (Bereschith R., S. 1 4)
1) Dahin gehören die drei ^« sneamraengehorigen — Erz&hlangen bei Baid&wi sn
Sur. 18, 8 (p. Oööy die auch bei Kazwini (s. v. j*-^t^^ J^a>-) erzählt werden. Die
zweite, in welcher ein Mann (der Erzähler) den bei ihm hinterlassnen Lohn eines
Dieners in der Weise anlegte, dass als dieser danach fragte, er ihm denselben jev
vieUacht wiedergeben konnte, findet sich f^luüiQh Üebanm R., 8» )|.
56 .
beisat e»: «Adam wurde erBobaffen (aus der Erde) yom Orte seiiter
Sühne** (IDIDD DlpDD) , d. h. an der Stelle des Tempels , an der
(spater) der Altar stand« Im jerus. Talmud, Nasir, YII, 2 , (welche
Stelle Zeeb Wolf Einhorn in seinem Commentar zum Midrasch
anführt) , beisst es : »Gbtt nahm einen Löffel roll Erde vom Orte
des Altars und bildete daraus Adam''. In den Pirke B. Eliezer (c.
11) wird ersäblt: iGott nahm Staub Yon allen rier Enden der
Welt, Ton rother, sehwarzer, weisser und branner Farbe und im
Mittelpunkte (*ni!3C0) ^^ Erde, an einem reinen Orte, nämlioh
am Orte des Tempels, erschuf er daraus Adam**. Cap. 12 und 20
beisst es, dass Gott. den Staub zu Adam'a Schöpfung yom Berge
Horiah nahm. Im jerus. Targum, Gen., 2, 7, beisst es : »Gott nahm
rothen , sebwarzen und weissen Staub vom Orte des Tempels und
Ton allen yier Weltgegenden , knetete denselben mit den Wassern
der ganzen Welt und erschuf daraus Adam". Im Talmud (Sanbedrin,
38<^) wird die Meinung angeführt , dass der Staub , aus dem Adam
erschaffen wurde, aus der ganzen Welt gesammelt worden war.
Femer wird erzahlt (Berescbith B., S. 8; Aboth d. B. Nathan,
ed. Scheohtor,. f. 11^, und an andren in der Wilnaer Ausgabe des
Midraseh yorkommenden und yon Scheohter angeführten Stellen) ,
dass Adam zuerst als lebloser Körper (Q^^^) erschaffen wurde, dass
G*ott erst später ihm die Seele einbauchte und dass er mit seiner
körperlichen Grösse die ganze Welt erfüllte (unter Anführung yon
Ps. 139, 5. 16).
Mit Bezug auf die — auch anderswo yorkommende — Yorstel-
Inng , dass die Erde , aus welcher Adam gebildet wurde y aus den
yier Weltgegenden genommen worden war, so wie darauf, dass
seinen Nachkommen in allen yier Weltgegenden zu wohnen be-
stimmt war, wird bei Oyprian und bei Augustin (Tract. IX. in
Job. ey. c 11) — welche Autoren Heidegger, Eist. s. patriarcb.,
I, 79, anführt — der Name Adam in die Wörter *AydSToA)$ , Auo*/;,
"ApKrog, MeaitfAßl^loc zerlegt, wie ebenso bei Glycaa (AnnaL, ed.
Bonn, p. 142). Buxtorf (De abbreyiationibns , p. 84) yergleicht
damit die im Talmud (Sota, b^) gegebne Zerlegung dea Wortes
mji} in ^DJi}, m, rnD Asche, Blut, Galle).
Was die Erschaffung Eya^s betrifft, so beisst es im Midrasch
56
(Bereschitli R., S. 18 , S. 45 ; Debarim R., S. 6) mit Bezug auf
Q*i^ , Gen., 2, 22 , dass Gott zuerst überlegt habe (|J13rin) > ^^^
welchem Gliede Adam^B er Eya erschaffen solle; aus dem Kopfe
nicht , damit sie nicht stolz werde , und aus ähnlichen Gründen
auch nicht aus den andren Gliedern; er erschuf sie also aus der
Rippe , weil diese verborgen (y*| JJi) ist , und damit auch die Frau
in der Verborgenheit , keusch, häuslich und zurückgezogen (nVI^Ü)
lebe. Dann wird die Feier dieser ersten Hochzeit geschildert , wie
13 (oder 10) Baldachine errichtet wurden und wie die Engel in
rerschiedner Weise dabei fungirten , und wie die höheren Engel
dem Adam aufwarteten (Pesikta d. R. K., d?» ; M. Tanchuma , ed.
Buber , 1 , 58^ ; Aboth d. R. Nathan , 3* , und an andren Stellen).
An einer Midraschstelle (Ber. R., S. 8 ; Midr. Koheleth , 6, 10)
heisst es, dass die Engel dem Adam göttliche Ehren erweisen
wollten , dass aber Gott ihn in Schlaf fallen liess , um ihnen zu
zeigen , dass er nur ein Mensch sei.
In den Firke R Eliezer (c. 11) heisst es: »Als Adam alle die
Geschöpfe sah, die Gott erschaffen hatte, pries er den Schöpfer
und sprach : Wie viele sind deiner Werke , o Gott ! (Ps. 104, 24) ,
»und als die Geschöpfe ihn sahen , wie er dastand , ein Abbild von
Gottes Herrlichkeit , da glaubten sie , er habe sie erschaffen , und
kamen alle herbei , um ihn anzubeten. Da sagte Adam : Vor mir
wollt ihr euch niederwerfen ? Nicht so ! ich und ihr , wir alle
wollen vor Ihm uns niederwerfen , der uns geschaffen. Adam und
ihm folgend die Geschöpfe alle sprachen hierauf : Der Ewige regiert ,
er kleidet sich in Majestät , er gürtet sich mit Macht'' u. s. w.
(Ps, 93, 1 fg.)
Der Aufenthalt im Paradiese dauerte übrigens nicht lange. An
mehreren Stellen (Pesikta d. R. K., 150^; Wajikra R., S. 29) wird
erzählt, was in jeder der 12 Stunden des sechsten Schöpfungstages
geschah, und dass in der letzten, der 12. Stunde, die Vertrei-
bung aus dem Paradiese stattfand, sodass Adam nicht einmal
über Nacht in demselben war, worauf die Stelle Ps. 49, 13, be-
zogen wird: pr^'^-^J "np**IZl D'INT (^^^ Adam blieb nicht über
Nacht in seiner Glorie).
Mit der Übertretung des göttlichen Gebots beginnt eine neue
57
Periode in Ajiam's Leben; er ist jetzt nicht mehr derselbe wie
früher. So lange der Mensch sündenfrei ist — heisst es , Bamidbar
R., 8. 11 ; Pesikta d. R. K., 44^, und an andren Stellen — fürch-
ten sich die Geschöpfe vor ihm ; hat er aber gesündigt , so fürchtet
er die Geschöpfe, wozu unter andren Beispielen auch Adam an-
geführt wird. Aber auch ausserdem verlor er den früheren Glanz
seines Angesichtes und ebenso wurde die Länge seines Körpers
auf die von 100 Ellen reducirt (M. Tanchuma , ed. Buber , I, 7* ;
Pesikta d. R. K., 1^ , 44^ , 45» und an andren von Buber ange-
führten Stellen).
Auch die syrischen Autoren behandeln die Schöpfung Adam^s.
In der Schatzhöhle (ed. Bezold , p. 3 fg., Text., p. If) wird er-
zählt, dass Gott von jedem der vier Elemente ein sehr kleines
Theilchen nahm und daraus Adam bildete, damit Alles, was in
der Welt ist, ihm unterthänig sei, und zwar wurde er in Jeru-
salem erschaffen , an dem Orte der Kreuzigung des Erlösers. Und
als die Engel sein herrliches Aussehen gewahrten und dass sein
Antlitz gleich war der Kugel der Sonne ^) wurden sie bewegt
von seiner Schönheit. In Jerusalem aber ward Adam zum König,
Priester und Propheten gemacht , und dort gab ihm Gott die Herr-
schaft über alle Geschöpfe, und sie kamen vor Adam, und er gab
ihnen Namen ., und sie beugten ihr Haupt vor ihm und beteten
ihn an und dienten ihm , und auch die Engel beugten die Kniee
und beteten ihn an.
Das Haupt der untren Ordnung der Geisterwesen aber wollte
Adam nicht anbeten und sprach zu seinen Mächten: »Betet ihn
nicht an und preiset ihn nicht mit den Engeln ; ihm ziemt es , mich
anzubeten , der ich Feuer und Geist bin , und nicht mir , dass ich
den Staub anbete , der aus einem Staubkömchen geformt ist'\
Daraufhin ward dieser Empörer , und mit ihm seine Schaar , vom
Himmel herabgestürzt — in der zweiten Stunde des sechsten Tages.
Und sein Name ward genannt Satänsl, weil er sich abgewandt
hatte (von Gott) , und S^dä, , weil er gestürzt wurde , und Daiw4 ,
l) In der Pesikta d. B. Kahnä (36b) und an andren von Buber angefahrten Siel«
len heisst es, die Ferse Adam's verdunkelte die Kugel der Sonne (DDH ^)l^^)-
8
56
weil er yerloren hat das Kleid seiner Glorie ^). Adam aber wurde
erhöht ; er stieg hinauf zum Paradiese unter Jubel und Lobgesang
der Engel — das geschah in der dritten Stunde. Darauf folgt die
Erzählung Yon der Erschaffung Eya's.
Der Name Eden wird dahin gedeutet , dass es die heilige Kirche
sei, nämlich die Barmherzigkeit Gottes, wie denn auch^ Adam in
den Schooss dieser Barmherzigkeit Gottes aufgenommen ward,
worauf die Verse Ps., 90, 1, und 74, 2, bezogen werden. Der Baum
des Lebens aber war das Vorbild für das Erlösungskreuz, den
eigentlichen Baum des Lebens. In Eden sollte nun Adam dienen ,
mit priesterlichem Dienste im Lobpreisen , worauf »dass er ihn
bebaue und bewahre" (Gen., 2, 15) bezogen wird *).
Darauf wird erzählt, wie der Satan in die Schlange fuhr und
Eva verleitete , von der verbotnen Frucht zu essen , was sie auch
that, wie gleicher Weise Adam. In der neunten Stunde gingen
sie in Trauer aus dem Paradies ; Gott aber sagte zu Adam , er
solle sich nicht grämen , da dereinst zu seiner Erlösung Gottes
Sohn herabkommen werde.
Dass Gott zur Bildung von Adam's Körper Erde aus allen
vier Weltgegenden nahm und ihn im Mittelpuncte der Erde
— da, wo später die Kreuzigung stattfand — erschuf, wird
auch im Bienenbuche (p. 15 fg.) erzählt. Dass die Thiere alle
sich vor Adam beugten, wird auch im Adamsbuche (p. 34) er-
wähnt.
Ahnlich wie an der oben angeführten Midraschstelle wird auch
bei den syrischen Autoren (De Lagarde, p. 31) der Grund ange-
geben, wesshalb Gott Eva aus Adam's Rippe erschuf, nämlich
desshalb nicht aus seinem Kopfe und auch nicht aus der Erde,
damit sie sich nicht die Herrschaft über ihn anmasse , und damit
sie demüthig, keusch, schamhaft und züchtig (B.yü«M^) sei, das
Gesicht verschleiert und den Kopf verhüllt , wozu die Stelle
2) In den Pirke R. Eliezer (c. 11) wird die biblische Stelle auf das Studiom der
Thora bezogen, da beim Paradiese kein ßebauen nöthig war.
59
1 Gor. 14, 84, angefahrt wird. Dasselbe wird — nur etwas aus-
führlicher — auch im Bienenbuche (p. 22) gesagt.
Bei Ephräm Syrus (p. 31. 133) wird die Strafe Eya's als ihrem
Vergehen entsprechend dargestellt. Eya ass yon der verbotnen
Frucht, weil sie hoffte, durch die zu erlangende Gottähnlichkeit
alsdann über Adam herrschen zu können , und erst als sie sah ,
dass keine Andrang eintrat, veranlasste sie Adam, auch dayon
zu essen. Und darum heisst es (Gen., 3, 16) : i^Nach deinem Manne
wirst du Verlangen haben , er aber wird über dich herrschen" —
aber nicht, wie du geglaubt, du über ihn^ und weil du gehofft
hast, Gotteskinder zu gebären, darum sollst du mit Schmerzen
gebären. Auch dass die Schlange dazu verdammt wurde , ihr ganzes
Leben hindurch Staub zu essen , geschah , nach Ephräm , desshalb ,
weil sie jene Beiden von ihrer himmlischen Beschaffenheit in den
Staub hinabgezogen hatte. Dasselbe findet sich auch bei De
Lagarde (p. 40 fg*) , wo ausserdem noch gesagt wird , Satan habe
desshalb seine Yerführungskunst an Eya versucht , weil er wusste,
dass sie weniger Verstand und Einsicht besitze als Adam. Im
Adamsbuche (p. 23) heisst es mit Bezug auf die Schlange : i^Sie ,
die zuvor erhaben gewesen war , war nun niedriger als alle Thiere ,
auf ihrem Bauche gehend ; die vordem die schönste war unter allen
Thieren , war jetzt die hässlichste ; die vordem gute Dinge ge-
fressen hatte, musste jetzt Staub fressen".
Ähnliches kommt auch in den jüdischen Schriften vor. Zu der
Stelle (Gen*, 3, 15): «Ich will Feindschaft stiften zwischen dir
und der Frau" bemerkt Baschi: »Gott sagte zur Schlange: Du
bist als freundlich gesinnt zu Eva gegangen, weil du wusstest,
dass Frauen leicht zu überreden sind und dass sie auch ihren
Mann überreden werde; darum sollt ihr fortan Feinde sein". Zu
Vs. 16 , wo Gott zu Eva sagt : »Und er soll über dich herrschen",
bemerkt Nachmanides : »Es ist das Maass für Maass" (^JJ3 miD
j^*^J3) ; Gott sagte : Dein Mann war dir folgsam , indem er von
der Frucht ass; darum soll er in Zukunft dein Herr sein, sodass
du ihm gehorchen musst". Mit Bezug auf die Schlange heisst es
(Ber. B., S. 20): »Gott sagte zu ihr: Du bist Schuld, dass die
Menschen, über die Gestorbenen trauernd, gebückt einhergehen;
60
darum sollst du auf deinem Bauche kriechen , und alsbald stiegen
die dienstthuenden Engel hernieder und hieben ihr Vorder- und
Hinterfüsse ab^'. An einer andren Stelle heisst es: »Während es
früher (3, 1) von der Schlange hiess ^30 OnS? — ^^^^ ®^®
klüger war als alle Thiere — heisst es jetzt (Vs. 14) ^3p I^IN
— dass sie allein yerflucht sein solle unter allen Thieren — "
(ibid., S, 42).
Im jerus. Targum zu Gen., 3, 14, sagt Gott zur Schlange : i . • . Auf
deinem Bauche sollst du einhergehen und deine Füsse sollen dir
abgehauen werden, und deine Haut soll alle sieben Jahre dir
abgezogen werden [zur Strafe dafür, sagt der Commentar zum
Targum , dass Adam eine andre Haut , als die frühere war , bekam] ,
und tödtliches Gift soll in deinem Munde sein, und Staub sollst
du essen all dein Leben lang". Im Midrasch 21D Hp^ (®^*
Buber, I, 13^) heisst es: »Die Schlange war Schuld, dass die
Menschen zum Staub zurückkehren ; darum ward der Staub ihre
»
Nahrung" ^).
Im 5:orän (Sur. 2, 32; 7, 10 fg.; 15, 26 fg.; 17, 63 fg.; 18, 48
fg.; 20, 115 fg.; 38, 71 fg.) sagt Gott zu den Engeln, sie sollten
sich vor Adam niederwerfen (als Zeichen der Huldigung. Die
Commentatoren vergleichen damit das sich Niederwerfen der Brüder
Joseph^s vor diesem Sur., 12, 101). Das thun dieselben auch, mit Aus-
nahme des Satans ((jMuJbt) , der als Grund angibt , dass er sich nicht
vor Einem niederwerfen wolle, der aus Lehm erschaffen wurde,
während er selbst aus Feuer erschaffen worden sei , woraufhin er
verbannt wird. In den jüdischen Schriften findet sich Nichts der
Art — wie das bereits Geiger in seiner Preisschrift (p. 100) be-
merkt — ; der [ßlorän folgt also der syrischen Sage. Namentlich
entspricht die Antwort Satans dem , was er an der oben angeführ-
1) Nach dem Adamsboche (p. 23) wurde der Schlange erst später die Sprache
genommen, während sie froher reden konnte. Daza bemerkt Dillmann (p. 188, N. 16)*
«Dass die Schlange früher zahm und Tierfüssig gewesen , lehren viele der älteren Väter
nach dem Vorgange der Juden (Jos., Ant., 1, 1, 4) und Josephus schon erkennt ihr
in ihrem früheren Zustand auch die Sprachfähigkeit zu^\ In andren Schriften —auch
im Buch der Jubiläen — findet sich die Ansicht ausgesprochen, dass ursprünglich
alk Thiere sprechen konnten (cf. ZDM6., XXXI, 242. 243).
61
ien Stelle der Schatzhöhle als Grund seiner Weigrung angibt.
Die Schlange , die in der biblischen Erzählung Adam und £ya
zur Übertretung des göttlichen Gebots verleitet, wird in den jü-
dischen Schriften keineswegs mit Satan in Verbindung gebracht.
Nur in den Pirke B. Eliezer (c. 13 und c. 14) heisst es, dass
Sammael (also Satan) mit seinem Anhange herniederstieg und dass
er die Schlange , die das Aussehen eines Eameels hatte , bestieg ,
um sie als Medium zu gebrauchen, sodass Alles, was die Schlange
sagte, Einflüstrungen des Satans waren. Zur Strafe dafür wurde
Sammael mit seiner Schaar vom Himmel hinabgestürzt ; der Schlange
wurden die Füsse abgehauen ; ferner wurde sie dazu verurtheilt ,
dass sie unter Schmerzen alle sieben Jahre die Haut wechsle und
dass sie tödtliches Gift im Munde habe. Aber Alles das , was hier
Yon Satan = Sammael erzählt wird , findet sich sonst nirgends ;
wahrscheinlich ist die ganze Erzählung — wie noch manches
Andre in den Pirke R. Eliezer — dem Inhalte nach arabischen
Ursprungs, wenn auch die Form eine jüdische ist.
Die Stellen aus Eisenmenger (1 , 822) aber , auf welche von
Bohlen (zu Gen., 3, 1) hindeutet , als Beweis dafür , dass die Iden-
tifizirung der Schlange mit Satan eine jüdische Ansicht sei —
diese Stellen sind durchaus späteren kabbalistischen Schriften von
geringem Werthe entnommen.
An den verschiednen Korans teilen , in denen von der Yerführung
Adam's und seiner Frau (die Letztere ist namenlos) die Bede ist
(Sur., 2, 34; 7, 19 fg.; 20, 118 fg.) wird die Schlange gar nicht
erwähnt ; der Satan (jjlLxXi.jl) ist der Verführer. Da nun aber die
Frage entstand , wieso derselbe in's Paradies gelangen konnte ,
nachdem Gott ihn fortgejagt hatte (Sur. 2, 34 ; 7, 19; 38, 78) ,
so bemerkt Zamahäart zu Sur., 2, 34 (p. 1i) , dass er sich im Munfie
der Schlange versteckte und mit ihr das Paradies betrat, während
Bai^^wt ausser dieser noch andre Erklärungen anführt. Der Kor4n
folgt also hier nicht der jüdischen , sondern der syrisch-christlichen
Sage.
Da nun von Adam mehrere Male im Eor^n die Bede ist, so
beschäftigt sich auch die spätere arabische Sage vielfach mit ihm.
Pei Tabart (Annal. , I , av) ; Ihn el-Attr (I , ^) und Mas'üdt
62
(Pariser Ausg., I, 51 fg.) wird erzählt, dass, als Gott Adam er-
schaffen wollte , er den Engel Gabriel entsandte , um Staub Yon
der Erde zu holen , die Erde aber weigerte sich dessen und sprach :
»Ich rufe Gott gegen dich um Hülfe an" ((^Lu aUL Syc.\) ; dasselbe
wiederholte sich bei Michael, und erst als Gott den Todesengel
sandte , da schwur dieser , er würde nicht zurückkehren ohne den
Willen seines Herrn vollzogen zu haben, worauf die Erde nach-
gab. Er nahm nun von der Oberfläche (*j»^^, woher der Name
Adam , wie oben) der Erde weissen , schwarzen und rothen Staub ,
und daher kommt es , dass die Menschen verschiedner Farbe sind.
Bei Mas'üdt heisst es ferner (mit Bezugnahme auf Sur., 15, 26) ,
80 Jahre lang sei Adam als unförmlicher Klotz da gelegen , dar-
auf habe ihm Gott menschliche Gestalt, aber ohne Seele, verliehen,
in welchem Zustande er 120 Jahre lang blieb i). Daraus blies ihm
Gott den Lebensodem ein , aber bevor dieser seinen ganzen Körper
erfüllte, wollte er sich schon erheben, und darum heisst es im
l^oran : »Der Mensch ist hastig erschaffen worden" (qLmo'^H \Jfds>
^^^c). Als nun aber der göttliche Lebenshauch ihn ganz erfüllte ,
nieste Adam; da sagte Gott zu ihm: »Sprich: Gepriesen sei Gott !
und möge Gott dir gnädig sein , o Adam !"
Die hier angeführte !Kor4nstelle kommt unter zwei etwas ver-
schiednen Formen vor; Sur. 17, 12 heisst es : »"^^^c qL^j"^! qK'j",
Sur. 21, 38 : »^^c ^^ ^Uo'^i! (J^-'' ^^^ ersten Stelle bemerkt
Bai4ä.wt, dass Adam, ehe er noch ganz vom Lebensodem erfüllt
war , sich erhob , aber gleich darauf niederfiel. Dasselbe bemerkt
Zamahäärt (p. a t**) zur zweiten Stelle, und ausserdem führt er eine
Erklärung an , wonach Adam , sobald er nur sehen konnte , Gelüste
nach den Früchten des Paradieses hatte. Mit Bezug auf Sur. 17,
12 f., heisst es bei Tabart (1, 1*i, ilt), dass Adam, als der Lebens-
hauch erst in einen Theil seines Körpers eingedrungen war , zu
Gott sagte : »0 Herr , beeile dich , damit du noch vor Sonnen-
untergang fertig wirst !" Ferner wird — nach verschiednen Ver-
sionen -— bei Tabart (p. 1*1 , 1a , Iö*I) und Ibn el-Attr (I , H) er-
1) Cf. westöstlichen Divon, ed. v. Loeper, p. 14 (Bach des Sängers, N® 8), «Han«
Adam war ein Erdenkloss" u. s. w.
63
zählt, dass Adam, als der göttliche Lebenshaach in seinen Kopf
eindrang, zn niesen anfing. Da sagten die Engel zu ihm (nach
andrer Meinung sagte es Gott selbst) : »Sprich : Gepriesen sei Gott !"
Da sagte Adam : i» Gepriesen sei Gott , der Herr der Welten I^' Darauf
antwortete ihm Gott: »Dein Herr sei dir gnädig, o Adam!" Als.
dann forderte Gott Adam auf, die Engel zu begrüssen; das that
er nun, indem er zu ihnen sagte: »Friede über euch" UXJlc «Xww^ji)
worauf sie erwiederten : » Über dich komme Friede und Gottes Barm-
herzigkeit" (also gemäss der Vorschrift , Sur. 4, 88 , den Friedens-
gruss noch freundlicher zu beantworten, wozu die Commentatoren
mehrere Beispiele anführen). Darauf sagte Gott zu Adam : »Das soll
fortan deine und deiner Nachkommen Begrüssung sein".
Das oben erwähnte »Gepriesen sei Gott !" kommt in eigenthüm.
lieber Verbindung bei den Syrern vor. Die syrischen Autoren
behaupten nämlich, das Syrische sei die ursprüngliche Sprache
gewesen, so z. B. Abü'1-Fara^, Chron. syr., p, 5. 9 ; Hist. dyn.,
p. 9. 16. 24 (auch im Talmud — Sanhedrin, 38^ — heisst es;
Adam habe Aramäisch gesprochen — ?15i^^I3 ?15i^N"nn DHN
1DD **D*1N — )• ^®^ ^® Lagarde (p, 91) wird das »Eine Sprache
und einerlei Bede" (Gen., 11, 1) auf die syrische Sprache bezogen.
Dafür wird als Beweis beigebracht , dass , als Adam nieste , Gott
ihn lehrte zu sagen |.^V| ..v^ ^ ..^^-s A ^v^ , d. h. ]&Dein Name
sei gepriesen , o Gott". Das sei also syrisch gewesen ; folglich
war die syrische Sprache die ursprüngliche und erste Sprache.
In den jüdischen Schriften wird ferner — mit Anknüpfung an
Gen., 5, 1 — erzählt, Gott habe Adam alle zukünftigen Ge-
schlechter mit den hervorragenden Männern derselben gezeigt
(Beresohith B., S. 24 ; Aboth d. B. Nathan , c. 31 , ed. Schechter , 46^,
und an anderen Stollen). Im Midrasch zu Num., 7, 79 (Bamidbar
B., S. 14) heisst es (gemäss der oben erwähnten Deutung all dieser
Zahlen) , die hier yorkommende Zahl 70 entspreche den 70 Jahren,
die Adam Yon seinem Leben abziehen liess, um sie dem König
Dayid zu schenken. In den Pirke B. Eliezer (c. 19) erzählt Adam ,
Gott habe ihm den König David gezeigt, und da habe er dem-
selben 70 Jahre seines Lebens geschenkt, worauf Ps. 61, 7, be-
zogen wird. Im Jalkut (Gen., § 41) wird zugleich erzählt , Adam
64
habe hierüber eine Schenkungsurkunde ausgestellt, die ausser
ihm Gott und der Engel Metatron unterzeichneten.
Bei Tabarl (I, I0I fg.) wird — wie gewöhnlich in mehreren
Yersionen — ebenfalls erzählt, dass Gott dem Adam alle kom-
menden Geschlechter mit allen Propheten gezeigt habe, darunter
auch David. Als Adam erfuhr, dass demselben nur eine kurze
Lebensfrist bestimmt sei , bat er Gott , ihm 40 Jahre seines Lebens
zu schenken; Gott stellte hierauf eine Urkunde aus, welche die
Engel als Zeugen unterschrieben. Als nun später der Todesengel
zu Adam kam , um seine Seele zu nehmen , sagte Adam : » Meine
Zeit ist noch nicht um; ich habe noch 40 Jahre zu leben''. Da
zeigte ihm der Todesengel die Urkunde. Dasselbe findet sich auch
bei Ibn el-Attr (p. l*'v). Bei Tabarl wird gleichzeitig ein hierauf
bezüglicher Spruch Mohammad'^ angeführt: ]>Adam war vergesslich,
und so sind es auch seine Nachkommen ; Adam leugnete ab , und
das thun auch seine Nachkommen''.
Was die Erschaffung Eva's betrifft, so wird mit Bezugnahme
auf Sur. 2, 33, von T!&ha,Ti (p. M) und Ibn el-Afctr (p. rf) erzählt:
Als Adam aus dem Schlafe erwachte, sah er zu seinen Häupten
sitzend eine Frau, die Gott aus seiner Seite erschaffen hatte. Er
fragte sie : »Wer bist du ?" Sie antwortete : i»Ich bin eine Frau".
»Und wozu wurdest du erschaffen?" »Damit du bei mir wohnen
BoUsI^'. (^i ^^^^MwjJ). Darauf fragten ihn die Engel, wie sie heis-
sen solle. Adam antwortete: >tv>, denn aus einem Lebenden wurde
sie erschaffen »(bei Tabart: ^^j> ^Ä ^ vi>Jii:> L^'^; bei Ibn
el-Atlr: ^^^ ^ vi>vÄ)L> L^^)« Femer wird die Meinung angeführt,
Eva habe dem Adam, um ihn trunken zu machen, Wein und
dann erst von der verbotnen Frucht gegeben , was aber für un-
wahrscheinlich erklärt wird, da im l^orkn. vom Weine des Para-
dieses gesagt werde-, dass er nicht berausche — d^ xas ^ —
(Sur. 87, 46).
Dass Eva dem Adam Wein zu trinken gab, sagt auch der
Midrasch (Ber. B., S. 19 ; Bamidbar B., S. 10) ; an andren
Stellen wird die Meinung angeführt, dass die Frucht des ver-
botnen Baumes selbst die Frucht des Weinstocks — also Trauben —
war ; nach Andrer Meinung waren es Feigen , nach Andren Weizen,
f
\
65
der damals am Baume wuchs (Ber. R., S. 15 ; Berachoth , 40^, und
an den Parallelstellen). Dieselbe Yerschiedenheit der Meinungen
wird auch yon den Cbmmentatoren zu Sur. 2, 33, erwähnt, ebenso
von den Syrern (De Lagarde , p. 34 , Z. 25 fg.) , bei welchen ausser
Weizen , Feigen , Weintrauben auch die Banane (j^l byj;) genannt
wird , welche Meinungen aber alle für irrig erklärt werden , weil
nämlich Adam und Eva damals noch geistige Wesen (cJ^r;^iL>^^)
waren, also weder assen noch tranken.
Dass Adam, wie in den oben angeführten Schriften gesagt
wird , an demselben Tage aus dem Paradiese yertrieben wurde , an
dem er erschaffen worden war, wird auch von Tabart (p. öt**, III)
und Ihn el-Atlr (p. ft) erzählt , wie ebenso , dass seine ursprüng-
liche Eörperlänge später verkürzt wurde. Nach seiner Vertreibung
aus den Paradiese war nämlich sein Yerbannungsort die Insel
Serendib — oder der Berg auf derselben — woselbst noch später
die Spur seines Fusses, ohngefahr 70 Ellen lang, sichtbar war
(Tabart , p. 1^ fg. ; Ibn el-Attr , p. Tv fg. ; Mas'üdt , 1 , 59 ; J4kdt
ß. V. »^ajAJjjw*, III, aI**; ^azwtnt I, Ha; viele nichtarabische Autoren
bei Fabricius , cod. pseud. V. T., 2 ed., 1 , 30 , II , 30 fg.). Wenn
Adam auf dem Berge stand — heisst es ferner bei Tabart und
Ibn el-Attr — berührte er mit dem Haupte den Himmel und hörte
den Lobgesang der Engel; diese baten Gott, Adam's Länge zu
verkürzen, worauf sie auf 60 Ellen reducirt wurde. Als Adam sich
hierüber sowie über manches Andre gegen Gott beklagte , ward
ihm die Antwort : Alles das hast du selbst dir zugefügt , o Adam !
Im Talmud (Erubin 18^) wird erzählt, dass Adam aus Trauer
130 Jahre lang fastete und ebenso lang sich von Eva fern hielt.
In den Pirke B. Eliezer (c. 20) heisst es , dass er im Flusse Gichon
gebadet und sieben Wochen lang gefastet habe, bis sein Körper
gleich einem Siebe war ; darauf bat er Gott um Vergebung , und
Gott nahm seine Reue gnädig an.
Bei Tabart (p. 1 1*1*) und Ibn el-Attr (p. fl) wird erzählt, dass
Gott zu Adam sagte , er sollte das heilige Haus (die Ea'ba) bauen
und dasselbe umwandeln , und dass Gabriel ihm den Weg zeigte
und ihn die Ceremonien der Wallfahrt lehrte, was auch von Jä.kt!lt
(s. V. Ä-otßt , IV , l*A») und Bai4«i'Wt (zu Sur. 3, 90) erzählt wird.
9
66
Femer wird ersählt^ dasB Adam und Eva 40 Tage lang lasteten
nnd daSB Adam Bich. 100 Jalkre lang von Eya fem hielt, nnd dass
Gott diese Busse annahm (unter Anfuhrung von Sur. 2, 35; 7, 22).
In den jüdischen Sehriften wird erzählt : Das am ersten Schöp-
fungstage erschaffene Lieht leuchtete Yon Adam's Erschaffung an
36 Stunden hindurch , 12 Stunden am sechsten Tage und 24 Stun»
den am Sabbath. Als beim Ausgange des Sabbath die Finstemiss
hereinbrach , fürchtete sich Adam vor der Widerkehr der Schlange
(hier zugleich das Symbol des Dunkels und des Todes) ; da Hess
Gott ihn zwei Steine finden; diese sehlug er aneinander, bis Feuer
heraussprang (Pesachim, 54^; T. jerus., Berachoth, YIII, 6; Bere»
schith B., S. 11 und 12). ^amza I^ah4ni (ed. Gottwald ^ p. Af)
erzählt , ein gelehrter Jude in Bagdad , Namens Zidkiah y habe ihm
nach jüdischen Schriften mitgetheilt , dass Gott Adam in der drit-
ten , Eya in der sechsten Stunde des sechsten Tages erschaffen
und ihnen das ^oLui^ QIV ]^^ — O''^ *^ ^^* ^Jamza erläu-
ternd hinzu — zum Aufenthalte angewiesen habe. In der neunten
Stunde yertrieb sie Gott aus dem Paradiese und wies ihnen den
heiligen Berg als Aufenthaltsort an ; darauf schickte er ihnen einen
Engel , der Adam die Feldarbeit , das Säen j Dreschen , Mahlen ,
Sieben, Eya aber das Weben, Spinnen, Kneten und Brotbacked
lehrte. Bei J4kdt (I , \J) heisst es s. y. ^j^uui ^t , dass yon dem
so genannten Berge (in der Nähe Mekka's) Adam die beiden zur
Feuererzeugung nothwendigen Beibhölzer (^USy» , eigentlich heisst
die eine Holzart ^j«, die andre Jm) hergenommen und damit
Feuer entzündet habe. In der 21. Abhandlung der lauteren Brüder
(ed. Dieterici, p. fi^, p. 5t) wird ebenfalls erwähnt, dass Adam
nnd Eya nach ihrer Vertreibung ans dem Paradiese ganz hilflos
gewesen seien, und da habe Gott sich ihrer erbarmt und ihnen
einen Engel gesandt , der sie in allem zum Feldbau wie zur Be-
kleidung Erforderlichen unterrichtete.
Die Sendung eines Engels zu diesem Zwecke erzählt auch — wie
gewöhnlich nach yerschiednen Versionen — ^abari (p. )t*A) sowie
Ibn el-Attr (p. Ta) und JaJ|^dbt (p. t^). Bei den beiden ersteren
Autoren bringt Gabriel dem Adam einen kleinen Sack mit Weizen ^
auf die Frage Adam^s, was dass sei, antwortete er ihm: i» Das ist
67
die Fni«ht, die dich aue dem Paradiese yertriefoen hat". Daranf
zeigte er ihm , wie er den Weizen säen solle ; G-ott Hess denselben
alsbald reif heryorschiessen, und so lehrte ihn Gabriel alles zur
Brotbereitung Erforderliche ; auch brachte er einen Ochsen herbei ,
um mit demselben zu pflügen (auf welche Mühsal das _it^9, Sur.
20, 115, bezogen wird). Unter den Dingen, die dem Adam Tom
ELimmel gesandt wurden , wird femer Hammer , Amboss und Zange
erw&hnt ; es erinnert das an eine Talmudstelle (Pirke Aboth, Y, 6 ;
Aboth d. B. Nathan , 48^ , und an andren Stellen) , in welcher auch
die erste Zange zu den Dingen gerechnet wird, die nach Voll-
endung der Schöpfung, in der Dämmrung des Freitagabends,
nachträglich erschaffen wurden. Bei ^abari wird ausserdem noch
gewähnt , dass Gabriel Adam die Erzeugung des Feuers aus Stein
und Eisen gelehrt habe — also nicht die, auch Sur. 36, 80; 56, 71,
erwähnte , Feuererzeugung aus den beiden Hölzern Jü; und HJut.
Im Adamsbuehe (p. 45) sendet Gott einen Engel zu Adam und
Eva , um sie zu unterrichten , wie sie aus Fellen Kleider machen
sollten ; femer (p. 58 fg.) gibt Gott dem Adam Weisheit in sein
Herz, dass er ans Weizen Brot machen konnte«
Mit Bezug auf Eain und Abel heisst es in den jüdischen
Schriften , dass zugleich mit Kain eine und zugleich mit Abel zwei
Zwillingsschwestem geboren wurden und dass diese zweite Schwester
• *
Abel's der Gegenstand des Streites zwischen beiden Brüdern war ,
wessen Frau sie nämlich sein sollte ; Eain behauptete , sie gehöre
ihm als dem Erstgebornen , während Abel geltend machte , dass
sie seine Zwillings- (oder Drillings-) Schwester sei (Bereschith B.,
S. 22, S* 61, und an andren Stellen). Das eigentlich überflüssige ,
doppelte p^ Gen., 4, 2 wird — auch im jerus. Targum und bei
Baschi z. St. — auf diese Schwestern bezogen (im Sinne Ton »mit"
wie an andren Stellen). Anderswo, wie Jebamoth, 62^, und Pirke
B. Eliezer, c. 21, hat jeder nur Eine Zwillingsschwester; an letzterer
Stelle heisst es, dass Abel's Schwester, die zugleich seine Frau,
sehr schön war , sodass Eain desshalb — ausser dem Neide über
die Annahme seines Opfers — den Abel beneidete und sich
vornahm ihn zu tödten und sich seine Frau anzueignen.
Die Nichtannahme von Eain's Opfer wird im Midrasch Lekach
68
tobh (1 , 15^) und an andren , von Bnber angeführten , Stellen , da.
mit motiyirt, dass Kain die schlechtesten Früchte darbrachte —
weil es nämlich nicht wie sonst heisst HDIi^n *^1D D^'Ei^i^lD "~
während Abel das Beste seiner Heerden opferte. Wie es im M.
Lekach tobh ferner heisst , gab sich die Annahme des Opfers darin
kund, dass Feuer vom Himmel herabfiel und es verzehrte, was,
wie Buber z. St, bemerkt, sich auch bei Baschi zu Gen. 4, 4,
im Sefer hajaschar und in der Übersetzung der LXX findet (Letz-
teres ist ein Irrthum , es heisst nur : Ka) iTrsliev i 6 sog in) ^'Aße^
K. T. A.).
Bei Tä-^ö"!*^ (p. It**v fg,) und Ibn el-Atir (p. t*** fg.) werden eben-
falls die Zwillingsschwestern erwähnt ; nur wird zugleich erzählt ,
dass !Käbil (neben dieser Form wird . auch ^j5 und {^ angeführt)
und seine Schwester während des Aufenthaltes im Paradiese geboren
wurden , Abel und seine Schwester aber nach der Vertreibung aus
demselben. Nach dem Wunsche Adam^s sollte nun Jeder die Zwil-
lingsschwester seines Bruders heirathen, Abel — oder Häbtl —
also die Schwester Kain's ; nun war aber Letztere von grosser Schön-
heit und so wollte Kain sie zur Frau , indem er zugleich geltend
machte, dass er und seine Zwillingsschwester Paradieseskinder —
d. h. im Paradies geboren — seien , er also auf dieselbe grösseres
Anrecht habe. Mit Bezug auf das Sur. 5, 30 , erwähnte Opfer heisst
es ferner , dass Adam , um den Streit zu schlichten , seine beiden
Söhne aufPorderte, dass Jeder ein Opfer bringen, und dass der-
jenige , dessen Opfer angenommen würde , die Zwillingschwester
Kain's heirathen solle ; hierauf brachte der Hirte (Abel) das Beste
seiner Heerde dar , der Ackerbauer (Kain) das Schlechteste seiner
Bodenerzeugnisse; alsbald fiel weisses Feuer vom Himmel herab
und verzehrte das Opfer Abel's, während das Kain's unberührt
blieb , was , nach der Meinung Einiger , der eigentliche Grund
seines Hasses gegen Abel war, und nicht die Schwester. Ausser-
dem wird aber (T^abart , p. If l**) die Meinung angeführt , dass die Sur.
5, 30, erwähnten Brüder gar nicht die Söhne Adam's gewesen
seien (im !^orän werden wie gewöhnlich keine Namen genannt) ,
dass vielmehr unter den *«.>! ^jJ Menschensöhne, d. h. Israeliten
aus späterer Zeit, gemeint seien. Dieselbe Ansicht wird übrigens
69
auch von Bai4äwt z. St. (I, fof fg.) angeführt, zugleich unter
Hinweisung auf das J^J^y^^ ^c^ (J^ l-^^-i^j ^s. 35. Bei Tabart
und Ibn el-Attr wird nun ferner das mitgetheilt , was nach voll-
brachter That Gott zu Kain sagte, uod zwar entspricht diese Dar-
stellung der Stelle Gen. 4^ 9—16.
Auch Mas'^üdt (I, 62 fg.) erzählt , dass Eva , zugleich mit einem
Sohne, den sie ^b' nannte, eine Tochter gebar, der sie den
Namen ^cXj J gab , und dass sie später abermals Zwillinge gebar ,
nämlich Häbil und seine Schwester L^^lÄt , und dass , wie die
Schriftbesitzer (w»bcßt J»^l) erzählen. Jeder der Bruder die Zwil-
lingsschwester des Andren zur Frau nehmen sollte. Darauf folgt
die Erzählung vom Opfer und vom Brudermord, und dass die
Thiere von den Menschen die Grausamkeit gelernt (was auch in
der 21. Abhandlung der lauteren Brüder (ed. Dieterici , p. 1v fg.)
vom Anwalte der Thiere gesagt wird). Bei Jäktibi dessen Darstel-
lung (p. f) der Hauptsache nach mit den früher erwähnten über-
einstimmt , heist die zugleich mit Kabtl geborne Tochter tcXjJ
(oder {iAj«rJ), die Zwillingsschwester Häbtl's aber UJldl.
Abü'1-Fidä (Hist. anteisl., p. 12) erzählt zunächst, dass 5^btl —
der auch !Kain genannt werde — seinen Bruder Häbtl aus Neid
darüber getödtet habe, weil Gott dessen Opfer, aber nicht das
seine, angenommen; nach Andrer Meinung aber habe Jeder eine
Zwillingsschwester gehabt , und Adam wollte , dass die Häbtl's die
Frau des !Eain , und die des Letzteren die Frau HäbiPs sein solle.
Das wollte aberlSlain nicht, da seine Schwester die schönere war, und
so erschlug er seinen Bruder und entfloh mit seiner eignen Zwillings-
schwester. Abti'l-Fidä gibt übrigens Ibn el-Attr als seine Quelle an.
Bei Eutychius (Ann., 1 , 14) wird erzählt , dass Adam und Eva
in der neunten Stunde des Freitags (Kjui^ *^) aus dem Paradiese
nach einem Berge Indiens verbannt wurden , und dass hier Eva
Zwillinge , einen Sohn und eine Tochter , gebar , die sie !^ain und
Azrün (r\^j\^) nannte. Dasselbe wiederholte sich später, wobei sie
den Knaben Häbll , das Mädchen Owain , griechisch Laphura
QjJi} ^c^^yljj (V.^O nannte. Auch hier soll !Kain Häbil's Schwester
heirathen , weigert sich aber dessen. Adam fordert nun Beide auf ,
auf dem Gipfel des heiligen Berges Opfer darzubringen. So wie
TO
Hftbil, 80 wollte aneh i^ain das Beste und Auserlesenste opfern;
während sie aber zum Gipfel des Berges emporstiegen , fuhr Satan
in ^Jaia und gab ihm den Gedanken ein , seinen Bruder — seiner
Schwester Azrdn wegen — zu todten. Desshalb wurde sein Opfer
nicht angenommen, und da dieses seinen Neid gegen Habil nur
noch yermehrte , so erschlug er ihn beim Herabsteigen Tom Berge.
Mit dem hier Erwähnten der Hauptsache nach übereinstimmend
ist das, was im Namen von Joh. Crysostomus, Ephräm Syrus
und Andren bei Lagarde (p. 48 fg.) angeführt wird« Die Zwil-
lingsschwester Kain's heisst hier q^);', nach Andren v£;\a»1*w, die
des H4btl ^»J , nach Andren y^K Noch mehr Ähnlichkeit mit der
Stelle des Eutyohius hat, die Erzählung in der »Schatzhöhle'* (p. 8,
Text 9 p. H) , woselbst die Schwester Eain's Lebhadh4 , die Abel^s
Keltma genannt wird; im christlichen Adamsbuche heisst Erstere
LuYa, Letztere Aklejam (p. 67. 68), wozu Dillmann (p. 139, N. 52)
noch andre Varianten anführt. Das H^D^p ^™ Schalscheleth ha-
kabbala bt — wie noch Yieles Andre in demselben Capitel -^
wahrscheinlich einem nichtjüdischen Buche entnommen.
Bei Lagarde (p. 52, Z. 21 fg.) heisst es ferner, dass yer-
schiedne Meinungen darüber herrschen, mit welchem Werkzeuge
Eain seinen Bruder getödtet habe. Mit Bezug auf dieselbe Frage
werden auch im Midrasch (Bereschith B., S. 22) drei Yerschiedne
Meinungen angeführt; gleichzeitig wird die Frage aufgeworfen,
wer Abel begraben habe und dahin beantwortet , dass die Yögol
des Himmels und die reinen Thiere ihn begruben. Nach einer
Erzählung in einzelnen jüdischen Schriften: im M. Tanchuma
zu Gen. 4, 14 (d. h. in dem längst gedruckten , nicht in dem von
Buber edirten) ; Baschi zu Gen. 4, 23 ; Jalkut , Gen.. § 36 ; Sefer
hajaschar (ed. Yen., 10^); Gedaljah Ibn J.achja ijn Schalscheleth
hakabbala (ed. Yen., 92^) wurde auch Kain — wenn auch nicht
in Yorsätzlicher Weise — getödtet , und zwar durch Lamech. Die-
ser, welcher der siebenten Generation nach Adam angehörte (so
nur im M. Tanchuma), war blind; wenn er auf die Jagd ging,
führte ihn sein Sohn, ein Knabe. Wenn dieser ein wildes Thier
erblickte, sagte er es seinem Yater und lenkte dessen fiLand mit
dem Bogen nach der richtigen Stelle hin. Dasselbe geschah nun
71
«och eines * Tages ^ Lainech schoas uttä. traf das yermeintlielie Thier.
Als aia näher binzu traten ^ sagte der Knabe : i^Das ist ein Mensch,
mit einem Hom auf der Stime'' (nach Ber. B., S. 22^ war das Gen.
4, 15 , erwähnte Zeichen an Eain's Stime ein Hern). Da rief Lamech
aas: »Weh mir, das ist mein Urgrossvater Kain!" YerzweiflungpsYoll
sehlug er die Hände aneinander; unglücklicher Weise traf ev
dabei seinen Sohn^ der todt niederstürzte. Auf dieses Ereignis«
werden die Worte Lameoh's an seine Frauen (Gen. 4, 23) bezo-
gen f der vMann" ist Eain, das »Kind'' ist sein eigner Sohn.
Wie aus L^normant (Les origines de Phistoire , 1 , 188) zu er-
sehen, findet sich diese Erzählung auch bei Hieronymus (ep. 26
ad Damasium). Wenn übrigens L^normant femer sagt ; »Le fameux
Rasehi donne ä ce sujet une bistoire eomplite", so ist das (wie
auch die allgemeine, daran geknüpfte Bemerkung) insofern unrichtig,
als Raschi alle hagadischen Erklärungen , die er giebt , andren
Schriften entnommen hat (während die einfacb^i Erklärungen
— It012^ *^D^ — ^^ ^®^ Regel ihm selbst angeboren). 9o fahrt z.
B. Raschi zu dem yorhergehenden "y]^ (Ys. 16) die Erklärung an:
Es heisst "^^J t^^K) ^^^ überall, wohin Kais ging, die Erde er-
bebte und die Geschöpfe zu einander sagten : )»Entfemt euch Yon
Dem da; er hat seinen Bruder ersehlagen'', was sieh im M. Tan«
chuma z. St. findet , wie Ber. R. , S. 22 , die Thiere ihn tödten
wollen (ähnlich Ephräm Syr. bei Lagarde, p. 54).
Dieselbe Erzählung findet sich nun auch bei den syrischen und
arabischen Autoren , zunächst bei Lagarde (p. 57 , Z. 25 fg.) , wo*
selbst die Stelle Gen. 4, 23. 24 , angeführt nnd die Warte Lamech'a
Übersetzt werden : . . . . denn ich habe einen Mann getödtet , in-
dem ich ihn traf und einen Knaben durch das Zusammenschlagen
meiner Hände U^^ [^JiiAy^^ \J>jMMSLi] ^ji^Jc^ ^i^ v:;JLä5 ^t)
(^Ju vJuftAAAj. Zur Erklärung werden die Worte des Ephräm Syrus
angeführt , welcher , wie an den oben erwähnten Stellen , erzählt ,
wie Lamech zuerst Eain, dann seinen Sohn Tubalkain (dieser
wird auch bei Raschi und Jalkut genannt) getödtet habe , worauf
sieh die Worte in Ys. 23 beziehen. Ebenso findet sich die Er-
zählung — aber ohne Beziehung auf die Worte Lamech's — in
der Sckatzhöhle (p. 11 fg., Text, p. f/i) und im christlichen
72
Adamsbuch, p. 85, wozu Dillmann, p. 140, N. 75, noch einig©
Parallelstellen anführt, darunter Glycas, Annal., p. 118, und Gedalja
Ibn Jachja im Schalscheleth bakabbala, ed, Yen., 92^.
Yon diesen Darstellungen verschieden und zugleich kürzer ist
die Erzählung bei Eutychius (Annal. I, 22). Hier heisst es, dass
Kain , der nirgends lange an einem Orte bleiben konnte , da er
in steter Autregung war, im Walde umherirrte. Der siebente
seiner Nachkommen, Lamech, der ein Hirte war, schoss einst zum
Spiel (wAJtb ^5) Pfeile ab ; einer derselben traf Kain ins Herz ,
der so den Tod fand.
Bei Tabari (I , Iff ) und Ibn el-Attr (I , rr) wird die Erzählung
Yon Kain's Tödtung daran angeknüpft , dass Adam zu ihm sagte ,
er solle von dannen gehen, indem er zugleich den Fluch über
ihn aussprach , in Angst und Furcht vor Jedem umherzuirren. Der
Blinde, der ihn tödtete und dessen Name nicht genannt wird,
war Eain's eigner Sohn , der , nachdem er — wie in den obigen
Erzählungen — seinen Yater Eain und dann seinen eignen Sohn
getödtet hatte , ausrief : »Weh mir , ich habe meinen Yater durch
einen Schuss, meinen Sohn durch einen Schlag getödtet I »Bei Jakübt
(p. 1) heisst es ganz kurz, dass in den Tagen des Enosch Kain
der Yerfluchte getödtet wurde, indem der blinde Lamech (liU)
einen Stein nach ihm warf, der ihm den Kopf zerschmetterte.
Yon den Nachkommen des Kain ist in den jüdischen Schriften
wenig die Bede. Nur mit Bezug auf ^2*^ und ^3^*i (Gen., 4, 21)
führt Raschi einen Midrasch an , wonach der Erstere Häuser für
den Götzendienst errichtete, der Letztere auf den von ihm erfun-
denen Musikinstrumenten zu Ehren der Abgötter spielte. Der darauf
folgende Name pp ^311*1 ^^^^ Bereschith R., S. 23 , dahin ge-
deutet, dass er die Sünde Kain's verschärft habe (eigentlich »ge-
würzt", vom talmudischen p^3p Gewürze, ^^H "w^ürzen) , da er
für den Mord auch die Werkzeuge erfand. Der an derselben Stelle
vorkommende Name seiner Schwester H^yj wird — nach einer
Meinung — dahin gedeutet, dass sie zu Ehren der Götter das
Tamburin lieblich ertönen liess (mt HIX^^ ^^\D^ DD^JD)-
Ähnlich ist die Übersetzung des jerus. Targum Gen., 4, 22, ^^J^
PIDTT r^'^P niD mn > s^® war Meisterin in Gesang und Spiel
73
(in Gesängen und Liedern , zu denen stets die musikalische Be-
gleitung gehorte). Unter l^^'^p sind keineswegs Klagelieder zu
verstehen , wie Lery s, v. J^^p^lQ (Chald. W.B., II, 65) übersetzt ;
dieses pJ\'P entspricht yielmehr dem in Gesen. Thes. s. v. ^Ifp
(p. 1207*) angeführten syr. |Al-i-Cj sonus musicus, 1 Cor., 14, 7,
canticum quodyis .... spec. lugubre. Insbesondre kommt bei pj*ip
in Betracht , was femer aus Abü'l-Farag (Hist. dyn., p. 9) ange-
führt wird, dass man sagt, die Töchter Kain's hätten die ersten
Musikinstrumente verfertigt und zu denselben gesungen, wesshalb
im Syrischen der Gesang KJuJ» heisst.
Diese Stelle des Abü'l-Farag ist schon desshalb bemerkens-
werth, weil sie in Zusammenhang steht mit dem, was Abü'l-
Farag und die syrischen Autoren überhaupt von den Töchtern
Kain's and den Söhnen des Seth erzählen , und zwar sehr aus-
führlich und in sehr drastischer Weise. Die Sethiten wohnten
nämlich auf dem heiligen Berge, allwo sie ein abgesohiednes ,
gottseliges Leben führten ; dort auch hörten sie die Stimmen der
Engel und stimmten in ihre Lobgesänge mit ein. Später aber
— in den Tagen des Jared — hörten sie den ^verführerischen
Gesang der Töchter der Eainiten, die in der Ebene, am Fuss
des Berges, wohnten, und dieser verlockte sie — anfangs 100,
denen nach und nach Andre folgten — vom heiligen Berge hin-
abzusteigen , und als sie die Töchter der Kainiten sahen , schön
an Gestalt und schamlos enthüllt, entbrannten sie in sündiger
Liebe und vermischten sich mit ihnen (Das christl. Adamsbuch ,
p. 82 fg., p. 93 fg.; Schatzhöhle, p. 10 fg.; Text, p. öa fg.; De
Lagarde, Materialien etc., II, 60. 64; Eutychius, Annal., I, 21. 26).
In allen diesen Darstellungen spielen Satan und die — zum
Theil von den Dämonen erfundenen — Musikinstrumente eine sehr
hervorragende Bolle. Bei Oedrenus (ed. Bonn , 1 , 19) heisst es ,
dass der Berg, auf dem die Sethiten wohnten, von ihnen 'Epfj^dv
genannt wurde , weil sie sich gegenseitig verbindlich machten und
verschworen , sich den Töchtern der Eainiten hinzugeben (also
von D'inj ^^' ^®s. Thes. s. v. pD^n» P- 521^) ; 'AC«)Ja (i^^^T^?
^Ti^Ty , cf. Ges. Thes. s. v., p. 1012) ist derjenige ihrer Anführer ,
der sie lehrt, die Werkzeuge des Krieges zu verfertigen, Metalle
XO
74
auszugraben , während Andre sie lehrten , den Körper za schmücken
und zu yerschönern , sowie Edelsteine und Farben zu gebrauchen.
Bei Syncellus (ed. Bonn, p. 20) heisst ihr Anführer T,ifiix!^Zg j
bei Abü'1-Fara^ (Chron. syr., p. 4) Samiasus C ^^ ^[ ^ ^ 1^ der in
den jüdischen Schriften gewohnlich zugleich mit ^^|y genannte
Bei De Lagarde (p. 57, Z. 6 fg.) heisst es mit Bezug auf die
Gen., 4, 20 fg., genannten Jabal, Jubal, Tubalkain, Naamah,
Jabal habe die Werkzeuge der Unterhaltung und Fröhlichkeit
(v^iäit^ ^^i S<A£) erfunden , und dass Jubal , Jabal und Tubalkain
indem sie auf den yerschiednen — einzeln aufgezählten — Musik-
instrumenten spielten, zu Leichtfertigkeit und Unzucht die Yer*
aiilassung gaben; !N'aamah aber war die erste, die sich in Seide
kleidete, die Hände aneinanderschlagend tanzte, sich die Haare
flocht, Hände und Gesicht roth färbte und schminkte, wie sie
auch das Augenzwinkern und die Fingersprache zuerst anwandte.
Ahnliches kommt auch in andren Schriften vor.
Die Gen., 6 , 2. 4 , erwähnten n*iri^J^n ^JÜl werden nämlich
• • • •
•
insgemein auf die Sethiten , die Q*lXn mjll ^^^ ^^® Töchter der
Kainiten bezogen (Das christl. Adamsbuch, p. 140, Note 70). Diese
Erklärung gibt auch Ephräm Syrus (Opp., II, 477) und bei La-
garde (p. 65 , Z. 22) wird in dessen Namen angeführt , dass die
Söhne des Seth und des Enosch 900 Jahre lang (bis zu ihrer
Entartung) Söhne Gottes genannt wurden. Im Vorhergehenden
(Z. 19) wird die Stelle Gen., 6, 4, mit den Worten wiedergegeben :
<^^ß J^ 6^ ^^ "^ ^5 Ü^j^^ c^ f^^^ ^^^ S !>il^ byU>5
^1 B^L> ^ o^^^ U^^^ ^^ ^^ '>)L:>i3. Eutychius, I, 26, sub-
stituirt die Töchter Eain's den (Gen., 6, 2, genannten) Töchtern der
Menschen , indem er sagt : ^ o^^^ ^' ^ O^ ^V^- ^l^V^^ ^^
8j.Lil (JU. l^bä ^1 l^iy oÜl^> ^S oUü '^ji yjü u j^yi.
Mehrfach wird auch die Ansicht erwähnt, dass unter den Bn^
Elohim die (gefallenen) Engel gemeint seien, was aber unrichtig
wäre (Lagarde , p. 65 , Z, 8 fg. ; Eutychius 1,26; Adamsbuch , p.
100). Letztere Ansicht findet sich mehrfach in den jüdischen Schrif-
ten ausgesprochen ; so werden Niddah , 61^ (cf. Baschi z. St.) als
75
Nachkommen der gefallenen Engel *>i^|nDEi^ ^^^ i^KTJ^ erwähnt,
und ebenso im Jalkut (Q^en., § 44). In den Pirke B, Eliezer (c.
22) wird — ähnlich wie an den oben erwähnten Stellen -— die
zügellose Unzucht der Kainiten erwähnt , und zwar mit Bezug auf
Gen>, 6, 5. Hierauf heisst es ferner: Als die vom heiligen Himmels-
orte gefallenen Engel die Töchter Kain's sahen , schamlos enthüllt
und die Augen buhlerisch mit Stibium geschminkt, gingen sie
ihnen nach und nahmen sich Frauen aus ihnen, wie es heisst
(Gen., 6, 2) : Und die Söhne Gottes sahen die. Töchter der Menschen
u. s. w. Mit Bezug auf die Vs. 4 genannten QvDJ heisst es
ferner: Yen ihnen stammen die riesigen, gottlosen, räuberischen
und mörderischen Q*ipjy , wie es heisst (Num., 13, 33) : Dort auch
sahen wir die Nephilim, die Söhne des Anak. (Dass aus der Ver-
bindung der Sethiten mit den Kainitinnen Biesen — ö^L.:> — her-
Torgingen, wird auch in den oben erwähnten Schriften gesagt).
Ibn Bsra zu Gen., 6, 2, führt mehrere Erklärungen des Q^iH^i^ri *^X2
an, darunter auch die, dass damit die Söhne des Seth, und mit
den mj<^n mJÜl ^^® Töchter Kain's gemeint seien. Aach Nach-
manides z. St. meint, es sei wohl möglich, dass Adam, Sethund
Enosch wegen ihrer Gottähnlichkeit Q^iH^i^n ^JÜl gönannt wer-
den, gibt aber doch der (oben erwähnten) Erklärung der Pirke
B. Eliezer den Vorzug. Im Schalscheleth hakabbalah (ed. Ven.,
f. 92^) heisst es: »Seth gebot seinen Kindern , sich von den Nach-
kommen Kain's fern zu halten; das thaten sie auch sieben Gene-
rationen hindurch, dann aber gesellten sie sich zu jenen , und aus
dieser Verbindung gingen die Anakim hervor, die alles Böse thaten,
bis. das Mabbul sie vertilgte"; allein diese Stelle, die auch
Heidegger (De historia sacra patriarcharum exercitationes , ed.
1729, I, 138) anführt, ist ohne Zweitel dem Supplementum chro-
nicorum des Jakob Phil. Bergomensis (ed. 1535, f. 8*) entnommen,
welches Buch Ibn Jachja (f. 4^) unter den von ihm benutzten
nichtjüdischen Schriften erwähnt. Dass die allgemein herrschende
Unzucht die eigentliche Veranlassung der Sintfluth war, wird in
den jüdischen Schriften mehrfach hervorgehoben. So wird (T. jerus.,
Sota, I, 5; Bereschith B., S. 26; Wajikra B., S. 23) der Satz
aufgestellt, dass Unzucht und Buhlerei stets durch allgemeine
• T6
Yertilgung bestraft werde ; an den beiden letzteren Stellen heisst
es mit Bezug auf Gen,, 6, 2. 7 : Alles erträgt Gott mit Langmuth,
nur die Unzucht nicht. Dennoch aber ward — nach andren Stellen —
dem yerderbten Geschlecht eine Frist zur Busse und Bessrung
gewährt; die Gen., 6, 3, erwähnten 120 Jahre werden yon Onkelos,
Raschi und Nachmanides z. St. in diesem Sinne aufgefasst* Die-
selbe Auffassung findet sich auch bei den christlichen Schriftstellern.
So heisst es bei Lagarde (p. 66, 1) im Namen des Ephräm Syrus
mit Bezug auf die Stelle : »Und ihre Tage sollen sein 120 Jahre
(Gen., 6, 3)" : Gott sagte dieses im Arger und Zorn (v,.A<>a.f^ j^y 7
Ersteres das syr. ]i_09 9 Zorn) über die Söhne Eain's und die Bnd
Elohim, denn als Noah den Bau der Arche anfing bis zu ihrer
Vollendung dauerte es 120 Jahre, und das sollte eine Frist («^Ux«)
für sie sein. Darauf heisst es femer, dass diese Frist auf 100 Jahre
reducirt wurde (denn nach der yorhergehenden Stelle, 5, 32, war
Noah damals 500 Jahre ali, während er beim Einbrechen der
Fluth (Gen., 7, 6) 600 Jahre zählte), weil die Kainiten und Se-
thiten bei ihrer zuchtlosen Lebensweise yerharrten und durchaus
keine Lust zur Busse und Umkehr an den Tag legten. Auch bei
Glycas (ed. Bonn, p. 237) heisst es mit Bezug auf die Stelle;
*'E7ovTxt is ai yifiipxi avTuv hyj px'. dass die 120 Jahre eine
Frist zur Umkehr sein sollten, yon welcher aber 20 Jahre abge-
zogen wurden, da yorauszusehen war, dass die Gottlosen, die
während der 100 Jahre keine Busse thaten, auch in den noch
übrigen 20 Jahren sich nicht bessern würden.
Auch bei Tabart (I , Hv fg.) werden — mehr oder weniger ent-
stellt — die biblischen Namen Jabal, Jubal, Tubalkain erwähnt
und zugleich wird — wie gewöhnlich in yerschiednen Versionen —
erzählt, wie die Sethiten ursprünglich auf einem Berge, die
Kainiten in der Ebne wohnten , wie aber der yerfüherische Klang
der , yon den Letzteren erfundenen , Musikinstrumente (welche
einzeln aufgezählt werden) die Sethiten yerlockte — trotzdem dass
^bereits Adam ihnen geboten, sich yon den Söhnen Kain's fem zu
halten — yon dem Berge zu den Töchtern der Kainiten hinab-
zusteigen , die sehr schön waren, aber ausserdem sich mit Augen-
77
sehminke noch schöner zu machen suchten , und wie sie sich dem
Wein trinken und dem zuchtlosen Leben ergaben. Als Belegstelle
wird mehrmals Sur. 33, 33 , angeführt , woselbst die Frauen (Mo-
hammad's) ermahnt werden, häuslich zu sein und nicht, wie in
alter Zeit , ihren Schmuck zur Schau zu tragen , was Bai^^wt (II,
IfA) dahin erklärt , dass damit die Zeit zwischen Adam und Noah ,
oder die , in welcher Abraham geboren wurde , gemeint sei ; denn
damals pflegten die Frauen Perlengeschmeide zu tragen und sich
damit auf der Strasse den Männern zu zeigen. Unter Andrem wird
auch erzählt , dass der Satan den Menschen eine Art Hirtenpfeife
braehte, die in ganz wunderbaren Tonen erklang, und dass das
Gebahren der Eainiten — die als Biesen und gottlose Menschen
(Xa&Ls li^L:>) geschildert werden — die eigentliche Veranlassung
der grossen Fluth war.
Dasselbe wird — nur kürzer nnd eigentlich mehr als blosse,
nicht sehr glaubwürdige, Sage — auch bei Ihn el-Atlr (I, fl)
erzählt.
Jakübt der ebenfalls (p. v) erzählt, wie in den Tagen des
Jared die Sethiten das beschworne Bündniss brachen und vom
Berge hinabstiegen und sich mit den Töchtern der Kain yer-
mischten, erwähnt als die Veranlassung hierzu, dass Satan yon
Jabal und Tubalkain Besitz nahm und sie das Verfertigen von
Musikinstrumenten lehrte , die einzeln aufgezählt werden , und
deren Töne die Sethiten verlockten, vom Berge hinabzusteigen.
Das Übrige entspricht der Darstellung bei Eutychius, im christ-
lichen Adamsbuche und in der Schatzhöhle.
Als Begräbnissort Adam's wird in den jüdischen Schriften Hebron
genannt, indem das yS^J«^ D^lpj C^en., 23,2; Jos., 14, 15, als Stadt
der vier Personen — oder Paare — gedeutet wird , zu denen auch
Adam gehört (Erubin , 53»; Ber. R., S. 58; Pirke R. Eliezer, c. 20;
cf. Wagenseil, Sota, p. 289; das Citat bei Heidegger, I, 105" ist
ingenau). Bei Ephräm Syrus (p. 171) heisst es , Adam sei auf
dem Berge Moriah begraben worden , an dem Orte , wo später
die Erlösung der Welt stattfand* Bei Abti'l-Farag (Hist. dyn.,
p. 14. 15) wird Adam da begraben, wo später Jerusalem gebaut
wurde. Dass Adam im Mittelpunkte der Erde (Golgatha) begraben
78
worden sei , wird in der Schatzhöhle (p. 9. 26 fg.^ und im Christ-»
liehen Adamsbuohe (p. 109 fg.) erzählt. Zu letzterer Stelle führt
Dillmann (p. 142, N. 118) noch mehrere andre Autoren an und
sagt, mit Berufung auf einige derselben, die Sage scheine nicht
ursprünglich jüdisch, sondern christlich gewesen zu sein, und dass
sie von den Juden aus sich in der ganzen christlichen Kirche
yerbreitete. Allein in den — oben angeführten — jüdischen
Schriften heisst es nur, dass die Erde aus der Adam geschaffen
wurde, dem Orte des Tempels entnommen war, während Hebron
als die Stätte seines Begräbnisses gilt. Auch bei Maimonides (Mischne
Thora , H. Beth habechirah , II , 2) — welche Stelle Fabricius ,
p. 73 und 90 mittheilt — wird als Überlieferung angeführt , dass
der Ort , wo später der Tempel erbaut wurde , auch der Ort war ,
aus dem Adam erschaffen wurde , wozu die (oben erwähnten)
Worte des Midrasch angeführt werden: J^^j^J imOlD DlpDD»
Tom Orte seiner Sühne wurde er erschaffen. Wenn es bei Dill-
mann nun femer heisst: »Schon weitergebildet ist die Sage dann
im Clem. Aeth. dahin , dass Adam auf Golgotha geschaffen und
erst von da aus in das Paradies versetzt sei , womit zu vergleichen
ist eine Stelle aus dem B. Juchasin bei Fabric, S. 90" (es ist das die
erwähnte Stelle des Maimonides) , so scheint vielmehr diese Form
der Sage die ursprüngliche zu sein , da sie der jüdischen entspricht.
Auch Hieronymus führt die erwähnte Erklärung von p^i'Hp
y3*)i^ ^^ "Dd widerspricht der Ansicht, dass Adam auf dem
Calvarienberg begraben worden sei ; die einzelnen Stellen : Quaest.
hebr. Gen., 23, 2 ; De situ et nominibus locor. Hebr., ed. ValL, III ,
130; Matth., 27, 33; ep. ad Ephesos, 5, 14, werden von Wagen-
seil (1. c, p 293) angeführt.
Bei Eutychius (I, 18), im Adamsbuche (p. 31. 80 fg.) und in
der Schatzhöhle (p. 8 , Text , p. i**!*) ist die Rede von der »Schatz-
höhle", in welcher Adam wohnte und wo er auch (bis zur Über-
führung nach Q-olgatha) begraben war. Diese Schatzhöhle (H^Ubo
tyXJi) wird als Grabstätte Adam's auch von Jaktibt (p. ö und 11)
erwähnt. Bei Ibn el-Attr (I, (^a) heisst es: »Man sagt, dass Adam
in einer Höhle des (obenerwähnten) Berges (j^-ulas ^i begraben
worden sei". Im Namen des Ibn 'Abbds wird ferner erwähnt , dass ,
79
als Noah ans der Arche hinausging er Adam in Jerusalem bei-
setzte , was ähnlich yon den angeführten christlichen Autoren
erzählt wird.
NOAH.
Noah wird im !Eor4n — wie das auch Geiger (Was hat Mo-
hammed u. s. w., p. 109 fg.) hervorhebt — sehr oft erwähnt , weil
er, nach der Darstellung in den jüdischen Schriften, seine Zeit-
genossen zur Busse ermahnte , diese aber ihn yerspotteten ; er war
insofern ein Vorbild Mohammad's, der mit seiner Lehre ein ahn-
liches Schicksal hatte. Bei den späteren arabischen Autoren findet
sich nun noch manches andre zur Geschichte Noah's Gehörige,
das ähnlich in den jüdischen Schriften vorkommt. Bei ^abart (I ,
Iaö fg.) wird erzählt, dass Noah 120 Jahre lang seine Zeitgenossen
zur Bessrung ihres Lebenswandels ermahnt habe (auch in den jü-
dischen Schriften — z. B. M. Lekach tobh, ed. Buber, p. 36 —
heisst es , dass Noah 120 Jahre lang an der Arche baute) , dass
diese aber spottend sich darüber wunderten , dass er auf dem festen
Lande ein Schiff zimmre, worauf denn — nach Sur. 11, 40 — die
Antwort Noah's angeführt wird : »Ihr lacht über uns , zuletzt aber
werden wir über euch lachen". Bei Ibn el-Attr (I , f 1) machen sie
sich darüber lustig, dass er, früher ein Prophet, jetzt auf ein-
mal ein Zimmermann geworden sei.
Bei De Lagarde (p. 72, Z. 29 fg.) wird erzählt , dass Gott dem
Noah befahl, eine Glocke ((j^y^lj) zu machen und mit derselben
dreimal des Tags zu läuten, zur Versammlung und zur Entlas-
sung der Werkleute, Morgens, Mittags und Abends, was er auch
that. Wenn sich alsdann zu ihm die Söhne Eain's und die Bn^
Elohim versammelten , ermahnte er sie , und sagte ihnen , dass eine
Fluth kommen werde zur Vertilgung der Frevler ; sie hörten aber
nicht auf ihn. Dasselbe wird auch bei Eutychius (p. 87) , in der
Schatzhöhle (p. 17, Text, p. vf) und im Adamsbuche (p. 99) er-
zählt ; an letzterer Stelle ist es eine Trompete , mit welcher Noah
dreimal des Tags blies zum Signal für die Werkmeister; als er
80
ihnen aber die grosse Fluth verkündete , lachten sie und sagten !
iDer Alte da faselt ; wie sollten Wasser auf die Berge kommen F"
Mit Bezug auf die Sintfluth heisst es in den jüdischen Schrif-
ten (Bereschith B., S. 33; Pirke R. Eliezer, c. 23; Jalkut, Gen.,
§ 57), dass das heilige Land von ihr yerschont blieb; auch in
der Schatzhöhle (p. 23, Text, p. "Ia) und ähnlich bei Lagarde
(p. 78) und im Adamsbuche (p. 106) wird erzählt , dass das
Wasser der Sintfluth , als es an die Grenzen des Paradieses kam ,
umkehrte. Ähnlich heisst es bei ^abart (I, üt*). Ihn el-Attr (I, öl*)
und Jal^dbt (p. ^X) , dass die Fluth nicht in das Gebiet von Mekka
(i»^iL) kam, sondern dasselbe siebenmal umkreiste.
Auch Og , König von Basan , blieb von der Sintfluth yerschont.
Wie in Pirke B. Eliezer (c. 23) erzählt wird, schwur er dem
Noah, ihm und seinen Nachkommen ewig dienstbar sein zu wol.
len; daraufhin räumte ihm Noah einen Platz im Gitterwerk aus-
serhalb der Arche ein und reichte ihm seine tägliche Speise durch
eine Öffnung. Auch im Talmud (Niddah, 61») wird das ^^i^gi^ ,
Gen., 14, 13, auf Og bezogen, der ein »Entronnener" genannt wird ,
weil er dem Mabbul entging. Og und Sichon waren nämlich
Brüder und stammten von ^J^IflDSi^ > einem der gefallenen Engel
ab. Diese Erklärung des Wortes ^*i^2 gibt — neben der einfachen
als »Flüchtling" — auch Raschi z. St. Auch im jerus. Targum zu
Gen., 14, 13, und zu Deut., 3, 11, heisst es von Og dem Biesen,
dass er von der Sintfluth gerettet wurde , indem er auf dem Dache
der Arche einen Platz bekam. Bei Tabari (I, )1)*) und bei Ihn
el-Atir (I, ö^) wird als jüdische Sage (^.jy^^ J^' («^J Uas) er-
wähnt, dass ausser Noah und seiner Familie auch v,Jixct ^ -.afC
am Loben blieb. Auch V. Hammer-Purgstall führt (ZDMG., IX,
381) eine arabische sprichwörtliche Redensart an: »Der Stock des
Biesen Udsch" (von dem sich derselbe nie trennte), dem die Sintfluth
bis an die Knöchel ging. In der Note hierzu wird auf den !Kämüs
s. Y. —^ und auf andre Stellen verwiesen. Im Journal asiatique
(1838, Juin, p. 504) wird Ton Fresnel eine seltsame Sage aus
später Zeit mitgetheilt, wonach der Biese Audj (d. h. Og, König
von Basan), der König des Biesengeschlechtes der Amalekiter,
der Sohn einer Schwester Noah's war, der seinen Oheim um
81
1500 Jahre überlebte, da er später von Moses getodtet wurde
(welche Identität auch die jüdische Sage annimmt: Bamidbar B.,
S. 19, Ende; Midrasch Tanchuma, ed. Buber, IV, f. 65^; jerus.
Targum zu Num., 21, 34).
Ausser Og erlangte noch Jemand ausnahmsweise Eintritt in
die Arche — der Satan. Ibn el-Attr erzählt nämlich (I , ö«) ; »Der
Esel war es , der zuletzt in die Arche einging ; als er zur Hälfte
drinnen war , hängte sich Iblts an seinen Schweif, und er zögerte ,
weiter zu gehen , selbst als Noah ihm befahl , hereinzukommen.
Darauf sagte Noah : So tritt ein , und wäre auch der Satan mit
dir. Kaum war ihm das Wort entfahren , da trat der Esel ein und
mit ihm Satan. Da sagte Noah zu Letzterem: Wer hat dich
geheissen , herein zu kommen , Feind Gottes ? Du selbst , antwortete
er, hast du nicht gesagt: »Tritt ein und wäre auch der Satan mit
dir? Da liess ihn Noah da". Unmittelbar darauf (p. ot) wird er-
zählt: »Als dem Noah befohlen worden war, die Thiere in die
Arche zu bringen, da sagte er: Herr, was soll ich anfangen
mit dem Löwen und dem Stier, mit der Ziege und dem Wolfe,
mit dem Vogel und der Katze? Da ward ihm die Antwort: Er,
der die gegenseitige Feindschaft in sie gelegt, er wird sie auch
an das gesellige Zusammenleben gewöhnen. Darauf ergrifP den Löwen
ein hitziges Fieber, und er hatte so viel mit sich selbst zu thun,
das ' er die andren Thiere in Buhe liess". Auch im Talmud (San-
hedrin, 108^) heisst es, dass die Speisung der Thiere dem Noah
grosse Sorge machte. Mit Bezug auf den Löwen wird erzählt ,
dass derselbe in ein hitziges Fieber (i^DEi^^iJ^) verfiel, dessen Hitze
ihn sättigte, sodass er keiner andren Nahrung bedurfte.
An der bereits erwähnten Stelle des Bereschith R. (S. 33),
woselbst es heisst , dass Palästina von der Fluth verschont blieb ,
wird zugleich erwähnt, dass die Taube das ölblatt vom Olberge
(nnSi^Dn in> ^^^^ ™ Targum jerus. zu Gen., 8, 11, *)^0 |)3
i^nSi^D) geliolt habe. Auch Ephräm Syrus (bei Lagarde, 80, 22 fg.)
Sagt, dass die Taube von Noah am Freitag - Morgen ausgeschickt
wurde, dass sie um die Mittagszeit nach dem Olberg bei Jeru-
salem kam und dort drei Olblätter pflückte. Mit diesen drei
Blättern im Schnabel kehrte sie Abends zurück. Als Noah sie mit
11
82
den drei Olblüttem erblickte , frente er sich sehr , dankte Gott
und sprach zur Taube: Gesegnet seiest die im Himmel und auf
Erden und gesegnet seien deine !N'achkommen auf ewig — darauf
nahm er sie in die Arche und gab ihr zu essen. Dass aber die
Taube die Olblätter gerade vom ölberge holte, das wird, .wie
alles Andre, typisch gedeutet.
Dass es nur bei der Taube (Gen. 8, 8) und nicht beim Baben
heisst, Noah habe sie von sich (^J^Ji^Jj) weggeschickt, wird, San-
hedrin, 108^, darauf bezogen, dass die reinen Vögel gerne bei
den Frommen wohnen. Mit Bezug auf den ausgesandten Raben
heisst es in ^Pirke R. Eliezer (c. 23) : »Noah sandte den Raben
aus , um zu erfahren , wie es in der Welt aussehe ; der Rabe ging ,
fand aber die Leiche eines Menschen auf einer Bergspitze; er
verweilte bei derselben, um dav^on zu essen, und brachte keine Bot-
schaft zurück." Dasselbe wird auch bei Ja'kübt (p. \^) als Grund
seines Aubleibens angegeben. Bei Tabart (I , Iaa) wird ebenfalls
erzählt (und zwar ist es der von Jesus momentan zum Leben er-
werkte Cham , Sohn Noah's , der das berichtet) , dass ein Aas den
Raben an der rechtzeitigen Rückkehr verhindert habe, und dass
Noah über ihn den Fluch aussprach , Furcht vor den Menschen zu
haben, wesshalb der Rabe nie zahm wird. Als er darauf die Taube
ausschickte , und diese mit einem Olblatte im Munde und mit Koth
an den Füssen zurückkehrte , da erbat er für sie von Gott ein
grünes Halsband und segnete sie , dass sie zu den Menschen Zu-
trauen haben solle und in Gemeinschaft mit ihnen lebe ; und seit
joner Zeit lebt die Taube bei den Menschen.
Statt des ^'jSJ^T J^^'jtf^ i^Ji^l» ^®^-> ®> '^j *^*^®^ ^^® ^^^ * ^^^
i^s^öav ovK ivia-Tperpsv sag tov ^yjpxvtijyxi ri viup xTh Tijg yijg.
(Bemerkenswerth ist, dass Glycas, Annal., p. 239, Z. 14, es dem
Josephus zum Vorwurf macht, er widerspreche der mosaischen
Erzählung , indem er sage , der Rabe sei zurückgekehrt , während
Moses erzähle; k») ovx iirhTps^ev o K6px^ k. r. A.) ; ebenso über-
setzt die Peschito: ^^^ JJo ^qV^ aa-aJo» ^^^ aiich in der von
De Lagarde veröffentlichten arabischen Übersetzung des Penta-
teuchs (Materialien etc., t , 8, 7) heisst es : JL» ^ y^ v|;^^ J^S
fjc^^^ x-v^ ^ -LH w^ {joyi\ vi^w^H-:» ^,/^ ^ßj also immer
83
in dem Sinne, dass der Babe nicht zurückkehrte. Ebenso heisst
es bei Lagarde (II , 78, 81) als Übersetzung derselben Stelle :
o^ ^^üs* j:>^ ^ ^y> U, *Ut jiüü) ^yli ^yl ^ v'j*^' J-«j!s
(joyi^ ^c>3 Q« »UL Mit Bezug hierauf wird (79, 4) erzählt , Noah habe
zum Baben gesagt : »Gehe , durchstreife die Welt und sieh dich
um , ob irgendwo ein hoher Berg ist , den das Wasser nicht be-
deckt." Als nun der Babe fortflog , fand er keinen Ort zum Aus-
ruhen ; er sah aber auf dem Wasser schwimmende todte Menschen
und Thiere; auf diesen ruhte er aus, indem er das Fleisch der-
selben ass, und kehrte nicht zurück. Im Namen des Ephräm Syrus
wird ferner erwähnt , dass der Babe in Folge seiner Gefrässigkeit
Noah's Auftrag yergass und erst nach drei Monaten zu ihm zurück-
kehrte. Auf die Frage Noah's , wesshalb er nicht früher gekommen ,
antwortete er , er sei so sehr mit dem Essen beschäftigt gewesen ,
dass er die Bückkehr vergessen habe* Nun aber war der Babe
damals Yon weisser Farbe, schlanker Gestalt und schön von An-
sehen. Da sprach Noah zu ihm : DYerflucht und unrein unter allen
Vögeln sollst du sein , du und deine Nachkommen , und möge Gott
deine Farbe schwarz machen, und mögen Buinen und Einöden
dein Aufenthalt sein." Zur selben Stunde veränderte sich die Ge-
stalt des Baben ; er wurde verachtet unter den Vögeln , und seine
Farbe wurde schwarz. Die frühere weisse Farbe zeigt ßich nur noch
bei seinen Jungen ; wenn diese auf die Welt kommen , haben sie ein
weisses Gefieder; sobald der Babe das sieht, schreit er dreimal,
fliegt davon und kehrt erst nach 40 Tagen zurück. Während dieser
Zeit halten die Jungen ihre Schnäbel offen ; Mücken fliegen in
ihren Mund und diese dienen ihnen zur Nahrung — 40 Tage
lang. Wenn dann der Babe zurückkehrt und sieht, dass die Jungen
herangewachsen sind und dass sie ein schwarzes Gefieder haben,
freut er sich sehr , ruft die andren Baben herbei , nimmt die Jun-
gen auf seine Flügel und lehrt sie fliegen.
Dass die jungen Baben eine weisse Farbe haben, wird auch in
den Pirke B. Eliezer (c. 21) erwähnt, und zwar wird hier (was
auch Geiger, 1. c, p. 103, hervorhebt), ähnlich wie Sur. 5, 84, der
Babe mit der Erzählung von Kain und Abel in Verbindung ge-
bracht. Der Hund , der Abel's Heerde bewacht hatte — so wird
84
erzählt — hütete auch den ersohlagnen Abel vor den wilden
Thieren und den Raubvögeln. Adam aber und seine Frau (mj>^
TlTyi» ^^ach Gen., 2, 18) sassen da und weinten und trauerten
und wussten nicht, was sie mit dem Körper Abel's anfangen
sollten. Da kam ein Babe, dessen Genosse gestorben war, und
begrub denselben yor ihren Augen. Da sagte Adam: ilch werde
es auch so machen wie dieser Rabe", grub ein Grab und legte
AbeVs Körper in dasselbe. Gott aber belohnt die Raben für diese
Handlung. Und was ist ihr Lohn ? Wenn die Raben Jungen zur
Welt bringen und sehen, dass dieselben weiss sind, glauben sie,
es seien Kinder der Schlange und fliegen davon. Gott aber schickt
den Jungen reichliche Nahrung .... wie es heisst (Ps. 147, 9):
Gott gibt dem Yieh seine Speise und den jungen Raben , wenn sie
rufen (r^HT^J^^ -|g^^ 2-)1V W ni?D^ npD?> |D1J " ^«l"
leicht liegt hier ein Wortspiel mit Q^ , weiss , zu Grunde). Auch
Raschi (zu Buba Bathra , 8^) erwähnt kurz , dass der Rabe grau-
sam gegen seine Jungen sei, dass aber Gott aus ihrem Kothe
Mücken entstehen lasse , die ihnen zur Nahrung dienen.
Diese Stelle der Pirke R. Eliezer sowie eine ähnliche bei Kimchi
und Raschi zu Hieb, 38, 41, wird auch von Bochart (Hieroz., ed.
Lond., n, c. XI, coL 205) angeführt, wie ferner damit überein-
stimmende Stellen bei Chrysostomus, Olympiodor, Isidor von Sevilla,
in den Scholien des ^artri (13. Mak4me) und bei Damtrt, wozu
bemerkt wird , dass sich Ahnliches bei !Kazwtnt finde. Bei Letzterem
(ed. Wüsterfeld , I ff*) wird die bei ^arlrt vorkommende Stelle :
»0 du, der du die jungen Raben ernährst" (ijSi^ ^ w-;LxJJt ^U^ Ij)
ebenfalls erwähnt, und zwar als Worte des Königs David. Im
Scholion der 2. Ausgabe des ^artrt (p. töi) werden übrigens auch
die 40 Tage der Abwesenheit des Raben erwähnt , wie , mit Bezug
auf dessen Gewohnheit, die eignen Kinder nicht anzuerkennen, der-
selbe als von Natur sehr misstrauisoh (jJal\ jvX>0 bezeichnet wird.
Bochart sagt nun ferner (col. 208 , Z. 20) , dass die arabische
Übersetzung der Stelle Luc, 12, 24, »junge Raben" (qUaI^ ^^J^)
statt »Raben" habe , welche Andrung des Textes aber ungerecht-
fertigt sei. Wahrscheinlich hatte aber der Übersetzer ebenfalls die
85
obenerwähnte Fürsorge Gottes im Sinne, wie auch G-lycas ; dieser
führt nämlich (Annal., ed. Bonn , p. 87 , Z. 10) dieselbe Stelle des
Lucas an und sagt , dass unter allen Yögeln gerade der Babe er-
wähnt werde, habe darin seinen Grund, dass der Babe seine
Jungen hasse, Gott aber (in der oben erwähnten Weise) densel-
ben auf andrem Wege Nahrung verschaffe. Der Übergang vom
Baben zum Sohne Noah's , Cham , liegt ziemlich nahe , denn Beide
werden zuweilen nebeneinander erwähnt, und auch die schwarze
Farbe Cham's war die Folge eines von Noah ausgesprochnen
Fluches.
In den jüdischen Schriften (Beresch. B., S. 31, S. 34; M. Tan-
chuma zu Gen., 8, 16, ed. Buber, p. 42; Pirke B.^Eliezer, c. 23;
Sanhedrin , 108^) heisst es , dass während des Aufenthaltes in der
Arche die Männer sich von den Frauen fem halten mussten , weil
bei einer allgemeinen Calamität auch für die Yerschonten sich
Enthaltsamkeit gezieme, was aber auch daraus gefolgert wird,
dass bei dem Eingange in die Arche der Ausdruck gebraucht wird.
»Noah und seine Söhne , seine Frau und die Frauen seiner Söhne"
(Gen., 7, 7 , ähnlich 7, 13) , während es beim Ausgange aus der-
selben heisst: »Gehe hinaus aus der Arche, du und deine Frau
und deine Söhne und die Frauen deiner Söhne" (ib., 8, 16), im
ersteren Falle also erst die männlichen , dann die weiblichen Mit-
glieder der Familie genannt werden, im zweiten aber paarweise.
Mann und Frau beisammen. Dasselbe findet sich aber auch bei den
syrischen Autoren ; zunächst bei Ephräm Syrus (p. 54. 150) , der
in gleicher Weise die verschiedne Beihenfolge der Wörter her-
vorhebt, wie das auch Kirsch in dem Appendix zu seiner Aus-
gabe des syrischen Fentateuchs (p, VI) bemerkt. So heisst es auch
in der Schatzhöhle (p. 24, Text,p. it*): »Und als sie hineingingen
in die Arche, da gingen sie getrennt hinein: Noah und seine
Söhne, und sein Weib und die Weiber seiner Söhne. Es gingen
aber hinaus : er und sein Weib und seine Söhne und ihre Weiber
mit ihnen. Und die Männer hatten die Weiber nicht erkannt,
bis sie hinausgingen aus der Arche". Ferner heisst es , und
ebenso im Adamsbuche (p. 105. 107) , bei Eutychius (p. 38) und
bei Lagarde (p. 74, 21) , dass , um jede Annäherung zu vermeiden ,
86
die Männer auf der östlichen , die Frauen auf der westlichen Seite
der Arche wohnten.
An der oben erwähnten Talmudstelle (Sanhedrin , 108^) heisst
es zugleich, dass Cham, der Babe und der Hund das (für Alle)
gegebne Yerbot des ehelichen Umgangs übertraten und dass alle
drei dafür bestraft wurden, und zwar Cham in seiner Hautfarbe,
da — wie Raschi z. St. bemerkt — {J^^Q \on ihm abstammt (der
in der Bibel wie im Talmud immer als schwarzer Yolksstamm
vorkommt) ; der Rabe und der Hund wurden in andrer Weise
bestraft (cf. Buxtorf s. v. {J^Dti^j ^^^' 2459). Dasselbe wird —
etwas verschieden — auch Her. R., S. 36 , und im jerus. Talmud
(Taanith, I, 6) erzählt.
In andren Schriften wird die schwarze Farbe der Chamiten als
Folge der, Gen., 9, 25, erwähnten Verfluchung Kenaan's dargestellt.
Diese Bibelstelle ist nun insofern auffallend , als im Yorhergehen-
den (Ys. 22) Cham und nicht Kanaan genannt wird. Saadia gibt
Kenaan mit » Yater des Kana'an" (q*^ ^^) wieder , was auch Ibn
Ezra (Gen., 9, 26) erwähnt. Im Midrasch (M. Tanchuma, 25», und
Ber. R., S. 36, zu Gen., 9, 24) wird die Meinung angeführt , dass
Noah den Cham nicht verfluchen konnte, weil bereits Gott Noah
und seine Söhne gesegnet hatte (Gen., 9, 1). Dieselbe Erklärung
gibt auch Ephräm Syrus (bei Lagarde , 87, 29) so wie Chrysosto-
mus (bei Heidegger I.e. I, 411). In derselben Midraschstelle wird
noch eine andre Meinung angeführt , dass nämlich Kenaan es war ,
der Noah's Entblössung sah und es dann seinem Yater Cham sagte
(ebenso Ibn Ezra zu Gen., 9, 24). Auch diese Erklärung der
Bibelstelle findet sich bei Ephräm Syrus (Lagarde , p. 86, 30 fg. ;
p. 87 , 10 fg.) , welcher ferner bemerkt , Noah habe gesagt : »Yer-
flucht sei Kenaan, und möge Gott sein Gesicht schwarz machen",
worauf alsbald das Gesicht Kenaan's wie das Cham's schwarz wurde.
Auch bei Tabarl (1 , 111*) wird erzählt , dass die schwarze Farbe
der Nachkommen Cham's die Folge des Fluches sei, den Noah
über ihn aussprach , weil er sich in der Arche nicht von seiner
Frau ferne gehalten: yJü ^^ ^^ ^^^ \x jJu^\ ^ xjt^t A^ i^Ldl3
QbyMJL «L^V. ^<^ÄÄLi. An einer andren Stelle (p. fl)*) hingegen wird
die biblische Erzählung wiedergegeben, und zwar werden die "Worte
87
Noah's (9, 25—27) ziemlich getreu wiederholt: ^^ {J-^ 05*^
"^^ f^ aj^3 fh ^^ J^j ^^ "^J^- ^3 ^y^^ oy?^ ^"^^^^ f '^
SÜ ivXjx *L5>. Auch Mas'Adt (I, 76) erwähnt — zugleich unter
Hinweisung auf die Koränstellen Sur. 11, 44 und 37, 75 — die
biblische Erzählung als etwas Bekantes, indem er die Worte Noah's
anführt : &JÜ) y^.^ ,»Lam ^Iaa lü^'^ ^Ju Juc »l»- O^^
Bei Dimiäkt (ed. Mehren , p. Hi) wird angeführt , was die Alter-
thumsforscher (Jji\ ^^) sagen, dass nämlich die schwarze Farbe
der Chamiten darin ihren CTrsprung habe, dass Noah Cham yer-
fluchte, weil er in der Ä.rche mit seiner Frau ehelichen Umgang
hatte ; nach der Meinung Andrer habe. Noah ihn verflucht , weil
er seine Blosse aufgedeckt , während er sohlief , wogegen Sem und
Japhet rückwärts gehend ihn bedeckten ; und darauf habe Noah
gesagt: vi^i^j ^t y^.^ (»^ ^)W^3 A^" (^«r^L«* Übrigens bringe es
auch das Klima jenes Landes mit sich, dass dessen Bewohner
dunkler Farbe sind.
J^azwint sagt (II, \f) von den Bewohnern Stid^n's (^t^yMii),
dass sie Yon Kusch , dem Sohne Kenaan's , der ein Sohn Koah's
war, abstammen und dass die grosse Sonnenhitze die Ursache
ihrer Schwärze sei , dass aber nach der Meinung Andrer (J^^) die
schwarze Farbe die Folge des von Noah über Cham ausgesproch-
nen Fluches sei. Im Schalscheleth hakabbalah (f. 92^ fg.) heisst
es : Man sagt , Noah habe seine Zeitgenossen fortwährend ermahnt,
sich zu bessern, dass sie aber nicht auf ihn hörten, und dass er
aus Furcht , sie möchten ihn mit seiner Frau und seinen Kindern
umbringen , aus jenem Lande entfloh , worauf Gott ihm befahl ,
die Arche zu bauen, und ferner: Man sagt, dass Noah auch
IJN***^ (Jano, d. i. Janus nach italienischer Benennung) genannt
werde, von p*i, Wein, und dass er später von Armenien nach
Italien gezogen sei. Das erstere hier Erzählte ist dem Supplemen-
tum ohronicorum (f. 8^) entnommen , das zweite andren nichtjü-
dischen Schriften. Bei Fabricius (Cod. pseudep. V. T., 2. ed., I,
247 und Note) werden mehrere Aatoren angeführt, welche be-
haupten , dass Noah nach Italien gewandert und von den Lateinern
88
Janas genannt worden sei ; dann werden (p. 249 fg.) andre Autoren
angeführt , welche Koah mit yerschiednen mythischen Personen iden-
tifiziren , darunter auch mit Saturnus , und die ferner der Ansicht
sind , der Käme Janas sei , wie Oenotrius von oTvog , von IVi her-
zuleiten. Der zweiköpfige Janus (Janus bifrons) sei eine sehr pas-
sende Benennung Noah's, welcher dem ante- sowie dem postdilu-
vianischen Zeitalter angehörte. Sehr hübsch ist (p. 240) Noah's
Identifizirung mit Deukalion, welcher Name mit ievre und KxKeTv
erklärt wird; Noah habe nämlich bei der Androhung der Siut-
fluth gesagt: AevTs , ie«A«7 vfiag o Seig sU [isrivoiav.
Die Sage von Noah's Wandrung nach Italien wird von Giam-
buUari — in seinem Buche Origine della lingua fiorentina &c.
(1549) — als historische Thatsache betrachtet und dient als Be-
weis für seine Behauptung , dass die italische (toskanische) Sprache
aramäischen Ursprungs sei. An den betreffenden Stellen — die A.
Fuchs, Die romanischen Sprachen n. s. w., p. 14, anfuhrt — heisst
es : . . , . »Der älteste Namen von Italien ist Onotria d. h. Wein-
land (von olvoq) \ da nun Noah den Wein erfunden hat , so ist es
sehr wahrscheinlich, dass Noah aus den armenischen Gebirgen
nach Italien gekommen ist, und in der That erscheint er hier
als alter König von Italien unter dem Namen Janus, wohnhaft
auf dem Berge Janiculus. 108 Jahre nach der Sündfluth • . . . kam
er nach Italien ; daher wird Janus mit zwei Köpfen abgebildet ,
weil er zwei Zeitaltern angehört (wie oben). Zu ihm kommt Sa-
turnus nach Italien und in diese Zeit fällt das goldne Zeitalter . . .
Die Sprache , welche Noah-Janus nach Italien mitbrachte , war die
Aramäische". Auch nach der Darstellung der arabischen Autoren
hatte Noah sehr Yieles von seinen Zeitgenossen zu erdulden. Im
5or4n heisst es (54, 9. 10): Schon früher (d* h. vor Mohammad)
wurde Noah von seinem Volke ein Betrüger und Wahnsinniger
(oyLzf^ genannt und abgewiesen ; da flehte er zu Gott : Sie über-
wältigen mich, steh' mir bei! Hierzu bemerken Zamah^ari (11,
if )*a) und Bai4^wi (II , T\m , 24) : Man erzählt , dass Einer von
ihnen den Noah würgte , bis er die Besinnung verlor ; als er wieder
zu sich kam , sagte er : Gott , verzeihe ihnen , denn sie wissen
nicht, was sie thun. Dasselbe erzählt Abü'l-Fid4 (Hist. anteisl., p.
89
16) , wie auch , dass in einer späteren , noch schlimmeren Genera-
tion die Leute ^Noah schlugen , bis er bewusstlos war , und dass
er, als er wieder zu sich kam, sie Ton Neuem ermahnte, bis er
der Sache überdrüssig ward und Gott um Bestrafung der Gott-
losen bat. Gott sagte zu ihm, dass keiner der Ungläubigen ihm
glauben würde, wenn er sie auch länger ermahnte, und dass er
das Schiff bauen solle (nach Sur. 11, 38. 39). Als er mit dem
Bau der Arche beschäftigt war, sagten die Leute spottend zu
ihm: »Ei, Noah, du bist ja aus einem Propheten ein Zimmermann
geworden" — was übrigens auch Zamal^^ari (I, III) und Baidäwt
(I, ft*'f) zu Sur. 11, 40 erwähnen. Abti'l-Fidä gibt als seine
Quelle die Chronik des Ibn el-A^tr an, und in der That findet
sich diese Erzählung auch bei Ibn el-Attr (p. fi), wie oben er-
wähnt wurde.
ABRAHAM.
In den jüdischen Schriften ist Noah durchaus kein Gegenstand
der Verherrlichung. Das ersieht man schon daraus , dass im Mi-
drasch (Bereschith R., S. 30) zu dem ganz überflüssigen l^^ri^HlD
in dem Satze »Noah war ein gerechter und frommer Mann in
seinem Zeitalter" (Gen. 6, 9) bemerkt wird : »Nur in Vergleich mit
seinen Zeitgenossen war er ein Q^QD p*^*l^"j wozu als Illustration
das Sprichwort angeführt wirdi i» Auf dem Markte der Blinden ist
der Einäugige ein Vielsehender" (J^^^iyi^ ^miü ^^^Dü pW^
Im !Korän (und also auch bei den späteren arabischen Autoren)
wird hingegen Noah an vielen Stellen — wie bereits erwähnt
wurde — neben Abraham und Moses genannt und besonders das
hervorgehoben, dass er seine Zeitgenossen fortwährend ermahnte
und sich weder durch ihre Misshandlungen noch durch ihren Spott
abschrecken Hess, noch auch dadurch, dass sie ihn einen Wahn-
sinnigen nannten (Sur. 54, 9 woselbst auch das J>^\^^ von Za-
maWarl in diesem Sinne erklärt wird). Noah dient so — wie auch
Moses, den Pharao einen Wahnsinnigen nannte (Sur. 26, 26) —
12
90
als Vorbild Mohammad^s , den seine Gegner — und seine Stammes-
genoBsen am Meisten — einen Wahnsinnigen nannten (Sur, 44, 13 ;
52, 29 ; 81, 22) und auch sonst yerspotteten. Dass ein Prophet
Nichts in seinem Yaierlande gelte, das erfuhr auch Mohammad,
aber was konnte es für einen gottgesandten Propheten Schlimmeres
geben ^ als dass die Leute, wenn er daher kam, zu einander
sagten : Aha , da kommt der Sohn Abd All&h's , er wird uns Neuig-
keiten Yom Himmel bringen, wie das bei Dozy (Het Islamisme,
p. 27, Übersetzung, p. 41), nebst andren Beispielen der Verspot-
tung und Verhöhnung , erwähnt wird. In der That bemerken auch
Zamahöart (II, Lvf) und Bai(JÄwt (II, T, 17) zu Sur. 29, 13, wo-
selbst von Noah die Bede ist, diese Erzählung yon Noah habe
den Zweck, Mohammad zu beruhigen und zu trösten, da er Ahn-
liches von den Unglä abigen zu erdulden hatte. An der darauf fol-
genden Stelle (Vs* 15) wird Abraham's Ermahnung an sein Volk
erwähnt, und auch hierzu bemerken beide Erklärer, dass die
Geschichte Abraham's dazu dienen sollte, den Propheten zu er-
mahnen, trotz des Widerstandes seiner Zeitgenossen, auszuharren,
wie auch sein Vorfahr Abraham («Ut i^^^ »IjO , der in derselben
Lage war, sich durch den Widerstand seiner Zeitgenossen nicht
beirren und nicht abwendig machen Hess.
In der biblischen Erzählung wird nirgends erwähnt , dass Abra-
ham seines Glaubens wegen irgend Etwas zu leiden gehabt habe.
In den jüdischen Schriften (Ber. B., S. 38 , und an andren Stellen)
wird aber allerdings erzählt, wie Abraham mit seinem Vater , der
ein Götzendiener war , in Zwiespalt gerieth und wie er von Nimrod
in den Feuerofen geworfen ward, woraus ihn aber Gott errettete.
In diesem Sinne wurde auch das D'^'IK^S ^IIJ^O ^J'^riNJiin 1\ffiii
Gen., 15, 6 -- analog dem Q^^iip p^D ^J'^ONSin ^ß^Nt Exod.
20, 2 — - als Errettung aus dem Peuerofen aufgefasst ("JDpDNT
'^NHtl^lDT Nmi priND i™ Jörus. Targum z. St.) , welche Deutung
auch Yon Hieronymus in den Quaestiones hebr. (zu Gen., 11, 28)
erwähnt wird. Diese Erzählung war nun ganz dazu geeignet,
Abraham als Vorbild und Vorläufer Mohammad's erscheinen zu
lassen y und so findet sie sich auch an mehreren ]^or4nstellen, die
91
von Geiger in seiner Preisschrift (p. 122 fg.) zugleich mit der
entsprechenden Midraschstelle , angeführt werden. Bei den ^oTan-
commentatoren nnd in andren Schriften — die ebenfalls als
Commentare zum Koran zu betrachten sind, da sie sich fortwäh-
rend auf denselben beziehen — wird die Feuerprobe , die Abraham
zu bestehen hatte , noch mehr ausgeschmückt. So heisst es bei Za-
mahöarl (II, aaa) und Bai<}Äwt (I, If», 4) zu Sur. 21, 69 (bei welcher
Gelegenheit der Brstere die Ähnlichkeit zwischen Abraham's und
Mohammad's Geschick hervorhebt) , dass man in Ktiä. LJ^)
auf Befehl Nimrod's in einem eingeschlossenen Baum einen Scheiter-
haufen errichtete, zu dem man einen Monat hindurch Holz her-
beitrug; wenn eine Frau krank ward, so sagte sie: ]»So Gott mich
wieder gesund macht , werde ich Holz zu Abraham^s Verbrennung
beisteuern"* Das alsdann angezündete Feuer war ein so grosses,
dass die Vögel . die in dessen Nähe vorüber flogen , verbrannten.
Dann wurde Abraham vermittelst einer Wurfmaschine (oLOj^Uuc)
in dasselbe geschleudert; darauf kam Gabriel zu ihm und sagte:
»Wünchest du Etwas, Abraham?" »Nicht von dir", erwiederte
Abraham. »So bete zu deinem Herrn", sagte Gabriel. »Es genügt
mir", sagte Abraham, »dass Gott meine Lage kennt". Daraufmachte
Gott aus der Feuerstätte einen Garten mit Wohlgerüchen , und
nur die Stricke, mit denen man Abraham gebunden hatte, ver-
brannten. Nimrod, der von einem hohen Thurme aus das sah,
sowie dass ein Engel an Abraham's Seite war, rief demselben zu :
»Ich werde deinem Gotte Opfer darbringen". Er liess hierauf 4000
Binder opfern und liess ab von der Verfolgung Abraham's.
Zu Vs, 68 wird von beiden Erklärern eine Meinung angeführt,
wonach derjenige, der den Bath zur Verbrennung Abraham's ge-
geben, ein Kurde Namens Hajün war, den zur Strafe die Erde
verschlang.
Bei Tabart (I, r\ fg,) und Ihn el-Attr (I, *Ia fg.) wird zu-
nächst mit Bweiterung und Vereinigung einzelner im l^^or^n zerstreut
vorkommenden Stellen (Sur. 6, 76 fg. ; 21, 58 fg. ; 37, 81 fg. ;
2 , 260 fg.) , die zum Theil wörtlich angeführt und mit in die
Erzählung verflochten werden , erzählt , wie Abraham zuerst die
einzelnen Himmelskörper göttlich verehren wollte , dann aber sagte :
92
»Ich mag die Untergehenden nicht (^^jOls^i L-X>-t ^ — Sur. 6, 76),
und so zur Erkenntniss des Einen Gottes kam. Sein Yater Azar,
der Götzenbilder verfertigte — heisst es weiter — gab ihm einige
derselben , um sie zu verkaufen. Abraham bot sie auch zum Ver-
kauf aus, indem er dabei ausrief: »Wer kauft Etwas, daß ihm
weder nützt noch schadet" (&«fiJü ^^ »y^u ^ L« (^j^. ^; bei
Abü'l-Fidä — Hist. anteisl. p. 20, Z. 7, v. u. — »Wer kauft, was
ihm schadet aber Nichts nützt , «juJü ^ s^a^sj La ywMwa ^) ; er fand
auch keine Käufer. Es wird nun femer (nach Sur. 21, 58 fg. und
37, 81 fg.) erzählt, wie Abraham das Volk vergeblich zur Ver-
ehrung des Einen Gottes zu bekehren suchte. Als sie nun einst
zur Feier eines Festes die Stadt verlassen hatten , ging er in den
Tempel , in welchem sehr viele Götzenbilder waren. Da er sah ,
dass diese keine der ihnen vorgesetzten Speisen berührten, fragte
er : »Warum esset ihr nicht ?" Da er keine Antwort erhielt , sagte
er : »Warum sprecht ihr nicht P" Er nahm nun die Axt , die er in
Händen hatte, und zerschlug sie alle mit Ausnahme des grössten
Götzenbildes, an dessen Hand er die Axt befestigte. Darauf ging
er hinweg. Als die Götzendiener zurückkehrten und das Geschehene
sahen , fragten sie einander , wer das gethan habe. Einige sagten,
das könne nur Abraham gethan haben. Darauf ward er vor Kimrod
geführt. Auf die Frage , warum er die Götzenbilder zerbrochen ,
antwortete er: »Nicht ich, der Grösste unter ihnen hat das ge-
than , fragt sie nur". Als sie nun sagten : »Du weisst wohl , dass
sie nicht sprechen", antwortete Abraham : »Warum betet ihr also
selche an, die euch weder nützen noch schaden können?" (^ Lo
ft^y^oj ^5 LuM jjoujb, Sur. 21, 67). Als nun Ninirod ihn fragte:
»Wer ist denn der Gott , den du verehrst P" antwortete Abraham :
»Mein Gott ist Der, welcher belebt und tödtet". Darauf sagte
Nimrod: »Auch in meiner Hand ist Leben und Tod" ((^<AJi ^J^y
s:>^5 rftV^. ^^^^ '^^^^Ij i<A^^' l^' ^^^' 2> 260), »ich kann von
zwei zum Tode Verurtheilten den Einen tödten , den Andren tödten
lassen" (ebenso Zamal)6ari und Bai4äwt zur l^oränstelle)". Darauf
sagte Abraham: »Gott lässt die Sonne im Osten aufgehen, lasse
du sie im Westen aufgehen". Da wusste Nimrod Nichts zu er-
wiedern; er berieth sich nun mit seiner Umgebung und sie sag-
93
ten: i Verbrennt ihn und vertheidigt eure Götter!" Derjenige, der
diesen Bath gab — wird hinzugesetzt — war ein Kurde Namens
QiA^; zur Strafe dafür ward er von der Erde verschlungen, und
er bewegt sich in bis zum Tage der Auferstehung (^-o ^3.:^\]L;^^J).
Nimrod befahl nun, Holz und Brennmaterial jeder Art herbeizu-
schaffen, sodass es geschah, dass die eine und die andre Frau
das Gelübde that , so ihr Wunsch erfüllt werde , Holz zum Abra-
hamsfeuer zu liefern (es erinnert das an den Ursprung des sancta
simplicitas bei Huss'ens Yerbrennung). In der That war es ein so
mächtiges Feuer , dass die daran vorbeifliegenden Vögel verbrann-
ten. Als man nun im Begriffe war , Abraham in's Feuer zu wer-
fen, erhoben Himmel und Erde und Alles im Himmel und auf
Erden ein Jammergeschrei und sie sprachen: »0 Herr I Soll Abraham,
der Einzige, der dich anbetet, verbrannt werden? Gestatte uns,
ihn zu erretten!" (In der 21. Abhandlung der lauteren Brüder —
ed. Dieterici , p. ö. , wird — als etwas Bekanntes — erwähnt, dass
als Abraham ins Feuer geworfen wurde, das Kameel in seinem
Munde Wasser herbeibrachte und dasselbe ins Feuer spritzte, um
es zu löschen). Darauf antwortete ihnen Gott: »Wenn er Einen
von euch um Beistand anruft , so mag er ihm helfen , wo nicht ,
so werde ich es thun" (Weil , Biblische Legenden, p. 74, führt eine
ähnliche Talmudstelle, Pesachim, 118^ an, die im Jalkut, f. 20,
§ 77 , mitgetheilt wird). Abraham erhob sein Angesicht gen Himmel
und sprach: »0 Herr, du bist der Einzige im Himmel und der
Einzige auf Erden — Gott genügt mir — er ist der beste Be-
schützer" (J^-^5' j^äJj äU! ^^^jy^^s> dasselbe im Namen des Ibn
^Abb4s bei Zamali^art II, aaa, zu Sur. 21, 67). Darauf erschien ihm
Gabriel und fragte ihn: »Wünschest du Etwas, Abraham?" »Nicht
von dir", erwiderte er. Als er nun im Feuer war , wurde demselben
(vom Himmel) zugerufen: »0 Feuer, werde kalt und wohlthätig
für Abraham" (j^^l^ J»e U^^ by J>y , Sur. 21, 69) ; nach Andren
sagte das Gabriel. Wäre aber nicht das Wort U^^ hinzugefügt
worden , so wäre Abraham vor Kälte gestorben , so kalt wurde
das Feuer (ebenso bei Zamah^art 1. c.) ; auch erloschen an diesem
Tage alle übrigen Feuer , da sie glaubten , dass der Zuruf dem
Feuer überhaupt gelte. Darauf sandte Gott den Engel des Schutzes
94
IM
(oder der Beschattung, J^) in der Gestalt Abraham's; er setzte
sich an seine Seite und leistete ihm Gesellschaft.
Es wird nun ferner erzählt , wie Nimrod , der Alles das yon
einem hohen Thurme aus mit angesehen , nicht nur Abraham frei
liess, sondern auch dem Gotte Abraham's 4000 Binder opferte.
Dass nun Nimrod es ist, der Abraham ins Feuer werfen Hess
und er überhaupt der Bepräsentant des Götzendienstes sowie der
despotischen Tyrannei ist, wie denu sein Käme ebenso wie der
des Pharao (^«^yy) 9 bei den Arabern appellatiyisch gebraucht wird ,
und der Plural »J.U gottlose und tyrannische Herrscher bezeich-
net, dazu gibt die biblische Erzählung durchaus keine Veranlas-
sung, allein es liegt im Wesen der sagenhaften Ausschmückung
alles zu indiyidualisiren und — abgesehen dayon, dass yielleicht
fremde Nimrodsagen dabei mit yon Einfluss waren — bei T^QJ
trat das Etymon ^^Q, sich empören, noch hinzu, wie es auch
bei Ibn el-Attr (p. /s\) mit ähnlichem Anklänge heisst : »Wir kehren
nun zu Nimrod , dem Feinde Gottes . . . und seiner Empörung gegen
Gott zurück" (^\jü idl» ^^ »oj^-j . . . Ojy *lill 3 Afi ^ ^^J» ^Ji\ C^y^)'
Auch in dem darauf folgenden Satze (jr».^^ ^J Xji:>- J5I ^1^^ wird
das ^^2^ j Gen., 1 0, 8. 9, in malam partem aufgefasst. Dazu gesellt
sich noch die Yorliebe für gegensätzliche Gruppirung , und so ist
Nimrod der Antagonist Abraham's.
Bei Jaktibt (p. )*«^ wird erzählt, dass Nimrod das Feuer an^
betete, als er nämlich das aus der Erde heryorbrechende Feuer
sah (ebenso bei Eutychius , 1 , 65 ; wahrscheinlich die Naphthha-
quellen). Aus diesem Feuer sprach Satan zu ihm, und er liess
an dieser Stelle einen Feuertempel errichten. Damals fingen die
Menschen an , sich mit Sternkunde («^:^uJt Jlc) zu beschäftigen.
Derjeuige aber , der Nimrod in diesen Dingen unterrichtete , hiess
vJlLiAj. Ferner wird erzählt , dass auch der Yater Abraham's, Thärich
oder Azar (Letzteres ist bekanntlich sein Name im !Kor4n) , zu
Nimrod's Umgebung gehörte , und dass die Sternseher dem Nimrod
yerkündeten, dass unter seiner Begierung ein Knabe zur Welt
kommen werde, der dereinst seine Götzenbilder zerhämmem und
seinen Glauben y erhöhnen werde , worauf Nimrod den Befehl gab ,
alle Neugebornen zu tödten. Als hierauf Abraham in Ktti (Ij^
95
L al. L ^yS) geboren ward, yerbarg ihn seine Matter in einer
Höhle. Es wird hierauf unter Anführung des Gotteswortes (L4/
9jj^ KÜ^ (jSid) j d. h. des ]^or4n (6, 76) , erzählt , wie Abraham , als
er die Höhle yerliess , zuerst die EUmmelskörper göttlich verehren
wollte , dass aber ihr Untergehen ihn auf den rechten Weg führte,
und (unter Anführung von Sur. 37, 93), wie er sein Volk ermahnte ,
wie aber Nimrod (Xj^ O^y nach der gewöhnlichen Benennung)
ihn vermittelst einer Wurfmaschine (/ÄaJL^U^) ins Feuer werfen
liess, dasselbe aber auf Gottes Geheiss erkaltete.
Bei Lagarde (Materialien &c., p. 96) wird im Namen der sy-
rischen Autoren Ephräm Syrus und Ihn Batrtk (Eutychius) erzählt ,
dass Nimrod — im 15. Jahr seiner Begierung — sah, wie die
Strahlen der Sonne, als sie aus dem Meere emporstieg, roth wie
Feuer erglänzten ; er hielt nun das Feuer für den Schöpfer der
Sonne, und zur Stunde betete er das Feuer an und errichtete für
dasselbe einen Altar, und von damals her datirt der Gebrauch der
Magier, das Feuer anzubeten. Es war aber ein Mann Namens
i4f^ ^t ^L&^t, den Nimrod (als Priester) einsetzte; aus dem
Feuer heraus sprach aber der Satan und sagte : »Wer mich anbetet ,
der muss seiner Mutter, seiner Schwester, seiner Tochter bei-
wohnen." Das that nun auch Indschän, und die Magier folgten seinem
Beispiele (dasselbe findet sich auch bei Eutychius, Ann., 1 , 62. 64).
Es wird nun ferner erzählt , wie Gott den Abraham zu Nimrod
sandte , um ihn zu ermahnen , wie dieser ihn aber vermittelst
einer Wurfmaschine in's Feuer schleudern liess. Alsbald erlosch
das Feuer, der Götzentempel stürzte ein, der von Nimrod ange-
legte Garten ward von der Erde verschlungen , es fiel Feuer vom
Himmel herab, das den Nimrod, seine Kinder und sein ganzes
Haus verzehrte. Er war es gewesen, der sich zuerst gegen Gott
empörte und auflehnte und sich selbst für einen Gott erklärte;
darum liess ihn Gott mitsammt seinen Kindern untergehen und
vertilgte sein Andenken von der Erde ({jayi\ »*>-^ q«, nach
biblischen Ausdrucke nÖnNH ^JD ^VD)* ^^^ Nimrod durch einen
vom Himmel fallenden Feuerstrahl getödtet wurde, auch von Abü'l-
Fara^ (Hist. dyn., p. 18) und andren Autoren erwähnt (et Fa-
bricius 1. c, I, 299; Bemhardi zu Suidas s. v. ZupoitTTpii^).
96
Bei Lagarde (p. 97) wird nun ferner zur Erklärung der Stelle
Gen., 11, 28, »Und Haran starb vor dem Angesichte seines Vaters
Therah im Lande der Chaldäer" (^^IJdJßt [jdJ^ ^) im Namen
des Ephräm Syrus erzählt, dass Abraham in einer Nacht den
Götzentempel in Brand gesteckt hatte und dass mit den übrigen
Götzendienern auch Haran herbeieilte, um den Brand zu löschen,
hierbei aber das Leben verlor , da er in das Feuer stürzte , was
sein Vater mit ansah. Dieselbe Erzählung findet sich nun auch
in den Schriften des Ephräm Syrus (Opp. 1 , 156) , im Buche der
Jubiläen (Ewald's Jahrbücher, III, p. 3), bei Syncellus (ed. Bonn,
I, 178. 184) und Anderen. Im Midrasch zu Gen., 11, 28 (Ber. R.,
S. 38) wird hingegen das ^TTÖyO pND ION TH^ ^JD b)J
D*^nti^ID *mND dahin gedeutet , dass Haran sich erst dann als An-
hänger Abraham's erklärte, als dieser unversehrt aus dem Feuer her-
vorging, und dass er, als man darauf ihn ins Feuer warf, verbrannte.
Wiederum entsprechend der Tendenz zur Individualisirnng und
Identifizirung und so Alles auf bekannte Persönlichkeiten zurück-
zuführen, wird auch der Thurmbau von Babel — was ja auch
eine revolutionäre Handlung war — mit Nimrod als dem eigent-
lichen Urheber desselben in Verbindung gebracht, wozu denn das
Vorkommen der Ortsnamen ^^^ und "^y^Ji^ sowohl Gen., 10, 10
wie auch 11, 2. 9, einen besondren Anhaltspunkt bot, und so wird
in den jüdischen Schriften ebenso wie in den arabischen und sy-
rischen Nimrod mit dem Bau des Thurmes in Verbindung gebracht.
Die Erinnrung hieran hat sich in dem Namen Birs Nimrud er-
halten, denn wie Oppert (ZDMG., VII, 406) sagt: »Der Nimrud
darf nicht Wunder nehmen ; er hat Alles gethan , ist an Allem
Schuld". Ganz eigenthümlich ist übrigens die Erzählung vom Thurm-
bau im D Bienenbuch" (Text , p. 40). Hier heisst es nämlich , dass ,
als der Thurm eine gewisse Höhe erreicht hatte, die Erbauer
desselben beschlossen , rings um denselben noch 72 andre Städte ,
jede mit einem besondren Oberhaupte , zu erbauen. Gott aber sah ,
wie sie sich bei dem Baue abmühten und anstrengten, und hatte
Mitleid mit ihnen, und desshalb wurden aus der Einen Sprache,
der syrischen, plötzlich 72 Sprachen, so dass Einer den Andren
nicht verstand. Sie zerstreuten sich also auf der ganzen Erde , und
97
diejenigen , die Eine Sprache redeten , vereinigten sich zur Grün-
dung neuer Städte.
Nach Abü'1-Fara^ (p. 18) schickte Qtoti einen gewaltigen Sturm-
wind j der den Thurm (^y^O umstürzte , bei welcher Gelegenheit
Nimrod den Tod fand.
Bei Ihn el-Attr (p. \t fg,) wird erzählt, dass Nimrod dem
Abraham befohlen habe , das Land zu verlassen und dass er schwur ,
den Gott Abraham's aufzusuchen. Kach einem vergeblichen Yer-
suche , vermittelst eines mit vier jungen Adlern bespannten Wagens
(o^Lj) in den Himmel zu gelangen (of. Weil, bibl. Legenden,
p. 77 fg.) , liess er einen sehr hohen Thurm bauen , um auf diese
Weise seinen Zweck zu erreichen. Gott aber liess denselben nieder-
stürzen , und in Folge des Schreckens hierüber entstand eine Yer-
wirrung der Sprachen , so zwar , dass während die Menschen früher
nur Eine Sprache — die syrische — redeten, jetzt 73 Sprachen
existirten. Es wird hierauf nach einem andren Gewährsmanne er-
zählt, dass Gott — nach Abraham — vier Mal einen Engel an
Nimrod sandte, um ihn zu ermahnen. Nimrod aber sagte: »Gibt
es einen Gott ausser mir?'' Darauf sagte der Engel: d Versammle
dein Heer binnen dreier Tage", was Nimrod auch that. Alsbald
sandte Gott ein Heer von Mücken , die mit ihrer Menge die Sonne
verfinsterten und alle Eriegsleute verzehrten, sodass nur die
Knochen übrig blieben. Darauf schickte Gott noch eine Mücke,
die in I^imrod's Nase hinauf kroch, woselbst sie — wie Einige
sagen , 40 Jahre lang — blieb und an seinem Gehirne nagte.
Nimrod schlug sich mit einem Hammer an seinen Kopf, oder auch
die Leute , die Mitleid mit ihm hatten , schlugen mit ihren Hän-
den auf seinen Kopf (um seine Qual zu mildem). Nachdem er
400 Jahre lang regiert hatte , todtete ihn Gott. Er war auch der
Erbauer des Thurmes. .
Ganz ähnlich ist übrigens das , was Ihn el-Atir an einer andren
Stelle (I, )/va) von Nebukadnezar erzählt. Nach einer Erzählung,
wonach Nebukadnezar in Folge eines von ihm selbst gegebnen
Befehls (der die Tödtung DanieVs bezweckte) den Tod fand, heisst
es : 9 Andre geben eine andre Ursache seines Todes an , dass nämlioh
Gott eine Mücke sandte, die in seine Nase kroch und dann in
13
98
seinen Kopf stieg, so wie nicht ruhte und nicht rastete, bis sie
ihn zernagt hatte. Als er dem Tode nahe war, sagte er zu den
Leuten seiner Umgebung: Spaltet meinen Kopf und sehet nach,
was das war, das mich getodtet hat. Als man nun nach seinem
Tode dieses that, fand man die Mücke in seinem Gehirn. Das
that Gott, um den Menschen seine Macht und Herrschaft, sowie
die Schwäche des übermüthigen Nimrod zu zeigen , den Gott durch
das kleinste seiner Geschöpfe tödtete. Gepriesen sei Er , in dessen
Hand die Herrschaft über Alles ist; er thut, was er will und spricht
das Urtheil, wie es ihm gefällf\
Auch in der 21. Abhandlung der lauteren Brüder (ed. Dieterici,
p. f l**» , lt*t*^ wird die Mücke , welche Nimrod tödtete , als Beispiel
dafür angeführt , wie Gott den übermüthigen Menschen seine All-
macht kund gibt und ihnen zugleich die Nichtigkeit ihrer Uber-
hebung darthut.
Eine Analogie zu dem hier Erwähnten bietet (wie ich das oben
erwähnt habe) das, was in den jüdischen Schriften Yon Titus
erzählt wird. Im Midrasch (Bereschith B., S. 10)heisstes: ^Auch
anscheinend überflüssige und unnütze Geschöpfe dienen als Yoll-
strecker des göttlichen Willens, so die Schlange, der Frosch,
die Mücke'\ Es wird hierauf unter Andrem ausführlich erzählt, wie
Titus, nachdem er in frecher Weise das Allerheiligste im Tempel
entweiht und Gott gelästert hatte, auf See ging. Als sich ein
Sturm erhob, sagte er: i»Es scheint, der Gott der Juden ist nur
mächtig auf dem Wasser*'. Da rief ihm eine Himmelstimme zu :
»O du Gottloser, das kleinste unter den Geschöpfen, die ich er-
schaffen, wird dir nach deinen Handlungen vergelten". Alsbald befahl
Gott dem Meeresfürsten (Q'i ^^ "H^) > ^*ss er den Sturm auf-
hören lasse; auf dessen Quos ego hin ward das Meer ruhig. Als
Titus nun wieder in Bom war, wo ihm alle Grossen huldigten,
kroch ihm, als er aus einem Becher Wein trank, eine Mücke in
die Nase und von da in sein Gehirn und nagte an demselben.
Yor seinem Tode befahl er , seinen Kopf zu spalten , um zu sehen ,
womit der Gott der Juden sich an ihm gerächt hatte. Als die
Aerzto das gethan hatten, fand man die Mücke, die so gross
geworden war wie eine Taube und zwei Pfund wog.
99
Diese an mehreren Midraschstellen (Aboth d. B. Nathan, ed,
Schechter, 10^ fg. ; M. Tanchuma zu Num. 19, 2, ed. Buber, 50», und
an andren von Buber und Schechter angeführten Stellen) vorkom-
mende Erzählung wird — in etwas rerschiedner Form — auch im Tal-
mud (Gittin, 56^) erzählt. Hier heisst es unter Andrem, dass Titus den
Vorhang des Allerheiligsten im Tempel mit seinem Schwerte durch-
bohrte und als (durch ein Wunder) Blut aus demselben floss (oder
siekerte t^3Jf30) , glaubte Titus den Gott der Juden getödtet zu
haben. Darauf legte er alle Tempelgefasse auf den Yorhang , rollte
diesen zusammen und begab sich damit zu Schiffe, um in seiner
Stadt sich seines Sieges zu rühmen. (Bekanntlich figuriren. mehrere
Tempelgefasse auf den Triumphbogen des Titus.) Wie an den bereits
angeführten Stellen fordert auch hier , während eines Seesturmes ,
Titus den Gott der Juden zu einem Kampfe zu Land heraus,
worauf die Himmelsstimme ihn zu einem Kampfe gegen das kleinste
Landgeschöpf , die Mücke , herausfordert. Kaum hatte er das Land
betreten, als ihm auch in der That eine Mücke in die Nase kroch
und sieben Jahre lang an seinem Gehirne nagte. Es wird nun
femer erzählt , er sei einst an einer Schmiedewerkstätte vorüber-
gegangen , und da habe die Mücke geruht ; darauf habe er sich
jeden Tag einen Schmied kommen lassen , der vor ihm hämmerte.
Dieses Mittel bewährte sich aber nur 30 Tage lang; von da an
war die Mücke das Hämmern schon gewohnt und kümmerte sich
nicht weiter darum.
Der Talmud hat eine besonder Yorliebe für numerische Grup-
pirungen; mehrere derselben kommen im 5. Capitel der Pirke
Aboth vor. Um nun die Frömmigkeit und Gottergebenheit Abra-
ham's anschaulich zu machen , wird gesagt , dass er zehn Prüfungen
zu bestehen hatte, und zwar im Allgemeinen ohne nähere An-
gaben darüber. Im Buche der Jubiläen (1. c, III , p. 13. 15. 80)
werden einzelne dieser Prüfungen namhaft gemacht und die Be-
erdigung Sarah's als die zehnte genannt. Alle zehn werden von
Maimonides und Bertinoro in den Commentaren zur erwähnten
Mischnahstelle aufgezählt, wie ebenso in den Aboth d. B. Nathan,
ed. Schechter, 47^, und in den Pirke E. Elieser , c. 26—31 (in
welchen beiden Schriften auch sonst vielfach numerische Gruppi-
100
rangen Yorkommen) , wälche letztere Stellen bei Fabricius (1. c,
I, 398) mitgetheilt werden. Diese Aufzählungen yariiren aber in
einzelnen Angaben. Auch Ephräm Syrus (Opp., I, 172, und bei
Lagarde , 1. c., p. 133) zählt die zehn Yersuchungen des Abraham
der Beihe nach auf, welche Aufzählung am Meisten noch mit der
in den Pirke B. Eliezer übereinstimmt.
Auch im ]S!or&n (Sur. 2, 118) heisst es, dass Gott Abraham
geprüft habe, was aber you Bai4&wi z. St. (I, a)*, 16 fg.) auf
(zehn) Beligionsgebräuche bezogen wird (cf. ZDMG«, YI, 58,
Note 1). Überhaupt aber tritt bei den Arabern das, was Abraham
zu erleiden hatte, durchaus in den Hintergrund in Vergleichung
mit dem, was er that und was er war. Nach Mohammad (oder
auch vor Mohammad) ist Abraham die wichtigste Person ; Abraham
war der erste Moslim. Mohammad ist nämlich fortwährend bemüht
nachzuweisen, dass der lBld,m durchaus keine neue Beligion sei,
dass er vielmehr mit der Thora und dem Eyangelium überein-»
stimme, eine Fortsetzung derselben sei.
Zu dieser Identifizirung des Isld,m mit dem Mosaismus gehört
der von späteren arabischen Autoren gegebne Nachweis, dass
Mohammad in der Bibel erwähnt wird. Zunächst is es die Stelle
Deut., 33, 2 , die in diesem Sinne gedeatet wird. In den jüdischen
Schriften (Jalkut, Deut., § 951, fol. 310»»^, nach Sifri und M.
Tanchuma, of. M. Tanchuma zu Deut., 33, 2, ed. Buber, p. 54)
werden die an dieser Stelle vorkommenden geographischen Benen-
nungen ^J'iQ , "T^y^ ) l'HND ' *^^ Israel , Edom und Ismael be-
zogen und dahin gedeutet, dass Gott auch den beiden andren
Yölkern die Thora geben wollte, diese aber sie nicht annehmeü
wollten, oder auch dahin, dass die Thora gleichzeitig auch in
der Sprache Edom's (Bom^s) und IsmaePs offenbart worden sei , wie
auch in der aramäischen Sprache. |*nND ^^^^ ^^^ Ismael bezogen
mit Hinweis auf die Stelle : »Er wohnte in der Wüste l'HJ^O", Gen.,
21, 21. Dieselbe Pentaieuchstelle wird nun auch von den arabischen
Autoren in ähnlichem Sinne gedeutet. Nachdem z. B. Abü'l-Farag
(Bist, dyn., p, 161) die Meinung der Araber angeführt, dass Mo-
hammad von Ismael herstamme , führt er ferner (p. 165) die Meinung
der islamischen Gelehrten an, dass derselbe schon in der Thora
101 ■' • : .
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(an der erwähnten Stelle , Deut., 33, 2) erwähnt und auch Ps., 50, 2,
und Joh., 16, 7, vorherverkündet werde (cf. Pococke, Specimen hißt.
Arab. , p. 6. 14 , und die Noten , p. 174. 188). Dieselbe Deutung
der Pentateachs teile findet sich auch bei andren Autoren , bei Sah-
rastS.ni (ed. Cureton , p. \Xö , iH) , welchen Autor auch Pococke an-
anführt, bei Jaküt s. v. qI^U (III, At*^f ) , Dimi^kl (ed. Mehren,
p. y\y) und Btrünl (ed. Sachau, p. II, Z. 15 fg.). Sowie nun Mo-
hammad der Letzte der Propheten ist (d. h. mit Bezug auf seine
Sendung; der Existenz nach war er der Erste der Propheten;
cf. Pococke, 1. c., p. 173), so ist nicht Moses, sondern Abraham
der Erste der Propheten , der eigentliche Verkünder und Vorläufer
Mohammad's , und so wird denn die Beligion Abraham's , Diu Ibr4-
htm (aj^U^ XLe) , mehrfach im i^orän erwähnt , wie Sur* 2, 124 ;
16, 124 ; 22, 77. Zu ersterer Stelle , an welcher es heisst, Abraham
sei kein Götzendiener (Polytheist, ^^Jm ^J^ ^Ji Uj) gewesen,
bemerken ZamaMarl (I, vöö) und Bai4£i.wi (I, öt**!), dass die Korei-
schiten behaupteten, dass sie der Religion ihres Vaters Abraham
angehörten; an der zweiten Stelle sagt Mohammad, die Beligion
der Gläubigen, seiner Anhänger, sei die Religion ihres Vaters
Abraham. Zu Sar. 3, 22 , woselbst es heisst , dass das Buch Gottes
hätte entscheiden sollen, ob die »Besitzer der Schrift" im Rechte
seien, dass sie aber von dieser EntscheiduDg nichts wissen woll-
ten — zu dieser Stelle bemerken beide Erklärer (1 , 11^ und I, tf 1) ,
es beziehe sich das darauf, dass Mohammad einst in eine Schule
i{j**j>^) der Juden eingetreten sei; als man ihn fragte, welcher
Religion er angehöre, antwortete er: »Der Religion Abraham's"
(^^^j^^ cß"^ ^}^) ' ^^^ sagten , Abraham sei ein Jude gewesen ,
worauf Mohammad sagte, sie sollten zur Entscheidung die Thora
herbeibringen, was sie aber nicht wollten.
Abraham steht schon als -Nomade und Beduine in einem ge-
wissen wahlverwandtschaftlichen Verhältniss zu den Arabern, und
er kann so auch ihr Vater genannt werden — namentlich nach
der umfassenden Bedeutung des Wortes v.^i , |[)^ in den semitischen
Sprachen. Noch entschiedner , d. h. Verwandtschaft im eigentlichen
Sinne des Wortes, ist das Verhältniss zu Ismael, der als Stamm-
vater der Araber betrachtet wird. Der Zusammenhang des Isl4m
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102
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mit dem Din Ibrahim gibt sich aber namentlich darin knnd , dass
Abraham und Ismael als Erbauer (oder Neubegründer) der Eaba
dargestellt^ werden. Mekka, das alte Nationalheiligthum und zu-
gleich der Centralpunkt der verschiednen arabischen Stämme , bildet
so zugleich die Vereinigung ^wischen dem Islam und dem Dln
Ibrahim, zwischen Abraham und Mohammad, nur dass Letzterer
die der Eaba anhaftenden heidnischen Elemente entfernte , um den
Din Ibrahim in seiner ursprünglichen Eeinheit herzustellen, übrigens
hatten die Araber — wie Erehl bemerkt (Das Leben des Moham-
med , p. 97. 367) — schon in der vorislamischen Zeit eine Kunde
Yon Abraham, mit welchem sie den Bau der Eaba und die dabei
vorkommenden Ceremonien in Verbindung brachten ; die "Wallfahrt
nach Mekka , dieses fundamentale Beligionsgesetz des Islä,m, war
also zugleich eine Amalgamirung der »Zeit der Unwissenheit"
(jüJL^Lil) mit dem Islam , welcher letztere dadurch als autochthon-
nationale Beligion erscheint.
Aber auch Abraham's Frau Sarah tritt in den Hintergrund vor
ihrer Magd Hagar , so wie Ismael die Stelle Isaak's einnimmt.
In den jüdischen Schriften (Bereschith B., S. 45 ; Baschi und jerus.
Targum zu Gen., 16,1; Pirke B. Eliezer, c. 26) heisst es, dass
Pharao nach dem Ereignisse mit Sarah (Qen. , 12 , 14 fg.) der-
selben seine eigne Tochter zum Geschenk gemacht habe , damit
sie ihr diene. Bei Abü'1-Fara^ (Hist. dyn,, p. 21) und im »Bienen-
buch" (p. 41) wird ebenfalls erzählt, dass Pharao Hagar als Ge-
schenk der Sarah übergab ; ebenso bei Abü'1-Fida (l. c. p. 22) ,
bei Letzterem mit dem Zusätze, Hagar sei eine Dienerin (^ü L:>)
Pharao's gewesen. Bei Tabari (I, ri\) und Ibn el-Atir (I, vV)
wird ebenfalls — wie in den jüdischen Schriften sagenhaft aus-
geschmückt — die Geschichte von Pharaoh und Sarah erzählt ^
wie Abraham Letztere für seine Schwester ausgab (was auch eigent-
lich wahr gewesen sei , da sie seine Schwester im Islam — gleich,
sam Glaubensschwester — war) und wie schliesslich Pharao die
Hagar , die eine koptische Sklavin war , der Sarah zum Geschenke
machte ; zugleich wird im Namen des Abu Horeira ein Ausspruch
des Propheten angeführt, wonach derselbe mit Bezug auf Hagar
gesagt habe: »Und dast ist eure Mutter, o ihr Söhne des himm-
103
lischen Wassers!" (des Begens — eine auch sonst Yorkommendo
Bezeichnung der Araber.)
Flüchtig anknüpfend an die biblische Erzählung Yon der Ver-
«tossung Hagar^s (Gen., 21, 9 fg.) hat sich bei den Arabern ein
eigner Sagenkreis gebildet, der sich — zugleich mit vielfacher
Beziehung auf Mekka und das heilige Haus — um Hagar , Ismael
und Abraham gruppirt, und der durchaus selbständig und unab-
hängig von den jüdischen Erzählungen ist, mit welchen diese
Sagen sogar öfter im Widerspruche sind.
Eine Hauptstelle für die wichtige Rolle Abraham's im Isl&m
ist Sur. 2, 118 — 126. Hier sagt Gott zu Abraham, er habe ihn
zum Imd,m erkoren , d. h. zum Yorbild für Andre , die in seinen
Wegen wandeln sollen, und dass das Haus — das Haus x^r*
i^oxiiv, die Kaba, wie die Erklärer z. St. bemerken — ein Ort
der Yereinigung und ein Asyl , und der Makäm IbrS.htm ein Betört
sein solle. Unter dem Makäm Ibrähtm ist , wie ZamaljiSart (I , Ut^
und Bai4d,wt (I, aI*^) bemerken, nach einer Meinung der Stein
gemeint , auf dem Abraham stand , als er die Eaba baute oder als
er die Leute zur Wallfahrt aufforderte , und auf welchem die Spur
seines Fusses sichtbar ist ; nach Andren ist darunter das Gebiet der
Eaba, das IJardm, zu yerstehen ; Andre wiederum geben andre
Erklärungen. Ferner wird (Ys. 121 fg.) erwähnt, wie auf Gottes
Geheiss Abraham und Ismael den Grundstein des Hauses legten
und zu Gott beteten , er solle auch ihre Nachkommen zu Muslims
machen und aus denselben Einen senden, der sie im Buche (im
?!orän) und in der rechten Lehre unterweise und sie (von der
Abgötterei) reinige. Dieser Eine ist natürlich — wie Zamah^ari
und Bai4ä>wt z. St. bemerken (I, Uö und Ij ^f) — Mohammad,
der von sich selbst sagte : »Mich hat mein Yater Abraham erfleht
und mein Bruder Jesus verkündigt".
In der »die Wallfahrt" (^^) genannten (22.) Sure heisst es
(Ys. 27 fg.) , dass Gott dem Abraham den Ort des heiligen Hauses
zum Aufenthalt anwies — wie Zamahsart (II, If) und Bai4«twt
(I, It**!) z. St. bemerken, war das ursprüngliche Haus bei der
Sintfluth in den Himmel entrückt worden , und Gott Hess nun durch
einen Geist Abraham wissen , wo dasselbe gestanden , um dort das
104
neue Hacw zu gründen — und ihm befahl, die Menschen zur Wall-
fahrt nach Mekka aufzufordern. Beide Erklärer führen hierzu als
Tradition an ((^v) , Abraham habe , auf diesen Befehl hin , den
Berg Abu Eobeis (bei Mekka) erstiegen und habe ausgerufen :
»O ihr Leute , wallfahrt nach dem Hause eures Herrn I" und dass
dieser Ruf von allen Menschen im Osten und im Westen gehört
worden sei, auch von denen, die noch im Mutterleib waren.
Die biblische Erzählung von Hagar und Ismael (Gen., 21, 14)
wird von den arabischen Autoren dramatisch-poetisch ausge-
schmückt , so zwar , dass sich die Perspective auf die spätere welt-
beherrschende Macht der Araber eröffnet; statt des Q*1N( (^IS)
dessen Hand gegen Alle wie die Hand Aller gegen ihn (Gen. 16,
12) , statt des einfachen Wüstenbewohners und Bogenschützen
(21, 20) sieht man ein kriegerisches Yolk, das den Glaubenssatz
s\i\ JLm. ^\4>^^ »SJi\ '^^ ifi\ '^ bis in die fernsten Länder trägt und
ihm mit dem Schwerte Eingang verschafft. Insofern erinnert die
arabische Sage an die biblische Yerheissung: sich werde Ismael
zu einem grossen Volke machen*' (Gen., 17, 20 ; 21, 18).
An einer andren !^ord,n8telle (Sur. 14, 38 — 42) wird ein Gebet
Abraham's erwähnt , in dem der Satz vorkommt (Ys. 40) : )»0 Herr ,
ich habe Einigen aus meiner Familie ein unfruchtbares Thal zum
Wohnort angewiesen , nahe deinem heiligen Haase , damit sie dem
Gebete obliegen ; gieb , o Herr , dass die Herzen der Menschen
ihnen geneigt seien I" Hierzu gibt Bai(|d,wt (I , f it*^ die Erklärung,
dass hier das steinige und unfruchtbare Thal von Mekka gemeint
sei. Als nämlich Sarah ihre Sklavin Hagar dem Abraham gegeben
hatte und diese den Ismael gebar , beneidete Sarah sie und beschwor
Abraham, Hagar mit ihrem Sohne fortzuschicken; er schickte sie
nach dem Lande von Mekka; Gott Hess allda die Quelle Zemzem
entspringen. Als die Gorhomiten sahen, dass die Yögel dorthin
flogen , sagten sie : »Nur da, wo Wasser ist , sind Yögel"; sie gingen
also hin , und als sie die Quelle sahen , sagten sie zu Hitgar : »Lass
uns Theil haben an deinem Wasser, und du sollst Theil haben
an unsrer Milch", welchen Yorschlag sie auch annahm*
Bei AbüU-Fidd, (Hist. anteisl. , p. 26) wird erzählt : »Nachdem
Sarah den Isaak geboren hatte, empfand sie Neid gegen Hagar
105
und sagte wiederholt zu ihrem Manne : » Schicke Ismael und seine
Matter fort, denn der Sohn der Sklavin soll nicht mit meinem
Sohne erben" (cf. Gen., 21, 10). Endlich brachte sie Abraham dahin,
.dass er Ismael und seine Mutter nach Mekka brachte. In der
Nähe wohnten die G-orhomiden, die mit Ismael einen Freund-
schaftsbund schlössen ; er nahm aus ihnen eine Frau , die ihm 12
Söhne gebar (cf. Gen. 17, 20). Dasselbe erwähnt Abd'l-Fid4 an
einer andren Stelle (p. 190 fg.) zur Erklärung des Ursprunges der
Benennung «die eingebürgerten Araber". Hier wird hinzugefügt, dass
Gott zu Abraham gesagt habe , er solle der Sarah gehorchen und
dass Er für Ismael sorgen werde, dass Abraham hierauf Kagar
und Ismael nach Mekka führte, wobei die oben erwähnte ]^ord,n-
stelle (14, 40) angeführt wird. Zugleich wird erzählt , dass Ismael
eine Frau aus dem Stamme der Gorhomiden nahm, aus welcher
Verbindung die i> eingebürgerten Araber", die Araber fremden
Ursprunges — jü^üCmmJ! vyti^ — herstammen , da Ismael , der nur
Hebräisch sprach, sich in Sitte und Sprache arabisirte.
Unter Anführung derselben Korinstelle (14, 40) wird bei f^bari
(I , Tvi , Xt^) und Ibn el-Atir (I , vl*^ — bei Ersterem wie gewöhnlich
nach yarriirenden Traditionen und Yersionen — erzählt, dass
nachdem Sarah die Hagar nicht in ihrer Nähe dulden wollte,
Gott zu Abraham sagte , dass er sie mit ihrem Sohne nach Mekka
bringen solle , woselbst damals noch keine Vegetation war (so bei
Ibn el-Attr c^-^i «Ajyoy. L^ tT^^) hei Tabari i^kein Haus",
c>ua). Abraham führte sie also nach Mekka , an eine Stelle unweit
der (jetzigen) Quelle Zemzem. Da sprach Hagar zu ihm: )» Wer hat
dir befohlen, o Abraham, dass da uns in einem Lande zurück-
lassen sollst, in dem weder Acker noch Vieh {f-fo ^^ c .; "bi) ,
kein Wasser, keine Nahrung und kein Freund ist?" Abraham sagte:
»Gott hat es mir befohlen", worauf Hagar: »Er wird uns nicht
yerlassen und uns nahe sein". Es ist das also die nähere Erklärung
von Sur. 14, 40 , welche Stelle — gewissermassen als Text — •
hier wiederholt wird. Es wird hierauf ferner erzählt, wie Ismael
Durst empfand und mit dem Fusse auf den Boden stampfte. Hagar
entfernte sich und erstieg den Berg Safä , um zu sehen , ob sie
dort Etwas (eine Quelle oder einen Menschen) fände ; da sie Nichts
• 14
106
fand , kehrte sie zurück ; hierauf ging sie nach Merwa , wo sie sich
wiederum nach allen Seiten hin umsah und wiederum yergeblich.
Das that sie sieben Mal und dieses ist der Ursprung des i» Laufes"
(^juyjt, das siebenmalige Hin- und Herlaufen yon Saf4 nach Merwa^
eine der Wallfahrtsceremonien). Als sie zuletzt zu Ismael zurück-
kehrte , war an der Stelle , wo er mit dem Fusse auf den Boden
gestampft hatte, eine Quelle entsprungen — die Quelle Zemzem.
Es wird nun — ebenso wie bei Bai4äwi — erzählt , wie die Gorho-
miden dorthin kamen und wie Ismael nach dem Tode seines Mutter
eine Frau aus ihrem Stamme nahm und die arabische Sprache er-
lernte , und dass seine Nachkommen die arabisirten Araber — V;^^
Ä^jSüuJl — seien, (Cf. Pocock, 1. c, p. 39. 156. 480, an welcher
letzteren Stelle die oben aus Abü'1-Fidd. angeführte mitgetheilt wird.)
Dieselbe Erzählung findet sich — mit einigen Einzelheiten , wie
z. B., dass Hagar zu Ismael zurückkehrte , als sie das Gebrüll
wilder Thiere hörte — auch bei i^azwtnt (I , \11 , s. v. *j^; j*S) ;
J^azwtnt hat sie aber wahrscheinlich dem Jakdt entnommen , (II,
1f t , s. Y. *j^;) , woselbst sie ebenso Yorkommt , indem zugleich
bemerkt wird, dieses Hin- und Herlaufen der Hagar sei der Ursprung
des Laufes (^(AaJ!) zwischen Safä und Merwa. Dieselbe Erzählung
findet sich aber auch — mit einigen Yarianten — bei Bo^&rt (ed.
Krehl, II, l**fy fg.), und zwar abermals mit Bezug auf Sur. 14, 40.
Bei T*^*r^ ^^^ I^^ ol-Attr wird ferner eine Überlieferung erwähnt ^
wonach der Engel Gabriel den Quell Zemzem herYorsprudelh Hess ;
nachdem er die umherirrende Hagar zurückgeführt hatte, stampfte er
nämlich mit dem Fusse auf die Erde , worauf die Quelle entsprang i).
Bei Ja^]fe:übt, welcher (p. rt* fg.) die Stelle Sur. 14, 40, in der-
selben Weise wie die angeführten Autoren paraphrasirt und de-
taillirt, wird erzählt, dass als Ismael dürstete, Hagar fortging,
um eine Quelle zu suchen, und auch den Berg Saf4 erstieg. Als
sie hier einen Vogel sah , der zur Erde niederflog , ' kehrte sie
zurück, und sie sah nun, wie der Yogel mit seinem Fusse die
Erde aufscharrte, aus der hierauf Wasser herYorsprang. Sie um-
1) Auch Ibn Ezra zu Gen., 16, 14, erwähnt den Brunnen DIDT- (DIDT ^^ ^^^
Druckfehler )
107
gab dasselbe mit einem kleinen Damm , damit es nicht fortfliesse —
und das ist die Quelle Zemzem.
Bei all den erwähnten Autoren, wie auch bei Mas'üdt, bei
dem (III, 91) sich dieselbe Sage findet, folgt auf die Erzählung
von der Entstehung des Zemzem und von IsmaePs Yerheirathung
die gemüthliche Erzählung , wie Abraham den Ismael besuchte
oder vielmehr besuchen wollte.
Abraham — so wird erzählt — bat Sarah um Erlaubniss , Ismael
zu besuchen (nach der Meinung Einiger lebte Hagar damals nicht
mehr) ; sie gestattete es ihm , aber unter der Bedingung , dass er
nicht absteige (nach Einigen ritt er auf dem Wunderpferde Borak,
nach Andren auf einer Eselin, wieder nach Andren war es ein
andres Beitthier). Als er nun bei IsmaePs Wohnung ankam , traf
er nur dessen Frau (Mas'üdt gibt auch ihren Namen an). Er-
grüsste sie, sie erwiederte aber den Gruss nicht; es fragte sie
nach ihrem Manne , sie sagte , er sei auf die . Jagd gegangen.
Darauf fragte er sie, ob er in ihrem Hause gastliche Aufnahme
finden könne. »Nein, bei Gottl" erwiederte sie. Abraham sagte hier-
auf zu ihr : »Wenn dein Mann nach Hause kommt , so grüsse ihn von
mir (j»XMJt xJLfi (^'^tJ»!) und bemerke, ich liesse ihm sagen, er solle die
Schwelle (X^ää) seines Hauses mit einer andren vertauschen". Darauf
entfernte er sich. Als nun Ismael zurückkehrte, merkte er, dass
Jemand da gewesen (nach Mas'üdt erglänzte das Thal wie im
Schein der Morgenröthe) , und er befragte seine Frau desshalb.
Sie sagte , es sei ein alter Mann da gewesen , der so und so aus-
gesehen , und zwar sagte sie das leichthin , in geringschätzender
Weise. Da fragte Ismael : »Und was hat er gesprochen ?" Sie sagte
ihm das, was ihr Abraham zu sagen aufgetragen hatte. Darauf
sprach Ismael : »Das war mein Vater , der Freund Gottes , der mir
damit sagen lässt , dass ich dich entlassen soll. Kehre also in das
Haus deiner Vaters zurück".
Und abermals bat Abraham Sarah um Erlaubniss, Ismael be-
suchen zu dürfen, und sie gestattete es unter derselben Bedingung
wie früher. Als Abraham dort ankam, traf er nur die Frau an.
Er grüsste sie , sie erwiederte seinen Gruss in freundlicher Weise
(Mas'üdi sagt auch , wie diese Frau geheissen). Er fragte sie nach
108
ihrem Manne , sie sagte : »Er ist anf die Jagd gegangen , er wird
aber bald zurückkehren , so Gott der Erhabne will ; aber so steige
doch ab, und es segne dich Gott !^' Er fragte sie hierauf, ob sie ihm
Etwas zu essen geben könne , Brod oder Weizen , oder Gerste oder
Datteln; sie brachte ihm hierauf Milch und Fleisch , und Abraham
erflehte Gottes Segen über diese Speisen. Hätte sie damals die von
Abraham genannten Nahrungsmittel gebracht , so wäre jetzt noch
das Land Gottes mit diesen Erzeugnissen gesegnet. Sie sagte hier-
auf zu Abraham , er möge doch absteigen , damit sie seinen Kopf
wasche (um ihn vom Staube zu reinigen) da er das aber nicht
wollte , so brachte sie einen Stein herbei , auf welchen er seinen
rechten Fuss setzte. Sie wusch seinen Kopf zuerst auf der rechten
dann in derselben Weise auf der linken Seite , und auf dem Steine
blieb die Spur seines Fusses sichtbar. (Es ist das der Mak4m Ibrahim
genannte Stein. Abraham sagte ihr , ihn aufzubewahren , da man
denselben dereinst verehren werde — so bei Mas'üdt.) Darauf sagte
Abraham zu ihr: ^Wenn dein Mann nach Hause kommt, so grüsse
ihn von mir und sage ihm in meinen Namen , er solle die Schwelle
seines Hauses wohl hüten , eine bessere gäbe es nicht. Darauf kehrte
er nach Syrien zurück. Bei Bohart antwortet die erste Frau auf
Abraham's Frage, wie es Ismael und ihr gehe (SUaa^^ S^A^ (^) • ü^s
geht es schlecht, wir leben in Noth und Bedrängniss", wogegen
die zweite Frau auf dieselbe Frage antwortete : »Uns geht es sehr
gut , wir sind glücklich und leben in Überfluss". Als Ismael nach
Hause kam , fragt er seine Frau , ob Jemand da gewesen sei ,
worauf sie antwortete : »Ja gewiss (ajü) , es war ein alter Mann
da , der schönste aller Menschen ; er sagte das und das , und ich
sagte das und das , und ich habe ihm den Köpf gewaschen , und auf
dem Stein ist noch die Spur seines Fusses , und er hat mir aufgetra^
gen, dich zu grüssen und dir zu sagen, die Schwelle deines Hauses sei
jetzt vortrefflich". Ismael sagte ihr darauf, dass das sein Vater war
und was er mit der Vortrefflichkeit der Schwelle habe sagen wollen.
Auf diese Erzählung von Abraham's Besuch bei Ismael folgt
bei Tabart und Ibn el-Attr die von der Erbauung des heiligen
Hauses, und zwar ausführlicher als an der oben angeführten
Stelle Baidä,wi's. Nach dieser Begebenheit (dem Besuche Abr^-
109
ham^s) — 80 wird erzählt — befahl Gott dem Abraham, das
heilige Haus zu erbauen , und um ihm die Ausführung dieses Be-
fehls zu erleichtem, schickte er ihm die Sakina (äÜLxX^t); es ist
dieses ein heftiger und verheerender {•^•r^) Wind mit zwei Köpfen.
Mit diesem ging Abraham, bis sie an den Ort kämen, wo die
Sakina Halt machte und wo also das Haus errichtet werden sollte.
Andre sagen , dass Gott ihm eine Art Wolke schickte , die einen
Kopf hatte und die zu Abraham sagte : i>Baue das Haus in der
Grösse des Schattens, den ich werfe, nicht mehr und nicht weniger".
Es ist das die Überlieferung Alfs; nach Andrer Meinung war Gabriel
sein Führer.. Als Abraham nach Mekka kam, fand er daselbst Ismael
und er sagte zu ihm: »O Ismael, Gott hat mir befohlen , ihm ein
Haus zu bauen und dass du mir dabei behüflich sein sollst". Da
sagte Ismael : »Ich bin gerne dazu bereit". Abraham begann hierauf
den Bau , wobei ihm Ismael die Steine zutrug. Später sagte Abraham
zu Ismael : ^Bringe mir einen schönen Stein , den ich zum Eckstein
nehmen kann , damit er den Menschen zum Merkmal diene". Hier-
auf rief der Berg Abu Eobais ihm zu : »Der Stein ist für dich
bei mir aufbewahrt"; nach Andren sagte ihm Gabriel, wo der
schwarze Stein sei. Abraham nahm ihn und setzte ihn an seinen
Ort. Jedesmal aber, wenn Abraham und Ismael sich mit dem Bau
beschäftigten, beteten sie zu Gott: »O Herr, nimm Dieses von
uns an, denn du bist der Hörende, der Wissende" (Sur. 2, 121).
Als nun der Bau vollendet war , sagte Gott zu Abraham , er solle
als Mueddin die Menschen zur Wallfahrt rufen ((j^Uü J, ^Jy ^1).
Da sagte Abraham : »Wie sollte mein Euf bis zu ihnen gelangen ?"
Darauf sprach Gott : »Dafür werde ich Sorge tragen , rufe du nur
zur Wallfahrt". Da rief Abraham aus: »O ihr Menschen, Gott
befiehlt euch zum hehren Hause (oUääJ^ vi>^xJI) zu wallfahren I"
Und Das hörte Alles zwischen Himmel und Erde und auch die
üngebomen , die noch im Mutterschosse waren , und sie antwor-
teten: »Hier! Wir sind bereit!" (Labbeika! Labbeika! Es ist dieses
das bekannte w:^^) äUJ' ^«^^^ ? d^s auch heute noch viel tausend-
fach ertönt , wenn die Wallfahrer den Weg von Min4 nach ^Arafa
zurückgelegt haben und an letzterem Orte angelangt sind ; cf.
Pozy, Het Islamisme, p» 97, Übersetzung, p. 147). Daraufgingen
110
Abraham und Ismael am Tage Al-Tarwijja (sLj^jJiL^) nach dem
Wallfahrtsorte Min4, und sie beteten daselbst das Mittagsgebet
(^^i) , das Yespergebet (yoitll) , das Gebet bei Sonnenuntergang
i^jiX^) und das Nachtgebet (By>'bi1 ^Uxjtlt). Es werden hierauf noch
die andren ' Wallfahrtsorte erwähnt , die Beide besuchten , indem
sie zugleich die vorgeschriebenen Wallfahrtsceremonien yoUzogen ,
und die verschiedenen Gebete verrichteten. Zugleich wird als Tra-
dition angeführt , dass Mohammad gesagt habe, Gabriel habe Abra-
ham alle einzelnen Wallfahrtsceremonien gelehrt.
In den bereits angeführten Erklärungen zu Sur. 22, 27, heisst
es mit Bezug auf den von Gott gesandten Wind (nach Zamajb^art
hiess er — ^^Ul , wahrscheinlich so viel wie Wirbelwind) , der-
selbe habe den Platz des ursprünglichen heiligen Hauses dadurch
bezeichnet, dass er die ganze [Jmgebung desselben wegfegte. Zu
Sur. 2, 121, bemerkt Zama^äari, das heilige Haus, auch c>^)
,^^t , das oft besuchte , genannt (so auch Sur. 52, 4) , sei zur Zeit
der Sintfluth in den vierten Himmel entrückt worden , und dass
Abraham auf Gottes Geheiss es neu erbaute , wobei Ismael ihm
die Steine zutrug ; die ursprüngliche ^Stelle habe ihm Gabriel ge-
zeigt. Nach Andrer Meinung schickte Gott eine Wolke, wobei
dem Abraham gesagt wurde , genau nach dem Umfang ihres Schat-
tens das neue Haus zu bauen.
Die Erzählung , wie Abraham und Ismael das heilige Haus erbau-
ten und dann die verschiedenen Wallfahrtsceremonien verrichteten ,
findet sich auch bei Ja'^dbt (p. ff fg.) ; von den letzteren wird auch
die Benennung der Wallfahrtsorte 'Arafa und Muzdelifa (^sJo^l)
so wie die des Jaum al-Tarwijja genannten Tages (xi^Jiit) abgeleitet.
Auch bei Jäküt (s. v. ^ajJi^, IY, f/\., Y^t) wird erzählt, dass
die Ea'ba von Abraham neu erbaut wurde und zwar nach Anwei-
sung der Sakina in Gestalt einer Wolke , und dass Gabriel ihn
alle Wallfahrtsceremonien lehrte. Als sie — heisst es femer —
nach Mtnd kamen , zeigte sich Iblts dem Abraham ; da sagte Gabriel
zu ihm : »Werfe mit Steinen (Kieselsteine oLmo^ , die auch jetzt
noch bei dieser Ceremonie verwendet werden) nach ihm , was
Abraham siebenmal that, worauf Iblis entfloh; dasselbe wieder-
holte sich an zwei andren Orten. Diese Coremonie des Werfens
111
mit kleinen Kieselsteinen (X*^ ^^0 > ^i© schon in vorislamischer
Zeit in Gebrauch war , wird auch von andren Autoren auf Abraham
zurückgeführt (Pococke , 1. c. p. 29. 303. 306).
Statt Isaak tritt so Ismael überall in den Yordergrund ; er
wird im Kord,n unter den Erzvätern und Propheten aufgezählt,
wozu Geiger in seiner Preisschriffc (p. 131 fg.) die einzelnen Bjeleg-
stellen anführt. Dasselbe geschieht natürlich auch bei den späteren
Autoren. So wird z. B. bei J&küt (s. v. (j^v^Aäi^, IV, öT) der Traum
Jakob's (Gen., 28, 12 fg.) mit den Worten erzählt: .... >ünd er
sah im Traume eine Leiter , deren Spitze bis an das Thor des Him-
mels reichte , und die Engel stiegen auf derselben auf und nieder,
und Gott oJQPenbarte sich ihm und sprach : Ich bin Gott und kein
Gott ist ausser mir , ich bin dein Gott und der Gott deiner Yäter
Abraham, Ismael und IsaaV u. s. w. Ein andres Beispiel bietet die
sogleich anzuführende Stelle Zamah^art's.
Kach der (oben erwähnten) ]S!oranstelle (37, 81 fg.), an welcher
von Abraham und den Götzendienern die Bede ist, wird ferner
(Vs. 98 fg.) erzählt , wie Araham Gott um einen tugendhaften Sohn
gebeten habe, und wie ein solcher (eigentlich ein verständiger)
ihm verheissen ward. Als dieser — heisst es ferner — das gehö-
rige Alter erreicht hatte , sagte Abraham zu ihm : »O mein Sohn ,
ich habe im Traume gesehen, dass ich dich opfern soll — was
ist deine Meinung?" Der Sohn antwortete: »O mein Yater, thue
was dir befohlen wurde , du wirst mich , so Gott will , geduldig
finden" (^^LaJI ^y% äIK ^Lä ^I ^3cX.;^U^). Nachdem Beide sich so
in Gottes Willen ergeben hatten und als Abraham seinen Sohn
auf das Gesicht gelegt hatte, um ihn zu schlachten, riefen wir
ihm zu: ]»0 Abraham, du hast bereits den Traum erfüllt .... und
wir lösten ihn aus mit einem kostbaren Opfer" (Ys. 107).
Wie an vielen andren ]S!or4nstellen herrscht auch hier die Ano-
nymität ; man weiss nicht , von wem eigentlich die Bede ist, und
ob Isaak oder Ismael mit dem »Sohn" gemeint sei. Und so sind
denn in der That bei den späteren Autoren die Meinungen gOr
theilt, indem sehr Yiele der Ansicht sind, nicht Isaak sondern
Ismael sei der zum Opfer Erkorene gewesen , wie denn auch ^n-uJsJI
(der Geopferte) das gewöhnliche Epitheton Ismael's ist.
112
Zu der angefahrten i^Loränstelle bemerkt Zama^l^art (II, \t\f)y
dass Abraham im Zweifel gewesen sei , ob sein Traum eine gött-
liche Eingebung gewesen , oder ob er vom Satan herrührte ,
und dass erst die zweimalige Wiederholung desselben ihn belehrt
habe , dass Ersteres der Fall sei. Diese Träume hatte Abraham
übrigens im Wallfahrtsmonat (^cJ^ yS) , wie denn auch die Namen
der yerschiednen Wallfahrtstage (^^«ÄJ^ *^, , Kdi^ «y. , .^^i ^.) da-
mit etymologisch in Verbindung gebracht werden; zugleich wird
erwähnt , dass der Ort der Opferung in der Nähe des Wallfahrts-
ortes Min4 gewesen sei (p. W\^). Als Veranlassung zu der Auf-
forderung wird erzählt, dass als die Engel dem Abraham einen
Sohn verkündeten , er gesagt habe , derselbe solle Gott geweiht
sein (p. I^O- -^B dieser nun das gehörige Alter erreicht hatte,
wurde Abraham zur Erfüllung dieses Gelübdes aufgefordert. Mit
Bezug auf das Löseopfer wird im Namen des Ibn 'Abbäs angeführt ,
es sei das derselbe Widder gewesen, den Abel (Häbil) geopfert,
und der seit jener Zeit im Paradiese weidete ; nach einer andren
Meinung war es« ein Qemsbock (^£^3) , der yom Berge T4bir (bei
Mekka) herabkam. Dieser Bock (oder Widder) floh vor Abraham,
der siebenmal Steine nach ihm werfen musste , ehe er ihn ergreifen
konnte, was der Ursprung des jetzigen Steinwerfens ist (v:;,^jJb3
j^JI ^ *^), nach Andren warf er die Steine nach Satan, der
ihn Yon der Opferung abhalten wollte. Als Abraham — heisst es
ferner — sich zur Opferung auf den Weg machte , sagte er zu
seinem Sohne: »Nimm ein Messer und einen Strick; wir wollen
gehen Holz zu holen". Als sie nun in die Nähe des Berges ^ahir
kamen , sagte ihm Abraham , was Gott ihm befohlen habe. Darauf
sagte der Sohn: »O mein Yater, binde mich nur recht fest, da-
mit ich mich nicht sträube , und schlage dein Gewand zurück , damit
mein Blut es nicht bespritze und meine Mutter bei dessen Anblick
nicht traure , und schärfe dein Messer , dass es mich schnell tödte ,
denn der Tod ist hart , und grüsse meine Mutter von mir ^J^c Ldt^
*Xy»J^ 15^0? ^ßd wenn du willst, so bringe ihr mein Oberhemd
(ü^) ) vielleicht wird das ihren Schmerz mildern. Abraham sagte :
»O mein Sohn, mich freut deine Ergebenheit in Gottes Willen".
Darauf sagte der Sohn : »Wende mich so , dass du mein Gesicht
113
nicht siehst ; da möchtest sonst Mitleid mit mir haben , und das
könnte dich davon abhalten, Gottes Willen za yollziehen — und
Beide weinten. Als nun Abraham so gethan und das Messer an-
legte, drehte dasselbe sich um, sodass es mit der Bückseite den
Hals des Sohnes berührte; auch legte Gott eine kupferne Platte
um seinen Hals. Zugleich wurde dem Abraham zugerufen : )»0
Abraham , du hast bereits den Traum erfüllt". Und als er um sich
blickte, stand Gabriel da mit einem grossgehörnten Widder von
zweierlei Farbe. Abraham ging hierauf nach dem Schlachtort G^U^)
bei Minä, um daselbst den Widder zu opfern.
Hierauf werden die verschiedenen Meinungen angeführt, wie
nämlich die Einen sagen , Ismael sei der zum Opfer Bestimmte
gewesen , während die Andren dasselbe von Isaak behaupten. Die
Ersteren führen als Beweis an, dass Molbammad sich selbst einen
Sohn der zwei Geopferten (^^--Ä<Ai^ ^() genannt, und auf die
Frage nach dem Grund dieser Benennung lächelnd geantwortet
habe , der Eine derselben sei sein Stammvater Ismael , der Andre
*
sein Vater ^Abd AUäh ; letzteren hatte Mohammad's Grossvater bei
einer Gelegenheit zu opfern gelobt , ihn dann aber mit hundert
Eameelen ausgelöst , die er statt seiner opferte. Ausserdem werden
noch andre Beweise angeführt, darunter, dass die Israeliten in
ihren Gebeten Gott als den Gott Abraham's , IsmaePs und Israelis
anzurufen pflegten, und dass Moses Gott gefragt habe, warum nicht
auch »Gott Mosis" gesagt werde, da doch Gott auch ihn der An-
sprache würdigte und ihn sogar zu seinem Gesandten ('Jy^) erwählt
habe. Darauf wurden ihm von Gott die Verdienste der Erzväter
aufgezählt und darunter , dass Ismael bereit gewesen sei , sein Leben
hinzugeben. Als fernerer Beweis wird — und zwar im Namen eines
zum Islä^m übergetretenen Juden — angeführt , dass die Hörner des
Widders lange Zeit hindurch an der Ea'ba aufgehängt waren,
ferner dass die Worte: »Wir verkündeten ihm den Isaak" (Sur«
37, 112) erst nach der Erzählung vom Opfer vorkommen. Dann wer-
den die Beweise für die andre Ansicht angeführt (p. IHö) , darunter
auch , dass Jakob in seinem Briefe an Joseph — welchen Brief
Zamaljiäart zu Sur. 12, 89 (I , Ivö) vollständig mittheilt — sich selbst
Sohn Isaaks , des Geopferten (^wuJ vJL^M.t ^1 ^1 J^^^t u^^JixJ q-»
15
114
«Ut ^yA^ r^^y' O^^ ^^ nannte. Die letzteren Beweise werden auch
im Commentar des Elpherar (bei Geiger , 1. c, p. 133 fg.) angeführt.
Das hier Erwähnte findet sich zum Theil auch in Bai^^wf s
Commentar zu Sur. 37, 101 (II, tvö). Mit Bezug auf die Frage,
ob Ismael , ob Isaak, führt Bai44wl ebenfalls Mohammad's Ausspruch
an , während er die oben erwähnte Stelle in Jakob's Brief für nicht
beweiskräftig erklärt. Dass Isaak, nach einer Meinung, der »Ge-
opferte" sei , erwähnt Bai4äwt nur flüchtig zu Sur. 37, 1 12 (p. Ivl) ,
wo von der Verkündigung Isaak's die Rede ist , indem er sagt , dass
nach der Ansicht Isaak sei der Geopferte die Yerheissung von Isaak's
Prophetengabe gemeint sei (ebenso Elpherar bei Geiger, p. 135,N0*
Bei TaTt)ari (I, rU fg.) und Ibn el-Atir (I, w fg.) folgt auf
die Erzählung vom Bau des heiligen Hauses die you der Opfe-
rung , wobei die Einzelheiten im Allgemeinen mit den von Zamah-
äart gegebenen übereinstimmen, wie auch die Beweise für die
Person des Geopferten, die unter zwei verschiednen Rubriken
zusammengestellt werden. Die Frage , die Moses an Gott richtete ,
dient aber hier zum Gegenbeweis, indem als jüdische Gebets-
formel »Gott Abraham's, Isaak's und Jakob's" angeführt und in
Gottes Antwort Isaak's Opferbereitwilligkeit hervorgehoben wird;
ebenso übrigens bei Zamal)^art zu Sur. 38, 19 (II, tfD) , bei ^abari ,
I, ölf, und Ibn el-Attr, I, töl. Unter der Rubrik , dass Isaak der
zum Opfer Bestimmte gewesen sei, wird auch erzählt, dass, als
Abraham mit Isaak sich fortbegeben hatte, der Satan zu Sarah
ging , und zwar in Gestalt eines ihrer Bekannten. Er fragte sie :
» Wesshalb ist Abraham heute so früh mit Isaak fortgegangen P"
»Um irgend eine Sache", antwortete Sarah. »Bei Gott", sagte der
Satan hierauf, »er ist mit Isaak fortgegangen, um ihn zu opfern,
weil er glaubt, Gott habe es ihm befohlen". Darauf erwiederte
Sarah : »Das ist sehr schön von Abraham , dass er den Willen seines
Herrn vollzieht". Dann versuchte er auf dieselbe Weise, Isaak zum
Ungehorsam zu verleiten , Isaak aber sagte : »Wenn Gott meinem
Yater Das befohlen hat , so ist es Pflicht , es zu thun". Ebenso wenig
Gehör fand der Satan bei Abraham. Dasselbe wird nun aber auch
unter der andren Rubrik erzählt. Als Abraham — so heisst es —
unterwegs war, gesellte sich Iblts zu ihm, um ihn von seinem
115
Vorhaben abwendig zn machen. Abraham aber sagte : »Hebe dich
weg von mir, Feind Gottes I Wir werden than, was Gott befohlen".
Dieselbe Antwort erhielt er yon Ismael sowie von Hagar , worauf
er Yoll Zorn wegging. Alles Übrige wird ebenso wie bei Zamah^ri
erzählt , nur dass an der Stelle , wo es heisst , Abraham habe auf ^
Ismael's Bitte diesen so gewendet , dass er sein Gesicht nicht sah ,
IM
die entsprechenden Worte Sur. 37, 103 (^^^xa^^U idj^) gebraucht
werden. Am Schlüsse wird bemerkt, dass nach der Ansicht, es
sei hier immer yon Isaak die Rede, alles Das sich in Syrien zu-
tragen habe , nahe bei der Stadt Ilia (ULI , d. i. Jerusalem , Aelia
Capitolina), während nach der andren Ansicht Mtnä der Ort der
Handlung gewesen sei. Letzteres findet sich ebenso bei Abü^-Fidä
(Hist. anteisl., p. 22) und bei Mas'üdt (I, 87). — Dass die Juden
Isaak , die Araber Ismael f&r dem zum Opfer Bestimmten erklären ,
erwähnt übrigens auch al-Btrünt (p. Yvö).
Auch in den jüdischen Schriften wird die Opferbereitwilligkeit
Isaak's besonders herrorgehohen. So wird an der Stelle i^und sie
gingen Beide miteinander" (Gen., 22, 6. 8) das yvr\^ in den chal.
däischen Übersetzungen (J^^IPID) ™ Sinne von »einmüthig" (von
irV^ , nni^) wiedergegeben , und ebenso im Midrasch (Ber. R., S.
56; M. Tanchuma, ed. Buber,. I, 114) und bei Raschi z. St. ge-
deutet: »der Eine bereit zum Opfern, der Andre zum Geopfert-
werden" (nnj;*»^ n?1 DpV^ n?)- ^^ beiden Stellen (sowie an den
Parallelstellen , die in der Wilnaer Ausgabe der Rabboth , p. 226 ,
und bei Buber angefahrt werden) wird auch erzählt, wie Satan
zuerst Abraham und dann Isaak abwendig zu machen suchte. Zu
Letztererm sagt er sehr schlau: i^Alle die Kostbarkeiten deines
Vaterhauses werden jetzt dem Ismael zufallen". Zugleich wird das
Sprichwort angeführt : ^^^Q by^"^D iÖJ2 b^V^^\ iÖ 1D,d.h.:
i>Wenn auch das gesprochene Wort nicht ganz zu Herzen geht, so
doch die Hälfte (semper aliquid haeret), und darauf angewandt,
dass Isaak in der That schwankend wurde , bis ihn sein Yater in
seinem ursprünglichen Entschluss bestärkte. Femer wird erzählt,
dass Isaak seinen Yater gebeten habe , ihn nur recht fest zu bin-
den , und ähnlich wie in der arabischan Sage Ismael (oder Isaak)
sagt: »Der Tod ist hart" (cXjtXä OyJi ^^3), sagt im M. Tanchuma
116
Isaak : »Das Leben ist hartnäckig" (J^^^H HDIlin ti^DJÜti^) ? ^^^
ebenso wie dort heisst es auch hier in Bereschith R., dass Beide
weinten, nur dass — so wird hinzugefügt — während das Auge
weinte, das Herz sich freute , den Willen des Schöpfers zu Yollziehen.
Dass Isaak seinen Vater gebeten, ihn recht fest zu binden,
findet sich auch in der Paraphrase des jerus. Targum zu Gen., 22, 10
sowie in den späteren Midraschim, Pirke R. Eliezer (c. 31) und
Midrasch Wajoschah (in Jellinek's Beth ha-Midrasch , I, 37) , wo
derselbe Ausdruck wie im M. Tanchuma (nDlüPI ti^DJÜSi^) ^^^'
kommt, und zugleich erzählt wird, dass Isaak seinen Vater
gebeten habe, seine Asche seiner Mutter Sarah als Andenken an
ihn zu überbringen. Im Jalkut (Gen., § 98, § 101 , ed. Frankf.,
f. 28*, 28^) wird die Versuchung durch Satan nach zwei verschiede-
nen Midraschstellen erzählt; an der einen (§ 98) nach der Dar-
stellung des (längst gedruckten) M. Tanchuma zu Gen., 22, 4 fg.,
an der andren (§ 101) nach der — oben erwähnten — Stelle des
Ber. R., S. 56. Ferner wird (§ 101) ein Midrasch — ohne nähere
Angabe — angeführt , dem zufolge der als Löseopfer dienende
Widder nach Einer Meinung yon den Bergen herabkam , auf denen
er weidete (wie oben vom Berge Thabir) , nach der andren Mei-
nung aber aus dem Paradiese , woselbst er seit dem Abend des
sechsten Schöpfungstages sich befand; Letzteres mit Bezug darauf ,
dass mehrere Dinge — darunter dieser Widder — nachträglich
in der Dämmrung des 6. Schöpfungstages nach Vollendung der
eigentlichen Schöpfung erschaffen wurden , wie das an mehreren
Stellen (Pirke Aboth , V, 6 ; Aboth d. R. Nathan , ed. Schechter,
fol. 48* und an andren, daselbst angeführten Stellen — cf. Bochart,
Hieroz., I, 193 , woselbst statt Pesachim 154 zu lesen ist f. 54 — )
erwähnt wird. Zwei dieser Stellen des Jalkut werden auch bei
Weil (1. c, p. 86. 89) angeführt.
Die Opferung Isaak's — oder das Binden desselben , welcher
Ausdruck in den jüdischen Schriften der gewöhnliche ist , nämlich
JT^PJ^, nach Gen., 22, 9 — gehört jedenfalls mit zu den oben
erwähnten zehn Prüfungen (niJVDJ mSÜ^y) Abraham's , da sie
als solche im Pentateuch erwähnt wird (ib. vs. 1) , und zwar wird
diese Prüfung als die zehnte und letzte betrachtet. So heisst es
117
im M. Tanchnma (ed. Buber , I , p* 57) zn Gen. 22, 2 , mit Bezng
auf das t]!?"?]^ Gen. 12, 1 und das hier vorkommende ?]^"*n^'] , das
erstere bezeichne die erste Prüfung, die Auswandrung aus dem
Geburtslande; das letztere die letzte Prüfung. Auch die oben
erwähnte l^oranstelle (2, 118), an welcher von Abraham's Prüfung
die Kode ist — ^ f^j^^ l5^' "^S "" (^©^^^6 Stelle auch Geiger ,
p. 130 fg. , mit den jüdischen »zehn Prüfungen" vergleicht) wird
von einzelnen arabischen Autoren in diesem Sinne aufgefasst. So
heisst es bei Abül-Fid4 (Hist. anteisl., p. 22) : »Mit Bezug auf die
l^oränstelle , an welcher gesagt wird , dass Gott Abraham auf die
Probe gestellt habe (^-^^üi äW^ ic'^D sind die Meinungen der Au-
toren gelheilt ; einige geben drei Prüfungen an : die Auswandrung
(oL^l^) aus seinem Geburtslande, die Beschneidung und die Opferung
seines Sohnes ; Andre geben Andres an".
Diese andren Meinungen finden sich in der That bei Tabari
(I, l^^il fg.) und Ibn el Attr (I,aI), woselbst mehrere Erklärungen
der !Kor4nsiel]e angeführt werden. Nach Einigen sind (wie an der
oben angeführten Stelle Bai4äwfs) einzelne religiöse Vorschriften
gemeint , namentlich solche , die sich auf die gesetzlich vorgeschrie-
bene Reinigung beziehen, wie das Beschneiden (oder Verkürzen)
des Schnurrbarts (v^ UxJt {jaS)^ das Ausspülen des Mundes ((j-fl»*-n»ji) ,
der Gebrauch des Zahnstochers oder der Zahnbürste (^LmJ^ "^^^
andre ähnliche Dinge, die alle — nach Sahrastant bei Pococke
(1. c, p. 296) aufgezählt werden. Dann wird die Deutung ange-
führt , wonach die Wallfahrtsceremonien gemeint seien , mit Hin-
weisung auf die an derselben !Koränstelle (2, 108) vorkommenden
Worte: »Ich habe dich zum Imäm erwählt". Andre — so heisst es
weiter — beziehen die KorÄnstelle auf sechs Dinge: Die Sterne,
die Sonne und den Mond (womit wahrscheinlich gemeint ist , wie
Abraham zur Erkenntniss Gottes gelangte), das Feuer (in das er ge-
worfen wurde) , die Auswandrung (By^VgJt) , die Beschneidung , und
die Opferung seines Sohnes ; ausserdem aber — wie ferner bemerkt
wird — gibt es noch andre Erklärungen. Die hier angeführten
finden sich übrigens ebenso bei Zamahsari zu Sur. 2, 118 (I, WY),
Was das Reinigen der Zähne also den Gebrauch des Zahn-
stochers (K^^y*^ , <;f)LM) , betrifft , so ist demselben bei Boh4rt (I ,
118
p. vf , N®. vH öin besondrer Abschnitt (^^yJ\ wL) gewidmet, wie denn
(p. w fg.) noch andre detaillirte Reinigungsgesetze im Namen des
Propheten angeführt werden. Das Kippen des Schnurrbarts und Andres
der Art wird als Bundeszeichen der Gläubigen betrachtet, wie aus
C. Landberg's Proyerbes et dictons du peuple arabe (I, 255 fg.) er-
sichtlich ist. So heisst es auch bei Laue als Erklärung yon Jwü : He
clipped his mustache much, so that the HJ^ (the exterior of the skin)
became apparent. This the Muslim is commanded to do (Tk^ al-'arüs).
Sowie bei den Arabern einzelne ReligionsYorschrifton auf Abra-
ham als deren Begründer zurückgeftihrt werden, so wird in den
jüdischen Schriften Abraham als derjenige genannt, der das Morgen-
gebet — wie Isaak das Vesper, und Jakob das Abendgebet —
anordnete oder einführte (|pri j Berachoth , 26^) , wie er denn über-
haupt alle gesetzlichen Vorschriften ausübte , nicht nur die in der
Thora vorgeschriebenen, sondern auch die traditionellen Lehren und
Verordnungen ; es wird das aus der detaillirten Aufzählung , Gen.,
26, 5, sowie namentlich aus der daselbst gebrauchten Pluralform
^^mini gefolgert , womit also sowohl die schriftliche Lehre (min
DnDDJi^) als auch die mündliche , traditionelle (HS b)J^Ü min)
gemeint ist (Joma, 28^; M. Tanchuma, I, 18; Ber. R., S. 49 zu
Gen., 18, 19; Aboth d. R« Nathan, ed. Schechter, p. 94, und an
andren von Buber, Schechter und in der Wilnaer Ausgabe der
Rabboth, p. 200, angeführten Stellen).
Bei Tabart (I, l**fv) heisst es: % Abraham war der Erste, der
Gäste bei sich bewirthete , der Erste , der Bouillonbrod zubereitete
(cVv^t ^ß Q^ (3^0 i^d d^^ Erste , der in Folge des Alters weisse
Haare hatte^'. Abraham's Gastfreundschaft wird auch sonst erwähnt ;
er wird der Vater der Gastfreundschaft genannt (ZDMG., VI , 57,
N° 303). Bei ^artrt (p. öö) heisst es: »Der Alte, der die Gast-
freundschaft einführte" ((^yiJl ^V** c5^' f^fA^^) > womit — wie in
den Schollen z. St. bemerkt wird — Abraham gemeint ist.
Abraham wird gewöhnlich der Freund Gottes , oder auch »der
Freund" (JwJLiAjl), genannt, wie es denn Sur. 4, 124 heisst, Gott,
habe Abraham zu seinem Freunde erkoren C^^A^ &^^ji^ ^^ j^^'l^).
Zu dieser Stelle geben Zamaliöart (I , ^X^) und Bai4äwl (I, fH** fg.)
folgende gemüthliche Erzählung:
119
Als einmal Thearung im Lande herrschte , sandte Abraham
einige seiner Leute an einen Freund in Aegypten , mit der Bitte,
ihm etwas Getreide zu schicken. Diesen^ aber sagte zu den Boten :
»Wenn Abraham das Getreide für sich und die Seinen nöthig hatte,
so würde ich seine Bitte gerne erfüllen , allein ich weiss , dass
er es nicht für sich, sondern für die Armen (seine Gäste, ^iLy^l)
braucht ; nun aber herrscht aucli in unsrem Lande Theurung , und
ich kann ihm also Nichts schicken*'. Die Boten schämten sich aber ,
mit leeren Händen zurückzukehren; so füllten sie denn die mit-
gebrachten leeren Säcke mit feinem Sande (als ob sie Mehl ent-
hielten) , und kehrten zurück. Als sie dem Abraham den Hergang
der Sache erzählten, war er darüber sehr betrübt. Bald darauf
schlief er ein. (Vielleicht hielt er Siesta — 5dL5 — wie das im
Orient seit alter Zeit gebräuchlich ist.) Während seines Schlafes
öffnete Sarah, die von den näheren Umständen Nichts wusste,
einen der Säcke; sie fand in demselben sehr schönes Mehl, das
sie alsbald zum Brodbacken yerwendete. Als Abraham erwachte,
und das frischgebackne Brod roch, fragte er: }» Woher habt ihr
das?" »Je nun'', antwortete Sarah, »von deinem ägyptischen
Freunde". »Keineswegs", sagte Abraham, »das ist yon meinem
göttlichen Freunde" («U^ c^^^fJ^ vXJLc q« Jij) , und desshalb nannte
Gott ihn seinen Freund.
In der Erzählung Yom Besuche der Engel bei Abraham , Sur.
11, 72 fg. — nach einer yon den Erklärem z. St. angeführten Mei-
nung waren es die Engel Gabriel , Michael und Israfil , in den jü-
dischen Schriften Michael, Gabriel und Uriel (Midrasch Lekach
tobh, ed. Buber, I, 82; Baba Meziah, 86^) — heisst es, dass
sie die ihnen yorgesetzten Speisen nicht berührten. Mit Bezug
hierauf wird bei ^abart (I, t*vf) erzählt, dass sie auf die Frage
Abrahams: »Warum esset ihr nicht?" geantwortet: »Wir essen
keine Speise ohne den Preis dafür zu wissen". Darauf sagte Abraham
(der sie natürlich für Menschen hielt) : »Der Preis für diese Speisen
ist) dass ihr beim Anfange des Essens Gottes Namen anruft und
beim Schlüsse ihn lobpreist". Da sah Gabriel den Michael an und
sagte zu ihm: »Wohl mit Recht hafc Gott diesen da zu seinem
Freunde erkoren".
120
Die Gastfreundschaft Abraham's wird auch in den jüdischen
Schriften erwähnt. So wird erzählt , dass Abraham gewohnt war ,
die des Weges kommenden (Q'^nSJ^m D'^imyri) ^^ ^^^^ einzu-
laden , dass er aber nach seiner Beschneidung fürchtete , es werde
jetzt Niemand mehr zu ihm kommen , worauf Gott zu ihm sagte :
))Bisher sind nur Menschen zu dir gekommen , jetzt aber werde
ich in meiner Herrlichkeit und mit meiner Dienerschaft (Ji^'^^QÖ 'ij^
^^\i^) dir erscheinen — mit Bezug auf Gen., 18, 12 (M. Lekach
tobh, I, f. 41a, 41b 5 Bereschith R-, S. 47. S. 48, ed. Wilna, 97%
und in andren daselbst angeführten Stellen). — An weiteren Stel-
len wird Abraham's Gastfreundschaft in Verbindung mit seiner
Frömmigkeit hervorgehoben. So liest man, dass Abraham die
Wandrer zu sich einlud und bewirthete und sie dann aufforderte ,
für das Genossene Gott zu danken (Ber. R. , »S. 43 zu Gen., 14,
19 ; S. 49 zu Gen. 18, 19 , und an andren in der Wilnaer Aus-
gabe, p. 174. 200, angeführten Stellen). Ferner (ibid., S. 54) wird
das ^ti^Jj^, Gen., 21,33, dahin erklärt, dass es eine Art Earayan-
serei (p'lJ^S , Trxv^ox^Tou , TrxvioKsTov, arab. ^AJJi, wovon Fondaco,
Fundago , Fondique in den romanischen Sprachen) gewesen sei , und
dass Abraham die von ihm bewirtheten Gäste aufgefordert habe,
Gott dafür zu danken. Im Talmud (Sota, 10») werden zwei Mei-
nungen in Betreff des ^\l^^ angeführt; nach der einen war es
ein Lustgarten (DTHD) > ^^^^ ^^^ andren ein p'lJlQ. Femer wird
das darauf folgende ^'Hp'^l ^^ causativem Sinne aufgefasst und die
Stelle dahin gedeutet ^ dass wenn die bewirtheten Gäste dem
Abraham danken wollten , er zu ihnen sagte : i»Habt ihr denn von
dem Meinigen gegessen ? Ihr habt von dem gegessen , was dem
ewigen Gott (Q^W '»n^jO gehört; gebt Dank und Preis Ihm,
der da sprach, und es ward die Welt". (Qi^^j;!! Jl^H] "lÜiW ^^2^)*
In demselben Sinne wird die Pentateuchstelle im jerus. Targum
paraphrasirt , woselbst ^\l^^ ebenfalls mit DT^ß wiedergege-
ben wird.
Die Bezeichnung Abraham's als Gottgeliebter kommt in den jü-
dischen Schriften mehrfach vor. So werden in den Aboth d. R.
Nathan (ed. Schechter, f. 61^) mehrere Personen aufgezählt, die
in der Bibel Freunde und Lieblinge f^^'T» , mUl^) G^ottes ge-
121
nannt werden. Darunter ist Abraham , von dem es Jes. 41, 8 heisst
*»5r1l< Qm5l< y^t' ^®^^^® ^*®^^® Gesenius (Thes., s. v. Dirnni^,
• • • • •
p. 11 A) mit dem arab. JJL^i, ^t J^^, sowie mit Jacob. 2, 23,
yergleicht, wo es von Abraham heisst xx) 0l\og tsov sK^riiii. In
den Aboth d. R. Nathan wird anch das ^in^^DS ^'l'^'T'!? HD» ^^^n
11, 15, auf Abraham bezogen; auch in der (Einleitung (J^rUT^DD)
zu Midrasch Echa (§ 24, ed. Wilna, f. 7^) nennt Gott Abraham
seinen Freund ('^^HIN) i"i*ör Anwendung derselben Bibelstelle.
Das l'^nyT^ ^^j Gen., 18. 19, wird von Raschi z. St. — entspre-
chend einer der Bedeutungen von y^i — mit »lieben" erklärt,
wie auch Philo (1 , 401) diese Stelle als Beweis dafür anführt ,
dass Abraham nicht ein Sclave (iov\o^) sondern ein Freund oder
Geliebter {(pthog) Gottes war , und sie mit Miii sTriKxXiypa sya ccTri
^Aßpxk//, Tov 0ixov ßou wiedergibt. Ebenso wird im jerus. Targum
zu Gen., 18, 17 dem Namen Abraham's das Epitheton »mein Ge-
liebter" ('»Orn) hinzugefügt (cf. Beer, Leben Abraham's , p, 160.
161, Note 427. 431).
Auch dass Abraham der Erste war , bei dem die Anzeichen des
hohen Alters sichtbar wurden, wird mehrfach in den jüdischen
Schriften erwähnt. So heisst es (Bereschith R., S. 65, ed. Wilna ,
128^ zu Gen., 27, 1; M. Tanchuma^ ed. Buber, p. 118 zu Gen.,
24, 1 , und an andren daselbst angeführten Stellen) , dass die Krone
des Alters (nach Prov., 16, 31), d. h. die äusseren Kennzeichen
desselben , zuerst' dem Abraham , und zwar auf sein Verlangen ,
von Gott verliehen wurde.
In den arabischen Sagen erscheint der Todesengel (o^t (^ULq, in den
jüdischen Schriften niDH "1J<!?D) durchaus nicht in abschrecken-
der Gestalt, und seine Bezeichnung als Engel (i^lA bedeutet allerdings,
ebenso wie das biblische "]{^^^ y auch Bote überhaupt) passt umso
eher , als er jedenfalls nichts Dämonisches hat ; er kommt vielmehr
als milder, sanfter, trostlicher Engel, als eine Art »Freund Hein";
jedenfalls hat er in seiner äussern Erscheinung Nichts, was auf
seine, immerhin unangenehme, Mission schliessen lässt. So wird
denn auch bei T*^*^^^ (I j ^M ^^^ ^^^ el-Atlr (I, av) erzählt:
Als Gott die Seele Abraham^s nehmen wollte , schickte er zu ihm
16
122
den Todesengel in Gestalt eines ganz hinfälligen , alten Mannes. Als
nämlich Abraham einst wie gewöhnlich seine Gäste bewirthete,
sah er einen alten Mann in der Sonnenhitze gehen; er schickte
ihm einen Esel, damit er auf diese Weise zu ihm komme. Als
der Greis nun angelangt war, konnte er die ihm yorgesetzten
Speisen nur mit der grössten Mühe in den Mund bringen , und wenn
er sie endlich hineingebracht hatte , kamen sie wieder heraus. Nun
aber hatte Abraham längst schon Gott gebeten, nicht eher seine
Seele zu nehmen, als bis er selbst ihn daram bitten würde. Als
er nun das Gebahren des alten Mannes sah, sagte er zu ihm: »Was
ist das mit dir, o Greis?" «Das ist das Alter, o Abraham'', ant-
wortete dieser. «Wie alt bist du denn?'' fragte Abraham. Jener
gab sein Alter um zwei Jahre mehr an, als das Abraham's war.
Da sagte Abraham: »In zwei Jahren werde ich also ebenso sein?
Gott , nimm mich zu dir I" Da nahm der Greis (also der Todes-
engel) die Seele Abraham's, und so yerschied er im Alter von hun-
dert Jahren; nach Andren war er 175 Jahre alt.
Die jüdischen Schriften stimmen mit den arabischen darin über-
ein, dass in den ersteren nniD? OmD» NfllD) *^^ ^®^ ^^*
genannt wird , woselbst Abraham mehrere Jahren lang im Kerker
war (Jalkut Gen., § 77 nach Baba Bathra, 91^), welcher Orts-
name auch vielfach bei den arabischen Autoren als Geburtsort
Abraham's , wo er auch ins Feuer geworfen ward , yorkommt. So
an den oben angeführten Stellen , und ebenso bei Jakut (s. y. 'l^ ,
IV, riv), el-Bekrt (ed. Wüstenfeld, p. f aö) , Mokkaddesi (ed. De
Goeje, p. A*l) und bei Andren (cf. Maimonides, Guide des^gar^s,
III, c. 29, p. 219; Dozy, De Israelieten te Mekka, p« 157. 165;
ZDMG,, XXIII, 621).
In den Pirke B. Eliezer (c. 26) wird erzählt: Die erste der
zehn Prüfungen Abraham's bestand darin , dass , als er geboren ward,
die Grossen des Reiches ihn tödten wollten; erwar aber 13 Jahre
lang unter der Erde verborgen, und er sah da weder Sonne noch
Mond. Nach 13 Jahren ging er hervor ans Tageslicht, sprach die
heilige Sprache (hebräisch), verachtete die Götzenbilder und ver-
traute auf den Schutz seines Schöpfers CT^JiTi !?ÜD HÖDI) ^^^
sagte: »Gott Zebaoth, Heil dem , der auf dich vertraut (Ps. 84, 13)."
123
Die zweite Prüfung war , dass man ihn zehn Jahre lang im Kerker
gefangen hielt , drei Jahre lang in nj^lD > sieben Jahre in yX^T^ ,
(nach Andren umgekehrt; ebenso an der erwähnten Talmudstelle
B. Bathra, 91»). Nach Verlauf der zehn Jahre nahm man ihn aus
dem Getängniss und warf ihn in den Feuerofen, aber der König
der Herrlichkeit m^^H "I^Ö ^^^^ ^^' ^4, 7) streckte seine
Rechte aus und errettete ihn, wie es heisst (Gen., 15, 7) 11 IJJ^
Q^ji^D mj<ö ^^nNüin nji^N- ^^ch in dem ^n^^N ^t\ Njn
genannten Midrasch wird (T. II, c. 25) erzählt, dass Nimrod zuerst
Abraham einkerkern und dann in den Feuerofen werfen liess,
welcher letztere — in ähnlicher Weise wie bei den arabischen
Autoren — des Näheren beschrieben wird. Vorher geht die Er-
zählung , wie Abraham von seinem Vater Götzenbilder erhielt , die
er auf den Markt bringen und verkaufen sollte , dass er aber , statt
dieselben anzupreisen, den Käufern das Nichtige und Thörichte
des Götzendienstes vorstellte (cf. Beer, Leben Abraham's, p. 10).
Dass Nimrod zuerst den Abraham einkerkern liess und ihn erst
später zum Feuertod verurtheilte, erzählen auch Zamah^art (I, tvf)
und Baid4wi (I , ilT*) zu Sur. 2, 260. Überhaupt aber wissen die
arabischen Autoren von Abraham's Kindheit und frühester Jugend
mehr zu erzählen als die jüdischen.
Ahnlich der oben angeführten Stelle Ja'kübfs ist die Erzählung
von Abraham's Geburt und Kindheit bei Tabart (I, tot* fg.) und
Ibn el-Attr (1 , 1v). Zunächst werden die verschiednen Meinungen
über die Geburtsstätte Abraham's angeführt , darunter auch ^^ ;
jedenfalls wurde er in dem Lande geboren, in welchem Nimrod
regierte , welcher — ebenso wie Pü'l-^:arnain , und Salomon , Sohn
David's , nach Einigen auch Nebukadnezar — die ganze Welt be-
herrschte. (Auch in den jüdischen Schriften heisst es, dass vier
Könige — darunter Salomon und Nebukadnezar — über die ganze
Welt regierten, so Megilla, 11», im 2. Targum zu Esther, 1, 1,
und in der von Buber edirten Sammlung hagadischer Commentare
zum B. Esther, p. 56). Nun kamen einst die Stemseher (n^L^^m»!
^y:f^l\) zu Nimrod und sagten zu ihm : »Wir haben in den Sternen
gesehen, dass in dieser Stadt in dem und dem Monat von dem
und dem Jahr ein Knabe zur Welt kommen wird , den man Abraham
124
nennen wird, und dieser wird eure Religion bekämpfen, und eure
Götzenbilder zertrümmern. Als nun die Yorhergesagte Zeit gekom-
men war, liess Nimrod alle schwangeren Frauen in Gewahrsam
bringen , mit Ausnahme yon Abraham's Mutter , denn dieser sah
man nicht an , dass sie schwanger war. Jedes Knäblein aber , das
in diesem Jahre zu Welt kam , wurde getödtet. Als nun Abraham's
Mutter Geburtswehen hatte , ging sie bei Nacht in eine nahege-
legene Höhle , woselbst sie Abraham gebar. Darauf ging sie nach
Hause , nachdem sie zuvor den Eingang zur Höhle yerrammelt hatte.
Als sie nun wieder hinkam, fand sie, dass der Knabe in Einem
Tage so viel gewachsen war wie andre Kinder in einem Monate ;
seine ^Nahrung aber fand er , indem er an seinem Daumen sog ;
auf diese Weise erhielt ihn Gott am Leben. Es wird hierauf —
nach Sur. 6, 76 fg., nur detaillirter - — erzählt, wie Abraham nach
Betrachtung der Himmelskörper zur Einsicht kam, dass Gott der
einzige Schöpfer, also alle Götter, welche seine Landsleute anbete-
ten , nichtig seien , und wie die Kunde von seiner Verspottung der-
selben zu Nimrod gelangte.
So wie viele sagenhafte Ausschmückungen der Geschichte Abra-
ham's aus den jüdischen Schriften in die arabischen übergingen,
so findet auch das Umgekehrte statt , dass nämlich spätere jüdische
Autoren die arabischen Schriften benutzten und einzelne Stellen
daraus in ihre Erzählungen mit dem (J brigen , specifisch Jüdischen ,
verflochten. Das ist nun höchst wahrscheinlich auch der Fall bei
der Erzählung von Abraham's Besuch bei Ismael, die sich auch
im Jalkut (Gen., § 95, ed, Frankf. a. M., f. 27* fg.) findet, woraus
sie Weil (p. 91, N.) mit der Bemerkung mittheilt, dass auch diese
Legende, von der man glauben sollte, sie sei gewiss arabischen
Ursprungs, sich im Midrasch finde. Der Jalkut (oder vollständig
Jalkut Schimoni , nach dem Namen seines Verfassers) ist nun aber
— wie das schon dessen Benennung besagt , ^^p^*^ nach 1. Sam.,
17, 40 — ein Sammelwerk, und so ist auch diese Erzählung den
Pirke K. Eliezer (c. 30) entnommen. Letzteres Buch wurde jeden-
falls unter arabischer Herrschaft geschrieben, und so kommt in
demselben (30.) Capitel Mehreres vor, das, wie Zunz (G. V., p, 275)
und Grätz (Geschichte der Juden, V, 223) bemerken, auf die
125
Geschichte der Araber Bezug hat. An die arabische Sage erinnert
aber auch die hier yon Ismael erzählte. Unter den oben erwähnten
zehn Dingen , die in der Dämmmng des sechsten Schöpfungstages
erschaffen wurden, wird nämlich auch »die Mündung des Brun-
nens" Cnj^^niT ^'Q) erwähnt ; nach den Commentaren z. St. ist
damit der Mirjamsbrunnen gemeint (Q'^'^O ^^ mN!3)> ^®' ^^®
Israeliten auf ihrer Wandrung in der Wüste überallhin begleitete
(die einzelnen Stellen hierüber habe ich in der Ztschr. d. D.
Palästinayereins, YI, 200, angeführt). In den Pirke R. Eliezer heisst
es nun an der Stelle, die der Erzählung yon Abraham's Besuch
bei Ismael yorhergeht, dass Ismael zu Gott gebetet habe, ihn
nicht yerdursten zu lassen, und dass Gott sein Gebet erhörte , wie
es heisst (Gen., 21, 17): »Und Gott hörte die Stimme des Kna-
ben . . , . , denn Gott hat die Stimme des Knaben gehört". Und dort —
heisst es weiter — wurde ihnen der Brunnen eröffnet , der in der
Dämmrung (nämlich des 6. Schöpfungstages) erschaffen worden
war , und Hagar ging hin und trank und füllte den Schlauch mifc
Wasser, wie es heisst: »Gott öffnete ihre Augen" u. s. w. (Vs. 19).
Dass hier nun statt des Mirjambrunnens dieser Brunnen als eins
jener zehn Dinge erwähnt, ihm also eine besondre Wichtigkeit
beigelegt wird , erinnert jedenfalls an den Brunnen Zemzem , der
auch sonst yielfach bei den arabischen Autoren yorkommt. Aber
auch ausserdem finden sich in den Pirke R. Eliezer mehrfache
Anklänge an arabische Sagen.
Die Erzählung yom Besuche Abraham's findet sich übrigens auch
im Sefer Hajaschar (ed. Ven., f. 41» fg.) , nur mit dem Unterschiede ,
dass in den Pirke R. Eliezer yon der Schwelle (HD , im Jalkut
inSD) ^®^ Hauses, im S. hajaschar hingegen yom Pflock des
Zeltes (^HNn nri"^) ^^® Rede ist, den Abraham das erste Mal
tadelt, das zweite Mal sehr lobt, während in den P. R. Eliezer
nur der Tadel erwähnt wird. Der Verfasser des S. hajaschar hat
nun aber — wie auch Zunz (1. c, p. 154) bemerkt — auch sonst
yiele arabische Sagen aufgenommen , die er nun wieder nach seiner
eignen Phantasie ausschmückte, darunter auch auf Abraham be-
zügliche. So wird (18* fg.) erzählt, dass Nimrod der Erste war, der
Götzen anbetete und auch seine Diener dazu yerleitete; ein noch
126
grösserer Bösewicht als er war sein Sohn ^^7^)3, nnd von damals
her datirt das Sprichwort : »Yom Bösen kommt Böses" (1 Sam. 24, 13).
Therach aber , der Sohn Nachor's , war der oberste Feldherr
Nimrod's ; seine Frau gebar ihm einen Sohn , den er Q*^^^} nannte,
weil ihn der König über alle Andren erhoben hatte (^O'^'^n "^D
H^)3J^). Es wird nun femer erzählt , wie zur Feier von Abraham's
Geburt alle Weisen und Magier (Q*>OlO*in) Nimrod's zu einem
Gastmahle bei Therach eingeladen waren. Als sie bei Kacht von
dort fortgingen, sahen sie am Himmel einen grossen Stern, der
von Osten kam und in seinem Laufe vier andre Sterne verschlang.
Sie deuteten diese Erscheinung dahin, dass der Knabe, der dem
Therach geboren worden war, dereinst sehr mächtig sein werde
und dass er und seine Nachkommen viele Länder erobern und
beherrschen werden. Den andren Tag erzählten sie Alles dem Kö-
nige ; auf ihren Rath hin Hess Nimrod den Therach kommen , sagte
ihm, was die Magier geweissagt, und dass er ihm seinen Sohn
bringen solle , um ihn zu tödten Therach brachte ihm , statt
seines eignen Sohnes , den Sohn einer Sclavin , den Nimrod alsbald
umbrachte ; seinen eignen Sohn aber verbarg er zugleich mit
seiner Mutter und Säugamme in einer Höhle, und gab ihnen
allmonatlich ihren Lebensunterhalt . . . Als Abraham — heisst es
ferner (das Buch ist durchaus in biblischem Styl gehalten) — eines
Tages die Sonne in ihrem Glänze sah , da sagte er in seinem Herzen:
»Fürwahr, diese Sonne, welche die ganze Erde beleuchtet, ist die
Gottheit ; sie will ich anbeten." Und er betete an diesem Tage zur
Sonne. Als er Abend ward und die Sonne unterging, da sprach
er in seinem Herzen: »Das ist kein Gott, aber wo ist er, der
Himmel und Erde erschaffen ?" Und er erhob seine Augen und schaute
gegen Sonnenauf- und gegen Sonnenuntergang, gegen Mittag und
gegen Mitternacht, und er sah den Mond und die Sterne , und er
sprach in seinem Herzen : »Das ist der Gott, der Himmel und Erde
erschaffen und die Andren (die Sterne) sind seine Diener." Als nun
aber am Morgen der Tag leuchtete und die Sonne aufging, da
sprach er: »Alle diese sind keine Götter, sondern Diener Eines
Gottes",
Femer wird (20^ fg.) erzählt , wie die Grossen des Nimrod den
127
Plan fassten , eine Stadt mit einem sehr hohen Thurm zn erbauen ,
und dasB Nimrod damit einverstanden war. Während des Baues
schössen sie Pfeile gen Himmel ab , die blutbefleckt zurückkehrten ,
wesshalb sie glaubten , die Himmelsbewohner getödtet zu haben —
wie das ganz ähnlich die arabische Sage von Nimrod berichtet.
Es wird hierauf sehr umständlich erzählt, wie Abraham die
Götzenbilder in seines Vaters Hause zertrümmerte und dann dem
grössten derselben die Axt in die Hand gab. Zur Strafe dafür
wird Abraham eingekerkert; hierauf lässt Nimrod auf den Rath
seiner Umgebung einen gi'ossen Feuerofen errichten , der drei Tage
und drei Nächte hindurch geheizt wird. Als Abraham herbeige-
bracht wurde, um hineingeworfen zu werden, sagten die Weisen
Nimrod^s zu ihm , Therach müsse ihn getäuscht haben , da Abraham
eben jenes Kind sei, von dem sie in den Sternen gelesen. Vom
König befragt , gestand Therach seinen Betrug und gab an , sein
Sohn Haran habe ihm diesen Rath ertheilt. Darauf wurde nebst
Abraham auch Haran in die Flammen geworfen ; Haran verbrannte
auf der Stelle — weil seine Gesinnung eine schwankende war — ,
Abraham aber blieb unversehrt; nur die Stricke, mit denen man
ihn gebunden hatte, verbrannten; er selbst ging drei Tage und
drei Nächte lang inmitten des Feuers umher. Als er hierauf auf
Befehl des Königs hinausging , wunderte sich der König sehr ; er
gab ihm Geschenke , darunter zwei seiner Sclaven , IJW hiess der
Eine, Try^^J«^ der Andre, und so wurde Abraham ferner nicht
beunruhigt. Dass Eliezer ein Geschenk Nimrod's war — was auch
in den Pirke R. Eliezer (c. 16) erzählt wird — findet sich auch
bei den Arabern; cf. ZDMG., XVI, 701. 702, XVIII, 456.
Das hier Angeführte ist nur ein Auszug aus der sehr langen —
zugleich sehr breiten — Erzählung ; jedenfalls aber zeigt sich bei
den angeführten Stellen unverkennbar arabischer Einfluss. Noch
viel entschiedener aber zeigt sich die Benutzung arabischer Quellen
in der Erzählung von Abraham , wie sie — unter der Überschrift
1» Erzählung von dem, was unsrem Vater Abraham mit Nimrod wider-
fuhr" — in dem Buche "HD^Q ^^J^ des R. Eliah Hakohen mit-
getheilt wird , und zwar am Schlüsse des Buches (ed. Amsterd., fol.
109^ fg.), zu dem sie einen Anhang bildet. Der Verfasser dieses
128
Buches lebte im Orient (Smyrna) und so erklärt es sich leicht , dass
er die arabischen Sagen über Abraham und Nimrod kannte. Auch
führt er die Erzählung mit den Worten i^Man erzählt" CT^DJ^) ®^^ >
und nicht wie sonst mit der Erwähnung des hebräischen Buches ,
dem er sie entnommen;
In dieser Darstellung ist es nun Nimrod selbst, der in den
Sternen liest, dass unter seiner Begierung ein Eind zur Welt
komme , das dereinst seine Beligion bekämpfen werde. Auf den Bath
seiner Grossen lässt er alle schwaugeren Frauen in Gewahrsam
bringen und alle neugebornen Knaben tödten. Damals hatten die
(spätere) Mutter Abraham's den Therach zhm Manne genommen ;
nach einigen Monaten bemerkte er , dass ihre Körperfülle zugenom-
men ; Als er sie desshalb befragte , antwortete sie : Es ist das die
Krankheit *<JJ{^^p (wahrscheinlich ein spanisches Wort in gleicher
Bedeutung mit dem italienischen calcinaccio , Geschwulst in den
Gelenken, Verhärtung im Leibe), die mich jedes Jahr befällt. Als
nun die Zeit ihrer Niederkunft gekommen war , ging sie in eine
Höhle in der Wüste , woselbst sie eines Knaben genas , bei dessen
Geburt die ganze Höhle in Licht erstrahlte, worüber sie grosse
Freude empfand Sie yerliess bald darauf die Höhle , indem sie
sagte : »Gott sei mit dir ! Er wird dich nicht verlassen und dir seinen
Schutz nicht entziehen" (nach Deut. 4, 31). Das Kind fing nun an
zu weinen; da schickte Gott den Engel Gabriel, um ihm Milch
zu verschaffen , und in der That fand es diese , indem es am Daumen
der rechten Hand sog. Es wird dann ferner erzählt , wie Abraham ,
als er zehn Tage alt war. Nachts aus der Höhle ging und wie
er zuerst die Himmelskörper anbeten wollte , dann aber einsah ,
dass ein höheres Wesen sie alle in Bewegung setzte. Er begegnete
hierauf seiner Mutter , die ihn überall gesucht hatte , und gab sich
ihr zu erkennen; er war nämlich in der kurzen Zeit so ausser-
ordentlich gewachsen , dass sie keine Ahnung davon hatte , dass
der mit ihr Sprechende ihr Sohn sei.
Nach der Erwähung von verschiednen andren wunderbaren
Ereignissen wird (111*) erzählt wie Nimrod den Abraham nachdem
er die Götzenbilder zerstrümmerfc , ins Gefangniss werfen Hess und
später befahl, einen grossen Platz mit einer Mauer zu umgeben.
x29
and in demselben einen Scheiterhaufen zu errichten , zu dem Jeder
Holz herbeibringen solle. Die Personen aber, welche dann yer-
suchten , Abraham in das Feuer zu werfen , wurden selbst von den
Flammen ergriffen; da kam der Satan in Gestalt eines Mannes
und sagte zu Nimrod: Dich will dir einen Rath geben; gib mir
Holz, Nägel und Stricke, und ich werde dir ein Ipinj^'HtO (Wurf-
maschine ^ spanisch Trabuco, entsprechend dem /öaa^U^ der
arabischen Autoren) verfertigen, yermittelst dessen man Abraham
ins Feuer schleudern kann , ohne sich demselben zu nähern". Dem
König gefiel dieser Rath ; als man darauf Abraham vermittelst des
"lp"ll3J<^C0 ins Feuer geworfen hatte, baten die Engel Gott um
die Erlaubniss, ihn retten zu dürfen. Daraufkam Gabriel zu Abraham
und fragte ihn : »Wie ist es , Abraham — soll ich dich uns diesem
Feuer erretten ?" Da sagte Abraham : »Gott , auf den ich vertraue ,
der Gott des Himmels und der Erde, er wird mich erretten". Darauf
sagte Gott zu jenem Feuer: »Sei Kühlung und Wohlbefinden
meinem Knechte Abraham (so ist statt ^^nH ^^ lesen) (^*ip)
□mi3N ^12)f b)J m^Ji^l mp ^^s also genau der Stelle Sur.
21, 69, entspricht: ^^\ Js^ U^^ foy j,^ Jj [t LJß.
Es wird nun femer erzählt, wie das Feuer erlosch und wie
der Feuerofen zu einem blumenreichen Garten wurde, und dass
die Engel dem Abraham Gesellschaft leisteten. Als Nimrod das
mit ansah , erklärte er Alles für Zauberei ; seine Grossen aber sag-
ten : »Das ist keine Zauberei, sondern ein Zeichen von Gottes,
des Einzigen, Allmacht , den auch wir anerkennen". Und wie die
Fürsten , so glaubte auch das ganze Yolk an den Gott Abraham's
und sie sprachen Alle: »Der Ewige ist Gott (Q'ij^^J^j^ J^'^pJ ^^)^
hoch oben im Himmel und unten auf der Erde — Keiner ausser
ihm!" (Deut. 4, 39). Hiermit schliesst die Erzählung.
Das hier Mitgetheilte stimmt nun durchaus mit den oben aus
Zama^Sart, Bai44wt, Tabart und Ibn el-Atir angeführten Stellen
überein ; dahin gehört es auch , wenn erzählt wird , Abraham habe
von seinem Yater den Auftrag erhalten , Götzenbilder zu verkaufen ,
und dass er diese mit einem Stricke hinter sich her schleifte und
dabei ausrief: »Wer kauft ein Bild (Q^J{), das weder sich selbst
noch einem Andren Etwas nützt ?" — was, nur etwas ausgeschmückt,
17
130
dem oben aus 'l^abari, Ihn el-Atlr und Abü'1-Fida Angefülirten
entspricht. — Manches ist wahrscheinlich dem Sefer hajaschar,
wiederum Andres andren Schriften , vielleicht auch der Yolkssage
entnommen.
Diese Erzählung des Schöbet Mussar wird auch in Jellinek's
Bot ha-Midrasch (I, 25 — 34) mitgetheilt. Mit Bezug auf dieselbe
sagt Jellinek (Yorr., p. XY fg.), dass Form und Inhalt sowie
mehrere Worte und Wendungen der Erzählung dafür sprechen,
dass sie aus dem Arabischen ins Hebräische übersetzt wurde , wie
sie sich auch nach der stofflichen Seite iü Weil's Biblischen Le-
genden , p. 68 fg., finde. Die einzeln angeführten Beweise hierfür
sind aber in der That sehr schwach ; als solche werden die Wörter
^J\J^"^P und Ipinj^'ntO angeführt, die aber — wie oben gezeigt
wurde — spanische Wörter, keineswegs arabisch sind *). Mit den
Stellen (p. 29. 30) , in denen Abraham Yon den Götzenbildern sagt ,
dass sie weder sich selbst noch Andren von Nutzen seien wird die
Stelle Abü'l-Fid&'s, Hist. anteisl., p. 20 (welche auch Geiger, 1. c,
p* 123, N. anfuhrt) verglichen: »Wer kauft, was ihm nur Schaden
aber keinen Nutzen bringt ?" Hierzu wäre eher die Originalstelle ,
Sur. 21, 67, anzuführen gewesen, wo Abraham sagt: »Betet ihr
Dinge an , die euch weder nützen noch schaden können P" Über-
haupt aber ist das auch ein oft in der Bibel vorkommender Ge-
danke , so z. B. 1 Sam., 12, 21 ; Jes., 44, 10 ; Jer., 16, 19 ; Hab.
2, 18. Wenn femer von dem in der Erzählung mehrfach '?orkom-
menden Q^^n^NH NIH ^"^ gös^g* wird , dieser Satz erinnre an die
muhammedanische Glaubensformel , so ist derselbe vielmehr ein
acht biblischer Ausdruck (cf. Deut., 7, 9 ; 1 Kon., 8, 60 ; 18, 39),
der ja auch in dem (oben angeführten) Schlussatze der Erzählung
vorkommt.
Weit mehr arabisches Gepräge trägt das in dieser Erzählung
dem Nimrod mehrfach beigegebne Epitheton »der Gottesläugner",
("HD! DPI) > ^**** ^®8 i^ 3^^« Schriften gewöhnlichen »der Gottlose"
1) In der jüdisch-spanischen Übersetzung dieses Baches (Smyrna 6620 = 1860)
heisst es (II, f. 154b): /»Gado aflo mi acontece esto ^^^p| (Krankheit) qae si llama
^iJi^P*'» ^- löS^- "1 yo ti liar^ ^^ trabuco" (p^i^^lID) ^»^ "1 comand^ el rey
por hazer el trabaco".
131
(J^tJ^^n) 5 ebenso ist der Satz (p. 31) : »Du bist einer der Lügner"
(D'^DTIDH ]f2 nriN) 8**** *^^ bis* ®i^ Lügner" durchaus kora-
nisch. Für den arabischen Ursprung spricht ferner, dass Nimrod
p. 26. 27 (zweimal) ein Sohn Eenaans genannt wird, am ent-
schiedensten aber die Stelle: »Werde Kühlung und Wohlbefinden
für Abraham",, die im Text ohne die arabische Originalstelle kaum
verständlich ist.
Eine ähnliche , abe^ viel kürzere , Erzählung wird übrigens von
Chaim Horowitz in seiner Sammlung kleiner Midraschim (I, 40 fg.)
mitgetheilt.
Sehr yiele auf Abraham bezügliche Stellen der jüdischen Schrif-
ten werden in B. Beer's »Leben Abraham's" mitgetheilt; nur wer-
den die einzelnen derselben nicht gehörig geschieden , indem neben
den Originalstellen auch Stellen aus solchen Schriften angeführt
werden, die Kachbildungen arabischer Sagen enthalten, wie S.
hajaschar , und die Erzählung im ^D^Q CODtS^- ^^^^ ©s übrigens
bei Beer (p. 96, Note 2) heisst: ^)Gedalja ben Jachja in Schalsche-
leth ha-Eabalah macht Therach zum Erfinder der Münzprägung",
so ist auch diese Stelle des Schalscheleth hakabbala (94») dem
Supplementum chronicorum entnommen, wo es (17^), etwas yoII-
ständiger , heisst , dass Ninus auf den Rath und mit dem Beistande
des Therach die ersten Münzen habe prägen lassen.
Dass Abraham's Lebensgeschichte auch in andren Schriften, wenn
auch in verschiedner Weise , sagenhaft ausgeschmückt wird , ersieht
man aus den bei Fabricius (I, 336 fg.) angeführten Stellen. Be-
merkens werth ist namentlich die des Suidas s. y. 'Aßpocif/,^ wo
gesagt wird , dass Abraham , als er gesehen , dass der Himmel bald
heiter , bald dunkel sei , zu sich selbst gesagt habe : »Dieser ist kein
Gott!" (Oyjc sariv ovTog ieog) und ebenso, als er bemerkte, dass
die Sonne oft unsichtbar und yerdunkelt sei und dass das Licht
des Mondes bald ab-, bald zunehme, er gesagt habe: »Das sind
keine Götter !" — was an die Koranstelle Sur. 6, 76 fg., erinnert.
Übrigens heisst es ähnlich bei Josephus (Antt. I, 7, 1), dass
die Betrachtung Yon Sonne und Mond sowie der Yerändrungen
am Himmel Abraham zur Erkenntniss des Einen Gottes geführt
habe.
132
Unter den bei Fabricius (I, 345) aus Herbelot angefahrten
Stellen ist besonders die bemerkenswerth , dass Nimrod sehr hässlich
gewesen sei , und dass Abraham , als er ihn sah , zu seinem Yater
sagte: »Wie kommt es nur, dass die Geschöpfe dieses Gottes (d.
h. Nimrod's) schöner sind als er selbst?"
Im Schalscheleth hakabbala (94^) wird aus EusQbius, Praepar.
eyang., IX, 4, angeführt, dass Abraham der Erste gewesen, der
sich mit Sternkunde (mj*^JJltDliN) beschäftigte und sie — ebenso
die Arithmetik — die Aegypter lehrte. Dieses findet sich ebenfalls
im Supplementum chronicorum (18^), aber schon — wie aus Fa-
bricius, I, 359, zu ersehen — bei Josephus (Antt., I, 9).
Eine seltsame Enstellung der gewöhnlichen Sagen von Abraham
wird von Btrünt (p. y*f) erwähnt. Zunächst wird mit Bezug auf
die Sabier gesagt , dass Manche deren Benennung mit Al-harränijja
von Haran, dem Bruder Abrs^ham's, herleiten. Darauf heisst es
weiter , Ihn Sankilah , ein Christ , habe ein Buch verfasst , um ihre
Religion zu widerlegen , und dass in demselben , nebst andren
lügenhaften Berichten , auch erzählt werde , Abraham sei desshalb
aus ihrer Genossenschaft ausgetreten , weil sich an seiner Yorhaut
Aussatz zeigte und jeder damit Behaftete als Unreiner aus ihrer
Gemeinde ausgestossen wurde. Abraham — wird weiter erzählt —
vollzog desshalb die Beschneidung an sich selbst. Als er darauf
einen ihrer Götzentempel betrat, hörte er eine Stimme, die ihm
zurief: »0 Abraham, du bist von uns mit e^wer Sünde weggegan-
gen und mit zwei Sünden kehrst du zurück ; geh' und kehre nicht
wieder!" Hierüber erzürnt zertrümmerte er die Götzenbilder und
verliess die Gemeinde. Bald darauf empfand er Beue hierüber und
wollte — dem Brauche gemäss — seinen Sohn dem Planeten Saturn
opfern ; als aber Saturn seine tiefe Beue sah , war er mit dem
Opfer eines Widders zufrieden.
LOTH.
Im Vergleich zu Abraham erscheint Loth nur als Nebenperson ;
die ausschmückende Sage findet an Loth durchaus Nichts , was zu
133
seiner Verherrlichung dienen könnte — im Gegentheil. Nur seine
Trunkenheit ist sprichwörtlich geworden, und so heisst es denn
auch im Talmud (Erubin , 65^) , dass Einer (in juridischer Hin-
sicht) nur dann als betrunken ("HlDIi^) ^^ betrachten sei, wenn
seine Trunkenheit der des Loth gleichkomme. Bei den Arabern
wird ein nicht näher zu bezeichnendes Laster mit einem Yom
Namen Loth abgeleiteten Ausdruck benannt CJ^j^j ^^y^i wahr-
scheinlich mit Bezug auf einige [Koranstellen (7, 78; 11, 80; 27,
56) , an denen es aber nur heisst , dass Loth den Sodomiten die
Schändlichkeit dieses Lasters Yorstellte , wie denn in andren Spra-
chen die Benennung eines damit nah -verwandten Lasters von
vSodom" abgeleitet ist.
Loth kommt in der jüdischen Sage am meisten in Verbindung
mit Sodom vor. So wird gleich der Umstand , dass er die Gegend
von Sodom zum Aufenthaltsort erwählte (Gen., 13, 11 fg.), im Mi-
drasch z. St. (Ber. B., S. 41) mit dem darauf folgenden Satze
(Vs. 13) , dass die Bewohner von Sodom böse und sündige Menschen
waren , in Verbindung gebracht ^ dass nämlich Loth eben desshalb
Sodom zu seinem Wohnorte wählte, weil dessen Bewohner der
Unzucht fröhnten (in diesem Sinne wird speciell der Ausdruck
»Sünder" — D*^}^tDn — gedeutet) und er selbst den sinnlichen
Lüsten ergeben war.
Wie der erwähnte Vers nach hagadischer Weise detaillirt wird ,
so werden auch mit Bezug auf Gen., 18, 20 , die Sünden und gott-
losen Handlungen der Sodomiten im Einzelnen aufgezählt. Dar-
unter namentlich ihre Grausamkeit und Härtherzigkeit gegen Arme,
wie das auch Ez., 16,49, hervorgehoben wird , welche Stelle auch
in Pirke B. Eliezer (c. 25) und bei Nachmanides in seinem Com-
mentar zur Pentateuchstelle angeführt wird. Diese Grausamkeit
ging so weity dass diejenigen, welche, von Mitleid hingerissen,
dem einen und dem andren Armen Nahrung verabreichten , einen
qualvollen Tod erleiden mussten, wie das auch einer Jungfrau
widerfuhr (Ber. R. z. St., sect. 49; Sanhedrin, 109^; Targum jerus.
zu Gen., 18, 20. 21; Pirke R. Eliezer, c. 25, an letzterer Stelle
heisst es , die Jungfrau sei eine Tochter Loth's , Namens H^^tD^D >
gewesen). Loth's Frau hingegen war um Nichts besser als die
134
übrigen Bewohner Sodom's. Als die Engel Abends zu Loth kamen ,
ging sie bei ihren Nachbarinnen umher und sagte : v Leiht mir ein
wenig Salz; wir haben Gäste bekommen" — um so den Sodomiten
die Anwesenheit von Fremden kund zu geben. Zur Strafe hierfür
ward sie in eine Salzsäule verwandelt (Ber. B., S. 49 zu Gen.,
19, 26; Targum jerus. I z. St.) Wie Raschi zu Gen., 19, 26 —
nach einer andren Midraschs teile — bemerkt , hatte Loth zu seiner
Frau gesagt: »Gib mir etwas Salz für unsre Gäste", worauf sie
antwortete : i» Willst du auch diese schlechte Sitte (der Gastfreund-
schaft) bei uns einfahren?" In den Pirke B. Eliezer (1. c.) wird
hingegen erzählt , dass Loth zu seiner Frau , welche JT^T^y hiess ,
und seinen zwei Töchtern gesagt habe, sich nicht umzuschauen,
weil die Herrlichkeit Gottes (HJ^Dti^) *^^ ^^^ Städte Feuer und
Schwefel herabregnen lasse; seine Frau aber dachte mitleidsvoll
an ihre zwei in Sodom zurückgebliebenen Töchter und wandte sich
nach ihnen um, um zu sehen, ob sie ihnen vielleicht folgten. Da
erblickte sie die Herrlichkeit Gottes und ward zu einer Salzsäule ,
die noch jetzt existirt ; bei Tage lecken die weidenden Binder das
Salz derselben ab , das aber bei Nacht sich wieder neu bildet , so-
dass am Morgen wieder die Salzsäule da steht. Letzteres wird auch
im Sefer hajaschar (89^) sowie in Benjamin von Tudela^s Beise-
beschreibung (ed. Asher , 1 , 37) berichtet. Auch im Talmud (Bera.
choth , 54^) wird diese Salzsäule als noch bestehend erwähnt. Bei
der Aufzählung der Localitäten, an welchen Wunder geschehen
Bind und bei deren Anblick eine Benediction zu sprechen ist, wird
auch die Frau Loth's genannt , worunter , wie weiter erklärt wird
(54l>) , eben die Salzsäule zu verstehen ist.
Besonders ausführlich ist — vielleicht mit Bezug auf das
ÜIÜ ^J^Up ^®^ Jesaias, 1, 10, welche Stelle übrigens nicht an-
geführt wird — an der erwähnten Talmudstelle (Sanh., 109l>) die
Schilderung der vier sodomitischen Bichter, deren Namen (die
jedoch wie Beinamen aussehen) zugleich angegeben werden:
'i^T^l ^büD» ^Q^^h ^^inp^^ ^i<^pü^ also: Lügner, Lügen-
schmied, Fälscher, Bechtsverdreher. Welche Art von Becht bei ihnen
galt , — davon werden mehrere Beispiele gegeben. Dazu gehörte ,
dass , wenn Jemand Einen anklagte , dass er seinem Esel ein Ohr
135
abgehauen habe, mau zum Kläger sagte : »Qib Jenem deinen Esel ,
damit er ihn so lange behalte , bis das Ohr wieder angewachsen
ist". Hatte Jemand die schwangere Frau eines Andren geschlagen ,
so zwar dass sie abortirte , so sagte der Richter zum Ehemann :
»Gib Jenem deine Frau, damit er mit ihr ein andres Eind zeuge".
Wenn Jemand Einen blutig geschlagen hatte , und der Geschlagene
ihn verklagte, so wurde ihm gesagt, dass er dem, der ihn ge-
schlagen , eine Gratification schuldig sei dafür , dass er ihm gleich-
sam zur Ader gelassen habe. Alles das erinnert an itdas Urtheil
des Schemjaka" bei Chamisso sowie an andre ähnliche Erzählun-
gen in Benfe/s Pantschatantra (I, 394 fg.). Ebenso erinnert es
an das Prokrustesbett , wenn ferner von einem Bette erzählt wird ,
in das jeder angekommene Fremde sich legen musste. War das Bett
zu. lang , so dehnte man seinen Körper gewaltsam aus ; war es zu
kurz , so wurde der überragende Theil seines Körpers abgeschnitten.
Zugleich wird erzählt , wie Eliezer , der Diener Abraham's , als er
einst in Sodom war , all diesen Chicanen auf kluge Weise zu ent-
gehen wusste.
Viele andre Einzelheiten , die in den jüdischen Schriften erwähnt
werden, um die Gottlosigkeit der Sodomiten darzulegen, werden
in Beer's »Leben Abraham'S (p. 41« 162 fg.) angeführt. Sodom und
Gomorrha kommen im Koran, wie gewöhnlich, nicht unter diesem
Namen vor. Die zerstörten Städte werden , ähnlich wie in der Bibel
(Gesen,, Thes. s. v. "IQn j P* 388») , oLXftu,JI , die Umgestürzten ge-
nannt (Sur. 9, 71 ; 53, 53; 69, 9) , bei den arabischen Autoren ähn-
lich XfJLüJi (J^J^^ (AbA'1-Fidä, Geogr., ed. Reinaud, p. t*l*A ; Ista^rt
ed. De Goeje, p* 1f), das umgestürzte Land. Die Bewohner der-
selben heissen Jo^i «y» (Sur. 22, 43; 26, 160), welchen Ausdruck
auch die arabischen Autoren gebrauchen. Der Untergang dieser
Städte und ihrer Bewohner ist die Strafe dafür , dass sie den Er-
mahnungen Loth's kein Gehör gaben. Statt der untergeordneten
Rolle , welche Loth in den jüdischen Schriften spielt , wird er an
vielen KorÄnstellen (Sur. 7, 78 fg. ; 11, 79 fg.; 15, 61 fg.; 21, 74 fg.;
22, 43 fg.; 26, 160 fg.; 27, 55 fg.; 29, 27 fg.; 37, 133 fg.; 54, 33 fg.);
neben Noah , Abraham , Moses und andren Personen als Vorbild
und Vorläufer Mohammed's erwähnt. Wie bei den übrigen wird
136
auch sein Volk , das Jo^ «y^ , dafür bestraft , dass es trotz Loth's
Ermahnungen in seiner Ruchlosigkeit verharrte. So bemerkt auch
Bat^awt zu Sur. 7, 83 , noch besonders , dass Loth von Gott zu den
Bewohnern Sodom^s («^^«^) gesandt wurde, um sie zu ermahnen und
zu warnen , wie auch in einer von Zamahsart und Baidawt zu Sur.
11, 83, angeführten Überlieferung Mohammed den Loth seinen Bruder
(h^ (^5^0 nennt.
Loth's Frau hingegen wird Sur. 66, 10, neben der Frau Noah's
erwähnt , indem von beiden gesagt wird , dass sie ungläubig waren ,
ihren Männern gegenüber aber Frömmigkeit heuchelten , wesshalb
beide zum Höllenfeuer verdammt wurden. Zamat][§art z. St. (II,
lö.l) führt eine Überlieferung an , wonach Mohammad , als Antwort
auf eine Frage Aii^a^s , gesagt habe , der !N'ame von Loth^s Frau
sei Wäila, der von Noah's Frau Wahila gewesen. Sur. 11, 82, und
29, 31, wird dem Loth vorher gesagt, dass seine Frau dasselbe
Schicksal haben werde wie die übrigen Bewohner der Stadt ; nach
andren Stellen (7, 81 ; 27, 58 ; 29, 31. 32 ; 37, 135) blieb sie zurück
und fand ihren Untergang mit den Übrigen. In diesem Sinne wird
das hier mehrfach vorkommende ^jUi? ^ vi^Jl/ von Zamahsart
und Bai44wt zu Sur. 7, 81 erklärt.
Das im !^or&n vom Untergänge Sodom's Erzählte wird von den
Commentatoren des Näheren geschildert. Sur. 11, 83, wird erzählt,
wie die Engel zu Loth sagten: »Wir sind von Gott gesandt ; jene
(die Sodomiten) werden dir Nichts anhaben können." Hierzu bemer-
ken Zamal^^ari und Bai4^wt, dass Gabriel mit seinem Flügel (welchen
Zamali^art bei dieser Gelegenheit etwas näher beschreibt) den So-
domiten in's Angesicht schlug, sodass sie blind wurden und mit
dem Rufe fortstürzten : »Fliehet , fliehet ! Es sind Zauberer in Loth's
Hause". ZamaliSart verweist zugleich auf Sur. 54, 37 , woselbst
diese Blendung der Sodomiten kurz erwähnt wird. Ferner erzählen
beide Commentatoren , dass Loth's Frau , als sie sah , wie das Ver-
derben über Sodom hereinbrach, ausgerufen habe: >Ach, mein
Volk!" worauf sie von einem niederfallenden Steine erschlagen
wurde. Zu Sur. 11, 84, woselbst es mit Bezug auf Sodom heisst,
dass das Oberste zu unterst gekehrt ward, bemerken dieselben,
dass Gabriel mit seinem Flügel die Stadt gen Himmel erhob , und
137
zwar so hoch , dass des Bellen der Hunde und das Krähen der Hähne
Yon den Himmelsbewohnern gehört wurde , worauf er sie umstürzte.
Im jl^orän ist übrigens nicht von Feuer und Schwefel , sondern von
herabfallenden Steinen die Rede, welche Sur. 11, 84, des Näheren
beschrieben werden; dazu gehört auch, dass sie v bezeichnet" —
ä^£a%w9 — waren , was nach einer Ton den Commentatoren ange-
führten Meinung besagen soll , dass jeder Stein den Namen dessen
trug , den er treffen sollte. Zu Sur. 7, 81, bemerkt Zamal^^art (I ,
f öi) , dass die Steine nur diejenigen trafen , welche Terreist , also
ausserhalb der Stadt waren , während die in der Stadt Gebliebenen
von der Erde yerschlungen wurden; ferner dass, einer Sage zu-
folge , damals ein Kaufmann (aus einer der zerstörten Städte) sich
in der Umgebung von Mekka («Jl ^^) befand, der, als er nach 40
Tagen dort sein Geschäft beendet hatte und jene Gegend yerliess ,
Yon dem für ihn bestimmten Stein getroffen und getödtet wurde.
Ferner bemerkt Zamajbsart, dass nach der Meinung Einiger die
zerstörten Städte (oIXajyLi) aus fünf Ortschaften bestanden , während
Andre sagen , es seien 4000 Städte gewesen , auf welche Gott Feuer
und Schwefel herabregnen Hess. (Das yom Kaufmann im Gebiete
Mekka's Erzählte wird in gleicher Weise von Zamahsart zu Sur.
7. 76 — p. f öv — mit Bezug auf einen Bewohner Thamüd^s erzählt.)
Auch Mas^üdt (1 , 85) sagt , dass unter den olX&j^^ fünf Städte
verstanden seien. Das arabische Wort leitet er übrigens von (^t ,
lügen, ab, welche Erklärung auch Zamal^darl zu Sur. 9, 71, gibt,
indem er sagt , es sei damit ihre Ungerechtigkeit und Peryersität
gemeint , während Baidäwt z. St. nebst dieser auch die andre Er-
klärung mit «die Umgestürzten" anführt. Dass übrigens auch dem
hebräischen "1Qp| der Begriff Lüge , Falschheit nicht fremd ist ,
ersieht man aus Ges. Thes. s. t., p. 388^ 389^.
Mas'üdt berichtet ferner, dass die Sur. 11,84, erwähnten »be-
zeichneten" Steine noch zu seiner Zeit (332 der Hi^a) in jener
Gegend gefunden würden und dass sie von glänzend schwarzer
Farbe seien. Auch l^zwtnt (s. y. (^A^ , II , ^o) sagt , dass sich
in der Umgegend von Sodom oder des umgestürzten Landes (^J^^
ÄjJLÄi^) derzeit noch jene Steine fanden, was Abtl'l-Fid4 (Geogr.
ed. Reinaud, p. ITa) ebenfalls erwähnt.
18
138
Auch Ibn el-Atlr (I , Af fg.) erzählt — unter Anfuhrung der Stel-
len Sur. 29, 27 fg., 11, 73 fg. nebst erweiternder Erklärung der-
selben — von der Ruchlosigkeit der Sodomiten , wie sie namentlich
dem Laster des Jo^^ fröhnten und Yon ihrer Beraubung und Miss-
handlung der Wanderer , wozu gehörte, dass sie dieselben zu eben
diesem Jo}^ missbrauchten (^^^Xs>\i |^l^ jU^ i^^yi-^^ ^^^ qI-^
'gjo\ß^\ ^^ yiXJt^ ^^ läUo iü ^^fiL^^ ^ ZA Ü? ^mi) und wie
Loth sie vergebens ermahnte und dann zu Gott betete, ihm bei-
zustehen ; wie alsdann Gabriel nebst Michael und Israfil zu Abraham
kamen , der sie gastlich aufnahm und wie sie ihm yon ihrer Sen-
dung nach Sodom erzählten ; wie hierauf Abraham Gabriel bat ,
die Stadt zu verschonen , wenn sich dort 50, 40, 30, 20, 10 Gläu-
bige ((2;>JLm^<«) fanden und wie Gabriel dieses gewährte und zugleich
sagte , dass er jedenfalls Loth mit den Seinen erretten werde ,
mit Ausnahme seiner Frau. Gott hatte nun aber — heisst es weiter
— den Engeln gesagt, Sodom nicht eher zu zerstören, als bis
sie von Loth vier Aussagen über die Buchlosigkeit der Bewohner
gehört hätten. Als sie nun in die Nähe Sodom's gekommen waren ,
begegnete ihnen Loth ; sie sagten zu ihm , sie möchten diese Nacht
bei ihm einkehren ; Loth war es zufrieden , dann sagte er zu ihnen :
)>Ihr wisst nicht , dass die Bewohner dieser Stadt jeder Schandthat
fähig sind , bei Gott I ich weiss von keinem Volke der Erde , das
ruchloser wäre als sie". Das sagte er viermal. Als sie nun in das
Haus Loth's gekommen waren, ging seine Frau bei den Stadt-
leuten umher und sagte zu ihnen : »Es sind Fremde bei uns ein-
gekehrt; noch nie habe ich so schöne Männer gesehen''. Darauf
folgt — wiederum mit kleinen Andrungen und erklärenden Zu-
sätzen — die Erzählung ,' wie sie Sur. 11, 80 fg. sich findet. Die
Blendung der Sodomiten durch Gabriel, wie er dann die Stadt
bis zum Himmel emporhob und sie hierauf umstürzte, und wie
Loth's Frau bei ihrem "Wehklagen über den Untergang ihres Volkes
von einem auf sie niederfallenden Steine getödtet wurde — Alles
das wird ebenso wie an den oben angeführten Stellen Zamal)Sart's
undBai4äwt's erzählt. Ferner wird erwähnt, dass es fünf Städte gewe-
sen seien , die vom Volke Loth's .{hy «y$) bewohnt wurden, nämlich :
»yKA<9, Lc^iS, HpC, Mtyo, «3«Xw (cf. Gen., 10, 19; 14, 2.8; Deut.,
139
29, 23). Am Schlüsse wird die nähere Erklärung des Sur. 11, 80,
Yorkommenden Ausdrucks ^^r^. gegeben.
Auch bei Abü'l-Fid4 (Eist, anteisl., p. 24) wird erzählt, dass
Loth Yon Gott zu den Sodomiten gesandt wurde, damit er sie
ermahne, von ihrem ruchlosen Lebenswandel abzulassen. Hierzu
wird Sur. 29, 27. 28, angeführt, an welcher Stelle Loth ihr un-
züchtiges Treiben rügt, und ihnen zugleich den Vorwurf macht,
dass sie Wegelagerer seien, welches Letztere (J^^mJ! ^ydaüj^),
ebenso wie bei Ihn el-Attr , mit ihrer Unzucht in Verbindung ge-
bracht wird. Als nun aber Loth sah — heisst es weiter — dass
alle seine Strafreden umsonst waren , rief er Gott um Beistand
gegen die Sodomiten an. Darauf sandte Gott einige Engel, um
Sodom — das allein 400,000 Einwohner zählte — mit den fünf
dazu gehörigen Ortschaften zu zerstören ; letztere hiessen : Sabga ,
'Amra , Idma , Sabwim , Bela. Als die Engel dem Abraham sagten ,
dass sie Sodom zerstören würden , bat derselbe um Schonung , wenn
sich dort 50—40—30—20—10 Gläubige fänden, was Gabriel auch
versprach. Darauf sagte Abraham, dass Loth dort wohne. »Wir
wissen wohl, wer dort wohnt", antwortete Gabriel mit den übrigen
Engeln (nach Sur. 29, 31). Als nun die Engel zu Loth gekommen
waren und die Sodomiten herbei eilten , um ihre unzüchtigen Be-
gierden zu befriedigen , wurden sie Yon Gabriel geblendet. Darauf
sagten die Engel zu Loth : »Gott hat uns hierher gesandt ; verlasse
noch diese Nacht die Stadt mit den Deinen, und dass Keiner
unterwegs sich umwende" (nach Sur. 11, 83). Als es Tag ward,
zerstörten die Engel Sodom mit den fünf Ortschaften. Als Loth's
Frau das Getöse hörte , rief sie aus : »Ach , mein Yolk !" Da ward
sie Yon einem herabfallenden Steine getödtet. Aber auch diejenigen ,
welche anderswo waren, fanden ihren Untergang, indem Gott Steine
auf sie herniederfallen Hess.
Die Bichter von Sodom , von welchen — wie oben erwähnt
wurde — in den jüdischen Schriften die Rede ist, kommen auch
bei den arabischen Autoren vor. So wird bei JÄ^üt (s. v. rjcXw,
III, oi) nach Meidänt das Sprichwort »ungerechter als ein Bich-
ter von Sodom" (*^tX.^ i^^ CT j^^) angeführt , das sich in der
That auch bei Frey tag (Arabum Prov, I, 336, N° 194) ündet,
140
woselbst auf Schiütens Ausgabe von Meid&nt's Sprüchen (p.
144, N^. 230) verwiesen wird. Dasselbe Sprichwort (^J j^\
,»3Ju. MjSiS^) wird auch bei Mas'üdt (III, 160) angeführt und
ebenso bei Jakdbt (p. ft^) : «^«Xw aX»- ^Jm jV^^* J&^^ht gibt zu-
gleich die Namen zweier Richter in Sodoman, ^^^ßA^ l5;^' ^^^
also den oben aus dem Talmud angeführten ähnlich lauten {Jiä>
bedeutet auch im Arabischen »Lüge"). Als Beispiel ihrer Rechts.
Sprüche erzählt JaJkübt, dass, wenn Jemand einen Andren blutig
geschlagen hatte, der Geschlagene ihm (für den heilsamen Blut-
Yerlust) eine Belohnung geben musste, was wiederum der talmu-
dischen Schilderung entspricht.
Auch eine Tochter Loth's wird bei den arabischen Autoren be-
sonders erwähnt. Bei J^küt (II , il^l*") wird Zo^ar (jcj) als Name
einer Stadt angeführt , die nach dem Namen einer Tochter Loth's ,
welche dort wohnte, so genannt worden sei (das Gen., 19, 22,
erwähnte "HWU > vielleicht auch eine Verwechslung mit n'n'^VUn *
ib., vs. 31 fg.). Ebenso wird (I , oll*) vom stinkenden See (lj^.^uJI
xIäaXI, die gewöhnliche Benennung des todten Meeres bei den
Arabern) gesagt , derselbe werde auch der See Zogar , der umge-
stürzte (XjJLäLt) , auch der verfluchte See ^ genannt , und dass in dem-
selben Niemand untersinken könne. Auch an der bereits angeführten
Stelle Abü'l-Fida's (p. ^^a) werden beide Benennungen identifizirt.
Dimiskl (p. La) erwähnt ebenfalls den Salzsee von Zogar , der
auch »See Loth's" genannt werde. (Im Talmud — Sabbath, 108l> —
heisst das todte Meer »Meer von Sodom", und wird zugleich ge-
sagt, dass noch nie Jemand in demselben versunken sei). Auch
^azwtnt (I , til) erwähnt eine Quelle Zogar in einem Thale nahe
dem stinkenden See , die nach einer Tochter Loth's , welche in
deren Nähe starb, so genannt worden sei. Ferner sagt er, dass
diese Quelle am Ende der Zeiten versiegen werde, als eines der
Anzeichen der Auferstehung«
Die syrischen Autoren (bei Lagarde, 1. c, p. 125) erzählen, Loth's
Frau sei eine Tochter des Königs von Sodom und ihrem Vater-
hause sehr zugethan gewesen. So glaubte sie auch nicht , dass Gott
ihre Vaterstadt zerstören würde, ja, sie behauptete, Gott würde
alsdann ungerecht handeln« Als sie nun das zu ihrem Manne sagte
141
und sich gleichzeitig umwandte, ward sie in einen Salzstein
'(^JU jÄ>-) verwandelt , während der Erdboden über die Bewohner
Sodom's sich erhob und sie lebend in das Höllenfeuer stürzten.
Dieser Salzstein bestand als Denkmial für die Zeiten 250 Jahre
lang , bis Esau, der Sohn Isaak's, ihn zerbrach und in den See Loth's
warf. Der Name von Loth's Frau war ^ LUww^ , der Name ihres
Vaters war « .L (^^3 C^en., 14, 2). Von Loth's Töchtern hiess die
ältere ^^, die jüngere ^Lyo.
ISAAK UND JAKOB.
Im Vergleich zur Geschichte Abraham's und der Jakob's bietet die
Lebensgeschichte Isaak's der Sage wenig Stoff zur Ausschmückung.
Isaak bildet den Übergang von Abraham zu Jakob ; er ist der
Sohn des Einen und der Vater des Andren, und es lässt sich
Yon ihm sagen, was Abraham Mendelssohn Ton sich selbst zu
sagen pflegte, dass er nämlich nie einen eigentlichen und eignen
Namen gehabt, da man ihn in seiner Jugend den Sohn Moses
Mendelssohn's , in seinem Mannesalter den Vater des Felix Mendels-
sohn nannte. Es ist nur eine Episode im Leben Isaak's, die von
der Sage ausgeschmückt wird, die bereits oben besprochene rnpV >
die Erzählung von der beabsichtigten Opferung Isaak's. Eigent-
lich aber ist auch hier Abraham die Hauptperson; er ist der
Opfernde, während Isaak eine mehr passive Rolle spielt. So ist
denn auch in der Liturgie ^pyjH , der Gebundene , das stehende
Epitheton Isaak's, und ein liturgisches Stück im sephardischen
Machsor für den Versöhnungstag (Vespergebet) so wie im Rituale
der Karäer (D-iJ^lpri m^Dn "IIDj ed. Wien, 1854, IV, p. 210),
dessen Thema die Opfrung Isaaks bildet , hat den Refrain : ^p'^yH
An einer Stelle der von Buber edirten Sammlung von Hagadas
zum B. Esther OnON H^Jö ^V NmJNT ^DD) werden (p. 2)
die »Ersten" verschiedener Art aufgezählt , wie z. B. Adam als
der Erste der geschaffenen Menschen , Kain als d^r erste Mörder ,
142
Joseph als der Erste unter den Frommen, Moses als der Erste
unter den Propheten , Abraham als der erste Beschnittne und Isaak
als der erste Gebundne i^ynp^^b K^NI)- Isaak erscheint also
weniger in activer als in passiver Weise.
Obschon es nun aber beim blossen Willen yerblieb und die
eigentliche That , die Opferung , nicht zur Ausführung kam , so war
aber doch schon diese Vorbereitung von eingreifender Wirkung
in das Leben der beiden Patriarchen insofern als , der Hagada zu
Folge , die beabsichtigte Opferung Sarah's Tod zur Folge hatte. Da
auf die Erzählung von der rnpV ^*st unmittelbar die vom Ableben
Sarah's folgt , so werden beide in einen Causalnexus gebracht. Es
wird nämlich erzählt: »Als Sarah hörte, dass Abraham im Begriff
gewesen sei, seinen Sohn zu opfern, und dass dieses auch ge-
schehen wäre , wenn nicht ein Engel Gottes ihn daran verhindert
hätte, erschrak sie so sehr, dass ihre Seele entfloh*' (Ber. B., S.
58; Raschi zu Gen., 28, 2). An einer andren Stelle (Wajikra B.,
S. 20) wird erzählt , dass Sarah ihren Sohn fragte : »Wo bist du
gewesen, mein Sohn?" Darauf sagte Isaak: »Mein Yater nahm
mich und führte mich über Berge hinauf und durch Thäler entlang,
bis wir an einen Berg kamen, wo er einen Altar errichtete und
Holz aufschichtete und ein Messer nahm , um mich zu schlachten ,
was er auch gethan hätte , wenn ihm nicht ein Engel von Himmel
zugerufen , es nicht zu thun". Da rief Sarah aus : »Wehe , du Sohn
einer unglücklichen Mutter! Ohne den Engel wärest du also ge-
schlachtet worden P" »Allerdings", antwortete Isaak. Da stiess Sarah
ein Wehgeschrei aus und verschied. Nach den Pirke B. Eliezer
(c. 32) und dem jerus. Targum zu Gen. 22, 20 , war es der Satan,
welcher die Kunde brachte.
Auch bei den syrischen Autoren (Lagarde, p. 137) wird die
Stelle Gen., 23, 2, mit den Worten angeführt: »Und Sarah starb
in der Stadt der Riesen, welche ist im Thale Chebron in Ee-
naan" (auch im Midrasch z. St. , Ber. B., S. 58 , wird der Name
yi31J< n^lp ^^^ pjy ^^^ seil*® d'^ei Söhne — Num. 13, 22 , und
Jos. 15, 13. 14 — bezogen). Dazu wird bemerkt: »Als Sarah die
Kunde von dem vernahm , was Abraham mit ihrem Sohne zu \ oll-
bringen im Begriffe war , betrübte sie das sehr , so zwar , dass sie
U3
krank ward und am dritten Tage ihrer Krankheit yerschied". Das-
selbe findet sich auch bei Eutychius (1 , 66) , woselbst auch der
Yon Sarah ausgestossene Weheruf erwähnt wird.
Auch mit Bezug auf die Geburt Isaak^s , oder vielmehr mit Bezug
auf Abraham's Freude darüber, wird bei den syrischen Autoren
(ibid,, p. 130) die Stelle Gen., 21, 7 ^zugleich mit Anknüpfung an
Ys. 6) so aufgefasst , dass Sarah in ihren Freude gesagt habe : i^Wer
wird hingehen und es dem Abraham verkünden, dass Sarah ihm
einen Sohn geboren und in ihrem Aller noch ein Kind säugt ?'^
Abraham — wird ferner erzählt — war nämlich bei Isaak's Geburt
nicht anwesend, da er damals in der Wüste Kadesch war, um
seine Schafe zu scheren. Am siebenten Tage nach Isaak^s Geburt
trat er die Heimreise an. Als ihm nun unterwegs gesagt ward,
dass Sarah ihm einen Sohn geboren habe , freute er sich sehr und
dankte Gott für diese Gnade. Am Tage der Beschneidang Isaak's
richtete er ein Gastmahl an, und schlachtete 100 Schafe, 100
Ziegenböcke und 70 Stiere.
Bei den Arabern findet Isaak kaum Erwähnung , denn auch das
einzige Hervorragende in seinem Leben, seine Opferbereitwillig-
keit, wird zumeist — wie oben erwähnt wurde — nicht ihm,
sondern dem Ismael zugeschrieben. Sogar die arabische Form seines
Namen »Ishak" (ü^-^UmI) entspricht mehr der griechischen oder
syrischen als der hebräischen Benennung ; vielleicht auch , dass bei
den arabischen Juden »Ishak'* als Name gebräuchlich war und
man also der Umgangssprache diese Form entlehnte. Das biblische
Etymon des Namens aber ist den Arabern durchaus unbekannt,
ebenso wie die Erzählung, in welcher dasselbe vorkommt, und
zwar in den synonymen Bedeutungen von »Freude" und »Lachen"
(Gen., 17, 17. 19; 18, 12; 21, 3. 6). Eine Hauptstelle ist Gen.,
18, 12 fg., woselbst erzählt wird, wie Sarah bei der Verkündi-
gung der Geburt eines Sohnes gelacht habe (pHüm) ^^^ ^^*^
aus Yerwundrung über die Yorhersagung eines unwarscheinlichen
Ereignisses, während — wie Raschi z. St. mit Bezug auf die
verschiednen Übersetzungen des Onkelos bemerkt — das pHü^l
Gen., 17, 17, Abraham's Freude ausdrückt. Die Erzählung, wie
die Engel zu Abraham kamen, findet sich nun auch im IS^orän
144
(äur. 11, 72 fg.). Es wird zunächst erzählt, dass Abraham , als er
sah, dass sie die ihnen vorgesetzte Speise nicht berührten , Fareht
Yor ihnen empfand, worauf sie sagten: i Fürchte Nichts, wir sind
zum Volke Loth's gesandt" (d. h., wie Bai44wi z. 3t. bemerkt , wir
sind zur Bestrafung gesandte Engel und desshalb geniessen wir
keine Speise). Seine Frau — heisst es weiter — stand dabei und
lachte. Und wir yerkündeten ihnen Isaak und nach Isaak Jakob.
Und sie sprach : »Wie sollte ich Kinder gebären ? Ich bin ja eine
alte Frau, und auch mein Mann ist alt; das ist in der That wunder-
bar".* Darauf sagten die Engel: i Wunderst da dich über das, was
Gott beschlossen? Gottes Gnade und Barmherzigkeit komme über
euch I"
Da nun zunächst Sarah's Lachen und darauf erst die Verkün-
digung von Isaak's Geburt und Sarah's Verwundrung hierüber
erzählt wird, so geben Zamahsart (I, Hf) und Bai4äwl z. St. als
Grund des Lachens an, dass Sarah sich darüber gefreut habe,
dass Abraham's anfängliche Furcht yerschwunden war, oder dar-
über, dass die Bewohner Sodom's bestraft werden sollten. Nach
einer angeführten dritten Erklärung ist hier Yon Lachen gar nicht
die Bede; das dafür gebrauchte Wort (v.:>^^^Uad) soll yielmehr
(gleichbedeutend mit o^c^L^^) besagen, dass Sarah in demselben
Augenblicke (gewissermassen als Beweis für die Wahrheit der —
allerdings erst folgenden — Verkündigung) empfand, dass sie
keineswegs zu den ganz alten Frauen (:^.^\fi) gehöre und dass das
in der biblbchen Erzählung (Gen. 18, 11) von ihr Gesagte jetzt
aufgehört habe.
Aber auch eine andre , mit der biblischen Erzählung überein-
stimmende , Erklärung , wonach das Lachen Sarah's besagen sollte :
»Die Botschaft hör' ich wohl , allein mir fehlt der Glaube" — auch
diese Erklärung findet sich bei den arabischen Autoren* So führt
Geiger (p. 130) eine von Elpherar gegebne Erklärung an , wonach
Sarah aus Verwundrung darüber lachte, dass sie in ihrem Alter
noch ein Kind gebären sollte und die einzelnen Säize in andrer
Folge zu lesen seien, so dass erst auf die Verkündigung Isaak's
das Lachen Sarah's folgte. Diese Erklärung der l^or&nstelle als
v^repoy TtpdTspoy (^w^Uüt^ ^»^»JüiÄil ^^^ -^ denselben Ausdruck ge-
145
braucht Zama^^ari, I, Iva, zu Sur. 12, 100; ähnlich ist das talmu-
dische nmro nm^Di ^lp^t2 p^<, ßuxtorf s. y. n^^<, coi. 62)
wird übrigens — nebst den andren — auch von Lane s. v. i^L^/to
angeführt*
Die im Pentateuch so umständlich erzählte Verkündigung Yon
Isaak's Geburt wird also im ]S^orS,n und bei den arabischen Auto-
ren nur flüchtig und ungenau erzählt , was wiederum der geringen
Bedeutung Isaak's bei den Arabern entspricht.
Aus der oben angeführten ]^or4nstelle ist aber zugleich ersicht-
lich, dass Mohammed auch in Bezug auf Jakob sehr unklare
Vorstellungen hatte , worauf bereits Geiger (p. 138) hinweist , unter
Anführung von Sur, 11, 74 : »Und wir verkündeten ihnen Isaak und
nach Isaak Jakob" (s-y^^. vJL^U^t ^t.^ ^j^) , wo also Jakob ebenso
wie Isaak als Sohn Abraham's erwähnt wird. Ahnlich heisst es
an andren, von Geiger augeführten Stellen (Sur. 6, 84; 19, 50;
29, 26): »ViTir gaben ihm (dem Abraham) Isaak und JakoV.
Geiger fügt hinzu , dass in der Sunne, 398 und 400, deutlich Joseph
als der Enkel Abraham's und Jakob als dessen Sohn benannt wird ,
führt aber auch — nach De Sacy's Anthologie grammaticale , p. 125
— Zama^öltri zu Sur. 12, 4 (I, 1l*i, ebenso Bai4&wt z. St. , I , fö^)
an, woselbst der (bereits oben angeführte) Spruch des Propheten
erwähnt wird : Der Edle (Mj^^) Sohn des Edlen , Sohnes des Edlen ,
Sohnes des Edlen — das ist Joseph, Sohn Jakob's, Sohnes Isaak's,
Sohnes Abraham's. Zu dieser Stelle bemerkt aber Geiger , dass un-
ter den späteren Arabern oft richtigere Überlieferungen verbreitet
waren, als sie der !Kor4n darbot. In der That sagt auch ZamahSari
(I, in), und ebenso Bai4^wt zu Sur. 11, 74, dass »nach Isaak Jakob"
so aufzufassen sei , dass Jakob der Sohn Isaak's , also der Sohnes,
söhn Abraham's ist, wie auch Sur. 6, 84 u. 19, 50 in demselben Sinne
erklärt werden.
Mas'üdt (I, 89) gibt (mit andren Abweichungen von der ur-
sprünglichen Form) die Namen der 12 Söhne Jakob's an und. erzählt
gleichzeitig , dass Jakob dem Esau , aus Furcht vor ihm , von seinen
5500 Schafen und Ziegen den zehnten Theil als Geschenk gegeben.
Dafür aber — wird weiter erzählt — , dass er Esau fürchtete und
nicht auf Gott vertraute, wurde er bestraft. Gott sagte nämlich
19
146
zu ihm : »Weil du Furcht vor Esau hattest statt auf mich zu yer-
trauen, werden die Kinder Esau's (die Römer) 550 Jahre lang
über deine Nachkommen herrschen." Von der Zerstörung Jerusalem's
durch die Römer bis zur Eroberung des Landes durch ""Omar b.
al-Hattäb zählt man aber in der That 550 Jahre. (Auch Qamza
I^fahltnt sagt — p. a*1 — , dass Jerusalem 554 Jahre lang im
Zustande der Zerstörung gewesen , bis 'Omar b. al-Hatt^b die Stadt
wieder neu aufbaute).
Dass Jakob an die Erfüllung seines Gelübdes , Gott yon Allem
den Zehnten zu weihen (Gen., 28, 22) , erst gemahnt werden musste
(ib., 35 , 1 fg.) , wird im Midrasch z. St. (Ber, R., S. 81) scharf
getadelt unter Anführung des Sprichwortes: »In der Stunde der
Bedrängniss das Gelübde, in der Stunde des Glückes das Ver-
gessen" (J<OC3^52^ nmn nys^D im: ^npy nys^D)- ^n einer
andren Stelle (ib., S. 70, zu Gen., 28, 20 fg.) heisst es , dass Jakob
von seinen Söhnen Levi als Zehnten Gott weihte. In den Pirke
R. Eliezer (c. 37) wird erzählt, dass der Gen., 32, 25 fg., erwähnte
Engel Jakob zur Erfüllung seines Gelübdes ermahnt habe. Darauf
gab Jakob den Zehnten yon seinem Eleinyieh, das 5500 Stück
betrug, und sonderte alsdann Leyi als gottgeweihten Zehnten ab.
Darauf stieg der Engel Michael hernieder , nahm Leyi und brachte
ihn yor Gott und sagte: »Herr der Welt! Hier ist dein Antheil
des Zehnten (nach Num., 18, 20; Deut., 10, 9). Darauf segnete
Gott den Levi, dass seine Nachkommen Gottes Diener auf Erden
sein sollten, wie im Himmel die dienstthueuden Engel (*^3{^^D
In dem längst gedruckten sowie in dem yon Buber edirten
Midrasch Tanchuma (I , p. 87. 88) heisst es — mit kleinen Varianten
— in Bezug auf Gen., 34, 1 fg., dass der Engel dem Jakob seine
Säumniss in der Erfüllung des Gelübdes yorgehalten habe , und dass
die Zwistigkeiten mit Laban , sowie Jakob's Hinken in Folge des
Ringkampfes , ferner das Unglück mit Dinah und den Sichemiten
und endlich der Tod Rachel's — dass dies Alles Strafen für die
Nichterfüllung des Gelübdes waren.
Auch bei den syrischen Autoren (Lagarde , p. 165) heisst es —
unter Anführung der Stelle Gen«, 28, 22, wo Jakob gelobt, yon
147
Allem , was Gott ihm geben werde , den Zehnten Gott zu geben — ,
* dass, nachdem Gott ihm das Yerheissene aach gegeben hatte, Jakob
nicht an Gott, sondern an Esau den Zehnten entrichtete. Dass nun
der Engel beim Ringen mit ihm seine Hüfte verrenkte , sollte ihn
ah die Erfüllung seines Gelübdes erinnern , und dass , als die Sonne
aufging, Jakob auf seiner Hüfte hinkte (32, 32), geschah , damit
die Erinnrung eine bleibende sei und er nicht etwa Alles für eine
nächtliche Traumerscheinung halte.
Im Buche der Jubiläen (Ewald's Jahrbücher , III , 41) wird er-
zählt , dass Isaak den Jakob ermahnt habe , sein Gelübde zu erfüllen,
und dass darauf Jakob von Allem den Zehnten gab, vom Vieh,
Yom Golde und yon Kleidern und auch von seinen Söhnen Leyi
als Zehnten auswählte und ihn in priesterliche Gewänder kleidete ,
worauf er in Beth-El als Priester diente.
Dass Jakob den Levi Gott als Zehnten weihte, wird auch bei Gly-
cas (ed. Bonn , p. 263) erwähnt , unter Anführung von Gen., 28, 22
und Deut., 10, 9, letztere Stelle mit den Worten: *0 yap Kiipiog
/Z€p)g ctÖTiv K») K^ijpog (bei den LXX : Kiiptog xiro^ K^^fjpog auTov ,
während p^H ^^ demselben Verse sowie Num., 18, 20, allerdings
mit fispig übersetzt wird). Bei Syncellus (1 , 200. 207, ed, Bonn) wird
ebenfalls erzählt , dass Jakob den Levi als den zehnten von seinen
Söhnen — indem er von Benjamin zu zählen anfing — Gott weihte
und zum Priester machte, gemäss seinem früher (Gen., 28, 22)
gethanen Gelübde. Eigentlich zwar — heisst es weiter — hätte
Beuben das Erstgeburtsrecht sowie die Königs- und Priesterwürde
besitzen sollen ; wegen seines Vergehens mit Bilha aber wurde das
erstere an Joseph , die Königswürde an Jehudah , und die Priester-
würde an Leyi verliehen. Syncellus führt gleichzeitig Josephus an ,
nach welchem Isaak die Königswürde dem Jehuda , und die Priester-
würde dem Levi verlieh.
Dass Beuben die drei »Kronen*', d. h. die Krone der Erstgeburt
sowie die des König- und Priesterthums , wegen seines Vergehens
mit Bilha verlor , und dieselben an Joseph , Jehudah und Levi über-
geben wurden , wird in Bereschith B., S. 98 , zu Gen., 49, 3 sowie
im jerus. Targum z. St. erwähnt , obschon an diesen wie an andren
Stellen (Sabbath, 56^, Targ. jerus. und Baschi zu Gen. 35, 22)
148
zugleich gesagt wird , das Vergehen Rubens habe bloss darin be-
standen, dass er das Bett Bilha's in Unordnung brachte. Nach
dem Tode Rachels hatte nämlich Jakob ihr Bett der Bilha einge-
räumt; es Yordross nun Reuben dass, wie früher Rachel, jetzt
deren Sklavin die Nebenfrau seiner Mutter Leah sein sollte, und
so brachte er das Bett Bilha's in Unordnung.
Auch Ephräm Syrus (Lagarde, p. 166) sagt, dass das Gen.,
35, 22 , Yon Reuben Erzählte nicht wörtlich aufzufassen sei , dass
Reuben Tielmehr nach dem Tode Rachel's das Zelt seiner Mutter
Leah genommen und dasselbe an dem Orte , wo Rachel's Zelt ge-
standen , aufgerichtet habe ; darauf schlief er im Zelte seiner Mutter,
und Bilha schlief im Zelte Rachel's.
JOSEPH.
Die jüdischen und arabischen Sagen, die sich auf Joseph be-
ziehen , habe ich ZDMG. LXIII , 1 fg. zusammengestellt und will
hier nicht darauf zurückkommen. Es sei also nur Das erwähnt,
was sich bei den syrischen Autoren findet. Bei de Lagarde (p. 171)
heisst es , es sei kein Grund yorhanden , auf die Geschichte Joseph's
des Näheren einzugehen, da sie allgemein bekannt sei. Dage-
gen aber finden sich einzelne Ausschmückungen derselben bei
Ephräm Syrus. Mit Bezug auf die Standeserhöhung Joseph's er-
zählt derselbe (p. 93) : Als Joseph's früherer Herr all die ihm
erwiesenen Ehren sah, eilte er nach Hause und sagte zu seiner Frau :
»Sieh, jener Joseph, der einst unser Sklave war — er herrscht
jetzt über uns; er, dem wir sein Gewand ausgezogen, den hat
Pharaoh mit dem Purpur bekleidet, und er, den wir aus dem
Hause verjagt, der fährt im Wagen des Königs, und statt der.
eisernen Ketten trägt er die Krone auf dem Haupte". Seine Frau
sagte: »Es ist wahr, ich habe Joseph geliebt, da seine Schönheit
mich blendete, und so habe ich unrecht gegen ihn gehandelt,
aber ohne uns wäre er nie zu dieser Grösse gelangt". Als nun
Potiphar vor Joseph erschien, übte dieser keine Yergeltung an
ihm aus, da er wusste, dass Gott Alles so gefugt hatte.
149
Mit Bezug auf die Wiedererkennungssceine sagt Ephräm (p. 101) ,
dass Pharaoh und seine Grossen sich darüber freuten, weil sie
einsahen , dass kein niedriger Sklave das Land beherrsche , sondern
ein Freier und Edler aus dem gesegneten Hause Abraham^s. Das-
selbe bemerkt übrigens auch Kachmanides zu Oen., 45, 17 (cf.
Pesikta d. K. Eahna, f. 126(^).
Auch bei den Commentatoren zu Sur. 12, 92. heisst es, dass
die Brüder Joseph's zu ihm sagten : »Wir müssen uns jetzt yor dir
schämen, da du uns zu deinen Tischgenossen machst, während
wir so schlecht an dir gehandelt haben", worauf Joseph sagte : »Im
Qegentheil , ich bin stolz auf euch , denn bis jetzt haben die Aegyp-
ter gesagt : Merkwürdig (qL^Um) , wie weit es doch dieser Sklave
gebracht hat, der für 20 Dirhem yerkauft wurde. Jetzt aber bin
ich durch euch ein Edler geworden, da sie wissen, dass ich zu
den Enkeln Abraham's gehöre".
Als Übergang yon Q-en., 50, 25, zu Ex., 13, 19, also yon Joseph
zu Moses, gebe ich hier das Folgende.
Bei Zama^äart (I, 1v1) und Bai4Äwt (I, fvf) zu Sur. 12, 102,
wird erzählt , dass die Aegypter Joseph in einen marmornen Sarg
legten, den sie in den Nil — an einer Stelle, über welche das
Wasser hinfloss — yersenkten (was unwillkührlich an das Grab
des Alarich im Busento erinnert). Bei den syrischen Autoren (De
Lagarde, 1. c, II, 181) heisst es, dass man Joseph in eine Truhe
aus Marmor legte , die man in einem Palaste der Eonigsgräber
begrub.
An einer Talmudstelle (Sotah, 13^) — > die Zedner (Auswahl histo-
rischer Stücke , p. 7) mittheilt — , in der Pesikta d. R. K. (ed.
Buber, 86a fg.), in der Mechiltha zu Exod., 13, 19 (ed. Fried-
mann , f. 24&) und an andren , yon Zedner , Buber und Friedmann
angeführten Stellen — die mehr oder weniger Yarianten haben —
wird mit Bezug auf Ex., 13, 19, erzählt: Wieso aber wusste unser*
Lehrer Moses, wo Joseph begraben war? Man sagt (oder: man
sagte ihm) , dass fi^lti^ (™ Talmud TTyn) Tochter des Ascher
(Gen., 46, 17) yon den nach Aegypten Eingewanderten noch am
Leben sei. Da ging Moses zu ihr und fragte sie : Weisst du etwa
(p^^3), wo Joseph begraben ist? Darauf antwortete sie: Die
150
Aegypter haben ihn in einen Sarg Yon Metall gelegt und diesen
in den Nil versenkt , damit sein Wasser gesegnet sei. Moses ging
nun an das Ufer des Nil und beschwor Joseph, sich zu zeigen:
der Sarg schwamm an die Oberfläche , worauf Moses ihn mit sich
nahm. Im Jalkut zu Ex., 13, 19 (§ 227) und in einigen, von Buber
a. a. O. erwähnten, Handschriften wird die Meinung angeführt,
Moses habe den Gottesnamen auf ein Stück Thon geschrieben und
dieses in den Nil geworfen , worauf der Sarg zum Vorschein kam.
An der erwähnten Talmudstelle (Sotah , 13») wird eine andre Über-
lieferung angeführt , wonach Joseph in den Grabmälem der Könige
(D^ID^^D b^ ^^JIDpD) ') l>egraben war, und Moses dorthinging
und (wie an der andren Stelle) ausrief : i» Joseph , die Zeit der Er-
lösung Israels ist gekommen , und damit die Zeit der Erfüllung
dessen , womit du Israel beschworen" (Gen., 50, 25 ; Ex., 13, 19) ... .
Darauf schwamm der Sarg empor. In der Pesikta d. R. K., 87»,
Ber. R., S. 94 , Midr. Eoheleth, 9, 18, und an andren, von Buber
und der Wilnaer Ausgabe des Midrasch angeführten Stellen heisst
es , dass die 2 Sam., 20, 16 , erwähnte weise Frau eben jene Serach
gewesen sei , die also zur Zeit David's noch lebte , in welchem Sinne
auch ein dort vorkommender Ausdruck OJ^DN *^t2h^ *^IDJ{^
i^i^lJi^^ , Vs. 19) gedeutet wird. Im Jalkut (Gen., § 76) wird Serach
unter denjenigen Personen erwähnt, die lebend ins Paradies ein-
gingen ; dasselbe sagt auch das jerus. Targum zu Q-en., 46, 17 , mit
dem Zusätze , das sei der Lohn dafür gewesen , dass sie es war ,
die dem Jakob die Botschaft brachte , dass Joseph noch lebe. Im
Buche {^"^^D ^3 heisst es, Jakob habe damals gesagt : Der Mund
der mir die frohe Kunde brachte , dass Joseph lebe , der soll den
Tod nicht kosten.
Diese Serach ist nun wegen des hohen Alters, das sie erreichte,
bei den Arabern sprichwörtlich geworden und kommt so in Frey-
tag's Ar. Prov. (II , 384 , N"" 223) als Sarih , Enkelin Jakob's , vor.
Aber auch die Erzählung mit Moses findet sich bei den arabischen
Autoren, Bei Tabart (I , W , fft) und (kürzer) bei Ibn el-Attr
(I , tt^l*) wird erzählt , dass Joseph in einen marmornen Sarg gelegt
1) Dass (wie Buber z. St. bemerkt) statt ^^^"l^p zu lesen sei ^^"J^in^ — d. h,
Labyrinth — sagt schon Sachs (Beiträge, I, 54 fg.).
151
und dieser in den Nil versenkt wurde. Als die Israeliten nun aus
Aegypten ziehen wollten , konnten sie nicht ; Moses befragte des-
halb die Altesten des Volkes , und diese sagten , dass Joseph seine
Brüder beauftragt habe, bei ihrem Fortgehen yon Aegypten seinen
Sarg mitzunehmen und in Palästina zu bestatten. Eine alte Frau
hörte davon und sie kam zu Moses und sagte zu ihm : i»Wenn ich
dir den Ort zeige , wo Joseph begraben ist , wirst du alsdann das
thun , um was ich dich bitten werde ?" Moses versprach es. Darauf
sagte sie: )»Ich möchte, dass du, wenn du ins Paradies eingehst ,
mich mit dir nimmst". Moses sagte : )»Das will ich thun". Dann sagte
sie : »Ich bin schon sehr alt und kann nicht gut gehen , trage mich
also I" Moses trug sie hierauf fort. Als sie an den Nil gekommen
waren sprach sie : »Hier ist Joseph begraben". Moses betete hierauf
zu Oott; da trat das Wasser an der Grabesstelle zurück. Moses
grub den Sarg aus und nahm ihn mit sich , worauf die Israeliten
fortzogen.
Bei Ja'kübt (p. ^f) wird erzählt : Als die Israeliten im Begriffe
waren , Aegypten zu verlassen , suchte Moses nach dem Körper
Joseph's , um ihn mitzunehmen , wie Joseph es verlangt hatte. Da
kam zu ihm Särih {^X^, nach einer andren Leseart ^j^^
Tochter des Äser (-ä!) , Sohn Jakob's , and sagte : Versprichst
du mir den Eintritt ins Paradies (eig. in jene Welt , «^üuSI , wie
in ähnlichem Sinne der Talmud J^^H D^IJ? gebraucht) , wenn ich
dich an den Ort führe, wo Joseph begraben ist? Als Moses es
ihr versprach , ging sie mit ihm an eine Stelle des Nil und sagte
zu ihm: Hier ist der Ort. Darauf nahm Moses vier G-oldbleche;
auf das eine derselben malte er die Figur eines Adlers, auf das
zweite die eines Löwen, auf das dritte die eines Stiers, auf das
vierte die eines Menschen (also die vier £z., 1, 10 erwähnten
Q-esohöpfe) , und dann schrieb er auf jedes derselben den heiligen
Namen Gottes und warf sie in den Nil. Darauf kam der steinerne
Sarg, in welchem Joseph's Körper war, an die Oberfläche. Moses
nahm ihn und trug ihn fort. In Moses* Hand blieb nur das Blech
. mit der Figur des Stiers, das er der §4rih gab.
Auch Btrünt erzählt (p. M), dass Joseph im Nil begraben war,
und dass Moses dessen Sarg mit sich nehmen wollte, aber den
152
Ort nicht wusste, wo derselbe war. Er nahm nnn Papier und
bildete durch Ausschneiden desselben die Figur eines Fisches , auf
welche er hauchte (kl^a^ — das eine magische Bedeutung hat,
wie z. B. Sur. 113, 4), dann die Figur eines Kalbes, und warf
Beides in den Nil. Man sagt auch , dass Aaron , als er das goldne
Kalb yerfertigte, diese Figur des Kalbes besass.
Im Midrasch Tanohuma zu Ex., 13, 19, wird , wie an den oben
angeführten Stellen , erzählt , wie Serach dem Moses den Ort an-
gab , wo Joseph begraben war ; Moses — heisst es femer — grub
auf ein Stück Thon die Worte ein: »Steige empor, o Stier!" (H^^y
•^^52^ mit Bezug auf das von Joseph gebrauchte yi^]'^ IIIDD > Deut,,
33, 17) , und indem er (wie oben) Joseph anrief, sich zu zeigen ,
warf er dasselbe in den Nil , worauf der Sarg zum Vorschein kam.
In demselben Midrasch wird zu Ex., 32, 4 (und ebenso bei Raschi
z. St.) erzählt, dass der Jud., 17 und 18, erwähnte Micha jene
Tafel mit dem Worten "^0 ili^^ besafs und dass er dieselbe in
den Schmelztiegel warf, worauf das goldne Kalb entstand. Dass
dieser Micha der eigentliche Yerfertiger des goldnen Kalbes war ,
wird auch von Raschi, Sanhedrin, 103^, bemerkt. Auch bei Comestor
(Bistoria scholastica, Exod., c. 27) wird erzählt, dass Joseph's
Sarg in den Nil versenkt worden war, und dass Moses auf ein
Goldblech den heiligen Namen Gottes schrieb und dasselbe in den
Nil warf, worauf es bis zu dem Orte schwamm, wo Joseph be-
graben war. Moses nahm den Sarg mit sich und zog mit den
Israeliten aus dem Lande. Als (Jberlieferung der Hebräer wird
femer erwähnt , dass , als sie im Begriff waren fortzugehen, plötzlich
ein Lamm da stand, das sprechen konnte, und das sie mitnahmen,
sodass dasselbe sie auf ihren Wanderungen durch die Wüste be-
gleitete , und darauf beziehe sich der Vers Ps. 79 (80) , 1 : » , . , qui
deducis yelut ovem Joseph". Letztere seltsame Sage habe ich nir-
gends sonst gefunden^
MOSES.
Was die Geburt und Kindheit Moses' betrifft, so wird im Mi-
drasch (Schemoth R., S. 1) zu J.{!|i-| n^^-'ig ^fli^ {^IHl (^^- ^» ^)
153
bemerkt , bei seiner Geburc sei das ganze Haus von Licht erfüllt
gewesen — unter Vergleichung des Gen., 1, 4, vom Lichte ge-
brauchten ^ItO^'^S (ebenso Sotah , 12^), Zu Ex., 2, 5, wird die Mei-
nung angeführt , die Tochter Pharaoh's sei aussätzig gewesen und
desshalb habe sie baden wollen ; als sie aber das Kästchen berührte ,
in welchem Moses war , wurde sie geheilt (was auch das Targum
jerus. z. St. sagt), und deshalb erbarmte sie sich seiner und liebte
sie ihn ganz ausserordentlich. Zu Ys. 10 wird gesagt: Die Tochter
Pharaoh's erzog Den im Palaste ihres Vaters , der einst sein Yolk
an Pharaoh rächen sollte (ähnlich Sur. 28, 7). Sie liebte ihn, als
sei er ihr eigener Sohn , liebkoste ihn beständig und Hess ihn nicht
Yon sich. Als sie ihn einst zu Pharaoh brachte, küsste und lieb-
koste ihn auch dieser ; da nahm Moses ihm die Krone vom Haupte
und setzte sie sich selbst auf. Die Bilderschriftkundigen, welche
anwesend waren, sagten zu Pharaoh: ]> Wir fürchten dass dieser,
der deine Krone sich aufs Haupt setzte , derselbe sei , Yon dem
wir dir prophezeiten, dass er dich vom Throne stossen werde"*
Einige waren der Ansicht , man solle ihn verbrennen. Andre , man
solle ihn mit dem Schwerte tödten. Jethro , der in ihrer Mitte sass
(an einer früheren Stelle , nämlich zu 1, 9 , wurden Jethro , Bileam
und Hieb als die Räthe Pharaoh's genannt) , sagte : iDieses Kind
hat keinen Yerstand; stellt dasselbe auf die Probe, bringt eine
Schüssel mit Gold und glühenden Kohlen herbei und sehet,
wonach es greifen wird". Man that also ; da wollte Moses seine
Hand nach dem Golde ausstrecken , der Engel Gabriel aber stiess
dieselbe , sodass er die Kohlen ergriff , sie in den Mund steckte
und sich die Zunge verbrannte. Darauf bezieht es sich, wenn
Moses (Ex. 4, 10) sagte : »Ich bin schweren Mundes und schwerer
Zunge".
Mit Bezug auf die daraufolgende Stelle, an welcher gesagt
wird , dass Pharaoh's Tochter ihn PIJJ^Q nannte , heisst es femer :
»Das ist der Lohn der guten Handlung: Obschon Moses mehrere
Namen hatte , wird er in der ganzen Thorah nur mit dem Namen
genannt , den ihm n^^DD ' Tochter Pharaoh's , gegeben hatte, und
Gott selbst nannte ihn nie anders".
Au einer andren Midraschstelle (Wajikra K., S. 1) werden die
80
154
1 Chron., 4, 18 , vorkommenden Namen *T^J "\3J^^ , •7*^*1 u. s. w,
sowie (naoh einer andern Meinung) die ib., 24, 6, vorkommenden
^{^jnj T2 liT^VfD'iif *^^® *^^ Moses bezogen und gleichzeitig in
diesem Sinne erklärt (ähnlich Megillah, 13^^. An derselben Midrasch-
stelle wird femer die in demselben Verse (1 Chron., 4, 18) ge-
nannte H'^nD? Tochter Pharaoh's, auf die Pflegemutter Moses^
bezogen und der Name in j^*i J^J, Tochter Q-ottes, zerlegt; Gott
sagte zu ihr : »Da hast Moses , der dein Sohn nicht war . deinen Sohn
genannt , so will ich dich auch meine Tochter nennen , obschon du es
nicht bist". Unter dem Namen n^^HD kommt die Tochter Pharaoh's
auch an andren Stellen vor, wie Sanhedrin, 19l>; Jalkut , Sam., § 129.
In den Pirke R. Eliezer (c. 48) wird erzählt : Die Bilderschrift-
kundigen sagten zu Pharaoh: )>Es wird ein Knabe geboren werden,
der die Israeliten aus Aegypten führen wird". Da befahl Pharaoh ,
alle neugebomen Knaben in den Nil zu werfen. Nach drei Jahren
sagten die Bilderschriftkundigen zu Pharaoh : »Der Knabe, von dem
wir dir sagten , ist geboren ; wir wissen aber nicht , too*\ Darauf
befahl Pharaoh, den Israeliten schwere Arbeiten aufzuerlegen. — Mit
Bezug auf Ex«, 2, 8, heisst es ferner , dass Moses' Mutter diesen drei
Monate lang unter der Erde verbarg , nach Verlauf derselben aber
ihn in einen Kasten that, den sie in den Nil legte. D^^DD} ^^®
Tochter Pharaoh's, die aussätzig war und desshalb kein wahnes
Bad nehmen konnte , ging an den Fluss , um darin zu baden. Sie
erblickte das Kästchen und darin einen weinenden Knaben, und
als sie diesen herausnahm , war sie geheilt .... Wegen dieser Er-
rettung des Moses wurde die Tochter Pharaoh's unter den Flügeln
der Schechinah geborgen (genoss sie Gottes besonderen Schutz , oder
auch : sie ward dem wahren Glauben zugeführt) und wird sie auch
die Tochter Gottes genannt.
Im Jalkut (Pent., § 166) , wo diese Stelle angeführt wird, lautet
der Schlusssatz: Und darum wurde sie des ewigen Lebens theil-
haftig (J<3n ni^iyn '^'^n^ nriDT)- ^^ ^^^^ andren Stelle des
Jalkut (ib., § 76; Ez., § 367) wird n^rÜ, Tochter Pharaoh's,
(neben der oben erwähnten Serach) unter denjenigen Personen
aufgezählt, die lebend ins Paradies eingingen.
Bei Tabart (I, ffo) und — in kürzerer Fassung — bei Ihn
155
el-Attr (I , Hl) wird erzählt , dass Pharaoh einst träumte , wie ein
Feuer aus Jerusalem ausging und sich nach Aegypten hin wälzte ,
woselbst es alle Häuser verbrannte, mit Ausnahme der Häuser der
Israeliten , die es yerschonte. Pharaoh berief darauf die Zauberer ,
Wahrsager und Zeichendeuter zu sich, und erzählte ihnen seinen
Traum. Da sagten sie: »Der Traum bedeutet, dass aus den Israe-
liten ein Mann hervorgehen wird , der dein Reich zerstört'\ Darauf
befahl Pharaoh alle männlichen Kinder der Israeliten zu tödten
(wobei Sur. 28, 3 , angeführt wird). Einige Zeit nachher kamen die
Sternseher und Zeichendeuter wiederum zu Pharaoh und sagten
zu ihm: »Wir haben durch unsre Kunst gefunden, dass die Zeit
der Geburt dessen gekommen ist, der dich vom Throne stürzen
und dein Reich zerstören wird". Darauf befahl Pharaoh abermals ,
alle neugebomen Knaben der Israeliten umzubringen. Es wird nun
femer — unter Anführung von Sur. 28, 6 — erzählt , wie Moses'
Matter denselben im Nil (welches Wort dem ^^i des Textes als Erklä-
rung hinzugefügt wird) aussetzte — und zwar auf Gottes Geheiss —
und wie die Wellen das Kästchen bis unter die Bäume hin trugen,
die in der Nähe von Pharaoh's Palast waren. Die Dienerinnen
Asiya's , der Frau Pharaoh's — heisst es ferner — waren an den
Fluss gegangen , um darin zu baden ; als sie nun das Kästchen
sahen, nahmen sie dasselbe und brachten es zu Asiya. Als diese es
öffnete, hatte sie Mitleid mit dem Kinde; sie nahm es, brachte
es zu Pharaoh und sagte zu ihm : »Das Kind wird mir und dir
eine Erquickung sein" (S^^ i ^^j^ »^ Sur. 28 , 8 , der unmittelbar
darauf folgende Satz entspricht wörtlich dem , was Sur. 12, 21, Itfir
oder Potiphar zu seiner Frau sagt). Darauf antwortete Pharaoh:
»Dir mag es eine Erquickung sein, mir ist Nichts an ihm gelegen;
ich fürchte sogar , dass dieser Knabe derjenige sein wird , von
dessen Hand uns Untergang bevorsteht" (wozu Sur. 28, 7, angeführt
wird). Mit Bezug darauf, dass , wie Sur. 28, 11, erzählt wird , Moses
von keiner Säugamme sich säugen lassen wollte , bis seine Schwester
ihre Mutter herbeiholte , von deren Brust er trank (wozu Geiger ,
p. 157, die entsprechende Talmudstelle Sotah, 12^, anführt) , heisst
es , dass seine Mutter in ihrer Freude schon im Begriffe war aus-
zurufen : »Das ist mein Sohn !" als Gott sie davon abhielt.
156
Es wird femer erzählt, wie Moses' Mutter denselben einst zu Asiya
brachte ; diese freute sich sehr mit ihm , trug ihn zu ihrem Gemahl
und reichte demselben den Knaben dar. Dieser aber ergriff Pharaoh's
Bart und begann ihn zu zerzausen. Da rief Pharaoh aus: »Rufet
den Scharfrichter , dass er ihn tödte — das ist er ! (yon dem mir
Verderben prophezeit wurde)". Darauf sagte Asiya: »Tödte ihn nicht,
.... es ist eine Kind ohne Verstand ; ich werde zur Probe Kohlen
und daneben ein G-eschmeide aus Edelsteinen vor ihn hinlegen;
greift er nach dem Geschmeide, so möge man ihn tödten, greift
er aber nach den Kohlen , so ist das ein Beweis , dass er keinen
Verstand besitzt und dass , was er gethan , nur aus kindischem Un-
verstand geschah". Als man nun Beides vor Moses hinlegte , wollte
er nach dem Geschmeide greifen , der Engel Gabriel aber stiess
ihn an und gab seiner Hand eine andre Richtung , so dass er nach
den Kohlen griff, diese an seinen Mund führte und sich so die
Zunge yerbrannte. Darauf bezieht es sich , wenn Moses (Sur. 20, 28)
zu Gott sagte : »Löse den Knoten (die Hemmung) meiner Zunge".
Nach einer andren von Tabari (p. f oö) angeführten Überlieferung
hatte Pharaoh Moses auf den Schoss genommen , als dieser anfing ,
ihn stark am Barte zu zupfen. Da sagte einer der Feinde Gottes
(d.' h. einer der anwesenden Aegypter) zu Pharaoh: »Siehst du
nicht, dass sich das erfüllt, womit der Gott Abraham's dich bedroht,
und dass dieser Knabe über dich siegen wird ? Schicke also nach dem
Scharfrichter , dass ihn derselbe umbringe". Darauf folgt — wie oben
— die Erzählung von der Feuerprobe durch Kohlen und Perlen.
Diese Sage hat eine weite Verbreitung gefunden. So erzählt
Syncellus (ed. Bonn, p. 227) unter Anführung des Josephus (Antt.,
II, 9, 7), dass Thermutis, die Tochter Pharaoh's, Moses als Kna-
ben ihrem Vater darreichte , der ihm zum Scherze seine Krone auf-
setzte. Moses aber warf sie zur Erde und trat auf sie. Daraufhin
liess Pharaoh die neugebornen Knaben der Israeliten tödten, da
ihm auch geweissagt worden war , dass Einer aus Israel sein Reich
zerstören werde. Auch Comestor (Exod., c. 5) erzählt, wie Therimit,
die Tochter Pharaoh's , ihrem Vater den Moses brachte , und wie
dieser die ihm aufs Haupt gesetzte Krone zur Erde warf, wie dar-
auf der Priester von Heliopolis sagte , es sei dies ein Anzeichen der
157
Q-ötter , dass dieser Knabe den Aegyptern Verderben bringen werde ,
worauf ein andrer Weiser den Vorschlag mit dem Experimente der
Kohlen and des Goldes machte , auf dessen Ergebniss es sich beziehe,
wenn Moses (Ex., 4, 10) seine schwere Zunge erwähnt.
Im Sefer hajasohar (f. 131^ fg.) — und daraus im Jalkut (Pent.,
§ 166, ed. Frankf., f. 52») — wird ebenfalls, und zwar wie ge-
wöhnlich sehr ausführlich, diese Geschichte folgendermassen er-
zählt : Im dritten Jahre nach der Geburt Moses' sass einst Pharaoh
beim Mahle , zu seiner Rechten die Königin n^^^VIDi^J^ — *^ einer
andren Stelle (f. 139» zweimal) n^^JV^DN — > ^^ seiner Linken
seine Tochter H'^DD ^°^ ^^^ deren Schosse Moses; an der Tafel
sass ferner Bileam, Sohn des Beor, mit seinen zwei Söhnen, so-
wie die Grossen des Königs. Da streckte der Knabe (Moses) seine
Hand aus nach dem Haupte des Königs , nahm dessen Krone und
setzte sie sich selbst auf. Der König sowie alle Grossen waren
darüber sehr bestürzt, und der König sagte zu ihnen: »Was ist
eure Meinung in dieser Sache, und was soll dem Hebräerknaben
geschehen für Das, was er gethan?" Darauf antwortete Bileam,
Sohn Beor's: »Denke zurück, o König, an jenen Traum, den du
Yor längerer Zeit geträumt hast, und den dein Knecht (d. h. ich,
Bileam) dir auslegte. Dieser Knabe hat nun Das , was er gethan ,
nicht aus Unverstand gethan ; er strebt vielmehr danach , dir die
Krone zu entreissen und dich ins Unglück zu stürzen, wie das
seine Vorfahren alle gethan". Als Beweis dafür , dass die Hebräer
von jeher danach gestrebt , die Könige und ihr Volk zu schädigen ,
und zwar durch List und Trug , erwähnt Bileam Abraham , Isaak ,
Jakob und Joseph's Brüder. Schliesslich gibt er den Rath , Moses
umzubringen. Der König — heisst es weiter — sagte hierauf: »Wir
wollen doch vorher alle Weisen und Richter Aegypten's befragen ,
um zu erfahren , ob auch sie derselben Ansicht sind". Pharaoh liess
nun alle Weisen des Landes zusammen berufen ; unter ihnen stellte
sich auch ein Engel Gottes in Menschengestalt ein. Als der König
nun die Sache vorgetragen hatte , gab der Engel den Rath , man
solle dem Kinde einen Schohamstein (QHti^ ON) ^^^ glühende
Kohlen vorlegen. Das Folgende ist wie in den obigen Erzählungen ;
nur heisst es hier : »Und so ward er schweren Mundes und schwerer
158
Zunge" (pjy^ ^331 HD 1DD ^1^1) mit Bez^g a«^ Ex., 4, 11.
Der Tranm, von dem Bileam spricht, wurde schon an einer andren
Stelle des S. hajasohar (f. 128^ — IBO^) erzählt, wie nämlich Pharaoh
einst tränmie , dass ihm gegenüber ein alter Mann stehe mit einer
Wage in der Hand; in die eine Wagschale legte derselben alle
Fürsten und alle Grossen Aegypten's ; in die andre Wagschale legte
er ein junges Lamm, und dieses überwog jene. Pharaoh berief
darauf seine Weisen und Räthe , unter denen auch Bileam war.
Dieser legte den Traum dahin aus , dass aus den Israeliten Einer
erstehen werde, welcher das Land Aegypten zerstören und seine
Bewohner dem Verderben zuführen werde. Auf die Frage des Königs,
was nun geschehen solle , antwortete Bileam , der König solle auch
seine beiden andren Räthe, Reuel, den Midianiten (Jethro), und
Hieb, den Uziten, befragen. Als der König diese um ihre Ansicht
befragte , gab Reuel den Rath , den Israeliten kein Leid zuzufügen ,
sondern sie — wenn der König sie nicht im Lande dulden wolle —
nach Kenaan , dem Lande ihrer Vorfahren , zurückzuschicken. Zur
Unterstützung seiner Ansicht erzählte er , wie bisher Alle , die den
Hebräern zu schaden gesucht , you Gott bestraft wurden , und wie
andrerseits der frühere König den Joseph über das Land gesetzt
und seine Familie nach Aegypten kommen Hess. Pharaoh war über
diesen Rath sehr erzürnt und befahl dem Reuel, das Land zu yer-
lassen , worauf derselbe nach Midian ging. Darauf wurde Hieb be.
fragt; dieser gab gar keinen Rath, sondern stellte Alles der Weis-
heit und dem Gutdünken des Königs anheim. Schliesslich fragte
der König abermals Bileam um seine Meinung. Dieser sagte, Abra-
ham sei vom Feuertode errettet worden, ebenso Isaak durch den
substituirten Widder Yom Opfertode, auch dem Jakob habe die
harte Arbeit bei Laban Nichts geschadet ; der König solle nun aber
ein noch nicht dagewesenes Vertilg an gsmittel anwenden , nämlich
alle neugebomen Knaben der Israeliten ins Wasser werfen lassen.
Dem Könige gefiel dieser Rath, und alsbald erliess er den Be-
fehl zur Ausführung desselben.
Der letzte Theil dieser Erzählung ist der Hauptsache nach den
jüdischen Schriften entnommen — mit Ausnahme der Erzählung
vom Traume. Entsprechend der Vorliebe der Hagada für die Indiyi-
159
dualisirang wird (Schemoth B., S. 1; Sotah, IIa) die Stelle Ex.,
1, 9 : »Und Pharaoh sprach zu seinem Volke : Das Volk der Israe-
liten wird uns zu mächtig" u. s. w. dahin individualisirt , dass
Pharaoh seine drei Käthe, Bileam, Hieb und Jethro befragte. Bileam,
der den verderblichen Bath gab, wurde später (zur Strafe dafür)
getödtet ; Hieb , der sich neutral verhielt und schwieg , wurde von
Schmerzen heimgesucht; Jethro aber, welcher, um kein Votum
abgeben zu müssen , aus dem Lande flüchtete , gelangte mit seinen
Nachkommen zu hohen Ehren , wozu Jud., 1, 16, und 1 Chron«, 2,
55, angeführt werden.
Beide Erzählungen des Sefer hajaschar werden bei Weil (Bibl.
Legenden , S. 129 fg. und S. 141 fg.) nach dem Midrasch -— d. h.
nach dem Jalkut — f. 51. 52 (§ 164, § 166) angeführt. Im Jalkut
wird nun aber am Bande als Quelle HIÜ^DT m "^^^ "inNH HH
— d. h. also das Sefer hajaschar, das nach Zunz (G. V., p. 154, N.)
zuweilen so genannt wird — angegeben.
Bei Zamaböarl (I, flA; II, l.fr) und Bai4&wi (I, tTI; II, w)
zu Sur. 7, 124, und 28, 3, wird erzählt, dass Pharaoh in Folge eines
Traumes und dessen Auslegung durch die Wahrsager die neuge-
bomen Knaben tödten liess. Zu Sur. 28, 3 , bemerkt Zama^^art , dass
Pharaoh , bei dem Suchen nach Moses , 90,000 Kinder habe tödten
lassen. Femer wird erzählt , dass die Hebamme die Geburt Moses'
dem Pharaoh hatte anzeigen wollen; als sie aber das Licht sah,
das zwischen seinen Augen leuchtete , erfüllte sie eine grosse Liebe
zu dem Kinde , wesshalb sie die Anzeige unterliess und das auch
seiner Mutter erzählte. Als darauf die Spione Pharaoh's sich dem
Hause näherten, warf die Mutter, ohne zu wissen, was sie that, das
Kind in einen brennenden Ofen« Nachdem die Spione dann unverrich-
teter Sache wieder fortgegangen waren , wusste sie nicht mehr , wo
sie das Kind hingethan ; da hörte sie ein Weinen , das aus dem Ofen
kam; als sie hinzutrat, fand sie das Kind wohlbehalten in dem-
selben , da Gott das Feuer kühlend und wohlthätig gemacht hatte
(UXm^ toy auif «Lül M Jnju> Jö^ , wie bei Abraham , Sur. 21, 69).
Zu Sur. 28, 8, bemerken beide Commentatoren (p. w und p. Uff) ,
dass , als Asiya das Kistchen öffnete , sie ein Kind sah , zwischen
dessen Augen Licht leuchtete und das aus seinem Daumen Milch
J
160
sog (wiederum wie bei Abraham) , und sie ward Ton Liebe zu ihm
erfüllt. Pharaoh hatte nun auch eine aussätzige Tochter, von der
die Arzte gesagt hatten, sie könne nur geheilt werden mit dem
Speichel eines menschenähnlichen Seethieres. Asiya benetzte sie nun
mit dem Speichel des Moses, worauf sie geheilt war; nach Andren
wurde sie durch den blossen Anblick desselben geheilt, was also
an die oben erwähnte jüdische Sage erinnert.
Die Feuer- oder vielmehr Yerstandesprobe mit den Kohlen und
Edelsteinen wird auch Yon Bai4^wt (I , oif ) zu Sur. 20, 28. 29, er-
zählt, während sie Ton ZamahSart z. St. (II, aoI) nur flüchtig err
wähnt wird.
Die Erzählung, wie Moses den Aegypter erschlug (Ex., 2, 12),
findet sich auch im ^orän (28, 14) , wo Moses aber wegen dieser
ungerechten Handlung Gott um Verzeihung bittet. Im Midrasch
(Schemoth R., S. 1 ; Wajikra R., S. 32) werden die besondern Gründe
angegeben , die Moses zu dieser Handlung veranlassten. An ersterer
Stelle sowie in den Pirke R. Eliezer (c. 48) wird das ^*jn3 IPUDD'^I
dahin gedeutet , dass bei dieser Tödtung des Aegypters nur Israe-
liten zugegen waren, die (Gen., 22, 17; 32, 13) mit dem Sande
verglichen werden. Diese Deutung findet sich auch bei Ephräm
Syr. (Opp., I, 199); zu Ex., 2, 12, bemerkt derselbe: Er tödtete
und verbarg im Sande den, welcher das Volk bedrängte , von dem
gesagt ward , dass es zahlreich sein werde wie der Sand am Meere.
In demselben l^oräncapitel (28, 21 fg.) wird femer Moses' Flucht
nach Midian, sein Zusammentreffen mit den Töchtern des Jethro
(Soaib) und diesem selbst erzählt , sowie dass Jethro ihm eine seiner
Töchter zur Frau gab. Alles das wird , wie immer , von den Com.
mentatoren und andren Autoren sehr ausführlich angegeben. Bei
Ibn el-Attr (p. (ff) heisst es, nach einer Meinung seien es nicht
die Tochter Soaib's gewesen , die Moses am Brunnen traf , sondern
die des Jatrün (qijJlj), eines Neffen Soaib's (cf. Geiger, p. 173 fg.);
zugleich wird der Name einer derselben , der biblischen Zipporah ,
als ^yf-^ angegeben ; ebenso bei Abü'l-Fidä (Hist. anteisl.. p. 30).
Sur. 20, 8 fg., wird — ähnlich wie Ex., 3, 1 fg. — erzählt,
wie Moses ein Feuer sah und zu seinen Leuten sagte, er wolle
näher hinzutreten, um ihnen einen Brand zu bringen, und wie
161
dann Gott aus dem Feuer zu ihm sprach. Bei Zamah^art (p. Afl) ,
Bai4Äwt (p. ö*iO , Ihn el-Attr (p. I^ö) und AbA'1-FidÄ (p. 30) wird
nun erzählt , dass , nachdem Moses Ton iSoaib fortgegangen war , er
in einer sehr kalten und stürmischen Wintemacht — nach Eini-
gen war es eine Nacht des Freitags (jüuil xLJ) — unterwegs war,
als er in die Irre gerieth, während gleichzeitig seine Frau Yon
Geburtswehen ergriffen wurde. Sein Versuch, aus den damaligen
Beibzündhölzern (q^uVj*^) Feuer zu erzeugen, misslang. Er ging
also auf das Feuer zu, das er in der Ferne sah, und aus dem
dann Gott zu ihm sprach. Bei Zamahsari, Ibn el-Attr und Abü'l-
Fidd wird zugleich gesagt, welcher Strauch es eigentlich war,
der im Feuer loderte , obschon im Koran gar kein Strauch erwähnt
wird , wie das allerdings in der biblischen Erzählung der Fall ist.
In derselben Erzählung des ^orän heisst es nun weiter (Vs. 18) ,
dass Gott an Moses die Frage richtete , was er in der Hand habe.
Moses antwortet hierauf: »Es ist das mein Stab , auf den ich mich
stütze , mit welchem ich für meine Heerde Blätter abschlage und den
ich auch sonst noch zu yerschiedenen Dingen gebrauche''. Letztere
werden nun Ton Zamahöart (p. Af i) und Bai^äwt (p. öil**) z St. des
Näheren angegeben. Demnach diente der Stab auch dazu, mit
seinen beiden Zweigen als Reibzündhölzer Feuer zu erzeugen , die
wilden Thiere zu verscheuchen und Andres mehr , wozu auch ge-
hörte , dass , wenn Moses den Stab in die Erde steckte , er auf sei-
nen Wunsch Früchte hervorbrachte. Zu Sur. 2, 57, bemerken beide
Commentatoren (p. va und p. *tl*) , dass dieser Stab von einem Myr-
tenbaume des Paradieses herstammte, von wo ihn Adam mitge-
nommen hatte , dass er zwei Zweige hatte , mit denen man Feuer
erzeugen konnte und dass er — ebenso wie Moses selbst — eine
Länge von zehn Ellen hatte.
Zu Sur. 28, 28 , erzählt Zamal^^art (p. \*ö\) , dass im Hause des
iSoaib Prophetenstäbe (i^Lxi'it i^^*^ waren, und dass derselbe einst
Moses aufforderte , in das Haus zu gehen und sich einen der dort
befindlichen Stäbe zu nehmen. Da gerieth nun in Moses' Hand der
Stab , den Adam aus dem Paradiese mitgenommen und der sich fort-
geerbt hatte, bis er in den Besitz Soaib's gelangte. Soaib sagte
zu Moses , er solle sich einen andren Stab auswählen , aber dieser
21
162
Stab kehrte sieben Mal immer wieder zu Moses zurück, und so
wuBste er, dass er für ihn bestimmt sei. Andre sagen, dass nach
dem Tode A.dam'8 der Engel Gabriel den Stab zu sich nahm und
ihn dann dem Moses gab. Wieder nach Andren hatte ein Engel in
Menschengestalt den Stab dem ^eaib übergeben , bei dem er aber
nicht, blieb , sondern immer wieder zu Moses zurückkehrte. Nach
einer vierten Meinung war der Stab Ton dem Brustbeerstrauch
(^^sAMytJt H-i^u^) , aus welchem Gott zu Moses sprach. Alles das findet
sich in ähnlichen Weise bei Ibn el-Attr (I , I*a und ll*o fg.).
In dem syrischen »Bienenbuch'* (Text, p. 50 fg.) wird erzählt,
dass Jethro zu Moses sagte , er solle ins Haus gehen , um sich yon
dort einen Hirtenstab zu holen ; auf göttliches Geheiss bewegte sich
darauf ein Stab zu ihm hin , welchen er nahm. Darauf folgt ein Ca-
pitel (das 30.) mit der Überschrift : Die Geschichte Tom Stabe Mosis
l-AaLo? oi}-^aM9 j^i-^ ^ \ . Hier wird erzählt: Als Adam das Pa-
radies verliess , hieb er vom Baume der Erkenn tniss des Guten und
Bösen (einem Feigenbaum) einen Zweig ab, der ihm, so lange er
lebte, als Stab diente. Dieser Stab wurde Ton einer Generation auf
die andre vererbt und gelangte so in den Besitz Abraham's , der mit
demselben die Götzenbilder zertrümmerte, dann in den Besitz Jakob's
der ihn als Hirtenstab gebrauchte , dann in den Besitz Jehudah's ,
und zwar war das derselbe Stab , den er der Thamar als Unter-
pfand gab (Gen., 38, 18). Später nahm ihn ein Engel und verbarg
ihn in der Schatzhöhle (|i ^l^Lo) ^^ Gebirge Moab. Als der
fromme Jethro seine Schafe weidete, fand er den Stab in Folge
göttlicher Fügung und weidete mit demselben seine Heerde. Als
er alt geworden war , bat er Moses , sich den Stab zu holen, und
als Moses die Schwelle überschritten hatte , bewegte sich der
Stab zu ihm hin; dieser Stab war es, der die Buthe der ägyp-
tischen Zaubrerin Pösdt verschlang, und an ihm hing Moses die
eherne Schlange auf, die er in der Wüste Asohimon verfertigte
(Num., 21, 9). Später gelangte der Stab in den Besitz des Pinchas,
der ihn in der Wüste vergrub. Zur Zeit der Geburt Christi ge-
langte er in den Besitz Joseph's , des Mannes der Maria , der ihn
bei seiner Flucht nach Aegypten mit sich nahm ; von ihm gelangte
er in die Hand seines Sohnes Jakob. Judas Ischarioth, der ein
163
Dieb war , stahl den Stab Ton ihm und gab ihn her , um bei der
Kreuzigung Christi als Querbalken zu dienen.
Dieser Wunderstab — im Pentateuch der göttliche Stab genannt
(Ex., 4, 20 ; 17, 9) — wird auch in den jüdischen Schriften er-
wähnt- An den bereits oben angeführten Stellen der Pirke Aboth
(V, 6) und der Aboth d. R. Nathan (ed. Schechter, f. 48») wird
unter den 10 Dingen, die nachträglich am Freitagabend in der
Dämmrung erschaffen wurden, auch i>der Stab" (nCODH) erwähnt,
womit — wie die Commentatoren z. St. bemerken — der Stab
Mosis gemeint ist , der — so wird hinzugefügt — aus Sapphir war
(pj*^TDJD — so auch M. Tanchuma zu Ex., 17, 4). Zu Ex., 4,
20 heisst es in der Paraphrase des jerus. Targum: »Und Moses nahm
in seine Hand den Stab , den er aus dem Garten seines Schwieger-
yaters Jethro genommen hatte , und es war der Stab aus Sapphir
vom Throne Gottes, 40 J^^'Q schwer, und der göttliche Name
war auf ihm eingegraben".
In den Pirke R. Eliezer (c. 40) wird erzählt, dass der Stab,
welcher in der Abenddammrung des sechsten. Schöpfung&tages er-
schaffen worden war, dem Adam übergeben ward, von dem er
auf seine Nachfolger überging, bis er in die Hand Joseph's ge-
langte; nach dessen Tode kam der Stab in den Palast Pharaoh's.
Dort sah ihn Jethro , nahm ihn mit sich und pflanzte ihn in seinen
Garten , und Keiner konnte sich ihm nähern. Als dann Moses den
Stab und die darauf eingegrabenen Zeichen sah, nahm er ihn, und als
Jethro den Stab in Moses' Hand sah sprach er: »Dieser wird Israel
erlösen" und gab ihm seine Tochter Zipporah zur Frau.
Dasselbe wird auch im Sefer hajaschar (140^ fg.) erzählt, nur
heisst es hier , dass Jethro demjenigen seine Tochter Zipporah zur
Frau zu geben versprach , der im Stande sei , den in seinen Garten
gepflanzten Baum aus der Erde zu ziehen. Yiele starke Männer
versuchten es, aber keinem gelang es, bis Moses kam, der ihn
mit Leichtigkeit herauszog und so Zipporah zur Frau bekam. Beide
Stellen — die der Pirke R. Eliezer und die des S. hajaschar —
werden im Jalkut (Pent., § 168 und § 173) angeführt. An einer
andren Stelle des Jalkut — zu Num., 20, 8 — heisst es , der hier
erwähnte Stab des Moses sei früher im Besitze Jakob's gewesen
164
(worauf die Stelle Gen., 32, 11, bezogen wird) ; auch sei es der
Stab gewesen , den Jehudah der Thamar zum Unterpfande gab , und
der später in den Besitz David's gelangte (nach 1. Sam., 17, 40) und
sich von einem König auf den andren vererbte bis zum Unter,
gange des Tempels. Dereinst aber — heisst es am Schlüsse —
wird er dem Messias übergeben werden. Dieselbe Erzählung vom
Stab Moses' findet sich auch im Midrasch Wajoschah (Jellinek ,
Beth ha-Midrasch, I, 42 fg.), auch im Schalscheleth hakabbalah
des Ibn Jahj4 (12^) , der aber der Erzählung im S. hajaschar folgt.
Was im iKorsln von Moses' Sendung an Pharaoh besonders aus-
führlich in der 28. Sure erzählt wird , erscheint bei den späteren
Autoren ebenfalls sehr ausgeschmückt. Ys. 38 sagt Pharaoh zu
Hämän, er solle ihm einen hohen Thurm bauen, damit er zum
Gotte Mosis hinaufsteige. Hierzu bemerkt Zamab^ari (p. ]*öö) , dieser
Thurm sei ein Gebäude gewesen wie kein andres in der Welt. Da
schickte aber Gott den Engel Gabriel , und dieser schlug mit seinem
Flügel an den Thurm , sodass er in drei Theile auseinanderfiel ;
der eine-Theil fiel auf Pharaoh's Heer und tödtete 1000 mal 1000
Mann, ein andrer fiel ins Meer, ein dritter Theil nach Westen,
sodass keiner der beim Baue Beschäftigten am Leben blieb —
was an die (oben erwähnte) Zerstörung des babylonischen Thurmes
sowie an die von Sodom erinnert. Es wird auch erzählt — sagt
Zamah^art ferner — , dass Pharaoh vom Thurme aus einen Pfeil
gen Himmel sandte , der blutbefleckt zurückkehrte , worauf er sagte :
»Ich habe den Gott Mosis getödtet". Letzteres — was auch Tabart
(p. f*t1) erzählt — erinnert an die oben erwähnte talmudische Sage
von Titus sowie an die arabische von Nimrod.
Auch der Durchgang durchs rothe Meer wird im Koran (Sur.
10, 90 fg., und 26, 52 fg.) erzählt. Sur, 10, 90— 92, heisst es, dass
Pharaoh , dem Ertrinken nahe , gesagt habe , er glaube jetzt an
den Gott der Kinder Israel's , worauf es weiter heisst: »Ja, jetzt
(glaubst du) , vordem aber warst du widerspenstig ; nun aber wollen
wir dich retten mit deinem Leibe , damit du für die nach dir ein
Zeichen seiest". Geiger (p. 162 fg.) vergleicht hiermit eine Stelle
in den Pirke R. Eliezer (c. 43 , daraus im Jalkut , § 238) , an welcher
von Pharaoh's Busse erzählt wird, und dass Gott ihn am Leben
165
erhielt, damit er ein Beispiel von Gottes Macht und Grösse sei.
Auch führt Geiger in der Note (nach Henzii fragmenta) Bai4awt z.
St. an, wonach Gott zu Pharaoh sagte, er werde ihn aus der Tiefe des
Meeres heraufholen und fügt hinzu : Hingegen weiss er (Baidawt)
die folgenden Worte i> damit du für das kommende Geschlechte in
Zeichen seiest" nicht anders als auf die gewöhnliche Weise zu
erklären, nämlich als Abschreckung und Warnung. — Allein Baidäwi
sagt (p. f)tf) in der That, dass sich die folgenden Worte auf die
Kinder IsraeFs beziehen. Auch Zamah^art, bei dem sich die an-
geführte Stelle Bai^^wf s fast mit denselben Worten findet (p. öIv :
-^uJt jXd (j^ (^Lcy» XjO ci^ U (;2)«Ajuj) , fügt hinzu , dass unter dem
»Zeichen , für die nach dir^' die Kinder Israelis yerstanden seien ,
welche nicht glauben wollten , dass Pharaoh ertrunken sei , wess-
halb ihn Gott aus der Tiefe des Meeres ans Ufer zog , damit sie
ihn sehen sollten.
Dass die Kinder Israelis an den Untergang der Aegypter nicht
glauben wollten , wird übrigens auch in den jüdischen Schriften et"
wähnt. Zu dem Satze Ex., 14, 30: »Und die Israeliten sahen die
Aegypter todt am Ufer des Meeres" wird (Mechiltha, Jalkut und
Kaschi z. St.) bemerkt , das Meer habe sie ans Ufer ausgeworfen ,
damit die Israeliten nicht glauben sollten, die Aegypter seien an einer
andren Stelle ans Land gekommen und würden sie weiter yerfolgen.
Zu der erwähnten ]S!or4nstelle , an welcher von Pharaoh's Busse
die Rede ist, bemerken Tabart (p. f/^) und Ibn el-Attr (p. ^1**^ )
dass, als Pharaoh, dem Ertrinken nahe , gesagt hatte: »Ich glaube
an den Gott der Kinder Israelis", Gabriel Yom Schlamme des Meeres
nahm tind ihn in Pharaoh's Mund that, und Michael die (an der
Koränstelle folgenden) Worte sagte: »Jetzt glaubst du, aber vordem
warst du widerspenstig". Zugleich wird erzählt, dass Gabriel einst zu
Mohammad sagte , wie er sich beeilt habe , Pharaoh^s Mund mit dem
Meeresschlamm zu yerschliessen , damit er nicht Etwas redete , was
Gott zum Erbarmen bewogen hätte. Beide Autoren (p. f aI fg. und
p. in**) erzählen femer, dass die Kinder IsraePs sagten : »Pharaoh
ist gewiss nicht untergegangen ; er wird uns erreichen und um-
bringen". Da betete Moses zu Gott, und Gott Hess alle Ertrunkenen ,
Pharaoh mit seinem 120,000 Mann starken Heere, alle in ihrer
166
Büstung aus dem Meere heryorkommen , worauf sich die Israeliten
zufriedengaben.
Ferner erzählen beide Autoren (p. f aa und p. ^1*1** — Tabarl wie
gewöhnlich nach zwei etwas yerschiedenen Darstellungen — ) , dass ,
als Pharaoh den Israeliten nachsetzte, Hämän an der Spitze von
1,700,000 Reitern war, deren Pferde aus lauter Hengsten bestan-
den (wozu Sur. 26, 53 , angeführt wird). Als sie an das Meer kamen ,
wollte Pharaoh's Pferd nicht vorwärts ; da näherte sich ihm Gabriel,
der eine läufige Stute ritt, und als Pharaoh's Pferd diese sah,
folgte es ihr nach. Während so Gabriel den Aegyptern voranritt,
ritt Michael hinter den Beitern , diese fortwährend ermahnend , ihre
Vordermänner einzuholen. Es wird darauf erzählt (wie oben) , dass
Pharaoh , als er seine Ohnmacht Gottes Allmacht gegenüber einsah ,
sich zum Gotte Israelis bekannte , und was der Engel zu ihm sagte.
Diese Erzählung findet sich ihrem Hauptinthalte nach auch bei
Jakübi (p. rf).
Ahnliches wird auch in den jüdischen Schriften erzählt. In den
Pirke B. Eliezer (c. 42) heisst es: »Als die Aegypter ans Meer
kamen, wollten sie wieder umkehren, aus Furcht, dass die Wogen
sie verschlingen würden. Da erschien ihnen Gott in Gestalt eines
Beiters, der eine Stute ritt" (wozu Ht^'HS ^DD'HIZI ^nDD^> Cant.
• • • • •
1,9, angeführt wird). »Pharaoh ritt einen Hengst ; als dieser die
Stute sah, folgte er ihr wiehernd, worauf alle Aegypter dem Pharaoh
nachfolgten". In den Aboth d. B. Nathan (c. 27, f. 42», ed. Schechter)
und ähnlich an andren von Schechter angeführten Stellen heisst
es — wieder mit Bezug auf Cant. 1, 9 — , dass Pharaoh, als er
ins Meer hineinritt , auf einem männlichen Pferde sass , dass aber
vor ihm her ein Cherub ein weibliches Pferd ritt , worauf alle Aegyp-
ter ins Meer hineinritten.
Sur. 26, 63, heisst es, dass, als Moses das Meer mit seinem Stabe
schlug, dasselbe sich theilte und dass jeder Theil einem grossen
Berge glich (|*-^J^^ .^Ul^). Hierzu bemerken Zamahsart (II , IV) und
Baidäwi (II , öt*) , dass das Meer sich , nach der Anzahl der Stämme
Israel's , in 12 Theile spaltete , zwischen welchen Pfade zum Gehen
waren. Dasselbe sagen Tabart (p. fA») und Ihn el-Attr (p. tt**!*) unter
Anführung derselben l^oränstelle und indem sie — ebenso wie die
D^IP^
167
beiden andren Autoren — das .^^ des Textes mit »Berg" (J^l^
a-a^mÜ) erklären. Beide fügen hinzu , dass die einzelnen Stämme —
da sie wegen des hohen Zwischenwalles die andren nicht sehen
konnten — sagten : »Unsre Brüder sind gewiss getödtet worden".
Moses flehte hierauf zu Gott, und Gott machte in den Zwischen-
wällen Wölbungen (oder Bogen, bei Ibn el-Attr Gitter), durch
welche , wie durch Fenster , ein Stamm den andren sehen konnte ,
bis sie alle aus dem Meere ans Land stiegen.
Dass das Meer nach der Zahl der 12 Stämme in 12 Theile gespal-
ten ward, wird auch Debarim R., S. 11, zu Deut., 31, 14, im M.
Tanchuma zu Deut., 3, 23, wowie von Maimonides in seinem Commen-
tar zu den Pirke Aboth (V, 4), erwähnt, unter Anführung von ^|j^
n^D"Q*i, Ps. 136, 13. An der oben angeführten Stelle der
Pirke R. Eliezer (c. 42) heisst es: i>Da8 Meer theilte sich in 12
Pfade (Cl^^^'^DSi^) ) iiach der Anzahl der Stämme , und zwischen den-
selben waren Wassermauern , an wechen Fenster waren (Höhlungen,
mJl^n)) sodass die Einen die Andren sehen konnten". Im M.
Tanchuma und in der Mechiltha zu Ex., 14, 16 (cap. 4 , ed. Fried-
mann, f. 30^) heisst es, dass die Wasser auf beiden Seiten der
Durchgehenden durchsichtig waren wie' Glas ; nach der Pesikta des
R. Eahna (f. 86^) waren sie gitterförmig.
Auf die Erzählung vom Durchgang durchs rothe Meer folgt im
Pentateuch (Ex., 15, 22 fg.) die Erzählung von der Ankunft der Israe-
liten in n*lp 1 dessen Name von der Bitterkeit des Wassers herge-
leitet und wobei zugleich erzählt wird , wie Moses das bittre Wasser
in süsses verwandelte. Hierzu wird im Midrasch (Mechiltha z. St. ,
ed. Friedmann, f. 45^; M. Tanchuma, ed. Buber, II, 33*; SchemothR.,
S. 23 und S. 50) bemerkt, das Holz, das Moses ins Wasser warf,
sei nicht ein süsses , sondern ein bittres Holz gewesen ; nur sind die
Meinungen darüber verschieden, von welchem Baume es gewesen
sei. Nach einer Meinung war es der Oleander (J«^JDmn> ^^^
schon Mussafia mit poho^iCpv^ erklärt) , wie auch das jerus. Targum
das Wort J^V im Texte mit »der bittre Baum Rhododaphne" J^'iJ«^
NJDTnNT "T'^D wiedergibt. Zu dieser Anwendung eines homöopa-
thischen Mittels wird als Parallele u. A. auch 2. Eon., 2, 21 angeführt.
168
Diese Deutung hat nun auch bei den syrischen Autoren Auf-
nahme gefunden. Im »Bienenbuch" (ed. Budge, p. 55 fg.) heisst
es , Moses habe das Absynth ( ^ AifY)o p genannte Holz , das von
Natur bitter ist , ins Wasser geworfen , worauf es süss ward. Dass
das Holz ein bittres war und zur Yersüssung des Wassers ange-
wandt wurde, um Gottes Allmacht darzuihun, wird auch bei Comestor
(Hist. schol., Exod., c. 32) als jüdische Tradition (Hebraeus dicit)
erwähnt.
Mit Bezug auf Sur. 2, 60. 87; 7, 170, woselbst es heisst , Gott
habe gedroht, über die Israeliten, wenn sie das Gesetz nicht an-
nehmen wollten , den Berg zu stürzen (ebenso , nur kürzer , Sur.
4, 153) , führt Geiger (p. 164) eine Talmudstelle (Abodah zarah, 2^ ;
Sabbath , 88^) an , an welcher das '^jin D'^nrinB Dit^^rT^V E^->
* • • • •
19, 17, dahin gedeutet wird, dass die Israeliten unter dem Berge
standen , indem Gott denselben über sie stülpte gleich einer Kufe
und zu ihnen sagte : »Wollt ihr das Gesetz annehmen , so ist^s gut ,
wo nicht, so soll hier euer Grab sein". Zu Sur. 2, 60, bemerkt
ZamaMari (p. a.) — und ebenso Bai^äwt (I, 1f)j — dass die Kinder
Israelis das Gesetz nicht annehmen wollten , dass Gabriel den Auf-
trag erhielt , den Berg emporzuheben und über ihren Häuptern zu
halten, und dass Moses ihnen mit dem Herabstürzen desselben drohte,
worauf sie das Gesetz annahmen. Zu Sur. 7, 170, bemerkt Za-
maMari hingegen , Gott selbst habe den Berg über ihren Häuptern
gehalten , und zwar sei derselbe von gleicher Ausdehnung gewesen
wie das Lager der Israeliten, nämlich eine Parasange lang und
eine solche breit. Unter Andrem sagt Zamah^art , dass , als Moses
das Gesetz der Gesetzestafeln kundgab, alle Berge, Bäume und
Felsen sich hin und her bewegten , und daher stamme der Gebrauch
der Juden , beim Lesen der Thora den Kopf hin und her zu be-
wegen. Dass bei der Gesetzgebung auf Sinai Flüsse und Meere ,
Berge und Hügel , Bäume und Gesträuche sich bewegten wird auch
in den Pirke R. Eliezer (c. 41) gesagt , während es an einer andren
Stelle (Schemoth R., S. 29 gegen Ende) heisst: »Als Gott die Thora
gab, da sang kein Vogel, da brüllte kein Ochs, die Ophanim
flogen nicht, die Seraphim sagten nicht ihr dreimaliges Heilig,
das Meer rauschte nicht , kein Geschöpf gab einen Laut von sich —
169
Alles lauschte in athemloser Stilte den Worten : ?]^n^J«i ^*i *^DJJ^*
• • • • • • ■
Auch bei Ihn el-Atir heisst es, dass Gabriel den Berg in die
Höhe hielt , dass aber auch gleichzeitig ein Feuer vor den Israe-
liten loderte und hinter ihnen das Meer rauschte, und dass Moses
ihnen den Untergang durch diese drei Naturerscheinungen drohte ,
worauf sie das Gesetz annahmen.
Die von Geiger ferner (p. 165) zu Sur. 2, 52 fg. ; 4, 152 , an-
geführte jüdische Parallelstelle, bei welcher aus Versehen die nähere
Angabe ausgefallen, findet sich an der oben erwähnten Midrasch-
stelle (Schemoth B., S. 29) , wo es , ähnlich wie an der Koränstelle ,
heisst , dass die Israeliten Gott zu sehen wünschten und dass , als
sie ihn sahen , ihre Seelen entflohen , dann aber wieder zurückkehr-
ten. Zu Sur. 2, 52, bemerken übrigens Zamah^ari (I , vi) und Bai4awt
(I, 1.), dass nicht das ganze Volk dieses verlangte, sondern nur
die 70 von Moses auserwählten Männer (nach Sur. 7, 154 , dieses
wohl eine dunkle Erinnerung an Ex., 24, 1. 9, oder Num., 11, 25,
was auch die Erklärung der Commentatoren zu bestätigen scheint) ;
nach Andren waren es nur 10,000 vom Yolke , die das Verlangen
hatten Gott zu sehen.
Mit Bezug auf Sur. 7, 149, woselbst es heisst, dass Aaron sich
entschuldigend zu Moses sagte , er habe das goldene Ealb gemacht ,
weil das Volk ihn übermannte und fast getödtet hätte , führt Geiger
(p. 166) Sanhedrin 5 (lies: 7») an: »Aaron sah den Chur (der
sich ihnen widerset/en wollte) hingeschlachtet , da dachte er : Gebe
ich ihnen kein Gehör , so machen sie es mir wie dem Chur^\ Be-
gründet wird dieses damit, dass es Ex., 32, 5, heisst: »Und Aaron
sah und errichtete einen Altar", in Bezug worauf es an der erwähn-
ten Stelle lautet: rtWas sah Aaron? Er sah Chur hingeschlachtet
vor sich" (vjD^ m:iw mn n^n • • • n^n hd) I" ^^^^^^
Sinne übersetzt auch das jerus. Targum die Stelle Ex., 32, 5 :
•^IDIp D'^DJ mn n*^ pHN NDm- ^'^^ Tödtung des Chur wird
auch — nur umständlicher — an mehren andren Stellen erwähnt ,
wo zum Theil das im Texte vorkommende HDTD ^^ diesem Sinne
gedeutet wird, so Schemoth R., S. 41 zu Ex., 32, 1 fg. 5 S. 42
zu Ex. 32, 7 ; S. 48 zu Ex. 35, 30 ; Wajikra R., S. 10 zu Lev.
8, 2; M. Tanchuma, ed. Buber, II, 57»; Pirke R. Eliezer,c. 45.
22
170
Auch bei Comestor (Eist, schol., Ex., c. 73) heisst es , dass Aaron
sich fürchtete , weil man den Ohur umgebracht hatte. Aus Comestor
ist diese Erzählung in die von Merzdorf herausgegebene schweizer
Historienbibel übergegangen (Bibl. d. literar. Vereins in Stuttgart ,
N® 100— 101 , p. 234) , wie es ebenso dem Comestor entnommen
ist, wenn daselbst (p. 235 und p. 740) Gott zu Moses sagt: »Gang
hinab , din Yolck haut gesundet und nit daz min". Bei Comestor
(ibid.) heisst es : »Peccavit populus tuus, quasi diceret jam non suus".
Diese Deutung ist den jüdischen Schriften entnommen, in denen
das 71J2V nnSL^ yS TTl**n^> ^^'J ^^/^> ^^ diesem Sinne aufgefasst
wird , so Pesikta d. B. Eahna, 128^ ; M. Tanchuma, ed. Buber , II,
57^, und Jalkut z. St. (§ 391 aus der Pesikta).
Zu Sur. 28, 76 , wo es heisst , dass mehrere starke Männer an
den Schlüsseln zu E4rün's Schatzkammern zu tragen hatten , führt
Geiger (p. 168) die entsprechende Talmudstelle an, wo die Worte
KoheL, 5, 12 : »Beichthum ist aufbewahrt seinem Besitzer zum eig-
nen Verderben" auf Eorach bezogen werden, dem einer der drei
von Joseph vergrabenen Schatze bekannt geworden und dessen Beich-
thum so gross war , dass 300 Mauleselinnen nöthig waren , um die
Schlüssel zu seinen Schatzkammern zu tragen , und noch dazu waren
es Schlüssel aus Leder. (Die von Geiger nicht näher bezeichnete
Stelle findet sich Pesachim, 119% und Sanhedrin, 110^) }>In diesem
talmudischen Ausspruche" sagt Geiger ferner , i» liegt auch , dass
Eorach wegen seines Beichthums übermüthig und zum Streite ge-
reizt ward und dieses schmückt Mohammed auf eine recht hübsche
Weise aus. Auf diesen Streit nun kann sich Sur. 33 , 69 beziehen ,
wo es heisst , dass Einige Moses beschuldigt hätten , Gott ihn aber
von dem , was sie ihm vorgeworfen , gereinigt hätte". Geiger führt
hierauf Elpherar's Erklärung dieser Stelle an , dass nämlich Eorach
eine Dirne miethete , die den Moses vor allem Volke der Buhlerei
mit ihr anklagte, dass sie aber Gott verstummen machte, und
Moses davon reinigte sowie den Eorach zu Grunde richtete. Geiger
verweist ferner auf Abü'1-FidÄ (Hist. anteisl., p. 32) , der übrigens
hier — wie an andren Stellen — Ibn el-Attr als seine Quelle an-
gibt. Als talmudische Parallelstelle führt Geiger Sanhedrin, 110>^,
an y wo mit Bezug auf Num., 16, 4 : ]» Moses hörte und fiel auf sein
171
Angesicht" gesagt wird: i^Was hörte erP Er hörte, dass man ihn
des Umganges mit dem Weibe eines Andren bezüchtigte" — welche
Stelle sich übrigens auch nebst dem Zusätze im M. Tanchuma (ed.
Buber, lY, 47^) und Bamidbar R., S. 18, lObidet.
Dass Eorach streitsüchtig und immer bestrebt war, die Israe-
liten gegen Moses aufzuwiegeln und Moses selbst auf jede Weise
zu chicaniren , wird an mehreren Midtaschstellen gesagt (Bamidbar
B., S. 18; M. Tanchuma, ed. Buber, lY , 43» fg.). Namentlich bezog
sich seine Anklage gegen Moses darauf, dass man dem Priester —
also dem Bruder desselben — von Allem den Zehnten geben müsse.
So wird im Jalkut zu Num., 16, 1 , § 750 (nach dem Midrasch
DICO "nmSi^) erwähnt , wie Eorach dem Volke die Geschichte einer
Wittwe erzählte, um darzuthun, wie die Israeliten durch die vielen
gesetzlichen Bestimmungen und namentlich durch die vielen Ab-
gaben an die Priester chicanirt und gequält würden.
Auch bei den arabischen Autoren wird nicht nur der Beichthum
Eorach's , sondern auch seine Prachtliebe erwähnt. Sur. 28, 76 fg.
heisst es, dass Kärün (d. i. Eorach) auf die ihm wegen seines
Ubermuthes und seiner Prunksucht gemachten Vorwürfe geant-
wortet habe , er besitze seine Beichthümer in Folge seiner Wissen-
schaft. Hierzu bemerken Zamal)6art (U , t*1ö) und Bai^äwi (11 , aI) ,
er habe grosse Eenntnisse in der Thora gehabt und die Israeliten
darin unterrichtet; nach Andren verstand er Chemie (die er von
Moses gelernt) , und zwar so gut , dass er Blei und Eupfer in Gold
verwandelte ; wieder nach Andren verstand er sich gut auf Handel
und Erwerb. Bai^^wt fügt hinzu, dass er Eunde von Joseph' s
Schätzen hatte (also ähnlich wie an der erwähnten Talmudstelle).
Femer erwähnen beide Commentatoren , dass Eärün (dessen Genea-
logie zugleich gegeben wird) zu Moses sagte: »Du bist der gott-
gesandte Prophet, Aaron ist Priester, und was bin ich?" Moses
sagte, das sei so Gottes Wille gewesen; als Beweis hierfür diente
der Stab Aaron's , der im Stiftszelte (x^ÄJI) allein unter allen übri-
gen Stäben blühte und grünte und Mandeln hervorbrachte (also
das , was Num., 17, 21 f. erzählt wird) , was aber Eärün für Zauberei
erklärte.
Mit Bezug auf die an der ]B[or&n8telle erwähnten Schlüssel zu
172
den Schätzen E4rün'8 bemerkt Zamal}dart femer , dass 60 Maulthiere
erforderlich waren , um diese Schlüssel zu tragen , die Ton Leder
waren (also wiederum wie an der Talmudstelle). Mit Bezug auf
Eä.rün'8 Höffahrt werden einzelne Beispiele angeführt, darunter,
dass er auf einem weissen Maulihier zu reiten pflegte, das einen
purpurfarbenen , golddurchwirkten Sattel trug , und dass zu seiner
Rechten 300 Jünglinge , zu seiner Linken 300 Jungfrauen waren ,
alle reich geschmückt.
Mit Bezug auf Ys. 81 , wo es heisst , dass die Erde Edrün und
seine Wohnung verschlang, wird Yon den beiden Commentatoren
z. St. erzählt , dass eines Tages Eärün dem Moses die gesetzliche
Abgabe von seinem ganzen Vermögen entrichtete , was ihn aber
sehr yerdross. Er yersammelte nun die Israeliten und sagte zu
ihnen, dass Moses es nur auf ihr Vermögen abgesehen habe , um
sich selbst zu bereichem. Sie antworteten darauf: »Du bist unser
Herr und der Gröste unter uns , sag an , was wir thun sollen". Es
wurde nun beschlossen, eine Frau mit Geld zu bestechen, dass
sie Moses des geschlechtlichen Umgangs mit ihr beschuldige. Als
dann eines Tages Moses dem yersammelten Volke mittheilte , welche
Strafe für den Dieb, den Lügner, den Ehebrecher festgesetzt
sei , fragte ihn Eärün : »Und wenn du selbst das thust ?'' »Auch
wenn ich es thue", antwortete Moses. Worauf Eärün : »Die Israe-
liten sagen aber , dass du mit der und der Frau Buhlerei treibst".
Moses befahl nun , diese Frau herbeizuführen ; als sie von ihm er-
schienen war , sprach er zu ihr : »Ich beschwöre dich bei Ihm , der
das Meer gespalten und mir die Thora gegeben — ist das wahr,
was jene sagen ?" Gott lenkte nun das Herz der Frau , und sie
sprach: »Nein, jene lügen, aber Eärün hat mich mit einem Ge-
schenke zu bestechen versucht, damit ich eine falsche Anklage
gegen dich erhelle". Moses fiel darauf anbetend nieder , weinte und
sprach: »0 Herr, wenn ich dein Gesandter bin, so wahre mein
Recht gegen jene". Da gab Gott ihm kund: »Befiehl der Erde,
was du willst ; sie wird dir gehorchen". Darauf sagte Moses zu den
Kindern Israel: »Wer von euch zu Kdrün und seinen Genossen
gehört, der bleibe bei ihm; wer es aber mit mir hält, der ent-
ferne sich von ihm". Alle — mit Ausnahme zweier Männer — ver-
173
lieBsen nan Eärün und seinen Anhang. Darauf rief Moses aus:
»O Erde , yerschlinge sie !" Und die Erde yerschlang sie bis zu ihren
Hüften. Da rief Eärün aus: «0 Moses, hab' Erbarmen! Wir be-
schwören dich bei Gott'\ Moses aber sprach : yO Erde , yerschlinge
sie !" Und die Erde yerschlang sie bis zur Mitte ihres Körpers. Und
abermals bat Kärün: »Hab' Erbarmen!'' und abermals rief Moses:
»Yerschlinge sie , o Erde", und die Erde yerschlang sie bis an den
Hals. Und abermals bat E&rün um Erbarmen, und abermals rief
Moses der Erde zu, sie zu yerschlingen , und die Erde yerschlang sie
und schloss sich über ihnen. Darauf sagte Gott zu Moses; ))Sie haben
dich mehrmals angerufen und du hattest kein Erbarmen — hätten
sie mich angerufen , ich hätte mich ihrer erbarmt". Als nun aber —
heisst es weiter — die Israeliten Moses beschuldigten , er habe des-
halb Gott gegen Kdrdn angerufen , um sich dessen Haus und Schätze
anzueignen , betete Moses zu Gott , woraufhin die Erde auch die
Wohnung und die Schatzhäuser E4rün's yerschlang.
Alles Obige wird nach yerschiedenen Überlieferungen und unter
Anführung von Sur. 28, 76—80, yon Tabarl (p. öIv fg.) und, kürzer,
yon Ibn elAtlr (I, Ift") erzählt. Bei Letzterem (p. Ifö), sowie in
einer Überlieferung bei Tabart (p. öH) fügt Gott , nachdem er ge-
sagt, dass Er Erbarmen mit Kartin gehabt haben würde, noch
hinzu , dass er in Zukunft niemals mehr der Erde gestatten werde ,
einem Menschen zu gehorchen.
Eär&n's Beichthum ist bei den Arabern und Persern sprichwört-
lich geworden. Auch in Ta'41ibt's Latä'if al-Ma'4rif (ed. De Jong ,
p. 1) heisst es , dass Elirün der Erste war , der die Chemie an-
wandte , der rothe und lang nachschleppende Eleider trug und der
sich überhaupt durch seine Prachtliebe yor den übrigen Menschen
auszeichnete.
Mit Bezug auf die oben erwähnte Stelle Sur. 33, 69 , an welcher
es heisst , dass Gott Moses yon dem ihm gemachten Yorwurfe rei-
nigte, führt Geiger (p. 170) die Meinung andrer Ausleger bei
Elpherar an , wonach die Israeliten den Moses , als er ohne seinen
Bruder yom Berge Hör zurückkam, beschuldigten, denselben ge-
tödtet zu haben , dass daraufhin die Engel Aaron's Körper den Israe-
liten zeigten , wodurch der auf Moses geworfene Yerdacht entkräftet
174
war. Geiger führt hierzu Abü'l-Fidä, p. 32 und 34, an, der übrigens
hier, wie an der oben erwähnten Stelle, dem Ibn el-Attr folgt
Mit dieser Sage yergleicht nun Geiger die Stelle des M. Tanchuma
zu Num., 20, 29 , an welcher das »Und die ganze Gemeinde sah ,
dass Aaron gestorben war*' darauf bezogen wird, dass die Israe-
liten Moses zu steinigen drohten , wenn er nicht den Beweis liefere j
dass Aaron wirklich gestorben sei, worauf Gott auf Moses' Bitte
die Höhle, in der Aaron begraben war^ öffnete, sodass die Gemeinde
in der That "»sah, dass Aaron gestorben war".
Die Yon Geiger angeführte Stelle aus dem M. Tanchuma findet
sich ebenso in dem yon Buber edirten M. Tanchuma (lY, 62^),
femer Bamidbar B , S. 19, zu Num., 20, 25, und an andren von Buber
und in der Wilnaer Ausgabe des Midrasch (f. 81^) angeführten
Orten, nämlich Sifri zu Deut., 31, 1 fg. und Pirke B. Eliezer,
c. 17. An letzterer Stelle heisst es, dass Gott den Sarg, in wel-
chem Aaron war, in der Luft schweben liess, sodass Alle ihn
sahen.
An einer andren Stelle des Ton Buber edirten M. Tanchuma
(lY , 66b) zu Num., 25, 20 ist eine Erzählung , deren Hauptinhalt
darin besteht , dass Moses auf Gottes Geheiss dem Aaron mittheilte ,
es sei seine Zeit gekommen , aus der Welt zu scheiden , und dass
Beide darauf in die Höhle des Berges gingen , in welcher ein bren-
nendes Licht neben einem Bette stand. Da sagte Moses : »Mein
Bruder, besteige dieses Bett!" Als Aaron dieses gethan hatte, sagte
Moses zu ihm: »Breite die Hände aus", und Aaron that so; dann
sagte jener: »Schliesse die Augen und den Mund", und Aaron that
so, worauf er yerschied. Da wünschte Moses sich einen ähnlichen
Tod, den Gott ihm auch versprach, worauf der Ausdruck Deut.,
32, 50, bezogen wird , wo Gott zu Moses sagt , dass er sterben solle
wie sein Bruder Aaron auf dem Berge Hör. Letzteres wird auch
in den Aboth d. ß. Nathan (ed. Schechter, f. 25» fg.; 26a f g )
erzählt.
Im M. Tanchuma , an der Stelle der Aboth d. B. Nathan sowie
bei Raschi zu Num., 20, 29, und Deut., 34, 8, heisst es mit Bezug
auf den bei Aaron vorkommenden Ausdruck »Und das ganze Haus
Israel weinte um Aaron 30 Tage lang", wofür es bei Moses (Deut.,
175
34, 8) heisst : »Und die Sohne IsraePs weinten um Moses 30 Tage
lang", dass um Moses nur die Männer, um Aaron aber Männer
und Frauen trauerten , weil er — im Gegensatze zu dem strengen
Moses — milde , friedliebend und friedenstiftend war und nament-
lich sich stets bemühte, zwischen uneinig gewordnen Eheleuten
Frieden zu stiften und die gestörte Eintracht wieder herzustellen ,
weshalb auch — so heisst es in den Aboth d. R. Nathan — die aus
einer solchen Wiedervereinigung hervorgegangenen Kinder nach
Aaron's Namen benannt wurden.
Zu Sur. 33, 69, bemerken die beiden j^oräncommentatoren (II,
Hfl , n j tt^ö) , dass , als Moses ohne Aaron vom Berge zurückkam ,
die Israeliten den Ersteren beschuldigten , Aaron getödtet zu haben ,
worauf die Engel Aaron^s Körper herbeitrugen, sodass die Israe-
liten sehen konnten , dass er nicht getödtet worden sei. Nach Andren
belebte Gott den Aaron , sodass er delbst ihnen sagen konnte , dass
Moses keineswegs an seinem Tode Schuld sei.
Bei Tabarl (p. ö^Y) und Ibn el-Atlr (p. \fs) wird erzählt : Gott
gab dem Moses kund : »Ich will Aaron zu mir nehmen (sJy^ ^^
O^J^) ' ^^^^ ^^^ ™^^ ^^^ ^^ ^^^ ^^^ ^^^ Berge". Als nun Beide
dort angelangt waren , sahen sie ein Gebüsch ; in diesem war ein
sehr schönes Haus, von einem balsamischen Dufte durchweht, und
darin stand ein Buhebett mit einer darüber ausgebreiteten Decke.
Als Aaron dieses sah, sagte er: »0 Moses; ich möchte in diesem
Bette schlafen''. »So thue es", sagte Moses. »Aber ich fürchte", sagte
Aaron, »dass der Herr dieses Hauses zurückkehrt und über mich
zürnt". Da sagte Moses : »Fürchte Nichts , ich werde dich entschul-
digen". Aaron sagte: »So schlafe bei mir". Als Moses sich zu ihm
gelegt hatte, näherte sich der Tod dem Aaron, und als dieser sein
Herannahen, merkte sagte er: »0 Moses, du hast mich getäuscht".
Darauf verschied er ; das Bett aber wurde mit ihm in den Himmel
emporgehoben.
Als nun Moses ohne Aaron zurückkehrte — heisst es femer — ,
sagten die Israeliten, er habe seinen Bruder getödtet, aus Neid
darüber, dass sie ihn mehr liebten als Moses , der streng und rauh ,
während Aaron mild und freundlich gegen sie war. Als Moses
dieses erfuhr , sagte er : »Wehe euch , wie könnt ihr euch einbilden.
176
dass ich meinen Bruder getödtet P" Er betete hierauf zu Gott, and
da erschienen die Engel mit dem Ruhebette , zwischen Himmel und
Erde schwebend, vor ihren Blicken, und Aaron sagte ihnen , dass
Moses ihn nicht getödtet habe und dass er auf natürlichem Wege
gestorben sei.
Diese Erzählung des Ibn el-Atir findet sich mit denselben Wor-
ten , nur abgekürzt , auch an der oben erwähnten Stelle des Abü'l-
Fid& , p. 32. Etwas yerschieden , aber der Hauptsache nach mit dem
hier Angeführten übereinstimmend, wird dasselbe in der 21. Ab-
handlung der lauteren Brüder (ed. Dieterici, p. *\»\) erzählt. Auch
bei Sahrastäni (ed. Pureton, p. )1f fg.) heisst es, dass die Israe-
liten sagten, Moses habe Aaron beneidet, weil er bei ihnen be-
liebter gewesen sei als Moses.
Mit Bezug auf Sur. 7 , 174. 175 — woselbst Ton Einem die Rede
ist, dem Q-ott sich offenbarte, der sich aber yon Satan verleiten
Hess und Gottes Wort nicht beachtete — bemerkt Geiger (p. 180) ,
dass einige Yon Elpherar angeführte Erklärer wie (reUl ed-Dtn und
Zamahsart, die Maracci anführt, diese Stelle auf Bileam beziehen.
Bei Zamahöari z. St. (p. f *!♦) — und kürzer bei Bei4Äwi (p. t**öl) —
heisst es in der That , das im Text Gesagte habe Bezug auf einen
der Schriftgelehrten (^UIc) der Israeliten, nach Andren der Ea-
naaniter, Namens Bileam, Sohn des Bäur (^tjoJj «^ f>^)i ^^^^ ^ott
Einiges Ton der heiligen Schrift mittheilte, was er aber verwarf
und yerläugnete. Man sagt auch — heisst es weiter — , dass sein
Volk Yon ihm yerlangte , er solle Moses und dessen Yolk yerfiuchen *,
er aber weigerte sich , die zu yerfluchen , die unter dem Schutze der
Engel standen; jene Hessen jedoch nicht nach, bis er ihnen willfahrte.
Bei Mas'üdi (I, 99) wird, mit Bezugnahme auf Sur. 7, 174,
ebenfalls Bileam erwähnt und zugleich seine Genealogie bis auf
Moab und Loth hinauf angegeben. Femer wird erzählt , dass sein
Yolk ihn aufforderte , Josua zu verfluchen , und da ihm das nicht
gelang , gab er dem Könige der Amalekiter den Rath , die schönsten
Jungfrauen in das Lager der Israeliten zu schicken , um diese zur
Sünde zu verlocken, was auch geschah, worauf Gott die Pest
sandte , in Folge deren 90,000 Israeliten (nach Andren mehr) das
Leben verloren.
177
Dass Bileam es war , welcher zu der Num., 25, 1 fg. erzählten
Yerführungsgeschichte den Rath gegeben, wird ibid., 31, 16, deutlich
gesagt. In den jüdischen Schriften (Sanhedrin, 106^; Talmud jerus.,
ibid., X , 2 ', Bamidbar B. und Targura jerus. z. St. ; M. Tanchuma,
ed. Buber, IV, 74») wird auch das Tj^V^iJ^, 24, 14, auf diesen Rath
bezogen und die von den Moabiterinnen angewandte Yerführungs-
kunst — wie auch bei Josephus (Antt. IV, 6, 4) — ausführlich
dargestellt.
Bei T*^^^^ (P* ö«A fg.) und — etwas verschieden — bei Ibn
el-Attr (p. t^i fg.) heisst es , dass nach Einigen Moses in der Wüste
sein Leben beschloss und dass Josua, Sohn des Nun, Jericho (L^^^K ,
die Hauptstadt des Landes der Riesen (^.11:^1) , einnahm , während
Andre behaupten , dass Moses , und unter ihm Josua , nach dem
Lande der Riesen zog. Diese erzählen nun auch : Als Moses, Sohn
'Imr^n's, Josua, Sohn Nün's, und E41eb, Sohn des Juphannah —
ein Schwager Moses' , da er dessen Schwester Miriam zur Frau
hatte — das Yolk nach dem Lande Eenaan führten, um die Riesen
zu bekriegen , gingen diese zu Bileam , Sohn des B4ur , einem Nach-
komnien Loth's , der den erhabenen und verborgenen Namen Gottes
kannte («JüCJt «Jac*^! ^Ji)t ^^t oyu qI(^) und sagten zu ihm: »Moses
ist mit seinem Yolke gekommen, um uns zu bekriegen und aus
unsrem Lande zu vertreiben ; so verfluche sie denn (^jUJLc ^Ji)i c^li ,
rufe Gott gegen sie an)". Darauf antwortete Bileam : »Wie kann
ich den Propheten Gottes und die Gläubigen verfluchen , mit denen
die Engel sind ?" Sie gingen hierauf zu seiner Frau und gaben ihr
ein Geschenk mit der Bitte , ihren Mann zu überreden. Als nun aber
Bileam trotz des Zuredens seiner Frau bei seiner Weigerung verharrte,
sagte sie zu ihm , er möge doch Gott befragen. Als er dieses ge-
than, ward ihm im Traume die Antwort, die ihm verbot, die Israe-
liten zu verfluchen. Auf die Bitte seiner Frau fragte er Gott aber-
mals , erhielt aber keine Antwort , was seine Frau dahin erklärte ,
dass Gott nichts dagegen einzuwenden habe (qui tacet consentire
videtur, in jüdischen Schriften : ^^}2l ^\^l^^\^ ilp'^rW)' ^* ^i®
nun mit Bitten und Zureden nicht nachliess , bestieg er seine Eselin
(bei Ibn el-Attr ist es ein Esel) und ritt einem Berge zu , von dem
aus man das Lager der Israeliten sehen konnte. Als er eine kurze
23
178
Strecke geritten war, legte sich die Eselin nieder nnd erhob sich
erst, nachdem Bileam sie geschlagen hatte, was sich noch zwei
Mal wiederholte. Da terlieh Gott der Eselin die Sprache und sie
sagte: »Wehe dir, Bileam, siehst du denn nicht die Engel, die
mich nicht weiter gehen lassen und die wollen, dass ich umkehre?" ^)
Bileam kehrte aber nicht um, und da auch die Engel ihn weiter
ziehen liessen , so gelangte er in die Nähe des Lagers der Israe-
liten. Jedesmal aber, wenn er diese verfluchen wollte , yerwandelte
sich Bein Fluch in Segen , und wenn er sein eignes Yolk segnen
wollte, yerwandelte sich der Segen in Fluch.... Da sagte er: »Die
zukünftige Welt habe ich verloren" (weil ich gegen Gottes Willen
gehandelt — zugleich mit Bezug auf Sur. 7, 174) ; »es bleibt mir
nur noch die List und die Täuschung übrig". Er sagte darauf zu
seinem Volke, sie sollten ihre schönsten Frauen schmücken und
ins Lager der Israeliten schicken , denen sie sich preisgeben soll-
ten, da sie auf diese Weise die Israeliten besiegen würden. Sie
thaten also , und als die Frauen in das Lager der Israeliten gekom-
men waren, da ergriff Zamrt, Sohn des Schaltim (*^^ o^ (jy^j)»
und Oberhaupt des Stammes Schimdn,. eine derselben, führte sie
vor Moses hin und sprach: »Ich denke, du wirst sagen, diese sei
Terboten Uf>) , aber — bei Gott I — wir werden dir nicht ge-
horchen". Darauf führte er sie in sein Zelt (bei X^bart &ÄXd — Num.,
25, 8, rrSpn ■"? ^^ ^^^ el-Atlr *Ä4-^) und wohnte ihr bei. Da schickte
Gott eine Pest unter die Israeliten. Phinchas aber, Sohn des Elazar
0!i*^ O^ (^L^Ü) , Sohn Aaron's , war damals abwesend ; als er
in das Lager kam und sah, wie die Pest wüthete, und zugleich
erfuhr, was geschehen war, ging er dorthin, wo Zamrt und die
Moabiterin waren , und tödtete Beide , indem er sie mit seiner Lanze
durchbohrte, worauf die Pest aufhörte, die 20,000 (nach Andren
70,000) Personen getödtet hatte. Auf diesen Bileam — heisst es
weiter — bezieht es sich , wenn Gott sagt : »Erzähle ihnen von dem.
1) Weiro €8 bei Tabaii <p. ö\^} yon Bileam heisst aJ llljt ^^.JLJL-} q^^^)
80 e«tfl|>riefai das diem, was «kr Talmud <Sanhedria, 105*, an zwei Stellen) sagt;
p. or he\$9t ee: ^LfÜL ^5^/^1*51 JJÜIj ^>:Ä>Ca' c>wil (xiljl) v^l^ÜW
179
dem wir unsre Zeichen gaben, von denen er sich aber lossagte ^
und sich von Satan yerführen Hess" (Sur. 7, 174).
Bei Tabari — der auch den Namen der Moabiterin als XJUt ^^^^^^
.yo angibt — sagt Zamri zu Moses : i^Ioh vermuthe , du wirst sagen ,
diese sei mir verboten". »Allerdings" — antwortete Moses — i>i8t
sie dir verboten , komme ihr nicht nahe I" Darauf erwiederte Zamrt :
»Bei Gott! Hierin werden wir dir nicht gehorchen".
Dieses freche Gebaren Zamrt's — oder vielmehr Simri's — wird
ähnlich in den jüdischen Schriften erzählt. Im M. Tanchuma (ed.
Buber , IV , f. 74^) , in Schemoth R. (S. 33 zu Ex., 25 , 1 fg.) und
an andren von Buber und in der Wilnaer Ausgabe des Midrasch
(f. 61^) angeführten Stellen heisst es mit Bezug auf Num., 25, 6 :
Simri trat mit der Moabiterin vor Moses hin und sprach: »Sage,
Sohn Amram's (moy J^, dieser Ausdruck wird gewöhnlich in
geringschätzigem Sinne gebraucht) , ist diese da mir erlaubt oder
verboten?" Da sagte Moses: »Sie ist dir verboten". >Aber" — sagte
jener hierauf — »wer hat dir denn deine Frau erlaubt , die ja doch
eine Midianiterin ist wie diese eine Moabiterin?" Darauf ging er
fort. An einer der Parallelstellen (Sanhedrin, 82^) sagt Pinchas,
nachdem er die Beiden getödtet: »0 Herr der Welt, und wegen
dieser Beiden sind 24,000 Israeliten umgekommen!"
Bei Tabart heisst es ferner (p. öti) : Phinechas er^iff die Lanze
mit seinem Vorderarme (cKo) , lehnte sie an seine Wange (&äa^5^,
indem er den Ellenbogen an seine Seite stemmte und rief aus : »0
Herr, so soll es Jedem geschehen, der sich gegen dich auflehnt l"
Phinchas war nun der Erstgeborne des Eliazdr (.tjxJt), und so stammt
von diesem Ereignisse der Brauch der Israeliten , von jedem Opfer,
das sie darbringen, den Nachkommen des Phinchas den Magen (&Id) ,
den Oberschenkel des Vorderfusses i^^) und die Kinnbacken i^^^^)
zu geben sowie auch das Erstgeborne von Menschen und Thieren ,
weil er der Erstgeborne des Eliaz4r war.
Auch dieses findet sich in den jüdischen Schriften. Zu Deut.,
18, 3, woselbst gesagt wird, dass die, welche ein Opfer darbringen,
dem Priester den Bug , die Kinnbacken und den Magen (y^'HTn
j^3pm D^'^nbm) ^^ geben haben, bemerken Baschi und Nach-
manides, dass dieses eine Erinnerung sein solle an Pinchas , nämlich
180
an den Speer, den er in die Hand nahm (Num., 25, 7), an sein
Gebet (Ps. 106, 30) sowie an das Num., 25, 8, erwähnte nDp? ^^
das er den Speer hineinstiess. Es ist dieses einer Talmudstelle (Chul-
lin, 134^; cf. Jalkut, Pent., § 915; Ps., § 865) entnommen. Ähn-
liches findet sich aber auch in den Pirke R. Eliezer, c. 47.
Der biblischen Erzählung yon Bileam geht die kurze Erzählung
von dem Kampfe gegen Og, König yon Basan, vorher (Num., 21,
33 fg.) , der damit endete , dass Og mit seinen Söhnen und seinem
Volke geschlagen ward (Ys. 35). In der Paraphrase des jerus. Tar-
gum zu letzterem Yerse heisst es : Als Og das Lager der Israe-
liten sah , dessen Ausdehnung sechs Parasangen betrug , sagte er :
»Damit es mir nicht ergehe wie dem Sichon, werde ich sie Alle auf
einmal tödten". Er brach darauf einen Berg los , der yon gleichem
Umfang wie das Lager war, und hielt ihn über seinen Kopf, um
ihn auf die Israeliten zu werfen. Alsbald schickte Gott einen Wurm ,
der den Berg durchbohrte , sodass er auf Og's Hals hinabfiel , wäh-
rend gleichzeitig sich dessen Zähne ausdehnten , sodass er sich yom
Berge nicht losmachen konnte. Darauf ging Moses hin , nahm eine
10 Ellen lange Keule , sprang 10 Ellen hoch und schlug mit der-
selben auf Og's Knöchel , bis dass er todt niederstürzte. — Dasselbe
wird im Talmud (Berachoth, 54^) erzählt, nur dass es hier statt
eines Wurmes Ameisen sind, die den Berg durchlöchern.
Bei Tabarl (Annal., I, ö*, ; Trad. Zotenberg, I, 391) und -bei
A
Ibn el-Atlr (I, \^^) heisst es, dass Moses im Kampfe gegen 'ü^
b. ^'An^k zehn Ellen hoch sprang und dass er — da seine eigne
Länge sowie die seines Stabes ebenfalls je zehn Ellen betrug —
A
bei diesem Sprunge den 'U^ an der Ferse yerwundete und so
tödtete. Bei Tabart wird ferner die aus 'U^'s Knochen gemachte Brücke
über den Nil erwähnt. In Zotenberg's Übersetzung des Tabari wird
(1 , 51 fg.) erzählt , dass ' Og , mit dem Beinamen bin 'Onk , einen
Berg emporhob , um denselben auf Moses und seine Armee zu wer-
fen. Moses betete hierauf zu Gott, und Gott befahl einem Yogel,
sich auf. die Spitze jenes Berges zu stellen und denselben mit seinem
Schnabel zu durchbohren. Der Yogel that dieses und in Folge da-
yon fiel der Berg bis auf 'Og's Hals hinab , den er wie ein Hals-
band umgab, woher auch der Name 'Og bin 'Onk, nämlich yon
181
yJiX^ , Hals. Während nun 'Og den Berg am Halse hatte , kam der
Engel Gabriel zu Moses und forderte ihn auf, denselben zu be-
kämpfen , da er ihn besiegen werde. Moses war 10 Ellen hoch ,
ebenso lang war sein Stab; er sprang nun 20 Ellen hoch und
schleuderte seinen Stab an 'Og's Ferse. Da der Stab sehr schwer
und Moses , wie alle Propheten , sehr stark war , so stürzte 'Og ,
ohnediess durch die Last des Berges ermattet, todt nieder.
Bei 5!azwlnl (I , ff i) wird erzählt : Zu den aussergewöhnlichen
Geschöpfen gehörte auch *U^ bin 'Anäk (i^Uc ^ ^^y Seine Länge
betrug , nach 'Abd Allah b. 'Omar , 23,000 Ellen und 330 Ellen
nach der königlichen Elle. Die Dauer seines Lebens betrug 3600
Jahre. Seine Mutter war eine Tochter Adam's. Er erreichte auch
das Zeitalter des Noah ; diesen bat er um Aufnahme in die Arche ,
Noah aber jagte ihn fort, indem er zu ihm sagte: »Wer, o Feind
Gottes , wird dich tragen ?" Das Wasser der grossen Fluth reichte
ihm bis an die Mitte seines Körpers. Er war ein gewaltthätiger
Biese («li^) Als Moses , der Prophet Gottes , und die Kinder
Israel's nach dem Lande der Kenaaniten kamen , um die Biesen
(iULA:>) und ihren König Balak b. S4fun zu bekriegen, schickte
Bälak den 'U^ gegen sie; dieser kundschaftete die Grösse des
Lagers der Kinder Israelis aus und fand , dass dasselbe eine Para-
sange lang und ebenso breit war. Darauf ging er hin und brach
von einem der Berge Syrien's einen Felsblock los, von gleichem
Umfange wie das Lager, nahm ihn auf seinen Kopf und stellte
sich dem Lager gegenüber auf, in der Absicht den Felsen auf
dasselbe zu schleudern und so die Israeliten insgesammt zu tödten.
Da sandte Gott den Wiedehopf (c\-PA^) mit noch andren Vögeln,
und sie durchbohrten diesen Felsen. — Alkisai — dem Gott gnädig
sein möge — erzählt, Gott habe, um den Kindern Israelis seine
Macht kundzuthun, den Hudhud gesandt, der einen himmlischen
Stein in seinem Schnabel trug. Diesen schleuderte er auf den Fel-
sen , der in Folge dieses Wurfes zerbarst , so zwar , dass er bis zum
Halse "U^^s hinabfiel und denselben gleich einem Halsband umgab.
Gott that dieses dem Moses kund , worauf derselbe mit seinem Stabe
an den Ort ging, wo 'Ug sich befand. Die Länge dieses Stabes
betrug 10 Ellen, die des Moses ebenfalls 10 Ellen; Gott gab ihm
182
die Kraft , 10 Ellen hoch zu springen ; auf diese Weise konnte er
'U^ an der Ferse tÖdtlich verwunden , sodass er todt niederstürzte.
Sein Sohenkelknochen diente längere Zeit hindurch als Brücke über
den Nil. Gott der Hochgepriesene weiss das Wahre.
In dem Hl'HVn D^nDriD geiiannten Wörterbuche von Parchon
heisst es s. v. TH^ (15», ed. S. G. Stern): Das hebräische PQ^^^T
wird von den Geonim mit J^^^^ N^JJ^HD erklärt; es ist das ein
Vogel , der auf dem Haupte einen Federbusch (n^'ni^D) ^**- ^^
Targum übersetzt das biblische PCi^Tl (Lev., 11, 19; Deut., 14,
18) mit i«^*1^C0 "njJ (Bergspalter) , weil nämlich dieser Vogel den
Berg (Felsen) durchbohrte, den Og auf das Lager der Israeliten
werfen wollte , um sie zu tödten, als unser Lehrer Moses kam und
ihn tödtete.
Die chaldäische Übersetzung des Wortes riS^^DlT ™^* i^'mCO **! JJ
wird im Talmud (Gittin, 68^; ZDMG., XXXI, 212 fg.) in andrer
Weise erklärt. Dass hier nun der Wiedehopf (statt des Wurmes oder
der Ameisen) den Berg durchbohrt , beruht ohne Zweifel auf der
arabischen Sage , wie sie bei l^azwint erzählt wird ; so wird in dem-
selben Artikel ri^T bei Parchon ferner gesagt , dass einzelne Glieder
des Wiedehopfes als sympathetische Heilmittel dienen, was sich
ähnlich auch bei ]S!azwtnt (I, frl) findet.
Bei Lane (I, 4, 1596») wird nach dem TÄ^ el-^Arüs s. v. jyi^
bemerkt: Occurring in a Tradition respecting 'Ooi Ibn-'Unuk (or
Ibn-*Ook) as meaning something with which a mass of rock was
hollowed out according to the size of bis head. .^mä — Diamant —
entspricht dem hebräischen ^^Qjy , welcher letztere an den oben
• T
erwähnten Stellen (auch weiter unten bei Salomon) ebenfalls in Ver-
bindung mit dem Wiedehopf vorkommt.
Auf die Erzählung vom Tode Aaron's folgt bei Tabart (p. ö.t**)
und Ibn el-Atlr (p. It***!) die vom Tode Moses', worüber aber ver-
schiedene Versionen angeführt werden. Zunächst wird erzählt , dass
Moses einen Widerwillen gegen den Tod hatte, dass Gott aber wollte,
dass ihm der Tod willkommen sei. Gott offenbarte hierauf dem Josua
b. Kün das eine und das andre Gesetz , nicht aber dem Moses. Als
dieser nun diese Bevorzugung des Josua bemerkte, war ihm das
Leben verhasst und er wünschte sich den Tod. Bei Abü'l-Fidlt (Hist.
183
anteifll., p. 34) heisst es, dass Gott dem Josaa die Propheten-
gabe Terlieh und ihm aach seinen Willen kundgab , während Moses
auf seine Anfragen keine Antwort erhielt. Darüber grämte sich
Moses und so erbat er sich von Gott den Tod , der ihm auch ge-
währt ward.
Im Midrasch Tanchuma zu Deut., 3, 23, wird erzählt, dass Gott
die Gesetze nicht mehr dem Moses , sondern dem Josua offenbarte ,
der sie dann den Israeliten mittheilte. Als Moses dieses sah , sagte
er: »O Herr der Welt! Bis jetzt habe ich gewünscht zu leben;
jetzt aber übergebe ich dir meine Seele". Als darauf ihm gesagt
ward , dass seine Zeit gekommen sei , die Welt zu verlassen , sprach
er den Wunsch aus , die Israeliten , die von ihm nur harten Tadel
und bittre Vorwürfe zu hören gewohnt waren, vor seinem Ende
zu segnen. Nachdem er sie gesegnet hatte, sprach er: »Ich habe
euch in Betreff der Thora und der Gesetze vielfach gequält; ver-
zeihet mir nun!" Da sagten die Israeliten : »0 unser Herr und Lehrer,
Alles ist dir verziehen , aber verzeihe du uns die viele Mühe und
den Yerdruss, den wir dir verursacht haben I" Darauf sagte Moses :
»Ich verzeihe euch !" Alsbald verschied er, indem Gott seine Seele
wegküsste. Letzteres wird auch an andren Stellen erwähnt : Jerus.
Targum und Rasehi zu Deut., 34, 5; B. Bathra, 17«; Midrasch
Schir haschirim , 1, 2; Aboth d. R. Nathan, c. 12 (ed. Schechter,
p. 50) und an andren Stellen.
Bei f abart und Ibn el-Attr wird noch eine andre Erzählung an-
geführt, wonach Moses einst unterwegs mehrere Engel antraf , die
damit beschäftigt waren , ein Grab zu graben , das ihm sehr gefiel.
Er sagte nun: >0 ihr Engel Gottes, für wen ist dieses Grab be-
stimmt?" Sie antworteten: »0 Auserwählter Gottes" (JJI ^Jua^%o
bei Tabarl ; das gewöhnliche Epitheton Moses' ist — wie oben be-
merkt wurde — äU^ (*-^) ^©r, mit dem Gott gesprochen), »wir graben
dieses Grab für einen Diener Gottes , den Gott sehr ehren will".
»Dieser Diener Gottes", sagte Moses, »findet hier aber anich in
der That eine ausgezeichnete Buhestätte, wie ieh noch nie eine
sah". »Willst du , dass sie dir gehöre ?" sagten die Engel. »Ja , das
wäre mir sehr lieb", antwortete Moses. Darauf sagten die Engel:
»So steige hinein, lege dich nieder, hole tief Athem und befiehl
184
Gott deine Seele*'. Moses that also. Gott nahm hierauf seine Seele,
und die Engel schlössen das Grab.
Nach einer andren , Yon beiden Autoren angeführten , Erzählung ,
die aber auf Mohammed zurückgeführt wird , sandte Gott den Todes-
engel zu Moses, um dessen Seele zu nehmen; Moses aber gab ihm
einen Backenstreich und schlug ihm ein Auge aus. Der Todesengel
kehrte hierauf zu Gott zurück und sagte : ))Du hast mich zu deinem
Diener geschickt; dieser aber hat durchaus keine Lust zum Ster-
ben''. Darauf schickte Gott den Todesengel abermals zu Moses , und
diesmal hatte er einen besseren Erfolg , da Moses (wie näher dar-
gestellt wird) einsah, dass er ja doch einmal sterben müsse. Die-
selbe Erzählung findet sich auch bei Boh&rt (ed. Erehl, II, p. Töa,
N^ 31).
Im Midrasch (Debarim B., S. 11 gegen das Ende) ist eine lange
Erzählung vom Ableben Moses' , in der es u. A. heisst , dass Gott
den Engel Sammael an Moses sandte , um ihm seine Seele abzu-
fordern. Als er zu Moses kam , ergriff dieser seinen Stab , in dem
der Name Gottes eingegraben war und schlug Sammael mit dem-
selben und dann blendete er ihn mit dem Strahlenglanze seines
Angesichtes (Exod., 34, 29. 30). Darauf stieg Gott hernieder und
kam zu Moses in Begleitung dreier Engel : Sagsagel, Gabriel, Mi-
chael. Die Engel bereiteten ihm ein Bett, in das er sich legte.
Gott sagte darauf zu ihm: i» Blicke aufwärts — lege deine Hände
auf die Brust — lege deine Füsse übereinander !" Als Moses dieses
gethan hatte, nahm Gott ihm seine Seele mit einem Kusse. Im
jerus. Targum zu Deut., 34, 6, kommt Gott zu Moses in Begleitung
mehrerer Engel , darunter auch Gabriel und Michael. Diese beiden
bereiten ein goldnes, mit Perlen und Edelsteinen geziertes Bett;
der Engel Metatron und noch drei andre Engel legen ihn auf das-
selbe, worauf Gott selbst ihn bestattet.
Das Jud., 10, 12, vom Stillstand der Sonne Erwähnte wird bei
Tabari (p. ö\^ fg.) und Ibn eLAtir (p. if f) folgendermassen erzählt :
Manche sagen , dass Josua erst nach dem Ableben des Moses gegen
die Riesen Krieg führte. Als er in einer Schlacht bereits einen
Yortheil über sie errungen hatte , und zwar an einem Freitag, war
es Abend geworden und somit der Anbruch des Sabbath nahe. Da
185
betete Josua zu Gott , worauf Gott die Sonne still stehen liess , so-
dass es eine Stunde länger Tag blieb , während welcher Zeit Josua
die Riesen völlig besiegte , worauf er in ihr Land einzog.
Bei Ja'lklibi (p. f v) wird erzählt , dass eine zauberkundige Frau
der Balk4 (so werden hier die Riesen genannt , und zwar von einem
Manne I^amens Bälak) auf die Sonne und die übrigen Himmels-
körper einwirken konnte , sodass Josua verhindert wurde , ihr Volk
zu besiegen. Als Josua dieses erfuhr , betete er zu Gott , die Sonne
in ihrem Laufe zurückzuhalten , in Folge dessen er die Berechnung
jener Frau vereitelte und den Sieg davon trug.
In den Pirke R. Eliezer /c. 52) wird erzählt: d Josua und sein
Yolk kämpften einst am Rüsttage des Sabbath gegen die Heiden ;
er fürchtete nun , dass der hereinbrechende Sabbath sie an der Fort-
setzung des Kampfes hindern würde, sah auch, dass die heid-
nischen Zauberer zum Schaden der Israeliten einen Einfluss auf
die Planeten ausübten und diese zwangen , ihnen dienstbar zu sein.
Er streckte nun seine Hand gegen Sonne , Mond und Sterne aus ,
indem er zugleich den heiligen Namen Gottes aussprach, worauf
sie 36 Stunden lang in ihrem Laufe einhielten und stillstanden ,
während welcher Zeit er die Heiden besiegte" ').
SAUL.
Die jüdisch-arabischen Parallelen mit Bezug auf einzelne Ereig-
nisse in Saul's Leben werden weiter unten — bei David — Er-
wähnung finden ; das tragische Ende Saul's aber , welches durch
das darauf bezügliche Trauerlied (2 Sam., 1, 19 fg.) einen um so rüh-
renderen Eindruck macht, soll zunächst hier besprochen werden.
Bei Tabarl (I, öö*I fg.) und — kürzer — bei Ibn el-Atir (I,
1) Bei J. S. Buckingham, Travels in Falestine (p. 303), deu A. P. Stanley in
dem oben erwähnten Buche (p. 207) anführt, heisst es, dass diese Sage, erweitert
and ausgeschmückt, noch jetzt in dortiger Gegend beim Volke fortlebe. Zugleich
wird nach D'*Herbelot (II, 330) mitgetheilt, die Verlängerung jenes Freitags gelte
als einer der Gründe für die Feier des Freitags überhaupt.
24
186
\öf fg.) wird erzählt, dass T!ä\ikt (Saal — bei X^b&i^^ P- ^^^ beisst
es übrigens ) auf Syrisch laute sein Name (j^ q^ 6^^) ^^^^
israelitischen Sehriftgelehrten (<^UJUIt) habe umbringen lassen, so-
dass nicht einer übrig blieb (wahrscheinlich mit Bezug auf die
Todtung der Priester Ton Nob, 1 Sam., 22, IH fg.), mit Ausnahme
einer Frau , die den erhabenen Namen Gottes kannte Uj^^ ^JLjü ooI^
Jqc'^^ jilt). Er gab nun einem Manne (bei !]?abart : einem Riesen ,
Xt^) den Auftrag , auch diese zu tödten ; der Mann hatte aber
Mitleid mit ihr und Hess sie am Leben , worauf sie sich yerborgen
hielt. Dann aber empfand Jältit Reue über das Gethane ; er weh-
klagte und weinte fortwährend und ging jede Nacht auf die Gräber
der Todten und rief: tich beechwore euch bei Gott : wenn ihr für
mich einen Weg zur Busse wisst, so sagt es mirl'* Als er das mehrere-
mal gethan hatte, rief ihm eine Stimme aus einem Grabe zu: »0
fälüt , bist du nicht damit zufrieden , dass du uns ; als wir noch
lebten, getödtet hast, musst du uns auch im Grabe noch quälen ?"
Darauf weinte und trauerte er nur noch mehr. Der Riese — heisst
es bei !]?abart — hatte Mitleid mit ihm und fragte ihn nach der
Ursache seiner grossen Trauer. Da sagte ^alüt zu ihm: ))Weisst
du mir vielleicht einen Schriftgelehrten im Lande , den ich fragen
könnte , auf welche Weise ich Busse thun kann , um Gottes Yer-
gebung zu erlangen?" Darauf sagte jener: »Weisst du, mit wem
du zu vergleichen bist? Du gleichst jenem Könige, der auf der
Reise Abends in einer Stadt ankam. Da fing ein Hahn an zu krähen ;
.der König betrachtete dieses als ein böses Vorzeichen («Juo ^sLä?) und
befahl, alle Hähne in der ganzen Stadt zu tödten, was auch ge-
schah. Als er nun sich schlafen legen wollte, sagte er zu seinen
Dienern: > »Sobald der Hahn kräht, wecket mich, damit wir Weiter-
reisen"". Darauf sagten jene : » »Du hast ja aber befohlen, alle Hähne
umzubringen, also kann auch keiner mehr krähen"". So verlangst
auch du jetzt nach einem Schriftgelehrten, während du doch alle
hast tödten lassen". Als !]?4ltit hierauf noch mehr wehklagte , sagte
ihm der Riese, dass er jene Frau, die er umzubringen den Befehl
erhalten hatte, verschont habe und dass sie also noch lebe. Saul
sagte darauf zu ihm , er möge doch zu ihr gehen und sie fragen ,
ob sie für ihn eine Busse wisse. Auf seine Anfrage antwortete sie
187
aber , sie könne Nichts der Art angeben ; sie sollten zam Grabe
eines Propheten gehen und dort fragen. Bie gingen nun «am G-mbe
des Josua b. NtLn^ Als sie ihn angerufen hatten , entstieg er dem
Grabe und fragte : »Was gibt* s P Ist die Stunde der Aufer«tehang
gekommen P" Sie sagten, dass sie erschienen seien, ihn zu frag^, ob
er für T4lüt keine Busse wisse. Josua antwortete: »Ich weist nur
Eines : wenn T41üt der Herrschaft entsagt und mit seinen Söhnen
in den Kampf für den wahren Glauben (»Ut d^^t^y^ ^jr) auszieht
und sie so lange kämpfen, bis die Söhne gefallen sind und er
alsdann weiter kämpft, bis auch er den Tod findet — vielleicht
dass er alsdann Vergebung erlangt".
T^lüt kehrte darauf noch trauriger in sein Haus zurück. Seine
Söhne befragten ihn deshalb; er sagte ihnen, welche Antworten
er auf seine Anfragen erhalten habe , und fragte sie , ob sie mit ihm
in den Kampf ziehen wollten. Sie antworteten , dass sie dazu gerne
bereit seien. Er Hess sie darauf sich rüsten und zog mit ihnen ins
Feld. In der Schlacht kämpften sie alle , bis sie den Tod fanden ;
darauf kämpfte T4Mt allein weiter, bis auch er fiel.
Nach einer andren , von beiden Autoren angeführten , Meinung
war der befragte Prophet nicht Josua ^ sondern Elisa (bei Tabari
«— »^Ia>l C7^ f-^^^O j i^ach einer weiteren , von Ibn el-Atir angeführten,
Meinung war es der Prophet Samuel (Jj^äI), was also der bi-
blischen Erzählung entspricht , wenn es auch hier in andrer Form
erzählt wird. Tabari sagt ferner, dass die Besitzer der Thora be-
haupten , T<it habe 40 Jahre lang regiert ^).
In den jüdischen Schriften gibt sich eine grosse Sympathie für
Saul kund. Mit Bezug auf die Stelle 1 Sam., 13, 1 : i»Saul war
ein Jahr alt, als er die Regierung antrat" (^^^Q^ ^INtt^ H^E^ P —
im Texte ist, wie Munk, Palestine, 2ö2^, N., bemerkt, die Zahl der
Jahre ausgefallen — ) heisst es im Talmud (Joma, 22^): »Bas soll be-
sagen, dass er so sündenfrei war, wie ein einjähriges Kind"; an
andren Stellen (Bamidbar R., S. 4; jerus. Talmud, Sakka, V, 4)
wird seine Keuschheit (pW'iJJi) gerühmt. Er wird sogar (Jalkut,
1) Munk (Palestine, p. 266, Note) bemerkt, dass nach Josephus (Antt., VI, 14,9)
Saal 40 Jahre lang regiert habe, und erklärt dieses — unter Uinweisung auf Act.
Ap., 13, 21, and Andres — für nicht unwahrscheinlich.
188
Sam., § 138) in einzelnen Dingen höher gestellt als David; dazu
gehört auch, dass er mit seinen Söhnen in den Kampf zog, ob-
schon er wusste , dass sie alle dort den Tod finden würden , wo-
gegen David sich leicht bereden Hess , nicht mit ins Feld zu ziehen
(2 Sam., 21, 17).
Mit Bezug auf 1 Sam., 28, 19, heisst es (Pirke B. Eliezer, c. 33 ;
Jalkut, Sam., § 141): »Samuel sagte zu Saul: Wenn du meinen
Bath befolgst , auf dem Schlachtfelde den Tod zu suchen , so wird
dein Tod deine Sühne sein H'^^y iTlDD "IPP^^D NUP) ^^^ ^^
wirst deinen Platz neben mir (im Paradiese) finden*'.
An andren Stellen (Wajikra B., S. 26 , zu Lev., 21, 1 ; Midrasch
Tanchuma , ed. Buber , III , 42^ ; Midrasch Samuel, S. 24) wird er-
zählt: »Samuel sagte zu Saul: »»Wenn du das götiliche Strafgericht
auf dich nimmst, so wirst du morgen mit deinen Söhnen bei mir
sein" ". Zur selben Stunde berief Gott die obersten Engel und sagte
zu ihnen: »»Sehet her! Wenn Jemand zu einem Gastmahle geht ,
pflegt er seine Kinder nicht mitzunehmen, aus Furcht vor dem
bösen Blicke (pyH rT^N^lD '^JDö) 5 dieser Saul aber zieht in die
Schlacht und nimmt seine Söhne mit sich ; er weiss , dass er den
Tod finden wird , freut sich aber darüber , dass das göttliche Straf-
gericht an ihm vollzogen wird"".
An denselben Midraschstellen wird — mit Bezug auf Lev., 20,
27 ; 21, 1 — auch das hübsche Gleichniss von dem Hahne ange-
wandt. Zu der Stelle 1 Sam., 28, 7 : »Und Saul sagte zu seinen
Dienern : Suchet mir , eine Todtenbeschwörerin" wird bemerkt :
»Womit ist Saul zu vergleichen ? Er gleicht einem Könige , der in
eine Stadt gekommen war und den Befehl gab , in derselben Nacht
alle Hähne umzubringen. Als er weiter reisen wollte , fragte er , ob
kein Hahn da sei, um durch sein Krähen den Tagesanbruch an-
zuzeigen. Da sagten seine Diener zu ihm : »»Hast du denn nicht be-
fohlen , alle Hähne zu tödten ?" " So auch hatte Saul alle Zauberer
und Todtenbeschwörer wegschaffen lassen (1 Sam., 28, 3) und den-
noch verlangte er jetzt, man solle ihm eino Todtenbeschwörerin
herbeiholen".
In dieser Form passt übrigens das Gleichniss besser als bei
Tabarl , der von Todtenbeschwörern Nichts erwähnt ; dagegen wird
189
bei Letzterem das Todten der Hähne motiyirt, was im Midrasch
nicht der Fall ist. Und doch lag diese Motiyirung sehr nahe , da
an einer Talmudstelle (Sabbath , 67^ , cf. Maimonides, Mischne Thora,
H. Aboda zara, XI, 4) unter den heidnischen Gebräuchen, deren
Nachahmung verboten ist , auch erwähnt wird , dass man einen Hahn
schlachtet , der am Abend gekräht hat (D'^D^iy N^lpHy 5 ^^^^ dieser
Ausdruck das abendliche Krähen bezeichnet , ersieht man aus der
Stelle bei Tabari) , weil das als ein schlimmes Omen betrachtet
wird, ähnlich wie das Krähen einer Henne (cf. ZDMG., XXXI,
339, Note 74; Zeitschr. d. D. Palästinavereins, VIII, 80, N. 2).
DAVID UND SALOMON.
Zu den Sagenkreisen , in denen die jüdische und die arabische
Sage sich theils berühren, theils divergiren, gehören insbesondere
diejenigen , die sich auf David und Salomon beziehen. Bei den Ara-
bern überstrahlt Salomon weitaus seinen Vater, und obschon im
!^or&n (Sur. 38, 25) Gott zu David sagt : »Ich habe dich zu mei-
nem Stellvertreter — Chaltf — auf Erden ernannt" (Xäa)L> ^*)U1ä> U?
{joji^ ^) , so ist doch nicht er , sondern Salomon das Urbild eines
Chaltfen. Da wo Beide neben einander erwähnt werden , ist es Salo-
mon , der seinen Vater an Weisheit übertrifft. Das ist z. B. der Fall
bei dem Processe wegen der Schafe , die im Felde eines Anderen als
ihres Besitzers geweidet hatten (Sur. 21, 78. 79). David sagte, wie
Bai4&wt (I , in) und ZamaMart (II , aaI) z. St. bemerken , dass die
Schafe dem Eigenthümer des beschädigten Feldes gehören sollten.
Salomon aber, der damals erst 11 Jahre alt war, sprach sich dahin
aus , dass demselben nur die Nutzniessung der Schafe gehören solle ,
ihre Milch , Wolle und ihre Jungen , bis das Feld wiederum im
Statu quo ante sein werde , und mit Bezug darauf heisst es , dass
dem Salomon die bessere Einsicht verliehen worden sei.
Aber auch bei dem berühmten Urtheilsspruche Salomon's tritt
seine Weisheit um so mehr in den Vordergrund , als — wie in dem
eben erwähnten Falle — David zuerst ein ganz andres Urtheil
geiällt hatte. Bei BohÄrt (ed. Krehl , II , Hf ) und gleichlautend in
190
den »Dicta Muhammedis*' in Arnold^s arabischer Chrestomathie (p.
23 , N^ M«) wird nämlich im Namen Mohammad's erzählt , dass einst
zwei Frauen beisammen wohnten , yon denen jede ein Kind hatte.
Da kam der Wolf and raubte eines der beiden Kinder. Da nun
Jede behauptete , es sei das nicht ihr Kind , sondern das der Andren
gewesen , so gingen sie zu David , damit er darüber entscheiden
solle. David sprach der älteren Frau das lebende Kind zu. Darauf
traten Beide vor Salomon , um sein Urtheil zu vernehmen. Salomon
sprach : »Bringet mir ein Messer (^XmJL «Wät , nach einer andren
Version : SüJcJL) , damit ich das Kind unter sie theilo". Da rief die
Jüngere: »Thu' das nicht, um Gotteswillen I (aUI <ä)L«.:>«j J^xaj ^)
Es ist ihr Kind !" Darauf sprach Salomon der Jüngeren das Kind zu.
Salomon's Urtheil übertrifft aber noch in einer andren Erzäh-
lung das Urtheil seines Vaters an Weisheit. Die bekannte Erzäh-
lung von dem Rechtsstreite zweier Männer, von denen der eine
dem andren einen Acker verkauft hatte, in welchem der Käufer einen
Schatz fand, von dem er behauptete, dass der Verkäufer, nicht
der Käufer auf denselben ein Anrecht habe, während der Verkäufer
behauptete, der Käufer habe mit dem Acker auch zugleich das
Eigenthumsrecht auf den Schatz erworben — dieser in Gegenwart
Alexander's d. Gr. verhandelte Process, der vom Richter dahin aus-
geglichen ward , dass der Sohn des Einen die Tochter des Andren
heirathet und der Schatz das Heirathsgut bildet , wird im Midrasch
Tanchuma (ed. Buber, I, 152; III, 88), and zwar in zwei Ver-
sionen, die eine aramäisch, die andre hebräisch, in Bereschith
Rabba , Sect. 33 , zu Gen., 8, 1 , sowie an andren von Ruber und in
der Wilnaer Ausgabe des Midrasch mitgetheilten Stellen ausführlich
erzählt. Diese Elrzählung findet sich — nur kürzer und ohne Er-
wähnung irgend eines Namens -*■ auch bei Bol)4rt (II, t^w^. In
WeiPs biblischen Legenden (p. 215) wird nun dasselbe erzählt, nur
ist hier wiederum zuerst David, dann Salomon der Richter: David
sagt, der Schatz solle unter die beiden streitenden Parteien ge-
theilt werden, worauf Salomon, der erst 13 Jahre alt war, durch
den Vorschlag der Verschwägerung den Streit schlichtet» — David
wird zunächst als sehr gottesfürehtig geschildert. So werden (Sur.
21, 105) neben der Thora (/«AJO ^^^ Psalmen (j^^) erwähnt,
191
und aus denselben wird die Stelle (Ps., 27, 29) angeführt , dass die
frommen Diener Gottes das Land erben werden {i^ß Ü^j^^ o^
p^Loil ^oLfi). So heisBt ee femer (Snr. 21^ 79 ; B4, 10 ; 38, 17. 18),
dass Oott die Yögel und die Berge aufgefordert (oder gezwungen —
li^^U^) kabe , mit David Gott zu lobpreisen. Bei Bo^äri (I , ^^aI ,
n , nV) wird im Namen des Propheten berichtet , Dayid's Fasten
und Gebet sei Gott das liebste von allen gewesen ; und dass er immer
einen Tag am den andren gefastet , um Mittemacht aufgestanden
sei, und nur zwei Drittel der Nacht geschlafen habe.
Bei den ]^or4ncommentatoren sowie bei den andren Autoren
wird nun besonders ausführlich Dayid als ein gottesfürchtiger und
gottgeliebter Mann geächildert , dem zu Liebe auch mehrere Wunder
geschahen, und zwar schon in seiner Jugend, als er noch die
Heerden weidete. Manches hiervon ist jüdischen Ursprungs. So wird
bei 'pabari (I , oöf ) erzählt , wie David einst zu seinem Vater ge-
sagt habe: »0 mein Yater, ich ziele nie mit meiner Schleuder nach
irgend Etwas , ohne es zu treffen", worauf sein Yater antwortete :
»Sehr erfreulich ist das zu hören, mein Sohn (^ \^ r^O 9 denn
somit hat Gott dir verliehen , durch deine Schleuder deinen Lebens-
unterhalt zu erwerben". Ein andres Mal sagte David: »0 mein
Vater , ich habe in den Bergen einen ruhenden Löwen angetroffen ;
ich setzte mich auf ihn und ergriff ihn bei den Ohren , und er liess
es ruhig geschehen". »Das ist sehr erfreulieh zu hören", sagte sein
Vater , »das ist eine grosse Wohlthat , die Gott dir erweist". Wieder
ein Mal erzählte David seinem Vater: »Wenn ieh in den Bergen
Gott lobpreisend umherwandle, ist niebt ein Berg, der nicht mit
mir in den Lobgesang einstimmte", worauf sein Vater dieselbe
Antwort gab. An einer andren Stelle l^abart's (I , ölt^ und ebenso
bei Ihn el-A,ttr (I, töv) heisst es, dass Gott David eine Stimme
verliehen, die an Wohllaut ihres Gleichen nicht hatte, und dass,
wenn er die Psalmen recitirte (jM^^ US ^ö\) , ihm die wilden Tbiere
freudig zuhörten, sodass er sie beim Nacken erfassen konntet. Zu-
gleich wird erwähnt, dass er sich sehr fleissig mit dem Stu-
dium des Gesetzes (oL^ä^I) beschäftigte, dass er mitten in der
Naoht aufstand und die Hälfte der Zeit mit Fakten verbrachte,
sowie dass er sich von seiner Hände Arbeit ernährte. Letzteres
192
wird auch bei Bolhdrt (II, Hl) von Abu Hureira im Namen Mo-
hammad^s berichtet.
Im ]B[or&n (Sur. 2, 252) wird nur flüchtig erwähnt , dass David
den Goliath (Gälüt) tödtete. Zamahsart (I , IV) und Baidäwt (I , Sfi)
bemerken hierzu, dass, als David auf dem Wege zum Feldlager
war , drei Steine ihm zuriefen : ))Nimm uns mit ; mit uns wirst du
Goliath tÖdten !'' Dasselbe erzählen auch Tabart (I , oöö) und Ihn el-
Atir (I , iol*^ , sowie ferner , dass David bei jedem Steine , den er auf
Goliath schleuderte, ausrief: y>Den schleudre ich im Namen meines
Yaters Abraham , den im Namen Isaak's , den im Namen Jakob's".
Bei Mas'üdt (I, 107) wird erzählt, die drei Steine in David's Hirten-
tasche hätten sich in einen verwandelt. Es erinnert das an eine
Midraschstelle (M. Tanchuma , Jalkut und jerus. Targum zu Gen.,
2, 10. 11), an welcher mit Bezug auf das "^J^J^Ö? ^6^) 2, 11,
• • • ^ • •
und das QJ^H, Vs« 18, gesagt wird, dass aus den vielen Steinen
I V %• T
ein Stein geworden sei.
Bei Tabart und Ihn el-Atir heisst es ferner , dass der Prophet
(Samuel) dem Saul im Auftrage Gottes ein mit Oel gefülltes Hörn
und einen eisernen Panzer L^ , wie es scheint, das persische StJu)
übergeben und gesagt habe , dass man den Besieger Goliath's daran
erkennen würde , dass das auf sein Haupt gegossene Oel nicht herab-
fliessen , sondern gleich einer Krone auf demselben bleiben, und dass
ihm ferner der Panzer passen werde. David war nun der Einzige, auf
dessen Haupt das Oel in dieser Weise floss, wie er denn auch den Pan-
zer ausfüllte; Letzteres wird übrigens auch von Mas'üdt (1. c.) erwähnt.
Auch im Jalkut (zu 1 Sam., 17, 38, § 127) heisst es nach M.
Tanchuma (zu Levit., 21, 1 , ed. Buber , 43*) : Als David Saul's
Gewänder anzog , passten sie ihm , trotzdem dass Saul an Grösse
alle Anderen überragte (1 Sam., 10, 23). Als Saul dieses sah , war
es ihm ein Zeichen , dass David dereinst König sein werde , und er
beneidete ihn deshalb (n^^W pj^ ^3 D'^JD!! > ^^^ ^^®^ wohl in
diesem Sinne zu nehmen ist). Das war auch der Grund, weshalb
David , der dieses bemerkt hatte , jene Kleider wiederum auszog
(Vs. 39). Die fünf Steine — heisst es ferner — , die David alsdann
sich auswählte (Ys. 40) , nahm er im Namen Gottes , im Namen
193
des Priesters Aaron und im Namen Abraham's , Isaak's und Jakob's.
Bei Tabarl (I , ö\ o*1I) wird ferner erzählt , wie Samuel auf
Gottes Geheiss zu Isai ging, um einen seiner Söhne zu salben,
den Gott dazu ausersehen hatte , den Goliath zu tödten , und wie
dann Isai ihm seine zwölf Söhne vorführte, alle von gleicher Statur
und schön von Ansehen, einer aber von ganz besondrer Schön-
heit. Als Samuel ihn erblickte, rief er aus: »Gepriesen sei Gott!
Wahrlich 1 Gott kennt seine Diener" (oLotlL -cvaj äJJI ^t ; derselbe
Satz findet sich, wie in der Note bemerkt wird, Sur. 40, 47; 3, 13. 19,
aber in ganz andrem Zusammenhang). Da sagte Gott zu ihm : »Deine
Augen sehen auf das Äussere, ich aber schaue in das Herz (^»
v^^JLiül ^s Lo jlbt ^\^ y^ U q|;*äaj (tf^JLxfi) — der ist es nicht.
Das wiederholte sich bei Allen. Darauf sagte Samuel zu Isai: »Gott
sagt mir , du habest noch einen Sohn — wo ist er ?" Isai antwoitete :
»Ja , Prophet Gottes , ich habe noch einen Sohn : er ist aber so
klein, dass ich mich schäme , ihn sehen zu lassen ; er ist auf der
Weide". Als Samuel sich nun näher nach dem Weideort erkundigt
hatte, ging er hin. Er fand David in einem Thale, durch welches
ein Wasser floss und sah , wie derselbe die Schafe paarweise durch
den Strom trug , statt sie denselben durchwaten zu lassen. Da rief
Samuel aus: »Das ist er, kein Zweifel! Er hat Mitleid mit dem
Vieh , er wird auch gegen die Menschen barmherzig sein" (_^ I^X^
Das, was hier Gott zu Samuel sagt, entspricht dem, was 1 Sam., 16,
6. 7, gelegentlich der Salbung David's — aber nicht Ton dem Besieger
Goliath's sondern dem zukünftigen König — erzählt wird. Mit der
gewöhnlichen Verknüpfung einzelner Sätze, namentlich zu ethischem
Zwecke , wird im Midrasch — Jalkut zu 1 Sam., 9 , 19 (§ 108) —
das hier vorkommende nj^^in '^ÜJN ™^* ^®^ Stelle 16, 6. 7, in
VT • T
Verbindung gebracht: »Gott sagte zu Samuel: »»Du nennst dich
selbst eien Seher P (1 Sam., 9, 19) Ich werde dir zeigen , dass du
kein Seher bist"", und das war, als Gott zu Samuel sagte: ^SPl^-^J!^
Dli^y^ n^n^. nim ^5 • • • • inNnö"!:5J^J". Mit Bezug auf die
Salbung David's heisst es ferner (ibid., § 124 nach M. Tanchuma und
Ps., § 750 nach M. Jelamdenu) : »Als Samuel den Eliab salben wollte,
25
194
floss das Oel nicht ans dem Hom , nnd dasselbe wiederholte sich bei
den Anderen ; bei David floss es von selbst heraus und ergoss sich über
sein Haupt", mit Bezug worauf der Vers Ps. 92, 11 angeführt wird.
Aber auch zu dem Andren, was l^abart erzahlt, finden sich Pa-
rallelen. Mit Bezug auf die Stelle Exod., 3, 1 : »Und Moses weidete
die Heerden Jethro's" und die darauf folgende Erzählung von Mosis
Sendung heisst es im Midrasch (Schemoth R., Sect. 2 und an andren ,
in der Wilnaer Ausgabe , 9» , angeführten Stellen) : Von David wird
gesagt (Ps. 78, 70) :|J<-Ji DIN^^ÖO ^01^^ 1^55? ^Y}^ ^Ü7}y^
das Wort fllN^DD ^s* ^^ Sinne von Qlg^^n N^S'^l (^®"'j ^) ^) ^"
• • •
nehmen; David sonderte die grossen Schafe von den kleinen(yj'^Q n^ij^
□"^JÖpri "^JDD D'^i^njn ; ™ Jalkut zu Ps. 70 (§ 823) heisst es :
I^N "^JDD li^N nSiD JVr\ü) ; <iiö jungen Lämmer führte er zur
Weide , um sie vom zarten Kraute essen zu lassen , dann die al.
ten Schafe , um die Kräuter abzuweiden , die nicht mehr zart , aber
auch noch nicht hart waren (D'^JIJ'^Dn DUi^y)? ^a^^ ciiö in der
Mitte zwischen beiden stehenden Schafe (Q*>'mnDn)> ^^ ^^® harten
Kräuter zu essen. (Im Jalkut bilden die Spitzen , die Mitte und die
Wurzeln der Kräuter die Abstufung). Da sagte der Heilige, gelobt
sei er : »Er versteht es , die Schafe zu weiden ; so soll er auch der
Hirte meines Volkes sein", wie es (im folgenden Verse) heisst: »Er
nahm ihn von den säugenden Schafen hinweg , um sein Volk Jakob
zu weiden". Auch Moses wurde als Hirt von Gott erwählt. Unsre
Lehrer sagen : Als Moses die Schafe Jethro's weidete , lief einst
ein Lamm von der Heerde weg. Moses eilte ihm nach , bis er an
ein Lauchfeld (n'^DH) ^*™ 5 ^^^* ^^^ auch ein Teich , bei dem das
Lamm stehen blieb, um zu trinken. Als Moses dasselbe erreicht
hatte , sagte er zu ihm : »Ich wusste nicht , dass du aus Durst davon
gelaufen ; du wirst wohl müde sein". Darauf nahm er das Lamm
auf seine Schulter und trug es zurück zur Heerde. Da sprach Gott :
»Du hast Mitleid mit den Schafen eines Menschen" (m^ ^11^3 » S«p?
xx) oLiyLX im N. T.); »bei deinem Leben! du sollst auch Israel,
meine Heerde, weiden", und darum heisst es (zu Anfang der Er-
zählung) : r\T\ n^T rm^\
f. TT V
Wie gottgeliebt David war , zeigt sich auch in dem , was ^a-
195
barl (1, cö*t) erzählt: Als David auf der Flucht yor Saul sich in
einer Höhle verborgen hatte , wob die Spinne , auf Gottes öeheiss, ihr
Gespinnst am Eingange derselben. Als nun Saul an die Höhle kam
und das Gespinnst sah, sagte er : Wenn er da hinein gegangen wäre,
so hätte er das Spinnengewebe (o^jCotJi v^>wu, eben so Sur. 29,
40, das Gesenius (Thes. p. 192) mit J^^^^y fl'^Dj Job , 8, 14, ver-
gleicht) zerrissen, und so ging er weiter. — Auch diese Sage ist, wie
es scheint, jüdischen Ursprungs; wenigstens findet sie sich, wie
aus Levy's chald. WB. s. v, J^T^^DD'^N (^> ^^) ^^ ersehen, in
der Paraphrase des Targum zu Ps. 57, 3. Dasselbe wird übrigens,
wie Levy erwähnt, auch mit Bezug auf Mohammad's Flucht er-
zählt (cf. Zamahäarl, I, öfi**, und Baitjäwi, I , t**Av , zu Sur, 9. 40 ;
auch im Eingange zu Fertd ed-Dtn's Mantik Üt-Tair, ed. Garcin
de Tassy, p. t, Vs. tf , wird dieses Spinnengewebe erwähnt).
Gleichzeitig erzählt Tabart — wie auch Ibn el- Atir, I , löf — ein-
zelne Züge von David's Grossmuth dem Saul gegenüber , aus denen
man seine Milde und Humanität erkennt.
Das Ereigniss mit der Frau des Uriah , im i^orän (38, 20 ff.)
nur flüchtig angedeutet , wird von den späteren Autoren umständlich
erzählt. Was bei Zamalj^arl , Tabart , Ibn el-Atlr und Al-Kisäi er-
zählt wird , dass David Gott gebeten habe , ihn , wie die Patriar-
chen , zu prüfen , und dass daraufhin der Satan in Gestalt einer
Taube die Veranlassung zu seiner Versuchung gab, ist jüdischen
Ursprungs, nur dass im Talmud, wie gewöhnlich, eine Bibelstelle
in dem Sinne gedeutet wird , dass David wünschte , in Versuchung
geführt zu werden und dass das darauf folgende Ereigniss kürzer
und einfacher erzählt wird als bei den arabischen Autoren. San-
hedrin , 107« , heisst es : Man soll nie wünschen , in Versuchung
geführt zu werden, denn David sprach diesen Wunsch aus und
strauchelte (j^ti^^JI). Er sagte zu Gott — oder vor Gott T^JOJ^ ,
der gewöhnliche Ausdruck bei der Anrede Gottes — : »Herr der
Welt ! Warum sagt man (im Gebete) Gott Abraham's , Isaak's und
Jakob's und nicht Gott David's ?" »Jene wurden von mir auf die
Probe gestellt , du aber nicht", antwortete Gott. Da sagte David :
»0 Herr der Welt I Prüfe mich und versuche mich" — wie es heisst
(Ps., 26, 2) : Prüfe mich, o Gott, und versuche mich, erprobe mein
196
Herz und meine liieren. Da sagte Gott zu ihm : ]>Ich werde dich
erproben , und ich will dir auch — was ich bei jenen nicht ge-
than — zum voraus sagen , dass ich dich durch ein Weib CH^HD
n^'^y) in Versuchung fuhren werde". — Darauf wird , unter Anfüh-
rung von 2 Sam., 11, 2 , erzählt , dass Bathseba hinter einem Bienen-
korbe sich den Kopf wusch ; der Satan erschien dem David in Ge-
stalt eines Vogels ; David schoss nach ihm , der Pfeil zerschmetterte
den Bienenkorb , und so erblickte er sie.
Im Jalkut zu 2 Sam., 11,2 (§ 148) heisst es, dass Bathseba
unter einer ausgespannten Decke (J'^ri^'^D "^mn) i^^®^ Kopf wusch ;
der Satan erschien dem David in Gestalt einer Gazelle ; als er nach
dieser schoss , floh sie dem Orte zu , wo Bathseba war , und so er-
blickte sie David.
Bei Zamahöari zu Sur. 38, 19 (II, W^) wird nun erzählt, dass
David Gott gebeten , ihm dieselbe Auszeichnung zu Theil werden
zu lassen , wie seinen Vorfahren , worauf Gott ihm erwiederte ,
dass er jene durch verschiedene Versuchungen geprüft , die sie alle
bestanden , Abraham durch Nimrod und die Opferung seines Sohnes ,
Isaak durch dieselbe Opferung und durch den Verlust des Augen-
lichtes , Jakob durch die Trauer um seinen Sohn Joseph. David bat
nun, ebenfalls geprüft zu werden; da sprach Gott zu ihm: »Ich
werde dich also prüfen, und zwar an dem und dem Tage; nimm
dich also in Acht !" An dem anberaumten Tage nun ging David in
sein Betzimmer (*-jL^) , verschluss die Thüre, betete und las die
Psalmen (oder die heilige Schrift : j^j^O* ^^ näherte sich ihm der
Satan in Gestalt einer Taube von Gold. Er streckte seine Hand
nach ihr aus , da flog sie davon ; er folgte ihr , doch sie flog abermals
davon und Hess sich dann an einem Fenster nieder ; als er ihr auch
dahin folgte, erblickte er eine sehr schöne Frau, die ihr Haar ordnete ;
er erkundigte sich und erfuhr , es sei dieses die Frau des Uriah (L^t) ,
der sich im Kriege befinde. David schrieb hierauf an Lyo _j s^yj)
(r\^yi)i p DNT^ ^®^ Bibel) , den Heerführer, er solle den Uriah
beim Angriff auf den Feind vor die Bundeslade (o^Ui') stellen. Als
derselbe nun das erste Mal unverletzt davon kam , befahl er , es zum
zweiten Male zu thun , dann zum dritten Male , bis er die Nach-
richt erhielt, Uriah sei getödtet worden, worauf er dessen Frau
197
sich zum Weibe nahm. Zamaljöart führt aber nun ferner — wie
ebenso Bai^&wt z. St. (II , Uo) — eine Überlieferung im Namen des
'All b. T^lib an , wonach derjenige , der dieses als wahre Geschichte
erzählte « gegeisselt zu werden verdiene , da es eine lügenhafte Yer-
läumdung der Propheten sei.
Diese Erzählung von David's Yersuchung findet sich auch — mit
kleinen Abweichungen — bei Ta^^ri (I, o*1f), bei Ibn el-Attr (I, \ö*\)
und in den Prophetengeschichten (fLMj'bSt ^ja*ab) des Al-Eisäi (MS.
der Münchener Hof- und Staatsbibliothek , Cod.- ar., N° 445, f. 279 r.).
Yon der Busse Dayid's , auf die ja auch unter den sogenannten
Busspsalmen der 51. Psalm in der Überschrift bezogen wird, er-
zählt auch der Talmud an der oben erwähnten Stelle (Sanh., 107)
und anderswo.
Weit mehr ins Einzelne gehend ist das, was Tabart (I, ö***1)
und Ibn el-Attr (I , \ö*\) von David's Reue und Busse erzählen , so
unter Andrem , dass David 40 Tage lang weinend und Gott um
Vergebung bittend auf den Enieen lag , dass er mehr geweint als
alle Menschen je geweint , dass er sein Vergehen auf seine Hand
geschrieben und dass diese erzitterte , so oft er sie ansah, und dass
er vor Scham nie seine Augen gen Himmel erhob , bis Gott zu ihm
sagte , er solle sein Haupt erheben , seine Sünde sei ihm vergeben.
Darauf sprach David : »0 Herr , du bist doch ein gerechter Richter;
wenn nun am Tage der Auferstehung Uriah , von Blut überströmt ,
vor deinen Thron treten und sagen wird : Herr , frage doch diesen
da , wesshalb er mich umgebracht hat — was wirst du antworten ?"
Da sprach Gott : »Alsdann werde ich ihn bitten , dir zu verzeihen
und werde ihm dafür einen Antheil am Paradiese geben". Darauf
sprach David : »0 Herr , nun weiss ich , dass du mir vergeben hast".
Dass diese Anklage David's von Seiten Uriah's stattfinden werde ,
wird auch in Gazzäll's Eschatologie , betitelt Ad-Durrah al-fäljirah
(ed. Lucien Gautier, p. vf ; Übersetzung , p. 63 ff.) , erzählt. Am Tage
des Gerichtes — heisst es — wird (nach Moses) David aufgefor-
dert, seine Kanzel zu besteigen und die Psalmen vorzulesen, und
unter Allen hat er die schönste Stimme ; wie im Sahth gesagt wird ,
ist David der Vorgesetzte der paradiesischen Sänger.
Aber derjenige — so wird ferner erzählt — der vor der Bundes-
198
lade (JU^X^Jt o^b) getödtet wurde hört David^s Stimme , stürzt sich
in die Menge , durchbricht die Menschenschaaren , bis er vor David
gelangt, dem er zuruft: y^Ist es vielleicht der Psalter, der dich er-
mahnt hat, mich als Feind zu behandeln P" David schweigt, beschämt
und verwirrt, und auch die am Orte des Gerichts (\^säyA) Versam-
melten sind bestürzt , als sie sehen , in welchem Zustande David
ist. Uriah aber ergreift ihn und treibt ihn hin vor den Thron Gottes
des Erhabenen. Der Vorhang wird niedergelassen , und Uriah ruft
aus: »0 Herr, lass mir Gerechtigkeit widerfahren von ihm-, er
hat meinen Tod veranlasst, indem er mich vor der Bundeslade
kämpfen Hess , bis ich getödtet ward , und darauf hat er meine Frau
geheirathet, obschon er bereits 99 Frauen hatte". Gott der Allmäch-
tige wendet sich hierauf zu David und fragt ihn : t>Ist das wahr ,
was er sagt?" »Ja, so ist es, o Herr!" antwortet David, indem er
das Haupt aus Scham und aus Furcht vor der Strafe niederbeugt.
Darauf sagt Gott zu Uriah: »Ich habe dich bereits entschädigt,
indem ich dir Paläste Ly^^ ^) gegeben habe, sowie schwarz-
äugige Jungfrauen" (»aus dem Paradiese" setzt eine Lesart hinzu);
»bist du damit noch nicht zufrieden gestellt?" Uriah antwortet: »Ja ,
ich bin es, o Herr!" Darauf sagt Gott zu David: »Gehe, ich habe
dir verziehen . . .", und dann sagt er weiter zu ihm : »Geh' nach
deiner Kanzel zurück und lies die Psalmen zu Ende", was David
auch thut.
In ganz andrem Lichte erscheint nun Salomon. David's Haupt-
verdienst besteht eigentlich nur darin , dass er der Vater Salomon's
war, der ihn aber in Allem und Jedem überstrahlt, wovon die
erwähnten Urtheilssprüche nur ein kleines Vorspiel sind. Die krie-
gerischen Eigenschaften David's — nach orientalischer Vorstellung
die Hauptzierde eines Herrschers — und dass er durch seine Kriegs-
thaten den eigentlichen Grund zu Salomon's Macht und Grösse legte,
sowie zu dem Frieden unter des Letztern Regierung, wo Jeder
unter seinem Weinstocke und seinem Feigenbaum in Ruhe und
Sicherheit sass (1 Kön., 5, 5) — von all dem findet sich nirgends
eine Erwähnung ; ebenso wenig davon , dass (1 Chron., 22, 9) der
Name HD^B^ *^^ ^^® Ruhe und den Frieden in seiner Zeit be-
199
zogen wird ^^0 ^^'^^ r\r±)\^ ^3 . . . . nniJD ^i< hm^ f<in
• •• • *• ••
l^öp b^'l\i;^, b)l |nj^ ^p^ Dl^t^) > wie denn aucli mit
Bezug auf den Tempelbau der Oegensatz zwischen ihm und seinem
kriegerischen Vater hervorgehoben wird (ibid., Vs. 8. 10 ; 28, 3 ;
1 Eon., 5, 17 ff.). Vielmehr ist Salomon ein kriegführender König ,
wie denn sehr oft von seinem Heere und seinen Feldzügen die
Bede ist ; Salomon ist das Vorbild Moharamad's. Und so wird auch
das, was die Bibel (1. Kön., 10, 1 ff.) von der Königin von Saba
erzählt , in der arabischen Sage mit ganz besonderer Vorliebe aus-
geschmückt , weil dieser Sagenkreis einerseits locale Färbung trägt,
andrerseits gleichsam eine Vorgeschichte Mohammad^s und der Cha-
lifen ist. Dass Salomon in seinem mit «Ut ^«.mo anfangenden Briefe
an die Königin von Saba dieselbe auffordert , den Islam anzuneh-
men (oder , nach einer andren Erklärung des Wortes ^^ ^ aJUmq , sich
ihm zu unterwerfen) und zu ihm zu kommen (Sur. 27, 30. 31) ,
dass alsdann die Königin in der That kommt und sich zum Islam
bekennt (Vs. 45) — , alles das ist gleichsam vorbildlich. Es war das
heidnische Arabien , das dem Salomon huldigte und seinen Glauben
annahm. Auch die Herbeischaffung des Thrones der Königin (Vs.
38 ff.) gehört wesentlich mit zu dieser , dem Islam dargebrachten ,
Huldigung ; denn dieser Thron war in der altarabischen Sage be-
rühmt, wie denn Balles (oder Bilkts) selbst als göttliches Wesen
vorkommt (Fiesnel im Journ. asiat., Sept.-Oct. 1845 , p. 235 ff. : A. v.
Kremer , Die südarabische Sage , p. 67 ; D. H. Müller , Die Burgen
und Schlösser Südarabien*s , p, 17 ff.; Dimiskt, ed. Mehren, p. IW).
Auch in der — später zu erwähnenden — Erzählung von dem Ver-
luste des Siegelrings und der Herrschaft ist es ein Kriegszug Salo-
mon's , der die Veranlassung hierzu war. Dass Salomon ein krie-
gerischer König war , ersieht man auch aus dem , was Bol^ärt (II ,
nf, III, föo), Zamaliöari (II, \r^^) und Bai44wt (II, Uv) zu
Sur. 38, 33 erzählen, dass nämlich Salomon einst gesagt habe,
die 70 Söhne , die ihm 70 Frauen (an der letzteren Stelle bei Bo^ärt
sind es 100) gebären würden , sollten alle für den Glauben kämp-
fende Ritter werden (so wird , nach Lane s. v., das Wort jj^^
in der Regel am Besten wiedergegeben) ((j^Läj »lA^-I^ Ji' ^-jIj
200
äUI 1^-^«.*»* ^ cX^Läj). Nur hatte er unglücklicher Weise verges-
sen, hinzuzufügen: »So Gott will" (äW *Lä q^); zur Strafe dafür
gebar nur eine Frau einen Sohn, der sich — da er körperlich
missgestaltet war — durchaus nicht zum Gottesstreiter eignete. Das-
selbe Versehen liess sich übrigens auch Mohammad selbst — der
bei Bohar! (II , Ht*^ den Salomon seinen Bruder (jc^O nennt ■— ein-
mal zu Schulden kommen, wie ZamahSart (I, viv) und Bai4äwt (I,
ö*1.) zu Sur, 18, 23 erzählen.
Bei aller Macht und Herrlichkeit ist aber Salomon Gott gegen-
über sehr demiithig; auch bei ganz unbedeutenden Yergehungen
thut er Basse und bittet Gott um Vergebung, so z. B., als er über
die Musterung jener tausend windesschnellen Pferde das Vesper-
oder Abendgebet zu verrichten vergass (Zamahöarl und Bai44wi zu
Sur. 38, 30—32).
Hierbei ist nun ganz ausser Acht gelassen , dass die Anschaf-
fung dieser Fferde an und für sich eine Übertretung des , Deut.,
17, 16 , ausgesprochenen Verbotes war ; ein kriegführender König
muss natürlich auch Pferde besitzen, und so führt Baidäwt zur
Erklärung des -aäü, Vs. 31, einen Ausspruch Mohammad's an: »Das
Glück ist an die Mähnen der Pferde gebunden bis zum Tage der
Auferstehung (x^UÄlt «o ^S j^ß- L^aaa|^ oyix^ J^)* Ebenso
wenig ündet sich davon eine Erwähnung , dass Salomon auch das
im folgenden Verse (17) ausgesprochene Verbot übertrat, dass er
vielmehr ausländische Frauen heirathete, die ihn zum Abfall vom
Dienste des Einen Gottes verleiteten. Eine Sünde , wie die David's
war , hat sich Salomon überhaupt nie zu Schulden kommen lassen ;
er hatte alle Tagenden seines Vaters, und damit ihm keine der-
selben fehle , wird auch von ihm erzählt (Ibn el-Atlr , I , H.) , dass
er — ebenso wie David — sich von seiner Hände Arbeit ernährte.
Während David , gleich andren Personen , nur vorübergehend
auftritt, um dann vom Schauplatz zu verschwinden, lebt Salomon's
Andenken in unzähligen, stets sich erneuernden. Sagen fort, wie
auch viele Localitäten nach ihm benannt werden. Salomon bildet
so den Mittelpunkt eines ganzen Sagenkreises , wie er denn auch
vielfach mit Gemöid identifizirt wird (Roth in ZDMG., IV, 422 ;
Vullers s. v. ^^ , 1 , 526. 527. 528) und Manches von Gemöid er-
201
zählt wird , was anderswo von Salomon. So wird bei Btrünt (ed.
Sachau , p. Hö, Z. ö) sogar die Einsetzung und der Name des Naurüiz
damit in Verbindung gebracht , dass an diesem Tage Salomon den
verlorenen Siegelring wiedergefunden und damit zugleich die Herr-
schaft wiedererlangt habe. Gleichzeitig wird (p. t\X) die Einset-
zung des Naurüz damit in Verbindung gebracht, dass die Ginnen
und Dtws in einem Tage den Gemsid in seinem Wagen durch die
Luft von Dabdwand nach Babel brachten. Dasselbe erwähnt auch
Ibn el-Attr (1 , f1) von Gemsid , an einer andren Stelle (I , f H) von
Salomon , wie auch Jäl^üt (s. v. y^uLol) , Mas'üdt (III , 77) und
?:azwinl (II, ii).
So wird denn auch Salomon's Herrschaft über die Dämonen,
die im !{^or&n mehrmals erwähnt wird, in den späteren Schriften
sehr ausfuhrlich und mit vielen Einzelheiten dargestellt. Bei !^az-
wtnt wird erzählt (I , i*'vl ff.) , wie Gabriel auf Gottes Geheiss die
Dämonen aus den Feldern und Wäldern , aus Höhlen , Thälern und
Abgründen zusammen berief , und wie sie ihm alle mit t^LvXi (Hier !
zu deinen Diensten !) antworteten , und wie er sie dann dem Sa-
lomon vorführte , der sich über ihre grosse Anzahl und Verschie-
denheit wunderte und sich mit ihnen unterhielt , indem er sie über
das Eine ' und das Andre befragte.
Auch in al-KisÄi's Prophetengeschichten (f. 291 v.) wird erzählt,
wie auf Gottes Geheiss Gabriel und Michael alle Vögel zusammen-
beriefen, die Land- und die Wasservögel (-^J^ jJi n^)j -^^^
im Osten und die im Westen , und sie zu Salomon brachten , dass
sie fortan ihm zu Diensten seien, wie hierauf Salomon die Einzel-
nen über ihre Lebensweise befragte , und wie die Taube , nachdem
sie ihn begrüsst, ihm erzählte, dass sie der Lieblingsvogel Adam's
im Paradiese gewesen sei und dass sie von demselben drei Lehren
empfangen habe: ))Es gibt keinen Gott ausser Allah. — Er ist allein
und einzig, ohne Genossen. — Sein Abgesandter ist Mo^^iammad,
der Herr der Ersten und der Letzten".
Auch die Übergabe des Siegelrings wird bei al-KisM (294 r.) um-
ständlich erzählt, wie nämlich auf Gottes Geheiss Gabriel diesen
Ring — der einen ganz wunderbaren Glanz hatte und die Inschrifi
trug : aUI \Mtj oa^ ^dII ^i ^t ^ — aus dem Paradiese holte , wo ihn
26
202
früher Adam besessen , und dass er ihn als Zeichen der Herrschaft
dem Salomon übergab, und zwar geschah das an einem Freitag,
den 27. Muharram.
In der Schilderung Dayid's und Salomon's, wie sie von den
arabischen Autoren gegeben wird , dient David seinem Sohne zur
Folie ; die Macht und Herrlichkeit Salomon's ersieht man erst recht
deutlich , wenn man ihn mit seinem Vater vergleicht ; dabei wird
aber seine grÖsste That , die Erbauung des Tempels, kaum erwähnt ;
eher noch wird Salomon mit Mekka in Verbindung gebracht , denn
Letzteres ist das eigentliche ÜS'ationalheiligthum. So wird z. B. bei
Zamaliöarl (II, ttöf) und Baidäwi (II, If*) zu Sur. 34, 13, nur
flüchtig bemerkt, dass David den Grundstein zum Tempel gelegt
habe, der an die Stelle des früheren Stiftszeltes (J^Uo^) treten
sollte , und dass er die Vollendung desselben seinem Sohne Salomon
übertragen, der hierzu die Ginnen verwendete ; im !Korän texte ist nur
von Bauten überhaupt die Bede, welche die Ginnen aufführten. Genau
das entgegengesetzte Verhältniss tritt in der talmudischen Auffas-
sung und Darstellung zu Tage; der Talmud ist in der That histo-
rischer , unbefangener und gerechter als die arabische Sage ; er lässt
sich von all dem Glanz und Schimmer, der Salomon umgibt, nicht
blenden; vielmehr ist es David, der auf jede Weise verherrlicht
wird. Die kriegerischen Tugenden David's , und dass Gott ihm bei-
stand , seine Feinde zu besiegen , dass er seine Blitze sandte , sie zu
zerstreuen, seine Pfeile, sie zu verwirren (2 Sam.,22, 15 ; Ps., 18, 15;
144, 5) , dass Moab David's Waschbecken ward und er seinen Schuh
auf Edom warf (Ps., 60, 10; 108, 10) — alle die in den Psalmen
vorkommenden Siegeslieder, die Kriegszüge und die Triumphe David's
sind allerdings ganz gleichgültige Dinge (wie denn z. B. Bamidbar
R., S. 14, die Stelle Ps. 60, 10, in ganz andrem Sinne hagadisch
gedeutet w^ird) ; der eigentliche Kriegsheld war Joab. So heisst es
mit Bezug auf 2 Sam., 8, 15. 16 : <f Hätte David sein Volk nicht
mit Gerechtigkeit regiert, so hätte Joab keine Kriege führen kön-
nen , und hätte Joab keine Kriege geführt , so hätte David sich
nicht mit dem Studium der Thora beschäftigen können" (Sanhedrin,
49» ; Jalkut z. St., § 147). Allerdings wird auch David als mäch-
tiger Kriegsheld , als gewaltiger Kämpfer geschildert — aber als
203
Gottesstreiter, als Kämpfer im Kampfe für die Thora (^^ nDDPI^D
min)« ^^ ^^^^ (Sanhedrin, 93^) das mit Bezug auf David ge-
brauchte HDn^D ^^J^j 1 Sam., 16, 18, in diesem Sinne gedeutet,
wie ähnlich das nOH^D ^It2bt2 mn ^^THJ^ > ^Ja»*-» 3, 8, auf die
••• .•^« •• •, •
Gesetzesstreiter bezogen wird (Midrasch z. St.; Bamidbar ß., S. 11) ;
ebenso das IS^H DJ^ in'DJ ^ijrT'l > ^ ^am., 25, 13 (Sanhedrin,
• • • •
36a, Jalkut z. St.).
An andren Orten (Pesikta d. ß. Kahna, ed. Buber, 62^; Ba-
midbar ß., S. 15 und an sonstigen , von Buber und in der Wilnaer
Ausgabe der ßabboth — p. 132 — angeführten Stellen) wird das
r(p nnin> Dlp^ n^^^-nian^Pß-HÖ, 62, darauf bezogen, dass
David mitten in der Nacht aufzustehen pflegte, um Gott zu lob-
preisen , wie gleichzeitig das ^)^'2) ^Dlin Hl]'}) "^1135 ^^^'})
• • • • •
inti^ m^yj^) ^s« ^'^j ^) dahin gedeutet wird, dass David — von
den Klängen einer Harfe, die der Mitternachts wind erklingen machte,
geweckt — um Mitternacht aufstand , um sich mit dem Studium der
Thora zu beschäftigen , also gleichsam den Morgen weckte (ril'^yj^
inii^)' Dasselbe wird Berachoth, 3^, 4*, gesagt, woselbst (wie bereits
oben , p. 49 , erwähnt wurde) zugleich auch die Namen der Perso-
nen aus David's Umgebung (pj^^-iQ^ , 3^^3, ^o^rr^nj^» iiTjD)
auf deren Gesetzeskunde und halachisches Wissen gedeutet wer-
den, wie z. B. auch an der oben erwähnten Stelle, Moed Ka-
ton, 16^, "i'l'^i^^in iC\^}f (2 Sam., 20, 26) David's Lehrer ge-
nannt wird.
Mit dem Eifer für das Studium des Gesetzes — an und für sich
etwat höchst Lobenswerthes — steht in natürlichem Zusammenhang
David's grosse Frömmigkeit und Gottergebenheit sowie seine Eigen-
schaft als gottgeliebter König , was Alles an unzähligen Stellen her-
vorgehoben wird. Und ebenso wie David's Psalmen, die einen
wesentlichen Thoil der Liturgie bilden , fortwährend seinen Namen
in Erinnerung bringen , so ist dasselbe der Fall bei den stets wieder-
kehrenden Ausdrücken: Haus David's, die Herrschaft des Hauses
David , der Messias , Sohn David's (^y] ^^'2 1 IM D^l miD!?D
IM P rr^^D) 5 ™ Talmud — z. B. Sanhedrin , 98» — wird der
204
Messias einfach "^y^ Q gekannt). An den I^amen David's knüpfen
sich die schönsten Erinnerungen der Vergangenheit wie die schönsten
Hoffnungen der Zukunft Israels ; David ist der edelste Bepräsen-
tant des Stammes Judah , und so wie er der intellectuelle und eigent-
liche Urheber des Tempelbaues war, so wird auch in den Gebeten
um die Wiedererbauung des Tempels immer David's Name genannt.
An einer hagadischen Talmudstelle (Sabbath , 30^) wird ein sehr
gemüthliches Gespräch , das zwischen Gott und David stattfand ,
erzählt. Das m^I^^ HIN *^Dy H^J?» Ps. 86, 17, wird darauf be-
zogen , dass David Gott gebeten habe , ihm »jene Sünde" (>W IDIi^
— die gegen Uriah begangene — ) zu vergeben , worauf Gott erwie-
derte: »Sie ist dir vergeben". Als David nun ferner die Bitte um
ein Zeichen der Vergebung aussprach , sagte Gott , auch dieses
solle ihm gewährt werden , aber nicht bei David's , sondern während
Salomon's Leben werde er es kundgeben. Als nun nach Erbauung
des Tempels — heisst es ferner , und ebenso Bamidbar R«, S. 14 —
Salomon die Bundeslade in das Allerheiligste bringen wollte , konn-
ten die Thore nicht geöffnet werden. Salomon liess 24 Lobgesänge
anstimmen (nach der Midraschstelle 24 Yerse, von 2 Chron., 6, 18
bis 6, 42), darunter auch Ps. 24, 7-— 10: Alles umsonst, die Thor-
flügel schlössen fest aneinander; erst bei den Worten: »0 Gott,
wende dein Angesicht nicht ab von deinem Gesalbten , gedenke der
deinem Knechte David erwiesenen Gnaden" — erst bei diesen Wor-
ten (2 Chron., 6, 42) öffneten sich die Thore , und daran erkannten
Alle, dass Gott dem David vergeben hatte. Unter Andrem sagt
Gott in jenem Gespräche zu David: »Ein Tag, den du mit dem
Studium der Thora verbringst, ist mir lieber als die tausend Opfer,
die dein Sohn Salomon mir darbringen wird" (1 Kön., 3, 4). Ferner
wird erzählt , wie Salomon , unmittelbar nach dem Tode seines
Yaters , der an einem Sabbath erfolgte, nach dem Lehrhause ge-
schickt , um anzufragen , was an diesem Tage ihm zu thun erlaubt
sei. Die Antwort der Befragten ist an einer andren Stelle (Midrasch
Ruth, 2, 17) dahin formulirt, dass sie eine Mischna anführen , aus
welcher zu ersehen, was erlaubt ist.
David hätte in einem solchen Falle gewiss nicht nöthig gehabt ,
sich bei den Weisen Baths zu erholen, — er, der grosse Schriftgelehrte,
205
und 80 ist denn diese hagadische Stelle ein kleines Beispiel Yon
dem Gegensatz zwischen Salomon und David. Es ist aber noch ein
andrer Contrast , den die Hagada oft hervorhebt , der zwischen Sa-
lomon dem Ersten und dem zweiten Salomon, zwischen dem Salomon,
der , dem Beispiel seines Vaters folgend , demüthig in Gottes Wegen
wandelte , und dem Salomon , der sich hochmüthig über das Gesetz
erhob und trotz des ausdrücklichen Yerbotes und trotz der damit
verbundenen Warnung die Tochter Pharaoh's und noch viele andre
ausländische Frauen liebte und heirathete , die ihn verleiteten , auch
ihren Göttern zu dienen, wie das 1 Eon*, 11, 1 ff. erzählt wird.
In Ys. 4 heisst es nun, dass das erst in seinem Alter stattfand,
und so wird an einzelnen Stellen der Hagada auch der Contrast
zwischen dem jugendlichen und dem alternden Salomon hervorge-
hoben , damit zugleich auch der zwischen Schir haschirim und Eo-
heleth ; das erstere verfasste Salomon in seiner Jugend , das letztere
in seinem Alter (Midrasch Schir haschirim , 1, 1). Das Buch Eoheleth
ist gleichsam ein Targum zu Salomon's späterer Lebensperiode ; es
enthält einen Theil seiner Biographie , wie umgekehrt Einzelnes aus
seinem Leben zur Erklärung einzelnere Stellen des Eoheleth ange-
führt wird. So erzählt denn auch das Targum zu Eohel., 1, 12, die
Eatastrophe in Salomon's Leben mit den Worten: Als Salomon
auf dem königlichen Throne sass, erhob sich sein Herz gar sehr
(n^Ül!? nDJriJ^j ^*^^ ^®™ biblischen y^ HDJ) ob seines Reich-
thums , und er übertrat das Gebot Gottes und er schaffte sich viele
Pferde an, sowie Eriegswagen und Reiterei (p^^HDI p!D'^m> ^^^
auch 2 Chron., 1, 14, übersetzt wird) , und er häufte viel Gold und
Silber an und verschwägerte sich (^nnDNI > ^^® 2M(i)i 1 Eon., 3, 1)
mit fremden (heidnischen) Völkern ; alsbald (^^ VQ , im Talmud
gewöhnlich "^^^ , ähnlich mhd. ze haut) entbrannte gegen ihn der
Zorn Gottes, und Gott sandte zu ihm Aschmedai, den Eönig der
Schedim ; dieser vertrieb ihn vom Eönigsthron und nahm seinen
Siegelring , auf dass er in der Welt unstät und flüchtig umherirre
O^JT ^^^tDD ^irr^T > ^iö aiich ^JT yj. Gen., 4, 12. 14, übersetzt
wird) zu seiner Züchtigung. Und er wanderte umher in den Städten
der Provinzen und in den Städten des Landes Israel, weinend und
*
•
206
wehklagend und sagte : «Ich Koheleth , vordem Salomon genannt ,
ich war König über Israel in Jerasalem''.
Besonders charakteristisch für die Be- oder richtiger Verurthei-
lung Salomon's ist das , was mit geringen Varianten an mehreren
Stellen (Bamidbar R., S. 14; Midrasch Schir haschirim, 1, l;San-
hedrin, 90» ; 104b, T. jerus., Sanhedrin, X, 2 ; Jalkut, Prov., § 960) er-
zählt wird , dass die Männer der grossen Synode yier Privatpersonen
(gewöhnlichen Menschen , nitDI^^in) ^^^ ^^®^ Königen , nämlich
dem Jerobeam , Achab und Menasseh , den Antheil am zukünftigen
Leben abgesprochen , dass sie Willens gewesen , auch Salomon zu
den letzteren zu zählen , und dass sie trotz wiederholter Gegen-
vorstellung erst auf den Buf eines Bath-Kol hin es unterliessen.
Entsprechend der Vorliebe für numerische Gruppirungen heisst es
an derselben Midraschstelle (1, 1) zu Sohir haschirim (und daraus
Jalkut z. St., § 980) , dass Alles im Leben Salomon's eine Droi-
theilung zeige , und so war auch seine Herrschaft eine stufenweise
aufsteigende ; die dritte und höchste Stufe war die , als er auf dem
»Throne Gottes" sass (wie es 1 Chron., 29, 23 , heisst) , insofern
als er von einem Ende der Welt bis zum andren herrschte. Die-
selbe Dreizahl zeigt sich aber auch in absteigender Linie ; die erste
Stufe abwärts war , dass er nur noch über Israel , die zweite , dass er
nur noch über Jerusalem , die dritte , dass er nur noch über sein Bett
herrschte , wie es heisst (Cant., 3, 7) rlö^^^^ IDtSD il^Hi ^^®^
• • •
auch da war er nur ein König in partibus ; seine Herrschaft über
das Bett war keine unbeschränkte , da er sich fortwährend vor den
Geistern fürchtete (ähnlich Sanh., 20^).
Die Hauptschuld an der Katastrophe in Salomon's Leben tragen
die ausländischen Frauen. Die Bepräsen tantin derselben ist die
Tochter Pharaoh's, die ja auch 1 Kön., 3, 1; 11, 1, besonders
namhaft gemacht wird. So wird denn auch Bamidbar B., S. 10 zu
Num., 6, 1 ff. und ähnlich Wajikra B., S. 12 zu Lev. 10, 8 ff . —
an welchen beiden Midraschstellen von den vielen schädlichen Wir-
kungen des Weintrinkens die Bede ist — erzählt : Es heisst (Prov.,
31, 1) rhu bi^^üb ^"QT; weshalb wird Salomon ^H!)f2b ge-
' • • • •
nannt ? In der Nacht nach der Vollendung des Tempelbaues feierte
207
Salomon seine Hochzeit mit der Tochter Pharaoh's , und das freudige
Jauchzen über die Vollendung des Tempels yermischte sich mit
dem hochzeitlichen Jubel; letzterer übertraf das erstere, wie das
Sprichwort sagt: Alles schmeichelt dem Könige (D^^Q^HD N!?1D
NIDPD!5) > ^°^ darum heisst Salomon ^J<^*|Ö^ , weil er das Joch
des Himmelreiches (D"^Ö52^ mD!?D ^IV) ^^^ ^^^^ warf, indem er
sagte : Wozu brauche ich Gott ? (^^ ^^ J^f^^ "IDli^^). In jener
Stunde ward von Gott die Zerstörung Jerusalem's beschlossen (in
welchem Sinne Jerem., 32, 31 gedeutet wird). — Andre sagen : Tau-
send Arten Yon Musikinstrumenten brachte Pharaoh's Tochter mit ,
und sie zeigte dem Salomon den verschiedenen Gebrauch derselben
bei der Anbetung der Götter. Ferner liess sie über Salomon's Bett
eine Decke aufhängen , geschmückt mit allen Arten von Perlen und
Edelsteinen, die gleich Sternen erglänzten; so oft Salomon auf-
stehen wollte, sah er diese Sterne und Planeten, und so schlief
er bis zur vierten Stunde nach Anbruch des Tages , sodass die
Zeit zur Darbringung des Morgenopfers schon seit vier Stunden
verstrichen war. (Die Schlüssel zum Tempel, heisst es in Wajikra R.,
waren unter seinem Kopfkissen , und se konnte das Opfer nicht
dargebracht werden.) Die Leute getrauten sich aber nicht, ihn zu
wecken , und so sagten sie es seiner Mutter Bathseba , die ihn
weckte und ihm zugleich eine strenge Strafrede hielt , in welchem
Sinne Prov. 31, 1 fg. gedeutet wird (ebenso Sanhedrin , 70^).
Entsprechend der grossen Bedeutsamkeit, welche die biblischen
Namen und Beinamen für die Hagada haben , wird an derselben
Stelle des Bamidbar Rabba der Beiname ^J^1D!5 noch anders ge-
deutet , wie auch 1^ JJ.^ , p , j-jp^ und ^J^^iflN (Prov. 30, 1) füf Bei-
namen Salomon's erklärt werden. '^^JJ«^ wird Salomon genannt,
weil er die Worte der Thora einsammelte ("^"nm *njN5i^ IIJJ^
niin)? np^j ^^^^ ®^ ^^® Worte der Thora ausspie (sie verächt-
lich von sich warf) , gleich einem Becken , das in der einen Stunde
gefüllt, in einer andren ausgeleert wird (jT^lP ^^IDI N^^pHSi^ ilp^
Den Beinamen T'J'^IÖ^ hat Salomon , weil er wider Gott redete
(7J^7 DJ5i^) > iJi<iöDa ©r sagte: »Ich kann viele Frauen nehmen,
ohne zu sündigen"; ^31J>^T bj^'^DJ^ bedeutet, dass er sagte: »Bei
208
mir ist die Macht (^^ ^DN) > ^^^ kann^\ Die bezüglich des Namens
j^P*\ angeführte Vergleichung mit dem Becken (^QQ) soll besagen ,
dass Salomon zuerst Yon den Worten der Thora erfüllt war , später
aber sich derselben entledigte, wie auch im Commentar des B.
Zeeb Wolf Einhorn dieser Passus erkläri^ wird. Deutlicher zeigt
sich dieses an der Parallelstelle Midrasch Eoheleth ,1,1, woselbst
es heisst: Salomon wird T^JJ^ genannt, weil er erfüllt war von
den Worten der Thora (rTmn ^^IDID IIJNSi^; ^^^ Commentar
vergleicht damit den talmudischen Ausdruck 131f^|3 11 Ji< 1 JD5i^ >
das Oel ist in ihr — der Olive — angehäuft) ; f|p*\ heisst er , weil
er ihre Worte ausspie , gleich einem Becken , das in einer Stunde
sich anfüllt, in einer andren Stunde sich entleert; so auch stu-
dirte Salomon die Thora zu einer Zeit, zu einer andren Zeit
vergass er sie (j^^DHJSy (11(1 ^DDD I^DID NpD (IML^ ilp^
nr\)}ü2 (inn id!? nobü "id )r\}jü2 njsnDT inj^s^D
Eine Parallelstelle hierzu ist im Midrasch Tanchuma zu Exod.,
6, 2. 3 (ed. Buber, p. 18). Dort wird der Vers Q^n bblfT^ pPVi^ *^3
(Kohel., 7, 7) unter Andrem darauf bezogen, dass die vielen un-
nützen Dinge, mit denen sich Salomon beschäftigte (pDyti^ D'^pOV
|nn ^mii (Tn iÖü ünniD nt^bü) i^n irreführten, wie es
heisst (1 Kon., 11, 4): Zur Zeit als Salomon alt geworden war,
lenkten seine Frauen sein Herz fremden Göttern zu. B. Chija
b. Abba sagte : Es wäre besser für Salomon gewesen , Canäle
(m*^!!!) ^^ reinigen , als dass dieser Yers mit Bezug auf ihn ge-
schrieben wurde. Hierauf folgt die Erklärung der Namen '^JJ«^,
)*2 j np*^ • Salomon wird "^ JJ< genannt , weil er die Worte der
Thora sammelte ; ^^ , weil er darin kundig war (oder : sie begriff,
pnn) ; np^ » ^^ii «r sie ausspie (p n^nn DN n:iN5s^ m:^
nN^pnti^ J^p*^ rU^Dnti^)- ^^ bedeutet ^}<^nN^? ^eU Gott in
seiner Thora geschrieben (Deut., 17, 17): Er soll nicht viele
Frauen haben , damit sein Herz nicht abwendig werde (H^'H^i i>^^
IDD^ DD^ iÖü ^"^DSyD D^^^ 1^5 *^ ^ö' S*®^1® ^ö^*'> 1*^» 1*^ j ^ö^s*
es : y2d^ IID"^ iÖ^ D'^Syj 1^ nm*» iÖV ; Salomon aber sagte :
Ich werde yiele Frauen heirathen und ich fürchte nicht , dass mein
Herz abwendig werde" HQ ^D!?^^ Kl^DD ^J^NT (1D1?< ^:^<)• -
209
B. Josoa b. Leyi sagte : Das Jod stieg zum Himmel empor ,
warf sich yor Oott nieder und sprach: Herr der Welt, hast du in
deiner Thora einen Buchstaben umsonst (TÖ^^^) geschrieben? —
ß. Simon b. Jochai sagte : Das nilD HJl^D "HDD (^^ Deutero-
nomium, oder auch das im Deut., 17, 18, erwähnte nilDn H^ti^D)
trat hin vor Gott und sprach: Herr der Welt, siehe! Salomon
hat gesucht, ein Jod aus mir herauszureissen ("^y^ ^^DV^ ^Dmi
^JIDD) ? ^^T^^ du hast geschrieben : Er soll nicht viele Pferde , nicht
viele Frauen, nicht viel Gold und Silber besitzen (Deut., 17, 16. 17) ,
Salomon aber hat sich viele Pferde, viele Frauen und viel Gold
und Silber angeschafft (wozu 1 Eon., 5, 6 ; 10, 29; 11, 3 angeführt
wird). Gott erwiederte hierauf : Bei deinem Leben ! (*["iipl) Salomon
und hundert seines Gleichen werden eher vernichtet werden , als
dass ein Buchstabe aus dir '?ernichtet wird.
Wie alles das ein von der Hagada mit Vorliebe behandeltes
Thema ist , so finden sich mehrere Parallelstellen zu dem Obigen ,
darunter auch Wajikra R., S. 19, Als Beweis für die Ewigkeit und
Unverbrüchlichkeit der Thora wird hier auch Salomon angeführt :
Wenn alle Völker der Welt sich versammeln würden — heisst
es — , um ein Wort der Thora zu vernichten , so vermöchten sie es
doch nicht , das sehen wir an Salomon. Als er einen Buchstaben aus
der Thora herausreissen wollte , erhob sich sein Ankläger gegen
ihn (Tn^J^^COp n!?y) 5 ^^^ ^^^ wagte ihn an ? R. Joschua b. Levi
sagte: Das Jod in HS*)^ (Deut., 17, 16. 17) klagte ihn an (^^*\
UICDp rCn^ b\i^)' ~" Hierauf wird, wie an der oben angeführten
Stelle , erzählt , dass das rmD ÜJlSi^D s^^h vor Gott niedergewor-
fen und Salomon angeklagt habe.
Am Meisten Ähnlichkeit mit der Art und Weise , wie bei den
arabischen Autoren Salomon geschildert wird , zeigt das zweite Tar-
gum zum Buche Esther, das nach Geiger (Nachgelassene Schrif-
ten, IV, 111) älter ist als das erste Targum zum B. Esther. Dieses
Targum scheni hebt nur die Glanzperiode in Salomon's Leben her-
vor, ignorirt aber gänzlich den Revers der Medaille, die dunkle
Schattenseite der späteren Zeit. In der Paraphrase zu Esther, 1, 2
(Dnn b*^D*^!Il) liöiöst ©8 • 1^1 jenen Tagen , als der König Achasch-
werosch auf seinem Throne sass, der für ihn in der Burg
27
210
Schuschan hergerichtet worden war. Dieser Thron war nicht sein
Thron , auch nicht der seiner Yäter , sondern es war der Thron
des Königs Salomon, den mit grosser Kunst Chiram, der Sohn
einer Wittwe in Tyrus, verfertigt hatte. Das ist Salomon , der grosse
König, den der Heilige (gelobt sei er) zum Herrscher einge-
setzt über die Welt, Yon einem Ende derselben bis zum andren.
Gott hatte ihn auserkoren, ehe er noch geboren, und er liebte
ihn , als er noch im Mutterschosse war ; er offenbarte ihm un-
bekannte Geheimnisse und that ihm das tief Verborgene kund;
Wissen und Weisheit gab er ihm und ein yerständiges Herz Ton
Anbeginn an. Er blickte die Streitenden an , die zum Gerichte vor
ihn kamen , und sie konnten keine lügenhaften Worte vorbringen,
denn er wusste , wer der Schuldige und wer der Unschuldige war.
Glanz und Herrlichkeit war ausgegossen über ihn, und die Krone
des Königs war auf sein Haupt gesetzt worden ; Anmuth und Huld
kleideten ihn, wie sie seinen Vater David kleideten. Alle Tage
handelte er so wie damals , als er 13 Jahre zählte , wie am ersten
Tage , als er die Herrschaft antrat. rT^T^T^ wurde er genannt , weil
er geliebt wurde vom König der Welt , Gott Zebaoth (mHT !?1^D
rnNDü "^^ \!dy^ I^Db UTr\) , ^le es ausdrücklich (tJ^nOö)
heisst: n\TT lo^'Dj^ Nnjpn i<^?|n |n^ ^5 n^Si^^l
(2 Sam., 12, 25). In gleich lobender Weise werden — unter Anfüh-
rung entsprechender Bibelstellen — auch die übrigen Namen er-
klärt : nO^ti^ , wegen des zu seiner Zeit herrschenden Friedens ,
^N^^rr^N ) ^^^ ^^** ™^* ^°^ ^*^ (bN "^riN) » TSD\ ^^ Beherrscher
der ganzen Welt (im Sinne von Q"i)i3t^ Dnp^j Gen., 49, 10).
Darauf folgt eine Schilderung von Salomon^s Macht und Grösse
sowie eine ausführliche Beschreibung seines Thrones, die sich auch
in andren Schriften findet (cf. Buber , Sammlung hagadischer Com-
mentare zum Buche Esther, f. 2^; Zunz, G. V., p. 279.; Sachs, Bei-
träge, 1, 71 fg.)i).
1) Bei Zamahsari zu Sar. 34,12 (p. Höt^) heisst es, dass die Dämonen, welche
den Thron Verfertigten, an demselben zwei Löwen anbrachten, die, wenn Salomon
sich auf den Thron setzen wollte, ihre Tatzen aasstrekten, und ebenso zwei Adler
die ihn mit ihren Flügeln beschatteten, ferner (p. Höf), dass, als Afridün später den
211
Eine aufiTaJlende Ähnlichkeit mit der Erzählung Sur. 27, 20 —
45, bietet Das , was im zweiten Targum Yon der Sendung des Wiede-
hopfes an die Königin von Saba erzählt wird. In der Paraphrase
zu Esther, 1, 3, heisst es : . . . . Auf Dayid folgte sein Sohn Salomon.
Der Heilige (gelobt sei er) gab ihm die Herrschaft über die Thiere
des Feldes und die Vögel des Himmels und über die Sohedim,
die Geister (pinTl 5 SLUch ^\^^ wird im Sinne von jy>. , Dämon ,
gebraucht, wieausLane, s.v. .«|., p. 1181^, zu ersehen) und die
nächtlichen Dämonen (yfyfy^* Er verstand auch die Sprache Aller ,
und sie verstanden seine Rede, wie es heisst (1 Eon., 5, 13):
D'^J^in ^yi ti^D'nn *)• ^^^ wenn Salomon's Herz wohlgemuth war
• • • •
vom Weine, befahl er vor ihn zu bringen die Thiere des Feldes
und die Vögel des Himmels und die Schedim , Geister und Dämo-
nen . . . . , und die Schreiber des Königs riefen sie bei ihren Namen,
und Alle versammelten sich und kamen herbei , ohne Fesseln und
ohne Bande und ohne dass ein Mensch sie anführte. Und eines
Tages wurde der Wiedehopf {^^"2 N^JjnD) '^^^^^ ^en Vö-
geln vermisst und war nicht zu finden. Da befahl der König voll
Zorn , ihn herbeizubringen und wollte ihn züchtigen. Da erschien
der Wiedehopf vor ihm und sprach: »0 Herr, König der Welt,
neige mir dein Ohr zu und höre meine Worte. Drei Monate sind
es , dass ich mit mir zu Rathe gegangen bin und einen Entschluss
gefasst habe; ich habe keine Speise gegessen und kein Wasser
Thron besteigen wollte, einer der Löwen ihm den Schenkel zerbrach. Dasselbe erzahlt
die jüdische Sage voti Pharaoh PiD^» welches Wort met *lahm" übersetzt wird (cf. Ges.,
Thes., s. V. HDi. P- 8851)).
1) R. Tancham Jeroschalmi bemerkt in seinem Commentare zum Bache der Könige
(ed. Haarbrücker, p. 11) za diesem Verse, es sei unrichtig , das ^)j_ im Sinne von
Q>^ aufzufassen, als ob damit gesagt werden solle, dass Salomon die Sprache aller
Geschöpfe verstanden habe — wie andre Leute meinen. Letzteres bezieht sich wohl
auf die Targumstelle , und es ist nicht nöthig, mit Roediger (De origine et indole
arab. libr. V. T. &c., p. 85, N.) und Haarbrücker z. St. anzunehmen, dass R. Tan-
chum Sur. 27, 16 im Sinne gehabt. Derselbe berücksichtigt auch sonst hagadische
Stellen, so zu 1 Sam., 20, 30 und zu 1 Kön., 5, 10, an welcher letzteren Stelle er
die oben erwähnte Deutung von |?3^3 |D^n ID^i^ anfuhrt.
i
212
getrunken, nm zuvor in der ganzen Welt umherzufliegen, denn
ich sagte : Ist irgendwo ein Land oder ein Gebiet , das meinem
Herrn, dem Könige, nicht unterworfen ist? Und ich schaute mich
um , allüberall , und da fand ich eine Stadt , die Stadt Kitor (J^^'HID
IltD^'^n) geiiaont , im Lande des Sonnenaufganges* Der Staub ist
dort werthvoller als das Oold , und das Silber ist gleich dem Eothe
auf den Strassen ; die Bäume sind dort vom (Jrbeginn her (seit der
Schöpfung, n*iJi?J<^'n3 >^) gepflanzt, und sie trinken Wasser aus
dem Garten Eden. Es sind dort viele Völker ; auf dem Haupte tra-
gen sie Kränze (p^'^^JS) aus dem Garten Eden ; einen Kampf zu
bestehen vermögen sie nicht; mit dem Bogen zu schiessen ver-
stehen sie nicht. Ich habe dort aber auch eine Frau gesehen , die
über sie alle herrscht , und Königin von Scheba (J^^JJ^ DID^D) ^^^^
sie genannt. Und wenn es dir gefällt, o mein Herr König, so will
ich meine Lenden gürten wie ein Held , und will mich aufmachen
und nach der Stadt Kitor im Lande Scheba fliegen ; ihre Könige
werde ich mit Ketten fesseln und ihre Beherrscher mit eisernen
Banden (nach Ps. 149, 8) und werde sie vor meinen Herrn , den
König, bringen".
Und die Eede gefiel dem Könige , und es wurden zusammenbe-
rufen die Schreiber des Königs , und sie schrieben einen Brief, und
banden ihn an den Flügel des Wiedehopfes. Und der Wiedehopf
erhob sich gen Himmel und Hess seinen Buf ertönen und flog da-
von, und ihm folgten die Vögel alle.
Und sie kamen nach der Stadt Kitor im Lande Scheba, und
es war zur Zeit des Morgens , und die Königin war ausgegangen ,
um die Sonne anzubeten. Da verdunkelten die Vögel das Licht der
Sonne , und sie erhob ihre Hand und zerriss ihr Gewand und ver-
wunderte sich sehr. Da kam der Wiedehopf hernieder , und sie sah ,
dass an seinen Flügel ein Brief gebunden war , und sie machte ihn
los und las ihn. Und was war in dem Briefe geschrieben? »Von
mir, dem Könige Salomon. Friede mit dir, Friede mit deinen
Grossen (^3-1-1 J3-l^ Q^^ ^^^^ J±^ ^f^bü J^D^Ö ^JD)- Wisse,
dass Gott (J<^^n *I*^*n!Il Nti^llp) °^i^^ ^^^ Könige eingesetzt hat
über die Thiere des Feldes und über die Vögel des Himmels und
über die Schedim und Geister und nächtlichen Dämonen , und alle
218
Könige des Sonnenaufganges und Niederganges kommen zu mir,
um mich zu begrüssen ("i^^^lJ r!?N{i^1 pDi^)« ^^^^^ ^^^ ^^^^
kommen wollt, um mich zu begrüssen, so werde ich dir grosse
Ehre erweisen, mehr als all den Königen, die vor mir sitzen;
wenn ihr aber nicht kommen wollt, um mich zu begrüssen, so
werde ich gegen euch aussenden Könige und Legionen und Reiter.
Und wenn ihr fragt: )»Was sind das für Könige, Legionen und
Beiter , die König Salomon hat ?" »Das sind die Thiere des Feldes ;
die Beiter , das sind die Vögel des Himmels ; mein Heer , das sind
die Geister , Schedim und nächtliche Dämonen ; das sind die Le-
gionen , die euch in euren Betten erdrosseln ; die Thiere des Fel-
des werden euch auf dem Felde tödten , und die Yögel des Himmels
werden euer Fleisch verzehren". Und als die Königin von Scheba
die Worte des Briefes gelesen hatte , zerriss sie abermals ihr
Gewand und schickte zu den Altesten und Fürsten und sagte 2^u
ihnen: )»Ihr wisset nicht, was König Salomon mir geschrieben?"
Sie antworteten und sprachen : \ Wir wissen Nichts von König Sa-
lomon und auch seine Herrschaft achten wir für Nichts" (p|3Jl^n K!?1
i^lp^3!?D!?)- ^^® ^^^^ hatte kein Zutrauen zu ihnen (nU'^rnDN N^)
und hörte nicht auf ihre Worte , und sie schickte und berief alle
Schiffer des Meeres und belud sie mit edlen Holzarten , mit Edel-
steinen und Perlen. Und sie sandte an Salomon 6000 Knaben
und Mädchen (J^p^^'^^tOI ?vtO), Alle in einem Jahre, in einem
Monat, an einem Tag und in einer Stunde geboren. Alle von
gleicher Grösse und gleicher Gestalt, und Alle in Purpurgewänder
gekleidet. Und sie gab ihnen einen Brief an König Salomon mit ,
in welchem sie geschrieben hatte : »Von der Stadt Kitor nach dem
Lande Israel hat man sieben Jahre lang zu reisen. Da es aber
dein Wunsch und dein Verlangen ist, dass ich dich besuche, so
werde ich schon nach Verlauf dreier Jahre zu dir kommen". Und
es war am Ende dreier Jahre , da kam die Königin von Scheba zu
Salomon ; als er hörte, dass sie komme, schickte er ihr den Benajahu,
Sohn des Jehojada entgegen, welcher gleich war dem Morgen-
roth (i>^*nD*nD5i^) ) ^*^ ^^^ ^^^* ^®s Tagesanbruchs erscheint , und
dem Abendsteme (J^HJ^JJ D1D1ID) > ^®^ unter den übrigen Sternen
hervorleuchtet, und der Lilie, die an Wasserbächen steht. Und als
214
die Eönigin von Scheba den Benajahu, Sohn des Jehojada, erblickte,
liess sie sieb von ihrem Wagen herab (i>^ri31]3'n J^ njO*inN)*
Da sagte Benajahu ; »Warum lassest du dich vom Wagen herab ?''
Sie antwortete: »Bist du nicht der Eonig Salomon?" Da sagte
Benajahu: »Ich bin nicht der König Salomon, sondern ich bin
einer seiner Diener, die vor ihm stehen" (wie 1 Eon., 10, 8). Hier-
auf wandte sie sich um und sagte ihren G-rossen das Oleichniss
(J^^^JÜnD'ni^ N^DD n^PDI) • * ^ei^n ihr (auch) den Löwen nicht
gesehen , so habt ihr (doch) sein Lager gesehen (VQ^ ^i^H N!5 "^N
rr^ms^DiD fitn y\r\i^ n^'hjo > ^^^ ^^^^ ^^^ ^®^ Eomg saiomon
nicht gesehen habt , so habt ihr aber doch die Schönheit des Man-
nes gesehen , der vor ihm sieht". Und Benajahu ben Jehojada führte
sie zum Eönig , und als der Eönig hörte , dass sie zu ihm komme ,
ging er und setzte sich in ein Haus von ö-las (J^H^JI? D^D)* ^^^
als die Eönigin von Scheba den Eönig sah, dachte sie in ihrem
Herzen , dass er im Wasser sitze , und sie erhob ihr Gewand , um
hindurchzugehen, und da sah er Haare an ihren Füssen. Und er
sprach zu ihr: »Deine Schönheit ist Frauenschönheit, dein Haar
ist Manneshaar ; Haare sind eine Zierde des Mannes , etwas Häss-
liches aber an einer Frau". Da hub die Eönigin an und sprach:
»Mein Herr Eönig, ich will dir drei Räthsel aufgeben (^"^riDN
rbriD ND^n *1^) 5 wenn du sie lösen kannst , so werde ich wis-
sen , dass du ein weiser Mann bist , und wenn nicht , so bist du
wie die übrigen Menschen". Und sie hub an und sprach: »Was
ist das P Ein Brunnen aus Holz , Eimer aus Eisen , welche Steine
schöpfen und Wasser rinnen lassen"; da antwortete er: »Ein
Schminkrohr" (J^^HIIDI NDÜn J)' ^^^ wiederum sprach sie : »Was
ist das P Es kommt aus der Erde als Staub ; seine Kahrung ist Staub ;
es wird ausgegossen wie Wasser und blickt zum Hause hin" ; da
antwortete er: »Naphtha". Und wiederum sprach sie: »Was ist
das ? Es geht allen voran , gleich einem Heerführer ; es schreit laut
und bitterlich ; sein Eopf gleicht dem Schilfe ; es ist ein Buhm der
Vornehmen , eine Schmach der Armen , ein Buhm der Todten , eine
Schmach der Lebenden , eine Freude der Yögol , eine Betrübniss
der Fische" ; da antwortete er : »Flachs". Da hub sie an und sprach :
»Ich habe den Worten nicht geglaubt, bis ich kam und meine
215
Augen es sahen , und wahrlich I nicht die Hälfte ist mir berichtet
worden ; du besitzest mehr Weisheit und mehr des Guten , als mir
gesagt wurde. Heil dir , Heil deinen Leuten und Heil deinen Die-
nem !" ('13«| «»nND "IK^t^ IV Ü^Dl!? TlJD^n K^ 1 Kön., 10,
7. 8 , welche Stelle in der Sprache des Originals angeführt wird ,
nur das isHeil dirl" n^*n5i^{»^) is* hinzugefügt). Und der König
führte sie in seinen Palast , und als die Königin seine Pracht und
Herrlichkeit sah, da sprach sie: »Gepriesen sei Gott der Herr, der
Wohlgefallen an dir gefunden und der dich auf den Königsthron
gesetzt hat , um Becht und Gerechtigkeit auszuüben^'. Und sie gab
dem Könige viel Gold und Silber , und der König gab ihr Alles ,
was sie wünschte.
Was zunächst das Land Saba betrifft, mit dessen Schilderung
der Wiedehopf seine Erzählung beginnt, so wird von demselben
auch im Koran (Sur. 34, 14) gesagt, dass es ein herrliches Land
(Kxlh b'wXJlj) gewesen sei , mit Gärten zur Rechten und zur Linken ,
bis es , wegen der Undankbarkeit (oder Gottlosigkeit) der Einwohner,
durch Regengüsse (oder überfluthende Ströme) zerstört wurde , so-
dass statt der früheren Fruchtbarkeit die Bäume nur einzelne bittere
Früchte trugen. (Man denkt dabei unwillkürlich an Gen., 13, 10.)
Zamal)öarl (II, Wöt) und ihm folgend Bai4äwl (II, If.) bemerkt
hierzu, das ganze Land sei gleichsam ein Garten gewesen, und
so reich &n Früchten, dass man diese gar nicht zu pflücken brauchte,
indem sie von selbst abfielen; auch habe es dort weder Moski-
tos , noch Flöhe , noch Fliegen , noch Scorpione , noch Schlangen
gegeben. Dasselbe sagt — unter Hinweisung auf die Koränstelle —
!Kazwini (I , H) , indem er zugleich das Land als ein ehemals sehr
bevölkertes, gesundes und fruchtbares schildert. Bei Alkisäi (f. 303 r.)
wird erzählt , der erste König von Jemen sei ""Abd Schams , Sohn des
Kahtan , gewesen , der auch Sahst genannt wurde , vom Zeitwort Um«
(gefangennehmen) , weil er der Erste war , der die Araber bezwang.
Auch bei Pococke, Specimen hist. Arab. , p. 58, heisst es, 'Abd
Schams sei , wegen der vielen Beute , die er heimbrachte , und weil
er viele Gefangene machte, L«^ genannt worden (cf. Abü'l-Fidä, Hist«
anteislam., p. 114). Derselbe habe das Land mit vielen Bäumen be-
pflanzt (wozu Sur. 34, 14 angeführt wird) , die Städte habe er mit
216
starken Mauern nnd eisernen Thoren befestigt , dann 100 Schlösser
erbauen und mit Gold , Marmor und Edelstein verzieren lassen , was
auch seine sieben Söhne in den ihnen gehörigen Städten thoten.
Auf welche Weise der Wiedehopf nach Saba kam, und über-
haupt auch den Zusammenhang der im Koran (Sur. 27, 20 fg.) mehr
rhapsodisch und abrupt erwähnten Einzelheiten , erzählt Zamah^ari
in seinem Commentar z. St. (II, LH ff. und, ihm folgend, aber yiel
kürzer , Bai4äwl , II , 1*1 ff.) also :
Als Salomon den Bau des Tempels (^jaOülLI o^t^) Yollendet hatte ,
unternahm er ^ie Wallfahrt nach Mekka , woselbst er während seines
Aufenthaltes täglich 5000 weibliche Eameele, 5000 Binder und
20,000 Schafe opferte. Von da ging er nach Jemen , welches Land
ihm sehr gefiel. Er machte dort Halt ; als er aber sein Gebet yer-
richten wollte, war nicht hinreichend Wasser da. Der Wiedehopf
hatte nun die Fähigkeit, das in den Tiefen der Erde yerborgene
Wasser aufzufinden — er sah es, wie man das Wasser in einem
gläsernen Gefässe sieht — , und so war das Aufsuchen des Wassers
das ihm zugewiesne Amt. Auf Salomon's Geheiss erhob er sich nun
in die Lüfte und fiog davon. Da sah er einen andren Wiedehopf,
der sich auf die Erde niedergelassen hatte ; er gesellte sich zu ihm
und erzählte ihm von Salomon's Macht und Herrlichkeit, worauf
dieser ihm von der Königin Bill^ts und ihrem zahlreichen Heere
erzählte. Er flog nun mit ihm davon , um sich durch Autopsie von
der Wahrheit des Gesagten zu überzeugen, nnd kehrte erst nach
der Zeit des Abendgebets (^aomI] «Aju) zurück. Nach einem andren
Berichte hatte Salomon die Abwesenheit des Wiedehopfes dadurch
wahrgenommen , dass einige Sonnenstrahlen sein Haupt trafen , und
als er sich umsah, bemerkte er, dass der Wiedehopf nicht an sei-
nem Platze war. (Die Vögel pflegten nämlioh, wie anderswo er-
zählt wird, Salomon zu beschatten, wenn er auf dem Throne sass
oder eine seiner Beisen durch die Luft machte ) Er befahl darauf
dem Oberherm der Vögel, dem Geier (y^), den Wiedehopf her-
beizubringen. Der Geier fiog davon und begegnete alsbald dem
Wiedehopf, den er ungestüm anpackte. Dieser sagte: »Ich be-
schwöre dich bei Gott , der dir grössere Stärke verliehen als mir ,
hab' Erbarmen mit mir T' Da sagte der Geier : »Möge deine Mutter
217
um dich trauern , der Prophet Gottes hat geschworen , dich hart zu
züchtigen , wenn du nicht einen guten Grund deiner Abwesenheit
beibringst". Als nun der Wiedehopf vor Salomon erschien , näherte
er sich ihm , den Kopf demüthig gesenkt und Schweif und Flügel
herabhängen lassend. Salomon aber packte ihn heftig beim Kopfe ;
da sagte der Wiedehopf : ^»Bedenke , o Prophet Gottes , dass du der-
einst vor Gott stehen wirst"; da erzitterte Salomon und Hess ihn
los. Darauf erzählte ihm der Wiedehopf von der Königin Bilkts
und ihrem Throne — dessen Pracht und Grösse umständlich ge-
schildert wird — sowie von ihrer Anbetung der Sonne. Alsdann gab
ihm Salomon den Brief, den er mit Moschus zusiegelte und dann
sein Siegel darauf drückte. Es wird erzählt , Folgendes sei der In-
halt dieses Briefes gewesen : »Von dem Diener Gottes , Salomon ,
Sohn David's, an Bilkts, Königin von Sabd. Heil demjenigen,
welcher der richtigen Leitung folgt. Und nun erhebt euch nicht
gegen mich, sondern kommt als Gläubige".
Der Wiedehopf fand die Königin in ihrem Schlosse zu Mareb
schlafend; nach der Meinung Anderer fand er sie wachend, um-
geben von ihren Heerführern. Er flog durch das Fenster hinein
und Hess den Brief auf ihren Schoss fallen. Als sie das Siegel er-
blickte, erzitterte sie und bückte sich in Demuth. Darauf sagte
sie zu ihren Leuten das , was sie sagte (d. h. die aus der !Korän-
erzählung bekannten Worte).
Mit Bezug auf die Textstelle »Ich werde ihnen ein Geschenk
senden" (Ys. 35) sagt Zamahsarl (und kürzer Bai4äwi) : Sie schickte
ihm — wie erzählt wird — 500 reichgeschmückte Jünglinge , auf
reichgeschmückten Bossen reitend , aber wie Jungfrauen aussehend ,
und 500 gleichgekleidete Jungfrauen, auf Staten reitend und wie
Jünglinge gekleidet ; ferner 1 000 Gold- und Silberbarren (iUJ , also
ziegeiförmige Barren) , eine goldne, mit Edelsteinen verzierte, Krone,
Moschus und Ambra ; ferner ein Kästchen , in welchem eine unge-
bohrte Perle sowie ein krummgebohrter Onyx war. Als Gesandte
wählte sie die Edelsten des Volkes, die zugleich kluge und ein-
sichtsvolle Männer waren. Zu einem derselben , Almundar, Sohn
'Amr's, sagte sie: »Wenn er ein Prophet ist, so wird er die
Jünglinge und die Jungfrauen von einander unterscheiden , die
28
218
Perle durchbohren und durch den Edelstein einen Faden ziehen
können , und wenn er euch mit unfreundlichem Gesichte empfangt ,
so ist er ein gewöhnlicher König, der nicht zu fürchten ist;
empfängt er euch aber freundlich und wohlwollend , so ist er ein
Prophet".
Von all diesem — heisst es weiter — brachte der "Wiedehopf
dem Salomon die Kunde. Salomon Hess hierauf durch die Dämonen
einen grossen Platz in einer Ausdehnung von 7 Parasangen mit
ziegeiförmigen Gold- und Silberbarren belegen ; diesen Hess et mit
einer Mauer mit goldnen und silbernen Zinnen umgeben, dann be-
fahl er , dass die schönsten Thiere zu beiden Seiten des Platzeä
in Reih' und Glied sich aufstellten und ebenso, dass die jungen
Ginnen, die eine grosse Menge bildeten, zur Rechten und zur
Linken stehen sollten. Dann setzte er sich auf seinen Thron, auf
dessen beiden Reiten andre Throne errichtet waren ; die Dämonen
(^ju?Ly^i) bildeten eine Reihe, die eine Parasange weit sich er-
streckte ; eine zweite , eben so lange , Reihe bildeten die Menschen ,
die dritte, von gleicher Länge, die kriechenden , gehenden und flie-
genden Thiere. Als nun die Gesandten kamen und Alles das sahen ,
und wie die Thiere die Gold- und Silberbarren , auf denen sie stan.
den, mit ihren Excrementen besudelten, da waren sie ganz verwirrt
und betäubt ; der Muth entsank ihnen und sie warfen Alles weg ,
was sie mitgebracht hatten. Als sie vor Salomon's Angesicht traten ,
blickte er sie mit wohlwollender und freundlicher Miene an, und
da ihn der Engel Gabriel über Alles belehrt hatte, fragte er sie
nach dem Kästchen, indem er ihnen zugleich sagte, was es ent-
hielt. Darauf liess er den Holzwurm (^Uo.i) herbeibringen , der die
Perle durchbohrte , während ein weisser Wurm einen Faden , den
er in den Mund genommen, durch den Onyx hindurchzog. Dann
liess er Wasser bringen und forderte die Jünglinge und Jungfrauen
auf, sich mit demselben zu waschen; er erkannte nun die Letzteren
daran , dass sie das Wasser aus der einen Hand in die andre gös-
sen und dann erst , mit beiden Händen , das Gesicht wuschen , was
die ersteren gleich mit der einen Hand thaten. Als nun Almundar
mit den Übrigen zurückkehrte , sagte Bilkts : «Er ist in der That ein
Prophet, und wir können uns nicht mit ihm messen". Darauf machte
219
sie sich auf den Weg zu Salomon , gefolgt yon 12,000 Heerführern y
deren Jeder 1000 Mann unter sich hatte.
Mit Bezug auf den Ys. 44 erwähnten Glaspalast erzählt Za-
mal^^rt (p. t*n) , dass Salomon einen Palast (yof) aus weissem Glase
erbauen liess, unter dessen (gläsernem) Fussboden Wasser war,
und darin Fische und verschiedene Seethiere. In die Mitte des
Palastes Hess er seinen Thron hinstellen; auf diesen setzte er
sich , umgeben von Yögeln , Ginnen und Menschen. Er that das ,
um der Königin eine hohe Meinung von seiner Prophetengabe
beizubringen, damit sie um so eher sich zu seinem Glauben be-
kenne. Man sagt (W^j^) — fügt ZamahSart hinzu — ,. dass die Gin-
nen fürchteten, Salomon werde Bilkts heirathen und ihr das die
binnen betreffende GeheimnÜB (wahrscheinlich , wie dieselben zu
beherrschen seien) mittheilen , da sie selbst die Tochter einer Peri
(oder eines weiblichen (rinn, &Xl:> v^>^) war, und dass der aus
dieser Ehe heryorgehende Sohn die (rinnen wiederum beherr-
schen und so ihre Dienstbarkeit niemals aufhören werde. Sie sag-
ten desshalb zu Salomon, dass ihre Schenkel behaart seien und
dass ihr Fuss einem Eselshufe gleiche. Um sich davon zu über-
zeugen , liess Salomon — auf den Bath der Ginnen hin — jenen
Palast erbauen. Als er seinen Sitz eingenommen , liess er Bilkts
bitten , einzutreten ; als sie nun eintrat und ihre Füsse entblösste ,
bemerkte er , dass dieselben in der That behaart waren ; er wandte
seine Blicke ab und sagte ihr , dass der Palast mit Glas glatt ge-
täfelt sei. Darauf befahl er den Dämonen ((jvJsL^I), das Nürah
genannte Enthaarungsmittel (eine Mischung von Arsenik und un-
gelöschtem Ealk) zu verfertigen , und man sagt , es sei dieses die
erste Anwendung der NtLrah gewesen.
Diese ganze Erzählung — nur Manches ausführlicher — findet
sich auch bei T*^*^^ ff > ^^^ ^0 ^^^ — ^^^ ^^ kürzerer Fassung ,
aber oft in wörtlicher Übereinstimmung — bei Ibn el-Attr (I, llf ff.),
auf den auch in den Noten zu ^abart verwiesen wird. Das Kürah
genannte Mittel zur Entfernung der Haare wurde von den Dämo-
nen (^.IsL^) anempfohlen , nachdem Salomon zuerst die Menschen ,
dann die Ginnen befragt hatte, die aber keinen Bath wussten. Dass
dieses das erste Beispiel vom Gebrauch desselben gewesen, wird
220
bei ^abart als Tradition auf Ibn ^Abbäs zurückgefübrt. Tabarl er-
mähnt ferner m, ovi) , dass auch mit Bezug auf die ungebohrte
Perle Salomon zuerst die Menschen , dann die Ginnen und zuletzt
die Dämonen befragte , auf deren Rath er den Wurm Ara^a brin-
gen liess , der mit einem Faden im Munde die Perle durchbohrte
und zugleich den Faden hindurch zog. (Übrigens hat das benutzte
MS. des Tabarl , wie aus den vielen Asterismen zu ersehen , an
dieser Stelle besonders viele Lücken , und so erklärt sich wohl auch ,
dass der krummgebohrte Onyx nicht erwähnt wird.)
Im zweiten Esthertargum gibt die Königin von Scheba dem
Salomon drei Eäthsel auf, was auch der biblischen Darstellung
entspricht (1 Kön., 10, 1 ; 2 Chron., 9, 1). Auch Tabart erzählt
(p. öaI) , Bill^ts habe zu Salomon gesagt : »Ich möchte dich Etwas
fragen, worauf du mir antworten sollst". Er sagte: »Frage nur!"
Darauf sagte sie: »Sage mir, was ist das für ein Wasser, das
weder vom Himmel noch aus der Erde kommt ?" Nachdem Salomon
der Beihe nach die Menschen , Ginnen und Dämonen befragt hatte ,
antwortete er ihr: »Das ist der Schweiss eines Renners".
Bei Alkisdi (f. 314 v.) werden ebenfalls die einander ähnlichen
Jünglinge und Jungfrauen , die zu durchbohrende Perle und der
krummgebohrte Onyx erwähnt; ferner sollte Salomon ein Gefäss
mit einem Wasser füllen , das weder vom Himmel herabfällt noch
aus der Erde hervorquillt — welche Aufgaben er also sämmtlich
löste. (Das Eäthsel von dem Wasser , das weder vom Himmel noch
aus der Erde kommt, findet sich auch bei 0. Landberg, Proverbes
et dictons, I, 163, N® 91).
Die ganze Erzählung kommt auch in Ta'labt's Prophetenge-
schichten (mitgetheilt in A. Socin's arabischer Grammatik , p. 49 ff-)
vor, nur ausführlicher. So wird z, B. erzählt, dass Salomon
während seines Aufenthaltes in Mekka dem Volke die Ankunft des
Mohammad zum Voraus prophezeite; ebenso wird berichtet, dass
der Wiedehopf des Salomon j^H, der aus Jemen aber -aäc ge-
geheissen habe, und so noch manches Andre.
Im JalKut zu 1 Chron. 9, 1 (§ 1085) heisst es (nach dem Mi-
drasch zu den Proverbien 2, 6) mit Bezug auf die von der Königin
von Scheba aufgegebenen Räthsel , dass sie zu Salomon gesagt habe :
221
»Wenn ich eine Frage an dich richte, wirst dn sie beantworten
können?" Salomon erwiederte: »Der Herr gibt "Weisheit; aus seinem
Munde kommt "Wissen und Einsicht" (Prov. 2, 6). Die Königin fragte
nun: »Sieben gehen hinaus, neun gehen hinein, zwei schenken ein
(D'^JITID D'^Jti^)» Einer trinkt", worauf Salomon antwortete, es
seien das die sieben Tage der j^'^J) (Levit., 12, 2) , die neun Monate der
Schwangerschaft, die Mutterbrust und das daran trinkende Kind.
Das zweite Räthsel der Königin ist: »Eine Frau sagt zu ihrem
Sohne: Dein Vater ist mein Yater, dein Grossvater mein Gatte;
du bist mein Sohn ; ich bin deine Schwester", worauf Salomon ant-
wortet: »Die Mutter, die das zu ihrem Sohne sagt, ist eine von
Loth's Töchtern". Auch die Aufgabe, die Knaben von den gleich
aussehenden und gleich gekleideten Mädchen zu unterscheiden-
wird von Salomon dahin gelöst , dass er an Alle Nüsse und Back ,
werk vertheilen lässt; die Knaben breiten einfach ihre Gewänder
aus , um diese Dinge in Empfang zu nehmen , während die Mädchen
verschämt ihre Tücher (□rT^TlID» ^^^ auch jede Art von Kopfbe-
deckung bezeichnet) dazu gebrauchen. Es ist das also nur die
weitere Detaillirung der Textstelle; sonst aber wird die Zusam-
menkunft der Königin von Scheba mit Salomon weder im Mid-
rasch noch im Talmud erwähnt , so reichen Stoff auch die biblische
Erzählung zur weiteren Ausschmückung darbot. Dagegen findet sich
die Erzählung von Salomon's Entthronung sowohl in den jüdischen
wie auch in den arabischen Schriften, aber gerade hierbei zeigt
sich ganz besonders die grosse Verschiedenheit in der Beurthei-
lung und Charakterisirung Salomon^s.
Dass ein Dämon Salomon's Thron und Herrschaft usurpirte,
während er selbst in armseliger Gestalt umherwanderte , wird im
Kordn (Sur. 38, 33) nur ganz flüchtig erwähnt; um so aus-
führlicher ist aber die Darstellung bei den Common tatoren und
den späteren Autoren. Es sind eigentlich zwei, in causalem Zu-
sammenhange stehende , Erzählungen , die von ZamahSart (II, i)*n)
und Bai4d.wt (II, Uv) zur erwähnten !Koranstelle sowie — mit
einzelnen Varianten — von Tabari (I, öa*! ff.) und Ibn el-Attr
(I, )11 ff.) mitgetheilt werden. Der Hauptinhalt derselben ist das
Folgende :
222
Salomon hatte gehört, dass auf einer Insel, Saiden genannt
(^^jJuaö — das biblische |TTiJ{ , Gen. 10, 15, — heisst bei Jäküt ,
III, f t*i , der Gründer von *^ Juo oder Sidon) , ein mächtiger König
herrsche, gegen dessen Land, seiner Abgeschlossenheit wegen,
noch Niemand gewagt hatte , einen Eriegszug zu unternehmen. Sa-
lomon sammelte nan sein aus Menschen und Ginnen bestehendes
Heer und zog aus , um jenen König zu bekriegen — nicht zu Lande
und nicht zu Wasser , sondern durch die Luft , da ihn die Winde
überall hintrugen , wohin er wollte. So gelangte er denn in kurzer
Zeit mitsammt seinem Heere nach jenem Lande , das er eroberte
und dessen König er tödtete. Die Tochter des Königs aber,*Gara-
dah mit Namen, die an Schönheit und Anmuth alle andren Frauen
überstrahlte, nahm Salomon mit sich, und nachdem er sie zum
Isl4m bekehrt hatte , nahm er sie zur Frau , und zwar liebte er sie
mehr als alle seine andren Frauen. Garadah aber hörte nicht auf,
ihren Yater zu beweinen , und da Salomon ihr deshalb Yorstellun-
gen machte , bat sie ihn , durch die Ginnen ein Bildniss (fiyf^) ihres
Yaters yerfertigen zu lassen. Als nun auf Salomon's Geheiss von
den Ginnen ein solches Bildniss verfertigt und ihr gebracht wurde ,
warf sie sich jeden Morgen und jeden Abend vor demselben an-
betend nieder, und auch ihre Dienerinnen erwiesen ihm göttliche
Ehren. Das dauerte 40 Tage lang-, da gelangte die Kunde davon
zu Asaf, dem Sohne Berahj4's (U>o q- v^äa^I). Dieser eilte zum
Könige — zu dem er jede Zeit Zutritt hatte, — und machte ihm Vor-
würfe darüber , dass in seinem Hause Götzendienst getrieben werde.
)>In meinem Hause?" sagte Salomon. »In deinem Hause", antwortete
Asaf. Da rief Salomon aus: i>Wir sind Gottes und zu Gott kehren
wir zurück" (qj*>|; »^^ ü^^ »^ liJ, Sur. 2, 151). Er ging hier-
auf in das Gemach, in welchem das Bildniss war, zerbrach dasselbe
und bestrafte Garadah sowie ihre Dienerinnen. Darauf zog er sein
Beinigungsgewand (».^laJf v'^) ^^ ~ ^^ ^^ ^^^ ^^^ Gewatid, das
nur Jungfrauen gesponnen, gewebt und gewaschen hatten — und
ging in die Wüste; allda streute er Asche aus und wälzte sich in
derselben, indem er weinend Gott um Vergebung anflehte; alsdann
kehrte er zurück.
Unter den Frauen Salomon's war eine, Namens Amina; dieser
223
gab er seinen Siegelring zur Aufbewahrung , so oft er in der Lage
war, eine der gesetzlichen Waschungen yornehmen zu müssen;
auf diesem Siegelringe berahte seine Herrschaft. Als er nun eines
Tages denselben wiederum der Amtna auTortraut hatte , kam^ wäh-
rend seiner Abwesenheit der Dämon Sajir (y^^^), der die Gestalt
Salomon's angenommen hatte, und sagte: »Gib mir meinen Siegel-
ring, Amtna^'. Sie übergab ihm den Bing; er that ihn an seinen
Finger, dann setzte er sich auf Salomon's Thron , und alsbald um-
gaben ihn die Yögel, Dämonen und Menschen. Hierauf kam Sar
lomon — dessen Aussehen- und Gestalt aber ganz verändert war —
zu Amtna und verlangte seinen Bing. i» Wer bist du denn?" fragte
sie. Er erwiederte: »Ich bin Salomon , Sohn DavidV. »Du lügst",
antwortete sie, »Salomon hat bereits seinen Bing in Empfang ge-
nommen und sitzt auf seinem Throne". Salomon sah nun ein , dass
das die Strafe für sein Yergehen war ; er ging fort und zog umher
in den Wohnungen der Kinder IsraePs und sagte : »Ich bin Salomon
Sohn David's". Die Leute aber bewarfen ihn mit Staub , verspotteten
ihn und sagten: »Sehet diesen Narren da, welcher immer sagt, er
sei Salomon , Sohn David^s". Hierauf ging Salomon an's Meer zu den
Fischern; für diese trug er die Fische zu Markte; sie gaben ihm
dafür jeden Tag zwei Fische ; für den einen Fisch kaufte er sich
des Abends kleine Brote , den andren ass er , nachdem er ihn ge-
braten hatte. In diesem Zustande verblieb er 40 Tage, also eben
so viele Tage , wie die Abgötterei in seinem Hause gedauert hatte.
Während dieser Zeit hatten sowohl Asaf als auch die Angesehen-
sten der Kinder Israelis das Gebahren und die Begierungsweise jenes
Dämons gar seltsam gefunden, und Asaf sagte zu denselben:
»Habt ihr nicht auch bemerkt, wie sehr der Sohn David's sich ver-
ändert hat? »Allerdings", antworteten jene. A§af ging hierauf zu den
Frauen Salomon's und fragte sie : »Habt ihr nicht auch die Lebens-
weise des Königs sonderbar und seltsam gefunden so wie wir?"
»Mehr als ihr" — antworteten die Frauen — , »denn er kümmert sich
nicht um die Absonderungsperiode der Frauen und ebenso wenig
beobachtet er selbst die Beinigungsgesetze". Da sprach A§af : »Wir
sind Gottes und zu Gott kehren wir zurück" (wie oben Salomon) ,
und dann erzählte er den Kindern Israelis das, was er erfahren.
224
Als nun aber 40 Tage yergangen waren, flog der Dämon davon
bis ans Meer, in das er den Eing warf, den alsbald ein Fisch
verschlang. Einer der Fischer fing diesen Fisch, und da Salomon
an diesem Tage ihm seine Dienste geleistet hatte , so gab er ihm
am Abend zwei Fische, von denen einer derselbe war, der den
Bing verschlungen hatte. Als nun Salomon diesen Fisch zertheilte ,
fand er den Ring ; er steckte ihn an seinen Finger und warf sich
vor Gott anbetend nieder. Darauf umgaben ihn die Yögel und die
Dämonen; die Leute kamen ihm mit freundlichem Empfang ent
gegen, und er kehrte zu seiner Herrschaft zurück. Als nun Salo-
mon wieder auf seinem Throne sass , befahl er den Dämonen , ihm
den Dämon Sa^r herbeizubringen, und als sie es gethan, wurde
er auf Salomon's Geheiss zwischen zwei Steine gelegt, die mit
Eisen und Blei aneinandergeschlossen und dann in's Meer versenkt
wurden.
In einer andern, von TTabart (I, oll* ff.) mitgetheilten Überlie-
ferung wird erzählt, dass die jüdischen Schriftgelehrten und die
Thoraleser — «^t-ä — bis zu dem Pseudosalomon vordrangen, ihn
umringten und die ThoraroUen entrollten, um daraus vorzulesen.
Da flog der Dämon davon und ans Meer, in das der Siegelring
hineinfiel, worauf ein Fisch denselben verschlang. Währenddes-
sen war Salomon zu den Fischern am Meeresafer gegangen. Er bat
sie, ihm etwas zu essen zu geben, indem er sagte: :» Ich bin Salo-
mon , Sohn David's". Einer der Fischer schlug und verwundete ihn ;
die andren waren darüber erzürnt und fragten ihn, warum er das
gethan. j)Weil er sagte, er sei Salomon", antwortete er, Sie gaben
hierauf dem Salomon zwei Fische. Er ging ans Meer, um sein Blut
abzuwaschen; hierauf schnitt er die Fische auf, da fand er in
einem derselben seinen Ring; er that ihn an seinen Finger, und
Gott gab ihm seine frühere Schönheit und seine Herrschaft wie-
der .... Als man auf sein Geheiss jenen Dämon vor ihn gebracht
hatte , wurde derselbe in eine eiserne Kiste eingeschlossen , die
Salomon mit seinem Siegel versiegelte. Darauf wurde er in's Meer
versenkt , und da wird er bleiben his zum Tage der Auferstehung
(ÄfL^i i»Jij _Ä^). Der Käme dieses Dämons war \Jij^Äj^s> (nach einer
andern Lesart \^Jusu^^ es fehlen hier einige diakritische Punkte).
225
Bei Alkisäi (f. 322 r.) wird — ebenfalls unter Anführung von
Sur. 38, 33 — dieselbe Erzählung , nur mit einzelnen Yarianten ,
erzählt. So wird im Kamen des Ibn 'Abbd,s erwähnt, dass der
Dämon §atjr (^^^>^ y^^) weder über die Frauen Salomon's noch
auch über sein Besitzthum irgend welche Macht gehabt habe.
Ferner wird erzählt, dass nach Verlauf der 40 Tage Salomon ein
yertrocknetes Brot auf seinem Wege fand. Er ging ans Ufer des
Meeres, um es dort aufzuweichen; da entrissen es die Wellen seiner
Hand. Da sprach er: »0 Gott, nach 40 Tagen bescherst du mir
ein trocknes Brot, du der Allemäher I" (^|;Jt, einer der Namen
Gottes, der auch Sur. 51, 58 rorkommt). Dann wird erzählt, wie
einer der Fischer ihn mit einem Stocke schlug, weil er sich für
Salomon ausgab und dass Salomon weinte, so dass die Engel im
Himmel mit ihm weinten. Auch die Fischer hatten Mitleid mit
ihm und gaben ihm ein Messer und einen Fisch, und als er diesen
aufschnitt , fand er seinen Bing in demselben. Als der Dämon ^al^r
davon hörte, entfloh er. Salomon befahl — als er die Herrschaft
wiedererlangt hatte — den 'Ifrtts (^^:^JJic) genannten Dämonen,
ihn aufzusuchen, zu ergreifen und vor ihn zu bringen. Darauf
wurde er auf Salomon's Befehl in den See von Tiberias versenkt ,
und man sagt, dass er da bleiben werde bis ans Ende der Zeiten.
Bei Ja'l^iibt (ed. Houtsma, p. rt^ fg.) wird erzählt, dass eine
der 700 Frauen Salomon's sich ein Bildniss ihres Yaters hatte
verfertigen lassen, und dass auch die andren Frauen, ihrem Bei-
spiele folgend, dasselbe thaten. Hierauf sagte Gott zu Salomon:
»In deinem Hause werden Bilder angebetet («äU?"^! ^*>*^^) > ^uid du
gibst es zu ? ^So werde ich denn zur Strafe dir die Herrschaft
entziehen und die Stämme der Kinder Israel's von einander tren-
nen ; aus Liebe aber zu . deinem Yater David werde ich dir die
Herrschaft nicht während deines Lebens entziehen, und zwei der
Stämme werden deinem Hause verbleiben, damit dein Andenken
nicht ganz aufhöre". Als nun Salomon einst auf seinem Throne
sass, wurde sein Siegelring von seinem Finger weggenommen
(c jXi^). Einer der Dämonen ergriff ihn, that ihn an seinen Finger
und verdrängte so Salomon von seinem Throne, den er selbst ein-
nahm, indem er zugleich Salomon seiner Kleider beraubte und
29
226
sich selbst damit bekleidete. Salomon zog ein wollenes Gewand an ;
in der Hand hatte er ein Bohr, und so bat er die Lente, ihm zu
essen zu geben, indem er sagte: »Ich bin Salomon, der Eonig
von Israel; Gott aber hat mir die Herrschaft entzogen". Die Leute
glaubten seinen Worten aber nicht und verspotteten ihn. Darauf
ging er zu den Fischern am Meeresufer und bat sie, ihm etwas
zu essen zu geben. A^af aber, der Freand Salomon's, und noch
Andre fanden das Betragen des Dämons, der Salomon's Thron
eingenommen , auffallend und seltsam , so namentlich , dass er nie-
mals Gottes Namen aussprach. Der Dämon entfloh hierauf und warf
den Siegelring ins Meer, nachdem er 40 Tage lang den Thron
Salomon's eingenommen hatte. Nach Verlauf dieser Zeit ging Sa-
lomon einst an*s Ufer des Meeres ; da sagte einer der Fischer zu
ihm: j)Eomm' her, du Wahnsinniger, und nimm dir diesen Fisch";
darauf gab er ihm einen Fisch , der bereits stinkend war. Salomon
ging mit demselben an's Meer , wusch ihn und schnitt ihn aaf. Da
fand er in seinem Innern einen andren Fisch, und als er diesen
aufschnitt, fand er seinen Bing in demselben. Er steckte ihn, Gott
lobpreisend, an seinen Finger. Gott gab ihm die Herrschaft wieder
über die Kinder Israel's und machte die Vögel und Dämonen ihm
unterthänig ; die Dämonen yerfertigten für ihn allerlei Kunstwerke ,
errichteten Bauten für ihn und dienten ihm auf jede Weise 40
Jahre lang. Auch bei Tabart (I, öT) und Ibn elAtir (I, Hi) wird,
unter Anführung von Sur. 38, 34—37, gesagt, dass erst nach
dieser Episode in Salomon's Leben ihm die Herrschaft über die
Ginnen , Dämonen und Winde — also als Zeichen der Vergebung
von Gott — verliehen worden sei. /
Die Erzählung bei Jäl^übt ist von den früher angeführten Er-
. Zählungen doch einigermassen verschieden: auch erinnert sie an
die biblische Darstellung (1 Kön., 11, 7—13); ganz anders die
Erzählung bei ZamaMart, ^abari und Ibn el-Attr. Die Demüthi-
gung , die Salomon erfuhr , steht hier in gar keinem Verhältnisse
zu seinem Vergehen , da er ja von der Bilderyerehrung der Frauen
Nichts wusste, und als er davon erfuhr, dieselben bestrafte und
selbst Busse that. Denn dass er eine Ausländerin zur Frau ge-
nommen , war keine Sünde , sondern eher eine verdienstliche That ,
227
da er sie zum Islam bekehrte. Zama^äart, der diese Erzählangen
eben nur als Sagen anführt, deren Wahrheit noch zu dahingestellt
bleibe (xÄ.^VAai JLcl idl\j) , sagt in der That am Schlüsse der zweiten
Erzählung, nach der Meinung kundiger Personen gehöre dieselbe
zu den nichtigen Fabeln der Juden (o^Jt SiMf^ rr^) y ^^ ^^ nicht
denkbar sei , dass ein Dämon über Salomon , den Propheten Gottes ,
und dessen Frauen je eine solche Macht ausgeübt habe, dass ferner
Salomon gewiss nie jene Anbetung des Bildes gestattet hätte und
dass , wenn sie stattfand , er jedenfalls unschuldig daran gewesen sei.
In den jüdischen Schriften ist — wie schon aus* den oben an-
geführten Stellen zu ersehen — die Veranlassung zu Salomon^s
Entthronung durchaus keine geringfügige; auch wird seine Herr-
schaft über die Dämonen nicht interimistisch suspendirt, um späi er
in desto grösserem Glänze zu erstrahlen, vielmehr fürchtet er
fortan die Dämonen, die früher ihn gefürchtet.
Die im Talmud erzählte Geschichte Yon der IJsurpirung des
salomonischen Thrones durch Aschmedai habe ich ZDMG., XXXI,
204 fg., mitgetheilt, wie gleichzeitig auch die damit in Yerbin-
dung stehende Erzählung von Schamir, der ursprünglich im Be-
sitze des Wiedehopfes ({^"^3 ^IJÜID) ^*'- ^©Jiii ^on Letzterem
gesagt wird, dass er öde und unangebaute Berge aufsuche, so
erinnert das an die von Bochart (Hieroz , ed. Lond., II , 345 fgg.)
aus Aristoteles' Thierkunde, IX, 49 (ed. Aubert- Wimmer , I, 240;
II, 330) und Aelian (III, 26) angeführten Stellen, in denen es
vom Wiedehopfe heisst , dass er auf wüsten und entlegenen Felsen
niste , was — nach Aeschylos — mit der Sage von Tereus in Ver-
bindung gebracht wird. Dazu würde auch die in Gesen. Thes.
s. V. nS'^Dn (P- 326^) erwähnte Erklärung von HD'^Dn» ^^ Xl —
3»3, und riD'^D =^ ND'^D) ^®^ ^^* passen.
Sehr viel Ähnlichkeit mit dem, was im Talmud von Aschme-
dai's Gefangennehmung erzählt wird , hat die folgende , von Alkisäi
(f. 299 r. fg,) mitgetheilte , Erzählung, die allem Anscheine nach
jüdischen Ursprunges ist.
Salomon — so wird erzählt — berief eines Tages die 'Ifrlt's , Dä-
monen und Ginnen zusammen , und befahl ihnen , ihm den Dämon
§a^r ((C^ j^^) herbeizuschaffen. Da sagten sie: »0 Prophet
228
Gottes, All&h hat diesem @ahr eine so grosse Stärke verliehen,
dass alle Dämonen zusammen Nichts über ihn vermögen. Es gibt
nur ein Mittel , ihn in unsre Gewalt zn bringen ; §ahr kommt
nämlich jeden Monat an eine Quelle (^^jvr^) auf einer gewissen
Insel und trinkt vom Wasser derselben. Unser Bath wäre nun,
dieses Wasser auszuschöpfen und stattdessen Wein hineinzuthun.
Wenn er dann kommt und kein Wasser findet, so wird er vom
Weine trinken, bis er berauscht sein wird; dann werden wir ihn
ergreifen und dir bringen. Salomon befahl ihnen nun , das Yorge-
schlagene in Ausführung zu bringen. Nachdem sie also das Wasser
mit Wein vertauscht hatten, verbargen sie sich hinter den Bäu-
men jener Insel. (Ebenso heisst es im Talmud von Benajahu
J^J^1J^3 D'^n**!') Als nun §ahr an die Quelle kam und den Wein
roch, erhob er ein Geschrei und dann sagte er: i»0 Wein, du bist
etwas Köstliches, nur dass du Einem den Verstand nimmst und
den Klugen dumm machst und Reue erzeugst!" Darauf ging er fort,
ohne zu trinken. Den dritten Tag kam er wieder, und da ihn
der Durst quälte, rief er aus: »Dem, was Gott über mich verhängt
hat , kann ich nicht entgehen". Dann ging er an die Quelle und
trank bis er vom Weine voll war. Hierauf erhob er sich und ging
einige Schritte , fiel aber alsbald nieder. Die 'Ifrtt's eilten nun von
allen Seiten herbei und trugen ihn fort, während ihm aus Mund
und Nase Feuerflammen hervorgingen. Als er aber vor Salomon
erschien und dessen Siegelring erblickte , war seine Kraft dahin ;
er fiel in Demuth auf sein Angesicht nieder und sagte: »Wie gross
ist deine Macht, o Prophet Gottes! aber sie wird von dir weichen
und nur die Erinnerung daran wird bleiben". Salomon antwortete :
»Du sprichst die Wahrheit" (Letzteres findet sich ebenfalls in der
talmudischen Sage — cf. ZDMG. , 1. c, p. 219).
Einen merkwtlrdigen Anklang an die Sage von Aschmedai
(und auch an die von mir damit verglichene von Silen und Midas)
.bildet das, was Mannhardt (Baumcultus der Germanen, p. 97) aus
Yernaleken's Alpensagen (p. 213 fg.) mittheilt. Ein wildes Berg-
männlein, Yon dem man Allerlei zu erfahren wünschte, wird da-
durch gefangen, dass man zwei Brunnentröge mit Wein und
Branntwein füllt. Als das Männchen zur Stelle kommt , sagt es zum
229
Weine: »Röthi, Böthi, du bschiss't (betrügst) mi nit", trinkt dann
aber doch, wird berauscht, schläft ein^ wird gebunden und in's
Dorf gebracht. Ebenso wird , um einem wilden Männlein ein Mittel
gegen die Pest zu entlocken, die Höhlung eines Steins mit Yelt«-
liner angefüllt, welches Mittel dann auch den gewünschten Erfolg
hat. Auch bei A. Kuhn (Herabkunft des Feuers, p. 34, N) wird
eine Stelle aus einem althochdeutschen Lobliede auf Salomon an-
geführt, in welchem ebenfalls die Gefangennahme eines Drachen
durch Wein vorkommt.
Weshalb Salomon wollte, dass man §a^r vor ihn bringe, wird
bei Alkisäi nicht gesagt; aber Kazwtnt (I, H/*) berichtet es in
folgender Erzählung, die wiederum — der Hauptsache nach —
mit der talmudischen übereinstimmt.
Der Diamant (.yoLJt jSf^*:>) ist ein Stein , der alle andren Steine
spaltet. Zur Zeit als Salomon — Friede über ihn I — den Tempel
bauen wollte, befahl er den Dämonen (^i>'y.AAit) , die Steine zu
behauen. Als nun aber die Leute sich über den dadurch entstandenen
Lärm beklagten , Hess Salomon die Schlauesten der Ginnen (>,:>. j.Ufi
^^) vor sich kommen und fragte sie, ob es denn kein Mittel
gäbe , die Steine zu behauen , ohne dass man es höre. Sie antwor-
teten : iWir, o Prophet Gottes! kennen kein derartiges Mittel;
es existirt aber noch ein Dämon (o«Lo) , Namens ^a^r , der nicht
in deinem Dienste steht; vielleicht kann er Etwas angeben". Sa-
lomon befahl nun , diesen Dämon horbeizubringen , und als derselbe
vor ihm erschien , richtete er die gleiche Frage an ihn. Jener ant-
wortete: »Ich kenne allerdings einen Stein, o Prophet Gottes! mit
dem man geräuschlos Steine durchschneiden kann; ich weiss aber
nicht,- wo derselbe zu finden tst. Ich will dir aber die Art und
Weise angeben, um in dessen Besitz zu gelangen, und das ist,
dass man das Nest eines Adlers aufsucht". Auf Salomon's Befehl
ging nun Einer der 'Ifrtt's nach einem Adlemeste aus ; er fand ein
solches zur Zeit als der alte Adler ausgeflogen war ; hierauf nahm
er eine gläserne Schale und stülpte sie über das Nest, in dem
die Jungen waren. Als der Adler zurückkehrte und sah, dass er
nicht zu seinen Jungen gelangen konnte , flog er davon. Am Mor-
gen des folgenden Tages aber kam er wieder mit einem Steine
230
im Schnabel, und mit diesem Steine spaltete er das Glas. Salomon,
dem man dieses erzählte, befahl, den Adler Tor ihn zu bringen.
Als dieser gekommen war, fragte er ihn: »Sage mir doch, wo du
dir jenen Stein geholt hast^\ Der Adler antwortete: nDen Stein,
Prophet Gottes! habe ich mir von einem Berge im Westen,
dem Säm^rberge (.y«LJf J^a:>), geholt'\ Auf Salomon's Geheiss
brachten hierauf die Dämonen von jenem Berge Steine herbei,
mit denen die Bausteine behauen wurden , ohne dass man es hörte.
Dass übrigens auch in andren arabischen Sagen der Säm^r mit
dem Wiedehopf in Verbindung gebracht wird, ist aus der oben
(p. 180 ff.) erwähnten Erzählung Ton Moses' Kampf mit 'Og er-
sichtlich.
Es möge gestattet sein, hier noch einiges auf den Hudhud
Bezügliche zu erwähnen.
Bei !^azwlnt (I, fH) — und ähnlich in Arnold's arabischer Chres-
tomathie (p. f i , N**. 1*^) — wird erzählt , dass der Hudhud einst
Salomon eingeladen habe, sein Gast zu sein. ]»Ich allein ?'' fragte
Salomon. ))Nein, du und dein ganzes Heer, euch alle lade ich
ein, auf der und der Insel bei mir zu speisen". Als nun an dem
dazu anberaumten Tage Salomon mit seinem Heere sich ein-
gefunden hatte, sprang der Hudhud in die Luft, fing eine
Heuschrecke, brach sie entzwei, warf einen Theil davon in's
Meer und sagte: »Esset nun, und wem das Fleisch entgangen,
dem wird jedenfalls die Brühe nicht entgehen'' — a^^^UI ^19 ^^i
)f3j,^ ikXstj jj — , so bei Arnold; bei !Kazwtnt: q^ Jb j».^\lfi äjIs q^
^^i. Salomon und seine Leute lachten , und daher — wie es
bei Arnold heisst — stammt das Sprichwort ; »Wenn dir das Fleisch
entgangen , so trinke die Brühe" (^Cd^t vV^^ {«.^nU^ (£)u1S qI). Auch
bei Socin (N^ 441) wird der Spruch angeführt: »*:^Ij tä)ul3 \3\
Äi^L läkJLc, Wenn dir das Fleisch entgangen ist, so gieb Acht
auf die Brühe I"
Bei Kazwini wird femer — und ebenso in Muhtt al-Muhlt (s. v.
iAP^>J> , p. XW) — der Ausspruch Mohammad's angeführt : »Tödtet
nicht den Hudhud, denn er war es, der dem Salomon anzeigte,
wo Wasser zu finden sei , und er wollte auch , dass man auf der
ganzen Erde nur Gott allein anbete und kein Wesen ausser ihm".
231
was sich wahrscheinlich auf Hudhud's Entrüstung über die Sonnen-
yerehrung der Sabaer bezieht (Sur. 27, 24) ').
Bei AlkisM (f. 293 r.) wird erzählt, wie — nebst andren Vögeln —
auch der Hudhud sich dem König Salomon vorstellte und, nach-
dem er ihn begrüsst hatte, zu ihm sagte, dass er ihm fortan
als Führer (,)uSS) zum Auffinden des Wassers dienen werde. Sa-
lomon sagte hierauf: »Ich sehe, dass du sehr klug und findig
bist; ich sehe aber auch, dass die israelitischen Knaben dich
in ihren Schlingen fangen'', worauf Hudhud antwortete, dass
gegenüber dem Schicksalsbeschlusse G^^jt^ Lnält) alle Klugheit
nichts nütze.
Ganz ähnlich ist folgende Erzählung in Ibn ' Arab Säh's t^UJLÜ x^Sls
(ed. Freytag, p. It): Es wird erzählt, dass einst der Hudhud auf
einem erhöhten Orte sass, Gott lobpreisend. Ein Imdm, der des
Weges daherkam, sagte zu ihm: j)0 ,du Besitzer der Krone und
des 'bunten Kleides (^LjvX!) ''L^äS|^ ^IäJ^ ^^^a^I/o y), das ist ein
gefährlicher Ort, an dem du leicht gefangen werden kannst".
Hudhud spottete dieser Warnung. Als der Imäm kurz darauf des-
selben Weges kam , sah er , dass ein Knabe den Hudhud in einer
Schlinge gefangen hatte und er sagte zu ihm: »0 du Gottesfürch-
tiger (H^Lxc 11^ ^) , der du dich deines scharfen Blickes rühmst und
das tief in der Erde yerborgene Wasser erspähst , wie konntest du
dich so fangen lassen!?" Darauf erwiederte Hudhud: »Gegen den
Beschluss des Schicksals («cXäS|^ "ixaHi^) nützt keine Klugheit und
kein Scharfblick.
Dieselbe Antwort gibt im Anwdr i Suheili ed. Ouseley (p. tfl,
auch bei Wilken, Instit* ad fundam. 1. persicae, p. 186) eine Nach-
tigall auf die Frage, wieso sie den Schatz unter der Erde, aber
nicht die Schlinge auf der Erde gesehen. Andere Stellen führt
Osterley in den Kachweisungen zu Wendunmuth (Bd. Y, p. 107
1) Dass Uadhad bei der gelegentlichen Lobpreisung Gottes, Vs. 25 fg., auch sagt :
mEr ist der Besitzer des grossen Thrones" (aaIq.«]! (J^ytS^) , während er in Vs. 23 vom
grossen Thron der Königin von Saba gesprochen, macht den Eindruck, als solle
damit gesagt werden, dass ansser dem Throne Gottes kein andrer Thron — auch
nicht der berühmte jener Königin — diese Benennung verdiene. Auch Zamajjsart
(II, \*^ö) hebt den Unterschied der beiden Bezeichnungen hervor.
232
zu Bach lY, 34 und p. 119 zu lY, 234) an, darunter auch Pan-
tschaiantra, I, 381.
Wie bei Ibn 'Arab Sah , so wird auch bei andren Autoren der
Federbusch des Wiedehopfes eine Erone (-.Ij, j^O genannt;
cf. ZDMG., XXXI , 208. So heisst es denn auch im westöstlichen
Divan (Buch der Liebe. Gruss; ed. t. Loeper, p. 51):
Hudhud lief einher,
Seine Erone entfaltend.
Aber auch im Wendunmuth wird erzählt (Bd. IV, p. 283), wie
einst der Adler hochzeitlich Beilager hielt, ^darzu auch der Widhopff
geladen umb seines prächtigen Gewands und königlichen Kronen
willen". Ebenso heisst es in W. Wackernagel's Voces varisB ani-
mantium (p. 130, N°. 35):
Der Widho^f ist gar wohl geziert
Und hat doch ganz kein Stimm',
Sein Cron er allzeit mit sich führt,
Ist doch nichts hinter ihm.
Von dem Federbusche hergenommen ist die Benennung des
Wiedehopfes mit »J^^ ^i (Vater des Federbusches), die Dozy
(Supplement, s. v. jji) unter Hinweisung auf ZDMG., XVII, 390,
anführt. Von einer Ähnlichkeit mit diesem Federbusch hergenom-
men ist wahrscheinlich die von Dozy (s. v. ^jJ.) aus Ibn Baitd,r
angeführte Benennung einer Orchis-Art mit t>J><A^t (j^t. (Kopf des
Wiedehopfes). Eine andre von Dozy (I, 120) angeführte Benen-
nung qUaLm yX^ (Söhne Salomon's) , thuppes (oiseaux) , ainsi nom-
m^es parce qu'on oroit que Salomon les a re^^ues d'Ophir et d'autres
pays lointains". Dieser Benennung entspricht das bei Vullers (1 , 277)
und im Gazophylacium 1. Persarum s. y. Upega (p. 470) angeführte
persische qUJLv j.i (Vater Salomon's). Von seinem Federbusche her-
genommen sind die persischen Benennungen mit y** ^iL« oder in der
Deminutiyform ^^ &iLw (caput cristatum habens , Vullers , II ^ 391) ,
j&^^:>lj (Corona iudutus , ibid., 1 , 410). Auf die Sendung an Bil]^ts
bezieht sich die Benennung mit q14.aJLm tjA (Vogel Salomon's) und
^t xa]j tjA (Briefträgeryogel , wie auch die Brieftaube heisst) bei
233
Yullers s. y. tjA (II, 1165). Von seinem Rafe hergenommen sind
die Benennungen s^^. 9 .^^^9 ^^^^9 ^^ ^^^ ähnliche.
Von andren Eigenthümlichkeiten des Wiedehopfes sind andre Be-
nennungen hergenommen ^). Dahin gehört sein häufiges Sichverbeu-
gen und Sichniederwerfen - das auch sprichwörtlich vorkommt — ,
wovon eine seiner arabischen Benennungen hergenommen ist (ZDMGF.,
1. 0. p. 313. 314, !Ni^. 32). Diese Eigen thümlichkeit hebt auch Hiero-
nymus Lorm hervor , indem er bei der Schilderung des Frühlings
sagt (Der Naturgenuss, p. 254): »Selbst das Lied der Nachtigall
ist jetzt ein kräftiges , und ein Vogel , dem nicht viel Gesang
gegeben ist, der Wiedehopf, unterstützt durch seine Bewegungen
gleichsam die Lebensfreude , er macht dem Dasein ununterbrochen
seine Verbeugung". Die Benennung mit f^ji^ ^^ — Vater des
Frühlings — , die , wie aus Bocthor und Dozy zu ersehen , auch
im Neuarabischen gebräuchlich ist , bezieht sich auf sein Erschei-
nen im Frühling, was auch ]^azwtnt (I, ff\) erwähnt.
Zwei jüdische , Salomon betreffende , Sagen , die in Buber's Ein-
leitung (^$^^^) zu seiner Ausgabe des Midrasch Tanchuma ange-
führt werden , berühren sich ebenfalls mit arabisch-persischen Sagen.
Fol. 68^ (p. 136) dieser Einleitung wird aus einer Handschrift
des M. Tanchuma folgende Erzählung angeführt :
Der König Salomon hatte eine Tochter von aussergewöhnlicher
Schönheit. Er las in den Sternen (Planeten , p^^f )3) , dass ein sehr
armer Israelit sie heirathen werde. Um das zu verhindern , liess er
mitten im Meere einen hohen Thurm errichten, in den er seine
Tochter bringen liess. Zu ihrer Bewachung wurden 70 Eunuchen
dorthin geschickt, während eine grosse Menge dort aufgespeicher-
ten Mundvorraths zu ihrem Lebensunterhalte diente. Jener ihr zum
Gatten bestimmte arme Jüngling war einst in einer kalten Nacht
auf dem Wege und wusste nicht, wo er sein Haupt niederlegen
sollte. Da sah er das geborstene Aas eines Ochsen auf dem Felde
1) Aach im Provenzalischen hat der Wiedehopf — wie aus Honnorat, Dict. pro-
ven9al-fr. s. v. Petaga zu ersehen — neben petnga noch viele andre Namen, dar-
unter: poapada, pupega (ital. npega), paput. Letzteres Wort dient auch zur Bezeichnung
eines coquetten Frauenzimmers.
30
234
liegen, und er legte sich in dasselbe hinein, um sich zugleich zu
wärmen. Da kam ein grosser Yogel , nahm dieses A^s und trug es
mitsammt dem Jüngling auf das Dach jenes Thurmes, in dem die Prin-
zessin war und frass dort das Fleisch des Aases. Als die Prinzessin
ihrer Gewohnheit gemäss des Morgens auf das Dach ging , um sich
umzuschauen, erblickte sie den Jüngling. Sie fragte ihn, wer er sei
und wer ihn hierher gebracht habe. Er antwortete, er sei yon
Akko (^3y) und dass ein Vogel ihn hierher getragen habe. Sie
wies ihm darauf ein Zimmer an , in welchem er sich ankleidete ,
wusch und salbte. Als er wieder vor ihr erschien , zeigte sich ,
dass er von grosser Schönheit war; zudem war er ein grosser
Schriftgelehrter. Sie entbrannte in Liebe zu ihm und fragte ihn,
ob er sie zur Frau nehmen wolle; er antwortete: »Sehr gerne".
Er Hess sich darauf ein wenig zur Ader , schrieb mit seinem Blute
den Trauungsact und sprach die Trauungsformel aus, wobei er
Gott und zwei Engel zu Zeugen nahm. Sie war somit seine
Frau. Als nun bald darauf die Eunuchen merkten , dass sie schwan-
ger sei und auf ihre Fragen das Nähere erfuhren f schickten sie
zu Salomon, dass er kommen möge. Als Salomon gekommen war
und Yon seiner Tochter erfahren hatte , wie sie , trotz seiner Yor-
sichtsmassregeln , doch einen Mann bekommen hatte, der nicht nar
ausserordentlich schön, sondern auch ausserordentlich erfahren in
dem jüdischen Gesetze war , erkannte er alsbald , dass es derjenige
sei , Yon dem er in den Sternen gelesen ; er freute sich sehr dar-
über und dankte Gott dafür, einen solchen Eidam bekommen zu
haben.
Eine ähnliche Erzählung wird von v. Bosenzweig in den Noten
zu seiner Ausgabe des Gämt (p. 200) sowie von Zotenberg in den
Noten zu seiner Übersetzung des Tabart (I, 585) angeführt. Sa-
lomon hatte einst ein Gespräch mit dem Yogel 'Ankä (»LäJLc;
persisch c -ä-iuw, Simurg) mit Bezug auf Yorherbestimmung. Salomon
sagte , dass eine Frau im Osten einen Sohn und eine andre im Westen
eine Tochter habe, welche Beide für einander bestimmt seien.
'Ank4 wollte diesen Schicksalsbeschluss yereiteln und entführte den
jungen Mann. Es fügte sich aber, dass derselbe dennoch mit der
Tochter jener Frau zusammenkam und sie heirathete, was Salomon
235
vom Engel Gabriel erfuhr. Sfmurg wurde hierauf von Salomon und
den andren Vögeln verspottet und zog sich beschämt in die Ein-
samkeit des Berges Käf zurück.
Noch mehr Ähnlichkeit mit der jüdischen Erzählung hat die
Erzählung von Salomon und ^Ank4 in der Form, wie sie, nach
Tabari, in v. Hammer-Purgstairs Rosenöl (I, 244 fg.) erzählt
wird. Um den Schicksalsbeschluss zu vereiteln, raubt Stmui^ die
im Westen geborene Prinzessin und bringt sJe nach seinem Neste
auf dem Berge Kaf, wo er sie erzieht. Den im Osten geborenen, für
sie bestimmten Prinzen ergreift eine unwiderstehliche Wanderlust.
Er kommt so auf seiner Irrfahrt an den Fuss des Berges KS.f,
wo hoch in den Lüften, auf einer Felsenbrücke, zu der kein
Mensch gelangen konnte , das Nest Stmurg's war. Auf dieser Brücke
sah er die Prinzessin stehen , wie sie ihn unten. Beide entbrennen
vom ersten Augenblicke an in Liebe zueinander, können sich
aber nur durch Zeichen verständlich machen. Das Thal, in wel-
chem der Prinz sich befand, war mit Rhinoceroshäuten , Tiger-
feilen und dergl. bedeckt, Überbleibseln der Mahlzeiten Simurg's.
Die Prinzessin gab ihm durch Zeichen zu verstehen, er solle in
eine der zusammengerollten Rhinoceroshäute schlüpfen , was er auch
that. Simurg war ausgeflogen; als er zurückkehrte, bat ihn die
Prinzessin, ihr doch eine, von ihr näher bezeichnete , Rhinoceros-
haut heraufzubringen, damit sie sich in ihrer Einsamkeit damit
unterhalte. Stmurg that also. Die Prinzessin hatte von nun an
in der That Unterhaltung, da sie, so oft Stmurg ausflog — und
das geschah täglich — mit dem Geliebten allein war. Nach Jahres-
frist fragte Salomon den Stmurg, ob er sich noch dessen erinnere,
was er vor ohngefähr 20 Jahren gesagt. Stmurg antwortete: »Aller-
dings erinnere ich mich, und dass ich Recht hatte, will ich dir
beweisen, da jene Prinzessin in meinem Neste ist; ich werde sie
dir bringen". Als nun Stmurg der Prinzessin sagte, dass er mit
ihr zu Salomon reisen wolle , war sie es zufrieden ; nur wünschte
sie, dass die Rhinoceroshaut , die in ihrem Zimmer war, ihr als
Sänfte dienen und sie in derselben den Weg durch die Lüfte
nehmen dürfe. Das geschah, und Stmurg legte die zusammengerollte
Rhinoceroshaut an den Stufen des Thrones nieder. »Kommt heraus !"
236
sagte Salomon , und herauskamen der Prinz aus dem Osten und die
Prinzessin aus dem Westen, auf ihren Armen ein westöstliches
Kind, das sie vor Kurzem geboren hatte. Stmnrg flog beschämt
davon und Hess sich nie wieder blicken ^).
Fol. 79> dieser Einleitung wird aus einem andren MS. des M.
Tanchuma folgende Erzählung — die an den Satz ?]Q^{^*^ Urin
DDy lüDItL^ri nriNl ^^^ ' ^®°-' ^' ^^' anknüpft — mitgetheUt.
Ein Mann, der einen Krug mit Milch trug, fand auf dem Felde
eine Schlange, welche jämmerlich schrie. Auf seine Frage, wes-
halb sie so schreie , antwortete sie : »Ich habe grossen Durst — ,
aber was trägst du da?" »Milch", antwortete er. »Gib mir die Milch
zu trinken", sagte die Schlange , »und ich werde dir einen grossen
Schatz zeigen". Als sie die Milch getrunken hatte , führte sie ihn
an einen Ort , wo ein grosser Stein lag. Nachdem er denselben weg-
gewälzt hatte , fand er den Schatz , den er zu sich nahm. Da sprang
sie plötzlich an ihm hinauf und umringelte seinen Hals. Er fragte :
»Was soll das heissen ?" »Ich will dich tödten", sprach sie , »denn
du hast all mein Gold genommen". Der Mann sagte: »Wir wollen
zum König Salomon gehen , damit er entscheide , wer von uns im
Rechte ist". Die Schlange war es zufrieden. Als sie vor Salomon
erschienen waren, klagte der Mann die Schlange an. Diese sagte:
»Ich will ihn tödten, denn es steht geschrieben (Gen., 3, 15): Du
sollst ihn in die Ferse beissen". Salomon sprach: »Steige zuerst yon
seinem Halse auf die Erde hernieder , denn vor Gericht darf Keiner
Yor dem Andren einen Yortheil yoraushaben". Als sie das gethan ,
fragte Salomon sie : »Was ist dein Begehr P" Sie wiederholte das
früher Gesagte. Darauf sprach Salomon zu dem Manne: »Dir hat
Gott befohlen: Du sollst ihr den Kopf zertreten — thue das!"
Hierauf zertrat der Mann den Kopf der Schlange.
1) Id Benfey'a «Orient und Occident" (II, 816 fg.) finden sich mehrere Erzäh-
lungen, in denen die Beantwortung der Frage, wer am hesten von Dreien gehandelt
hahe, den Anhaltspunkt und das Indiciom zur Heraasfindung eines Schuldigen hietet.
Eine derartige Erzählung findet sich nun auch in dem nyitfi^^DD HD'^ TlDPI (®^*
Amsterdam, 1746, f. 38) sowie in dem riVtS^JD inPl H- Verona, 1647, f. 36 —
uher heide Bücher vrgl. man Zunz, G. V. p. 130 fg. — ), und zwar ist es hier Salomon ,
der die drei Probefragen stellt und so den Schuldigen eruirt.
237
Eine ganz ähnliche Erzählung findet sich in Anwär i Suheilt
(ed. J. Onseley , p. 224 fg.) , und ähnlich wie hier heruft sich die
Schlange auf eine l^oranstelle (20, 121), an der es heisst, Gott
habe zu Adam und zur Schlange (zum Satan) gesagt: »Ihr sollt
einander feind sein". Hier ist aber der Fuchs der Schiedsrichter.
Viele andre Parallelstellen werden yon Osterley zum Wendunmuth
(Bd. 5, p. 130) angeführt.
Die jüdische Erzählung findet sich in etwas yerschiedner — an
die andren Erzählungen erinnernder — Form (der Mann erwärmt
die Schlange ; es werden zuerst mehrere Thiere als Schiedsrichter
angerufen , dann Dayid , zuletzt Salomon) auch im s. g. Maase-Buch
(mitgetheilt in meiner jüdisch-deutschen Chrestomathie, p. 411 fg.).
Sie scheint also noch in einem andren jüdischen Buche yorzukommen.
Zum Schlüsse möge hier noch eine jüdische Sage Platz finden,
die ähnlich bei arabischen Autoren yorkommt , welche dieselbe mit
einer ^Voranstelle in Verbindung bringen.
In den jüdischen Schriften (Gittin , bt^ ; jerus. Talmud , Ta'anith
IV, 8 ; Midrasch Echa , S. 2 zu 2,2) wird erzählt : Als Nebuzaradan
(nN*lT1!3J > Oberster der Leibwache Nebukadnezar's ; 2 Kön., 25,
8 fg.) den Tempel betrat , sah er das Blut des Zacharias (der nach
2 Chron., 24, 21 im Vorhof des Tempels getödtet wurde) , das fort-
während sprudelte und brodelte. Er fragte , was das sei. Man ant-
wortete ihm, es sei das das Blut geopferter Stiere und Lämmer.
Er Hess hierauf Stiere und Lämmer schlachten , aber es war Nichts
der Art zu sehen. Da sprach er: »Wenn ihr mir die Wahrheit
sagt , so ist es gut , wenn aber nicht , so werde ich euer Fleisch
mit eisernen Hecheln hecheln lassen". Sie antworteten hierauf:
»Was sollen wir dir die Wahrheit yerhehlen? Wir hatten einen
Propheten , der zugleich Priester war und der uns ermahnte , in
Gottes Wegen zu wandeln; wir aber haben ihn umgebracht, und
das ist sein Blut". Da sprach Nebuzaradan : »Ich werde es zur Ruhe
bringen". Er Hess darauf die Mitglieder des grossen Synedriums
kommen und sie an dieser Stelle tödten — das Blut hörte nicht
auf zu sieden. Dann Hess er die Mitglieder des kleinen Synedriums
schlachten — das Blut hörte nicht auf zu sieden ; dann die jungen
238
Priester (im Talmud Jünglinge und Jungfrauen) , dann die Schul-
kinder — das Blut hörte nicht auf zu sieden. Da sprach er: i>0
Zacharias I Die Besten deines Volkes habe ich getödtet ; willst du ,
dass Alle umkommen ?^' Darauf hörte das Blut auf zu sieden. Da
dachte Nebuzaradan in seinem Herzen : » Wenn die Tödtung dieses
einen Mannes so furchtbar bestraft wurde, wie wird es erst mir
ergehen, der ich so viele getödtet habe?" Er nahm hierauf den
jüdischen Glauben an.
Bei Ibn el-Attr (I , Hö fg.) wird im Namen des Ibn Ishälk er-
zählt: Nachdem die Kinder Israel's von Babylon (^L) zurück-
gekehrt waren , sandte Gott einige Propheten an sie , die sie aber
tödteten. Darauf sandte Gott Zacharias , Johannes Cj^. 9 was man
auch mit | JH^^ wiedergeben kann , wie es in der syrischen Version
heisst) und Jesus, Sohn der Mirjam ; auch die beiden ersteren wurden
getödtet« Da schickte Gott zu ihrer Bestrafung einen der Könige
Yon Babylon , Namens ^Jf^^^J^ (wozu noch andre Lesarten angegeben
werden). Als dieser nach Jerusalem gekommen war, sagte er zu
seinem obersten Heerführer , Namens Nebüz&d&n (^bl;i^): ^Ich habe
geschworen , dass , wenn ich die Kinder Israel's besiege , ich so yiele
von ihnen tödten lassen werde , dass ihr Blut bis in mein Lager
fliesst". Als nun Nebüz&dd.n an den Ort kam, wo man die Opfer
darbrachte , fand er dort siedendes Blut. Er fragte , was das sei.
Man antwortete ihm , es sei das Blut von Opfern , die (von Gott)
nicht angenommen wurden. Darauf sagte er: »Ihr sagt nicht die
Wahrheit!" Er Hess alsdann über dem Blutte 750 der angesehensten
Männer tödten — es hörte nicht auf zu sieden. Dann Hess er 700
Schriftgelehrte tödten — das Blut horte nicht auf zu fliessen. Da
sprach er: dO Kinder Israel's, sagt mir die Wahrheit, oder es
bleibt Keiner von euch am Leben". Da sprachen sie: »Es war ein
Prophet unter uns, der uns ermahnte und mit dem Einfall der
Feinde drohte; wir aber haben ihm nicht geglaubt und ihn ge-
tödtet — und das ist sein Blut". »Und wie war sein Name?"
fragte Nebüzädän. »Sein Name war Johannes, Sohn des Zacharias",
antworteten sie. Da sprach Nebüzd.dän : »Jetzt habt ihr die Wahr-
heit gesagt", und fiel anbetend nieder. Dann sagte er zum
Blute: »0 Johannes! Dein und mein Gott weiss, was dein Yolk
239
um deinetwillen gelitten; so rahe denn, sonst bleibt Keiner am
Leben !^' Das Blut hörte nun auf zu sieden. Alsdann sprach er : »Ich
glaube an den Gott der Kinder IsraePs; er ist der einzige Gott
und keiner ist ausser ihm^'. Er Hess alsdann sehr viele Thiere —
Pferde, Maul thiere, Karneole, Esel, Rinder und Schafe — schlach-
ten und ihr Blut nach dem Lager hinleiten. Als Hard^s das Blut
sah, glaubte er, es sei das der getödteten Kinder Israelis, und
Hess dem Nebüzäddn sagen, er solle jetzt aufhören. Und auf
dieses Ereigniss — heisst es — bezieht sich , was Gott seinem Pro-
pheten Mohammad gesagt hat; dann wird Sur. 17, 4 — 8 angeführt,
an welcher Stelle von den feindlichen Heeren die Rede ist , welche
Gott gegen die Israeliten zu ihrer Bestrafung senden werde.
Mit Bezug auf den siebenten Vers dieser Stelle , in welchem von
denjenigen die Rede ist, die den Tempel betreten würden, erzählt
Bai^äwi (I , p. ctf) vom Feldherrn des babylonischen Königs 3^3y>
oder (jÄ^vxi- Dasselbe (nur kürzer) , was Ibn el-Atir von Nebdzäd^n
erzählt. Die Anrede an das Blut stimmt fast wörtlich mit der bei
Ibn el-Atir über ein.
An einer vorhergehenden Stelle bei Ibn el-Attr (I, Hl**) wird —
nach zwei etwas verschiedenen Versionen — erzählt: Der König
Herodes (^J*o^-x^) liebte die Tochter seines Bruders und wollte sie
zur Frau nehmen. Johannes aber sagte ihm , das sei verboten. Was
nun immer diese seine Bruderstochter von Herodes verlangte , wurde
ihr gewährt. Eines Tages sagte ihre Mutter zu ihr: xWenn der
König dich wieder fragen wird , was dein Begehr sei , so antworte
ihm: Ich verlange weiter nichts, als dass du Johannes tödten
lassest". Als sie dem König auf seine Frage diese Antwort gege-
ben hatte, erfüllte er nach einigem Widerstreben ihren Wunsch
und Hess Johannes tödten, (Nach der zweiten Version wurde sein
Haupt auf einer Schüssel hereingebracht und dasselbe sagte zu
Herodes : »Sie ist dir nicht erlaubt — idJ J^ '^)"? Von seinem Blute
aber fielen einige Tropfen auf die Erde und hörten nicht auf zu
sieden , bis Gott den N ebukadnezar sandte . den eine Frau zu dieser
Stelle hinführte. Er Hess hierauf über dem Blute 70,000 Mann
schlachten — dann erst hörte es auf zu sieden.
Alles das hier aus Ibn el-Attr Angeführte findet sich — etwas
240
Terschieden — auch bei 7»^*^^ (I > ^^^ %•) j woselbst der Feldherr
Q^ol.j^, NebAzarädÄn, heisst In Zotenberg's Übersetzung des
Tabarl (1 , 568. 593) , wo der Heerführer PtrouzÄdÄn heisst , finden
sich andre Lesarten dieses Namens , darunter ^b^ykj , das wahr-
scheinlich Q^otj^J zu punktiren ist.
Die Erzählung Yom siedenden Blut des Johannes wird auch
flüchtig Yon Btrünt (p. t^*) erwähnt. Btrdnt äussert aber zugleich
seine Zweifel mit Bezug auf Nebukadnezar , da dieser 440 Jahre
Yor dem Tode des Johannes nach Jerusalem gekommen sei, und
Yermuthet , dass die Juden alle feindlichen Herrscher Nebukadnezar
nannten, welche Ansicht sich auch bei ^^^^i^i (Trad. Zotenberg,
I, 570) ausgesprochen findet.
DIE LEGENDE IN DER JÜDISCH-DEUTSCHEN, DER
JÜDISCH-SPANISCHEN UND DER SPANISCH-
ARABISCHEN LITERATUR.
Die hagadischen Vorträge waren, wie oben bemerkt wurde, Yolks-
thümlich; sie waren zunächst für Frauen und Ungelehrte — nach
moderner Ausdrucks weise für das grosse Publicum — bestimmt,
und wurden zumeist am Sabbath und an Festtagen gehalten. Sie
hatten auch etwas Festtägliches ; sie waren erheiternd und unter-
haltend, wozu das in ihnen Yor waltende witzige Element — die
"Wortspiele, die Sprichwörter, die frappirende Verbindung weit
auseinander liegender Dinge ^) — Yiel beitrug. Sie hatten aber
noch einen höheren Zweck: sie sollten in einer bedrängten Zeit,
in der man immer noch Schlimmeros befürchten musste, Trost
und Erhebung gewähren und das GottYortraen stärken durch den
1) Beispiele hierzu habe ich ZDM6., XXXI, 185 fg. angeführt. Anch Goethe be-
merkt (Noten und Abhandlangen zum westöstlichen Divan, p. 283): » Schreitet man
nun so fort .... so findet man , dass dem Orientalen bei Allem Alles einfallt , so-
dass er, übers Kreuz das Fernste zu verknüpfen gewohnt, durch die geringste Buch-
staben- und Sylbenbiegung Widersprechendes aus einander herzuleiten kein Bedenken
trägt".
I
241
Hinweis auf Gottes Liebe zu Israel und zu den frommen Männern
insbesondre , wie sich diese in den biblischen Erzählungen und in
den späteren Wundersagen kundgibt. Man wurde also über alles
Leid der Gegenwart erhoben durch den Rückblick auf die glanz-
Yolle Vergangenheit , auf die Zeit , in welcher das ganze Volk Israel
alljährlich nach dem Hause Gottes in Jerusalem wallfahrtete , dann
aber auch durch die Aussicht auf die, you den Propheten yerheissene,
Zukunft, in welcher die alte Glorie und Herrlichkeit wieder auf-
erstehen werde.
Die hagadische Literatur war also eine Yolksthümliche, wie auch
die Sprache, das Aramäische, eine Yolksthümliche war, und diese
Literatur hat sich, in andrer Form , Jahrhunderte hindurch — bis
zu Ende des Yorigen Jahrhunderts — erhalten.
Die jüdisch-deutsche Literatur ist nämlich Yorherrschend eine
Beproduction der hagadischen Vorträge und war ebenso vor-
wiegend für Frauen bestimmt, wie denn auf dem Titelblatte der
jüdisch-deutschen Bücher sehr oft die »Frauen und Meidlich" auf-
gefordert werden , das betreffende Buch zu lesen. Die imperatlYische
Form dieses Aufrufes findet sich denn auch in dem hebräischen
Titel eines ehedem weitYerbreiteten jüdisch-deutschen Buches, des
ni'^N^n nj'^NÜ ~" gewöhnlich Zennerenne genannt — oder wie
der Yollständige Titel lautet j'jilj p*jJ3 nj^^N*!! HJ'^NiJ ("^^^^
Hohes Lied, 3, 11). Sowie nun in diesem Verse die Töchter Zion's
aufgefordert werden, Salomon und seine Krone anzuschauen, so
ist es hier eine Aufforderung, sich mit all den Wundersagen und
den hagadischen Ausschmückungen der biblischen Erzählungen
bekanntzumachen. Und sowie die hagadischen Vorträge am Sab-
bath gehalten wurden, so war der Z'ena u-r'^na eine Sabbath-
lekture für Frauen. Die einzelnen Abschnitte desselben sind nach
der Reihenfolge der Abschnitte des Pentateuch und der Perikopen ,
wie sie am Sabbath Yorgelesen werden , geordnet , und man konnte
so jeden Sabbath den betreffenden Wochenabschnitt mit den dar-
auf bezüglichen hagadischen Auslegungen lesen. Die Leserinnen
wurden auf diese Weise mit letzteren bekannt und manche in
der jüdischen Umgangssprache cursirende Bedeweisen und Aus-
drücke waren hagadischen Ursprunges. Es existirten noch Yiele
81
242
andre Bücher dieser Art, aber das ilJ'^J^'m (U'^NÜ ''^^ ^^ ^^
kannteste und beliebteste ^).
Eine Analogie zum jüdisoh-Deutschen bieten die Bücher im
jüdisch-spanischen Idiom, dem sogenannten Ladino oder Espanol.
Auch diese in hebräischer Schrift, aber in spanischer Sprache ge-
schriebnen Bücher sind zumeist Übersetzungen oder Bearbeitungen
hebräischer Schriften der verschiedensten Art. Mit dem Jüdisch-
Deutschen hat das Ladino die Ähnlichkeit, dass darin viele yer-
altete spanische Wörter vorkommen , sowie ziemlich viele hebräische
Wörter (wenn auch lange nicht so viel wie in den meisten jüdisch-
deutschen Büchern), theils in ihrer ursprünglichen Form, theils
als voces hybridae, indem das hebräische Wort, als sei es ein
spanisches, eine spanische Endung erhalt.
Ausser dem in Deutschland (ehemals) gebräuchlichen Jüdisch-
Deutsch existirt auch noch polnisches Jüdisch-deutsch , herstammend
von den Juden, die nach den slavischen Ländern (zu denen in
dieser Hinsicht auch ein Theil von Ungarn gehört) auswanderten ,
welches Idiom sich sehr von dem in Deutschland gebräuchlichen
1) So gebrauchte man in der jüdischen Umgangssprache das Wort »Chuschim" zur
Bezeiehnang eines tauben Menschen, was aaf einer hagadischen Stelle (Sotah, 18&,
cf. jeras. TargnVn zu Gen., 60, 18) beruht, wonach der Gen., 46, 23, genannte Q1{gf0,
Sohn Dan's, schwerhörig (D^iHW H^^ V^^P"^^ ^^^' ^°°^ ^** ^^^ Schlemihl zur
Bezeichnung eines s. g. Pechvogels , eines »Hans Unstern" (bei Chamisso) ist hagadischen
Ursprungs.
Dass der Num., 1, 6 , erwähnte Schlumiel , Sohn Zurischaddai's , Fürst des Stammes
Simeon, der Ahnherr des Geschlechtes derer von Schlemihl sei, wie es im Bomanzero
(Jehuda b. Halevj, IV) heisst, ist allerdings richtig, aber der Zusammenhang ist
ein andrer. Die herkömmliche Erklärung ist: Ein Schlemihl ist ein solcher, dem
allerlei Nissim (D^D^> Wunder, Abenteuer, absonderliche ZuföUe) passiren. Jener
Schlumiel, Sohn Zurischaddai's , war dem Talmud (Sanhedrin , 82^) zufolge , identisch
mit dem Num., 25, 14, erwähnten Simri, Fürst des Stammes Simeon, und zwar
war Schlumiel sein eigentlicher, Simri einer seiner vier Beinamen. Wie es im Tal-
mud weiter heisst, geschahen bei diesem Ereignisse 6 Wunder, Q*)D^ (nach dem
Midrasch z. St. waren es 12), und so — sagt man -* wird »Schlumiel" Jeder ge-
nannt, dem allerlei Nissim passiren.
So erzählt auch L. Kaiisch (Bilder aus meiner Knabenzeit, p. 161), wie seine Gross-
mutter, eine fleissige Leserin des Z'6na u-r*Sna, ihn wegen seiner Unruhe einen
Sambatjon (Buxtorf s. v. t3DD* ^^^' 1^^*^ %•) ^^ nennen pflegte, und in gleicher
Weise sagte: um ihn zu bändigen, dazu gehöre Salomon's Weisheit, Korach's Reich-
thum und Hillers Geduld. Dass letztere sprichwörtlich geworden, gründet sich auf
das , was Sabbath 30b, 31a erzählt wird (cf. Jüdisch-deutsche Chrestomathie, p. 396 fg.).
243
anterscheidet , auch ingofem, als sich darin altdeutsche Wörter
erhalten haben, die das in Deutschland gebräuchliche Jüdisch-
Deutsch nicht kennt. In denjenigen Büchern, die in den letzten
50 Jahren gedruckt wurden, kommen auch — bald mehr, bald
weniger — polnische oder russische Wörter vor. Auch die in Hol-
land gedruckten jüdisch-deutschen Schriften gebrauchen — oft in
seltsamer Yerquickung mit deutschen Wörtern — holländische Aus-
drücke. Mit diesen Büchern haben die jüdisch-spanischen insofern
eine gewisse Analogie, als sie nicht in Spanien, sondern in Deutsch-
land (Wien) , Holland (Amsterdam) , Italien (Liyomo) und im Orient
erschienen, was eben mit zur Erhaltung der altspanischen Aus-
drücke beitrug (wie auch z. B. in der englischen Sprache , die in
America gesprochen wird , viele Wörter vorkommen , die in früherer
Zeit in England gebräuchlich waren , ebenso auch dort übliche Pro-
vinzialismen) , uild auch insofern , als die in der Levante gedruck-
ten Schriften (und natürlich auch die Sprache der dortigen Juden)
viele türkische Wörter enthalten. Eine andre Ähnlichkeit mit dem
polnischen Jüdisch-Deutsch hat das Jüdisch- Spanische insofern , als
Qoch jetzt Bücher in diesem Idiom erscheinen , wie gleicher Weise
in den slavischen Ländern tagtäglich jüdisch-deutsche Bücher er-
scheinen und die Sprache selbst dort gesprochen wird.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den jüdisch-deutschen
und den jüdisch-spanischen Büchern besteht aber darin, dass die
Sprache der letzteren — abgesehen von den altspanischen Wör-
tern — sich von der gewöhnlichen spanischen Schriftsprache wenig
oder gar nicht unterscheidet , wie denn auch gleichzeitig spanische
Bücher in spanischen (lateinischen) Lettern erschienen sind«
Wenn man in früherer Zeit (noch zu Anfang dieses Jahrhundierts)
ein jüdisches Wohnzimmer betrat, dann sah man an einer Wand des-
selben eine Inschrift unter Glas und Rahmen , welche das eine Wort
mtD (Miz'raoh, Sonnenaufgang) enthielt. Es war dieses die Ostseite
des Zimmers , also die Weltgegend , nach welcher man beim Haupt-
gebete das Angesicht hinwendet, weil Jerusalem im Osten liegt;
es war also das , was die Araber die !Kiblah (xLi) nennen , welches
Wort auch metonymisch gebraucht wird.
Jerusalem war aber auch die geistige ]@dblah, der Ort, wohin
244
sich stets die Gedanken richteten. Es sind die an den Weiden
Babylon's aufgehängten Harfen (Ps. 137), die immer wieder er-
klingen, es ist das »Wenn ich dein yergesse, o Jerusalem....",
das immer wiederkehrt , wie denn auch manche Gebräuche , auch
bei freudigen Anlässen, dazu dienen sollen, an den zerstörten
Tempel zu erinnern (O'mnb *1DT)' Jerusalem und der Tempel
bilden das Pathos der jüdischen Literatur , besonders der poetischen.
So tönt denn die Klage auch durch die heitere und freudige
Liturgie der Festtage; die schönsten Dichtungen und die rüh-
rendsten Erzählungen sind diejenigen, die sich auf jenes tragische
Ereigniss beziehen, wie denn auch alle Schriften mit dem Wunsche
oder dem Gebete um die Wiederherstellung des Tempels schliessen.
Alles das kehrt in der jüdisch-deutschen Literatur wieder, wie
denn auch das nj^^NIT HJ^^Nli ^^® Übersetzung einer Talmud-
stelle (Gittin , 56^ fg.) enthält , die von den traurigen Ereignissen
zur Zeit der Zerstörung des Tempels erzählt; auch die jüdisch-
spanischen Bücher enthalten Yieles dieser Art.
Der Araber , an welchem Orte der Welt er auch sei , verrichtet
seine Gebete , indem er sich nach der Gegend hinwendet , in
welcher Mekka liegt. Die Bestimmung der Kiblah ist also sehr
wichtig für ihn. So wird der Compass im Persischen und Türkischen
»Kiblahweiser" (&^l3 \Li) genannt, als ob die Hauptbestimmung
desselben wäre , die Kiblah anzugeben , wie auch im Arabischen
ein diesem Zwecke dienender Taschencompass ».jljß heisst. So
sagt auch Kazwtni (1, ^i, Z. 4 v. u.) von einem Sterne im Stern-
bild des kleinen Bären, dass man 'vermittelst desselben leicht .die
!^blah finden könne.
Der Unterschied zwischen diesem !^iblah-Nämeh und dem n*lTD >
das ja auch ein Kiblahweiser ist, ist aber der, dass sich mit dem
arabisch-persischen Ausdruck kein Gefühl der Sehnsucht verbindet ;
Mekka war und ist im Besitze der Araber. (Jnd so findet sich in den
arabischen Büchern nirgends der elegische Ton, der die gesammte
jüdische Literatur durchklingt. Die Araber sind ja nicht im Exil;
ein Land der Sehnsucht und der Hoffnung, ein goldnes Zeitalter
der Zukunft waren für sie nicht vorhanden.
Allerdings aber findet sich auch hier eine Literatur, die mit
245
der jüdisch-deutschen und der jüdisch-spanischen der Form wie
dem Inhalte nach Analogieen hat , nur dass sie weniger stark ver-
treten ist.
Es ist das die Literatur der Moriscos; die dahin gehörigen
Bücher sind in arabischer Schrift, aber in spanischer Sprache ge-
schrieben, bilden also eine spanisch-arabische Literatur. Wie im
Jüdisch-Deutschen und Jüdisch-Spanischen hebräische , so kommen
hier arabische Wörter, für Begriffe religiösen Inhalts, vor ^), theils
1) Aach in den jüdisch-spanischen Schriften kommen zuweilen arabische Wörter
▼or, nämlich spanische Wörter arabischen Ursprungs, z.B.:
»Alguazil" (portug. auch « AI vacir"), Beamter, als Übersetzung von *^t3tfi^» ▼o™ *^*"
bischen *:>lü^.
•Azeyte" (»aceite"), Oel, hebr. |pt£^, arabisch <i>a jiL
»Carmesi, carmesin", hebräisch y^lD» '^^tfi^ nS^lD» ^^^ • ^^^ arabische — aus dem
Indischen stammende — ^Ji , dieselbe Bedeutung hat das lautähnliche *?^p^3-
*Laud" (*Alaud"),span. »laud", portug. • alaude", türkisch Wj^, Laute, als Übersetzung
von ^^^, arabisch O^l.
•Oxala", wollte Gott! als Übersetzung von 5)|?, m^ ip. Gen., 17, 18; Num., 22, 29;
Deut., 32, 29, vom arabischen aU^ ^Lm ^I, so Gott will.
•Trugiman, Traguman", Dolmetscher , als Übersetzung von p^D» ^^^* 42,23 und
von nS» ^,4,16, arabisch -y t'^ ",
So kommt es auch zuweilen vor, dass in den Bibelübersetzungen das spanische
Wort * dem hebräischen ähnlich lautet oder doch eines Stammes mit demselben ist , so
z. B. *A9ote", Geissei, als Übersetzung von £5lt2^, arabisch Joy^\ ; »Alarze" (•Älerze"),
Ceder, hebr. pjjj, arab. •-!. In der jetzigen spanischen Schriftsprache bedeutet <rarce'\
Ahorn (lat. acer); »alerce" ist Lerchenbaum. _
»Alberca, Teich", hebr. HD"!?» arabisch äOJI.
• Albricia" (portug. #alvi9ara") frohe Botschaft, Geschenk für eine solche; davon:
»albriciar, albriciador", als Übersetzung von lt2^3, niltSD» lt£^DD> vom arabischen
/.Alcoholar'*, die Augen mit Stibium färben , als Übersetzung von D^nS» Ez., 28,40
• • •
(die auch in Ges. Thes. s. v. ^^'j angeführt wird), arabisch ^^^^ ; auch TJID, 2
Kön., 9, 30, wird mit »Alcohol" übersetzt.
»Almenara", Leuchter, hebr. nil^JD, arabisch »»Ui^
-»Batehas", Melonen (eine im jetzigen Spanisch ungebräuchliche Form), hebr. D'^HüS^
(Num., 11, 5), arabisch K^Ulu« • • -:
»Hnlano" (in der jetzigen Sprache »fulano^*, nach dem Dictionnaire der Akademie :
246
rein arabische, theils arabische mit spanischer Endung. Auch
diese Schriften gehören dem Gebiete der Beligion an.
Eines dieser Bücher führt den Titel: 9 Joseph Morgan, Maho-
metism fuUy explained. Written in Spanish and Arabick, anno
1603, for the instruction of the Morisoos in Spain by Mahomet
Babadan, an Arragonian Moor''.
Dieses Buch ist also die Übersetzung eines spanisch-arabischen'
Buches und nur die im Original vorkommenden arabischen Wörter
sind beibehalten worden, und zwar — wie im Original — trans-
scribirt, also in lateinischen Buchstaben, wiedergegeben.
Wie der Herausgeber,. Morgan, in der Vorrede sagt, kaufte er
die Handschrift im Jahre 1719 in Tunis (woselbst er englischer
Consul war). Geschrieben wurde dieselbe 1603 von einem der
Christianos nuevos, d. h. also von einem Morisco, der nur aus
Zwang und äusserlich ein Christ war. Die darin herrschende Sprache
enthält viele Ausdrücke aus dem Dialekte von Arragonien und
Valencia.
In der Vorrede des Verfassers, Babadan, klagt dieser über
die grausame Unterdrückung der Moriscos und erzählt , wie er mit
grosser Mühe aus den arabischen Schriften, die man aus Furcht
vor der Inquisition verbrannt oder versteckt gehalten hatte , sich
einige für seinen Zweck gesammelt und das Ganze in Verse ge-
bracht habe, damit dasselbe — entsprechend dem heiligen In-
halte — auswendig gelernt und so dem Gedächtnisse eingeprägt
werden könne ^). Es sei das aber um so noth wendiger, als in Folge
der fanatischen Verfolgung und Unterdrückung das arabische
»Voz con qae se sople al nombre de algana persona"), als Übersetxang von i^^p,Ratb,
4, 1, ar. Qji.
«Mesquindad'*, Armath, ah Übersetzung von H'I^^DD* I^^at., 8, 9; das spanische
• •
Wort ist gebildet von «mesquino", arab. {^j^Jk¥^^.
«Recamador*', Sticker, hcbr. Dp*i, arab. ^ . Das Zeitwort ?rird mit »broslar" über-
setzt.
«Ketama*\ Ginster, hebr. Djl^» arabisch xiä» — ^^^ so noch mehrere Wörter.
1) In einer Note sagt der Heransgeber , dass er in Tanis öfter einzelne Capitel dieses
Buches mit Begleitung von Guitarren oder Lauten singen gehört habe.
247
»Salah'' ^) Ydrgessen sei und nur ron Wenigen im Verborgenen ge-
betet werde, dass ebenso die Ausübung der religiösen Vorschriften
ausser Gebrauch gekommen und dass die moslemischen Alims ')
nirgends zu finden seien , da sie im Gefangnisse sich befänden oder
gestorben seien. Es sind das nur einzelne der Klagen (oder An-
klagen), die in dieser Vorrede erhoben werden.
Die Tersohiedenen Abtheilungen des Buches gehören dem reli*
giösen Gebiete an ; es findet sich dort eine Anzahl Legenden , unter
denen manche der oben angeführten hier mit kleinen Varianten
wiederkehren« E9 soll also hier nur das erwähnt werden, was
früher nicht yorkam.
Im 1. Capitel (p. 12 fg.) , das von der Erschaffung Adam's han-
delt, wird — ähnlich wie an der oben angeführten Midraschstelle —
die Hochzeitsfeier Adam's und Eva's geschildert* Der Engel Gabriel
wurde beauftragt , dieselbe yorschriftsgemäss , mit Festsetzung der
»Cidaque" ^) , feiern zu lassen und es sollten dabei die Engel als
» Algualis*' ^) fungiren. An den oben angeführten Midraschstellen
(Ber. B., B. 18; M. Tanchuma, I, 58^) heisst es, dass Gott den
Brautführer gemacht und die Era dem Adam zugeführt habe,
zugleich mit dem Spruche: »Heil dem Stadtbewohner, dessen
Brautführer der König ist" ((T^i'^^jy^jy iCbül H^'lpb "»I^Ü)-
Dann folgt die Erzählung vom Genüsse der yerbotenen Frucht,
mit einer langen Apostrophe des Erzählers über die unglückseli-
gen Folgen dieser Übertretung des Gesetzes, wie denn ähnliche
Exdamationen und Excurse auch sonst häufig yorkommen. Bei
der Vertreibung aus dem Paradiese ruft Adam Gott bei der
Glorie — vAlfadila" ^) — dessen an, der einst sein Nachkomme
sein werde (Mohammed, der überhaupt, wo es immer nur möglich
-.-^
1) Gebet, arabisch HjUo.
2) Span. Plaral von aiaJLc, Gelehrter, Schriftgelehrter; der arabische Plural heisst cLJU:
(daher Ulemas).
3) ^tjoid, das Geldgeschenk, das der Bräatigam bei der Hochseit der Braat (oder
der Neuvermählte seiner Frau) zu geben hat.
4) Plural von ^JjiK Freund; hier wohl Brautführer (aramäisch p^ttHt^»^**
zunächst «Freund^' bedeutet).
•«5) Arab. KLuCqÄÜ, Verdienst, Erhabenheit, Tugend u. s. w.
248
ist y mit in die Erzählnng yerflochten wird) , ihm zu yerzeihen —
aber yergeblich.
Als nun — heissi es weiter — nach der Vertreibung aus dem
Paradiese die erste Nacht yorüber war und der Morgen dämmerte j
da y errichtete Adam die beiden i^Aracas" ^), welche die Muslime yor
Tagesanbruch y errichten und die sie )» Anafiles de Alfachri'', Trom-
peten der Dämmerung ') , nennen. Diese Gebete yerrichtete Adam mit
leiser Stimme; als aber die Sonne in ihrem Glänze heryorbrach
und der Tag hell leuchtete , rief er laut und freudig: »Allah hu
akbar" 3) ^ worauf er zwei Morgengebete yerrichtete , und daher
stammt unser »Salaat el-Subbah" ^). Als er nun aber später sah , wie
die Tage immer kürzer und kürzer wurden, ward er yon einer
grossen Traurigkeit ergriffen , da er fürchtete , es würde bald yöUige
Nacht herrschen. Er blieb so 30 Tage , ohne Nahrung zu sich zu
nehmen, und daher stammt unser »Ramadan".
Das hier Mitgetheilte erinnert an die oben flüchtig erwähnte Tal-
mudstelle (Mischnah abodah zarah, I, 3, f. 8) an welcher es heisst:
Als Adam sah, wie die Tage immer kürzer und kürzer wurden,
fürchtete er , dass zuletzt nur Finsterniss herrschen werde ; als er
aber sah, dass bei der Bonnenwende die Tage wieder zunahmen,
setzte er acht Festtage ein , wie denn auch die heidnischen Ca-
lenden (des Januar) darin ihren Ursprung haben.
Im 2. Capitel wird u. A. erzählt, dass Gott dem Adam einige
Gesetze gab, die er auch seinen Nachkommen ans Herz legen
solle , so die gesetzlichen Abwaschungen ^) , das Gebot , die Eltern
zu ehren, den Nächsten zu lieben und Andres der Art.
1) Ar. otji5^JL Plar&l von Xj(f\, Gebet, verbunden mit Verbengang des Körpers.
2) »Aflftfil'* ist das spanische Wort für die maurische Trompete. »Alfachri" ist
y^V^t, Morgendämmerang.
3) -«y t «Dt (Gott ist am grössten). Mit diesen Worten beginnt auch der Mneddin
seinen Ruf zum Gebete (Boh&rt, I, ^^t),
4) ^SaaJI B^Ld, Frühgebet.
5) Hier werden die Worte des Originals angeführt: »Tahararais vuestros coerpos".
ah (hebr. ^TfÜ) ^^ ^^^ allgemeine Ausdruck für die gesetzlichen Reinigungen, deren
einzelne Arten von Bo|j&ri (I , f v , 0. , vt^ fg.) und A nderen ausführlich besprochen
werden.
J
249
Das 8. Capitel erzählt yon Noah. Der Engel G^ottes lehrte ihn ,
wie er die Arche bauen solle, Yon welcher es femer heisst, dass
sie am Tage 'AStLr^ ^), den 10. Moharram, auf einem Berge
stehen blieb.
Das 4. — 8. Capitel erzählt yon Abraham. Die Erzählung beginnt
ganz in der Weise epischer Dichtungen : »Ich will singen von ihm,
dessen übernatürliche Eigenschaften so bewundernswerth waren,
dass man sie für himmlisch hätte hielten können . . • ." Auch das
Folgende wird zumeist in epischer Breite erzählt, so zunächst die
bereits oben erwähnten Sagen. Hierauf wird erzählt, wie der König
yon Ägypten die Sarah, im G^lauben, sie sei Abraham's Schwester,
zu sich nahm , dann aber gezwungen ward, sie ihm zurückzugeben.
Darauf folgt die Erzählung, wie des Königs einzige , sehr schöne
und tugendhafte Tochter, Namens Hechera, (Hagar) ihren Yater
bat, sie mit Abraham und seiner Frau fortziehen zu lassen, wie
dann Sarah Abraham bat , die Prinzessin zur Frau zu nehmen und
wie, als Abraham zögerte, der Engel G-abriel ihm sagte, dass das
Gottes Wille sei , wie aber Iblts später die Eintracht zwischen den
beiden Frauen zerstörte.
Die hier zu Grunde liegende Tendenz findet sich an andren
Stellen deutlicher ausgesprochen. Bereits in der Yorrede erwähnt
der Yerfasser, dass manche Gläubige, irregeführt durch die Christen,
statt des Ismael den Isaak für den Gottgeopferten halten. Um nun
dem Ismael sein Recht zu yindiciren, wird hier (Cap. 7. 8) die Ge-
schichte yon Ismael's Opferung ausführlich erzählt. Nach einigen
1) Der Tag ^tj^iMle, an welchem sehr viele Ereignisse stattfanden, nnd der auch
mit dem jüdischen Versöhnangstage — 10. Tischri — in Verbindang gebracht wird,
kommt bei den arabischen Aatoren oft vor (cf. Pococke, Specimen bist. Ar., p. 301) ,
z. B. bei BohÄri (II. t**of; III, >*ÖA, M), bei Ihn el-Atir(I,ör), Birünt(p. ^w,
t*V*) and Kazwini (I, 1a), weiche beiden letzteren Aatoren bei der Anfzählong der
Monate aach die Jahrestage einzelner Ereignisse angeben. Aach der Talmad lasst oft ver-
schiedene Ereignisse aas verschiedenen Zeiten an einem nnd demselben bedeatangsvoUen
Tage stattfinden. Im Bache der Jabiläen (Ewald's Jahrbücher, III, 46) wird der
10. Tischri mit dem Verkaufe Joseph^s, der an diesem Tage stattgefunden haben soll,
in Zusammenhang gebracht, und ebenso der Ziegenbock, der am Versohnungstage
als Opfer dargebracht ward (Lev., 16, 9 fg.), mit dem Ziegenbocke »der beim Verkaufe
Joseph's vorkommt (Gten., 87, 31).
32
%0
nächtlichen Yisionen sagt Abraham, zu Hagar, dass er ein Opfer
darbringen wolle , nnd dass Ismael dabei zugegen sein solle. Hagar
ist damit einyerstanden. Als non Beide fortgehen , bittet sie Abra-
ham , reichliche Nahrung mitzunehmen , damit dem Einde ja Nichts
fehle, ftlr den Fall aber, dass es sich doch nicht wohlfühlen
sollte, gibt sie ihm zugleich ein kostbares Tuch mit, um seinen
Kopf damit zu umbinden; dann erfleht sie Gottes Schutz nnd
Segen für Beide. (GFanz dasselbe wird im S. hajaschar, 44^, yon
Isaak's Mutter Sarah erzählt).
Darauf folgt die Erzählung yon den yerschiedenen Yersuchungen
Satan's, und wie Ismael seinen Yater bittet, ihn doch ja fest zu
binden und seiner Mutter das Gewand — »Aljubba'* — ^), womit sie
ihn beim Fortgehen bekleidet hatte, als Erinnerung an ihn mitzu-
bringen; wie dann Abraham das Messer an Isaak's Hals ansetzte
und dabei die Worte sprach: »Bismillah! Allah hu akbar wa-
adima!" ^) Da aber — heisst es weiter — entstand ein gewaltiger
Aufruhr im ganzen Weltall; Erde und Himmel erbebten, die
Yögel flogen wehklagend hin und her , und auch die wilden Thiere
heulten und jammerten, die Engel aber flehten zu Gott um Er-
barmen. Darauf brachte — auf Gottes Geheiss — Gabriel dem
Abraham einen Widder, der bis dahin im Paradiese geweidet hatte
und sagte zu ihm; »Halt ein, Geliebter Gottes I Opfre diesen
Widder I" Zugleich wird erwähnt , dass die yerschiedenen Opfer bei
dem Wallfahrtsfeste zu Mekka eine Erinnerung an dieses Opfer sein
sollen, wie ebenso die Gebete zu den yerschiedenen Tageszeiten
an die Gebete Abraham's und Ismael's bei der Opferung — die
hier ihrer ganzen Länge nach mitgetheilt werden — erinnern
sollen.
Das 9. Capitel erzählt yon Isaak , wie Gabriel der Sarah die Ge-
burt eines Sohnes yerkündet und — als sie daraufhin laut lacht —
w >
1) «Aljabba" ist ein spaniBclies Wort, vom arabischen ^Ui^lit; das Wort kommt
fthnlich aach in andren Sprachen vor, wie aus Diez' WB. s. v. Giabba za ersehen ist.
S) .»^br^ yS\ 2(Ut ÄUt a-mo (Im Namen Gottes I Gott ist gross und machtig).
Bas M ^mmJ wird bei jeder Schiachtang eines Thieres gesagt — nach Snr., 3, 168;
6, 4; 6, 118; 22, 86. 87.
251
zu ihr sagt, dass ihr Sohn yon diesem Lachen seinen Namen
haben werde ^). Sarah — heisst es weiter — eilte zu Abraham ,
um ihm die frohe Botschaft zn bringen, Abraham aber, der ge-
rade Ismael in seinen Armen hielt, nahm die Kunde sehr kühl
und gleichgültig auf, indem er sagte : »Wenn Gott mir nur diesen
meinen Sohn Ismael am Leben erhält, so bin ich schon zufrieden
und Yorlange weiter Nichts".
So ausfuhrlich die Legende Yon Abraham und Ismael erzählt
wird, so flüchtig ist die Behandlung der noch femer erwähnten
Personen: Joseph , Moses, Josua, David, Salomon, Jonas und
Isa (Jesus)«
Mit Bezug auf Joseph wird erzählt (p. 188), dass , als er im
Gefängnisse war , der Engel Gabriel ihm erschien und ihm sagte ,
dass er — in Ermangelung des Wassers — die gesetzliche Waschung
auch mit Sand yollziehen könne. Daher — heisst es weiter —
stammt die Vorschrift , welche die heilige Sunna uns mit Bezug auf
das »Tayiunum" ^) gibt. Femer wird erzählt, dass Joseph die Heiden
zur Beschneidung und zur Yertheilung der ^Zaoah" ^) ermahnte.
Salomon's Thronentsetzung durch einen Dämon wird (p. 204 fg.)
nur flüchtig berührt. Darauf aber wird erzählt, dass er auf seinen Irr-
fahrten durch das Land eines Königs gekommen sei, dessen Tochter,
als sie ihn sah, in Liebe zu ihm entbrannte. Ihr Vater aber wollte
Yon dieser Mesalliance Nichts wissen und yerstiess sie. Beide,
Salomon und die Prinzessin , entflohen ; sie kamen auf ihrer Flucht
an das Meeresufer, wo einige Fischer ihnen aus Mitleid ein paar
Fische schenkten. In einem derselben fand Salomon seinen Bing ^)
und war somit wieder, was er früher gewesen«
1) Diese Namenserklärimg scheint jüdischen ürsprongs zu sein, da die arabische
Form des Namens, u^^Vjw!, kein derartiges Etymon bietet nnd «Lachen" (älc^USd
heisst. Aach die Commentatoren zum Kor&n lassen den Namen ohne etymologische
Erklänmg.
2) a.«jlj, die Reinigung mit Sand.
.8) 1^:, Flur, von hI^;, Almosen.
4) Dieser Ring — heisst es, p. 202, — enthielt, ein Dreieck bildend, in hebräischen
Buchstaben die Worte: «Alhamdulillahi Allahu achbar" (also ^) aJJt id! Ju^y
Gepriesen sei Grottl Gott ist am grössten).
252
In dem kabbalistischen Bncbe 'Emek ha-Melech (f. 14 und 108)
findet sieh eine dorehaus ähnliche Erzählung , die yoUständig yon
Eisenmenger (1 , 357 fg.) mitgetheilt wird. Ich habe in dem bereits
oben erwähnten Aufsätze in der ZDMG. (XXXI, 319, N. 37) diese
Erzählung erwähnt und die Yermuthung ausgesprochen , dass der
Verfasser des 'Emek ha-Melech, der längere Zeit in Palästina lebte,
dort diese Yolkssage arabischen Ursprunges gehört habe. Das hier
Mitgetheilte bestätigt nun diese Yermuthung.
Das 10. Capitel erzählt (p. 257 fg.) yon den Yorfahren Moham-
med's und dessen Genealogie bis auf Ismael zurück.
Der zweite Band gibt eine ausführliche Erzählung yon Moham-
med's Himmelfahrt und eine Beschreibung alles dessen , was er bei
dieser Gelegenheit sah. Darauf folgt die Schilderung des Tages
der Auferstehung. Es wird hier u. A. erzählt, wie die Menschen ,
angstyoU des Gerichtstages harrend , zu Adam gehen und ihn bitten ,
ihr Fürsprecher zu sein. Adam lehnt es ab und schickt sie zu
Abraham; yon diesem werden sie zu Moses, yon Moses zu Jesus
geschickt, und dieser sagt zu ihnen, sie sollten zu Mohammed
gehen , der der beste Fürsprecher sei. Mohammed nimmt denn auch
den Auftrag an. Alles das wird ausführlich auch bei Bo^äri(III,
lif und fvO erzählt.
In den hier und im Folgenden gegebenen Erzählungen sind es
zunächst die Wunder, die denselben für den Gläubigen einen
hohen Werth yerleihen (»das Wunder ist des Glaubens liebstes
Eind"); die Wunder bilden aber überhaupt die poetisch-zauberL
sehe Aureole dieser Sagen, die sich darin yon yielen andren Sagen
unterscheiden, dass bei letzteren Alles hübsch natürlich yor
sich geht.
Ein andres Erzeugniss der spanisch-arabischen Literatur wird
yon Gayangos (in seiner Übersetzung yon Ticknor's History of
Spanish Literature, lY , 247 fg.) nach einem MS. unter dem Titel
»Poema morisco aljamiado de Jos^ el Patriarca" mitgetheilt. Es ist
das also eine Dichtung, welche die Geschichte Joseph's und Zu-
leikha's behandelt, und aus welcher früher bereits Ticknor einige
Specimina mitgetheilt hatte. Wie schon das Wort aljamiado be-
sagt, ist auch dieses Gedicht in spanischer Sprache, aber mit
253
arabischer Schrift geschrieben i) ; es kommen aber auffallend wenig
arabische Wörter darin vor ^).
Gayangos bespricht ferner (p. 417 fg.) ausführlich die Sprache
und Literatur der Moriscos und yergleicht dieselbe mit der Sprache
der heutigen Juden an der Nordküste Africa's, in Smyma und
Constantinopel , welche — mit kleinen Yeränderungen — sich der-
selben Sprache bedienen, die zur Zeit ihrer Vertreibung (im 15.
Jahrhundert) gesprochen ward. Als Beispiel wird eine in Constan-
tinopel erscheinende jüdisch-spanische Zeitschrift »Aor IsraeF'
(wahrscheinlich ^{^'^JU^'^ *niN) Licht Israel's) angeführt, die, was
Sprache und Styl betrifft, dem Zeitalter Alfons' des Weisen an-
gehören könnte. Auch werden einige kleine, aber charakteristische
Specimina aus spanisch-arabischen Schriften (p. 327 fg., 421 fg.)
mitgetheiit , wie auch (p. 275. 422) einige Stellen aus dem Buche
Rabadan's in der Originalsprache.
Die G^eschichte Joseph's behandelt noch ein andres, 1888 er-
schienenes, Buch, betitelt: »Legendas de Jose, hijo de Jacob y
de Alejandro Magno, sacadas de dos manuscritos moriscos de la
Biblioteca nacional de Madrid , por S. Guill^n Robles". In diesem
Buche kommen neben den altspanischen auch sehr yiele arabische
Wörter vor, sowohl in ihrer ursprünglichen als auch in romani-
sirter Form. Sowohl die altspanischen als auch die arabischen
Wörter sind nur in den Anmerkungen gegeben , — d. h. die ara-
bischen Wörter nicht mit arabischen, sondern mit lateinischen Let-
tern , also transscribirt — ; der Text enthält die Übersetzung der
arabischen und die jetzige Form der altspanischen Wörter.
Die Darstellung der G-eschichte Joseph's, wie sie hier gegeben
wird, unterscheidet sich von der der arabischen (und persischen)
Autoren zunächst darin, dass das romantische Element vor dem
religiösen in den Hintergrund tritt und dass die Liebe zu Gott
eine weit hervorragendere Rolle spielt als die sinnliche Liebe ; so
werden femer die Scenen der Trauer und Klage besonders aus-
1) »Aljamia" — woyou valjamiado*' — heisst die bei den Moriscos gebräuchliche Misch-
sprache, wahrscheinlich von lf-4»^, vereinigen, verbinden.
2) In dieser Erzählang kommt auch (p. 248. 255 und sonst öfter) das altspanische
/rcatar'" för »sehen" vor, das sich auch in den jüdisch-spanischen Schriften zaweilen findet.
254
führlieh dargestellt , wie denn ein elegischer Ton das Ganze dnrdi-
klingt. Überhaupt aber wird Alles sehr nmstandlieh erzählt; der
Erzähler yerweilt mit Liebe bei seinem Gegenstande nnd kann sich
gar nicht Yon demselben trennen ; es ist, als hörte man die Ge-
schichten , die eine Grossmattor, znr Seite des wärmenden Ofens
in ihrem Armstahl sitzend, in der Dämmerstunde ihren Enkeln
erzählt. Zudem findet sich vieles yon den gewöhnlichen Sagen Ab-
weichende — wahrscheinlich yolksthümiiche Weiterbildungen der
ursprünglichen Erzählungen , wie sie bei den arabischen Autoren
vorkommen ^).
Die Legende von Alexander dem Grossen, welche auf diejenige
von Joseph folgt, hat, was Sprache und Schrift betrifft, dieselben
Eigenthümlichkeiten wie die letztere. Das MS. beginnt mit den
Worten : »Este es el libro del recontamiento'* (hier das gewöhnliche
Wort für Erzählung, Geschichte) idel rey Alixander''; darauf folgt
auf Arabisch die gewöhnliche Eingangsformel mit den Segnungen
für den Propheten, dann als zweiter Titel : »Quitab hadits Dulkar-
nain" (^^^^lSJüI ^3 v£>aJo v'-^)} ^^^ ^^' Herausgeber mit »Libro
de la historia de Dulkamain'* wiedergibt. Darauf werden der Reihe
nach die Uberlieferer dieser Erzählung angeführt ; eine Legende
kann man sie kaum nennen ; sie bezieht sich auf die Stelle Sur.
18, 82 — 98 , wo Gott zu Mohammed sagt , was er den Juden ant-
worten solle , wenn sie von ihm Näheres über Dü'l-iKamain zu er-
fahren wünschen. Es wird hier nämlich (p. 135 — 147) erzählt, wie
1) Auch in dieser Legende kommen manche Wortformen vor, die sich auch im
Jüdiaeh-Spanischen finden. Dahin gehört die — an einzelnen Stellen gebrauchte —
altspanische Form des Fatnram, eine Verbindung des Hilfszeitwortes «haben" mit
dem Infinitiv, wie sie auch in andren Sprachen vorkommt,soz.B.(p. 148): « Demos-
trart' he", (p, 207): «Tornarf he", (p. 2l6> »Allah ayudarnos ha" für: »Te demostrar^^
«te tornare'\ «Allah nos ayudarä". Im Allgemeinen aber kommen im Spanisch-Arabischen
weit mehr altspanische Wörter nnd Wortformen vor als im Jüdisch-Spanischen. Eine
Eigenthümlichkeit des ersteren Idioms ist die Nachbildung arabischer Redeweisen —
also Arabismen. Für «Bringet mir Wasser!" («Traedme ava" — letzteres i^t das ge-
wöhnliche Wort statt «agua" — ) heisst es im Original (p. 136) «Kommt zu mir mit
Wasser'^ («Venidme con ava""). Dieses Venidme con «. . . . ", das öfter vorkommt (p. 151.
154. 166 und sonst noch) entspricht dem arabischen s^ tc^Y^^ — ^^^ ^ Mehreres.
In den jüdisch-Spanischen Schriften findet sich Ahnliches bei Übersetzungen aus he-
bräischen Büchern, die sich Wort für Wort 'dem Texte anschliessen.
265
I
mehrere Juden Eintritt zu Mohammed verlangten ; als ihnen dieser
gewährt worden war , sagte er zn ihnen : »Ihr kommt , um mich
über die Geschichte PtL'l-i^amain's zu befragen P'' Als sie dieses be-
jahten, erzählte ei* ihnen nun diese Qeschichte (wie sie ähnlieh
im !Korän erzählt wird) , und auch wie ein Engel im Namen Gottes
dem Dü*l-]^amain den Auftrag gab y die ganze Welt zu durchziehen
und überall die Lehre Tom wahren Gotte zu yerkünden, und wie er den
Auftrag auch ausführte. Darauf gab der Prophet ihnen die Genealogie
Pü'l-!^amain's bis auf Rdm an, yon welchem die Christen abstam-
men Pollen, und dessen Genealogie er bis auf Isaak zurückführte ^ )•
Darauf sprachen die Juden die arabische Glaubensformel aus und
bekannten sich also zur Lehre des Propheten. Es wird hierauf —
aber nach andren Quellen — erzählt, wie Dü'l-l^amain in die yer-
schiedenen Städte und Länder zog und die Einwohner aufforderte,
an den einen Gott zu glauben, widrigenfalls er. sie mit Krieg
überziehen werde.
Darauf (p. 163 fg.) wird erzählt, wie Dü'l-i^rnain sich yomahm,
das Land der Finstemiss (^»Tierra de la escuridad'') aufzusuchen, in
welchem das Wasser des Lebens zu finden , und wie auf sein Gebet
Gott ihm den Engel DZayefil" sandte, der ihm Näheres über dieses
Land mittheilte. Er zieht nun mit einem Theile seines Heeres hin ,
bogleitet yon Aljadir >) und mit einem wunderbaren Stein yersehen ,
der das Dunkel erhellte. Als sie dort angekommen waren, zeigte
ihnen ein Engel die Quelle des Lebenswassers; DüU-ü^arnain trank
davon, worauf er mit seinem Heere weiterzog.
Darauf werden die Briefe mitgetheilt , die DüU-i^amain an ver-
schiedene Könige schrieb , in welchen Briefen er (zum Theil nach
^Voranstellen) die Allmacht Gottes preist und die Könige mit ihren
(Jnterthanen auffordert, sich von Satan (Iblts) , der sie zur Anbe-
*
tung fremder Gtötter verleitete, nicht länger verführen zulassen,
und nur an den einen Gott zu glauben, widrigenfalls er sie be-
1) B4in (^ Jb ^i^^ ^ (faclikomme Esau's genannt , von welchem die Römer (und
Grieclien) abBtammen sollen (Abü'l-Fid&, Hist. anteisl., p. 152. 168 ; J&küt s. v.
j^j, II. Alt, SchoUen zu Harirl. p. ftl, cf. ZDMG., XV, 143).
2) Mit »Aljadir", der schon früher (p 145) erwähnt wnrde. ist ohne Zweifel al-Hidr
(^^2a^) gemeint, der in der orientalischen Sage eine grosse Rolle spielt
256
kriegen werde. Die Briefe beginnen alle mit der arabischen Ein-
gangsformel und sohliessen mit den Worten : Es gibt keine Gewalt
und keine Macht ausser bei Gott, dem Erhabenen, Wunderbaren
(>No hay poder ni fuerza sino con Allah, el grande, el mara-
vüloso") I).
Femer wird erzählt, wie Qü'l-]^amein sich rüstete, um Darius
zu bekriegen. Als dieser hörte, dass Pü'l-]^amain auf einem Zug
gegen ihn begriffen sei, schrieb er ihm einen Brief, der mit den
Worten anfing: »Yen Darius, dem Könige der ganzen Erde, der
da leuchtet wie die Sonne, an den Räuber pü'l-]^amaiu und seine
Genossen" und ebenfalls mit den Worten schloss: )»Es gibt keine
Gewalt und keine Macht ausser bei Gott". In diesem Briefe gibt
er pü'l-]S[amain den Bath, in sein Land zurückzukehren, statt andre
Länder erobern zu wollen, weil es ihm sonst schlecht ergehen
werde. Es wird darauf die Antwort Pü'1-l^main's mitgetheilt, in
welcher er zunächst Gott lobpreist und dann sagt, dass er mit
Gottes Beistand den Darius besiegen werde.
Hierauf wird — nach einer andren Mittheilung — erzählt,
dass Darius an Pd'l-!^amain mit Sesam gefüllte Säcke schickte,
femer eine Eiste yoU Gold , eine Bruthenne und einen Rubin >)•
In der — ebenfalls mitgetheilten — Antwort Dti'l-i^amain's sagt
derselbe im Einzelnen, dass er alle die ihm zugesandten Dinge als
Vorzeichen betrachte, dass Gott ihm den Sieg yerleihen werde,
und dass er als Gegengeschenk ihm gleichzeitig einige Säcke mit
Senf schicke. Darauf nimmt DüU-l^amain vor den Gesandten einige
Sesamkömer in den Mund und zerkaut sie, indem er sagt, er hoffe,
dass er mit Gottes Hilfe ebenso das Heer des Darius yemichten
werde.
Eine ähnliche, aber deutlichere, Darstellung dieser symbolischen
Correspondenz findet sich bei Ibn el-Attr (I, IIa), woselbst erzählt
wird, dass Alexander's (oder Dü'l-J^amain's) Yater dem Darius (Dkri)
einen jährlichen Tribut zahlen musste, der aus einem goldnen Ei
1) Die Worte: «Eb gibt keine Gewalt and keine Macht ausser bei Gott*' etc. sind
Übersetzung des Spruches «jy^t Jjiit aJJL "^t vjS ^^ \> 1i, der namentlich
bei traurigen Ereignissen ausgesprochen wird.
2) Im Texte »rubf*, im Original »alyacuta**, das arabische O^d^i.
J
257
bestand. Als Alexander zur Regierung gelangte , weigerte er sich ,
den Tribut ferner zu entrichten. Darauf schickte ihm Darius einen
Ball mit einem Schlägel ^) sowie einen Sack mit Sesam und zu-
gleich einen Brief, in dem er zur Erklärung schrieb j er sei noch
ein Knabe , für den es sich besser zieme, Ball zu spielen, und dass
er es zu bereuen haben werde, w6nn er den Tribut nicht zahle,
weil alsdann Darius mit einem grossen Heere (was der Sesam an-
deuten sollte) ihn dazu zwingen werde. Alexander antwortete ihm
hierauf , dass er Schlägel und Ball als gute Vorzeichen betrachte ,
dass er den Darius besiegen werde ; zugleich schicke er ihm einen
Beutel mit Senf, um ihm damit zu sagen, dass, wie der Senf
schärfer sei als der Sesam ^ aach sein Heer tapfrer sei als das des
Darius. Nach einem andren, yon Ibn el-Attr angeführten , Berichte
hatte Darius Leute geschickt, die den Tribut erheben sollten;
Alexander liess ihm aber die Antwort bringen, dass die Henne,
welche bis dahin das Ei gelegt, geschlachtet worden sei.
Es wird hierauf Ton der Schlacht erzählt, die zwischen dem
Heete des Dü'l !^arnain und dem des Darius stattfand. Als die
Ferser in der Umgebung des Darius sahen, wie Dü'l-iKamain immer
stürmischer vordrang, tödteten sie den Darius, Dü'l-l^arnain , der
das von Weitem gesehen , "eilte hinzu. Als er sah , dass noch Leben
in Darius war , legte er , yon tiefem Mitleid ergriffen , dessen Haupt
in seinen Schoss , und sagte zu ihm , dass er , wenn er wieder
genesen werde, Nichts von all dem yerlieren solle, was er
besessen , und dass er (p^'l-]B!arnain) , wenn er seine Mörder aus-
findig mache, sie tödten lassen werde. Als Darius diese Worte
yemahm, weinte er heftig s) und P^'l-!Karnain weinte mit ihm.
Darauf nahm Darius die Hand Dd'l-iKarnain's , legte sie auf seine
Brust und sagte zu ihm, dass er den herannahenden Tod fühle,
dass Pü'1-Kamain für seine Bestattung Sorge tragen möge und dass
er für seine Mutter , seine Schwester und seine Frau sorgen solle ,
1) Beim Maillespiel zu Pferde gebraucht, welches Spiel bei den Persem sehr be*
liebt war, wie denn aach der Schlägel (^ÜT^^) bei Häfiz oft als Bild vor-
kommt. Im Pseado-Callisthenes (ed. C. Müller, p. 40) schickt Darios eine Peitsche ,
einen Ball und ein Kistchen mit Goldmünzen, um die Heimreise zu bestreiten.
2) «llor6 Uoro muy fuerte" — eine dem Arabischen nachgebildete Aasdrucksweise.
33
258
als wären sie die Seinigen und dass er seine Tochter, Namens
»Baxik", das ihm liebste seiner Kinder, zur Frau nehmen solle.
Dü'l-l^amain zog seine Hand nicht hinweg, bis Darios todt
war. Dann liess er ihn mit königlichen Ehren bestatten und gab
in allen persischen Landen kund, dass Gott ihn zum Herrscher
über dieselben gemacht und dass er sie eben so mild behandeln
werde , wie Darius es gethan. Er liess sodann ausrufen , dass er die
Mörder des Darius erhöhen Werde ; als diese sich gemeldet hatten ,
sagte er zu ihnen , ihre Erhöhung solle darin bestehen , dass man
sie an den Galgen hängen werde, was denn auch geschah. Darauf
schrieb Dü'l-iKamain an die Mutter des Darius alles Vorgefallene
und dass er den Wunsch des Darius erfüllen und auch seine Toch-
ter Raxik zur Frau nehmen wolle. In ihrem Antwortschreiben
preist die Mutter des Darius den ptü'l-!Kamain und meldet ihm
zugleich, dass Darius' Tochter Gott dafür danke, dass Dü'l-!Kar-
nain sie zur Frau gewählt.
Es werden auch (p. 221 fg.) mehrere Briefe P&'l-!Kamain's an
Aristoteles mitgetheilt , in denen er erzählt , was er Alles yoUbracht
und was er Alles gesehen. In dem ersten derselben schreibt er ihm ,
wie er in das Land der »Torchamenin" gekommen sei und Ton
den Fragen, die er an die dortigen Gottesgelehrten (t^Teologos",
im Original: »Los del saber Allah") gerichtet habe, und wie sie
dieselben beantwortet '). Ferner wird erzählt , wie Dü'l-iKarnain in
das Land der Frauen kam, an deren König »Baueris" er schrieb,
und wie sie ihm hierauf reiche Geschenke brachten, was er wie-
derum an Aristoteles berichtete. Es wird auch (p. 279) die Antwort
des Aristoteles mitgetheilt, die ebenfalls mit den Worten: }»En el
nombre de Dies demente y misericordioso" beginnt.
1) Auch in den jüdisclien Schriften ^Thamid, 82a; Bereschith R., S. 88; M.
Tanchnma, ed. Buber, lll, 44^; Josippon, ed. Breithaupt, p. 126) wird erzählt,
dass Alexander nach den Bergen der Finsterniss sowie nach dem Lande gezogen
sei, das nur von Frauen bewohnt gewesen. Auch unter den Fragen, die an der
Talmudstelle Alexander, an die Weisen des Südens richtet, ob das Licht früher da
gewesen sei, oder die Finsterniss, ist eine, die ähnlich so unter den Fragen an die
'Torchamenin'" (p. 225) vorkommt, ob nämlich die Nacht dem Tage vorhergehe oder
umgekehrt. Letztere Frage , sowie die , ob die rechte oder die linke Seite die vorzügli-
chere sei, und andre in der Legende vorkommende, richtet auch im Pseudo-Callisthe-
nes (p. 100) Alexander an die Gymnosophisten , und ebenso bei Josippon (p. 129).
259
Der Schluss dieses Briefes enthält die Ermahnung, pd'l-1S[!amain
solle Gott dankbar sein für all das Gute, das er ihm erwiesen
und auch ferner ein gottgefälliges ![ieben führen, wofür er in
jenem Leben seinen Lohn finden werde ') , auch nicht auf mor-
gen yerschieben , was heute geschehen könne. Darauf folgt der
Wunsch, dass das Heil und die Gnade Gottes ihm zu Theil wer-
den möge ^).
Am Schlüsse der Legende wird erzählt, dass Pü'1-l^arnain im
heiligen Lande den Tod gefunden und dass er kurz vor seinem Tode
an seine Mutter einen Brief geschrieben habe , in dem er sie gebe-
ten , bei der Nachricht von seinem Tode alle Frauen der Stadt zu
einem Gastmahle einzuladen, woran aber nur solche Theil nehmen
sollten , die nie den Verlust eines Verwandten zu beklagen hatten.
Als nun seine Mutter diesen Wunsch erfüllt hatte und dann den
eingeladenen Frauen diese Bedingung mittheilte , wollte keine Et-
was gemessen. Als sie dieselben nach der Ursache fragte , antwor-
teten sie; )»Bei Gott, o Herrin! keine ist unter uns, die nicht
schmerzgebeugt wäre.'' («IPor Allah !f oh nuestra sefiora ! no hay
de nosotros que no sea dolorosa".) Sie ersah daraus , dass ihr Sohn
die Absicht gehabt, sie auf diese Weise zu trösten, und sie sagte
das auch den rersammelten Frauen ^).
Die Legende schliesst mit den Worten: »Loor d Dies, Sefior
del universo , y la salud sea con nuestro Sefior Mahoma ^) , sello
de los profetas y enviados, y con su familia y con todos sus
compaüeros, salvaciön integra".
1) »y esta es la obra bnena que td habras para ta otra vida"; statt des letzteren
Aosdracks heisst es im Original «Alajira", das arabische Sf^^t,
2) »y la salad sea contigo y la misericordia de Dios, ensalzado sea"; der letztere
Zusatz entspricht dem v^Lsü, das in den arabischen Schriften gewöhnlich dem Worte
«Ut hinzagefügt wird.
3) Dieser Brief Alexander^s an seine Matter findet auch bei andren Autoren Er-
wähnung (cf. ZDMG., XLII, 276); er wird ebenso in Ihn Palquera's |i;|in "»"l^i and
im jüdisch -deutschen Simchas hanefesch angeführt (Jüdisch-deutsche Chrestomathie,
p. 242 fg.).
4) »Unser Herr" (UAx^m) wird in all dergleichen Eingangs- und Schlussformeln
dem Namen Mohammad's hinzugefügt.
260
Früher als diese beiden Legenden yon Josepli und Alexander
d. Gr. ist in den Jahren 1885—1886 eine andre derartige Sammlung
(in drei Bänden) erschienen, unter dem Titel: vLeyendas Moriscas
sacadas de yarios manuscritos existentes en las Bibliotecas nacional,
real y de D. P. de Gayangos, por F. Guill^n Robles". In der
Yorrede (I, 10) sagt der Herausgeber, dass diese Legenden bei
den unglücklichen Moriscos den alten mohammedanischen Glauben
neu belebten, ihnen Trost und Erhebung gewährten durch den
Rückblick auf die Tage yergangener Herrlichkeit sowie durch die
hoffnungsreiche Aussicht auf eine zukünftige Wiederherstellung der
alten Glorie. Im weiteren Verlauf gibt derselbe (p. 54—61) einen
Auszug aus einem zu dieser Literatur gehörigen Buche, der eine
nähere Beschreibung der sieben Himmel enthält. Darauf folgt aus
einem andren Buche die Schilderung des Paradieses sowie (nach
Sur. 15, 44) der sieben Pforten der Hölle , d. h. der Pforten , durch
welche die Verdammten , je nach ihren yerschiedenen Sünden , ein-
treten , wie denn z. B. (nach Sur. 4 , 144) für die Heuchler ^) die
siebente Pforte bestimmt ist. Femer werden (p. 71 fg.) gewisse
Punkte des muslimischen Glaubens heryorgehoben , so die Erzählung
yom Fall Satans. Dieser hiess ursprünglich »Hdreth'' (Brüter) ^) , weil
er die Schätze des ersten Himmels bewachte, wie er auch sonst
Vorgesetzter der (rinn war, wodurch er stolz und hochmüthig
wurde. Um ihn zu demüthigen, schuf Gott Adam. Als die Engel
aufgefordert wurden, diesem zu huldigen, weigerte sich »Hdreth",
indem er sagte, dass er aus edlerem Stoffe erschaffen worden sei
als Adam und auch überhaupt äinen höheren Rang einnehme.
Darauf wurde er aus dem Himmel yerjagt, wobei zugleich die
Engel feurige Felsstücke auf ihn schleuderten. Seit jener Zeit führt
er die Namen: i>Iblis" (der Verzweifelte), T>Schaitan" (der Ver-
1) Im Original »MDuafikin" (^^jNJidLu«). Dieselben Namen för die 7 Abtheilangen
der Hölle finden sich auch bei Baidftwi za Snr. 16, 44, sowie bei Pococke, Notae
misc., p. 289.
2) Wahrscheinlich v£:^L5>, das bei Baid^wt (za Snr. 7, 3 91) nnd bei Ibn el-At!r
(1, n^ als Name des Iblis vorkommt. Das Wort bedeutet aber keineswegs «Hüter";
es scheint dieses eine Verwechslung mit {j*^y^t «Hüter", zu sein.
261
leumder) , und wird er auch v Arraohim^' (der Gesteinigte) genannt ^).
Auch bei Ibn el-Attr (I, ti) heisst es, dass Iblts, der früher
^Azäztl (J^;tic) >) hiess, das Oberhaupt derjenigen Engel war, die
Ginn (^^) genannt wurden , weil sie die Wächter des Paradieses
waren (ifl&- Xij^ q« jJU^) , und da er auch einer der mächtigsten
war, so wurde er hochmüthig, und darum sagte Gott zu den
Engeln (Sur. 2, 28) : »Ich werde auf der Erde einen Stellrertreter
QkstA^) einsetzen" ').
An einer andren Stelle der Vorrede (p. 78) heisst es , dass die
mol^iammedanischen Theologen das Verbot des Weines davon her-
leiten , dass Gott zwei Engel , »Härüt" und »Märüt", um ihre Stand-
haftigkeit zu erproben, nach Babylon schickte, woselbst sie als
Richter fungirten. Da erschien Yor ihnen eine Frau von überna-
türlicher Schönheit, die ihren Mann anklagte. Obschon sie Unrecht
hatte, sprachen die beiden Engel das Urtheil zu ihren Gunsten,
worauf sie dieselben zu einem reichen Mahle einlud, bei dem auch
der Wein nicht fehlte. Vom Weine trunken, entbrannten sie in
Liebe zu ihrer Wirthin, der früheren Clientin. Diese versprach,
ihnen zu Willen zu sein , wenn sie ihr vorher das Wort mittheil-
ten, vermittelst dessen sie zum Himmel emporstiegen. Als sie das
Wort erfahren hatte, flog sie zum Himmel empor, woselbst sie zur
Belohnung ihrer Tugend von Gott in den Morgenstern verwandelt
9»
1) y^^uJbi wird anch bei Lane, 8. v. jj#J^, von [jmSJ* *he despaired, gave ap hope
abgeleitet. -} ^ /^ -■ wird u. A. von i^-s-vw , »entfernt sein" (vom Guten oder von
Gottes Gnade) hergeleitet, so bei den Commentatoren za Sar. 2, 13. Die Erklärung
mit «Verleamder" würde zu ly*»^^ besser passen, da dieses — nach Geiger — das
gr. it^ßoÄ.oQ ist. j«^k:>Jt, «der mit Steinen Vertriebene", anch «der Verflnchte*'*, kommt
oft als Epitheton neben .-.ij^/iv- vor.
2) Nach Reland (Gesen., Thes., p. 1012h, s. v. b]f^'}y) ist dieser Name jüdisch-
christlichen Ursprungs.
3) Bei Ibn el-Atir heisst es ferner, dass Gott eine Schaar Engel erschuf, zu denen
er sagte , sie sollten sich vor Adam niederwerfen ; da sie das nicht thaten , verbrannte
er sie. Dasselbe geschah mit einer zweiten Schaar. Eine dritte Schaar aber mit Aus-
nahme des Iblis entsprach der Aufforderung. Ahnlich heisst es im Talmud (Sanhedrin,
88h), dass Gott eine Schaar Engel um ihre Meinung mit Bezug auf die Schöpfung
des Menschen befragte. Sie sprachen sich — unter Anführung von Ps. 8, 5 — da-
gegen ans; da verbrannte sie Gott. Dasselbe geschah mit einer zweiten Schaar. Die
dritte Schaar sagte: «Dir gehört die ganze Welt; thue was dir gut dünkt".
262
wurde. Die beiden Engel aber, — die überhaupt nicht mehr in
den Himmel zurückkehren konnten — wurden yon G-ott in einem
Brunnen zu Babylon angekettet , woselbst sie ihre Zeit damit yer-
bringen, dass sie Unterricht in der Zauberei geben.
Derselbe Vorfall wird an einer von mir (ZDMG., XXXI, 227)
aus Joh. Cantacuzenos angeführten Stelle als Grund angegeben,
weshalb Mohammad das Weintrinken yerbot.
Unter den im Buche selbst rorkommenden Legenden sei zunächst
die Yon Job erwähnt: vLa estoria y recontamiento de Ayub, de
BUS pruebas y de su paciencia" (p. 225 — 263). Diese Legende —
wie auch die andren, in derselben Sammlung enthaltenen — ist,
was Form und Inhalt betrifft, den beiden früher erwähnton von
Joseph und Alexander d. Gr. durchaus ähnlich. Es ist überall
dieselbe Breite der Darstellung, die aber, trotz der damit ver-
bundenen Länge nie langweilig wird, da die durchaus vorherr-
schende dialogische Form, die eben zur Verlängerung beiträgt, an-
drerseits dramatische Lebendigkeit und spannende Abwechselung in
die Erzählung bringt. Ebenso sind es überall dieselben volksthüm-
lichen Ausschmückungen und Weiterbildungen der ursprünglichen
Sagen. Auch die Ausdrucksweise ist immer dieselbe; nur gehört
die Sprache der verschiedenen Legenden verschiedenen spanischen
Dialekten an, in Folge dessen einzelne Abweichunjgen in den Wort-
formen und der Orthographie vorkommen.
Im ?orän (Sur. 21, 83 fg.; 38, 40 fg.) wird Job — wie auch
andre Personen — nur flüchtig und gelegentlich erwähnt. Seine
Geschichte wird erst von den späteren Autoren erzählt. So heisst
es bei Ibn el-Attr (I, i* fg.), dass Job ein sehr gottesfürchtiger
und frommer Mann war, und dass Gott ihm Alles gewährte ,
um das er ihn bat. Das verdross denn Iblts , und um Job zu ver-
suchen , bat er Gott um die Erlaubniss , ihn an Hab und Gut zu
schädigen (bei dessen Erzählung zugleich im Einzelnen darge-
legt wird, worin Job's grosser Reichthum bestand). Als dem Iblts
das gewährt worden war, berief er die, ""Ifrtt (c;;^Läs) genannten,
Dämonen und trug ihnen auf, Job's ganzes Besitzthum zu ver-
nichten, was sie auch thaten. Job aber fuhr fort, Gott zu lob-
preisen und ihm zu danken. Als Iblts sah, dass Job bei seiner Fröm-
263
migkeit beharrte, bat er Oott^ ihm Macht über seine Kinder zu yer-
leihen. Nachdem ihm auch dieses gewährt worden war , Hess er alle
Kinder Job^s umkommen und ging dann selbst in Menschengestalt
zu ihm , um es ihm mitzutheilen. Als Job die Trauerknnde yer-
nahm , weinte er sehr und streute Asche auf sein Haupt , worüber
sich Iblts freute. Bald aber bereute Job, was er gethan, und bat
Qott um Yerzeihung. Als Iblts sah , dass Job bei seiner Frömmig-
keit beharrte und sein Unglück mit Geduld ertrug, bat er Gott,
ihm über seinen Körper Macht zu Yerleihen. Nachdem ihm auch die-
ses gewährt worden war, blies er in seine Nase, wodurch sein
Körper entzündet und zugleich yon Würmern erfüllt ward. Darauf
wurde er yon der Elephantiasis ((»^iA:>) befallen, und zudem yer-
breitete sein Körper einen so üblen Geruch, dass die Bewohner
des Ortes ihn nöthigten , sich aus demselben zu entfernen. Er that
das auch und nahm seinen Aufenthalt auf «einem Kehrichthaufen.
Niemand kam in seine Nähe, seine Frau ausgenommen, und so
blieb er auf dem Kehrichthaufen sieben Jahre lang. Eihes Tages
sagte seine Frau zu ihm , er solle Gott um seine Genesung bitten ;
da antwortete ihr Job: vWir haben 70 Jahre lang im Glücke
gelebt; sollten wir nicht das Unglück 70 Jahre lang in Geduld
ertragen ? Wenn ich yon meinen Leiden befreit sein werde , werde
ich dir hundert Hiebe geben". Andre sagen, er habe ihr diese hun-
dert Hiebe bei einer andren Gelegenheit yersprochen. Iblis war
nämlich zu Job's Frau gekommen und hatte ihr gesagt, dass, wenn
sie ihn anbeten werde , sie alles Yerlorene wieder erhalten würden.
Sie antwortete, sie müsse zuerst ihren Mann befragen. Als sie das
gethan, sagte Job zu ihr: »Siehst du denn nicht, dass das ein
Werk Satan's war? Wenn ich genesen werde, werde ich dir
hundert Hiebe geben. Jetzt aber gehe und lass dich nicht mehr
yor mir sehen I Ich will Nichts yon deinen Speisen und Geträn-
ken — geh' mir nur aus den Augen I" Als sie nun fortgegangen
und Job allein war , ohne Speise und Trank und ohne einen Freund ,
da sagte er (Sur. 21, 83): >0 Herr, das Unglück hat mich schwer
getroffen; du aber bist der Allerbarmer". Darauf ward ihm die
Antwort: »Erhebe dein Haupt; dein Gebet ist erhört. Stampfe mit
deinem Fusse auf die Erde , (und in dem daraus heryorsprudelnden
264
Wasser) bade dich und trinke^'. (Nach den Commentatoren z. St.
waren es- zwei Quellen : die eine warm zum Baden , die andre kalt
zum Trinken). Und so gab ihm Gott seine frühere Gestalt und seine
Gesundheit wieder.
Seine Frau aber hatte in ihrer Abwesenheit zu sich selbst ge-
«
pagt: »Wie kann ich meinen Mann allein lassen? Er wird Hungers
sterben , oder die wilden Thiere werden ihn zerreissen". Als sie nun
zurückkehrte , sah sie an der gewohnten Stelle einen (wie sie glaubte)
ihr fremden Mann. Zu diesem sagte sie: »Diener Gottes (Juc ^j
aJÜt), weisst du nicht, wo der Mann ist. der früher immer hier
war ?" Job gab sich ihr nun zu erkennen (nach einer andren Ver-
sion erkannte sie ihn an seinem Lächeln) , worauf sie ihn umarmte»
Gott befahl hierauf dem Job , einen Palmzweig mit hundert Blättern
zu nehmen und seine Frau einmal damit zu schlagen, damit er
seinen Schwur erfülle, was er auch that. Auch gab ihnen Gott
ihr ganzes Yermögen wieder und der Frau Job's zugleich ihre
Jugend, und sie gebar 26 Kinder. Danach lebte Job noch 70
Jahre.
An der !^!oränstelle (Sur. 38, 43) sagt Gott zu Job : »Nimm in
deine Hand ein Bündel (Reiser, wie die Commentatoren erklärend
*
hinzufügen) und schlage sie (deine Frau) , damit du nicht meineidig
wirst^'. Dazu bemerkt Zamahäart (und kürzer Bai44wt), dass Job's
Frau ein Mal fortgegangen war und erst sehr spät zurückkehrte ,
worauf er schwur , ihr nach seiner Genesung hundert Streiche zu
geben. Andere sagen , die Yeranlassung zu diesem Schwur sei eine
andre gewesen. Sataii hatte nämlich zu ihr gesagt, dass, wenn Job
Wein trinke er gesunden werde, was sie alsdann ihrem Manne
y erschlug. Nach einer noch andren Meinung hatte Satan zu ihr
gesagt, sie solle ihn anbeten, auf welchen Yorsohlag hin Job
schwur, ihr hundert Streiche zu geben. Dadurch nun, dass Gott
zu Job sagte, er solle sie mit einem ganzen Bündel Beiser ein-
mal schlagen , wurde der Schwur gehalten , ohne ihr wehe zu thun.
In der obigen Legende Yon Job wird nun erzählt , dass er ein
sehr gottesfürchtiger , aber auch ein von Gott geliebter Mann war ,
wie denn Gott ihm auch yiele Güter dieser Welt (die im Einzelnen
aufgezählt werden) gegeben hatte. Yon diesen gab Job sehr yiel an
265
die Wittwen und Waisen ') , die Armen und Dürftigen. Wenn er
die Armen speiste, forderte er sie zugleich auf, Gott dafür zu
danken. Hierauf wird im Namen Yerschiedener Uherlieferer bis zu
Ibn ^Abbäs ^), der es von dem Propheten gehört, Folgendes er-
zählt. Als die Engel, welche die Handlungen der Menschen auf-
schreiben, eines Tages yor Gott erschienen, war auch Iblts, der
Verfluchte ^), unter ihnen. Gott fragte ihn: »Woher kommst du?"
Iblis antwortete : »Du weisst es wohl , o Herr , dass ich die Erde
durchstreife, um deine Diener zum Bösen zu yerführen". Darauf
erwähnte Gott die Frömmigkeit und Staudhaftigkeit Job's und dass
diesen zu yerleiten, ihm nimmer gelingen werde. Iblts antwortete,
Job's Frömmigkeit sei kein Wunder, da er mit allen Gütern ge-
segnet sei; Gott solle ihm nur Macht über sein Hab und Gut
geben , dann werde Job ihn yergessen ^). Als Iblts diese Erlaubniss
erhalten hatte, entfernte er sich yoller Freude. Darauf berief er
die Scharen der übrigen Dämonen , die im Osten und die im Westen ,
die in der. Tiefe und die in der Höhe, die zu Meer und die zu
Lande, und sie waren im Augenblicke da erschienen, schneller als
man das Auge öffnet und schliesst. Darauf theilte ihnen Iblts mit ,
dass Gott ihm die Macht über Job^s Yermögen verliehen und for-
derte sie auf, mit dem Hauche ihres Mundes seine Heerden und
Hirten zu yerbrennen. Als sie das gethau hatten, ging Iblts in
Gestalt eisLes seiner Hirten zu Job und erzählte ihm das Vorge-
fallene. Job aber sagte: »Gepriesen sei Gotts)! der mir das
wieder genommen , was er mir gegeben hatte. Er will, dass ich keine
Güter besitze, um ihm um so eifriger zu dienen". Iblts entfernte
sich traurig und zornig ; er berief abermals seine Scharen und trug
1) «gü^rfanos" — diese Form, statt »huerfanos", kommtin dieser Legende Öfter vor
(z. B. p. 236. 246), ebenso (p. 240. 246) «güesos" (Knochen) statt «baesos". Beide
Formen sind auch im Jüdisch-Spanischen üblich (auch als Übersetzung von Q^H^
und D^J?)-
2) Im Original mit dem Zusätze: »contentese Allah de todos ellos" (Gott sei
mit ihnen allen zufrieden), entsprechend der Formel %l^^ M . c^y
3) »el maldito^\ an andren Stellen (z. B. p. 227) »malann" = iMytlL^.
4) Im Original ist das oben Erzählte ein Dialog zwischen Gott und Iblis, den ich
aber — wie an vielen andren Stellen — nur dem Inhalte nach wiedergegeben habe.
6) «Las loores son & Allah'*, — entsprechend dem arabischen aU iA^^*
34
268
Leiden ihres Mannes gehört und sei gekonuQ.en, um ihn yon
denselben zu befreien. Auch habe er ein heilendes Getränke
mitgebracht, das Job, zugleich mit etwas Wein, trinken solle;
dann solle er einen Yogel schlachten, ohne dabei Gottes Na-
men zu erwähnen, ausserdem aber sich mit Schweinefett ein-
reiben. Als Job's Frau das ihrem Manne mitgetheilt hatte, sagte
er: »Dich hat Iblts getäuscht — verfluche ihn Gott! O Bahmah,
wenn Gott mir die Gesundheit wiedergibt, werde ich dir hundert
Hiebe geben. Weisst du denn nicht , dass , als dein Ahn Joseph
im Gefangnisse war, Gott ihn befreite? Und so glaube ich, dass
Gott in seiner Barmherzigkeit auch mich yon meinen Leiden be-
freien wird".
Als Iblts dies hörte , entfloh er sehr traurig und mit schwarzem
Angesichte. Möge Gott sein Angesicht im Feuer schwärzen I ^)
Bald darauf ging Iblts zu den Leuten des Ortes, in welchem
Job wohnte — und zwar in der Gestalt eines denselben wohlbe-
kannten weisen Mannes — und sagte zu ihnen, sie sollten Job
nicht länger in diesem Orte dulden, sonst würde Gott sie mit den-
selben Plagen heimsuchen. Als nun Bahmah zu den Leuten des
Ortes kam, um für Job um Speise zu bitten, sagten sie zu ihr:
»Bringe deinen Mann nach einem andren Orte, damit uns seine
Krankheit nicht befalle". Als Bahmah nach Hause gekommen war ,
erzählte sie das ihrem Manne und dann sagte sie zu ihm: »0 Job!
Ich will dich nach einem Dorfe der Kinder IsraePs bringen; sie
werden yielleicht mitleidiger sein als unsre Nachbarn". Job ant-
wortete: »Gott gebe dir dafür die beste der Belohnungen !" Darauf
nahm sie ihn auf ihre Schultern .und trug ihn nach einem Dorfe
der Kinder Israelis, woselbst sie ihn auf die Erde setzte. Dann rief
sie aus, so laut sie konnte: «Erbarmt euch dieses Armen, o Kinder
Israelis!" Da kamen von allen Seiten die Leute herbei und sie
weinten Alle, als sie Job sahen und was seine Frau um seinet-
willen erduldete. Darauf sprachen sie: »0 Dienerin Gottes, bringe
1) Entsprechend der oben erwähnten Bedeatang dieses Ansdracks kommt aach
die Verwänschiingsformel »Gott schwärze sein Angesicht" (*^g'^3 ^t *^'^) ^^'
»Gott verdamme ihn, bedecke ihn mit Schande** öfter vor. Unter dem Feaer ist die
Hölle verstanden, arabisch %LüL
269
ihn in eins unsrer Häuser; wir werden ihm zu essen und auch
eine Ruhestätte geben'\ Sie antwortete : »Ihr würdet seinen üblen
Geruch nicht ertragen können". Darauf bereitete sie aus Steinen
ein Lager für ihren Mann , und die Leute brachten ihm yon allen
Seiten Speisen herbei. Daraufsagte Bahmah: »Wenn Einer von euch
Kleider zu waschen oder Brot zu kneten hat — , ich will das thun".
Die Leute antworteten: *Eomm nur, wir werden dir Arbeit geben".
Das that sie nun , und die Leute gaben ihr Nahrungsmittel — viele
Tage lang.
Da kam aber eines Tages Iblts in Gestalt eines den Leuten
bekannten weisen Mannes in das Dorf und sagte zu ihnen, sie
sollten der Frau Job^s weder Arbeit noch Speise mehr geben; sie
würden sonst Alle von derselben Krankheit befallen werden wie
Job. Als Kahmah nun wieder hinkam , gab ihr Niemand Etwas. Sie
kam alsdann zur Frau eines Bäckers und sagte zu ihr: »O Dienerin
Gottes ! Gib mir etwas Brot für meinen Gatten Job". Die Bäckerin
sah , dass Rahmah sehr schönes Haar hatte und sie antwortete ihr :
»Ich will dir gerne Brot für deinen Mann geben, wenn du mir
erlaubst, eine Handvoll von deinen Haaren zu nehmen". »0", ant-
wortete Bahmah , )>wenn du alle meine Haare verlangtest , so würde
ich sie dir auch geben". Die Frau nahm darauf eine Handvoll
ihrer Haare und gab ihr Brot dafür. Bahmah kehrte darauf zu ihrem
Manne zurück, dem sie Alles erzählte. Job ass darauf von dem
Brote , während seine Frau nochmals in das Dorf ging , um viel-
leicht noch mehr Brot zu erhalten. Als sie mit Sonnenuntergang
noch nicht zurückgekehrt war, betete Job zu Gott, sich seiner
zu erbarmen. Darauf sagte Gott zu Gabriel — mit ihm sei Heil I -— *) :
9 Steige hinab zu meinem Knechte Job und grüsse ihn von mir ^)
und sage ihm , dass ich sein Gebet erhört habe. Dann bringe ihn
1) «sobre ^1 sea la salvacidn"; es entspricht das dem «^^i ^^"^^ — , abgekürzt
^ — , das nicht nar dem Namen von Personen, sondern aach dem der Engel hin-
zugefügt wird.
2) «7 salüdale de mi parte"; im Original: »y plegale de mi Tassalem", entbiete ihm
von mir den Sal&m. Ebenso sagt bei Ihn el-Atir (I, It**) Gabriel zu Job : *Gott ent-
bietet dir seinen Saläm für deine Ergebung" /dL^oj «^LaJ^ (^Jb «U^ ^*Jy
270
auf den Berg Sinai ; dort ist eine Wasserqnelle , in dieser soll er
sich baden ^).
Gabriel kam nun zu Job nnd sagte ihm alles das. Dann nahm
er ihn anf einen seiner Flügel — da Job nicht gehen konnte —
and trug ihn zu jener Quelle , in die er ihn untertauchte. Als Job
derselben entstieg , war er schön wie der YoUmond ^) und ganz ge-
sund. Darauf brachte ihn Gabriel an seioen früheren Ort. Bald
darauf kam Bahmah zurück mit etwas Brot, das sie bekommen
hatte. Als sie ihren Mann nicht sah, weinte und wehklagte sie
und sagte: »0 Job, ich habe für dich sechs Jahre und sechs
Monate lang gelitten, und jetzt, wo ich hoffte, dass Gott sich
deiner erbarmen werde, haben dich die wilden Thiere zerrissen.
mein Geliebter! Du warst mein Trost und meine Freude, wie
könnte ich leben ohne dich?" Da sagte Job zu ihr: »Wen suchst
du hier, o Frau?" »Job, meinen Gatten," antwortete sie , worauf
Job: »Würdest du ihn erkennen ^ wenn du ihn sähest?" Da blickte
sie ihm in die Augen und sagte: »Ach, ich glaube fast, du selbst
bist Job, mein geliebter Gatte". Job antwortete: »Ja, ich bin Job,
dein Gatte; Gott hat sich meiner erbarmt und meine Leiden yon
mir genommen". Darauf umarmten sie sich gegenseitig weinend.
Job aber weinte noch mehr als Bahmah; da sprach sie: »Warum
weinst du so sehr, mein Geliebter?" Er antwortete: »Weil ich
Mitleid mit dir habe , denn ich habe geschworen , wenn Gott sich
meiner erbarmt, dir hundert Hiebe zu geben". »0 mein geliebter
Job", sagte Bahmah hierauf, »wenn du das geschworen hast, so
gib mir 2000 Hiebe und halte deinen Schwur". Da erschien Gabriel
und sagte zu Job: »0 Job! Gott der Erhabene grüsst dich und
lässt dir sagen, du sollst ein Bündel von 100 Binsen nehmen
und deine Frau einmal damit schlagen, so wird dein Schwur er-
1) Bei J&kfLt (II, Ifö, s. ▼. ^^} jJu>) heisflt es, das Jobsklöster sei in der Nähe
▼on Damaskus; dort sei auch die Quelle, in welcher Job Heilang fiand, sowie sein
Grab. Dasselbe sagt aach Kazwinl (II, \\^\) sowie Mas'Adt (I, 91).
2) Im Original : «y salio de ella Job como la Inna relambrante de catorce noches";
»wie der Mond in der 14. Nacht" ( icXx!^ KLJ r^^) ^^d oft gebraucht, um
die Schönheit auszudrücken, so mit Bezug auf Joseph bei Zamahsart zu Sur. 12,31
271
füllt sein , mit der Q-enehmigung G-ottes" i). Und Job that also.
Gott sagte hierauf zu Job : )> Willst du , dass ich dir deine Kinder
wiedergebe , so will ich sie wieder zum Leben erwecke". Job aber
antwortete : »Da sie alsdann ja doch wiederum sterben müssen , so
lasse sie lieber in der andren Welt, die ja doch viel besser ist als diese
Welt". Gott gab alsdann dem Job all sein Besitzthum wieder, ein
grösseres als das frühere , und Job war wiederum wohlthätig gegen
die Wittwen und Waisen, die Armen und Dürftigen, so lange er lebte.
Eine andre Legende (I, 281—311) hat die Überschrift: »Ra-
contamiento de Solaiman profeta (Nabi) de Allah". Im Namen des
»Cabu" ^) und des Gesandten Gottes »Mahoma" — Gott sei ihm
gnädig und gebe ihm Heil ! ^) — wird hier Folgendes erzählt.
Als Salomon eines Tages seine Andacht^) verrichten wollte,
übergab er seinen Siegelring einer Dienerin. Yon den Dämonen ^)
die in seinen Diensten standen, war einer, Namens DHaritsu" ^),
beständig in Salomon^s Palast. Nachdem Salomon seinen Siegel-
ring der Dienerin übergeben hatte , ging Haritsu zu ihr , und zwar
in der Gestalt und in der Kleidung Salomon's und yerlangte den
Bing, den sie ihm auch gab. Diesen warf er in das Meer von
Oman, wo ihn — nach Gottes Fügung — ein Fisch yerschlang.
Als nun Salomon bald darauf seinen Bing von der Dienerin zurück-
yerlangte: sagte diese: »Gott stehe mir bei! ^) Ich habe ihn dir
1) »plaziendo Allah", wahrscheiDlich das arabische ^ili i*)|>^f^*
2) «Caba''\ oder .rCaab, Caab Al^jbar (el hisioriador)", wird in der Legende von Jo-
seph sehr oft als Gewährsmann angeführt. Sprenger (Leben und Lehre des Mohammad,
III, CIX) erwähnt einen Ka'b aas Jaman, wegen seiner Kenntnisse der biblischen
Legenden »der Rabbiner-Ka'b, Ka'b al-Ahb&r", genannt; cf. Mas'üdi, III, 130.
8) »Mahoma, qne Dios le sea propicio y le concede la salvacidn"; im Original: »Zalla
Allahn alahi a'a8salam'\ d.i. JU/^ if^-fS^ ^^ tJ^* abgekürzt j^»La — , das stets
dem Namen Mohammed's beigefügt wird, bei Zamahsart immer vollständig, ohne
Abbreviatur.
4) »devociones^'; im Original : »alibeda^*, wie oben St^LiKiL
6) «los demonios'*^; im Original: »axxaitanes", mit arabischem Artikel, Plnral von
^Lk^K der eigentUch ^^^LJÜi ist.
6) Vielleicht das oben erwähnte v^.L^*.
7) «defiendome con ^llah*\ das (bereits früher vorgekommene) eU\f «3^^ welches,
nach Snr. 113 and 114 (q^*-^>^' genannt), als Abwehrformel gebraucht wird.
272
ja so eben gegeben , o König I" Salomon sab nun ein , dass Gott
erzürnt auf ibn war ; er bielt siob den ganzen Tag zurückgezogen ,
und* als es UTaoht geworden war , zog er geringe Kleider an , nahm
einen Stab in die Hand und yerliess , ganz eingehüllt , die Stadt ,
indem er zu Q-ott betete, ihn auf seiner Wandrun g yor der Tücke
Satans zu beschützen.
Der Erzähler sagt : ^) G-ott hatte dem Salomon ein so elendes
und erbärmliches Aussehen gegeben , dass die andren Armen sich
Yon ihm fern hielten, indem sie zu ihm sagten: »Geh' weg Ton
uns ! Denn du bist Schuld , dass uns die Leute gar kein oder nur
geringes Almosen^) geben^'.
Unterdessen hatte jener Dämon Salomon's Thron eingenommen,
und die Leute kamen zu ihm , um ihm ihre Bechtssachen zur Ent-
scheidung Yorzulegen; aber seine Urtheile und Entscheidungen
waren gegen das Gesetz. Darüber wunderten sich die Leute ; da
sagte Einer Namens »Balkis'' : »Ich werde der Sache auf den Grund
kommen". Er erschien darauf Yor dem Throne und sagte: »O König!
Ich will mich yon meiner Frau scheiden und sie in ihr elterliches
Haus zurückschicken ; sie Yerlangt aber nun ihr » Azidak" ^) — ; bin
ich yerpflichtet , es ihr zu geben ?" Der Dämon antwortete : »Nein ,
das bist du nicht ; du kannst dieses Azidak *) derjenigen geben ,
die du nach ihr zur Frau nimmst". Darauf sagte Balkis : »O König,
früher gabst du dein Urtheil dahin ab , dass Gott der Erhabene ^)
sagt : Wenn Einer seiner Frau das ihr zukommende Azidak nicht
gibt , so werden seine guten Werke ^) seiner Frau angerechnet ,
1) «Der Erzähler sagt*' (oder »sagte") kommt hier sehr oft vor bei den Arabern:
v^ifti^^ S^i C5^y^ ^^** ^^^^ ^^ ^^^ oben, p. 127 fg., mitgetheilten Erzählang
heisst es jeden Augenblick: T^IDH ^DK» »clor Erzähler sagte".
2) »Limosna"; im Original : *Azzadaka*', d. i. xSvXaoJI, hebr. HDliJ (^ei den LXX
ihtvnio(r6vfi) , besonders im späteren Sprachgebrauch.
3) -»Azidak" (das der Herausgeber mit »Dote" wiedergibt) ist das *Cidaque", das oben
bei Rabadan vorkam, also ^Sj^\* das Geld, das der Ehemann seiner Frau geben muss.
4) Statt -r Azidak" heisst es hier im Original .almahra", arabisch ^ (hebr. nrlD),
was ohngefahr dasselbe bedeutet.
5) «Allah i cuan alto es !" wahrscheinlich die Übersetzung des oben erwähnten
6) -.las buenasobras"; im Original : /ralhasanas",arab. iÜuMMO, gutes Werk, wovon
wahrscheinlich das spanische #Hazalia8*\ Grossthaten.
273
die also in» Paradies kommt, während ihre bösen Handlangen ihm
angerechnet^ werden, sodass er in die Hölle kommt". »Nun, wenn
du das wusstest", sagte der Dämon , »wozu hast du 4enn mein TJr-
theil verlangi?" Darauf sagte Balkis: »Feind Gottes! Verfluchter
Satan I Wie hast du eine solche Unthat wagen können ? Wo ist
Salomon ? Sei verdammt , Satanas !" Alsdann sprach er die Worte
aus, die auf Salomon's Bing eingegraben waren, und daraufhin
entfloh der Dämon.
Die Leute wunderten sich sehr hierüber und waren auch um
Salomon besorgt; da sagte Balkis: »Fürchtet Nichts ! Er, der dem
Salomon die Macht yerliehen und sie ihm wieder entzogen hat,
er wird sie ihm auch zurückgeben",
Salomon war auf seiner Wanderung nach dem Lande des Königs
»Yram"i) gekommen. Dieser liess gerade einen Palast bauen, wobei
viele Leute beschäftigt waren. Salomon ging zum Oberaufseher
derselben und fragte ihn, ob er ihm nicht auch Beschäftigung
geben könne. »Allerdings kann ich das", erwiederte derselbe. Er
nahm ihn dann in seine Dienste, und Salomon's Beschäftigung
bestand darin , dass er täglich Wasser aus einem Brunnen 2) herbei-
holte. Zur Mittagszeit legte er sich gewöhnlich , um auszuruhen , in
den Schatten eines Thurmes, der zu dem Palast gehörte, den
der König mit seiner Tochter bewohnte. In der Nähe war ein
waldiges Gebirge, in dem sich viele Baubthiere aufhielten. Als
nun Salomon einst eingeschlafen war, sah ihn die Tochter des
Königs, die ans Fenster getreten war, um frische Luft zu schöpfen ;
zugleich aber sah sie, wie vom Gebirge her zwei Löwen kamen,
die sich zu seiner Seite hinlegten , der eine zur Rechten , der andre
zur Linken, um von ihm mit ihren Schweifen Mücken und Brem-
sen abzuhalten. »Bei Aletu und Alozza !" ^) sagte die Königstochter ,
1) Der Herausgeber bemerkt, dass anter diesem Yram der biblische Hiram, König
von Tyrus, gemeint sei. ^ ,
2) -rAlyibe". Das spanische *Aljibe", Cisteme, Brannen,ist das arabische «^^^i^^l,
Brunnen; hebr. I^^, aramäisch i^y\^f DJ.
3) All&t und *üzza — Sur. 53. 19 : (^jäJ^^ O^i — waren die Hauptgottheiten
der vorisl&mischen Araber, wie auch Beide oft nebeneinander genannt werden (z. B. bei
Baid&wt, p. 35, Z. 16; 231, Z. 1; 246, Z. 16; 363, Z. 4). Der Schwur bei ihnen
kommt mehrmals vor (ZDM6., VII, 481).
35
274
»das ist sehr wunderbar!" Dann erwachte Salomon und sagte: »Ge-
priesen sei Gott, der Einzige. Er hat keinen Genossen" (im Ori-
ginal auf arabisch). Als er darauf in ihre Nähe gekommen war,
sagte sie: »O Mann, woher bist du?" Salomon antwortete: »Vom
Lande Jemen" (» Aljaman"). »Und wie kannst du so ruhig schlafen ?"
sagte sie, »in der Nähe dieses Gebirges, wo so yiele wilde Thiere
sind?" »0 Jungfrau!" erwiederte Salomon, »die Thiere, wie alles
Geschaffene ^) , stehen unter Gottes Macht". Darauf ging er an seine
Arbeit. Dasselbe wiederholte sich am zweiten und am dritten Tage ;
nur waren es am zweiten Tage zwei Schlangen, die sich zu beiden
Seiten hinlegten; am dritten Tage waren es zwei Adler, die mit
ihren Flügeln ihn fächelten. Als Salomon erwachte, sagte er: »Ge-
priesen sei Gott! Es gibt keinen Gott ausser ihm. Keine Macht
und keine Gewalt ausser bei Gott, dem Grossen, Erhabenen". Darauf
sagte die Königstochter zu ihm: »Yon diesem Gotte, den du preisest,
habe ich nie gehört — wer ist er?" Salomon antwortete: »Ihm
gehört Alles im Himmel und auf Erden und was zwischen ihnen
und was unter der Erde ist" (Sur. 20, 5). Sie sagte alsdann : »Ich
habe sagen hören, dass dem Salomon Alles unterthänig sei —
bist du vielleicht Salomon?" Als er das bejaht hatte, sprach sie:
»Dann , o Prophet Gottes ^) , habe ich eine Bitte an dich ; ich
wünsche, dass du mich zur Frau nimmst, weil ich meinem früheren
Glauben entsagen und nur deinen Gott anerkennen will"* »Wenn
nun aber dein Vater nicht einwilligt?" fragte Salomon. »Mein
Vater", antwortete sie, »hat mir längst freigestellt, zu heirathen
wen ich wollte, und er wird sein Versprechen halten".
Die Prinzessin ging alsdann zu ihrem Vater, erinnerte ihn an
sein Versprechen und erzählte ihm alles Vorgefallene. Nach einigen
erfolglosen Gegenyorstellungen sagte er zu ihr : »Mein Versprechen
will ich halten; du magst jenen armen Tropf heirathen, aber in
meinem Palaste darfst du nicht bleiben und auch deine schönen
Kleider, deine Juwelen und Kostbarkeiten musst du zurücklassen".
1) Im Original: »toda cosajalekado^', letzteres toh oUL^, erschaffen.
2) Im Original: »Alannabi de Allah" (arabisch aU) ^x) ^, ohne Artikel, während
es hier zwei sind).
275
Nachdem die Prinzessin ihre Kleider mit andren Yertauscht hatte ,
ging sie — mit Zurücklassung alles dessen, was sie besass — zu
Salomon , der sich in der Scheune eines zerfallenen Hauses aufhielt ,
denn es war schon spät. Als sie sich allein mit ihm sah , warf sie
sich in Anbetung G-ottes des Erhabenen zur Erde nieder. Darauf
sprach sie: »0 Prophet Gottes! "Was wird unser Abendessen sein ?"
Salomon antwortete : i>Gott , der mir 40 Tage lang meinen Lebens-
unterhalt ^) bescherte , wird es auch heute thun". Sie sprach : »0
Prophet Gottes I Hier sind zwei Denare ^) ; ausserdem hat mir mein
Yater Nichts gelassen". Salomon nahm diese zwei Denare und
kaufte für einen Denar Brot und Ol; dann ging er zu den
Fischern am Meeresufer und fragte sie , ob sie ihm für einen Denar
zwei Fische geben könnten. Sie antworteten: »Wir können, das
nicht, denn wir sind unser 12 und wir haben nur 25 Fische ge-
fangen ; darunter ist einer , der Nichts taugt ; den kannst du dir
nehmen; da sieh ihn hierl"^) Salomon sagte: vlch danke euch,
meine Freunde , aber Gott hat mir eine Frau gegeben , für deren
Lebensunterhalt B) ich zu sorgen habe, denn so verlangt es unsre
Religion". Einer der Fischer gab ihm hierauf einen Fisch ; Salomon
wollte ihm dafür den Denar geben, da sagte jener : »Behalte ihn nur;
ich habe dir den Fisch gegeben , weil du dem Glauben Salomon's,
des Propheten Gottes, angehörst". Salomon antwortete: )»So möge
denn Gott dir im Paradiese einen Platz unter den Frommen geben !"
Salomon ging darauf yoU Freude zu seiner Frau und gab ihr
die beiden Fische, um sie zuzubereiten, während er selbst das
Abendgebet^) verrichtete. Alsdann setzten sie sich auf die Erde,
um zu essen; da sagte Salomon: »0 Fraul Nimm dir den guten
Fisch; ich werde den andren nehmen". Da sagte sie : »Ich beschwöre
dich bei Gott, dir den guten Fisch zu nehmen und mir den
1) Im Original: «Asachda", das arabische HcXi:^UMjl.
2) Im Original: *Arrizque" = i^\f^-
8) Im Original steht das arabische »Dinar", das eine Goldmünze bezeichnet; es ist
aber wohl der spanische Di'nero gemeint , eine Kupfermünze von geringem Werthe , wie
denn auch der Heraasgeber «»dos dineros*' hat.
4) «Catalo ahi".
5) Im Original: *Arrizque", wie oben.
6) *La oraciön de la puesta del sol" ; im Original : »AlmagriV*, cjjij'.
276
andren zn lassen^\ Als sie nun zu essen anfingen nnd die Frau
ihren Fisch öffnete, fand sie in demselben den Siegelring Salomon's ,
den der Dämon ^) »Haritsu" — verfluche ihn Gott ! — ^) ins Meer
geworfen hatte. Sie sagte: »Schau her! Sieh dieses Wunder f Da
nahm Salomon den Bing und sprach: »Es gibt keine Macht und
keine Gewalt ausser bei Gott , dem Grossen , Erhabnen^' (im Ori-
ginal arabisch). Er that ihn alsdann an seinen Finger , und alsbald
kamen aus der Luft mit grossem Geräusch alle Dämonen , zugleich
mit kostbaren Gewändern und vielen wohlzubereiteten Speisen, und
sie erbauten zur Stelle einen prächtigen Palast. Salomon und seine
Frau zogen die schlechten Kleider aus und legten dafür diese
Gewänder an. Darauf liess er die Fischer kommen und sagte ihnen ,
dass sie nach Herzenslust von den Speisen essen sollten. Alsdann
schickte er zum König »Yram", dass er kommen möge. Als dieser
nun kam und all die Pracht und Herrlichkeit sah, sagte er zu
seiner Tochter : »Ich bitte dich , mir zu yerzeihen und auch zu
Gott zu beten, dass er mir verzeihe, denn ich bekenne mich jetzt
zu eurem Glauben. Es gibt keinen Gott ausser dem einzigen Gott ;
er hat keinen Genossen , und Salomon ist der Prophet Gottes"
(im Original arabisch). Salomon sagte darauf zu ihm: »0 König!
Gott wird dir verzeihen und dir das Paradies geben, denn Gott
in seiner Herrlichkeit und Gnade führt, wen er will, auf den rech-
ten weg" 3).
Auf Salomon^s Geheiss liess sich alsdann eine Wolke hernieder ;
in diese begab er sich mit seiner Frau und seinem Schwiegervater,
und so schnell wie man das Auge öffnet und schliesst , gelangten
sie in seinen Palast.
Das ist also die Erzählung wie sie ähnlich in der oben ange-
führten .rStelle bei Babadan und im 'Emek hamelech vorkommt.
1) Im Original : -rAlchin" - ^.
2) »Verflache ihn Gott" (aUI »JüÜ) kommt bei arabischen Autoren oft yor,
wenn von einem Feinde Gottes (^iit ^<A£) die Rede ist.
3) Der Spruch: «Gott führt, wen er will, auf den rechten Weg'* C^ ^c\^
j^9jJ^a Jo^^ ^I ^^•^.) kommt im Kor&n mehrmals vor (Sur. 2, 136. 909;
10, 26; 24, 45; cf. 2, 274; 24, 35; 28. 66; 42, 52).
277
In letzterem Buche ist Salomon zuerst assistirender Koch (oder
Küchenjunge) bei dem König yon Ammon, avancirt aber — da er
durch eine Speise die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zieht —
zum eigentlichen Koch. Aus dem '£mek hamelech ist diese Er-
zählung in das jüdisch-deutsche Maasebuch (Jüdisch-deutsche
Chrestomathie, p. 449 fg.) übergegangen.
Aber auch das, was femer in dieser Legende yon Salomon er-
zählt wird, erinnert an oben erwähnte Sagen. Den andren Tag —
heisst es weiter (p. 303 fg.) — kamen an Salomon's Hof alle
dlassen von Menschen, Thieren und Dämonen und alle huldigten
ihm. Nur )>Haritsu" war nicht zu sehen. Salomon schickte Dämonen
aus, um ihn zu suchen, aber umsonst. Da sagte einer derselben
zu Salomon, dass Haritsu sich am Meere von »Zanaa'' aufhalte,
dass er alle drei Monate zu einer Quelle auf dem Berge K&f
komme, und dass, wenn Salomon ihm die Yollmacht sowie alles
hierzu Nöthige geben wolle , er den Haritsu herbeischaffen werde.
Die Art und Weise, wie das zu Stande gebracht wird, ent-
spricht nun der talmudischen Erzählung sowie der oben aus Al-
kis4i angeführten. Auch hier sagt Haritsu, nachdem er den Wein
gerochen: i Verflucht sei, wer dich zuerst erfand, unglückliches
Getränk ! Wer yon dir getrunken , den beherrschest du und beraubst
ihn seines Verstandes". Er geht darauf fort , kehrt aber nach drei
Monaten zurück, trinkt und berauscht sich und wird alsdann
yon den im Hinterhalt liegenden Dämonen gefesselt und zu Salomon
gebracht.
Hier heisst es nun weiter, dass Salomon ihn in den Kerker
werfen und jeden Tag züchtigen Hess ^). Da kam eines Tages der
Engel Gabriel zu Salomon und sagte zu ihm: ))Gott, dein Herr
und der meinige, will, dass du die Stadt »Baitul Makdis" ^) erbauest,
die aber ganz aus Steinen bestehen soll, und zwar aus solchen,
1) «T lo mando tormentar con variedad de tormentos cinco veces cada dia,delo
caal pasaba mancha pena*'. .rMancho" für «mucho" kommt auch im Jüdisch-Spanischen
sehr oft vor; statt «tormentos*' hat das Original: «Aladeb", d. i. ^^ Joe3^ , das dieselbe
Bedeutung hat.
2) (jMvAJi^J^ ^^^^ d^^ heilige Haus,) Jerusalem. Bei Abü'l-Fidft (Hist. anteisl.)
hßisst 80 der Tempel, während Jerusalem «MtAÄtt heisst, z. B. p. 42. 4A. 48. 50.
278
die nicht mit Eisen behauen worden". Salomon wandte sich an den
Vezir der Dämonen'). Dieser sagte: »Unter allen Geistern >) ist
Keiner so klug wie Haritsu; wenn er keinen Rath weiss, so weiss
ich keinen Andren aus unsren Scharen" ^). Alsbald befahl Salomon
den Haritsu vor ihn zu bringen; als das geschehen war, sagte er
zu ihm: »Feind Gottes I Wärest du im Stande, eine Stadt herzu-
stellen , zu der kein Holz gebraucht wurde , die Yielmehr ganz aus
Steinen besteht, die aber ohne Eisen behauen wurden?" Haritsu
antwortete: »Verlangst du sonst noch Etwas yon mir, Prophet
Gottes ?" »Nein", sagte Salomon, »sonst Nichts". »So beruhige dich",
sagte Haritsu ; »ich werde dir diese Stadt herstellen ; gib nur Befehl ,
dass man mir die Fesseln abnehme".
Der hierauf zur Ausführung gebrachte Bath Haritsu*s ist die-
selbe Procedur wie in der talmudischen Erzählung und wie in der
oben angeführten ]@Lazwtnt's. Nur ist es hier — wie im Talmud —
das Nest des Wiedehopfes, das zur Entdeckung des zum Steine-
spalten nothwendigen Mittels^) dient, sodass die Stadt ohne An-
wendung von Eisen erbaut wurde.
So wurde — heisst es am Schlüsse — die Stadt yoUendet , und
auch die Erzählung ist zu Ende mit der Lobpreisung Gottes und
mit seiner Gnade ^» Acabö la cibdad , tambien el cuento ^) , con la
loor y gracia de Allah".)
1) »el vizir de los diablos". Das arabische jJ:^ bezeichnet zunächst Einen, der einem
Andren eine Last (aach figürlich) tragen hilft. So wird Sar. 20, 30, 31; 25, 37,
Aaron der «}:^ seines Bruders' genannt.
2) «Duendes" (eigentlich: «Kobolde, Hansgeister"); im Original: »Alifrites", von
.»^Ji^y dessen arabischer Plural \^^^JLc ist.
3) «nnestras Kabilas"; im Original : «nuesas alkabilas", von J^JUaÄ) Stamm (wovon
Kabylen).
4) Im Texte heisst es »Falico**, welches Wort ich aber nirgends finde.
5) Wie sich die arabische Yolkssage noch immer mit David und Salomon be-
schäftigt und stets neue Sagen bildet, davon ist ein Beispiel, was Jakob Saphir in
seiner "H^DD ]Di^ betitelten Reisebeschreibung (I, 26 fg.) aus der Zeit seines Au-
fenthalts in Südarabien erzählt. In einer Reisegesellschaft, zu der auch er gehörte,
die aber zumeist aus Mekkapilgern bestand, wurde in einer schönen Nacht nebst
andren Geschichten auch die folgende erzählt: Während einer Hungersnolh kam eine
arme Wittwe zu David und klagte ihm ihre Noth. David gab ihr ein Mass (H^D)
279
Zu den Legenden des ersten Bandes gehört auch (p. 118 — 158)
die G-eschichte Yon der Gebart Jesu — DÄlhadis" (\i>jv>J^) »del na-
^imiento de I^e" (^^mj^) — zugleich auch die Yon seinem (schein-
baren) Tode , da er weder gekreuzigt noch sonst getödtet wurde ,
sondern statt seiner ein Mann, dem Gott die Gestalt und das Aus-
sehen Jesu gegeben hatte, wozu die betreffende l^oränstelle (Sur.
4, 156) angeführt wird. Seine Benennung als »Alma^ih" (^na.m«»JI ,
n^2S^D ' Messias) wird damit erklärt , dass Alles , was er mit seiner
Hand berührte, geheilt wurde ').
Aus seiner Kindheit wird (p. 132^ erzählt, dass seine Mutter
ihn zu einem Lehrer brachte , der ihm den ersten Unterricht geben
sollte. Dieser sagte zu ihm: »Sprich: Abuched , heguaz , hottaje,
quelemun , ^ayfet , Corazet" *). Jesus fragte ihn : »Was bedeutet abu-
ched?'^ Der Lehrer antwortete ihm: »Sprich das, was ich dir sage;
du hast mich nicht zu belehren^'. Darauf sagte Jesus: »0 Lehrer!
Mehl. Als sie auf dem Heimwege war, kam ein sehr starker Wind and blies das
Mehl weg. Die Fraa getraute sich nicht, za David zurückzakehren und ging wei-
nend ihres Wegs. Da begegnete ihr Salomon, der — damals noch ein Knabe —
gerade ans dem Lehrhause kam. £r fragte sie, wesshalb sie weine, sie sagte ihm den
Grund. £r ging darauf mit ihr zu seinem Vater und bat denselben, ihm Scepter,
Krone und Thron für kurze Zeit zu überlassen. David war dazu gerne bereit. Salomon
liess darauf den Ostwind vor sich kommen, und fragte ihn, wesshalb er dieser Frau
ihr Mehl entrissen. Der Ostwind antwortete: /»Das habe ich nicht gethan". Dieselbe
Antwort gab der Westwind. Darauf wurde der Nordwind vor den Thron beschieden
und dieser sagte: «Allerdings habe ich das gethan, aber ich that es nothgedrungen.
ISin grosses Schiff, das ans Indien kam und dessen Fassagiere alle auf der Wallfahrt
nach Mekka begriffen waren, bekam, als es auf dem rothen Meere war, einen Leck.
Ich wusste mir keinen andren JKath , als dass ich das Mehl dieser Frau nahm und es
zu einem Teige knetete, mit welchem ich die Öffnung verstopfte''\ Salomon entliess
ihn in Gnaden, David aber schenkte der Frau ein andres Mass Mehl.
1) /rPorque toda cosa que frotaba" — im Original: /rma9haba" — »con sus manos sanaba'*,
also von ,^^MhA = mit der Hand berühren , streicheln. Unter den verschiedenen Er-
klärungen von ^jLM*.4jl, Sur. 3, 40 bei den Commentatoren, kommt diese Erklärung
nicht vor.
2) Es sind das die Buchstaben des arabischen Alphabets, die — nach der Reihen-
folge der hebräischen Buchstaben — schon frühe zu einzelnen Wörtern zusammen-
gestellt wurden (y^^A^ijÄ [jokxm f^«JL^ if^^ 'f^ %X^ub. ^nd ^war, wie
Pococke (Specimen hist. Ar., p. 808) vermuthet, von einem Pädagogen als mnemo*
nisches Hilfsmittel (cf. De Sacy , Grammaire arabe, 1 , 10 ; Caussin de Perceval , Essai,
I, 292 fg.).
280
Wisse , das Alif ist der Name G^ottes ; das Be ist die Ewigkeit ....
Das Ta ist ein Baum im Paradiese, der »Tobe" heisst i); seine Zweige
erstrecken sich weithin ; er ist bedeckt mit unzähligen Perlen ,
Edelsteinen und Rubinen ^). Das Je ist die Hand Gottes , ausge-
streckt über alle seine Geschöpfe ^). Das Eef ist das Wort Gt)ttes
an Moses". Auf diese Weise erklärt er 16 Buchstaben. Der erstaunte
Lehrer küsst ihn und sagt zu seiner Mutter, welche gekommen
war, um ihren Sohn abzuholen: »Dein Sohn bedarf keines Lehrers;
er weiss mehr als irgend einer.
Ahnliches wird übrigens auch in dem arabisch geschriebenen
apokryphischen Buch »Das Evangelium yon Jesu Kindheit" (J^x^'t
jLJ^Ayt, ed. H. Sike, p. 144) erzählt. Der Lehrer heisst dort
Zachffius (1^;), und zwar ist es Joseph, der Jesus zu ihm bringt.
Er schreibt zunächst die Buchstaben des Alphabets auf und sagt
dann zu Jesus , er solle »Aleph" sagen. Als dieser das gethan , sagt
er, er solle »Beth" sagen. Jesus bittet ihn, ihm zuerst zusagen,
was Aleph bedeute ; darauf sagt er selbst die Bedeutung yon Aleph
und Beth, dann, welche Buchstaben gerade, welche gekrümmt
seien; darauf sagt er das ganze Alphabet her: Aleph, Beth,
Gimel, Daleth (Jcb J.4^ <.:>uo v^t), bis zum Tau (^bü^) ^^^d gibt
zugleich den Grund an , wesshalb die Buchstaben gerade in dieser
Ordnung aufeinander folgen *). Der Lehrer sagt hierauf zu Joseph
und Maria, dass dieser Knabe mehr wisse als irgend ein Lehrer.
Im ersten Bande der »Leyendas" findet sich (p. 173—177) noch
eine andre Erzählung yon Jesus. Er war einst , zugleich mit einem
andren Manne , auf einem Berge. Da Beide hungrig waren , sagte
1) ^S^ ^^^ Schilderang dieses Baumes gibt — nach arabischen Autoren —
Pococke in »Not. miscell. ad portam Mosis", p. 293.
2) Im Original : »alyacotas", OkdLüi , wie oben.
3) Im Original: "halecados", von v«ÄL:>« wie oben.
4) Wie der Heraasgeber in einer Note (p. 64 fg.) bemerkt, kommt diese Erzäh-
lung schon in apokryphischeu Schriften vor, die Irenseus erwähnt. Gleichzeitig führt
er eine Stelle aus «Kessceus" (Alkis&i) an, welche eine ganz ähnliche Erzählung enthält;
nur wird Alles auf arabisch erklärt; z.B. Elif bedeutet: Es gibt keinen Gott ausser
Gott (^t 'i\ gi\'i); G!m ist die Herrlichkeit (Jti>) Gottes... .; Ta ist ein Baum
im Paradiese, ^ der Tübä heisst; J& bedeutet : Gottes Hand ist über seine Geschöpfe aasge-
breitet (iJÜn> JLfi jdit ^^.)* ^^^ B^ erklärt Jesus der Reihe nach alle Bachstaben ,
worauf der Lehrer dasselbe, wie an den obigen Stellen, zu dessen Mutter sagt.
281
Jesus zu dem Manne , er solle gehen und Brot kaufen. Dieser ging ;
als er zurückkam , war Jesus an einer andren Stelle des Borges ,
wo er sein G-ebet yerrichtete ^). Der Mann ass nun eines der Brote ,
die er mitgebracht hatte. Als Jesus zurückkehrte, fragte er ihn,
wo das dritte Brot sei. Jener sagte: ]>Ich habe nur zwei Brote
mitgebracht''. Sie gingen darauf weiter. Da trafen sie eine Schaf-
heerde an ; Jesus kaufte ein Schaf, schlachtete es , und sie assen you
seinem Fleische. Darauf sammelte Jesus die Knochen und sprach :
»Erhebe dich mit der Erlaubniss G-ottes , des Erweckers der Todten".
Das Schaf erhob sich blökend. Da sprach der Mann : »G-epriesen
sei Gott 1'' ') Jesus sagte darauf zu ihm : »Ich beschwöre dich bei
Dem , der dich dieses Wunder hat sehen lassen — , was ist aus dem
dritten Brote geworden?" Jener antwortete: »Ich habe nur zwei
gebracht". Darauf gingen sie weiter. Da gelangten sie an einen
grossen Strom. Jesus nahm den Mann bei der Hand , und so gin-
gen Beide über das Wasser hin, bis sie an das andre Ufer ge-
langten. Der Mann sprach wiederum: »Gepriesen sei Gott!" Jesus
wiederholte seine frühere Frage und erhielt dieselbe Antwort. Sie
gingen weiter und gelangten an einen einsamen und abgelegenen
Ort , woselbst drei grosse G^oldbarren lagen. Der Mann sagte : »Das
ist ein grosser Schatz". Jesus antwortete hierauf: »Die eine Barre
nehme ich mir , die andre gehört dir und die dritte gehört dem ,
der das dritte Brot gegessen". Da sagte der Mann : »Ich habe das
dritte Brot gegessen, wenn ich es auch geläugnet habe". Jesus
sagte: »Du magst alle drei Barren behalten", und yerliess den Ort.
Der Mann wartete nun , bis Jemand käme , der ihm zur Fortschaf-
fnng des Goldes behülfiich wäre. Da sah er drei Männer des Weges
kommen; er ging zu ihnen und fragte sie, ob sie ihm helfen
wollten, das Gold fortzutragen; er wolle sie dafür bezahlen. Sie
erklärten sich bereit dazu , beschlossen aber unter sich , ihn zu
1) »Alabandoa Dios"; im Original: »atasbihando". /rAtasbiha" (oder »tasbiha**) ist das
arabische ^sa^^^imj, Lobpreisung (nomen actionis von ^pJuwm) ; »atasbihar^' ist das davon
gebildete Zeitwort.
2; Im Original: »Sobhena Allah*' — aUI ^L^Wv (ein andres, von a^'t^ gebildetes
Haaptwort). Im Hindastani wird dieser Aasdruck — wie aas Shakespear s. v. za
ersehen ist — als Ansruf der Verwanderang gebraacht.
86
282
tödten , was sie auch ausf&hrten. Einer Yon den Dreien ward hier-
auf fortgeschickt, nm Speisen einzukaufen, da sie zunächst essen
wollten. Während seiner Abwesenheit kamen die beiden Andren
überein, ihn bei seiner Rückkehr umzubringen und den Schatz
unter sich zu theilen. Der Dritte aber hatte — um alleiniger Be-
sitzer des Schatzes zu werden — GFift an die Speisen gethan. Als
er zurückgekehrt war, erschlugen ihn die beiden Andren. Dann
assen sie yon den Speisen ; das Gift that aber seine Wirkung und
so fanden auch sie den Tod.
Einige Tage darauf kam Jesus wieder an diesen Ort, und da
er das Gold sah und die yier Todten bei demselben, sprach er:
»Also ergeht es denen , welche lügen und schlecht handeln , und
das ist der Lohn derjenigen, die nach den Gütern dieser Welt
streben, aber Nichts für die andre Welt thun".
Eine andre Legende (p. 325 — 371) enthält die Erzählung yon
Moses, So'aib (Jethro) und dessen beiden Töchtern, von denen
die eine, Safdra^), Moses' Frau wird — entsprechend der Dar-
stellung bei Ibn el-Attr (I, tff) und bei den Commentatoren zu
Sur. 28, 23 fg. Ausserdem aber wird hier noch Folgendes erzählt :
Moses war mit So^aib übereingekommen, dass er ihm 8 (oder
10) Jahre um seine Tochter dienen wolle ^). Nun war nahe der
Stadt ein grosser und tiefer Strom , der 35 Ellen breit war. Am
jenseitigen Ufer waren sehr gute Weideplätze , aber Niemand konnte
die Heerden hinüberbringen. Moses legte sich nun über den Strom
hin, sodass er mit seiner Körperlänge die Breite desselben yon
einem Ufer bis zum andren bedeckte und eine Brücke bildete.
Die Schafe gingen jeden Morgen und jeden Abend über seinen
Körper hinüber und herüber, und in Folge dayon übertrafen die
Heerden So'aib's alle andren , während sie früher die schwächsten
und magersten gewesen waren.
Darauf heisst es weiter: Es sagte »Cabu el ajber": Als Gott die
i) Baidäwi za Sur. 28, 25 führt neben dem Namen sS^Sl^o a ach ^l^ft]^ an, sowie
zwei Meinungen ; nach der einen war sie die ältere , nach der zweiten die jüngere Tochter.
Nach Zamah^ari z. St. hiess die ältere f^^ftAd, die jüngere ft^^Aj^ (eine Diminativform).
2) Der Text hat hier die Übersetzung der entsprechenden Stelle: Sur; 38, 27 %.
V
283
grosse Frömmigkeit Moses' sah, gab er ihm kund^), dass er mit
ihm , und zwar ohne Vermittler ') , sprechen und ihn zum Gesandten
an die Kinder Israel's erwählen wolle. Darauf machte Gott allen
Bergen der Welt seinen Willen kund und sagte zu ihnen: »Auf
einem yon euch wDl ich mit meinem Knechte Moses sprechen".
Jeder der Berge drängte sich nun stolz hervor, mit Ausnahme des
Berges Sinai, der zurückblieb und sich vor Gott demüthigte. Da
offenbarte Gott dem Moses seinen Willen und sprach: »Gehe zum
Berge Sinai, der sich Yor mir gedemüthigt hat; ich habe bei
meiner Glorie und bei meiner Herrlichkeit ^) geschworen , dass ich
den erhöhen will , der sich yor mir demüthigt , und den erniedrigen
will, der sich erhöht".
Darauf folgt eine lange Unterredung zwischen Gott und Moses ,
in welcher Gott ihm kundgibt , wie viele Welten er vor Erschaf-
fung der jetzigen Welt erschaffen, und ihm auch Vieles über Mo-
hammed mittheilt.
Von Moses , einer Taube und einem Falken erzählt eine andre
Legende (p. 375 — 381). Diese Vögel waren aber die Engel Gabriel
und Michael , welche auf Gottes Geheiss diese Gestalt angenommen
hatten , um sich von Moses' Milde und Güte zu überzeugen.
Unter den Legenden des zweiten Bandes ist eine (p. 27 — 93),
welche von Mohammed's Geburt , Kindheit und Verheirathung , so-
wie eine andre (p. 359 — 388) , welche die näheren Umstände seines
Todes erzählt. In einer dritten Legende (p. 269 — 298) erzählt
Mohammed von seiner Himmelfahrt. Unter den vielen wunderbaren
Dingen , die er da gesehen , war auch der Thron Gottes von weissem
Golde, zu welchem 70,000 Stufen führten, die alle von Engeln
erfüllt waren , von denen jeder in 1000 Sprachen Gottes Lob ver-
1) Im Texte lieisst es hier nnd an den folgenden Stellen: «inviöle Allah" (»revelacidn"
setzt der Heraasgeber in Parenthese hinza); dieses «invid'' ist wahrscheinlich die
Übersetzung von (C^*-^^ (»er schickte" und /»er offenbarte"), das in derselben Weise
oft vorkommt. ,
2) »sin intermediario"; im Original : »sin turchiman", . . .U.>-^* , Dolmetscher.
8) Diese Schwurformel entspricht dem ^j^L^^ l^T^ ^^^ Baid&wt zu Sur. 28, 81
(II, p. 90, Z. 8). Diese Bevorzugung des Sinai wird ähnlich auch anderswo erwähnt
(c£. ZDMG.. XLIl, 282 fg.).
284
kündete. Unterhalb des Thrones waren yier Engel ; das Angesicht
des einen war wie das eines Hahnes , das des zweiten wie das
eines Menschen, das des dritten wie das eines Löwen, das des
vierten wie das eines Geiers. Der mit dem Aussehen eines Löwen
betet zu Gott für die (yierfüssigen) Thiere ^) , der mit dem Aus-
sehen eines Geiers für die Yögel , der mit dem Menschenangesicht
für die Kinder Adam's , der aber in der Gestalt eines Hahmes war
Yon ungeheurer Grösse, sodass seine Füsse bis an den Abgrund
der siebenten Erde reichten.
Mohammed befragte den Engel Isräfil über den letzteren Engel ,
worauf ihm Isräfil antwortete : Diesem Engel hat Gott die Gestalt
eines Hahnes gegeben , weil man ohne ihn die Stunden des Gebets
nicht wüsste , denn er lobpreist Gott in jeder dieser Stunden , und
zugleich ruft er aus : »Gedenket Gottes , o ihr Gedankenlosen" , auf
Arabisch: »Odcuru'llah ja gafilin"^). Und ihn hören die Hähne der
Erde und sie rufen dann auch, und wenn er aufhört, schweigen
auch sie (»y cäntan 6. su cantado, y callan ä su callamiento").
Dieser himmlische Hahn wird — nur ausführlicher , aber eben-
falls im Namen des Propheten — auch bei !^azwtnt (s. y. t^o , I ,
f\t) und bei Damtrt (s. y. <ä)u^, ed. Bülä]^, I, fl*A) erwähnt. Auch
Alkisäi (f. 77 r.) erwähnt im Namen Ea'b's einen Engel in Ge-
stalt eines Hahns , dessen Kopf unter den Pforten des Erbarmens
(K4.:>jit v|y') ^^1 während seine Flügel ausgebreitet sind und seine
Füsse auf den Grenzen der Erde stehen, und der yor Tagesan-
bruch ausruft: i> Gepriesen sei Er, der das Erbarmen erschaffen".
Femer wird im Namen i^atädah's berichtet : Im Paradiese ist ein
Hahn ; wenn dieser Gott lobpreist , so thun die irdischen Hahne das-
selbe, und alsdann entfliehen die Dämonen s).
1) Das hier gebrauchte altspanische »alimalias" (statt »aniniale8")i8tauchindenjü
disch-spaoischen Schriften der gewöhnliche Ausdruck (als Übersetzung von fll^D^*
2) ^^wJldU \^ aU^ !^j^<^^' ^^^^ ci^er S^cll® Alkis&i's (293 v.) rief der irdische
Hahn, als er vor Salomon erschien, ebenfalls: ..^jJLSLc L aU^ I«|j5^<3I. Auch in
Zamahsarrs Deutung der Vogelstimmen (Snr. 27, 16, p. Uli) ruft der Hahn:
3) Der persische Name des Hahns ist (jt*^^ (YuUers, I, 683); Qw^ U^j^
285
Andre Specimina der »Lengua aljamiada" finden sicli in den fol-
genden Werken:
1) Notices et extraits &c., Tom. IV (p. 626 fg.) und Tom. XI
(p. 312 fg.) : zwei Abhandlungen yon De Sacy.
2) Memorial histörico Espanol , Tom. Y (Tratadas de legislacion
Müsulmana).
3) Sitzungsberichte der E. Bayrischen Akademie, 1860 (p. 201 fg.) :
Marcus Jos. Müller: Moriscogedichte.
4) Coleccion de textos aljamiados, publicada por Pablo Gil,
Julian Ribeira y Mariano Sanchez, 1888.
Im 4. Bande der »Notices et extraits" (p. 646 fg.) findet sich als
kleines Specimen die oben erwähnte Erzählung, wie Moses den
Schafen Jethro's zur Brücke diente. Im 11. Bande (p. 331 fg.)
findet sich — ebenfalls als Specimen — der Anfang einer Legende
Yon i»Temim Addar", der fast wortlich mit dem Anfang derselben
Erzählung in den »Leyendas moriscas" (II , 97 fg.) — wo sie voll-
ständig mitgetheilt wird — übereinstimmt Auch sonst findet sich
in diesen Schriften Manches, das oben erwähnt wurde.
wird erklärt: »Avis, prima aurora clamans, qaam dein aliseclamando seqaontnr".
Damit ist wahrscheinlich jener himmlische Hahn, and mit (J^-c Gottes Thron gemeint.
Der erste Band (I, 53 fg.) gibt aus einem andren Bache einige Stellen, die eine
Schilderang der sieben Himmel enthalten. Pag. 58 heisst es: Im zweiten Himmel
ist ein Engel, der zar Hälfte aas Feuer, zar Hälfte aus Schnee besteht; das Feaer
schmelzt nicht den Schnee und der Schnee loscht nicht das Feuer. Dieser Engel
lobpreist Grott fortwährend und sagt: O Herr! Wie du Feuer und Schnee vereinigst,
so vereinige auch die Herzen der Gläubigen («Lül ^^«ju v.^1 ^•yA [t a-^^
Ahnlich ist im jerus. Talmud (Rosch haschana, II, 3) die Rede von einem Engel,
der zur Hälfte aus Feuer, zur Hälfte aus Wasser besteht. Im Midrasch (Bamidbar R.,
S. 12, zu Num., 7, I; Debarim R., S. 6, zu Deut., 20, 10) wird die Stelle: »Er
macht Frieden in seinen Höhen" (Job, 26, 2) darauf bezogen , dass Gabriel ganz aus
Feuer, Michael ganz aus Schnee besteht, dass Beide nebeneinander stehen und
Keiner den Andern schädigt.
ZUSATZE.
Zu p, 10, Note 1. — DasB an dieser frlyolen Anwendung einer
^Voranstelle (Sur. 61, 13) die Scholien Nichts auszusetzen finden, ist
um so merkwürdiger, als eine andre yiel harmlosere Stelle der
Makämen (p. tvt) allerdings beanstandet wird. Hier heisst es näm-
lich im Texte: »Er führte mich in ein Haus, das... schwächer
war als das Haus der Spinne" (CHA5üxit c>^ er* o^^^^' ^^^^ ^^^^
in den Schollen bemerkt , dieser Ausdruck widerspreche dem , was
Gott gesagt habe (d. h., was im !VorS.n — Sur. 29, 40 — steht), dass
nämlich kein Haus schwächer sei als. das der Spinne, nur aber
sei das bei IJartrt nicht so genau zu nehmen , da es nicht ernstlich
gemeint, sondern nur als Witz zu betrachten sei, dass es aber
allerdings tadelnswerth sei, wenn Jemand ernstlich behauptete,
dass das Haus der Spinne nicht das schwächste sei.
Zu p. 16. ^ Manche biblische Ausdrücke sind in alle abendländi-
schen Sprachen übergegangen, so »Jota", Matth., 5. 18 (im Neugrie-
chischen wird ha löorx für »Nichts" gebraucht), »Mammon", ib., 6,24,
»Skandal", ib., 13, 41 (auch die LXX übersetzen jy^)^ , ^^jjyjp
mit (TKxviakov) , »Talent" im Sinne Yon »geistiger Anlage", Matth.,
25, 15 fg. — »Lazarus" wird auch im Holländischen für »aussätzig"
gebraucht; so führt Weiland in seinem »Woordenboek" die Redens-
arten an: »Hij is lazarus, een lazarus aan de deor", daneben die
Ableitungen »lazarij , lazarasklap" u. A. — » Andare in Cafarnaum"
wird ^wie aus Cherubini's Dizionario milanese-italiano (II, 36) zu
ersehen) für »andare in chiasso" gebraucht; ebenso kommt »Gog
und Magog" in der Redensart yor: »andare in oga e magoga", für
»andare in paesi lontanissimi" (ib., s. y. Gog, II, 245). Auch der
Name Jericho wurde — wie aus Nares' Glossary s. y. (I, 448) zu
287
ersehen ist — bei den Engländern ähnlich wie das deutsche »wo
der Pfeffer wächst^', gebraucht , um Jemanden dorthin zu wünschen,
mit Bezug auf 2 Sam., 10, 5. Viele biblische Ausdrücke werden —
wie aus dem 1864 erschienenen »Slang-Dictionary" ersichtlich ist —
in der englischen Studentensprache (« Oxford and Cambridge slang,
OoUege-slang") in humoristischem Sinne gebraucht. So ist: Atninadab
a quaker, Hittite a price-fighter (ron to hit), Jerusalem'pony a don-
key (mit Bezug auf Matth., 21, 5), Jezehel a showily dressed wo-
man (puritanischen Ursprungs), Moah a turban-shaped hat of the
other sex (Ps. 60, 10). Zu der Zeit Carl's II. wurden (wie 1. c. p. 35,
bemerkt wird) yon den jungen Stutzern, die »over head and ears'^
verschuldet waren, die Gerichtsdiener »Moabites" und »Philistines"
genannt, während jetzt die Police-men »Philistines" genannt werden.
Zu p. 20, Z, 8 fg. — So z. B. lautet die erste Beweisführung:
In Ägypten erlitten die Ägypter 10, am Meere aber 50 Plagen.
Denn in Ägypten ist (Ex., 8, 15) von einem Finger^ am Meere (ib.,
14, 31) von einer Hand die Rede. Nun aber hat eine Hand 5 Finger;
waren es also in Ägypten 5, so waren es am Meere 5 X 10 = 50
Plagen. Quod erat demonstrandum ! Diese Controverse ist übrigens
dem Midrasch — Schemoth B., S; 23, und Midrasch zu den Psal-
men (Ps. 78, 49) — entnommen.
Zu p, 30; Note 2« — Bei der Erklärung des west-östlichen Divan
ist es immerhin von Nutzen , wenn man einige Eenntniss des Ara-
bischen und Persischen besitzt, oder doch wenigstens das arabische
Alphabet kennt, damit man nicht nöthig hat, sich auf secundäreQael-
len oder auf ungenaue Übersetzungen zu verlassen. Um aus vielen
Beispielen eins zu erwähnen, so wird zu der Stelle »Perser nennen's
Bidamag buden, Deutsche sagen Katzenjammer" (Das Schenkenbuch,
IX, 14, p. 181 , ed. V. Loeper) vom Herausgeber nach Wurm's Com-
mon tar zum west-östlichen Divan (p. 227) eine Stelle Chardin's (X,
120) angeführt, wonach »Bidamag buden" bei den Persem soviel
bedeutet wie »sans gaiet^". Aus Yuller's persischem WB. hatte man
aber ersehen können, dass arabisch-persisch »dimäg" zunächst »Ge-
hirn" bedeutet, und dass »btdamäg" (cUXo, eigentlich ^a> ^,
»ohne Gehirn") im Sinne von »übellaunig, verstimmt, reizbar" (»ill-
tempered, irritable, easily provoked" in Shakespeares Hindustani-
283
WB.) gebraucht wird. »Buden" (q*^) ist das persische Wort für
»sein, to be" (mit welchem letzteren es sprachlich verwandt ist).
Im Türkischen wird — nach Bianchi-Kieffer^s WB., 1, 424 — ä*o ^
für vsans ceryelle, sot", gebraucht.
Zu p. 36. — Auch ein himmlisches Jerusalem — ^J^ D'^^K^IH^
rÖ)Jf2 — (ähnlich wie Hebr., 12, 22; Apoc, 21, 2, und Gal., 4, 26;
an letzterer Stelle hat die syrische Version ] A .V\ y^ V A^ i^\\ wird
im Talmud (Taanith, 5>) und im Midrasch zu Ps. 122, 3, als Deu-
tung dieses Yerses erwähnt, welche Deutung sich auch im Targum
und bei Baschi z. St. findet.
Zu p, 43. — Auch in Eayserling's Biblioteca Espanola-portu-
gueza-judaica wird unter den »Befranos o proyerbios Espanoles de
los Judios Espanoles" (Appendice, p. 129) der Spruch angeführt:
]>Quien en el caldo se quemö, en el yagurt asopla". Bei Negris,
A Dictionary of modern greek proverbs, wird (p. 96) das Sprich-
wort angeführt: 'OttoTo^ SKati *q to fforii/, (pvvist Koe) to Kptiov —
vBumt by hot blows upon cold". Bei E. E. Franzos, Vom Don
zur Donau (I, 302), findet sich das ramänische Sprichwort: »Wen
die Schlange gebissen hat , der läuft auch vor der Eidechse dayon".
Zu p. 47, — Dem 'i^D'^bn ]\i?^^ entspricht das yAcUö-o"« rp/rij
Sirach, 18, 15, welcher Ausdruck, wie Schleussner s. y. yAwö'ö'« ,
unter Hinweisung auf Bochart, Hieroz. (P, I, 1. 1, c. 4, p. 25, ed.
Lond.), bemerkt, yon der dreifurchigen (trisulca) Zunge der
Schlange hergenommen ist.
Zu p. 79. 96- — Zu zwei Stellen in Sebastian Brant's Narren-
schiff bemerkt Zarncke in seiner Ausgabe dieses Buches , p. 328 :
»Durch Verbindung yon Gen. X, 10 und XI, 9 wird yon Brant,
Geiler u. A. Nimrod als Erbauer des Thurmes dargestellt", und
p. 371: i»Das8 erzählt wurde, Noah habe seine Zeitgenossen zu
bekehren yersucht, ist mir nicht bekannt". Dass aber die Gen.
6, 3 erwähnten 120 Jahre dazu bestimmt waren, Busse zu thun,
sagt Comestor (Gen., cap. 31) und ebenso (o. 38) , Nimrod habe den
Rath zur Erbauung des Thurmes gegeben. Es ist leicht möglich,
dass Seb. Brant das Buch Comestor's gelesen. Wie yerbreitet das-
selbe war , ersieht man auch daraus , dass Conrad yon Megenberg
(ed. Pfeiffer, p. 307) sagt: »Thamur oder samier haizt Salomon's
289
würm, dayon sagt man in der geschrift die scolastica historia
heisst , dass Salomon des tempels stain da mit tailt und zerprach".
In der That findet sich diese Nachricht über den Schamir bei Co-
mestor (Hist. libri III. regum, c. 8). Wie übrigens Merzdorf in der
Vorrede zu der yon ihm edirten Historienbibel (in welcher übrigens
— p. 132. 610 — ebenfalls Nimrod mit dem Thurmbau in Ver-
bindung gebracht wird) bemerkt, sind yiele Stellen Comestor's in
die Historienbibeln übergegangen.
Zu p. 148, Z. 14 v.u. — Ähnliche poetische Ausschmückun-
gen , die zugleich daran erinnern , dass Ephräm religiöse Gedichte
yerfasste, finden sich auch an andren Stellen, so z. B. (Opp., 1,52)
die Schilderung des Einzugs der Thiere in die Arche, sowie (ibid.,
(p. 72) die Erzählung yon den Töchtern Loth^s.
Zu p. 167. — Auch Maimonides in dem oben erwähnten Com-
mentar zu den Pirke Aboth bemerkt ferner, dass das Wasser des
Meeres sich zu Glas oder zu durchsichtigem Schohamstein yer-
dichtete , sodass die Einen die Andren sehen konnten ,«und darauf
beziehe sich die Stelle (Ps. 18, 12) UVrKif "»SV D^ODSlÄ^ri-
Zu p. 173. — Dass Eorach Moses um Erbarmung angerufen habe,
wird auch im M. Tanchuma (IV, 47<^, ed. Buber) — und zwar, wie
gewöhnlich, mit Anknüpfung an einen eigenthümlichen Ausdruck
des Textes — gesagt. Der Satz (Num., 10, 34) : Alles Volk floh yor
ihrem (der Eorachiten) Rufe Q^^pp) wird darauf bezogen , dass
Eorach dem Moses zugerufen habe: »Errette uns!"
Zu p. 196. — In Gayangos' Übersetzung yon Ticknor's History
of Spanish Literature wird (T. IV, p. 327) ein Moriscogedicht zu
Ehren Mohammed's (vPoema anonimo en alabanza de Mahoma")
mitgetheilt , in welchem erzählt wird , wie , während Mohammed in
der Höhle war , eine Spinne am Eingange derselben ihr Gespinnst
wob und eine Taube ihr Nest baute:
La taratana texö luego por donde hobo entrado,
La paloma hizo nido por cerrar el agujero.
Zu p. 208» Z. 8 fg. — An den erwähnten Stellen (Pesikta d. B. E.,
62b fg.; Wajikra B., S. 15; Berachoth, 3^, i^) sowie in dem
37
290
Yor Kurzem Yon Bnber edirten Midrasch zu den Psalmen oder
D1Ö imK^j l^^^j *^öi»st es mit Bezug auf das *|ng; rTT^J^N'
Ps, 57, 9, David habe gesagt: »Ich erwecke die Morgenröthe ; die
Morgenröthe hat aber nie mich erweckt" (X^Hti^ Tm5?D NJN
^b Tnj^D '^in iÖ iC\r\Wi ™ Midrasch z. St. und ähnlich
jerus. Talmud Berachoth, ed. Krotoschin, p. 2: 'n^j;^ i^T^^^\ NJN
^b i5;n^N mn iö j<nntyi xnnti^, ^ei ßaschi zu Ps. 57, 9,
hebräisch: ^ji^ni^?» inüH pxi "iH^n nx nm5;D -^jx-
Zu der Stelle im ersten Gedichte des west-östlichen Di van
(Hegire, p. 5, ed. v. Loeper):
Wenn der Führer mit Entzücken
Yon des Maulthiers hohem Rücken
Singt, die Sterne zu erwecken
bemerkt Wurm in seinem Commentar z. St. (p. 30) , dass auch im
Talmud (Berachoth , p. 8 , nach Rabe's Übersetzung) gesagt werde ,
die Morgenröthe habe David nie schlafend angetroffen, und darauf
beziehe sich die Stelle Ps. 57, 9. Yon Loeper führt diese Bemer-
kung Wurmes an , gibt sie aber ungenau wieder , indem er »Morgen-
stern" statt »Morgenröthe" gebraucht. ^PK^ bedeutet immer
Morgenröthe.
Zu p. 220. 230, — Bei Damirt (s. v. J^J^, II, fff fg.) findet
sich die Erzählung von den beiden Wiedehopfen sowie alles
übrige, von Ta'labt Erzählte, bis zu dem Satze, in dem es heisst,
dass Salomon auf die Ermahnung des Wiedehopfes hin denselben
losliess. Ebenso wird die betreffende Stelle Zamah^arfs und die
von !$!azwint erzählte Anekdote mit dem darauf bezüglichen Sprich-
wort mitgetheilt. Bei Anführung des Sprichwortes verweist Socin
(N°. 441) auf Burckhardt, N°. 662, wo dasselbe lautet : j^^^l aJlä er
\^f^^ er cKW^* Auch die darauf bezügliche Anekdote wird zur Er-
klärung von dessen Ursprung erzählt ; nur ist es nicht der Hudhud i) ,
sondern der Yogel ]^ombar (yJ^j eine Art Lerche), der Salomon
und seinen Hofstaat einladet.
l) Bemerkenswerth ist, dass im Flandrischen der Wiedehopf neben Huppetap aocli
Hudhud genannt wird (Hoffmann von Fallersleben, Horae belg., II, 220).
291
Zu p. 246, Z, 14 V. u, — Was das Wort » Alerze" betrifft , so wird
dasselbe in Pedro de Alcala's Yocabulista arayigo mit dem ara-
bischen »erza, erg" wiedergegeben; ersteres ist 8:.t, die einzelne
Ceder, letzteres ist jJ, die Oeder als Coli ectiy- oder Gattungsname.
In Covarrubias' Tesoro de la lengua Castellana (ed. 1674, p. 30)
heisst es, dass das spanische i»alerzo" — obschon lautlich dem
lateinischen i^larix" näher stehend — yon Einigen mit »Ceder"
erklärt werde. Diez s. y. alerce leitet das Wort allerdings yon
»larix" ab.
Im ersten Bande der »Leyendas" (p. 316—322) findet sich fol-
gende Erzählung , überschrieben : vLa leyenda de Moises con Jacob
el carnioero". Moses — wird erzählt — bat einst Gott, ihm zu sagen,
wer dereinst sein Genosse im Paradiese sein werde. Es ward ihm
darauf die Antwort, er solle nach der Stadt »Matazai'' ia Syrien
gehen ; dort wohne ein Metzger , Namens Jakob , und dieser sei ihm
zum Genossen bestimmt. Moses findet diesen Jakob in seinem Hause ;
derselbe geht dann aus dem einen Zimmer in ein anstossendes. In
diesem befinden sich seine Eltern , die yor Altersschwäche so hilflos
sind wie kleine Kinder, und die ihr Sohn ebenso pflegt und wartet,
wie das bei Kindern geschieht , indem er sie ankleidet , wäscht und
ihnen zu essen und zu trinken gibt. Moses , der das Gespräch zwi-
schen Jakob und seinen Eltern mit anhört , kann sich des Weinens
nicht enthalten. Daraufsagt er zu Jakob: »Ich bin Mdsä, Sohn 'Im-
rän's , und ich bin zu dir gekommen , um dich kennen zu lernen ,
denn du wirst dereinst mein Genosse im Paradiese sein". Jakob
theilte das seinen Eltern mit , und diese, hocherfreut über solche
Kunde, hauchten ihre Seelen (»sus arrohes", span. Plur. von ^«JO ft^s«
Eine durchaus ähnliche Erzählung von D^X Q S?^^!!!'^ 1 ^^^
dem Metzger Nannos Oüpil DJJ) findet sich in dem Buche
riTmn "mD? ^®^ ^^^ alphabetischen Aufzählung der Tannaiten
und Amoräer, unter dem Namen y^^H*^ (ed. Lemberg, f, 86^).
^.
DRUCKFEHLER.
S. 7, Z. 9 f., lies : Literatargebieten st. literaturgebieten
» 28, » 6, 1. jOXJ st- ^ÖNJ
j> 31, » 19, » zu denken st. zudenken
)» 32, » 2 Y. u., 1. Burckhardt st. Burckhard
» 77, 1» 5 Y. u., 1. ungenau st. ingenau
» 98, » 1, 1. wo sie st. so wie
9 98, 9 7, » Nebukadnezar si. Nimrod
> 105, 9 10 Y. u., 1. du st. da
V 112, » 7, 1. &9^ st. Ädi^
» 112, » 7, » ^.i^t st. .^UJI
V 149, » 13 Y. u., 1. Eönigsgräber st. Konigsgräber
5) 192, » 5, » » n*1ü 8*- (115?
» 239, » 6 » » !") St. )"?
» 253, T> 17, 1. Leyendas st. Legendas
» 253, » 19, » F. st. S.
Verlag yon E, J. Brill Leidep.
>Vbdo-'lWd,liid al-Marr^koslif, The
history of the Almohades, preceded by a
Sketch of the history of Spain, from the
timesofthe conqaest tili the reign of Ydsof
Ibn-Teshiifin, and of the history of the
Almoravides ; now first edited from a Ms.
of the ümversity-library of Leyden, by
R. P. A. DozY. 80. 2d Ed. revis. a. corr.
1881 f4rJ7S.
JLhoxju AM a.l-Kisam b. A.bctallali
b. Siad. ou d* A-ricenne, Traitis mys-
tiques. Texte araoe pablie d'apres les Ma-
Buscrits da British Museum, de Leyde et
de la- Biblioth^ue Bodleyenne avec Vei-
plication en Frau9ais par M A. F. Mehren.
ler Fascicnle. l'AU^gorie mystique Hay ben
Yaqzän. 1889 fol f 1.75.
-fVbu Bekx* ibno-*l- A-nbari, Kitäbo-
*l-adhäd sive Über de vocabnlis arabicis
qnae plures habent significationes inter se
oppositas. Edid. atqae indicibas instr.
M. Th. Houtsma. 1881. 8«» f4.SO.
JlI>xl Ishak AR-ShtrÄzt, At-Tan-
bth. (Jos Shafiiticam) qaem e codice Lei-
densi et codice Oxoniensi edidit A. W.
T.. Juynboll. 1879. 8® f5.85.
A.d-13haliabf (Schaixi«o'd-13fxi A.bu
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med), AI- Mosch tabib. E codd. Mss.
edid. P. DB Jung. 1881. 8o. . . . f O.— .
A.lfaräbi's philosophische Abhandlungen
aus Londoner, Leidener und Berliner Hand-
schriften. Herausgeg von Fr. Dieterici.
Texte Arabe. 8® f3.— .
A.1-Belddsori (Iradmo A.liixied ibn
Jahja ibn IDjdbir), Liber expagna-
tionis regionam, e codd. Leid, et mnsei
Brit. ed. M. J.deGoejb. 1866. 4.0. f ir.— .
A.l-Hamdd.nfs Geographie der Arabi-
schen Halbinsel nach den Handschriften von
Berlin, Constantinopel , London, Parisund
Strassburg zum ersten Male heraus^;, von D.
H. Müller, pr. cplt. in 2 Bde. f 14t. — .
A.l-Makkari 9 Analectes sur Thist. et la
litt^rature des Arabes d'Espagne , publi^s par
R. üozY, G. DuGAT, L.KREHL etW. Wright
1866—61. 2 Vol. 4° fSe.SS
iknecdota Syxdaca. Collegit, edidit et ex
plicuit J. P. N. Land. 1862—75. 4 völ
40. : f 34.50
A.nnales anctore Abu^Djafar Mohammed
Ibn Djarir At-Tabari qnos ediderunt
J. Barth, Th. Nöldeke, P. de Jong,
K Prym, H. Thorbecke, S Fr^enkel,
J. GüiDi, D. H. Muller , M. Th. Holtsma,
Stanislas Guyard, V. Rosen et M. J.
DK GoEJE. 1879—89. Serie 1 1—4, II 1— ä,
MIT 1—3. Tom. I pars VI & VII, Tom.
in pars VII & VIII .... f 105.75.
]Bä,»im le fbrseron et JECärim l£r*
Rachid. Texte Arabe en dialecte d'Egypte
et de Syrie. Publik d'apres les. Mss. de
Leide, de Gotha et du Caire et accompagn^
d'une traduction et d'nn glossaire par le
comte Carlo de Landberg. I: Texte
traduction et proverbes. 1888. 8'. f 3. — .
Bibiiotbeca geographorum arabicorum
ed. M. J. DE Goeje. Cum indie., glossario
et add. 1870 -89. 6 vol. 8". f 53.75.
Bpünno^v^, IR, £]., Die Charidschiten
unter den ersten Omayyaden EiS Beitrag
zur Geschichte des ersten islamischen Jahr-
hunderts. 8® f 1.75.
CatalofiTus codicum arabicorum
Bibliotheoae A^cademiae Lufi;-
duno-Batavae. Editio 2& Auctt M.
J. DE Goeje et M. Th. Houtsma. 1888.
vol. I. 8° f 0.~.
Catalbsnao de Manuscrits arabes provenant
d*ane bibliotheque priv^ a El-Med$na et
. appartenant h, la maison E. J. Brill. R^-
dig^ par Carlo Landbebg. 1883. 80. f 3. — .
Diwan, Poetae jlLbti-'i-Wal£d IMos^
lim ibno'l- W al£d al- A^n^ä^rf cogno
mine Cario-*l-<>ba'«vdnf, quem e codice
Leidensi edidit, mnltis additamentis auxit
et glossario instraxit M. J. de Goeje.
•1875. 4*> f 11.70.
Dozy, IR» P. A,9 Notices sur quelques
manuscrits arabes, -avec un fac-simil^ de
r^,riture d'Al-Makrizi. 1851. 8°. f 3.50.
Recbcrches sor Thistoire et la littera-
tnre de Tlilspagn^e pendant le moyen-äge;
3me editioQ augmeut^e et entierement re-
fondue. 1881. 2 vol. 8°. . . . . f 0.50.
Le Cid d'apres de nouveaux documents.
Nouvelle Edition. 1860. 8«. . . . f3.50.
Lettre a Mr. Fleischer contenant des
remarques critiques et explicatives snr le
texte d'AI-Makkari. 1871. 80... fö.75.
Le calendrier de Cordoue de Tann^e
961. Texte Arabe et ancienne traduction
Latine. 1873. S^ fS.— .
Die Israeliten zu Mekka, von Davids
Zeit bis iu^s fünfte Jahrhundert unsrer
Zeitrechnung. Aus dem Holland, übersetzt.
1864. 8*>. f 1.75.
Essai sur Vhistoire de Tlslamisme
Trad. du Hollandais par V. Chauvin. 1879.
8*> f 3.75.
Supplement aux dictionnaires Ara-
bes. 1880. 2 vol. relies 4*». . . f 75.— .
Corrections sur les textes du Bayäno
'1-Mogrib d''Ibn-Adhäri (de Marop), de-
fragments de la chrouique d*Arib (des
Cordoue) et du HoUato 's-siyara d'lbno-'l-
Abbar. 1883. 8° . . fl.SO.
Verlag von E. J. Brill Leiden.
DoÄy, R. I». A. et -VT. H!. EJnsel-
xnanii, Glossaire des mots espagnols et
• portngais de'rives de 1' Arabe. 2e Edition rcvue
et tres-conside'rablement aagmentee. 1868.
_^'* rs.rs.
Edrtsi, Description de TAfrique et de
TEspagne, texte arabe public pour Ja pre-
mifere fois des Mss. de Paris et d'Oxford,
avec une traduction . des notes et un glos-
saire , par R. P. A, Dozy et M. J. de Goyjb.
1866. roy. 8° f g.^'s.
»Hrdusii hber regam qui inscribitur Schah-
name ^ditionem Parisiensem diligenter re-
cognitain et emenditam lectionibus variis
et additaraentis editionis €alcuttensis auxit
notis maximam partem criticis illustravit
J. A. VuLLERS. Vol. I—III. gr.8°.f 35.S5.
•BVRenkel, S., Die Aramäischen Fremd-
wörter im Arabischen, gr. 8°. . f 5.S5.
Q-oeje , M:. 3. de. Das alte Bett des "oxus
Amü-Dai;ja. 1376. M. e. K. 8^ . f 1.50.
O-oeje, IM. J. de, Memoires d'Histoire
et de Geographie Orientales. N**. 1. Me-
moire sur les Carmathes du Bahrain et les
Fatimides 8° . . . f 3 ,
Ibn* Abd Kl-KerOm' all rizÄ von Sf rAz.
Das Tarikh-i Zendije. Herausg. von Ernst
Beer. 1888 £*1.75.
Ibn-iVdliärf (de Maroc), Histoire de
TAfrique^ et de l'Espagne intitulee Al-
Bayano '1-Mogrib, et fragments de la
chronique d'Arib (de Cordoue); le tont
public pour la premiere fois, preceded'une
introduction et accompagne de notes et
d'un glossaire, par R. P. A. Dozy. 1848--
1851 2 vol. 8<» r 10
Ibn al -A.»fr>ari's AsrÄr al c^rabiy aj
herausgegeben von Dr. C. F. Skybold
gr- 8°- • • • f 3.-:
Ibn-Badroun, Commentaire historique
sur le poeme d'Ibn-Abdoun public pour
la premiere fois, preced^ d'une introduc-
tion et accompagne de notes, d'un glos-
saire et d'un index de noms propres, par
R. P. A. Dozy. 1848. 8^ . . . . f lo.—.
\ Kitäb al-Masd,Uk Wa'l-Ä^amÄlik
(Liber viaram et regnorum) auctore Abu'l-
Kasim Obaidallah ibn Abdallah ibn Khor-
dädhbeh et excerpta e Kitäb al-KharÄdj
auctore KodÄma ibn Dja*far quae cum ver-
sione gallica edidit, indicibns et glossario
instruxit M. J. de Goeje .... fO.ßO.
Uandbers, C, Proverbes et dictons du
peuple Arabe. Materiaui pour servir ä la
connaissance des dialectes vulgaires recueil-
lis, tradnits et annote's. Vol. I. Provinoe
de Syrie. Sect. de Sayda. 1883. 8<>. f 7.~.
Liexicon geographicum , cui titulus est.
Ibno 'l-Kaisdrani (-Äbu'l-Fadhl Mo
HAMMED IBN TaHIR AL-MaKDISI) VUlgO
dictus. Homonyma inter nomina relativa.
quae cum appendice Jöu Musae Ispahanen-
sü e codd. Leyd. et Berolin edidit P. de
JoNG. S^. ., f S.50.
Ibn-TVadbib qui dicitur Al-Ja*qubl his-
toriae. Edid. indicesque adjecit M. Th
HouTSMA 1883. Vol I; Historia ante-is-
lamica. Vol. II: Historia islamica 8°. f*15.
Imad ed-dtn el-IiCatib,^^^Äj( ^-^\
^^JJiJI gOftii ^5, ou Conqu^tG de la
Syrie et de la PaUstine par Saläh ed-dju ,
public par le Corate Carlo de Landberg
Vol. I. 8°. 1888 f 0,__;
gÜOij, e duobus codd. mss. nunc pri-
mum arabice edidit T. G. J. Juynboh..
1850—64. 6 vol. 8« f 18.—.
Livre des znerveiUes de rinde. Texte
arabe public' d'apres le MS. de M. Schb-
EER, collationne sur le Ms. de Constan-
tinople par P. A. v. d. Lith. Trad. fran9,
par' L. Marcel Devic. Av. 4 pl. color.'
tir^es du MS. arabe de Hariri de la col-
lection de M. Schefbr. 1883. gr. in-4®.
f IS,—.
Ivöldeke, Tb., Geschichte der Perser
und Araber zur Zeit der Sasaniden. Aug
der Arabischen Chronik des Tabari übers
u. mit ausführl. Erläuter. u. Erganz, ver
sehn. 1889. 8® f r.—
F^rimeurs Grabes pr^sentees par le
Comte de Landberg. Fascicule 1. 8°. f l.ÖO.
Fascicule II f 3, ^
Recueil de Textes relatifs ä l'histoire
des Seldjoucidcs. {Texte persan). Publ. par
Th. Houtsma.
Vol. I: Histoire des Seldjoucidcs du Kerm&n/
par Muhammed Ibrahim. 1886 . f 3.SO.
Vol. II: Histoire des Seldjoucidcs de Tlr&q
par al-Bondari d'apres Imäd ad-din al-
Katib al.Jsfahäm. 1889 f 5.Q5.
Sacadja b. JÖsnf al-Fajjümi, Kitäb al-
Am&nät wa* I-Ftiqädät. Herausgegeben von
S. Landauer. 1880. 8° .... f 4.75.
Scriptoriim apabuixi loci de Abbadi-
dis nunc primum editi a R. P. A. Dozy.
1846—1863. 3 vol. 4° f 14.—.
Spitta-6ey9 O., Contes arabes moder-
nes recueillis et tradnits. 1883. 8°. f S.ys.
Vetb, F». J., Liber as-Sojutii de nomini-
^ WxO w }
bus relativis , inscriptus v-jLJUI waJ, Ara-
bice editus e tribus codicibus ms., cum
annotatione critica et supplementis. 3 tom.
in 2 vol. 1840—1851. 4° fe.— .
"Wrigbt, W., Opuscula arabica, collec-
ita and eJited from 'Mss. in the university
library of Leyden. 1859. 8°. . . . fö.— .
Verlag von E. J. BRILL, Leiden.
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